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Full text of "Lehrbuch der Botanik für Hochschulen"

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LEHRBUCH 

DER 

BOTANIK 

FÜR  HOCHSCHULEN 


BEGRÜNDET   1894 
VON 

EDUARD   STRASBURGER,   FRITZ   NOLL 
HEINRICH   SCHENCK,  A.F.WILHELM   SCHIMPER 


SECHZEHNTE,  UMGEARBEITETE  AUFLAGE 


BEARBEITET 
VON 

Dr  HANS  FITTING  Dr.  LUDWIG  JOST 

O.PROFESSOR  AN  DER  UNIVERSITÄT  O.  PROFESSOR  AN  DER  UNIVfeRSITÄT 

BONN  HEIDELBERG 

DR.HEINRICH  SCHENCK    Dr  GEORGE  KARSTEN 

O.  PROFESSOR  AN  DER  TECHNISCHEN  O.  PROFESSOR  AN  DER  UNIVERSITÄT 

HOCHSCHULE  DARMSTADT  HALLE-WITTENBERO 


MIT  844   ZUM   TEIL   FARBIGEN    ABBILDUNGEN    IM   TEXT 


JENA 

VERLAG  VON   GUSTAV   FISCHER 
1923 


nOfERTy  ÜSRARf 

N.  C.  State  College 


Alle  Rechte  vorbehalten 


Copyright  1911  by  Gustav  Fischer,  Publisher,  Jena 


Druck  Ton  Aiit.  Kämpfe  in  Jena 


Vorwort  zur  1.  Auflage. 


Die  Verfasser  dieses  Lehrbuches  wirken  seit  Jahren  als  Dozenten  der  Botanik 
an  der  Universität  Bonn  zusammen.  Sie  haben  dauernd  in  wissenschaft- 
hchem  Gedankenaustausch  gestanden  und  sich  in  ihrer  Lehraufgabe  vielfacli 
unterstützt.  Sie  versuchen  es  jezt  gemeinschaftlich,  ihre  im  Lehren  gesam- 
melten Erfahrungen  in  diesem  Buche  niederzulegen.  Den  Stoff  haben  sie 
so  untereinander  verteilt,  daß  Eduard  Strasburger  die  Einleitung  und  die 
Morphologie,  Fritz  Noll  die  Physiologie.  Heinrich  Schenck  die  Krypto- 
gamen,  A.  F.  W.  Schimper  die  Phanerogamen  übernahm. 

Trägt  auch  jeder  Verfasser  die  wissenschaftliche  Verantwortung  nur 
für  den  von  ihm  bearbeiteten  Teil,  so  war  doch  das  einheitliche  Zusammen- 
wirken aller  durch  anhaltende  Verständigung  gewahrt.  Es  darf  daher  das 
Buch,  ungeachtet  es  mehrere  Verfasser  zählt,  Anspruch  auf  eine  einheitliche 
Leistung  erheben. 

Dieses  Lehrbuch  ist  für  die  Studierenden  der  Hochschulen  bestimmt 
und  soll  vor  allem  wissenschaftliches  Interesse  bei  ihnen  erwecken,  wissen- 
schaftliche Kenntnis  und  Erkenntnis  fördern.  Zugleich  nimmt  es  aber  auch 
Rücksicht  auf  die  praktischen  Anforderungen  des  Studiums  und  sucht  den 
Bedürfnissen  des  Mediziners  und  Pharmazeuten  gerecht  zu  werden.  So  wird 
der  Mediziner  aus  den  farbigen  Bildern  die  Kenntnis  derjenigen  Giftpflanzen 
erlangen  können,  die  für  ihn  in  Betracht  kommen,  der  Pharmazeut  die  nötigen 
Hinweise  auf  offizineile  Pflanzen  und  Drogen  in  dem  Buche  finden. 

Nicht  genug  ist  das  Entgegenkommen  des  Herrn  Verlegers  zu  rühmen, 
der  die  Kosten  der  farbigen  Darstellungen  im  Texte  nicht  scheute,  und  der 
überhaupt  alles  aufgeboten  hat,  um  dem  Buche  eine  vollendete  Ausstattung 
zu  geben. 

Bonn,  im  Juli  1894. 

Die  Verfasser. 


IV  Vorwort. 


Aus  dem  Vorwort  zur  5.  Auflage. 

Einen  schweren  Verlust  hat  unsere  gesamte  botanische  Wissenschaft,  und 
im  besonderen  auch  unser  Lehrbuch,  durch  den  inzwischen  erfolgten  Tod 
von  A.  F.  W.  ScHiMPER  erfahren.  In  der  Blüte  der  Jahre  wurde  er  uns 
entrissen,  ein  Opfer  seines  rastlosen  Forschungstriebes.  Mit  ihm  erlosch 
auch  so  mancher  fruchtbare  Gedanke,  ohne  in  wissenschaftliche  Tat  umgesetzt 
zu  werden.  In  seinem  Nachlaß  fanden  sich  nur  lose  Blätter  als  Vorbereitung 
für  die  neue  Auflage  unseres  Lehrbuchs  vor.  Die  drei  anderen  Mitarbeiter 
hielten  es  für  ihre  Pflicht,  diese  Blätter  zu  sichten,  zu  ergänzen,  einzuordnen 
und  die  begonnene  Arbeit,  im  Sinne  des  Verstorbenen,  zum  Abschluß  zu 
bringen,  damit  sein  Name  auch  noch  auf  dieser,  nach  seinem  Tode  erschei- 
nenden Auflage  unseres  Lehrbuches  stehe. 

Bonn,  im  Dezember  190L 

Die  Verfasser. 


Aus  dem  Vorwort  zur  6.  Auflage. 

Aus  der  gleichmäßig  fortschreitenden  Aufeinanderfolge  neuer  Auflagen 
unseres  Lehrbuchs  schöpfen  wir  dauernd  neue  Anregung,  es  auf  der 
Höhe  seiner  Aufgabe  zu  halten.  Die  sechste  Auflage  hat  ganz  besonders 
viele  Verbesserungen  und  Änderungen  aufzuweisen.  Morphologie,  Physio- 
logie und  Kryptogamen  wurden  wiederum  einer  eingehenden  Durchsicht  unter- 
worfen, die  Phanerogamen  aber,  durch  G.  Karsten,  vollständig  umgearbeitet. 
Der  Herr  Verleger  scheute  seinerseits  kein  Opfer,  um  zu  erreichen, 
daß  das  Buch  in  seiner  technischen  Ausstattung  den  ersten  Rang  behaupte. 
Er  selbst  äußerte  den  Wunsch,  wir  möchten  noch  vorhandene,  fremden 
Werken  entnommene  Habitusbilder  möglichst  durch  Originale  ersetzen.  Da 
die  Kunst  des  Farbendrucks  seit  dem  Erscheinen  der  1.  Auflage  dieses 
Werkes  wesentliche  Fortschritte  gemacht  hatte,  so  veranlaßte  der  Herr  Ver- 
leger uns  auch,  neue  Vorlagen  für  die  farbigen  Abbildungen  zu  schaffen. 
Diese  sind  von  Herrn  Dr.  Anheisser  meist  nach  der  Natur  entworfen  worden. 

Bonn,  im  Oktober  1903. 

Die  Verfasser. 


Vorwort. 


Aus  dem  Vorwort  zur  10.  Auflage. 

Mit  dieser  10.  Auflage  vollendet  unser  Lehrbuch  sein  fünfzehntes  Jahr. 
Da  es  sich  alle  anderthalb  Jahre  durchschnittlich  in  einer  neuen  Auflage 
verjüngte,  so  hoffen  wir,  daß  es  keine  Zeichen  hohen  Alters  an  sich  trägt. 
Von  dieser  10.  Auflage  können  wir  sogar  behaupten,  daß  sie  in  besonders 
neuem  Gewände  vor  die  Öffentlichkeit  tritt. 

Einen  schweren  Verlust  hat  unser  Lehrbuch  durch  den  Tod  eines  seiner 
Mitarbeiter,  Fritz  Noll,  erfahren.  Seine  Physiologie  trug  nicht  wenig  zu 
den  ersten  Erfolgen  des  Buches  bei.  Ein  ehrenvolles  Andenken  ist  ihm  in 
unserer  Wissenschaft  gesichert.  An  seine  Stelle  trat  Ludv^ig  Jost  in  den 
Verband  unseres  Lehrbuchs  ein. 

Möge  auch  diese  neue  Auflage  des  Lehrbuchs  Nutzen  stiften  und  ge- 
neigte Aufnahme  finden. 

Im  Oktober  1909. 

Die  Verfasser. 


Aus  dem  Vorwort  zur  12.  Auflage. 

Seit  die  letzte  Auflage  unseres  Lehrbuches  hinausging,  hat  es  durch  den 
Tod  Eduard  Strasburger's  den  schwersten  Verlust  erlitten,  der  es 
bisher  betroffen.  Er  hatte  an  dem  zunehmenden  Erfolg  des  Buches,  an  dem 
er  17  Jahre  mitarbeitete,  seine  stete  Freude  und  war  unausgesetzt  bemüht, 
seinen  Teil,  die  Morphologie,  an  Form  und  Inhalt  höchsten  Ansprüchen  ge- 
nügend zu  gestalten. 

Nach  seinem  Ausscheiden  trat  Hans  Fitting  als  Mitarbeiter  ein;  ihm 
fiel  die  Aufgabe  zu,  den  ersten  Teil  neu  zu  bearbeiten.  Da  zugleich  einige 
Änderungen  in  der  ganzen  Stoffverteilung  geboten  erschienen,  ist  diese 
Auflage  auch  in  den  anderen  Teilen  mehr  oder  minder  stark  umgestaltet 
worden.  Wir  waren  bestrebt,  die  Einheitlichkeit  des  Buches  nach  Möglich- 
keit zu  wahren  und  zu  erhöhen. 

Zum  ersten  Male  sind  alle  Figuren  —  bis  auf  die  von  R.  Anheisser 
gezeichneten  Habitusbilder  und  die  von  den  Mitarbeitern  für  ihre  eigenen 
Teile  angefertigten  Bilder  —  mit  den  Namen  ihrer  Autoren  versehen  worden, 
so  daß  der  Anteil  der  bisherigen  Verfasser  an  der  Illustrierung  des  Buches 
zum  Ausdruck  gelangt. 

Im  April   1913. 

Die  Verfasser. 


VI  Vorwort. 


Aus  dem  Vorwort  zur  14.  Auflage. 

Mit  (lieser  neuen  Auflage  vollendet  unser  Lehrbuch  das  fünfundzwanzigste 
Jahr  seines  Bestehens!  Es  hat  im  verflossenen  Vierteljahrhundert  zahl- 
reiche Freunde  an  deutschen  und  ausländischen  Hochschulen  gewonnen; 
wir  hoffen,  daß  ihm  diese  Freundschaft  auch  in  Zukunft  nach  Wiedereintritt 
des  Friedens  und  mit  Wiederaufnahme  gemeinsamer  Arbeit  zur  Förderung 
der  Wissenschaft  erhalten  bleibt.  Auf  den  erzielten  Erfolg  kann  der  Herr 
Verleger,  der  in  dankenswerter  Weise  die  vortreffliche  Ausstattung  des 
Buches  stets  im  Auge  behielt,  mit  besonderer  Genugtuung  zurückblicken. 
Uns  Verfassern  aber  soll  dieser  Erfolg  erneuten  Ansporn  geben,  fortgesetzt 
den  Ausbau  des  Buches  nach  besten  Kräften  zu  fördern  und  so  stets  auf 
dem  neuesten  Stand  der  Wissenschaft  zu  halten. 

Obwohl  wir  den  hie  und  da  geäußerten  Wunsch,  auch  die  Pflanzen- 
geographie zu  behandeln,  gerne  erfüllen  möchten,  müssen  wir  in  Rücksicht 
auf  den  stattlichen  Umfang  des  Buches  davon  absehen,  ihm  einen  neuen 
größeren  Abschnitt  anzufügen,  da  eine  Kürzung  des  Inhaltes,  wie  sie  bei 
den  „Samenpflanzen"  dieses  Mal  versucht  ward,  nicht  den  nötigen  Raum 
dafür  gewinnen  läßt.  Für  unzweckmäßig  aber  müssen  wir  es  halten,  die 
wichtige  Pflanzengeographie  nur  auf  wenigen  Seiten  zu  erledigen.  Es  sei 
daher  zunächst  noch  auf  die  bereits  vorhandenen  pflanzengeographischen 
Werke  verwiesen. 

Im  Juni   1919. 

Die  Verfasser. 


Vorwort  zur  16.  Auflage. 

Der  im  Januar  1921  erschienenen  15.  Auflage  müssen  wir  —  wiederum  nach 
2  Jahren  —  eine  neue  folgen  lassen,  in  welcher  die  neueste  wichtigere 
Literatur,  soweit  sie  uns  erreichbar  war,  gebührend  berücksichtigt  wurde. 

Wesentliche  Änderungen  erfuhr  die  systematische  Anordnung  der  Samen- 
pflanzen auf  Grund  der  Ergebnisse  der  serodiagnostischen  Untersuchungs- 
methode, die  nach  Ansicht  des  Verfassers  dieses  Abschnittes  nicht  außer 
acht  gelassen  werden  durfte. 

Dem  Herrn  Verleger  sind  wir  für  die  gute  Ausstattung  des  Buches 
auch  in  seiner  neuesten  Gestalt  besonders  dankbar. 

Im  April  1923. 

Die  Verfasser. 


Inhaltsübersicht. 


Vierter  Abschnitt.  Die  Deszen- 
denzlehre  und  die  Entste- 
hung der  Anpassungen 


Erster  Teil.  Allgemeine  Botanik. 

Seite 

Einleitung 1                          B.  Heterotrophe    Kornio- 

phyten 
Erste  Abteilung.  II.  Fortpflanzungsorgane 

Morphologie 5 

Erster  Abschnitt.     Zellenlehre 

(Zytologie) 8 

I.  Gestalt  und  Größe  der  Zellen      .  8 
IL  Der  lebende  Inhalt  der  Zellen  (der 

Protoplast) 8 

A.  Bestandteile 8 

B.  Physikalische  Eigenschaften     .  10 

C.  Chemische  Eigenschaften     .     .  11 

D.  Bau  der  Teile 12 

E.  Ursprung  der  Elemente       .     .  17 

III.  Gröbere    leblose    Einschlüsse    der 
Protoplasten 23 

IV.  Die  Zellmembranen     .     .     .     •     .  29 

Zweiter  Abschnitt.   Gewebelehre 

(Histologie) 33 

I.  Gewebebildung 33 

II.  Zellarten.     Gewebearten  und  Ge- 
webesysteme    38 

A.  Die  Bildungsgewebe  ....  39 

B.  Die  Dauergewebe 40 

Dritter  Abschnitt.     Organlehre 

(Organographie) 61 

I.  Vegetationsorgane 62 

A.  Der  Thallus 63 

B.  Der  Kormus 72 

1.  Bau   des  typischen  Kormus  72 

a)  Der  Sproß 73 

a)  Der  Vegetationspunkt  73 

ß)  Die  Sproßachse      .     .  75 

y)  Die  Blätter   ....  92 
8)  Die  Verzweigung   der 

Sprosse 104 

b)  Die  Wurzel 112 

c)  Sekundäres  Dickenwachs- 
tum des  Kormus    .     .     .  120 

2.  Anpassungen  des  Kormus  an 
Lebensweise  und  Umwelt    .  141 
A.  Autotrophe  Kormophyten  141 

a)  Anpassungen  an  den 
Feuchtigkeitsgehalt  der 
Umwelt 141 

b)  Anpassungen  an  den 
Lichtgewinn  .     .     .     .  155 

c)  Anpassungen  der  grü- 
nen Kormophyten  an 
besondere  Ernährungs- 
weise       158 


161 
163 


176 


Zweite  Abteilung. 

Physiologie 182 

Kennzeichen  des  Lebens 182 

Erster  Abschnitt.     Stoffwechsel  187 
I.  Die    stoffliche    Zusammensetzung 

der  Pflanze 187 

II.  Aufnahme  und  Bewegung  der  Nähr- 
stoffe       188 

III.  Assimilation  der  Nährstoffe      .     .  212 

IV.  Wanderung    und    Wandlung    der 
Assimilate 227 

V.  Atmung  und  Gärung 233 

Zweiter  Abschnitt.  Entwicklung  242 

1.  Vorbemerkungen 242 

1.  Wachstumsmessung      ....  242 

2.  Phasen  des  Wachstums    .     .     .  245 
IL  Die  Faktoren  der  Entwicklung     .  250 

A.  Äußere  Faktoren 250 

B.  Innere  Faktoren 259 

III.  Der  Entwicklungsgang  und    seine 

Abhängigkeit    von    äußeren    und 

inneren  Faktoren 265 

A.  Ruhe  und  Wachstum      .     .     .  266 

B.  Wachstum  und  Zellteilung      .  268 

C.  Vegetative  Gestaltung     .     .     .  270 

D.  Lebensdauer 271 

E.  Fortpflanzung 272 

F.  Vererbung,    Variabilität,    Art- 
bildung       277 

Dritter  Abschnitt.    Bewegungen  288 

I.  Lokomotorische  Bewegungen    .     .  289 

IL  Krümmungsbewegungen   ....  294 

A.  Hygroskopische  Bewegungen  .  295 

B.  Bewegungen    an    der    lebens- 
tätigen Pflanze       296 

1.  Autonome  Bewegungen  .     .  296 

2.  Paratonische  Bewegungen    .  298 

a)  Tropismen 299 

b)  Nastische  Bewegungen    .  315 
III.  Rückblick  auf  die  Reizerscheinun- 
gen     321 


VIII 


Inhaltsübersicht. 


Zweiter  Teil.     Spezielle  Botanik. 


Seite 

Erste  Abteilung. 

Thallophyta 327 

Bacteria 329 

Cyanophyceae 335 

Flagellatae 337 

Myxomycetes 339 

Dinoflagellatae       342 

Diatomeae 343 

Conjugatae 348 

Heterocontae 351 

Chlorophyceae 352 

Phaeophyceae 361 

Characeae 369 

Rhodophyceae 371 

Phycomycetes 370 

Eumycetes 383 

Lichenes 410 

Bryophyta 415 

Hepaticae 422 

Musci 427 

Pteridophyta 432 

Filicinae 437 

Equisetinae 448 

Sphenophyllinae 452 

Lycopodinae 452 

Pteridospermeae 461 

Zweite  Abteilung. 

Spermatophyta 4G4 

Übergang    von    den    Farnpflanzen    zu 

den  Samenpflanzen 464 

Übersicht  des  Generationswechsels  .     .  467 

Morphologie    und    Ökologie    der 

Blüte 468 

Morphologie 468 

Blütenstände 476 

Ökologie 477 

Entwicklung  der  Geschlechts- 
generation bei  den  Samen- 
pflanzen        485 

A.  Gymnospermen       485 

a)  Cycadeen 485 

b)  Koniferen 488 

c)  Gnetineen 492 

B.  Angiospermen 493 

a)  Mikrospuren       .          ...  493 

b)  Makrosporen 494 

Der  Samen 500 

Die  Frucht 502 

Verbreitung  der  Samen       .  505 

Die  Keimung 507 


Anordnung    der    Klassen,    Ord- 
nungen und  Familien  .     .     . 
I.  Klasse  Gymnospermae  .     .     . 

1.  Ordnung  Cycadinae       .     . 

2.  „         Ginkgoinae     .     . 

3.  „         Coniferae    .     .     . 
Familie  Taxaceae     .     .     . 

„        Pinaceae      .     .     . 

4.  Ordnung  Gnetinae    .     .     . 
Die  fossilen  Gymnospermen  .     . 

II.  Klasse  Angiospermae  .... 
1.  Unterklasse  Dicotylae 
Choripetalae      .... 
1.  Ordnung  Polycarpicae  . 
Hamamelidinae 

3.  „         Rosiflorae 

4.  „         Leguminosae  . 

5.  „         Myrtiflorae     . 

6.  „         Umbelliflorae 

7.  „         Centrospermae 
Primulinae 
Polygoninae    . 
Loranthiflorae 
Juglandiflorae 
Piperinae  .     . 
Querciflorae   . 
Saliciflorae 
Urticinae    .     . 
Rhoeadinae     . 
Cistiflorae 
Columniferae 
Tricoccae   .     . 
Gruii 


10. 
11. 
12. 
13. 
14. 
15. 
16. 
17. 
18. 
19. 
20. 
21. 
22. 


Frangulinae 
Ericinae 


Sympetalae 

A.  Pentacyclicae  .... 

1.  Ordnung  Diospyrinae 

B.  Tetracyclicae  .... 

2.  Ordnung  Contortae 

3.  „         Tubiflorae 

4.  ,.         Personatae 

5.  „         Rubiinae   . 
G.  .,         Synandrae 

2.  Unterklasse  Monokotylae 

1.  Ordnung  Helobiae  . 

2.  „         Spadicitlorae 

3.  „         Liliiflorae 

4.  „         Enantioblastao 
ö.  „         Glumiflorae 

6.  „         Scitamineae 

7.  „         Gynandrae 
Die  fossilen  Angiospermen 

Offizinelle    und    giftige  Pflanzen   . 


EINLEITUNG. 

Die  Organismen,  die  unsere  Erde  bewohnen,  teilt  man  in  Tiere  und 
Pflanzen  ein.  Dementsprechend  zerfällt  die  Biologie  oder  Lehre  von  den 
Lebewesen  in  Zoologie,  die  Wissenschaft  von  den  Tieren,  und  in  Botanik, 
die  Wissenschaft  von  den  Pflanzen. 

Unter  Pflanzen  pflegt  man  festgewachsene,  grüne,  blühende  und  fruch- 
tende Lebewesen  sich  vorzustellen,  unter  Tieren  dagegen  meist  frei  bewegliche 
Organismen,  die  Nahrung  aufsuchen  oder  einfangen  und  fressen.  So  leicht 
es  also  bei  oberflächlicher  Kenntnis  zu  sein  scheint,  das  Reich  der  Pflanzen 
gegen  das  der  Tiere  abzugrenzen,  so  schwer  ist  es  doch  in  Wirklichkeit.  Bei 
sehr  einfach  gebauten,  d.  h.  äußerlich  und  innerlich  wenig  gegliederten, 
Organismen,  die  man  als  die  niedrigsten  bezeichnet,  läßt  sich 
oft  nicht  entscheiden,  ob  man  sie  in  das  Pflanzen-  oder  Tier- 
reich einreihen  soll.  Tiere  und  Pflanzen  haben  nämlich  die  folgenden 
wichtigen  Eigenschaften  gemein: 

1.  Die  Pflanze  besteht  aus  einem  oder  vielen,  mikroskopisch  kleinen 
Kämmerchen,  den  Zellen,  die  sich  durch  Teilung  vermehren.  Aus  Zellen 
ähnlichen  Baues  und  entsprechender  Herkunft  ist  das  Tier  zusammengesetzt. 
So  haben  Pflanzen  und  Tiere  im  wesentlichen  gleichen  inneren 
Bau. 

2.  Die  Pflanze  ist  wie  das  Tier  ein  lebendes  Wesen  und  stimmt  in 
ihren  wichtigsten  Lebensregungen  völlig  mit  dem  Tiere  überein: 
Die  Vorgänge  der  Ernährung  und  des  Wachstums,  der  Entwicklung  und  der 
Fortpflanzung  sind  bei  Pflanzen  und  Tieren  im  großen  und  ganzen  wesent- 
lich gleich,  z.  B.  atmet  auch  die  Pflanze  und  entwickelt  dabei  Wärme;  ferner 
besitzt  sie  auch  Bewegungsvermögen  und  Reizbarkeit  mannigfaltiger  Art. 

3.  Diese  weitgehende  Übereinstimmung  zwischen  den  Lebensäußerungen 
der  Pflanzen  und  der  Tiere  kann  nicht  wundernehmen,  wenn  man  weiß,  daß 
bei  Pflanzen  und  Tieren  das  Leben  an  eine  sehr  ähnliche  ,, Grund- 
substanz", an  das  Protoplasma,  gebunden  ist,  das  sich  in  den 
Zellen  befindet. 

Solche  und  viele  andere  Tatsachen  weisen  darauf  hin,  daß  die  Pflanzen 
untereinander  und  mit  den  Tieren  blutsverwandt  sind.  Diese 
in  der  Abstammungs-  oder  Deszendenzlehre  zum  Ausdruck  kommende 
Auffassung  kann  man  als  eine  grundlegende  Theorie  der  Biologie  bezeichnen. 
Die  Vorstellung,  daß  die  Lebewesen  mit  zusammengesetzterem  Bau,  mit 
höherer  Organisation,  aus  einfacher  gestalteten  sich  entwickelt  haben,  reicht 
bis  auf  die  griechischen  Philosophen  zurück;  sie  wurde  zu  Beginn  des  19.  Jahr- 
hunderts vor  allem  von  dem  französischen  Zoologen  Lamarck  vertreten. 
Eine  wissenschaftliche  Begründung  erhielt  sie  aber  erst  später.  Namentlich 
war  es  Charles  Darwin (^J,  der  durch  eine  Fülle  von  Beweismaterial  das  zuvor 

1)  Die  eingeklammerten  kleinen  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Literaturnachweise 
am  Schlüsse  des  Buches.  Diese  Nachweise  sollen  denen  dienen,  die  tiefer  in  den  Stoff 
einzudringen  wünschen. 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  1 

FHOfERTY  UBRAH 


2  Fitting: 

lieiTsflieiide  Dogma  von  der  Un Veränderlichkeit  der  Ai'teii  endgültig  er- 
schütterte und  dadurch  die  großen  Probleme  der  organischen  Entwicklung 
in  Fluß  brachte.  Die  Paläontologie  lehrt  uns  aus  Versteinerungen  und  Ab- 
drücken von  Tieren  und  Pflanzen,  daß  in  früheren  Erdperioden  andere  Lebe- 
wesen als  in  der  Gegenwart,  aber  zum  Teil  den  jetzigen  ähnliche  den  Erdball 
bewohnten.  Diese  Beobachtung  legt  schon  den  Schluß  nahe,  daß  die  jetzt  leben- 
den Formen  durch  Umbildungen  ausgestorbener  entstanden  sind.  Er  führt 
zu  der  Folgerung,  daß  solche  sehr  ähnliche  Organismen,  die  wir  als  Arten  in 
einer  Gattung  vereinigen,  miteinander  blutsverwandt  sind,  und  daß  man 
durch  Vereinigung  von  Arten  zu  Gattungen,  von  Gattungen  zu  Familien  und 
von  Familien  zu  noch  höheren  Einheiten  in  einem  ,,natürHchen"  Systeme 
Verwandtschaftsgrade  zum  Ausdruck  bringt.  Die  Entwicklung,  d.  h. 
die  Umwandlungen,  die  ein  Lebewesen  im  Laufe  von  Generationen  während 
der  Jahrtausende  durchgemacht  hat,  nennt  man  mit  Ernst  Haeckel(2) 
seine  Stammesgeschichte  oder  Phylogenie,  die  Entwicklung,  die  es  während 
seines  Einzeldaseins  durchmacht,  seine  Ontogenie.  Die  Deszendenz- 
lehre nimmt  nun  an,  daß  die  höher  organisierten  Pflanzen  und  Tiere  phylo- 
genetisch in  letzter  Linie  aus  gemeinsamen  Wurzeln  entstanden  sind,  nämlich 
aus  sehr  einfachen  Formen,  die  vielleicht  den  einfachsten,  heute  noch  lebenden 
ähnlich  waren,  nnd  zwar  so,  daß  von  solchen  die  phylogenetische  Entwicklung 
einerseits  in  der  Kichtung  auf  die  höheren  Tiere,  andererseits  in  der  Richtung 
auf  die  ausgeprägten  Pflanzen  fortschritt.  IN^ach  dieser  Annahme,  die  ihre 
Stütze  außer  in  den  vielen,  allen  Tieren  und  Pflanzen  gemeinsamen  Eigen- 
schaften, eben  in  der  Tatsache  findet,  daß  eine  scharfe  Grenze  zwischen  Tier- 
und  Pflanzenreich  in  den  Gruppen  der  niedersten  Formen  sich  nicht  ziehen 
läßt,  bilden  alle  lebenden  Wesen  im  Grunde  genommen  ein  einziges  Natur- 
reich, das  Reich  der  Organismen. 

Ausgeprägt  pflanzliche  Merkmale  wurden  im  Laufe  der  phylogeneti- 
schen Entwicklung:  die  Ausbildung  der  wichtigsten  Körperflächen,  die  der 
Nahrungsaufnahme  dienen,  nach  außen  (während  dafür  beim  Tiere  eine 
von  einem  Munde  ausgehende  innere  Körperfläche  durch  Einstülpung  ent- 
stand), ferner  die  Zellulosezellmembranen,  mit  denen  die  Zellen  sich 
umkleideten,  endlich  die  grünen  Farbkörper,  die  sich  im  Inneren  der  Zellen 
ausbildeten.  Der  grüne  Farbstoff  befähigte  die  Pflanze,  aus  der  Kohlensäure 
der  Luft,  aus  Wasser  und  aus  gewissen  Bodensalzen,  also  aus  anorganischen 
Verbindungen,  ihre  organische  Leibessubstanz  aufzubauen  und  dadurch  selb- 
ständig und  unabhängig  von  allen  anderen  Organismen  zu  leben;  das  Tier 
dagegen  blieb  in  seiner  Ernährung,  unmittelbar  oder  mittelbar,  auf  die  Pflanze 
angewiesen,  also  in  seinem  Bestehen  von  ihr  abhängig.  Fast  alle  Unterschiede, 
die  zwischen  ausgeprägten  Pflanzen  und  Tieren  bestehen,  lassen  sich  aus  diesen 
Besonderheiten  der  Ernährung  ableiten.  AJs  bezeichnend  für  die  Pflanzen 
kann  ferner  ihre  ontogenetische  Entwicklung  gelten,  die  niemals  ab- 
geschlossen wird,  vielmehr  an  den  Vegetationspunkten  unbegrenzt  fort- 
dauert, so  daß  die  Pflanze  im  Prinzip  immer  weiter  wächst.  Daß  aber  keines 
dieser  Merkmale  für  sich  allein  ausreicht,  um  eine  Pflanze  von  einem  Tiere 
mit  Sicherheit  zu  unterscheiden,  lehrt  uns  beispielsweise  die  ganze  Pflanzen- 
gruppe der  Pilze;  sie  enthalten  den  grünen  Farbstoff  nicht  und  sind  infolge- 
dessen wie  die  Tiere  in  ihrer  Ernährung  auf  organische  Stoffe  angewiesen,  die 
letzten  Endes  einmal  von  grünen  Pflanzen  gebildet  worden  waren.  Gleichwohl 
rechnen  wir  die  Pilze  zum  Pflanzenreich,  weil  sie  sich  von  grünen  Gewächsen 
phylogenetisch  ableiten  lassen. 

Eine  strenge,  allgemeingültige  Definition  der  „Pflanze"  und  des  ,, Tieres" 
zu  geben,  ist  aber  ganz  unmöglich.    Wir  müssen  uns  also  hier  mit  dem  Hin- 


Einleitung.  3 

weise  begnügen,  daß  von  bekannteren  Lebewesen  die  Bakterien,  Algen,  Pilze, 
Flechten,  Moose,  Farn-  und  Samenpflanzen  (Gymnospermen  und  Angio- 
spermen) der  Pflanzenwelt  zugerechnet  werden  und  somit  Gegenstände  der 
botanischen  Forschung  sind. 

Viel  leichter  als  die  Begrenzung  der  Tier-  und  Pflanzenwelt  gegen- 
einander scheint  die  Aufgabe  zu  sein,  das  Reich  der  Organismen  gegen  das 
der  leblosen  Körper  abzugrenzen.  Wir  kennen  kein  Lebewesen,  dem  das 
Protoplasma  fehlt,  aber  keinen  leblosen  Körper,  worin  sich  tätiges  Protoplasma 
nachweisen  ließe.  Seit  es  in  der  organischen  Chemie  Emil  Fischer  gelungen 
ist,  Zuckerarten  synthetisch  darzustellen  und  die  Synthese  der  Eiweißkörper 
anzubahnen,  haben  wir  aber  mehr  denn  je  Grund  zu  der  Annahme,  daß  auch 
die  Masse,  die  den  Ausgangspunkt  der  organischen  Entwicklung  bildete: 
das  Protoplasma,  einen  anorganischen  Ursprung  gehabt  habe;  denn  diese  Masse 
enthält  nur  Elemente,  die  auch  in  der  anorganischen  Natur  vorkommen. 
Eine  solche  Urzeugung  oder  ,, Generatio  spontanea"  hielt  man  im  Altertume 
sogar  bei  hochorganisierten  Pflanzen  und  Tieren  für  möglich;  weit  verbreitet 
war  die  Meinung,  die  selbst  von  Aeistoteles  geteilt  wurde,  daß  solche  Lebe- 
wesen aus  Schlamm  und  Sand  hervorgehen  könnten.  Heute  wissen  wir  freilich 
durch  tausendfältige  Erfahrung,  daß  auch  die  allerkleinsten  und  am  ein- 
fachsten gebauten  Organismen  nicht  in  solcher  Weise  entstehen,  sondern  nur 
aus  ihresgleichen  hervorgehen.  So  mag  die  lebende  Substanz  aus  lebloser 
vielleicht  nur  in  einem  bestimmten  Entwicklungszustande  unserer  Erde  oder 
anderer  Weltkörper  entstanden  sein,  als  besondere  Bedingungen  zu  ihrer 
Bildung  sich  eingestellt  hatten.  Diese  Annahme  beseitigt  freilich  nicht  alle 
Schwierigkeiten,  die  der  Vorstellung  einer  Urzeugung  erwachsen.  Damit  aus 
solcher  lebenden  Substanz  die  Welt  der  Organismen  hervorgehen  konnte, 
müßte  sie  nämlich  von  vornherein  die  Fähigkeit  gehabt  haben,  sich  zu  erhalten, 
zu  wachsen,  fremde  in  ihren  Körper  aufgenommene  Stoffe  in  Körpermasse 
zu  verwandeln,  sich  fortzupflanzen,  d.  h.  sich  durch  Teilung  zu  vervielfältigen, 
endlich  neue  Eigenschaften  den  vorhandenen  hinzuzufügen  und  sie  erblich 
festzuhalten;  kurz  gesagt,  es  müßten  in  dieser  durch  Urzeugung  entstandenen 
Substanz  alle  wesentlichen  Merkmale  des  Lebens  bereits  ausgeprägt  vorhanden 
gewesen  sein  {^). 


Die  Botanik  zerfällt  in  eine  Anzahl  von  Teilen.  Die  Morphologie 
lehrt  uns  die  äußere  Gestalt  und  den  inneren  Bau  der  Pflanzen  im  fertigen 
Zustande  und  während  der  ontogenetischen  Entwicklung  kennen  und  ver- 
stehen. Die  Physiologie  erforscht  die  Lebenserscheinungen  der  Gewächse. 
Beide  Forschungszweige  untersuchen  auch  die  Beziehungen  der  Bau-  und 
der  Lebenseigentümlichkeiten  jeder  Pflanze  zu  ihrer  Umgebung,  zu  ilu-en 
Außenbedingungen;  sie  sind  bestrebt,  festzustellen,  ob  und  wie  weit  diese 
Besonderheiten  für  ihren  Träger  nützlich  sind,  also  zu  seiner  Selbstbehaup- 
tung dienen,  d.  h.  ob  sie  als  Anpassungen  gedeutet  werden  können.  Diese 
Teile  der  Morphologie  und  Physiologie,  die  oft  von  den  übrigen  gesondert 
behandelt  werden,  faßt  man  wohl  auch  als  Ökologie  zusammen.  Die  Syste- 
matik beschäftigt  sich  mit  der  Beschreibung  der  Einzelformen  und  mit  der 
Klassifikation  der  Pflanzenwelt.  Die  Pflanzengeographie  hat  zur  Auf- 
gabe, die  Verteilung  der  Gewächse  auf  unserer  Erde  festzustellen  und  die  Ur- 
sachen dieser  Verteilung  zu  ermitteln.  Die  Paläophytologie  erforscht  die 
ausgestorbenen  Pflanzen  und  die  zeitliehe  Aufeinanderfolge  der  Gewächse, 
mit  anderen  Worten,   die   historischen  Veränderungen  der  Pflanzenwelt  auf 

1* 


4  Fitting:  Einleitung. 

der  Erde.  Alle  diese  Gebiete  rechnet  man  der  reinen  oder  theoretischen 
Botanik  zu. 

Aber  nicht  nur  theoretische  Ziele  verfolgt  die  Botanik.  Sie  will  auch 
die  gewonnenen  Erkenntnisse  für  die  Menschheit  nutzbar  machen:  die  für 
den  Haushalt  des  Menschen  wertvollen  Nutzpflanzen  genau  kennen  und 
immer  zweckmäßiger  ausnutzen  lernen,  die  Schädlinge  aus  dem  Pflanzen- 
reich erforschen,  Verfälschungen  der  Handelsstoffe,  die  aus  dem  Pflanzen- 
reich stammen,  nachweisen  und  dergleichen  mehr.  So  kommen  zu  den  Teil- 
gebieten der  reinen  Pflanzenkunde  zalilreiche  Zweige  der  angewandten 
Botanik:  z.  B.  die  Pharmakognosie  oder  Lehre  von  den  Arzneipflanzen  und 
ihren  Produkten,  den  Pflanzendrogen;  die  Lehre  von  den  Giftpflanzen;  die 
Lehre  von  den  pflanzhchen  Nahrungs-,  Genußmitteln  und  Gewürzen;  die 
Lehre  von  den  technisch  wertvollen  Gewächsen  und  ihren  Produkten;  die 
landwirtschaftliche  Botanik;  die  Forstbotanik;  die  gärtnerische  Botanik;  ferner 
ein  Teil  der  Ptlanzenpathologie,  soweit  sich  nämlich  dieser  Wissenschaftszweig 
mit  der  Bekämpfung  der  Pflanzenkrankheiten  beschäftigt,  und  andere.  — 

Man  kann  die  Botanik  ferner  auch,  wie  in  diesem  Buche,  das  in  aller- 
erster Linie  die  reine  Botanik  behandelt,  in  einen  allgemeinen  und  in 
einen  speziellen  Teil  zerlegen.  Aufgabe  und  Ziel  der  allgemeinen  Botanik 
ist  es  alsdann,  aus  planmäßigen  Untersuchungen  an  den  einzelnen  Pflanzen 
durch  Vergleichung  die  Eigenschaften  zu  ermitteln,  die  für  die  ganze  Pflanzen- 
welt oder  ihre  Hauptgruppen  besonders  bezeichnend  sind.  Die  allgemeine 
Botanik  haben  wir  wieder  in  zwei  Abschnitte,  in  Morphologie  und  Physio- 
logie, geteilt. 

Aufgabe  der  speziellen  Botanik  ist  es,  die  Baueigentümlichkeiten, 
Fortpflanzungsverhältnisse  und  Lebensweise  der  einzelnen  Gruppen  und 
Formen  zu  schildern,  ferner  die  näheren  und  ferneren  Verwandtschafts- 
beziehungen, die  zwischen  ihnen  bestehen,  durch  die  Anordnung  in  einem 
möglichst  ,, natürlichen"  Systeme  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Li  diesen  spe- 
ziellen Teil  des  Lehrbuches  haben  wir  einige  besonders  wissenswerte  Tat- 
sachen aus  manchen  Zweigen  der  angewandten  Botanik,  namenthch  der 
Pharmakognosie,  eingeflochten.  Die  Ergebnisse  der  paläophytologischen 
Forschung  sind  an  die  Schilderung  der  Einzelgruppen  angeschlossen.  Auch 
die  Pflanzengeographie  ist  nicht  ganz  unberücksichtigt  geblieben,  wenn  davon 
auch  keine  zusammenhängende  Darstellung  gegeben  wurde. 


ERSTER  TEIL 

Allgemeine  Botanik. 


Erste  Abteilung. 
Morphologie. 


Die  Morphologie  der  Pflanzen  lehrt  uns  die  äußere  Gestalt  und  den  inneren 
Bau  der  Gewächse  sowie  die  ontogenetische  Entwicklung  ihres  Körpers  und 
seiner  Glieder  kennen.  Sie  strebt  darüber  hinaus  ein  wissenschaftliches 
Verständnis  der  Pflanzenformen  an,  indem  sie  sich  bemüht,  die  Bedeutung 
und  die  phylogenetische  Herkunft  der  Pflanzenteile  festzustellen  und  die  Ur- 
sachen für  die  Gestaltungsvorgänge  zu  ermitteln. 

1.  Man  lernt  nämhch  den  äußeren  und  inneren  Bau  eines  Lebewesens 
nur  dann  verstehen,  wenn  man  sich  erstens  klar  bewußt  wird,  daß  das  Tier 
oder  die  Pflanze  ein  lebender  Organismus  ist,  d.  h.  ein  Gebilde,  dessen  wich- 
tigste Glieder  nicht  bedeutungslose  Anhängsel,  sondern  für  das  Leben  not- 
wendige Organe  sind,  durch  deren  harmonisches  Zusammenarbeiten  erst 
das  Leben  des  Ganzen  zustande  kommt (^).  Fast  alle  äußeren  Teile  der  Pflanze 
sind,  wie  beim  Tiere,  solche  Werkzeuge  für  bestimmte  Lebensverrichtungen. 
Aber  nur  dann  können  die  Teile  des  Körpers  ilu-e  Leistungen  im  Dienste  des 
ganzen  Organismus  erfüllen,  wenn  sie  äußerlich  und  innerlich  im  großen  und 
ganzen  leistungsfähig  gebaut  sind,  oder,  wie  man  auch  sagt,  wenn  ihr  Bau 
einigermaßen  ihren  Funktionen  entspricht,  ihnen  angepaßt  ist. 
Da  nun  die  einzelnen  Teile  bei  höheren  Pflanzen  verschiedene  Funktionen 
haben,  so  wird  es  verständlich,  daß  sie  auch  ganz  verschiedenen  äußeren  und 
inneren  Bau  besitzen. 

Um  ein  volles  Verständnis  vom  Bau  eines  Organismus  zu  gewinnen,  muß 
man  sich  weiter  über  die  Lebensverhältnisse  klar  werden,  unter  denen  er 
zu  leben  gewohnt  ist:  man  muß  seine  Umwelt  kennen.  Jede  Pflanze  besitzt 
nämhch,  wie  das  Tier,  Baueigentümlichkeiten,  die  es  ihr  nur  ermöghchen, 
unter  bestimmten  Außenbedingungen  zu  leben,  wie  sie  nicht  überaU  da  vor- 
handen sind,  wo  wir  auf  der  Erde  Gewächse  antreffen.  Ln  Wasser  z.  B. 
sind  die  Lebensbedingungen  ganz  anders  als  in  der  Wüste  beschaffen.  Dem- 
entsprechend sind  die  Wüstenpflanzen  und  die  Wassergewächse  völhg  ver- 
schieden gebaut  und  nur  imstande,  in  ihren  gewohnten  Verhältnissen  oder 
solchen  zu  gedeihen,  die  diesen  einigermaßen  ähnlich  sind;  jedenfalls  können 
aber  die  Wüstengewächse  nicht  im  Wasser  und  die  Wasserpflanzen  nicht  in 
der  Wüste  leben.     Ein  Organismus  ist  also  nur  dann  lebensfähig,  wenn  sein 


6  Fitting: 

äußerer  und  innerer  Bau  auch  genügend  auf  die  Umwelt  abgestimmt,  wenn 
er    an   seine   Lebensverhältnisse    angepaßt  ist. 

Freilich  lehrt  eindringende  morphologische  Forschung  alsbald,  daß  zwar 
fast  ein  jedes  Körperghed  der  Pflanze  seine  Funktionen  hat,  daß  aber  längst 
nicht  alle  Eigentttmhchkeiten  seines  äußeren  und  inneren  Baues  als  An- 
passungen an  diese  Funktionen  oder  als  Anpassungen  an  die  Umwelt  gedeutet 
werden  können:  nur  ein  Teil  der  Merkmale  eines  Pflanzengebildes  steht  in 
solchen  Beziehungen  zu  seinen  Verrichtungen  oder  zur  Umgebung,  so  z.  B. 
bei  den  Laubblättern  der  Reichtum  an  grünem  Farbstoff  und  die  flächen- 
förmige  Ausbildung  zu  ihrer  Hauptfunktion,  der  Kohlensäureassimilation. 
Solche  Eigenschaften  bezeichnet  man  w^ohl  auch  als  nützlich  für  den  Organis- 
mus oder- als  x\npassungsmerkmale.  Daneben  gibt  es  aber  genug  gleich- 
gültige, so  an  vielen  Blättern  wohl  die  Beschaffenheit  ihrer  Ränder  (Ganzrandig- 
keit,  Sägung,  Kerbung  der  Ränder  u.  dgl),  ja  selbst  ungünstige  (wie  das  Fehlen 
des  grünen  Farbstoffes  in  größeren  Teilen  der  Blätter,  z.  B.  bei  manchen  wegen 
solcher  ,, Weißbuntheit"  gern  kultivierten  Ahornrassen),  sofern  sie  den  Organis- 
mus nicht  unfähig  zum  Leben  machen.  Eine  Eigenschaft  kann  ferner  bei  einer 
Art  mehr  oder  weniger  nützlich,  bei  einer  anderen  gleichgültig  oder  gar  schäd- 
hch  sein.  Solche  Tatsachen  zeigen  nachdrücklich,  wie  vorsichtig  man  bei  der 
Beurteilung  der  Bedeutung  aller  organischen  Formen  und  Strukturen  sein 
muß,  zumal  viele  Annahmen  über  ihren  Nutzen  sich  nur  sehr  schwer  durch 
Versuche  auf  ihre  Richtigkeit  prüfen  lassen  (^). 

2.  Aber  noch  in  einer  zweiten  Richtung  strebt  die  Morphologie  wissen- 
schaftliches Verständnis  der  Pflanzenformen  an.  Alle  lebenden  Pflanzen  be- 
trachten wir  als  mehr  oder  weniger  blutsverwandt.  Aus  einfachen,  ungeglieder- 
ten Formen,  aus  Einzelzellen,  sind  phylogenetisch  allmählich  die  am  höchsten 
organisierten  Wesen  mit  zahlreichen  verschiedenen  Organen  hervorgegangen. 
Dabei  haben  die  Organismen  und  ilire  Teile  mannigfaltige  Weiter-  und  Um- 
bildungen erfahren,  indem  z.  B.  einzelne  Organe  durch  Veränderungen  ihres 
Baues  neue  Funktionen  übernahmen  oder  neuen  Lebensverhältnissen  angepaßt 
wurden.  Eine  sehr  wichtige  Aufgabe  der  Morphologie  ist  es  nun,  diese  phylo- 
genetischen Umbildungen  zu  erforschen.  Da  die  stammesgeschichtliche  Ent- 
wicklung aber  meist  nicht  direkt  verfolgt,  sondern  nur  ersclilossen  werden  kann, 
so  ist  die  Morphologie  zur  Lösung  dieser  Aufgabe  auf  indirekte  Methoden  an- 
gewiesen. Die  wichtigsten  Aufschlüsse  in  dieser  Hinsicht  gewinnt  sie  1.  durch 
das  Studium  der  Ontogenie  der  Organismen,  ferner  2.  durch  die  Vergleichung 
der  jetzt  bestehenden  Lebewesen  untereinander  und  mit  solchen,  die  in  früheren 
Erdperioden  gelebt  haben.  Die  Ontogenie  eines  Organismus  durchläuft  näm- 
lich häufig  innerhalb  gewisser  Grenzen  Entwicklungsstadien,  die  man  als 
phylogenetische  betrachten  darf;  sie  kann  daher  zur  Ermittelung  der  stammes- 
geschichtlichen Entwicklung  beitragen.  Und  die  vergleichende  Forschung 
bemüht  sich,  die  verschiedenen  Gestaltungen  durch  Zwischenglieder  zu  ver- 
binden. Da  aber  die  Ontogenie  die  Phylogenie  niemals  vollständig  oder  un- 
verändert wiederholt  und  die  Zwischengheder  zwischen  den  verschiedenen 
Formen  vielfach  fehlen,  so  bleiben  freilich  die  Ergebnisse  auch  dieser  Richtung 
der  morphologischen  Forschung  entsprechend  unvollkommen. 

Haben  wir  durch  eingehende  Untersuchungen  die  Überzeugung  gewonnen, 
daß  verschieden  gestaltete  Gheder  des  Pflanzenkörpers  einen  gemeinsamen 
phylogenetischen  Ursprung  haben,  so  bezeichnen  wir  die  hypothetische  Ur- 
sprungsform, von  der  wir  sie  ableiten,  als  ihre  Grundform,  die  verschie- 
denen Umbildungen  aber,  die  die  Organe  im  Laufe  der  Stammesgeschichte 
erfahren  haben,  auch  wohl  als  ihre  Metamorphosen.  Eines  der  allerwichtig- 
sten  Ergebnisse  der  Morphologie  besteht  in  dem  Nachweise,  daß  die  mannig- 


Morphologie.  7 

faltig  gestalteten  äußeren  und  inneren  Teile  selbst  der  am 
reichsten  gegliederten  Pflanzen  sich  auf  ganz  wenige  Grund- 
formen zurückführen  lassen,  nämlich  bei  den  hoher  organisierten  Pflanzen 
die  äußeren  Teile  auf  Wurzel,  Stengel  und  Laubblatt,  ferner  bei  allen  Pflanzen 
die  inneren  Teile  auf  die  Zellen  und  ihre  Bestandteile.  Die  Organe,  die  sich  aus 
einer  gemeinsamen  Grundform  phylogenetisch  weiter  entwickelt  haben,  nennen 
wir  homolog,  mögen  sie  auch  noch  so  verschieden  aussehen.  Ihnen  schreiben 
wir  gleichen  morphologischen  Wert  zu.  Homolog  sind  z.  B..die  Laubblätter 
und  die  Blätter  der  Blüten  (die  Kelch-,  Krön-,  Staub-  und  Fruchtblätter), 
ferner  auch  die  Laubblätter,  die  Blattranken  (Fig.  207)  und  die  Blattdornen 
(Fig.  195).  Organe  völlig  verschiedenen  Baues  und  ganz  verschiedener  Funk- 
tion können  also  doch  homolog  sein,  also  den  gleichen  morphologischen 
Wert  besitzen.  Andererseits  haben  sich  oft  Organe  mit  gleichem  B^u  und  mit 
gleicher  Funktion  (z.  B.  Knollen  Fig.  201,  203,  204,  Dornen  Fig.  195,  197, 198, 
Banken  Fig.  206 — 208)  phylogenetisch  aus  verschiedenen  Grundformen  ent- 
wickelt. Solche  Organe  nennt  man  analog  (zahlreiche  Beispiele  vgl.  S.  141ff.). 
Wenig  differenzierte  Gebilde  ohne  deutlich  ausgeprägte  Funktionen,  die  sich 
aus  vollkommeneren  rückgebildet  haben,  bezeichnen  wir  als  reduziert. 

3.  Schließhch  setzt  sich  die  Morphologie  die  Aufgabe,  die  Ursachen  oder 
Bedingungen  zu  ermitteln,  die  wie  jedem  Naturgeschehen,  so  auch  den  Vor- 
gängen der  äußeren  und  inneren  Ausgestaltung  der  Pflanze  und  ihrer  Teile, 
ferner  ihren  vererbbaren  (phylogenetischen)  Umwandlungen  zugrunde  liegen, 
und  darüber  Klarheit  zu  gewinnen,  wie  sich  im  Laufe  der  stammesgeschicht- 
lichen Entwicklung  die  Eigenschaften  ausbilden  konnten,  die  wii  als  Anpassungs- 
merkmale  bezeichnet  haben.  Den  Teil  der  Morphologie,  der  sich  mit  solchen 
Fragen  beschäftigt,  kann  man  experimentelle  Morphologie  nennen.  Die 
Mehrzahl  ihrer  Probleme  findet  man  aber  zweckmäßiger  meist,  so  auch  in 
unserem  Lehrbuche,  als  besonderen  Abschnitt  der  Physiologie,  d.  h.  des  Zweiges 
der  Botanik  behandelt,  der  sich  überhaupt  mit  den  Lebensvorgängen  der 
Pflanzen   beschäftigt   (Entwicklungsphysiologie). 

Die  Morphologie  kann  man  zerlegen  in  die  Lehre  vom  äußeren  Bau 
(äußere  Morphologie)  und  in  die  Lehre  vom  inneren  Bau  (innere  Morphologie 
oder  Anatomie).  Für  unser  Buch  aber  wäre  eine  solche  Gliederung  nicht  zweck- 
mäßig. Wollen  wir  doch  die  Glieder  als  Organe  mit  bestimmten  Lebens- 
verrichtungen begreifen  lernen.  Dafür  aber  ist  es  notwendig,  zusammenhängend 
zu  zeigen,  in  wie  inniger  Beziehung  vielfach  nicht  nur  der  äußere,  sondern  auch 
der  innere  Bau  eines  Organes  zu  seinen  Funktionen  steht.  Nicht  die  Pflanze 
als  totes  Gebilde,  sondern  als  lebender  Organismus  soll  uns  ja  in  erster  Linie 
beschäftigen. 

Die  erste  Frage,  die  es  da  zu  beantworten  gilt,  ist  die  nach  dem  Träger 
der  Lebenserscheinungen.  Woran  ist  das  Leben  gebunden?  Nur  an  einen 
Teil  der  ganzen  Substanz  einer  Pflanze,  nämlich  an  das  Protoplasma.  Das  Proto- 
plasma aber  ist  in  der  Regel  eingeschlossen  in  die  Zellen,  die  man  als  Ele- 
ment arteile  des  Organismus  ansehen  kann.  Infolgedessen  müssen  wir  den 
Bau  der  Zellen  vor  allem  kennen  lernen.  Den  Teil  der  Älorphologie,  der  dieser 
Aufgabe  dient,  nennt  man  Zellenlehre  oder  Zytologie.  Die  Zellverbände 
(Gewebe)  des  Pflanzenkörpers  bilden  alsdann  den  Gegenstand  eines  zweiten 
Teiles  der  Morphologie,  der  Gewebelehre  oder  Histologie.  Endlich  mit 
den  äußeren  Gliedern  als  Organen  der  Pflanze,  und  zwar  mit  ihrem  äußeren  und 
inneren  Bau,  beschäftigt  sich  die  Organlehre  oder  Organographie, 


Fitting : 


Erster  Abschnitt.     Zellenlehre  (Zytologie). 

I.  Gestalt  und  Größe  der  Zellen. 

Die  Pflanzen  werden,  gleich  den  Tieren,  aus  Elementarteilen  aufgebaut, 
die  wir  als  Zellen  bezeichnen.  Das  sind  bei  den  Pflanzen  meist  miki-osko- 
pisch  kleine  Kämmerchen,  deren  Wände  im  Gegensatze  zu  den  Zellen  der  Tiere 
von  besonderen  Häuten  gebildet  werden.  Die  Zellformen  entsprechen  im 
einfachsten  Falle  Kugeln,  meist  aber  kleinen  Würfeln,  Polyedern  oder  Pris- 
men, die  bei  vielzelligen  Organen  in  großer  Menge  aufeinander  geschichtet 
sind;  auch  langgestreckte,  ja  faser-  oder  schlauchförmige  Zellen  kommen 
häufig  vor.  Diese  Kämmerchen,  von  denen  jedes  aus  den  Kammerwänden, 
der  Zellhaut  oder  Zellmembran,  und  aus  seinem  Innenraum,  dem  Zell- 
raum oder  Zelllumen,  besteht,  sind  im  allgemeinen  so  klein,  daß  man  sie 
erst  bei  stärkerer  Vergrößerung  erkennen  kann,  illir  mittlerer  Querdurchmesser 
pflegt  nänilich  nur  ein  Hundertstel  bis  ein  Zehntel  Milhmeter  zu  betragen. 
1  Infolgedessen  wurden  die  Zellen  erst  spät,  in  der  Neuzeit,  entdeckt.  /  Hier  und 
da  freilich  werden  Zellen  auch  viel  größer;  manche  an  besondere  Funktionen 
angepaßte  faserförmige  Zellen  (Sklerenchymfasern)  werden  bis  zu  20  cm, 
Milchröhren  sogar  meterlang. 

Das  wichtigste  an  diesen  Zellen  ist  ein  Teil  ihres  Inhaltes,  der  Zellen- 
leib oder  Protoplast.  Er  ist  nämlich  der  eigentlich  lebende  Teil  der 
Zelle.  Deshalb  denkt  man  bei  dem  Begriff  Zelle  heut- 
zutage mehr  an  ihn  als  an  da^  Gehäuse,  das  zudem  vielen 
,, nackten  Zeilen"  ganz  fehlt.  i'.In  toten  Zellen  findet  man 
freilich  nur  noch  Reste  der  Zellleiber,  die  aber  auch  voll- 
ständig geschwunden  sein  können;  alsdann  enthalten  die 
Zellräume  nur  Wasser  oder  Luft.i  Ihre  Bedeutung  für  den 
Pflanzenkörper  brauchen  die  Zellen  mit  dem  Tode  der 
Protoplasten  aber  nicht  einzubüßen,  ja  ohne  tote  Zellen 
könnte  ein  höher  organisiertes  Gewächs  nicht  auskommen; 

J.-?;  }'  J^^^^^^     denn  solche   Zellen  bilden  z.    B.   seine   Wasserbahnen  und 
Bild  des  Flaschen-       ,  •  i,      •     i         t?    4--  i    • 

korkes    von  ihm      tragen  ZU  semer  mechanischen  l^estigung  bei. 

als  Schematism  or  1     Die  Entdeckung  der  Zellräume  glückte  bei  den  Pflanzen  früher 

Texture    of  Cork       als  tei  den  Tieren;    sie    wurde    dort    durch    die  Zellhäute   erleichtert. 

bezeichnet;     vgl.       ihr  Entdecker,  der  englische  Mikrograph  Robert  Hocke,   nannte  sie 

dazu  die  tig.  58.       Zellen  wegen  ihrer  Ähnlichkeit  mit  den  Zellen  der  Bienenwaben  und 

bildete  sie  in  seiner  Mikrographie  1667  zum  ersten  Male  ab  (F'ig.  1). 

I  Die  eigentlichen  Begründer  der  pflanzlichen  Histologie  sind  aber  der  Italiener  Marcello 

Malpighi  und    der  Engländer   Nehemiah  Grew,  '  deren  Werke   kurz   nacheinander   von 

1671  an,  also  wenige  Jahre  nach  Hookes    Mikrographie,    erschienen.  *;  Der  lebende  Inhalt 

der  Zellen,  der  Zellenleib,    wurde  in  seiner  Bedeutung   nicht   vor   der  Mitte    des   vorigen 

Jahrhunderts   erkannt,  i  Alsdann   erst   wandte   man    sich    auch    eingehend   seiner   näheren 

Untersuchung  zu,  die  u.  a.  Schleiden,  Hugo  v.  Mohl,  Nägeli,  Ferdinand  Cohn  und 

Max  Schultze  anbahnten  und  besonders  Strasburger  förderte. 

II.  Der  lebende  Inhalt  der  Zellen  (der  Protoplast)  ('). 

A.  Bestandteile  des  Protoplasten.  Untersuchen  wir  bei  starker 
Vergrößerung  zarte  Längsschnitte  durch  die  äußerste  Stengelspitze  einer  Samen- 
pflanze, so  finden  wir,  daß  sie  sich  aus  annähernd  rechteckig  begrenzten  Zellen 
zusammensetzen  (Fig.  2),  die  mit  Inhalt  dicht  angefüllt  und  durch  zarte 
strukturlose  Wände,  die  Zellhäute,   voneinander  getrennt  sind.     Die   Zellen 


Morphologie. 


sind  hier  annähernd   würfelförmig    oder  prismatisch,    weshalb    sie    eben   im 
Schnitte  als   Quadrate  oder  Eechtecke  erscheinen. 

Im  Inhalte  jeder  Zelle  fällt  ein  runder  Körper  (k)  von  Kugel-  oder  Ei- 
form  besonders  auf,  der  einen  großen  Teil  des  Zellraums  ausfüllt:  der  Zell- 
kern (Kern,  Nucleus).  Die  feinkörnige  Masse, 
die  den  Eaum  zwischen  Zellkern  (k)  und  Zellwand 
(m)  einnimmt,  bezeichnet  man  als  Zytoplasma  (pl) 
oder  Plasma.  Um  den  Zellkern  herum  findet  man, , 
in  dem  Zytoplasma  verteilt,  stark  lichtbrechende,  \ 
farblose  Körperchen,  die  Piastiden  oder  Chro- 
matophoren  (ch).  \  ZelTkern,  Plasma  und 
Chromatophoren  sind  die  lebenden  Inhalts- 
I  bestandteile  der  Zelle;  sie  zusammen  bilden 
das  Protoplasma,  den  lebenden  Zellenleib  oder 
Protoplasten.  !  Zellkern  und  Chromatophoren,  die 
stets  im  Plasma  eingebettet  sind,  kann  man  als 
Organe  des  Protoplasten  ansehen,  denen  besondere 
Lebensverrichtungen  zukommen.  jFreihch  keimen 
wir  die  besonderen  Funktionen  des  Kernes  noch 
nicht;  wir  wissen  nur,  daß  zur  Erhaltung  des  Lebens 
der  Zelle  eine  Wechselwirkung  zwischen  Kern  und 
Plasma  notwendig  ist.  Doch  ist  es  für  die  niedersten 
[  Gewächse,  Spaltalgen  (Cyanophyceen)  und  Bak- 
terien, noch  immer  eine  ungelöste  Frage,  ob  bei 
ihnen  eine  solche  Arbeitsteilung  im  Protoplasten, 
d.  h.  ob  bei  ihnen  ein  Zellkern  vorkommt  (').  Im 
Protoplasma  der  Bakterien  lehlen  auch  die  Chro- 
matophoren, ebenso  in  den 

Zellen    der   Pilze    und   in 

denen  der  Tiere. 

Dagegen  bat  man  in  tie-  | 

rischen  Zellen  in  unmittelbarer 

Nähe   des   Kerns   noch   kleine 

lebende    Gebilde,    die    Zen- 

triolen,  als  Bestandteile  des 

Protoplasten         nachgewiesen. 

Ähnliche  Gebilde  kommen   im 

Pflanzenreiche  fast  nur  in  Zellen 

von  Kryptogamen  vor,  ohne  aber 

allgemeine  Verbreitung  zu  be- 
sitzen (Fig.  21  A). 

Bei  den  Pflanzen  sind 

nur     die     embryonalen 

Zellen,  wie  man  sie  z.  B. 

an  den  äußersten  Stengel-  \ 

und  Wurzelspitzen  findet, 
in  der  eben  beschriebenen  Weise  mit  Protoplasma  dicht  gefüllt.!  Das  ist  da- 
gegen nicht  der  Fall  in  den  ausgebildeten  Körperzellen  (Dauerzellen),. 
die  durch  Größenwachstum  und  mannigfaltige  Formveränderungen  aus  jenen 
hervorgehen.  ;  Während  dieser  Umwandlung  zu  Dauerzellen  sieht  man  näm- 
lich die  embryonalen  Zellen  bei  den  Pflanzen,  aber  nicht  bei  den  Tieren,  immer 
plasmaärmer  werden,  weil  das  Plasma  während  der  Vergrößerung  der  Zell- 
räume nicht  wesentlich  vermehrt  wird.  Diese  Umwandlung  läßt  sich  an  jedem 
Längsschnitt  durch  eine  Stengelspitze  verfolgen.     In  einiger  Entfernung  von 


Fig.  2.  Embrj'onale  Zelle 
aus  der  Wurzelspitze  des 
Hafers.  /(•  Zellkern, /f.«' Kern- 
wandung, n  Kernkörperchen, 
J>1  Plasma,  c/i  Chi-omato- 
phoren,  w  Zellvvandung. 
Etwas  schematisiert.  Vergr. 
ca.  1500.    Nach  Lewitsky. 


Fig.  3.  Zwei  Zellen  der 
Stengelspitze  einer  Samen- 
pflanze, in  verschiedener 
Entfernung  von  ihrem  ober- 
sten Ende  entnommen. 
k  Kern,  //  Plasma,  z'  Va- 
kuolen (Safträume).  Etwas 
schematisiert.  Vergr.  ca. 
500.    Nach  Strasburger. 


10  Fitting: 

seinem  oberen  Ende  enthalten  die  heranwachsenden  Zellen  in  ihrem  Plasma 
bereits  eine  größere  Anzahl  Hohlräume,  Vakuolen  (v  in  A  Fig.  3),  die  mit 
wäßrigem  Saft,  Zellsaft,  gefüllt  sind.  Die  Zellen  fahi'en  alsdann  noch  fort, 
an  Größe  zuzunehmen,  wobei  die  Vakuolen  verschmelzen.  'Schließlich  wird 
meist  ein  Zustand  erreicht,  wo  nur  noch  ein  einziger,  großer;  mit  Zellsaft  ge- 
füllter Hohlraum,  der  Saftraum  {v  in  B  Fig.  3),  im  Plasma  der  Zelle  besteht, 
das  Plasma  aber  nur  einen  dünnen  Belag  an  der  Zellwandung  bildet,  in  dem 
auch  der  alsdann  wandständige  Kern  eingebettet  ist  (Fig.  3B  k).  Der  Saft--» 
räum  kann  aber  auch  in  einer  ausgewachsenen  Zelle  von  ^Lamellen  und  Strängen  ^ 
oder  Fäden  aus  Plasma  durchsetzt  bleiben,  worin  oft  der  Kern,  aber  stets  J 
vom  Plasma  allseitig  umhüllt,  aufgehängt  ist  (Fig.  5,  10).  /  In  jeder  noch 
lebenden  Zelle  ist  die  Zellwandung  auf  ihrer  Innenseite  von  einem  ununter- 
brochenen Plasmabelag  ausgekleidet,  der  der  ZellwanS' überall  dicht  anhegt, 
in  älteren  Zellen  "aber  so  dünn  werden  kann,  daß  man  ihn  nicht  unmittelbar 
sieht  (Fig.  10).  Erst  wasserentziehende  Mittel,  die  ihn  veranlassen,  sich  von 
der  Zell  Wandung  zurückzuziehen  und  abzulösen  (Plasmolyse,  vgl.  S.  192),  1 
wie  etwa  stärker  konzentrierte  Salz-  oder  Zuckeilösungen,  machen  ihn  als- 
dann sichtbar. 

B.  Physikalische  Eigenschaften  des  Protoplasten.     Um   die 
physikalischen  Eigenschaften,  insbesondere  den  Aggregatzustand,  des  Proto- 
plasmas kennen  zu  lernen,  wenden  wir 
/^,  uns  zunächst  zu  einer  Gruppe  von  Or- 

y;^'^^-^^  ^  ganismen,   die  an  der   Grenze  zwischen 

*^^  *^  « r   -  ^  ^^  ^    ^  ^^^  Pflanzen-  und  dem  Tierreiche  stehen, 

^_^  "'  zu  den  Schleimpilzen  oder  Myxomyceten. 

^'jl  Sie  sind  durch  einen  Entwicklungszustand/ 

gx     VIj  I         ausgezeichnet,  während  dessen  ihr  Proto-' 

^^    '■  i         plasma  größere  nackte  Massen,  die  Plas- 

modien, bildet.    ||Ihr  Plasma  (Fig.   4) 
besteht     aus     netzartig     verbundenen, 
^J^''  dickeren    und   dünneren  Strängen  einer 

,  "'s«^  glashellen    Grundmasse,    die    Körnchen 

^~'^^  ,.jy-  .enthält  und  zäh-   oder  dünnflüssig   ist. 

""^  I  In  diesen  Strängen   sieht   man  nämlich 

Fig.  4.  Teil  eines  ausgewachsenen  Pias-      das     Plasma     innerhalb     von     festeren 
modiums   von  Cliondrioderma  difforme.      und    dichteren   ruhenden    Hüllschichten 
Vergr.  90.    Nach  Strasburger.  lehlis^U     nach     Ai't     einer     Flüssigkeit 

strömen.  /Diese  inneren  Ströme  be- 
wegen sich  nach  den  Rändern  des  jpiasmodiums  hin  oder  von  ihnen  hinweg 
und  wechseln  häufig  ihre  Richtung.;;'  An  den  Rändern  des  Plasmodiums  selbst 
werden  Plasmafortsätze  vorgestrecm  oder  schon  vorhandene  eingezogen.  1  Da- 
dui'ch  kann  das  Plasmodium  sich  kriechend  fortbewegen.  Wo  solche  Proto- 
plasmamassen fremden  Körpern  begegnen,  sind  sie  befähigt,  sie  in  ihr  Inneres 
aufzunehmen,  in  Vakuolen  einzuschließen  und,  soweit  das  möghch  ist,  auch 
zu  verdauen.  > 

Wie  in  den  nackten  Plasmodien  der  Schleimpilze,|  so  läßt  sich  auch  bei 
behäuteiten  pflanzhchen  Zellen 'off  strömende  Be'we^ung  im  Plasma  er- 
kennen, solange  es  lebt.  Meist  stellt  sie  sich,  erst  in  annähernd  fertigen  Dauer- 
zellen, und  zwar  vielfach  nur  dann  in  auffälhger  Weise  ein,  wenn  durch  eine 
Verwundung,  etwa  das  Schneiden  bei  Herstellung  des  I^räpafat^  ein  Reiz 
auf  die  Protoplasten  ausgeübt  worden  ist(^).  Sie  scheint  den  Transport  von 
Nährstoffen  nach  der  Wündstelle  zu  beschleunigen.  Schon  an  diesen  Be- 
wegungen kann  man  sehen,  daß  auch  hier  das  Protoplasma  meist  eine  dünn- 


Älorphologie. 


11 


oder  zähflüssige  Masse  isf;  aus  seiner  Hülle  befreit,  nimmt  es  dementsprechend 
die  Form  eines  runden  Tropfens  an.  |  In  behäuteten  Zellen,  in  denen  solche 
Plasmabewegung  vorkommt,  sieht  inan  das  Protoplasma,  abgesehen  von 
seiner  stets  ruhenden  äußersten  Schicht,  die  an  die  Zellwand  angrenzt,  entweder 
in  einem  einzigen  Strome  "von  konstanter  Richtung  oder  in  verschiedenen 
Strömen  mit  wechselnder  Ptichtung  sich  bewegen.  Man  hat  danach  zwischen 
Rotation  und  Zirkulation  des  Plasmas  unterschieden.  [  In  den  Zellen, 
in  denen  Rotationsbewegung  vorkommt,  z.  B.  bei  vielen  Wasserpflanzen, 
ist  das  Protoplasma  auf  einen  Wandb'elag  beschränkt,  i  Der  Rotationsstrom 
folgt  der  Zellwandung  und  beschreibt  eine  kreisende,  in  sich  zurücklaufende 
Bahn.  Die  bei  Landpflanzen  häufige  Zirkulation  findet  sich  besonders  in  Zellen, 
deren  Innenräume  von"  Plasmasträngen  oder  -lamellen  durchsetzt  sind;  das 
Plasmaf strömt  in  ihnen  außerdem  in  bandförmigen,  meist 
verzweigten  Streifen  des  Wandbelages,  und  zwar  hier  wie 
dort  nach  verschiedenen  "RichtuAgen  hin. 

Von  dem/in  Rotation  befmdlicheiAPlasma  werden  Zell- 
kern un(f  Chronktophoren  meist  mitgeführt.  Doch  "können  letztere 
an  der  ruhenden  peripheren  Schicht  haften  uri'd  infolgedessen  un- 
beweglich'sein.  I  So  ist  es  beispielsweisei  bei  den  Characeen,  Süß- 
wasseralgen, deren  lange  Gliederzellen  in  der  Gattung  Nitella  be- 
sonders günstige  Beispiele  für  die  Beobachtung  starker  Rotations- 
strömung sind.  Ein  sehr  gutes  Objekt  für  das  Studium  der  Zir- 
kulation sind  die  Staubblatthaare  von  Tradescantia  virginica 
(Fig.  5).  Diefden  Saftraum  durchsetzendeiuPlasmastränge  verändern 
dabei  langgaik- ihre  Gesfaft  und' Lage  und 'Veranlassen  dadurch  auch 
Lageänderungen  des  Kerns. 

Bewegungen  an  eng  umgrenzten  Stellen  des  Plasmas  be- 
obachtet manv  auch  in  den  Protoplasten  vieler  niederer  Algen,  be- 
sonders ihrer  Schwärmzellen:  In  der  Nähe  des  vorderen  Körper^des 
umschließt  das  Plasma  e^ne  oder  mehrere  kleine  pulsierende 
Vakuolen,  die  in  kürzeren  Zeitabschnitten  rhythmisch  verschwin- 
den, d.  h.  plötzlich  sich  entleeren,  darauf  aber  wieder  erscheinen 
und  langsam  zur  alten  Größe  heranwachsen  (Fig.  335 /f).  Ferner 
besitzt  ilir  Plasmakörper  einen  oder  mehrere  fadenförmige,  kontrak- 
tile, plasmatische  Fortsätze,  Geißeln,'  Zilien,  die  sehr  lebhaft 
schwingen  und  die  Beweglingsorgane  der  Schwärmzelleiv.sind. 

Der  Protoplast  ist  nur  innerhalb  ziemlich  enger  Tem- 
peraturgrenzen aktiv  lebenstätig  (also   auch  strömlings- 
fähig)   und  innerhalb'  etwas    weiterer   lebensfähig./  ^Er 
stirbt,  d.  h.  gerinnt,  erstarrt  in  der  Regel  rasch  bey  Tem- 
peraturen, die  nicht  w^it  über  +  50'^  liegen.    Auch  durch 
Alkohol,    durch    Säuren   von  bestimmter   Konzentration, 
durch  Lösungen  von  Sublimat  und  vielen  anderen  Schwermetallsalzen  wird 
das  Protoplasma  zum  raschen  Erstarren  gebracht,  fixiert.    Solche  Gerinnungs- 
und Fixierungsmittel  spielen  jetzt  eine  große   Rolle  in  der  mikroskopischen 
Technik  C^). 

C.  Chemische  Eigenschaften  des  Protoplasten (^°).  Das  in 
Tätigkeit  befindliche  Protoplasma  reagiert  gewöhnlich  alkalisch,  unter  Um- 
ständen auch  neutral,  niemals  aber  sauer.  Es  ist  nicht  ein  einheitlicher 
chemischer  Körper, jsondern  besteht  aus  einem  Gemische  einer  großen  Zahl 
chemischer  Verbindungen,  die  zum  Teil  in  Wasser  gelöst,  zum  Teil  fest  sind.j 
Ein  Teil  davon  erfährt  im  aktiv  lebenstätigen  Protoplasma  fortdauernd  Ver- 
änderungen, auf  denen  ohne  Zweifel  viele  wichtige  Lebensäußerungen  des 
Protoplasten  beruhen.  |(  Die  wichtigsten  Bestandteile  in  diesem  Gemische  sind 
wohl  die  Eiweißkörper  (Eiweißstoffe,  Proteine,  und  Eiweißverbindungen, 


Fig.  5.  Eine  Zelle 
aus  einem  Staubblatt- 
haare von  Tradescan- 
tia virginica.  Inner- 
halb der  Stränge  als 
dunkle  Körner  Leu- 
koplasten    und    der 

runde   Zellkern. 

Vergr.     240.       Nach 

Stjrasburger. 


12  Fitting: 

Proteide).  So  gibt  das  Protoplasma  Eiweißreaktion  und  läßt  beim  Ver- 
brennen infolge  seines  Stiekstoffgehaltes  Ammoniakdämpfe  entweichen.  |  Und 
zwar  ist  in  dem  Protoplasma  eine  ganze  Reihe  von  Eiweißstoffen  ajifgefunden 
worden.  Im  Zellkerne  herrschen  die  Nukleoproteide,  phosphorhaltige  Eiweiß- 
verbindungen, vor,  die  von  Pepsinlösung  nicht  aufgelöst  werden.  Weiter  ent- 
hält das  Protoplasma  wohl  stets  Spaltungsprodukte  der  Eiweiße,  vor  allem 
Amide;  außerdem  Enzyme,  Kohlehydrate  und  ölartige  Körper  (Lipoide),  wie 
Fette  und  Lezithine  (vgl.  S.  222);  ferner  Phytosterine  (aromatische  Alkohole 
von  der  Formel  C27H45OH)  und  unter  Umständen  Alkaloide  (heterozykhsche, 
stickstoffhaltige  Pflanzenbasen)  oder  Glykoside  (esterartige  Verbindungen  der 
Zucker  meist  mit  aromatischen  Verbindungen).  Daß  auch  Mineralstoffe  im 
Protoplasma  nicht  völlig  fehlen,  geht  daraus  hervor,  daß  es  Asche  liinterläßt. 
f  Durch  verdünnte  Kalilauge  werden  alle  Teile  des  Protoplasten  gelöst,  ebenso  durch 
Chloralhydrat  oder  JAVELLEsche  Lauge.  |  Durch  Jod  werden  sie  bräunlichgelb  gefärbt, 
durch  eine  Lösung  von  salpetersaurem  Quecksilberoxydul  (dem  sog.  MiLLONschen  Reagens) 
ziegelrot.  Die  Reagenzien  töten  das  Protoplasma,  worauf  sich  erst  die  charakteristische 
Reaktion  einstellt.  Diese  Reaktionen  weisen  auf  Eiweißkörper  hin,  sind  ihnen  aber  nicht 
ausschließlich   eigen. 

/[  D.  Bau  der  Teile  des  Protoplasten.  Sehr  wichtige  Hilfsmittel  für 
die  Erforschung  der  TeiJe  des  Protoplasten  bilden  die  Fixierungs-  und 
Färbeverfahren.  Gewisse  Gerinnungsmittel  fixieren  und  härten  nämlich 
das  Protoplasma  anscheinend  wenig  verändert.  Man  hat  aber  stets  darauf 
zu  achten,  daß  bei  der  Fixierung  auch  Strukturen  auftreten,  die  erst  durch 
die  Gerinnung  entstehen ("). 

'^L>er  Wert  der  Färbungen  beruht  darauf,  daß  die  verschiedenen  Bestandteile  des 
Protoplasmas  mit  ungleicher  Begierde  Farbstoffe  aufnehmen  und  mit  größerer  oder  ge- 
ringerer Kraft  festhalten,  wenn  man  ihnen  di*  Stoffe  durch  Lösungsmittel  wieder  zu  ent- 
ziehen sucht.  Viele  P^'arbstoffe  werden  erst  vom  toten  Protoplasma  merklich  gespeichert. 
^Zur  Färbung  der  fixierten  pflanzlichen  Protoplasten  bedient  man  sich  vornehmlich  der 
Karminlösungen,  des  Hämatoxylins,  Safranins,  Säurefuchsins,  Gentianavioletts,  Orange, 
Methylenblaus  u.  a. 

I  1.  Das  Plasma  (Zytopiasma).  In  einer  anscheinend  glasklaren,  also  optisch 
homogenen,  dünn-  oder  zähflüssigen  Grundmasse  des  Plasmas,  dem  Hyalo- 
plasma, sieht  man  bei  stärkeren  Vergrößerungen  gewöhnlich  winzig  kleine 
Körnchen  und  Tröpfchen  in  kleinerer  oder  meist  größerer  Zahl,  die  Mikro- 
somen,  eingebettet,  die  offenbar  aus  verschiedenartigen  Stoff wechselpro- 
dukten  des  Plasmas  bestehen,  j  Körnerreiches  Plasma  bezeichnet  man  wohl 
als  Körner-  oder  Polioplasma.  ]  Das  Hyaloplasma,  das  selbst  nyt  dem 
Ultramikroskop  optisch  nahezu  leer  erscheint,  ist  eine  wäßrige  Lö&ung  der 
Art,  die  die  physikahsche  Chemie  kolloidale  Lösungen  oder  Sole  ü'ennt(^2). 
Der  Nachweis,  daß  das  Protoplasma  meist  eine  kolloidale  Lösung,  .und  zwar 
ein  Emulsoid,  ist,  hat,  wie  es  scheint,  grundlegende  Bedeutung./  Dadurch 
dürften  viele  Lebensäußerungen  des  Plasmas  einer  physikahsch-v^hemischen 
Erklärung  zugänglich  werden. 

An  seiner  Peripherie  ist  das  Plasma  von  einer  äußerst  dünnen,  körnchen- 
freien und  oft  zäheren  Hyaloplasmaschicht  umgeben,  deren  äußerster  Saum, 
die  Hautschicht  oder  Plasmahaut,  seine  eigenthche  äußere  Begrenzung 
bildet.  Gegen  den  Sattraum  und  andere  Vakuolen  grenzt  es  sich  ebenfalls 
durch  solche  Hyaloplasmaschichten  und  Plasmasäume,  die  Vakuolenwände, 
ab.  Diese  peripheren  Hautschichten  und  die  Vakuolenwände  können  sich  jeder- 
zeit neu  bilden,  sind  aber  sehr  wichtige  Bestandteile  des  Protoplasten;  denn 
sie  entscheiden  über  die  Aumahme  von  Stoffen  in  das  Protoplasma.  Sie  sind 
semi permeabel;  d.  h.  lassen  zwar  Wasser  durch,  sind  aber  für  viele  andere 
Stoffe  undurchlässig  oder  schwer  durchlässig. 


Morphologie. 


13 


m 


Ob  das  lobende  Plasma  außer  der  Emulsionsstruktur  stets  noch  eine 
andere  bestimmte  und  bezeichnende,  aber  mit  dem  Mikroskope  und  Ultra- 
mikroskope unsichtbare  Struktur  besitzt,  wissen  wir  nicht.  In  sich  teilenden 
Protoplasten  treten  fadenförmige  Sonderungen  auf,  die  in  ruhenden  Proto- 
plasten wieder  unkenntlich  werden.  Plasma,  das  fixiert  und  gefärbt  wurde, 
kann  homogen  sein  oder  bildet  (bei  schlechter  Fixierung),  wie  andere  ge- 
ronnene kolloidale  Lösungen,  ein  Netz-,  Gerüst-  oder  Wabenwerk,  in  das 
Körnchen  eingelagert  sind. 

Außer  solchen  Strukturen  sind  aber  neuerdings  im  Plasma  von  embryonalen  und  Dauer- 
zellen, vor  allem  nach  besonderem  Fixierungs-  und  Färbungsverfahren,  noch  körn-,  Stäbchen-, 
faden-,  spindel-  oder  hanteiförmige  Gebilde  nachgewiesen 
worden,  die  in  ihrem  Aussehen  und  in  ihrem  Verhalten 
gegenüber  den  Fixierungs-  und  Färbungsmitteln  so  sehr  mit 
den  Chondriosomen  (Mitochondrien)  embryonaler  tierischer 
Zellen  übereinstimmen,  daß  man  diese  Bezeichnung  auf  sie 
ausgedehnt  hat(^^).  Wahrscheinlich  sind  es  verschiedenwer- 
tige  Dinge,  zum  Teil  kleine,  an  besonderen,  vielleicht  nuklein- 
säurehaltigen  Eiweißkörpern  reiche  Vakuolen,  zum  Teil  faden- 
förmige Plasmastränge,  zum  Teil  auch  jugendliche  Chromato- 
phoren;  man  hat  sie  auch  bei  Pilzen  beobachtet  und  bei 
gewissen  Moosen    in    den   embryonalen 

L^  Zellen  neben  den  Chromatophoren. 

I  j  2.  Der  Zellkern  (Nukleus)  H 

ist  im  allgemeinen  kugel-,  ei-  oder 
linsenförmig  gestaltet,  kann  aber 
manchmal  auch  absonderliche,  z.  B. 
gelappte  Gestalt  annehmen  oder  in 
gestreckten  Zellen  selbst  faden- 
förmig werden.  In  embryonalen 
Zellen  beträgt  sein  Durchmesser 
etwa  zwei  Drittel  des  Gesamt- 
durchmessers des  Protoplasten.  In 
ausgewachsenen  Dauerzellen  da- 
gegen macht  er,  da  er  nicht  mit- 
wächst, in  dem  größeren  Zellraume 
einen  viel  kleineren  Eindruck.  Große 
Kerne  findet  man  bei  den  meisten 
Koniferen  und  manchen  Mono- 
kotylen, sowie  bei  Rammculaceen 
und  Loranthaceen  unter  den  Diko- 
tylen. Mit  besonders  großen  Kernen 
sind  meist  Drüsenzellen  ausge- 
stattet. Dagegen  sind  die  Kerne 
der  meisten  Pilze  (Fig.  6)  und  vieler 
Schlauchalgen  sehr  klein. 
Bei  höheren  Pflanzen  kommen  fast  ausscliließlich  einkernige  Zellen 
vor.  Bei  den  niederen  Pflanzen  sind  aber  viel  kernige  Zellen  sehr  verbreitet; 
ja  bei  vielen  Pilzen  (Fig.  6)  und  bei  den  Schlauchalgen  herrschen  sie  vor.' 
Der  ganze  Organismus  wird  alsdann  entweder  von  einer  einzigen  solchen 
vielkernigen  Zelle  gebildet,  die  bei  einigen  Schlauchalgen,  wie  Caulerpa, 
äußerlich  ungewöhnlich  reich  gegliedert  ist  (Fig.  348);  oder  er  besteht  aus 
einer  größeren  Zahl  vielkerniger  Zellen,  so  bei  vielen  Pilzen  (Fig.  6)  und  z.  B. 
bei  der  Süßwasseralge  Gladophora  (Fig.  7). 


Fig.  6.  Mehr- (5) 
kernige  Zelle  des 
Pilzes  Hypholoma 

fasciculare. 

Vergr.  500.  Nach 

Kniep. 


Eine  Zelle  von  Gla- 
dophora glomerata,  nach 
einem  mit  l%iger  Chrom- 
säure fixierten  und  mit 
Karmin  gefärbten  Präpa- 
rate. Ji  Kerne.  Vergr.  540. 
:^(^Nach  Strasburger. 


14 


Fitting: 


Der  Zellkern  sieht,  solange  er  lebt,  fein  punktiert  ans.  Außerdem 
fallen  in  ihm  meist  ein  bis  mehrere  größere,  runde,  glänzende  Körner  oder 
Tropfen  auf:  die  aus  Eiweißkörpern  bestehenden  Kernkörperchen  oder 
Nukleolen  (Fig.  2m),  deren  Bedeutung  wir  noch  nicht  genau  kennen.  Der 
Kern,  dessen  Inhalt  zähflüssig  zu  sein  scheint,  ist  von  einer  Kernwandung 
umgeben  (Fig.  2  ^zf),  einer  Hautschicht,  mit  der  der  Kernraum,  die  Kern- 
höhle, gegen  das  umgebende  Plasma  abgegrenzt  ist. 

Einen  Einblick  in  die  feinere  Kernstruktur  erhält  man  nur  an  ent- 
sprechend fixierten  und  gefärbten  Präparaten.  Man  erkennt  alsdann  im 
Kern  meist  ein  stark  gefärbtes  w^abig-netzartiges  Gerüstwerk  oder  Körner 
aus  Chromatin  (Fig.  13,  In),  das  vornehmlich  aus  phosphorhaltigen  Eiweiß- 
verbindungen (und  zwar  Nukleoproteiden)  zu  bestehen  scheint.  In  den  Maschen 
des  Gerüstes  befinden  sich  die  Kuldeolen,  die  sich  ebenfalls  intensiv,  jedoch 
meist  anders  als  das  Chromatin  färben,  weil  sie  meist  nicht  aus  Chromatin 
bestehen.  Das  Gerüstwerk  und  die  jN^ukleolen  des  Kerns  liegen  innerhalb  der 
Kernhöhle,  die  mit  Kernsaft,  wohl  einer  Eiweißlösung,  gefüllt  ist. 

In  vielen  Kernen  scheint  das  Kerngerüst 
aus  einer  wenig  färbbaren  Grundmasse,  dem  Linin, 
gebildet  zu  werden,  dem  das  Chromatin  als  kleine 
Körnchen  eingelagert  ist. 

Bei  Spirogyra  unter 
den  Algen,  gewissen  Flagel- 
laten  und  Pilzen  enthalten 
vielleicht  auch  die  Kern- 
körperchen  einen  Teil  des 
Chromatins,  sind  also  denen 
der  höheren  Pflanzen  nicht 
gleichwertig,  wie  auch  ihr 
Anteil  an  den  Kernteilungs- 
vorgängen zeigte^).  Solche 
Kerne  werden  wohl  auch  als 
Karyosomkerne  bezeichnet. 

Welchen  Anteil  der 
Zellkern  an  den  Lebens- 
erscheinungen des  Pro- 
toplasten hat,  ist  noch 
ganz  unbekannt;  jeden- 
falls aber  ist  er  zum 
Bestände  des  Lebens  in 

kernhaltigen    Zellen 
nötig.     Sehr  große  Be- 
deutung   hat     er    als 
hauptsächhcher  Träger  der  erblichen  Anlagen. 

3.  Die  Chromatophoren  (^^).  In  den  embryonalen  Zellen  sind  die  Chromato- 
phoren  kleine,  farblose,  stark  lichtbrechende  Gebilde  von  Tropfen-,  Körner-, 
Spindel-  oder  Fadenform,  die  sich  vornehmlich  in  der  Nähe  des  Zellkerns 
(Fig.  2ch)  aufhalten.  In  Dauerzellen  sind  sie  meist  zu  Chloroplasten, 
Leukoplasten  oder  Chromoplasten  umgebildet,  die  man  wegen  dieses 
gleichen  Ursprunges  ebenfalls  Chromatophoren  nennen  kann. 

a)  Chloroplasten.  In  peripherischen,  dem  Lichte  ausgesetzten  Teilen 
der  Pflanze  gehen  aus  den  Chromatophoren  der  embryonalen  Zellen  in  der 
Regel  grüne  Chloroplasten  oder  Chlorophyllkörper  hervor.  Ihnen  ver- 
danken die  grünen  Pflanzen  ihre  Farbe  und  auch  ihre  Befähigung  zur  Kohlen- 
säureassimilation.     Die   Chloroplasten  liegen  immer  im   Plasma,   meist    im 


Fig.  8.  Zwei  Zellen 
mit  Chlorphyllkör- 
nern  (d)  aus  dem 
Blatt  des  Laubmooses 
Funaria  hygrome- 
trica.  n  Zellkerne. 
Vergr.     300.      Nach 

SCHENCK. 


Fig.    9.      Netzförmiger    Chlorophyll- 
körper der  Süßwasseralge  Cladophora 
arcta    mit  J>y    Pyrenoiden,    k   Kerne. 
Nach  Schmitz. 


Morphologie.  15 

plasmatischeu  Wandbelage  der  Zellen,  und  besitzen  bei  allen  höher  organi- 
sierten Pflanzen  die  Gestalt  ellipsoidischer,  etwas  abgeflachter  Körner  (Fig.  8cZ) 
Chlorophyll  kör  ner.  Bei  den  Algen  sind  die  Chlorophyllkörper  aber  oft 
anders  gestaltet,  nämlich  bandförmig  (Fig.  329  C),  sternförmig  oder  platten- 
förmig,  häufig  auch  netzartig  durchbrochen  (z.  B.  Cladophora  Fig.  9).  Als- 
dann sind  ihnen  meist  Pyrenoide  (Fig.  9^y)  ein-  oder  angelagert:  runde 
Proteinkörper,  die  in  bestimmten  Fällen  einen  Eiweißkristall  enthalten  und 
mit  kleinen  schalenförmigen  Stärkekörnern  sich  umhüllen,  weshalb  die  Pyre- 
noide auch  Stärke  her  de  genannt  werden.  Nach  längerer  Belichtung  findet 
man  in  den  Chloroplasten  der  meisten  Pflanzen  eine  geringere  oder  größere 
Zahl  sehr  kleiner  Stärkekörnchen  (Assimilationsstärke  Fig.  15)  und  außer- 
dem oft  ölartige  Tröpfchen,  die  vielleicht  aus  Aldehyden  bestehen.  Die  Grund- 
masse der  Chloroplasten  läßt  aber  eine  feinere  Struktur  in  lebensfrischem 
Zustande  selbst  bei  den  stärksten  Vergrößerungen  nicht  erkennen;  sie  ist 
gleichmäßig  grün  gefärbt. 

Der  grüne  Farbstoff,  das  Chlorophyll,  ist  für  die  Kohlensäurezerlegung 
in  den  Chloroplasten  nnentbehrhch. 

Die  Untersuchungen  aus  letzter  Zeit  (^'),  namentlich  von  Willstätter  und  seinen 
Schülern,  haben  ergeben,  daß  in  den  Chloroplasten  im  ganzen  vier  Farbstoffe  vorhanden 
sind:  Zwei  sehr  nahe  verwandte  grüne  Pigmente,  das  Chlorophyll  a  und  b,  im  Mengen- 
verhältnis von  etwa  3:1,  und,  in  wesentlich  geringerer  Menge,  zwei  gelbe  Farbstoffe.  Die 
Chlorophylle  sind  Ester  des  Phytols,  eines  Alkohols  von  der  Formel  CjoFIggOH,  und  einer 
Trikarl)onsäure,  also  hochmolekulare  Verbindungen  von  Kohlenstoff,  Sauerstoff  und  Wasser- 
stoff, in  deren  Aufbau  noch  Stickstoff  und  Magnesium,  entgegen  früheren  Annahmen 
aber  kein  Phosphor  und  kein  Eisen  eingeht.  Das  blaugrüne  Chlorophyll  a  entspricht  der 
Formel  CgsH-^OgN^Mg  +  ^/^HgO;  das  gelbgrüne  Chlorophyll  <!>  hat  die  Zusammensetzung 
CjsHjfiOgN^Mg.  Die  gelben  Pigmente  sind  orangerdte,  kristallisierende  Karotine  (Kohlen- 
wasserstoffe von  der  Zusammensetzung  C^oHgo),  von  denen  eines  z.  B.  auch  in  den  Möhren- 
wurzeln vorkommt,  und  gelbe,  ebenfalls  kristallisierbare  Xanthophylle  (Oxyde  der 
Karotine:  C^oH^gO.^).  An  der  Assimilation  der  Kohlenstäure  sind  aber  nur  die  Chlorophylle 
beteiligt. 

Alle  vier  Farbstoffe  lassen  sich  aus  den  frischen  oder  getrockneten  Chloroplasten 
mit  verschiedenen  Lösungsmitteln  ausziehen,  z.  B.  mit  Azeton  oder  80— 90  "/^  Alkohol; 
am  schnellsten  kann  man  eine  intensive  Lösung  aller  Pigmente  aus  frischen  Laubblättern 
erhalten,  wenn  man  sie  mit  siedendem  Alkohol  übergießt.  Solche  Lösungen  sind  infolge 
des  Gehaltes  an  Chlorophyllen  im  durchfallenden  Lichte  smaragdgrün,  bei  auffallendem 
Lichte  durch  Fluoreszenz  blutrot (**).  Ihr  Spektrum  (Fig.  245)  ist  durch  vier  Absorptions- 
bänder im  weniger  brechbaren  (roten)  Teile  und  drei  im  stärker  gebrochenen  (blauen)  aus- 
gezeichnet. Die  einzelnen  Pigmente  lassen  sich  durch  Ausschütteln  dieser  Lösungen  von- 
einander trennen.  Wird  z.  B.  die  alkoholische  Lösung  mit  Benzol  geschüttelt,  so  nimmt 
dieses  die  Chlorophylle  auf  und  sammelt  sich  als  grüne  Lösung  über  dem  nun  gelb  ge- 
färbten Alkohol  an.  Die  Menge  des  in  grünen  Pflanzenteilen  vorhandenen  Chlorophyll- 
grüns ist  nur  gering;  sie  macht  nach  Wili.stätter  0,5 — 1  "/g  der  Trockensubstanz  aus. 

Bei  manchen  viel  kultivierten  Gewächsformen,  den  weißbunten  (panaschierten) 
Pflanzen,  haben  kleinere  oder  größere  Teile  der  Blätter  nicht  grüne,  sondern  weiße  oder 
gelbliche  Färbung;  ihre  Zellen  enthalten  an  Stelle  der  grünen  Chloroplasten  farblose  oder 
gelbliche  Chromatophoren. 

Viele  Algen  sind  nicht  grün,  sondern  anders  gefärbt.  In  den  blaugrünen,  span- 
grünen, blauen,  seltener  violetten  Spaltalgen  und  in  den  roten,  violetten  oder  rotbraunen 
Chloroplasten  der  Rotalgen  sind  nämlich  neben  den  vier  Farbstoffen  der  grünen  Chloro- 
phyllkörper auch  noch  ein  blauer  Farbstoff,  das  Phykozyan,  und  ein  roter,  das 
Phykoerythrin,  allein  oder  seltener  nebeneinander  vorhanden.  Beide  sind  nach  Ab- 
tötung  der  Zellen  schon  in  Wasser  löslich,  dem  ein  wenig  Alkali  oder  Neutralsalz  zu- 
gesetzt ist,  und  fluoreszieren  sehr  schön.  Um  Spaltalgen,  die  man  auf  Papier  trocknet, 
bildet  das  Phykozyan  oft  einen  blauen  Saum.  Beide  Farbstoffe  sollen  Proteide  sein. 
Über  ihre  Bedeutung  ist  wenig  Sicheres  bekannt  (i*).  Bei  den  Braunalgen  kommt  die 
Farbe    der   braunen    oder  gelben   Chloroplasten   dadurch   zustande,   daß   in   ihnen   außer 


16 


Fitting: 


Chlorophyll  a  und  sehr  wenig  Chlorophyll  b  etwa  gleich  viel  gelbe  Farbstoffe,  nämlich 
Karotin,  Xanthophyll  und  außerdem  in  überwiegender  Menge  auch  noch  das  dem  letzten 
verwandte  rotbraune  Pliykoxanthin  (C^oHg^Og),  vorhanden  sind  (^*'). 

Die  Verfärbungen  ("),  die  die  Blätter  unserer  Holzgewächse  im  Herbste  vor  dem 
Blaltfall  erfahren,  sind  mit  einer  Zersetzung  der  Chloroplasten  und  des  Chlorophyllfarb- 
stoffes verbunden.  In  den  Protoplasten  findet  man  alsdann  außer  wäßriger,  oft  rot- 
gefärbter Flüssigkeit  nur  noch  einige  Öltröpfchen,  Kristalle  und  gelbe,  stark  lichtbrechende 
Kugeln.  Anders  steht  es  bei  solchen  Nadelhölzern,  deren  Blätter  im  Winter  sich  bräunen, 
um  im  nächsten  Frühjahr  wieder  zu  ergrünen;  hier  gehen  in  den  Farbstoffen  der  Chloro- 
plasten Umwandlungen  vor,  die  im  Frühling  wieder  rückgängig  gemacht  werden.  Die 
Bräunung  absterbender  Laubblätter  ist  eine  postmortale  Erscheinung,  bei  der  braune 
wasserlösliche  Farbstoffe  auftreten. 

In  den  nicht  grünen  phanerogamen  Schmarotzern  werden  die  Chloro- 
plasten nicht  ausgebildet,  sondern  durch  farblose,  auch  wohl  bräunhche  oder 
rötliche  Chromatophoren  ersetzt,  die  übrigens  bei  manchen  dieser  Gewächse 
noch  Spuren  von  Chlorophyll  enthalten  können.  Bei  den  Pilzen  fehlen  die 
Chromatophoren  ganz,  wie  schon  hervorgehoben  wurde. 


Fig.  10.  Zelle  aus  der  Epidermis 
der  Commelinacee  Rhoeo  discolor. 
71  Kern  mit  Kernkörperchen  k,  um- 
geben von  Leukoplasten  l.  Vom 
Kern  gehen  Piamastränge  nach 
dem  unsichtbaren  wandständigen 
Plasmabelag  aus.     Vergr.  240. 


Fig.  11.  Zelle  mit  Chromo- 
plasten  von  der  Oberseite 
des  gelb  gefärbten  Kelches 
der  Kapuzinerkresse  (Tro- 
paeolum  majus).  Vergr.  540. 
Nach  Strasburger. 


Fig.  12.  Chromoplasten 
aus  der  Möhrenwurzel, 
zum  Teil  mit  Stärke- 
einschlüssen. Vergr.  540. 
Nach  Strasburger. 


b)  Leukoplasten.  In  vielen  Teilen  der  Pflanzen,  namenthch  solchen, 
zu  denen  das  Licht  nicht  gelangt,  werden  die  Chromatophoren  zu  farblosen 
Leukoplasten.  Sie  sind  in  vielen  Zellen  winzig  klein  (Fig.  5,  10 Z),  kugelig, 
eiförmig  oder  nicht  selten  durch  einen  eingeschlossenen  Eiweißkristall  ge- 
streckt (Fig.  28  B  kr).  Dem  Lichte  ausgesetzt  wandeln  sie  sich  häuiig  in  Chloro- 
plasten um,  so  in  den  äußeren  Partien  belichteter  Kartoffelknollen  und  in 
manchen  Erdwurzeln.  Auch  die  Leukoplasten  haben,  wenigstens  in  vielen 
Zellen,  besondere  Funktionen,  nämhch  die,  Zucker  in  Stärke  umzuwandeln, 
die  in  ihnen  als  Körner  auftritt,  weshalb  man  die  Leukoplasten  auch  als 
Stärkebildner  bezeichnet. 

c)  Chromoplasten  gehen  entweder  direkt  aus  den  farblosen  Chromato- 
phoren der  Embryonalzellen  oder  aus  zuvor  ausgebildeten  Chloroplasten 
hervor  und  bedingen  die  gelbe  und  rote  Färbung  vieler  Pflanzenteile,  be- 
sonders von  Blüten  und  Früchten.  Sie  können  wie  die  Chloroplasten  rimd- 
Uche  Körner  sein;  doch  sind  sie  oft  kleiner  und  stets  gelb  oder  orangerot  ge- 
färbt. Diese  Färbung  rührt  entweder  von  gelben  Xanthophyllen  oder 
von  leicht   auskristalhsierenden,   orangeroten   Karotinen  her.      Die  Färb- 


Morphologie.  17 

Stoffe  sind  nicht  gleichmäßig  in  ihrem  Körper  gelöst;  vielmehr  findet  man 
in  einer  farblosen,  plasmatischen  Grundsubstanz  (dem  Stroma)  des  Chromo- 
plasten  viele  winzige  Tröpfchen  (Grana)  davon(22).  j)[q  Farbstoffe,  nament- 
Hch  die  Karotine,  kristallisieren  aber  auch  oft  aus;  alsdann  sind  die  Chromo- 
plasten  nadeiförmig  oder  zu  dreieckigen  oder  rhombischen  Plättchen  ge- 
streckt (Fig.  11,  12). 

Nach  Herkunft  und  Bedeutung  noch  nicht  genügend  hekannt  ist  der  rote  Augen - 
fleck,  den  man  in  den  Zellen  vieler  Algen,  besonders  in  ihren  Schwärmzellen,  neben 
dem  Chloroplasten  und  meist  mit  ihm  verbunden  findet  (Fig.  335/«).  Manche  Forscher 
glauben,  daß  er  als  Chromoplast  aufzufassen  ist  und  zur  Walirnehmung  des  Lichtes, 
gewissermaßen  als  Auge,  dient.  Der  rote  Farbstoff,  Hämatochrom  genannt,  ist  nichts 
anderes  als  Karotin. 

E.  Ursprung  der  Elemente  des  Protoplasten  (^).  Alle  lebenden 
Elemente  des  Protoplasten,  das  Plasma,  die  Zellkerne  und  die  Chromato- 
phoren,  stammen  ab  von  gleichnamigen  Elementen;  eine  freie  Neubildung 
findet  nirgends  statt.  Sie  nehmen  an  Masse  zu  durch  Wachstum;  sie  ver- 
mehren sich  aber  an  Zahl,  ebenso  wie  die  Protoplasten  selbst, 
nur  durch  Teilung  oder  Abspaltung  aus  ihresgleichen.  Dadurch 
werden  die  Eigenschaften  der  lebenden  Bestandteile  einer  Keimzelle  auf  alle 
Zellen  des  Organismus,  so  auch  wieder  auf  seine  Keimzellen  übertragen,  und 
die  ununterbrochene  Fortdauer  des  Lebens  bleibt  erhalten.  Die  Teilung  der 
Protoplasten  wird  gewöhnlich  eingeleitet  durch  die  Kernteilung.  Das  In- 
einandergreifen der  Kern-  und  Zellteilung  in  einkernigen  Zellen  ist  notwendig, 
um  jeder  Tochterzelle  einen  Kern  zu  sichern.  In  vielkernigen  Zellen  (z.  B. 
von  Algen  und  Pilzen)  ist  es  nicht  notwendig,  wenn  die  Querwand  so  angelegt 
wird,  daß  jedem  Tochterprotoplasten  die  nötigen  Kerne  ohnedies  bei  der 
Teilung  zufallen;  tatsächlich  ist  hier  oft  die  Zellteilung  nicht  von  der  Kern- 
teilung abhängig. 

Es  kommt  übrigens  vor,  daß  der  Protoplast  einer  Zelle  als  Ganzes  ohne 
Teilung  seine  alte  Zellhülle  aufgibt.  Dieser  Vorgang,  Zell  Verjüngung  ge- 
nannt, hat  mit  Zellteilung  nichts  zu  tun. 

Solche  Zell  Verjüngung  liegt  z.  B.  vor,  wenn  in  der  grünen  Alge  Oedogonium  der 
Protoplast  sich  abrundet  und  aus  einer  Öffnung  der  alten  Zellhaut  als  nackte  Schwärm- 
spore heraustritt,  oder  wenn  die  Protoplasten  der  Sporen  von  Moosen  oder  Farnen  und 
der  Pollenkörner  von  Samenpflanzen  innerhalb  ihrer  Zellhäute  sich  mit  neuen  Membranen 
umgeben  und  mit  diesen  neuen  Hüllen  selbständig  werden,  während  die  ursprünglichen 
Zellwände  der  Zerstörung  anheimfallen. 

1.  Typische  Teilung  des  Protoplasten,  a)  Kerntcilimg.  Von  wenigen 
Fällen  abgesehen  vermehren  sich  die  pflanzlichen  Zellkerne  durch  mito- 
tische oder  indirekte  Teilung,  einen  Vorgang,  der  auch  als  Karyokinese 
bezeichnet  wird.  Er  spielt  sich  in  ziemlich  verwickelter  Weise  ab  und  ist 
vor  allem  an  fixierten  und  gefärbten  Schnitten  näher  studiert  worden. 

Indirekte  Kernteilung  (23).  Sie  stimmt  in  ihren  Hauptzügen  bei  höher 
organisierten  Pflanzen  und  Tieren  überein.  Fig.  13  stellt  ihre  Stadien  in  etwas 
schematisierten  Bildern  so  dar,  wie  sie  in  embryonalen  vegetativen  Zellen  solcher 
Pflanzen  aufeinander  folgen. 

Das  feine  Gerüst  werk  des  ruhenden  Zellkerns  aus  (Linin  und)  Chro- 
matin (Fig.  13,  In)  sehen  wir  auf  einzelne  Punkte  des  Chromatinnetzes  sich 
zusammenziehen  (Spiremstadium)  und  in  eine  bestimmte  Anzahl  von  faden - 
artigen  Gebilden  sich  sondern  {2 ch),  die  zunächst  unregelmäßig  begrenzt  sind, 
aber  allmähhch  dichter  werden  und  nun  bestimmte  Farbstoffe  noch  stärker 
speichern  {3,4).  Wir  bezeichnen  diese  fadenförmigen  Gebilde  des  Kerns 
als  Chromosomen.    Sie  spalten  sich  längs  (5);  etwas  später  werden  sie  dicker. 

Strasburger,  Lehrluch  der  Botanik.    16.  Auf).  2 


18 


Fitting: 


kürzer  und  glattrandig  (6),  worauf  sie  nach  der  Mitte  der  Zelle  befördert 
werden  und  sich  hier  zur  Kernplatte  oder  Äquatorialplatte  {7  kp),  einer 
sternförmigen  Figur  (dem  Aster),  anordnen,  die  meist  in  der  künftigen  Teilungs- 
ebene der  Zelle  liegt  (Flächenansicht  Fig.  14). 

Während  das  Kerngerüst  in  die  einzelnen  Chromosomen  sich  sondert, 
legen  sich  der  Kernwandung  von  außen  Plasmafäden  an  und  umgeben  sie 
mit  einer  faserigen  Schicht,  die  sich  mehr  und  mehr  an  zwei  gegenüberhegenden 
Seiten  der  Kernwand  sammelt  und  hier  die  Polkappen  (6  ^)  bildet.  In 
ihnen  neigen  die  Fasern  nach  den  Endpolen  der  ganzen  Teilungsfigur  zu- 
sammen, indem  sie  sich  zu  zugespitzten  Büscheln  strecken.    Alsdann  wird  das 


Fig.  13.  Aufeinanderfolgende  Stadien  der  Kern-  und  Zellteilung  in  einer  embryonalen 
Zelle  einer  höheren  Pflanze.  Etwas  schematisiert.  Als  Vorlage  dienten  I>ängsschnitte  mit 
Chromosmiumessigsäure  fixierter  Wurzelspitzen  der  monokotylen  Wasserpflanze  Najas 
marina,  nach  Färbung  mit  Eisenhämatoxylin,  n  Kern,  71I  Nucleolus,  w  Kernwandung, 
pl  Plasma,  ch  Chromosomen,  k  Polkappen,  j  Spindel,  kp  Kernplatte,  t  Tochterkern,  v  Ver- 
bindungsfäden, z  Zellplatte,  m  neue  Scheidewand.  Die  Chromatophoren  sind  bei  solcher 
Fixierung  und  Färbung  nicht  sichtbar.     Vergr.  ca.  1000.     Nach  Clemens  Müller. 


Kernkörperchen  (/  nl)  und  die  Kernwandung  (/  w)  aufgelöst,  worauf  die 
Fasern  der  Kappen  in  die  Kernhöhle  hineinwachsen  (7).  Sie  endigen  dort 
entweder,  wie  es  scheint,  an  den  Chromosomen  oder  treffen  mit  den  Enden 
aufeinander  und  verlaufen  dann  als  ununterbrochene  Fäden  von  einem  Pole 
zum  anderen.  Hiermit  ist  die  Kernspindel  (7s)  aus  den  Spindelfasern 
fertiggestellt. 

Die  beiden  Längshälften  jedes  Chromosoms,  die  Tochterchromosomen, 
rücken  hierauf  in  entgegengesetzter  Richtung  auseinander  {8,  9),  um  die  beiden 
Tochterkerne  {10 — 12  t)  zu  bilden.  Während  dieser  Wanderung  (Diaster- 
figur)  sind  die  Chromosomen  meist  U-förmig  nach  den  Polen  hin  gekrümmt. 
An  den  Spindelpolen  angelangt,  drängen  sie  sich  aneinander.    Darauf  grenzt 


Morphologie.  \  9 

sich  das  umgebende  Plasma  mit  Hautschiehten  gegen  die  neuen  Kernanlagen 
ab  und  bildet  ihre  Kernwandungen.  Innerhalb  der  Tochterkerne  werden 
die  Chromosomen  wieder  wabig  (Dispiremstadium  //)  und  vereinigen  sich 
miteinander  zu  einem  Gerüstwerk  (12),  worin  ihre  Grenzen  meist  nicht  mehr 
zu  erkennen  sind,  wenn  sie  auch,  wie  man  annehmen  muß,  ihre  Selbständig- 
keit nicht  einbüßen.  Beide  Tochterkerne  werden  dabei  größer;  es  treten 
auch  wieder  Nukleolen  in  Ein-  und  Mehrzahl  in  ihnen  auf  (12). 

Durch  diesen  Teilungsmechanismus  ist  erreicht,  daß  die^  Substanz  des 
Kerns,  besonders  die  der  Chromosomen,  bei  jeder  Kernteilung  ganz  gleich- 
mäßig auf  die  beiden  Tochterkerne,  und  zwar  infolge  der  Längsspaltung  der 
Chromosomen,  so  verteilt  wird,  daß  von  den  einzelnen,  in  der  Längsrichtung 
aufeinanderfolgenden    Chromatinabschnitten    eines    jeden    Chromosoms    die 
eine  Hälfte   dem   einen,   die  andere  Hälfte   dem   anderen  Tochterchromosom 
mit  Sicherheit  zufällt.   Man  scliließt  daraus,  daß  das  Chromatin  für  das  Leben 
der  Zelle  und  des  ganzen  Organismus  besonders  wichtig  ist,  nämlich  daß  die 
Chromosomen  die  hauptsäclüichsten  Träger  der  ver- 
erbbaren Anlagen  sind,  und  daß  in  jedem  Chromosom  ^ 
eine   Anzahl  verschiedener  solcher   Anlagen  perl-         >r, .    • 
schnurartig  aneinander  gereiht  sind.                                     |  ^  ^-^^  U^^^^  - 

Die  Zahl  der  Chromosomen  in  den  Kernen  einer         ^  /^^  "%,  ^^     ^ 
Pflanzenart  ist  übrigens  eine  bestimmte.  Abweichende        -^W^^,^ '    //  =-"^"^. 
Zahlen   kommen  aber  xoy{^^);  kleinere  rühren  zum  X      ^'^^^^^^^^    ' 

Teil    daher,    daß    einzelne    Chromosomen    mit   ihren  "  ^  X 

Enden  vereinigt  bleiben;  größere  Zahlen  kommen  zum  Nr   —  ' 

Teil  dadurch  zustande,  daß  sich  einzelne  Chromosomen     f^- 14-  Embryonale  Zelle, 

,  .,  T»  •  1  1-1  -nci  j  •  i  dem  üuerscnnitt  einer 
quer  teilen.  Bei  den  verschiedenen  Pilanzenarten  ist  Wurzel^pitze  der  Liliacee 
dagegen  die  Chromosomenzahl  versclüeden  groß;  die  Galtonia  candicans  ent- 
kleinste Zahl,  die  man  bisher  in  den  Zellen  der  höher  nommen,  mit  einer  Kern- 
organisierten Gewächse  angetroffen  hat,  ist  sechs;  P'^"®  ^"  Polansicht  Die 
^.   ,      ,         ...         .  ,        ..P       ,,  .      „1         won\       c  1  Chromosomen    zu   Paaren 

meist  aber  ist  sie  viel  großer  (bis  über  130).    Sehr     angeordnet.   Vergr.  I6OO. 
häufig  sind  die  Chromosomen  eines  Kerns  unterein-         Nach  Strasburger. 
ander    verschieden   in    Größe   und   Form   (Fig.   14). 

Solche  'Unterschiede  werden  bei  allen  Kernteilungen  festgehalten.  Diese  Tat- 
sache deutet  mit  großer  Sicherheit  darauf  hin,  daß  die  Chromosomen  ihre 
Individualität  auch  im  Ruhekern  bewahren.  Man  nimmt  jetzt  an,  daß 
die  untereinander  verschieden  gestalteten  Chromosomen  Träger  verschie- 
dener Gruppen  erblicher  Anlagen  der  betreffenden  Pflanzenart  sind. 

In  den  untersten  Abteilungen  des  Pflanzenreichs,  bei  manchen  Algen 
und  Pilzen,  verläuft  die  indirekte  Kernteilung  nicht  selten  einfacher,  indem 
die  Chromatinmasse  weniger  sorgfältig  auf  beide  Tochterkerne  verteilt  zu 
werden  scheint  und  die  Spindel  ganz  oder  wenigstens  teilweise  dem  Kern  ent- 
stammt (^^). 

Die  Vorgänge,  die  sich  in  einem  Mutterkerne  während  der  Vorbereitung  zur  Teilung 
abspielen,  werden  als  Prophase  der  Teilung  bezeichnet.  Sie  reichen  bis  zur  Bildung 
der  Kernplatte,  vor  deren  Fertigstellung  sich  auch  die  Längsspaltung  der  Chromosomen 
vollzieht.  Das  Stadium  der  Kernplatte  heißt  die  Metaphase.  Das  Auseinanderweichen 
der  Tochterchromosomen  erfolgt  in  der  Anaphase,  die  Bildung  der  Tochterkerne  in 
der  Telophase  der  Teilung.  Der  Höhepunkt  der  ganzen  Kernteilung,  der  Vorgang, 
der  zur  Bildung  quantitativ  und  qualitativ  gleicher  Teilungsprodukte  führt,  liegt  offenbar 
in  der  Längsspaltung  der  Chromosomen.  Die  fortschreitenden  Vorgänge  der  Kern- 
teilung gehen  mit  dem  Auseinanderweichen  der  Tochterchromosomen  in  die  rückläufigen 
über.     Daher  dauert  wohl  das  Stadium  der  Kernplatte  meist  längere  Zeit  an. 

Wodurch  die  Chromosomen  während  der  Karyokinese  in  der  beschriebenen  Weise 
60  regelmäßig  bewegt  werden,   wissen  wir  noch  nicht.     Strasburger  nimmt  an,   daß  die 


20 


Fitting : 


® 


Spindelfasern,  die  an  den  Chromosomen  zu  endigen  scheinen,  durch  Verkürzung  die 
Tochterchromosomen  aus  der  Kernplatte  nach  den  Polen  ziehen  (Zugfasern),  während  die 
von  Pol  zu  Pol  laufenden  Fasern  (Stützfasern)  gewissermaßen  als  Stützen  der  Kernteilungs- 
figur dienen.  Diese  Annahmen  erklären  aber  nicht  die  Bewegungen  der  Chromosomen 
nach  der  Kernplatte  hin. 

In  bestimmten  Zellen  der  Pflanzen  und  Tiere,  die  der  Fortpflanzung  dienen,  voll- 
zieht sich  als  notwendige  Folge  einer  Befruchtui.g  die  Kernteilung  in  besonderer,  von  der 
typischen  Teilung  abweichender  Art,  die  man  als  Reduktions-  oder  meiotische 
Teilung  bezeichnet  (vgl.  S.  172). 

Direkte  Kernteilung (25).  Außer  der  mitotischen  oder  indirekten  gibt  es 
wenn  auch  selten,  eine  direkte  oder  amitotische  Kernteilung,  auch  Frag, 
mentation  genannt.  Sie  stellt  sich  meist  als  Alterserscheinung  an  Kernen  ein- 
die  aus  indirekter  Teilung  hervorgegangen  sind,  und  ist  im  wesentlichen  eine, 
Durchschnürung  des  Kernes,  wobei  die  Teilstücke  durchaus  nicht  in  ihrer 
Größe  übereinzustimmen  brauchen.  Lehrreiche  Beispiele  für  direkte  Kern- 
teilung sind  die  Kerne  in  den  langen  Ghederzellen  der  Characeen. 

Bei  den  Characeen  folgen  die  direkten  Teilungen  der  Kerne  in  den  wachsenden 
Gliederzellen  so  rasch  aufeinander,  daß  oft  perlschnurförmige  Reihen  zusammenhängender 
Teilstücke  entstehen.  Auf  die  direkte  Kernteilung  folgt  keine  Zellteilung.  Die  direkte 
Kernteilung  kommt  übrigens  auch  bei  Samenpflanzen,  z.  B.  bei  Tradescantia,  der  Liliacee 
Funkia,  Impatiens  balsamina  (der  Balsamine)  vor. 

b)  Yermehrung  der  Chromatoplioren.     Auch  sie  erfolgt  durch  Teilung, 
und  zwar  auf  direktem  Wege  durch  Einschnürung.    Man  kann  sie  am  besten 
an  den  Chlorophyllkörnern  verfolgen.   Jedes  Chlorophyll- 
korn liefert  dabei   zwei  gleich  große  Körner   (Fig.  15). 

c)  Teilung  des  Plas- 
mas. In  den  einker- 
nigen Zellen  der  höher 
organisierten  Gewächse 
pflegen  Kern-  und  Zell- 
teilungen ineinander  zu 
greifen.     Während   die 

Tochterchromosomen 
sich  trennen ,  bleiben 
die  von  Pol  zu  Pol 
reichenden  Fasern  der 
Kernspindel  als  Ver- 
bindungsfäden zu- 
rück (Fig.  13,  gv),  ja 
sie  werden  durch  Einschaltung  neuer  sogar  noch  vermehrt  (Fig.  13,  jo,  ii) 
und  bilden  schließhch  zusammen  einen  tonne nförmigen  Körper,  den  Ver- 
bindungsfadenkomplex (Fig.  13,  Jj).  Jeder  Verbindungsfaden  schwillt 
alsdann  in  der  Äquatorialebene  zu  einem  Körnchen  an  (Fig.  13,  jj);  dadurch 
entsteht  die  Zell  platte,  die  also  in  Seitenansicht  wie  eine  Könrchemeihe 
aussieht.  Ist  die  Zelle  sehr  plasmareich  oder  schmal,  so  erreicht  der  Komplex 
der  Verbindungsfäden  an  der  Peripherie  allseitig  ihre  Seitenwände.  Aus  den 
verschmelzenden  Körnchen  der  Zellplatte  geht  alsdann  eine  plasmatische 
Schicht  hervor,  die  sich  spaltet  und  in  der  Spaltungsfläche  eine  Scheidewand 
aus  ZeUhautstoff  ausscheidet.  Letztere  teilt  annähernd  gleichzeitig,  simultan, 
den  Mutterprotoplasten  in  zwei  Tochterzellen  (Fig.  13, 12  in). 

Ist  dagegen  in  der  Zelle  ein  größerer  Saftraum  vorhanden  oder  ist  die  Zelle  sehr 
groß,  so  vermag  der  Komplex  der  Verbindungsfäden  sie  nicht  mit  einem  Male  zu  durch- 
setzen; vielmehr  bildet  er  die  Scheidewand  dann  allmählich,  succedan,  aus  (Fig.  16): 
zunächst  etwa  einen  Teil,  der  an  eine  Seitenwand  der  Mutterzelle  anschließt  (Fig.  16^), 
sodann    einen   folgenden,    wobei    er    an   seinem   freien  Rande  die  Zellplatte   ergänzt,    aber 


%% 


Fig.  15.  Chlorophyll- 
körner aus  dem  Blatte 
des  Laubmooses  Fu- 
naria  hygrometrica; 
ruhend  und  in  Tei- 
lung. Im  Innern  der 
Körner  kleine  Stärke- 
körnchen. Vergr.  540. 
Nach     Strasburger. 


Fig.  16.  Drei  Teilungszustände  in 
derselben  Zelle  der  Orchidee  Epi- 
pactis  palustris.  Nach  dem  Leben 
entworfen.  Vergr.  365.  Nach  Treüb. 


Morphologie. 


21 


sich  von  den  schon  gebildeten  Teilen  der  Scheidewand  zurückzieht  {B),  und  so  fort  und 
fort,  bis  der  ganze  Protoplast  durchschnitten  und  seine  Teilung  vollendet  ist  (C).  In 
langen  Zellen,  die  sich  längs  teilen,  z.  B.  denen  des  Kambiums,  schreitet  die  Zellwand- 
bildung dagegen  von  der  Zell  mitte  aus,  wo  der  Kern  liegt,  succedan  allseits  nach  der 
Peripherie  fort  ('"). 

Es  gibt  übrigens  Fälle,  wo  die  Verbindungsfäden  klein  an  Zahl  sind;  alsdann 
werden  die  Knötchen  durch  Plasmaplatten  zur  Zellplatte  verbunden. 

Bei  den  Thallophyten  werden  die  Scheidewände  der  vielkernigen  und 
der  einkernigen  Zellen  dagegen  fast  niemals  in  Verbindungsfadenkomplexen 
gebildet.  Sie  entstehen  vielmehr  entweder  simultan  und  zwar  in  Plasmaplatten, 
die  auf  einmal  in  der  ganzen  Teilungsebene  ausgebildet  werden,  oder  succedan, 
indem  eine  ringförmige  Leiste  aus  Membransubstanz  allmählich  von  der  Mutter- 
zellwand aus,  einer  Irisblende  ähnlich,  in  das  Zellinnere  immer  tiefer  vordringt 
(Fig.  17,  18)  und  es  schließlich  durchschnürt.  In  einkernigen  Zellen 
geht  auch  bei  diesem  Teilungsvorgang  die  Teilung  des  Kerns  der  Zellteilung 
voraus;  die  neue  Scheidewand  entstellt  hierauf  in  gleichen  Entfernungen  von 

den  beiden  Tochterkernen,   und  zwar  in 
eh     chj  der  Zone,  wo  ursprünglich  der  Kern  ge- 

legen hatte. 


17.  Eine  Spirogyrazelle  in  Teilung. 
n  Einer  der  beiden  Tochterkerne,  iv  die 
wachsende  Scheidewand,  ch  ein  durch  letz- 
tere nach  innen  gedrängtes  Chlorophyll- 
band.   Vergr.  230.    Nach  Strasburger. 


Plg.  18.     Stück  einer  sich  teilenden  Zelle 

von  Cladophora  fracta.     7^  Die  wachsende 

Scheidewand,   ch  Chromatophoi'en,  k  Kerne. 

Vergr.  600.    Nach  Strasburger. 


Bei  den  nackten  Zellen  der  Myxomyzeten  und  Flagellaten  ist  die  Teilung  eine 
aktive  Durchschnürung  des  Plasmas. 

In  vielkernigen  Zellen  folgt  nicht  auf  jede  Kernteilung  eine  Zellteilung; 
ja  unter  den  Algen  und  Pilzen  gibt  es  sogar  große,  äußerhch  nicht  selten  reich 
gegUederte  Formen,  deren  Inneres  nur  von  einem  einzigen,  sehr  vielkernigen 
Plasmaleib  gebildet,  also  überhaupt  nicht  durch  Zellwände  gekammert  wird. 

2.  Abarten  der  typischen  Zellteilung.  Hier  und  da  im  Pflanzenreiche 
kommen  Abweichungen  von  der  typischen  Zellteilung  vor,  so  die  Vielzell- 
bildung,  die  Zellsprossung  und  die  freie  Zellbildung. 

a)  Freie  Kernteilung  und  Vielzellbildung.  Die  Kernteilungen  in  den  vielkernigen 
Zellen  der  Thallophyten  können  bereits  als  Beispiele  für  freie,  d.  h.  von  Zellteilungen 
nicht  begleitete,  Kernteilungen  angeführt  werden.  Aber  auch  in  Pflanzen  mit  typisch 
einkernigen  Zellen  kommen  solche  freie  Kernteilungen  vor;  besonders  lehrreich  in  be- 
stimmten, sehr  großen  Zellen  der  Phanerogamen,  den  Embryosäcken,  in  denen  der  Embryo 
ausgebildet  wird.  In  den  meisten  Embryosäcken  sieht  man  den  sekundären  Embryo- 
sackkern sich  in  zwei  Kerne  teilen,  die  samt  ihren  Nachkommen  den  Vorgang  wieder- 
holen. So  entstehen  schließlich  nicht  selten  Tausende  von  Kernen,  die  sich  mit  gleichen 
Abständen  in  dem  plasmatischen  Wandbelag  des  Embryosackes  verteilen.  Zellteilungen 
begleiten  diese  Teilungen  nicht.  Hört  die  Größenzunahme  des  Embryosackes  auf,  so  zer- 
fällt sein  protoplasmatisch  er  Wandbelag  simultan  oder  fortschreitend  in  meist  so  viele 
Zellen,  wie  er  Kerne  enthält.  Dieser  Vorgang,  der  als  Vielzellbildung  bezeichnet 
wird,  vollzieht  sich   folgendermaßen:    Die  Kerne   umgeben   sich  in  ihrem  ganzen  Umkreis 


22 


Fitting : 


mit  Yerbindungsfäden,  so  daß  sie  strahlenden  Sonnen  gleichen  (Fig.  19);  in  diesen  Faden- 
komplexen treten  gleich  weit  von  den  Kernen  Zellplatten  und  in  diesen  Zellwände  auf. 
Die  Vielzellbildung  läßt  sich  von  der  Zweiteilung  ableiten  und  als  ein  verkürzter  Vorgang 

auffassen,  der  durch  besondere  Verhält- 


!'/ 


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Fig. 


19.     Stück  des  protoplasmatischen  Wand- 

5  dem  Embryosack  von  Reseda  odorata, 

bei  beginnender  Vielzellbildung.     Der  Vorgang 

schreitet  von  unten  nach  oben  fort.    Nach  einem 

fixierten  und  gefärbten  Präparate.    Vergr.  240. 

Nach  Strasburger. 


nisse  (manchmal  etwa  durch  ungewöhn- 
lich rasche  Größenzunahme  einer  Zelle) 
bedingt  sein  kann.  Durch  Vielzellbildung 
entstehen  auch  die  Fortpflanzungszellen 
bei  vielen  Algen  und  Pilzen. 

b)  Zellsprossung.  Eine  Abart 
der  typischen  Teilung  der  Protoplasten, 
aber  mit  ihr  durch  Zwischenstufen  ver- 
bunden, ist  auch  die  Sprossung.  Die 
Mutterzelle  wird  dabei  nicht  halbiert; 
sie  treibt  vielmehr  einen  Auswuchs,  der 
an  seiner  Ursprungsstelle  später  durch 
eine  Zelivvand  abgetrennt  M'ird.  So  ver- 
mehren sich  die  Zellen  der  Hefe  (Fig.  20), 
und  so  entstehen  auch  die  als  Konidien  und 
als  Basidiosporen  bezeichneten  Fortpflan- 
zungszellen zahlreicher  Pilze  (Fig.  B98). 

c)  Freie  Zellbildung.  Dieser  Vor- 
gang entfernt  sich  von  der  gewöhnlichen 


Fig.  20.  Saccharomyces  cerevisiae,  /  nicht 

sprossende,  2  und  3  sprossende  Zellen. 

Vergr.  540.    Nach  Strasburger. 


Zweiteilung  der  Zellen  schon  weiter;  denn  dabei  folgt  auf  die  freie  Kernteilung  eine  Bil- 
dung von  Zellen,   die  einander  nicht  berühren  und  nicht  das  gesamte  Plasma  ihrer  Mutter- 
zelle in  sich  aufnehmen.    Freie  Zell- 
bildung   ist    z.    B.    bei    der    Sporen- 
i.  ' /'  bildung    der    Ascomyceten,    auch    in 

h       _  \jU!^  7~->#— '  "~  der  Keimanlage  einiger  nacktsamiger 

Samenpflanzen  (Gymnospermen),  wie 
von  Ephedra,  und  bei  der  Bildung 
des  Eiapparates  und  der  Antipoden 
bei  den  Angiospermen  zu  beobachten. 
Bei  den  Ascomyceten  verläuft  sie  in 
folgender  Weise.  Durch  freie  Teilung 
des  in  dem  jungen  Askusschlauch  vor- 
handenen Kernes  und  seiner  Nach- 
kommen werden  in  dem  Plasma  acht 
Kerne  gebildet.  Um  jeden  Kern  wird 
hierauf  eine  bestimmte  Plasmamenge 
der  Zelle  gegen  die  periphere  Plasma- 
masse (Periplasma)  durch  eine  Plasma- 
hautschicht abgegrenzt,  die  sich  mit 
einer  Zeilbaut  umgibt,  so  daß  acht  von- 
*   ^'  X*^'^^--^""  n  einander  getrennte  Sporen    entstehen 

Fig.  21.     Aufeinanderfolgende    Stadien    der    Ab-       (^g''  ^ig-  382).     Wie  die  Untersuch- 
grenzung    einer    Spore    im    Askus    von    Erysiphe      ungen  von  Harper(-')  gezeigt  haben, 
communis,     s  Kerngerüst,  n  Nucleolus.  geht   die  Bildung   der   Hautschichten 

Vergr.  1500.    Nach  Harper.  hierbei    von    einer    zentriolenartigen 


Morphologie.  23 

Plasraaansammlung  aus  (Fig.  21 A),  die  dem  Spindelpol  der  vorausgegangenen  Teilungs- 
figur entspricht.  Nach  dieser  Plasmamasse  hin  ist  der  Kern  schnabelartig  lang  vorgestreckt. 
Von  ihr  aus  werden  springbrunnenartige  Plasmastrahlen  entsandt  (i'p),  von  denen  ein  Teil 
schließlich  zu  der  Hautschicht  verschmilzt  (B,  C,  D). 

III.  Gröbere  leblose  Einschlüsse  der  Protoplasten  p). 

Abgesehen  von  den  winzigen  Mikrosomen,  die  im  Plasma  stets  vor- 
handen sind,  treten  bei  der  Umwandlung  der  embryonalen  Zellen  zu  Dauer- 
zellen in  allen  Protoplasten,  vor  allem  im  Plasma  und  in  den  Chromatophoren, 
gröbere  leblose  Einschlüsse  auf.  Erwähnt  wurde  ja  schon  der  Zellsaft,  der 
in  kleineren  oder  größeren  Tröpfchen  kaum  einer  pflanzlichen  Dauerzelle 
fehlt.  Neben  diesen  Tröpfchen,  die  aus  wäßrigen  Lösungen  bestehen,  kommen 
nicht  selten  auch  Fett-  oder  Öltröpfchen  und  feste  Körper  in  amorpher  Form 
oder  als  Kristalle  vor.  Viele  dieser  Einschlüsse  sind  als  Keservestoffe  für 
das  Leben  der  Pflanze  von  großer  Bedeutung;  namentlich  in  den  Zellen  der 
Speicherorgane  (Knollen,  Zwiebeln,  Samen)  häuft  die  Pflanze  solche  in  großer 
Menge  auf,  um  sie  im  Falle  des  Bedarfs  wieder  zu  verbrauchen.  Andere  sind 
Endprodukte  des  Stoffwechsels,  die  aber  ökologisch  noch  von  großer  Wichtig- 
keit sein  können.  Von  manchen  Einschlüssen  kennen  wir  die  chemische  Zu- 
sammensetzung noch  nicht. 

A.  Einschlüsse  des  Plasmas.  1.  Flüssige  Einschlüsse  des  Plasmas, 
a)  Der  wäßrige  Zellsaft.  Wie  wir  schon  wissen,  wird  als  Zellsaft  die  wäßrige 
Flüssigkeit  in  den  größeren  Vakuolen  oder  im  Saftraume  ausgewachsener 
Pflanzenzellen  bezeichnet  (Fig.  3y).  Sie  ist  reicher  oder  ärmer  an  sehr  ver- 
schiedenen gelösten  Substanzen,  teils  Reservestoffen,  teils  Zwischen-  oder 
Endprodukten  des  Stoffwechsels;  auch  feste  Einschlüsse,  besonders  in  Form 
von  Kristallen,  kommen  darin  vor.  Der  Zellsaft  kann  die  gleichen,  aber  auch 
andere  Stoffe  gelöst  enthalten  wie  das  Protoplasma  und  selbst  in  den  Vakuolen 
einer  Zelle  verschieden  zusammengesetzt  sein. 

Jeder  Zellsaft  enthält  zunächst  anorganische  Salze  in  Lösung,  be- 
sonders Nitrate,  Sulfate  und  Phosphate.  Er  reagiert  gewöhnlich  sauer,  und 
zwar  durch  die  organischen  Säuren  (Äpfelsäure,  C4H6O5,  z.  B.  überall  in 
den  Blättern  der  Fettpflanzen;  Weinsäure,  C4H6O6;  Oxalsäure,  C2O4H2  u.  a.) 
oder  organischsauren  Salze,  die  in  ihm  vorkommen. 

Zu  besonders  häufigen  Bestandteilen  des  Zellsaftes  zählen  ferner  die  lös- 
hchen  Kohlehydrate,  die  vielfach  als  Reservestoffe  angehäuft  werden.  Unter 
ihnen  herrschen  vor  die  Zuckerarten,  vor  allem  die  Disaccharide  (C12H22O11) 
Rohrzucker  (Saccharose),  Malzzucker  (Maltose)  und  von  Monosacchariden 
(CßHiaOe)  der  Traubenzucker  (Glykose).  Oft  wird  Rohrzucker  als  Reserve- 
stoff gespeichert,  7.  B.  in  der  Mohrrübe,  vor  allem  aber  in  der  Zuckerrübe  und 
dem  Stenge]  des  Zuckerrohrs,  woraus  man  ihn  infolgedessen  gewinnt.  Eine 
ähnliche  Rolle  spielen  andere  im  Zellsaft  gelöste  Kohlehydrate,  so  bei  den 
Kompositen  das  Inulin,  bei  P'lzen  das  Glykogen.  Als  Zucker  wandern 
auch  die  Kohlehydrate  innerhalb  des  Pflanzenkörpers. 

Glykose  oder  Maltose  haltige  Schnitte,  die  in  Kupfersulfatlösung  gelegt,  dann 
abgespült  und  in  Kalilauge  und  Seignettesalzlösung  erwärmt  worden  sind,  reduzieren  das 
Kupferoxyd,  so  daß  ein  ziegelroter  Niederschlag  von  Kupferoxydul  entsteht.  Bei  Vor- 
handensein von  Rohrzucker  wird  der  Zellsaft  nur  blau  gefärbt.  Das  Inulin,  ein 
Polysaccharid  (Q-HioOg)!!,  kann  man  mit  Alkohol  in  Form  kleiner  Kügelchen  nieder- 
schlagen und  in  Wasser  durch  Erwärmen  wieder  auflösen.  Wenn  inulinreiche  Pflanzen- 
teile, z.  B.  die  Wurzelknollen  der  Georgine  (Dahlia  variabilis),  in  Alkohol  oder  Glyzerin 
gelegt  werden,  so  fällt  das  Inulin  in  kugeligen  Gebilden,  vielleicht  Sphäriten  (Sphäro- 
kristallen),  aus,  die  von  radialen  Spalten  durchsetzt  sind,  leicht  in  keilförmige  Stücke  zer- 
fallen und  manchmal  auch  deutlich  konzentrisch  geschichtet  sind. 


24  Fitting: 

Das  bei  Tieren  als  Reservestoff  sehr  verbreitete  Kohlehydrat  Glykogen,  ein  Poly- 
saccharid von  der  Zusammensetzung  (Cgli,(,Oj)ii,  kommt  als  Einschluß  des  Plasmas  im 
Pflanzenreich  nur  bei  den  Pilzen,  Myxomyceten  und  Cyanophyceen  in  Form  von  Tröpfchen 
vor.  Bei  den  Pilzen  tritt  es  an  die  Stelle  anderer  Kohlehydrate,  z.  B.  der  Stärke  und  des 
Zuckers.  Jodlösungen  färben  das  Glykogen  rotbraun.  Die  Färbung  schwindet  größtenteils 
beim  Erwärmen,  um  bei  der  Abkühlung  wieder  aufzutreten. 

Schleim,  der  aus  Kohlehydraten  besteht,  als  Reservestoff  enthält  der  Zellsaft 
häufig  in  den  Zellen  von  Zwiebeln,  z.  B.  von  Allium  Cepa  und  Urginea  (Scilla)  maritima, 
ferner  in  denen  der  OrchisknoUen,  doch  auch  in  Zellen  oberirdischer  Pflanzenteile  (Fig.  22), 
besonders  der  Fettpflanzen-(Sukkulenten-)ßlätter.  Schleim  kommt  aber  auch  außerhalb 
der  Protoplasten  in  Zellmembranen  vor  (vgl.  S.  32). 

Weiter  enthält  der  Zellsaft  als  Reservestoffe  oder  als  Zwischenprodukte 
des  Stoftwechsels  ganz  allgemein  auch  Ami  de,  vor  allem  dasAsparagin,  viel- 
fach auch  Eiweißstoffe  (für  deren  Reaktionen  vgl.  S.  12). 

Mit  konzentrierten  Lösungen  von  Gerbstoffen(29)  gefüllte,  stark  licht- 
brechende und  unter  Umständen  sehr  große  Vakuolen  sind  im  Plasma  vieler 
Zellen,  besonders  Rindenzellen,  vorhanden;  auch  Alkaloide,  Glykoside 
(vgl.  S.  12)  und  den  Glykosiden  verwandte  Bitterstoffe  sind  nicht  selten 
im  Zellsafte  gelöst.    Das  alles  sind  meist  Endprodukte  des  Stoffwechsels. 

Als  Gerbstoffe  werden  Gemische  sehr  verschiedenartig  zusammengesetzter  aroma- 
tischer Verbindungen  bezeichnet,  die  oft  Glykoside  sind.  Besonders  verbreitet  bei  den 
Pflanzen  kommen  in  glykosidischer  Bindung  die  Gallussäure,  die  Gallusgerbsäure  (Digallus- 
säure oder  Tannin)  und  die  EUagsäure  vor.  Die  dunkelblaue  oder  grüne  Färbung  mit 
Ferrichlorid-  oder  Ferrisulfatlösung,  der  rotbraune  Niederschlag  mit  wäßriger  Kalium- 
bichromatlösung  gelten  im  allgemeinen  als  Gerbstoffreaktionen.  Freilich  reagieren  auch 
einige  andere  Stoffe  so.  Die  Gerbstoffe  werden  in  den  Pflanzen  meist  nicht  weiter  ver- 
arbeitet. Infolge  ihrer  fäulniswidrigen  Eigenschaften  dienen  sie  öfters  zur  Imprägnierung 
von  Zellhäuten,  die  länger  ausdauern  sollen. 

VieKach  ist  der  Zellsaft  gefärbt,  besonders  durch  Anthozyane,  eine 
Gruppe  stickstof freier  Glykoside.  Sie  sind  rot  in  sauren,  blau  in  schwach 
alkahschen  Zellsäften;  unter  Umständen  sind  sie  auch  dunkelrot,  violett  (so 
in  neutralem  Zellsafl),  dunkelblau,  selbst  schwarzblau  gefärbt.  Alkalien 
wandeln  die  Farbe  oft  in  grün  um.  Bei  einer  sehr  großen  Anzahl  intensiv  ge- 
färbter Pflanzen  sind  die  Anthozyane  auch  kristallinisch  oder  amorph  aus- 
geschieden. Seltener  findet  man,  im  Zellsaft  gelöst,  auch  gelbe  Farbstoffe, 
die  Anthochlore(3i),  z.  B.  in  den  Zellen  der  gelben  Blütenblätter  der  Primeln, 
des  gelben  Fingerhutes,  der  Löwenmäulchen,  der  Königskerze;  oder  auch  ein 
braunes  Pigment,  das  Anthophaein,  z.  B.  in  den  Zellen  der  schwarzbraunen 
Flecken  in  den  Saubohnenblüten. 

Einsicht  in  die  chemische  Konstitution  der  Anthozyane  verdankt  man  vor  allem 
den  Untersuchungen  von  Willstätter  und  seinen  Schülern  C°).  Danach  sind  es  meist 
Glykoside,  in  denen  an  Zucker  aromatische  Farbstoffkomponenten,  die  Zyanidine,  ge- 
bunden sind,  z.  B.  bei  der  Kornblumenblüte  das  Zyanidin  (Cj^HmO^),  bei  der  Blüte  des 
Rittersporns  das  Delphinidin  (Cj^Hj^O-).  Die  Zyanidine,  die  auch  frei  in  Zellsäften  vor- 
kommen können,  sind  Hydroxylverbindungen  eines  Phenylbenzopyryliums;  sie  sind  den 
Flavonen  verwandt,  die  in  Pflanzen  sehr  weit  verbreitet  sind.  In  roten  Blüten  sind  die 
Zyanidine  an  Säuren  gebunden,  in  blauen  an  Alkalien;  in  violetten  sind  es  neutrale 
Farbstoffe.  Auch  die  Anthochlore  sind  Glykoside  mit  aromatischen  Farbstoffkomponenten, 
die  zu  den  Flavonen  gehören,  oder  solche  freien  Flavone  (^'). 

,, Blutfarbige",  d.  h.  braune  Laubblätter,  z.  B.  die  der  Blutbuchen, 
Bluthaselnüsse  u.  a.,  verdanken  ihre  eigenartige  Färbung  dem  Zusammen- 
wirken von  rotem  Anthozyan  und  grünen  Chlorophyllkörnern.  Auch  die 
Rötung  der  Laubblätter  im  Herbste  beruht  auf  Anthozyanbildung. 

Bei  den  Blüten  und  Früchten  kommen  die  verschiedenen  Farben, 
die  im  allgemeinen  der  Anlockung  von  Tieren  dienen  und  deshalb  als  Lock- 
farben  bezeichnet   werden,   durch   die   Farben   der   Zellsäfte,   die   Verteilung 

MWfeTT  UBRAR7 
N.  C.  State  CalUaS 


Morphologie. 


25 


'■r^< 


der  farbstüffhaltigen  Zellen,  durch  Chi'omoplasten,  endlich  auch  oft  durch 
die  Kombination  der  gelösten  Farbstoffe  mit  gelben,  gelbroten  oder  roten 
Chromoplasten  und  grünen  Chloroplasten  zustande. 

b)  Fettvakuolen.  Als  Reservestoffe  sind  die  Fette  (fetten  Öle)  im  Pflanzen- 
reiche so  verbreitet,  daß  ungefähr  neun  Zehntel  aller  Phanerogamen  sie  im 
Plasma  ihrer  Samen  und  zwar  als  feinste,  optisch  nicht  nachweisbare  Emulsion 
speichern.  In  besonders  fettreichen  Samen  macht  das  Öl  bis  zu  70%  der 
Trockensubstanz  aus.  Fette  können  aber  auch  als  stark  lichtbrechende  Tröpf- 
chen (Fettvakuolen)  im  Plasma  auftreten,  so  z.  B.  in  den  keimenden  Samen. 
Die  Fette  sind  Gemische  vieler  Glyzerinester  von  Fettsäuren,  besonders  der 
Palmitinsäure  (CieHsgOg),  der  Stearinsäure  (CigHggOo),  der  Ölsäure  (C18H34O2) 
u.  a.  Mit  diesen  Reservestoffen  wird  der  Raum  der  Speicherorgane  am 
besten    ausgenutzt,    da    das    Fett    einen   besonders    großen 

Energie  Vorrat  gegenüber  anderen  Speicherstoffen  hat.  Ly 

c)  Vakuolen  mit  ätherischen  Ölen  und  Harzen  (^-).  Auch  sie  .  /0\ 
bilden  stark  lichtbrechende  Tröpfchen;  z.  B.  im  Zellinhalt  zahl-  ViSäl^ 
reicher  Blumenblätter,  in  Rhizomen  verschiedener  Pflanzen  (Acorus  |  0^1  ' 
calamus,  Zingiber  officinale),  in  Rinden  (Cinnamomum),  in  Blättern  ^j  f^0^.  Ij 
(Laurus  nobilis),  endlich  in  Fruchtschalen  und  Samen  (Piper  nigrum,  ,1  '-^<:::^'--Q'  1L= 
Illicium  anisatum).  Die  Wände  solcher  Zellen  sind  nicht  selten  ver-  ! 
korkt.  Die  ätherischen  Öle  sind  vor  allem  Gemische  von  Terpenen  /  I 
(CioHi6)i  bisn  und  Terpenderivaten  nebst  gewissen  Estern,  Phenolen,  '}^  :  | 
Phenolderivaten  und  höheren  Alkoholen;  die  Harze  sind  Gemische  von 
Terpenen  und  Harzsäuren,  die  durch  Oxydation  aus  den  Terpenen 
entstehen.  Ätherische  Öle  und  Harze  haben  fäulniswidrige  Eigen- 
schaften. Die  ätherischen  Öle  der  Blüten  locken  durch  ihren  Duft  die 
bestäubenden  Insekten  an.  Unter  Umständen  nimmt  das  Öl  auch 
Kristallform  an,  z.  B.  in  den  Blumenblättern  der  Rose. 

2.  Feste  Einschlüsse  des  Plasmas  a)  Kristalle  von 
Kalziumoxalat,  Ca(C02)o  mit  zwei  oder  sechs  Mol.  Kristall- 
wasser, kommen  in  sehr  vielen  Pflanzen  vor.  Sie  werden,  als 
Endprodukte  des  Stoffwechsels,  wohl  meist  im  Zytoplasma 
(oder  seltener  im  Zellsafte  kleinerer  oder  größerer  Vakuolen) 
angelegt,  hegen  später  aber  sehr  oft  im  Zellsaftraum  und 
nehmen  unter  Umständen  schließlich  fast  die  ganze  Zelle 
ein.  In  letzterem  Falle  sind  die  übrigen  Bestandteile  der  Zelle 
sehr  reduziert,  die  Zellwände  nicht  selten  verkorkt.  Es  bilden 
sich  entwedergroßeEinzelkristalle(Fig.l32Ä;,1735y^,  182^), 
deren  Formen  leicht  zu  erkennen  sind,  oder  viele  winzige 
Kriställchen,  die  so  zahlreich  sein  können,  daß  sie  als  Kri- 
stallsand die  Zelle  anfüllen,  oder  viele,  Rhaphiden  ge- 
nannte Kristallnadeln,  die  parallel  nebeneinander  liegen  und 
Inder  Zelle  Rhaphidenbündel  bilden  (Fig.  22),oder schheß- 
Uch  morgensternförmige  Kristalldrusen  (Fig.  132y^i,  184/^). 
Bei  jeder  Pflanzenart  herrschen  bestimmte  lü'istallformen  vor. 

Die  großen  Einzelkristalle  gehören  dem  tetragonalen  oder  dem  monosym- 
metrischen Kristallsystem  an.  Im  ersteren  Fall  enthalten  sie  6  Mol.,  im  letzteren  2  Mol. 
Kristallwasser.  Der  Konzentrationsgrad  der  Lauge,  aus  der  die  Kristalle  entstehen,  soll  es 
oft  bedingen,  ob  sie  sich  nach  dem  einen  oder  nach  dem  anderen  System  bilden.  Besonders 
häufig  begegnet  man  den  morgensternförmigen  Kristall drusen,  aus  vielen  Kristallen  zu- 
sammengesetzt, die  von  einem  organischen  Kern  ausstrahlen.  Bei  monokotylen  Gewächsen, 
doch  auch  bei  zahlreichen  Dikotylen,  sind  die  nadeiförmigen,  monoklinen  Rhaphiden 
verbreitet  (Fig.  22).  Ein  solches  Bündel  ist  stets  in  eine  große,  mit  Schleim  gefüllte 
Vakuole  eingeschlossen.  Die  Oxalatkristalle  sind  ohne  Aufbrausen  löslich  in  Salzsäure, 
aber  unlöslich  in  Essigsäure. 


Fig.  22.  Eine 
mit  Schleim  und 
einem  Rhaphiden- 
bündel gefüllte 
Zelle  aus  der 
Rinde  von  Dra- 
caena  rubra,  r  das 
Rhaphidenbün- 
del. Yergr.  160. 
Nach     ScHEXCK. 


26 


Fitting : 


Auch  Kieselkörper,  die  sich  nur  in  Fluorwasserstoffsäure  lösen  lassen,  werden 
in  manchen  Zellen,  besonders  bei  Gräsern,  Palmen  und  Orchideen,  gebildet.  Sie  füllen 
oft  fast  die  ganze  Zelle  aus. 

b)  Kleber  und  Eiweißkristalle.  In  saftigen  Reservestoffbehältern  werden 
vor  allem  gelöste  Eiweißkörper  als  Reservestoffe  im  Zellsaft  gespeichert. 
Man  kann  solche  z.  B.  in  den  Zellen  der  Kartoffelknolle  mit  Alkohol  als  fein- 
körnigen Niederschlag  fällen.  In  trockenen  Reservestoffbehältern  aber,  so 
namentlich  in  zahlreichen  fetthaltigen  Samen,  werden  die  Eiweißkörper  zu 
festen  Körnern,  den  Kleber-,  Protein-  oder  Aleuronkörnern  (Fig.  23), 
die  in  fettreichen  Samen  besonders  groß  sind.  Sie  gehen  aus  Vakuolen  hervor, 
deren  Eiweißgehalt  allmählich  steigt,  schheßlich  bei  Wasserverlust  in  Form 
eines  rundlichen  Korns  oder  in  einzelnen  Fällen  eines  unregelmäßigen,  sogar 
gelappten  Gebildes  erstarrt,  und  bestehen  vornehmhch  aus  Globuhnen(33). 
Diese  Eiweißstoffe  kristalhsieren  in  vielen  Fällen  teilweise  aus  und  bilden  einen, 
selten  mehrere,  im  Aleuronkorn  eingeschlossene  Kristalle  (Fig.  23^).  Besonders 
groß  werden  diese  Kristalle  in  den  Aleuronkörnern  der  Para„nüsse"  (der 
Samen  von  Bertholetia  excelsa). 
In    Aleuronkörnern    mit    Eiweiß- 

kristaUen     kommen     meist     noch  ^  _^  __^         __ 

rundhche    Körner,    die    Globoide  ^^-rrr^  ■^:x_if_^.  ,,■,,,> ,  \^7Vr-    )/' 

(Fig.    23g),    vor,    die    wohl    eben- 


Fig.  23.  A  Zelle  aus  dem  Endosperm 
des  Rizinussamens  unter  Wasser  beob- 
achtet. B  Einzelne  Aleuronkörner  unter 
Olivenöl,  /&  Eiweißkristall,  £■  Globoid. 
Vergr.  540.     Nach  Strasbürger. 


'■,r':y 


M 

Fig.  24.  Äußerer  Teil  eines  Querschnittes  durch 
ein  Weizenkorn  (Triticum  vulgare),  p  Frucht- 
hülle, t  Samenhaut.  An  die  Samenhaut  grenzt 
das  Endosperm.  In  diesem  al  Aleuronkörner, 
n  Zellkern,  am  Stärkekörner.  Vergr.  240.  Nach 
Strasburger. 


falls  aus  Eiweißkörpern  bestehen,  doch  verbunden  mit  dem  Kalzium-  und 
Magnesiumsalz  (dem  Phytin)  der  organischen  Inosithexaphosphorsäure 
C6H6[02P(0H)2]e.  Globoide  liegen  übrigens  bei  manchen  Samen  auch  frei 
im  Plasma.  Ferner  können  Kristalle  von  Kalziumoxalat  in  Aleuronkörnern 
eingeschlossen  sein.  In  den  Körnern  unserer  Getreidearten  enthält  die  äußerste 
Zellschicht  relativ  kleine,  einschlußfreie  Aleuronkörner  (Fig.  24a/),  das  innere 
Gewebe  dagegen  fast  nur  Stärke.  Die  Aleuronschicht  bleibt,  bei  der  Verarbei- 
tung der  Körner  zu  Mehl,  an  den  Körnerschalen  haftend  in  der  Kleie  zurück, 
geht  also  für  das  Mehl  verloren. 

Die  Reaktionen  des  Klebermehls  sind  im  wesentlichen  die  nämlichen,  die  wir  früher 
schon  für  Eiweißkörper  kennen  gelernt  haben.  Mit  Jodlösung  färbt  sich  zum  Beispiel  die 
Aleuronschicht  des  Weizenkorns  gelbbraun. 

Die  Eiweißkristalle,  die  quellbar  sind  und  sich  ebenfalls  mit  Jod  gelbbraun  färben, 
gehören  dem  regulären  oder  dem  hexagonalen  Kristallsystem  an.  Solche  Eiweißkristalle 
können  aber  auch  unmittelbar  im  Plasma  vorkommen,  so  in  peripherischen,  stärkearmen 
Zellen    der  Kartoffelknollen,    ferner   in    Chromatophoren  (Fig.  28)   und   in  Zellkernen,   so 


Morphologie. 


27 


nicht  selten  bei  der  Schuppenwurz  (Lathraea)  und  vielen  anderen  Scrophulariaceen,  sowie 
den  Oleaceen. 

B.  Einschlüsse  der  Chromatophoren.  Eiweiß-  und  Faibstoff- 
kristalle  haben  wir  schon  als  Einschlüsse  der  Chromatophoren  kennen  ge- 
lernt (Fig.  2^kr).  Sehr  viel  wichtiger  aber  ist  die  Stärke(3*).  Fast  alle  höher 
organisierten  Pflanzen  bilden  nämUch  am  Licht  in  ihren  Chloroplasten  Stärke, 
und  zwar  in  Körnerform  aus.  Die  Körner  treten  hier  in  Mehrzahl  auf  (Fig.  15), 
werden  aber  nur  ausnahmsweise  groß,  weil  sie  bald  nach  ihrer  Entstehung 
wieder  aufgelöst  werden,  und  sind  meist  aus  noch  kleineren  Körnchen  zu- 
sammengesetzt. Große  Stärkekörner  findet  man  nur  in  den  Reservestoff- 
behältern, also  dort,  wo  Stärke  aus  zugeführter,  assimiherter  Substanz  ge- 
bildet wird.  Man  bezeichnet  solche  Stärke  als  Reservestärke  im  Gegen- 
satz zu  der  Assimilationsstärke  der  Chloroplasten.  Auch  sie  entsteht, 
und  zwar  aus  Zucker,  nur  in  Chromatophoren,  den  uns  schon  bekannten 
Leukoplasten  (S.  16),  die  man  daher  auch  als  Stärkebildner  bezeichnet. 
Alle  Stärke  des  Handels  ist  Reservestärke.  Ihre  Menge  in  einem  Re- 
servestoffbehälter ist  oft  sehr  groß:  sie  macht  etwa  bis  20%  des  Gesamt- 
gewichts bei  der  Kartoffelknolle  und  sogar  bis  70%  beim  Weizen  aus.  Reines 
Stärkemehl,  das  nur  aus  Stärkekörnern  besteht,  gewinnt  man  durch  Aus- 
waschen  aus   zerkleinerten    Reservestoffbehältern.      Im   gewöhnhchen   Mehl 

aber  sind  auch  die  zermahlenen 
Zellhäute  und  Protoplasten  dieser 
Behälter  enthalten. 


Fig.  25.  Stärkekörner  aus  der  Kartoffelknolle. 
A  Ein  einfaches,  B  ein  halb  zusammengesetztes 
Stärkekorn,  C  und  D  ganz  zusammengesetzte 
Stärkekörner,  c  Der  Bildungskern  des  Stärke- 
kornes.   Vergr.  540,    Nach  Strasburger. 


Fig.  26.     Stärkekörner  aus    den  Kotyle- 
donen von  Phaseolus  vulgaris.  Vergr.  540. 
Nach  Strasburger. 


ö 


Fig.  27.  Stärkekörner  des  Hafers  (Avena 

sativa).  Ein  zusammengesetztes  Korn  und 

Teilkörner  aus  einem  solchen.  Vergr.  540. 

Nach  Strasbürger. 


Die  Reservestärke  besteht  aus  flachen  oder  rundhchen  (eiförmigen  oder 
kugelrunden)  Körnern,  die  in  den  Speicherorganen  versclüedener  Pflanzen 
sehr  ungleich  groß  sind,  wie  schon  ein  Vergleich  der  gleich  stark  vergrößerten 
Figuren  25—27  zeigt;  ihre  Größe  schwankt  zwischen  0,002  und  0,17  mm. 
Die  größten  sind  bereits  mit  dem  bloßen  Auge  als  helle  Körperchen  zu  er- 
kennen. Verhältnismäßig  große  Stärkekörner,  im  Mittel  mit  einem  Durch- 
messer von  0,09  mm,  enthalten  die  Kartoffelknollen.  Sie  sind  (Fig.  25)  liier 
deutlich  geschichtet.  Die  Schichtung  wird  durch  die  verscliiedene  Dichte 
der  Kornsubstanz  verursacht  und  ist  exzentrisch:  es  wechseln  dickere, 
dichtere  Lagen,  die  im  durchfallenden  Lichte  heller  sind,  mit  dünneren,  weniger 
dichten  und  dunkleren  ab,  und  zwar  ist  der  organische  Initialpunkt  oder 
Bildungskern,  um  den  die  Schichten  sich  gelagert  haben,  dem  einen  Rande 


28 


Fitting: 


des  Kornes  bedeutend  genähert.  Dagegen  sind  die  Stärkekörner  der  Hülsen-* 
fruchte  und  der  Getreidearten  zentrisch  geschichtet:  ihr  Bildungskern 
liegt  in  der  Mitte.  Die  deuthch  geschichteten  Stärkekörner  der  Bohne  (Pha- 
seolus  vulgaris,  Fig.  26)  werden  außerdem  meist  von  radialen  Spalten  durch- 
setzt. Beim  Weizen  sind  sie  in  einer  und  derselben  Zelle  von  zweierlei,  sehr 
verschiedener  Größe  als  undeutlich  geschichtete  linsenförmige  Großkörner 
und  winzige  kugelförmige  Kleinkörner  ausgebildet.  Die  bisher  betrachteten 
Reservestärkekörner  sind  einfach.  Es  gibt  aber  auch  halb  zusammen- 
gesetzte und  ganz  zusammengesetzte.  Die  ersteren  enthalten  zwei 
oder  mehr  Teilkörner,  die  von  gemeinsamen  Schichten  umgeben  sind:  die 
letzteren  bestehen  nur  aus  Teilkörnern  ohne  gemeinsame  Schichten.  Halb 
zusammengesetzte  (Fig.  25  B)  und  ganz  zusammengesetzte  (Fig.  25  C,  D) 
Stärkekörner  kommen  in  der  Kartoffelknolle  vereinzelt  zwischen  den  ein- 
fachen vor.  In  anderen  Fällen  sind  ganz  zusammengesetzte  Stärkekörner 
fast  allein  vorhanden,  so  z.   B.  im  Haferkorn  (Fig.  27)  oder  im  Reiskorn. 

4—100  Teilkörner  setzen  die  Stärkekörner 
beim  Reis,  bis  300  beim  Hafer,  gelegentlich 
bis  30000  bei  Spinacia  glabra  zusammen.  Die 
Stärkekörner  haben  also  bei  jeder  Pflanzenart 
eine  für  sie  bezeichnende  Form. 

Der  Bau  der  Stärkekörner  erklärt  sich 
aus  ihrer  Bildungsgeschichte.  Bleibt  das 
Stärkekorn  während  seines  Wachstums  von  der 
Substanz  der  Leukoplasten  gleichmäßig  um- 
hüllt, so  wächst  es  gleich  stark  nach  allen 
Seiten  und  erhält  zentrischen  Bau.  Gelangt 
es  während  seines  Wachstums  an  die  Peri- 
pherie des  Stärkebildners,  so  wächst  es  dort 
stärker,  wo  die  Substanz  des  Leukoplasten 
es  in  größerer  Dicke  umgibt,  und  wird  exzen- 
trisch (Fig.  28).  Zusammengesetzte  Körner 
bilden  sich  dann,  wenn  in  einem  Leuko- 
plasten gleichzeitig  mehrere  Stärkekörner  neben- 
einander entstehen,  die  bei  weiterem  Wachstum  zusammenstoßen.  Werden 
um  die  Teilkörner  noch  gemeinsame  Schichten  abgelagert,  so  kommt  ein 
halb  zusammengesetztes  Korn  zustande. 

Die  Stärkekörner  sind  aus  Kohlehydraten  von  der  Zusammensetzung 
(CßHio 05)11  aufgebaut.  Soll  die  Stärke  im  Stoffwechsel  weiter  verwertet 
werden,  so  löst  die  Pflanze  sie  durch  ein  Enzym,  die  Diastase,  wieder  auf; 
die  Stärke  wird  dabei  in  Zucker  (Maltose)  umgewandelt. 

Die  Stärkekörner  hält  man  für  kristallinische  Gebilde,  Sphärokristalle  oder  Sphärite, 
die  aus  miteinander  verwachsenen,  feinen,  radial  angeordneten  und  büschelig  verzweigten 
Kristallnadeln  der  a-  und  /?-Amylose  aufgebaut  sein  sollen.  Die  Schichtung  ist  der  Aus- 
druck von  Form-  und  Mengenverschiedenheiten  der  Kristallnadeln  in  den  aufeinander 
folgenden  Schichten.  Im  polarisierten  Lichte  zeigen  die  Stärkekörner,  ähnlich  wie  an- 
organische Sphärite,  ein  dunkles  Kreuz.  Auch  Röntgenogramme  der  Stärkekörner  sprechen 
vielleicht  für  deren  kristallinischen  Bau. 

Die  Stärkekörner  werden  meist  durch  wasserhaltige  Jodlösungen  zunächst  blau, 
schließlich  fast  schwarz  gefärbt;  weinrot  färben  sich  aber  z.  B.  die  des  Klebreises.  Sie 
verquellen  bei  gewöhnlicher  Temperatur  leicht  in  Kali-  oder  Natronlauge  und  in  Chloral- 
hydratlösung,  außerdem  unter  Kleisterbildung  in  Wasser  von  60—80°  C.  Lösung,  d.  h. 
Umwandlung  in  Zucker  ohne  vorausgehende  Quellung,  erfolgt  in  konzentrierter  Schwefel- 
säure. Ohne  Zusatz  von  Wasser  erhitzt,  d.  h.  geröstet,  geht  Stärke  in  wasserlösliche  Stoffe 
(„Röslgummi'',  technisches  Dextrin)  über. 


Fig.  28.  Leukoplasten  aus  der 
oberirdischen  Knolle  der  Orchidee 
Phajus  grandifolius.  A,  C  und  D 
von  der  Seite,  B  von  oben  gesehen. 
st  Stärke,  kr  Eiweißkristall.  Vergr. 
540.     Nach  Strasburger. 


Morphologie. 


29 


Mit  Jod  rötlich  färbt  sich  auch  die  (Florideen-)„Stärke"  der  Rotalgen.  Diese  rund- 
lichen Körner  haben  ähnlichen  Bau  wie  die  Stärkekörner  der  höheren  Pflanzen,  scheinen 
aber  außerhalb  der  Chromatophoren,  jedoch  in  inniger  Berührung  mit  ihnen  zu  entstehen 
und  sollen  chemisch  dem  Glykogen  näher  stehen  als  echter  Stärke  {^^). 

IV.  Die  Zellmembranen  ('). 

Wie  schon  erwähnt,  ist  jeder  Protoplast  bei  den  Pflanzen  in  der  Regel 
von  einem  festen  Gehäuse,  der  Zellhaut  oder  Zellmembran,  umgeben. 
Sie  ist  ein  Außenprodukt  des  Protoplasten,  das  wir  nicht  als  lebend  betrachten. 
Viele  Gewächse  beginnen  freilich  ihre  Entwicklung  mit  nackten  Protoplasten, 
entweder  als  unbehäutete  Schwärmsporen  oder  Eizellen.  Diese  Zellen  scheiden 
aber,  ehe  sie  sich  zu  entwickeln,  zu  teilen  beginnen,  an  ihrer  Oberfläche  eine 
dünne  Zell  haut  aus.  Bei  der  Vermehrung  der  Zellen  werden,  wie  wir  gesehen 
haben,  gewöhnlich  nach  der  Teilung  des  Plasmas  Scheidewände  zwischen  die 
neu  gebildeten  Zellen  eingeschaltet,  so  daß  auch  dann  alle  Protoplasten  von 
Zellhäuten  umhüllt  bleiben. 

Da  nacktes  Protoplasma  meist  Kugelform  annimmt,  so  ist  es  die  Zell- 
haut, die  die  Gestalt  der  umhäuteten  Zellen  bedingt.  Die  Zellen,  die  embryonal 
verhältnismäßig  klein  und  ziemhch  einförmig  gestaltet  sind,  wachsen  nämUch 
zu  ihren  endgültigen  Größen  und  zu  ihren  beson- 
deren Formen  nur  durch  das  Flächenwachstum  ihrer 
Zellmembranen  heran.  Bald  ist  dieses  Wachs- 
tum ringsum  überall  gleich,  bald  auf  die  Spitze  oder 
eine  Kante  der  Zelle  oder  einen  die  Zelle  rings  um- 
laufenden Gürtel 
oder  anders  ge- 
staltete, eng  um- 
schriebene Stellen 
beschränkt.  Es 
kommt  entweder 
zustande  durch 
Dehnung    der 

vorhandenen 
Membran,  oder  es 
erfolgt  durch  Ein- 
lagerung (In- 
tussuszeption) 
neuer  Substanz 
zwischen  die  Teil- 
chen   der    schon 

vorhandenen 
Haut. 

Die  Zellwand  dient  auch  dem  Schutze  und  ferner  vor  allem  der  Festi- 
gung des  Protoplasten.  Diese  wird  durch  Spannung  der  Membran  (Turgor, 
vgl.  S.  191)  una  durch  Dickenwachstum  der  Zellhaut  erreicht.  Wie  die  Zelle  durch 
das  Flächenwachstum  der  Membran  ihre  endgültige  Form  erhält,  so  bekommt  die 
Membran  durch  das  Dickenwachstum  ihre  endgültige,  bezeichnende  Struktur. 
Die  Zellmembranen,  die  zuerst  sehr  zarte,  dünne  und  strukturlose  Häute  sind, 
werden  nämlich  weiterhin  gewöhnlich  ringsum  überall  gleich  oder  nicht  überall 
gleichmäßig  verdickt,  und  zwar  in  der  Weise,  daß  sie  an  einzelnen  Stellen 
verhältnismäßig  dünn  bleiben,  während  sie  an  anderen  viel  stärker  in  die  Dicke 
wachsen.  In  vielen  Zellen  wird  die  ganze  Zellhaut  mit  Ausnahme  kleiner 
rundlicher  (kreisförmiger,   eUiptischer)   oder  spindelförmiger    Stellen. 


Fig.  29.  A  Runde,  gestielte 
Zelle  von  Saprolegnia  mit 
runden  Tüpfeln  in  der  Zell- 
membran. B  Ein  Tüpfel 
derselben,  bei  stärkerer  Ver- 
größerung im  optischen 
Querschnitt. 


Fig.  30.  Stoinzelle  aus  der  Walnuß- 
schale mit  Membranschichtung  und 
verzweigten  Tüpfelkanälchen.  Die  un- 
vollständig gezeichneten  Tüpfelkanäle 
verlaufen  schräg  zur  Ebene  der  Zeich- 
nung.    RoTHERT,   frei  nach  Reinke. 


30 


Fitting : 


Tüpfel,  verdickt;  so  entstehen  in  verdickten  Zellmembranen  Grübchen 
(Fig.  29)  oder  röhrenförmige  Kanäle  (Fig.  30),  die  Tüpfelkanäle,  die  die 
Verdickungsschichten  durchsetzen,  an  einem  Ende  aber,  zumeist  dem  äußeren, 
durch  unverdickte  Zellhautteile,  die  Schließhaut  des  Tüpfels,  abgeschlossen 
sind  (Fig.  29  B).  Nicht  selten  werden  in  gewissen  Zellen  mehrere  Tüpfelkanäle 
bei  weiter  fortschreitender  Verdickung  der  Membranen  zu  einem  einzigen 
Kanäle  vereint.  Solche  verzweigte  Tüpfel  pflegen  sehr  eng  zu  sein  und 
kommen  vornehmlich  stark  verdickten  und  harten  Zellwänden  zu,  so  denen  der 
Steinzellen  oder  Skiereiden  (Fig.  30).  In  anderen  Zellen  nimmt  dagegen 
die  Zellhaut  im  allgemeinen  nur  wenig  an  Dicke  zu,  indem  die  Verdickung 
nur  auf  eng  umgrenzte  Teile  beschränkt  bleibt,  die  dadurch  die  Form 
von  Höckern,  Warzen,  einfachen  oder  verzweigten  Zäpfchen  (Fig.  31),  Stacheln 
(Fig.  32),  Leisten,  Netzen  oder  Bändern  (Fig.  67,  68)  von  charakteristischem 
Bau  erhalten.  Solche  Verdickungen  sitzen  der  Zellhaut  bald  außen,  bald  innen 
auf  (zentrifugale,  zentripetale  Verdickungen).   Kleine  nach  außen  vorspringende 

Höcker  kommen  z.  B.  an  den  meisten 
Haaren  vor;    besonders   mannigfaltig 
werden     solche     Verdickungen     aus- 
gebildet   auf   den  Außenflächen    von 
Sporen   und  Poilenkörnern  (Fig.  32) 
und  in  vielen  wasserleitenden  Zellen 
der  höheren   Pflanzen  (Fig.  67,   68). 
P'orm    annehmen,    wenn    sie   auf   kleine 
ganz  besonders  bei  den  Zystolithen,  z.  B.  in 
zentripetalen  Wandverdickungen  von  der  Form 
ehr  viel  Kalziumkarbonat  eingelagert  ist. 

während  des  Flächenwachstums  der 
aber  auch  nach  dessen  Beendigung  noch  fort- 
dauern kann,  er- 
folgt meist  durch 
Substanz  anläge - 
//  rung  (Apposi- 
tion) von  dem 
Protoplasma  aus 
an  die  bereits  vor- 
handenen dünnen 
Häute,  und  zwar 
in  Form  neuer 
Membranlamellen. 
So  entsteht  in  Zei- 
len, in  denen  der 
größte  Teil  der  Zell- 
haut verdickt  wird, 
gewöhnlich       eine 

schalenförmige 
Schichtung  der 
Zellmembranen 
(Fig.  30):  in  den  Verdickungsschichten  wechseln  meist  dickere,  dichtere 
Lamellen  mit  dünneren,  weniger  dichten,  wasserreicheren  und  oft  auch 
chemisch  von  den  dichteren  verschiedenen  Lamellen  ab.  Die  dichteren 
brechen  das  Licht  stärker  als  die  dünneren,  erscheinen  infolgedessen  heller 
und  leuchtender.  Auch  viele  scheinbar  homogene  Zellhäute  lassen  nach 
Quellung  mit  starken  Säuren  oder  Alkahen  solche  Schichtung  deuthch  erkennen. 


Fig.  31.    Stück  einer  schlauchförmigen  Zelle 

(Rhizoid)    des  Lebermooses  Marchantia  mit 

okalen,  zap  fenförmigen  Wandverdickungen. 

Vergr.  240. 

Wandverdickungen    können    sehr 
Stellen  in  einer  Zelle  beschränkt  sind, 
den  Blättern  von  Ficus  elastica  (Fig.  33) 
traubenförmiger  gestielter  Körper. 

Das  Dickenwachs i,um, 
Zellhaut  zu  beginnen  pflegt 


die 
das  schon 


9 


^j 


Fig.  32.  A  Pollenkorn  des  Kürbis  in 
Flächenansicht  und  zum  Teil  auch  im 
optischen  Durchschnitt.  Das  Präparat 
war  mit  Zitronenöl  durchsichtig  gemacht 
worden.  Vergr.  240.  B  Teil  eines  Quer- 
schnittes durch  die  Pollenhaut  von  Cu- 
curbita verrucosa.  Vergr.  540. 
Nach  Strasbürger. 


Fig.  33.     Zystolithen- 
zelle   von  Ficus   elas- 
tica.    c    Zystolith. 
Vergr.  240. 


Morphologie. 


31 


Nicht  selten  beruht  das  Dickenwachstum  aber  auch  auf  Substanz  ei  n- 
lagerung  (also   Intussuszeption). 

Besonders  zentrifugale  Wandverdickungen  kommen  oft  durch  Intussuszeptions- 
wachstum  zustande.  Solches  kann  auch  fern  vom  Protoplasma  stattfinden  und  mit 
chemischen  und  strukturellen  Dilferenzierungen  der  Zellhäute  verbunden  sein,  so  daß 
solche  Membranen  fast  wie  lebende  Gebilde  erscheinen.  An  Zellen  aber,  die  durch  freie 
Zellbildung  entstanden  sind,  wie  z.  B.  bei  den  Askosporen,  werden  die  zentrifugalen 
Wandverdickungen  von  dem  Periplasma  ausgebildet,  aus  dem  die  Zellen  herausgeschnitten 
worden  sind  (vgl.  S.  22).  Ebenso  werden  die  zentrifugalen  Verdickungen  bei  Pollen- 
körnern und  vielen  Sporen  von  außen  her  durch  die  Tätigkeit  von  Tapeten zellplasma 
aufgelagert,  das  die  Behälter  der  Sporen  oder  Pollenkörner  innen  auskleidet.  Nach  Auf- 
lösung der  Tapete  verschmelzen  nämlich  ihre  Protoplasten  zu  einem  Periplasmodium,  das 
die  Sporen-  oder  Pollenanlagen  allseitig  umgibt  (^'). 

In  manchen  Fällen  sieht  man  in  den  Verdickungsschichten  einer  Membran  bei  Be- 
trachtung von  der  Fläche  feine  Streifen  (Fig.  34),  die  schräg  zur  Längsachse  der  Zelle 
verlaufen.  Diese  Streifung  beruht  entweder  auf  einer 
Sonderung  jeder  Verdickungslamelle  in  abwechselnd  ver- 
schieden dichte  Streifen,  wovon  die  dichteren  oft  in  das  Zell- 
innere vorspringen,  oder,  bei  vielen  Algen  (z.  B.  Cladophora), 
auf  einer  wellblechartigen  Fältelung  der  einzelnen  Lamellen. 
Ist  die  Wandung  deutlich  geschichtet,  so  sind  die  Streifen 
in  den  aufeinander  folgenden  Verdickungslamellen  meist  ent- 
gegengesetzt geneigt  (Fig    34). 

Chemie  der  Zellmembranen  (^s).  Trotz  diesen 
Wachstumsvorgängen  ist  die  Zellmembran  von  An- 
fang an  kein  lebender  Teil  des  Protoplasten,  sondern 
ein  Ausscheidungsprodukt  von  ihm,  das  sich  im 
Laufe  der  Zeit  noch  in  verschiedener  Weise,  auch 
chemisch,  verändern  kann.  In  lebenden  Zellen  ist 
sie  stets  von  Wasser  durchtränkt  und  gequollen, 
schrumpft  infolgedessen  bei  Wasserentziehung  mehr 
oder  weniger  zusammen.  Ihre  Lamellen  bestehen 
aus  Kohlehydraten,  vor  allem  aus  Zellulosen, 
doch  teilweise  auch  aus  HemizeMulosen  imd 
Pentosanen,  meist  aus  mehreren  dieser  Verbin- 
dungen zugleich.  In  keinem  Falle  also  sind  die  pflanz- 
lichen Membranen  nur  aus  reinen  Zellulosen  auf- 
gebaut, auch  nicht,  wenn  man  kurz  von  Zcllulose- 
membranen  spricht.  Die  Zellulosen  kommen  in  den 
Membranen  aller  Pflanzen  vor,  mit  Ausnahme  der  meisten  Pilze;  es  sind 
Polysaccharide  von  der  Zusammensetzung  (C8Hio05)n,  die  sich  in  Jodlösung 
nicht,  mit  Chlorzinkjodlösung  aber  intensiv  blau  färben.  Die  gleiche  Reaktion 
gilt  übrigens  für  viele  Hemizellulosen,  die  ebenfalls  Polysaccharide  sind. 
Die  Zellhäute  enthalten  fast  stets  in  größeren  Mengen  auch  noch  andere 
Substanze/i,  z.  B.  auch  solche,  die  sich  mit  Chlorzinkjod  nicht  bläuen, 
sondern  anders  färben.  Unter  ihnen  sind  die  Pektinstoffe  besonders  wichtig, 
die  mit  diesem  Reagens  gelbbraune  Färbung  aimehmen.  Darauf  beruht 
es,  daß  viele  „Zellulosemembraneu"  sich  mit  Clilorzinkjod  nicht  rein  blau, 
sondern  violett,  braunviolett  oder  braun  färben.  In  den  Membranen  der 
meisten  Pilze  und  Bakterien  ist  Chitin  vorhanden,  das  früher  als  spezifisch 
tierischer  Membranstoff  galt;  es  soll  bei  den  Pilzen  die  Zellulose  ver- 
treten (39). 

Die  Zellulosen  sind  unlöslich  in  verdünnten  Säuren,  in  Alkalien,  selbst  kon- 
zentrierter Kalilauge.  Dagegen  sind  sie  unter  schwacher  Hydrolyse  löslich  in  Kupfer- 
oxydammoniak und,  unter  Umwandlung  in  Dextrose,  in  konzentrierter  Schwefelsäure  oder 


Fig.  34.  Teil  einer  Skleren- 
chymfaser  von  Vinca  major 
bei  oberer  Einstellung.  Auch 
die  inneren  Grenzen  der 
Wand  wurden  bei  tieferer 
Einstellung  in  das  Bild 
eingetragen.  Vergr.  500. 
Nach  Strasburger. 


32  Fitting : 

sehr  stark  konzentrierter  Salzsäure.  Ferner  werden  sie  durch  ein  besonderes  Enzym,  die 
Z  eil u läse,  das  die  Pflanze  bildet,  und  zwar  in  diesem  Falle  über  das  Disaccharid 
Zellobiose  in  Dextrose  übergeführt.  Nach  vorausgegangener  Behandlung  mit  Schwefelsäure 
oder  Phosphorsäure  werden  sie  durch  wäßrige  Jodlösiing  blau  gefärbt,  ebenso  bei  gleich- 
zeitiger Einwirkung  der  konzentrierten  Lösungen  bestimmter  Salze,  wie  Chlorzink  oder 
Chloraluminium,  mit  Jod.  Daher  ist  das  gebräuchlichste  Reagens,  um  Blau-  oder  Violett- 
färbung der  Zellulosen  zu  erzielen,  eben  Chlorzinkjodlösung.  Eine  Pieihe  von  Stoffen, 
die  den  Zellulosen  nahe  stehen,  aber  schon  durch  verdünnte  Säuren  in  lösliche,  von  der 
Dextrose  verschiedene  Zuckerarten  (z.  B.  Mannose,  Galaktose)  umgewandelt  werden,  faßt 
man  als  Hemi  z  eil  ulosen  zusammen.  Besonders  reich  daran  sind  die  Pflanzenschleime 
und  die  Reservezellulosen  (vgl.  S.  36).  Einige  von  ihnen  sind  in  Kupferoxydammoniak 
unlöslich.  So  wie  die  Zellulosen  hochmolekulare  Polysaccharide  von  Hexosen  (CgHj^Oß) 
sind,  so  sind  die  Pentosane  (C5Hf,0^)n  entsprechende  hochmolekulare  Kondensations- 
produkte von  Pentosen  (C^U^^O.),  z.  B.  von  Arabinose,  Xylose.  Die  Pektine  sind  durch 
die  Leichtigkeit  ausgezeichnet,  womit  sie  sich,  nach  vorhergegangener  Behandlung  mit 
verdünnten  Säuren,  in  Alkalien  lösen.  Sie  färben  sich  im  Gegensatz  zur  Zellulose  mit 
Safranin  und  Methylenblau  intensiv.  Die  Pektine  sind  verwickelt  gebaute  Verbindungen, 
worin  an  Tetragalakturonsäure  (Cj^Hg^O^j,  einem  Kondensationsprodukt  der  Galakturon- 
säure  CgHj^Oj)  Monohexosen,  Pentosane,  ferner  esterartig  Methylalkohol  und  salzartig 
Kalzium  und  Magnesium  gebunden  sind  (■*").  Anwesenheit  von  Pektinen  bedingt  die  Gela- 
tinierung von  Fruchtdekokten  (also  die  Bildung  von  Fruchtgelees). 

Das  Chitin  ist  ein  stickstoffhaltiges  Polysaccharid  (C^gH-uOigN^),  das  Azetylessig- 
säure  in  säureamidartiger  Bindung  enthält. 

Die  Zellhäute  erfahren  im  Laufe  des  Lebens  einer  Zelle  oft  mannig- 
fache chemische  Umwandlungen  dadurch,  daß  die  bereits  ausgebildeten 
Schichten  ihre  Beschaffenheit  ändern  oder  die  neuen  Verdickungsschichten 
in  ihrer  Zusammensetzung  von  den  vorhandenen  abweichen.  Diese  Umwand- 
lungen stehen  oft  in  engster  Beziehung  zu  den  Anforderungen,  die  an  die  Zellen 
gestellt  werden.  Was  zunächst  die  ,,Zellulose"membranen  betrifft,  so  sind 
sie,  ganz  jung,  wenig  elastisch,  dagegen,  wie  es  mit  Rücksicht  auf  das  be- 
vorstehende starke  Längenwachstum  günstig  erscheint,  verhältnismäßig  stark 
dehnbar;  später  pflegt  sich  das  umzukehren.  Sie  setzen  der  Diffusion  von 
Wasser  und  gelösten  Substanzen  kaum  Widerstand  entgegen. 

Nicht  selten  verschleimen  Zellulosemembranen  durch  Umwandlung 
ihrer  Substanz  in  gallertige  oder  schleimartige,  in  Wasser  stark  quellende 
Massen.  Besonders  oft  tritt  aber  Verholzung,  Verkorkung  und  Kutini- 
sierung  der  Zellmembranen  ein.  Verholzung  der  Membranen  verringert  die 
Dehnbarkeit  der  Zellen  ganz  bedeutend,  erhöht  also  die  Starrheit,  ohne  die 
Durchlässigkeit  für  Wasser  und  darin  gelöste  Stoffe  aufzuheben.  Verkorkte 
und  kutinisierte  Membranen  aber  sind  verhältnismäßig  undurchlässig  für 
Wasser  und  Gase  und  setzen  die  Verdunstung  stark  herab.  Häufig  werden 
auch  die  Zellhäute  nachträghch  durch  Derivate  von  Gerbstoffen  sehr  dunkel 
gefärbt  und  gegen  Fäulnis  geschützt,  so  in  Samenschalen  und  in  älterem  Holz. 
In  jede  ältere  Membran  sind  ferner  anorganische  Stoffe  unter  Umständen 
in  iDedeutender  Menge  eingelagert,  sehr  häufig  Kieselsäure,  seltener  Kal- 
ziumkarbonat, ferner  organische  Salze,  z.  B.  besonders  häufig  Kalzium- 
oxalat. 

Die  Verholzung  beruht  auf  der  Einlagerung  von  Ligninen  in  die  Kohlehydrat- 
lamellen. Die  chemische  Zusammensetzung  der  Lignine  ist  aber  noch  wenig  geklärt. 
Wahrscheinlich  sind  Benzolderivate  an  ihrer  Zusammensetzung  beteiligt.  In  den  Zellen, 
deren  Membranen  verholzt  sind,  bestehen  aber  die  innersten  Membranschichten  in  vielen 
Fällen  aus  Zellulose.  Als  besonders  charakteristische  Reaktionen  verholzter  Zellwände 
gelten:  Gelbfärbung  mit  schwefelsaurem  Anilin,  Rotfärbung  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure. 
Diese  Reaktionen  werden  wohl  durch  aromatische  Stoffe  bewirkt,  die  in  den  verholzten 
Membranen  vorkommen.  Mit  Chlorzinkjodlösung  färben  sich  verholzte  Membranen  gelb, 
nicht  blau.    Der  Holzstoff  läßt  sich  teilweise  aus  den  verholzten  Membranen  durch  längeres 


Morphologie.  33 

Kochen  mit  Kalziumbisulfit-  oder  Natronlauge  unter  Druck  herauslösen  (in  mikroskopischen 
Schnitten  auch  durch  Eau  de  Javelle),  so  daß  nur  die  Kohlehydratlamellen  zurückbleiben. 
In   dieser  Weise  stellt  man  aus  Holz  „Zellulosezellstoff"  her. 

Die  Verkorkung  beschränkt  sich  in  der  Regel  auf  die  mittleren  Verdickungs- 
schichten  einer  Membran.  Die  verkorkten  Lamellen  bestehen  nur  aus  Sub erinen, 
enthalten  also  keine  Kohlehydrate;  sie  werden  den  unverkorkten  Membranlamellen 
angelagert.  Mit  der  Verkorkung  nicht  völlig  übereinstimmend,  wenn  ihr  auch  nahe  ver- 
wandt, ist  die  Ku  ti  n  isi  erung.  Sie  besteht  in  einer  nachträglichen  Auflagerung  von 
Kutinen  auf  Zellulosemembranen  oder  einer  Einlagerung  in  solche.  Zwischen  Kutinen 
und  Suberinen  bestehen  keine  scharfen  Unterschiede.  Beide  nehmen  mit  Chlorzinkjod- 
lösung gelbbraune,  mit  Kalilauge  annähernd  gleiche  gelbe  Färbung  an,  färben  sich  mit 
Sudanglyzerin  rot,  und  beide  werden  durch  konzentrierte  Schwefelsäure  oder  Kupferoxyd- 
ammoniak nicht  gelöst.  Doch  widerstehen  die  Kutine  besser  der  Kalilauge.  Die  Kutine 
und  die  Suberine  verhalten  sich  übrigens  je  nach  ihrer  Abstammung  gegen  Ileagenzien 
etwas  verschieden.  Die  Suberine  sollen  nach  van  Wisselingh  (■*')  fettartige  Körper  sein 
aus  Glyzerinestern,  und  anderen  zusammengesetzten  Estern  der  Phellon-,  Suberinsäure  und 
anderen  höheren  Fettsäuren;  den  Kutinen  soll  dagegen  die  Phellonsäure,  die  in  den 
Suberinen  stets  vorhanden  ist,  immer  fehlen. 

Kalziumkarbonat  kommt  bei  manchen  Pflanzen,  wie  den  meisten  Characeen 
unserer  Seen  und  Teiche,  so  massenhaft  in  den  Membranen  vor,  daß  diese  starr  und 
brüchig  werden.  Kieselsäure  ist  in  den  peripherischen,  dadurch  sehr  harten  Zell- 
wänden der  Gräser,  Schachtelhalme  und  vieler  anderer  Pflanzen,  z.  B.  der  einzelligen 
Diatomeen,  vorhanden.     Das  Kalziumoxalat  ist  meist  in  Kristallen  ausgeschieden. 

Auch  die  zur  Flavongruppe  gehörenden  Farbstoffe  der  technisch  benutzten  Farb- 
hölzer haben  ihren  Sitz  in  den  Membranen. 

Feste  Zellmembranen  können  nachträglich  in  Gummi  umgewandelt  werden,  so  bei 
der  Gummosis  in  einem  Holzkörper.  Bei  Prunus-  oder  Citrus-Arten  spielt  sich  dieser 
Vorgang  so  ab,  daß  nacheinander  die  einzelnen  Verdickungsschichten  der  Zellwände  zu 
Gummi  verquollen.  Schließlich  wird  auch  der  Zellinhalt  zu  einem  Bestandteil  der 
Gummimasse  (^-).    Der  Gummi  ist  chemisch  den  Pflanzenschleimen  sehr  ähnlich  (vgl.  S.  32). 

Röntgenspektroskopische  Untersuchungen  der  letzten  Zeit  machen  es  wahrscheinlich, 
daß  die  Zellulosemembranen  wie  die  Stärke  kristallinische  Struktur  haben.  Sie  bestehen 
aus  Kristalliten,  die  mit  einer  ihrer  Hauptachsen  parallel  zur  Längsachse  der  Zelle  an- 
geordnet sind  {*'■'). 


Zweiter  Abschnitt.     Gewebelehre  (Histologie) ^''^ 

I.  Die  Gewebebildung. 

A.   Begriffsbestimmung  und    Bedeutung  des  Zellgewebes. 

Jeder   innigere    Verband    umhäutcter    Protoplasten    wird    als    Zellgewebe 
bezeichnet. 

Nur  die  niedersten  Organismen  bestehen  aus  einem  ein-  oder  mehr- 
kernigen Protoplasten;  sie  sind  zeitlebens  einzellig.  Meist  ist  aber  der  Körper 
einer  Pflanze  vielzellig,  d.  h.  er  setzt  sich  aus  vielen,  voneinander  durch 
Zellwände  getrennten  Protoplasten^  also  aus  Zellgewebe,  zusammen.  Höhere 
äußere  Organisation  und  größeres  Körpervolumen  sind  nämlich  bei  den  weit- 
aus meisten  Pflanzen  an  die  Ausbildung  vieler  umhäuteter  Protoplasten  ge- 
bunden. Freilich  gibt  es,  wie  wir  schon  sahen,  auch  äußerlich  hochorganisierte 
Algen  (die  Schlauchalgen),  bei  denen  eine  solche  Kammerung  nicht  vorkommt, 
sondern  das  Innere  von  einem  vielkernigen  Protoplasten  eingenommen  wird. 
Man  kann  sie  als  nicht  zelHge  Organismen  den  zellulären  gegenüberstellen. 
Solche  Organismen  gibt  es  aber  nur  wenige.  Ausbildung  von  Zehgewebe  war 
eben  für  die  Entwicklung  höher  organisierter  Pflanzenformen  offenbar  von 
größter  Bedeutung.    Sie  ermöghchte  es,  eine  Arbeitsteilung  im  Protoplasma 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  3 


34 


Fitting: 


des  Körpers  durchzuführen.  Durch  die  Zerteilung  des  Protoplasmas  in  viele 
Protoplasten  entstanden  ebensoviele  einzelne  Elementarteile,  die  ver- 
schiedene Aufgaben  übernehmen  konnten,  und  vergrößerte  sich  außerdem  die 
Plasmaoberfläche  ganz  erheblich.  Durch  die  Ausbildung  der  trennenden 
Zellwände  wurde  es  ferner  möglich,  diese  Elementarteile  mehr  oder  weniger 
gegeneinander  zu  isolieren,  zugleich  den  Zusammenhalt  und  die  innere  Aus- 
steifung des  ganzen,  aus  vielen  weichen  Protoplasten  bestehenden  Körpers 
zu  erhöhen. 

Ein,  freilich  sehr  unvollkommenes,  lockeres  Gewebe  bildet  sich  schon  bei  solchen 
Organismen,  deren  Zellen  nach  jeder  Teilung  sich  voneinander  trennen,  aber  durch  eine 
Gallerte  aus  ihren  verquellenden  Zellhäuten  zusammengehalten  werden.  Man  nennt  der- 
artige Verbände  mehr  oder  weniger  selbständiger  Zellen  gemeinsamen  Ursprungs  Z  e  1 1  - 
familien  oder  Z  eil  koloni  en.  Mannigfaltige  Beispiele  dafür  bieten  uns  die  Spaltalgen 
(Fig.  85)  und  die  Ordnungen  der  Volvocales  und  der  Protococcales  unter  den  Grünalgen 
(vgl.  diese).  In  den  Zellfäden  und  Zellflächen  niederer  Algen, 
deren  Zellen  bereits  fest  verbunden  sind,  beginnen  all- 
mählich die  Merkmale  geschlossener  Gewebe  hervorzutreten. 
Diese  Merkmale  werden  mit  wachsender  Zellenzahl  im  Orga- 
nismus und  mit  der  fortschreitenden  Arbeitsteilung  zwischen 
den  Zellen  immer  deutlicher. 


Fig.  35.  Gloeocapsa  polyderma- 
tica.  A  Beginn  einer  Teilung. 
j9  Links:  kurz  nach  der  Teilung. 
Clm  Ruhezustande.  Vergr.  540. 
Nach  Strasburger. 


Fig.    36.      Längsschnitt 

durch     das    Mutterkorn 

Vergr.  300. 

Nach  ScHENCK. 


Fig.  37.  Längsdurchschnitt 
durch  den  Stiel  des  Frucht- 
körpers des  Steinpilzes. 
Vergr.  300.  Nach  Schenck. 


B.  Ursprung  der  Gewebe.  Die  Entstehimg  pflanzlicher  Gewebe  ist 
im  allgemeinen  auf  Zellteilungen  zurückzuführen.  Bei  manchen  niederen 
Algen,  z.  B.  bei  Hydrodictyon,  werden  aber  Gewebe  durch  Anlagerung 
freier  Zellen  aneinander  und  durch  Verwachsung  ihrer  Zellmembranen,  bei 
den  Pilzen  und  Schlauchalgen  (Siphoneen)  durch  Verflechtung  schlauch- 
förmiger Zellen  oder  Zellfäden  gebildet  (Flechtgewebe  oder  Plectenchym, 
Fig.  37).  Kommt  es  dabei  zu  einer  innigen  Verwachsung  der  verflochtenen 
Zellen  und  ist  dieses  Geflecht  besonders  dicht,  so  macht  es  in  dünnen  Schnitten 
einen  ganz  ähnlichen  Eindruck  wie  ein  Gewebe  der  höher  organisierten  Pflanzen 
(Fig.  36);  bei  nachträglicher  Verdickung  der  Wände  können  sogar  die  Tüpfel 
in  den  nachträglich  miteinander  verwachsenen  Zcllhäuten  aufeinander  treffen. 

C.  Die  Zellmembranen  im  Zellgewebe.  Betrachtet  man  Schnitte 
durch  pflanzliches  Zellgewebe  bei  schwächeren  Vergrößerungen,  so  sind  es 
meist  ausschließHch  oder  vor  allem  die  Zellmembranen,  die  ins  Auge  fallen; 
sie  scheinen  bei  weniger  genauem  Zusehen  ein  Xetzwerk  von  Fäden,  ähnlich 
einem  Stoffgewebe,  zu  bilden,  woraus  sich  der  Name  Zellgewebe  erklärt. 

1.  Schichtung.  Alle  Scheidewände,  die  bei  den  Zellteilimgen  im  Zell- 
gewebe auftreten,  sind,  wie  auch  sonst  bei  Zellteilungen,  zunächst  einfache 
und  sehr  dünne,  meist  plattenförmige  Membranlamellen,  die  den  benachbarten 
Zellen  gemeinsam  zukommen.    In  diesem  Zustande  bleibt  die  Zellmembran 


Morphologie. 


35 


aber  nie.  Sie  wird  schon  in  den  embryonalen  Zellen  verdickt,  während 
die  Zellen  dnrch  Flächenwachstnm  der  Membranen  sich  vergrößern.  Die 
Verdicknng  erreicht  aber  ihr  Ende  erst,  nachdem  die  Zellen  längst  zu  ihren 
endgültigen  Größen  herangewachsen  sind.  Sie  fällt  verschieden  aus,  je  nach 
den  Funktionen,  die  die  ausgebildeten  Dauerzellen  übernehmen:  besonders 
dicke  Zellmembranen  findet  man  bei  Zellen,  die  der  mechanischen  Festigung 
dienen  (Fig.  38).  In  der  Regel  wird  die  Verdickung  einer  Scheidewand  von 
beiden  angrenzenden  Protoplasten  aus,  und  zwar  meist  durch  beiderseitige 
Anlagerung  einer  gleichen  oder  ungleichen  Zahl  neuer  schalenförmiger 
Membranlamellen  an  die  dünne  Scheidewand  besorgt  (Fig.  38,  40,  62). 
So  bekommt  eine  jede  Zelle  nachträglich  ihre  eigenen  Membranschichten. 
Die  den  benachbarten  Zellen  gemeinsame  mittlere  Membranlamelle  einer 
Zellhaut  bezeichnet  man  alsdann  als  Mittellamelle  (Fig.  38m).  Sie  ist 
meist  sehr  dünn,  nur  an  den  Zellecken  und  Kanten  etwas  dicker  (Zwickel, 
Fig.  llCui*)  und  besteht  hauptsächlich  aus  kalziumhaltigen  Pektinstoffen, 
die  verhältnismäßig  leicht  löslich  sind;  in  verholzten 
und  verkorkten  Geweben  ist  sie  außerdem  oft 
verholzt. 

In  weichen  Geweben  lassen  sich  die  Zellen  schon 
durch  Kochen  in  Wasser  voneinander  trennen,  das  die  Mittel- 
lamellen zum  Verquellen  bringt,  z.  B.  bei  vielen  Kartoffei- 
knollen.  In  vielen  reifen  Früchten  tritt  eine  solche  Iso- 
lierung von  selbst  ein.  Durch  das  ScHULZEsche  Maze- 
rationsgeraisch  (chlorsaures  Kali  und  Salpetersäure) 
oder  durch  heiße  konzentrierte  Ammoniaklösung  gelingt  es, 
auch  andere  Zellen  durch  Auflösung  der  Mittellamellen 
voneinander  zu  lösen,  durch  das  Mazerationsgemisch  z.  B. 
die  des  Holzes.  Auch  gibt  es  pektinvergärende  Bakterien, 
die  mittels  des  Enzyms  Pektinase  die  Mittellamellen  zerstören 
und  gewisse  Zellen,  z.  B.  bei  der  Flachsrotte  die  mechanischen 
Zellen  der  Flachsstengel  von  den  anderen  Zellen,  trennen. 

Die  Verdickungsschichten  unterscheiden  sich 
meist  opt'sch  und  chemisch  von  der  Mittellamelle; 
da  sie  sich  in  der  Regel  zu  beiden  Seiten  der 
Mittellamelle  gleichmäßig  anlagern,  so  erhält  die 
Scheidewand  zwischen  zwei  Zellen  mehr  oder  weniger 
symmetrischen  Bau  (Fig.  38—40,  41,  62),  der 
sich  selbst  auf  die  Tüpfel  erstreckt.  Nicht  selten 
ist  in  stärker  verdickten  Zellhäuten,  besonders 
den  Zellen  des  Holzes,  beiderseits  der  Mittellamelle 
eine  Sonderung  in  drei,  ihrem  optischen  und 
chemischen  Verhalten  nach  verschiedene  Schichten 

zu  erkennen,  die  sich  als  primäre,  sekundäre  und  tertiäre  Verdickungs- 
schichten unterscheiden  lassen  und  selbst  wieder  aus  vielen  Lamellen  bestehen 
können.  Am  stärksten  pflegt  alsdann  die  sekundäre  Verdickungsschicht  ent- 
wickelt zu  sein;  sie  bildet  die  Hauptmasse  der  Wandung,  Die  innerste  Ver- 
dickungsschicht einer  Zellhaut  ist  meist  stärker  lichtbrechend;  sie  wird  als 
Grenzhäutchen  oder  Innenschicht  bezeichnet  (Fig.  llCi)  und  besteht  meist 
aus  Zellulose. 

Zellwände,  die  nicht  an  andere  Zellen  grenzen  (Fig.  40,  44),  vor  allem 
also  die  Außenwände  an  der  Peripherie  des  Pflanzenkörpers,  sind  dagegen 
asymmetrisch  gebaut.  Bei  solchen  Wänden  können  ja  nur  einseitig  nach 
dem  Zellinnern  hin  Verdickungslamellen  an  die  zunächst  allein  vorhandene 
dünne  Zellhaut  anjrelae-ert  werden. 


Fig.  38.  Stark  verdickte  Zellen 
aus  dem  Marke  eines  älteren 
Stammstückes  der  Waldrebe 
Clematis  vitalba.  w  Mittel- 
lamelle, /  Interzellularraum, 
t  Tüpfelkanäle  in  Seiten- 
ansicht. In  der  einen  Zelle 
ist  die  untere  Wand  ti'  mit 
den  Tüpfeln  in  Aufsicht  zu 
sehen.     Vergr.  300.     Nach 

SCHENCK. 


36 


Fitting : 


2.  Tüpfelung.  Die  Zellmembranen,  die  die  Protoplasten  voneinander 
trennen,  erschweren  begreiflicherweise  den  Stoffaustausch  zwischen  den 
Zellen,  und  zwar  um  so  mehr,  je  dicker  sie  sind.  Ohne  regen  Stofftransport 
von  Zelle  zu  Zelle  kann  aber  das  Leben  des  ganzen  Organismus  nicht  bestehen. 
So  muß  also  dafür  gesorgt  werden,  daß  die  Verdickung  der  Membranen,  die 
der  Festigung  dient,  die  Stoffbewegung  nicht  allzusehr  hemmt.  Diesem  Be- 
dürfnis wird  meist  durch  Ausbildung  von  Tüpfeln  in  den  Scheidewänden 
zwischen  den  Protoplasten  Rechnung  getragen.  In  den  freien  Wänden  findet 
man  dagegen  in  der  Regel  keine  Tüpfel. 

Diese  Tüpfel,  die  in  stärker  verdickten  Zellmembranen  Kanäle  mit 
kreisrundem  (Fig.  38  bei  w  und  39  bei  m),  elliptischem  oder  spaltenförmigem 
Querschnitte  sind,  treffen  in  den  benachbarten  Zellen  aufeinander; 
sie  sind  also  beiden  Zellen  gemeinsam,  werden  aber  in  der  Mitte  von  der  un- 
verdickten  Zellhaut,  ihrer  Schließhaut,  durchsetzt  (Fig.  38.',  39/>,  40/).  Spalten- 
förmige  Tüpfel  pflegen  schräg  gerichtet  zu  sein  und  in  den  Verdickungs- 
schi eilten  benachbarter  Zellen  einander  zu  kreuzen. 

m 

Der  Bau  der  Tüpfel 
läßt  sich  besonders  leicht 
untersuchen  an  den  stark 
verdickten  und  reichlich 
getüpfelten  Zellwänden  der 
Samen  verschiedener  Pal- 
men, zahlreicher  Liliaceen, 
z.  B.  von  Ornithogalum 
(Fig.  39),  und  anderer  Mono- 
kotylen. Die  Verdickungs- 
schichten  bestehen  hier  aus 
einer  Hemizellulose,  die  ein 
Reservestoff  des  Samens  ist 
und  bei  der  Keimung  durch 
ein  Enzym  (Zytase)  aufgelöst 
wird.  Sie  sind  glänzend 
weiß  und  können  so  hart 
werden,  daß  solche  Samen, 
z.  B.  die  der  Palme  Phyt- 
elephas  macrocarpa,  tech- 
nisch als  „vegetabilisches 
Elfenbein"  zur  Anfertigung 
von  Knöpfen  u.  dergl.  ver- 
wertet werden. 

3.  Verbindung  der  Protoplasten  im  Gewebe.  Ein  harmonisches  Zusammen- 
arbeiten aller  lebenden  Teile  des  Körpers,  wie  es  in  den  Lebensäußerungen 
des  gesamten  Organismus  so  auffällig  zutage  tritt,  wäre  freilich  wohl  kaum 
möglich,  wenn  die  lebenden  Protoplastcn  im  Zellgewebe  des  Körpers  durch 
die  Z^llwände  völlig  getrennt  nebeneinander  liegen  würden.  Tatsäclüich  sind 
sie  nicht  ganz  gegeneinander  abgeschlossen,  sondern  durch  zahlreiche,  äußerst 
feine  Protoplasmafäden  verbunden,  die  von  ihren  Hautschichten  ausgehen 
und  die  Zellhäute  durchsetzen.  Meist  sind  diese  Plasmaverbindungen  oder 
Plasmodesmen(^^),  die  sämtliche  lebende  Zellen  des  Körpers  verbinden, 
auf  die  Schheßhäute  der  Tüpfel  beschränkt  (Fig.  41s);  doch  können  sie  auch 
die  Zellhäute  außerhalb  der  Tüpfel  durchsetzen  (Fig.  42;/)/).  Sie  erheben  die 
Protoplasten  des  ganzen  Pflanzenkörpers  trotz  der  Ausbildung  der  Zellwände 
zu  einer  organischen,  lebenden  Einheit  und  dienen  wohl  ebenfalls  zur 
Stoff-  und  außerdem  zur  Reizleitung  von  Protoplast  zu  Protoplast. 


Fig.  39.  Zellen  aus  dem 
Samen  (Endosperm)  der 
Liliacee  Ornithogalum  um- 
bellatum.  w  Tüpfel  von 
oben,  p  Tüpfelkanal  in  Sei- 
tenansicht mit  der  Schließ- 
haut, ti  Zellkern.  Vergr.  240. 
Nach  Strasburger. 


Fig.  40.  Zellen  aus  der  Wurzel- 
rinde von  Iris  florentina.  t  Tüp- 
fel in  den  geschichteten  Zell- 
membranen, 7  Interzellularen. 
Vergr.  gegen  400. 


Morphologie. 


37 


4.  Zellfusionen.  Die  Lebenstädgkeit  des  vielzelligen  Organismus  macht 
es  aber  auch  nötig,  Stoffe  noch  schneller,  als  es  selbst  durch  weite  Tüpfel- 
kanäle möglich  ist,  innerhalb  seines  Körpers  von  einem  Organ  in  ein  anderes, 
etwa  aus  den  Wurzeln  in  die  Blätter,  zu  schaffen.  Die  Diffusion  von  Stoffen 
durch  die  Zellmembranen  oder  die  Stoffbewegung  in  den  äußerst  feinen  Plasmo- 
desmen genügt  dazu  vielfach  nicht,  wenn  sie  auch  durch  die  Ausbildung  der 
Tüpfelkanäle  sehr  erleichtert  wird,  die  ja  in  den  Scheidewänden  zwischen 
benachbarten  Zellen  stets  korrespondieren.  Dementsprechend  verschmelzen 
viele,  besonders  dem  Stofftransporte  dienende,  außerdem  aber  auch  manche 
andere  Zellen,  nachträghch  durch  breite  offene  Löcher  zu  zusammenhängenden 
Röhren  (vgl.  S.  54,  55  u.  59),  zu  Zellfusionen  miteinander.  Solche  Löcher 
in  Ein-  oder  Mehrzahl  entstehen  alsdann  durch  entsprechende  Auflösung  der 
Wandsubstanz  in  den  Zwischenwänden,  namenthch  in  den  Endwänden  be- 
nachbarter Zellen. 


/" 


i^' 


Fig.  41.  Eine  Zelle  aus  der  Rinde 
der  Mistel  (Viscum  album)  nach  ent- 
sprechender Härtung  und  Färbung  der 
Protoplasten  und  Quellung  der  Wände 
(m).  Die  Schließhäute  (s)  der  Tüpfel 
von  Plasmodesmen  durchsetzt,  ch 
Chloroplasten, ;/  Zellkern.  Vergr.  1000. 

Nach    StRAS BÜRGER. 


•/ 


B    %^ 


Fig.  42.  A  Ein  etwas  gequollenes  Wandstück  aus 
dem  Endosperm  der  Elfenbeinpalme  (Phytelephas 
macrocarpa).  Bei  s  und  ^  die  aufeinander  treffen- 
den, mit  Plasma  gefüllten  Tüpfelkanäle  der  beiden 
angrenzenden  Zellen,  in  der  Schließhaut  zarte  Plas- 
modesmen, außerdem  die  ganze  Dicke  der  Zell- 
wand durchsetzende  Plasmodesmen  J>1.  Vergr.  375. 
B  Die  Tüpfelkanäle  und  die  Plasmodesmen  der 
Schließhaut  1500 mal  vergrößert.  C  Tüpfelkanal 
und  Schließhaut  von  der  Fläche  gesehen,  bei 
1 500 f acher  Vergrößerung.  Der  kleinere  Kreis  ist 
der  Tüpfelkanal,  der  größere  die  Schließhaut,  die 
dunkleren  Punkte  darin  sind  die  Plasmodesmen. 
Nach  Strasburger. 


5.  Bildung  von  Interzellularen  und  Durchiüfiung  der  Gewebe.  Fast  immer, 
wenn  sich  embryonale  Zellen  in  Dauerzellen  umwandeln,  werden  die  Mittel- 
lamellen nach  Ausbildung  von  Verdickungsschichten  lokal,  namenthch  an 
den  Ecken  und  Kanten  der  Zellen,  gespalten,  so  daß  hier  die  Wände  benach- 
barter Zellen  auseinander  weichen  können.  So  entstehen  im  Zellgewebe  schon 
sehr  frühzeitig,  bis  in  die  äußersten  Stengel-  und  Wurzelspitzen  hinein,  luft- 
erfüllte Zwischenzellräume  (Interzellularen,  Fig.  38/,  40*").  Meist 
haben  sie  im  Querschnitt  die  Form  Meiner  Drei-  oder  Vierecke,  die  der  er- 
wähnten Spaltung  der  Zellwand  ihre  Entstehung  verdanken  und  daher  schi zo- 
gen genannt  werden.  Die  Interzellularen  bilden  .ein  zusammenhängendes 
System  (Interzellularsystem)  reich  veräsfcelter  feiner  Kanäle,  die  den  Zell- 
kanten entlang  streichen  und  das  Gewebe  allseitig  durchziehen.  Bei  bevor- 
zugtem Wachstum  bestimmter  Zell  wandstellen  können  derartige  schizogene 
Interzellularen  benachbarte  Zellen  nachträglich  völhg  voneinander  trennen 
und  zu  größeren  Kammern  oder  Gänoen  von  mehr  oder  weniger  reo-clmäßisrer 


38  Fitting: 

Gestalt  erweitert  werden.  Auch  durch  Zerstörung  von  Zellen  kann  die  Bildung 
von  Zwischenräumen  veranlaßt  werden;  solche  auf  Zerreißung  von  Zellen 
zurückzuführende  Interzellularräume  heißen  rhexigen,  durch  Auflösung 
von  Zellwänden  entstehende  lysigen.  In  manchen  Fällen  werden  schizogene 
Interzellularen  weiterhin  rhexigen  oder  lysigen  vergrößert.  Ungleich  verteiltes 
Wachstum  führt  oft  zu  einer  Dehnung  und  Zerreißung  ganzer  Gewebegruppen. 
Auf  diese  Weise  entstehen  z.  B.  die  hohlen  Stengel.  In  Geweben^  die  sich  durch 
Verflechtung  von  Zellfäden  gebildet  haben,  sind  die  Zwischenzellräume  von 
vornherein  vorhanden  (Fig.  37). 

Die  Interzellularen  enthalten  gewöhnlich  Luft  und  sind  tür  die  lebenden 
Gewebezellen  von  größter  Bedeutung.  Eine  Zelle,  die  allseits  von  Wasser 
oder  Luft  umspült  ist,  findet  jederzeit  in  ihrer  Umgebung  leicht  die  Gase, 
die  sie  zum  Leben  braucht.  Die  zahllosen  Protoplasten  in  den  Geweben  der 
vielzeUigen  Pflanzen  würden  aber  nicht  lebensfähig  sein,  wenn  nicht  dafür 
gesorgt  w^äre,  daß  auch  zu  ihnen  solche  Gase  gelangen  können.  Diese  Auf- 
gabe, die  Gase  im  Innern  der  Gewebe  zirkulieren  zu  lassen,  erfüllen  die  Inter- 
zellularräume. 

II.  Zellarten,  Gewebearten  und  Gewebesysteme. 

Nur  bei  den  niederen  mehrzelligen  Pflanzen  besteht  das  Zellgewebe  des 
Körpers  aus  lauter  ziemlich  gleichartigen  kugelförmigen,  polyedri sehen  oder 
zyhndrischen  Zellen  (vgl.  z.  B.  Fig.  84),  die  sämthch  in  fast  gleicher  Weise 
allen  Lebensfunktiontn  dienen.  Man  kann  diese  Gewebe  Parenchym  nennen. 
In  dem  Maße,  wie  mit  fortschreitender  äußerer  Organisation  und  mit  Zu- 
nahme der  Größe  des  Organismus  die  Arbeitsteilung  zwischen  den  Proto- 
plasten zunimmt,  erhalten  Zellen  einzeln  oder  gruppenweise  verschiedene 
Form,  verschiedenen  Bau  und  besondere  Aufgaben.  So  entsteht  namenthch 
bei  den  höheren  Pflanzen  eine  Sonderung  der  gleichartigen  Zellen  in  eine 
Anzahl  verschieden  gebauter  Zell  arten,  zwischen  denen  es  aber  immer 
Übergänge  gibt.  Untersucht  man  vergleichend  die  verschiedensten  Organe 
einer  Pflanze  und  aller  höher  organisierten  Pflanzen  miteinander,  so  findet 
man,  daß  die  Zahl  dieser  verschiedenen  Zellarten  klein  ist  und  daß  besti  mmte 
Zellformen  überall  wiederkehren. 

Meist  sind  gleichartige  Zellen  zu  Gruppen  verbunden.  Einen  solchen 
Verband  aus  lauter  gleichartigen  Zellen  nennt  man  eine  Gewebeart.  Die 
Gewebearten  unterscheiden  sich  durch  die  Formen,  den  Inhalt  und  den  Mem- 
branbau der  Zellelemente,  aus  denen  sie  bestehen;  eine  jede  Gewebeart  hat  ihre 
besonderen  Aufgaben,  die  in  einer  Hauptfunktion  oder  in  mehreren  Funk- 
tionen bestehen  können.  Je  höher  die  Pflanze  organisiert  ist,  um  so  mehr 
Gewebearten  setzen  ihren  Körper  zusammen.  Doch  ist  entsprechend  den 
Zellarten  auch  die  Zahl  der  Gewebearten  klein,  da  sie  in  gleicher  Weise  bei  den 
verschiedensten  Gewächsen  immer  wieder  auftreten.  Nicht  selten  kommt  es 
vor,  daß  in  ein  Gewebe  aus  sonst  gleichartigen  Zellen  einzelne  Zellen  (wohl  auch 
Idioblasten  genannt)  oder  Zellgruppen  mit  ganz  abweichendem  Bau  und  In- 
halt eingeschaltet  sind,  die  also  einer  anderen  Zellart  angehören. 

Bei  den  höheren  Pflanzen  bilden  ferner  einzelne  Gewebearten  größere 
Gewebemassen,  die  auf  weite  Strecken  oder  durch  den  ganzen 
Pflanzenkörper  in  ununterbrochenem  Zusammenhange  stehen. 
Man  nennt  solche  Verbände,  die  oft  auch  aus  verschiedenartigen  Gewebe- 
arten zusammengesetzt  sind,  morphologische  Gewebesysteme.  Auch 
derartige  zusammengesetzte  Gewebeverbände  können  durch  ihre  Baueigen- 
tümlichkeiten sehr   auffallen  und  bestimmte    Hauptfunktionen   haben;   und 


Morphologie.  39 

zwar  pflegen  die  verschiedenen  Gewebearten  einander  in  ihren  Funktionen 
zu  ergänzen  oder  zu  unterstützen. 

Zu  einem  physiologischen  Gewebesysteme  endlich  faßt  man  alle  Zellen  zu- 
sammen, die  in  ihren  Hauptfunktionen  übereinstimmen,  gleichgültig  ob  und  wie  sie 
morphologisch  verbunden  und  woraus  sie  ontogenetisch  entstanden  sind.  Solche  Systeme 
sind  also  etwas  ganz  anderes  als  die  morphologischen  Gewebesysteme. 

Wir  können  sämtHche  Gewebearten  der  höher  organisierten  Pflanzen 
in  zw^ei  Hauptgruppen  teilen,  nänilich  1.  in  die  embryonalen  oder  Bildungs- 
gewebe und  2.  in  die  fertigen  oder  Dauergewebe. 

A.  Die  Bildungsgewebe. 

Sie  werden  auch  Meristeme  genannt.  Sie  bestehen  aus  verhältnis- 
mäßig kleinen,  nach  allen  Richtungen  ungefähr  gleich  großen,  also  iso dia- 
metrischen, würfelförmigen  oder  aus  prismatischen,  plattenförmigen  oder 
langgestreckten,  embryonalen  Zellen  mit  dünnen  Zellmembranen,  reich- 
hchem  Plasma,  großen  Zellkernen  und  wenigen  kleinen  Vakuolen  (vgl.  Fig.  2). 
Bezeichnend  für  sie  sind  meist  die  zahlreichen  Zellteilungen,  die  man  in  ihnen, 
wenigstens  so  lange  sie  tätig  sind,  findet.  Diese  Bildungsgewebe,  aus  denen  die 
Dauergewebe  hervorgehen,  zerfallen  nach  den  Orten  ihres  Vorkommens  und 
der  Art  ihrer  Entstehung  in  Urmeristeme  und  sekundäre  Meristeme. 

1.  Urmeristeme.  Sie  entstehen  durch  die  Teilung  der  Keimzelle  und 
setzen  zunächst  den  Embryo  allein  zusammen.  Später  sind  sie  hauptsächÜch 
an  den  Spitzen  der  Zweige  und  Wurzeln,  an  den  Vegetati ons punkten  dieser 
Organe  (Fig.  102,  154)  vorhanden.  Hier  findet  alsdann  die  Vermehrung  der 
embryonalen  Zellen  und  die  Anlage  vieler  Seitenorgane  statt  (apikales  oder 
Spitzenwachstum). 

Eine  oder  einige  dieser  Meristemzellen  an  der  äußersten  Spitze  des 
Vegetationspunktes  bleiben  dauernd  embryonal  und  vermehren  durch  Wachs- 
tum und  darauffolgende  Zellteilungen  fortgesetzt  die  Zellen  des  Meristems, 
während  die  embryonalen  Zellen,  die  durch  diese  Teilungen  entstanden  sind, 
sich  meist  nach  weiteren  Teilungen  allmähhch  in  Dauerzellen  umwandeln. 
Ist  eine  solche  Spitzenzelle  vorhanden  (Fig.  100,  101,  153),  die  alsdann  meist 
durch  Form  und  besondere  Größe  von  den  übrigen  Meristemzellen  abweicht, 
so  spricht  man  von  einer  Scheitelzelle,  sind  mehrere  in  einer  oder  mehreren 
Scliichten  (Fig.  102,  154)  vorhanden,  von  Initialzellen.  Diese  sind  meist 
von  den  übrigen  Meristemzellen  der  Form  nach  nicht  zu  unterscheiden;  bei 
manchen  Pflanzen  ähneln  sie  jedoch  mehr  oder  weniger  den  Scheitelzellen. 

Dicht  hinter  dem  Vegetationspunkte  beginnen  die  annähernd  gleich- 
artigen, lückenlos  verbundenen  Urmeristemzellen  verschieden  zu  wachsen 
und  sich  in  Stränge  und  Schichten  verschiedenartig  gestalteter  Bildungs- 
zellen zu  sondern,  die  aber  sonst  zunächst  die  Eigenschaften  der  embryo- 
nalen Zellen  noch  behalten  (Fig.  100,  102,  154).  Schon  hier  treten  Inter- 
zellularen auf.  Erst  in  größerer  Entfernung  vom  Vegetationspunkte  bilden 
sich  allmähhch  die  Merkmale  der  verschiedenen  Dauergewebe  aus,  basal- 
wärts  fortschreitend  in  immer  stärkerem  Maße,  bis  der  fertige  Zustand  schließ- 
hch  erreicht  ist.  Bei  cUeser  Gewebedifferenzierung  kommt  es  sehr  häufig 
vor,  daß  Gruppen,  Stränge  oder  Schichten  von  Zellen  ihre  meristematische 
Beschaffenheit  beibehalten  und  zu  Ausgangspunkten  für  weitere  Neubildungen 
von  embryonalen  und  fertigen  Geweben  werden.  In  vielen  Fällen  stellen  sie 
vorübergehend  eine  Zeitlang  ihre  Teilungstätigkeit  ein. 

Bei  vielen  Monokotylen  bleiben  die  basalen  Abschnitte  der  Stengel- 
gheder  lange  Zeit  meristematisch  und  dienen  außer  dem  Meristem  der  Vege- 
tationspunkte   als    Bildungsherde    für    Dauergewebe,    aber   nicht    ^^^e    dieses 


40  Fitting: 

Meristem  auch  zur  Bildung  von  Seitenorganen.  Dadurch  kommt  das  inter- 
kalare  Wachstum  dieser  Sprosse  und  vieler  anderer  Pflanzenteile  zustande. 

2.  Sekundäre  Meristeme  sind  Meristeme,  die  aus  untätig  gewordenen 
Resten  von  Urmeristemen  durch  neue  Teilungen  ihrer  Zellen  oder  als  Neu- 
bildungen aus  Dauerzellen  entstehen,  letzteres  dadurch,  daß  diese  Dauer- 
zellen einen  Funktions Wechsel  durchmachen  und  durch  neue  Zellteilungen 
sich  in  embryonale  Zellen  zurückverwandeln  (Folgemeristeme).  Ihre  Ele- 
mente gleichen  denen  der  Urmeristeme,  haben  aber  in  der  Regel  die  Gestalt 
langgestreckter  oder  plattenförmiger  Prismen  (Fig.  167j.  Solche  sekundären 
Meristeme  geben  den  Anlaß  zur  Korkbildung  und  zum  sekundären  Dicken- 
wachstum der  Baumstämme  und  heißen  Kambien.  Diese  Kambien  sind 
mehr  oder  weniger  dünne  Meristemschichten  (Fig.  165,  166),  die  als  mantel- 
förmige  Hohlzyhnder  parallel  zur  Organoberfläche  im  übrigen  Gewebe  ver- 
laufen. In  den  Kambien  pflegt  eine  mittlere  Schicht  von  Meristemzellen, 
die  Initialzellen,  durch  fortgesetzte  tangentiale,  also  gleichgerichtete 
Teilungen  nach  außen  oder  innen  oder  nach  beiden  Seiten  in  radialer  Rich- 
tung Tochterzellen  (Gewebemutterzellen)  abzugeben,  die  sich  ihrerseits, 
manchmal  erst  nach  weiteren  Teilungen,  zu  Dauerzellen  umbilden. 

Die  in  Meristemen  bei  den  Zellteilungen  entstehenden  neuen  Zellwände  sind  sehr 
häufig  ebenflächig  und  werden  in  der  Regel,  doch  nicht  immer,  senkrecht  zu  den  schon 
vorhandenen  älteren  Zellwänden  gestellt  (Regel  der  rechtwinkligen  Schneidung), 
wobei  die  Richtungen:  mehr  oder  weniger  parallel  zur  Organoberfläche  (perikline  Zell- 
wände) und  senkrecht  dazu  (antikline  Wände)  bevorzugt  werden. 

B.  Die  Dauergewebe. 

Die  Dauergewebszellen  unterscheiden  sich  von  den  embryonalen  Zellen 
dadurch,  daß  in  ihnen  im  allgemeinen  keine  Zellteilungen  mehr  stattfinden, 
daß  sie  meist  viel  größer,  verhältnismäßig  plasmaarm  und  reich  an  großen 
Vakuolen  oder  gar  tot  sind,  und  daß  ihre  Zellhäute  verschiedenartig  ver- 
dickt und  oft  chemisch  verändert  sind.  Meist  wird  das  Dauergewebe  von 
Interzellularen  durchzogen.  Es  besteht  gewöhnhch  aus  verschiedenen  Zell- 
und  Gewebearten,  die  auch  ganz  verschiedenen  Funktionen  dienen. 

Das  Dauergewebe  geht  dadurch  aus  den  embryonalen  Zellen  hervor, 
daß  letztere  sich  strecken,  stellenweise  auseinander  weichen,  ihre  Zellwände 
verdicken  und  chemisch  verändern,  ihren  ZelHnhalt  eigenartig  weiter  aus- 
gestalten, oft  auch  einbüßen,  und  unter  Umständen  miteinander  durch  Auf- 
lösung der  trennenden  Wände  verschmelzen.  Das  Streckungswachstum  voll- 
ziehen die  embryonalen  Zellen  oft  ganz  unabhängig  voneinander  (Fig.  172), 
so  daß  einzelne,  die  sich  besonders  stark  strecken,  sich  mit  ihren  Enden  oder 
ihren  Kanten  zwischen  andere  und  aneinander  vorbeischieben  (gleitendes 
Wachstum)  (46). 

Man  kann  die  Dauergewebe  in  verschiedener  Weise  einteilen,  einmal 
nach  ihrer  Herkunft.  Primäre  Dauergewebe  sind  solche,  die  aus  den  Ur- 
meristemen hervorgehen;  die  sekundären  sind  solche,  die  den  sekundären 
Meristemen  ihre  Entstehung  verdanken. 

Eine  morphologisch  brauchbarere  Einteilung  der  Dauergewebe  gewinnen 
wir,  wenn  wir  sämtliche  Verschiedenheiten  der  Dauerzellen,  der 
Zellarten,  in  Betracht  ziehen,  die  sie  zusammensetzen. 

Früher  berücksichtigte  man  dabei  hauptsächlich  die  Dimensionen  der  Zellen 
und  unterschied  Parenchyme  und  Prosenchyme.  Parenchym  nannte  man  ein  Zell- 
gewebe, dessen  Zellen  isodiametrisch  sind  oder,  falls  sie  in  einer  Richtung  gestreckt  sind, 
mit  queren  Wänden  aneinander  grenzen;  als  Prosenchyme  dagegen  bezeichnete  man  solche 
Dauergewebe,  die  aus  gestreckten,  beiderseits  zugespitzten,  also  spindelförmigen  oder  faser- 
förmigen   und   mit  ihren  zugespitzten  Enden   fest  zwischeneinander  greifenden  Elementen 


Morphologie.  41 

bestehen.  Diese  beiden  Gruppen  genügen  aber  nicht,  um  eine  Übersicht  über  die  Mannig- 
faltigkeit der  Gewebearten  zu  ermöglichen.  Ja  selbst  ihre  Begriffsbestimmungen  sind  veraltet. 

Untersucht  man  vergleichend  die  höheren  Gewächse,  so  findet  man 
zunächst  Gewebe,  die,  wie  die  Gewebe  der  niedersten  vielzelligen  Pflanzen, 
aus  lebenden,  nährstoff  haltigen  Zellen  mit  meist  ziemhch  dünnen  Zellulose - 
wänden  bestehen  und  vielseitige  Funktionen  haben;  wir  wollen  sie  auch  als 
Parenchyme  bezeichnen.  Daneben  finden  wir  aber  Gewebe,  die  sich  durch 
ihre  Baueigentümlichkeiten  scharf  von  den  Parenchymen  unterscheiden  und 
besonderen  Funktionen  dienen.  Die  auffälligsten  Gewebe  sind  nach  ihren 
Hauptfunktionen  die  Abschlußgewebe,  die  mechanischen  oder  Festi- 
gungsgewebe und  die  Leitgewebe.  Als  besondere  Gewebe  kann  man 
weiter  noch  die  Sekretgewebe  und  die  Drüsengewebe  betrachten.  Die 
Parenchyme  bilden  das  parenchymatische  System,  das  primäre  Abschluß- 
gewebe das  Hautgewebesystem,  die  Festigungsgewebe  das  mechanische 
und  die  Leitgewebe  das  Leitbündelgewebesystem. 

Nicht  selten  begnügt  man  sich  auch  mit  der  Einteilung  aller  Dauergewebe  in  Haut-, 
Leitbündel-  und  Grundgewebesystem. 

1.  Parenchym,  Parenchymsystem.  Bezeichnend  für  diese  Gewebeart,  die 
zu  den  phylogenetisch  ältesten  Geweben  (vgl.  S.  38)  gehört,  ist  die  Paren- 
chymzelle.  Sie  kann  isodiametrisch  oder  gestreckt  sein,  hat  verschiedenen 
Umriß  und  wird  (vgl.  Fig.  3  B,  Fig.  40,  41)  durch  die  folgenden  Merkmale 
gekennzeichnet:  Die  wenig  verdickte  Zellmembran  bereitet  dem  Stoff  aus- 
tausche keine  Schwierigkeiten;  sie  besteht  in  der  Regel  aus  Kohlehydrat- 
lamellen, Sie  besitzt  außerdem  einfache  runde  oder  elliptische  Tüpfel, 
die  den  Stoffverkehr  zwischen  den  Zellen  noch  mehr  erleichtern.  Lebendes 
Protoplasma  ist  meist  vorhanden;  es  umscliließt  große  Vakuolen,  die  in  Menge 
Nährstoffe  enthalten  können.  Die  Chromatophoren,  die  meist  als  Leuko- 
oder  Chloroplasten  ausgebildet  sind,  enthalten  oft  mehr  oder  weniger  Stärke. 
Das  Parenchym  ist  zur  Durchlüftung  meist  von  Interzellularen  durchzogen. 
Es  kann  ebensogut  sekundäres  wie  primäres  Dauergewebe  sein.  Die  Parenchym- 
zelle  dient,  wie  schon  erwähnt,  noch  vielerlei  Funktionen.  In  ihr  spielen  sich 
die  wichtigsten  Lebensvorgänge  der  ausgewachsenen  Pflanze  ab:  die  Nähr- 
stoffbereitung, -leitung  und  -speicherung,  die  Atmung  und  die  Wasserspeiche- 
rung;  außerdem  dient  sie,  infolge  ihrer  prallen  Füllung  mit  Zellsaft  der 
allgemeinen  Festigung  des  Pflanzenkörpers.  Entsprechend  der  Vielseitigkeit 
der  Leistungen  ergeben  sich  kleine  Bau  Verschiedenheiten  zwischen  den  Paren- 
chymzellen,  je  nach  der  Funktion,  der  sie  hauptsächlich  dienen.  Sind  die 
Zellen  reich  an  Chloroplasten,  so  nennt  man  das  Parenchym  Assimilations- 
parenchym  (Fig.  8),  entsprechend  seiner  wichtigsten  Aufgabe:  aus  Kohlen- 
säure organische  Substanz  zu  bilden.  In  dieser  Weise  ist  das  Parenchym  viel- 
fach in  oberirdischen  Pflanzenteilen  ausgebildet,  soweit  das  Licht  in  sie  ein- 
zudringen vermag.  Weiter  im  Innern  liegen  farblose  Parenchyme.  Sind  sie 
besonders  reich  an  organischen  Inhaltsstoffen,  wie  Zucker,  Stärke,  fetten  Ölen 
und  Eiweißstoffen,  oder  in  den  alsdann  stark  verdickten  Zellmembranen  an 
Hemizellulosen  (Fig.  39),  lauter  Stoffen,  die  aufgespeichert  sind,  um  später 
wieder  in  den  Stoff kreislauf  gezogen  zu  werden,  so  spricht  man  von  Speicher- 
gewebe  (Fig.  23^,  24).  Parenchym,  das  der  Wasserspeicherung  dient,  be- 
zeichnet man  als  parenchymatischcs  Wassergewebe;  es  besteht  gewöhn- 
hch  aus  besonders  großen,  plasmaarmen,  aber  sehr  zellsaftreichen,  häufig  mit 
dünnem  Schleime  gefüllten,  dünnwandigen  Zellen,  die  sich  bei  Wasserabgabe 
stark  verkleinern.  Die  Leitung  organischer  Nährstoffe,  namenthch  der  Kohle- 
hydi-ate,  findet  in  Parenchymzellen  statt,  die  zur  Erleichterung  des  Stofftrans- 
portes  meist  in   der   Hauptleitungsrichtung  langgestreckt   sind,   dem   Leit- 


42  Fitting: 

parenchym,  das  oft  in  mantelförmigen  lückenlosen  Scheiden  um  andere 
Gewebemassen  auftritt.  Parenchym,  das  von  besonders  großen  Interzellularen 
zur  starken  Durchlüftung  oder  Luftspeicherung  durchzogen  ist,  heißt  Aeren- 
c  h  y  m  (Durchlüftungsgewebe). 

2.  Abschlußgewebe.  In  vielzelligen  Gewebekörpern  besteht,  namentUch 
bei  Landpflanzen,  die  Notwendigkeit,  den  ganzen  Körper  oder  einzelne  Ge- 
w^ebe  gegen  schädliche  Wasserverluste,  gegen  mechanische  Verletzungen, 
gegen  zu  hohe  Erwärmung  (*')  und  oft  auch  gegen  Verluste  von  diffusiblen 
Nährstoffen  zu  schützen.  Diese  Aufgabe  haben  Zellen,  die  meist  in  Schichten 
(Scheiden)  angeordnet  sind,  durch  besondere  Baueigentümlichkeiten  er- 
halten. Dadurch  ist  eine  Reihe  weiterer  Gewebearten  entstanden,  deren  Haupt- 
elemente die  Epidermiszellen  und  die  verkorkten  Zellen  sind.  Die  Epi- 
dermiszellen  bilden  die  Epidermis  und  zusammen  mit  anderen  Zellarten 
das  Hautgewebesystem. 

a)  Hautgewebesystem.  1.  Epidermis.  Die  Epidermis  oder  Ober- 
haut geht  stets  aus  oberflächlich  gelegenen  Urmeristemschichten  (dem  Derma- 
togen,  vgl.  S.  74)  hervor,  ist  also  ein  primäres  Dauergew^ebe.  Sie  scUießt  als 
eine  schlitzende   Hülle  den  Pflanzenkörper  nach  außen  ab,  vermittelt  aber 

zugleich  den  Stoffaustausch  mit  der  Außen- 
welt. In  typischer  Ausbildung  ist  sie  fast 
immer  einschichtig  (Fig.  455)  und  besteht  aus 
lückenlos  zu  einer  abziehbaren  Haut 
miteinander  verbundenen,  in  Flächen- 
ansicht tafelförmigen  oder  auch  langgestreckten 
lebenden  Zellen,  deren  seitliche  Umrisse  meist 
wellig  (Fig.  43)  oder  zackig  sind,  was  die 
Festigkeit  ihres  seitHchen  Verbandes  erhöht. 
Im  Querschnitt  sind  die  Zellen  tafel-,  linsen- 
Fig.  43.  Flächenansicht  der  Epi-  oder  pflastersteinförmig.  Die  Protoplasten  der 
dermis  auf  der  Blattoberseite  von      oberhautzellen    sind    gewöhiüich    auf    dünne 

Mercurialis  perennis.    Vergr.  30Ö.       -„r       n    i-       i        i    ••    i  ?  -i  o       o   Px  •• 

Nach  H.  ScHENCK.  Wandbelage  beschrankt,  ihre  großen  Saitraume 

meist  mit  farblosem,  manchmal  aber  auch  ge- 
färbtem Zellsafte  gefüllt.  Die  Epidermis  am  Lichte  wachsender  Teile  der 
meisten  Farne,  doch  auch  einer  großen  Zahl  von  Schatten  hebenden  Phanero- 
gamen,  ist  mit  Chlorophyllkörnern  ausgestattet  und  alsdann  auch  an  der 
Assimilationsarbeit  der  Pflanze  beteihgt.  Bei  fortgeschrittenerer  Arbeits- 
teilung unterbleibt  aber  auch  an  oberirdischen  Organen  die  Ausbildung  der 
Chlorophyllkörner  in  der  Epidermis. 

Alle  für  längere  Lebensdauer  eingerichteten,  oberirdischen  Pflanzenteile 
haben,  im  Gegensatz  zu  den  vergänghchen  Blumenblättern,  verdickte  Epi- 
dermis außen  wände.  Die^e  Verdickung  kommt  durch  Anlagerung  von 
Zelluloseschichten  zustande,  von  denen  namenthch  die  äußeren  hierauf  meist, 
doch  nicht  immer,  mehr  oder-weniger  stark  kutinisieren  (Fig.  188).  Die  Kutini- 
sierung  kann  sich  auch  auf  die  mittleren  Lamellen  der  Seitenwände  erstrecken. 
An  den  unter  Wasser  lebenden  und  unterirdischen  Pflanzenteilen,  vor  allem 
also  den  Wurzeln,  bei  denen  die  Oberhaut  oft  besondere  Funktionen,  z.  B.  die 
Absorption  von  Wasser  und  Salzen  hat,  sind  die  Außenwände  dagegen  dünn 
und  nicht  kutinisiert. 

Die  Außenwände  der  Epidermen,  mögen  sie  verdickt  oder  unverdickt 
sein,  sind  außerdem,  abgesehen  von  den  Wurzeln,  auf  ihrer  Außenseite  von 
einem  zarten  Kutinhäutchen,  der  Kutikula,  bedeckt,  das  ununterbrochen 
über  sie  fortläuft  und  auf  den  primären  Außenwänden  der  Epidermiszellen 
entsteht.     Häufig  i:st  die  Kutikula  ohne  Rücksicht  auf  die  Zellgrenzen  etwas 


Morphologie. 


43 


gefältelt;  sie  sieht  alsdann  in  Flächenansicht  gestreift  aus.  Die  Kutikula 
und  die  kutinisicrten  Schichten  sind  infolge  ihres  Gehaltes  an  Kutinen  für 
Wasser  und  Gase  schwer  durchlässig^md  zwar  um  so  schwerer,  je  dicker 
sie  sind;  sie  verhindern  in  wirksamster  Weise  schädliche  W^asserverluste  des 
Gewebekörpers  durch  Verdunstung.  Die  Verdickung  erhöht  zugleich  die 
mechanische  Festigkeit  der  Oberhautzellen.  Den  Wurzeln  wird  durch  den 
Mangel  der  Kutikula  die  Aufnahme  des  Bodenwassers  und  der  Bodensalze 
erleichtert. 

In  die  Kutikula  und  in  die  kutinisierten  Membranschichten  ist  oft 
noch  Wachs  eingelagert,  das  sie  noch  weniger  durchlässig  für  Wasser  macht. 
Von  solchen  Epidermen  füeßt 


_.<?ldn^ 


^„^V|jj\^l\ 


illMiililllililli'illililillipiiiiil 
1 


Fig.  44.     Querschnitt  durch  einen  Stengelknoten  des 
Zuckerrohrs     mit     stäbchenförmigen    Wachsausschei- 
dungen.    Vergr.  540.     Nach  Strasbukgek. 

leich  den  Suherinen  und  Kutinen  aus  Fettsäureestern 
freie  höhere  Fettsäuren   und  Fettsäureester   anderer  Alkohole 


das  Regen  Wasser  ab,  ohne 
sie  zu  benetzen.  Tritt  das 
Wachs  aus  der  Kutikula 
nach  außen  hervor,  so  ent- 
stehen Wachsüberzüge, 
die  an  Früchten,  so  beson- 
ders auffäUig  an  Pflaumen, 
Weinbeeren  und  anderen  Or- 
ganen einen  hellgrauen,  ab- 
wischbaren Reif  bilden.  Sie 
können  paus  Körnchen  (so 
z.  B.  bei  den  Pflaumen  und 
Weinbeeren),  kürzeren  oder 
längeren  Stäbchen  (Fig.  44) 
oder  Krusten  bestehen  und 
lösen  sich  in  Äther  oder  in 
heißem  Alkohol. 

Das  Pflanzenwachs   besteht 
des  Glyzerins,   denen   aber 
beigemischt  sind. 

Vielfach  schützt  die  Epidermis  das  umschlossene  Gewebe  nicht  nur  gegen  schäd- 
liche Wasserverluste  durch  Erschwerung  der  Wasserdampfabgabe,  sondern  auch  dadurch, 
daß  sie  ein  Wasserbehälter  ist:  Die  meist  unverdickten  Seitenwände  legen  sich  bei 
Abgabe  des  Wassers,  das  im  Zellraume  gespeichert  ist,  in  Falten,  um  sich  wie  in  einem 
Blasebalge  bei  neuer  Füllung  der  Zellen  wieder  zu  strecken.  Solche  Epidermen  sind 
manchmal  auch  mehrschichtig. 

Die  Widerstandsfähigkeit  der  Epidermisaußenwände  wird  in  bestimmten  Fällen 
durch  Einlagerung  von  Kalk  oder  Kieselsäure  erhöht.  Bei  den  Schachtelhalmen  (Equi- 
seten)  ist  die  Verkieselung  so  stark,  daß  man  sie  zum  Polieren  von  Zinngefäßen  nutzbar 
machen  kann.     Die  Fruchtschale  der  Graminee  Coix  Lacryma  ritzt  sogar  Opal. 

Eine  besondere  Mannigfaltigkeit  in  der  Art  der  Verdickung  und  in  dem  Verhalten 
der  Verdickungsschichten  findet  man  an  den  Epidermiszellen  der  Früchte  und  häufiger 
noch  der  Samen.  Die  Epidermen  besorgen  hier  nicht  allein  den  Abschluß  der  inneren 
Teile,  sondern  fördern  vielfach  auch  die  Verbreitung  und  Befestigung  der  Früchte  und 
Samen,  oder  sie  bilden  druckfeste  Samenschalen. 

2.  Spaltöffnungsapparate(**^).  Bei  den  höher  organisierten  Ge- 
wächsen sind  sehr  bezeichnend  für  die  Epidermen  der  meisten  oberirdischen, 
namentlich  grünen  Teile,  die  in  der  Luft  und  nicht  in  W^asser  wachsen,  Paare 
gekrümmter,  halbmondförmiger  Zellen,  die  eine  Lücke,  einen  Spalt  (Porus), 
zwischen  sich  lassen.  Sie  heißen  Schließzellen  und  samt  den  Spalten  Spalt- 
öffnungen (Stomata)  oder  Spaltöffnungsapparate  (Fig.  45/1,  46). 
Die  größten  Spaltöffnungsapparate  hat  man  bei  den  Gräsern  beobachtet, 
so  beim  Weizen  von  0,079  mm  Länge  und  0,039  mm  Breite  mit  einer  0,038  mm 


44 


Fitting: 


Fig.  45.    Epidermis  der  Blattiinterseite  von  Tradescantia 
virginica.    A  In  Flächenansicht  von  außen,  B  im  Quer- 
schnitt.   Vergr.  240.    Nach  Strasburger. 


langen  und  0,007  mm  breiten  Spalte.    In  der  Epidermis  der  Wurzeln  kommen 
dagegen  solche  Spaltöffnungen  niemals  vor. 

Der  Spalt  unterbricht  die  lückenlose  Schicht  der  Epiderniiszellen;  er 
ist  ein  mit  Luft  gefüllter  Interzellulargang,  der  unter  der  Oberhaut  in  einen 
großen  Interzellularraum  (Fig.  ¥öB)  mündet,  den  man  Atemhöhle  genannt 
hat,  obwohl  er  mit  Atmung  nichts  zu  tun  hat.  Dieser  Raum  steht  mit  den 
Interzellularen  des  Parenchyms  in  Verbindung.  Die  Spalten  sind  für  die  Pflan- 
zen von  größter  Bedeutung;  denn  sie  setzen  das  Interzellularsystem,  das  der 

Durchlüftung  der  Gewebe 
dient,  in  Verbindung  mit 
der  Außenluft.  Solche  Ver- 
bindungen sind  aber  wegen 
des  lückenlosen  Verbandes 
der  Epiderniiszellen,  wenn 
diese  infolge  der  Ausbildung 
einer  Kutikula  für  Gase 
schwer  durchlässig  sind, 
unbedingt  nötig,  damit  die 
Interzellularenluft  genügend 
schnell  erneuert,  in  den 
grünen  Pflanzenteilen  na- 
mentlich die  verbrauchte 
Kohlensäure  ersetzt  werden 
kann.  Dagegen  vermag  der  in  der  Luft  reichlich  vorhandene  Sauerstoff  auch 
durch  die  Epidermiszellen,  selbst  wenn  sie  von  einer  Kutikula  überzogen  sind, 
meist  in  lünreichender  Menge  in  die  Pflanzenteile  einzudringen. 

Die  Schließ  Zellen  enthalten  stets  Clilorophyll  und  zeichnen  sich,  ab- 
gesehen von  ihrer  Form,  durch  ihre  Wandverdickungen  aus,  die  an  Quer- 
schnitten (Fig.  45  B,  47  B)  kennthch  werden.  Diese  Verdickungen  bestehen 
meist  aus  je  einer  oberen  und  unteren  Verdickungsleiste  an  der   Spaltseite 

(der  Bauchseite)  der  Schließzellen, 
während  die  Wand  dort  in  halber 
Höhe  ebenso  wie  die  ganze  Rücken- 
wand dünn  bleibt  (Fig.  45 Z?).  Die 
Verdickungen  haben  zu  den  Gestalts- 
änderungen, zu  denen  die  Schließ- 
zellen befähigt  sind,  Beziehung.  Die 
Schheßzellen  haben  nämhch  die  Auf- 
gabe, durch  solche  Gestalts  Verände- 
rungen die  Spaltenweite  zu  ver- 
ändern: durch  Verringerung  ihrer 
Krümmung  den  Spalt  z.  B.  etwa  zu 
Zeiten  allzu  großen  Wasserverlustes 
zu  schUeßen,  durch  Zunahme  ihres 
Volumens  und  Verstärkung  ihrer 
Krümmung  ihn  zu  anderen  Zeiten 
Sie  sind  Regulatoren  des  Gasaustausches  und  der  Tran- 


Fig.  46.     Epidermis   mit  Spaltöffnungen   auf 

der    Blattunterseite     von    Helleborus    niger. 

Vergr.  120.    Nach  Strasburger. 


weit   zu    öffnen, 
spiration. 

Wie  unser  Querschnitt  in  Fig.  45 ^  lehrt,  springen  die  Verdickungsleisten  der 
Schließzellen  über  und  unter  der  Spalte  vor.  So  erweitert  sich  die  Spaltöffnung  meist 
oberhalb  der  Zentralspalte  zum  sog.  Vorhofe,  unter  ihr  zum  Hinterhofe.  An 
den  Einfügungsstellen  der  Schließzellen  verdünnt  sich  die  verdickte  Außenhaut  der  an- 
grenzenden   Epidermiszellen    oft    plötzlich,    wodurch    gewissermaßen    Scharniere,    Haut- 


Morphologie. 


45 


gelenke,  entstehen,  die  den  Schließzellen  die  Gestaltsveränderungen  erleichtern  (vgl. 
Fig.  AI  B).  Häufig  werden  die  Schließzellen,  wie  in  Fig.  AbA  zu  sehen  ist,  von  be- 
sonderen, schwächer  verdickten  oder  weniger  hohen  Epidermiszellen  umgeben,  den  Neben- 
zellen der  Spaltöffnungsapparate. 

Der  Bau  der  Schließzellen  und  in  Abhängigkeit  davon  auch  die  Mechanik  ihrer 
Öffnungs-  und  Schließbewegungen  ist  übrigens  verschieden.  Zwei  Hauptarten  der  Spalt- 
öffnungsapparate  lassen  sich  dementsprechend  unterscheiden,  die  aber  durch  Übergänge 
miteinander  verbunden  sind:  beim  ersten  Tj-pus  ändern  die  Schließzellen  ihre  Form  haupt- 
sächlich parallel  zur  Epidermisoberf lache,  beim  zweiten  dagegen  senkrecht  zur  Epi- 
dermis.   Typus  I.    Je  nach  dem  Bau  der 


Schließzellen  kann  die  Spalte  wieder  in 
verschiedener  Weise  geöffnet  werden, 
a)  Amaryllideentypus  (Fig.  47,  bei  den 
meisten  Mono-  und  Dikotylen  ausgebildet). 
Die  Riickenwandjeder  Schließzelle  (Fig.  47^) 
ist  unverdickt,  die  Bauchwand  dagegen  ver- 
dickt, und  zwar  meist  durch  eine  obere 
und  untere  Verdickungsleiste.  Nimmt  der 
Turgor  der  Zelle  zu,  so  wird  die  dünne 
Rückenwand  stärker  gedehnt  als  die  ver- 
dickte Bauchwand,  und  die  Zelle,  die  im 
wenig  gedehnten  Zustand  kaum  gekrümmt 
war,  wird  in  tangentialer  Richtung  halb- 
mondförmig gekrümmt,  b)  Gramineentypus 
(Fig.  48,  bei  den  Gramineen  und  Gypera- 
ceen).  Die  Schließzelle  hat  hanteiförmige 
Gestalt.  Die  erweiterten  Enden  sind  dünn- 
wandig, das  schmalere  mittlere  Verbin- 
dungsstück dagegen  hat  sehr  stark  ver- 
dickte Außen-  und  Innenwände  (Fig.  48^). 
Bei  der  Turgorzunahme  der  Zelle  werden 
die  eiförmigen  dünnwandigen  Enden  ge- 
dehnt und  dadurch  die  starren  Mittel- 
stücke der  Schließzellen  in  tangentialer 
Richtung  voneinander  entfernt.  Typus  IL 
Mniumtypus  (Fig.  49,  bei  manchen  Moosen 
und  Farnen).  Die  Bauchwände  der  Schließ- 
zellen sind  dünn,  dagegen  die  Rücken- 
wände verdickt.  Außen-  und  Innenwände 
entweder  verdickt  oder  unverdickt.  Nimmt 
der  Turgor  in  der  Zelle  zu,  so  entfernen 
sich  die  Außen-  und  Innenwände  vonein- 
ander, wobei  die  Krümmung  der  dünnen 
Bauchwand  abnimmt  und  die  Spalte  sich 
erweitert,  während  die  Rückenwand  ihre 
Lage  nicht  ändert.  Einen  Übergang  zwischen 
Typus  I  und  II  stellen  z.  B.  die  Spalt- 
öffnungsapparate von  Helleborus  dar  (vgl. 
Fig.  238);  hier  werden  die  Schließzellen 
durch  Dehnung  der  dünnen  Rückenwände 

stärker  halbmondförmig  gekrümmt  und   zugleich   die   verdickten  Außen-  und  Innenwände 
voneinander  entfernt. 

Die  Schließzellen  entstehen  durch  Teilung  junger  Epidermiszellen.  Im  einfachsten 
Falle  zerfällt  eine  solche  Zelle  dabei  in  eine  kleinere  inhaltsreichere  Zelle,  die  zur  Schließ- 
zellenmutterzelle  wird,  und  in  eine  größere  inhaltsarmere,  die  sich  zu  einer  gewöhnlichen 
Epiderraiszelle  oder  zu  einer  Nebenzelle  ausbildet.  Die  Mutterzelle  rundet  sich  ellipsoidisch 
ab  und  teilt  sich  durch  eine  Längswand  in  die  beiden  Schließzellen.  In  der  Längswand 
bildet  sich  hierauf  der  Spalt  als  schizogener  Interzellulargang  aus.  Bei  Spaltöffnungs- 
apparaten mit  Nebenzellen  folgen  mehrere  Zellteilungen  innerhalb  einer  jungen  Epidermis- 


Fig.  47  bis  49.  Typen  von  Spaltöffnungs- 
apparaten.  Die  starken  Linien  geben  die 
Formen  der  Schließzellen  bei  geöffneten 
Spalten,  die  dünnen  Linien  bei  geschlossenen 

Spalten  wieder. 
Fig.  47.     Amaryllideentypus,   A   in   Flächen- 
ansicht, ß  im  Querschnitt. 
Fig.    48.      Gramineentypus    mit    den    beiden 
Nebenzellen,     A    in    P'lächenansicht,    ß    im 
Querschnitt. 
Mniumtypus   im    Querschnitt,    nach 

Haberlandt. 
Im  übrigen  vgl.  den  Text. 


Fig. 


46 


Fitting: 


zelle  in  bestimmter  Weise  aufeinander,  bevor  die  Schließzellenmutterzelle  entsteht,  oder 
die  Nebenzellen  entstehen  durch  Teilungen  von  jungen  Epidermiszellen,  die  an  die  Spalt- 
öffnungen angrenzen. 

3.  Haare.  Der  Epidermis  fast  keiner  Pflanze  fehlen  Haare  (Tri- 
chome).  Die  Haare  sind  entweder  einzellige  Gebilde,  und  zwar  papillen- 
(Fig.  50),  schlauch-  (Fig.  51)  oder  pfriemförmige  (Fig.  52,  53,  56  hnks)  Aus- 
stülpungen der  Epidermiszellen.  Oder  sie  sind  mehrzellig,  nämhch  Zell- 
reihen,  gestielte  und  ungestielte  Zellflächen  (Schuppenhaare,  Fig.  55), 
die  die  Gestalt  von  Blättchen  haben  können,  wie  z.  F..  die  Spreuschuppen 
der  Farne,  oder  Zellkörper,  die  in  der  Epidermis 
befestigt  sind.  Auch  die  mehrzelligen  Trichome  gehen 
ausschiießhch  aus  jungen  Epidermiszellen,  und  zwar 
meist  je  aus  einer  solchen,  der  Initialzelle  des  Haares, 
durch  AVachstum  und  Teilung  hervor.  Die  einzelHgen 
und  mehrzelMgen  Haare  sind  ferner  unverzweigt  oder 
verzweigt  (Fig.  54,  Sternhaare);  sie  haben  dünne 
und  weiche  Membranen  oder  stark  verdickte,  häufig 
verkalkte  oder  verkieselte  Seitenwändo  und  stechende 

Spitzen  (Borsten- 
haare, Fig.  52 
rechts);  ihre  Proto- 
plasten   sind    ent- 
weder lebend, 
denen  der  Epider- 
miszellen   ähnhch, 
Fig.  50.     Oberhaut   vom    Blnmenblatte         oder    abgestor- 
des  Stiefmütterchens.     Die   Zellen   mit       heu    Abo-estorbene 
faltenartigen    Leisten    an    den    Seiten-       Haa"r7Pll?n    die  ein- 
wänden und  mit  vorspringenden  Papil-       f^aarzeiien,  CUe  (^m 
len.     Vergr.  250.     Nach   H.  Schenck.       folge  totaler  Licht- 


mizz^ 


Fig.  51.     Wurzelhaare  (B)  und  ihre  Entstehung  (A),    halb 
schematisch.      Wurzelepidermis     im    Längsschnitt.      Nach 

ROTHERT. 


Fig.  52.  Brennhaar  von 
Urtica  dioica,  nebst 
einem  Stück  Epidermis, 
auf  dieser  rechts  ein  klei- 
nes einzelliges  Borsten- 
haar. Vergr.  60.  Nach 
Strasburg ER. 


reflexion)  meist  weiß  aussehen,  sind  mit  Luft  gefüllt  oder  seitheh  zusammen- 
gedrückt (so  an  den  langen  einzelhgen  Haaren  der  Baumwollsamen,  Fig.  53, 
aus  denen  man  das  Baumwollgewebe  und  die  Watte  macht).  Stets  wird 
an  den  Haaren  der  in  der  Epidermis  steckende  Teil  als  Fußstück  von  dem 
herausragenden  Haarkörper  unterschieden.  Die  Epidermiszellen,  die  das 
Fußstück  umgeben,  sind  oft  ring-  oder  strahlenförmig  angeordnet;  man  nennt 
sie  Nebenzellen  des  Haares.  Sehr  eigenartig  gebaut  sind  die  borstenförmigen 
Brennhaare,  die  sich  bei  den  Brennesseln  (Fig.  52)  und  den  Loasaceen finden. 
Sie  gehen  aus  einer  Epidermiszelle  hervor,  die  während  der  Haarbildung  stark  an- 
schwillt und  von  benachbarten  Epidermiszellen  becherförmig  umwachsen  wird.    Durch  Zell- 


Morphologie. 


47 


Vermehrung  in  dem  Gewebe,  das  an  den  Haarfuß  angrenzt,  erhält  das  Haar  gleichzeitig 
einen  säulenförmigen  Stiel.  Die  Haarzelle  spitzt  sich  oben  zu  und  endet  mit  einem  kleinen, 
schräg  aufgesetzten  Köpfchen.  Unter  diesem  Köpfchen  bleibt  die  Haarwandung  unverdickt. 
Das  glasartig  spröde  Ende  des  Haares  ist  verkieselt,  die  übrigen  Wandteile  bis  auf  die 
untere  Anschwellung  sind  verkalkt.  Wird  das  Köpfchen  des  starren  Haares  leise  berührt, 
so  bricht  es  ab;  die  Haarspitze  erhält  nun  die  Form  einer  Einstechkanüle  und  dringt  in 
die  Haut  ein,  in  die  der  Inhalt  des  Haares  sich  ergießt.  Dieser  enthält  ein  sehr  giftiges 
Toxin,  das  nach  G.  Haberlandt  eine  eiweißähnliche  Substanz  ist  und  in  der  Wunde  eine 


lit  brennendem    Schmerz    verbunden 


Entzündung  hervorruft.  Sie  kann,  durch  gewisse 
tropische  Brennesseln  verursacht,  gefährlich 
werden  und  starrkrampfähnliche  Zustände  zur 
Folge  haben. 

Die  Haare  haben  also  sehr  verschie- 
denen Bau  und  sie  haben  auch  recht  ver- 
schiedene Funktionen.  Vielfach  unter- 
stützen sie  die  Epidermis  in  ihren 
schützenden  Aufgaben.  Alsdann  bilden 
sie  Überzüge  an  ausgebildeten  oder  wach- 
senden Pflanzenteilen,  besonders  häufig 
aber  in  der  Knospe  an  den  jungen  Pflan- 
zenteilen, die  sie  umhüllen.  Solche  Über 
Züge,  die  seidig  oder  filzig  sind,  wenn 
sie  aus  abgestorbenen  Wo  11  haaren  be- 
stehen, können  die  Transpiration  herab- 
setzen und  als  Schirm  gegen  direkte  Be- 
sonnung schützen.  Die  Wurzelhaare, 
schlauchförmige  Ausstülpungen  der  leben- 
den 'Wurzelepidermiszellen|[(Fig.    51  ß, 


Fig.  53.  Samenhaare  der  Baumwollpflanze. 
A  Ein  Stückchen  der  Samenschale  mit  Haaren, 
dreimal  vergrößert.  B-^  Ansatzstelle  und 
unterer  Teil,  i?2  mittlerer  Teil,  B^  oberer  Teil 
eines  Haares.  Vergr.  300.  Nach  Sträsbdrgek. 


Fig  54.     Sternhaar  in  Flächenansicht,    von  der 

Blattunterseite  der  Levkoje  (Matthiola   annua). 

Vergr.  90.    Nach  Strasburger. 


Fig,  55.     Schuppenhaar,    A  in  Flächenansicht,    /)  im  Längsschnitt   von    der  Blaltunterseite 
der  Elaeagnacee  Shepherdia  canadensis.     Vergr.  240.     Nach  Strasburger. 


48 


Fitting: 


155r),  dienen  der  Wasseraufnahme.    Drüsenhaare  (Fig.  75,  76,  77)  scheiden 
Stoffe  sehr  verschiedener  Art  aus. 

In  den  Dienst  der  Aufnahme  mechanischer  Reize  treten  nach  G.  Haberlandt  (^^) 
bestimmte  plasmareiche  Haare.  Sie  kommen  an  Staubgefäßen,  Blumenblättern  und  Blatt- 
gelenken vor  und  haben  eigenartigen  Bau;  sie  werden  als  Fühlpapillen,  Fühlhaare  oder 
Fühlborsten  bezeichnet. 

4.  Emergenzen.  ÄhnHche  Funktionen  wie  viele  Haare  haben  Auswüchse 
auf  der  Epidermis,  an  deren  Bildung  sich  im  Gegensatz  zu  den  Haaren  außer 
der  Oberhaut  noch  mehr  oder  weniger  tief  reichende  Teile  des  darunter 
Hegenden  Gewebes  beteiligen.  Man  nennt  sie  Emergenzen.  Bald  sind  es 
Haftorgane,  bald  Drüsen. 

Nur  wenige  subepidermale  Zellreihen  setzen  sich  beispielsweise  in  die,  sonst  bloß 
aus  Epidermis  aufgebauten  Auswüchse  (Drüsen  zotten)  fort,  die  sich  an  den  Enden  und 
an  den  Zähnen  der  Nebenblätter  des  Stiefmütterchens  (Viola  tricolor)  befinden  (Fig.  56). 
Tiefer  reichende  Zellschichten  sind  hingegen  am  Aufbau  jener  Auswüchse  beteiligt,  die 
als  ankerförmige  Haftorgane  den  Früchten  der  Hundszunge 
(Cynoglossum)  aufsitzen,  über  1  mm  Länge  erreichen  und  der 
Verbreitung  der  Früchte  durch  Tiere  dienen.  Noch  größere 
Emergenzen  sind  die  Stacheln,  die  z.  B.  dem  Rosenstrauch 
und  den  Brombeersträuchern  beim  Klettern  behilflich  sind. 

b)  Abscblußgewebe  aus  verkorkten  Zellen.     In 

sehr  vielen  Fällen,  namentlich  wo  die  Epidermis  nicht 
während  der  ganzen  Lebensdauer  des  umschlossenen 
Organeslebt  und  tätig  ist,  wird  der  Abschluß  des  Kör- 
pergewebes nach  außen,  z.  B.  auch  der  Schutz  gegen 
zu  starke  Erwärmung,  noch  viel  wirksamer  von  Schich- 
ten verkorkter  Zellen  übernommen.  Solche  Zellen 
werden  in  Form  von  Schichten  oder  Scheiden  sehr  oft 
auch  zur  Abgrenzung  und  zum  Abschlüsse  lebender 
Gewebemassen  gegen  andere  im  Innern  des  Körpers 
verwendet.  Sie  können  primären  oder  sekundären 
Ursprungs  sein.  Die  Verkorkung  kommt  dadurch 
zustande,  daß  in  jeder  Zelle  an  die  zunächst  unver- 
korkten  Kohlehydratmembranen  eine  Suberinlamelle 
als  sekundäre  Verdickungsschicht  angelagert  wird,  auf 
die  noch  tertiäre,  nicht  verkorkte  Verdickungsschich- 
ten  folgen  können.  Einige  Schichten  der  Membranen 
sind  oft  verholzt.    Wir  können  drei  Arten  verkorkten 

Abschlußgewebes  unterscheiden:  1.  das  Kutisgewebe,  2.  die  Endodermis, 

3.  den  Kork. 

1.  Das  Kutisgewebe  ist  ein  primäres  Dauergewebe.  Es  entsteht  durch 
manchmal  schon  sehr  frühzeitige  Verkorkung  von  Zellen,  z.  B.  der  Epidermis, 
oder  dünnerer  oder  dickerer  oft  lückenlos  verbundener  Parenchymschichten, 
Kutisgewebe  letzterer  Art  schheßt  in  Form  einer  ein-  oder  mehrschichtigen 
Scheide  uicht  selten  ältere  Pflanzenteile  (z.  B.  Wurzeln,  deren  Epidermis 
frühzeitig  zugrunde  geht,  Fig.  IbQ  ex)  nach  außen  oder  Gewebestränge  im 
Innern  des  Pflanzenkörpers  gegen  das  umhegende  Gewebe  ab.  Die  Kutis- 
zellen  behalten  in  der  Regel  ihren  lebenden  Inhalt. 

An  Stelle  der  Verkorkung  kann  manchmal  auch  die  Einlagerung  von  Eutin  oder 
anderen  chemisch  noch  wenig  erforschten  Substanzen  die  Membranen  schwer  durchlässig 
für  Wasser  machen. 

2.  Endodermis.  Diese  Gewebeart  wird  'aus  den  Endodermiszellen 
gebildet (^<').  Die  Endodermis  tritt  in  Scheidenform  auf;  sie  dient  ebenfalls, 
und  zwar  besonders  häufig,  als  einschichtige  Schutzscheide  der  Abgrenzung 


Fig.  56.  Eine  Drüsenzotte 
vom  Nebenblatt  der  Viola 
tricolor,  neben  ihr  ein  ein- 
zelliges Haar.  Vergr.  240. 
Nach   Strasbürger. 


Morphologie. 


49 


^^^^^( 


^ 


tu 


'ixrx 


Fig.  57.  A  Schematische  räumliche 
Darstellung  einer  Endodermiszelle 
mit  dem  ÜASPARYschen  Streifen  in 
den  radialen  Zellwänden.  ^Endo- 
dermis  im  Querschnitt.  Der  Cas- 
PARYsche  Streifen  erscheint  in 
Form  einer  dunklen  linsenförmigen 
Figur. 


und  dem  Abschlüsse  lebender  Gewebemassen  gegen  andere  im  Innern  des 
Körpers,  doch  auch  als  Abschluß  nach  außen.  Sie  ist  bald  primären,  bald  sekun- 
dären Ursprungs.  Die  prismatischen,  langgestreckten  Endodermiszellen  sind 
lebende  Zellen,  die  lückenlos  zusammenschließen.  In  jugendlichem  Zustande 
sind  ihre  Membranen  noch  nicht  verkorkt;  in  den  radialen  Seitenwänden 
ist  aber  ein  schmaler  Membranstreifen  in  Form  eines  Bandes,  das  die  Zelle 
rings  umläuft  und  für  gewisse,  in  Wasser  gelöste  Stoffe  schwer  durchlässig 
ist,  durch  Einlagerung  eines  noch  nicht  näher  erkannten  (holzähnlichen?) 
Stoffes  eigenartig  verändert 
(Fig.  57^4).  Dieser  Streifen 
erscheint  im  Querschnitte  als 
dunkler  Punkt  oder  als  dunk- 
les, linsenförmiges  Gebilde 
(ÜASPARYscher  Punkt,  Fig. 
57  B  und  Fig.  158  bei  5),  im 
radialen  Längsschnitte  als 
meist  etwas  welhges  Band. 
In  älteren  Endodermiszellen 
wird  wie  bei  den  Kutiszellen 
an  die  Zellhaut  ringsum 
eine  sekundäre  Verdickungs- 

schicht  aus  Korksubstanz  angelagert,   der  noch  dicke  tertiäre,  oft  stark  ver- 
holzende Kohlehydratschichten  folgen  können. 

In  einschichtiges  Kutisgewebe  und  in  die  Endodermis  sind  nicht  selten  einzelne 
Zellen  von  abweichender  Form  mit  unverkorkten  Zellwänden  zerstreut  eingeschaltet,  die 
man  als  Durchlaßzellen  bezeichnet. 

3.  Kork.  Wie  die  Epidermis  und  das  Kutisgewebe  stets  primäre  Dauer- 
gewebe sind,  so  ist  der  Kork  immer  ein  sekundäres  Gewebe,  das  der  Tätig- 
keit eines  sekundären  Meristems,  des  Korkkam- 
biums, seine  Entstehung  verdankt.  Das  Korkgewebe 
bildet  wie  die  Epidermis  in  der  Regel  peripherische, 
aber  mehrschichtige  Scheiden  in  Form  dünner 
grauer  und  glatter  Korkhäute  oder  dicker,  außen 
rissiger  Korkkrusten  aus  regelmäßigen  radialen 
Zellreihen  (Fig.  58,  59)  da,  wo  an  ober-  oder  unter- 
irdischen Pflanzenteilen  die  Epidermis  abgestoßen 
oder  lebendes  Parenchym  durch  Verwundungen  frei- 
gelegt wird.  Die  Korkzellen  sind  meist  lufthaltige  und 
durch  den  abgestorbenen  Inhalt  gebräunte  Zellen.  Sie 
haben  meist  prismatisch-tafelförmige  Gestalt  mit 
tangential  gestellter  Grundfläche  (Fig.  59  A),  schließen 
lückenlos  zusammen  und  sind  mit  verkorkten  sekundären  Membranschichten 


Fig.  58.  Querschnitt  durch 
Flaschenkork.  Vergr.  120. 


>.VltVjAM.,^iÄ!.ßJ|llV».-, 


Fig.  59.  A  Tangentialer  Schnitt,  B  Querschnitt 
durch  die  Korkhaut  eines  Lindenzweiges. 
Vergr.  120.  Die  Zellmembranen  in  B  weiß, 
der  abgestorbene  Zellinhalt  punktiert  gezeichnet. 


trasbiirgcr,  Lebiliuch  der  Botinik.     16.  Aufl. 


50 


Fitting: 


versehen,  während  die  Mittellamellen  zwischen  ihnen  oft  verholzt  sind.  Tertiäre 
Verdicknngsschichten  fehlen  in  ihnen  oder  bestehen  aus  Zellulose  und  bilden 
die  sog.  Zelluloseschicht,  die  übrigens  auch  verholzt  sein  kann.  Schon  dünne 
Korkhäute,  die  aus  wenigen  Zellschichten  bestehen  (Fig.  59),  vermindern 
die  Transpiration  an  der  OlDerfläche  der  Pflanzenteile  sehr,  und  zwar  infolge 
der  allseitigen  Verkorkung  der  Zellhäute  begreiflicherweise  viel  stärker  als 
die  Epidermis;  dickere  Korklagen  (Krusten)  verhindern  außerdem  das  Ein- 
dringen von  Schmarotzern.  Zudem  besitzt  Korkgewebe  ein  geringes  Wärme- 
leitungsvermögen, schützt  also  wirksam  gegen  zu  hohe   Erwärmung. 

Korkhäute  überziehen  viele  ältere  Stengel,  Stämme,  Knollen,  Knospenschuppen  und 
Früchte;  aus  einer  Korkhaut  besteht  z.  B.  die  Kartoffelschale.  Die  Korkeiche  besitzt  eine 
Korkkruste,  aus  der  die  Flaschenkorke  hergestellt  werden. 

Die  sehr  selten  getüpfelten  Wände  der  fertigen  Korkzellen  bleiben  entweder  ver- 
hältnismäßig dünn  (Fig.  58)  oder  werden  mehr  oder  weniger  stark  verdickt  (Fig.  59,  183/). 
Stark  verdickte  Korkzellen  bilden  den  Steinkork.  Die  Korkzellen  können  mit  dem 
abgestorbenen,  meist  braunen  Inhalt  ganz  angefüllt  sein  (Fig.  59  B). 

Häufig  wechseln  im  Korkgewebe  Schichten  verkorkter  und  unverkorkter  Zellen 
miteinander  ab.  Letztere  Schichten,  deren  Elemente  sich  nach  Bau  und  Inhalt  sonst  nur 
wenig  von  den  Korkzellen  unterscheiden,  dünn-  oder  dickwandig  sind  und  ebenso  wie 
diese  entstehen,  bezeichnet  man  als  Phelloi  dgewebe. 

GewTbemassen  von  noch  verwickelterem  Bau  als  der  Kork  bilden  die 
Borke,  die  an  älteren  Stämmen  und  Wurzeln  als  Abschlußgewebe  an  Stelle 
des  Korkes  tritt  (vgl.  S.  139). 

Lenti Zellen.  Durch  die  Bildung  eines  von  Interzellularen  freien  Kork- 
mantels an  Stelle  einer  Epidermis  würde  der  Gasaustausch  zw^ischen  der 
Atmosphäre  und  dem  Innern  des  Stammes  aufgehoben  werden,  wenn  nicht 
für  einen  Ersatz  der  Spaltöffnungen  gesorgt  würde.  Das  geschieht  bei  manchen 
Pflanzen,  z.  B.  Clematis-,  Vitis-,  Lonicera-Arten,  durch  Porenkork,  d.  h. 
dadurch,  daß  in  die  Korkhaut  ovale  oder  rundliche,  eng  umschriebene  Flecke 
aus  etwas  kleineren  verkorkten  Zellen  eingeschaltet  sind,  die  Interzellularen 


pd    >/' 


Fig.  60.     Querschnitt   durch    eine  Lentizelle  von  Sambucus  nigra,     e  Epidermis,  pc  Kork- 
kambium, pd  aus  dem  Korkkambium  nach  innen  abgeschnittene  Parenchymzellen,  //  Kork- 
kambium  der  Lentizelle,  /  Füllzellen.     Vergr.  90.     Nach  Strasburger. 

zwischen  sich  lassen,  meist  aber  durch  die  Lenti zellen:  längliche  oder  spindel- 
förmige, rauhe  und  poröse  vorspringende  Warzen,  die  man  schon  mit  bloßem 
Auge  aut  den  Korkhäuten  der  Zweige  unserer  Holzgewächse  sehen  kann.  Sie 
bestehen  aus  abgestorbenem,  meist  unverkorktem  und  an  Interzellularen  reichem 


Morphologie.  51 

Gewebe  (Füllzellen),  das  pfropf enartig  in  das  Korkgewebe  eingesetzt  ist 
(Fig.  60).  Die  Interzellularen  münden  in  die  Außenluft  und  setzen  sich  in  das 
Interzellularsystem  des  lebenden   GeAvebes  fort. 

Die  Lentizellen  entstehen  oft  unter  den  Spaltöffnungen,  und  zwar  sogleich  zu  Be- 
ginn der  Korkbildung.  Das  Korkkambium,  das  auch  unter  den  Spaltöffnungsapparaten 
auftritt,  hier  aber  radial  verlaufende  Interzellularen  zwischen  seinen  Zellen  enthält,  bildet 
an  diesen  Stellen  (Fig.  ^Qpl)  nach  außen  die  Füllzellen  mit  Interzellularen  (Fig.  60/). 
Die  Lentizellen  durchbrechen  alsbald  die  Epidermis  und  heben  sie  lippenförmig  empor. 
Abwechselnd  mit  den  Füllzellen  erzeugt  das  Korkkambium  in  den  Lentizellen  namentlich 
zur  Herabsetzung  ihrer  Durchlässigkeit  während  des  Winters  Schichten  fester  verbundener, 
verkorkter  und  verholzter  Zellen,  Zwischenstreifen  oder  Verschlußschichten,  die  später 
(im  Frühling)  gesprengt  werden. 

3.  Mechanische  oder  Festigungsgewebe (^i).  Ohne  eine  gewisse  Festigkeit 
könnte  die  Pflanze  ihre  Gestalt  nicht  bei])ehalten,  die  meist  für  ihre  Lebens- 
tätigkeit unentbehrlich  ist.  Bei  einzelnen  Zellen  und  bei  wachsenden  Ge- 
weben wird  die  nötige  Festigkeit  durch  die  Zellmembranen,  den  Turgor  (vgl. 
S.  191)  und  die  Gewebespannung  (vgl.  S.  248)  erzielt.  Da  indes  die  Zellhäute 
dünn  sind,  Tiu'gor  und  Gewebespannung  aber  schon  durch  jeden  stärkeren 
Wasserverlust  aufgehoben  werden  (Welken  der  Pflanze),  so  reicht  beides  nicht 
aus,  um  der  Pflanze,  namentlich  der  Landpflanze,  auf  die  Dauer  die  nötige 
Festigkeit  zu  verleihen.  So  sehen  wir  denn  bei  sehr  vielen  Pflanzen  besondere 
Gewebe  aus  Zellen  mit  stark  verdickten  Membranen,  das  Sklerenchym 
und  das  Kollenchym,  mit  mechanischen  Aufgaben  betraut.  Diese  Gewebe 
werden  auch  Stereo me  genannt. 

Welche  Ansprüche  an  die  Festigkeit  und  den  Zusammenhang  der  Teile 
bei  Pflanzen  gestellt  werden,  das  leuchtet  sofort  ein,  wenn  man  sich 
z.  B.  einen  Roggenhalm  vergegenwärtigt,  der,  aus  Hunderttausenden 
einzelner  Zellen  zusammengesetzt,  bei  einer  Höhe  von  1500  mm  kaum  3  mm 
Dtirchmesser  an  seiner  Basis  mißt.  Bis  zu  3000  ilini  erheben  sich  die  schlanken 
Schäfte  des  Pfeilrohrs  bei  einer  Grundfläche  von  nur  15  mm  Durchmesser. 
Die  Höhe  des  Pfeilrohres  beträgt  das  200fache,  die  des  Roggenhalmes  gar  das 
500fache  des  GrunddurchmessÄ's.  Dabei  trägt  aber  der  Roggenhalm  an  seiner 
Spitze  noch  die  schwere  Last  der  Ähre,  der  schlanke  Palmstamm  die  schweren 
und  im  Winde  wie  Segel  wirkenden  Blätter,  die  bei  Raphia-Arten  15  m  Länge 
und  entsprechende  Breite  erreichen,  und  zeitAveise  noch  die  große  Last  der 
Früchte. 

Neben  seiner  Festigkert  verfügt  der  Pflanzenkörper  aber  auch  über  eine 
Eigenschaft,  die  wir  unseren  Bauten  nicht  entfernt  im  gleichen  Maße  geben 
können;  das  ist  seine  außerordentliche  Elastizität.  Der  Roggenhalm  weicht 
der  Gewalt  des  starken  Windes  aus,  indem  er  seine  Spitze  bis  zum  Boden  hinab- 
lieugt,  schnellt  aber  in  die  frühere  Lage  zurück,  wenn  die  Wirkung  des  Windes 
aufhört.  Die  technischen  Leistungen  des  Pflanzenkörpers  sind  also  einzig 
in  ihrer  Ai't  und  höchst  vollkommen.  Von  dem  festen  und  zugleich  elastischen 
Baumaterial,  das  die  Pflanze  sich  herstellt,  macht  ja  auch  die  Technik  aller 
Völker  den  ausgedehntesten  Gebrauch,  indem  sie  Holz  zu  Stützen  und  Trägern, 
,, Bastfasern"  zu  Fäden,  Tauen  und  Geweben  (z.  B.  Leinwand)  verwendet. 

a)  Als  Sklerenchym  bezeichnet  man  die  Festigungsgewebe  der  aus- 
gewachsenen Pflanzenteile.  Sie  sind  aus  Sklerenchymzellen  (Steinzellen) 
oder  aus  Sklerenchymfasern  (,, Bastfasern")  zusammengesetzt,  beides  Zellen 
mit  sehr  stark  verdickten  Zellmembranen  aus  Kohlehydratlamellen,  die  oft 
zugleich  verholzt  sind.  Die  Sklerenchymzellen  oder  Steinzellen  (Fig.  30) 
sind  mehr  oder  weniger  isodiametrisch,  polyedrisch  und  haben  runde,  un- 
verzweigte oder  verzweigte  Tüpfel  in  ihren  fast  stets  stark  verholzten  Wänden. 

4* 


52 


Fitting: 


Die  Sklerenchymfaseni  (FJo-.  61)  dagegen  sind  schmal  spindelförmige, 
sehr  langgestreclite  Zellen  mit  zugespitzten  Enden  und  mit  spärlichen  schräg 
aufsteigenden,  spaltenförmigen  Tüpfeln  und  haben  polygonalen  Querschnitt 
(Fig.  62);  ihre  Zellwände  sind  nahezu  unverholzt  (z.  B.  beim  Lein)  oder  mehr 
oder  weniger  verholzt  (z.  B.  beim  Hanf).  Die  Sklerenchymfasern  haben  immer 
eine  für  Pflanzenzellen  sehr  bedeutende  Länge,  durchsclmittUch  von  1—2  mm. 
Sie  können  aber  bei  manchen  Gewächsen  noch  sehr  viel  länger  werden:  beim 
Lein  20—40  mm,  bei  der  Brennessel  bis  77  mm,  ja  bei  der  Urticacee  Boehmeria 
bis  220  mm.  Solche  langen  Fasern  sind  für  Gespinste  besonders  brauchbar. 
Sie  werden  erst  nach  vollendeter  Streckung  der  Pflanzenorgane, 
vielfach  unter  Beteiligung  von  gleitendem  Wachstum,  fertig- 
gestellt. 

Die  Sklerenchymzellen  und  -fasern  können  einzeln  für  sich 
vorkommen,  so  letztere  z.  B.  in  manchen  Blättern,  wo  sie  auch 
nicht  selten  verzweigt  sind.  Meist  aber  sind  sie,  namentlich  die 
Fasern,  ohne  Interzellularen  zwischen  sich  zu  lassen,  zu  Skleren- 
chymsträngen,  -bändern  und  -scheiden  gruppenweise  recht 
verschieden,  aber  so  angeordnet,  wie  es  die  Ansprüche  an  die 
unffs-,  Zug-  oder  Druckfestigkeit  des  ganzen  Organs  oder 
■    "        '  verhältnismäßig 


seiner   Gewebegruppen    unter    Aufwand    von 
wenig  Festigungsmaterial  erfordern.  Druck- 
f estigkeit,  z. 


l 


B.  in  den  Schalen  von  Nüssen 
und  von  Steinen  der  Steinfrüchte,  kommt 
meist  durch  Steinzellenge  webe,  Biegungs- 
und Zugfestigkeit,  z.  B.  von  Stengeln  und 
Wurzeln,  dagegen  durch  Sklerenchymfaser- 
gewebe  zustande;  beide  Sorten  mechanischer 
Zellen  bedingen  außerdem  den  Widerstand, 
den  viele  Organe  dem  Schneiden  und  anderen 
mechanischen  Eingriffen  entgegensetzen. 

Die  Festigkeit  der  einzejnen  Zellen 
beruht  auf  der  Verdickung  ihrer  Zellmem- 
branen, die  manchmal  noch  durch  mine- 
rahsche  Einlagerungen  verhärtet  sind,  die 
Zerreißungsfestigkeit  der  Sklerenchymfaser- 
gewebe  außerdem  auf  der  Verzahnung  der 
Fasern  miteinander.  Infolge  ihrer  Faser- 
form und  der  spindelförmigen  Zuspitzung 
ihrer  Enden  ist  nämlich  die  Verwachsung 
benachbarter  Fasern  eine  sehr  viel  innigere  als  die  anders  gestalteter  Zellen. 

ScHWEXDEKERs  Untersuchungen  haben  bestimmte  Vergleichszahlen  für  die  mecha- 
nischen Eigenschaften  dieser  Zellen  ergeben.  Danach  kommt  die  Tragfähigkeit  der  Skle- 
renchymfasern innerhalb  ihrer  Elastizitätsgrenze  (ihr  Tragmodul)  im  allgemeinen  der  des 
besten  Schmiedeeisens  gleich;  sie  erreicht  bei  einzelnen  Pflanzen  sogar  die  des  Stahls. 
Dabei  ist  die  Dehnbarkeit  gegen  10 — 15  mal  größer  als  die  des  Schmiedeeisens.  Nach 
Überschreiten  der  Elastizitätsgrenze  tritt  alsbald  Zerreißen  ein,  während  bei  dem  Eisen 
die  Festigkeitsgrenze  erst  bei  etwa  dreifacher  Belastung  erreicht  wird.  Für  die  Bedürfnisse 
der  Pflanze  hat  es  aber  große  Bedeutung,  daß  bei  ihr  die  Elastizitätsgrenze  bis  nahe  an 
die  Festigkeitsgrenze  reicht. 

b)  Das  Kollenchym.  Die  Elemente  des  Sklerenchyms  sind  nicht  mehr 
imstande,  zu  wachsen;  sie  können  deshalb  in  Pflanzenteilen,  die  noch  in  leb- 
hafter Streckung  begriffen  sind,  keine  Verwendung  finden.  Bedürfen  solche 
Pflanzenteile  außer  "der  Festigkeit,  welche  Zell-  und  Gewebespannung  ihnen 


Fig.  61.   Eine 
Sklerenchym- 

faser  etwa 
100  mal  vergr. 
Nach  Stras- 
burger. 


Fig.  62.  Quer- 
schnitt durch  das 
Sklerenchym  im 
Blatte  der  Liliacee 
Phormium  tenax. 
Vergr.  240. 


Morphologie. 


53 


verleihen,  noch  einer  besonderen  Verstärkung,  so  wird  sie  durch  Kollenchym 
erreicht. 

Die  Kollenchymzelle,  die  isodiametrisch  oder  meist  sehr  langgestreckt 
(zugespitzt  oder  mit  rechteckigem  Umriß  Fig.  64)  ist,  gleicht  der  Parenchym- 
zelle  und  enthält  wie  diese  oft  Chlorophyll,  unterscheidet  sich  aber  von  der 
Parenchymzelle  wesentlich  dadurch,  daß  ihre  Zellulosemembran  ungleich, 
besonders  an  den  Zellkanten  (KantenkoUenchym,  Fig.  63)  oder  an  den  tan- 
gentialen Wänden  (Plattenkollenchym)  stark  verdickt  ist. 
Ferner  fehlen  in  ihrem  Plasma,  abgesehen  von  großen  Zell- 
saftvakuolen,  leblose  Einschlüsse.  Auch  die  Interzellularen 
fehlen  oder  sind  sehr  klein.  Das  Kollenchym  besitzt  trotz 
hohem  Wassergehalte  infolge  der  Wandverdickungen  seiner 
Elemente  eine  ansehnliche  Festigkeit 
gegen  Zerreißen.  Dabei  gibt  es  dem 
Wachstum  seiner  Umgebung  dadurch 
nach,  daß  es  selbst  daran  noch  teil- 
nimmt. Die  großen  un verdickten  l  iS 
Wandflächen,  in  denen  noch  rund- 
liche oder  spaltenförmige  Tüpfel  vor- 
handen sind,  ermöghchen  zugleich 
einen  schnellen  Transport  von  Bau- 
stoffen innerhalb  dieser  Gewebe art. 
Auch  das  Kollenchym  ist  entspre- 
chend seiner  mechanischen  Funktion 
angeordnet. 


Fig.  63.      Querschnitt 

durch      das     Kollenchym 

von    Cucurbita   Pepo. 

Vergr.  240. 


Fig.   64.     Eine 

Kollenchym- 
zelle in  Seiten- 
ansicht. 
Vergr.  240. 


4.  Die  Leitgewebe.  Je  größer  der 
Körper  einer  Pflanze  wird  und  aus  je 
mehr  Zellen  er  sich  zusammensetzt, 
vor  allem  aber  je  mehr  Teile  er  aus 
dem  Wasser  oder  aus  dem  Boden  in 
den  Luftraum  streckt,  umso  mehr  entsteht  die  Notwendig- 
keit, Stoffe  schnell  von  einem  Organe  in  ein  anderes,  etwa 
von  den  Wurzeln  in  die  Blätter  und  umgekehrt,  zu  schaffen. 
Die  Diffusionsbewegung  durch  die  Querwände  selbst  lang- 
gestreckter Parenchymzellen  genügt  dazu  vielfach  nicht,  auch 
wenn  die  Stoffbewegung  durch  Ausbildung  von  Tüpfelkanälen 
sehr  erleichtert  wird.  So  sind  besondere,  Leitungszwecken 
dienende  Gewebearten,  die  Leitgewebe,  entstanden  mit  sehr  charakteristi- 
schen Zellelementen,  die  in  der  Hauptleitungsrichtung  meist  langgestreckt 
sind,  oft  vergrößerte  Diffusionsflächen  besitzen,  ja  meist  zu  eigenartigen 
Leitungskanälen  (Fusionen)  verschmelzen  und  stets  zu  einem  zusammen- 
hängenden Systeme  verbunden  sind,  das  die  ganze  Pflanze  durchzieht.  Be- 
zeichnend für  die  Leitgewebe  ist  ferner  der  Mangel  an  Literzellularen. 

a)  Siebröhren.  Durch  offene  Poren,  die  dem  Transporte  von  Eiweiß- 
stoffen und  Kohlehydraten  zu  dienen  scheinen,  werden  die  in  Längsreihen 
angeordneten  GHeder  der  Siebröhren(^2^  verbunden.  Die  quergerichteten 
oder  steilen  Endwände  (manchmal  auch  die  Seitenwände)  jedes  dieser  übrigens 
langgestreckten,  im  Querschnitt  polygonalen  GHeder  besitzen  nämlich  siebartig 
durchlöcherte  Stellen,  die  von  Plasmasträngen  ausgefüllt  werden.  Man  nennt 
diese  Stellen  Siebplatten  (Fig.  6öA,B).  Bei  vielen  Pflanzen,  z.  B.  dem 
Kürbis  (Fig.  65.4),  ist  die  ganze  Querwand  eines  Siebröhrengliedes  eine  einzige 
Siebplatte   mit  verhältnismäßig  groben   Poren;   auf  den   Längswänden  sind 


54 


Fitting: 


dagegen  nur  eng  umgrenzte  runde  Stellen  mit  viel  feineren  Poren  als  Sieb- 
platten ausgebildet  (Fig.  65  Cc"^),  da  wo  zwei  Siebrühren  seitlich  aneinander 


-  Y 


l^ 


B 


Fig.  65.  Teile  von  Siebröhren  des  Kürbis  (Curcurbita  Pepo)  in  Alkohol  gehärtet.  A  Eine 
Siebplatte  von  oben  gesehen.  B  und  C  Je  zwei  aufeinanderfolgende  Siebröhrenglieder 
im  Längsschnitt;  ^  Geleitzellen,  u  Schleimstrang,  pr  plasmatischer  Wandbelag,  c  Kallus- 
platte,  c*  kleine  seitenständige  Siebplatte  mit  Kallusbelag.  D  Die  Inhaltsmassen  von 
zwei  Siebröhrengliedern  nach  Auflösung  der  Zellhäute  mit  Schwefelsäure.  Vergr.  540. 
Nach  Strasburger. 


grenzen.    In  anderen  Fällen,  z.  B.  auf  den  alsdann  meist  steilen  Endwänden 
der  Siebröhren,  findet  man  dagegen  mehrere  solche  durch  nicht  perforierte 

Membranteile  getrennten  tüpfelartigen 
Siebplatten  (Fig.  66)  mit  meist  sehr  feinen 
punktförmigen  Poren.  Die  Siebröhren- 
glieder, deren  jedes  einer  Zelle  entspricht, 
enthalten  lebende,  dünne  plasmatische 
Wandbeläge  mit  je  einem  Zellkern,  mit 
Leukoplasten  und  oft  mit  Stärkekörnern 
und  als  Zellsaft  eine  wäßrige  alkalische, 
mehr  oder  weniger  konzentrierte  gerinn- 
bare Flüssigkeit,  die  reich  an  Eiweiß- 
stoffen, oft  auch  an  Kohlehydraten  und 
anorganischen  Salzen  (Phosphaten)  ist 
(Fig.  65  Z)).  Die  Siebröhrenwandungen 
sind  fast  stets  unverholzt,  bestehen  aus 
Zellulose  und  sind  durch  den  Inhalt 
elastisch  gespannt.  Im  allgemeinen  funk- 
tionieren die  Siebröhren  nur  während 
einer  Vegetationsperiode.  Bevor  sie 
untätig  werden,  überziehen  sich  ihre 
Siebplatten  mit  stark  lichtbrechenden 
Kall  US  platten  (Fig.  65  C),  die  den 
Stoffaustausch  zwischen  den  Siebröhren- 
gliedern  herabsetzen  oder  wohl  ganz 
unterbrechen.  Soll  die  Siebröhre  in  der  nächsten  Vegetationsperiode  noch- 
mals tätig  sein,  so  werden   diese  Kallusplatten  wieder  gelöst. 


Fig.  66.  A  Grenze  zweier  Siebröhren- 
glieder vom  Weinstock  (Vitis)  mit  schrä- 
ger, längsdurchschnittener  Querwand. 
Vergr.  600.  Nach  de  Bary.  B  Eine 
solche  Querwand  in  Flächenansicht  mit 
den  Siebplatten.  Von  Rothert  schema- 
tisiert nach  DE  Bary. 


Morphologie. 


55 


Die  Kallusplatten  bestehen  aus  Kai  lose,  einem  seiner  chemischen  Zusammen- 
setzung nach  noch  unbekannten  Körper,  der  sich  durch  seine  Unlöslichkeit  in  Kupferoxyd- 
ammoniak, aber  seine  Löslichkeit  in  1  "/o^S^i"  kalter  Kalilauge  auszeichnet.  Sie  färbt  sich 
in  Chlorzinkjodlüsung  rotbraun,  glänzend  blau  mit  Anilinblau  und  glänzend  rot  mit  Korallin 
(Rosolsäure).  —  Kallose  überzieht  übrigens  in  dünnen  Schichten  auch  schon  die  Leisten 
der  Siebplatten  zwischen  den  Poren,  solange  diese  noch  offen  sind.  Diese  Schichten  werden 
allmählich  dicker,  die  Poren  mehr  und  mehr  verengt  und  schließlich  ganz  verstopft. 

b)  Gefäße.  Besondere  und  zwar  tote  Zellarten,  die  meist  langgestreckt 
röhrenförmig  sind,  rundlichen  oder  polygonalen  Querschnitt  haben  und  in 
Längsreihen,  entsprechend  der  Hauptleitungsrichtung,  angeordnet  sind,  mit 
sehr  charakteristischen  und  auffälligen  Verdickungen  in  den  meist  verholzten 
Wänden  dienen  der  Leitung,  manchmal  auch  der  Speicherung  des  Wassers 
in  der  Pflanze  (Gefäße).  Die  Gefäße  enthalten  dementsprechend,  solange 
sie  tätig  sind,  Wasser,  außerdem  aber  oft  auch  begrenzte  Mengen  Luft.  Man 
teilt  sie  ein  in  Tracheiden  imd  Tracheen.  Die  Tracheiden  sind  Einzel- 
zellen, die  mit  eigenartig  getüpfelten  Zellhäuten  aneinander  grenzen,  meist 
zugespitzte  Enden  und  in  der  Regel  kleinen  Querdurchmesser  (Fig.  70  B) 
besitzen;  sie  dienen  oft  zugleich  als  Festigungszellen,  z.  B.  im  Stamme  der 
]N^adelhölzer.  Die  Tracheen  dagegen  sind  verhältnismäßig  weite  oder  enge 
Membranröhren,  die  aus  Längsreihen  vieler  Zellen  (ihren  Gliedern)  durch 


Fig.  67.  Teile  von  Tracheiden  und  von  einer 
Trachee.  A  Ring-  und  Schraubentracheide. 
B  Schraubentracheide.  C  Netztrachee  halb  auf- 
geschnitten, bei  s  eine  der  beiden  durchlöcherten 
Querwände.     Vergr.   240.     Nach   H.   Schexck. 


Fig.  68.    Teil  eines  Längsschnittes  durch 

drei    Schraubengefäße    und    eine    Reihe 

von  Parenchym Zellen    des   Kürbis   (Cur- 

curbita  Pepo).     Vergr.  560. 

Nach    ROTHERT. 


Auflösung  der  Endwände  entstanden  sind.  Die  Endwände  werden  dabei, 
wenn  sie  quer  stehen,  meist  bis  auf  einen  schmalen  Rand  aufgelöst,  der  als 
ringförmige  Membranleiste  stehen  bleibt  und  verdickt  wird  (Fig.  67  C  bei  s, 
Fig.  69  /  bei  q  und  q')\  schräge  Endwände  sind  dagegen  meist  nicht  von  einem 
einzigen  runden,  sondern  von  mehreren,  übereinanderliegenden,  spaltenförmigen 
oder  elliptischen  Löchern  (leiterförmige  Perforation,  Fig.  69/7;  171/^'')  durch- 
brochen. Einige  der  Endwände  freiUch  sind  nicht  durchbrochen,  sondern  bloß 
mit  Tüpfeln  versehen.    Infolgedessen  haben  die  Tracheen  eine  begrenzte  Länge. 

Einzelne  Tracheen  können  zwar,  im  besonderen  bei  den  kletternden  Holzgewächsen, 
den  Lianen,  einige  Meter  lang  sein.  Auch  bei  unseren  Eichen  sind  2  m  lange  Tracheen 
noch  sehr  zahlreich.  Im  allgemeinen  beträgt  aber  ihre  Länge  weniger  als  1  m,  nämlich 
meist  nur  gegen  10  cm.  Wie  die  längsten,  so  sind  auch  die  weitesten  Tracheen  bei  den 
Kletterpflanzen  zu  finden;  ihr  Durchmesser  kann  hier  0,7  mm  erreichen,  während  er  bei 
unseren  Eichen  im  Mittel  0,25,  unserer  Linde  0,06  mm  beträgt. 

Die  Bezeichnungsweise  der  wasserleitenden  Elemente  ist  in  der  Literatur  leider 
recht  verschiedenartig.     Meist  wird  unterschieden  zwischen  Tracheiden  und  Tracheen  oder 


56 


Fitting: 


Gefäßen,  de  Bary  dagegen  nannte  alle  Elemente  Tracheen  und  unterschied  zwischen 
Tracheiden  und  Gefäßen.  Am  zweckmäßigsten  scheint  der  Vorschlag  Rotherts,  dem  wir 
gefolgt  sind,  als  Sammelbegriff  von  Gefäßen  zu  reden  und  die  Gefäße  in  Tracheiden  und 
Tracheen  einzuteilen. 

Die  Wand  verdickungen  in  vielen  Gefäßen  sind  auf  schmale  Leisten 
(Fig.  67  u.  68)  in  den  sonst  wenig  verdickten  Zellwänden  beschränkt.  Diese 
Leisten  können  isolierte  Ringe,  zusammenhängende  Schraubenbänder  oder 
ein  Netzwerk  mit  großen  queren  Maschen  bilden  (Fig.  67,  68);  man  unterscheidet 

danach  zwischen  Ring-,  Schrauben-  und 
Netztracheiden  oder  -tracheen.  In  ande- 
ren Gefäßen  umfassen  die  Verdickungen  den 
größeren  Teil  der  Zellmembranen;  alsdann 
bleiben  aber  zahlreiche  kreisförmige,  poly- 
gonale oder  in  querer  Richtung  mehr  oder 
weniger  gestreckte  elliptische  oder  spalten- 
förmige  Tüpfel  zwischen  den  verdickten 
Teilen  ausgespart  (Fig.  69.  70):  Tüpfel- 
gefäße. Stehen  an  den  Seitenwänden  quer- 
gestreckte Tüpfel  regelmäßig  in  geraden 
Reihen  übereinander,  so  wird  das  Gefäß  als 
Treppen-  oder  Leitergefäß  bezeichnet 
(Fig.  69//,  70.4).  Zwischen  sämtlichen 
Gefäßformen  gibt  es  Übergänge. 

Die  Tüpfel  sind  in  allen  Tüpfelgefäßen 
zweiseitig  oder  einseitig  behöft  (Hof- 
tüpfel). Hoftüpfel  heißt  ein  Tüpfel,  dessen 
Kanal  sich  nach  der  Schließhaut  hin  trichter- 
artig erweitert  (Fig.  71 C).  Sehr  häufig  sind 
die  Hof  tupf  el  in  der  Flächenansicht  kreisför- 
mig; alsdann  sieht  man  in  ihrer  Mitte  einen 
kleinen  konzentrischen  Kreis  (Fig.  IIA).  Der 
kleinere  innere  Kreis  ist  die  enge  Mündungs- 
stelle des  Tüpfelkanals  in  den  Zellraum,  der 
große  äußere  Kreis  (der,, Hof")  seine  weiteste 
Stelle,  womit  er  an  die  Schheßhaut  grenzt. 
Zwischen  beiden  Kreisen  überwölben  die  Ver- 
dickungsschichten  der  Membran  die  Schheß- 
haut als  Tüpfelwandung.  Die  ScMießhäute 
sind  in  der  Mitte  oft  zu  deniTorus  verdickt 
(Fig.  71 C),  vermögen  sich  nach  der  einen 
oder  anderen  Seite  vorzuwölben  und  mit  den 
Tori  die  engen  Ausgänge  der  Tüpfel  auf  einer 
Seite  nach  Art  von  Klappenventilen  zu 
verschheßen  (Fig.  71 B,  t).  Die  Hoftüpfel 
lassen  infolge  ihrer  großen  Schließhäute  sehr 
rege  Flüssigkeits-(Wasser)bewegungen  von 
einem  Zellraum  in  den  anderen  zu,  ohne  daß  die  toten  Zellen  auf  die  not- 
wendige Festigkeit  ihrer  Membranen  zu  verzichten  brauchten,  die  eben 
durch  die  einem  Gewölbe  ähnhche  Tüpfclwandung  gewährleistet  wird. 

Die  Hoftüpfel  sind,  wie  es  die  Fig.  71  C  zeigt,  zweiseitig  behöft, 
wenn  sie  zwischen  zwei  wasserleitenden  Elementen  ausgebildet  sind.  Sie  sind 
einseitig  behöft,  wenn  sie  die  Zellwand  eines  wasserleitönden  Elementes 
durchsetzen,  das  an  eine  lebende  Zelle  grenzt.    In  diesem  Fähe  erweitert  sich 


Fig.  69.  A  Schemata  von  Tracheen 
in  medianem  Längsschnitt.  /.  Weite 
Trachee  mit  kleinen  elliptischen 
Hoftüpfeln  und  mit  einfacher  Per- 
foration der  Querwände  q  q.  Die 
Hinterwand  der  Trachee  ist  im 
oberen  Teil  der  Figur  weggeschnit- 
ten. //.  Enge  Treppentrachee  mit 
leiterförmiger  Perforation  der  Quer- 
wände q.  B  Die  Querwände  beider 
Tracheen,  von  der  Fläche  gesehen. 

Nach   ROTHERT. 


Morphologie. 


57 


der  Tüpfelkanal  nämlich  bloß  von  dem  wasserleitenden  Elemente  aus  nach 
der  Schließhaut  hin  und  hat  keinen  Torus  in  der  Schheßhaut;  auf  der  anderen 
Seite  der  Schließhaut  dagegen,  also  in  den  Wandschichten  der  lebenden  Zelle, 
ist  ein  gleich  weiter  (einfacher)  Tüpfclkanal  ausgebildet. 

Auch  die  Tüpfel  in  den  Endwänden  der  Tracheen  und  Tracheiden  sind  stets  Hof- 
tiipfel.  In  den  Tracheen  sind  es  ihre  Schließhäute,  die  aufgelöst  werden  (vgl.  Fig.  69/4/ 
und  //). 

Auch  in  den  Ring-  und  Schraubengefäßen  können  übrigens  die  Ver- 
dickungsleisten  gelegentlich  den  Wänden  von  Hoftüpfeln  gleichen  (^^) ,  und 
zwar  dadurch,  daß  sie  T-förmigen  Querschnitt  haben  und  mit  den  ver- 
schmälerten Kanten  der  Gefäßwandung  angefügt  sind  (Fig.  68). 

Die  dünnen  Memhranstellen  zwischen  den  Leisten  entsprechen  alsdann  den 
Schließhäuten    von  Hoftüpfeln;    manchmal    sind    sie    sogar,    wenn   sie    zwei    wasserleitende 

Elemente  trennen,  wie  diese  Schließhäute,  in  ihrer 
Mitte  etwas  stärker,  als  Tori,  verdickt.  Bei  der 
Anfertigung  von  Schnitten  lösen  sich  die  fast 
stets  verholzten  schraubenförmigen  Verdickungs- 
bänder  oft  leicht  von  den  unverdickten  (und  nicht 
immer  verholzten)  Gefäß  Wandungen  ab  und  werden 
weithin  aus  den  Gefäßen  herausgerissen.  Diese 
Erscheinung  findet  aber  weder  in  der  Befestigungs- 
weise der  Bänder  noch  in  der  chemischen  Be- 
schaffenheit der  Schraubengefäßwände  eine  hin- 
reichende Erklärung. 
0 
© 


w 


Fig.  70.  A  Unteres  Drittel  einer  Treppen- 
tracheide  aus  dem  Rhizom  des  Adlerfarns 
(Pteridium  aquilinum).  t  Die  quergestreck- 
ten Tüpfel  an  den  Seitenwänden,  q  die 
leiterförmig  getüpfelte  Endfläche.  Vergr.  95. 
Nach  DE  Bary.  ß  Eine  Trache'ide  mit 
runden  Hoftüpfeln.  Vergr.  100.  Nach 
Strasburger. 


Fig.  71.  Tracheiden  aus  dem  Holze  der  Kiefer 
(Pinus  silvestris).  A  Radialer  Längsschnitt 
mit  Hoftüpfel  in  Flächenansicht.  B  Tangen- 
tialer Längsschnitt  mit  Hoftüpfel  im  Querschnitt, 
t  der  Torus.  C  Querschnitt  durch  eine  Tracheide, 
7)1  Mittellamelle,  m*  ein  Zwickel  in  dieser,  /das 
Grenzhäutchen.     Vergr.    540.      Nach    Stras- 

BÜRGER. 


Nur  die  mit  ring-  oder  schraubenförmigen  Verdickungsleisten  versehenen  Gefäße 
sind  noch  streckungsfähig  und  dehnbar;  daher  werden  nur  solche  in  wachsenden  Pflanzen- 
teilen ausgebildet. 

Die  Wandverdickungen  erhöhen  die  mechanische  Festigkeit  der  wasser- 
leitenden Elemente,  indem  sie  es  verhindern,  daß  die  benachbarten  lebenden 
Zellen  sie  zusammendrücken.  Der  lebende  Inhalt  der  Gefäße  wird,  während 
die  Zellmembranen  sich  verdicken,  immer  ärmer;  schheßlich  schwindet  er, 
in  den  Tracheen  nach  Durchbrechung  der  Querwände,  ganz. 

LeUbündelgewobesystein.  Die  Siebröhren  treten  fast  nie  für  sich  allein 
auf,  sondern  sind  meist  mit  Leitparenchym  zu  Strängen  oder  Bündeln  (Sieb- 
strängen) verbunden,  die  die  ganze  Pflanze  durchziehen.     Gleiches  gilt  für 


58 


Fitting ; 


/// 


die  Tracheideii  und  Tracheen  (Gefäßstränge);  Tracheiden  finden  sich  freilich 
auch  einzeln  oder  in  kleineren  Gruppen  nicht  selten  als  Wasserspeicher  im 
Parenchyni  zerstreut  (Speicliertracheiden). 

Im  primären  Gewebe  verbinden  sich  Sieb-  und  Gefäßstränge  meist  zu 
gemeinsamen  Strängen  oder  Bündeln,  vollständigen  Leitbündeln,  die 
meist  parallel  zur  Längsachse  eines  Organes  verlaufen,  durch  Querzweige 
zu  einem  Netzwerk  verbunden  und  so  auffällig  sind,  daß  man  für  dieses  Strang- 
system den  Namen  Leitbündelgewebesystem  geprägt  hat.  Darin  sind 
also  die  Elemente  der  Wasserleitung  mit  denen  der  Leitung  organischer  Stoffe 
verbunden,  so  daß  das  Wasser  und  diese  Stoffe  auf  nahe  benachbarten  Wegen, 
wenn  auch  oft  in  entgegengesetzter  Richtung  geleitet  werden.  Dieses  Gewebe- 
system kann  primären  oder  sekundären  Ursprungs  sein.  In  jedem 
vollständigen  Leitbündel,  das  sich  durch  seine  engen  Elemente 
und  den  Mangel  an  Interzellularen  schon  bei  schwächster  Ver- 
größerung von  dem  übrigen  weniger  dichten  Gewebe  abhebt, 
ja  manchmal  sogar  mit  bloßem  Auge  sichtbar  ist,  z.  B.  in  den 
durchscheinenden  Stengeln  von  Impatiens  parviflora,  lassen  sich 
also  Gewebestränge  zweierlei  Ai't  unterscheiden:  Gefäßstränge 
bilden  den  Gefäßteil  oder  das  Xylem,  und  Siebstränge 
bilden  den  Siebteil  oder  das  Phloem.  Xylem  und  Phloem 
können  in  den  Bündeln  verschieden  angeordnet  sein;  infolge- 
dessen sind  auch  die  Querschnittsbilder  der  Bündel  recht  ver- 
schieden (vgl.   S.  85  ff.). 

Für  das  vollständige  Leitbündel  und  seine  Teile  werden  noch  andere 
Namen  in  der  Literatur  gebraucht.  Statt  Leitbündel  sagt  man  auch  Gefäß- 
bündel, Fibrovasalbündel  oder  Mestom,  statt  Gefäßteil  Holzteil,  Yasalteil 
oder  Hadrom,  statt  Siebteil  ßastteil,  Kribralteil  oder  Leptom. 

Sieb-  oder  Gefäßstränge  kommen  aber  nicht  selten  auch 
für  sich  allein  vor.  Solche  Sieb-  oder  Gefäßstränge  kann  man 
als  unvollständige  Leitbündel  bezeichnen.  Sie  sind  be- 
sonders im  sekundären  Dauergewebe  weit  verbreitet,  und  zwar 
Gefäßstränge  im  Holz,  Siebstränge  im  Bast  (vgl.  S.  133,  136). 
5.  Sekretzellen  und  Sekretgewebe.  1.  Einzelzellen.  In 
den  verschiedensten  Geweben  findet  man  besonders  häufig 
Sekretzellen,  einzeln  für  sich  oder  oft  in  längs  verlaufenden 
Reihen  (so  z.  B.  bei  Liliaceen,  Amaryllidaceen,  Commelinaceen). 
Sie  sind  isodiametrisch  oder  schlauchförmig  (Schläuche)  und 
unterscheiden  sich  von  den  übrigen  Zellen  vornehmlich  durch 
ihren  Inhalt.  In  dem  oft  stark  geschwundenen,  nicht 
selten  schHeßhch  abgestorbenen  Protoplasten  liegen  als  End- 
produkte des  Stoffwechsels  sehr  große  Mengen  Sekrete  ver- 
schiedenster Art,  die  als  Schutzstoffe  ökologische  Bedeutung 
haben  können.  Als  solche  Sekrete  sind  besonders  verbreitet: 
Schleime,  Gummi,  ätherische  Öle,  Harze,  Gummiharze,  Gerbstoffe,  Alkaloide 
oder  Oxalatkristalle  (Fig.  22).  Die  W^indungen  dieser  Zellen  sind  oft  verkorkt. 
Zu  den  Sekretzellen  gehören  auch  die  ungegliederten  Milchröhren, 
die  als  Sekrete  Milchsäfte  enthalten.  Es  sind  reich  verzweigte  Schläuche 
ohne  alle  Querwände,  Röhren,  die  eine  meist  unverdickte,  glatte,  elastische 
Zellulose  wand  (Fig.  72),  einen  lebenden  Wandbelag  aus  Plasma  mit  zahlreichen 
Zellkernen,  manchmal  auch  mit  Stärkekörnern  (bei  vielen  Euphorbien  von 
knochenförmiger  Gestalt)  besitzen  (^^)  und  als  Zellsaft  eine  milchige,  meist 
weiße,  wäßrige  Flüssigkeit  enthalten,  die  an  der  Luft  rasch  gerinnt.  Der 
Milchsaft  hat  ökologische  Bedeutung;  er  dient  zum  Wundverschluß  und  als 


Fig.  72.  Stück 
einer    Milch- 
röhre der  As- 
clepiadacee 
Geropegia. 
Vergr.  150. 
Nach   Stras- 
burger. 


Morphologie. 


59 


Schutzmittel  gegen  Tierfraß.     Leitfunktion  haben  (üe  j\Iikhrühren  dagegen 
nicht. 

In  dem  Milchsaft  kommen  gelöst  vor:  Gerbstoffe,  Glykoside,  manchmal  giftige  Al- 
kaloide  und  besonders  Kalkmalat,  ferner  bei  Ficus  Garica  und  Carica  Papaya  auch  peptoni- 
sierende  Enzyme;  weiter  als  Tröpfchen  in  Emulsion:  Gummiharze,  d.  h.  Gemenge  von 
Gummi  und  Harz,  Kautschuk  (C.,5H,o),  (Guttapercha,  Fett  und  "Wachs;  als  feste  Bestand 
teile:  vielfach  Proteinkörner. 

Solche  Milchrühren  findet  man  bei  vielen  Euphorbiaceen  (z.  B.  Eu- 
phorbia), Moraceen,  Apocynaceen  und  Asclepiadaceen.  Sie  gehen  aus  Zellen 
hervor,  die  schon  in  der  Keimpflanze  kenntlich  sind  und  mit  der  ganzen  Pflanze 
weiterwachsen,  sich  fort  und  fort  verzweigen,  in  alle  ihre  Glieder  eindringen 
und  so  viele  Meter   lang  werden  können. 

2.  Zellfusionen.  Mehrere  Sekretzellen  können  auch  durch  Auflösung 
der  trennenden  Querwände  zu  einem  ge- 
räumigeren Sekretbehälter  verschmelzen. 
Am  auffälligsten  ist  das  der  Fall  bei  den  ge- 
gliederten Milchröhren  oder  Milch - 
gefäßen.  Sie  sehen  ganz  ähnlich  aus  und 
besitzen  auch  ganz  entsprechenden  Inhalt  wie 
die  ungegliederten  Milchröhren,  unterscheiden 
sich  von  ihnen  nur  dadurch,  daß  sie  aus  Zell- 
verschmelzungen hervorgehen  und  meist  zu 
einem  Netzwerk  verbundene  Schläuche  sind 
(Fig.  73).  Infolgedessen  findet  man  in  ihnen 
manchmal  Reste  von  Querwänden. 


Fig.  73.  Tangentialer  Längsschnitt 
aus  der  Peripherie  der  Wurzel  des 
Löwenzahns  (Taraxacum),  die  netz- 
förmig verbundenen  Milchgefäße 
zeigend.     Vergr.  240. 


Fig.    74.     Lysigener    Ölbehälter    im    Querschnitt    des 

Blattes  von  Dictamnus  Fraxinella.    A  Jung.     B  Nach 

Auflösung  der  Zellwände  fertig  ausgebildet. 

RoTHERT  frei  nach  Raüter. 


Wie  die  Milchröhren,  so  sind  auch  die  Milchgefäße  auf  bestimmte  Pflanzen- 
familien beschränkt,  so  auf  gewisse  Euphorbiaceen  (z.  B.  bei  dem  ^^^chtigsten 
Kautschukbaum  Hevea),  die  Papaveraceen  mit  Papaver  und  dem  durch 
orangerote  Färbung  seines  Milchsaftes  ausgezeichneten  Chelidonium,  ferner 
auf  die  Campanulaceen  und  die  Cichorieen  unter  den  Kompositen,  etwa  mit 
den  Gattungen  Cichorium,  Taraxacum,  Lactuca,  Scorzonera,  Hieracium, 
Tragopogon.  Ihre  Funktionen  entsprechen  denen  der  ungegliederten  Milch- 
röhren. 

Den  Milchgefäßen  in  vieler  Beziehung  ähnlich  sind  die  Schleim  röhren,  die  bei 
vielen  Monokotylen  vorkommen.  Ihr  Schleimsaft  besteht  aus  Eiweiß,  Stärke,  Glykose, 
Gerbstoffen  und  anorganischen  Stoffen. 

3.  Lysigene  Interzellularräume.  Häufig  entstehen  ferner  Sekret- 
behälter auch  lysigen,  d.  h.  durch  Auflösung  der  ganzen  Sekretzellen  (Fig.  74) 


60 


Fitting: 


(lysigeiie  Sekret  behält  er).  Sie  stellen  rundliche  Gebilde,  unregelmäßige 
Hohlräume  und  schlauchförmige  Gänge  dar.  Sie  gehen  aus  Zellgruppen 
hervor,  in  denen  die  Sekrete  entstanden  sind  und  deren  Wände  allmähhch 
aufgelöst  wurden.  Solchen  Ursprung  haben  unter  anderem  die  mit  ätherischem 
Öl  gefüllten  Sekretbehälter  der  Orangen,  Zitronen  und  anderer  Rutaceen 
sowie  vieler  Myrtaceen. 

6.  Drüsenzellen  und  Drüsengewebe.  Außer  Sekretzellen  findet  man,  eben- 
falls einzeln  oder  auch  zu  Gruppen  vereint,  in  der  Epidermis,  im  Parenchym 
oder  in  anderen  Gewebearten  oft  Drüsenzellen,  d.  h. 
Zellen,    die  Sekrete,    also  meist  Endprodukte   des    Stoff- 
wechsels,  aus  ihren  Protoplasten  durch 

die   Zellwände  nach   außen,   aus   dem 

Pflanzenkörper  oder  in   Interzellularen, 

ausscheiden.      Auch     die    Drüsenzellen, 

die   immer   lebend    sind,    gleichen    den 

Parenchymzellen,     sind    aber    wie    die 

Meristemzellen    meist    mit    viel    Plasma 

und  mit  großen  Zellkernen  ausgestattet. 

Die    ausgeschiedenen    Stoffe    haben    oft 

eine    ökologische    Bedeutung.     Gruppen 

von  lückenlos  verbundenen  Drüsenzellen, 

die  eine  Zellschicht  bilden,   nennt  man 

Drüsenepithelien. 

Besonders  häufig  findet  man  in  der 

Epidermis  Drüsenepithelien   oder  ein- 
zelne   Drüsenzellen.     Sie    sind    oft    von 

einer  porösen  Kutikula  überzogen,  oder 

eine  Kutikula  fehlt  ganz.   Hier  kommen 

auch  Drüsenhaare  vor,  so  auch  Köpf- 
chenhaare, deren  als  Köpfchen  ausgebildete  Endzelle  (Fig.  75)  die  Drüsen- 
zelle ist.  Andere  solche  Haare  sind  schuppenförmig  gestaltet  (Fig.  76); 
auch  Drüsenzotten  (Fig.  56)  kommen  vor.  Das  Sekret  besteht  sehr  oft  aus 
harzigen  Stoffen;  in  diesem  Falle  tritt  es  zunächst  zwischen  der  Außenwand 
der  Drüsenzelle  und  der  Kutikula  auf, 
die  Kutikula  emporhebend  und  schließ- 
lich zersprengend.  Ähnliches  gilt  für 
andere  klebrige  Stoffe  und  Schleim. 


Fig.  75.  Drüsen- 
haar vom  Blatt- 
stiel der  Primula 
sinensis,  oben  das 
Sekret.  Vergr.  142. 
Nach   DE   Bary. 


Fig.76.  Gelbe  Drüsen- 
schuppen von  den 
weiblichen  Blüten- 
ständen des  Hopfens 

im  senkrechten 
Durchschnitt.  A  Vor 
Beginn  der  Sekret- 
bildung. B  Die  Kuti- 
kula durch  das  Sekret 
emporgehoben ,  das 
Sekret  durch  Alkohol 
entfernt.   Vergr.  142. 

Nach  DE  Bary. 


Fig.  77.  Sitzende  Digestionsdrüse  der  Blatt- 
oberseite  von  Pinguicula  vulgaris.     A   Im 
Längsschnitt.     B   In   Aufsicht.     Rothert 
frei  nach  Fenner. 


Fig.  78.  Schizogener  Ölbehälter  im  Blatt- 
querschnitt von  Hypericum  perforatum. 
.y  Das  Drüsenepithel.     Nach  Haberlandt. 


Nach  den  Ausscheidungsprodukten,  die  recht  verschiedene  ökologische  Bedeutung 
haben  können,  unterscheidet  man  unter  den  opidermalen  Drüsen:  Schleim-,  Öl-,  Harz-, 
Digestions-  (Fig.  77),  Salzdrüsen,  Wasserdrüsen  (Hydathoden)  und  Nektar  ien  (^'*).  Die  letzt- 
genannten scheiden  zuckerreiche  Sekrete  aus,  die  Insekten  anlocken;  sie  finden  sich  als  Drüsen- 
flächen oder  Drüsenhaare  vor  allem  innerhalb  der  Blüten  (nuptiale  Nektarien),  oder  außerhalb 
(extranuptiale  Nektarien,  vgl.  Fig.  141  n)  und  haben  recht  verschiedenen  Bau  (vgl.  auch  S.  99). 


Morphologie.  Q\ 

Die  im  Parenchym  oder  in  anderem  Gewebe  eingeschlossenen  Drüsen- 
zellen oder  Drüscnepithelien  grenzen  stets  an  rnndliche  oder  unregelmäßig 
begrenzte  Interzellularräume  oder  an  gang-  und  röhrenförmige,  unverzweigte 
oder  verzweigte  Interzellularkanäle,  die  manchmal  die  ganze  Pflanze  als 
kommunizierende  Röhren  durchziehen  können.  Diese  Interzellularen,  die 
durch  Auseinanderweichen  der  Drüsenzellen,  also  schizogen,  entstehen,  sind  es, 
in  die  die  Sekrete  ausgeschieden  werden;  sie  bilden  die  schizogenen  Sekret- 
behälter (Fig.  78).  Ihr  Inhalt  besteht  aus  ätherischen  Ölen,  Harzen,  Gummi, 
oder  Schleim;  dementsprechend  unterscheidet  man  zwischen  Öl-,  Harz- 
(Fig.  133 A,h),  Gummi-  und  Schleimgängen  oder  -kanälen.  Solche  Harz- 
kanäle finden  sich  bei  vielen  Coniferen,  Ölgänge  z.  B.  bei  den  Umbelliferen, 
Schleim-  und  Gummigänge  bei  den  Cycadeen  und  Araliaceen  (wie  dem  Epheu). 
Runde  oder  längliche  schizogene  Höhlungen  (Lücken)  mit  ätherischen  Ölen 
kommen  bei  Hypericum-Arten  vor  (Fig.  78"). 

Übrigens  gibt  es  auch  schizolysigene  Sekretbehälter. 


Dritter  Abschnitt.  Organlelire  (Organographie)^" 


Die  Organismen,  die  wir  zum  Pflanzenreiche  rechnen,  sind  sehr  ver- 
schieden gestaltet  und  gegliedert.  Teils  sind  sie  zeitlebens  einzellig,  teils 
sind  sie  vielzellig.  Einzelhge  wie  Vielzellige  können  sehr  einfache  und  regel- 
mäßige oder  unregelmäßige  Umrißformen  haben  und  äußerlich  ganz  ungegliedert 
sein  oder  einen  durch  Auszweigungen  mannigfaltigster  Art  reich  und  mehr 
oder  weniger  symmetrisch  gegliederten  Körper  besitzen. 

I.  Symmetrieverhältnisse.  Die  ganze  Gestalt  eines  ungegliederten  oder 
irgendwie  gegliederten  Organismus  und  ebenso  die  Form  und  die  innere  Aus- 
bildung seiner  Teile  wird  beherrscht  durch  die  Eigenart  der  Symmetrie- 
verhältnisse, d.  h.  durch  die  mehr  oder  weniger  gesetzmäßige  Verteilung 
der  organischen  Massen,  die  das  Lebewesen  oder  seine  Organe  zusammen- 
setzen. Die  Symmetrie  Verhältnisse  stehen  wne  fast  alle  Eigenschaften  organischer 
Formen  in  engster  Beziehung  zu  der  Lebensweise  des  Organismus  und  zu  den 
Funktionen  seiner  Organe,  vor  allem  der  Wuchsrichtung  der  Pflanze  und  ihrer 
Glieder.  Meist  entspricht  deshalb  den  äußeren  Symmetrieverhältnissen  eines 
Pflanzenteiles  auch  die   Symmetrie  seines  inneren  Baues. 

Von  wenigen,  sehr  einfachen  Pflanzen  abgesehen,  deren  Symmetrie- 
verhältnisse hier  unerörtert  bleiben  sollen,  finden  wir  am  Körper  pflanzlicher 
Organismen  und  jedem  seiner  Teile  fast  stets  einen  polaren  Gegensatz 
seiner  durch  die  Längsachse  verbundenen  Körperenden,  seiner  Spitze  und 
Basis  ausgebildet.  Ein  solcher  Unterschied  kommt  vor  sowohl  bei  frei  beweg- 
lichen Formen,  bei  denen  die  Fortbewegungsrichtung  meist  durch  die  polare 
Ausbildung  des  Körpers  bestimmt  wird,  als  auch  bei  festgewachsenen  Arten, 
bei  denen  der  Körper  mit  dem  unteren  Pole,  der  Basis,  am  Substrate  fest- 
geheftet ist. 

Jeder  Schnitt  parallel  zur  Längsachse,  gleichgültig  ob  er  diese  in  sich 
aufnimmt  oder  nicht,  ist  ein  Längsschnitt  durch  den  Pflanzenteil;  die 
rechtwinldig  zur  Längsachse  geführten  Schnitte  sind  Querschnitte.  Ein 
polar  gebauter  Organismus  oder  Pflanzenteil,  der  rings  um  seine  Längsachse 
annähernd  gleich  gebaut  ist,  wird  als  radiär,  polysymmetrisch  oder  aktino- 
morph  bezeichnet  (Fig.  529^).  Er  läßt  sich  durch  mehrere,  in  der  Längs- 
achse sich  schneidende  Längsschnitte  in  jeweils  zwei  spiegelbildlich  ungefähr 


62  Fitting: 

gleiche  Teile  zerlegen;  er  hat  also  mehrere  Symnietrieebenen.  An  solchen 
Körpern  heißen  Längsschnitte  radial,  wenn  sie  durch  die  Längsachse  gehen 
(wie  es  z.  B.  bei  seinen  Symmetrieebenen  der  Fall  ist),  tangential,  wenn  sie 
senkrecht  auf  einem  Radius  stehen  und  nicht  durch  die  Längsachse  hindurch 
gehen.  Sind  bloß  zwei  aufeinander  senkrecht  stehende  Symmetrieebenen 
vorhanden,  die  sich  ebenfalls  in  der  Längsachse  schneiden,  so  spricht  man  von 
bilateralen  oder  bisymmetrischen  Gebilden  (Fig.  107).  Gibt  es  schließlich 
bloß  eine  einzige  Symmetrieebene,  so  hegt  ein  dorsiventraler,  mono- 
symmetrischer oder  zygomorpher  Körper  vor,  bei  dem  nur  die  beiden  Flanken 
einander  entsprechen,  Rücken- und  Bauchseite  aber  verschieden  sind(Fig.  Ö29B); 
die  Symmetrieebene  solcher  Körper  nennt  man  ihre  Medianebene  oder 
Mediane.  Pflanzen  oder  Pflanzenteile,  die  in  der  Lotrichtung  nach  aufwärts 
oder  abwärts  (orthotrop)  wachsen,  sind  meist  radiär  oder  wohl  auch  bilateral 
symmetrisch;  wenn  sie  dagegen  senkrecht  oder  schräg  zur  Lothnie  (plagio- 
trop)  wachsen,  so  sind  sie  oft  dorsiventral.  Sclüießlich  gibt  es  auch  ganz 
asymmetrische  organische  Gebilde,  bei  denen  sich  der  Körper  überhaupt 
nicht  in  spiegelbildhche  Hälften  teilen  läßt.  Manche  sonst  dorsiventrale  Ge- 
bilde, wie  z.  B.  manche  Blätter,  werden  dadurch  asymmetrisch,  daß  die  eine 
Hälfte  sich  anders  ausbildet  als  die  andere.  Das  ist  z.  B.  bei  den  Blättern  von 
Begonia  der  Fall,  weshalb  man  diese  Pflanzen  auch  ,, Schiefblätter"  nennt, 
ferner  in  geringerem  Grade  u.  a.  bei  den  Blättern  der  Ulme. 

Die  Symmetrieverhältnisse  sind  für  das  Verständnis  der  pflanzlichen  Gestaltungs- 
verhältnisse von  sehr  großer  Bedeutung.  Oft  werden  die  besonderen  Symmetrieverhält- 
nisse der  Seitenglieder  sofort  verständlich,  wenn  man  den  Aufbau  der  ganzen  Pflanze  in 
Betracht  zieht.  So  sind  die  asymmetrischen  Blätter,  z.  B,  bei  den  Begonien (^'),  die  Folge 
der  dorsiventralen  Symmetrie  der  ganzen,  meist  mehr  oder  weniger  plagiotropen  Pflanze 
oder,  wie  bei  der  Ulme  und  vielen  anderen  Gewächsen,  ihrer  Zweige. 

IL  Bedeutimg  der  äußeren  Gliederung  für  den  Organismus.     Bau  und 

Gliederung  zeigen  meist  enge  Beziehungen  zu  den  Lebensbedürfnissen  und 
zur  Lebensweise  der  Einzelformen.  Äußere  Ghederung  ist  meist  gerade  so 
wie  die  innere  der  Ausdruck  einer  Arbeitsteilung,  die  zwischen  den  Teilen 
einer  Zelle  oder  eines  vielzelligen  Körpers  eingetreten  ist.  Die  äußeren  Gheder 
sind  nämlich  meist  zu  Organen  mit  bestimmten  Lebensfunktionen  geworden. 
Der  phylogenetische  Fortschritt  von  einfacheren  zu  reicher  gegliederten 
organischen  Formen  besteht  zum  guten  Teile  in  der  Zunahme  dieser  Arbeits-, 
teilung. 

IIL  Hauptgruppen  von  Organen.  Jeder  Organismus  betätigt  sich  in 
doppelter  Weise:  Er  muß  sich  ernähren,  um  sich  selbst  zu  behaupten;  und 
er  muß  sich  fortpflanzen,  um  die  Art  zu  erhalten,  da  sein  Leben  begrenzt 
ist.  Diesen  beiden  fundamentalen  Lebensregungen  dient  der 
Körper.  Nur  bei  primitiven  Pflanzen  ist  er  in  gleicher  Weise  mit  seiner  ganzen 
Masse  beiden  Aufgaben  dienstbar;  sonst  besorgen  bestimmte  Teile  die  Er- 
nährungsvorgänge, andere  die  Fortpflanzung.  So  finden  wir  meist  eine  scharfe 
Arbeitsteilung  zwischen  den  Vegetationsorganen  und  den  Fort- 
pflanzungsorganen,  die  wie  in  ihren  Funktionen,  so  auch  in  ihrem  äußeren 
und  inneren  Bau  fundamental  verschieden  sind.  Beide  Gruppen  von  Organen 
müssen  wir  getrennt  betrachten. 

I.  Vegetationsorgane. 

Die  höchste  Gliederung,  die  die  Pflanze  in  ihren  Vegetationsorganen 
erfahren  hat,  ist  die  Ghederung  in  Wurzeln,  Stengel  und  Laubblätter. 
Stengel  und  Laubblätter  faßt  man  auch  als  Sproß  zusammen.  Einen  aus 
Sproß  und  Wurzeln  bestehenden  Körper  nennen  wir  Kormus.    Die  Gewächse 


Morphologie. 


63 


solchen  Bauos  bezeichnet  man  Avohl  als  Konnophy teii;  dazu  gehören  die 
farnähnlichen  Gewächse  oder  Pteridophyten  und  die  aus  ihnen  hervor- 
gegangenen, noch  reicher  gegliederten  Samenpflanzen. 

Die  Kormophyten  sind  phylogenetisch  entstanden  aus  einfacher  organi- 
sierten Gewächsen,  bei  denen  der  Körper  noch  nicht  eine  so  weitgehende 
Gliederung  erfahren  hat:  bei  denen  die  Wurzeln  und  echten  Blätter  noch  fehlen, 
wenn  bei  manchen  auch  blattähnliche  Zweige  vorkommen  können.  Solche 
Gebilde  bis  herab  zu  ganz  einfachen,  völlig  ungegliederten  Pflanzenkörpern 
hat  man  Thalli  genannt.  Gewächse,  die  einen  Thallus  besitzen,  kann  man 
als  thallöse  Pflanzen  den  Kormophyten  gegenüberstellen.  Einen  Thallus 
haben  die  Algen,  Pilze,  Flechten  und  alle  Moose. 

Mit  den  thallösen  Pflanzen  darf  man  die  Thallophyten  nicht  verwechseln.  Alle 
thallösen  Pflanzen  Jiaben  zwar  einen  Thallu.«,  aber  nicht  alle  sind  Thallophyten.  Unter 
diesem  Namen  faßt  die  Systematik  nur  die  Algen,  Pilze  und  Flechten  zusammen. 

A.  Der  Thallus  {'% 

a)  Algen,  Pilze,  Flechten.  1.  Einfachste  (Kugei-)Formen.  Äußerlich 
ganz  ungegliedert  ist  bloß  eine  Reihe  mikroskopisch  kleiner  einzelliger  oder 
vielzelliger  Gewächse.  Die  einfachste  Form,  die  ein 
Organismus  annehmen  kann,  ist  die  Kugel.  Aus 
solchen  Kugelzellen  bestehen  z.  B.  manche  Algen, 
die  an  feuchten  Mauern  grüne  Überzüge  bilden  (Fig.  35), 
und  viele  Bakterien  (Fig.  SOb),  die  bei  weitem  kleinsten 
Organismen,  die  wir  kennen. 

2.  Relative  Oberflächenvergrößerung.  Ausbildung 
einer  Längsachse.  Die  Kugel  hat  von  allen  geome- 
trischen Figuren 
gleichen  Raum- 
inhaltes die  klein- 
ste Oberfläche ;  und 
zwar  ist  die  Ober- 
fläche der  Kugel 
um  so  kleiner  im 
Verhältnis  zuihrem 
Volumen,  je  größer 
dieses  wird,  und 
umgekehrt  (glei- 
ches gilt  übrigens 
auch  für  alle  anders 
geformtenGebilde). 
Bei  den  winzig 
kleinen  Baktefien- 
zellen  ist  also  die 
Oberfläche  im  Ver- 
hältnis zu  ihrem 
Rauminhalt     ganz 

ja  man  darf  die  auffallend  geringe  Größe  dieser 
Organismen  in  dieser  Hinsicht  wohl  geradezu  als  Anpassung  an  ihre  Lebens- 
weise bezeichnen.  Alle  Abweichungen  von  der  Kugelgestalt  sind  mit  einer 
mehi-  oder  weniger  ausgiebigen  relativen  Vergrößerung  der  Oberfläche  ver- 
bunden. Namentlich  wenn  das  Körpervolumen  zunimmt,  im  Verhältnis  dazu 
seine  Oberfläche  also  sich  verringert,  wird  meist  auf  diese  Weise  die  Oberfläche 
des  Körpers  vergrößert.     Alsdann  finden  wir  Zylind(M--,   Stäbchen-,  Faden-, 


Fig.  79.  Die  Kieselalge 
Pinnularia  viridis  in  zwei 
Ansichten.  A  Die  Schalen- 
ansicht, B  die  Gürtelband- 
ansicht. Vergr.  540.  Nach 
Strasburger. 

außerordentlich   groß: 


Bakterien  des  Zahnschleims. 
a   Leptothrix    buccalis,    bei    a*    nach 
Jodbehandlung,    i>    Mikrokokken,    c 
Spirochaete  dentium  nach  Jodbehand- 
lung, (/  Spirillum  sputigenum. 
Vergr.  800.    Nach  Strasburg  ER. 


64 


Fitting: 


Band-  und  Scheibenformen,  sowie  schließlich  äußerlich  gegliederte,  mit  Fort- 
sätzen ausgestattete  Körper,  also  zumeist  Gebilde,  die  bereits  eine  deutliche 
Längsachse  erkennen  lassen.  Die  freie  Oberfläche  des  Körpers  nämlich 
ist  bei  jeder  Pflanze  von  allergrößter  Bedeutung  für  die  Aufnahme  der  zur 
Ernährung  unbedingt  notwendigen  flüssigen  und  gasförmigen  Stoffe  aus  der 
Außenwelt.  So  ist  eben  die  Oberflächen  Vergrößerung  das  wichtigste  Prinzip 
der  Oberflächendifferenzierung. 

Von  ellipsoidischer  Form  sind  die  einzelligen  Individuen  der  Bierhefe  (vgl.  Fig.  20); 
scheibenförmig  oder  zylindrisch  sind  die  Zellen  vieler  Algen,  z.  B.  vieler  Diatomeen- 
Arten.  In  dieser  Algengruppe  gibt  es  auch  spindel-,  schiff-  (Fig.  79),  heim-,  fächer-, 
faden-,  band-  und  kettenförmige  Gebilde.  Stäbchen-  und  schraubenförmige  Gestalten 
finden  wir  auch  bei  den  Bakterien  (Fig,  80  a,  c,  d).  Die  Bakterienzellen  besitzen  natür- 
lich auch  dann,  wenn  sie  nicht  Kugelgestalt  haben,  eben  infolge  ihrer  außerordentlichen 
Kleinheit  gegenüber  ähnlich  gestalteten  Zellen  anderer  Organismen  eine  ungewöhnlich  große 
freie  Oberfläche. 

Solche  Lebewesen  können  mit  Gallerte  oder  Schleim  auf  einer  Unterlage  fest- 
sitzen oder  auch  frei  in  Flüssigkeiten,  vor  allem  in  Wasser,  flottieren.  Die  flottierenden 
Organismen  des  Wassers,  der  Binnengewässer  sowohl  wie  der  Meere,  bezeichnet  man  als 
Plankton  im  Gegensatze  zu  den  Wasserorganismen,  die  festgeheftet  sind,  dem  Ben- 
thos.  Die  Planktonflora,  die  sehr  reich  an  eigenartigen  Formen  ist,  enthält  fast  lauter 
solche  Gestalten,  wie  wir  eben  genannt  haben.  Sie  können  mit  aktivem  Bewegungsver- 
mögen begabt  sein  (Schwimmer).  Der  Fortbewegung  dienen  alsdann  in  der  Regel 
besondere  Organe:  sehr  häufig  fadenförmige  kontraktile  Geißeln  oder  Zilien,  die 
Fortsätze  des  Plasmakörpers  sind.  Ihr  Besitz  erlaubt  es  solchen  Planktonten,  durch  Reiz- 
bewegungen die  Stellen  mit  den  günstigsten  Ernährungsbedingungen  auf- 
zusuchen, ungünstige  Stellen  aber  zu  fliehen.  Andere  Planktonorganismen 
schweben  dagegen  ohne  eigenes  Bewegungsvermögen  im  Was9er(Schweber); 
viele  von  ihnen  und  andere  Planktonten  besitzen  besondere  Schwebe- 
einrichtungen. Die  Oberflächen  ihrer  Körper  sind  durch  lange 
Stacheln,  Leisten,  fallschirmartige  Platten  außerordentlich  vergrößert 
(P'ig.  319,  321,  322);  dadurch  erhöht  sich  der  Reibungswiderstand  des 
Körpers  am  Wasser  bedeutend,  und  das  Sinken  wird  erschwert  (^^). 

Haben  alle  diese  einfach  organisierten  Pflanzen  starre  Körper- 
formen, so  gibt  es  auch  niedere  Pflanzen,  die  ständig  ihre  Gestalt  wechseln, 
also  ohne  feste  Umrisse  sind,  z.  B.  die  Myxamoeben  und  die  Plasmodien 
der  Schleimpilze. 

3.    Ausbildung    des    polaren    Gegensatzes.      Als   nächste 
Stufe   der   fortschreitenden  Gestaltung   kann   bei  Formen   mit 
Längsachse  jene  gelten,  bei  der  sich  ein  Unterschied  zwischen 
Basis  und  Spitze  oder  Scheitel   einstellt.      Bei   freibeweg- 
lichen Formen  ist  alsdann  der  eine  Pol  oft  Träger  der  Fort- 
bewegungsorgane (Geißeln).     Bei  festgewachsenen  dient  er 
meist   als    Haft-    oder    Befestigungsorgan   (als   kreisrunde 
Haftscheibe  oder  als  krallen-  oder  fingerförmig  verzweigte  Haft- 
lappen usw.)  der  Anheftung,  während  das  Wachstum  sich  auf 
eine  eng  umgrenzte  Stelle  des  Körpers,  einen  Vegetations- 
punkt, beschränken  kann,  nämlich  bald  auf  eine  Zone  zwischen 
Basis  und  Spitze   (interkalares    Wachstum,  interkalarer  Vege- 
tationspunkt), bald  mehr  und  mehr  auf  den  Scheitel  (apikales 
oder  Spitzenwachstum,  apikaler  Vegetationspunkt).    Ein  Keim- 
ling der  grünen  Meeresalge  Ulva  Lactuca  mag  für  den  letzteren 
Fall  als  Beispiel  dienen  (Fig.  81). 
4.  Abplattung.   Bei  vielen  Algen  und  Flechten  ist  der  Thallus  bandförmig 
oder  scheibenförmig  abgeplattet  (Fig.  83).    Dadurch  wird  die  freie  Oberfläche, 
worauf  es  der  Pflanze  ankommt,  weiter  wesentlich  vergrößert.     Deshalb 
darf   man   diese  Ausbildung   wohl   als   eine   Anpassung  an    die  Ernährungs- 


P'ig.  81.  Keim- 
ling von  Ulva 
Lactuca.  Oben 
der  Scheitel, 
unten  die  Ba- 
sis. Vergr.  220. 
Nach  Stras- 
burger. 


Morphologie. 


65 


Verhältnisse  dieser  Organismen  ansehen.  Sie  bauen  sich  nämlich  ihre  organische 
Substanz  aus  dem  Kohlenstoffe  der  Kohlensäure  auf,  die  sie  zerlegen.  Diese 
Zerlegung  und  Assimilation  aber  erfolgt  wie  bei  allen  Pflanzen,  die  Chloro- 
phyll enthalten,  nur  ani  Lichte.  Soll  sie  also  in  größerem  Maße  stattfinden, 
so  müssen  möglichst  viele  Chlorophyllkörner  dem  Lichte  ausgesetzt  werden! 
Das  aber  wird  eben  bei  voluminösen  Körpern  vielfach  durch  Abflachung  er- 
reicht. 

5.  Ausbildung  von  Dorsiventralität.  Die  Mehrzahl  der  bisher  besprochenen 
Formen  ist  radiär  oder  bilateral  symmetrisch.  Bei  manchen,  namentlich 
solchen,  die  mit  ihrem  Thallus  auf  einer  Unterlage  sich  ausbreiten,  also  plagio- 
trop  wachsen  (z.  B.  bei  vielen  Flechten),  ist  der  Körper  aber  auch  dorsiventral 
ausgebildet.  Dorsiventrale  Symmetrie  ist  namentlich  solchen  Formen  eigen- 
tümlich, deren  Oberseite  melir  Licht  erhält  als  die  Unterseite,  Alsdann  ist 
vor  allem  die  obere  Seite  für  die  Assimilation  eingerichtet. 

6.  Ausbildung  von  Ver- 
zweigungen. Noch  höher 
organisiert  sind  Fäden, 
Bänder  und  Scheiben,  die 
durch  Fortsätze  ver- 
zweigt sind.  So  ist  die 
Mehrzahl  der  Thalli  bei 
Algen,  Pilzen  und  Moosen 
gestaltet.  Durch  die  Ver- 
zweigung wird  die  freie 
Oberfläche  meist  noch  wei- 
ter bedeutend  vergrößert 
und  zugleich  eine  bessere 
Raumausnutzung  ermög- 
licht. Es  können  dadurch 
schließlich  busch-,  strauch- 
und  baumförmige  Thalli 
entstehen,  bei  den  Algen 
vielfach  mit  Zweigen  sehr 
großer  Biegsamkeit  und 
Geschmeidigkeit,  die  dem 
bewegten    Wasser   keinen 

Widerstand    entgegen- 
setzen,   sondern    in    ihm 
fluten. 

Bei  der  Verzweigung 
kann  sich  der  Scheitel 
der  Keimlingsachse  selbst 
in  zwei  neue,  gleichmäßig 
weiterwachsende  Gheder 
teilen,  gabeln  (di  c  h ot  o  m e 
Verzweigung),  so  bei 
dem  sich  fortdauernd  gabelnden,  da  durch  fächerförmigen  Thallus  der  braunen 
Meeresalge  Dictyota  dichotoma  (Fig.  83  und  das  Schema  Fig.  82a).  Bei 
anderen  verzweigten  Formen  wachsen  dagegen  durch  Neubildung  von  Vege- 
tationspunkten Seitenzweige  hervor,  oft  mit  gesetzmäßiger  Anordnung  (seit- 
liche Verzweigung).  An  höher  organisierten  Formen  schränkt  sich  auch  bei 
dieser  Art  der  Verzweigung  die  Bildung  solcher  Vegetationspunkte  immer  mehr 
und  mehr  auf  den  Scheitel  des  Thallus  ein;  die  dem  Scheitel  nächsten,  jüngsten 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     IG.  Aufl.  5 


Fig.  82.    a  Schema  der  dichotomischen,  ö  der  seitlichen, 
razemösen   Verzweigung.     Ä'  Keimlingsachse,    H  Haupt- 


achse, 


3,  4  Tochterachsen 


4.  Ordnung 


Fig.  83. 


Dictyota  dichotoma  (braune  Meeresalge). 
"Vs  nat.  Gr.     Nach  Schenck. 


66 


Fitting: 


Seitenzweige  sind  alsdann  die  kürzesten.  Eine  solche  scheitelwärts  fortschrei- 
tende, akropetale  Anlage  neuer  Seitenglieder  ist  bereits  bei  der  grünen 
Fadenalge  Cladophora  deutlich  (Fig.  84,  vgl.  auch  Fig.  89).  Bei  der  einfachsten 
Ausbildung  der  seithchen  Verzweigung  geht  eine  einheitliche  Hauptachse, 
die  an  der  Spitze  immer  weiter  wächst,  ein  Monopodium,  durch  das  ganze 
Verzweigungssystem.  Sie  ist  die  Mutterachse  für  eine  größere  Zahl  nacheinander 
meist  ringsum  entstandener  und  schwächer  wachsender  Seitenachsen,  die 
sich  in  gleicher  Weise  verzweigen  können.  Man  nennt  diese  Verzweigung  die 
razemöse  Verzweigung  (vgl.   das  Schema  Fig.  S2b). 

Alle  Seiten-  (oder  Tochter-)achsen,  die  unmittelbar  an  der  Keimhngs- 
achse  entstehen,  nennt  man  1.  Ordnung;  solche,  die  an  Tochterachsen  erster 
Ordnung  durch  Verzweigung  entstehen,  2.  Ordnung  und  so  fort  (vgl.  Fig.  82). 
Jede  Achse,  an  der  eine  Tochterachse  irgendeiner 
Ordnung  entsteht,  wird  mit  Bezug  auf  diese  Aus- 
zweigung  Mutter achse  des  Tochtergliedes  ge- 
nannt. Die  Seitenachsen  können  unbegrenztes 
Wachstum  haben.  Langtriebe  sein,  oder  essind 
Kurz  triebe  mit  begrenztem  Wachstum. 

An  Achsen  mit  interkalaren  Vegetationspunkten  ent- 
stehen die  Seitenzweige  entweder  akropetal  oder  basipetal. 


■-^ 


Fig.  84.  Stück  einer  Cladophora 

glomerata  (Süßwasseralge). 
Vergr.    48.      Nach    Schenck. 


Fig.  85.  Unechte  Verzweigung  bei  Spaltalgen.  A  Plecto- 
nemaWollei:  nur  das  obere  Ende  des  zerbrochenen  P'aden- 
btückes  wächst  als  Ast  aus.  B  PI.  mirabile:  beide  Enden 
wachsen  weiter.   Oltmanns  nach  Kirchner  u.  Bornet. 


Übrigens  kommt  bei  Thallophyten  auch  die  zymöse  Verzweigung  vor,  die  wir  später 
beim  Kormus  näher  kennen  lernen  werden. 

Diese  Verzweigungsarten  nennt  man  echte.  Im  Gegensatz  dazu  findet 
sich  bei  einigen  niederen,  fadenförmigen  Algen  und  Bakterien  unechte  Ver- 
zweigung. Sie  kommt  dadurch  zustande,  daß  der  Faden  in  zwei  Stücke  zer- 
bricht, die  aber  durch  eine  Gallertscheide  auch  ferner  zusammengehalten 
werden,  und  daß  jedes  durch  den  Bruch  entstandene  neue  Fadenende  zu 
einer  fadenförmigen  Zellreihe  aus  wachsen  kann  (Fig.  85).     Nicht  von  Ver- 


Morphologie. 


67 


zweigung,  sondern  von  Zertoilung  spricht  man  dagegen,  wenn  ein  unver- 
zweigter Thalhis  nachträglich  in  eine  Anzahl  Lappen  zerteilt  wird,  wie  es 
z.  B.  bei  dem  bandartigen  Thallus  von  Laminaria  (Fig.  352)  der  Fall  ist. 

Bei  den  Pilzen,  die  keine  Kohlensäure  assimilieren,  sondern  sich  von 
organischen  Stoffen  ernähren,  hat  der  Thallus  dementsprechend  ein  besonderes 
reich  verzweigten,  farblosen,  zylin- 
drischen Fäden  (Fig.  86  und  Fig.  6), 


Fig.  86.  Teil  eines  Myzeliums  von  dem  Fig.  87.  Haustorien  (haust)  von  Peronospora 
Schimmelpilz  Penicillium.     Vergr.  ca.   35.       parasitica   in  Parenchymzellen    von  Capsella. 

ky  Interzellulare  Hyphe.    Ver^r.  240.J 

den  Hyphen,  die  das  Substrat,  z.  B.  den  Waldhumus,  allseitig  durchziehen, 
Aussehen.  Man  nennt  ihn  Myzelium.  Er  besteht  meist  nur  aus  sehr  dünnen, 
so  daß  sie  mit  außerordenthch  großer  Oberfläche  die  nötigen  Nährstoffe  auf- 
nehmen   können.      Schmarotzerpilze 


treiben  meist  Ausstülpungen  von  Hy- 
phen als  Saugfortsätze  (Hausto- 
rien) in  die  lebenden  Zellen  der 
Wirtspflanzen,  sofern  sie  nicht  in  den 
Zellen  leben,  sondern  etwa  mit  ihren 
Hyphen  das  Interzellularsystem  durch- 
ziehen (Fig.  87). 

7.  Arbeitsteilung  zwischen  den 
Thalluszweigen.  Am  reichsten  geglie- 
dert ist  der  Thallus  in  einigen  Ab 
teihmgen  der  Schlauchalgen  (Sipho- 
neen),  der  braunen  und  der  roten 
Meeresalgen  (Phaeophyceen  und  Rho- 
dophyceen).  Die  äußere  Gliederung 
mancher  solcher  mit  Haftscheiben, 
Haftlappen  oder  verzweigten  Strängen 
befestigten  Formen,  die  zum  Teil  sehr 
groß  werden  können  (der  Thallus  der 
Braunalge  Macrocystis  wird  über  45  m 
lang),  erinnert  auffallend  an  die  des 
Sprosses  der  Kormophyten,  so  z.  B. 
bei  der  roten  Meeresalge  Delesseria 
sanguinea  (Fig.  88):  an  zylindrischen, 


/^ 


Fig.   88.     Thallus    der    Rotalge    Delesseria 
sanguinea.    ^o  nat.  Größe.     Nach  Schexck. 


verzweigten  Thallusästen  sitzen  Seitenzweige,  die  blattähnlich  gestaltet  sind. 
Der  Thallus  hat  bei  vielen  solchen  Formen  außer  der  Ausbildung  eines  Haft- 
organs (einer  Haptere)  und  der  Zweige  eine  weitere  Arbeitsteilung  zwischen 
seinen  Gliedern  eintreten  lassen:  einige  Zweige  sind  zylindrisch  und  dienen 

5* 


68  Fitting: 

dazu,  das  Wachstum  und  die  Verzweigung  des  Thallus  als  Langtriebe  fortzusetzen 
und  die  übrigen  Triebe  zu  tragen.  Die  letzteren  dagegen  sind  zu  blattartigen 
Assimilationsorganen  (Assimilatoren)  mit  begrenztem  Wachstum,  zu 
Kurztrieben,  geworden.  Ja,  diese  Kurztriebe  zeigen  manchmal  unter  sich 
nochmals  eine  Arbeitsteilung.  Solche  Formen  sind  morphologisch  von  höchstem 
Interesse,  weil  sie  uns  zeigen,  wie  die  Blätter  der  Kormophyten  aus  Kurz- 
trieben entstanden  sein  könnten. 

Die  Ausbildung  blattähnlicher  Kurztriebe  an  den  Körpern  von  thallösen  Pflanzen 
ist  offenbar  selbständig  in  jeder  der  genannten  Reihen  entstanden,  nämlich  da,  wo 
Thallusstücke  zu  besonderen  Assimilationsorganen  wurden.  Alle  diese  Gebilde  nahmen 
annähernd  gleiche  Form,  eben  die  Blattform,  an.  Die  blattartigen  Triebe  der  Siphoneen 
und  Braunalgen  sind,  mit  anderen  Worten  denen  der  Rotalgen  nicht  homolog,  sondern 
nur  analog. 

8.  Innerer  Bau  der  Thalli.    Alle  diese  Thalli,  mögen  sie  gegliedert  oder 
ungegliedert  sein,  können  aus  einem  einzigen  Protoplasten  bestehen  (z.   B. 
Schlauchalgen:  Caulerpa,  Fig.  348)  oder,  wie  es  meist  der  Fall  ist,  aus  vielen 
Zellen  sich  zusammensetzen.     Bestehen  sie  aus  vielen  Zellen,  so  sind  diese 
entweder  in  einer  Reihe  zu  einem  Zellfaden  (Fig.  84),  in  einer  Fläche  oder  zu 
einem  Zellkörper  angeordnet.    Die  einfachsten  mehrzelligen  Thalli  setzen  sich 
aus  lauter  gleichförmigen  und  in  gleicher  Weise  teilungsfähigen  Zellen  zusammen. 
Sobald  em  Vegetationspunkt  sich  ausbildet,  tritt  aber  eine  Sonderung  ein 
zwischen  embryonalen,  teilungsfähigen,  und  Dauerzellen.    Die  äußersten 
Spitzen  der  apikalen  Vegetationspunkte  werden  bei  vielzelligen  Thalli  fast 
stets  von  einer  einzigen   Zelle,   der   Scheitelzelle,   eingenommen,   die   bei 
manchen  Formen  nur  wenig  von  den  anderen  Zellen  abweicht,  so  bei  der  Faden- 
alge Cladophora  glomerata  (Fig.  84).     An  den  vielzelligen  Langtrieben  der 
büschelig   verzweigten  braunen  Meeresalge   Cladostephus   verticillatus   fallen 
die  großen  kuppenförmig  gestalteten  Scheitelzellen  aber  sofort  auf  (Fig.  89). 
Jede  solche  an  der  Spitze  fortwachsende  Scheitelzelle  teilt  sich  durch  quere,  einander 
parallele  Wände,   die  von  ihrem   unteren  Ende  scheibenförmige  Segmente  abschneiden. 
Diese  teilen  sich  in  gesetzmäßiger  Weise  weiter  zunächst  durch  Längswände,  hierauf 
durch  Querwände   in   eine  größere  Anzahl    zunächst   noch    embryonaler   Zellen.     Aus    be- 
stimmten  Randzellen    der    Segmente   wachsen,    spitzenwärts    fortschreitend,    die    Seiten- 
zweige  (meist  als  Kurztriebe)  hervor,  die  das  Aussehen  der  Pflanze  bestimmen  (Fig.  89). 
Auch  flache  bandartige  Körper  können   eine  ähnlich  gestaltete,   nur   entsprechend  ab- 
geflachte Scheitelzelle  besitzen,  so  die  in  Fig.  90  dargestellte  braune  Meeresalge  Dictyota 
dichotoma   (^°).     Von    ihr    (Fig.  90^)    werden    durch   grundwärts   vorgewölbte    Querwände 
flache  Segmente  abgeschnitten,   die  sich  weiterhin  durch  Längswände  teilen.     Gelegentlich 
wird  die  Scheitelzelle    aber   auch    durch   eine  Längswand   in   zwei  nebeneinander  liegende 
gleichgroße  Scheitelzellen  geteilt  (B,  a.  a),  deren  jede  einen  Seitenzweig  bildet.     Dadurch 
kommen  die  Gabelungen  des  Körpers  zustande. 

Die  Dauerzellen  des  Thallus  sind  fast  immer,  selbst  bei  den  am  reichsten 
gegliederten  Thalli,  nur  Parenchymzellen.  Ist  der  Thallus  ein  vielzelliger 
Körper,  so  kann  wohl  eine  Sonderung  eintreten  in  peripher  gelegenes  chloro- 
phyllreiches Assimilationsparenchym,  in  Speicherparenchym,  das  an  Reserve- 
stoffen reich  und  farblos  ist,  und  in  Leitparenchym  aus  langgestreckten  Zellen. 
Eine  Veranlassung  zur  Ausbildung  einer  typischen  Epidermis  fehlt  bei  den  viel- 
zelligen Algen,  da  sie  im  Wasser  eines  Schutzes  gegen  Austrocknung  nicht  bedürfen  und 
durch  Schleimüberzüge  vor  zu  starkem  Wasserverlust  bewahrt  bleiben,  wenn  sie  bei  der 
Ebbe  etwa  an  die  Luft  gelangen.  Doch  besitzen  die  Algen  an  ihren  Oberflächenzellen 
schon  eine  äußere  Zellmembranlamelle,  die  sich  mit  Chlorzinkjod  braun  färbt.  Für  ge- 
nügende Festigung  des  Thallus,  besonders  bei  den  in  der  Brandung  wachsenden  Arten, 
wird  durch  starke  Verdickung  der  Wände  in  den  äußeren  Zellagen,  unter  Umständen  auch 
durch  Inkrustationen  mit  kohlensaurem  Kalk  gesorgt.  Beim  Blasentang  (Fucus  vesiculosus) 
sind  zudem  besondere    mechanische,    durch    ihre  Dickwandigkeit,   große    Dehnbarkeit   und 


Morphologie. 


69 


Elastizität  ausgezeichnete  Zellen  vorhanden.  Den  relativ  höchsten  Grad  innerer  Diffe- 
renzierung zeigen  die  ebenfalls  zu  den  braunen  Algen  gehörenden  Laminarien.  In  den 
stammartigen  Achsen,  die  bei  diesen  Pflanzen  sehr  dick  werden,  läßt  sich  Rinde,  Zentral- 
körper und  ein  lockeres  Mark  unterscheiden.  Die  Rinde  enthält  vielfach  Schleimgänge, 
das  Mark  sogar  Züge  siebrührenartiger  Zellen, 
die  vielleicht  der  Stoffleitung  dienen;  solche 
Zellen  kommen  übrigens  auch  bei  manchen 


Fig.  89.     Endtrieb  von  Cladostephusl^ver- 
ticillatus.     Vergr.   30.    Xach  N.  Frings - 

HEIM. 


Fig.  90.  Der  Vegetationspunkt  von  Dictyota 
dichotoma  und  seine  Gabelung,  a  Die  Scheitel- 
zellen. Nach  E.  DE  WiLDEMAN.  Vergr.  ca.  500 


1^/^:; 


Rhodophyceen  vor.  Die  Laminarienachsen  wachsen  durch  fortgesetzte  Teilung  der  Rinden- 
zellschicht  in  die  Dicke.  Die  Produkte  dieser  Teilungstätigkeit  bilden  eine  Art  sekun- 
däres Gewebe  mit  konzentrischen  Zonen,  die  an  Jahresringe  der  Samenpflanzen  erinnern. 
Die  Thalli  der  Flechten  kommen  durch  Verflechtung  von  Pilzhyphen  zustande 
und  können  parenchymatische  Struktur  annehmen.  Bei  vielen  Arten  werden  die  peri- 
pherischen Schichten  durch  sehr  dichte  Verfilzung  der  Hyphen  und  sehr  starke  Ver- 
dickung der  Ilyphenwände  zu  schützenden  Rinden  über  den  assimilierenden  Algen. 

b)  Moose (").  Im  äußeren  und  inneren  Bau  der  Moospflanzen  (Biyo- 
phyten)  kommt  wie  bei  den  Algen  wieder  zum  Ausdruck,  daß  sie  Kohlen- 
säure assimilieren.  Es  gibt  zunächst  Lebermoos- 
arten, deren  Körper  bandartig  ist,  sich  gabelig  ver- 
zweigt und  auffällig  dem  Körper  von  Algen,  wie 
Dictyota  (Fig.  83),  gleicht, 
so  das  Lebermoos  Riccia  flui-  ^u  '^t^  ^^ 

tans  (Fig.  91).  Bei  dem  Leber-  ^  -  -^  - 

moos  Blasia  pusilla  (Fig.  92) 
ist  der  bandartige  Körper, 
der,  wie  viele  andere  thallöse 
Moose,  eine  Mittelrippe 
besitzt,  seitlich  gelappt,  als 
ob  blattartige  Gebilde  sich  zu 
sondern  begännen.  Die  am 
reichsten  gegliederten  Leber- 
moose, wie  Plagiochila  asplenioidcs  (Fig.  93),  und  aUe  Laubmoose  tragen  solche 
an  einem  zylindrischen,  verzweigten  Stengel  als  besondere  Assimilationsorgane. 


Fig.  91.  Riccia  fluitans. 

Xat.  Gr. 

Nach  ScHENCK. 


Fig.  92.     Blasia  pusilla. 
Rhizoide.    Vergr.  2.    Xach 

SCHENCK. 


70 


Fitting: 


Seitenzweige  sitzen  an  den  Mutterachsen  unter  den  Blättern.  Auch  diese 
dorsiventralen,  bilateralen  oder  radiären  sproßähnlichen  Körper,  die  bei  den 
Laubmoosen  oft  Polster  bilden,  sind  den  Sprossen  der  höheren  Pflanzen  nur 
analog.  Man  faßt  sie  wohl  am  besten  als  hoch  differenzierte 
Thalli  auf.  Den  Moosen,  die  im  Gegensatze  zu  den  meisten 
Algen  in  der  Regel  Luftorganismen  sind,  fehlen  nämlich  noch 
die  Wurzeln;  sie  befestigen  sich  am  Boden  nur  durch  Rhi z oi  den : 
einzellige,  an  ihrer  Basis  mit  einer  Querwand  abgegrenzte  Haare 
oder  verzweigte  Zellfäden,  die  den  Körper  auch  mit  Wasser  ver- 
sorgen. Viele  Formen  können  aber  noch  mit  der  ganzen  Ober- 
fläche ihrer  Vegetationsorgane   Wasser  aufnehmen. 

Liegt  der  Thallus  der  Unter - 
n       b  läge   auf,   so  ist    er   wie   bei    ent- 

sprechend lebenden  Flechten  meist 
dorsiventral  ausgebildet  und  zeigt 
bei  vielen  Lebermoosen  oft  nur  an 
seiner  dem  Lichte  ausgesetzten 
Oberseite  reicheren  Chlorophyll- 
gehalt (Fig.  95).  Die  Rliizoiden 
entspringen  alsdann  aussclüießlich 
der  Unterseite. 

Auch  bei  den  Moosen,  die 
immer  vielzellig  sind,  wird  die 
Spitze  des  stets  apikalen  Vege- 
tationspunktes oft  von  einer  ein- 
zigen Scheitelzelle  eingenommen. 
Diese  Zelle  hat  bei  bandartigen 
Lebermoosen,  wie  Metzgeria  und  Aneura, 
ebenso  schon  bei  ähnlich  gestalteten  Algen,  keilförmige  Gestalt  (Fig.  94)  und  ist  meist 
zweischneidig,  seltener  vierschneidig.  Die  zweischneidige  gibt  durch  aufeinanderfolgende, 
abwechselnd  nach  rechts  und  links  geneigte  und  schräg  aufeinander  stehende  Wände  nach 
zwei  Seiten  hin  Segmente  ab,  die  durch  weitere  Teilungen  den  Pflanzenkörper  aufbauen: 


Fig.  93.  Plagio- 
chila  asplenioides 
mit  jalousieähn- 
lich übereinander 
greifenden  Blät- 
tern.      Nat.     Gr. 

Nach  SCHENCK. 


Fig.  94.  Schema  des  Vege- 
tationspunktes von  Metz- 
geria furcata  im  Augenblick 
der  Verzweigung.  Von  der 
Rückenfläche  gesehen.  «Die 
Scheitelzelle  der  Mutter- 
achse, b  des  Tochterzweiges. 
Vergr.  ca.  370.    Nach  Kny. 


Fig.   95.     Oberflächenansicht 
In  A   eine   Atemöffnung   von 


und   Querschnitt    des    Thallus 

oben,    in  B  im  Querschnitt,  < 

Atemöffnung,  /  Luftkammer,  a  Assimilationszellen,  o  Ölkörper,  w  Wassergewebe.  Vergr.  240. 

Nach  Strasburger  und  Koernicke. 


der  Marchantia    polymorphe 
Epidermis,   s  Randzellen  der 


die  vierschneidige  gibt  dagegen  auch  noch  nach  oben  und  unten  Segmente  ab.  Die  scheinbar 
rein  gabelige  Verzweigung  der  Lebermoose  mit  solchen  Vegetationspunkten  ist  auf  die 
frühzeitige  Anlage   neuer  Scheitelzellen    aus    der   randständigen   Hälfte  junger   Segmente 


Morphologie. 


71 


(Fig.  94  bei  d)  zurückzuführen.  Bei  den  aufrecht  wachsenden,  radiär  gebauten  Thalli  der 
Laubmoose  hat  die  Scheitelzelle  die  Gestalt  einer  dreiflächig  zugespitzten  Pyramide. 
Man  kann  sie  dreischneidig  nennen.  Auch  die  Blattanlagen  der  Laubmoose  wachsen 
zuerst  mit  einer  Scheitelzelle,  und  zwar  mit  einer  zweischneidigen,  zeigen  also  Spitzen - 
Wachstum;  später  wachsen  sie  interkalar. 

Die  Dauer gewebe  sind  wesentlich  vollkommener  als  bei  den  Algen 
gesondert.  Das  ist  durch  das  Landleben  bedingt,  das  andere  Lebens- 
bedingungen für  die  Moose  als  z.  B.  für  die  Algen  brachte.  Zur  Abgrenzung 
einer  Epidermis  kommt  es  gleichwohl  auch  bei  den  Moosen  nur  ausnahmsweise, 
wenn  auch  die  oberirdischen  Teile  von  einer  Art  Kutikula  überzogen  sind. 
Doch  setzt  sich  am  Thallus  der  Marchantien  eine  äußerste  Zellschicht  von 
dem  nächst  inneren  Gewebe  deuthch  ab.  Sie  ist  von  Öffnungen  (Fig.  95) 
durchbrochen,  die  als  Atemöffnungen 
bezeichnet  werden  und  gleich  den 
Spaltöffnungen  der  höheren  Gewächse 
Luftspalten  sind.  Auch  haarähnliche, 
Schleim  absondernde  Bildungen  in 
Form  von  Papillen  oder  blattähnlichen 
Schuppen  sind  bei  den  Moosen  weit 
verbreitet. 

Typische  Spaltöffnungsapparate  mit 
zwei  Schließzellen,  die  eine  Spalte  um- 
schließen, findet  man  aber,  wie  Goebel  (®') 
gezeigt  hat,  beachtenswerterweise  im  Thallus 
der  Lebermoosgattung  Anthoceros;  freilich 
sind  die  Spaltöffnungen  hier  keine  Luft-, 
sondern  Schleimspalten. 

Ein  eigenartiger  kapillarer  Apparat 
im  Dienste  der  Wasserversorgung  ist  bei  den 
Torfmoosen  (Sphagnaceen)  ausgebildet.  Die 
Rinde  der  Stämmcheu  besteht  aus  drei  bis 
vier  Schichten  inhaltsleerer  Zellen,  die  be- 
gierig Wasser  aufsaugen,  weil  ihre  ring-  und 
schraubenförmig  verdickten  Längs-  und 
Querwände  mit  runden  Löchern  versehen 
sind.  In  den  Blättern  liegen  solche  Zellen 
einzeln  in  den  Maschen  eines  einschichtigen 
Netzes  aus  langgestreckten,  lebenden,  chloro- 
phyllhaltigen  Zellen. 

Manche  Lebermoose  verfügen  auch  schon  über  besondere,  der  Stoff- 
leitung dienende  Stränge  aus  langgestreckten  Zellen,  die  ihren  Körper,  bei 
bandartigen  Formen  in  der  Mittelrippe,  durchziehen.  Gegen  das  umgebende 
Gewebe  deutlich  abgegrenzt  treten  uns  die  Leitstränge  aber  erst  bei  den  Laub- 
moosen entgegen. 

Einen  relativ  einfach  gebauten  Leitstrang  (/)  dieser  Art  im  Stämmchen  von  Mnium 
undulatum  führt  im  Querschnitt  die  Fig.  96  vor.  Am  vollkommensten  ist  er  in  den 
Stämmchen  der  Polytrichaceen  ausgebildet.  Dort  verläuft  ein  zentraler  Strang  aus  lang- 
gestreckten, dünnwandigen  und  plasmaleeren,  der  Wasserleitung  dienenden,  aus  dick- 
wandigen, der  Festigung  dienenden  Zellen  und  aus  gestreckten  Zellen,  die  Eiweiß  und 
Kohlehydrate  enthalten.  Auch  die  einschichtige  Blattspreite  besitzt  oft  einen  mehr- 
schichtigen Mittelnerv,  der  einen  Leitstrang  der  geschilderten  Art  enthalten  kann.  Dieser 
setzt  sich  dann  in  das  Gewebe  des  Stengels  hinein  bis  zu  einem  Leitstrang  fort.  Ferner 
kommen  bei  einigen  Laubmoosen  auch  mechanische  Zellen  vor,  die  langgestreckt  und  zu- 
gespitzt sind  und  völlig  Sklerenchymfasern  gleichen. 

c)  Gametophyt  der  Kormophyten  («^).  Auch  in  den  Entwick- 
lungsgang der  Kormophyten,  für  die  die  Ausbildung  des  Kormus  bezeichnend 


Fig.  96.  Querschnitt  durch  das  Stämmchen, 
von  Mnium  undulatum.  /Leitstrang,  t  Rinde, 
e  die  äußerste  Zellschicht  der  letzteren 
/  Blattflügel,  r  Rhizoiden.  Vergr.  90.  Nach 
Strasbueger. 


72 


Fitting : 


ist,  ist  ein  thallöser  Vegetationskörper  eingeschaltet:  Bei  ihnen  nänüich 
wechseln  regelmäßig  zwei  Generationen  von  Vegetationskörpern  miteinander 
ab,  von  denen  nur  die  eine,  die  Sporenpflanze  (Sporophyt),  als  Kormus, 
die  andere  aber,  die  Geschlechtspflanze  (Gamet ophyt),  als  meist  sehr  einfach 
geghederter  und  gebauter  Thallus  ausgebildet  ist  (Prothallium).  Diese  Gene- 
ration lebt  bei  den  Farnpflanzen  meist 
selbständig  als  ein  grünes,  mit  in  der 
Regel  einzelligen  Rhizoiden  am  Boden 
befestigtes,  flaches  Gebilde  (Fig.  97), 
das  nur  einige  Zentimeter  lang  wird 
und  einem  kleinen  Lebermoosthallus 
gleicht,  aber  auch  aus  verzweigten 
Zellfäden  bestehen  kann. 


Fig.  97.     Aspidium  filix   mas.     Prothallium 

von  der  Unterseite,  rh  Rhizoiden.  Vergr.  ca.  8. 

Nach  ScHENCK. 


B.  Der  Kormus  (''). 

Die  Vegetationsorgane  des  Sporo- 
phyten  der  Farnpflanzen  (Pteridophy- 
ten)  und  der  Samenpflanzen,  die  wir 
Kormus  nennen  wollen,  gliedern  sich, 
wie  schon  gesagt,  noch  viel  weiter  als 
die  Thalli,  nämlich  in  Sprosse  und 
Wurzeln,  die  Sprosse  in  Sproßachsen 
und  Blätter.  Stengel,  Blätter  und 
Wurzeln  sind  die  Grundformen  des 
Kormus.  Der  Kormus  zeigt  in  seinem  äußeren  und  inneren  Bau  augen- 
scheinliche Anpassungen  an  das  Landleben. 

Ebenso  wie  bei  sehr  vielen  Thalli  wird  beim  Kormus  die  Oberfläche 
durch  Verzweigungen  fast  stets  bedeutend  vergrößert.  Die  Sproßachse 
bildet  Seitensprosse  (Seiten-,  Tochterzweige),  die  Wurzel  Seitenwurzeln 
(Neben-,  Tochterwurzeln).  Durch  die  Verzweigung,  die  bei  vielen  Gewächsen 
schon  früh  an  der  Keimpflanze  beginnt,  entsteht  ein  Sproß-  und  ein  Wurzel- 
system. 

Den  Ausdruck  Kormus  gebraucht  man  meist  als  gleichbedeutend  mit  Sproß  und 
versteht  darunter  einen  beblätterten  Stengel  ohne  die  Wurzeln.  Auch  den  beblätterten 
Moosen  schreibt  man  dann  vielfach  einen  Sproß  oder  Kormus  zu.  Diese  Auffassung 
stammt  aus  einer  Zeit,  wo  man  den  Entwicklungsgang  der  Moose  noch  nicht  genau  kannte. 
Wir  haben  jetzt  Grund  zu  der  Annahme,  daß  der  „Sproß"  der  Moose  mit  den  Sprossen 
der  Farn-  und  Samenpflanzen  nicht  homolog  ist.  Also  ist  es  zweckmäßiger,  bei  den 
Moosen,  wie  bei  den  „beblätterten"  Algen,  noch  nicht  von  Sproß  oder  Kormus  zu  sprechen. 
Es  steht  wohl  nichts  im  Wege,  den  Begriff  Kormus  weiter  zu  fassen  als  den  Begriff 
Sproß  und  mit  diesem  Ausdruck  die  in  Sproß  und  Wurzeln  gegliederten  Vegetations- 
organe der  Kormophyten  zu  bezeichnen.  Übrigens  gibt  es  Übergänge  zwischen 
Wurzeln  und  Sprossen  (z.  B.  die  Wurzelträger  von  Selaginella),  wie  auch  zwischen  Blättern 
und  Sprossen  (z.  B.  bei  Utricularia). 


1.  Bau  des  typischen  Kormus. 

Wir  wollen  zunächst  solche  Kormi  betrachten,  denen  wir  typischen  Bau 
zusprechen  können.  Die  Besonderheiten  der  Grundformen  treten  nur  in 
typischer  Ausbildung,  wie  wir  sie  etwa  bei  unseren  Bäumen  oder  vor  allem 
bei  vielen  einheimischen  Kräutern  finden,  deuthch  zutage.  Die  Grund- 
organe können  nämlich  mancherlei  Umbildungen  erfahren,  die  so  weit  gehen 
können,  daß  ihre  Unterschiede  sich  in  extremen  Fällen  mehr  oder  weniger 
verwischen. 


Morphologie. 


73 


a)  Der  Sproß  («3). 
Der  Sproß,  der  bei  Laudpflanzen  ganz  in  der  Luft  oder  teilweise  in 
der  Luft  (als  Luftsproß),  teilweise  in  der  Erde  (als  Erdsproß,  Fig.  143) 
lebt,  letzteres  bei  sehr  vielen  ausdauernden  krautigen  Gewächsen  (vgl.  Fig.  125, 
143),  besteht  aus  dem  Stengel,  den  man  auch  Sproßachse  nennt,  und  aus 
den  Blättern,  die  am  meist  grünen  Luftsprosse  hauptsächlich  als  grüne 
Laubblätter  (Laubsproß),  an  den  farblosen  (weißen)  Erdsprossen  (Wurzel- 
stöcken oder  Rhizomen)  aber  als  blasse  Schuppen  ausgebildet  sind.  Die 
Sproßachse  ist  der  Träger  der  Blätter,  sorgt  für  die  Vergrößerung  des  Sproß- 
systems: für  die  Verlängerung  des  Stengels,  für  die  Neubildung  von  Blättern 
und  von  Seitenzweigen,  stellt  die  Verbindung  der  Blätter  mit  den  Wurzeln 
her  und  dient  der  Stoffleitung  zwischen  diesen  Organen.  Die  Sproßachse  der 
meisten  Erdsprosse  dient  ferner  noch  der  Speicherung  von  Reservestoffen. 
Die  Laubblätter  sind  wie  die  blattähnhchen  Kurztriebe  der  thallösen  Pflanzen 
die  Assimilationsorgane  und  zugleich  die  Transpirationsorgane  der 
Kormophyten.  Diesen  Funktionen  entspricht  der  äußere  und  innere  Bau  der 
Laubblätter  und  des   Stengels. 

a)  Der  Vegetationspunkt.  Der  Sproß  zeigt  Scheitel  Wachstum  mittels 
eines   apikalen   Vegetationspunktes,   der  sich   an   der   äußersten    Spitze, 

dem. Scheitel  des  Stengels,  befindet.  Da 
der  Vegetationspunkt  gewöhnlich  klein,  dem 
bloßen  Auge  kaum  sichtbar  ist,  so  bekommt 
man  ihn  erst  zu  Gesicht,  wenn  man  Längs- 
schnitte durch  den 
Sproßscheitel  bei  Lu- 
penvergrößerung be- 
y  trachtet  (Fig.  98).  Man 
sieht  alsdann,  daß  er 
flach  (Fig.  99)  oder 
vorgewölbt  (Fig.  98y), 
manchmal  auch  steil 
kegelförmig  ist  (Ve- 
getationskegel Fig. 
100,  102),  und  daß  an 
seinerOberfläche,  e  X  0- 
gen,  seitlich  oder 
unterhalb  seiner  Spitze 
Höcker  oder  Wülste  (/) 
dicht  gedrängt  in 
großer  Zahl  vorsprin- 
gen: die  Blatt  anlagen  und  zwischen  ihnen  die  Anlagen  der  Seitenzweige  (g). 
Die  Blattanlagen  entstehen  in  akropetaler  Reihenfolge,  sind  daher  um  so 
größer,  je  weiter  sie  vom  Scheitel  entfernt  sind.  Ihre  Gestalt  wird  auf 
Querschnitten  durch  den  Vegetationspunkt  besonders  deutlich  (Fig.  99). 

Der  Vegetationspunkt  und  die  ganz  jugendlichen  Blattanlagen,  die  sich 
immer  nur  aus  den  embryonalen  Teilen  des  Scheitels  bilden,  bestehen 
aus  embryonalem  Gewebe.  Bei  den  meisten  Farnen  und  den  Schachtel- 
halmen liegt  an  der  Spitze  des  Vegetationspunktes  eine  Scheitelzelle  (Fig.  100/). 
Sie  ist  dreischneidig,  hat  also  die  Gestalt  einer  dreiseitigen  Pyramide 
(eines  Tetraeders)  mit  vorgewölbter  Grundfläche  als  Außenseite. 

Die  Scheitelzelle  (Fig.  100  2*  und  101^)  an  den  Hauptsprossen  des  Ackerschachtel- 
halmes (Equisetum  arvense)  kann  als  Beispiel  dienen.  Sie  erscheint,  vom  Scheitel  aus 
gesehen  (Fig.  101  A),   als  gleichseitiges  Dreieck,   in  dem   neue  Scheidewände  nacheinander 


Fig.  98.  Sproßscheitel  einer  Samen- 
pflanze.     Bei    V    Vegetationspunkt. 
/Blattanlagen,  g-  Seitenzweiganlagen. 
Vergr.  40.    Nach  Strasburger. 


Fig.  99.  Scheitelansicht 
eines  Sproßvegetations- 
punktes von  Evonymus 
japonica.  Vergr.  12.  Nach 
Strasburger. 


74 


Fitting: 


nach  drei  Seiten,  parallel  zu  jeder  der  Seitenwände  (/),  angelegt  werden.  Jedes  Segment 
(S',  S")  wird  durch  Scheidewände  {m)  weiter  zerlegt.  Bei  den  Farnpflanzen  mit  Scheitel- 
zellen beginnen  auch  die  Blattanlagen  (/,/',/")  meist  noch  ihre  Entwicklung  mit  einer 
solchen,  und  zwar  mit  einer  zweischneidigen  (/).    Weiterhin  büßen  sie  aber  die  Scheitel- 


Fig.  100.     Medianer  Längsschnitt  durch  den  Sproßvege- 
tationspunkt des  Schachtelhalms  Equisetum  arvense.     Die 
Erklärung  der  Buchstaben   im  Text.     Vergr.  240.     Nach 
Strasbdrger. 


ß        L 

Fig.  101.  A  Scheitelansicht  des 
Vegetationskegels  von  Equi- 
setum arvense.  B  Optischer 
Durchschnitt  desselben  Vegeta- 
tionskegels unterhalb  der 
Scheitelzelle.  /Seitenwände  der 
Segmente.  Die  Erklärung  der 
übrigen  Buchstaben  im  Text. 
Vergr.  240. 
Nach  Strasburger. 


zelle    meist    ein    und    vollenden    ihre    Ausbildung   durch    ,, Randwachstum*'    mittels   vieler 
gleichwertiger   zweischneidiger   Randzellen.     Ein   solches  Randwachstum   findet  sich  z.  B. 

bei  den  Blattanlagen  von  Equisetum.  Auch  die 
Anlagen  der  Seitenknospen  (g)  bilden  sich  aus 
einer  Zelle,  die  zur  Scheitelzelle  der  Anlage  wird. 
Bei  den  Bärlappgewächsen  (Lyco- 
podiaceen)  unter  den  Pteridophyten  und 
bei  den  Phanerogamen  gibt  es  keine  solche 
Scheitelzelle  am  Vegetationspunkte,  Hier 
treten  an  die  Stelle  der  Scheitelzelle 
mehrere  gleichwertige  embryonale  Zellen, 
die  oft  regelmäßig  in  schalenförmigen 
Schichten  angeordnet  sind  (Fig.  102). 

Die  äußerste  Zellschicht,  die  den  Vege- 
tationspunkt deckt,  als  einfache  Zellschicht  auch 
die  jungen  Blattanlagen  überzieht  und  sich  im 
Gegensatze  zu  den  anderen  Schichten  meist  nur 
durch  antikline  Wände  teilt,  heißt  Derma- 
togen  {d),  weil  sie  meist  ausschließlich  die 
Epidermis  der  Pflanze  liefert;  die  Zellen,  mit 
denen  der  zentrale  Gewebestrang  des  Stengels, 
der  Zentralzylinder,  im  Vegetationspunkt  endet, 
heißen  Plerom  {pl),  die  zwischen  beiden  ge- 
legenen Zellschichten  Periblem  {pr).  Plerom 
und  Periblem  lassen  sich  aber  oft  nicht  unterscheiden.  An  solchen  Vegetationspunkten  ohne 
Scheitelzellen  entstehen  die  Blätter  und  die  Seitenzweige  als  vielzellige  Höcker  (Fig.  102). 


Fig.  102.  Medianer  Längsschnitt  durch 
den  Vegetationskegel  von  Hippuris  vul- 
garis (Tannenwedel),  d  Dermatogen, 
/r^Periblem,  pl  Plerom, /Blattanlagen. 
Vergr.  240.    Nach  Strasburger. 


Morphologie. 


75 


Ihre  Anlage  pflegt  durch  örtliche  Vermehrung  der  äußersten  Periblemschichten  eingeleitet 
zu  werden,  während  das  Dermatogen  sich  auch  hier  nur  rechtwinklig  zur  Oberfläche  teilt. 
An  den  Anlagen  der  Blätter  beteiligt  sich  außer  dem  Dermatogen  nur  das  Periblem,  an 
den  Anlagen  der  Seitenzweige  auch  noch  das  Plerom  (^*). 

Da  auch  für  diese  Vegetationspunkte  die  Regel  der  rechtwinkligen  Schneidung  der 
jungen  Zellwände  gilt,  so  bilden  die  Zellhäute  in  ihrer  Gesamtheit  auf  Längsschnitten 
durch  die  Spitzen  mancher  kegelförmiger  Vegetationspunkte  auffallend  symmetrische 
Figuren:  die  Periklinen  sowohl  wie  die  Antiklinen  je  eine  Schar  von  Parabeln  mit  ge- 
meinsamem Brennpunkte  (Fig.  268).  Die  Elemente  der  einen  Schar  sind  entgegengesetzt 
gerichtet  wie  die  der  anderen  und  schneiden  diese  annähernd  rechtwinklig  (Sachs).  Auf 
Querschnitten  durch  solche  Scheitel  bilden  die  Periklinen  aber  konzentrische  Kreise. 

Knospe.  Auf  die  Entwicklungsvorgänge,  wodurch  am  Scheitel  des 
Sprosses  aus  embryonalem  Gewebe  neue  Glieder  angelegt  werden,  folgt  deren 
Größenzunahme,  äußere  und  innere  Ausbildung.  Dieses  Wachstum  pflegt 
meist  mit  einer  ausgiebigen  Streckung  der  Blattanlagen  zu  beginnen.  Dabei 
eilen  die  Blattanlagen  also  in  ihrem  Wachstum  dem  Wachstume  der  Stengel- 
spitze voraus,  und  zwar  wachsen  ihre  Unterseiten  besonders  stark.  Infolge- 
dessen schließen  die  älteren  über  dem  Vegetationspunkt  domartig  zusammen 
(Fig.  98)  und  decken  die  jüngeren.  Auf  diese  Weise  bilden  die  größeren 
und  älteren  Blattanlagen  einen  sehr  wirksamen  Schutz  des  zarten  Vegetations- 
punktes und  der  jüngsten  Blattanlagen  gegen  Austrocknung,  indem  sie  mit 
dem  Vegetationspunkte  eine  Knospe  bilden.  Die  Knospe  ist  also  nichts 
anderes  als  das  jugendhche,  noch  nicht  fertig  entwickelte  Ende  eines  Sprosses. 

Knospenlage  und  Knospen- 
deckung. Wie  Querschnitte  durch  Knospen 
lehren,  fügen  sich  die  Laubblattanlagen  in 
verschiedener  Weise  den  engen  Raumverhält- 
nissen in  der  Knospe:  Knospenlage 
(Vernation).  Sie  können  flach  ausgebreitet 
oder  auch  der  Länge  nach  zusammengelegt, 
gefaltet,  gerollt  (Fig.  103/)  oder  zerknittert 
sein.  Andererseits  sieht  man  die  aufeinander- 
folgenden Blattanlagen  entweder  mit  ihren 
Rändern  sich  nicht  erreichen  oder  nur  be- 
rühren oder,  was  gewöhnlicher  ist,  mit  ihnen 
übereinander  greifen  (Fig.  103/^):  Knospen  - 
deckung (Ästivation).  Sie  heißt  im  ersten 
Falle  offen  (aperte  Ä.),  im  zweiten  klappig 
(valvate  Ä.),  im  dritten  deckend  oder  dach- 
ziegelig (imbrikate  Ä)  (Fig.  103;^).  Wenn 
alle  Blätter  einer  Knospe  mit  dem  einen 
Rande  das  nächste  Blatt  decken,  an  dem  an- 
deren Rande  vom  vorhergehenden  Blatte  ge- 
deckt werden  oder  umgekehrt,  so  heißt  die 
Knospendeckung  gedreht  (konterte  Ä.). 

ß)  Die  Sproßachse.  A.  Äußerer  Bau.  Der  Stengel  wächst  erst  in  einiger 
Entfernung  vom  Vegetationspunkte  durch  Streckung  ausgiebig  in  die  Länge. 
Zugleich  lösen  sich  hier  die  jugendlichen  Blätter  von  der  Knospe.  Bezeichnend 
für  den  Stengel,  namentlich  der  Luftsprosse,  ist,  daß  dieses  Streckungswachs- 
tum nicht  auf  ein  kurzes  Stengelstück  dicht  hinter  der  Knospe  beschränkt 
bleibt,  sondern  auch  noch  in  Stengelstücken  stattfindet,  die  viele  Zentimeter 
(bis  über  50  cm)  von  der  Knospe  entfernt  sind.  Freilich  ist  es  in  den  auf- 
einanderfolgenden Stengelzonen  nicht  gleich  stark.  Es  kann  überhaupt  so 
gering  sein,  daß  die  Blätter  des  Sprosses  auch  im  fertigen  Zustande  aneinander- 
stoßen, ohne  freie  Stammteile  zwischen  sich  zu  lassen.  Meist  aber  ist  es  so 
stark  und  zugleich  so  verschieden  verteilt,  daß  die  Ansatzstellen  der  Blätter 


Fig.  103.  Querschnitt  durch  eine  Laubknospe 
von  Populus  nigra.  Die  Knospenschuppen  k 
zeigen  dachziegelige  Deckung,  die  Laub- 
blätter /  haben  eingerollte  Knospenlage; 
zu  jedem  Laubblatt  gehören  zwei  Neben- 
blätter SS.    Vergr.  15.    Nach  Strasburger. 


76 


Fitting : 


von  nackten  Stengelstücken  getrennt  werden  (Fig.  115).  Die  zwischen  den 
Refestigungsstellen  der  Blätter  dabei  sich  ausbildenden,  zylindrischen  Stengel- 
stücke nennt  man  Stammglieder,  Stengelglieder  oder  Internodien, 
die  Stengelzonen  dagegen,  an  denen  die  Blätter  befestigt  sind,  Knoten, 
Nodi.  Das  Streckungswachstum  des  Stengels  ist  in  den  Knoten  viel  geringer 
als  in  den  Internodien  und  in  diesen  oft  auf  schmale  Zonen,  z.  B.  auf  die  Basis 
der  Internodien,  beschränkt,  so  bei  den  Gräsern  (interkalares  Wachstum); 
infolgedessen  gibt  es  alsdann  nicht  mehr  eine  einheitliche  Streckungszone  im 
Stengel,  sondern  deren  mehrere,  die  von  ausgewachsenen  Stengelstücken 
getrennt  werden.     Die  Knoten  können  angeschwollen  sein  (siehe  Labiaten). 

Bei  den  Luftsprossen  sind  die  Internodien  meist  dünn,  l)ei  den  Erdsprossen  da- 
gegen oft  sehr  dick. 

Die  Länge  der  aufeinanderfolgenden  Internodien  an  einer  Achse  (z.  B.  einem  Jahres- 
trieh)  zeigt  oft  eine  bestimmte  Gesetzmäßigkeit.  Am  häufigsten  nehmen  an  der  Hauptachse  die 
Längen  der  Internodien  in  aufsteigender  Richtung  zunächst  zu  und  dann  wieder  ab. 

Blattstellung (65).  Besonders  bezeichnend  für  die  Sprosse  ist  die  Blatt- 
stellung, d.  h.  die  Verteilung  ihrer  Blätter.  Sie  kann  recht  verschieden  sein. 
An  einem  Knoten  können  ein  bis  mehrere  Blätter  entspringen.  Sind  mehrere 
an  einem  Knoten  vorhanden,  so  bilden  sie  einen  Wirtel  oder  Quirl;  sie  sind 


Fig.  104.     Querschnitt  durch    eine  Laubknospe 

der  Konifere  Tsuga  canadensis,  dicht  über  dem 

Sproßscheitel    geführt,     "/,3  Divergenz.     Vergr. 

etwa  20.    Nach  Hofmeister. 


Fig.  105.    Schema  der  Vg-Stellung.   Die 
Blätter  ihrer  genetischen  Aufeinander- 
folge nach  mit  Zahlen  versehen.    Nach 
Strasburger. 


die  Glieder  des  Wirteis.  In  diesem  Falle  spricht  man  von  wirteliger  oder 
quirlständiger  Blattstellung.  Ist  an  jedem  Knoten  bloß  ein  Blatt  aus- 
gebildet, so  liegt  eine  wechselständige  Blattstellung  vor. 

Untersucht  man  an  aufrechten  Sprossen  mit  allseitig  ausgebreiteten 
Blättern  die  Verteilung  der  Blätter,  so  findet  man  auffälhge,  sehr  beachtens- 
werte und  eigenartige  Gesetzmäßigkeiten.  Unmittelbar  fällt  die  Regelmäßig- 
keit der  Blattstellungen  an  Scheitelansichten  von  Vegetationspunkten  auf 
(Fig.  99,  104).  Man  sieht  daran,  daß  die  jüngsten  Anlagen  in  gesetzmäßiger 
Weise  unter  Ausnutzung  des  vorhandenen  Raumes  sich  den  älteren  anschließen. 
Am  deutlichsten  aber  treten  die  Stellungsverhältnisse  der  Blätter  hervor, 
wenn  man  einen  schematischen  Grundriß  davon  entwirft.  Zu  dem  Zwecke 
zeichnet  man,  wie  bei  einem  Gebäudegrundriß  die  Teile  des  Gebäudes,  so  die 
Lage  der  Blätter  am  Stengel  auf  eine  zur  Stengelachse  rechtwinklige  Ebene 
ein,  indem  man  die  Blätter  durch  die  schematisierten  Querschnittsfiguren 
ihrer  Spreiten  andeutet.  Die  Stengelachse  denkt  man  sich  kegelförmig; 
so  wird  es  möglich,  Organe,  die  senkrecht  über  tieferen  stehen,  innerhalb 


Morphologie. 


77 


der  unteren  aufzuzeichnen.  Solche  Grundrisse  von  Blattstellungen  nennt  man 
Diagramme  (Fig.  105).  In  ihnen  ist  das  Zentrum  der  Stengelvegetationspunkt; 
die  dem  Zentrum  nächsten  Blätter  sind  die  jüngsten  und  zugleich  obersten 
Blattanlagen,  die  nach  außen  folgenden  die  jeweils  im  Alter  nach  unten  folgen- 
den Blätter.  Zweckmäßig  deutet  man  jeden  Knoten  durch  einen  Kreis  an; 
auf  die  größeren  dieser  konzentrischen  Kreise  trägt  man  die  älteren,  auf  die 
kleineren  die  jüngeren  Blätter  ein,  mehrere  Blätter  an  jedem  Knoten  natür- 
lich auf  die  Peripherie  eines  Kreises.  Übrigens  bilden  solche  Diagramme 
oft  ähnliche  Figuren  wie  Querschnitte  durch  die  Stengelknospe  in  der  Nähe 
des  Vegetationspunktes,  die  man  bei  Vergrößerung  betrachtet  (Fig.  99,  104). 
An  radiären  aufrechten  Sprossen  werden  die  Blätter  mög- 
lichst gleichmäßig  rings  um  den  Stengel  verteilt.  Durch  diese 
Gesetzmäßigkeit  wird  erreicht,  daß  die  ausgewachsenen 
Blätter  sich  nur  wenig  beschatten,  also  das  Licht  möglichst 
ausnutzen  können.  Diese  Verteilung  ist  so  gleichmäßig,  daß  der  Winkel, 
den  die  Medianen  am  Stengel  aufeinanderfolgender  und  in  diesem  Sinne 
benachbarter  Blätter  miteinander  einschließen  (z.  B.  in  Fig.  105,  Blatt  1  und  2, 
,  2  und  3  usw.),  überall  oben  und  unten 

am  Stengel  in  der  Regel  der  gleiche  ist. 
Man  nennt  ihn  Divergenzwinkel 
oder,  wenn  man  ihn  in  Bruchteilen 
des  Stengelumfanges  ausdrückt, 
Divergenz.  Er  ist  bei  verschie- 
denen Arten  verschieden. 


Fig.  106.  Diagramm  der  dekussierten  Blatt- 
stellung. Die  punkt.  Linien  sind  die  Ortho- 
stichen.     Nach    Strasbükger    verändert. 


Fig.  107.  Diagramm  der  zweizeiligen  Blatt- 
stellung. Die  punkt.  Linien  sind  die  Ortho- 
stichen.    Nach    Strasburger    verändert. 


Bei  wirteliger  Blattstellung  entspricht  der  Divergenzwinkel  der  Blätter  eines 
Wirteis  (Fig.  106),  dem  Kreisumfange  dividiert  durch  die  Anzahl  der  Wirtelblätter,  die  in 
der  Regel  bei  allen  Wirtein  konstant  ist.  Die  Blätter  der  aufeinanderfolgenden  Wirtel 
stehen  nicht  übereinander,  wechseln  vielmehr  von  Wirtel  zu  Wirtel  miteinander  so  ab, 
daß  die  Glieder  des  nächst  höheren  Wirteis  in  die  Mitten  der  Lücken  zwischen  den 
Gliedern  des  nächst  tieferen  Wirteis  fallen  (Fig.  99,  106);  man  sagt,  die  Blätter  auf- 
einanderfolgender Wirtel  wechseln  ab,  alternieren.  Folge  dieses  regelmäßigen 
Wechsels  und  der  Gleichheit  der  Divergenzwinkel  in  allen  Wirtein  ist,  daß  sämtliche 
Blätter  an  einem  Stengel  mit  Quirlstellung  in  Längsreihen  angeordnet  sind,  deren  Zahl 
doppelt  so  groß  ist  wie  die  Zahl  der  Blätter  eines  Wirteis  (Fig.  106).  Diese  Längs- 
oder Geradzeilen  heißen  Orthostichen.  Verhältnismäßig  häufig  ist  bei  Wirtel- 
stellungen die  Ausbildung  zweigliedriger  Quirle  (Fig.  99.  106).  Bei  dieser  Biattstellung, 
die  man  dekussiert  nennt,  ist  der  Divergenzwinkel  180"  (die  Divergenz  also  V,),  und 
gibt  es  vier  Orthostichen.  Bei  dreigliedrigen  Wirtein  ist  der  Divergenzwinkel  120°  (die 
Divergenz  Va).  bestehen  sechs  Orthostichen  usw. 

Bei  wechselständigen  Blattstellungen  kann  die  Divergenz,  auf  dem  kürzesten 
Wege  gemessen,  Vo»  '/,,  aber  auch  z.  B.  ^/g,  7g,  Via  ^^in.  Das  Diagramm  Fig.  107  führt 
uns  die  '/..-Stellung,  Fig.  148  die  V3-,  Fig.  105  die  -V^-,  Fig.  104  die  ^.j-Stellung  vor. 
Auch  bei  wechselständigen  Blattstellungen  müssen  die  Blätter  infolge  der  Gleichheit  der 
Divergenzwinkel  in  Längszeilen,  Orthostichen,  am  Stengel  angeordnet  sein :  bei  •/3-Stellung 


Fitting: 


fällt  augenscheinlich  Blatt  4  senkrecht  über  Blatt  1  (Blatt  5  über  2,  6  über  3,  7  über 
1  usw.);  bei  ^/^-Stellung  (Fig.  105)  fällt  Blatt  6  über  Blatt  1,  7  über  2,  8  über  3  usw. 
Denkt  man  sich  die  Ansatzstellen  der  am  Stengel  aufeinanderfolgenden  Blätter  auf  dem 
kürzesten  Wege  des  Stengelumfanges  durch  eine  Linie  verbunden  (also  in  Fig.  105 
von  Blatt  1  über  2,  3,  4,  5  usw.),  so  erhält  man  eine  den  Stengel  umlaufende  Schrauben- 
linie, die  als  Grundspirale  bezeichnet  wird.  Deshalb  nennt  man  die  wechselständigen 
Blattstellungen  wohl  auch  Schrauben-  oder  Spiral  Stellungen.  Jeder  Abschnitt  der 
Grundspirale,  den  man  von  Blatt  zu  Blatt  fortschreitend  durchlaufen  muß,  um  von  einem  Blatte 
zu  dem  ersten  senkrecht  darüberstehenden  zu  gelangen  (in  Fig.  105  z.  B.  von  1  bis  6,  oder 
3  bis  8),  heißt  Zyklus  der  Grundspirale.  Bei  Vg- Stellung  besteht  der  Zyklus  aus  drei 
Blättern;  man  muß  einmal  den  Stengelumfang  durchlaufen,  um  den  Zyklus  zurückzulegen. 
Bei  Vs-Stellung  (wie  in  Fig.  105)  besteht  der  Zyklus  immer  aus  fünf  Blättern;  man  muß 
zweimal  den  Stengelumfang  umkreisen.  Der  Zähler  des  Bruches  einer  Divergenz  gibt  also 
stets  an,  wie  oft  ein  Zyklus  die  Sproßachse  umkreist;  der  Nenner  dagegen,  wie  viele 
Blätter  der  Zyklus  enthält,  infolgedessen  auch,  wie  viele  Orthostichen  es  gibt  und  welches 
Blatt  als  nächst  höheres  in  der  Orthostiche  über  einem  irgendwie  bezeichneten  steht.  Bei 
7,3-Stellung  z.  B.  muß  man  fünfmal  die  Sproßachse  umkreisen,  um  das  nächst  höhere 
Blatt  zu  erreichen,  gibt  es  13  Orthostichen,  steht  über  Blatt  3  Blatt  16  (3  +  13),  über 
Blatt  8  Blatt  21  (8  +  13).  Da  der  Nenner  des  Bruches  stets  die  Anzahl  der  Orthostichen 
angibt,  so  nennt  man  die  ^/„-Stellung  auch  die  zweizeilige,  die  ^/3-Stellung  die  d rei- 
zeil ige  usw.    Stehen  die  Blätter  am  Stengel  so  gedrängt,  daß  sie  sich  berühren,  so  fallen 

nicht  die  Orthostichen,  sondern  mehr 
oder  weniger  steil  aufsteigende  Schrau- 
benlinien auf,  die  als  S  c  h  r  ä  g  z  e  i  1  e  n 
oder  Parasticheri  bezeichnet  werden. 
Sie  entstehen  durch  die  Berührung 
derjenigen  Blätter,  deren  seitlicher  Ab- 
stand voneinander  an  der  Sproßachse 
am  kleinsten  ist.  Sehr  deutlich  sieht 
man  die  Schrägzeilen  z.  B.  am  Hebten - 
zapfen,  wovon  in  Fig.  108  eine  etwas 
schematisierte  Ansicht  von  unten  ge- 
geben ist.  Die  Parastichen  sind  in 
dieser  Grundansicht  Schraubenlinien. 
Mehrere  Systeme  untereinander  gleich- 
sinnig verlaufender  Parastichen  treten 
deutlich  hervor:  eines  (mit  ungebroche- 
nen Linien  I — VIII  bezeichnet)  um- 
läuft den  Zapfen  im  Sinne  des  Uhr- 
zeigers; zwei  entgegengerichtete  kreuzen 
dieses;  davon  ist  das  eine  (mit  ge- 
strichelten Linien  1 — 5  bezeichnete) 
flach,  das  andere  (mit  fein  punktierten 
Linien  bezeichnete)  steil  gewunden. 
Man  kann  zwei  beliebige  sich  kreuzende 
Systeme  gleichartiger  Parastichen  dazu 
benutzen,  die  Divergenzen  solcher  Blatt- 
stellungen zu  bestimmen.  Bezeichnet  man  irgendein  Blatt  mit  1  (vgl.  dazu  die  Fig.  108), 
so  erhält  man  die  Nummer  des  in  der  Parastiche  nächst  folgenden  Blattes  dadurch,  daß 
man  zu  1  die  Gesamtzahl  der  gleichartigen  Schrägzeilen  des  Systems  addiert,  die  es  rings 
um  den  ganzen  Stengel  gibt.  Parastichen  mit  ungebrochenen  Linien  gibt  es,  wie  man 
ohne  weiteres  abzählen  kann,  8;  also  ist  das  nächste  Blatt  in  dieser  Parastiche  1  -f  8  =  9, 
das  nächste  9-f8  =  17  usw.  Gleichartig  verlaufende  Schrägzeilen  von  entgegengesetzter 
Neigung  gibt  es  z.  B.  gebrochen  gestrichelte  5  (fein  punktierte  aber  13);  also  sind  die  auf 
1  in  der  gestrichelten  Parastiche  folgenden  Blätter  1 -|- 5  =  6,  6  +  5  =  11  usw.  (in  der 
punktierten  Parastiche  dagegen  1  +  13  =  14,  14  +  13  =  27  usw.).  Diese  Gesetzmäßigkeit 
rührt  daher,  daß  in  jedem  System  gleichartig  verlaufender  Parastichen  zwischen  den  be- 
nachbarten Blättern  einer  Parastiche  noch  so  viele  Blätter  am  Stengel  befestigt  sein 
müssen,    als    86   außer   dieser   Parastiche  noch  weitere  Schrägzeilen  in   dem  System  gibt 


Fig.  108.  Halbschematische  Ansicht  des  Fichten- 
zapfens von  unten.  Schuppen  in  ^/^j -Stellung. 
I—VIII  System  gleichartig  im  Sinne  des  Uhr- 
zeigers den  Zapfen  umlaufender  Parastichen, 
1—5  System  entgegengerichtet  den  Zapfen  um- 
laufender Parastichen.    Im  übrigen  vgl.  den  Text. 


Morphologie.  79 

(z.  B.  in  dem  System  mit  ungebrochenen  Linien  7;  7  Blätter  liegen  also  zwischen  1  und 
dem  nächsten  Blatt  der  Parastiche,  demnach  muß  dieses  auf  1  +  "  folgen,  also  das  9.  sein) ; 
das  gleiche  gilt  natürlich  auch  für  die  Orthostichen.  Nummeriert  man  in  dieser  Weise 
alle  Blätter,  so  ergehen  die  aufeinanderfolgenden  Zahlen  ],  2,  3,  4  usw.  die  Grundspirale 
und  die  Divergenz.  Der  Fichtenzapfen  in  Fig.  108  hat  die  Blattstellung  7,^:  dem- 
entsprechend liegen  die  Blätter  1,  22,  43  usw.  in  einer  Orthostiche  übereinander.  —  Be- 
stimmt man  nun  bei  den  verschiedensten  Pflanzen  mit  wechselständigen  Blattstellungen 
die  Divergenzen,  so  fällt  auf,  daß  gewisse  Divergenzen  ganz  besonders  häufig  sind;  sie 
bilden  die  Reihe  7,,  Vg,  Vg.  Vs'  Vis»  Vm  "/34  "sw.  Diese  Brüche  haben  merkwürdige 
Beziehungen  zueinander:  Zähler  und  Nenner  eines  jeden  sind  die  Summen  der  Zähler 
und  Nenner  der  beiden  vorausgehenden  Brüche.  Die  Divergenzen  dieser  Reihe  bewegen 
sich  sämtlich  zwischen  '/•..  u"d  Vs  des  Stengelumfanges.  Sie  weichen  um  so  weniger  von- 
einander ab,  je  mehr  sie  sich  vom  Anfang  der  Reihe  entfernen,  und  nähern  sich  immer 
mehr  einem  Winkel  von  137"  30'  28".  Man  hat  diese  Reihe  als  die  Haupt  reihe  der 
Blattstellungen  bezeichnet.  Daneben  gibt  es  auch  noch  andere  Reihen  ähnlicher  Art.  Die 
Hauptreihe  ist  aber  vielleicht  allen  anderen  Reihen  dadurch  überlegen,  daß  bei  ihren 
Brüchen  mit  der  kleinsten  Zahl  von  Blättern  die  möglichst  gleichmäßige  Verteilung  aller 
an  der  Sproßachse  erreicht  wird.  Die  Entdecker  der  Reihen  waren  Carl  Schimper  und 
Alexander  Braun. 

Aufrechte  radiäre  Stengel  mit  langen  Internodien  oder  mit  breiten  Blättern  haben 
oft  wenige  Orthostichen,  solche  mit  kurzen  Internodien  oder  mit  schmalen  Blättern  meist 
viele.  Man  findet  also  in  diesem  Falle  bei  Schraubenstellung  stets  Divergenzen,  die  den 
höheren  Gliedern  der  Reihen  entsprechen. 

An  geneigten  dorsiventralen  Stengeln  sind  die  Stellungsverhältnisse  der  Blätter 
relativ  einfach.  Am  häufigsten  ist  hier  ^n-Stellung  oder  eine  ähnliche  Anordnung,  wobei 
sich  die  Blattflächen  parallel  zum  Horizont  stellen;  dadurch  werden  die  günstigsten  Ver- 
hältnisse für  die  Beleuchtung  geschaffen.  Die  \,,-Stellung  wird  überaus  häufig  durch 
Drehung  der  Internodien  erreicht,  so  bei  der  verbreiteten  dekussierten  Blattstellung,  die 
bei  geneigten  Achsen  duich  solche  Drehung  zu  einer  zweireihigen  Anordnung  mit  einer 
Blattreihe  rechts,  der  anderen  links  von  der  Achse  wird.  Auch  bei  wechselständigen 
Stellungen  kommt  ähnliches  vor  und  ermöglicht  es  den  Blattspreiten,  das  volle  Oberlicht 
auszunutzen.  So  ist  die  Stellung  der  Laubblätter  eine  Anpassung  an  die  Lichtbedürfnisse 
der  Pflanzen.  Bei  manchen  horizontal  wachsenden  Erdsprossen  (z.  B.  von  P'arnen)  stehen 
die  Blätter  in  einer  oder  zwei  Reihen  auf  der  Oberseite. 

Über  die  Ursachen  der  Blattstellungsgesetzmäßigkeiten  wissen  wir  noch  gar  nichts. 
SCHWENDEXERs  Annahme,  daß  rein  mechanische  Ursachen  die  Anordnung  der  Blätter  be- 
stimmen, hat  sich  als  unbegründet  erwiesen  (^*).  Jedenfalls  brauchen  die  Blätter  durchaus 
nicht  etwa  in  der  Reihenfolge  ihrer  Grundspirale  oder  als  Glieder  eines  Wirteis  gleich- 
zeitig am  Scheitel  zu  entstehen;  manchmal  kann  sogar  eine  Seite  des  Vegetationspunktes 
in  der  Erzeugung  von  Blattanlagen  wesentlich  gefördert  sein.  Ebensowenig  nehmen  sie 
bei  Spiralstellungen  als  Anlagen  am  Scheitel  stets  die  gleichen  Stellungen  ein  wie  am 
ausgewachsenen  Stengel;  ihre  Divergenzen  an  letzterem  werden  vielmehr  oft  erst  durch 
sekundäre  Verschiebungen  hergestellt. 

B.  Primärer  innerer  Bau  des  Stengels  (®').  Der  Stengel  zeigt  eine  viel 
weitergehende  Gewebedifferenzierung  als  die  Langtriebe  selbst  der  am  reichsten 
gegliederten  Thalli.  Zu  äußerst  finden  wir  als  Abschluß  eine  typische  Ober- 
haut oder  Epidermis;  Darunter  liegt  in  den  Internodien  (die  verwickelter 
gebauten  Knoten  lassen  wir  außeracht)  meist  ein  mehrschichtiger  leitbündel- 
freier  Gewebemantel,  die  Rinde,  die  das  übrige  leitbündelhaltige  Gewebe 
des  Stengels,  den  Zentralzylinder  (Fig.  109),  umschheßt. 

Wenn  sich  auch  bei  manchen  Monokot)'len  eine  Rinde  von  einem  Zentralzylinder 
nicht  unterscheiden  läßt,  weil  die  Leitbündel  bis  dicht  unter  die  Epidermis  gerückt  sind, 
und  auch  sonst  oft  eine  scharfe  Grenze  zwischen  beiden  fehlt,  so  scheint  es  doch  praktisch, 
an  dem  viel  gebrauchten  Begriff  Zentralzylinder  festzuhalten. 

Die  Rinde  besteht  hauptsächlich  aus  Parenchym,  und  zwar  bei  den 
grünen  Luftsprossen  an  der  Peripherie  vorwiegend  aus  chlorophyllhaltigem 
Parenchym,  das  in  dicken  Rinden  weiterinnen  in  farbloses (Speicher-)Parencliyni 
übergehen  kann;  bei  den  farblosen  Erdsprossen,  die  oft  viel  dicker  als  jene 


80 


Fitting: 


sind,  besteht  es  nur  aus  farblosem  Parenchym,  das,  ebenso  wie  das  übrige 
Parenchym  der  Rhizome,  reich  an  Reservestoffen  ist.  Häufig  ist  ein  Teil  der 
Rinde  als  Festigungsgewebe  ausgebildet.  Die  Stengel  der  Luftsprosse  als  die 
Träger  der  Blattlast  sind  namentlich  unter  dem  Einfluß  des  Windes  der  Gefahr 
der  Knickung  ausgesetzt;  sie  müssen  allseitig  biegungs fest  gebaut  sein.  Dafür 


a    x  i    a 


Fig.  109.  Querschnitt  durch  ein 
Stengelglied  des  Mais  (Zea  mays). 
pr  Rinde,  fc  Perizykel,  cv  Leitbündel, 
gc  Parenchym  des  Zentralzylinders. 
Vergr.  2.     Nach  Schenck. 


Fig.  110.  /  Längsschnitt  durch  einen  elastischen 
Zylinder,  vor  der  Biegung  (punktiert)  und  danach 
(ausgezogen).  F  Die  Füllung.  Vor  der  Biegung 
alle  Längskanten  gleich  lang;  nach  der  Biegung 
die  Außenkante  a  verlängert,  die  Außenkante  a 
verkürzt.  2  Bei  ungenügender  und  unwirksamer 
Füllung  /  krümmen  sich  die  Gurtungen  a  und  d 
leicht  jede  für  sich,  da  sie  dabei  gleichlang  bleiben 
können.     Nach  Null. 


sorgt  meist  Festigungsgewebe,  in  Form  von  Lagen  oder  Strängen  aus  Kollen- 
chym  oder  Sklerenchym,  die  möglichst  peripher,  nicht  selten  in  vorspringenden 
Kanten  des  Stengels  direkt  unter  der  Epidermis  ausgebildet  zu  sein  pflegen 
(Fig.  111,  J  u.  2). 


•'*^ 


Fig.  111.  Biegungsfeste  Konstruktionen  des  Stengels.  /  Querschnitt  durch  einen  jungen 
Sambucussproß.  c  KoUenchymbündel.  Die  innere  punktierte  Figur  ist  der  Ring  von 
Leitbündeln.  2  Teil  eines  Halmquerschnittes  vom  Pfeifengras  (Molinia  coerulea).  Sc  Skle- 
renchymrippen,  ScR  Sklerenchymring  als  tangentialer  Verband  dazwischen.  A  Grünes 
Assimilationsgewebe.  MH  Markhöhle.  Nach  Noi.l.  3  Zusammengesetzter  Träger,  stärker 
vergr.  u.  schematisiert.    g,g„  Gurtungen.    /  Füllung  (in  Form  eines  Leitbündels). 

Die  Biegungsfestigkeit  wird  nämlich  bei  sparsamer  Verwendung  von 
Festigungsmaterial  am  besten  durch  seine  periphere  Anordnung  erreicht.  Wenn  man 
einen  geraden  Stab  biegt,  so  wird  die  konvexe  Seite  notwendig  verlängert,  die  konkave 
verkürzt.  Wie  die  Fig.  110  zeigt,  müssen  dabei  die  äußersten  Kanten  a,  a  und  d ,  d  des 
gebogenen  Stabes  am  meisten  beeinflußt:  a\  d  am  stärksten  gedehnt,  0,  a  am  stärksten 
zusammengedrückt  werden,  während  die  Längsstreifen  ?',  ?'  und  z",  ?"  im  Innern  sich  nur 
wenig  verlängern  oder  verkürzen.    Wenn  man  also  nicht  den  ganzen  Stab  aus  fester  Masse 


Morphologie.  81 

aufbauen,  sondern  mit  dem  Festigungsmaterial  sparsam  umgehen  will,  so  wird  man  es 
möglichst  an  der  Peripherie  anbringen  müssen;  denn  hier  wird  es  einerseits  Biegungen 
den  größten  Widerstand  entgegensetzen,  andererseits  bei  stärkeren  Biegungen  infolge  seiner 
Festigkeit  weniger  leicht  zerrissen  oder  zerquetscht  werden  als  widerstandsloseres  Material. 
Allbekannt  ist  ja,  wie  groß  die  Biegungsfestigkeit  von  Eisenröhren  selbst  mit  ganz  dünnen 
Wänden,  sog.  Mannesmannröhren,  ist.  Einen  hohen  Grad  von  Festigkeit  erreicht  der 
Techniker  schon  dadurch,  daß  er  an  der  Peripherie  biegungsfester  Konstruktionen  parallel 
zueinander  und  zur  Längsachse  des  Gebildes  einzelne  Stäbe  aus  Festigungsmaterial,  sog. 
Gurtungen,  spannt.  Von  wesentlicher  Bedeutung  ist  dabei,  daß  diese  Gurtungen 
durch  widerstandsfähige,  gleichfalls  elastische  Füllungen  (Fig.  111,  /)  in  ihrem  wirk- 
samen Abstände  und  in  ihrem  Verbände  erhalten  werden.  Jeder  Stab  (Gurtung)  bildet 
alsdann  mit  dem  ihm  auf  der  Gegenseite  gegenüberliegenden  einen  Träger;  das  Material, 
das  quer  durch  die  Konstruktion  hindurch  zwischen  den  Stäben  liegt,  ist  die  Füllung 
dieses  Trägers  (Fig.  110).  Wenn  solche  Füllungen  fehlen,  würde  jeder  Stab  sich  einzeln 
leicht  biegen  lassen.  Sie  können  aber  in  hohlen  Gebilden  durch  tangentialen  Ver- 
band der  Gurtungen,  sei  es  durch  Festigungsmaterial,  sei  es  durch  anderes  ersetzt  werden. 
Bei  größeren  biegungsfesten  Konstruktionen  ersetzt  der  Techniker  die  peripher  gespannten 
Stäbe  ihrerseits  meist  durch  Träger,  die  wiederum  aus  zwei  Gurtungen  und  einer  Füllung 
bestehen  (die  Eisen-T-Träger  der  Technik). 

Wie  SCHWENDENER  ("')  zuerst  gezeigt  hat,  sind  die  mechanischen  Gewebe,  die  dem 
Pflanzenstengel  Biegungsfestigkeit  verleihen,  etwa  so  angeordnet,  wie  es  der  Techniker  tun 
würde,  um  sie  mit  wenig  Aufwand  von  Festigungsmaterial  widerstandsfähig  zu  machen. 
Bei  vielen  Gewächsen  bildet  das  Festigungsgewebe  einen  peripheren  Hohlzylinder, 
der  direkt  auf  die  Epidermis  folgen  oder  tiefer  ins  Gewebe  eingesenkt  sein  kann  (Fig.  112/c) ; 
bei  anderen  ein  System  entsprechend  angeordneter,  isoliert  nebeneinander  verlaufender 
Stränge  (System  der  einfachen  Träger  Fig.  111,/),  die  manchmal  einem  Hohlzylinder 
außen  noch  aufgesetzt  sind  (Fig.  111,  2);  bei  noch  anderen  ist  jeder  dieser  peripheren 
Stränge  selbst  wieder  in  Form  eines  Trägers  gestaltet  (Fig.  111,  3),  dessen  Gurtungen  als- 
dann allein  aus  mechanischem  Gewebe  bestehen,  dessen  Füllung  aber  meist  aus  einem 
Leitbündel  gebildet  wird  (System  der  zusammengesetzten  Träger).  Monokotylen- 
stengel  sind  im  allgemeinen  viel  vollkommener  biegungsfest  gebaut  als  die  Dikotylen-  und 
Gymnospermenstengel  in  ihren  primären  Geweben;  bei  diesen  wird  die  Festigkeit  durch 
das  sekundäre  Dickenwachstum  nachträglich  noch  erhöht.  In  grüngefärbten  Stengeln,  die 
an  der  Assimilationsarbeit  beteiligt  sind,  liegen  die  mechanischen  Gewebe  entweder  nicht 
direkt  unter  der  Epidermis,  so  daß  die  Peripherie  den  lichtbedürftigen  grünen  Geweben 
überlassen  bleibt,  oder  sie  teilen  sich  an  der  Peripherie  mit  ihnen  in  den  Raum  (Fig.  111,  2). 

Die  innerste  Zellschicht  der  Rinde  pflegt  in  oberirdischen  Stengelteilen 
von  Landpflanzen,  namentlich  wenn  sie  völHg  ausgewachsen  sind,  nicht  be- 
sonders ausgebildet  zu  sein.  In  diesem  Falle  gibt  es  also  keine  scharfe  Grenze 
zwischen  Rinde  und  Zentralzylinder.  Sie  kann  in  ihnen  aber  auch  als  Stärke- 
scheide,  ferner  namentlich  in  den  Erdsprossen  von  Landpflanzen  und  in 
den  Stengeln  von  Wasserpflanzen  als  typische  Endoder mis  oder  als  eine 
Kutis  ausgestaltet  sein.  Ist  sie  eine  Stärkescheide  (st  Fig.  112  A  und  B),  so 
zeichnen  sich  ihre  Zellen  durch  den  Gehalt  an  großen,  leicht  beweglichen 
Stärkekörnern  aus. 

Vielfach  ist  eine  Stärkescheide  nur  in  jungen  Pflanzentrieben  vorhanden,  schwindet 
aber  in  älteren  oder  bleibt  dort  nur  auf  bestimmte  Stellen  beschränkt.  Statt  gemeinsamer 
Stärkescheiden  oder  Endodermen  kann  es  auch  solche  um  die  einzelnen  Leitbündel  geben 
(Fig.  119/^)  oder  an  ihrer  Stelle  einzelne  Zellreihen,  die  leicht  bewegliche  Stärkekörner 
enthalten. 

Der  Zentralzylinder  besteht  ebenfalls  vor  allem  aus  Parenchym,  das 
seiner  Lage  entsprechend  farblos  oder  nur  schwach  grün  ist  und  hauptsächlich 
der  Speicherung  und  Leitung  von  Stoffen  dient;  daneben  kommt  oft  auch 
Sklerenchym  in  ihm  vor.  Seine  wichtigsten  Bestandteile  aber  sind  die  Leit- 
bündel. Sie  sind  es,  die  die  Blätter  von  den  Wurzeln  her  mit  Wasser  und  mit 
den  notwendigen  Nährsalzen  aus  dem  Boden  versorgen  und  umgekehrt  orga- 
nische Substanzen  aus  den  Blättern  zu  dem  Wurzelsystem  schaffen.  Die  Bündel 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Auf!.  6 


Fitting: 


sind  in  das  übrige  Gewebe  des  Zentralzylinders  eingebettet,  wovon  sie  sich 
durch  ihre  engen  Elemente  und  den  Mangel  an  Interzellularen  schon  bei  ganz 
schwacher  Vergrößerung  abheben.  Sondert  sich  der  Zentralzylinder  gegen  die 
Rinde  durch  eine  Scheide  scharf  ab,  so  pflegen  die  Leitbündel  nicht  direkt 
an  die  Scheide  anzugrenzen;  den  peripheren,  ein-  bis  mehrschichtigen,  leit- 
bündelfreien  Gewebemantel  des  Zylinders,  der  nicht  selten  aus  Parenchym 
besteht  (Fig.  112.4,  B,  pc),  kann  man  als  Perizykel  bezeichnen. 

Entweder  ist  nur  ein  zentrales  Leitbündel  im  Stengel  vorhanden,  wie 
bei  manchen  Farnen  und  bei  Lycopodium,  oder  es  verlaufen  im  Stengel 
mehrere  Leitbündel.  In  diesem  Fall,  der  die  Regel  bildet,  haben  die  Leit- 
bündel einen  bestimmten  Verlauf  und  auf  den  Stengel querschnitten  infolge- 
dessen eine  eigenartige  Anordnung.  Auf  den  Querschnitten  durch  die  Inter- 
nodien  sind  sie  nämhch  im  Zentralzylinder  bei  den  Schachtelhalmen  (Equi- 
seten),  den  meisten  Farnen,  Gymnospermen  und  Dikotylen  (Fig.  165)  in 
einem  Kreise  angeordnet,  dagegen  bei  den  Monokotylen  (Fig.  109)  ohne  Ord- 
nung zerstreut.  Bilden  die  Leitbündel  einen  Kreis,  so  gelten  die  von  ihnen 
umschlossenen  Gewebe  des  Zentralzylinders,  die  meist  aus  lebenden  oder  auch 
aus  frühzeitig  absterbenden Parenchymzellen  bestehen,  als  Mark  (Fig.  112 A,m), 
die  die  Bündel  seitlich  trennenden  Gewebe  als  Markstrahlen  (ms).  Bei 
zerstreuter  Verteilung  der  Bündel  ^„.^ —  —  - 
(Fig.   109)  fehlt  diese   Sonderung,    '^q 


?■ 


'^... 


er 


■i='-;w^lj3 


X^\ 


j^'hW 


'^i^ 


Tc.i% 


Fig.  112.  A  Teil  eines  Querschnittes  durch  einen  jungen  Stamm  von  Aristolochia  Sipho. 
e  Epidermis,  pr  Rinde,  st  Stärkescheide,  c  Zentralzylinder,  pc  Perizykel,  in  diesem  Pralle 
mit  einem  Ring  von  Sklerenchymfasern,  cv  Leitbündel,  und  zwar  «-"  Gefäßteile,  cv'  Sieb- 
teile, cb  Kambiumring,  m  Mark,  7ns  Markstrahl.  Vergr.  48.  B  Kleiner  Teil  eines  Quer- 
schnittes aus  dem  Umkreis  eines  noch  jüngeren  Stammteils,  e  Epidermis,  pr  Rinde, 
st  Stärkescheide  mit  leicht  beweglichen  Stärkekörnern,  pc  äußere  Zellschichten  des  Peri- 
zykels.     Vergr.  350.     Nach  Strasburger. 

Doch  gibt  es  auch  Farne  (z.  B.  Pteris)  und  Dikotylen,  bei  denen  die  Leitbündel 
zwei  (Cucurbita,  Phytolacca,  Piper)  oder  mehr  Kreise  (Amarantus,  Papaver,  Thalictrum) 
bilden.  Die  inneren  Kreise  pflegen  wenig  regelmäßig  zu  sein.  Ferner  gibt  es  in  beiden 
Gruppen  Gewächse,  bei  denen  außer  dem  Bündelring  und  den  Markbündeln  noch  kleine 
akzessorische  Rindenbündel  vorkommen. 

Die  Markstrahlen  können  aus  Parenchym  bestehen;  nicht  selten,  z.  B.  bei  vielen 
Kräutern,  werden  aber  ihre  inneren  Teile,  zwischen  den  G  e  f  ä  ß  strängen  der  Leitbündel, 
aus  Sklerenchym  gebildet,  wogegen  sich  die  äußeren  parenchymatischen  Teile  zwischen 
den  Sieb  strängen  der  Bündel  alsdann  scharf  absetzen. 

Unterirdische  Stengelteile  (Erdsprosse)  und  submerse  Wasserpflanzen,  die  zugfest 
gebaut  sein  müssen,  haben   die   mechanischen  Gewebe   oft  in   ihrer  Mitte,   also   im  Marke. 

Leitbüiidelveiiauf.  Ihren  Funktionen  entsprechend  bilden  die  Leitbündcl 
in  den  Pflanzen  ununterbrochene  Stränge,    die  sich,  namentlich  an  Ma- 


Morphologie.  83 

zerationspräparaten,  von  den  AVurzclspitzon  bis  in  die  Blattspitzen  verfolgen 
lassen.  Solche  Präparate  kann  man  aus  krautartigen  Pflanzenteilen  gewinnen, 
die  man  in  Wasser  so  lange  liegen  läßt,  bis  die  Gewebe  mit  Ausnahme  der 
resistenteren  Leitbündel  verfault  sind. 

Im  Stengel  ist  der  Verlauf  besonders  verwickelt.  In  die  Basis  der  Sproß- 
achse tritt  das  Leitbiindel  der  Wurzel  ein,  das  sich  mit  den  Stengelbiindeln 
vereinigt  (vgl.  S.  118).  Die  Stengelbündel  können  bis  zur  Stengelspitze  ver- 
laufen, ohne  an  ihrem  Ende  in  Blätter  überzugehen.  Man  nennt  solche  Leit- 
bündel stammeigene  Bündel.  Umgekehrt  sind  blatt eigene  solche,  die 
gleich  nach  ihrem  Eintritte  aus  den  Blättern  in  den  Stengel  mit  stammeigenen 
Bündeln  verschmelzen. 

So  bilden  bei  den  Pteridophyten  stammeigene  Leitbündelstränge  im  Stengel  ein 
netzartiges  Bündelrohr  oder  auch  ein  einziges  zentrales  Leitbündel  (Lycopodium  u.  a.), 
während  die  aus  den  Blättern  kommenden  blatteigenen  Bündelstränge  sich  mit  diesen 
stammeigenen  Bündeln  vereinigen. 

Meist  aber  biegen  die  Bündel  der  Sproßachse  an  ihren  Spitzen  in  die 
Blätter  aus:  gemeinsame  Bündel,  die  also  mit  ihren  unteren  Teilen  im  Stengel, 
mit  ihren  oberen  im  Blatte  verlaufen.  In  jedes  Blatt  kann  ein  oder  können 
mehrere  solche  Bündel  eintreten,  die  man  in  ihrer  Gesamtheit  als  Blattspur 
bezeichnet.  Es  gibt  also  ein-  und  mehrsträngige  Blattspuren.  Bei  den 
Samenpflanzen  besteht  das  Leitbündelsystem  des  Stengels  vor  allem  aus 
solchen  Blattspuren. 

In  den  Stengeln  mancher  Dikotylen  (Begonien,  Aralien)  sind  aber  die  innerhalb 
des  Kreises  der  Blattspurstränge  verlaufenden  Kreise  von  Markbündeln  stammeigene  Bündel, 
die  in  den  Knoten  mit  den  Blattspursträngen  durch  Querzweige  verbunden  sind. 

Die  Blattspurbündel  können  im  Stengel  dauernd  voneinander  getrennt 
bleiben.  Meist  aber  vereinigt  sich  jedes  Bündel  einer  Blattspur  bei  seinem 
Abwärtsverlaufe  schließlich  mit  einem  anderen  Bündel,  das  aus  einem  tiefer 
an  der  Achse  befestigten  Blatte  stammt.  Dieser  Vereinigung  kann  eine  Spal- 
tung (Gabelung)  des  Bündels  vorausgehen.  Durch  einen  solchen  netzartigen 
Verlauf  der  Bündel  wird  eine  gleichmäßige  Versorgung  der  Pflanze  mit  Wasser 
erreicht,  da  ein  jedes  Bündel  des  Stengels  infolge  seiner  Verzweigungen  größeren 
Sproßabschnitten  Wasser  Uefert.  Je  nach  der  Länge  des  Weges,  den  die  ein- 
zelnen Bündel  im  Stengel  frei  zurücklegen,  der  Richtung,  die  sie  verfolgen, 
und  der  Spaltung,  die  sie  unter  Umständen  erfahren,  ist  das  Bild  des  Bündel- 
verlaufes bei  den  verschiedenen  Arten  ein  anderes.  Natürlich  ist  die  Blatt- 
stellung für  die  Eintrittsstellen  der  Blattspuren  in  den  Stengel  bestim- 
mend; der  Verlauf  im  Stengel  ist  aber  von  der  Blattstellung  ganz  un- 
abhängig, so  daß  er  bei  ein  und  derselben  Blattstellung  ganz  verschieden 
sein  kann. 

Bei  den  Schachtelhalmen,  den  Koniferen  und  den  Dikotylen  dringen  alle 
Blattspurstränge  gleich  tief  in  den  Stengel  ein,  um  im  Stengel  auch  gleich  weit  von 
der  Stengelmitte,  also  auf  dem  Querschnitt  zu  dem  charakteristischen  Kreise  geordnet,  nach 
abwärts  zu  laufen.  Infolgedessen  kann  man  den  Bündelverlauf  in  den  Internodien  auf 
einer  Zylinderfläche  darstellen,  die  sich  in  eine  Ebene  ausbreiten  läßt.  In  den  Knoten 
freilich  ist  der  Bündelverlauf  meist  viel  verwickelter,  weil  hier  die  Blattspurstränge  noch 
durch  stammeigene  Querverbindungen  miteinander  verbunden  sind.  Nachträgliche  seit- 
liche Verbindungen  findet  man  übrigens  oft  auch  in  den  Internodien. 

Ein  relativ  einfaches  Beispiel  eines  Bündelverlaufs  liegt  in  den  jungen  Zweigen 
von  Juniperus  nana  vor  (Fig.  113).  Ihre  Blätter  stehen  in  dreigliedrigen  Quirlen.  Aus  jedem 
Blatt  tritt  eine  einsträngige  Blattspur,  somit  ein  einziges  Bündel  in  den  Stengel 
ein.  Etwa  in  der  Mitte  des  nächst  unteren  Internodiums  gabelt  es  sich  in  zwei  Schenkel, 
die  je  rechts  und  links  mit  benachbarten  Blattspuren  verschmelzen.  Weniger  einfach 
erscheint   das  Bild   des   in  Fig.  114  dargestellten  Bündelverlaufs  in  einem  jungen  Zweige 

6* 


84 


Fitting: 


von  Taxus  baccata,  obwohl  auch  hier  die  Blattspuren  einsträngig  sind.  Jede  Blattspur 
läßt  sich  frei  durch  12  Stengelglieder  abwärts  verfolgen,  -worauf  sie  mit  einer  anderen 
verschmilzt.  Zunächst  läuft  sie  durch  vier  Internodien  gerade  abwärts,  dann  biegt  sie 
seitlich  aus,  um  einer  eintretenden  Spur  Platz  zu  machen  und  sich  mit  ihr  zu  vereinigen. 
Bei  Taxus  stehen  die  Blätter  nach  -Vis;  dementsprechend  zeigen  auch  die  Eintrittsstellen 
der  Blattspuren  in  den  Stengel  ^/^.^  Divergenz.  Ein  Beispiel  dreistr ängiger  Blatt- 
spuren sei  aus  einem  jungen  Zweige  der  italienischen  Waldrebe  (Clematis  Viticella) 
vorgeführt.  Die  Blattpaare  an  diesen  Zweigen  stehen  dekussiert.  Die  Medianstränge  der 
Blattspuren  (a  u.  J,  ^  u.  k,  n  u.  ^,  t  u.  x  Fig.  115)  laufen  durch  ein  Internodium  ab- 
wärts, teilen  sich  im  nächsten  Knoten  in  zwei  Schenkel  und  fügen  diese  den  ihnen  zu- 
gekehrten Lateralsträngen  der  Blattspuren  des  dortigen  Blattpaares  an.    Die  zwei  Lateral- 


stränge jeder  Blattspur  (5  u.  c,  e  u.  f,  h 
durch  ein  Internodium  frei  abwärts  ver- 
folgen, biegen  im  nächsten  Knoten  zu- 
sammenneigend nach  außen  und  legen 
sich  den  nämlichen  Lateralsträngen  wie 
die  Schenkel  des  Medianstranges  an. 

Einem  ganz  anderen  Typus  folgt 
der  Bündelverlauf  bei  den  Monoko- 
tylen (Fig.  116).  liier  befinden  sich 
die  einzelnen  Blattspurstränge  im  Zentral- 
zylinder ungleich  weit  von  der  Ober- 
fläche des  Stengels  entfernt,  sind  also  auf 
dem  Stengelquerschnitte  zerstreut.  Diese 
Anordnung     kommt    dadurch    zustande, 


/  u.  m,  o  \\.  p,  r  u.  s)  lassen  sich   ebenfalls 


daß    das    Dickenwachstum 


Stengel- 


Fig.  113.  Schematische  Darstellung  des 
Leitbündelverlaufs  in  einem  jungen  Zweige 
von  Juniperus  nana,  auf  der  eben  ge- 
legten Zylinderfläche  entworfen.  Bei  k,  k 
die  in  die  Achselsprosse  tretenden  Bündel. 
Xach  Geyler. 


7  \    /  2i\  V 

X    ' 

l^^j     t 

\     4v 

/   A       1 

V     J5 

'tV   jj_ 

X.    f  V 

/  \  r 

Y    iL  j  Yvl 

v-t    IX 

XA^  t 

^V.      t  v 

Y      /l_ji5  J 

V   1 

\  f 

^  t'Xi- 

t]^  Vp 

lZ   tX   / 

■a^  t 

'«^t    I    Y 

:  15  t^ 

tX    L-  15  Xv 

t  vt 

/    \  r        1 

^  '  ^Xt 

,7X1        / 

V    i\ 

Jy    r  , 

^Xt  t\ 

1      /    \  \ 

t\   t4t 

K.  E^ir: 

±^L.ritt 

Fig.  114.  Schematische  Darstellung  des 
Bündelverlaufs  in  einem  jungen  Zweige  von 
Taxus  baccata.  Das  Bündelrohr  ist  einseitig 
bei  /  längs  aufgeschlitzt  und  in  einer  Ebene 
ausgebreitet. 


Vegetationspunktes  nach  Anlage  der  ersten  medianen  Bündel  des  Blattes  noch  längere  Zeit 
anhält.  Infolgedessen  gelangen  die  später,  und  zwar  nacheinander  erzeugten  Bündel  der 
Blattflächen  nicht  so  weit,  und  zwar  verschieden  tief  nach  innen.  Besonders  ausgeprägt 
kommt  diese  Anordnung  bei  den  Palmen  (Palmentypus)  vor.  Jede  Blattspur  besteht  hier 
aus  zahlreichen  Strängen,  die  aus  einem  stengelumfassenden  Blattgrund  im  ganzen  Um- 
kreise in  den  Stengel  eintreten.  Die  in  dem  Blattgrund  medianen  Leitbündel  (vgl.  das 
Bild  des  medianen  Längsschnittes  durch  den  Stengel  Fig.  116,  in  das  für  ein  jedes  Blatt 
A,  B,  C  nur  das  mediane  und  ein  seitliches  Leitbündel  eingezeichnet  ist)  dringen  fast  bis 
zur  Mitte,  die  seitlich  angrenzenden  {a,  b,  c)  immer  weniger  tief  in  den  Zentralzylinder 
ein.  In  ihrem  Abwärtsverlaufe  nähern  sich  die  Bündel  langsam  der  Peripherie  des 
Zentralzylinders,  wo  sie  mit  anderen  verschmelzen.  Die  Zahl  der  Internodien,  die  jedes 
durchläuft,  ist  verschieden,  für  die  medianen  besonders  groß. 

Leitbündelbau  (68).      Die   Stengelbündel   sind   Gewebestränge    von  kreis- 
rundem, breit-  oder  schmalelliptischem  Querschnitte,  und  zwar  sind  es  fast 


Morphologie 


85^ 


stets  vollständige  Leitbündel,  d.  h.  solche  Bündel,  worin  Sieb-  und  Gefäß- 
stränge zu  gemeinsamen  Strängen  verbunden  sind  (vgl.  S.  58).  Die  Sieb- 
stränge, deren  wichtigster  Bestandteil  die  Siebröhren  sind,  bilden  das  Phloem 
(den  Siebteil),  die  Gefäßstränge  mit  den  wasserleitenden  Gefäßen  das  Xylem 
(den  Gefäßteil)  des  Bündels.    Die  Stengelbündel  können  bei   den  einzelnen 

Kormophyten  recht  verschieden  gebaut  sein. 
In  den  Sproßachsen  findet  man  alle  die  ver- 
schiedenen Bündeltypen,  die  sich  in  den 
Organen  der  Kormophyten  überhaupt  unter- 
scheiden lassen,  nämlich  radiale,  kon- 
zentrische und  kollaterale  Bündel. 
Diese  Leitbündelformen  unterscheiden  sich 
voneinander  durch  die  Anordnung  und  die 
Ausbildung  ihrer   Sieb-  und   Gefäßstränge. 


Fig.  115.  Clematis  Viticella.  Zweigende 
durch  Entfernung  der  Oberfläche  und 
Einwirkung  von  Kalilauge  durchsichtig 
gemacht,  den  Verlauf  der  Blattspuren 
zeigend.  Die  austretenden  Enden  der 
Stränge  infolge  leichten  Druckes  etwas 
verschoben.  Die  jungen  Anlagen  der 
beiden  obersten  Blattpaare  hl^  und  bl^ 
noch  ohne  Blattspuren,  i' Vegetationskegel. 
Nach  Nägkli. 


Fig.  116.  Schematische  Darstellung  des  Bündel- 
verlaufs nach  dem  Palmentypus,  innerhalb  eines 
medianen  Längsschnittes  durch  den  Stengel  in 
der  Ebene  der  Blattmedianen.  Zweizeilig  al- 
ternierende, stengelumfassende  Blätter  sind 
vorausgesetzt.  Die  Blätter  Aa^  Bb,  Cc  sind  nahe 
ihrer  Basis  abgeschnitten;  die  großen  Buchstaben 
bezeichnen  ihre  Medianen.  Oben  der  Stengel 
im    Querschnitt.     Rothert   frei    nach    RosTA- 

FINSKI. 


Im  radialen  Leitbündel  (Fig.  117,  vgl.  auch  Fig.  158,  160)  gibt  es 
mehrere  Gefäß-  und  Siebstränge,  die  auf  dem  meist  kreisrunden  Bündel- 
querschnitt wie  die  Radien  eines  Kreises  neben-  und  miteinander  abwechselnd 
angeordnet  sind  und  in  Seitenansicht  parallel  zur  Längsachse  des  Pflanzen- 
teils verlaufen.  Stoßen  die  Gefäßstränge  im  Zentrum  des  Leitbündels  zusammen, 
so  bilden  sie  eine  sternförmige  Quersclinittsfigur;  die  Enden  der  Zacken  werden 
von  den  engsten  Gefäßen  (den  Gefäß-  oder  Xylemprimanen,  vgl.  dazu  S  90) 
eingenommen,  während  die  Gefäße  nach  dem  Zentrum  des  Bündels  hin  immer 
weiter  werden  (Fig.  117).   In  den  Buchten  zwischen  den  Zacken  liegen  die  Sieb- 


86 


Fitting: 


Stränge  und  in  ihnen  außen  die  engsten  Siebröhren  (die  Sieb-  oder  Phloem- 

primanen).     Radiale  Bündel,  die  für  die  Wurzeln  bezeichnend  sind,  kommen 

in  Sprossen  freilich  nur  selten,  und  zwar  stets  in  Einzahl,  vor,  z.  B.  in  manchen 

X  Lycopodienstengeln. 


^\  '  irr  Im'  '(^1/ 


^^ 


Fig.  117.  Radiales  Leitbündel  aus  dem  Stengel 

vonLycopodiumHippuris,/'Phloem,^/Phloem- 

primanen,  .r  Xylem,  xp  Xyleniprimanen. 

Vei-gr.  30. 


Fig.  118.     Konzentrisches  Leitbündel    mit 

Außenxylem    aus    dem    Wurzelstock    von 

Convallaria  majalis.  pk  Phloeni,  .x,  t  Xylem, 

5  Xylemprimanen.     Nach  Rothert. 

PP 


Fig.  1 ID  Querschnitt  durch  ein  konzentrisches  Leitbündel  aus  dem  Blattstiel  des  Adlerfarns 
(Pteridium  aquilinum).  sc  Treppentracheiden ,  sp  Xylemprimanen  (Schraubentracheiden) ; 
in  der  Treppentracheide  sc^  Stück  einer  leiterförmig  verdickten  schrägen  Endwand,  Ip  Xylem- 
parenchym,  v  Siebröhren,  s  Phloemparenchym,  pr  Phloemprimanen,  pp  Stärkeschicht, 
e  Endodermis.     Vergr.  240.     Nach  Stkasbürgek. 


I 


Morphologie.  87 

Im  konzentrischen  Bündel  wird  ein  zentraler  Gefäß-  oder  Sieb- 
strang allseits  von  einem  hohlmantelförmigen  Sieb-  oder  Gefäßstrang  kon- 
zentrisch umgeben.  Liegt  das  Xylem  zentral,  so  kann  man  das  Bündel  als 
konzentrisch  mit  Innenxylem,  liegt  es  dagegen  außen,  als  ein  solches  mit 
Außenxylem  bezeichnen.  Konzentrisch  mit  Innenxylem  sind  die  Bündel  bei 
den  meisten  Farnen  (Fig.  119)  und  bei  bestimmten  Dikotylen  das  Stengelbündel 
(viele  Holzpflanzen).  Konzentrisch  mit  Außenxylem  sind  sie  z.  B.  in  gewissen 
Erdsprossen  und  Stämmen  von  Monokotylen  (Fig.  118);  solchen  Bau  haben 
ferner  die  markständigen  Bündel  z.  B.  bei  Piperaceen,  Begonia,  Campanulau.  a. 

Bei  den  Pteridophyten  liegen  die  engsten  Gefäße  (die  Getaßprimanen)  {sp)  in  dem 
Xylemstrang  entweder  gruppenweise  peripher  oder  zentral  oder  zwischen  den  älteren 
Gefäßen.  Die  Gefäßstränge  werden  von  einer  Parenchymschicht  (//)  umhüllt.  Daran 
schließt  im  Umkreis  der  aus  Siebröhren  {v)  und  aus  Farenchym  {s)  bestehende  Mantel,  an 
dessen  Außenrand  die  engsten  Siebröhren  (die  Siebprimanen)  gelegen  sind. 

Im  kollateralen  Leitbündel  endlich  (Fig.  120^4),  das  auch  nur  einen 
Gefäßstrang  und  meist  nur  einen  Siebstrang  enthält,  liegt  der  Gefäßteil 
neben  oder  besser  hinter  dem  Siebteil,  so  daß  Xylem  und  Phloem  sich  nur 
einseitig  berühren.  Die  Medianebenen  solcher  Bündel  sind  in  den  Stengeln 
immer  radiär  gerichtet,  so  daß  diese  Bündel  im  allgemeinen  ihre  Gefäßteile 
nach  innen,  ihre  Siebteile  nach  außen  kehren.  Die  engsten  Gefäße  (die  Xylem- 
primanen)  liegen  im  kollateralen  Bündel  gewöhnlich  am  Innenrande  des  Gefäß- 
teiles (bezogen  auf  den  Stengelquerschnitt),  die  Phloemprimanen  am  Außen- 
rande des  Siebteiles.  Solche  kollaterale  Leitbündel  sind  den  Sprossen  der 
Samenpflanzen  und  der  Schachtelhalme  eigentümlich.  Doch  kommen  auch 
bikollaterale  Leitbündel  vor,  die  nicht  nur  außen,  sondern  auch  innen  einen 
Siebstrang  besitzen,  so  in  den  Stengeln  der  kürbisartigen  Gewächse  (Cucur- 
bitaceen). Die  kollateralen  Bündel  sind  bei  den  Monokotylen,  wie  die  radialen 
und  die  konzentrischen  Leitbündel,  meist  geschlossen,  d.  h.  das  ganze 
Bündel  besteht  aus  Dauergewebe,  und  der  Gefäßteil  grenzt  unmittelbar  an 
den  Siebteil  (Fig.  120  A).  Bei  den  Gymnospermen  und  Dikotylen  sind  sie 
dagegen  meist  offen,  d.  h.  die  Sieb-  und  die  Gefäßteile  bleiben  dauernd 
durch  eine  Schicht  meristematisches  Gewebe,  das  Kambium  der  Bündel, 
getrennt  (Fig.  121). 

Bei  sämtlichen  Leitbündelformen  bestehen  die  Gefäßstränge  vor  allem 
aus  engen  oder  weiten,  verholzten  Elementen,  die  der  Wasserleitung  dienen: 
Tracheiden  und  Tracheen  (Fig.  120  a,  sp,  m\  Fig.  122  r/),  sp,  s,  n,  t)  oder 
Tracheiden  allein,  die  sämthch  einzeln  für  sich  oder  zu  Gruppen  ohne  Inter- 
zellularen zwischen  lebende,  enge,  langgestreckte  und  oft  unverholzte  Leit- 
parenchymzellen,  Xylemparenchym,  eingebettet  oder  von  ihnen  in  Form 
einer  lückenlosen  Scheide  umgeben  werden  (Fig.  119  Ip).  Auch  Sklerenchym- 
fasern  sind  manchmal  in  den  Gefäßsträngen  vorhanden.  Bei  den  Farnpflanzen 
sind  sämtliche  Gefäße  ausschließhch  als  Tracheiden  ausgebildet;  in  den  Bün- 
deln der  Samenpflanzen  kommen  dagegen  meist  Tracheiden  und  Tracheen 
nebeneinander  vor.  In  allen  Bündeln  (vgl.  Fig.  122)  sind  die  engsten  Gefäße 
Ring-  und  Schraubengefäße,  die  übrigen  aber  meist  Netz-  und  Tüpfelgefäße,  bei 
den  Pteridophyten,  abgesehen  von  denPrimanen,  nur  Treppengefäße  (Fig.  70^), 

In  den  Siebsträngen  der  Leitbündel  (Fig.  119  und  120)  verlaufen  die 
der  Eiweißleitung  dienenden  Siebröhren  (y).  Sie  sind  stets  von  anderen 
lebenden  Zellen  begleitet,  entweder  nur  von  Geleitzellen  (Fig.  120s),  die 
meist  kürzer  als  die  Siebröhrenglieder  und  mit  diesen  durch  Siebplatten  ver- 
bunden sind,  oder  von  Geleitzellen  und  von  anderen  gestreckten  Parenchym- 
zellen  (Phloemparenchym)  oder  von  letzteren  allein  (Fig.  119  s).  Ist 
Phloemparenchym  vorhanden,  so  sind  die  Siebröhren  einzeln  oder  gruppen- 
weise lückenlos  darin  eingebettet. 


Fitting: 


y:    \ 


Ä 


^\ 


V' 


Fig.  120.     A  Querschnitt,  B  Längsschnitt  durch  ein  geschlossenes,  koliaterales  Leithündel 

aus    dem  Stengel    von   Zea  mays.      a    Ring    einer    Ringtracheide,    sp    Schraubentracheide, 

m  und  w'  Tüpfeltracheen,  v  Siebröhre,  s  Geleitzelle,  cpr  und  cp  zerdrückte  Phloemprimanen, 

/  Gefäßgang,  vg  Scheide.     Vergr.  180.     Nach  Strasburger. 


Morphologie. 


89 


Geleitzellen  kommen  nur  den  Siebröhren  der  Angiospermen  zu.  Sie  sind  Schwester- 
zellen der  Siebröhrenglieder,  gehen  mit  ihnen  durch  Längsteilung  aus  derselben  Mutter- 
zelle hervor,  erfahren  aber  meist  noch  Querteilungen.  Ihre  Weite  ist  geringer  als  die  der 
Siebröhrenglieder,  sie  zeichnen  sich  vor  letzteren  auch  durch  ihren  reichlichen  plasmatischen 
Inhalt  aus.    In  einzelnen  Phallen  findet  man  im  Phloem  auch  Milchsaft-  oder  Schleimröhren. 

Das  vollständige  Bündel  ist  seinerseits  gewöhnlich  noch  von  einer 
Bündelscheide  mehr  oder  weniger  umschlossen,  die  aus  interzellularen- 
freiem  Parenchym  (oft  reich  an  großen  Stärkekörnern:  Stärkescheide), 
aus  Sklerenchym  oder  aus  einer  Schicht  von  Endodermiszellen  (manchmal 
auch  aus  Kutisgewebe)  bestehen  kann,  Sie  wird  nicht  zum  Leitbündel  ge- 
rechnet. Die  Scheiden 
dienen  wohl  vielfach 
dazu,  die  Stoffleitung 
auf  die  Bündel  zu  be- 
grenzen. Scheiden  aus 
Sklerenchym  sind  beson- 
ders häufig  den  Außen- 
seiten der  Siebteile  als 
halbmondförmige  Skle- 
renchynischicht  (Fig. 
120^,  121vg)  vorgelagert 
und  bei  zerstreuter  Bün- 
delanordnungnamentlich 
an  den  äußeren  Leit- 
bündeln ausgebildet. 

Wo  eine  sklerenchy- 
matische  Scheide  ein  kolla- 
terales Bündel  umgibt,  ist  sie 
oft  an  jeder  Seite  des  Bün- 
dels, an  der  Grenze  von  Ge- 
fäß- und  Siebteil,  durch 
parenchymatische  oder  schwä- 
cher verdickte  und  schwächer 
verholzte  Elemente  unter- 
brochen. Diese  Stellen  er- 
leichtern den  Austausch  von 
Wasser  und  Nahrungsstoffen 
zwischen  dem  Bündel  und 
dem  Parenchym ;  sie  werden 
als  Durchlaßstreifen 
bezeichnet. 

Um  den  Bau  der 
Bündel  und  die  Unter- 
schiede zwischen  den 
Leitbündeltypen  voll- 
ständig zu  verstehen,  ist  auch  noch  ein  Einblick  in  ihre  outogenetische  Ent- 
wicklung erforderlich.  Die  primären  Leitbündel  gehen  aus  Strängen  lang- 
gestreckter Urmeristenizellen  hervor.  In  ihnen  vollzieht  sich  die  Gewebe- 
sonderung  nur  allmälüich,  und  zwar  ungleichzeitig  in  den  Zellen  eines 
Stranges.  Solange  nämlich  ein  Pflanzenteil  noch  stark  in  die  Länge  wächst, 
bleiben  die  Stränge  der  Hauptmasse  nach  undifferenziert.  Nur  an  engbe- 
grenzten Stellen,  die  meist  an  den  Rändern  jedes  Stranges  gelegen  sind,  wandeln 
sich  einzelne  Zellenzüge  in  Dauergewebe  um,  und  zwar  auf  Streckung  oder 
Dehnung  eingerichtete  Elemente:  ring-  und  schraubenförmig  verdickte  Trache- 
iden  einerseits,    Siebröhren  oder   Siebröhren  nebst   Geleitzellen  andererseits. 


Fig.  121.     Querschnitt  durch  das  offene,    kollaterale  Leit- 
bündel eines  Ausläufers  von  Ranunculus  repens.  ^  Schrauben- 
tracheiden,    m  Tüpfeltracheen,  t-  Kambium,   z'   Siebröhren, 
vg-  Scheide.     Vergr.  180.     Nach  Strasbukger. 


90 


Fitting: 


Diese  Tracheiden  werden  deshalb  als  Erstlinge  des  Gefäßteils,  Xylempri- 
manen  (Protoxylem),  die  Siebröhren  als  Erstlinge  des  Siebteils,  Phloem- 
primanen  (Protopliloem),  bezeichnet.  Erst  nach  vollendetem  Längenwachstum 
des  Pflanzenteils  werden  die  Leitbündel  fertiggestellt,  wobei  die  Differenzierung 
der  meristematischen  Gewebe  von  den  Primanen  aus  fortschreitet  und  im 
Gefäßteil  nacheinander  zuerst  Ring-,  dann  Schrauben-,  Netz-,  schließlich 
Tüpfelgefäße  ausgebildet  werden  (Fig.  120  B,  122).  Die  Xylemprimanen  sind 
im  fertigen  Leitbündel  vielfach  zerdrückt,  auch  wohl  durch  Dehnung  zerrissen 
{a  und  ä  Fig.  120  5,/;  r-p  Fig.  122);  in  manchen  Fällen  ist  ein  lysigener, 
von  Wasser  erfüllter  Literzellulargang  (,, Gefäßgang")  an  ihrer  Stelle  aus- 
gebildet (Fig.  120/),  der  aber  noch  der  Wasserleitung  dient(*^^).  Die  Wände 
der  Phloemprimanen  (Fig.  120  B,  cp)  sind  im  fertigen  Bündel  verquollen, 
ihre   Siebplatten  durch   Kallusbeläge   verschlossen. 

Beim  radialen  Bündel  schreitet  die  Ausbildung  der  Elemente  entsprechend 

der  Lage  der  Primanen 
in  den  Gefäß-  und  Sieb- 
strängen von  der  Peri- 
pherie des  Bündels  nach 
dem  Zentrum  fort,  beim 
kollateralen  Bündel  da- 
gegen im  Siebteil  vom 
Außenrande,  im  Gefäß- 
teile aber  vom  Innen- 
rande des  Bündels  gegen 
die  Mitte  des  Bündels; 
wird  dabei  aUes  Meristem 
aufgebraucht,  so  entsteht 
ein  geschlossenes  kolla- 
terales Bündel,  bleibt 
etwas  davon  erhalten, 
ein  offenes.  In  den  kon- 
zentrischen Bündeln  voll- 
zieht sich  die  Ausbildung 
des  Phloems  und  Xylems 
nicht  nach  einem  einheit- 
lichen Typus;  dement- 
sprechendist die  Lage  der 
Primanen  verschieden. 
Bündel,  in  denen  man  das  Protoxylem  am  Innenrande  des  Xylems  (wie  bei  den 
kollateralen  nnd  den  konzentrischen  Bündeln  der  Monokotylen)  oder  im  Zentrum  des 
Xylems  (wie  oft  bei  konzentrischen)  findet,  nennt  man  auch  wohl  endarch.  Die  Xylem- 
primanen können  aber  auch  an  anderer  Stelle  ausgebildet  sein,  z.  B.  am  Außenrande  des 
Xylems,  exarch,  wie  beim  radialen  Bündel;  oder  in  einer  oder  in  mehreren  Gruppen 
mesarch,  d.  h.  zwischen  Außen-  und  Innenrand  des  Gefäßteiles,  z.  ß.  in  den  Blattstielen 
der  Cycadeen  und  im  konzentrischen  Bündel  vieler  Farne  zwischen  Peripherie  und  Zentrum 
des  Xylems,  also  zwischen  weitere  Gefäße  eingebettet. 

Ob  irgendwelche  Beziehungen  zwischen  der  Anordnung  der  Sieb-  und  Gefäßteile 
und  den  Leitungsbedürfnissen  der  Pflanzenteile  bestehen,  darüber  wissen  wir  noch  gar 
nichts  ("'.  ^^). 

Ebensowenig  sehen  wir  über  die  Phylogenie  der  Bündeltypen  klar.  Allen 
Grund  haben  wir  freilich  zu  der  Annahme,  daß  ein  Stengel  mit  einem  einzigen  zen- 
tralen Leitbündel  als  primitiv  anzusehen  ist.  Ein  solches  finden  wir  in  den  Stengelteilen 
mancher  lebender  und  ausgestorbener  Farnpflanzen  und  in  sämtlichen  Wurzeln.  Zu  den 
einfachsten  und  phylogenetisch  ältesten  Leitbündeln  dürfte  das  konzentrische  Bündel  mit 
einem  soliden  zentralen  Xylemstrange  gehören;  wenigstens  ist  ein  solches,  wie  es  scheint, 


Fig.  122.  Längsschnitt  durch  den  Gefäßteil  des  kollate- 
ralen Leitbündels  von  Impatiens  parviflora.  rp  Durch 
Längenwachstum  des  Stengels  weit  auseinander  gerückte 
Ringverdickungen  einer  stark  gedehnten  Ringprimane;  sp  ge- 
dehnte Schraubenprimane;  5  Schrauben-,  n  Xetz-,  t  Tüpfel- 
j-,  n,  t  erst  nach  Beendigung  des  Streckungswachs- 
tums ausgebildet.     Vergr.  120. 


Morphologie. 


91 


in  den  Keimsprosson  fast  aller  lebenden  Farne  vorhanden  (vgl.  Fig.  123^).  Aber  auch 
das  radiale  Bündel  dürfte  phylogenetisch  sehr  alt  sein.  Dafür  spricht,  daß  es  allen 
Wurzeln  lebender  und  fossiler  Kormophyten,  soweit  wir  wissen,  zukommt  und  daß  es 
außerdem  auch  in  den  Stengeln  einiger  Kormophyten  ausgebildet  ist,  während  kein  anderer 
Bündeltypus  in  Stengeln  und  Wurzeln  sich  findet.  Die  Vielförmigkeit,  die  man  im  Bau 
und  in  der  Anordnung  der  Sproßbündel  bei  den  Farnpflanzcn  im  Gegensatz  zu  den  Samen- 
pflanzen findet,  erlaubt  auch  Vermutungen  darüber,  wie  aus  einem  Stengel  mit  einem 
konzentrischen  Bündel  Stengel  mit  anderem  Bau  entstanden  sein  können.  Einmal  nämlich 
finden  wir  Formen  (Fig.  123-5'),  bei  denen  der  Gefäßteil  des  einzigen  zentralen  Bündels 
zu  einem  Hohlzylinder  mit  zentralem  Strang  von  Parenchym  (,,Mark")  geworden  ist 
(Gleicheniaceen,  Schizaeaceen),  weiter  solche  (Fig.  123  C),  wo  auf  den  Xj^lemhohlzylinder 
noch  ein  innerer  Phloemmantel  und  dann  erst  ein  Mark  folgt  (z.  B.  Marsilia);  endlich 
solche  (Fig.  123  i^),  bei  denen  dieses  Bündelrohr  von  rhombischen  Lücken,  den  Blatt- 
lücken (d.  h.  den  Ausgangsstellen  der  Blattbündel),  zu  einem  netzartigen  Maschen  werk 
durchbrochen  ist  (z.  B.  Aspidium  Filix  mas).  In  diesem  Falle  findet  man  auf  dem  Stengel- 
querschnitte einen  Kranz  von  zahlreichen,  übrigens  typisch  gebauten  konzentrischen 
Bündeln,  jedes  mit  einem  soliden,  zentralen  Xylemstrange.  Ferner  kommen  aber  auch 
Formen  vor  '{¥\g.  123  Z»),  bei  denen  in  dem  zentralen,  konzentrischen,  markhaltigen 
Bündel  der  an  das  Mark  anschließende  Xylerahohlzylinder  in  eine  Anzahl  nebeneinander 


Fig.  123.     Phylogenie  der  Leitbündeltypen,  schematisch.    Weiß:  Rinde  und  Mark,  schwarz 
punktiert:  Phloöm,  weiß  punktiert  auf  schwarz:  Xylem.     Erklärung  im  Text. 

liegender,  längs  verlaufender  Xylemstrange  aufgelöst  ist,  die  durch  radiale  Parenchym- 
platten  voneinander  getrennt  und  von  einem  geschlossenen  Phloi-maußenmantel  umhüllt 
werden  (z.  B.  Osmunda).  Und  schließlich  gibt  es  Formen  (Fig.  \2?>  E),  bei  denen  auch 
dieser  Phloemmantel  noch  in  entsprechende  Stränge  zerlegt  ist,  so  daß  die  radialen  Paren- 
chymplatten  als  „Markstrahlen"  die  nunmehr  kollateralen  Xylem-Phloemstränge  völlig 
voneinander  trennen  (Rhizom  von  Ophioglossum).  Diese  Reihen  zeigen  uns,  wie  aus  einem 
zentralen  konzentrischen  Bündel  durch  Zerteilung  erstens  ein  netzartiges  Bündelrohr,  das 
im  Querschnitt  aus  vielen  konzentrischen,  kreisförmig  angeordneten  Bündeln  besteht, 
zweitens  ein  Hohlrohr  aus  kollateralen  Bündeln  entstehen  kann.  Nimmt  man  an,  daß 
die  phylogenetische  Entwicklung  sich  in  dieser  Weise  vollzogen  hat,  so  würde  also  nicht 
ein  kollaterales  Bündel  der  Samenpflanzen  oder  eines  der  vielen  konzentrischen  Bündel, 
die  man  auf  den  Stengelquerschnitten  vieler  Farne  findet,  dem  einen  zentralen  kon- 
zentrischen Bündel  „primitiv  gebauter'  Farnpflanzen  homolog  sein,  sondern  die  Gesamt- 
heit aller  kollateralen  oder  konzentrischen  Bündel  im  Stengel,  d.  h.  also  der  Zentral- 
zylinder wäre  homolog  zu  setzen  dem  einen  zentralen  konzentrischen  oder  radialen 
Leitbündel.  Bezeichnet  man  nach  dieser  Auffassung,  der  Stelärtheorie  ('"),  das  radiale 
Bündel  oder  das  einzige  zentral  gelegene  konzentrische  Bündel  als  Stele,  so  hätte  die 
Gesamtheit  der  konzentrischen  oder  kollateralen  Bündel,  die  zu  einem  Bündelrohr  ver- 
bunden sind,   samt  dem   umschlossenen  Mark   ebenfalls   als  Stele   zu  gelten,   da  sie  ja  aus 


92 


Fitting: 


der  Urstele  entstanden  gedacht  ist.  Danach  kann  also  ein  „Einzelbündel''  eine  ganze 
Stele  oder  nur  ein  Teil  einer  solchen  sein.  Die  Stele  (der  Zentralzylinder)  der  Samen- 
pflanzen liegt  gewöhnlich  als  zentraler  Gewebestrang  im  Stengel  (Monostelie).  Doch 
kommen  auch  Fälle  vor,  wo  er  in  mehrere  Teilzylinder  zerlegt  ist  (Polystelie),  so  in  den 
Stengeln  der  Aurikeln  und  von  Gunnera. 

y)  Die  Blätter(^^).  l.  Anlage  der  Blätter.  Wir  sahen  die  Blattanlagen 
am  Vegetationspunkte  des  Sprosses  exogen  als  seitliche  Höcker  oder  Wülste 
auftreten  (Fig.  98,  102  /),  die  zunächst  ungegliedert  sind.  Man  kann  sie  als 
Blattprimordien  bezeichnen  (Fig.  127^4,  b).  Gewöhnlich  nimmt  eine  Blatt- 
anlage nur  einen  Teil  des 
Vegetationspunktumfan- 
ges ein;  doch  kommt  es 
auch  vor,  daß  sie  als  ring- 
förmiger Wall  den  ganzen 
Vegetationspunkt  umfaßt. 
Auch  die  Anlagen  mehrerer 
quirlständiger  Blätter  kön- 
nen zunächst  als  einziger 
ringförmiger  Wall  auftre- 
ten und  sich  erst  weiter- 
hin sondern;  entstehen 
sie  sogleich  als  selbstän- 
dige Anlagen,  so  bilden 
sich  diese  entweder  gleich- 
zeitig oder  in  der  Regel (^^' 
1^^)  nacheinander  aus. 

In  freilich  seltenen  Fällen 
kann  ein  Blatt  auch  terminal  am 
Vegetationspunkte  entstehen. 

Während  der  Sproß 
im  allgemeinen  mittels 
seines  Vegetationspunktes 
u  n  b  e  g  r  e  n  z  t ,  und  z  war  an 
der  Spitze  weiterwächst, 
ist  das  W^achstum  der 
Blattanlagen,  die  meist 
nur  kurze  Zeit  an  ihrer 
Spitze  wachsen,  in  der 
Regel  begrenzt.  Aus- 
gesprochenes und  lang- 
dauerndes Scheitelwachs- 
tum zeichnet  dagegen  z.  B. 
die  Blätter  der  Farne  aus. 
Ist  das  Wachstum  be- 
grenzt, so  wird  die  Spitze, 
die  in  ihrer  Entwicklung 
dem  übrigen  Blatte  voran- 
zueilen pflegt,  zuerst  in  Dauergewebe  umgewandelt.  Das  geschieht  zum 
Schutze  der  jüngsten  Knospenteile,  den  die  Blätter  zunächst  zu  übernehmen 
haben,  wie  wir  schon  sahen.  Das  weitere  Wachstum  des  Blattes  vollzieht 
sich  in  der  Regel  durch  Streckung  interkalar,  und  zwar  meist  so,  daß  von 
der  Spitze  nach  der  Basis  fortschreitend  das  Blattmeristem  in  Dauergewebe 
übergeht,  das  Wachstum  also  am  längsten  und  stärksten  in  der  Blattbasis 
bis  zur  fertigen  Ausgestaltung  des  Blattes  fortdauert. 


Fig.  124.  Ahorn  (Acer  platanoides).  A  Außenansicht 
einer  Knospe  mit  zwei  Blattanlagen,  zwischen  denen  der 
Vegetationskegel  des  Sprosses  zu  sehen  ist.  In  sp  die 
Blattspreite,  an  der  fünf  Abschnitte  angelegt  sind,  von 
denen  der  oberste  Abschnitt  zuerst  ausgebildet  wurde. 
In  si  die  Zone ,  durch  deren  Wachstum  der  Blattstiel 
später  entstehen  soll.  B  Älteres  Blatt  von  der  Seite, 
die  Stränge  in  seinem  Innern  stellen  die  Leitbündelan- 
lagen vor,  die  später  äußerlich  die  Nervatur  bestimmen 
sollen.  C  Ausgewachsenes  Blatt  mit  schematischer  Dar- 
stellung des  Leitbündelverlaufs.  D  Querschnitt  durch  den 
basalen  Teil  einer  Knospe,  mit  je  drei  Bündelanlagen  in 
jedem  Blatt.  £  höher  geführter  Querschnitt  durch  eine 
Knospe,  die  Zahl  der  Bündelanlagen  durch  Verzweigung 
innerhalb  der  Blätter  vermehrt.  A,  B  und  E  schwach 
vergrößert.     Nach  Deinega    aus  Goebels  Organographie. 


Morphologie. 


93 


Besonders  auffällig  ist  das  Vorauseilen  in  der  Ausbildung  der  Blattspitzen  bei  ver- 
schiedenen tropischen  Gewächsen,  besondersJKletterpflanzen.  Dort  fällt  diesen  Blattspitzen 
nach  M.  Racibokski,  der  sie  Vorläuferspitzen  nennt,  die  Aufgabe  zu,  vor  der  Fertig- 
stellung des  Blattes  schon  die  Funktionen  der  Blattspi-eite  zu  übernehmen. 

Sehr  eigenartig  und  abweichend  von  allen  anderen  Kormophyten  verhält  sich  Wel- 
witschia  mirabilis.  Sie  bildet  über  den  Keimblättern  nur  ein  einziges  Paar  von  Laub- 
blättern, deren  basale  Zonen  in  jährlicher  Periode  einen  Zuwachs  erfahren,  während  die 
Blattenden  allmählich  verwittern. 

2.  Verschiedene  Ausgestaltung  der  Blätter.  Die  Blätter  des  Sprosses  haben 
sehr  verschiedene  Funktionen  und  werden  dementsprechend  an  einem  und 

demselben  Stengel  ganz  verschieden 
ausgebildet,  obwohl  sie  alle  der  An- 
lage nach  gleich  angelegt  sind.  Den 
Wechsel  in  der  Ausbildung  aufein- 
anderfolgender Blätter  am  Stengel 
bezeichnet  man  als  seine  Blattfolge. 
Der  Hauptsproß  der  Keimpflanze 
trägt  zu  Unterst  die  Keimblätter 
oder  Kotyledonen,  die  der  Keim- 
stengel, das  Hypokotyl  (Fig.  155), 
eines  Keimes  schon  im  Samen  besitzt. 
Nur  ein  einziges  solches  Blatt  kommt 
bei  den  Monokotylen  vor;  zwei  Keim- 
blätter sind  bei  den  Dikotylen  (Fig.  155) 


n 


fcl  ö 


Fig.  125.  Maiblume  (Convallaria  majalis). 
nd  Niederblätter,  Ib  Laubblätter,  hb  Hoch- 
blätter, b  Blüte,  li's  Wurzelstock,  aw  Ad- 
ventivwurzeln.     Etwas    verkleinert.      Nach 

SCHENCK. 


Fig.  126.  Vogelkirsche  (Prunus  avium). 
Knospenschuppen  / — j  und  die  Übergangs- 
formen 4—6  zum  Laubblatt  7,  sp  Blattspreite. 
^  Stiel,  nb  Nebenblätter.  Etwas  verkleinert. 
Nach   SCHENCK. 


und  bei  manchen  Gymnospermen,  mehr  als  zwei  bei  anderen  Gymnospermen 
vorhanden.  Auf  die  Keimblätter  folgen  an  den  Erdsprossen  und  oft  auch  an  den 
Luftsprossen  mehr  oder  weniger  schuppenförmige  Ni  e  derbl  ätter  (Fig.  125  nd), 
an  den  Luftsprossen  hierauf  die  Laubblätter  ilh)  und  weiter  oben  wieder 
einfacher  gestaltete  Hochblätter  {Jih).  Wir  wollen  zunächst  die  Laubblätter 
betrachten,  da  die  ül)rigc]i  Blätter  nur  Umbildungen  von  ihnen  sind. 

A.    Die   Laubbiätter.     Die    Laubblätter   sind   äußerlich   recht   ver- 
schieden gebaut.     Ihre  Gestalt  und  ihre  Gliederung  werden  deshalb  bei  der 


94 


Fitting: 


Diagnose  der  Pflanzen  häufig  verwertet.  Meist  ist  das  Laubblatt  gegliedert, 
und  zwar  in  die  lebhaft  grüne,  flächenförniige  und  sehr  dünne  Blattspreite 
(Lamina,  Fig.  126  sp),  meist  ungenau  Blatt  genannt,  in  den  stengelartigen 
Blattstiel  (Petiolus,  Fig.  126s)  und  an  seiner  Basis  in  den  Blattgrund. 
Dieser  kann  als  Blattpolster  (Blattkissen)  oder  als  Blattscheide  (Vagina, 
Fig.  138  y)  ausgebildet  sein,  die  den  Stengel  oberhalb  des  Blattknotens  mehr 
oder  weniger  umhüllt  oder  Nebenblätter  (Stipulae,  Fig.  126  m&)  ausgliedert. 
Bei  vielen  Blättern  fällt  der  Blattgrund  aber  nicht  durch  besondere  Form 
und  Größe  auf,  sondern  geht  allmählich  in  den  Blattstiel  über,  oft  auch  in 
die  Nebenblätter  (Stipulae,  nh).  Fehlt  der  Stiel,  so  heißt  das  Blatt  sitzend; 
ist  er  vorhanden,  gestielt.  Die  Anfänge  der  Blattgliederung  pflegen  sich  an 
den  Laubblattanlagen  schon  sehr  frühzeitig  bemerkbar  zu  machen:  die  Pri- 
mordialblätter  sondern  sich  sehr  bald,  nachdem  sie  als  Wülste  am  Vegetations- 
punkte sichtbar  geworden  sind,  in  das  Oberblatt  (Fig.  127^  und  B,  ö) 
und  in  den  Blattgrund  {A  und  B,  g).  Aus  dem  Oberblatte  geht  die  Blatt- 
spreite (Fig.  124:  A,  sp)  und,  wo  vorhanden,  auch  der  Blattstiel  hervor  (A,  st). 
Dieser  wird  erst  nachträglich,  verhältnismäßig  spät,  durch  interkalares  Wachs- 
tum zwischen  die  schon  vorhandene  Blattspreite  und  den  Blattgrund  ein- 
geschaltet, ist  also  niemals  direkt  am 
Stengel  befestigt. 

a)  Die  Blattspreite.  ÄuHerer  Bau 
(Fig.  129).  Die  in  der  Regel  ausgespro- 
chen dorsiventrale,  oberseits  meist 
dunkler  grün  gefärbte  Bl  attsprei  te  kann 
ungeteilt  oder  geteilt  (Fig.l24C), 
ja  sogar  aus  Teilblättchenz  US  ammen- 
ge setzt  sein.  Solche  zusammen- 
gesetzten Blätter  entstehen  entweder 
durch  Verzweigung  aus  den  Rändern 
der  Anlagen  (Fig.  124^)  oder  in  sel- 
tenen Fällen  (z.  B.  Palmen)  durch 
Zertrennung  der  jugendhchen  unver- 
zweigten Spreiten  bei  ihrer  Entfaltung. 
Den  Monokotylen  kommen  vorwiegend 
einfache  Blätter  zu,  während  die  zusammengesetzten  bei  Dikotylen  häufig  sind. 
Die  Blattspreite  heißt  schildförmig,  wenn  der  Blattstiel  in  ihrer  Mitte  zu  ent- 
springen scheint  (Fig.  241).  An  der  ungeteilten  Spreite  (Fig.  125/6,  126 sp)  ist  der 
Eand  nicht  oder  nur  seicht  eingeschnitten;  er  kann  gesägt,  gezähnt,  gekerbt  oder 
ausgeschweift  sein.  Sind  tiefere  Einschnitte  vorhanden,  so  heißt  das  Blatt,  wenn  sie 
nicht  bis  zur  Mitte  der  Spreitenhälften  reichen,  gelappt;  wenn  sie  bis  zu  ihrer  Mitte 
gehen,  gespalten  (Fig.  MOsb)-,  wenn  sie  darüber  hinaus  sich  fortsetzen,  geteilt 
(Fig.  142/).  Nur  wenn  die  einzelnen  Abschnitte  der  Spreite  so  selbständig  sind,  daß  sie 
als  gesonderte  Teilblättchen,  kurz  Blättchen  genannt,  an  dem  gemeinsamen  Blattstiel 
oder  an  der  ursprünglichen  Mittelrippe  der  Spindel  eingefügt  sind,  heißt  das  Blatt  zu- 
sammengesetzt (Fig.  141,  / — 5);  in  allen  anderen  Fällen  gilt  es  als  einfach.  Die 
Teilung  der  Spreite  ist  fingerartig  (Fig.  142)  oder  fiederartig  (Fig.  141,  / — 5),  je 
nachdem  die  Einschnitte  gegen  den  Grund  der  Spreite  zusammenlaufen  oder  gegen  deren 
Mittelrippe  gerichtet  sind. 

Die  Blättchen  eines  zusammengesetzten  Blattes  können  während  ihrer  Entwicklung 
ähnlich  wie  die  Anlage  gegliedert  werden,  aus  der  sie  hervorgingen;  und  an  ihren  Teilen 
kann  sich  die  nämliche  Erscheinung  wiederholen.  Alsdann  spricht  man  von  doppelt,  drei- 
fach und  mehrfach  zusammengesetzten  Blättern.  Häufig  sind  einfach  und  doppelt  gefiederte 
(Fig.  141)  Blätter,  deren  Blättchen  beiderseits  an  Spindeln  erster  oder  zweiter  Ordnung 
eingefügt  sind.  Die  Blättchen  eines  zusammengesetzten  Blattes  können  ganzrandig  oder 
mehr   oder  weniger   tief  eingeschnitten   sein.     Sie  sitzen  unmittelbar  der  Spindel  an,  oder 


Fig.  127.  Blattentwicklung  bei  der  Feld- 
ulme (Ulmus  campestris).  A  Der  Vegeta- 
tionskegel V ,  mit  zwei  Blattanlagen.  Die 
jüngste  Blattanlage  ö  noch  ungegliedert,  die 
nächslältere  gegliedert  in  Oberblatt  ö  und 
Blattgrund  ^.  B  Das  ältere  Blatt  von  A, 
schräg  von  außen  gesehen.  Vergr.  58.  Xach 
Strasburger. 


Morphologie. 


95 


sie  sind  gestielt  und  unter  Umständen  sogar,  wie  z.  B.  bei  Phaseolus  (Fig.  135/^),  Robinia, 
Mimosa,  mit  angeschwollenen  „Gelenkpolstern"  an  den  Einfügungsstellen  versehen. 

An  Spreitenanlagen,  die  nicht  einfach  bleiben,  vielmehr  während  ihrer  weiteren 
Entwicklung  sich  mehr  oder  weniger  verzweigen,  werden  die  seitlichen  Abschnitte  meist 
in  basipetaler  Richtung,  also  von  der  Spitze  gegen  die  Basis  fortschreitend,  angelegt 
(Fig.  12AA);  doch  ist  auch  eine  entgegengesetzte,  akropetale  Entwicklungsrichtung  oder 
eine  Kombination  von  beiden  nicht  ausgeschlossen. 

Die  gelappten  und  oft  auch  durchlöcherten  Blattspreiten  der  Aracee  Monstera 
kommen  dadurch  zustande,  daß  an  den  jugendlichen  Blättern  inselartige  Gewebemassen 
zwischen  den  Rippen  absterben  und  sich  herauslösen.  Auch  die  Abschnitte  der  fächer- 
förmigen und  fiederförmigen  Palmenblätter  entstehen  durch  nachträgliche  Zertrennung  der 
Blattspreiten,  und  zwar  in  der  Weise,  daß  innerhalb  der  ungeteilt  angelegten  und  ge- 
falteten jugendlichen  Blattspreiten  vor  deren  Entfaltung  entweder  Gewebestreifen  an  den 
Oberkanten  der  Falten  absterben  oder  die  Zellwände  hier  verschleimen  und  sich  voneinander 
trennen  (so  z.B.  bei  Cocos  und  Chamaerops)  ('-).  . 

Die  Blattspreiten   ungestielter  Blätter  sitzen    meist  i '^ 

mit  breiter  Basis  an  dem 

Stengel.  Greift  diese  Basis 

jederseits    noch    um    den 

Stengel,   so   ist   das  Blatt 
v^  -  «^V^^'^Jl  stengelumfassend: 

^\  /^^^^^  z.  B.  bei  Papaver  somni- 

''  ^   ■' '^  ferum;     umgibt     sie    ge- 

schlossen    den     Stengel, 

dann    heißt    es    durch- 
wach s  e  n     (Bupleurum- 

Arten).   Sind  die  Spreiten 

zweier    gegenübei'stehen- 

der    Blätter    am    Grunde 

verbunden,  dann  sind  sie 

verwachsen    (Lonicera 

caprifolium).      Setzt    sich 

die    Spreite    abwärts    am 

Stengel    flügelartig    fort, 

so    wird     das     Blatt     als 

herablaufend    bezeich- 
net    (Verbascum    thapsi- 

forme). 

Die  Blattsprei- 
ten sind  von  meist 
heller  grünen  Nerven 
(Adern)  durchzogen, 
die  ein  reich  verzweigtes  Netzwerk  bilden.  Diese  Blattnerven  springen  mit 
ihren  dickeren  Ästen  (den  Rippen)  gewöhnlich  auf  der  Blattunterseite 
mehr  oder  weniger  hervor,  während  ihnen  auf  der  Oberseite  oft  Furchen  ent- 
sprechen. Die  feineren  Verästelungen  werden  erst  sichtbar,  wenn  man  die 
Spreite  im  durchscheinenden  Lichte  betrachtet.  Vielfach  ist  ein  in  der  Mediane 
der  Spreite  verlaufender  Nerv  besonders  kräftig  entwickelt;  er  heißt  Mittel- 
nerv oder  Hauptnerv.  Es  können  aber  auch  mehrere  gleich  starke  Nerven 
als  Hauptnerven  ausgebildet  sein  (Fig.  124).  Von  allen  solchen  Nerven  ent- 
springen Seitennerven  (Fig.  128). 

Die  Benennung  der  Nervatur  richtet  sich  nach  der  Art  des  Nervenverlaufs.  Die 
Blätter  der  meisten  Nadelhölzer  sind  einnervig.  Bei  mehrnervigen  Blättern  stellt 
die  gabelige  Nervatur  einen  besonderen  Typus  dar,  wobei  ein  Mittelnerv  nicht  zustande 
kommt.  Sie  ist  für  verschiedene  Farne,  außerdem  für  Ginkgo  biloba  bezeichnend.  Im 
übrigen  unterscheidet  man  bei  den  mehrnervigen  Blättern  die  streifige  Nervatur, 
bei  der  mehrere  Hauptnerven  annähernd  parallel  oder  im  Bogen  in  der  Längsrichtung  der 


128.      Blatt    des    Rotdorns 
(Crataegus)  mit  Netznervatur.    ^4 
nat.  Gr.     Nach  Noll. 


Fig.  129.  Schematisches 
Bild  eines  dorsiventralen 
Laubblattes.  Bei  A  in 
Flächenansicht.  Bei  B  im 
Querschnitt,  ss  Die  Sym- 
metrieebene (Mediane). 
Nach  Strasbürger. 


96 


Fitting: 


Spreite  verlaufen  (Fig.  138.?)  und  gegen  deren  Ende  zusammenneigen,  und  die  netz- 
artige Nervatur  (Fig.  128),  bei  der  die  Nerven,  an  Stärke  abnehmend,  auseinander 
entspringen  und  schließlich  in  einem  feinen  Maschenwerk  ihren  Abschluß  finden.  Aber 
auch  bei  streifiger  Nervatur  pflegen  die  Hauptnerven  durch  schwache  Quernerven  (Anasto- 
mosen) verbunden  zu  sein.  Bei  netzartiger  Nervatur  unterscheidet  man  weiter  zwischen 
fiedernervigen  Blättern  (Fig.  128),  wenn  einem  medianen  Hauptnerven  schwächere 
Seitennerven  entspringen,  und  handnervigen  Blättern  (Fig.  124,  140 sd),  wenn  mehrere 
annähernd  gleich  starke  Hauptnerven  an  der  Basis  der  Spreite  auseinandergehen.  Die 
streifige  Nervatur  kennzeichnet  im  allgemeinen  die  Monokotylen,  die  netzartige  einige 
Farne  und  die  meisten  Dikotylen. 

Innerer  Ban.  Der  innere  Bau  der  Laubblätter  ist  sehr  mannigfaltig, 
aber  meist  ausgesprochen  dorsiventral  (bifazial):  die  Gewebe  auf  der  Ober- 
seite sind  anders  ausgebildet  als  auf  der  Unterseite  (Fig.  129,  132). 

Viele  Blätter,  besonders  solcher  Arten,  die  stark  besonnte,  verhältnismäßig  trockene 
Standorte  bewohnen,  doch  z.  B.  auch  vieler  submerser  Wasserpflanzen,  sind  aber  oben  und 
unten  gleich,  also  isolateral  (äquifazial,  zentrisch)  gebaut  (Fig.  185,  191). 

a)  Nerven.  Sie  enthalten  in  Ein-  oder  Mehrzahl  die  Leitbündel  der 
Blätter.  Die  reiche  Verzweigung,  die  Ausbildung  der  Leitbündel  als  ein 
sehr  feines  Netzwerk,  das  sich  über  die 
ganze  Blattspreite  ausdehnt,  ist  für  die  Blatt- 
spreiten besonders  bezeichnend.  Es  läßt  sich 
durch  Mazeration  der  Blätter  als  sehr  zierliches 
Blattskelett  isolicxen. 

Der  Bau  der  Leitbündel  in  der  Blattspreite 
entspricht  meist  dem  im  Stengel.  Bei  den 
Phanerogamen  sind  die  Blattbündel  gewöhnlich 
kollateral.  Da  sie  die  Fortsetzungen  der  Blatt- 
spurbündel des  Stengels  sind,  so  wenden  sie 
ihren  Gefäßteil  nach  oben,  ihren  Siebteil  nach 
unten. 

Das  Xylemparenchym  der  Blattbündel  ist  meist 
zu  Platten  angeordnet,  die  auf  den  Bündelquerschnitten 
als  radiale  Zellreihen  im  Gefäßteile  erscheinen. 

Im  dem  Maße,  wie  die  Bündel  sich  in  der  Blatt- 
spreite mehr  und  mehr  verzweigen  und  schwächer  werden, 
vereinfacht  sich  ihr  Bau.  Zunächst  schwinden  die 
Tracheen;  nur  netz-  und  schraubenförmig  verdickte 
Tracheiden  bleiben  als  wasserleitende  Bahnen  im  Gefäß- 
teile zurück.  Zugleich  wird  der  Siebteil  reduziert. 
Bei  den  Angiospermen,  deren  Siebröhren  von  Geleit- 
zellen begleitet  werden,  nehmen  die  Siebröhren  an  Weite 
ab,  während  die  Geleitzellen  ihren  früheren  Durchmesser  behalten.  Schließlich  unterbleibt  in 
den  Zellen,  die  Siebröhren  fortsetzen,  die  Teilung  in  Siebröhrenglieder  und  Geleitzellen: 
es  werden  Übergangszellen  gebildet.  Mit  diesen  hört  der  Siebteil  auf,  während  der 
Gefäßteil  noch  durch  kurze  Schraubentracheiden  vertreten  ist  und  schließlich  blind 
endigt  (Fig.  130). 

Den  Nadeln  der  Koniferen,  die  meist  nur  von  1 — 2  medianen  längs  verlaufenden 
Leitbündeln  durchzogen  werden,  fehlen  alle  feineren  Bündelverzweigungen.  Den  Außen- 
rändern des  Xylems  folgt  ein  Saum  eigenartiger,  toter,  tracheidaler  Zellen  mit  Hoftüpfeln, 
den  Außenrändern  des  Phloems  ein  entsprechender  Saum  eiweißreicher  Zellen.  Dieses 
Transfusionsgewebe,  das  mehr  oder  weniger  tief  in  das  lebende  Blattgewebe  beider 
Blatthälften  eindringt,  vermittelt  bei  den  Koniferen  offenbar  den  Stoffverkehr  zwischen 
Nerv  und  diesem  Blattgewebe. 

Die  Leitbündel  werden  von  Parenchymscheiden  umgeben,  die  in 
den  dickeren  Nerven  vielschichtig  sind,  einschichtig  aber  selbst  ihre  feinsten 
Verzweigungen  umscMießen.    Die  Zellen  dieser  Scheiden  sind  meist  gestreckt 


Fig.  130.  Leitbündelendigung 
im  Blatt  von  Impatiens  parvi- 
flora.  Vergr.  240.  Nach  Schenck. 


Morphologie. 


97 


und  stets  lückenlos  verbunden.  Den  Leitbündeln  folgen  auf  einer  oder  beiden 
Seiten  (Fig.  131,  i)  häufig  auch  Stränge  von  Sklerenchymfasern.  Sie  bilden 
namentlich  an  den  Siebteilen  der  stärkeren  Bündel  im  Querschnitte  sichel- 
förmige Beläge,  veranlassen  vorwiegend  das  Vorspringen  der  Blattrippen  an 
der  Spreitenunterseite  und  machen  die  Spreite  biegungsfest.      Stränge  aus 


Sc 


S^ 


Fig.  131.  Blatt  der  Liliacee  Phormium  tenax  (des  neuseeländischen  Flachs).  /  Blatt- 
querschnitt. Sc  Sklerenchymplatten  und  -stränge.  A  Grünes  Assimilationsparenchym. 
^Epidermis  (Wasserspeicher).  fF  Farbloses  Mesophyll  (innere  Wasserspeicher).  2  Rand- 
partie desselben  Blattes.  E  Stark  verdickte  und  gebräunte  Epidermis.  7?  Randbündel 
aus  Sklerenchymfasern.     Nach  NoLL. 

Sklerenchym  kommen  bei  manchen  Blättern  auch  zwischen  den  Nerven  vor 
(Fig.  131,  i),  ferner  auch  am  Blattrande;  solche  sklerenchymatischen  oder 
kollenchymatischen  Verstärkungen  des  Randes  dienen  zum  Schutze  gegen 
scherende  Kräfte,  die  die  Blattflächen  zu  zerreißen  suchen  (Fig.  131, 2). 
Große  Blattspreiten,  denen  ein  solcher  Schutz  am  Rande  fehlt,  werden  im 
Freien  vom  Winde  zerfetzt  (Banane). 

b)  Epidermis  und  Mesophyll.  Das  Laubblatt  wird  allseits  von  einer 
typischen  Epidermis  umschlossen.  Sie  ist  auf  der  Blattunterseite  besonders 
reich  an  Spaltöffnungen,  die  der  Oberseite  nicht  selten  ganz  fehlen  (z.  B.  bei 
fast  allen  Laubbäumen). 


Fig.  132.  Querschnitt  durch  das  Blatt  der  Buche  (Fagus  silvatica).  ep  Epidermis  der 
Oberseite,  ep"  Epidermis  der  Unterseite,  ej>"'  längsgestreckte  Epidermiszellen  über  einem 
der  Leitbündel,  die  der  Querschnitt  durch  das  Blatt  der  Quere  nach  trifft,  pl  Palisaden- 
parenchym,.?  Trichterzellen,  sp  Schwammparenchym,  k  kristallführende  Sekretzellen,  k'  eine 
Kristalldruse,  st  Spaltöffnung.     Vergr.  360.     Nach  Strasburger. 


Man  findet  an  der  Unterseite  durchschnittlich  100—300  Spaltöffnungen  auf  dem 
Quadratniillimeter;  doch  kann  diese  Zahl  in  einzelnen  Fällen  bis  über  700  steigen.  Iso- 
laterale Blätter  pflegen  auf  beiden  Seiten,  Schwimmblätter  nur  oberseits  Spaltöffnungen 
zu  besitzen. 

Die  Blattepidermis  kann  auch  ein  Wasserspeicher  sein.  Besonders  in  diesem 
Falle  ist  sie  nicht  selten  mehrschichtig. 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  7 


98 


Fitting: 


Das  von  der  Epidermis  umschlossene  Gewebe  der  Blattspreite  zwischen 
den  Rippen  besteht  hauptsächlich  aus  Parenchym,  das  man  als  Mesophyll 
bezeichnet.  Darin  sind  die  feineren  Nervenäste  eingebettet.  Auf  die  Epi- 
dermis der  Oberseite  (Fig.  132  ep)  pflegen  eine  bis  drei  senkrecht  zur  Ober- 
fläche gestreckte  Lagen  zyhndrischer  (schlauchförmiger)  Parenchymzellen  zu 
folgen,  die  Palisadenzellen  {pl).  Sie  sind  besonders  chlorophyllrcich,  bilden 
also  ein  Assimilationsparenchym  und  sind  meist  seitlich  voneinander  durch 
enge  Interzellularen  getrennt.  Oft  neigen  die  Pahsadenzellen  mit  ihren  unteren 
Enden  deuthch  zu  Büscheln  zusammen  (Fig.  132)  und  schließen  an  trichter- 
förmig erweiterte  Zellen  (die  Trichterzellen  s)  an. 

Die  Dicke  der  Palisadenschicht  ist  bei  den  Blättern  mancher  Bäume,  z.  B.  der  Rot- 
buche, verschieden:   in  den  „Schattenblättern"   viel  geringer  als  in  den  „Sonnenblättern". 

Ein  ;direkter  Einfluß  der  Be- 
lichtung liegt  da  aber  nach  den 
Untersuchungen  Nordhäusens  {''■^) 
nicht  vor.  Es  gibt  auch  Pflanzen 
(z.  B.  Lactuca  scariola),  die  nur  in 
stark  beleuchteten  Laubblättern  Pali- 
saden ausbilden. 

In  manchen  Blättern  kommen 
an  Stelle  der  Palisadenzellen  Schich- 
ten von  Zellen  vor,  deren  Elemente 
nicht  senkrecht,  sondern  parallel 
zur  Oberfläche,  längs  oder  quer  ge- 
streckt sind,  so  z.  B.  bei  vielen 
Monokotylen.  In  den  Nadeln  der 
Kiefer  und  bei  anderen  Pflanzen 
findet  man  ferner  an  Stelle  der  Pali- 
saden große  plattenförmige  Zellen, 
deren  innere  Oberfläche  durch  Ein- 
faltungen  der  Zellmembran  bedeu- 
tend vergrößert  ist  (Faltenparenchym, 
Fig.  133^,  Bfp,  C). 

An  das  Pahsadenparen- 
chym  schließt  ein  viel  chloro- 
phyllärmeres Parenchym  aus 
vorwiegend  unregelmäßig  ge- 
stalteten   Zellen     mit    weiten 

Interzellularen  an,  das 
Schwammparenchym  (Fig. 
132  sp),  das  bis  an  die  Epi- 
dermis der  Unterseite  {ep") 
reicht.  Die  weiten  Interzellu- 
laren stehen  mit  den  Spalt- 
öffnungen in  der  Epidermis 
der  Blattunterseite  in  unmittel- 
barer Verbindung  und  dienen 
dem  Gastransport  zu  den  Pali- 
sadenzellen. 

Haberlandt  berechnet  für  einen  Quadratmillimeter  Blattfläche  bei  Ricinus  com- 
munis durchschnittlich  im  Palisadenparenchym  der  Oberseite  403  200,  im  Schwamm- 
parenchym der  Unterseite  92  000  Chlorophyllkörner.  Somit  würden  in  diesem  Falle  82% 
der  Chlorophyllkörner  der  Blattoberseite,  18  %  der  Blattunterseite  angehören. 

Nicht   selten   liegt   auch    im    Mesophyll    farbloses  Wassergewebe   (Fig.  131  W). 

Epitheme  und  Wasser  spal  ten  (").     Bei   gewissen   Familien   der  Mono-  und 

Dikotylen  bildet  das  Mesophyll  der  Blattlamina  lokal  zwischen  besonders  angeschwollenen 


Fig.  133.  Nadel  von  Pinus  silvestris  quer  und  längs. 
A  Querschnitt,  B  medianer  Längsschnitt.  Vergr.  160. 
e  Epidermis,  st  Spaltöffnung  darunter,  tp  Assimi- 
lationsfaltenparenchym ,  h  Harzkanäle,  das  dünn- 
wandige Drüsenepithel  (<•/)  von  einer  Sklerenchym- 
scheide  umgeben.  C  Stück  der  Zellmembranen  aus 
dem  Faltenparenchym.     Vergr.  380. 


Morphologie. 


Leitbündelendigungen  und  der  Epidermis  eigenartige  Gewebepfropfen  aus.  Sie  bestehen 
aus  kleinen  lebenden  Zellen  mit  farblosem  Zellsaft,  die  mit  Wasser  gefüllte  Inter- 
zellularen zwischen  sich  lassen.  Diese  Gewebepfropfen  nennt  man  Epitheme.  Sie 
vermitteln  die  Ausscheidung  von  Wasser  in  tropfbar  flüssiger  Form.  Dabei  verhalten  sie 
sich  der  Hauptsache  nach  passiv;  sie  sind  nur  Stellen  geringsten  Filtrationswiderstandes. 
Über  solchen  Epithemen,  in  die  Tracheiden  münden,  liegen  in  der  Epidermis  eigenartig 
ausgebildete  Spaltöffnungsapparate:  die  Wasserspalten  (Fig.  134),  die  größer  als  die 
Luftspalten  sind.  Ihre  beiden  Schließzellen  sind  entweder  lebend  und  können  den  Spalt, 
gleich  den  Luftspalten,  öffnen  und  schließen,  oder  sie  verlieren  (in  anderen  Fällen)  früh- 
zeitig den  lebenden  Inhalt;  der  Spalt  zwischen  ihnen  steht  dann  unverändert  weit  offen. 
Die  für  die  Schließzellen  der  Luftspalten  so  bezeichnenden  Verdickungsleisten  werden  bei 
den  Wasserspalten  gewöhnlich  nicht  ausgebildet.  Die  ausgeschiedene  Flüssigkeit  ist  oft 
reich  an  kohlensaurem  Kalke,  der  alsdann,  wie  an  den  Blatträndern  vieler  Steinbrech- 
(Saxifraga-)  Arten,  in  weißen  Schüppchen  die  Wasserspalten  überdeckt. 

Vielfach  haben  junge  Blätter  an  ihren  Spitzen  und  den  Spitzen  ihrer  Zähne  über 
Epithemen  Wasserspalten,  die  am  fertigen  Blatte  vertrocknet  sind.  Selbst  bei  submersen 
Pflanzen,  bei  denen  keine  Luftspalten  ausgebildet  werden,  kommen  an  den  Blattspitzen 
nicht  selten  Wasserspalten  vor.  Sie  pflegen  frühzeitig  abzusterben,  werden  auch  wohl  mit 
dem  angrenzenden  Gewebe  zerstört,  so  daß 
offene  Grübchen,  die  Apikaiöffnungen,  ent- 
stehen, durch  die  Wasser  und  dai'in  gelöste 
Stoffe  hervorgepreßt  werden. 

Auch  in  vielen  Nektarien  innerhalb  und 
außerhalb  der  Blüten  wird  die  zuckerhaltige 
Flüssigkeit  aus  Wasserspalten  („Nektarspalten") 
ausgeschieden. 

Funktionen    dei'    Blattspreiten.      Die 

Blattspreiten  sind,  wie  schon  gesagt,  die 
wichtigsten  Ernährungs-,  d,  h.  Assimi- 
lations-  nnd  zugleich  die  Transpirations- 
organe der  Kormophyten.  Ihr  äußerer 
und  innerer  Bau,  ihre  Anordnung  und 
ihre  Richtung  zum  Lichteinfall  ent- 
sprechen diesen  Funktionen.  Die  Zer- 
legung der  Kohlensäure  ist  an  das  Licht, 
außerdem  an  das  grüne  Chlorophyll 
gebunden.  So  versteht  man  die  grüne 
Farbe,  die  in  der  Regel  sehr  große 
Oberflächenentwicklung  der  Blattspreiten,  ihre  bei  geringer  Dicke  flächen- 
förmige  Ausbildung  und  ihren  meist  dorsiventralen  Bau.  Je  größer  die 
Oberfläche  ist,  um  so  mehr  chlorophyllhaltige  Zellen  werden  ohne  gegen- 
seitige Beschattung  dem  Lichte  ausgesetzt,  um  so  leichter  kann  die  Kolden- 
säure  aus  dem  spärlichen  Vorrate  der  Luft  aufgenommen  werden,  und  um 
so  lebhafter  wird  zugleich  die  Verdunstung  der  Spreite,  ihre  Transpiration, 
sein  müssen.  Da  schon  wenige  chlorophyllreiche  Zellschichten  das  von  außen 
in  das  Blatt  einströmende  Licht  so  verändern,  daß  es  in  tieferen  Schichten 
der  Kohlensäurezerlegung  nicht  mehr  ausreichend  zu  dienen  vermag,  so  ist 
das  Assimilationsgewebe  vorzugsweise  oberseits  gelegen.  Die  Kohlensäure 
der  Luft  wird  aber  hauptsächlich  von  der  Unterseite  des  Blattes  durch  die 
Spaltöffnungen  aufgenommen;  infolgedessen  kann  sie  um  so  schneller  durch 
die  weiten  Interzellularen  des  Schwammparenchyms,  das  im  wesentlichen 
ein  Durchlüftungsgewebe  ist,  zu  den  assimilatorisch  besonders  tätigen  oberen 
Gewebeschichten  vordringen,  je  dünner  das  Blatt  ist. 

Das  reich  verzweigte  Leitbündelnetz  ermöglicht  es,  die  Assimilate  von 
allen  Teilen  des  Blattes  schnell  nach  den  Stengeln  abzuleiten,  nachdem  sie 


Fig.    134.     Wasserspalte    am    Blattrande 

der  Kapuzinerkresse  (Tropaeolum  majus) 

nebst      angrenzenden      Epidermiszellen. 

Vergr.  240.    Nach  Strasburger. 


100  Fitting: 

aus  den  Mesophyllzelleii  zu  den  feineren  Verästelungen  des  Nervennetzes 
hingeschafft  worden  sind;  zugleich  versorgt  es  durch  seine  feine  Zerteilung, 
die  iniGegensatze  zu  dem  wasserleitenden  Stengel  für  die  wasserabgebende 
Blattspreitc  bezeichnend  ist,  auf  kürzestem  Wege  alle  Teile  der  transpirieren- 
den Blattspreite  mit  Wasser.  Schließlich  erhöht  die  Aderung  auch  noch  die 
Festigkeit  der  Spreite. 

Wie  wir  sahen,  sind  die  Blätter  am  Stengel  so  angeordnet,  daß  die  Blatt- 
spreiten, die  an  aufrechten  Sprossen  nahezu  horizontal  stehen,  ohne  allzu 
starke  gegenseitige  Beschattung  dem  Lichte  möglichst  ausgesetzt  werden. 
Viele  Blätter  besitzen  außerdem  Bewegungsvermögen  und  können  ihre  Spreiten 
gegen  das  einfallende  Licht  einstellen.  Häufig,  so  namentlich  an  dorsi ven- 
tralen plagiotropen  Zweigen,  fügen  sich  die  Blattspreiten,  die  sämtlich  ihre 
Oberseiten  gegen  das  Licht  wenden,  bei  Betrachtung  von  oben  mehr  oder 

weniger  dicht  zu  einem  Blatt- 
mosaik aneinander. 

b)  Der  Blattstiel  ist  meist 
stengelartig  ausgebildet.  Sein 
innerer  Bau  gleicht  alsdann 
dem  der  Hauptrippe  der  Spreite 
oder  wohl  auch  der  Sproßachse. 
Die  Leitbündel  sind  jedoch 
bei  den  Angiospermen   oft  in 

!?;„  ic!^  TT.,..„„..:„  ^f  1  .  Tjw.  Dl  1  einem  nach  oben  offenen  Bogen 
hig.  Ido.      Unpaarig  getiedertes  Blatt  von  Phaseolus  ,      ,         .       -     i  ^^  ■ 

mit    Blattstielgelenken    (Polbtern).      //-   Polster    des       angeordnet;      typisches      Assi- 
Blattstiels  (Hauptgelenk), /o^  Gelenk  eines  der  Fieder-       milationsgewebe       fehlt       dem 
blätter.    \i'^  nat.  Gr.  Stiele    ganz.      Der    Blattstiel 

dient  dazu,  die  Blattspreite 
von  der  Stengelachse  weg  in  den  Raum  hinaus,  also  dem  Licht  entgegen  zu 
strecken.  Sind  Blattstiele  vorhanden,  so  führen  Teile  von  ihnen  auch  meist 
die  Einstellung  der  Spreiten  gegen  das  Licht  aus. 

Manchmal  werden  die  Einstellungsbewegungen  durch  besondere  örtliche  Anschwel- 
lungen an  der  Basis  oder  an  der  Spitze  oder  an  beiden  Stellen  des  Blattstieles  ausgeführt, 
die  wie  Gelenke  arbeiten:  Blattkissen  oder  B  la  ttpol  ster,  so  besonders  bei  vielen 
Leguminosen  (Fig.  135). 

An  den  Jahrestrieben  der  Holzgewächse  kommt  das  Blattmosaik  außer  durch  die 
ßlattbewegungen  nicht  selten  auch  durch  die  verschiedene  Länge  der  Blattstiele  (und 
durch  die  verschiedene  Größe  der  Blattspreiten)  zustande:  die  unteren  Blätter  haben  viel 
längere  Stiele  (und  größere  Spreiten)  als  die  oberen;  so  sehr  auffallend  z.  B.  beim  Ahorn 
oder  der  Roßkastanie.  Auch  bei  solchen  Gewächsen,  bei  denen  die  Laubblätter  eine  Ro- 
sette bilden,  kann  man  dies  beobachten,  so  besonders  schön  an  den  schwimmenden  Ro- 
setten der  Wassernuß  (Trapa  natans). 

Gestielte  Blattspreiten,  die  bei  den  Dikotylen  weit  häufiger  als  bei  den  Monokotylen 
sind,  setzen  sich  von  den  Blattstielen  entweder  scharf  ab,  oder  sie  laufen  an  ihnen  herab, 
so  daß  die  Stiele  geflügelt  erscheinen. 

c)  Der  Blattgnind('5).  Ist  der  Blattgrund  des  Laubblattes  in  besonderer 
Weise  ausgebildet,  so  trägt  er  meist  zum  Schutze  der  Knospe  und  des  nächst 
jüngeren  Blattes  dadurch  bei,  daß  er  auch  dann  noch  die  Knospe  umhüllt, 
wenn  die  Blattspreite  sich  von  der  Knospe  losgelöst  und  entfaltet  hat. 

Vielfach  werden  aus  dem  Blattgrunde  Nebenblätter  oder  Stipulae 
gebildet,  in  typischen  Fällen  in  Zweizahl,  also  je  eines  zu  beiden  Seiten  des 
zugehörigen  Blattes.  Sie  können  ganz  unscheinbar  (Fig.  126  nb)  oder  ansehn- 
lich (Fig.  136),  gelblich  oder  grün  gefärbt  sein.  Haben  sie  nur  die  Knospen 
zu  schützen,  so  sind  sie  meist  gelbhch  oder  bräunlich  gefärbt,  im  Innern  viel 
einfacher  als  die  Blattspreiten  gebaut  und  fallen  frühzeitig  ab. 


Morphologie. 


101 


Wenn  sich  aber  die  Nebenblätter  an  iWv  Kohlensäureassimilation  der 
Pflanze  beteiligen  (Fig.  207),  so  sind  sie  grün  gefärbt  und  wie  die  Blattspreiten 
gebaut. 

Die  Nebenblätter  sind  sehr  verschieden  ausgebildet.  Bei  vielen  Gewächsen  sind  es 
zwei  freie  Blättchen  (Fig.  126«*).  Bei  anderen  sind  sie  je  mit  ihrem  einen  Rande 
dem  Blattstiel  angewachsen  (Vagi  n als tip  ein,  Fig.  136yt/j,  bei  wieder  anderen  in  ver- 
schiedener Weise  miteinander  verwachsen,  nämlich  entweder  zu  einem  zungenförmigen 
.Gebilde  in  oder  oberhalb  der  Blattachsel  (zu  der  Ax  il  larsti  p  el ,  Fig.  136^9)  oder  zu 
einem  dem  Blatte  opponierten  Gebilde  (zu  der  opponierten  Stipel).  Bei  gegen- 
ständiger Blattstellung  können  die  Nebenblätter  der  Blattpaäre  paarweise  mit  ihren  einander 

zugekehrten  Rändern  zu  Interpetiolarstipein 
(Fig.  137)  verwachsen.  Die  Nebenblätter  können  aber 
auch  an  ihren  bei  d  en  Blatträndern  miteinander  ver- 
wachsen und  den  Stengel  als  vollständig  geschlossene 


A  B 

Fig.  136.  Nebenblätter  an  den 
Blattstielbasen  von  Jugend- 
blättem  der  Seerose  (Nymphaea 
alba).  A  Vaginalstipeln,  i>' Axillar- 
stipel.    Vergr.  12.    Nach  Glück. 


Fig.  137.     Stengelknoten   von  Paronychia  argentea  (Ca- 

ryophyllacee).     Rechts  und  links:  ein  Blattpaar.     Vorn 

und    hinten:    je    eine    interpetiolare    Stipel.     Vergr.  5. 

Nach  Glück. 


Tüte  umfassen,  die  den  Stengel  und  die  nächst  jüngere  Blattanlage  in  der  Knospe  um- 
hüllt; die  Tüte  ist  aus  einer  opponierten  Stipel  bei  dem  in  Zimmern  oft  kultivierten  Ficus 
elastica  hervorgegangen,  wo  sie  durch  das  neu  sich  entfaltende  Blatt  aufgeschlitzt  und  an 
ihrem  Grunde  abgesprengt  wird;  bei  den  Polygonaceen  ist  sie  dagegen  eine  Axillarstipel, 
die,  von  den  Blättern  an  ihrer  Spitze  durchbrochen,  als  trockene  Scheide  (Ochrea,  Fig.  676) 
am  Stengel  zurückbleibt. 

Bei  manchen  Arten  von  Galium,  wo  die  Nebenblätter  vollständig  dem  Oberblatt 
gleichen,  glaubt  man  vier-,  bei  anderen  sechs-  oder  achtblättrige  Blattqüirle  vor  sich  zu 
haben,  während  tatsächlich  nur  zwei  Blätter  in  dekussierter  Stellung  mit  einer  je  nach 
der  Art  verschiedenen  Zahl  von  Nebenblättern  den  Wirtel  bilden:  nur  zwei  dieser  Blatt- 
gebilde nämlich  tragen  Achselknospen. 

Sehr  häufig  bei  Monokotylen,  seltener  bei  den  Dikotylen  (z.  B.  Um- 
belliferen)  ist  aus  dem  Blattgrund  eine  Scheide  geworden.  Bei  den  Gräsern 
ist  sie  (Fig.  138?;)  auf  der  einen  Seite  gespalten,  bei  den  Riedgräsern  da- 
gegen völhg  geschlossen.  Die  Scheide  der  Gräser,  die  den  unteren  Teil  des 
noch  wachsenden  und  weichen  Internodiums  schützt  und  stützt,  setzt  sich 
am  Grunde  der  ungestielten  Blattspreite  in  einen  häutigen  Auswuchs,  die 
Ligula  (/),  fort;  an  ihrer  Basis  aber  ist  sie  unmittelbar  oberhalb  des  Stengel- 
knotens zu  einem  „Gelenk"  (dem  Gras„knoten")  angeschwollen  (Fig.  138yfe). 

Die  Ligula  entspricht  nach  Glück  den  miteinander  verwachsenen  Spitzen  der  Vaginal- 
stipeln, aus  denen  die  Blattscheide  hervorgegangen  ist. 

Heterophyllie  und  Anisophyllie.  Manche  Pflanzen  bilden  verschieden  ge- 
staltete   Laubblätter    aus,  entweder  in    verschiedenen    Zonen  des   Stengels 


102 


Fitting: 


-k 
-h 


Fig.  138.  A  Stengel  und  Blatt- 
stück   einer    Graminee.     Kach 

SOHENCK. 

B  Gra8.,knoten"  im  Längs- 
schnitt, etwas  schematisiert. 
k  Halm,  V  Blattscheide,  k  An- 
schwellung derBlattscheide  über 
dem  Stengelknoten,  5  Stück  der 
Blattspreite,  /  Ligula.  Nat.  Gr. 


(Heterophyllie,  Fig.  139, 140)  oder  in 
einer  und  derselben  Zone  auf  den  bei- 
den Seiten  des  dorsiventralen  Sprosses 
(Anisophyllie,  Fig.  141).  Mit  Aniso- 
phyllie  ist  oft  Asymmetrie  der  Blatt- 
spreiten verbunden.  Heterophyllie  zeigen 
viele  Wasserpflanzen  mit  bandförmigen 
oder  zerteilten  untergetauchten  Wasser- 
blättern, die  an  das  Leben  im  Wasser 
angepaßt  sind,  und  mit  viel  weniger 
zerteilten,  gestielten  Luftblättern  (Fig. 
139).  Die  Blätter,  die  der  Efeu  zur  Zeit 
der  Blütenreife  entwickelt,  sind  wesent- 
lich anders  gestaltet  als  die,  die  er  vor- 
her ausgebildet  hat.  Noch  auffälliger 
ist  dieser  Unterschied  bei  Eucalyptus 
globulus,  der  zunächst  ovale  und 
sitzende,  später  sichelförmige  Blätter 
ausbildet.  Häufig  sind  die  untersten 
Blätter  von  Keimpflanzen  (Jugend- 
oder Primär  blatte  r)  einfacher  geformt 
als  die  übrigen  (Folge blätter). 

B.  Die  Keimblätter.  Die  Keim- 
blätter oder  Kotyledonen,  die  ge- 
stielt oder  ungestielt  sein  können,  sind 


Fig.  139.     Batrachium  aquatiles.    Wasser- 
hahnenfuß,     üb    Untergetauchte     Blätter, 
sb  schwimmende  Blätter,  b  Blüte,  /  Frucht- 
anlage.   Verkleinert.    Nach  Schenck. 


Fig.  140.  Keimpflanze  von  Acacia  pycnantha. 
Die  Keimblätter  schon  abgeworfen.  / — 6  Ju- 
gendblätter, 1—4  einfach-,  die  folgenden  dop- 
pelt gefiedert.  An  den  Blättern  5  und  6  sind 
die  Blattstiele  bereits  senkrecht  abgeflacht. 
Bei  den  folgenden  Blättern  (7,  8,  9)  sind  sie 
als  Phyllodien  ausgebildet,  n  Nektarien  an 
den  Phyllodien.  Vergr.  ca.  \',.  Nach  Schenck. 


Morphologie. 


103 


fast  immer  viel  einfacher  gestaltet  als  die  Laubblätter,  wenn  sie  auch  oft  im 
wesentlichen  dieselbe    Gliederung  wie  diese  erkennen  lassen. 

Sie  können  dauernd  von  der  Samenschale  umschlossen  und  unter  der  Erde  verborgen 
bleiben  (h  y  pogäische).  In  diesem  Falle  sind  sie  gewöhnlich  fleischige  Reservestoff- 
behälter und  bauen  sich  hauptsächlich  aus  Speicherparenchym  auf.  Die  epigäischen, 
die  die  Samenschale  sprengen  und  über  der  Erde  erscheinen,  pflegen  zu  ergrünen  und  als- 
dann einige  Zeit  wie  die  LaubbLätter  Kohlensäure  zu  assi- 
milieren. Bei  den  Monokotylen,  wo  nur  ein  Keimblatt  aus- 
gebildet wird,  verläßt  gewöhnlich  nur  der  Scheidenteil  des 
Kotyledo  den  Samen ;  er  kann  unterirdisch  und  farblos  bleiben 
oder  aus  der   Erde  hervorwachsen  und  ergrünen. 

C.  Die  Nieder-  und  Hochblätter  sind  in 
ihren  Anlagen  von  Laub blatt anlagen  nicht  zu  unter- 
scheiden, stehen  aber  fertig  ausgebildet  in  ihrer 
Gliederung  den  Laubblättern  Ijedeutend  nach,  haben 
gewöhnlich  Schuppenform  und  keinen  Stiel.  Sie 
bilden  sich  durch  Vergrößerung  von  Primordial- 
blättern,  und  zwar  vornehmhch  aus  deren  Blattgrund 
aus,  während  die  Spreite  mehr  oder  weniger  unent- 
wickelt bleibt  (Fig.  126,  J— 6,  142).  Die  Niederblät- 
ter, farblose  oder  grüne  Schuppen,  gehen  am  Luft- 
sprosse oft  der  Bildung  der  Laubblätter  voraus 
(Fig.  125  nd).  Sie  sind  ferner  als  farblose,  größere 
oder  kleinere,  oft  kaum  sichtbare  und  meist  kurz- 
lebige Schuppen  vielfach  die  einzigen  Blattgebilde 
der  Rhizome,  denen,  entsprechend  ihrem  Leben 
im  Dunkeln,  die  Laubblätter  meist  fehlen  (Fig. 
12bws,  143).  Die  Hochblätter  dagegen,  von  gleichem 
Bau  und  gleicher  Beschaffenheit  wie  die  Nieder- 
blätter des  Luftsprosses,  manchmal  aber  anders- 
farbig, pflegen  oben  am  Stengel  auf  die  Laubblätter 
als  Deckblätter  oder  Brakteen  für  die  Blüten  und  Blütensprosse  zu  folgen. 
Der  innere  Bau  beider  Blattarten  ist  wesentlich  einfacher  als  der  der  Laub- 
blätter. Nieder-  und  Hochblätter  sind  an  der  Ernährung  der  Pflanze  nicht 
oder  kaum  beteiligt,  sondern  meist  Schutzorgane  für  die  jungen  Blattspreiten 

oder  die  Stengelknospen.    Sie  sind  aber  meist 
.  durch  Zwischenformen  mit   den  Laubblättern 

ll  verbunden  (Fig.  126,  142). 


Fig.  141.  Anisophyllie  der 
dorsiventralen  Sprosse  von 
Selaginella  Martensii;  auf 
der  Oberseite  des  Stengels 
zwei  Reihen  sehr  kleiner 
asymmetrischer  grüner  Blät- 
ter, auf  jeder  Flanke  eine 
Reihe  viel  größerer  asymme- 
trischer Laubblätter.  Etwas 
vergr. 


Fig.  142.  Helleborus  foetidus.  Laub 
blatt  (/)  und  Übergänge  zum  Hoch 
blatt    {h).      Verkl.      Nach    Schen 


rcK. 


Fig^  143.  Rhizom  von  Polygonatum  multiflorum. 
a  Knospe  für  den  nächstjährigen  oberirdischen 
Trieb,  b  Narbe  des  diesjährigen  Triebes,  c,  d 
und  e  Narben  der  drei  vorausgegangenen  Jahre. 
w  Wurzeln.  Auf  ^/,  verkleinert.  Nach  Schenck. 


104  Fitting: 

Daß  die  Niederblätter  und  Hochblätter  der  Hauptsache  nach  als  Hemmungsbildungen 
von  Laubblättern  aufzufassen  sind,  lehrt  nicht  nur  ihre  Entwicklungsgeschichte,  sondern 
auch  die  Möglichkeit,  ihre  Anlagen  zu  Laubblättern  werden  zu  lassen.  So  gelang  es 
GoEBEL,  Blattanlagen,  welche  Niederblätter  erzeugt  hätten,  zur  Laubblattbildung  dadurch 
zu  bewegen,  daß  er  die  Sprosse  entgipfelte  und  entblätterte.  Unterirdische  Stengel,  die 
man  zwingt,  sich  im  Tageslichte  zu  entwickeln,  bilden  Laubblätter  aus  denselben  Anlagen, 
die  unter  der  Erde  zu  Niederblättern  geworden  wären.  Im  inneren  Bau  sind  Nieder-  und 
Hochblätter  aber  nicht  ausschließlich  Hemmungsbildungen  von  Laubblättern,  sondern  zeigen 
oft  diesen  gegenüber  besondere  Differenzierungen,  die  mit  ihren  Aufgaben  zusammen- 
hängen können  ('^). 

3.  Lebensdauer  der  Blätter.  Die  Blätter  haben  bei  vielen  Gewächsen  eine 
kürzere  Lebensdauer  als  die  Sproßachsen,  an  denen  sie  entstanden  sind.  In 
diesem  Falle  werden  sie  bei  den  meisten  Bäumen  und  Sträuchern  von  den 
Sproßachsen  abgestoßen  (Blattfall)  oder  verfaulen  am  Stengel  (bei  Erd- 
sprossen); an  den  Luftsprossen  der  Kräuter  sterben  sie  meist  mit  den  Stengeln 
ab.  Blattnarben  am  Stengel  geben  die  Stellen  an,  wo  früher  Blätter  ge- 
sessen haben.  Pflanzen,  deren  Laubblätter  mehrere  Vegetationsperioden  tätig 
bleiben,  nennt  man  immergrün  im  Gegensatze  zu  den  sommergrünen, 
bei  denen  sie  nur  eine  Vegetationsperiode  dauern. 

Der  Blattfall  der  phanerogamen  Holzgewächse  wird  durch  eine  parenchymatische 
Trennungsschicht  vermittelt,  die  am  Grunde  des  Blattstiels  meist  erst  kurz  vor  dem 
Blattfall,  mit  oder  ohne  vorausgehende  Zellteilungen,  ausgebildet  wird.  Alle  mechanischen 
Gewebe  des  Blattstiels  sind  an  dieser  Stelle  sehr  reduziert;  verholzt  sind  dort  nur  die 
Gefäße.  Die  Blattablösung  erfolgt  in  der  Trennungsschicht  meist  durch  Abrundung  der 
Zellen  gegeneinander  und  durch  Verschleimung  ihrer  Mittellamellen,  während  die  Gefäße 
und  die  Siebröhren  zerrissen  werden.  Die  Blattnarbe  wird  dadurch  abgeschlossen,  daß  die 
äußersten  Zellschichten  der  Wundfläche  sich  in  (verholzendes)  Kutisgewebe  umwandeln, 
worunter  meist  noch  durch  ein  Korkkambium  eine  Korkschicht  gebildet  wird,  die  sich  an 
die  Korkschicht  des  Stengels  anschließt. 

(5)  Die  Verzweigung  der  Sprosse  («^  "•  ").  Je  mehr  Laubblätter  der 
Sproß  im  Sonnenlichte  ausbreiten  kann,  um  so  mehr  organische  Substanz 
vermag  er  im  Assi milations vorgange  zu  bilden.  In  dieser  Hinsicht  ist,  wie 
leicht  ersichtlich,  ein  verzweigtes  Sproßsystem  einem  aufrechten  Einzel- 
sprosse weit  überlegen.  Jenes  kann  Blattflächen  dem  ungeschwächten  Lichte 
allseits  über  einen  größeren  Raum  darbieten. 

Wie  bei  den  thallösen  Pflanzen  kommen  die  Verzweigungen  der  Sprosse 
in  zweierlei  Weise  zustande:  entweder,  doch  nur  selten,  durch  Gabelung, 
Dichotomie,  einer  Mutterachse  in  zwei  Tochterachsen,  oder  meist  durch 
seithche  Neubildungen  von  Tochterachsen  an  einer  weiter  wachsenden  Mutter- 
achse, also  durch  seitliche  Verzweigung. 

A.  Die  dichotome  Verzweigung.  Sie  ist  auf  die  Sprosse  einiger  Lyco- 
podiaceen  beschränkt. 

Bei  solchen  Bärlappgewächsen  gabelt  sich  ein  Sproß  folgendermaßen  in  zwei  gleich- 
wertige Teile:  Der  kreisförmige  Querschnitt  des  Vegetationspunktes,  der  gewöhnlich  keine 
Scheitelzelle  mehr  erkennen  läßt,  wird  elliptisch.  Den  beiden  Brennpunkten  der  Ellipse 
entsprechend  wölben  sich  die  zwei  neuen  Vegetationskegel  vor  (Fig.  144).  Die  aufeinander- 
folgenden Gabelungen  können  in  rechtwinkligen  Ebenen  zueinander  stattfinden;  in  diesem 
Falle  breitet  sich  das  Verzweigungssystem  nicht  in  einer  Ebene,  wie  in  dem  Schema 
(Fig.  82 ff),  sondern  allseits  im  Räume  aus. 

Nicht  selten  weicht  bei  diesen  Gewächsen,  z.  B.  bei  Selaginella,  das  Verzweigungs- 
system in  seinem  Aussehen  stark  von  dem  Typus  dadurch  ab,  daß  immer  nur  der  eine 
Gabelast  jedes  Zweigpaares  einer  Ordnung  weiter  wächst  und  sich  wieder  gabelt  oder, 
wie  man  auch  sagt,  die  Verzweigung  fortsetzt  (Fig.  145).  Stellen  sich  alsdann  alle 
die  Zweigstücke,   die  jedesmal  die  Verzweigung  fortsetzen,   annähernd  in   eine  Richtung 


Morphologie. 


105 


ein,  die  anderen  aber  schräg  dazu,  so  entsteht  ein  Verzweigungssystem,  das  einem  raze- 
mösen  (Fig.  82  6)  zum  Verwechseln  ähnlich  werden  kann.  Doch  wird  es  nicht  von  einer 
einheitlichen  Hauptachse,  sondern  von  einer  nur  scheinbaren  Hauptachse  durchzogen, 
an  der  jedes  Stück  eine  Tochterachse  des  vorausgehenden  ist.  Eine  solche  Scheinachse 
bezeichnet  man  zum  Unterschied  von  der  echten  Hauptachse  (Monopodium)  als  Sym- 
podium,  die  Verzweigung  als  sympodiale  Verzweigung  auf  dichotomer  Grundlage. 

Übrigens    kann    man    bei    den    Bärlappgewächsen 
alle  Übergänge  von  dichotomer  zu  seitlicher  Verzweigung 
beobachten.     Viele  Arten    bilden  bei  der  Gabelung  eines 
Vegetationspunktes  sofort  zwei  Vegetationspunkte  von  ver- 
schiedener   Größe    aus, 
von  denen  der  kleinere 
sehr  schnell    gegen  den 
größeren     seitlich     ver- 
schoben wird  (Fig.  146). 


Fig.  144.  Ein  in  zwei  gleichstarke 
Gabeläste  (/'  und  p")  sich  fort- 
setzender Sproß  (/)  von  Lyco- 
podium  alpinum,  im  Längsschnitt. 
b  Blattanlage,  c  Rinde,  /  Leit- 
bündel. Vergr.  60.  Nach  Hegel- 
maier. 


Fig.  145.  Sympo- 
dium  auf  dicho- 
tomer    Grundlage. 


b- 


r  I      P 


Fig.  146.  Ein  in  zwei 
ungleiche  Gabel  äste  {p' 
und  />")  sich  teilender 
Sproß  von  Lycopodium 
inundatum.  b  Blattan- 
lagen. Vergr.  40.  Nach 
Hegelmaiek. 


B.  Die  seitliche  Verzweigung,   a)  Ort  der  Entstehung  der  Seitenknospen. 

An  dem  aus  Sproßachse  und  Blättern  bestehenden  Sprosse  bilden  sich  Seiten- 
zweige auch  bei  seitlicher  Verzweigung  in  der  Regel  nur  an  der  Sproßachse 
oder  an  der  untersten  Basis  der  Blattanlagen  aus,  und  zwar  meist  schon  am 
Vegetati  onspunkte 
des  Muttersprosses 
in  akropetaler  Rei- 
henfolge als  Aus- 
wüchse an  seiner 
Peripherie,  also  exo- 
gen wie  die  Blatt- 
anlagen (Fig.  98  g). 
Die  Orte  der  Seiten- 

sproßentstehung 
sind    in    der    Regel 
fest  bestimmt.  Bei 
Pteridophyten     ent- 
springen sie  oft  neben  den  Blatthöckern,  bei  den  Samenpflanzen  aber  in  der 
Regel  da,  wo  die  Oberseite  der  höckerförmigen  Blattanlage  in  das  Gewebe  des 
Vegetationspunktes  übergeht,  mit  anderen  Worten  in  der  Blattachsel,  bald 
mehr  auf  der  Basis  der  Blattanlage,  bald  mehr  am  Stengel. 

Die  Anlage  eines  Seitenzweiges  kann  1.  aus  dem  Gewebe  der  Sproßachse  dicht 
oberhalb  der  Blattanlage  und  nach  ihr  (Fig.  147/)  oder  vor  der  Blattanlage  entstehen; 
im  letzteren  Falle  wölbt  sich  die  Blattanlage  aus  dem  basalen  Gewebe  an  der  Unterseite 
der  Zweiganlage  hervor  (Fig.  147///);  2.  kann  die  Zweiganlage  aus  dem  Gewebe  der 
ganz  jugendlichen  Blattanlage  sich  bilden  (Fig.  147//).  Bei  dorsiventralen  Sprossen  von 
Blütenpflanzen  gibt  es  auch  extraaxilläre  Seitenknospen  seitlich  von  den  Blattanlagen. 


//  /// 

Fig.     147.     Schema    für    die    entwicklungsgeschichtlichen    Be- 
ziehungen  zwischen    Achselsproß    und    Blattanlage ;    im    Längs- 
schnitt.    Nach  GoEBEL. 


106 


Fitting: 


An  dem  Längsschnitte  durch  einen  Vegetationspunkt  in  Fig.  98  sieht 
man  die  jüngste  Anlage  eines  Seitensprosses  (g)  bereits  in  der  Achsel  einer 
der  allerobersten  Blattanlagen  sich  vorwölben.  In  den  Achseln  nächstälterer 
Blatthöcker  sind  die  Sproßanlagen,  da  sie  in  akropetaler  Folge  entstehen, 
schon  größer  und  beginnen  ihrerseits  Blatthöcker  hervorzubringen.  Solche 
in  den  Blattachseln  erzeugte  Knospen  werden  als  Achsel-  (oder  Seiten-) 
Knospen,  die  aus  ihnen  hervorgehenden  Sprosse  als  Achselsprosse  be- 
zeichnet; die  Knospe,  die  das  fortwachsende  Ende  eines  Sprosses  abschließt, 
heißt  im  Gegensatz  dazu  End-  oder  Terminalknospe.  Das  Blatt,  in  dessen 
Achsel  eine  Knospe  steht,  ist  ihr  Tragblatt,  Stützblatt  oder  Deckblatt 
(Fig.  1^9  db).  Die  durch  die  Mittelrippe  dieses  Blattes  und  die  zugehörige 
Mutterachse  gelegte  Ebene  heißt  die  Mediane  des  Blattes.  Im  allgemeinen 
steht  die  Achselknospe  in  der  Mediane  ihres  Deckblattes:  nur  selten  ist  sie 
seitlich  dagegen  verschoben.  Regel  ist  bei  den  Angiospermen,  daß  jedes 
Laubblatt  eine  Achselknospe  trägt  und  daß  nur  eine  Achselknospe  in  der 
Achsel  ihres  Deckblattes  entsteht;  bei  manchen  Gymnospermen  dagegen 
bilden  nicht  alle  Blätter  Achselknospen  aus. 

Doch  gibt  es  auch  Fälle,  wo  auf  die  erste  Achselknospe  die  Bildung  anderer,  der 
Beiknospen,  folgt.  Entweder  stehen  diese  übereinander  (seriale  Beiknospen),  so 
z.  B.  bei  Lonicera,  Robinia,  Gleditschia,  Gymnocladus,  oder  nebeneinander  (kollaterale 
Beiknospen),  z.  B.  bei  manchen  Liliaceen,  wie  Allium-  und  Muscari-Arten. 


Fig.  148.  A  Cuphea  lanceolata  (Lythracee).  Der  (vegetative)  Achselsproß  in  der  Achsel 
des  linken  unteren  Blattes  nicht  verschoben;  der  des  rechten  unteren  Blattes  (eine  Blüte 
bildend)  dem  Sproß  bis  zu  dem  nächst  oberen  Blattpaar  angewachsen.  Va  ^^^-  Größe. 
B  Samolus  Valerandi  (Primulacee).  Die  Tragblätter  i  an  den  Achselsprossen  a  empor- 
gerückt.     Fruktifizierende    Pflanze.     Jeder    Achseisproß    schließt    mit    einer    Frucht    ab. 

Nat.  Größe.     Nach  Schenck. 
C  Blatt   der    ostasiatischen    Cornacee    Helwingia:    Der    kleine   männliche   Blütenstand   mit 
dem  Laubblatt   bis    zur  Mitte    der   Spreite    verwachsen.     Nach   Siebold   und    ZuccARiNi. 


Morphologie. 


107 


Interkalare  Wachstumsvorgänge  in  dem  Gewebe  an  der  Basis  der  Achselknospe 
können  Verschiebungen  bewirken,  wodurch  die  ursprünglichen  Beziehungen  zwischen 
Deckblatt  und  Achselknospe  geändert  werden.  So  gibt  es  Fälle,  wo  die  Knospen  den 
Achseln  ihrer  Deckblätter  durch  Streckung  des  Gewebes  der  Mutterachse  unterhalb  der 
Achselknospen  entrückt  werden,  die  einzelne  Knospe  also  viel  höher  am  Stengel  als  ihr 
Deckblatt  befestigt  ist  (Fig.  148^).  Das  Deckblatt  kann  auch  durch  eigenes  basales 
Wachstum  unterhalb  der  auf  ihm  sitzenden  Knospe  diese  mitnehmen,  so  daß  der  Achsel- 
sproß auf  ihm  sitzt  (Fig.  148  C);  oder  es  wird  selbst  von  der  sich  streckenden  Basis  des 
Achselsprosses,  wie  in  Fig.  148 B,  mitgenommen  und  scheint  ihm  anzugehören. 

Daß  schon  am  Vegetationspunkte  die  Anlagen  der  Seitenzweige  sichtbar  werden, 
ist  bei  den  Phanerogamen  Regel.  Treten  Seitensproßanlagen  erst  in  größerer  Entfernung 
vom  Scheitel  auf,  so  läßt  sich  meist  nachweisen,  daß  embryonale  Substanz  für  ihre  Bildung 
an  den  entsprechenden  Orten  aufgespart  blieb. 

Sproßanlagen,  die  in  solcher  Weise  an  vorbestimniten  Stellen  meist 
noch  jugendlicher  Pflanzenteile  entstehen,  werden  als  normale  bezeichnet 
und  solchen  gegenübergestellt,  die  beliebigen  anderen  Stellen  jüngerer 
oder  älterer  Pflanzenteile,  nämlich  Stämmen,  Wurzeln  und  Blättern,  ent- 
springen und  meist  aus  wieder  teilungsfähig  gewordenem  Dauergewebe  her- 
vorgehen. Solche  Anlagen  pflegt  man  als  adventive  Bildungen  zu- 
sammenzufassen. Adventivsprosse  können  auch  inneren  oder  endogenen 
Ursprung  haben;  sie  müssen  in  solchem  Falle  die  äußeren  Gewebe  der  Mutter- 
pflanze durchbrechen,  um  nach  außen  zu  gelangen.  An  Stamm-  und  an  Wurzel- 
teilen auftretende  Adventivsprosse  sind  vornehmhch  endogenen,  die  an  Blättern 
erzeugten  exogenen  Ursprungs. 

Adventivsprosse  brechen  oft  als  Wurzelbrut  aus  den  Wurzeln  von  Kräutern  (z.  B. 
bei  Convolvulus  arvensis,  Rumex  Acetosella)  oder  von  Sträuchern  (Rubus,  Rosa,  Corylus) 
oder  von  Bäumen  (Populus,  Ulmus,  Robinia)  hervor,  werden  selbst  an  den  Blättern  mancher 
Gewächse,  so  des  Schaumkrautes  (Cardamine  partensis),  der  Brunnenkresse  (Nasturtium 
officinale),  verschiedener  Farnkräuter  hervorgebracht.  Bei  anderen  Pflanzen  regt  erst  eine 
Verwundung  des  Pflanzenkörpers  ihre  Bildung  an.  So  treten  sie  häufig  als  Stockausschlag 
an  den  Stümpfen  gefällter  Bäume  auf.  Gärtner  verwerten  vielfach  Adventivknospen,  die  an 
abgeschnittenen  Stammstücken,  Wurzelstücken  oder  abgeschnittenen  Blättern  (Stecklingen) 
entstehen,  um  Pflanzen  zu  vermehren  ('^).  Gehen  die  Knospen  nicht  aus  vorhandenen 
Vegetationspunkten,  sondern  aus  Dauergewebe  durch  Neubildung  hervor,  so  spricht  man  von 
Restitution  (vgl.  Physiologie). 

b)  Blattstellungsanschluß 
der  Seitenknospen.  Will  man 
die  Stellungs Verhältnisse  an 
einem  Seitenzweige  belie- 
biger Ordnung  untersuchen, 
so  orientiert  man  ihn  stets 
so,  daß  sein  Deckblatt  nach 
vorn  (Fig.  149^6),  d.  h.  nach 
dem  Beobachter  hin  gerich- 
tet, seine  Mutterachse  {m) 
aber  nach  hinten,  d,  h.  von 
ihm  weggewendet  ist,  und 
zugleich  in  der  Weise,  daß  die 
Mediane  des  Deckblattes  mit 
der  Mediane  des  Beschauers 
zusammenfällt.  Die  Mediane 
des  Deckblattes  ist  als- 
dann zugleich  die  Mediane 
des  axillären  Seiten- 
Sprosses  (vgl.   Fig.  lidt). 


A  B 

Fig.  149.  .4 «Grundriß  (Diagramm)  und  B  Seitenriß  einer 
Seitenknospe  von  einer  Monokotyle  mit  Vs-Bl^ttstellung 
M  Mutter-  (Abstammungs-)  Achse,  db  Deckblatt  daran. 
/  Tochterachse,  vb  adossiertes  Vorblatt  daran.  Ver- 
bindungslinie db — t — tn  Richtung  der  Mediane  der 
Seitenknospe,  punktierte  Linie:  Richtung  der  Trans- 
versalebene, h:  was  an  der  Tochterachse  als  hinten, 
v:  was  daran  als  vorn  bezeichnet  wird. 


108  Fitting: 

Die  Ebene,  die  man  durch  die  Längsachse  des  Seitensprosses  senkrecht  zu  seiner 
Mediane  legen  kann,  heißt  die  Transversalebene  des  Seitensprosses 
(vgl.  Fig.  149^4).  An  dem  Seitenzweige  nennt  man  alles  vorn  (y),  was 
zwischen  seiner  Transversalebene  und  seinem  Deckblatt  gelegen  ist,  hinten  (/i), 
was  zwischen  seiner  Transvcrsalebene  und  seinem  Muttersproß  gelegen  ist, 
seitlich  rechts,  was  sich  an  ihm  rechts,  links,  was  sich  an  ihm  hnks  von 
seiner  Mediane  befindet.  Median  heißt  ferner  alles,  was  am  Seitenzweig  in 
die  Mediane,  transversal,  was  in  Richtung  der  Transversalen  fällt,  diagonal 
endlich,  was  schräg  nach  vorn  oder  hinten  (also  zwischen  der  Medianen 
und  der  Transversalen)  an  ihm  Hegt. 

An  den  Seitenknospen  pflegen  die  untersten  Blätter,  die  direkt  auf  das 
Deckblatt  folgen,  unabhängig  von  der  Anordnung  der  höheren  Blätter  eine 
ganz  bestimmte  Stellung  zu  dem  Deckblatt  und  zu  der  Mutterachse  einzu- 
nehmen. Sie  vermitteln  den  Anschluß  der  Blattstellung  des  Seitenzweiges 
zu  der  am  Muttersprosse.  Bei  den  Monokotylen  gibt  es  ein  solches  Blatt 
(Fig.  14:9  vb),  bei  den  Dikotylen  meist  deren  zwei  von  bezeichnender  Stellung, 
die  Vorblätter.  Es  sind  häufig  Nieder-  oder  Hochblätter.  Bei  den^Iono- 
kotylen  steht  das  Vorblatt  median  an  der  der  Mutterachse  zugekehrten  oder 
hinteren  Seite  des  Zweiges.  Man  nennt  es  deshalb  adossiert.  Häufig  kommen 
ihm  zwei  als  Kiele  bezeichnete  Seitennerven  zu,  dagegen  fehlt  der  Mittelnerv 
(Fig.  149/1).  Es  dürfte  durch  Verwachsung  zweier  seitlicher  Vorblätter  ent- 
standen sein('^).  Bei  den  Dikotylen  stehen  die  beiden  Vorblätter  (a  und  ß) 
an  den  Achselknospen  gewöhnlich  rechts  und  links  transversal,  worauf  die 
anderen  Blätter  oft  in  abweichenden  Stellungen  folgen. 

Die  Seitenknospen  können  im  übrigen  die  gleiche  oder  eine  andere 
Blattstellung  wie  die  Mutterachse  zeigen. 

Liegt  schraubige  Blattstellung  vor,  so  ist  die  Grundspirale  bei  manchen  Gewächsen 
an  den  Seitenknospen  gleichläufig  (homodrom),  bei  anderen  gegenläufig  (antidrom)  zu  der 
an  den  Muttersprossen. 

c)  Ausbildung  des  Sproß  Verzweigungssystems.  Jedes  Sproßsystem 
erhält  sein  Aussehen,  seinen  Habitus,  abgesehen  von  der  Wuchsrichtung 
seiner  Hauptachse,  durch  die  Zahl  der  Ordnungen  von  Seitenachsen,  die  zur 
Ausbildung  gelangen,  durch  die  Stellung  der  zu  Seitenzweigen  austreiben- 
den Knospen  an  ihren  Mutterachsen  sowie  durch  die  Wachstumsintensität 
und  die  Orientierung  der  Seitenzweige  verschiedener  Ordnungen  im  Verhältnis 
einerseits  zu  ihresgleichen  und  andererseits  zu  ihren  Mutterachsen.  Auch  die 
Verschiedenheiten  im  Aussehen  der  Sproßsysteme  lassen  oft  deutliche  Be- 
ziehungen zur  Lebensweise  der  Pflanzen  erkennen. 

1.  Wuchsrichtung  der  Hauptachse  des  Sproßsystems.  Das  Sproß- 
system erhält  sein  Gepräge  zunächst  durch  die  Wuchsrichtung  der  Hauptachse. 

Erhebt  sich  die  Hauptachse  senkrecht  vom  Boden,  so  nennt  man  die  Pflanze  auf- 
recht, den  Sproß  orthotrop.  In  diesem  Falle  pflegt  die  Hauptachse  bei  freiem  Wüchse 
des  Systems  ihre  mehr  oder  weniger  plagiotropen  und  dorsiventralen  Seitenzweige  in 
radiärer  Verteilung  auszubilden.  Wächst  die  Hauptachse  schräg  oder  horizontal,  also 
plagiotrop,  so  sind  die  Seitenzweige  daran  meist  dorsiventralsymmetrisch  angeordnet; 
l)leibt  die  Hauptachse  samt  den  Seitenzweigen  auf  der  Oberfläche  des  Bodens  oder  hori- 
zontal unter  dem  Boden,  ohne  sich  zu  erheben,  so  entstehen  kriechende  Pflanzen,  deren 
Sprosse  meist,  und  zwar  auf  ihren  Unterseiten,  bewurzelt  sind.  Bei  kriechenden  Pflanzen 
pflegen  die  Seitenzweige  den  Flanken  der  Sprosse  zu  entspringen;  erheben  sich  solche 
Seitenzweige  senkrecht  vom  Boden,  so  verhalten  sie  sich  hinsichtlich  ihrer  Verzweigung 
oft  wie  aufrechte  Pflanzen. 

2.  Sproßfolge.  Ist  schon  der  Vegetaiionspunkt  der  Hauptachse  (d.  h.  also  der 
Keimlingsachse)  nach  entsprechender  Erstarkung  der  Pflanze  zur  Bildung  der  Fort- 
pflanzungsorgane befähigt,  so  wird  die  Pflanze  einachsig  (haplokaulisch)  genannt.    Ein- 


Morphologie.  109 

achsig  ist  der  Mohn,  der  schon  seinen  ersten,  aus  dem  Keim  hervorgegangenen  Sproß  mit 
einer  Blüte  abschließt.  Meist  kommt  aber  erst  Achsen  zweiter,  dritter,  vierter  oder  n-ter 
Ordnung  die  Fähigkeit  zu,  eine  Blüte  auszubilden.  Alsdann  ist  die  Pflanze  zweiachsig 
(diplokaulisch),  dreiachsig  (triplokaulisch)  oder  n-achsig.  Eine  dreiachsige  Pflanze  ist  der 
große  Wegerich,  Plantago  major,  der  an  seiner  ersten  Achse  nach  den  Niederblättern  nur 
Laubblätter,  an  den  Achsen  zweiter  Ordnung  nur  Hochblätter  trägt  und  aus  den  Achseln 
der  letzteren  die  mit  Blüten  abschließenden  Achsen  dritter  Ordnung  erzeugt.  An  unseren 
Bäumen  sind  erst  Sprosse  n-ter  Ordnung  befähigt,  Blüten  zu  bilden.  In  den  meisten 
Verzweigungssystemen  gibt  es  viele  Seitensprosse,  die  sich  nicht  bis  zu  den  blütenbildenden 
Ordnungen  weiter  verzweigen.  Entweder  treten  sie  als  Bereicherungssprosse  auf, 
so  bei  vielen  einjährigen  Pflanzen,  oder  sie  entfalten  sich  als  Erneuerungs-  oder 
Innovationssprosse  alljährlich  am  Pflanzenstock,  wie  bei  den  mehrjährigen  Ge- 
wächsen. So  pflegt  in  der  Sproßordnung  verzweigter  Pflanzen  eine  Arbeitsteilung  zwischen 
■den  Seitensprossen  vorzukommen,  die  sich  oft  auch  in  der  Stellung  und  in  der  Aus- 
gestaltung der  Seitensprosse  zu  erkennen  gibt;  die  Seitensprosse  sehen  verschieden  aus,  je 
nachdem  sie  vornehmlich  im  Dienste  der  Ernährung,  der  Speicherung  oder  der  Fort- 
pflanzung stehen. 

3.  Stellungen  der  austreibenden  Knospen.  Nur  selten  treiben 
sämtliche  Seitenknospen,  die  an  einer  Mutterachse  entstanden  sind,  sofort 
aus  und  werden  zu  Seitensprossen;  das  ist  z.  B.  bei  Kräutern  der  Fall.  Regel 
ist  indes,  daß  viel  mehr  Seitenknospen  angelegt  werden,  als  zur  Entfaltung 
kommen,  daß  also  nur  ein  ganz  kleiner  Teil  zu  Sprossen  auswächst.  Die 
übrigen  bleiben  ruhende,  schlafende  Augen  oder  verkümmern  frühzeitig. 
Entfaltung  aller  Knospen  wäre  für  die  Pflanze  eine  ganz  unnötige,  ja  sogar 
schädliche  Materialverschwendung.  Die  Zweige  würden  sich  gegenseitig  so 
stark  beschatten,  daß  ein  Teil  absterben  müßte. 

Fast  jeder  Baum  besitzt,  namentlich  im  unteren  Teile  seiner  Jahrestriebe,  solche 
„schlummernde  Augen",  die  kürzere  oder  längere  Zeit  entwicklungsfähig  bleiben  und  zur 
Entfaltung  nur  unter  besonderen  Bedingungen  gelangen.  Bei  der  Eiche,  Rotbuche  u.  a. 
können  schlummernde  Knospen  bis  100  Jahre  alt  werden.  Vielfach  sind  es  daher 
Sprosse  aus  solchen  Knospen  und  nicht  Adventivsprosse,  die  aus  alten  Stämmen  hervor- 
brechen. 

Das  Austreiben  der  Seitenknospen  kann  regellos  stattfinden  oder  be- 
stimmten Regeln  unterworfen  sein,  akropetal  oder  basipetal  erfolgen.  An 
reich  verzweigten  Sproßsystemen  sind  die  peripheren  bevorzugt;  denn  hier 
besteht  die  größte  Aussicht,  die  Blätter  in  günstiges  Licht  zu  bringen. 

Fast  alle  einheimischen  Bäume  beschränken  sich  während  einer  Vegetationsperiode 
•darauf,  die  im  Frühling  aus  den  Winterknospen  hervorgegangenen  Zweige  an  ihren  Spitzen 
zu  verlängern  und  ruhende  Knospen  an  diesen  Ästen  auszubilden.  Meist  erst  bei  Beginn 
einer  neuen  Wuchsperiode  lassen  sie  alsdann  auf  einmal  Seitenzweige  aus  den  obersten 
Knospen,  die  im  vergangenen  Jahre  an  den  Ästen  angelegt  wurden,  hervorgehen;  etwa  in 
einem  echten  oder  Scheinquirl  (Araukarie.  Tanne)  oder  meist  so,  daß  die  obersten  Seiten- 
knospen zu  Langtrieben,  einige  darunter  befindliche  zu  Kurztrieben  (Birne,  Apfel)  werden. 
Bei  anderen,  namentlich  aufrechten  Sprossen  treibt  von  allen  daran  angelegten  Knospen 
in  streng  gesetzmäßiger  Weise  jede  zweite  oder  dritte  oder  vierte  usw.  aus  und  zwar  so, 
daß  die  austreibenden  Zweige  seitlich  oder  longitudinal  gleichen  Abstand  voneinander 
erhalten. 

Die  Verteilung  der  austreibenden  Knospen,  ob  wechselständig  oder  quirhtändig, 
bewirkt  Unterschiede  im  Aussehen  der  Verzweigungssysteme.  Bei  gegenständiger  Stellung 
der  Knospen  kommt  eine  Art  unechte  Gabelverzweigung  zustande,  wie  bei  der  Roßkastanie 
und  dem  Flieder. 

4.  Richtung  und  Wachstumsintensität  der  Seitenzweige  im 
Yerhältnis  zu  ihresgleichen.  Die  seitlichen  Winkel,  die  an  orthotropen 
Ästen  die  Längsachsen  benachbarter  Seitenzweige  gleicher  Ordnung  mit- 
einander bilden,  können  bei  einer  Pflanzenart  ziemlich  beständig  sein  (z.  B. 
bei  der  Araukarie,  Tanne). 


110  Fitting: 

Dagegen  ist  die  Wachstumsintensität  der  Seitenachsen  an  einer  Mutter- 
achse oft  recht  verschieden.  Oft  bildet  sich  nämlich  nur  ein  Teil  der  Zweige 
als  Langtriebe,  der  Rest  zu  gestauchten  Kurztrieben  aus,  vielfach,  als 
Ausdruck  einer  Ai'beitsteilung  zwischen  den  Seitenzweigen.  Die  Kurztriebe 
haben  meist  kürzere  Lebensdauer,  pflegen  sich  nicht  zu  verzweigen  und  nehmen 
bei  Bäupien  am  Aufbau  des  bleibenden  Gerüstes  keinen  Anteil:  so  bei  der 
Lärche,  die  die  Kurztriebe  in  Gestalt  dichter  Nadelbüschel  an  ihren  älteren 
Langtrieben  trägt,  und  bei  den  Kiefern. 

5.  Richtung  und  Wachstumsintensität  der  Seitenzweige  im 
Verhältnis  zu  ihren  Mutterachsen.  Verschiedene  Arten  seitlicher 
Verzweigung.  Auch  die  Neigungswinkel  der  Seitenachsen  zu  ihrer  Mutter- 
achse pflegen  im  allgemeinen  bei  einer  Spezies  ziemlich  konstant,  also  für 
die  Art  bezeichnend  zu  sein.    Sie  sind  meist  kleiner,  selten  größer  als  90". 

Die  Seitenachsen,  die  an  einer  Mutterachse  entstanden  sind,  können 
weniger  intensiv  als  diese  oder  ebenso  schnell,  oft  aber  auch  viel  schneller 
als  die  Mutterachse  wachsen.  Im  letzten  Fall  sind  sie  also  gegenüber  der 
Mutterachse  gefördert.  Die  Mutterachse  kann  sogar  nach  der  Bildung  von 
Seitenzweigen  ihr  Wachstum  ganz  einstellen  und  einem  oder  mehreren  Seiten- 
zweigen die  Ausbildung  neuer  Seitenzweige,  die  Fortsetzung  der  Verzweigung 
überlassen.  Es  leuchtet  ein,  daß  die  entstehenden  Verzweigungssystemc 
durch  solche  Unterschiede  im  Wachstum  der  Tochter-  und  Mutterachsen  völlig 
verschiedenes  Aussehen  erhalten  müssen.  Diese  Differenzen  haben  Anlaß 
zur  Unterscheidung  verschiedener  Arten  seitlicher  Verzweigung  gegeben,  deren 
Kenntnis  für  das  Verständnis  des  morphologischen  Aufbaues  der  höheren  Pflan- 
zen unerläßhch  ist.  Besonders  leicht  kann  man  ihre  Unterschiede  an  den  Blüten- 
ständen oder  Infloreszenzen  der  Samenpflanzen  beobachten  (vgl.  speziellen 
Teil).  Bezeichnend  für  viele  Infloreszenzen  ist  nämlich,  daß  die  Achselknospen 
aller  Hochblätter  austreiben;  dadurch  werden  die  Infloreszenzen  im  Gegensatze 
zu  den  vegetativen  Sproßsystemen  zu  außerordentlich  dichten  Zweigsystemen. 

a)  Wächst  die  Hauptachse  stärker  als  die  Seitenachsen  I.  Ordnung, 
diese  stärker  als  die  an  ihnen  entstehenden  Seitenzweige  IL  Ordnung  usw., 
oder  wachsen  die  jeweihgen  Mutterachsen  ebenso  stark  wie  ihre  Tochter- 
achsen, so  spricht  man  von  razemöser  Verzweigung.  Im  ersteren  Falle  geht 
eine  echte  Hauptachse  (ein  Monopodium)  durch  das  ganze  Verzweigungs- 
system hindurch  (vgl.  das  auch  hierfür  gültige  Schema,  Fig.  82  b).  Diese  typisch 
monopodiale  Verzweigung  ist  z.  B.  bei  der  Tanne  und  anderen  Koniferen 
mit  pyramidenförmigen  Gesamtumrissen  ausgebildet:  der  radiäre  Haupt- 
sproß wächst  unter  dem  Einflüsse  der  Schwerkraft  (vgl.  S.  299)  senkrecht 
nach  oben,  orthotrop;  die  meist  dorsiventralen  Seitenzweige  I.  Ordnung 
strahlen  in  horizontaler  oder  schräger  Richtung  vom  Hauptsprosse  allseitig 
aus.  Wachsen  auch  die  Seitenzweige  I.  Ordnung  steil  aufrecht,  wie  z.  B.  bei 
der  Zypresse  und  bei  vielen  Sträuchern,  so  ist  oft  kein  deutlicher  Längenunter- 
schied zwischen  der  Hauptachse  und  den  Seitenachsen  I.  Ordnung  vorhanden. 
Das  Verzweigungssystem  hat  in  diesem  Falle  ovalen  oder  runden  Umriß. 

b)  Erlischt  das  Wachstum  in  den  Mutterachsen  rasch  und  geht  es  auf 
die  Tochtersprosse  über,  so  liegen  zymöse  Verzweigungen  vor.  Sie  sehen 
verschieden  aus,  je  nachdem  mehrere  gleichmäßig  wachsende  Seitenachsen 
gleicher  Ordnung  oder  nur  eine  Seitenachse  das  Verzweigungssystem  fort- 
setzen. Im  letzteren  Falle  ist  eine  scheinbare  Hauptachse,  ein  Sympo- 
dium,  ausgebildet. 

Bei  vielen  zymösen  Verzweigungen  wachsen  die  jeweiligen  Mutterachsen  nicht  nur 
langsamer  als  die  Tochterachsen,  sondern  ihre  Spitzen  sterben  sogar  ab  oder  werden  ab- 
geworfen, wie  bei  vielen  unserer  Laubbäume,  z.  B.  den  Weiden,  der  Linde. 


Morphologie. 


111 


\   ß 


Tsr^l 


u 

Fig.  150.  Schema  des 
Dichasiums.  H  Keim- 
lingsachse, /,  2, 3  Toch- 
terachsen  1.,  2.  3.  Ord- 
nung. 


'■■■l 


II 


I.  Setzen  mehr  als  zwei  Seitenzweige  gleicher  Ordnung  die  Verzweigung  fort, 
so  spricht  man  von  Pleiochasium.  Diese  Seitenzweige  pflegen  dem  oberen  Ende  ihres 
Muttersprosses  genähert  zu  sein  und  allseits,  bei  manchen  Pflanzen  quirlartig,  schräg  nach 
außen  in  den  Raum  zu  strahlen  (z.  B.  Verzweigung  von  Euphorbia). 

"  II.  Setzen  zwei  Seitenzweige  gleicher  Ordnung,  die  in  spitzen  oder  rechten  Winkeln 
einander  gegenüber  zu  stehen  pflegen,  die  Verzweigung  fort,  so  entsteht  ein  D  i  c  h  a  s  i  u  m. 
Schematisch  zeigt  es  Fig.  150  (vgl.  dazu  die  dichasiale  Infloreszenz  Fig.  536).  Die  Seiten- 
zweige breiten  sich  aber  nicht,  wie  in  dem  Schema,  in  einer  Ebene  aus,  sondern  allseits 
im  Räume.  Dies  wird  dadurch  erreicht,  daß  die  Verzweigungsebenen  in  den  aufeinander- 
folgenden Seitenzweigordnungen  nicht  zusammenfallen,  sondern  rechte  Winkel  miteinander 
bilden.  So  kann  nur  der  Grundriß  (Fig.  Ib2  E)  Aufschluß  über  die  wahre  Anordnung 
der  Zweige  des  Sproßsystems  geben.  Ein  solches  Verzweigungssystem,  das  z.  B.  auch  bei 
der  auf  unseren  Bäumen  wachsenden  Mistel  vorkommt,  kann  den  Anschein  einer  Dicho- 
tomie erwecken. 

III.  Setzt  immer  bloß  e  i  n  Seitenzweig  die  Verzweigung  fort,  so  liegt  ein  M  o  n  o  - 
chasium  vor.  Oft  stellt  sich  dieser  Seitenzweig  in  die  Verlängerung  seines  Mutter- 
sprosses, indem  er  dessen  Spitze  zur  Seite  drängt  (Fig.  151).  So  entsteht  ähnlich,  wie  es 
bei  der  dichotomen  Verzweigung  des  Sprosses  der  Fall  sein  kann  (S.  104  ff.),  ein  Ver- 
zweigungssystem mit  einer  Scheinachse  (Sympodium),  die  sich  aus  Seitensprossen  ver- 
schiedener Ordnungen  zusammensetzt.  Ein  solches  Verzweigungssystem  kann  einem 
monopodialen  sehr  ähnlich  sehen,  namentlich 
wenn  die  Scheinachse,  wie  so  oft,  senkrecht  empor- 
wächst, die  imWachstume  zurückbleibenden  Enden 
der  Zweige,  die  die  Scheinachse  zusammensetzen, 
dagegen  Seitenzweigen  ähnlich  sich  horizontal 
oder  schräg  stellen.  Von  Seitenzweigen  unter- 
scheiden sich  solche  Zweige  aber  stets  dadurch, 
daß  ein  Deckblatt  an  ihrer  Basis  fehlt, 
dafür  aber  ein  Blatt  ihnen  gegenüber 
am  Sympodium  befestigt  ist,  nämlich  das 
Deckblatt  des  geförderten  Tochter- 
sprosses (vgl.  dazu  Fig.  151).  Nicht  selten 
ist  das  Sympodium  weiter  sympodial  verzweigt. 
Stämme  und  Äste  vieler  unserer  Laubhölzer  sind 
solche  Sympodien,  so  bei  der  Linde  oder  der 
Rotbuche.  An  ihrem  Stamme  und  an  ihren  Asten 
ist  aber  von  dem  sympodialen  Aufbaue  nichts  mehr  zu  erkennen.  Dauernd  erkennbar 
bleibt  dagegen  der  sympodiale  Aufbau  vielfach  an  unterirdischen  Stengelteilen,  so  an 
denen  von  Polygonatum  multiflorum  (Fig.  143).  Jedes  Jahr  erhebt  sich  die  jeweilige 
Endknospe  dieses  unterirdischen  Stammes  als  Sproß  über  den  Boden,  während  eine  Achsel - 
knospe  das  Rhizom  im  Boden  fortsetzt. 

Je  nach  der  Stellung  der  Seitensprosse  verschiedener  Ordnung  zueinander  entstehen 
monochasiale  Verzweigungssysteme  von  sehr  verschiedenem  und  sehr  bezeichnendem  Auf- 
baue.   Sehr  oft  setzt  sich  die  Verzweigung  schon  aus  der  Achsel  eines  Vorblattes  fort. 

A.  Entweder  fallen  die  Medianen  aller  Seitensprosse  in  eine  und  dieselbe  Ebene, 
nämlich  in  die  Medianebene  des  Seitensprosses  I.  Ordnung;  sie  stehen  also  median. 

a)  Alle  aufeinanderfolgenden  Seitenzweige  fallen  median  nach  vorn  von  ihren 
Mutterachsen,  d.  h.  zwischen  die  Mutterachse  und  das  Deckblatt  der  Mutterachse  (vgl. 
S.  107 ff.),  in  der  Seitenansicht  des  Verzweigungssystems  also  auf  ein  und  dieselbe  Seite: 
Sichel  (Fig.  152  C.  D). 

ß)  Die  aufeinanderfolgenden  Seitenzweige  fallen  sämtlich  median  nach  hinten  von 
ihren  Mutterachsen  (vgl.  S.  107 ff.),  in  der  Seitenansicht  also  abwechselnd  nach  links  und 
rechts:  Fächel  (Fig.   152^,  B). 

B.  Die  Mediane  jedes  Seitensprosses  (L,  IL,  III.  usw.  Ordnung)  steht  immer  trans- 
versal, d.  h.  seitlich  rechts  oder  links  zur  Mediane  des  Deckblattes  für  seinen  Muttersproß. 
Solche   Verzweigungssysteme    lassen   sich  natürlich   nur  in    Grundrissen   veranschaulichen. 

a)  Die  aufeinanderfolgenden  Seitenachsen  stehen  stets  nach  der  gleichen 
Seite  transversal  zu  den  Medianen  ihrer  Muttersproßdeckblätter,  entweder  nach  rechts 
oder  nach  links:  Schraubel  (Fig.  152/^). 


:/ 


Fig.  151. 
Schema      des 
Monochasiums 
vgl.  Fig.  152. 


112 


Fitting: 


ß)  Die  aufeinanderfolgenden  Seitenachsen  stehen  abwechselnd  nach  rechts 
und  links  transversal  zu  den  Medianen  ihrer  jeweiligen  Muttersproßdeckblätter:  Wickel 
(Fig.  152  6^). 

Schraubel  und  Wickel  lassen  sich  aus  dem  Grundriß  des  Dichasiums  leicht  ableiten 
(Fig.  152^)  und  dadurch  in  ihrer  Eigenart  verstehen. 


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Fig.  152.  A  Fächel  im  Seitenriß,  ß  in  Grundansicht.  C  Sichel  im  Seitenriß,  D  in 
Grundansicht.  E  Dichasium  in  Grundansicht  und  Ableitung  der  Wickel  (blaue  Linie) 
und  Schraubel  (rote  Linie)  daraus.  F  Grundansicht  der  Schraubel.  G  Grundansicht  der 
Wickel.  / — g  Ordnungen  aufeinanderfolgender  Tochterachsen.  {A — D  nach  Eichler,  das 
übrige  nach  Karsten,  verändert.)  Um  das  Verständnis  zu  erleichtern,  sind  in  A — D  und 
F,  G  die  aufeinanderfolgenden  Tochterachsen  je  nächst  niederer  Ordnungen  mit  verschiedenen 
Farben  wiedergegeben.  Das  an  jeder  Tocliterachse  befestigte  Deckblatt  hat  die  gleiche 
Farbe  erhalten  wie  diese  Achse,  an  der  es  entstanden  ist. 


In  einem  Sproßsysteme  sind  nicht  selten  verschiedene  Verzweigungsarten  miteinander 
verbunden.  So  können  etwa  auf  dem  razemös  verzweigten  Keimsproß  zymös  verzweigte 
Seitensprosse  folgen.  In  besonders  mannigfaltiger  und  wechselnder  Verbindung  sind  die 
verschiedenen  Verzweigungsarten  bei  den  Blütenständen  vereinigt  (vgl.  speziellen  Teil). 

b)  Die  Wurzel  (80). 

Den  Wurzeln,  die  meist  in  der  Erde  (Erdwurzeln),  seltener  in  der 
Luft  (Luftwurzeln)  leben,  fehlen  immer  die  Blätter.  Dadurch  haben 
sie  ein  ganz  anderes  Aussehen  als  die  Sprosse,  selbst  als  die  Erdsprosse.  Ihre 
Aufgabe  ist,  die  Pflanze  im  Boden  zu  befestigen,  aus  dem  Boden  Wasser  und 
Bodensalze  aufzunehmen  und  zum  Sproßsystem  hinzuleiten.  Auch  ihre  Funk- 
tionen sind  also  völlig  andere  als  bei  den  meisten  Sprossen,  die  hauptsächhch 
der  Kohlensäureassimilation  dienen. 

1.  Vegetationspuiikt.  Die  Wurzel  verlängert  sich  an  der  Spitze.  Sie 
zeigt  Scheitel  Wachstum  mittels  eines  kegelförmigen  Vegetationspunktes. 
Der  Vegetationskegel  bedarf  für  seine  dünnwandigen  embryonalen  Zellen 
eines  besonderen  Schutzes;  denn  er  wird  bei  dem  Wachstum  der  Wurzel  wie 


Morphologie. 


13 


ein  Nagel  zwischen  die  scharfkantigen  Bodenpartikelchen  vorwärts  getrieben. 
Dieser  Schutz  wird  von  einem  besonderen  Organe  aus  parenchymatischen 
Dauerzellen,  der  Wurzelhaube  oder  Kalyptra,  übernommen,  die  die  Spitze 
der  Wurzel  wie  ein  Däumling  den  Finger  umhüllt,  so  daß  der  eigentliche 
Vegetationspunkt  im  Innern  des  Gewebes  der  Wurzelspitze,  also  interkalar, 
liegt.  Die  Verschleimung  der  äußeren  Zellmembranen  der  Haube  erleichtert 
zugleich  bei  den  Erdwurzeln  das  Vorwärtsdringen  im  Boden.  Die  Wurzel- 
haube sieht  man  meist  erst  auf  medianen  Längsschnitten  durch  die  Wurzel- 
spitzen (Fig.  153,  154);  doch  gibt  es  auch  Fälle  (Pandanus),  wo  man  sie  schon 
an  der  unversehrten  Wurzel  als  eine  ihren  Scheitel  deckende  Kappe  wahr- 
nehmen kann. 


Fig.    153.     Medianer   Längsschnitt    durch    die   Wurzel    des    Farnes    Pteridium    creticum. 
t  Scheitelzelle,  k  Haubeninitiale,  /^"  Wurzelhaube.    Vergr.  240.     Nach  Strasburger. 

Die  besonders  auffälligen  Kappen  an  den  Enden  der  Wasserwurzeln  unserer  Wasser- 
linsen (Lemna-Arten)  und  mancher  Hydrocharitaceen  gehören  dagegen  ihrem  Ursprung 
nach  nicht  zur  Wurzel;  sie  bilden  sich  vielmehr  aus  einer  die  Wurzelanlage  umgebenden 
Hülle,  etwa  aus  Sproßgewebe,  und  werden  demgemäß  als  Wurzeltaschen  bezeichnet. 
Wurzeln  ohne  Wurzelhaube  sind  eine  sehr  seltene  Erscheinung;  sie  kommen  z.  B.  vor  bei 
den  eben  erwähnten  Wasserlinsen,  bei  denen  die  Wurzeltasche  die  Funktionen  der  Wurzel- 
haube übernimmt.  Ebenso  fehlt  eine  Wurzelhaube  der  rasch  absterbenden  Wurzel  des 
parasitisch  lebenden  Teufelszwirns  (vgl.  S.  162). 

In  Zeiten  der  Ruhe,  wo  die  Erdwurzeln  nicht  weiterwachsen,  werden  die  Wurzel- 
hauben verkorkt;  ihre  parenchymatischen  Zellen  wandeln  sich  in  Kutisgewebe  um,  das  die 
Wurzelspitzen  wirksam  nach  außen  abschließt.  (*") 

Der  Vegetationspunkt  der  Wurzel  wird,  wie  schon  gesagt,  aus  Meristem- 
zellen aufgebaut,  von  denen  sich  die  basalwärts  gelegenen  in  Dauerzellen 
des  Wurzelkörpers,  die  an  der  Spitze  in  die  Dauerzellen  der  Wurzelhaube 
umwandeln. 

Strasburgor,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  8 


114 


Fitting : 


Bei  den  meisten  Pteridophyten  haben  die  Wurzeln  wie  die  Sprosse  eine 
dreischneidigc  Scheitelzelle  {t  Fig.  153)  von  der  Gestalt  einer  dreiseitigen 
Pyramide. 

Außer  den  Segmenten,  die  sie  parallel  zu  ihren  drei  inneren  Seitenwänden  nach 
dem  Wurzelkörper  hin  abgibt,  bildet  sie  solche  auch  nach  außen  (k).  Letztere  bauen  die 
Wurzelhaube  auf,  indem  sie  sich  weiter  teilen. 

Die  Vegetationspunkte  der  Phanerogamenwurzeln  besitzen  dagegen 
keine  Scheitelzellen.  Sie  bestehen  aus  gleichwertigen  embryonalen  Zellen,  die 
oft  in  regelmäßigen  Schichten  angeordnet  sind. 

Als  Beispiel  sei  auf  den  Vegetationskegel  einer  Gramineen-Wurzel  (Fig.  154)  hin- 
gewiesen: Die  Meristemschichten,  die  das  Dauergewebe  des  Wurzelkörpers  liefern, 
sondern  sich  hier  in  eine  äußere  Zellschicht,  das  Dermatogen  {d),  in  mehi-ere  zentrale  Schich- 
ten, die  einen  Gewebestrang 
für  sich  bilden  und  sämtlich 
oder  teilweise  in  den  Zentral- 
zylinder der  Wurzel  übergehen, 
das  Plerom  {pl),  und  in 
mehrere  zwischen  Dermatogen 
und  Plerom  gelegene  Schichten, 
dasPeriblem.  Die  Schichten 
des  Dermatogens  {d  Fig.  154) 
und  Periblems  {pr')  vereinigen 
sich  am  Scheitel  zu  einer  ein- 
zigen Zellschicht.  Außerhalb 
davon  liegt  die  Zellschicht,  die 
die  Wurzelhaube  bildet, 
das  Kai yp trogen  (k). 

Bei  vielen  anderen  Wur- 
zeln (bei  der  Mehrzahl  der 
Dikotylen)  wird  dagegen  die 
Wurzelhaube  durch  Vermeh- 
rung der  Schichten  des  Derma- 
togens gebildet,  das  auch  an 
der  Spitze  des  Scheitels  vom 
Periblem  getrennt  sein  kann; 
bei  manchen  nimmt  auch  das 
Periblem,  ja  unter  Umständen 
selbst  das  Plerom  an  der  Bil- 
dung der  Haube  teil,  so  bei 
vielen  Leguminosen  und  bei 
den  Gymnospermen.  Bei  diesen 
sind  Periblem,  Dermatogen  und 
Kalyptrogen  am  Scheitel  über- 
haupt nicht  gesondert;  der  Ple- 
romzylinder  schließt  aber  fast 
stets  mit  deutlich  abgegrenzten 
Initialen  ab. 


Fig.  154.  Medianer  Längsschnitt  durch  die  Wurzelspitze 
der  Gerste,  k  Kalyptrogen,  d  Dermatogen,  c  dessen  ver- 
dickte Außenwand,  pr  Periblem,  pl  Plerom,  en  Endo- 
dermis,  i  mit  Luft  sich  füllende  Interzellularen,  a  Zell- 
reihe, aus  der  das  zentrale  Gefäß  hervorgehen  wird,  r  ab- 
gestoßene Zellen  der  Wurzelhaube,  ^  große,  leicht  beweg- 
liche Stärkekörner  in  den  Haubenzellen.  Vergr.  180. 
Nach  Strasburger  u.  Koernicke. 


2.  Äußerer  Bau  des 
Wurzelkörpers.  Die  em- 
bryonalen Zellen  wandeln 
sich  an  der  Basis  des  Vege- 
tationskegels unter  starker 
Größenzunahme  allmäh- 
lich   in    Dauerzellen    um. 

Hiermit  geht  eine  ausgiebige  Verlängerung  des  Wurzelkörpers  Hand  in  Hand. 

Durch  dieses  Streckungswachstum,  das  also  erst  hinter  dem  Vegetationskegel 


Morphologie. 


115 


A^ 


V^ 


einsetzt  und  bei  den  Erdwurzeln  im  Gegensatze  zu  den  Luftsprossen  auf  eine 
sehr  kurze,  höchstens  5— 10  mm  lange  Zone  dicht  hinter  dem  Vegetationspunkt 
beschränkt  ist,  wird  die  Wurzel  zu  einem  zylindrischen,  fadenförmigen,  farb- 
losen Gebilde. 

Bei  Luftwurzeln  kann  die  Streckungszone  aber  viele  Zentimeter  lang  werden.  Ihre 
geringe  Länge  bei  den  Erdwurzeln  hängt  offenbar  mit  der  Lebensweise  dieser  Wurzeln 
im  Boden  zusammen. 

In  einiger  Entfernung  von  der  Wurzelspitze,  etwa  da,  wo  das  Streckungs- 
wachstum erlischt,  entstehen  an  den  Erdwurzeln  wichtige  Anhangsgebilde 
der  Wurzeln,  die  Wurzelhaare(^2)  (y  \^  Y\g.  155  und  Fig.  51):  lokale  schlauch- 
förmige, sein-  dünnwandige  und  schleimüberzogene 
Ausstülpungen  der  lebenden  Epidermiszellen,  Be- 
sonders an  Keimpflanzen,  die  in  feuchtem  Räume 
kultiviert  werden,  z.  B.  vom  Weizen,  kann  man  sie 
in  ungeheuer  großer  Menge  (bei  Zea  Mays  etwa  420 
pro  qmm)  mit  bloßem  Auge  als  zarten  Flaum  auf  der 
Oberfläche  der  Wurzeln  gut  erkennen.  Ihre  Länge 
schwankt  je  nach  den  Pflanzenarten  zwischen  0,15 
und  8  mm.  Sie  vergrößern  in  sehr  wirksamer  Weise 
die  Oberfläche  der  Wurzeln  (bei  Pisum  z.  B.  um  das 
zwölffache).  Diese  Haare  dringen  zwischen  die  Boden- 
partikelchen ein,  ja  verwachsen  sogar  mit  ihnen.  Im 
Boden  bewahren  sie  infolgedessen  nicht  Zylinder- 
form, wie  in  feuchter  Luft,  sind  vielmehr  hin  und 
her  gekrümmt  und  an  der  Spitze  abgeplattet,  keulig 
oder  lappig  (Fig.  237).  Sie  dienen  der  Wasser-  und 
Bodensalzaufnahme,  haben  aber  nur  wenige  Tage 
Lebensdauer.  In  dem  Maße,  wie  spitzenwärts  neue 
Wurzelhaare  hinzukommen,  sterben  die  älteren  ab, 
so  daß  immer  nur  ein  begrenzter  Teil  der  jungen 
Wurzel  (einige  Zenti-  oder  MilUmeter)  von  ihnen  be- 
deckt ist.  Der  ältere  kahle  Teil  dient  lediglich  noch 
der  Leitung,  nicht  mehr  der  Aufnahme  von  Wasser. 
An  ihm  ist  sehr  häufig  eine  Querrunzelung  der  Ober- 
fläche erkennbar,  die  durch  eine  nachträgliche  Kon- 
traktion dieser  Wurzelteile  bedingt  wird.  Durch 
diese  Kontraktion  verkürzt  und  spannt  sich  die  Wurzel 
wie  ein  gespannter  Bindfaden  straff  und  verankert  den 
Sproß  wesenthch  fester  im  Boden  (vgl.  Fig.  205,  6). 

Manchen  Pflanzen  fehlen  die  Wurzelhaare,  vor  allem 
solchen,  die  besonders  leicht  Wasser  aufnehmen  können,  so 
vielen  Wasser-  und  Sumpfpflanzen.  Die  Wurzeln  mancher 
Wasserpflanzen,  z.  B.  von  Nuphar  luteum,  bilden  aber  dann 
Haare,  wenn  sie  in  den  Boden  eindringen;  die  Wurzeln  von 
Sumpfpflanzen,    wie    Carex    paludosa,    wenn    es    an    Wasser 

fehlt.  Bei  gewissen  Wasserpflanzen,  z.  B.  bei  Hydrocharis,  tragen  aber  auch  die  Wasser- 
wurzeln reichlich  Wurzelhaare. 

3.  Primärer  iimerer  Bau  der  Wurzel.  Haben  sich  die  embryonalen  Zellen 
des  Vegetationspunktes  in  Dauerzellen  umgewandelt,  so  sind  in  der  Wurzel 
die  gleichen  Gewebearten  wie  in  der  Sproßachse,  und  zwar  auch  meist  in  radiär 
symmetrischer  Anordnung  gesondert. 

Der  äußere  Abschluß  wird  an  jüngeren  Teilen  der  Wurzel  durch  die 
dünnwandige  Epidermis  gebildet,  die  samt  ihren  Anhangsgebilden,  deu 
Wurzelhaaren,   der   Stoffaufnahme   dient.      Bezeichnend  für  sie  ist  der 


Fig.  155.  Keimpflanze  der 
Hainbuche  (Carpinus  Be- 
tulus).  h  Ilypokotyl,  c  Ko- 
tyledonen, hw  Hauptwur- 
zel, sw  Seltenwurzeln, 
r  Wurzelhaare,  e  Ejjikotyl, 
/  und  V  Laubblätter. 
Nat.  Gr.     Nach  Noll. 


116 


Fitting: 


Mangel  der  Spaltöffnungen  und  der  Kutikula.  Die  Epidermis  der 
Wurzel  stirbt  aber  mit  den  Wurzelhaaren  bald  ab.  Wo  letztere  verschwunden 
sind,  nimmt  ein  Kutisgewebe,  nämlich  die  äußerste  Rindenschicht,  deren 
Zellwände  mehr  oder  weniger  verkorken,  als  Exodermis  (Fig.  IbQcx)  die 
Oberfläche  ein  (^3). 

In  einer  solchen  Exodermis  werden  oft  unverkorkte  Zellen  ausgespart,  die  als 
Durchlaßzellen  gelten.  Sie  sind  in  bestimmten  Fällen  regelmäßig  zwischen  den  verkorkten 
verteilt  und  kleiner  als  diese. 

Das  übrige  Gewebe  kann  man  wieder  in  Rinde  und  Zentralzyhnder  einteilen. 

Die  Rinde  der  Erdwurzeln  wird  von  farblosem  Gewebe  gebildet,  das 
fast  immer  parenchymatisch  ist.  und  nur  in  den  inneren  Teilen  Interzellu- 
laren enthält.  In  manchen  FäDen  erweitern  sich  die  letzteren  zu  Luftlücken 
oder  Luftkanälen.  In  der  Rinde  vieler  Luftwurzeln  kommt  dagegen  Chloro- 
phyll vor.  Manchmal  werden  Festigungsgewebe  ausgebildet  (Fig.  159, 2), 
die  die  Epidermis  oder  Exodermis  verstärken  und  die  Wurzeln  biegungs- 
und  druckfest  machen.  Die  innerste  Rindenschicht  pflegt  eine  Endo  der mis(8*) 


Fig.    156.     Querschnitt    durch   eine  Wurzel 

der  Küchenzwiebel  (Allium  Cepa),   ep  Reste 

der  Epidermis,  ex  Exodermis,  c  Rinde,  e  Endo- 

dermis,  cc  Zentralzylinder.     Vergr.   45. 

Nach  M.  KoERNiCKE. 


Fig.    157.     Querschnitt    durch    die    Wurzel 
von    Acorus    Calamus.     m   Mark,    s   Gefäß- 
stränge, V  Siebstränge,  p  Perizykel,  <?  Endo- 
dermis,  c  Rinde.     Vergr.  90. 
Nach  Strasbürger. 


zu  sein  (Fig.  IbQe,  Ible,  1585,  160s),  die  eine  scharfe  Grenze  zwischen  Rinde 
und  Zentralzylinder  zieht.  Sie  besteht  aus  rechteckig  prismatischen,  gewöhn- 
lich etwas  gestreckten  Zellen,  die  auf  Querschnitten  die  dunklen  Caspary- 
schen  Punkte  in  den  radialen  Wänden  zeigen.  Durch  diese  Membranstreifen 
(vgl.  S.  49)  scheint  ein  gewisser  Abschluß  des  Zentralzylinders  gegen  die^ pri- 
märe Rinde  erreicht  zu  werden;  die  tangentialen  Wände  der  jungen  Endo- 
dermis  aber  erlauben  dem  Wasser  den  Durchtritt  aus  der  Rinde  in  den  Zentral- 
zylinder und  umgekehrt. 

In  etwas  älteren  Wurzelteilen  werden  die  Endodermiszellen  durch  Suberinlamellen 
verkorkt  und,  bei  vielen  Monokotylen,  außerdem  durch  tertiäre  Verdickungsschichten  meist 
einseitig  nach  dem  Zentralzylinder  zu  verdickt  (Fig.  160).  Treten  solche  Veränderungen 
frühzeitig  auf,  so  bleiben  bestimmte,  vor  den  Gefäßsträngen  des  Leitbündels  gelegene 
Endodermiszellen,  die  Durchlaßzellen,  davon  ausgeschlossen  {d  Fig.  160). 

Die  äußerste  parenchymatische  Zellschicht  des  Zentralzylinders  der 
Wurzeln  (Fig.  157  p,  158  fc,  160  p\  also  die  Schicht  direkt  unter  der  Endo- 
dermis,  bildet  den  Perizykel,  der  meist  einschichtig  ist,  in  seltenen  Fällen 
auch  fehlen  kann.    Im  Zentralzylinder  verlaufen  in  gerader  Längsrichtung  die 


Morphologie. 


117 


Leitungsbahnen,  die  als  Gefäß-  und  als  Siebstränge  ausgebildet  sind  und  bei 
allen  Wurzeln  ein  radiales  Leitbündel  («i)  bilden  (vgl.  S.  85).  Die  Gefäß- 
und  Siebstränge  sind  also  in  das  übrige  Gewebe  des  Zentralzylinders  radial 
nebeneinander  und  zwar  so  eingebettet,  daß  sie  voneinander  durch  eine 
bis  mehrere  Zell- 
schichten (mcistLeit- 
parenchy  m)  getrennt 
bleiben.  Die  platten- 

förmigen  Gefäß- 
stränge sind  in  der 
Wurzel  umgekehrt 
wie  in  den  kollate- 
ralenLeitbündeln  des 
Stengels  orientiert: 
im  Stengel  haben  sie 
ihre  engsten  Gefäße 
innen,  die  weitesten 
außen,  in  der  Wurzel 
dagegen  die  weite- 
sten Gefäße  innen, 
die  engsten  am  Um- 
kreis des  Leitbündels. 
Von  außen  nach 
innen  folgen  also 
Ring-,  Schrauben-, 
Netz-  und  Tüpfel- 
gefäße aufeinander. 
Auch  die  Phloem- 
primanen  liegen  peri- 
pher, am  Außen- 
rande der  Siebstränge,  die  rundlichen  Querschnitt  haben.  Nach  der  Zahl 
der  vorhandenen  Xylemstränge  wird  die  Wurzel  als  diarch,  triarch  usw., 
schließlich  als  polyarch  bezeichnet.  So  ist  die  in  Fig.  157  dargestellte  Wurzel 
oktarch,  die  der  Fig.  160  pentarch. 
Die  Gefäßstränge  stoßen  in  der  Mitte 
der  Wurzel  entweder  zusammen,  wie 
in  Fig.  158  u.  160;  oder  es  ist  dort, 
wie  die  Fig.  157  zeigt,  ein  zentraler 
Strang  aus  Parenchym  oder  Skleren- 
chym,  oft  auch  aus  beidem  vorhanden. 
Die  meisten  Wurzeln  werden  vor  allem 
auf  Zugfestigkeit  in  Anspruch  ge- 
nommen. So  ist  das  Festigungsgewebe 
hauptsächlich  in  das  Zentrum  der 
Wurzel  verlegt,  wo  es  durch  seine  ge- 
schlossene Masse  die  Wurzeln  am  besten 
vor  Zerreißung  schützt  (Fig.   159). 

Für  ein  Organ,  das  zugfest  sein  soll,  ist  es  an  und  für  sich  ziemlich  gleichgültig,  wo 
auf  dem  Querschnitt  die  Festigungsmassen  liegen.  Immerhin  ist  ihre  Vereinigung  im  Zentrum 
zu  einem  einzigen  Strang  jeder  anderen  Anordnung  überlegen.  Wären  nämlich  statt 
dessen  z.  B.  viele  entsprechend  dünnere  Stränge  an  der  Peripherie  verteilt,  so  würden 
einzelne  bei  einem  einseitigen  Zuge  der  Gefahr  der  Zerreißung  ausgesetzt  sein. 

Es  bleibt  noch  zu  erörtern,  wie  die  Sieb-  und  Gefäßstränge  des  radialen  Wurzel - 
bündeis  in  die  Sieb-  und  Gefäßstränge  der  anders  gebauten  Stengelbündel  übergehen  (^^) 


Fig.  158.     Querschnitt  durch  das  radiale  Leitbündel  der  Wurzel 

von    Ranunculus    acer.      R   Rindenparenchym,    .S'    Endodermis, 

ßc  Perizykel,  ph  Phloem,  px  Xylemprimanen,  G  Tüpfelgefäße. 

Vergr.  200.     "^ '    '       "    " 


RoTHERT  frei  nach  Dippel. 


Fig.  159.  Mechanischem  Gewebe  der  W^urzel. 
/  Zentral  angeordnet  f.:r  Zugfestigung. 
2  Neben  dem  zentralen  Strang  ein  peri- 
pherer Mantel  P  für  Druck-  und  Biegungs- 
festigung (Stützwurzel).     Nach  Noll. 


118 


Fitting: 


Das  geschieht  meist  an  der  Grenze  der  Keimvvurzel  und  des  Keimstengels;  es  sei  nur  für 
den  häufigsten  Fall,  für  Pflanzen  mit  kollateralen  Stengelbündeln,  kurz  beschrieben.  Das 
Wesentliche  dieses  Überganges  besteht  darin,  daß  die  Gefäßstränge  des  radialen  Wurzel- 
bündels sich  in  der  Übergangszone  je  um  ihre  eigene  Längsachse,  und  zwar  um  annähernd 
ISO*  drehen  (vgl.  Fig.  161);  dadurch  werden  aus  den  exarchen  Gefäßsträngen  der 
j  Wurzel    (vgl.  S.  90)    die    end- 

y^ ^^ — ^<- archen    Stränge    des    Stengels. 

Die  ältesten  Xylemprimanen  der 
Wurzel  beteiligen  sich  nach 
Chauveaud  an  dieser  Bewegung 
nicht,  sondern  werden  aufgelöst. 
Aus  dem  radialen  Wurzelbündel 
werden  nun  dadurch  eine  Anzahl 
kollateraler  Bündel  gebildet,  daß 
die  Sieb-  und  Gefäßstränge,  die 
in  der  Wurzel  nebeneinander 
liegen,  sich  gegeneinander  ver- 
lagern. Diese  Verlagerung  voll- 
zieht sich  bei  den  verschiedenen 
Arten  verschieden.  Zwei  Haupt- 
typen lassen  sich  nach  van  Tieg- 
HEM  unterscheiden:  1.  Die  Ge- 
fäßstränge verlaufen,  abgesehen 
von  ihrer  Drehung,  geradlinig 
aus  der  Wurzel  in  den  Stengel; 
die  Siebstränge  der  Wurzel  aber 
spalten  sich  durch  einen  radialen 
Spalt  je  in  zwei  Hälften;  die 
Hälften  weichen  tangential  aus- 
einander und  legen  sich  vor  die 
benachbarten  gedrehten  Gefäß- 
leile,  wo  sie  sich  je  mit  der  Hälfte  des  nächst  benachbarten  Siebstranges  vereinigen 
(Fig.  161^).  2.  Die  Sieb  stränge  der  Wurzel  verlaufen  geradlinig  in  den  Stengel;  aber 
die  Gefäßteile  (Fig.  161^)  spalten  sich  durch  einen  radialen  Spalt  in  je  zwei  Hälften; 
diese  Hälften  drehen  sich  darauf  je  um  180"  mit  den  Primanen  als  Drehpunkt,  weichen, 
ähnlich  wie  bei  den  Siebsträngen  unter  1,  tangential  auseinander  und  legen  sich  alsdann 
hinter  die  benachbarten  Siebstränge,    wo   sie  sich  je   mit  der  Hälfte  des  nächst  benach- 


Fig    160.     Radiales  Leitbündel  der  Wurzel  von  Allium 
ascalonicum.      s     Endodermis    mit     verdickten    Innen- 
wänden, d  Durchlaßzellen,  p  Perizykel,  g  großes  zen- 
trales Gefäß.     RoTHERT  nach  Haberlandt. 


Fig.    161.     Übergang   des   radialen    Wiirzelleitbündels   in    die    kollateralen    Stengelbündel, 

schematisiert:  nach  Beschreibungen  van  Tieghems  und  Chauveauds.    Weiß:  Rinde  und 

Mark.     Schwarz  punktiert:  Phloem.     Weiß  punktiert  auf  Schwarz:  Xylem. 

Weitere  Erklärung  im  Text. 


Morphologie. 


119 


harten  Gefäßstranges  vereinigen.  Eine  Ahart  dieses  verhreitetsten  Typus  kommt  durch 
gleichzeitige  Spaltung  auch  der  Siehstränge  (wie  hei  1)  zustande,  so  daß  im  Stengel  doppelt 
so  viele  kollaterale  Bündel  wie  Gefäßstränge  (oder  Siehstränge)  in  der  Wurzel  entstehen. 

4.  Verzweigimg  der  Wurzel.  Durch  Verzweigungen,  die  immer  wieder 
Wurzeln  (gleichnamige  Organe)  sind,  wird  es  der  Wurzel  ermöglicht,  den 
Bodenraum  nach  allen  Richtungen  zu  durchdringen  und  überall  daraus  Wasser 
und   Bodensalze   aufzunehmen. 

Dichotome  Verzweigung  durch  Gabelung  der  Vegetationskegel  in  je 
zwei  Schenkel  findet  sich  typisch  bloß  bei  einigen  Farnpflanzen  (Lycopodinae). 
Im  übrigen  verzweigen  sich  die  Wurzeln  seitlich  (Fig.  155).  Und  zwar 
werden  die  Seitenwurzeln  im  Gegensätze  zu  den  Seitenzweigen  am  Sprosse 
meist  erst  in  einiger  Entfernung  vom  Vegetationspunkte  der  Mutterwiu-zel, 
wo  das  Gewebe  des  Urmeristems  bereits  in  Dauergewebe  übergeht,  im  Innern 
des  Gewebekörpers  der  Mutterwurzel,  endogen  (Fig.  162,  163),  angelegt. 
Ihre  Vegetationspunkte  bilden  sich  nämlich  bei  den 
Pteridophyten  aus  der  innersten  Rindenschicht,  bei 
den  Phanerogamen  dagegen  aus  der  äußersten  Zell- 
schicht des  Zentralzylinders,  d.  h.  aus  dem  Perizykel 
der  Mutterwurzel,  indem  hier  Gruppen  von  Parenchym- 
zellen  sich  zu  teilen  und  in  embryonalen  Zustand  zu- 
rückzukehrenbeginnen. Die  Seite nwurzelanlagen  müssen 
also  immer  die  ganze  Rinde  ihrer  Mutterwurzel  durch- 
brechen. Demgemäß  sind  sie  nicht  selten  an  der  Aus- 
trittsstelle von  dem  vorgestülpten  Rande  der  durch- 
brochenen Rinde  der 
Mutterwurzel  wie  von 
einem  Kragen  umgeben. 
Sie  entstehen  in  dieser 
Weise  zunächst  spitzen- 
wärts  fortschreitend,  also 
in  akropetaler  Reihen- 
folge. Sie  pflegen  auch 
in  solcher,  ihrem  Alter 
entsprechenden  Reihen- 
folge zu  Wurzeln  auszu- 
wachsen. Später  werden 
sie  aber  noch  durch 
solche  Seitenwurzeln  ver- 
mehrt, die  zwischen  den 
bereits  vorhandenen  selbst  an  älteren  Wurzelteilen  hervorkommen. 

Die  Seitenwurzeln  bilden  immer  gerade  Reihen  an  der  Mutterwurzel (ß^). 
Diese  Anordnung  wird  dadurch  bedingt,  daß  die  Nebenwurzeln  entweder  vor 
den  längs  verlaufenden  Gefäßsträngen  der  Mutterwurzel  (Fig.  162)  oder  vor 
den  Leitparenchymplatten  entstehen,  die  die  Xylem-  und  Plüoemstränge 
trennen.  Die  Zahl  der  Seitenwurzelreihen  ist  also  entweder  gleich  der  Zahl 
der  Xylemstränge  oder  doppelt  so  groß. 

Die  Seitenwurzeln  haben  den  gleichen  Bau  wie  die  Hauptwurzel.  Ihre  Gefäß- 
und  Siebstränge  setzen  sich  an  entsprechende  Stränge  der  Mutter wurzel  an. 

5.  Sproßbürtige  Wurzeln.  Außer  an  Wurzeln  entstehen  Wurzeln  sehr 
oft  auch  an  ungleichnamigen  Organen,  d.  h.  an  Teilen  des  Sprosses,  eben- 
falls meist  endogen  aus  Dauergewebe;  bei  den  Farnen  schon  aus  dem  em- 
bryonalen Gewebe  der  Sproß vegetationspunktc.  Man  nennt  solche  Wurzeln 
je  nach  dem  Orte  ihrer  Entstehung  stengelbürtig  oder  blattbürtig. 


Fig.  162.  Wurzelquerschnitt  von 
Vicia  Faha  mit  Seitenwurzel- 
anlage  r,  etwas  schematisiert, 
^'Endodermis, /Perizykel,  </ Rin- 
de, £■  Gefäßstrang,  7'  Siebstrang 
des  radialen  (tetrarchen)  Leit- 
hündels.     Vergr.  40. 


Fig.  163.  Teil  eines 
Längsschnittes  durch 
eine  Wurzel  von  Amaran- 
tus  mit  Anlage  einer 
Seitenwurzel,  c  Endo- 
derniis,  vor  der  Seiten- 
wurzelanlage  hereits  re- 
sorbiert, d  angrenzende 
Rinde,  p  Perizykel,  sp. 
Schraubentracheide,       r 

Seitenwurzelanlage. 
Vergr.  etwa  200.     Nach 

Ph.  van  TieCtHEM. 


120  Fitting: 

Bei  Sumpf-  und  Wasserpflanzen  entspringen  sie  vielfach  an  den  unteren  Stengel- 
knoten zwischen  den  Blättern.  Ein  bevorzugter  Ort  ihrer  Entstehung,  soweit  die  äußeren 
Bedingungen  es  zulassen,  sind  überhaupt  Stengelknoten;  sie  können  das  mit  den  unteren 
Sproßpartien  absterbende  Hauptwurzelsystem  ersetzen  t^').  Besonders  zahlreich  sind  sie  an 
den  Unterseiten  der  im  Boden  wachsenden  Sproßteile  (Rhizome,  Fig.  143)  oder  kriechender 
Sprosse.  Abgeschnittene  und  in  feuchten  Boden  gesteckte  Sprosse  oder  Sproßstücke  bilden 
alsbald  Wurzeln  an  ihrer  Basis;  solche  brechen  auch  aus  der  Basis  mancher  entsprechend 
behandelter  Blätter,  so  der  Begonienblätter,  hervor  (***).  Die  sproßbürtigen  Wurzeln  be- 
zeichnet man  wohl  auch  als  Adventivwurzeln. 

Kommen  vorhandene  Wurzelanlagen  nicht  zur  Entwicklung,  so  nennt  man  sie 
schlafend.  Solche  ruhenden  Anlagen  von  stengelbürtigen  Wurzeln  sind  z.  B.  an  jedem 
Weidenzweige  vorhanden;  ihre  Weiterentwicklung  läßt  sich  durch  Feuchtigkeit  und  Ver- 
dunkelung leicht  anregen. 

6.  Aussehen  der  Wurzelsysteme.  Die  Seitenwurzeln  irgendeiner  Ord- 
nung wachsen  in  der  Regel  schwächer  und  sind  dünner  als  die  Mutterwurzeln, 
an  denen  sie  entstanden  sind.  So  wird  das  ganze  Wurzelsystem  typisch  raze- 
mös.  Die  Nebenwurzeln  letzter  Ordnung  iDleiben  gewöhnlich  sehr  kurz  und 
haben  nur  eine  begrenzte  Lebensdauer;  man  nennt  sie   Saug  würzeichen. 

Das  Wurzelsystem  erhält  sein  Gepräge,  wie  das  Sproßsystem,  weiter 
dadurch,  daß  Haupt-  und  Seitenzweige  ganz  verschiedene  Lage  zueinander 
und  im  Räume  annehmen,  und  zwar  durch  verschiedene  Art  von  Geotropis- 
mus (vgl.  S.  299  ff.). 

Viele  Dikotylen  (z.  B.  Lupine,  Eiche)  und  Gymnospermen  (Edel- 
tanne) haben  eine  radiäre  Haupt  wurzel  oder  Pfahlwurzel,  die  schon  als  Keim- 
wurzel den  Hauptstamm  nach  unten  fortsetzt  und  senkrecht  nach  unten, 
orthotrop,  in  die  Erde  wächst  (Fig.  155).  An  ihr  entstehen  ebenfalls  radiäre 
Seitenwurzeln  L  Ordnung,  die  horizontal  oder  schräg,  also  plagiotrop,  in  das 
Erdreich  eindringen.  Die  an  ihnen  entspringenden  Seitenwurzeln  IL  Ordnung 
pflegen  von  denen  L  Ordnung  allseits  ausstrahlend  das  Erdreich  rings  um 
diese  zu  durchwachsen,  so  daß  also  die  Äste  des  Wurzelsystems  den  Boden  nach 
allen  Richtungen  möglichst  gleichmäßig  durchziehen  und  bei  weitergehender 
Verzweigung  keinen  Kubikzentimeter  unausgenutzt  lassen.  Bei  anderen  Diko- 
tylen und  Gymnospermen  kann  das  Wurzelsystem  auch  mehr  oberflächlich 
bleiben  (z.  B.  bei  der  Kartoffelpflanze  und  bei  der  Kiefer). 

Den  Monokotylen  pflegt  die  Hauptwurzel  zu  fehlen,  da  sie  schon 
am  Keimling  zugrunde  geht.  An  ihre  Stelle  treten  zahlreiche  sproßbürtige 
Wurzeln  aus  der  Stengelbasis,  die  senkrecht  oder  schräg  oder  horizontal  in 
den  Boden  eindringen.  Sie  verzweigen  sich  monopodial  und  tragen  Seiten- 
wurzeln L  Ordnung,  diese  Seitenwurzeln  IL  Ordnung  usw.,  die  das  Erdreich 
in  allen  möglichen  Richtungen  durchwachsen  können.  Hauptsächlich  in 
horizontaler  Richtung  breitet  sich  das  Wurzelsystem  z.  B.  beim  Getreide 
über  immer  größer  werdende  Areale  aus. 

Addiert  man  die  Längen  sämtlicher  Wurzeln  einer  Pflanze,  so  be- 
kommt man  unerwartet  hohe  Werte;  so  kann  die  Gesamt  wurzellänge  bei 
einer  Getreidepflanze  Hunderte  von  Metern  sein. 

Eigenartig  wird  ein  Teil  der  Wurzeln  bei  vielen  Bäumen  der  tropischen 
Urwälder  ausgebildet.  Die  außerordentlich  hohen  und  dicken  Stämme  vieler 
solcher  Bäume  sind  an  der  Basis  durch  mächtige,  strebenähnliche  Brett- 
wurzeln oder  durch  stammartig  verdickte,  von  den  Ästen  zur  Erde  herab- 
gewachsene Luftwurzeln  (Säulen-  oder  Stützwurzeln)  vor  dem  Um- 
fallen geschützt  (z.  B.  bei  vielen  Ficus-Arten,  vgl.  Fig.  694). 

c)  Sekundäres  Dickenwachstum  des  Kormus. 

Wir  sahen,  daß  die  Sproß-  und  Wurzelteile,  die  in  den  Vegetations- 
punkten durch  Vermehrung  der  embryonalen  Zellen  neu  angelegt  worden 


Morphologie.  121 

sind,  durch  Streckung  fertig  ausgebildet  werden.  Mit  diesem  Längen- 
wachstum ist  meist  auch  ein  gewisses  Dickenwachstum  der  Teile  verbunden, 
das  wie  das  Längenwachstum  ledighch  auf  der  bedeutenden  Vergrößerung 
der  raeristematischen  Zellen  während  ihrer  Umbildung  zu  Dauerzellen,  aber 
nicht  auf  Zellvermehrung  beruht  (primäres  Dickenwachstum  oder  Erstar- 
kung, Fig.  98,  100,  102,  115).  Es  ist  freihch  meist  verhältnismäßig  gering. 
An  diese  Dickenzunahme  schließen  sich  in  Sproßachsen  und  Wurzeln  oft 
noch  andere  Wachstumsvorgänge  an,  denen  wir  nun  unsere  Aufmerksamkeit 
zuwenden  müssen. 

Je  größer  das  Sproßsystem  wird,  um  so  besser  vermag  es  der  Beschattung 
durch  andere  Gewächse  zu  entgehen  und  um  so  mehr  organische  Substanz 
zu  bilden.  So  sehen  wir  bei  vielen  Gewächsen  aus  einem  zunächst  kleinen, 
blattarmen  Keimpflänzchen  durch  Wachstum,  oft  auch  durch  Verzweigung 
der  Keimlingsachse,  einen  selir  blattreichen  Kormus  von  riesigen,  baumartigen 
Größenverhältnissen  sich  entwickeln.  Die  Größenzunahme  des  Sprosses  im 
Lufträume  stellt  infolge  Vermehrung  der  Blätter  fortgesetzt  höhere  An- 
forderungen an  die  Wasserversorgung  durch  die  Wurzel,  der  diese  nur  durch 
die  Vergrößerung  ihrer  Oberfläche,  meist  verbunden  mit  Verzweigung,  genügen 
kann;  oft  werden  sogar  noch  sproßbürtige  Wurzeln  gebildet.  Jede  Vergröße- 
rung des  Wurzelsystems  hat  aber  zur  Vorbedingung,  daß  dazu  hinreichende 
Mengen  organischer  Nährstoffe  in  den  Blättern  gebildet  werden  können.  So 
stehen  die  Ausbildung  der  Blattkrone  und  des  Wurzelsystems  in  engsten 
Wechselbeziehungen  zueinander.  Die  Größenzunahme  des  Sproß-  und  Wurzel- 
systems hat  ferner  zur  Voraussetzung,  daß  in  den  Stengeln  und  Wurzeln  die 
genügende  Anzahl  von  Leitungsbahnen  einerseits  für  Wasser,  andererseits 
für  die  organischen  Stoffe  vorhanden  ist  oder  ausgebildet  werden  kann,  und 
daß  die  Sproßachsen  fest  genug  sind,  um  das  größer  und  größer  werdende 
Gewicht  der  Blatt-  und  Zweigmassen,  auch  bei  heftigem  Winde,  zu  tragen. 
Es  bestehen  also  auch  enge  Beziehungen  zwischen  der  Größe  des  Kormus 
und  der  Ausbildung  der  Leitungsbahnen  in  seinen  Achsen  und  der  Festigkeit 
der  Sprosse. 

Die  Festigkeit  muß  um  so  größer  sein,  je  größer  die  Pflanze  wird  und 
je  länger  sie  lebt.  Pflanzen  oder  Sproßsysteme,  die  nur  verhältnismäßig  kurze 
Zeit  leben  und  nach  Bildung  der  Fortpflanzungsorgane  absterben,  bleiben 
meist  „krautartig":  Kräuter.  Große  Kormi,  die  viele  Jahre  leben  und  meist 
wiederholt  fruktifizieren,  erhöhen  die  Festigkeit  ihrer  Sproßachsen  und  Wurzeln 
meist  durch  Holzbildung  Solche  Holzgewächse  heißen  Bäume(**^), 
wenn  sie  einen  Hauptstamm  ausbilden  (der  Säulenfestigkeit  besitzen  muß); 
sonst  nennt  man  sie  Sträucher. 

Die  Lebensdauer  der  Gewächse  {^'')  und  die  Beschaffenheit  ihrer  Sproßachsen  wird 
in  Pflanzenbeschreibungen  und  Katalogen  gewöhnlich  durch  besondere  Zeichen  kenntlich 
gemacht.  Kräuter  sind:  0  einjährige  „annuelle",  0  zweijährige  „bienne''  Pflanzen, 
2j.  ausdauernde  „perennierende"  Stauden;  Holzgewächse:  ^  Sträucher  und  1^  Bäume.  Einen 
besonderen  Typus  des  Baumes  finden  wir  in  den  säulenförmigen,  meist  unverzweigten 
Stämmen  der  Palmen  und  Farnbäume,  denen  mit  dem  sekundären  Dickenwachstura  ein 
echtes  Holzgewebe  fehlt. 

Dem  Bedürfnisse  nach  der  nötigen  Anzahl  von  Leitungsbahnen  und  der 
erforderlichen  Festigung  wird  bei  den  Kormi  der  Sproßpflanzen  in  verschiedener 
Weise  Rechnung  getragen:  Erstens  nämlich  gibt  es  Pflanzen,  bei  denen  die 
Hauptachse  des  Keimlings  und  die  etwa  entstehenden  Seitenzweige  schon, 
ehe  sie  in  die  Länge  wachsen,  vor  oder  während  ihrer  Erstarkung,  also  primär, 
so  verdickt  und  mit  so  viel  Leitungs-  und  Festigungsgewebe  ausgestattet 
werden,  daß  sie  bei  ihrem  späteren  Längenwachstum  der  ganzen  künftigen 


1^2  Fitting: 

Größe nzimahme  des  Kormus  genügen;  die  Keimwurzel  bleibt  bei  ihnen  aber 
dünn,  stirbt  meist  frühzeitig  ab  und  wird  durch  sproßbürtige  Wurzeln  aus  der 
Basis  oder  auch  aus  höheren  Zonen  der  Keimlingssproßachse  ersetzt.  Zweitens 
gibt  es  solche,  bei  denen  zunächst  lange,  fadenförmig  dünne  Stengel  und  Wurzeln 
mit  wenigen  Leitungsbahnen  (und  wenigen  mechanischen  Elementen)  entwickelt 
werden.  Die  Wasserversorgung  der  Blätter  und  umgekelu-t  die  Nahrungs- 
versorgung des  Wurzelsystems  und  hiermit  die  Größenzunahme  des  Kormus 
würden  bei  ihnen  meist  sehr  bald  eine  Grenze  in  der  geringen  Zahl  der  Leitungs- 
bahnen des  Keimstengels  und  der  Keimwurzel  finden,  wenn  nicht  nach  Umwand- 
lung der  Keimachse  in  Dauergewebe,  entsprechend  den  Bedürfnissen  des  heran- 
wachsenden Kormus,  später  für  Vermehrung  der  Leitungsbahnen  (und  des 
Festigungsgewebes)  im  Wurzelsysteme  und  im  Keimstengel  gesorgt  würde. 
Das  geschieht  aber  durch  nachträgliche  Zell  Vermehrung,  Bildung  sekun- 
därer Gewebe  (des  Sekundärzuwachses),  womit  ein  nachträgliches,  sekun- 
däres Dickenwachstum  der  Stengel  und  Wurzeln  verbunden  ist.  Sekundäre 
Gewebe  nennt  man  solche  Gewebe,  die  durch  Tätigkeit  sekundärer  Meristeme, 
der  Kambien  (vgl.  S.  40),  den  primären  Geweben  hinzugefügt  werden  oder 
die  primären  Gewebe  ersetzen.  Sekundäres  Dickenwachstum  findet  sich  sowohl 
bei  krautigen  als  auch  bei  Holzpflanzen. 

Zum  ersten  Typus (^i)  gehören  die  meisten  krautigen  Pteridophyten 
und  Monokotylen,  ja  selbst  fast  alle  ihre  stammbildenden  Formen  (Baum- 
farne, Palmen,  Pandanaceen,  bestimmte  Liliifloren).  Bei  den  stammbildenden 
Monokotylen  z.  B.  bleibt  der  Keimstengel  nach  der  Keimung  zunächst  lange 
Zeit  sehr  kurz.  Das  Urmeristem  seines  flachen  Vegetationspunktes  wächst 
an  der  Peripherie  des  Zentralzylinders  durch  Zellvermehrung  stark  in  die 
Breite.  Lifolgedessen  erhält  der  Vegetationspunkt  und  die  Sproßachse  des 
Keimlings,  aus  der  der  Stamm  hervorgehen  soll,  von  vornherein  einen  sehr 
großen  Durchmesser. 

Bei  solchen  Formen,  wie  z.  B.  bei  den  Palmen  und  Pandanaceen,  kann  der  Stamm 
auch  nach  Ausbildung  der  Dauergewebe  durch  Erweiterung  der  vorhandenen  Dauer- 
gewebszellen noch  längere  Zeit  ein  wenig  weiter  erstarken.  Hauptsächlich  die  Zellen  der 
Sklerenchymfaserstränge,  die  die  Siebteile  der  Leitbündel '  begleiten,  nehmen  dabei  an 
Weite  zu,  wodurch  die  ganzen  Stränge  mächtiger  werden.  Hier  und  da  freilich  kann  die 
Dickenzunahme  von  Teilungen  der  Parenchymzellen  begleitet  sein  (manche  Palmen). 

Zum  zweiten  Typus(*2)  gehören  die  meisten  krautigen  und  holzbilden- 
den Gymnospermen,  Dikotylen  und  einige  baumförmige  Liliifloren.  Bei 
ihnen  folgt  also  auf  das  primäre  Dickenwachstum  (die  Erstarkung)  der  Stengel 
und  Wurzeln  durch  Zellvergrößerung  meist  ein  sekundäres  durch  Zell- 
vermehrung  in  einer  besonderen  Meristemzone,  dem  Verdickungsring. 

Einjährige,  kletternde  und  windende  Pflanzen  beginnen  oft  erst  in  ziemlich  alten 
Internodien,  lange  nach  Beendigung  der  Erstarkung,  sekundär  in  die  Dicke  zu  wachsen. 
An  den  Zweigen  der  Bäume  fängt  das  sekundäre  Dickenwachstum  dagegen  meist  schon 
an,  ehe  die  primären  Dauergewebe  ausgebildet  worden  sind. 

Sekundäres  Dickenwachstum  trat  zuerst  bei  gewissen,  jetzt  nur  aus  fossilen  Über- 
resten bekannten  Pteridophyten  auf;  aber  erst  bei  den  Gymnospermen  und  Dikotylen  ge- 
langte es  zu  allgemeiner  Verbreitung. 

Sekundäres  Dickenwachstum  monokotyler  Stämme.  Es  gibt  auch  einige 
baumartige  Liliifloren  (Dracaena,  Cordyline,  Yucca,  Aloe),  deren  Achsen  be- 
fähigt sind,  mit  einem  sekundären  Meristem  sekundär  in  die  Dicke  zu  wachsen. 
Dieses  Meristem  entsteht  außerhalb  der  primären  Leitbündel,  die  im  Zentral- 
zylinder nach  Monokotylenart  zerstreut  sind,  und  zwar  in  der  anschließenden 
Kinde,  aus  einer  im  Querschnitte  ringförmigen  Zone  von  fertigen  Rindenzellen, 
die  sich  wieder  zu  teilen  beginnen  (bei  den  Dracaenen  meist  erst  in  größerer 
Entfernung  vom  Stammscheitel,  sonst  schon  in  seiner  unmittelbaren  Nähe). 


1 


Morphologie. 


123 


Es  bildet  einen  Zylindermantel  aus  mehreren  Schichten  prismenförmiger, 
lückenlos  verbundener,  embryonaler  Zellen,  die  durch  tangentiale  Wände 
längere  Zeit  nur  Zellen  nach  innen,  später  auch  einige  nach  außen  abgeben. 
Das  weitere  Schicksal  dieser  so  durch  Teilung  entstandenen  embryonalen 
Zellen  ist  ein  völlig  anderes  als  bei  den  Gymnospermen  und  Dikotylen:  Die 
von  dem  Meristem  nach  außen  gebildeten  Zellen  werden  nämhch  zu  sekundären 
Rindenzellen;  die  nach  innen  abgegebenen  aber  teils  zu  vollständigen 
konzentrischen  Leitbündeln  mit  Außenxylem,  teils  zu  Parenchym, 
dessen  Zellwände  sich  stark  verdicken  und  verholzen  (Fig.  164). 

Die  Meristemzellen  haben  im  Quer- 
schnitt und  im  radialen  Längsschnitt  recht- 
eckige, im  tangentialen  Längsschnitt  poly- 
gonale Gestalt;  es  sind  also  Prismen  mit  tan- 
gential gerichteter  polygonaler  Grundfläche 
(vgl.  Fig.  H57A/I).  Solange  das  Meristem 
einseitig  tätig  ist,  werden  seine  Initialen  aus 
dem  nach  außen  angrenzenden  Dauergewebe 
der  Rinde  ergänzt.  Sobald  es  beiderseitig 
tätig  wird,  bleibt  dauernd  eine  Zellschicht 
als  Initialschicht  erhalten. 

Ein  echtes  sekundäres  Dickenwachstum 
monokotyler  Wurzeln  ist  nur  für  die  Gattung 
Dracaena  bekannt.  Der  Kambiumring,  der  es 
besorgt,  nimmt  in  der  Wurzelrinde  seinen  Ur- 
sprung und  zwar  in  den  inneren  Teilen,  die 
an  die  Endodermis  grenzen. 


y 


C    ' 


Fig.  164.  Cordyline  (Dracaena)  rubra.  Quer- 
schnitt durch  den  Stamm.  /  Leitbündel, 
und  zwar/'  primäre,/"  sekundäre;/'"  ein 
aus  einem  Blatte  kommendes,  noch  inner- 
halb der  Rinde  befindliches  Bündel,  m 
parenchymatisches  Grundgewebe,  s  Leit- 
bündelscheide, t  Tracheiden,  c  Verdickungs- 
ring  (Kambium),  er  Rinde,/)/?  Korkkambium, 
/  Kork,  r  Rhaphidenbündel.  Vergr.  30. 
Nach  Strasbürger. 


Fig.  165.  Querschnitt  durch  einen  5  mm  dicken 
Zweig  von  Aristolochia  Sipho.  m  Mark,  /v 
Leitbündel,  und  zwar  7fl  Gefäßteil,  cb  Sieb- 
teil, ff  Faszikularkambium,  ?/c  Interfaszi- 
kularkambium,  p  Phloemparenchym  an  der 
Außenseite  des  Siebteils,  pc  Perizykel,  sk 
Sklerenchymring,  e  Stärkescheide,  c  Rinde,  in 
dieser  cl  Kollenchym.  Vergr.  9.  Nach  Stras- 
burger. 


Sekundäres  Diekenwachstum  der  Gymnospermen  und  Dikotylen.  1.  Bil- 
dung, Bau  und  Tätigkeit  des  Kambiums  in  den  Stengeln.  In  den  offenen  Leit- 
bündeln der  Gymnospermen  und  der  Dikotylen  kann  die  sekundäre  Gewebe- 
bildung an  die  Fertigstellung  der  primären  Gewebe  anschließen  oder  schon 
früher  beginnen.  Nur  der  erstere  Fall  sei  hier  besprochen,  obwohl  er  keines- 
wegs häufig  ist.     Die  zwischen  den  Gefäßteilen  und  Siebteilen  der  offenen 


124 


Fitting: 


Bündel  vorhandenen  Reste  von  Urmeristem  werden  dabei  zu  Kambien, 
indem  sie  sich  von  neuem  lebhaft  zu  teilen  beginnen.  Die  Leitbünde]  sind  meist 
im  Kreise  angeordnet.  Nachdem  die  Kambiumtätigkeit  innerhalb  der  Bündel 
begonnen  hat,  bildet  sich  Kambium  auch  in  den  Markstrahlen.  Eine  Zone 
von  Dauerzellen  nämlich,  die  die  Kambien  d.^r  angrenzenden  Leitbündel  ver- 
binden, beginnt  sich  tangential  zu  teilen.  Dieses  interfaszikulare  Kam- 
bium ergänzt  so  die  innerhalb  der  Bündel  gelegenen  faszikularen  Kambien 
zu  einem  vollen  Zylindermantel  von  Meristemgewebe.  Seine  Zellen,  die  in 
radialer  Richtung  wachsen,  teilen  sich  durch  tangentiale  und  durch  quere 
Scheidewände. 


Fig.  166.  Querschnitt  durch  ein  Leitbündel  eines  Zweiges  von  Aristolochia  Sipho  im 
ersten  Jahre  seiner  Entwicklung,  nach  begonnener  Kambiumtätigkeit,  p  Xylemparenchym, 
an  dem  Innenrande  des  Gefäßteiis,  vlp  Xylemprimanen,  m  und  m"  Tüpfeltracheen,  ic  Inter- 
faszikularkambium ,  sich  in  das  Faszikularkambium  fortsetzend,  -v  Siebröhren,  cbp  Sieb- 
primanen,  pc  Gewebe  des  Perizykels,  sk  innerer  Teil  des  Ringes  aus  Sklerenchymfasern. 
Vergr.  130.    Nach  Strasburger. 


Die  Fig.  165  und  166  stellen  den  Vorgang  der  Kambiumbildung  für  den  Stengel- 
querschnitt von  Aristolochia  Sipho  dar,  wo  er  sich  in  möglichst  einfacher  und  übersicht- 
licher Weise  vollzieht.  Die  Fig.  166  gibt  ein  einziges  Leitbündel  nebst  dem  angrenzenden 
Interfaszikularkambium  aus  der  Fig.  165  bei  stärkerer  Vergrößerung  wieder.  In  diesem 
Bündel  ist  die  Kambiumtätigkeit  bereits  in  vollem  Gange.  Besonders  fallen  die  in  Aus- 
bildung begriffenen  sekundären  Gefäße  [m")  auf.  Innerhalb  der  Markstrahlen  sind  die 
Parenchymzellen,  die  dem  Interfaszikularkambium  den  Ursprung  gaben,  noch  deutlich 
zu  erkennen. 


Morphologie. 


125 


Die  meristemati sehen  Kambiumzellen  des  Verdi ckungsringes,  die  lücken- 
los verbunden  sind  und  radiale  Reihen  bilden,  pflegen  die  Gestalt  langgestreckter, 
in  tangentialer  Richtung  mehr  oder  weniger  abgeplatteter  Prismen  zu  haben 
mit  beiderseits  meißeiförmig  zugeschärften  Enden,  deren  scharfe  Kanten 
radial  gestellt  sind,  so  daß  die  Zellform  auf  Tangential-,  Radial-  und  Quer- 
schnitten ganz  verschieden  erscheint  (Fig.  167).  Die  tangentialen  Wände, 
die  die  polygonalen  oder  rhombischen  Grundflächen  der  Prismen  bilden,  sind 
dünn,  die  radialen,  die  senkrecht  auf  den  Grundflächen  stehen,  dagegen  ziem- 
lich dick  und  oft  getüpfelt.  In  dem  mehrschichtigen  Kambiummantel  ist  eine 
mittlere  Zellschicht  die  Initialschicht.  Ihre  Zellelemente,  die  in  radialer 
Richtung  wachsen,  bleiben  dauernd  meristematisch  und  geben  durch  fort- 
gesetzte Teilungen  mittels  tangentialer  Scheidewände  Tochterzellen  (Gewebe- 
mutterzellen) in  radialer  Richtung  nach  außen,  in  viel  größerer  Zahl  aber  nach 
innen  hin  ab,  Diese  Tochterzellen  werden  ihrerseits,  meist 
nach  weiteren  tangentialen  Teilungen  und  nach  oft  starkem 
Längen-  und  Dickenwachstum  (Fig.  172),  allmählich  zu 
sekundären  Dauerzellen,  deren  Formen  vielfach  gar  nicht 
mehr  den  embryonalen  Kambiumzellen  ähnlich  sind. 

Dadurch,  daß  das  Kambium  nach  innen  Zellen  abgibt,  wird 
es  mit  der  Dickenzunahme  des  Stammes  selbst  immer  weiter  nach 
außen  geschoben;  dementsprechend  muß  sich  der  Umfang  des  Kam- 
biummantels fortgesetzt  vergrößern.  Das  ist  nur  möglich  durch 
Wachstum  und  Vermehrung  der  Zellen  in  tangentialer  Rich- 
tung. Auf  Querschnitten  durch  das  Kambium  sieht  es  so  aus, 
als  käme  diese  Vermehrung  durch  gelegentliche  radiale  Teilungs- 
wände zustande.  Klinken  C^)  und  Neeff  haben  uns  aber  darüber 
belehrt,  daß  solche  Teilungen  nicht  vorkommen;  soll  die  Zellenzahl 
tangential  vermehrt  werden,  so  teilt  sich  vielmehr  eine  Kambium- 
initialzelle quer,  worauf  die  Enden  der  Tochterzellen  durch  glei- 
tendes Wachstum  tangential  aneinander  vorbei  wachsen. 

Alles  durch  die  Kambiumtätigkeit  nach  innen 
erzeugte  Dauergewebe,  das  meist  hart  und  fest  ist  und 
aus  mehr  oder  weniger  verholzten  Zellen  besteht,  wird 
als  Holz,  alles  nach  außen  gebildete  Gewebe  dagegen, 
das  aus  meist  unverholzten  Zellen  besteht,  als  Bast 
bezeichnet. 

Die  vom  Kambium  nach  außen  abgegebenen  Gewebe  heißen 
wohl  auch  sekundäre  Rinde. 

Das  sekundäre  Gewebe,  das  vom  faszikularen 
Kambium  nach  innen  gebildet  wird,  gleicht  dem  der 
Xylemteile,  das  nach  außen  gebildete  dem  der  Sieb- 
teile der  primären  Leitbündel.  Durch  die  Tätigkeit  des  Interfaszikular- 
kambiums  werden  die  Markstrahlen  dauernd  auf  der  Holz-  und  der  Bast- 
seite verlängert,  allerdings  meist  nicht  in  ihrer  ganzen  Breite  als  Mark- 
strahlen; denn  der  größere  Teil  auch  des  interfaszikularen  Kambiums  bildet 
nach  innen  und  nach  außen  in  der  Regel  ähnliche  Gewebe  wie  das  faszikulare. 
Da  also  in  den  Markstrahlen  nur  an  beschränkten,  voneinander  isolierten  Stellen 
radiale  Stränge  von  Markstrahlgewebe  gebildet  werden,  indem  die  Kambium- 
zellen eben  nur  hier  nach  außen  und  innen  Markstrahldauerzellen  hefern, 
werden  die  zunächst  plattenförmigen  Markstrahlen  in  zahlreiche  neben-  und 
übereinander  liegende  kleinere,  bandförmige,  von  spindelförmigem  Querschnitt 
zerlegt  (Fig.  168).  die  das  Mark  mit  der  Rinde  verbinden  und  als  primäre 
Markstrahlen  des  Holzes  und  des  Bastes  gelten.  Bei  zunehmender  Dicke  des 
Holz-  und  Bastringes  beginnen  aber  auch  einzelne  Streifen  des  Faszikular- 


V 


CID 

c 


Fig.  167.  Schemati- 
sche Darstellung  der 
Form  der  Kambium- 
zellen, ^/und//die 
beiden  vorkommen- 
den Formen  körper- 
lich, die  tangentiale 
(Breit-)Seite  zeigend ; 

B  Radialschnitt ; 
C  Querschnitt.   Nach 

ROTHERT. 


126 


Fittin 


kambiums,  Markstrahlgewebe  zu  erzeugen.  So  werden  die  sekundären  Mark- 
strahlen gebildet,  die  blind  in  dem  Holze  und  Baste  endigen  und  um  so 
weniger  tief  in  beide  hineinreichen,  je  später  sie  angelegt  wurden  (Fig.  177). 

Die  Kambiumzellen,  die  Markstrahlzellen  bilden,  stehen  den  anderen  an 
Längenach  und  haben  auch  weniger  steile,  ja  zum  Teil  selbst  horizontale  End- 
wände, weil  die  Kambiumzellen  vor  der  Einschaltung  neuer  Markstrahlen 
quer-  oder  schräggeteilt  werden. 

Man  kann  nach  dem  primären  Bau  der  Stengel,  der  Entstehung  des  Kambiums  und 
der  Art  seiner  Tätigkeit  im  wesentlichen  drei  Typen  unterscheiden  (»*):  1.  Im  Stengel  entsteht 
zunächst  ein  Ring  von  kollateralen  Leitbündeln,  die  durch  breite  Markstrahlplatten  aus 
Dauergewebe  voneinander  getrennt  sind;  die  Markstrahlen  behalten  auch  während  des 
sekundären  Dickenwachstums  im  Stengel  ungefähr 

ihre  Breite,    indem   das  interfaszikulare   Kambium  /  ^"^^\        A 

fast  nur  Markstrahlgewebe  erzeugt,  so  bei  vielen 
krautigen  Pflanzen,  unter  verholzten  fast  nur  bei 
Lianen.  Bei  den  Kräutern,  bei  denen  der  innere 
Teil  der  Markstrahlen  zwischen  den  primären 
üefäßsträngen  aus  Sklerenchym  besteht  (vgl.  S.  82), 
bildet  das  interfaszikulare  Kambium  in  den  Strahlen 
nach  innen  ebenfalls  solches  Gewebe.  2.  Im  Stengel 
entsteht  wie  bei  1.  ein  Kranz  kollateraler  Blatt- 
spurbündel,   die    durch    sehr   breite    Markstrahlen 


Fig.  168.  Auflösung  eines  primären  Mark- 
strahles in  viele  kleine  nach  Beginn  des  sekun- 
dären Dickenwachstums.  Tangentialer  Längs- 
schnitt schematisch.  /,  /  Benachbarte  primäre 
Leitbündel;  pm  primärer  Markstrahl,  durch  die 
Tätigkeit  des  interfaszikularen  Kambiums  zerlegt 
in  viele  kleine  spindelförmige  Markstrahlen  und 
in  netzartig  verbundene  sekundäre  Leitbündel. 


Fig.  169.  Schematische  Darstellung  des 
Dickenwachstums  einer  dikotylen  Wurzel. 
In  A  bedeutet  pr  Rinde,  <?  Endodermis. 
In  A  und  B  sind  c  Kambiumring,  £■'  Gefäß- 
strang, s'  Siebstrang,  p  Perizykel.  In  £ 
bedeuten  außerdem  g"  Holz,  s"  Bast, 
k  Periderm  (vgl.  S.  138).     Nach  Stras- 

BUKGER. 


voneinander  getrennt  sind.  Noch  ehe  das  primäre  Dickenwachstum  beendigt  ist,  ent- 
stehen aus  dem  zum  Teil  noch  embryonalen  Markstrahlgewebe,  das  nun  kambialen 
Charakter  annimmt,  in  jedem  Markstrahle  ein  bis  mehrere  kleinere,  tangential  netzartig 
verbundene  stammeigene  Zwischenbündelchen,  die  den  Raum  des  Markstrahles  fast  völlig 
ausfüllen  und  die  in  den  Maschen  zwischen  sich  sehr  schmale  bandartige  primäre 
Markstrahlen  mit  spindelförmigem  Querschnitt  lassen  (Fig.  168)  (so  bei  vielen  Kräutern 
und  Holzgewächsen).  3.  Im  Stengel  entsteht  bei  der  Umwandlung  des  primären  Meristem- 
gewebes zu  Dauergewebe  von  vornherein  nicht  ein  Kranz  kollateraler  Bündel,  sondern 
ein  ringförmiges  Bündelrohr,  das  man  geradezu  als  konzentrisches  Bündel  mit  Innenxylem 
und  mit  zentralem  Marke  bezeichnen  muß.  Dieses  Rohr  hat  eine  Schicht  von  em- 
bryonalem Gewebe  zwischen  Phloeni  und  Xylem,  das  spätere  Kambium,  und  ist  von  sehr 
schmalen,  spindelförmigen  primären  Markstrahlen  durchsetzt  oder  kann  auch  alle  primären 
Markstrahlen  entbehren  (so  bei  vielen  Bäumen). 


Morphologie. 


127 


Die  primären  Gefäßteile  ragen  im   sekundär  verdickten  Stengel   als  Vorsprünge   in 
das  Mark;  man  nennt  sie  in  ihrer  Gesamtheit  Markkrone. 

2.  Bildung  und  Tätigkeit  des  Kambiums  in  der  Wurzel.  Wie  wir  gesehen 
haben  (Fig.  157,  158),  wechseln  im  Zentralzylinder  der  Wurzeln  die  Gefäß- 
und  Siebstränge  miteinander  ab;  sie  sind  durch  Parenchymplatten  voneinander 
getrennt.  Beginnt  nun  eine  solche  Gymnospermen-  oder  Dikotylenwurzel 
sekundär  in  die  Dicke  zu  wachsen,  so  bilden  sich  in  diesen  Parenchymplatten 
parallel  zu  ihren  Flächen,  also  zwischen  den  Gefäß-  und  Siebsträngen,  durch 
Teilung  der  Zellen  Kambiumstreifen  aus,  die  nach  innen  Holz,  nach  außen 
Bast  erzeugen.  Die  Ränder  der  Kambiumstreifen  treffen  im  Perizykel  vor  den 
Gefäßsträngen  zusammen;  hier  werden  die  Perizykelzellen  ebenfalls  zu  Kam- 
biumzellen: Nun  ist  ein  vollständiger  Kambiummantel  mit  welligem  Quer 
schnitt  da,  der,  wie  beim  Stengel,  im  ganzen  Umkreis  seine  Tätigkeit  ausüben 
kann  (vgl.  die  dunkle  Linie  der  schematischen  Fig.  169^).  Die  Einbuchtungen 
gleichen  sich  bald  aus,  so  daß  der  Mantel  kreisförmigen  Querschnitt  erhält 
(Fig  169  B).  Dem  Holzkörper  und  dem  Baste  fehlen  die  eigentlichen  primären 
Markstrahlen,  doch  werden  wie  im 
Stengel  sekundäre  erzeugt ;  bei  man- 
chen Pflanzen  besonders  große,  plat- 
tenförmige  vor  den  primären  Gefäß- 
strängen (vgl.  Fig.  169  B).  Der 
Querschnitt  durch  eine  Wurzel,  die 
jahrelang  in  die  Dicke  gewachsen 
ist,  läßt  sich  von  einem  Stamm- 
querschnitt ohne  eingehendereUnter- 
suchung  nicht  unterscheiden;  erst 
durch  solche  kann  man  inmitten 
der  Wurzel  das  Vorhandensein  ihrer 
eigenartigen  primären  Gefäßstränge 
feststellen. 


Fig.  170.  Querschnitt  durch  einen  Stamm  von 
Mucuna  altissima.  /,  2,  3  aufeinanderfolgende 
Holzkörper.  /*,  2*,  3*  aufeinanderfolgende 
Bastzonen.  3  und  3*  innerhalb  des  Perizykels 
in  Bildung  begriffen.  »/^nat.Gr.  NachScHENCK. 


Wiederholte  Kambiumbildung  in 
Stämmen  und  Wurzeln.  Außer  den  all- 
gemein verbreiteten  Vorgängen  des  sekun- 
dären Dickenwachstums  kommen  in  den 
Stämmen  und  in  den  Wurzeln  bei  Gymno- 
spermen und  Dikotylen   auch  andere  vor, 

die  als  Anomalien  dem  normalen  Typus  gegenübergestellt  werden.     Sie   kennzeichnen 
sich  durch  abweichende  Verteilung  und  Tätigkeit  der- Kambien. 

Bei  einigen  Cycadeen  und  bestimmten  Gnetum -Arten  unter  den  Gymnospermen, 
bei  Ghenopodiaceen,  Amarantaceen,  Nyctagineen,  Phytolaccaceen  und  noch  anderen  Familien 
unter  den  Dikotylen  hört  der  erste,  in  gewohnter  Weise  entstandene  Kambiumring  nach 
längerer  oder  kürzerer  Zeit  zu  funktionieren  auf.  Es  bildet  sich  ein  neuer  Kambium- 
mantel meist  im  Perizykel,  also  außerhalb  der  Bastzone,  oder  in  einem  vom  ersten 
Kambiummantel  abstammenden  Gewebe.  Dieses  Kambium  erzeugt  wiederum  nach  innen 
Holz,  nach  außen  Bast,  beides  mit  Markstrahlen.  Alsdann  erlischt  es;  wieder  ein  neues, 
außerhalb  des  neuen  Bastmantels  entstehendes  Kambium  tritt  an  seine  Stelle.  Der  Vor- 
gang wiederholt  sich  und  führt  zur  Bildung  konzentrischer  Holz-Bastzonen.  Solche  treten 
uns  z.  B.  an  dem  Fig.  170  dargestellten  Stammquerschnitt  einer  zu  den  Papilionaceen  ge- 
hörenden Liane,  der  Mucuna  altissima,  als  Ringe  deutlich  entgegen.  Konzentrische  Holz- 
Bastmäntel  findet  man  auch  an  manchen  fleischigen  Wurzeln,  die  zwei  oder  mehr  Vege- 
tationsperioden ausdauern.  So  bei  der  Runkelrübe  (Beta  vulgaris),  wo  man  sie  schon  mit 
dem  bloßen  Auge  auf  Querschnitten  sehen  kann.  Sie  entstehen  wie  eben  beschrieben; 
nur  herrschen  in  diesen  Zuwachszonen,  ebenso  wie  im  typischen  sekundären  Zuwachs 
anderer  fleischiger  Wurzeln,  die  Parenchyme  vor,  die  vermehrt  werden,  um  der  Speicherung 
von  Reservestoffen  zu  dienen. 


128 


Fitting: 


3.  Das  Holz.  A.  Gewebearten  und  deren  Funktionen.  Das  Holz  ist  ein 
Gewebekörper  von  verwickeltem  Bau.  Es  setzt  sich  bei  den  Dikotylen  meist 
aus  drei  verschiedenen  Gewebearten  mit  mehr  oder  weniger  verholzten  Mem- 
branen zusammen:  1.  aus  längsverlaufenden  Strängen  toter  Gefäße  (Fig  171^, 
ig),  2.  aus  längsverlaufenden  Strängen  meist  toter  Sklerenchymfasern: 
Holzfasern  (h)  und  3.  aus  längs-  und  in  den  Markstrahlen  auch  radial- 
verlaufenden Strängen  von  Speicherparenchymzellen  (hp):  Holzparen- 
chym  und  Markstrahl parenchym.  Dementsprechend  dient  das  Holz 
1.  zunächst  wie  die  primären  Gefäßteile  der  Leitbündel  der  Wasserleitung, 
außerdem  aber  auch  2.  der  Festigung  der  Stämme  und  der  Wurzeln  gegen 
Druck  und  Biegungen  und  3.  zur  Aufspeicherung 
organischer  Substanzen.  Die  Eigenschaften,  die 
das  Holz  als  Baumaterial  für  uns  so  wertvoll  machen, 
werden  aus   seiner  Festigungsfunktion    verständlich. 


g 

Fig.   171. 

parenchym 

schematisch 


tg  gt  t  ft  h       gh        ef       hp 

Tracheen,   Trache'iden ,    Holzfasern    und   Holz- 

der   Dikotylen    nebst    ihren    Übergangsformen, 

.      Erklärung    im    Text.      Nach    Strasburger. 

(Verändert.) 


Fig.  172.  Schematische  Dar- 
stellung des  gleitenden 
Wachstums;  für  Holzfasern. 
AI  und  //  jugendlicher  Zu- 
stand der  Zellen,  B I  und  II 
nach  dem  gleitenden  Wachs- 
tum ausgewachsen.  /  Im 
tangentialen  Längsschnitte, 
//  im  Querschnitte  in  der 
punktierten     Linie     von     1. 

Nach   ROTHERT. 


Die  Zellarten,  aus  denen  das  Holz  sich  aufbaut,  lassen  sich  am  leichtesten  unter- 
suchen, wenn  man  das  Holz  mit  SCHULZEschem  Gemisch  mazeriert  (vgl.  S.  35). 

Die  Gefäße  sind  Tüpfel-,  seltener  Netzgefäße,  und  zwar  in  der  Regel 
teils  sehr  weite,  kurzgliedrige  und  enge,  mehr  oder  weniger  langgliedrige 
Tracheen  (Fig.  171g,  tg),  teils  enge,  langgestreckte  Trachei'den,  die  außer 
der  Wasserleitung  zugleich  zur  Festigung  des  Stammes  dienen.  Die  Holz- 
fasern (Ä)  sind  meist  sehr  eng  und  sehr  langgestreckt,  beiderseits  nadei- 
förmig zugespitzt  und  dickwandig  mit  schrägen,  schmalen,  spaltenförmigen 


Morphologie.  129 

Tüpfeln.  Die  Speicherparenchymzellen  {hp)  endlich  sind  rechteckig 
prismatisch  oder  spindelförmig,  in  Richtung  des  Strangverlaufs  in  der  Regel 
gestreckt,  dünn-  oder  dickwandig  mit  meist  kleinen,  rundlichen,  einfachen 
Tüpfeln  und  sind  reich  an  Reservestoffen  (Stärke,  Zucker  oder  ÖJ).  Inter- 
zellularen kommen  nur  in  den  Parenchymsträngen  vor. 

Bei  zahlreichen  Leguminosen,  bei  Weiden,  Pappeln,  Ficus-Arten  kommen  im  Holz 
als  wasserleitende  Elemente  nur  Tracheen  vor. 

Die  Trache'fden  und  Holzfasern  sind  wesentlich  länger  als  die  Kambiumzellen,  aus 
denen  sie  hervorgehen,  oft  bis  über  1  mm  lang.  Diese  größere  Länge  erreichen  sie,  ebenso 
wie  die  weiten  Tracheen  ihren  Durchmesser,  durch  gleitendes  Wachstum  (S.  40  und  Fig.  172). 
Bei  der  Bildung  von  Holzparenchym  werden  die  Gewebemutterzellen  des  Kambiums  wieder- 
holt quer  geteilt.  Dieses  Parenchym  besteht  also  (vgl.  Fig.  \ll  gh,  hp)  aus  Zellreihen, 
denen  man  ihre  Herkunft  aus  Kambiumzellen  ansieht,  da  sie  oben  und  unten  mit  zu- 
gespitzten Elementen  endigen. 

Die  Scheidewände  zwischen  den  Holz-  oder  Markstrahlparenchymzellen  und  den 
Gefäßen  sind  einseitig  behöft  getüpfelt,  soweit  Tüpfel  vorhanden  sind:  die  meist  großen 
Tüpfel  sind  innerhalb  der  lebenden  Zellen  ohne  Hof,  behöft  dagegen  in  den  Gefäßen,  zudem 
im  Gegensatze  zu  den  typischen  beiderseits  behöften  Tüpfeln  stets  ohne  Tori  in  den 
Schließhäuten.  Die  Scheidewände  zwischen  den  Gefäßen  und  den  Holzfasern  und  die 
zwischen  den  Holzfasern  und  den  Parenchymzellen  sind  dagegen  meist  gar  nicht  getüpfelt. 

Bei  den  Hölzern,  die  aus  Gefäßen,  Holzfasern  und  Parenchymzellen  sich  aufbauen, 
kann  man  nicht  selten  alle  Übergänge  zwischen  solchen  typisch  ausgebildeten  Elementen 
beobachten;  dementsprechend  gehen  ihre  Funktionen  ineinander  über.  Neben  mehr  oder 
weniger  weiten  Hoftüpfeltracheen  {g)  kommen  enge  Tracheen  vor.  Diese  (Fig.  171  tg) 
leiten  über  zu  den  Tracheiden  (Fig.  171^^,  t).  Schmale,  stark  zugespitzte  Tracheiden 
(Fasertrachei'den  ft),  die  hauptsächlich  der  mechanischen  Festigung  dienen  mögen,  bilden 
einen  Übergang  zu  den  Holzfasern  (h).  Wenig  verdickte  Holzfasern,  die  ihren  lebenden 
Inhalt  behalten  (die  sog.  Ersatzfasern  ef),  ohne  oder  mit  Querwänden  {gh),  vermitteln  den 
Übergang  zu  den  Holzparenchymzellen  {hp).  Phylogenetisch  sollen  sich  aber  nach  Stras- 
burger (^^)  die  Fasertracheiden  nur  von  den  Gefäßen,  die  Holzfasern  dagegen  nur  durch 
Umbildung  von  Holzparenchymzellen  ableiten  lassen. 

Bei  den  Gymnospermen  kommen  im  Holze  außer  wenig  Holz-  und  viel 
Markstrahlparenchym  nur  noch  Tracheiden  mit  typischen  Hoftüpfeln  vor. 
Hier  ist  also  die  Arbeitsteilung  noch  nicht  so  weit  fortgeschritten;  die  Festi- 
gung wird  noch  von  den  gleichen  Elementen  besorgt,  die  auch  der  Wasser- 
leitung dienen.  Ebenso  ist  es  bei  der  Magnoliaceen-Gattung  Drimys  unter 
den  Dikotylen. 

B.  Anordnung  der  Gewebearten  im  Holze.  Bei  den  Gymnospermen 
(Fig.  173 — 175)  hat  das  Holz  der  Stämme  und  Wurzeln  also  einen  verhältnis- 
mäßig noch  einfachen  Bau.  Die  Tracheiden  sind  entsprechend  ihrer  Ent- 
stehung (Fig.  173  5)  in  regelmäßigen  radialen  Reihen  angeordnet  (Fig.  173^1), 
da  sie  nur  in  radialer  Richtung,  aber  so  gut  wie  gar  nicht  in  tangentialer  und 
longitudinaler  wachsen;  sie  haben  infolgedessen  ähnliche  Gestalt  wie  die 
Kambiumzellen  (Fig.  167)  und  besitzen  oft  nur  in  ihren  radialen  Wänden 
große  runde  Hoftüpfel,  so  daß  man  diese  vor  allem  in  radialen  Schnitten  von 
der  Fläche  zu  sehen  bekommt  (Fig.  IQB,  IIA). 

Holzparenchym  ist  in  den  meisten  Gymnospermenhölzern  nur  sehr  spärlich 
vorhanden.  Bei  den  Kiefern,  Fichten  und  Lärchen  umgibt  es  ausschließlich  die  schizo- 
genen  Harzkanäle,  die  das  Holz  zwischen  den  Tracheiden  durchziehen  (Fig.  173  ^ä, 
177  h)  und  mit  radial  in  einzelnen  breiten  Markstrahlen  verlaufenden  in  Verbindung 
stehen.  Daher  können  große  Harzmengen  aus  einem  verwundeten  Kiefern-  oder  Fichten- 
stamme ausfließen.  Bei  den  anderen  Koniferen  ist  die  Bildung  des  Holzparenchyms  auf 
einfache  Zellreihen  beschränkt,  deren  Zellräume  sich  weiterhin  mit  Harz  füllen. 

Außer  den  Tracheiden  findet  man  in  den  Gymnospermenhölzern,  wie 
gesagt,  fast  ausschließlich  Markstrahlparenchym,  das  in  Form  sehr 
zahlreicher,  radial  verlaufender,  bandförmiger  und  meist  nur  eine  Zellschicht 

strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  9 


130 


Fitting: 


breiter  Markstrahlen  (Fig.  173  w,  175  sm,  tm,  171  ms)  das  Holz  durchsetzt. 
Eine  jede  Holztracheide  grenzt  in  ihrem  Längsverlaufe  an  einen  oder  auch 
an  mehrere  dieser  Markstrahlen  an.  Die  Markstralilzellen  sind  radial  ge- 
streckt, stärkereich,  werden  von  Interzellularen  begleitet  (Fig.  175  i)  und 
dienen  dazu,  die  in  den  Blättern  gebildeten  und  im  Baste  abwärts  geleiteten 
Assimilate  in  radialer  Richtung  dem  Holz  des  Stammes  und  der  Wurzeln 
zuzuführen  und  hier  zu  speichern,  umgekehrt  Wasser  aus  dem  Holzkörper 
nach  außen  zu  leiten.  Diese  Aufgaben  können  die  Markstrahlen  erfüllen, 
da  sie,  wie  wir  sahen,  mit  ihren  Enden  gleicherweise  in  den  Bast  und  in  das 
Holz  eindringen  (Fig.  173  5,  174,  177).  Die  Interzellularen  münden  in  das 
Interzellularsystem  der  Binde  und  sichern  den  lebenden  Zellen  im  Holze  den 
für  ihre  Lebensvorgänge  notwendigen  Gasaustausch  mit  der  Atmosphäre. 
A  B 


Fig.  173.  A  Partie  eines  Querschnittes  durch  das  Kiefernholz  an  einer  Jahresgrenze. 
/  Frühholz,  s  Spätholz,  ;*  Hoftüpfel,  a  eine  sich  nach  außen  verdoppelnde  Tracheidenreihe, 
h  Harzgang,  m  Marksirahlen.  Vergr.  240.  B  Querschnitt  aus  dem  Stamme  der  Kiefer, 
den  äußeren  Rand  des  Holzkörpers,  das  Kambium  und  den  angrenzenden  Bast  in  sich 
fassend,  s  Spätholz,  c  Kambium,  v  Siebröhren,  p  Bastparenchym,  k  Kristallzellen,  cv  außer 
Funktion  gesetzte  Siebröhren,  m  Markstrahlen.     Vergr.  240.     Nach  Schenck. 


Bei  bestimmten  Gymnospermen,  vor  allem  den  Abietineen  (etwa  der  Kiefer),  sind 
einzelne  Zellreihen  der  Markstrahlen  des  Holzkörpers,  gewöhnlich  die  oben  und  unten  rand- 
ständigen, ohne  lebenden  Inhalt,  tracheidal  ausgebildet,  durch  Hoftüpfel  untereinander  und 
mit  den  Tracheiden  verbunden  (Fig.  174  tni).  Vor  der  Zerdrückung  durch  die  turgeszenten 
lebenden  Markstrahlzellen  werden  sie  durch  besondere  Verdickungsleisten  der  Wand  ge- 
schützt. Sie  erleichtern  den  Wasseraustausch  in  radialer  Richtung  unter  den  Tracheiden, 
die  nur  in  den  radialen  Wänden  getüpfelt  sind.  Bei  den  meisten  anderen  Nadelhölzern 
dagegen,  denen  solche  tracheidalen  Elemente  in  den  Markstrahlen  fehlen,  sind  auch  tangen- 
tiale Hoftüpfel  in  den  Tracheiden  des  Holzes  vorhanden,  wodurch  eine  radiale  Bewegung 
des  Wassers  gefördert  wird.  Auch  die  parenchymatischen  Markstrahl zellen  des  Holzes 
sind  mit  den  Tracheiden,  und  zwar  durch  große  einseitig  behöfte  Tüpfel  verbunden 
(Fig.  175.0- 

Schon  mit  dem  bloßen  Auge  nimmt  man  auf  Stammholzquerschnitten, 
ebenso  wie  bei  den  meisten  Dikotylenhölzern,  Jahresringe  wahr  (Fig.  176, 
177).    Betrachtung  dünner  Querschnitte  durch  Gymnospermenholz  bei  stärkerer 


Morphologie. 


131 


K 


i^ 


-f 


Fig.  174.  Radialer  Längsschnitt  durch  den  Kiefernstamm,  den  Außenrand  des  Holzkörpers, 
das  Kambium  und  den  anschließenden  Bast  sowie  einen  Markstrahl  in  sich  fassend, 
j  Spättracheiden ,  t  Hoftüpfel,  c  Kambium,  v  Siebröhren,  vt  Siebtüpfel,  tm  tracheidale 
Markstrahlzellen,  sm  stärkeführende  Markstrahlzellen  im  Holzkörper,  S7n'  im  Bastkörper, 
em  eiweißführende  Markstrahl zellen.     Vergr.  240.     Nach  Schenck. 


Vergrößerung  (Fig.  \1?>A)  belehrt  darüber, 
daß  in  jedem  dieser  Ringe  die  inneren 
Elemente  (/)  jeder  radialen  Trachei'den- 
reihe  weitlumig  und  dünnwandig,  die 
äußeren  aber  (s)  englumig  und  dickwandig 
sind.  Der  Übergang  der  weiten  zu  den 
engen  ist  im  Jahresring  ganz  allmählich, 
der  Übergang  der  englumigen  zu  den  weit- 
lumigen  des  nächst  äußeren  Jahresringes 
aber  unvermittelt.  Die  Jahresringe (^^) 
im  Holze  kommen  durch  die  Periodi- 
zität der  Kambiumtätigkeit  zustande, 
die  mit  dem  Wechsel  der  Jahreszeiten 
in  Beziehung  steht.  Im  Frühjahr,  zur  Zeit, 
wo  die  neuen  Triebe  sich  entwickeln,  wer- 
den Tracheiden  mit  größerem  Hohlraum 
ausgebildet  als  in  der  Folgezeit,  So  ent- 
steht ein  weitlumigeres  Frühholz  (Früh- 
lings- oder  Weitholz,  Fig.  173/1/,  177/), 
das  vor  allem  der  Wasserzufuhr  nach  den 
Verbrauchsorten  dient,  und  späterhin  ein 
englumiges  Spätholz  (Sommer-  oder 
Engholz,  Fig.  173.4s,  177s),  das  vor  allem 
die  Festigkeit  des  Stammes  erhöht.  In  der 
zweiten  Augusthälfte  hört  die  Holzbildung 
in  unseren  Breiten  bei  den  Stämmen  meist 
auf.    Sie  beginnt  von  neuem  im  nächsten 


Fig.  175.  Tangentialer  Längsschnitt 
durch  das  Spätholz  der  Kiefer,  t  llof- 
tüpfel,  im  tracheidale,  svi  stärkeführende 
Markstrahlzellen,  et  einseitig  behöfte 
Tüpfel,  i  Interzellularen  am  Markstrahl. 
Vergr.  240.  Nach  Schenck. 
9* 


132 


Fitting: 


Frühjahr  mit  weitlumigen  Elementen.  Demgemäß  zeichnet  sich  zwischen 
dem  letztjährigen  Spätholze  und  dem  nächstjährigen  Frühholze  eine  scharfe 
Grenze  (Fig.  173  g,  177  i),  die  eben  dem  bloßen  Auge  schon  kenntlich  ist 
und  die  zur  Feststellung  des  Alters  des  betreffenden  Pflanzenteils  dienen 
kann.  In  dem  Holzkörper  der  Wurzeln  ist  die  Grenze  der  Jahresringe  meist 
undeuthcher. 

Je  weiter  spitzenwärts  eine  sekundär  verdickte  Sproßachse  oder  Wurzel  quer  durch- 
schnitten wird,  um  so  weniger  Jahresringe  findet  man.  Das  folgt  naturgemäß  aus  dem 
Scheitelwachstum  dieser  Organe.  Je  älter  die  Jahresringe,  um  so  früher  müssen  sie  sich 
ja  scheitelwärts  auskeilen.  In  ähnlicher  Weise  hören  auch  ältere  Bastschichten  nach  dem 
Scheitel  zu  auf. 

Unter  Umständen  vermag  die  Zahl  der  Ringe  im  Holz  die  Zahl  der  Altersjahre  zu 
überschreiten,  nämlich  wenn  Blattverlust  durch  Frost,  Raupenfraß  oder  andere  schäd- 
liche Einflüsse  das  Austreiben  der  für  die  nächstjährige  Vegetationsperiode  bestimmten 
Knospen  veranlaßt  und  Neubelaubung  eine 
Wiederholung  der  Frühholzbildung  bedingt. 
Andererseits  kann  bei  Holzgewächsen,  die 
sonst  dieJahresringbildung  streng  einhalten, 
ausnahmsweise  die  Zahl  der  nachweisbaren 
Jahresringe  kleiner  ausfallen,  als  das  Alter 
des  betreffenden  Individuums  verlangt,  weil 
sich  die  Jahresgrenzen  gelegentlich  nicht 
deutlich  markiert  haben.  So  kann  es  auch 
kommen,  daß  eine  Zählung  in  einem 
Stammradius  etwas  weniger  Jahresringe 
als  in  einem  anderen  ergibt. 


Fig.  176.  Querschnitt  durch  einen  im 
4.  Jahre  stehenden  Zweig  der  Linde  (Tilia 
ulmifolia).  pr  Rinde,  c  Kambiumring, 
er  Bast,  pm  primäre  Markstrahlen,  pfn' 
äußeres,  durch  Dilatation  erweitertes  Ende 
eines  primären  Markstrahls,  s»i  sekundärer 
Markstrahl,  ^  Jahresgrenze,  m  Mark. 
Vergr.  6.     Nach  Schenck. 


Fig.  177.  Stück  eines  4  jährigen  Stammteils 
der  Kiefer  (Pinus  silvestris)  im  Winter  ge- 
schnitten, q  Querschnitts-,  /  radiale  Längs- 
schnitt-, i  tangentiale  Längsschnittansicht, 
/  Frühholz,  s  Spätholz,  vt  Mark,  p  primäre 
Gefäßteile,  /,  2,  3  und  4  die  vier  aufeinander- 
folgenden Jahresringe  des  Holzkörpers, 
i  Jahresgrenze,  7ns  Markstrahlen  in  der  Quer- 
schnittansicht des  Holzkörpers,  vis'  in  der 
radialen  Längsschnittansicht  des  Holzkörpers, 
ms"  innerhalb  der  Bastzone,  t>is"'  in  der  tangen- 
tialen Längsschnittansicht,  c  Kambiumring, 
b  Bastzone,  h  Harzgänge,  b?-  die  außerhalb  der 
ersten  Peridermlage  befindliche,  der  Rinde  ent- 
sprechende Borke.    Yergr.  6.    Nach  Schexck. 


Das  Holz  der  Stämme  und  Wurzeln  von  Dikotylen  läßt  sich  schon  bei 
schwacher  Vergrößerung  leicht  von  einem  Koniferenholze  unterscheiden 
(Fig.  178 — 180).  Abgesehen  davon,  daß  in  den  Dikotylenhölzern  außer  Trache- 
iden  und  Parenchym  stets  noch  Holzfasern  und  fast  immer  auch  sehr  weite 
Tracheen  vorhanden  sind,  wachsen  die  verschiedenen  Elemente,  die  Tracheen, 
Tracheiden,  Holzfasern  und  Holzparenchymzellen,  nicht  übereinstimmend; 
infolgedessen  können  sie  nicht  ihre  ursprünghche  radiale  Anordnung  und  ihre 
ursprüngliche  Form  beibehalten.    Außerdem  werden  im  Frühholze  der  Jahres 


Morphologie. 


133 


ringe  hauptsächlich  sehr  weite  Wasserbahnen,  besonders  Tracheen  aus- 
gebildet (Fig.  178,  179 ;«),  während  im  Spätholzc  vor  allem  die  englumigen 
Holzfasern  (l)  und  die  faserförmigen  Tracheiden  (/)  vorherrschen. 

Wir  besitzen  unter  unseren  dikotylen  Holzgewächsen  auch  solche,  bei  denen  die 
Jahresringe  sich  deshalb  nicht  sehr  deutlich  abheben,  weil  die  verschiedenen  Formelemente 
des  Holzes  annähernd  gleichförmig  über  den  Jahreszuwachs  verteilt  sind,  so  bei  der 
Weide.  Ja,  es  kann  in  diesem  Falle  die  Abzahlung  der  Jahresringe  ganz  unmöglich 
Averden,  wie  beim  wilden  Wein.  Bei  den  Holzgewächsen  der  feuchtwarmen  Tropengebiete 
mit  ununterbrochener  Vegetationszeit  können  die  Jahresringe  ebenfalls  fehlen.  Bei  vielen 
sind  aber  auch  hier  jahresringähnliche  Zonen  ausgebildet. 

Nur  die  wasserleitenden  Elemente  des  jüngsten  Jahresringes  stehen  in  direkter 
Verbindung  mit  den  Blättern  der  betreffenden  Vegetationsperiode.  Da  die  Pflanze  mit 
der  Entfaltung  der  Blätter  im  E'rühjahr  plötzlich  viel  Wasser  durch  Transpiration  ver- 
braucht, so  versteht  man,  daß  im  Frühholz  eben  zunächst  für  die  nötigen  Wasserbahnen 
gesorgt  wird.     Bei  vielen  Holzgewächsen  wird  die  ^ 

Laubmenge  während  des  Sommers  nicht  weiter 
vermehrt,  infolgedessen  kann  das  Kambium  im 
Spätholze  vorwiegend  P'estigungsgewebe  bilden. 


Fig.  178.    Teil  eines  Querschnittes  durch  das  Holz 

von  Tilia  ulmifolia  an  einer  Jahresgrenze. 

Vergr.  540.     Xach  Strasburger. 


l  T    i  T   l       m      p 

Fig.  179.  Tangentialer  Längsschnitt 

aus  dem  Holz  von  Tilia  ulmifolia. 

Vergr.  160.     Nach  Schexck. 


ni  Weites  Tüpfelgefäß,  t  Tracheiden,  l  Holzfaser,  /  Holzparenchym,  r  Markstrahl. 

Trotz  allen  Verschiedenheiten,  die  in  der  Struktur  dikotyler  Hölzer  vor- 
kommen, lassen  sich  für  die  Anordnung  der  verschiedenen  Gewebearten  doch 
bestimmte  Regeln  angeben,  die  stets  befolgt  werden.  Die  aus  Tracheen  oder 
Tracheiden  bestehenden  Gefäßstränge,  reich  verzweigt  in  radialer  und 
tangentialer  Richtung,  bilden  in  der  Längsrichtung  des  Holzes  zusammen- 
hängende Bahnen,  die  von  den  Wurzeln  ohne  Unterbrechung  bis  zu  den 
dünnsten  Zweigenden  verlaufen.  Kur  so  wird  die  ausreichende  Wasser- 
versorgung des  Sproßsystems  gewährleistet. 

Holzparenchym  (Fig.  178,  179/))  ist  bei  den  meisten  Dikotylen- 
hölzern reichlich  vorhanden,  und  zwar  ebenfalls  in  Form  längs  verlaufender 


134 


Fitting: 


Stränge  oder  Schichten,  die  aber  oben  und  unten  im  Holze  früher  oder  später 
blind  endigen.  Das  Holzparenchym  bildet  mit  den  Markstrahlen  stets  ein 
zusammenhängendes  System  lebender  Zellen.  Die  Gefäße  stehen  immer 
mit  diesen  lebenden  Holzparenchymzellen  in  Verbindung;  bald  werden  sie 
rings  von  ihnen  umhüllt,  bald  einseitig  von  ihnen  begleitet  (Fig.  178  p). 

Das  Holzparenchym  umscheidet  die  Gefäße  z.  B.  bei  den  Akazien  u.  a. ;  es  bildet 
tangentiale  Binden  im  Holze,  an  die  die  Gefäße  sich  einseitig  anlehnen  oder  worin  sie 
eingebettet  sind,  z.  B.  bei  der  Walnuß,  der  Edelkastanie  und  bei  Eichen;  manchmal  ist 
es  auf  die  Außenseiten  der  Jahresringe  beschränkt. 

Die  Markstrahlen  (Fig.  llQpn,  sm:  178,  179  r)  sind  wie  bei  den 
Gymnospermen  radial  verlaufende  niedere  oder  hohe,  eine  oder  mehrere 
Zellschichten  breite,  unverzweigte  oder  meist  verzweigte  Bänder  (Fig.  180  tm, 
sm),  die  durch  das  Kambium  hindurch  in  den  Bast  eindringen  (Fig.  176). 
Auch  daran  lehnen  sich  die  Gefäßstränge  hier  und  da  an.  Das  Markstrahl- 
parenchym  verbindet,  wie  schon  hervorgehoben,  die  Parenchymzellen  des 
Bastes  mit  denen  des  Holzes,  also  alle  lebenden 
Gewebe  des  Stammes  und  der  Wurzel  zu  einer 
Einheit.  In  den  Markstrahlen  können  auf  diese 
Weise  Assimilate,  die  im  Baste  abwärts  strömen, 
radial  in  den  Holzkörper  und  dort  im  Holz- 
parenchym eine  Strecke  weit  aufwärts  oder 
abwärts  geleitet  werden.  Diese  Assimilate  werden 
in  den  Markstrahlen  und  im  Holzparenchym  meist 
als  Stärke  oder  auch  als  Fett  aufgespeichert. 
Interzellularen,  die  den  Markstrahl-  und  Holz- 
parenchymsträngen  folgen,  dienen  dem  Gaswechsel 
der  lebenden  Elemente  des  Holzes. 

Die  Räume  zwischen  den  Gefäß-,  Holz- 
parenchym-Strängen  und  Markstrahlen  werden 
von  Holzfasersträngen  (Sklerenchym)  aus- 
gefüllt. 

Die  Höhe  und  Breite  der  Markstrahlen  läßt  sich 
leichter  an  tangentialen  als  an  radialen  Längsschnitten 
feststellen,  weil  man  alsdann  ihre  Querschnitte  vor  sich 
hat.  An  solchen  tangentialen  Schnitten  erscheinen  die 
Markstrahlen  spindelförmig  (Fig.  179  r).  Ihre  Größe 
schwankt  bei  den  meisten  Hölzern  nur  innerhalb  relativ 
enger  Grenzen,  doch  bei  gewissen  anderen,  so  der  Eiche 
und  Rotbuche,  sehr  bedeutend.  Die  Eiche  hat  bis  zu 
1  mm  breite  und  fast  1  dem  hohe  große  Markstrahlen,  dazwischen  zahlreiche  sehr  schmale 
niedrige.  Bei  der  Pappel,  der  Weide,  dem  Buchsbaum  sind  alle  Markstrahlen  so  klein, 
daß  man  sie  auch  mit  der  Lupe  kaum  unterscheiden  kann.  Besonders  hoch  und  breit 
sind  die  primären,  sich  über  die  Länge  eines  ganzen  Internodiums  erstreckenden  Mark- 
strahlen bei  vielen  Lianen,  so  z.  B.  auch  bei  Aristolochia. 

Auch  bei  den  Dikotylen,  sehr  ausgesprochen  z.  B.  bei  den  Weiden,  sind  im  Holz- 
körper meist  Zellreihen  des  oberen  und  unteren  Markstrahlrandes  mit  den  Wasserbahnen 
durch  einseitig  behöfte  Tüpfel  verbunden.  Ihre  lebenden  Zellen  sind  höher  als  die  der 
mittleren  Zellreihen;  man  hat  sie  daher  auch  als  stehende  Markstrahlzellen  be- 
zeichnet (Fig.  180  tm).  Die  mittleren  Zellreihen  sind  in  radialer  Richtung  stärker  gestreckt, 
ohne  besondere  Verbindung  mit  den  Wasserbahnen  und  vornehmlich  auf  Leitung  und 
Speicherung  der  Assimilate  eingerichtet:  liegende  Markstrahlzellen  (Fig.  ISO  sm). 

Die  Markstrahl-  und  Holzparenchymzellen,  die  an  die  Gefäße  angrenzen, 
nehmen  Wasser  aus  den  Wasserbahnen  auf  und  geben  es  nach  Bedarf  an  andere 
lebende  Zellen  ab;  andererseits  pressen  sie  im  Frühjahr,  zur  Zeit  der  Knospen- 
entfaltung, einen  großen  Teil  der  in  ihnen  gespeicherten  Assimilate,  vor  allem 


Fig.  180.  Radialer  Längsschnitt 
aus  dem  Holz  von  Tilia  ulmi- 
folia  mit  einem  kleinen  Mark- 
strahl, g  Gefäß,  /  Holzfasern, 
/;;/  mit  den  Wasserbahnen  durch 
Tüpfel  verbundene,  sm  der  Lei- 
tung der  Assimilate  vornehm- 
lich dienende  Markstrahlzellen. 
Vergr.    240.      Xach    ScHENCK. 


Morphologif 


135 


Glykose  und  geringe  Mengen  von  Eiweißstoffen,  in  die  Geiäße  ein,  so  daß 
diese  Stoffe  rasch  nach  den  Verbrauchsorten  gelangen.  Demgemäß  kann  man 
während  des  Winters  und  zu  Beginn  des  Frühjahrs  Zucker  und  Eiweiß  in  den 
Gefäßen  nachweisen.  Diese  Stoffe  sind  auch  in  dem  Blutungssaft  enthalten, 
den  man  im  Frühjahr  du  ch  Bohrlöcher  aus  Birken,  Ahornarten,  Hainbuchen 
und  anderen  Bäumen  gewinnen  kann. 

Maserbihlnng.  Bei  vielen  technisch  verwendeten  Hölzern  schätzt  man  vor  allem 
außer  der  Farbe  die  Maserung.  Sie  beruht  zunächst  auf  der  Ausbildung  der  Jahres- 
ringe und  der  Markstrahlen,  außerdem  aber  sehr  oft,  z.  B.  beim  Nußbaumholz,  auf  einem 
welligen  Verlauf  der  Formelemente  des  Holzes,  der  durch  gedrängte  Bildung  von  Seiten- 
ästen, Adventivknospen,  Seitenwurzeln  oder  auch  durch  Wundreize  u.  dgl.  veranlaßt 
worden  ist. 

C.  Nachträgliche  Veränderungen  des  Holzes.  Bei  den  meisten  Bäumen 
sterben  die  lebenden  Elemente  in  den  zentralen  älteren  Teilen  des  Holzkörpers 
ab,  und  die  Wasserbahnen  werden  verstopft  (Kernbildung),  so  daß  nur  die 
äußeren  Holzschichten,  die  aus  wenigen, 
und  zwar  den  zuletzt  entstandenen  Jahres- 
ringen bestehen,  noch  lebende  Zellen  ent- 
halten (Splint).  Sie  allein  speichern  noch 
Reservestoffe.  Auch  die  Wasserleitung  ist 
auf  den  Splint,  ja  vielfach  sogar  nur  auf 
seine  äußersten  Schichten  beschränkt;  die 
peripheren  Gefäße  sind  es  ja,  wie  wir  sahen, 
allein,  die  direkt  mit  den  Blättern  und  mit 
den  jüngsten  Seitenwurzeln  in  Verbindung 
stehen.  Der  Kern  dient  nur  noch  der  Festi- 
gung. Viel  seltener  als  solche  Kern- 
hölzer sind  Splinthölzer,  deren  gesamtes 
Holz  Splint  bleibt  (Ahornarten,  Birke, 
Linde).  Kernhölzer  fallen  meist  unmittel- 
bar durch  die  hellere  Farbe  des  Splintes 
auf;  das  dunklere  Kernholz  ist  dichter, 
härter  und  fester  als  das  SpHntholz  und 
durch  Einlagerung  verschiedener  Stoffe  gegen 
Zersetzung  geschützt.  Es  gibt  aber  auch 
Kernhölzer,  bei  denen  sich  der  Kern  vom 
Splint  durch  die  Farbe  nicht  unterscheidet 
und  leicht  zersetzt  wird.  Solche  Stämme, 
wie  die  der  Weiden,  werden  im  Alter  leicht  hohl. 

Am  schärfsten  setzt  sich  der  weißlichgelbe  Splint  vom  Kernholz  dort  ab,  wo  letzteres 
eine  dunklere  Färbung  zeigt,  so  bei  unserer  Eiche  mit  braunem  Kern  oder  noch  aus- 
gesprochener beim  Ebenholz  (Diospyros),  dessen  Kern  schwarz  ist.  Je  dunkler  das  Kern- 
holz, um  so  dauerhafter  pflegt  es  zu  sein.  Vor  dem  Absterben  bilden  die  lebenden  Zellen 
des  Holzes,  die  ihre  Reservestoffe  auflösen,  meist  verschiedene  organische  Stoffe,  darunter 
besonders  Gerbstoffe,  die  in  die  Membranen  der  umgebenden  Elemente  eindringen,  ferner 
harz-  und  gummiartige  Körper,  die  als  Schutz-  und  Kerngummi  ihre  Hohlräume  zum  Teil 
verstopfen.  Meist  verleihen  die  Oxydationsprodukte  der  Gerbstoffe  den  toten  Holzleilen 
die  dunkle  Färbung,  und  die  Gerbstoffe  schützen  den  toten  Holzkörper  vor  Zersetzung. 
Die  Gefäße  in  dem  toten  Holze  werden  teils  durch  Ansammlungen  von  Kerngummi,  teils 
durch  ,, Zellen''  verstopft,  die  die  Gefäßlumina  mehr  oder  weniger  ausfüllen  und  als 
ThyUeni"")  bezeichnet  werden  (Fig.  181);  sie  entstehen  dadurch,  daß  lebende  Holz- 
parenchymzellen  in  die  angrenzenden  Gefäße  durch  die  Tüpfel  unter  Dehnung  der  Schließ- 
häute hineinwachsen.  Thyllen  können  ferner  in  verwundeten  Gefäßen  entstehen;  sie  ver- 
schließen auch  hier  den  Gefäßhohlraum.  Auch  anorganische  Stoffe  sind  nicht  selten  in 
den    Kernhölzern   abgelagert,    so    bei    Ulmus   campestris   und   Fagus  silvatica   kohlensaurer 


Fig.  181.  Ein  mit  Thyllen  erfülltes 
Gefäß,  nebst  den  angrenzenden  Ele- 
menten aus  dem  Kernholz  der  Robinie 
(Robinia  Pseudacacia)  im  Querschnitt. 
Bei  a  und  a  ist  der  Zusammenhang 
der  Thyllen  mit  ihren  Ursprungszellen 
zu  sehen.  Vergr.  300.  Nach  Schenck. 


136 


Fitting  : 


Kalk,  und  zwar  liauptsächlich  in  den  Gefäßen;  in  den  Gefäßen  des  Teakholzes  (Tectona 
gi-andis)  amorphe  Kieselsäure.  Die  Kerne  mancher  Hölzer  dienen  Färbezwecken,  z.  B. 
liefert  das  Blau-  oder  Campecheholz  (Haeniatoxylon  campechianum  L.)  mit  rotem  Kern  das 
H  ä  m  a  1 0  X  y  1  i  n. 

4.  Der  Bast.  A.  Gewebearten  und  deren  Funktionen..  Auch  den 
Bast  (Fig.  173  5,  182)  setzen  meist  drei  Gewebearten  zusammen:  1.  längs 
verlaufende  Stränge  von  Siebr Öhren  (v),  bei  den  Dikotylen  mit  Gebitzellen 
(Fig.  182  c),  2.  bei  vielen  Gewächsen  längs  verlaufende  Stränge  meist  toter 
Sklerenchymfasern,  Bastfasern  (Fig.  182/)  und  3.  längs  {p)  und  in  den 
Markstrahlen  (Fig.  173 Bm.  182  r)  radial  verlaufende  Stränge  von  Parenehym 
mit   Interzellularen:    Bast-  und  Markstrahlparenchym.    Dazu  kommen 

oft  noch  Sekretzellen 
verschiedener  Art  (Kristall- 
schläuche k,  Milchröhren). 
Der  Bast  dient  wie  das 
Pliloem  der  Leitbündel  vor 
allem  dazu,  die  Assimilate 
zu  leiten  und  vorübergehend 
zu  speichern.  Daneben  trägt 
er  zur  Speicherung  organi- 
scher Substanzen  und  oft 
zur  Festigung  bei.  Die 
Siebröhren  des  Bastes 
haben  bei  vielen  Pflanzen 
schräge  Endwände  (Fig. 
182 y*);  sie  sind  eiweißreich, 
dünnwandig,  unverholzt  und 
meist  nur  kurze  Zeit  tätig. 
Die  Bastfasern  sind  sehr 
lang  und  engjumig,  stark 
verdickt,  verholzt  oder  un- 
verholzt; die  Parenchym- 
zellen  sina  in  der  Strang- 
richtung gestreckt,  lebend, 
reich  an  Reservestoffen, 
dünnw^andig  und  meist  nicht 
verholzt. 
In  einiger  Entfernung  vom  Kambium  erhalten  die  Siebplatten  der  Siebröhren  Kallus- 
Noch  weiter  außen  werden  die  Siebröhren  und  ihre  Geleitzellen  zerdrückt 
(Fig.  17S£c7j).  In  seltenen  Fällen,  so  beim  Weinstock,  sind  sie  mehr  als  1  Jahr  tätig; 
in  diesem  Falle  wird  ihr  Kallusbelag  für  die  Zeit  ihrer  Tätigkeit  wieder  entfernt.  Bei 
solchen  Koniferen,  die  eiweißhaltige  Bastparenchymzellen  im  sekundären  Baste  besitzen, 
werden  diese  wie  die  angrenzenden  Siebröhren  zerdrückt.  Die  stärkehaltigen  Bastparenchym- 
zellen hingegen  bleiben  jahrelang  am  Leben;  sie  werden  sogar  zwischen  den  zerdrückten 
Siebröhren  vergrößert. 

B.  Anordnung  der  Gewebearten  im  Baste.  Die  einzelnen  Ge- 
webearten des  Bastes  verlaufen  ähnlich  wie  im  Holze.  Die  Siebstränge  bilden 
verzweigte  Bahnen,  in  denen  die  Siebröhren  ohne  Unterbrechung  von  der  Wurzel 
bis  in  die  Laubblattkrone  ausgebildet  sind.  Außerdem  grenzen  die  Siebstränge 
hier  und  da  ebenso  wie  die  längs  verlaufenden  Bastparenchymstränge  an  die 
auch  im  Baste  bandförmigen  (Fig.  177ms")  Markstrahlen  an.  die,  wie  wir 
schon  sahen,  die  radialen  Fortsetzungen  der  Holzmarkstrahlen  sind.  So  können 
die  Assimilate  aus  der  Laubblattkrone  einesteils  innerhalb  des  Bastes  nach  den 
Wurzeln  abströmen,  andernteils  in  der  schon  geschilderten  Weise  aus  dem 


Fig.  182.  Durchschnitt  durch  den  Bast  der  Linde  (Tilia 
ulmifolia).  v  Siebröhren,  bei  ?■*  eine  Siebplatte  getroffen, 
c  Geleitzelle,  p  Bastparenchym,  i'  Kristallzellen  des  Bast- 
parenchyms,  /  Bastfasern,  r  Markstrahl.  Vergr.  540. 
Nach  Strasbürger. 


Morphologie.  137 

Baste  durch  die  Markstrahlen  in  die  lebenden  Zellen  des  Holzes  gelangen, 
wo  sie  gespeichert  werden. 

Die  Gewebearten  des  Bastes  sind  oft  sehr  regelmäßig  zu  tangentialen, 
nur  von  den  Bastmarkstrahlen  unterbrochenen  Binden  angeordnet  (Fig.  182). 
Die  Kambiumperiodizität  spricht  sich  im  Baste  aber  nicht  aus;  Jahresringe 
kommen  also  nicht  vor.  Das  Kambium  fährt  auch  nach  Abschluß  der  Spät- 
holzbildung im  Sommer  und  Herbst,  solange  es  die  Witterungsverhältnisse 
gestatten,  noch  fort,  nach  außen  Bast  zu  erzeugen. 

So  wechseln  bei  der  Linde  Bänder  von  (Fig.  182)  Siebröhren  (w)  nebst  Geleitzellen 
{<;),  stärkeführendem  Bastparenchym  (p),  Kristallzellen  [k],  Bastfasern  (/),  flachen  Bast- 
parenchymzellen  {p)  und  endlich  wiederum  Siebröhren  miteinander  ab.  Der  Unterschied 
im  Aussehen  der  Baststränge  bei  verschiedenen  Holzgewächsen  wird  vornehmlich  durch  die 
größere  oder  geringere  Weite  der  Siebröhren,  das  Vorhandensein  oder  das  Fehlen  von 
Bastfasern,  endlich  durch  die  Art  der  Verteilung  aller  dieser  Elemente  bedingt. 

Bei  den  Kiefern  und  verschiedenen  anderen  Abietineen  unter  den  Gymnospermen 
sind  eiweißreiche  Zellreihen  an  den  oberen  und  unteren  Markstrahlrändern  ausgebildet 
(em  Fig.  174).  Sie  sind  den  Siebröhren  dicht  angeschmiegt,  mit  ihnen  durch  Siebtüpfel 
verbunden,  weiden  zugleich  mit  den  Siebröhren  entleert  und  hierauf  zusammengedrückt. 
Bei  den  Dikotylen  sind  die  Markstrahlen  im  Baste  einfacher  gebaut  als  im  Holzkörper. 
Die  Aufgabe  der  Markstrahlzellen,  die  innerhalb  des  Bastes  abwärts  geleiteten  Stoffe  auf- 
zunehmen, zeigt  sich  durch  ihre  Tüpfel  an,  die  bei  den  Dikotylen  nicht  nur  die  Zell- 
reihen des  Markstrahls  mit  dem  Bastparenchym,  sondern  auch  mit  den  Geleitzellen  der 
Siebröhren  verbinden. 

Folgen  des  sekundären  Dickenwachstums  für  die  Gewebe  außerhalb 
des  Kambiummantels.  1.  Dilatation.  Indem  das  Kambium  nach  innen  immer 
mehr  Holz,  nach  außen  immer  neuen  Bast  bildet,  wächst  der  Stengel  oder 
die  Wurzel  sekundär  in  die  Dicke.  Die  Dauergewebe,  die  außerhalb  des  Kam- 
biummantels gelegen  sind:  die  Epidermis,  die  Rmde,  die  primären  Phloem- 
stränge  und  der  Bast,  bleiben  von  diesem  Dickenwachstum  natürlich  nicht  un- 
beeinflußt; sie  werden  tangential  gedehnt,  zerrissen,  zerdrückt,  verschoben 
oder  auch  durch  tangentiales  Wachstum  verbreitert  (Dilatation).  Zu  solchem 
Dilatationswachstum  sind  natürlich  vor  allem  die  lebenden  Parenchymzellen 
der  Rinde,  des  Phloems,  des  Bastes  (namentlich  des  Markstrahlparenchyms), 
bei  einigen  Holzgewächsen  sogar  die  Epidermiszellen  befähigt (^').  Alle  diese 
Zellen  wachsen  dabei  sehr  stark  in  tangentialer  Richtung  und  werden  meist 
durch  radiale  Wände  geteilt.  Im  Baste  ist  dieses  Wachstum  häufig  bei  den 
Markstrahlen  sehr  auffällig:  es  kann  in  ihnen,  z.  B.  bei  der  Linde,  geradezu 
zur  Ausbildung  sekundärer  Meristeme  kommen,  die  durch  Teilungen  Paren- 
chymzellreihen  in  tangentialer  Richtung  nach  beiden  Seiten  abgeben,  wodurch 
die  BasLmarkstrahlen  von  Jahr  zu  Jahr  nach  außen  mehr  erweitert  werden 
(Fig.  176  pm').  Die  Siebröhren  und  ihre  Geleitzellen  aber,  die  nur  kurze  Zeit 
tätig  sind  und  dann  absterben,  werden  samt  den  Sekretzellen  zerdi'ückt;  auch 
die  Sklerenchymfasern  der  Rinde  und  des  Bastes  beteiligen  sich  an  der  Dila- 
tation meist  nicht.  War  in  der  Rinde  ein  Hohlzylinder  von  Sklerenchym- 
fasern vorhanden  (Fig.  184  sc),  so  wird  er  in  tangentialer  Richtung  zerrissen; 
in  die  Risse  wachsen  die  in  Dilatation  begriffenen  Parenchymzellen  ein,  füllen 
die  Lücken  aus  und  werden  darin  bei  vielen  Gewächsen  zu  dickwandigen  Stein- 
zellen (Fig  184  s).  Auch  sonst  wandeln  sich  während  der  Dilatation  Parenchym- 
zellen der  Rinde  und  des  Bastes  einzeln,  gruppen-  oder  schichtenweise  nach- 
träglich in  Sklerenchymzellen  um. 

Ein  jahrelanges  Dilatationswachstum  der  Epidermis  findet  sich  bei  verschiedenen 
Rosen,  Akazien,  Hex-,  Ahornarten,  den  Misteln  u.  a.  m.  Solche  Epidermen  haben  meist 
mächtig  verdickte  Außenwände.  Sie  vermögen  diese  Wände  in  dem  Maße,  wie  sie  an  der 
Oberfläche  Bisse  bekommen  und  zerstört  werden,  von  innen  durch  neue  Verdickungs- 
schichten  zu  verstärken. 


138 


Fitting: 


2.  Periderm.  Gewöhnlich  nimmt  aber  die  Epidermis  an  der  Dilatation 
nicht  teil;  sie  wird  passiv  gedehnt  und  schließlich  zersprengt.  Schon  lange 
vor  dieser  Zersprengung  bildet  sich  ein  neues  Abschlußgewebe,  der  Kork 
aus,  der  die  Epidermis  später  ersetzt  und  die  Teile,  die  im  Dickenwachstum 
begriffen  sind,  gegen  Austrocknung  schützt.  Der  Kork  entsteht  durch  die 
Tätigkeit  eines  besonderen  sekundären  Meristems,  das  sich  an  der  Peripherie 
der  Organe  bildet  (Fig.  183). 

Meist  beginnt  die  Bildung  dieses  Korkkambiums  (Phellogens)  schon 
in  der  ersten  Vegetationsperiode,  bald  nach  oder  gar  schon  vor  Beginn  des 
sekundären  Zuwachses.  Es  kann  aus  der  Epidermis  selbst,  und  zwar  durch 
tangentiale  Teilungen  ihrer  Zellen  hervorgehen.  Meist  aber  bildet  es  sich 
aus  der  Rindenschicht,  die  auf  die  Oberhaut  folgt,  seltener  aus  tieferen  Rinden- 
schichten oder  aus  dem  Perizykel.  Das  letzte  ist  meist  bei  den  Wurzeln  der 
Fall  (Fig.   169  5^).     Das   Korkkambium  erzeugt  hauptsächlich  nach  außen 

Zellen,  und  zwar  in  radi- 
alen Reihen.  Dieses  Meri- 
stem mit  sämtlichen  Pro- 
dukten seiner  Tätigkeit 
nennt  man  Periderm. 
Die  nach  außen  abge- 
gebenen Zellen  werden 
zu  Korkzellen,  die  nach 
innen  gebildeten  zu 
chlorophyllreichen,  un- 
verkorkten  Rindenzellen, 
die  sich  abrunden  und 
die  Rinde  ergänzen.  Hat 
die  Bildung  des  Periderms 
begonnen,  so  bräunt  sich 
die  Stengeloberfläche. 

Die  Gesamtheit  der 
Zellen,  die  aus  dem  Phellogen 
nach  innen  entstehen,  be- 
zeichnet man  als  Phelloderm. 
Das  Korkkambium  ist 
in  der  Regel  ein  typisches 
Initialenkambiura  (vgl.  S.  39), 
zumal  wenn  es  Kork  und  Phelloderm  liefert.  Eine  Initialschicht  kann  aber  auch,  z.  B. 
bei  fast  allen  Monokotylen,  fehlen;  alsdann  teilen  sich  die  Dauerzellen,  aus  denen  das 
Korkkambium  hervorgeht,  in  eine  Anzahl  Tochterzellen,  die  zu  Korkzellen  werden,  worauf 
der  gleiche  Vorgang  auf  angrenzende  Dauerzellen  übergreift  (Etagenkork). 

Peridermbildung  pflegt  auch  in  solchen  Pflanzen  späterhin  einzutreten,  deren  Epi- 
dermen zunächst  jahrelang  diktiert  werden.     Sie  geht  nur  den  Mistelarten  ab. 

Echter  Kork  fehlt  aber  noch  den  Kryptogamen,  selbst  den  Pteridophyten.  Einen 
Ersatz  hierfür  bietet,  wo  ein  entsprechender  Schutz  nötig  ist,  die  Imprägnierung  der  Zell- 
wände mit  einem  sehr  widerstandsfähigen  braunen  Stoff  oder  die  Anlagerung  von  Suberin- 
lamellen  in  unverkorkte  Zellen,  also  die  Umwandlung  von  Zellschichten  in  Kutisgewebe  (^*). 

Durch  die  Tätigkeit  des  Korkkambiums  können  dicke,  außen  rissige 
Korkkrusten  gebildet  werden,  wie  z.  B.  bei  der  Korkeiche,  aus  deren  Kork 
die  Flaschenkorke  geschnitten  werden.  Die  Schichtung,  die  sie  zeigen,  ent- 
spricht Jahresproduktionen.  In  anderen  Fällen  werden  Korkhäute  mit 
glatter  Oberfläche  von  nur  ganz  wenigen  Zellagen  Dicke  gebildet  (Fig.  59, 
183),  deren  äußerste  Schichten  dem  Dickenwachstum  des  Stengels  durch 
passive  Dehnung  lange  Zeit  folgen,  schließlich  zerreißen  und  abschilfern. 


Fig.  183.  Querschnitt  durch  die  äußeren  Teile  eines  ein- 
jährigen Zweiges  von  Pirus  communis  im  Herbst.  Beginn 
der  Peridermbildung.  p  Kork,  pc  Korkkambium,  col  Kollen- 
chym.  Die  Korkzellen  haben  verdickte  Außenwände. 
Vergr.  500.     Nach  Schenck. 


Morphologie 


139 


Der  B'laschenkork  (Fig.  58)  wird  von  breiten  Lagen  weicher,  weiter  Korkzellen  ge- 
bildet, mit  denen  schmale  Lagen,  die  Grenzen  der  Jahresproduktion  bezeichnender,  flacher 
Korkzellen  abwechseln,  wie  man  bei  Korkstöpseln  erkennen  kann.  Die  mit  lockerem 
Pulver  angefüllten  Poren,  die  den  Flaschenkork  in  ganzer  Dicke  radial  durchsetzen,  sind 
seine  Lentizellen  (vgl.  S.  50).  Die  erste  Korkschicht  der  Korkeiche  wird  nach  dem 
15.  Jahre  bis  auf  das  Korkkambium  künstlich  vom  Stamm  entfernt,  worauf  einige  Zellagen 
tiefer  sich  ein  neues  Kambium  bildet,  das  den  technisch  verwertbaren  Flaschenkork  liefert. 
Dieser  wird  alle  6  8  Jahre  geschält.  Da  solche  toten 
Korkkrusten  der  Dilatation  nicht  folgen  können,  so 
müssen  sie  außen  allmählich  rissig  werden. 

3.  Borkebildung.  Was  vom  Kork- 
kambium nach  außen  zu  liegen  kommt, 
wird  von  weiterer  Nahrungs-  und  Wasser- 
zufuhr abgeschnitten  und  muß  absterben. 
Alle  auf  solche  Weise  abgetrennten  toten 
Gewebe  werden  mitsamt  den  Periderm- 
schichten  als  Borke  bezeichnet.  So 
können  je  nach  dem  Entstehungsorte  des 
Periderms  die  Epidermis  oder  kleinere 
oder  größere  Teile  der  Rinde  zu  Borke 
werden.  Gewöhnlich  stellt  das  erste  Kork- 
kambium in  Stamm  und  Wurzel  bald 
(aber  z.  B.  nie  bei  der  Buche)  seine  Tätig- 
keit ein.  Es  wird  ein  neues  tiefer  im 
Stamm  angelegt,  dessen  Tätigkeit  eben- 
falls nach  einiger  Zeit  erlischt.  Hierauf 
entsteht  weiter  innen  wieder  ein  neues, 
wie  es  Fig.  184  für  die  Steineiche  zeigt. 
Schließlich  sind  es  nicht  mehr  pri- 
märe, sondern  sekundäre  Gewebe, 
nämlich  die  lebenden  Parenchyme 
der  Bastzone,  in  denen  das  neue 
Korkkambium  sich  bildet,  so  daß 
an  älteren  Stämmen  das  lebende  Gewebe 
außerhalb  des  Kambiummantels  nur  noch 
sekundären  Ursprunges  ist,  und  auch  die 
Borke  abgestorbene  sekundäre  Gewebe  ent- 
hält. Die  Gewebe,  die  durch  die  Kork- 
schichten vom  übrigen  Gewebe  des  Kör- 
pers abgeschnitten  worden  sind,  werden 
von  Nährstoffen  entleert  und  enthalten 
nur  Nebenprodukte  des  Stoffwechsels. 
Die  Borke  vermag  der  weiteren  Dicken- 
zunahme des  Stammes  oder  der  Wurzel 
natürlich  nicht  mehr  zu  folgen,  blättert 
mit  der  Zeit  entweder  außen  ab  oder 
zerreißt  durch  Längsrisse.  Sie  stellt  einen 
noch  viel  vollkommeneren  Schutzmantel 
als  der  Kork  sowohl  gegen  Wasserverlust 
wie  gegen  Erwärmung  dar. 

Durch  die  Borkebildung  werden  an  älteren  sekundär  verdickten  Pflanzen- 
teilen die  äußeren,  jeweils  ältesten  Teile  des  Bastes  abgestoßen.  Die  Folge 
davon  ist,  daß  der  Bastmantel  immer  nur  schmal  bleibt.    Festigungselemcnte 


Flg.  184.  Querschnitt  aus  der  Stamm - 
Oberfläche  der  Steineiche  (Quercus  ses- 
siliflora).  /,  2  und  3  nacheinander  er- 
zeugte Korkschichten,  pr  Durch  nach- 
trägliche Dilatation  veränderte  Rinde, /c 
Grenze  des  Perizj-^kels,  sc  Sklerenchym- 
fasern  aus  einem  zersprengten  Skleren- 
chymfaserringe  des  Perizykels,  s  Stein- 
zellen, nach  der  Zersprengung  dieses 
Ringes  aus  Parenchym  entstanden ,  s' 
Steinzellen  im  sekundären  Zuwachs, 
er  Rastfasern  von  Kristall zellen  be- 
gleitet, k  Zellen  mit  Kristalldrusen. 
Alles  Gewebe  außerhalb  der  innersten 
Korkschicht  abgestorben  und  gebräunt, 
in  Borke  verwandelt.    Vergr.  255.   Nach 

SCHENCK. 


140  Fitting: 

können  also  nur  dann  zu  dauernden  Bestandteilen  der  Stämme  werden,  wenn 
sie  innerhalb  des  Kambiums,  d.  h.  im  Holze  entstehen. 

Umfassen  die  Korkschichten  und  die  Korkkambien,  aus  denen  sie  entstanden  sind, 
nur  begrenzte  Teile  der  Stammoberfläche,  so  schneiden  sie  schuppenförmige  Gewebestücke 
aus  ihr  heraus.  Dabei  setzen  jüngere  Korklagen  mit  ihren  Rändern  an  ältere  an.  In 
solcher  Weise  erzeugte  Borke  heißt  S  c  h  u  p  p  e  n  b  o  r  k  e ,  so  bei  der  Platane,  der  Eiche 
(Fig.  184),  unseren  Nadelhölzern.  Bilden  die  Korklagen  dagegen  geschlossene  Mäntel,  so 
werden  stammumf assende  Rindenmassen  als  R  i  n  g  e  1  b  o  r  k  e  entfernt,  so  beim  Weinstock, 
Kirschbaum,  Geißblatt  und  bei  der  Waldrebe. 

Bei  solchen  Stämmen,  bei  denen  die  Borke  abblättert,  geschieht  das  nicht  in  rein 
mechanischer  Weise,  sondern  durch  Vermittlung  von  Trennungsschichten  aus  be- 
sonders dünnwandigen  Koi'k-  oder  Phelloidzellen  (vgl.  S.  50),  die  zwischen  die  übrigen, 
oft  stark  verdickten  Kork-  oder  Phelloidschichten  des  Periderms  eingeschaltet  sind.  Diese 
Trennungsschichten  werden  durch  hygroskopische  Spannungen  der  Borke  durchrissen. 
Schwer  sich  ablösende  Borke  wird  während  der  Dickenzunahme  des  Stammes  nur  rissig 
(rissiges  Aussehen  der  Rinde  bei  den  meisten  alten  Bäumen). 

Die  braune  oder  rote  Färbung,  die  die  Borken  meist  zeigen,  wird  durch  ähnliche 
Derivate  von  Gerbstoffen  wie  die  Färbung  vieler  Kernhölzer  veranlaßt.  Diese  anti- 
septisch wirksamen  Stoffe  bedingen  die  große  Widerstandsfähigkeit  der  Borke.  Die  weiße 
Färbung  der  Birkenborke  rührt  von  Betulin  (Birkenharz)  her,  das  als  feinkörniger  Inhalt 
die  Korkzellen  füllt. 

Wiindenheilung  ('''■•),  Im  einfachsten  Falle  sterben  die  verletzten  Zellen  am  Körper 
der  Landpflanzen  ab,  bräunen  sich  und  vertrocknen,  während  die  Wände  der  darunter 
liegenden,  unverletzt  gebliebenen  Zellen  mit  Schutzstoffen  imprägniert,  unter  Umständen 
auch  mit  Suberinlamellen  versehen,  also  zu  Kutisgewebe  werden.  Bei  größerer  Aus- 
dehnung der  Wunde  bilden  aber  die  Phanerogamen  unter  diesen  Zellschichten  ein  Kork- 
kambium aus,  das  Wundkork  erzeugt.  So  werden  auch  die  Blattnarben,  die  beim 
Laubfall  entstehen  (S.  104),  zunächst  durch  Verholzung  und  Verkorkung  der  freigelegten 
Zellen,  hierauf  meist  noch  durch  Ausbildung  einer  Korkschicht  abgeschlossen,  die  an  die 
des  Stammteils  ansetzt.  Die  Enden  der  Gefäße  an  der  Blattnarbe  füllen  sich  entweder 
mit  sog.  Schutzgummi  oder  mit  Thyllen  oder  mit  beidem;  die  Enden  der  Siebröhren 
werden  zerdrückt  und  verholzen. 

Wenn  eine  Wunde  ein  noch  junges  Gewebe  bloßlegt,  kommt  es  gewöhnlich  zur 
Bildung  eines  Kallus.  D.  h.  alle  an  die  Wunde  grenzenden  lebenden  Zellen  wuchern 
aus  ihr  hervor,  teilen  sich  und  schließen  zusammen.  Diese  Kalluswucherung  kann  an  ihrer 
Oberfläche  unmittelbar  verkorken  und  so  den  nötigen  Schutz  gewähren.  In  den  meisten 
Fällen  bildet  sich  aber  in  der  Peripherie  des  Kallus  ein  Korkkambium  aus,  das  Kork 
erzeugt.  Ausgedehnte  Wunden  an  älteren  Stammteilen  der  Gymnospermen  und  Dikotylen, 
die  bis  in  den  Holzkörper  reichen,  werden  überwallt:  Das  an  die  Wundränder 
grenzende  Stammkambium  wächst  wulstartig  zu  einem  Kallus  hervor;  der  Wulst  schließt 
sich  durch  den  Kork  nach  außen  ab,  während  in  seinem  Innern  eine  Kambiumschicht 
differenziert  wird,  die  mit  dem  Stammkambium  in  Verbindung  tritt.  Dieses  Kambium 
bildet,  wie  das  angrenzende,  nach  innen  Holz,  nach  außen  Bast.  So  vergrößern  sich  die 
Überwallungswülste  und  decken  allmählich  die  Wundfläche.  An  der  bloßgelegten  Holz- 
fläche sind,  falls  sie  noch  aus  Splint  bestand,  die  toten  Elemente  durch  Wundgummi  ver- 
stopft, den  die  lebenden  Zellen  des  Holzes  erzeugen;  die  ganze  Stelle  ist  gebräunt. 
Gelingt  es  den  Überwallungswülsten,  sich  über  der  Wundfläche  mit  den  Rändern  zu 
erreichen,  so  verschmelzen  schließlich  ihre  Kambien  zu  einer  einheitlichen  Meristem - 
schiebt,  die  weiter  eine  zusammenhängende  Holzschicht  nach  innen  und  eine  Bastschicht 
nach  außen  bildet.  Das  deckende  Holz  verwächst  nicht  mit  dem  bei  der  Verwundung 
bloßgelegten.  Letzteres  ist  ja  gebräunt  und  abgestorben.  Daher  lassen  sich  in  Stämme 
eingeschnittene  Zeichen,  die  bis  auf  den  Holzköi'per  reichen,  nach  ihrer  Überwallung 
wiederfinden.  Durch  Überwallung  vom  Kambiummantel  aus  werden  auch  Aststümpfe  mehr 
oder  weniger  vollständig  abgeschlossen.  Das  über  den  Wunden  erzeugte  Holz  ist  in  seinem 
Bau  von  normalem  Holz  zunächst  verschieden,  wird  daher  als  Wundholz  bezeichnet. 
Es  besteht  aus  fast  isodiametrischen  Zellen,  auf  die  erst  allmählich  gestrecktere  Formen 
folgen.  Beim  Kirschbaum  erzeugt  das  Kambium  infolge  von  Verwundungen  statt  normaler 
Holzelemente  Nester  dünnwandiger  Parenchj'mzellen,  die  in  Gummibildung  eintreten 
(S.  33). 


Morphologie.  14J[ 

2.  Anpassungen  des  Kormus  an  die  Lebensweise  und  an 
die  Umwelt  (i"»j. 

Der  äußere  und  innere  Bau  des  Kormus  steht  in  engen  Beziehungen 
zu  seiner  Lebensweise  und  diese  wieder  zur  Außenwelt.  Wir  finden,  daß  fast 
jede  Pflanze  durch  ihren  äußeren  und  inneren  Bau  an  ihre  Lebensweise  und 
an  ihre  gewohnte  Umwelt,  an  ihren  Standort,  angepaßt  ist.  Darauf  vor 
allem  beruhen  die  gemeinsamen  Züge,  die  einheitliche  Physiognomie,  der 
Gewächse  eines  Standortes  und  darauf  auch  die  Unterschiede  in  der  Physio- 
gnomie der  Vegetation  zwischen  solchen  Pflanzenstandorten  auf  der  Erde, 
wo  die  Außenfaktoren,  z.  B.  das  Klima,  sehr  verschieden  sind.  Infolgedessen 
sind  die  Vegetationsorgane  nicht  bei  allen  Kormophyten  typisch  ausgebildet. 
Oft  sehen  sie  ganz  anders  aus,  da  die  Grundformen  in  verschiedenster  Weise 
abgeändert,  metamorphosiert  sein  können.  Erst  eine  sehr  genaue  ent- 
wicklungsgeschichtliche oder  anatomische  Untersuchung  ermöglicht  es,  bei 
vielen  Kormophyten  nachzuweisen,  daß  auch  ihre  ganz  abweichend  gestalteten 
Organe  immer  wieder  nur  Metamorphosen  der  drei  Grundorgane  des  Kormus: 
Wurzel,  Stengel,  Blatt  sind,  und  festzustellen,  welcher  Grundform  sie  homolog 
sind.  Der  äußere  Bau  und  die  Funktionen  der  fertig  ausgebildeten  Organe 
können  nämlich  sehr  leicht  irreführen,  weil  nicht  selten  ein  Grundorgan, 
z.  B.  eine  Sproßachse,  Bau  und  Funktionen  eines  anderen,  z.  B.  eines  Blattes, 
übernommen  hat,  oder  weil  verschiedene  Grundorgane  zu  Werkzeugen  von 
gleichem  Bau  und  gleicher  Funktion  umgebildet  worden  sind,  also  bloß 
analog,  aber  nicht  homolog  sind.  Bei  Berücksichtigung  aller  morphologischen 
Eigenschaften  eines  abgeänderten  Organes  wird  man  aber  in  der  Begel  keinen 
Zweifel  über  seine  Abkunft  hegen. 

Die  Form  einer  Pflanze  und  die  Ausbildung  ihrer  Teile  ist  in  aller- 
erster Linie  an  die  Ernährungsweise  des  Gewächses  angepaßt.  Infolge- 
dessen sind  wichtige  und  sehr  auffällige  morphologische  Unterschiede  zwischen 
solchen  Kormophyten  vorhanden,  die  mit  anorganischen  Nährstoffen  aus- 
kommen (autotrophe  K.)  und  solchen,  die  organische  Nahrung  nötig  haben 
(heterotrophe  K.). 

A.  Autotrophe  Kormophyten. 

An  Autotrophie  sind  die  grünen  Pflanzen  in  ihrem  Bau  angepaßt. 
Soweit  sie  Kormophyten  sind,  wurden  ihre  typischen  Baueigentümlichkeiten 
im  letzten  Abschnitte  besprochen.  Die  grünen  Kormophyten  können  aber 
untereinander  wieder  sehr  verschieden  gebaut  sein;  denn  sie  sind  in  ihrem 
Bau  auch  noch  an  ihre  Umwelt  angepaßt,  in  der  sie  leben,  und  diese  Umwelt 
kann  recht  mannigfaltig  sein. 

Von  allen  den  vielen  Faktoren,  die  in  der  Umwelt  wechseln  können, 
hat  den  bei  weitem  größten  Einfluß  auf  die  Gestaltung  der  grünen  Pflanzen 
das  Wasser,  nächstdem  das  Licht.  Das  ist  leicht  begreiflich.  Nur  wenn 
genügend  Wasser  verfügbar  ist,  vermag  ja,  wie  jedermann  weiß,  die  Pflanze 
ihr  Leben  zu  fristen.  Und  nur  wenn  sie  genügend  Licht  aufnehmen  kann, 
kann  sie   autotroph  sein,  organische   Substanz  aus  anorganischer  aufbauen. 

a)  Anpassungen  an  den  Feuchtigkeitsgehalt  der  Umwelt. 
1.  Wasserpflanzen,  Hydrophyten (^°^).  Zu  besonderen  Baueigentündich- 
keiten  führte  das  Leben  im  Wasser,  wo  dauernd  mit  der  ganzen  Oberfläche 
der  Pflanze,  also  auch  mit  Stamm  und  Blättern,  Wasser  und  Nälu'salze  und 
nur  aus  dem  Wasser  die  nötigen  Gase  (Kohlensäure  und  Sauerstoff)  auf- 
genommen werden  können.  Zum  Verständnis  der  Lebensbedingungen  im 
Wasser  ist  es  unerläßlich,  den  Gehalt  des  Wassers  an  diesen  Gasen  zu  kennen 


142  Fitting: 

und  mit  dem  der  Luft  zu  vergleichen.  Das  Liter  Luft  enthält  etwa  210  com 
Sauerstoff  und  0,3  ccm  Kohlensäure.  Im  Liter  Wasser  sind  dagegen  z.  B.  bei 
20"  (im  Falle  der  Sättigung)  nur  etwa  6  ccm  Sauerstoff,  dagegen  wiederum 
etwa  0,3  ccm  Kohlensäure  vorhanden.  Den  Wasserorganismen  steht  also 
zwar  ungefähr  ebensoviel  Kohlensäure  (oder  meist  sogar  noch  etwas  mehr) 
wie  in  der  Luft,  aber  sehr  viel  weniger  Sauerstoff  zur  Verfügung,  w^enigstens 
im  unbewegten  Wasser,  da  der  Sauerstoff  im  Wasser  sehr  langsam  dif- 
fundiert. 

Nicht  selten  sind  die  Wurzeln  überhaupt  nicht  mehr  (Utricularia, 
Ceratophyllum,  Wolffia)  oder  nur  schwach  ausgebildet.  Der  Sproß  aber  ist 
hier  anatomisch  insofern  der  Wurzel  ähnlich  geworden,  als  er  auf  seinen  stets 
sehr  dünnen  Epidermisaußenwänden  nur  eine  sehr  zarte  Kutikula  ausbildet, 
die  dem  Wasser-  und  Salzeintritt,  wenigstens  an  den  Blättern  (i*'^)^  kaum 
Schwierigkeiten  entgegenstellt.  Zur  Langsamkeit  der  Gasdiffusion  im  Wasser 
und  zur  Armut  des  Wassers  an  Salzen  steht  aber  wohl  in  Beziehung  eine  Ober- 
flächenvergrößerung der  meist  sehr  dünnen,  submersen  Blätter, 
häufig  durch  feine  Zerteilung  der  Blattflächen  (Batrachium  Fig.  139,  Utri- 
cularia, Myriophyllum,  Ceratophyllum),  während  die  Schwimm-  und  Luft- 
blätter meist  typisch  ausgebildet  sind  (Heterophyllie,  vgl.  S.  102).  Anatomisch 
sind  die  submersen  Blätter  von  diesen  Blättern  dadurch  verschieden,  daß 
ihrer  chlorophyllhaltigen  Epidermis  meist  die  Spaltöffnungen  und  in  der 
Regel  auch  die  Haare  fehlen,  ferner  dadurch,  daß  ihr  an  großen  Interzellularen 

reiches  Mesophyll  aus  gleich- 
artigem Parenchym  besteht, 
also  nicht  in  Pahsaden-  und 
Schwammparenchym  differen- 
ziert ist;  infolgedessen  zeigen 
die  Blätter  im  inneren  Bau  bila- 
terale Symmetrie  (Fig.  185). 
Mit  dem  Mangel  der  Tran- 
spiration und  eines  lebhaften 
Fig.  185.  Blattquerschnitt  von  Zanichellia  palustris.  Wassertransportes  bei  unter- 
Vergr.  146.    Nach  Schenck.  getauchten  Wasserpflanzen  geht 

Hand  in  Hand  die  schwache 
Ausbildung  der  wasserleitenden  Elemente  in  den  Stengeln  und  Blät- 
tern, ferner  der  Mangel  eines  sekundären  Dickenwachstums.  Der 
Auftrieb  im  Wasser  macht  auch  das  Festigungsgewebe  unnötig;  höchstens 
in  rasch  strömendem  Wasser  wird  für  die  nötige  Zugfestigkeit  durch  zen- 
trale  Lagerung  der  Leitbündel  gesorgt. 

Eine  schwache  Wasserdurchströmung  der  Pflanze,  verbunden  mit  Wasserausscheidung 
durch  die  Apikaiöffnungen  der  Blätter  (vgl.  S.  99),  läßt  sich  aber  selbst  bei  vielen  sub- 
mersen Wasserpflanzen  nachweisen. 

Auffallend  bei  fast  allen  Wasser-  und  auch  Sumpfpflanzen  ist  die  mäch- 
tige Entwicklung  der  Interzellularen.  Sie  sind  ganz  besonders  weit, 
bilden  ein  System  von  oft  sehr  regelmäßig  geformten  Luftkammern  und  Luft- 
kanälen und  werden  durch  parenchymatische  Zellschichten  getrennt,  die 
meist  nur  eine  Zellage  stark  sind;  so  in  den  Stengeln  von  Papyrus,  Potamo- 
geton  u.  a.,  den  Blattstielen  der  Kymphaeaceen,  den  Wurzeln  der  Onagracee 
Jussieua.  Man  hat  solche  Gewebe  als  Luftgewebe  oder  Aerenchym  bezeichnet; 
denn  solche  weiten  Luftkanäle  sind  Luftspeicher,  zugleich  ermöglichen  sie  eine 
sehr  rege  Gasdiffusion  im  Innern  des  Pflanzenkörpers:  den  schnellen  Transport 
von  Sauerstoff  aus  den  assimiherenden  grünen  Teilen  in  die  nicht  grünen: 
sie  begünstigen  also  die  Atmung. 


Morphologie. 


143 


Bei  manchen  Sumpfpflanzen,  die  mit  ihren  unterirdischen  Organen  in  sehr  sauerstoff- 
armem Sumpfboden  leben,  so  z.  B.  bei  gewissen  Palmen  und  bei  Mangr  o  vcpf  1  anz  en 
der  tropischen  Küstensümpfe,  von  denen  einige  durch  ein  System  sproßbürtiger,  stelzen- 
förmiger  Luftwurzeln  (Stelz  würz  ein)  sich  im  Schlamme  verankern  (Fig.  187)  (•"*'), 
werden  besondere  Organe  zur  Zuführung  von  Sauerstoff  ausgebildet:  aus  dem  Sumpfboden 
aufsteigende  Atem  würz  ein  (Pneumatophoren  P'ig.  186),  die  aus  der  Luft  durch  Lenti- 
zellen-ähnliche  Öffnungen  (Pneumathoden)  Sauerstoff  aufnehmen  und  durch  Luftgewebe 
zu  den  unterirdischen  Teilen  gelangen  lassen. 


Fig.    186.      Atemwurzel    von    Sonneratia   alba. 
Verkleinerung  einer  Abbildung  in  den  „Vege- 
tationsbildern" ;  nach  JoH.  Schmidt. 


Fig.    187.      Stelzwurzeln    bei    Pihizo- 
phora  mucronata.    Malayischer  Archi- 
pel.   Nach  G.  Karsten. 


2.  Die  Landpflanzen.  Sie  nehmen  meist  nur  aus  dem  Boden  Wasser 
und  Nährsalze,  aus  der  Luft  Kohlensäure,  dagegen  Sauerstoff  sowohl  aus 
dem  Boden  wie  aus  der  Luft  auf  und  geben  mit  ihren  Luftsprossen  Wasser 
in  Dampfform  (durch  Transpiration)  an  den  Luftraum  ab. 

Eine  Ausnahme  bilden  nur  einige  Gewächse  sehr  feuchter  Ortlichkeiten,  die  mit 
ihrer  ganzen  Oberfläche  Wasser  absorbieren;  besonders  die  Hymenophyllaceen  der 
tropischen  Regen wälder.  Manche  von  ihnen  bilden  keine  Wurzeln  aus,  besitzen  aher  an 
den  Wasser  aufnehmenden  Blättern  oder  Stengeln  oder  beiden  ein  System  von  verschieden 
gestalteten  Haaren,  das  eine  gewaltige  Oberflächenvergrößerung  bedingt. 

Die  Landpflanzen  haben  verschiedenen  Bau,  je  nachdem  es  Pflanzen 
immerfeuchter  Standorte,  Pflanzen  trockener  Standorte  und  Klimate  oder 
Pflanzen  wechselfeuchter  Klimate  sind, 

a)  Anpassungen  an  immerfeuchte  Standorte,  Hygrophyten (i*^»^  Land- 
pflanzen, die  dauernd  in  sehr  feuchter  Atmosphäre  leben  (Hygrophyten, 
Hygrophile),  z.  B.  viele  tropische  Schattenpflanzen,  bedürfen  wie  die  Wasser- 
pflanzen keine  Einrichtungen,  die  die  Transpiration  herabsetzen,  ja  haben  sogar, 
scheint  es,  solche,  die  die  Wasserabgabe  der  Luftsprosse  fördern  (Hygro- 
morphie).  Nur  durch  solche  Einrichtungen  dürfte  die  genügend  starke  Wasser- 
bewegung aus  den  Erdwurzeln  in  die  oberirdischen  Organe  gesichert  sein,  die 
zur  Beschaffung  und  zur  Fortbewegung  der  nötigen  Nährsalzmenge  erforderlich 
ist.  Im  äußeren  und  inneren  Bau  gleichen  viele  Hygrophyten  in  mancher  Hin- 
sicht den  Wasserpflanzen,  und  zwar  um  so  mehr,  an  je  feuchteren  Standorten 
sie  gedeihen. 


]^44  Fitting: 

Wir  finden  bei  den  Hygrophyten  mannigfaltige  Einrichtungen,  die  der  Transpiration 
günstig  sind:  Ausbildung  großer  und  dünner  Blattflächen,  schwache  Ausbildung  der 
Kutikula,  Verlegung  der  Stomata  auf  exponierte  Vorsprünge,  wo  sie  über  die  Epidermis 
emporgehoben  sind,  schließlich  Baueigentümlichkeiten  des  Blattes,  die  es,  wie  Stahl 
zeigte,  nach  Regengüssen  möglichst  schnell  wieder  trocken  werden  lassen.  Eine  vorgezogene 
Spitze,  mit  der  die  Spreiten  oft  abschließen,  die  Träufel  spitze,  oder  die  Unbenetz- 
barkeit  des  Blattes  durch  Wachsüberzüge  erleichtern  das  Abfließen  des  Wassers;  eine 
Samtoberfläche,  durch  Papillen  bedingt,  breitet  Wassertropfen  kapillar  zu  einer  äußerst 
dünnen,  schnell  verdunstenden  Schicht  aus.  Ferner  hebt  vielleicht,  nach  Stahl,  die  Aus- 
bildung Lichtstrahlen  absorbierender  Farbstoffe,  die  Buntblättrigkeit,  durch  Wärmeabsorption 
die  Temperatur  des  Blattes  über  die  Umgebung,  so  daß  die  Transpiration  am  Tage  auch 
noch  in  dampfgesättigter  Luft  unterhalten  werden  kann.  In  der  Abgabe  tropfbar  flüssigen 
Wassers,  (der  sog.  Guttation)  aus  wasserausscheidenden  Organen  der  Blätter,  den 
Hydathoden,  besitzen  manche  dieser  Pflanzen  vielleicht  ein  Mittel,  auch  nach 
völliger  Hemmung  der  Transpiration  noch  genügend  Wasser  abzugeben.  Diese  Organe 
sind  entweder  Drüsenhaare  oder  -flächen,  die  Wasser  sezernieren,  oder  Wasserspalten,  aus 
denen  Wasser  von  den  Leitbündeln  her  ausgepreßt  wird  (vgl.  Fig.  134). 

b)  Anpassungen  an  physiologisch  trockene  Standorte  oder  an  trockene 
Klimate,  Xerophyten (i""- 1"^*).  Dagegen  bedürfen  die  Landpflanzen  um  so 
mehr  Einrichtungen,  die  auf  Hemmung  der  Wasserabgabe  berechnet  sind, 
in  je  trockenerer  Luft  ihre  Sprosse  wachsen  und  je  schwerer  zugleich  ein  hin- 
reichend schneller  und  großer  Wassernachschub  möglich  ist.  Denn  die  Ein- 
schränkung der  Transpiration,  die  unter  ungünstigen  Verhältnissen  auch  in 
allen  anderen  Klimaten  durch  Verschluß  der  Stomata  bewirkt  wird,  würde 
für  Pflanzen  besonders  trockener  Klimate  und  Standorte  nicht  ausreichen. 
Austrocknungsfähig  aber  (vgl.  S.  189),  wie  Flechten  und  Moose,  sind  nur 
wenige  Kormophyten;  die  meisten  werden  schon  durch  starkes  Welken  getötet. 

Pflanzen  mit  solchen  Einrichtungen  zur  Hemmung  der  Wasserabgabe 
nennt  man  Xerophyten  (Xerophile).  Man  erkennt  sie  schon  an  ihrem  Habitus. 
Die  Summe  von  morphologischen  Eigenschaften,  die  solche  Einrichtungen 
bilden,  fassen  wir  in  dem  Worte  ,, Xerophytenbau"  (Xeromorphie)  zu- 
sammen. Besonders  extreme  Xerophyten  sind  natürlich  viele  Wüstenpflanzen, 
die  Gewächse  trockener  Felsen  und  viele  Epiphyten  (vgl.  S.  156). 

Sehr  auffallend  ist  aber,  daß  mehr  oder  weniger  ausgeprägter  Xerophyten- 
bau auch  bei  Pflanzen  von  ganz  anderer  Lebensweise  vorkommt,  wo  er  gar  nicht 
oder  wenigstens  nicht  auf  den  ersten  Blick  verständhch  erscheint,  so  bei  den 
Pflanzen  der  Hochgebirge  und  des  hohen  Nordens,  bei  vielen  Sumpfpflanzen, 
bei  den  Pflanzen  des  Meeresstrandes,  namentlich  den  Salzpflanzen  (Halo- 
phyten)  (Fig.  192),  selbst  solchen,  die,  wie  die  Mangrovegewächse  tropischer 
Küsten,  direkt  im  Wasser  wachsen.  Wenn  auch  hier  noch  manche  Frage  un- 
gelöst ist,  wird  man  doch  annehmen  dürfen,  daß  die  Mehrzahl  dieser  Gewächse 
wenigstens  zeitweise  in  Gefahr  ist,  mehr  Wasser  durch  Transpiration  ab- 
zugeben, als  sie  aus  dem  Boden  aufzunehmen  oder  in  die  Blätter  zu  schaffen 
vermögen.  Wenn  sie  auch  in  verhältnismäßig  feuchten  Böden  leben,  so  scheinen 
diese  für  sie  doch,  zum  mindesten  vorübergehend,  mehr  oder  weniger  physio- 
logisch trocken  zu  sein,  d.  h.  die  Wasseraufnahme  zu  erschweren. 

Es  gibt  anatomische  und  morphologische  Einrichtungen,  die  die  Tran- 
spiration herabsetzen.  Ein  Teil  von  ihnen  mag  zugleich  als  Schutzmittel  gegen 
zu  starke  Lichtbestrahlung  oder  gegen  zu  hohe  Erwärmung  anzusehen  sein. 

Anatomische  Einrichtungen,  die  die  Transpiration  einschränken, 
sind:  Verstärkung  der  Kutikula  und  der  kutinisierten  Epidermisaußenwände; 
verschleimte  Epidermiszellen;  Ausbildung  von  Wachs-,  Harz-  oder  Kalk- 
überzügen, bei  Stämmen  oder  Wurzeln  auch  von  Korkschichten;  Verringerung 
der  Spaltöffnungszahl;  Verengung  der  Spaltöffnung  oder  ihre  Verstopfung 
durch  Harz-  oder  Wachsmassen;  Einsenkung  der  Spaltöffnungsapparate  einzeln 


Morphologie. 


145 


Fig.  188.  Querschnitt  durch  die  Epidermis  von 
Aloe  nigricans,  i  Innere,  nicht  kutinisierte  Ver- 
dickungsschicht.  Vergr.  240.  Nach  Strasburger. 


in  Vertiefungen  der  Epidermis  (Fig.  188)  oder  in  größerer  Zahl  in  besondere 
krugförmige  Vertiefungen  der  Blattunterseite,  die  nur  durch  enge  Kanäle  nach 
außen  münden,  wie  beim  Oleander,  ferner  ihre  Überwölbung  durch  Nachbai - 
Zellen.  Endlich  werden  als  Schirm  gegen  die  Sonnenstrahlen  Filzhaare,  Stern - 
und  Schuppenhaare  ausgebildet,  die  sich  frühzeitig  mit  Luft  füllen  und  da- 
durch der  Pflanze  eine  weiße  oder  graue  Farbe  verleihen  (Edelweiß,  Protea- 
ceen  Austrahens,  Ölbaum).  Oder  die  immergrünen  Blätter  sind  klein,  dicklich, 
lederartig  und  verhältnismäßig 
saftarm  (Hartlaubgewächse, 
Sklerophyllen  des  Mediterran- 
gebietes, z.  B.  Ölbaum,  Myrte). 
Bezeichnend  für  die  Blätter  aus- 
gesprochener Sklerophyllen  (Fig. 
191)  ist  die  Kleinheit  der  Inter- 
zellularen im  Mesophyll,  das  meist 
sehr  kleinzellig  ist  und  vielfach 
kein  Schwammparenchym  ent- 
hält, sondern  oft  nur  aus  Pali- 
sadenzellen besteht  oder  doch 
zum  mindesten  ober-  und  unter- 
seits  mehrere  typische  Schichten 
solcher  Zellen  aufweist,  so  daß 
die  Blätter  vieler  Sklerophyllen 
bilateral  symmetrischen  Bau 

besitzen.  Einige  Xerophyten  verzichten  aber  auf  jeden  Transpirationsschutz 
durch  anatomische  Charaktere,  weil  sie  durch  ihren  hochkonzentrierten  Zell- 
saft zu  einer  Wasseraufnahme  auch  aus  verhältnismäßig  trockenem  Boden 
befähigt  sind  (S.  195). 

Meist   verbinden   sich   diese    Einrichtungen    mit   morphologischen    Be- 
sonderheiten des  äußeren  Baues,  die  ebenfalls  die  Transpiration  herabsetzen. 

Viele  kleinblättrige  Xero- 
phyten zeichnen  sich  durch 
Polsterwuchs  aus  (Polster- 
pflanzen, z.  B.  viele  Alpen- 
pflanzen, Fig.  189),  wodurch 
schon  die  Transpiration  einge- 
schränkt und  zugleich  ein  Schutz 
gegen  zu  starke  Bestrahlung  ge- 
währt wird. 

Ein  sehr  wirksamer  Tran- 
spirations- und  Lichtschutz  wird 
durch  Einstellung  der  Blatt- 
flächen in  dieVertikalebene 
erzielt,  vor  allem  bei  neuhollän- 
dischen Akazien  und  Myrtaceen; 

bei  den  Akazien  verbunden  mit  Reduktion  der  eigentlichen  Blattflächen 
und  blattförmiger  Ausbildung  der  Blattstiele  (Phyllodien,  Fig.  140 
und  Fig.  190).  Auch  unter  den  einheimischen  Pflanzen  findet  sich  ähnliche 
Einstellung  der  Blätter:  so  z.  B.  bei  der  als  Kompaßpflanze  bekannten  Lac- 
tuca  scariola,  die  sämtliche  Blätter  vertikal,  und  zwar  in  eine  Xord-Süd-Ebene 
stellt.  An  solchen  Blättern  gleiten  bei  höchstem  Stand  der  Sonne  die  Licht- 
strahlen mehr  oder  weniger  seitlich  vorbei.  Dadurch  wird  vielleicht  eine 
übermäßige  Erwärmung  und  Transpiration  verhindert. 


Fig.  189.  Raoulia  mamiilaris  (Composite)  von  Neu- 
seeland. Polsterförmiger  Zusammenschluß  der 
Einzelpflanzen.  Aus  Schiatper,  Pflanzengeographie. 


strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.    16.  Aufl. 


10 


146 


Fitting: 


Sehr  häufig  werden  die  Blattspreiteii  reduziert.  Bei  den  Steppen- 
gräsern geschieht  dies  durch  Einrollung  ihrer  freien  Oberfläche  (Fig.  192); 
bei  Ericaceen,  Genisteen,  Cupressaceen  und  gewissen  habituell  ihnen  ähnlichen 
Veronica-Arten  Neuseelands  (vgl,  auch  Fig.  193)  durch  Verkleinerung  der 
Spreiten;  bei  Kakteen,  baumartigen  Euphorbia- Arten,  einigen  Asclepiadaceen 


Fig.   191.     Querschnitt   des   Blattes   der   Capparidacee 

Capparis  spinosa  var.  aegyptiaca.  Vergr.  40.  Schimper 

nach  VoLKENs. 


Fig.  190.     Acacia    marginata    mit 
senkrecht     gestellten    Phyllodien. 
Aus      Schimper,       Pflanzengeo- 
graphie. 

durch  völliges  Schwinden  der 
Spreiten.  Mit  der  Verkleine- 
rung der  Blätter  muß  aber 
außer  der  Transpiration  auch 
die  Assimilation  des  Kohlen- 
stoffs abnehmen;  so  sehen 
wir  zur  Kompensation  des 
Verlustes  Chlorophyllparen- 
chym  in  den  Stengeln  dieser 
Pflanzen  auftreten.  In  diesem 
Falle  sind  die  Sproßachsen 
grün  gefärbt;  so  z.  B.  bei  Sarothamnus  scoparius,  der  an  seinen  langen,  ruten- 
förmigen  Zweigen  nur  vereinzelte  hinfällige,  lanzetthche  Blättchen  ent- 
wickelt (Rutengewächse,    Sklerokaulen). 

Oft  geht  Hand  in   Hand  mit  einer   Reduktion  der   Blätter  eine   Ab- 
flachung und  blattähnliche  Ausbildung  der  grünen  Sproßachsen, 


Fig.  192.  Blattquerschnitte  des  Grases  Stipa  capillata. 
Oben  ein  Blatt  in  geschlossenem  Zustande,  unten  die 
Hälfte  eines  offenen  Blattes.  U  Spaltöffnungslose 
Unterseite.  O  Oberseite  mit  Spaltöffnungen  (6'). 
C  Chlorophyllhaltiges  Assimilationsgewebe.  30  fach 
vergr.     Nach  Kerner  v.  Marilaun. 


Morphologie. 


147 


die  alsdann  weit  vollkommener  als  die  rutenförmigen  die  Assimilationsfunk- 
tionen des  Blattes  übernehmen  können  (Fig.  194,  195),  aber  natürlich  zugleich 
auch  wieder  stärker  transpirieren.  Solche  blattartige  Sprosse  werden  als  Fl  ach - 
sprosse,  Kladodien  oder  Phyllokladien  bezeichnet.  Goebel  selüägt 
vor,  jene  Flachsprosse,  die  begrenzt  wachsen  und  dadurch  besonders  blatt- 
ähnlich werden,  Phyllokladien,  andere  verbreiterte  Sproßachsen  Kladodien 
zu  nennen.  Ein  lehrreiches  Beispiel  für  Phyllokladien  ist  Ruscus  aculeatus, 
ein  kleiner  xerophytischer  Strauch  des  Mittelmeergebietes,  der  an  seinen  Zweigen 
(Fig.  194)  in  den  Achseln  schuppenförmiger  Blätter  (/)  breite,  in  eine  scharfe 
Spitze  auslaufende  Phyllokladien  (c/)  trägt,  die 
durchaus  den  Eindruck  von  Blättern  machen.  Ihrer 
Oberfläche  entspringen  manchmalin  der  Mitteüinie, 
annähernd  in  ihrer  halben  Länge,  aus  der  Achsel 
eines  schuppenförmigen  Blattes  eine  bis  zwei 
Blüten.  Diese  Phyllokladien  sind  ein  sehr  schönes 
Beispiel  für  Analogie  von  Organen:  sie  sehen 
aus  und  funktionieren  wie  Blätter,  sind  aber  Sproß- 
achsen, wie  ihre  geschilderten  morphologischen 
Eigenschaften  lehren.  Eine  blattartige  Abflachung 
des  gesamten  massig  entwickelten  Stammes^  also 
Kladodienbildung,  mit  Verschmälerung  an  den 
Verzweigungsstellen,  zeigen  uns  die  bekannten 
Opuntien  (Fig.  195). 


Fig.  193.  Salicornia  herbacea 
(Chenopodiacee) ,  eine  ausge- 
sprochene Salzpflanze.  Aus 
SCHIMPER,  Pflanzengeographie. 


Fig.  194.  Zweig  der  medi- 
terranen Liliacee  Ruscus 
aculeatus.  /Blatt,  d  Phyl- 
lokladiura,  öl  Blüte.  Nat. 
Größe.      Nach    Schenck. 


Fig.  195.  Opuntia  monacantha 
Haw.  Kladodien  mit  Blatt- 
dornen, Blüte  und  Früchten. 
Nach  Schumann.  Etwa  fünf- 
mal verkleinert. 


Besonderes  Interesse  bieten  schließhch  einige  Xerophyten,  bei  denen 
nicht  allein  die  Blätter,  sondern  auch  die  Sproßachsen  ganz 
schwinden.  Dann  übernehmen  die  abgeplatteten,  grünen  Wurzeln,  aus  denen 
die  Vegetationsorgane  allein  bestehen,  die  Funktionen  der  Blätter  (so  bei 
der  epiphytischen  Orchidee  Taeniophyllum,  Fig.  196). 

10* 


148, 


Fitting: 


Fig.     196.      Taeniophyllum     ZoUingeri.       Xerophytische 
Orchidee  ohne  Blätter  und  ohne  Sproßachsen,  mit  grünen, 
abgeflachten  Wurzeln.  Nat.  Gr.  Aus  Schimper,  Pflanzen- 
geographie; nach  Wiesner. 


Mit  dem  großen  Reichtum  an  Sklerenchym,  der  für  die  Sprosse  vieler 
Xerophyten  bezeichnend  ist  und  ihre  nötige  Festigkeit  auch  im  Falle 
schwächeren  oder  stärkeren  Welkens  sicherstellt,  steht  oft  in  Zusammenhang 
die  Ausbildung  von  Dornen,  die  aber  auch  bei  einigen  nicht  xerophytisch 
gebauten  Pflanzen  unserer  Klimate  vorkommen.  Das  sind  sehr  spitze,  ver- 
holzte und  infolgedessen 
starre,  verzweigte  oder  un- 
verzweigte, pfriemförmige 
Gebilde,  die  durch  Um- 
wandlung von  Blättern 
oder  Blatteilen  (Blatt - 
dornen)  oder  von  Spros- 
sen (Sproßdornen)  oder 
in  sehr  seltenen  Fällen  von 
Wurzeln  (Wurzeldor- 
nen) entstanden  sind. 
Beim  Sauerdorn  (Berberis 
vulgaris)  wird  das  ganze 
Blatt  an  den  Hauptspros- 
sen in  einen  meist  drei- 
strahhgen  Dorn  umgestal- 
tet; die  Seitentriebe,  die  entwickelte  Laubblätter  tragen,  stehen  in  den 
Achseln  dieser  Dornen.  Auch  bei  den  Kakteen  (Fig.  195)  gehen  die  Dornen 
aus  Blattanlagen  hervor.  Bei  der  Robinie  (Fig.  197)  und  iDei  manchen  suk- 
kulenten Euphorbien  entwickeln  sich  die  beiden  Nebenblätter  zu  Dornen. 
Sproßdornen  treten  bei  Prunus  spinosa,  Crataegus  oxyacantha  und  den  in 
unseren  Gärten  häufig  kultivierten  Gleditschien  (Fig.  198)  auf.  Bei  Colletia 
cruciata,  einer  strauchartigen  amerikanischen  Rham- 
nacee,  die  an  trockenen,  son- 
nigen Standorten  wächst,  sind 
alle  Sproßachsen  dornartig  aus- 
gebildet, zugleich  etwas  ab- 
geflacht und  grün;  sie  ersetzen 
die  bald  abfallenden,  kleinen 
Blätter.  Wurzeldornen  kommen 
bei  einigen  Palmen  am  Stamme 
vor  (z.  B.  Acanthorrhiza)  und 
bei  Myrmecodia  unter  den  Diko- 
tylen. Der  Dornsproß  ist  vor 
allem  vielen  Xerophyten  der 
Wüsten  .und  Steppen  eigen- 
tümlich. 

Oft  besitzen  blattlose  Xero- 
phyten angeschwollene  Blät- 
teroder Stämme:  so  die  grü- 
nen säulenförmigen,  prisma- 
tischen oder  zyh  ndrischen, 
keulen-  oder  kopfförmigen  Euphorbien  und  Kakteen.  Viele  Xerophyten  be- 
gnügen sich  nämlich  nicht  damit,  die  Abgabe  von  Wasser  stark  einzuschränken, 
sondern  speichern  Wasser  in  besonderen  Geweben  während  der  Tage, 
wo  es  zur  Verfügung  steht,  für  die  Zeiten  der  Not.  Solches  Wassergewebe 
zeichnet  sich  bei  typischer  Ausbildung  durch  große,  chlorophyllfreie  Zellen 
aus,  die  fast  nur  aus  der  riesigen  Vakuole  bestehen.    Im  Grunde  genommen 


Fig.  197.  Stammstück  von 
Robinia  Pseudacacia  mit  dem 
unteren  Teile  eines  gefieder- 
ten Blattes  und  den  zuge- 
hörigen, in  zwei  Dornen  ver- 
wandelten Nebenblättern  n. 
g  Gelenkpolster.  ^ ^  nat.  Gr. 

Nach    SCHENCK. 


Fig.  198.  Sproßdorn 
von  Gleditschia  tri- 
acanthos.  ^/,  nat. 
Gr.    Nach  Schenck. 


Morphologie. 


149 


ist  jede  Epidermiszello  ein  Wasserspeicher.  Manchmal  nehmen  aber 
die  Epidermiszellen  ungewöhnliche  Dimensionen  an,  so  daß  sie  die  Hauptmasse 
eines  Blattes  ausmachen,  oder  teilen  sich  auch  parallel  zur  Oberfläche  und 
werden  zu  einem  ein-  bis  mehrschichtigen  (äußeren)  Wassergewebc  (verschie- 
dene Piperaceen,  Begoniaceen,  Ficus-Ai'ten,  Tradescantia).  Sehr  häufig  ist 
aber  das  Wassergewebe  mehr  zentral  gelegen  (inneres  Wassergewebe). 
Wo  Wassergewebe  sehr  mächtig  ausgebildet  sind,  bekommen  die  betreffenden 
Organe  dadurch  einen  fleischig-saftigen  Charakter.  Daher  nennt  man  solche 
Pflanzen  ,,  Sukkulenten".  Bei  gewissen  Umbelliferen,  Cucurbitaceen,  Kom- 
positen, Asclepiadaceen,  ferner  Angehörigen  der  Gattungen  Pelargonium  und 
Oxalis  der  Steppen  und  Wüsten  sind  Wurzeln  zu  Wasserspeichern  ausgebildet. 
Häufiger  findet  man  Blattsukkulenten:  Sedum,  Sempervivum,  Agave, 
Aloe,  Mesembryanthemum;  oder  Stammsukkulenten:  Kakteen,  Eu- 
phorbia-Ai-ten,  Stapelia  und  andere  Asclepiadaceen  (Fig.  195,  199),  Kleinia 
unter  den  Kompositen.  Ganz  besonders  bezeichnend  für  dürre  Gegenden  in 
der  neuen  Welt  sind  die  kugelförmigen  oder  säulenartigen  Kakteen,  in  der 
alten  die  säulenförmigen  oder  kandelaberartigen  Euphorbien  und  Asclepia- 
deen,  die  gewissen  Kakteen 
zum  Verwechseln  ähnlich 
sehen.  Die  Ähnlichkeit 
in  der  Lebensweise  hat 
hier  aus  ganz  entfernt 
stehenden  Pflanzen  fast 
übereinstimmende  Ge- 
stalten geschaffen  (vgl. 
Fig.  199a— c),  eine  Er- 
scheinung, die  außer- 
ordentlich häufig  wie- 
derkehrt (Konvergenz). 
Im  Extrem  nähert  sich  der 
Stamm  oder  das  Blatt  der 
Sukkulenten  der  Kugel, 
nimmt  also  bei  gegebenem 
Volumen  die  kleinste  Ober- 
fläche an,  wodurch  die 
Transpirationnatürlichganz 
besonders  stark  vermindert 
wird:  Noll  hat  berechnet, 

daß  die  Verdunstung  eines  Kugelkaktus  600 mal  geringer  ist  als  die  einer 
gleichschweren  Schhngpflanze  (Aristolochia  sipho).  Solche  und  ähnliche 
Sukkulentenstämme  sind  ausgesprochene  Sproßknollen,  d.  h.  sehr  geräumige 
Speicherorgane  für  Wasser. 

c)  Anpassungen  an  wechselfeuchte  Klimate.  Tropopbyten(i*'f')  In  einigen 
dauernd  feuchtwarmen  Tropengegenden  ist  das  Klima  jahraus  jalu'ein  dem 
Pflanzenwachstume  nahezu  gleich  günstig.  Überall  sonst  aber,  wo  eine  aus- 
gesprochene Klimaperiodizität,  ein  regelmäßiger  Wechsel  zwischen  einer 
dem  Pflanzenwachstum  günstigen  Vegetationsperiode  und  einer  ihm  mehr 
oder  weniger  schädlichen  Jahreszeit  (Ruheperiode)  besteht,  die  bald  als  trockne, 
bald  als  kalte  Zeit  (Winter)  ausgebildet  sein  kann,  entspricht  diesem  Wechsel 
eine  auffallende  Periodizität  in  den  Lebensvorgängen  der  Pflanzen.  Darauf 
ist  es  auch  zurückzuführen,  daß  viele  Gewächse  solcher  Klimate  in  mancher 
Hinsicht  anders  gebaut  sind  als  diejenigen  gleichmäßig  feuchtwarmer  Tropen- 
gegenden.   Nur  solche  Formen  werden  ja  dort  gedeihen  können,  die  in  irgend- 


Fig.    199.      Stammsukkulenten :    a    Stapelia    grandiflora 
(Asclepiadacee),    b   Cereus    Pringlei    (Cactacee),   c   Eu- 
phorbia erosa  (Euphorbiacee).     Vs  "^t-  Gr. 


150 


Fitting : 


einer  Weise  den  in  der  ungünstigen  Jahreszeit  drohenden  Gefahren  gewachsen 
sind.  Letztere  bestehen  aber  in  allererster  Linie  auch  da,  wo  ein  sehr  kalter 
Winter  mit  einem  Sommer  abwechselt,  in  einem  Tode  durch  Vertrocknung 
während  der  in  den  Frostperioden  sehr  trockenen  Winterszeit.  Ein  solcher 
Tod  droht  freilich  extremen  Xerophyten  nicht,  weil  ihre  Standorte  auch  in 
der  günstigen  Jahreszeit  dauernd  oder  zeitweihg  sehr  trocken  sind;  sie  können 
oft  ohne  weiteres  die  Trockenperiode  überdauern.  Anders  steht  es  dagegen 
um  die  Gewächse,  die  in  der  günstigen  Jahreszeit  nicht  an  trockenen  Stand- 
orten gedeihen  und  nicht  xerophytischen  Bau  besitzen.  Zunächst  sind  ihre 
Transpirationsorgane,  die  Blätter,  in  der  Trockenzeit  gefährdet.  So  sehen  wir 
denn  als  sehr  auffallende  Eigentümlichkeit  dieser  Gewächse  wechselfeuchter 
lOimate,  daß  vor  oder  zu  Beginn  der  schlechten  Zeit  die  Blätter  von  den 
Sproßachsen  abgeworfen  werden  (laubabwerfende,  sommergrüne  Holz- 
gewächse) oder  sogar  mit  einem  Teil  der  Sproßachsen  absterben  (sommer- 
grüne Kräuter).  Das  genügt  aber  vielfach  noch  nicht,  die  Pflanze  vor  dem  Ver- 
trocknungstode  und  die  Art  vor  dem  Aussterben  zu  bewahren;  denn  auch  die 
embryonalen  Gewebe,  die  zu  Beginn  der  guten  Jahres- 
zeit die  verloren  gegangenen  Teile  ersetzen  müssen,  würden 
in  der  Trockenzeit  vertrocknen,  wenn  sie  nicht  irgendwie 
besonders  geschützt  würden. 

Solche  Schutzeinrichtungen,  bestimmt  die  Pflanze  über 
eine  vegetationsfeindliche  Zeit  hinüber  zu  retten,  kennzeichnen 
die  Gewächse  wechselfeuchter  Klimate,  sofern  sie  nicht  aus- 
gesprochene Xerophyten  sind,  so  auch  die  meisten 
Kormophyten  unserer  Heimat.  In  der  günstigen  Jahres- 
zeit können  sie  einen  wirksamen  Transpirationsschutz  oft 
ganz  entbehren  und  insofern  Hygrophyten  gleichen;  in  der 
ungünstigen  aber  sind  sie  den  extremsten  Xerophyten  ähn- 
lich. Diesem  Wechsel  im  Aussehen  verdanken  die  Tropo- 
phyten  ihren  Namen. 

Entsprechend  ist  auch  der  anatomische  Bau  der  ausdauernden  Teile 
xerophil,  der  nur  in  der  feuchten  Jahreszeit  vorhandenen  dagegen 
hygrophil. 

Die  Gewächse  wechselfeuchter  Klimate  können  aus- 
dauernde Holzgewächse:  Bäume  und  Sträucher,  ausdauernde 
Krautgewächse  (Perenne)  und  einjährige  Kräuter  (Annuelle) 
sein.  Jede  dieser  Gruppen  hat  ihre  besonderen  Schutz- 
einrichtungen gegen  Vertrocknung  ihrer  Transpirationsflächen 
und  ihrer  embryonalen  Gewebe. 

1.  Die  Holzgewächse  wechselfeuchter  Khmate  werfen 
mit  Ausnahme  einiger  weniger  immergrüner,  deren  Blätter 
Xerophytenstruktur  besitzen  (z.  B.  Koniferen,  Hex),  am  Ende  der  Vegetations- 
periode das  Laub  ab  und  schließen  ebenso  wie  die  erwähnten  Immergrünen 
im  Gegensatze  zu  vielen,  wenn  auch  nicht  allen  tropischen  Formen,  ihre 
Sproßvegetationspunkte  während  der  Trocken-  oder  Winterzeit  in  schützende 
Gehäuse,  in  Winterknospen  ein  (Fig.  200). 

Diese  Gehäuse  werden  meist  von  fest  zusammenschließenden  Knospenschuppen, 
Niederhlättern,  gebildet.  Manchmal  werden  dazu  ganze  Primord  i  alb  lätter  verwendet, 
die  in  ungegliedertem  Zustande  verblieben  sind.  Am  häufigsten  aber  gehen  die  Schuppen 
aus  dem  Blattgrunde  hervor,  der  sich  entsprechend  vergrößert  und  ausgestaltet.  Das 
Oberblatt  kommt  alsdann  entweder  gar  nicht  zur  Entwicklung  oder  sitzt  in  mehr  oder 
weniger  reduziertem  Zustande  am  Scheitel  der  Knospenschuppe.  Eine  im  Frühjahr  aus- 
treibende Winterknospe  der  Roßkastanie  (Aesculus  hippocastanum)  zeigt  dies  unmittelbar; 
denn    während    ihre    äußeren  Knospenschuppen    an    den    Spitzen   kaum    etwas   von   einem 


Fig.  200.  Winter- 
knospen der  Rot- 
buche (Fagus  sil- 
vatica).  kns  Knos- 
penschuppen. 
Nat.    Gr.       Nach 

SCHENCK. 


Morphologie.  151 

Oberblatte  erkennen  lassen,  tragen  die  inneren  Knospenschuppen  oft  schon  deutlich  eine 
kleine  ßlattspreite.  In  anderen  Fällen  sind  die  Knospenschuppen  ihrem  Ursprünge  nach  Neben- 
blätter, gehören  also  auch  dem  Blattgrunde  an  (so  bei  der  Eiche).  Nicht  selten  ist  auch  das 
Deckblatt  an  dem  Schutz  seiner  Achselknospe  beteiligt,  indem  sein  Blattgrund  (oder  die  Basis 
seines  Blattstieles)  nach  dem  Blattfall  am  Sproß  sitzen  bleibt  und  kappenförmig  die  Winter- 
knospe deckt.  Bei  Robinia  ist  dieser  Blattgrund  die  einzige  Schutzhülle  der  Winterknospe. 
Die  Knospenschuppen  werden  lederartig  dick  und  hart  und  färben  sich  gewöhnlich 
braun.  Kork-  und  Ilaarüberzüge,  Harz-,  Gummi-  und  Schleimausscheidungen  sowie  ein- 
geschlossene Luftschichten  machen  sie  zu  sehr  wirksamen  Schutzorganen  der  Knospen 
gegen  Austrocknung.  Der  Abscheidung  von  Harz  usw.  dienen  eigenartig  gestaltete  Haar- 
gebilde, die  Leim-  und  Drüsenzotten  oder  Kolleteren  (vgl.  Fig.  56).  So  scheiden 
solche  auf  den  Deckschuppen  sitzenden  Drüsenzotten  in  Winterknospen  vieler  unserer 
Bäume,  z.  B.  der  Roßkastanie,  ein  Gemenge  von  Gummi  und  Harz  ab,  das  durch  Zer- 
sprengung  der  Kutikula  frei  wird  und  sich  zwischen  die  Deckschuppen  ergießt  und  sie 
verklebt.  Wenn  die  Knospen  im  Frühjahr  aufbrechen,  so  werden  die  Knospenschuppen 
gewöhnlich  abgeworfen  und  bedecken  alsdann  den  Boden.  An  den  Jahrestrieben  der 
Bäume  sind  die  untersten  Internodien,  die  zwischen  den  Knospenschuppen  lagen,  besonders 
kurz.  Sie  lassen  die  dicht  gedrängten  Schupp ennarben  und  so  die  Grenzen  der 
aufeinanderfolgenden  Jahrestriebe  erkennen. 

2.  Die  perennierenden  Kräuter  (Stauden)  wechselfeuchter  Klimate  opfern 
nicht  allein  die  Blätter,  sondern  auch  zum  mindesten  die  Teile  der  Laub- 
sprosse, welche  höher  in  die  Luft  ragen  und  der  Vertrocknung  ausgesetzt  sind, 
mit  den  daran  sitzenden  Knospen.  Sie  überwintern  mit  oberirdischen 
Knospen,  die  dicht  über  der  Erde  liegen,  wo  sie  durch  Schnee  oder  fallendes 
Laub  gegen  Vertrocknung  geschützt  werden,  oder  ,, ziehen  ganz  ein"  und  über- 
wintern mit  unterirdischen  Knospen  (Geophyten),  die  in  noch  viel  wirk- 
samerer Weise,  von  feuchter  Erde  umgeben,  vor  Vertrocknung  und  zugleich 
vor  dem  Erfrieren  bewahrt  werden  können. 

Wo  oberirdische  Erneuerungsknospen  vorhanden  bleiben,  sitzen  sie  entweder  an 
oberirdischen,  niederliegenden  Sproßstücken  (z.  B.  Saxifraga,  Stellaria  Holostea,  Thymus  u.  a.) 
oder  an  unterirdischen  Sprossen  (Rhizomen),  so  bei  unzähligen  Pflanzen  Mitteleuropas, 
z.  B.  den  ausdauernden  Rosettenpflanzen,  wie  Bellis,  Taraxacum,  Primula;  den  Zwei- 
jährigen oder  Biennen,  die  mit  einer  Blattrosette  überwintern,  wie  z.  B.  Verbascum,  Digi- 
talis und  vielen  anderen.  Wie  bei  den  Geophyten  können  auch  bei  solchen  Stauden 
unterirdische  Speicherorgane  für  organische  Reservestoffe  vorkommen  (vgl.  S.  153). 

Bei  den  Kräutern  mit  unterirdischen  Überwinterungsknospen,  den 
Geophyten  C*'^),  haben  die  Teile,  die  die  Knospen  tragen,  entsprechend 
ihrem  Lejben  im  Boden  und  ihren  besonderen  Aufgaben  einen  eigenartigen 
Bau.  Es  sind  metamorphosierte  Sprosse:  Wurzelstöcke  (Rhizome), 
Sproßknollen,  Zwiebeln  oder  metamorphosierte  Wurzeln  (Wurzel- 
knollen). Die  im  Frühjahr  austreibenden  unterirdischen  Erneuerungs- 
knospen brauchen  organische  Nahrungsstoffe,  und  zwar  um  so  mehr,  je  länger 
der  Weg  ist,  den  sie  bis  zur  Bodenoberfläche  zurückzulegen  haben.  Diese 
Nahrungsstoffe  werden  in  der  vorausgehenden  guten  Zeit  gebildet,  ehe  die 
Luftsprosse  absterben.  Da  das  Speicherungsvermögen  mit  dem  Volumen 
wächst,  so  wird  es  begreiflich,  daß  die  unterirdischen,  fast  nur  aus  Speicher- 
parenchym  bestehenden  Überwinterungsorgane  bei  vielen  solchen  Gewächsen 
angeschwollen,  dick  sind.  Solche  Speie  he  rorgane  können  Sproßachsen, 
Blätter  oder  Wurzeln  sein,  Sie  entleeren  sich  bei  Beginn  der  guten  Jahres- 
zeit ihrer  Bestimmung  gemäß,  gehen  danach,  mit  Ausnahme  vieler  Rhizome, 
meist  zugrunde  und  werden  oft  in  sehr  eigenartiger  Weise  durch  neue  ersetzt. 
Speicherorgane  von  Pflanzen  sind  es,  die  wegen  ihres  Reichtums  an  ausnutz- 
baren organischen  Reservestoffen  vielen  Tieren  und  uns  Menschen  als  be- 
sonders wertvolle  vegetabihsche  Nahrungsmittel  dienen. 

a)  Die  Wurzelstöcke  und  sehr  viele  Sproßknollen  sind  unter- 
irdische farblose  Sprosse,     Jene  sind  verhältnismäßig  dünn  oder  dick,  mit 


152 


Fitting ; 


langen  oder  kurzen  Internodien  (Fig.  125,  143);  die  Sproßknollen  (z.  B.  die 
Kartoffelknollen,  Fig.  201)  aber  sind  sehr  dick.  Ihre  Blätter  (Niederblätter) 
sind,  wie  meist  an  den  Erdsprossen,  als  Schuppen  ausgebildet.  Die  Reserve- 
stoffe werden  in  den  Sproßachsen  gespeichert,  weshalb  diese  oft  angeschwollen 
sind.  An  solchen  Schuppen,  dem  Vorhandensein  regelmäßig  verteilter  Knospen, 
dem  Fehlen  von  Wurzelhauben,  endlich  an  ihrem  inneren  Bau  lassen  sich  die 
Rhizome  und  unterirdischen  Sproßknollen  von  Wurzeln  unterscheiden.  Meist 
sind  die  Bhizome,  die  bei  manchen  Pflanzen  senkrecht  oder  schräg,  bei  anderen 
horizontal  im  Boden  w^achsen  und  verzweigt  oder  unverzweigt  sind,  dauernd 
mit  Wurzeln  bedeckt,  während  die  Sproßknollen  nach  ihrer  Bildung  zunächst 
gewöhnlich  keine  Wurzeln  ausbilden;  doch  kommen  alle  Übergänge  zwischen 
Rhizomen  und  Sproßknollen  vor. 

Fig.  143  stellt  den  Wurzelstock  von  Polygonatum  multiflorum  dar,  der  auch 
als  Beispiel  eines  Sympodiums  (S.  111)  schon  angeführt  wurde.  Die  mit  c,  d  und  e  be- 
zeichneten Stellen  entsprechen  den  Narben  der  oberirdischen  Triebe  dreier  vorausgegangener 
Jahre.  In  b  ist  die  Basis  des  Stengels  zu  sehen,  der  in  Blüte  stand,  als  das  Rhizom  dem 
Boden  entnommen  wurde;  a  ist  die  Knospe  für  den  nächstjährigen  Trieb. 


/ 


_,  r^ 


Fig.  201.  Unterer  Teil  einer  Kartoffelpflanze  (Sola- 
num tuberosum).  Die  mittlere  dunklere  Knolle  ist 
die  in  die  Erde  gesteckte  Mutterknolle,  aus  der  sich 
die  Pflanze  entwickelt  hat.  Vs  "^t.  Gr.  Nach  der 
Natur  mit  Benutzung  eines  BAiLLONschen  Bildes. 

Nach    SCHENCK. 


Fig.202.  Zwiebel  der  Tulpe  (Tulipa 

Gesneriana)  im  Längsschnitt. 

zJc    Achse,     zs    Zwiebelschuppen, 

V  Terminalknospe,  k  Anlage  einer 

jungen  Zwiebel,  iv  Wurzeln. 

Nat.  Gr.     Nach  Schenck. 


Die  Knollen  der  Kartoffelpflanze,  von  Colchicum  autumnale  oder  Crocus  sativus 
sind  Beispiele  für  unterirdische  Sproßknollen.  Die  Knollen  der  Kartoffelpflanze 
(Fig.  201)  oder  des  Helianthus  tuberosus  sind  unterirdische  Sprosse  mit  angeschwollenen 
Achsen  und  reduzierten  Blättern.  Sie  entstehen  in  Mehrzahl  aus  den  angeschwollenen 
Enden  verzweigter  unterirdischer  Triebe,  Ausläufer  (Stolonen),  und  dienen  gleichzeitig  der 
Vermehrung  der  Mutterpflanze.  Die  an  jeder  Kartoffelknolle  sichtbaren,  regelmäßig  ver- 
teilten Vertiefungen  bergen  Achselknospen  (die  Augen),  die  bestimmt  sind,  im  kommenden 
Jahr  auszutreiben.  Die  kleinen  schuppenförmigen  Blätter,  in  deren  Achseln  die  Augen 
entstehen,  sind  nur  an  ganz  jungen  Knollen  kenntlich.  Nach  Ausbildung  der  Knollen  geht 
die  Mutterpflanze  zugrunde;  die  in  jenen  angehäuften  Nahrungsstoffe  dienen  zum  Aufbau 
der  aus  den  Augen  sich  entwickelnden  Triebe. 


Morphologie. 


153 


Bei  den  Herbstzeitlosen  (Fig.  812)  entsteht  die  neue  Knolle  an  der  alten,  und  zwar 
aus  einer  Achselknospe  seitlich  an  ihrer  Basis,  beim  Safran  (Fig.  821)  aus  einer  Achsel- 
knospe nahe  am  Scheitel;  daher  sitzt  bei  den  Herbstzeitlosen  die  jüngere  Knolle  seitlich 
neben  der  alten,  während  sie  beim  Safran  ihr  aufgesetzt  erscheint. 

Auch  der  Rettich  und  das  Radieschen  sind  (unterirdische)  Sproßknollen,  allerdings 
nur  aus  einem  Teil  eines  einzigen  Internodiums,  nämlich  des  hypokotylen  Stengelgliedes 
der  Keimpflanzen.  An  der  Bildung  dieser  Knollen  nimmt  aber  auch  der  oberste  Teil  der 
Keimwurzel  teil. 

Eine  oberirdische  Sproßknolle,  die  aus  vielen  Internodien  eines  Laubsprosses 
hervorgeht  und  reich  an  organischen  Reservestoffen  ist,  ist  z.  B.  der  Kohlrabi. 

b)  Eine  Zwiebel  (z.  B.  die  Küchen-,  Tulpen-,  Hyazinthenzwiebol)  ist 
ein  unterirdischer  Sproß,  dessen  Achse  scheibenförmig  (Fig.  202  zk)  abgeflacht 
ist  und  dessen  fleischig  angeschwollene  Blätter,  die  Zwiebelschuppen 
{zs),  mit  organischen  Reservestoffen  angefüllt  sind.  Aus  dem  Vegetations- 
punkt der  Achse  entwickelt  sich  der  oberirdische  Trieb.  Eine  neue  Zwiebel 
geht  aus  einer  Knospe  {k)  in  der  Achsel  einer  Zwiebelschuppe  hervor. 

c)  Andere  krautige  Perennen  wechselfeuchter  Klimate  wieder  (z.  B.  die 
Georginen  und  viele  Orchideen)  bilden  Wurzelknollen  aus  (Fig.  203,  204). 
Sie  ähneln  den  Stammknollen,  lassen  ihre  Wurzelnatur  aber  an  ihren  Wurzel- 
hauben, dem  Fehlen  von  Blattanlagen  und  dem  inneren  Bau  erkennen.  Eine 
knollige  Hauptwurzel  heißt  Rübe  (so  bei  der  Mohrrübe,  Zuckerrübe;  beides 
Bienne  mit  oberirdischen  Erneuerungsknospen). 


Fig.  203.  Wurzelknollen  der  Georgine  (Dahlia 
variabilis).     Bei  s  die  unteren  Teile   der  ab- 
geschnittenen Stengel.     Vs  "at.  Gr. 

Nach    SCHENCK. 


Fig.  204.  Wurzelknollen  von  Orchis,  etwas 
schematisiert.  /'  die  alte,  i"  die  neue 
Wurzelknolle  dieses  Jahres,  b  Blütensproß. 
k  Die  Achselknospe  aus  dem  Deck-  (Nieder-) 
Blatt  ^  daran,  an  der  die  neue  Knolle  t" 
entstanden  ist.  r  Adventivwurzeln,  unver- 
dickt.  n  Die  Narbe  an  der  alten  Knolle 
zeigt  die  Stelle,  womit  die  alte  Knolle  an 
ihrem  Muttersproß  befestigt  war.  ^/^  nat.  Gr. 


Eigenartig  sind  die  Wurzelknollen  der  Orchideen  aufgebaut:  sie  sind  eiförmig 
(Fig.  204)  oder  bandförmig  gestaltet  (Orchis  latifolia)  und  entstehen  stets  nur  aus  einer 
Wurzel,  die  bandförmigen  durch  deren  Gabelung.  Man  findet  miteinander  verbunden  eine 
ältere  (/')  und  eine  jüngere  Knolle  (/").  Die  ältere  hat  bereits  einen  Blütensproß  {b)  ge- 
tragen und  ist  im  Schrumpfen  begriffen.  Die  jüngere  ist  an  der  Basis  dieses  Sprosses  in 
der  Achsel  eines  Niederblattes  {s)  an  dessen  Aclisel knospe  {k)  entstanden,  und  zwar  durch 
Anschwellung  einer  sproßbürtigen  Wurzel  dieser  Knospe.  Unverzweigte  dünne  Wurzeln 
entspringen  über  den  Knollen  aus  der  Stengelbasis. 

Viele  Zwiebeln,  Knollen  und  Rhizome  haben  eine  spezifische  Tiefcn- 
lage,  die  freilich  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Bodens  variieren  kann.     So 


154 


Fitting : 


liegen  z,  B.  die  Rhizome  von  Paris  in  2—5  cm,  die  von  Arum  bei  6 — 12,  von 
Colchicum  bei  10 — 16,  von  Asparagus  officinalis  bei  20 — 40  cm  Tiefe.  Die 
Samen  keimen  aber  auf  oder  dicht  unter  der  Erde.  Die  Erdsprosse  der  jungen 
Pflanzen  müssen  also  tiefer  und  tiefer  in  die  Erde  eindiingen.  Dies  geschieht 
zum  Teil  durch  die  Zuwachsbewegung  des  Stammes  (vgl.  S.  305),  zum  Teil 
aber  auch  durch  kontraktile  Wurzeln  (Zugwurzeln).  Bei  Lihum  z.  B. 
(Fig.  205)  sind  alle  Wurzeln  stark  kontraktil.  Ihre  Tätigkeit  ist  am  besten 
aus  Fig.  205,  3  zu  erkennen,  wo  die  beiden  untersten  Wurzeln  durch  ihre 
Kontraktion  die  Zwiebel  so  verlagert  haben,  daß  die  höheren  an  ihrer  Basis 

im      Bogen     gekrümmt 
f       f       t-        ?•  worden    sind.     Hat    die 

Zwiebel  die  richtige  Tiefe 
erlangt,  so  wird  sie  durch 
Wurzelkontraktion  jähr- 
hch  nur  um  so  viel  tiefer 
gezogen,  als  sie  durch 
Wachstum  des  Vege- 
tationspunktes aufsteigt. 
In  anderen  Fällen  sind 
nicht  alle  Wurzeln  kon- 
traktil (Arum),  oder  es 
sind  überhaupt  nur  sehr 
wenige  oder  gar  nur  eine 
einzige  Kontraktions- 
wurzel ausgebildet  (Cro- 
cus,  Gladiolus,  Oxalis  ele- 
gans).  Handelt  es  sich 
bei  den  bisher  geschil- 
derten Fällen  durchweg 
um  Seitenwurzeln,  die 
die  richtige  Tiefenlage 
sichern,  so  kann  z.  B. 
bei  manchen  Rosetten- 
pflanzen die  Haupt- 
wurzel durch  andau- 
ernde Kontraktion  wäh- 
rend ihres  sekundären 
Dickenwachstums  dafür 
sorgen,  daß  der  Vege- 
tationspunkt jedes  Jahr 
um  so  viel  durch  die 
Wurzel  in  die  Tiefe  ge- 
zogen wird,  wie  er  durch 
Wachstum  in  die  Höhe 
rückt,  so  daß  die  Rosette  stets  dem  Erdboden  anliegen  bleibt  (Gentiana 
lutea). 

3.  Die  annuellen  Kräuter  schließlich  geben  für  die  schlechte  Jahreszeit 
ihre  Vegetationsorgane  überhaupt  auf:  sie  überdauern  diese  in  der  denkbar 
sichersten  Weise  mit  ihren  trockenen  Samen,  in  denen  ebenfalls  Reservestoffe 
reichlich  gespeichert  sind.  ■ — 

Je  gleichmäßiger  günstig  das  Klima  während  des  ganzen  Jahres  für 
die  Pflanzenwelt  ist  (wie  in  feuchten  Gebieten  der  Tropen),  um  so  mehr  über- 
wiegen immergrüne  Holzgewächse  in  der  Vegetation,  der  freihch  immergrüne 


Fig.  205.  1—4  Keimung  von  Lilium  Martagon.  Verkleinert. 
Die  horizontale  Linie  stellt  die  Erdoberfläche  vor;  die  verti- 
kalen Marken  haben  Zentimeterabstand.  /  Keimling  mit 
Samen;  2  Keimpflanze  am  Ende  des  2.  Jahres;  3  junge 
Pflanze  noch  im  Absteigen  begriffen ;  4  ausgewachsene 
Pflanze  in  der  Normaltiefe.  5  Colchicum  autumnale  (etwas 
verkleinert) ;  punktiert  ist  die  ursprüngliche  Lage  der 
Knolle,  ausgezeichnet  die  neue  Lage,  die  durch  Wurzel- 
kontraktion  herbeigeführt  wurde.  6  Kontrahierte  Wurzel 
von  Lilium.     Vergr.  6fach.     Nach  Rimbach. 


Morphologie. 


155 


perennierende  Kräuter,  oft  auch  mit  Erdsprossen,  nicht  völlig  fehlen.  Um- 
gekehrt, je  extremer  die  Ellimaperiodizität  ausgebildet  ist,  wie  z.  B.  in  den 
Steppen  mit  schroffer  und  sehr  langer  Trockenzeit  oder  in  Klimaten  mit  harten 
Wintern,  um  so  größer  wird  in  der  Vegetation  der  Prozentsatz  an  Tropophyten 
mit  hochgradigen  Schutzeinrichtungen  und  bei  den  Kräutern  an  Geophyten 
und  Annuellen.  Letztere  treten  aber  in  Gebieten  mit  sehr  kurzen  und  kalten 
Vegetationsperioden,  z.  B.  im  Hochgebirge  und  in  der  Arktis,  wieder  stark 
zurück. 

b)  Anpassungen  an  den  Lichtgewmn(i'^'^). 

Je  üppiger  sich  durch  die  Gunst  des  Klimas  die  Vegetation  entfaltet, 
um  so  riesenhaftere  Pflanzenformen  treten  uns  in  ihr  entgegen.  In  den  tro- 
pischen Regenwäldern  sind,  wie  eben  schon  erwähnt,  neben  wenigen  niedrigen 
immergrünen  Kräutern  kleinere  und  größere  immergrüne  Sträucher  aus- 
gebildet, die  wieder  von  zum  Teil  riesigen  ebensolchen  Bäumen  (vgl.  dazu 
auch  S.  120)  überschattet  werden.  Je  höher  die  Pflanzengestalten  des  Waldes 
sind,  um  so  mehr  direktes  Sonnenlicht  wird  von  ihren  Blättern  aufgefangen, 
das  kleineren  Pflanzenformen  verloren  geht. 

Die  Kutikula  der  Blätter  solcher  Tropenbäume  ist  oft  besonders  glatt.  Sie  wirft 
einen  Teil  des  Sonnenlichtes  zurück,  wodurch  die  Glanzlichter  entstehen,  die  für  das  Laub 
der  Tropen  bezeichnend  sind.  Das  ist  vielleicht  eine  Schutzeinrichtung  gegen  zu  starke 
Bestrahlung.  Andere  Schutzmittel  gegen  zu  starke  Bestrahlung  wurden  bei  Besprechung 
der  Xerophyten  auf  S.  145  ff.  erwähnt. 

Die  kleinen  und  niech-igen  Schatten  pflanzen  der  Urwälder  und  auch 
unserer  Wälder  sind  angepaßt,  die  Kohlensäure  mit  oft  großen  Blattspreiten 
in  auffallend  schwachem  Lichte  noch  hinreichend  zu  assimilieren. 

Im  Kampfe  um  das  Licht  sind  außer  Bäumen  und  Sträuchern  zwei 
Kormophytengruppen  ganz  eigenartigen  Baues  entstanden,  die  für  die  tropi- 
schen Regenwälder  besonders  bezeichnend  sind,  ohne  bei  uns  ganz  zu  fehlen: 
die  Kletterpflanzen  (Lianen)  und  die  Epiphyten. 

1.  Lianen  oder  Kletterpflanzen (^o*^).  Sie  vermögen  ohne  großen  Material- 
aufwand, ohne  säulenförmige  Stämme,  in  kurzer  Zeit  ihr  Laub  dem  Schatten, 
etwa  des  Waldes,  zu  entziehen  und  es  an  die  Peripherie  der  Baumkronen  oder 
der  sonstigen  Vegetationsdecke  stärkerem  Lichte  darzubieten,  indem  sie  mit 
dünnen  Stengeln  an  fremden  Sprossen,  Baumstämmen  und  Ästen  empor- 
klettern. Die  tauartigen  Stämme  der  Lianen  sind  es,  die  den  Urwald  der 
Tropen  in  ein  vielerorts  undurchdringliches  Dickicht  verwandeln. 


Fig.  206.  Stengelstück  und  Blatt  der  Erbse 
(Pisum  sativum),  s  Stengel,  n  Nebenblätter, 
b  Blättchen  des  einfach  gefiederten  Blattes, 
r  die  zu  Ranken  ausgewachsenen  Blättchen, 
a  der  Blüten  tragende  Achselsproß. 
V,  nat.  Gr.     Nach  Schknck. 


Fig.  207.  Stengelstück  der  Rankenplatt- 
erbse (Lathyrus  Aphaca).  .r  Stengel, 
n  Nebenblätter,  b  Blattranke.    '/.,  nat.  Gr. 

Nach    SCHENCK. 


156 


Fitting : 


Das  Klettern  wird  in  sehr  verschiedener  Weise  bewerkstelligt,  z.  B.  durch 
widerhake nförmige  Seitensprosse  oder  Haare  und  Stacheln  oder  durch  beides, 
oder  durch  Dornen  (Spreizklimmer:  Galium  Aparine,  Kletterrosen,  Solanum 
Dulcamara),  oder  durch  Wurzeln  (Wurzelkletterer:  Efeu,  viele  Ai'aceen), 
oder  durch  Windebewegungen  (Schlingpflan- 
zen: Hopfen,  Feuerbohne),  oder  endlich  durch 
besondere  Befestigungsorgane,  die  Ranken  (Ran- 
kenpflanzen). Die  Ranken  sind  fadenförmige, 
unverzweigte  oder  verzweigte  Organe,  die,  mit 
Kontaktreizbarkeit  (vgl.  S.  312)  ausgestattet, 
^^tÄli  fremde   Stützen  umwickeln  und  den  Sproß  daran 

()  /^vipf  befestigen  können.   Bei  vielen  Kletterpflanzen  sind 

L    n    w  es   metamorphosierte    Sproßachsen  (Sproß- 

ranken), so  beim  Weinstock,  wilden  Wein  (Fig. 
208)  und  bei  den  Passionsblumen,  bei  anderen  um- 
gebildete Blätter  (Blattranken),  z.  B.  beim 
Kürbis,  bei  der  Gurke  und  bei  Lathyrus  Aphaca 
(Fig.  207),  wo  die  Funktionen  der  zur  Ranke  ge- 
wordenen Blattspreite  durch  die  blattartig  aus- 
gebildeten Nebenblätter  übernommen  worden  sind, 
oder  es  sind  umgebildete  Teile  von  Blatt- 
spreiten (z.  B.  bei  der  Erbse,  Fig.  206),  wo  sich 
die  oberen  Blättchen  des  Fiederblattes  in  eine  ver- 
zweigte  Ranke  umgewandelt  haben). 

Bei  gewissen  Arten  des  wilden  Weins,  Parthe- 
noeissus  quinquefolia  und  P.  tricuspidata  (Fig. 
208),  sind  die  Rankenzweige  befähigt,  an  ihren 
Enden  Haftscheiben  auszubilden  und  sich  mit 
diesen  auch  an  flachen  Stützen  zu  befestigen. 
Bezeichnend  für  fast  alle  Lianen 
sind  ihre  ungewöhnlich  weiten  Tracheen 
und  Siebröhren,  ferner  bei  den  tropischen 
Kletterpflanzen  Anomalien  des  sekun- 
dären    Dickenwachstums,  wodurch 


Figf2ü8 
cuspidata. 


Parthenocissus  tri- 
RR  Sproßranken. 


7^  nat.  Gr.     Nach  Noll. 


Fig.  209.  Querschnitt  durch  den  Stamm  von 
Serjania  Laruotteana.  sk  Teile  des  zer- 
sprengten Sklerenchymringes  des  Peri- 
zykels,  /  und  l*  Bastzonen,  lg  Holzkörper, 
7n  Mark.    Vergr.  2.     Nach  Sträsburger. 


Fig.   210.     Querschnitt  durch   den  Stamm 

einer  Bignoniacee  aus  Blumenau.    Nat.  Gr. 

Nach   SCHENCK. 


gefurchte,  zerklüftete  oder  geteilte  Holzkörper  entstehen,  die  die  tauförmigen,  langen  und 
schwanken  Sprosse  biegungs-  und  torsionsfähig  machen.  Gefurchte  Holzkörper  sind  bei 
vielen  Bignoniaceen-Lianen  ausgebildet.  Der  Kambiummantel  erzeugt  zuerst  in  gewohnter 
Weise  nach  innen  Holz,   nach   außen  Bast  und  bildet  einen  normal  gebauten  Holzzylinder 


Morphologie. 


157 


i 


Hierauf  beginnt  er  aber  an  einzelnen  Stellen  nur  noch  wenig  Holz  nach  innen,  um  so  mehr 
Bast  nach  außen  zu  bilden.  Das  hat  zur  Folge,  daß  tiefe  ßastkeile,  die  stufenförmig  nach 
außen  an  Breite  zunehmen,  in  das  äußere  Holz  hineinreichen  (Fig.  210).  Das  Kambium 
ist  dabei  in  Längsstreifen,  breitere  an  den  Holzvorsprüngen,  schmälere  im  Grunde  der 
Bastkeile,  zerfallen.  Das  fortwachsende  Holz  muß  an  diesen  Bastkeilen  vorbeigleiten,  so 
daß  seitlich  zwischen  diesen  Holzteilen  und  den  Bastkeilen  keine  Verbindung  besteht. 
Mehrere  Holzzylinder  sind  verschiedenen  tropischen  Lianen  aus  den  Sapindaceen- 
Gattungen  Serjania  und  PauUinia  eigen  (Fig.  209).  Sie  kommen  dadurch  zustande,  daß 
die  Leitbündel  in  den  primären  Stammteilen  auf  dem  Querschnitte  nicht  im  Kreise  an- 
geordnet sind,  sondern  eine  ringförmige  Figur  mit  mehr  oder  weniger  tiefen  Ausbuchtungen 
bilden.  Letztere  werden  quer  durch  den  Stamm  hindurch  durch  Kambium  verbunden,  worauf 
mehrere   Kambiumringe   nebeneinander   im  Stengel  liegen. 

2.  Epiphyteii(io').  Eine 
andere  Gruppe  von  Kormo- 
phyten  kann  die  Blätter 
dadurch  in  stärkeres  Licht 
bringen,  daß  ihre  Vertreter 
nicht  im  Boden  wurzeln, 
sondern  sich  von  vorn- 
herein in  den  Kronen  der 
höchsten  Bäume  auf  ihren 
Ästen  ansiedeln.  Solche 
Pflanzen  nennt  man  Epi- 
phyten.  Diese  Bäume  die- 
nen ihnen  nur  als  Unter- 
lagen; sie  können  deshalb 
auch  durch  anorganische 
Substrate,  z.  B.  Felsen,  er- 
setzt werden.  Zu  epiphyti- 
scher  Lebensweise  sind  na- 
türlich nur  solche  Gewächse 
geeignet  und  befähigt,  deren 
Samen  durch  Luftströmun- 
gen oder  durch  Tiere  immer 
wieder  auf  die  Äste  der 
Bäume  gebracht  werden. 
Für  die  epiphy  tischen 
Pflanzen  ist  offenbar  die 
Beschaffung  des  nötigen 
Wassers  und  der  Nährsalze 
recht  schwierig.  Infolge- 
dessen kommen  sie  nur  in 
warmen  Gebieten  mit  reich- 
lichem Regenfall  und  großer 
Luftfeuchtigkeit,  deshalb  also  vor  allem  in  den  tropischen  Regenwäldern, 
vor.  Außerdem  findet  man  bei  ihnen  oft  eigenartige  Einrichtungen,  die 
diesen  Schwierigkeiten  begegnen:  bei  vielen  Epiphyten  Sproßknollen  als 
Wasserspeicher  (z.  B.  Orchideen),  die  bei  Regenwetter  gefüllt  werden,  oder 
Einrichtungen,   um  Wasser  aufzufangen. 

In  unseren  Gegenden  sind  die  Epiphyten  nur  durch  rindenbewohnende  Algen, 
Flechten  und  Moose  vertreten,  die  vollständige  Austrocknung  vertragen.  In  den  Tropen 
kommen  aber  auch  sehr  viele  Kormophyten  als  Epiphyten  vor.  z.  B.  in  der  Gruppe  der 
Pteridophyten,  in  den  Familien  der  Orchideen,  Bromeliaceen,  Araceen  u.  a. 

Die  Seh  wi  erigkeiten  der  Wasserversorgung  machen  es  verständlich,  daß 
die  Epiphyten  fast  sämtlich  ausgesprochene  Xerophyten  sind  (Fig.  196).   Sie  befestigen  sich 


Fig.    211.      Dischidia    Rafflesiana    mit    Laub-    (/)    und 

Kannenblättern  (k).    B  Längsschnitt  einer  Kanne,    ö  ÖU- 

nung,  st  Stiel  der  Kanne,  ?«'  Wurzel.    A  ca.  V3,  -B  ca.  \^_ 

nat.  Gr.     Nach  Treue. 


158  Fitting: 

an  ihren  Unterlagen  mit  Haftwurzeln;  das  sind  verhältnismäßig  kurze,  unverzweigte 
und  das  Licht  fliehende  Wurzeln,  die  fremde  Gegenstände  umklammern  und  oft  Drähten 
gleichen.  Außer  diesen  Ilaftwurzeln  werden  übrigens  bei  vielen  Araceen  auch  viel  längere 
Nähr  wurzeln  ausgebildet,  die  frei  nach  unten  in  die  Luft  hängen  und  ohne  jede  Ver- 
zweigung nach  abwärts  wachsen,  bis  sie  den  Boden  erreichen,  worin  sie  sich  verzweigen. 
Die  Mehrzahl  aber,  die  keine  Wurzeln  bis  zum  Erdboden  treibt,  ist  auf  das  Wasser  der 
Regengüsse  angewiesen,  das  sie  meist  mittels  besonderer  Apparate  aufnehmen  und 
sammeln.  Baumbewohnende  tropische  Orchideen  und  auch  einige  Araceen  besitzen 
zur  Aufnahme  von  Regen  an  ihren  Luftwurzeln  ein  besonderes  Gewebe:  die  mehrschichtige 
Epidermis  ist  eine  Hülle,  Wurzelhülle  oder  Yelamen,  die  in  manchen  Fällen  nicht 
unbeträchtlich  dick  wird.  Ihre  Zellen,  die  den  lebenden  Inhalt  einbüßen  und  in  den  Zell- 
wänden meist  schrauben-  oder  netzförmige  Verdickungen  und  häufig  auch  Löcher  besitzen, 
sind  je  nach  dem  Feuchtigkeitsgrade  der  Umgebung  mit  Luft  oder  mit  Wasser  gefüllt.  Sie 
saugen  wie  Fließpapier  das  Wasser  auf.  Sind  die  Zellen  mit  Luft  gefüllt,  so  erscheint 
die  Hülle  weiß;  enthalten  sie  Wasser,  so  schimmert  das  innere  Gewebe  mit  grüner  Farbe 
durch.  Bei  anderen  epiphy tischen  Orchideen  und  Araceen  bilden  die  nach  aufwärts 
wachsenden  Luftwurzeln  ein  reichverzweigtes  Geäst,  in  dem  sich  durch  Verwesung  darauf- 
gefallener Biälter  Humus  und  darin  auch  Wasser  ansammelt.  Namentlich  unter  den 
Farnen  aber  finden  sich  Epiphyten,  deren  Blätter  den  Humus  sammeln:  Bei  Asplenium 
nid  US  sitzen  die  Blätter  dem  dichten  Stamm  in  kurzer  Rosette  an;  der  trichterförmige 
Raum  über  der  Stammknospe,  den  sie  einschließen,  füllt  sich  mit  Humus.  Bei  Poly- 
p  0  d  i  u  m  -  und  Platycerium-  Arten  aber  werden  besondere  Blätter  als  „Nischenblätter", 
,,Mantelblätter"  usw.  ausgebildet,  die  alle  der  Sammlung  von  Humus  und  von  W^asser 
dienen.  Noch  weiter  geht  in  der  Umbildung  der  Blätter  die  Asclepiadee  Dischidia 
Rafflesiana  (Fig.  211):  Einige  Blätter  sind  als  tiefe  Urnen  mit  engen  Mündungen 
ausgebildet;  in  die  Urnen,  in  denen  das  Transpirationswasser  kondensiert  wird,  wachsen 
Wurzeln  hinein,  verzweigen  sich  darin  und  nehmen  zusammen  mit  diesem  Wasser  wert- 
volle stickstoffhaltige  Substanzen  auf;  die  Urnen  enthalten  nämlich  gewöhnlich  Kolo- 
nien von  Ameisen,  deren  Fäkalien  und  abgestorbene  Leiber. 

Ein  Extrem  unter  diesen  Epiphyten  sind  die  amerikanischen  Bromeliaceen,  bei 
denen  Wurzeln  überhaupt  fehlen  können  (Tillandsia  usneoides)  oder  nur  Haftorgane  sind. 
Die  Wasseraufnahme  erfolgt  hier  ausschließlich  durch  eigenartige  schildförmige  Schuppen- 
haare, die  auf  den  Blättern  sitzen.  Nicht  selten  bilden  bei  diesen  Gewächsen  die  dicht 
aneinander  schließenden  Blattbasen  einen  trichterförmigen  Hohlraum,  in  dem  sich  Wasser 
sammelt  (Z  ister  nenepiphyten). 

c)  Anpassungen  der  grünen  Kormophyten  an  besondere  Ernährungsweise. 

Solche  kommen  bei  den  msektenfressenden,  fleischfressenden  oder  karni- 
voren  Pflanzen  vor(^°*).  Das  sind  Pflanzen,  die  zwar  mit  grünen  Blättern 
organische  Substanzen  aus  Kohlensäure  bilden  und  völlig  autotroph  leben 
können,  außerdem  aber  mit  Einrichtungen  zum  Fangen  und  Festhalten  kleiner 
Tiere,  vor  allem  Insekten,  ausgestattet  sind  und  durch  ausgeschiedene  Enzyme 
die  Beute  so  weit  wie  möglich  auflösen,  verdauen  und  als  Nahrung  resorbieren. 

Für  den  Tierfang  bestehen  bei  den  karnivoren  Pflanzen  die  mannig- 
faltigsten Einrichtungen.  Auf  den  Droserablättern  stehen  wie  Schnecken- 
fühler gestaltete,  von  einem  Leitbündel  durchzogene  Auswüchse  oder  Emer- 
genzen,  die  Tentakeln  (Fig.  212,  213),  deren  Drüsenköpfchen  ein  klebriges 
Sekret  in  Form  glänzender  Tröpfchen  absondern.  Insekten  bleiben  an  diesen 
Drüsen  hängen,  kommen  bei  ihren  Befreiungsversuchen  mit  noch  mehr  Drüsen 
in  Berührung  und  werden  dadurch  um  so  fester  gehalten.  Durch  den  Reiz 
veranlaßt,  krümmen  sich  sämtliche  Tentakeln  nach  dem  Opfer  hin,  wobei  die 
Blattfläche  selbst  hohl  wird  und  das  Insekt  umfaßt. 

Bei  der  ebenfalls  in  Deutschland  heimischen  Pingui cula  legt  sich  ei- 
fach  der  Blattrand  um  das  kleine  Tier,  das  an  den  winzigen  Hautdrüsen  hängen 
bleibt. 


Morphologie. 


159 


Die  auch  bei  uns,  in  stehenden  Gewässern,  vorkommenden  Utricularia- 
Arten  tragen  an  den  zerschlitzten  Blättern  (Fig.  214)  in  grüne  Blasen  um- 
gewandelte Blattzipfel.  Die  Blasen  sind  mit  Wasser  gefüllt  und  besitzen 
eine  kleine  viereckige  Öffnung,  die  mit  einer  elasti- 
schen, nur  nach  innen  sich  öffnenden  Klappe  ver- 
schlossen ist.  Berühren  kleine  Wassertiere,  z.  B. 
Ki-ebse,  eine  der  vier  hebelartig  wirkenden  Borsten, 


Fig.    212      Blätter   von    Drosera   rotundifolia,    links    mit   teils   eingekrümmten   Tentakeln, 
von    oben;    rechts    mit   ausgebreiteten    Tentakeln,    von   der    Seite   gesehen.     Vergr.  4  fach. 

Nach  Darwin. 


die  am  unteren  Rande  des  Blasendeckels  (Fig.  214  C)  nach  außen  hervor- 
starren, oder  den  Deckel  selbst,  so  werden  sie  durch  eine  eigenartige  ,, Schluck- 
bewegung" der  Blase,  die  durch  Entspannung  der  durch  einen  Kohäsions- 
mechanismus  (vgl.  S.  296)  elastisch  gespannten 
Blasenwände  zustandekommt,  mit  einem  Wasser- 
Strom  in  die  Blase  gesogen;  darauf  springt  die 
Klappe  sogleich  in  ihre  Ausgangsstellung  zurück 


Fig.  213.    Digestionsdrüse  von 

Drosera  rotundifolia.  Vergr.  60. 

Nach  Strasburger. 


Fig.  214.  Utricularia  vulgaris.  Bei  A  ein  Blattstück  mit 
mehreren  Blasen.  Vergr.  2.  Bei  B  ein  Fiederteil  des 
Blattes  mit  Blase.  Vergr.  6.  Bei  C  eine  Blase  im  Längs- 
schnitt. Vergr.  etwa  28.  In  Cv  Klappe,  a  Blasenwandung. 
A,  B  nach  Schenck,  C  nach  Goebel. 


160 


Fitting: 


^^ 


\\Wyy: 


T 


und  verwehrt  ihnen  den  Austritt,  so  daß  man  oft  viele  Tierchen  in  einer 
Blase  gefangen  findet.  Haare,  die  von  der  inneren  Blasenwand  entspringen, 
besorgen  die  Resorption  der  verdauten  tierischen  Körper  und  eines  Teiles  des 

Wassers  in  den  Blasen,  wodurch  eben 
\  '<  1   j  /  y  die  Blasenwände  elastisch  gespannt 

und  zu  der  Scliluckbewegung  bereit 
gemacht  werden  ('°'*). 

Stattlicher  und  noch  leistungs- 
fähiger sind  die  Fangeinrichtungen 
ausländischer  Karnivoren.  Geradezu 
überraschend  ist  die  Schnelligkeit, 
mit  der  die  Venusfliegenfalle, 
Dionaea,  auf  den  Torfmooren  Caro- 
linas ihre  gezähnten  Blatthälfton  zu- 
sammenklappt und  das  Insekt, 
das  sich  darauf  wagt,  gefangen 
nimmt.  Fig.  215  stellt  ein  Dionaea- 
blatt  in  offenem  Zustande,  zum 
Fange  bereit,  dar.  Ähnlich  gebaute 
Blätter  besitzt  die  auch  bei  uns  heimische,  aber  sehr  seltene  Wasserpflanze 
Aldrovanda. 

Bei  anderen  ausländischen  Karnivoren  tritt  vorherrschend  die  Kannen- 
form als  Tierfalle  auf,  so  bei  Nepenthes,  Cephalotus,  Sarracenia, 
Darlingtonia.      Die   Kannen  entstehen,  indem  ganze   Blätter  oder   Teile 

dieser  sich  zu  krugartigen  Behältern 
ausbilden  (vgl.  Fig.  216.  217),  die  meist 


Fig.    215.     Ein    Blatt    der   Venusfliegenfalle 

(Dionaea    muscipula).     Der    schraffierte    Teil 

der  Innenfläche  dicht   mit  Verdauungsdrüsen 

besetzt.     Vergr.  4 fach.     Nach  Darwin. 


^ 


Fig.  216.    Nepenthes  robusta.    Gewächshaus- 
pflanze.    Vo  nat.  Gr.     Nach  Schenck. 


Fig.  217.  Blatlkanne  einer  Nepenthes. 
Am  Grunde  der  Kanne,  aus  der  ein  Stück 
herausgeschnitten  gedacht  ist,  steht  die 
von  den  Blattdrüsen  ausgeschiedene 
Flüssigkeit /%  in  der  hineingefallene  Tiere 
verdaut  werden.    ^L-,  nat.  Gr.    Nach  Noll. 


Morphologie. 


161 


von  einem  Deckel,  wohl  zur  Abhaltung  des  Regenwassers,  überdacht  sind. 
Bei  Nepenthes  z.  B.  geht  jede  Kanne,  wie  Goebel  nachgewiesen  hat,  aus 
einer  entsprechend  umgeformten  Blattspreitc  hervor;  der  Blattgrund  ver- 
breitert sich  zugleich  spreitenförmig;  der  Blattstiel,  der  beide  trennt,  kann 
eine  Ranke  sein.  Im  Grunde  solcher  Kannen  steht  eine  von  Drüsen  aus- 
geschiedene wäßrige  Flüssigkeit.  Tiere,  die  bei  Nepenthes  durch  Honig- 
abscheidungen  am  Rande  der  Kanne  angelockt  werden  und  den  Kannen- 
rand betreten,  gleiten  aus,  fallen  in  die  Flüssigkeit  und  werden  im  Innern 
der  Kannen  durch  kleine  Haare,  die  alle  nach  abwärts  gerichtet  sind,  am 
Zurückklettern  verliindert. 

B.  Heterotrophe  Kormophyten  (^^^^^ 

Neben  den  grünen  Kormophyten,  die  das  Licht  brauchen,  um  mittels 
des  Chlorophylls  aus  Kolilensäure  und  Wasser  die  organischen  Substanzen 
aufzubauen,  und  wohl  auch 
stark  transpirieren  müssen, 
um  die  Bodennährsalze  in  ge- 
nügender Menge  in  ihrem  Körper 
anzureichern,  gibt  es  wie  bei  den 
Thalluspflanzen  auch  solche,  die 
alle  oder  einen  Teil  ihrer  orga- 
nischen Substanzen  von  außen 
beziehen,  und  zwar  meist  aus 
lebenden  Organismen  (Schma- 
rotzer oder  Parasiten).  Diese 
Formen  brauchen  also  kein 
Licht  und  keine  Transpiration. 
Ihrer  besonderen  Ernährungs- 
weise entspricht  ein  ganz  eigen- 
artiger, von  den  grünen  Kormo- 
phyten völlig  abweichender  Bau. 
Er  führt  vor  Augen,  wie  sehr 
die  Chlorophyllfunktion  mit  der 
Ausgestaltung  der  grünenPflanze 
in  Beziehung  steht.  Mit  dem 
Zurücktreten  oder  dem  Ver- 
schwinden des  Chlorophylls  in 
den  Schmarotzern  gehen  die 
besonders  für  die  Assimilation 
und  die  Transpiration  einge- 
richteten großen  Blattflächen 
verloren;  die  Blätter  werden  zu 
unscheinbaren  gelblichen  Schup- 
pen oder  fehlen  ganz.  Auch  ihre 
Träger,  die  Sproßachsen,  sind 
mehr  oder  weniger  reduziert  und 
gelbhch,  nicht  grün  gefärbt.  Da 
eine  lebhafte  Transpiration  nicht  mehr  stattfindet,  so  schwinden  bei  vielen 
Formen  auch  die  Wurzeln.  Infolgedessen  bleiben  auch  die  Gefäßteile  der 
Leitbündel  schwach  entwickelt,  und  eiiie  Holzbildung  findet  höchstens  in 
ganz  geringem  Umfange  statt.  Diesem  Fortfall  der  Assimilationseinrichtungen 
steht  aber  die  Ausbildung  neuer  Einrichtungen  gegenüber,  die  es  den  Para- 
siten gestatten,  in  den  Körper  des  befallenen  Organismus  bis  zu  den  Leitungs- 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  11 


Fig.  218.    Ein  Leguniinoseiizweig,  dicht  besetzt  mit 

hervorbrechenden    Blüten    des    Schmarotzers    Pilo- 

styles    Ulei   Solms    (Rafflesiacee).     Nach    Goebel, 

Organographie. 


162 


Fitting : 


bahnen  einzudringen  und  derart  in  dessen  Stoffwechsel  einzugreifen,  daß  er 
seinen  Wirt  ausgiebig  berauben  kann. 

Manche  ausländische  Schmarotzerpflanzen  schließMch,  so  besonders  die 
Rafflesiaceen,  sind  derart  in  parasitischer  Lebensweise  aufgegangen,  daß 
ihre  Vegetationsorgane  äußerhch  überhaupt  nicht  mehr  sichtbar  und  gar 
nicht  mehr  kormophytisch  geghedert  sind,  sondern  als  hyphenähnhche  Stränge 

ganz  innerhalb  der  Wirts- 
pflanze wachsen,  aus  der  die 
fremdartigen  Blüten  des 
Schmarotzers  überraschend 
hervorbrechen,  z.  B.  Pilo- 
styles-Arten  (Fig.  218). 
Auch  die  größte  der  bekann- 
ten Blüten,  die  bis  zu  1  m 
Durchmesser  erreichende 
Blüte  der  in  Sumatra  leben- 
den Rafflesia  Arnoldi, 
sitzt  den  Wurzeln  ihrer  reben- 
artigen Nährpfianze,  einer 
Cissus-Art,  in  dieser  Weise 
unmittelbar  auf. 

Als  Beispiel  einer  einheimi- 
schen parasitisch  lebenden  Phanero- 
game  sei  hier  die  zur  Familie  der 
Convolvulaceen  gehörige  Cuscuta 
europaea  behandelt,  obgleich  der 
Chlorophyllgehalt  ihrer  Sproß- 
achsen, denen  die  Laubblätter 
fehlen,  noch  an  die  normal  assi- 
milierenden Pflanzen  erinnert, 
wenn  er  auch  nur  sehr  gering  ist. 
Rechts  unten  in  Fig.  219  sind 
Cuscutakeimlinge  dargestellt,  wie 
sie  sich  im  Frühjahr  aus  dem 
Samen  entwickeln.  Schon  der 
Keimling  verzichtet  auf  die  Er- 
nährung mittels  der  Kotyledonen, 
die  verkümmert  sind;  auch  sein 
Keimwürzelchen  stirbt  immer  bald 
ab.  Das  Keimstengelchen  aber 
streckt  sich  sofort  zu  einem  langen 
dünnen  Faden,  dessen  freies  Ende 
sich  in  weitem  Kreise  herum  be- 
wegt und  dadurch  eine  in  seinem 
Bereiche  wachsende  Nährpflanze 
auffindet.  Ist  von  dem  Orte  der 
Keimung  aus  keine  Wirtspflanze 
zu  erreichen,  so  vermag  der  Keim- 
ling eine  kurze  Strecke  weiter  zu 


-^-^ 


Fig.  219.  In  der  Mitte  ein  Weidenzweig,  umwunden 
von  der  schmarotzenden  Cuscuta  europaea.  An  den 
warzenförmigen  Anschwellungen  des  Cuscutastengels 
treten  Haustorien  in  die  Weide  ein.  b  Reduzierte 
Blättchen.  Bl  Blütenknäuel.  Links:  Verbindung  des 
Schmarotzers  {Cus)  mit  einer  Wirtspflanze  W.  Die 
Haustorien  H  dringen  teils  in  das  Rindenparenchym 
ein,  teils  legen  sie  sich  dicht  an  den  Gefäßteil  v  und 
den  Siebteil  c  der  Leitbündel  an,  deren  Sklerenchym- 
scheide  s  sie  zum  Teil  abheben.  Rechts:  Keimende 
Cuscuten:  der  längste  Keimling  auf  dem  Boden  krie- 
chend, indem  er  vorn  auf  Kosten  des  absterbenden 
Teils  t  weiterwächst.     Nach  Noll. 


kriechen,  indem  er  am  hinteren 
Ende  (Fig.  2\%t)  abstirbt  und  auf  Kosten  der  diesem  Teile  entzogenen  Nährstoffe  am  vorderen 
Ende  sich  verlängert.  Trifft  das  freie  Fadenende  bei  seinem  Kreisen  aber  schließlich  auf 
eine  Nährpflanze,  z.  B.  einen  Weidenschoß  oder  einen  Brennesselstengel,  so  umschlingt  er 
diese  wie  eine  Schlingpflanze.  Nach  kurzer  Zeit  entwickeln  sich  aus  der  dem  Wirte  an- 
geschmiegten  Seite  zunächst  papillöse  Wucherungen  der  Epidermis,  die  in  die  Gewebe  der 
Wirtspflanze  eindringen.    Finden  diese  Prähaustorien  dort  zusagende  Verhältnisse  vor, 


Morphologie. 


163 


so  folgt  ihnen  sehr  rasch  die  Ausbildung  der  eigentlichen  Saugorgane,  der  Haustorien 
[H).  Diese  brechen  aus  dem  Innern  des  Parasiten  hervor  und  besitzen  in  hohem  Grade 
die  Fähigkeit,  in  die  Wirtspflanze  einzudringen.  Sie  breiten  sich  scheinbar  ohne  Schwierig- 
keit im  fremden  Gewebe  aus,  legen  sich  eng  an  dessen  Leitbündel  an,  während  einzelne, 
aus  dem  Körper  des  Haustoriums  hervorsprossende  freie  Zellreihen  wie  Pilzfäden  in  dem 
zarten  Parenchym  vordringen  und  diesem  weitere  Nahrung  entnehmen.  Da,  wo  sich  das 
Haustorium  an  den  Gefäß-  und  Siebteil  eines  Leitbündels  herangedrängt  hat,  bilden  sich 
in  ihm  Elemente  des  Gefäßteils  und  des  Siebteils  aus,  die  sich  einerseits  an  die  Gefäß- 
und  Siebteile  des  Wirtes  organisch  anschließen,  andererseits  aber  mit  den  Leitbündeln  des 
Schmarotzerstengels  in  Verbindung  treten  (Fig.  219  links).  Wie  ein  der  Wirtspflanze 
angehöriges  Seitenorgan  entnimmt  alsdann  der  Schmarotzer  dieser  sein  Transpirations- 
wasser und  seine  sämtlichen  Nährstoffe. 

Die  Samen  der  ebenfalls  bei  uns  einheimischen  schmarotzenden  Orobanchen 
keimen  erst  bei  Berührung  mit  den  Wurzeln  der  Wirtspflanze.  Ihre  Haustorien  bleiben 
auf  die  Wurzeln  ihrer  Nährpflanze  beschränkt;  es  kommen  nur  die  hellgelblichen,  rötlich- 
braunen oder  amethystblauen,  spargelartigen  Blütensprosse  neben  dem  Wirte  aus  der  Erde 
hervor.  Auch  die  Orobanchen  enthalten  noch  geringe  Mengen  assimilierender  Chromato- 
phoren  (Fig.  772).  Beide,  Cuscuta  und  Orobanche,  sind  gefürchtete  Feinde  der  Land- 
wirtschaft, die  an  Kulturgewächsen,  erstere  als  „Teufelszwirn", 
„Flachs-  und  Kleeseide",  letztere  als  „Würger",  großen 
Schaden  anrichten  und  schwer  auszurotten  sind. 

Ähnlichen  Habitus  wie  die  Orobanche-Arten  haben 
einige  Formen,  die  man  zunächst  wohl  nicht  für  Parasiten 
halten  wird,  weil  sie  im  Humus  des  Waldbodens  leben: 
Orchideen  (Neottia,  Corallorrhiza,  Epipogon) 
und  die  Pirolacee  Monotropa.  Der  Mangel  an  Chlorophyll 
und  die  Reduktion  der  Blätter  zu  Schuppen,  bei  Corallorrhiza 
auch  die  Reduktion  der  Wurzeln  (vgl.  Fig.  220  das  wurzel- 
lose Rhizom)  beweisen  aber  schon,  daß  auch  diese  Formen 
organische  Substanz  von  außen  beziehen.  Sie  können  aber 
den  Humus  nicht  selbst  ausnutzen,  sondern  sind  darauf  an- 
gewiesen, daß  humusbewohnende  Pilze,  die  daraus  ihre  Nah- 
rung beziehen,  in  ihre  unterirdischen  Gewebe  mit  einem 
Teil  ihres  Myzeliums  eindringen;  ein  Teil  der  eingedrungenen 
Pilzhypben  wird  alsdann  verdaut.  Die  Kormophyten  sind 
also  gewissermaßen  Parasiten  auf  Humuspilzen;  ihre  ver- 
pilzten  Wurzeln  nennt  man  Mykorrhizen. 

Gegenüber  diesen  Schmarotzern,  die  in  die  größte 
Abhängigkeit  von  ihren  Nährpflanzen  geraten  sind,  gibt  es 
aber  auch  solche,  die  äußerlich  noch  sehr  selbständig  er- 
scheinen, da  sie  mit  großen  grünen  Blättern  assimilieren 
können.     Trotzdem  sind  sie  zugleich  Parasiten,    da  sie   sich 

nur  dann  normal  entwickeln,  wenn  ihr  Wurzelsystem  mit  fremden  Wurzeln  oder  zur  Not 
auch  mit  denen  der  Artgenossen  durch  Haustorien  verbunden  ist  (,, Halbschmarotzer'*). 
So  leben  z.B.  die  Santalacee  Thesium  und  die  Rhinanthaceen  Rhinanthus,  Euphrasia, 
Pedicularis,  Bartschia,  Melampyrum  und  Tozzia,  von  denen  sich  die  letzte, 
zumal  in  den  ersten  Entwicklungsstadien,  am  meisten  ausgeprägt  parasitisch  ernährt. 

Auch  unsere  einheimische,  auf  Baumkronen  schmarotzende  Mistel  besitzt,  Avie  viele 
ihrer  ebenso  lebenden  fremdländischen  Verwandten  unter  den  Loran thaceen,  noch 
stattliche  Blätter,  aber  reduzierte  Wurzeln  und  ist  so  reich  an  Chlorophyll,  daß  sie  wohl 
ihren  Bedarf  an  Kohlehydraten  vollständig  selbst  zu  decken  vermag. 


Fig.  220,  Rhizom  von  Coral- 
lorrhiza innata.  Bei  a 
Blütenschaft,  bei  b  Anlagen 
neuer  Rhizomzweige.  Nat. 
Gr.    Nach  Schacht. 


II.  Fortpflanzungsorgane (^'^). 

A.  Bedeutung  der  Fortpflanzung  für  den  Organismus.  Ge- 
waltsamer oder  natürlicher  Tod  ist  das  Ende  jedes  Organismus.  Für  den 
Fortbestand  aller  lebenden  Wesen  ist  also  die  Fortpflanzung  ebenso  unbedingt 
notwendig  wie  die  Ernährung.    Wie  im  Worte  Fortpflanzung  schon  zum  Aus- 

11* 


164  Fitting: 

druck  kommt,  ist  ihr  wichtigstes  Merkmal,  daß  ein  Individuum  Teilen  von 
sich,  die  zu  neuen  Individuen  werden,  Fortdauer  sichert.  Die  einfachste  Art 
der  Fortpflanzung  liegt  bei  vielen  einzelligen  Pflanzen  in  der  Zweiteilung  ihrer 
Zellen  und  Trennung  der  Tochterzellen  voneinander  vor.  Solchen  Formen 
schließen  sich  gewisse  einfach  organisierte  vielzellige  Thallophyten  (z.  B.  Spiro- 
gyra)  aufs  engste  an,  insofern  ihr  Körper  zu  Zeiten  in  seine  EinzelzeUen  zerfällt, 
die  alsdann  durch  wiederholte  Teilung  ebenso  viele  neue  Tochterindividtien 
liefern.  Meist  aber  erfolgt  die  Fortpflanzung  durch  die  Ausbildung  beson- 
derer Keime,  die  sich  von  der  Mutterpflanze  ablösen  und  später  durch  Kei- 
mung zu  neuen  Individuen  werden.  So  entstehen  junge  Tochterorganismen, 
Keimlinge,  die  die  Entwicklung  der  Mutterpflanzen  wiederholen. 

Während  sich  bei  den  Einzelligen  und  bei  einfachen  Vielzelhgen  eine 
jede  Zelle  an  der  Fortpflanzung  beteiligen  kann,  ist  bei  allen  höher  organi- 
sierten Pflanzen  eine  Arbeitsteilung  zwischen  Vegetationsorganen  und 
Fortpflanzungs Organen  durchgeführt,  d.  h.  solchen  besonders  gestalteten 
Organen,  denen  die  Aufgabe  zufällt.  Keime  auszubilden.  Diese  Arbeitsteilung 
wird  um  so  auffälliger  und  zieht  um  so  mehr  Teile  des  Körpers  in  den  Dienst 
der  Fortpflanzung,  je  höher  organisiert  der  Organismus  ist.  In  erster  Linie 
auf  die  Verschiedenartigkeit  des  Baues  und  der  Stellung  dieser  Fortpflanzungs- 
organe gründet  sich  die  Einteilung  des  Pflanzenreiches  in  Klassen,  Ordnungen, 
Familien  usw. 

B.  Allgemeine  Eigenschaften  der  Keime.  Auch  der  Bau  der 
Keime  steht  in  engster  Beziehung  zu  den  Aufgaben,  denen  sie  zu  dienen  haben. 

Bezeichnend  für  die  meisten  Keime  ist  ihre  geringe  Größe  im  Verhältnis 
zu  dem  Mutterorganismus,  der  sie  hervorbringt;  dadurch  wird  den  Mutter- 
pflanzen ohne  allzuviel  Materialaufwand  die  Bildung  sehr  zahlreicher  Keime 
und  den  Keimen  die  Verbreitung  erleichtert. 

Bei  der  Fortpflanzung  handelt  es  sich  nicht  nur  um  die  Bildung  eines 
neuen  Individuums  an  Stelle  des  Mutterindividuums,  sondern  um  eine  Ver- 
mehrung der  Individuen.  Da  viele,  manchmal  die  meisten  Keime  über- 
haupt nicht  die  zur  Keimung  und  zum  Wachstum  günstigen  Verhältnisse 
finden,  auch  ein  großer  Teil  der  Keimhnge  abstirbt,  ehe  er  sich  fortpflanzen 
kann,  so  würde  Ausbildung  nur  eines  Keimes  gleichbedeutend  mit  dem 
baldigen  Untergange  der  Art  sein.  So  ist  die  ungeheure,  anscheinend 
verschwenderische  Menge  von  Keimen  für  die  Fortpflanzung  be- 
zeichnend. Ein  Hutpilz  oder  ein  Farnkraut  kann  Milhonen  von  Keimen  bilden; 
ein  Pappelbaum  soll  nach  Bessey  jährlich  28  Millionen  solcher  reifen. 

Weiter  muß  dafür  gesorgt  werden,  daß  die  Keime  von  der  Mutterpflanze 
losgelöst  und  daß  sie  danach  möghchst  weit  verbreitet  werden;  denn  an 
den  Stellen,  wo  sie  entstehen,  sind  meist  nicht  die  Bedingungen  für  ihre  Keimung 
und  ist  kein  Raum  für  die  Entwicklung  der  Tochterorganismen  vorhanden. 

Endlich  ist  es  nötig,  daß  den  Keimen  vom  Mutter  Organismus  Re- 
servestoffe mitgegeben  werden,  damit  sie  sich  weiter  entwickeln  können, 
bis  sie  sich  selbst  zu  ernähren  vermögen. 

Sehr  häufig  haben  die  Keime  die  Aufgabe,  den  Organismus  über  Zeiten, 
die  ihr  Leben  gefährden,  z.  B.  über  eine  Kälte-  oder  Trockenperiode,  hinüber 
zu  retten.  Sie  befinden  sich  alsdann  im  Ruhezustand  (S.  186),  worin  sie 
viel  widerstandsfähiger  gegen  schädigende  Einflüsse  (Austrocknung,  Frost, 
Hitze)  sind;  dicke  Hüllen  gewäliren  solchen  Keimen  oft  außerdem] Schutz. 
Die  Keimung  beginnt  bei  solchen  Keimen  erst  nach  Eintritt  günstiger  Lebens- 
bedingungen. 

C.  Einteilung  der  Keime.  Die  entwicklungsfähigen  Keime  selbst  sehr 
hochorganisierter  Vegetationskörper  sind  einzellig  (Keimzellen,  Sporen) 


Morphologie.  165 

oder  mehrzellig  (Brutkörper  und  Samen).  Unschwer  lassen  sich  zwei 
Typen  der  Fortpflanzung  in  fast  allen  Klassen  des  Gewächsreiches  erkennen. 

Der  eine  zielt  auf  die  Bildung  von  Keimzellen  oder  von  Brutkörpern  hin, 
die  meist  nach  ihrer  Lostrennung  von  der  Mutterpflanze,  ohne  weiteres, 
entweder  sofort  oder  nach  einer  Ruhezeit,  keimen  und  zu  neuen  selbständigen 
Einzelwesen  heranwachsen.  Diese  Fortpflanzungs weise  hat  man  die  vege- 
tative, ungeschlechtliche  oder  monogene  genannt. 

Der  zweite  bei  der  Fortpflanzung  eingeschlagene  Weg  ist  dagegen  viel 
umständlicher.  Es  werden  dabei  zweierlei  Keime  erzeugt.  Sie  sind,  jeder 
für  sich,  gewöhnlich  unfähig,  auszukeimen,  gehen  vielmehr  in  kurzer  Zeit  zu- 
grunde, wenn  sie  keine  Gelegenheit  haben,  sich  paarweise  zu  vereinigen 
(Befruchtung,  Geschlechtszellen);  erst  wenn  zwei  Geschlechtszellen  mit- 
einander zu  einer  Zelle  verschmolzen  sind,  wird  das  Produkt  entwicklungs- 
fähig. Diese  Art  der  Fortpflanzung  wird  als  die  sexuelle,  geschlechtliche 
oder  digene  bezeichnet. 

Die  meisten  Gewächse  pflanzen  sich  auf  beide  Weisen  fort;  die  sexuelle 
Fortpflanzung  fehlt  nur  bei  niedrig  organisierten  Gruppen,  so  den  Bakterien, 
Cyanophyceen,  manchen  Algen  und  Pilzen. 

Erst  die  Befruchtung  befähigt,  wie  gesagt,  die  Geschlechtszellen  zur 
Weiterentwicklung.  Doch  gibt  es  Ausnahmen,  wo  eine  Geschlechtszelle  auch 
ohne  Befruchtung  auskeimt.  Erfolgt  diese  Entwicklung  aus  einer  solchen 
Zelle,  also  monogen,  so  spricht  man  von  jungfräuhcher  Zeugung  oder  Par- 
thenogenesis(i'-).  Diese  ist  im  Pflanzenreiche  bisher  bei  Algen,  z.  B.  bei 
Ohara  crinita,  festgestellt,  sowie  bei  der  Keimbildung  aus  unbefruchteten 
Eizellen  zahlreicher  höher  organisierter  Pflanzenfamilien,  wie  Kompositen, 
Ranunculaceen,  Rosifloren,  Thymelaeaceen,  Urticaceen,  auch  Marsihaceen. 

Bei  allen  diesen  Pflanzen  liegt  habituelle  Parthenogenesis  vor,  d.  h.  die  Eizellen 
entwickeln  sich  ohne  Befruchtung  ohne  weiteres.  In  anderen  Fällen  tritt  Parthenogenese 
erst  durch  experimentelle  Eingriffe  ein:  experimentelle  Parthenogenesis. 

In  bestimmten  Fällen  wird  die  Befruchtung  von  Geschlechtszellen  durch  einen  Ver- 
schmelzungsvorgang der  Kerne  benachbarter  vegetativer  Gewebezellen  ersetzt  ("^). 
So  ist  es  bei  dem  Prothallium  gewisser  Kulturformen  von  Farnkräutern  (z.  B.  von  Dry- 
opteris  [Lastrea]  und  Athyrium).  Das  Verschmelzungsprodukt  dient  alsdann  der  Fort- 
pflanzung, während  die  Geschlechtsorgane  des  Prothalliums  verkümmern. 

Ein  tieferes  Verständnis  der  Fortpflanzungserscheinungen  im  einzelnen 
kann  man  erst  durch  genaueres  Studium  des  Entwicklungsganges  der  Pflanzen- 
gruppen gewinnen.  Diese  Aufgabe  fällt  dem  speziellen  Teile  unseres  Buches 
zu.  Die  im  folgenden  gegebene  ganz  knappe  Übersicht  über  die  Bau  Varia- 
tionen der  Keime  und  der  Fortpflanzungsorgane  im  Pflanzenreich  soll  nur  die 
für  die  allgemeine  Morphologie  wichtigen  Tatsachen  und  Probleme  hervor- 
treten lassen. 

1.  Brutkörperbildung. 

Mehrzellige  monogene  Fortpflanzungskörper,  Brutkörper,  kommen 
bei  vielen  Moosen  vor  (z.  B.  bei  Marchantia,  wo  sie  in  besonderen  Organen, 
den  Brutbechern,  auf  dem  Thallus,  Fig.  446,  447,  erzeugt  werden);  ferner  als 
Brutknospen  in  weiter  Verbreitung  bei  Farnpflanzen  und  Phanerogamen. 

Nicht  selten  lösen  sich  bei  ihnen  Seitensprosse  ab,  die  oft  durch  besonderen  Bau 
als  Fortpflanzungskörper  kenntlich  sind,  so  etwa  die  unter-  oder  oberirdischen  Ausläufer 
(Stolonen).  Letztere  wachsen  z.  B.  aus  der  grundständigen  Blattrosette  der  Erdbeer- 
pflanzen als  fadenförmige  Seitenzweige  hervor  und  tragen  Endknospen,  die  sich  bewurzeln 
und  durch  späteres  Absterben  der  Ausläufer  selbständig  werden.  Solche  der  vegetativen 
Vermehrung  dienenden  Gebilde  bei  höheren  Pflanzen  sind  auch  viele  Knollen  und  Zwiebeln, 
ferner   die   Brutknospen,   Brutzwiebeln    (Bulbillen,   Fig.  221)   und   die   sich   los- 


166 


Fitting: 


Brutknospen   können 
punkte    vorhanden   sind; 


Fig.  221.  Zwiebeltragende 

Zalinwurz  (Dentaria  bulbi- 

fera)     mit  Brutzwiebel    br. 

Nat.     Gr.  Nach   Sohenck 


lösenden  Überwinterungsknospen    (Hibernakeln)    zahlreicher  Wasserpflanzen  (z.  B.  bei 

Hydrocharis,  Stratiotes). 

auch  an  Orten  auftreten,  wo  gewöhnlich  keine  Vegetations- 
sind  alsdann  Adventivbildungen.  Solche  werden  besonders 
häufig  an  Blättern,  zumal  auf  Blattspreiten,  ausgebildet; 
z  B.  in  den  Kerben  der  Blattränder  von  Bryophyllum-Arten, 
auf  den  Blättern  von  Cardamine  pratensis.  Die  Blätter  von 
Begonien,  Drosera  u.  a.  entwickeln  erst  nach  gewaltsamer  Los- 
trennung von  der  Mutterpflanze  Knospen. 

Schließlich  sei  erwähnt,  daß  manche  Pflanzen,  z.  B. 
viele  krautige  Perennen,  ohne  besondere  vegetative  Fort- 
pflanzungskörper auch  dadurch  sich  ungeschlechtlich  ver- 
mehren, daß  ihre  verzweigten  Rhizome  durch  Verwesung 
der  älteren,  absterbenden  Teile  in  die  einzelnen  Zweige  zer- 
fallen. Auch  bei  gewissen  Meeresalgen  kann  der  Thallus, 
z.  B.  durch  die  mechanischen  Wirkungen  der  Brandung,  in 
Stücke  zerlegt  werden,  die  zu  ebenso  vielen  Thalli  aus- 
wachsen;  ja  Caulerpa  pflanzt  sich,  wie  es  scheint,  nur  auf 
diese  Weise  fort. 

2.  Keimzellenbildung. 

a)  Ungeschlechtliche  Keunzellen  (Sporen).    Sie 

bilden  sich  in  zwei  Formen  aus:  1.  Einzelne  Zellen, 
die  oft  durch  Sprossung  entstehen,  werden  als  Keim- 
zellen aus  dem  Zellverband  des  Körpers  losgelöst  oder 
abgeschnürt:  Exosporen  oder  Konidien,  so  bei 
vielen  Pilzen  (Fig.  222).  2.  Die  Keimzellen  entstehen 
als  Endo-  oder  Sporangiensporen  in  besonderen 
Behältnissen  (Sporangien),  aus  deren  Wandungen  sie 
durch  ein  Loch  oder  einen  Riß  ausschlüpfen  oder  aus- 
gestoßen werden  (Fig.  223,  229  s/)),  so  bei  anderen 
Pilzen,  vielen  Algen,  den  Moosen,  Farn-  und  Samen- 
pflanzen. Diese  Sporangien  sind 
bei  den  Thallophyten  Einzelzellen, 
deren  Protoplast  sich  meist  in 
mehrere  oder  viele  Endosporen  teilt 
(Fig.  223).  Bei  den  Moosen,  Farn- 
und  Samenpflanzen  sind  es  dagegen 
verwickelter  gebaute,  vielzellige  Ge- 
webekörper, in  denen  eine  bis 
mehrere  äußere  „sterile"  Zellschich- 
ten die  Wandung  des  Behältnisses 
bilden  und  nur  das  davon  um- 
schlossene Gewebe,  das  sporogene 
Gewebe,  Sporen  liefert  (Fig.  2245g). 
Die  ungeschlechtlichen  Sporen 
sind  zum  Teil  angepaßt  an  die  Ver- 
breitung im  Wasser,  so  viele 
Sporangiensporen  bei  Algen  und 
Pilzen,  Diese  Sporen  entbehren  eine 
Zellmembran  völlig,  sind  also  nackt 
und  meist  mit  eigenem  Bewegungs- 
vermögen im  Wasser  durch  Zihen 
begabt  (Fig.  223,  227^).  Solche  Sporangiensporen  heißen  Schwärmsporen 
oder  Zoosporen,   die  Behältnisse,  in  denen  sie  entstehen,  Zoosporangien. 


Fig.  222.    Konidien- 
bildende  Hyphe  des 
Schimmelpilzes    As- 
pergillus herbario- 
rum.     Vergr.  540. 
Nach  Kny. 


Fig.  223.      Saprolegnia 

mixta.    Sporangium,  die 

zweiziligen  Zoosporen  s^ 

entlassend. 

Nach  G.  Klebs. 


^Morphologie.  ]  67 

Die  Sporen  anderer  Thallophyten,  der  Moose,  Farn-  und  Samenpflanzen, 
sind  dagegen  angepaßt  an  die  Verbreitung  in  der  Luft,  durch  den  Wind  oder 
durch  Tiere,  Alsdann  sind  sie  von  einer  dicken  Sporenmembran  umgeben  und 
sehr  widerstandsfähig  gegen  Austrocknung. 

Bei  den  Thallophyten  entstehen  die  ungeschlechtlichen  Fortpflanzungs- 
organe an  behebigen  oder  an  bestimmten  Stellen  des  Thallus. 

Bei  den  Moosen  sitzt  der  meist  langgestielte,  große  Sporenbehälter 
ebenfalls  entweder  auf  dem  Thallus  oder  bei  den  beblätterten  Formen  an  den 
Enden  beblätterter  Zweige  (Fig.  456). 

Bei  den  Farnpflanzen  werden  die  in  der  Kegel  ziemlich  kleinen  und 
unansehnlichen  Sporangien  in  sehr  großer  Zahl  meist  an  Blättern,  den  Sporo- 
phyllen,  ausgebildet  (Fig  473).  Diese  können  den  Laubblättern  völhg  gleichen; 
häufig  aber  ist  eine  Ai-beitsteilung  eingetreten  zwischen  Laubblättern  und  Sporo- 
phyllen.  Letztere  dienen  alsdann  vorwiegend  oder  nur  noch  der  Erzeugung 
von  Sporangien  und  haben  dementsprechend  einen  ganz  anderen  Bau  als  die 
Laubblätter,  nämhch  keine  flächenförmig  entwickelten 
und  grünen  Spreiten.  Nicht  selten  werden  die  Sporo- 
phylle  in  größerer  Zahl  an  Enden  von  Zweigen,  meist  be- 
grenzten Wachstums,  gebildet;  so  bei  den  Schachtelhalmen 
und  Bärlappgewächsen  (vgl.  Fig.  488,  493).  Die  Sproß 
enden,  die  mit  den  Sporophyllen  besetzt  sind,  haben  ein 
ganz  anderes  Aussehen  als  die  vegetativen;  sie  dienen 
ebenfalls  nur  noch  der  Fortpflanzung  und  sterben  danach 
ab.  Sie  gleichen  Zäpfchen  oder  Ähren,  werden  deshalb 
auch  Sporophyllzapfen  oder  Blüten  genannt.  Die 
einfachste  Blüte  ist  also  dasEnde  eines  Sprosses,  pig.  224.  Schema- 
das Sporophylle  trägt.  Diese  Zäpfchen  können  wohlan  tisches  Bild  des 
ihrer  Basis  von  einer  Hülle  aus  einigen  schuppenförmigen,  Sporangiums  einer 
aber  sterilen  Blättern  umgeben  werden.  Farnpflanze  mit  ste- 

Auch  bei  den  Samenpflanzen  werden  die  Spo-  dimg  und'mi't  sporo- 
rangien  in  solchen  besonderen  Sproßteilen,  in  Blüten  genem  Gewebe  sg. 
gebildet,  die  mit  allen  ihren  Gliedern  nicht  mehr  der 
Ernährung,  sondern  nur  noch  der  Fortpflanzung  dienen.  Diese  Blüten 
sind  denen  der  Farnpflanzen  homolog,  also  wieder  stark  metamorphosierte 
Teile  von  Laubsprossen,  und  zwar  Enden  von  Lang-  oder  meist  Kurztrieben, 
deren  Blattanlagen  nicht  zu  Laubblättern  werden,  sondern  sich  zu  den  dicht 
zusammengedrängt  stehenden  andersartigen  Blattgebilden  der  Blüte,  zu  Kelch-, 
Krön-,  Staub-  oder  Fruchtblättern  umbilden. 

Die  Staubblätter  oder  Staubfäden  entwickeln  in  vielzelligen  Spo- 
rangien mit  mehrschichtiger  Wandung,  den  Pollensäcken,  in  großer  Zahl 
die  Pollenkörner  (den  Blütenstaub):  zunächst  einzelhge  Sporen  (Fig.  32). 
An  den  Fruchtblättern  dagegen,  die  bei  den  Gymnospermen  frei,  bei  den 
Angiospermen  zum  geschlossenen  Fruchtknoten  verwachsen  sind,  entstehen 
kurzgestielte,  ovale  Gewebekörper  von  verwickeltem  Bau,  die  Samenanlagen, 
die  in  ihrem  Innern  je  eine  Spore  einschließen. 

Bei  den  Gymnospermen (^i*)  haben  die  zapfenähnlichen  Blüten  (vgl. 
Fig.  604 — 607),  die  nur  aus  zahlreichen,  meist  schraubig  angeordneten, 
schuppenförmigen  Staub-  oder  Fruchtblättern  bestehen,  noch  die  größte 
Ähnlichkeit  mit  den  Sporophyllährcn  der  Lycopodiaceen.  Bei  den  Angio- 
spermen ("*)  erhält  aber  die  Blüte  eine  meist  völlig  abweichende  Gestalt 
(Fig.  225):  1.  durch  die  Beschränkung  der  quirlständigen  Blattgebilde  auf 
eine  oft  kleine  und  meist  konstante  Zahl;  2.  durch  die  Blütenblätter,  die 
in  Form  von  grünen  und  derben  Kelchblättern  und  oft  andersfarbigen  und 


168 


Fitting: 


zarten  Kronblättern  zur  Ausbildung  gelangt  sind,  3.  durch  die  pfriem- 
f  örmigen  Staubblätter  (Staubgefäße)  und  endlich  4.  durch  die  Verwachsung 
der  Fruchtblätter  zu  Behältern,,  den  Fruchtknoten.  Alle  diese  Teile  sind 
in  regelmäßiger  Weise  in  der  Blüte  angeordnet.  In  der  typischen  Angio- 
spermenblüte wechseln  nämlich  fünf  gleichgliedrige  Wirtel  von  Blattgebilden 
alternierend  ab  (Fig.  226):  der  äußerste  Wirtel  kommt  den  Kelchblättern  zu, 
die  die  jugendlichen  Blütenteile  in  der  Blütenknospe  umhüllen  und  schützen, 
der  zweite  wird  durch  die  Kronblätter  gebildet;  der  dritte  und  vierte  von  den 
Staubblättern,  der  oberste  fünfte  von  den  Fruchtblättern  (^i*- 1^^).  Diese 
Blattgebilde,  die  der  sehr  kurzen,  vielfach  auch  abgeflachten  oder  ausgehöhlten 
Blütenachse  entspringen,  sind  oft  untereinander  und  in  manchen  Fällen  auch 

mit  der  Achse  verwachsen;  ein- 

/"^"'~^  gehende  vergleichende  und  ent- 

*  wicklungsgeschichtUche    Unter- 

~'y~i  suchungen  klären  alsdann  häufig 

erst  den  Sachverhalt  auf. 


Fig.  225.  Blüte  von  Paeonia  peregrina.  i  Kelch, 
e  Krone,  a  Staubblätter,  £■  Fruchtblätter.  Die 
vorderen  Kelchblätter,  Kronblätter  und  Staub- 
blätter wurden  entfernt,  um  die  beiden,  zwei 
getrennte  Fruchtknoten  bildenden  Fruchtblätter 
zu  zeigen.     ^/,  nat.  Gr.     Nach  Schenck. 


Fig.  226.  Diagramm  der  Liliaceen- 
blüte,  darunter  das  Deckblatt;  dar- 
über, durch  einen  schwarzen  Punkt 
angedeutet,  die  Mutterachse.  Nach 
Strasburger. 


b)  Geschlechtliche  Keimzellen  (Sexualzellen  oder  Gameten).  1.  Ver- 
schiedene Formen  der  Sexualzellen  und  Sexualorgane.  Auch  die  sexuelle  Fort- 
pflanzung tritt  uns  im  Pflanzenreiche  in  sehr  mannigfaltigen  Formen  ent- 
gegen, deren  Extreme  zwar  sehr  verschieden,  aber  durch  zahlreiche  Übergänge 
verbunden  sind. 

Die  Geschlechtszellen  oder  Gameten  sind  bei  der  einfachsten  Ai't  der 
sexuellen  Fortpflanzung,  wie  wir  sie  bei  niederen  Algen  und  Pilzen  finden, 
zwei  völlig  gleich  große  und  gleich  gestaltete,  meist  nackte 
Protoplasten,  die  wie  asexuelle  Schwärmsporen  aussehen,  aber  miteinander 
kopulieren  (Isogamie  Fig.  227  B).  Man  nennt  die  Zellen,  in  denen  sie  auch 
ganz  wie  Sporangienschwärmsporen  in  Ein-  oder  Mehrzahl  aus  den  Protoplasten 
entstehen,  Gametangien,  das  Kopulationsprodukt  Zygote  oder  Zygo- 
spore  (Fig.  221  B 4).  Alles  spricht  dafür,  daß  solche  Gameten  den  Schwärm- 
sporen, von  denen  sie  sich  oft  nur  durch  geringere  Größe  unterscheiden,  und 
desgleichen  die  Gametangien  den  Sporangien  homolog,  d.  h.  durch  Umbildung 
aus  ihnen  phylogenetisch  entstanden  sind.  Derartige  Gameten  können  mit 
Zihen  aktiv  beweglich  sein.  Sie  suchen  sich  im  Wasser  gegenseitig  auf,  um  paar- 
weise zu  kopuheren  (Fig.  227  B). 

Nicht  selten  sind  aber  schon  bei  Algen  und  Pilzen  und  ganz  allgemein 
bei  den  Moosen,  Farn-  und  Samenpflanzen  die  Gameten  ungleich  groß 
(Heterogamie);  alsdann  bezeichnet  man  den  größeren  Gameten,  der  gewöhnlich 
an  Reservestoffen  sehr  reich  ist,  als  weiblichen  (Ovium  9),  den  kleineren 
als  männlichen  (Spermium  cf).    Der  größere  Gamet  kann  auch  ganz  un- 


Morphologie. 


169 


beweglich  sein  (Eizelle).    In  diesem  Falle  sucht  das  Spermium  das  Ovium 

auf  und  befruchtet  es  (Eibefruchtung,  Oogamie).   Liegt  Oogamie  vor,  so 

werden  die  männlichen  und 

weiblichen   Keimzellen  in  /^^  .  ^  X/^n^r,SS^     "*/' 

verschieden gestaltetenGe-  /  _    v    / 

schlechtsorganen     (mann-        o    j 

liehen     und     weiblichen) 

ausgebildet. 


Fig.  227.  A  Eine  ungeschlecht- 
liche Schwärmspore  der  Grün- 
alge Ulothrix  zonata.  B  i  ein 
Gamet,  2  und  3  kopulierende 
Gameten,  4  eine  durch  Kopu- 
lation erzeugte  Zygote.  Vergr, 
500.    Nach  Strasburger. 


/  2 

Fig.  228.  Monoblepharis  sphaerica.  Ende  eines  Fadens 
mit  einem  Oogonium  0  und  dem  darunter  liegenden 
Antheridium  a,  in  /  vor  der  Bildung  der  Eizelle  und  der 
Spermien,  in  2  die  letzteren  s  austretend  und  an  dem 
Oogonium  hinaufkriechend,  in  3  reife  Oospore  osp,  das 
Antheridium  entleert.     Vergr.  800.     Nach  CoRNü. 


Die  Behälter,  in  denen  die  fast  stets  sehr  kleinen  und 
nackten  Spermien  meist  in  sehr  großer  Zahl  entstehen, 
also  die  männlichen  Geschlechtsorgane,  werden  Antheridien 
genannt  (Fig.  228  2a,  229  a,  230  j).  Es  sind  bei  den  Thallo- 
phyten(Fig.  228  2a,  229  a)  meist  Einzelzellen,  bei  den  Moosen 
und  Farnpflanzen  dagegen  Gewebekörper  mit  einer  Wandung 
aus  sterilen  Zellen,  die  das  Spermien  bildende,  spermatogene, 
Gewebe  umschließt  (Fig.  230  j).  Dagegen  heißen  die  Be- 
hälter, in  denen  die  Ovien  in  Ein-  oder 
Mehrzahl  gebildet  werden,  bei  den  Thallo- 
phyten,  wo  sie  ebenso  wie  die  Antheridien 
meist  Einzelzellen  sind,  Oogonien  (Fig.  2282 
und  229  o„  o„),  bei  den  Moosen  und  Farn- 
pflanzen, wo  sie  aus  verwickelt  gebauten 
Gewebekörpern  bestehen  (Fig.  2302),  Arche- 


ü 


2\ 


ß 


Fig.  229.  Schematische  Zeichnungen  (nach  Algen) 
für  Sporangium  sp  mit  Sporen;  Antheridium 
a  mit  Spermien;  Oogonium  o,  mit  mehreren, 
o„  mit  einer  Eizelle.  ö  Das  Loch  in  der 
Zellwand. 


Fig.  230.  /  Antheridium  mit  steriler, 
zelliger  Wandung  und  spermatogenem 
Gewebe;  2  Archegonium  mit  ent- 
sprechender Wandung  und  Eizelle. 
Beides  von  einem  Lebermoos. 


gonien.     Die  Eizelle,  die  ebenfalls  nackt  zu  sein  pflegt,   bleibt  gewöhnlich 
in  ihrem  Behältnis   hegen,   in  dessen  Wand  eine  Öffnung  ausgebildet  wird 


170  Fitting: 

(Fig.  228  2,  229  0,  und  o„  ö,  230  2).  Die  Befruchtung  der  empfängnis- 
fähig gewordenen  Eizellen  erfolgt  in  der  Weise,  daß  die  Spermien,  die  durch 
ein  Loch  in  der  Antheridienwandung  in  das  umgebende  Wasser  ausschwärmen, 
also  meist  aktiv  beweghch  sind,  von  den  Eizellen  durch  ausgeschiedene 
Stoffe  chemotaktisch  (vgl.   S.   292)  angelockt  werden. 

Zahlreiche  Übergänge  zwischen  Oogamie  und  Isogamie  bei  den  Thallo- 
phyten  zeigen  uns  augenscheinhch,  daß  sich  die  Oogamie  phylogenetisch 
durch  Weiterbildung  aus  der  Isogamie  entwickelt  hat.  Infolgedessen  sind  bei 
ihnen  die  Antheridien  und  Oogonien  einander  und  zugleich  den  Gametangien 
und  Sporangien  der  isogamen  Pflanzen  homolog  (vgl.  auch  Fig.  229). 

Erst  durch  Aufnahme  eines  Spermiums  hat  die  Eizelle  die  Fähigkeit 
erlangt,  sich,  nachdem  sie  sich  mit  einer  Membran  umgeben  hat,  sofort  oder 
nach  einer  Ruhezeit  als  Oospore  (Fig.  227  3 osp),  weiter  zu  entwickeln. 
Bei  den  Moosen  und  Farnpflanzen  geht  aus  der  Eizelle  alsbald  nach  der 
Befruchtung  ein  Gewebekörper,  der  Embryo,  hervor,  der  allmählich  zu  dem 
Keimling  heranwächst. 

Bei  den  Samenpflanzen  entfernen  sich  die  Sexualorgane  am  wei- 
testen vom  einfachsten  Typus.  Die  Gameten  sind  hier  in  den  Pollen- 
körnern und  Samenanlagen  der  Blüten  eingeschlossen,  und  zwar 
enthalten  die  Pollenkörner  die  männlichen  Sexualzellen,  die  Samen- 
anlagen in  Mehr-  oder  Einzahl  die  Eizellen.  Hiermit  hängt  es  zusammen, 
daß  sich  auch  die  Befruchtung  der  Eizellen  bei  den  Samenpflanzen  in  eigen- 
artiger Weise  vollzieht.  Sollen  die  Eizellen  befruchtet  werden,  so  müssen 
die  Pollenkörner,  die  ja  die  männlichen  Keime  enthalten,  bei  den  Gymno- 
spermen zunächst  auf  die  Samenanlagen,  bei  den  Angiospermen  auf  ein 
besonders  ausgebildetes  Organ  des  Fruchtknotens,  die  Narbe,  übertragen 
werden  (Bestäubung).  Die  meisten  und  sehr  mannigfaltigen  Weiterbildungen, 
die  die  einfachsten  Blüten  bis  zu  den  am  höchsten  organisierten  der  Angio- 
spermen erfahren  haben,  sind  Anpassungen  an  die  Art  der  Bestäubung ("^). 
Diese  erfolgt  stets  durch  besondere  Transportmittel  der  Pollenkörner. 
Wenn,  wie  sehr  häufig,  männliche  und  weibliche  Organe  in  einer  Blüte  ver- 
einigt sind,  d.  h.  bei  den  Zwitterblüten,  sollte  man  freilich  meinen,  daß 
keinerlei  besondere  Einrichtungen  nötig  wären,  um  den  Pollen  auf  die  Narbe 
zu  bringen.  Genauere  Untersuchung  hat  aber  gezeigt,  daß  auch  hier  solche 
Einrichtungen  in  Hülle  und  Fülle  bestehen,  ja  daß  sie  oft  sogar  sehr  ver- 
wickelt sind.  Sie  alle  zielen  nicht  einfach  darauf  hin,  den  Pollen  der  Blüte  auf 
die  zugehörige  Narbe  zu  befördern,  sondern  machen  oft  eine  derartige  Selbst- 
bestäubung (Autogamie)  ganz  unmöglich  und  bewirken  eine  Fremd- 
bestäubung (Allogamie),  d.  h.  eine  Übertragung  des  Pollens  auf  Narben 
benachbarter  Blüten  des  gleichen  (Geitonogamie)  oder  womöglich  eines  anderen 
Individuums  (Xenogamie).  Die  Übertragung  des  Blütenstaubes  wird, 
je  nach  dem  Bau  der  Blüten,  durch  Wind,  durch  Tiere  oder,  in  seltenen 
Fällen,  auch  durch  Wasser  besorgt;  dementsprechend  kann  man  die  Blüten 
in  anemophile,  zoidiophile  und  hydrophile  einteilen  (vgl.  den  speziellen 
Teil).  Die  zoidiophilen  Blüten  bilden  bunte  Blütenblätter,  Duft  oder  Honig 
aus,  wodurch  die  Bestäubungsvermittler  angelockt  werden.  Die  meisten 
Samenpflanzen  haben  sich  also  bei  der  Befruchtung  von  der  Gegenwart  von 
Wasser  ganz  frei  gemacht;  sie  konnten  zu  ausgeprägten  Landpflanzen 
werden. 

Neben  Pflanzen  mit  Allogamie  fehlt  es  aber  auch  nicht  an  solchen,  die  Ein- 
richtungen zur  Beförderung  der  Autogamie  haben,  mag  diese  erst,  wenn  die  Allo- 
gamie nicht  geglückt  ist,  oder,  wie  bei  den  kleistogamen  Blüten,  von  vornherein  eintreten 
(vgl.  den  speziellen  Teil). 


Morphologie.  171 

Nach  der  Bestäubung  treiben  die  Pollenkörner  je  eine  schlauchförmige 
Aupstülpung,  den  Pollenschlauch,  der  in  die  Samenanlage  bis  zur  Eizelle 
vordringt,  nachdem  er  bei  den  Angiospermen  zuvor  durch  den  Griffel  in  das 
Fruchtknotengehäuse  hinabgewachsen  ist  (Fig.  vgl.  567,  569).  Nachdem  nun 
eine  offene  Verbindung  zwischen  dem  Pollenschlauch  und  der  Eizelle  hergestellt 
ist,  wird  die  Eizelle  meist  nur  durch  einen  Kern  des  Pollenschlauchcs  ohne 
Plasmahülle  befruchtet.  Die  befruchtete  Eizelle  entwickelt  sich  in  der 
anschwellenden  Samenanlage  zu  einem  vielzelligen  Gewebekörper,  dem  Em- 
bryo, der  sich  schon  hier  meist  in  die  Keimblätter,  das  Keimwürzelchen 
(Radicula)  und  oft  in  die  Keimknospe  (Plumula)  gliedert:  die  Samenanlage 
aber  wird  durch  Umbildung  ihrer  Gewebe  zum  Samen,  wobei  ihre  äußeren 
Zellschichten  die  Samenschale  hefern.  Der  Same,  der  in  reifem  Zu- 
stande abgeworfen  wird  und  zur  Vermehrung  dient,  ist  also  eine 
weiterentwickelte  Samenanlage,  die  einen  Embryo  umschließt. 
Auch  das  Fruchtknotengehäuse  entwickelt  sich  nkch  der  Befruchtung  der 
Eizelle  weiter,  und  zwar  zur  Frucht.  Diese  kann  sich  als  Ganzes  mit  den 
eingeschlossenen  Samen  von  der  Mutterpflanze  ablösen  (so  bei  den  Beeren, 
Nüssen  und  Steinfrüchten),  oder  sie  bleibt  an  der  Pflanze  sitzen,  platzt  auf 
und  entläßt  die  Samen  (so  bei  den  Kapseln). 

Wie  bei  allen  Fortpflanzungskörpern  wird  auch  bei  den  Samen  und 
den  sich  loslösenden  Früchten  für  eine  Verbreitung  gesorgt("').  Dies  ge- 
schieht mit  den  gleichen  Mitteln  wie  die  Pollenübertragung:  durch  Luft-, 
durch  Wasserströmungen,  durch  Tiere,  sowie  endlich  auch  durch  eine  Eigen- 
tätigkeH  der  Pflanze.  Der  Bau  der  Samen  und  Früchte  ist  an  ihre  Verbreitungs- 
mittel angepaßt  (vgl.  den  speziellen  Teil). 

Früher  oder  später  nach  erfolgter  Aussäung  beginnt  die  Samen- 
keimung(^^^).  In  der  Regel  tritt  am  keimenden  Samen  zunächst  die  Wurzel 
des  Keimhngs  aus,  indem  sie  die  Samenschale  durchbricht.  Da  diese  Schale 
oft  außerordentlich  fest  gebaut  ist,  so  sind  nicht  selten  besondere  Austritts- 
stellen für  die  Keimwurzel  ausgebildet  (z.  B.  bei  der  Kokosnuß).  Der  Keimling 
wächst  zunächst  allein  auf  Kosten  von  Nährstoffen,  die  den  Samen  von  der 
Mutterpflanze  in  besonderen  Speicherorganen  mitgegeben  worden  sind. 

Eine  sehr  eigenartige  ungeschlechtliche  Fortpflanzung,  die  sich  bei  manchen  Blüten- 
pflanzen findet,  täuscht  eine  geschlechtliche  Fortpflanzung  vor.  Hier  entstehen  nämlich 
innerhalb  der  Samenanlage  an  Stelle  der  unterdrückten  Eizelle  aus  anderen 
Zellen  ungeschlechtliche  Embryonen,  die  also  später  im  Samen  eingeschlossen  sind  ("^) 
(Apogamie).  Die  Samen  enthalten  alsdann  kein  Geschlechtsprodukt,  sondern  sind  zu 
Organen  der  vegetativen  Vermehrung  geworden.  Diese  „Adventivkeimbildung"  ist  in  der 
Regel  mit  Polyembryonie,  d.  h.  Ausbildung  vieler  Keime  in  einem  Samen  verbunden 
(Funkia  ovata,  Citrus  aurantium,  Caelebogyne  ilicifolia  u.  v.  a.). 

2.  Die  Vorgänge  der  Zeliverschmelzung  bei  der  Befruchtung  und  ihre 
Folgen.  Die  Befruchtungsvorgänge  selbst,  in  ihrer  einfachsten  Form,  kann 
man  am  besten  beobachten  bei  den  Geschlechtszellen  niederer  Organismen, 
wo  diese  Zellen  gleich  gestaltet  sind,  also  an  Isogameten  (Fig.  227).  Bei  solchen 
Formen  läßt  sich  leicht  feststellen,  daß  nicht  bloß  die  Plasmakörper  der  beiden 
Zellen,  sondern  früher  oder  später  auch  ihre  Kerne  verschmelzen.  Dagegen 
vereinigen  sich  die  Chromatophoren  der  beiden  Geschlechtszellen  nicht, 
wenn  in  ihnen  solche  vorhanden  sind,  was  bei  manchen  Algen  (Florideen, 
Ohara  u.  a.)  nicht  der  Fall  ist;  entweder  leben  sie  nebeneinander  in  der  be- 
fruchteten Zelle  fort,  oder  es  geht  ein  entsprechender  Teil  zugrunde,  falls  die 
Zahl  der  Ohromatophoren  in  der  Zelle  konstant  ist.  Bei  den  Angiospermen 
dringt  aber,  nach  unseren  jetzigen  Kenntnissen,  nur  ein  männhcher  Kern 
(Spermakern)  ohne  Plasma  und  ohne  Ohromatophoren  in  die  Eizelle  ein. 


172  Fitting: 

um  hier  mit  dem  Eikern  zu  verschmelzen.  Daraus  hat  man  geschlossen,  daß 
das  Wesentliche  bei  der  Befruchtung  der  Übertritt  des  männ- 
lichen Kernes  in   die  Eizelle  ist. 

Wir  haben  bei  der  typischen  Kernteilung  gesehen,  daß  die  Kerne  eines 
Individuums  stets  eine  konstante,  für  die  Art  bezeichnende  Chromosomenzahl 
behalten.  So  bringt  die  männhche  Zelle  meist  ebensoviele  Chromosomen 
wie  die  weibhche  mit.  Diese  Chromosomen  verschmelzen  bei  der  Kopulation 
der  Geschlechtszellkerne  nicht,  so  daß  der  Kopulationskern  die  doppelte 
Chromosomenzahl  besitzt  wie  die  Kerne  der  Geschlechtszellen  (^i^).  Er  ist 
diploid  gegenüber  den  haploiden  Kernen  dieser  Zellen. 

Auch  die  Kerne,  die  durch  Teilung  aus  dem  Kopulationskerne  hervor- 
gehen, sind  meist  diploid.  In  jedem  diploiden  Kerne  stammen  meist  ebenso- 
viele Chromosomen  von  dem  männhchen  wie  vom  weibhchen  Kerne.  Kommen 
in  den  haploiden  Kernen  zwischen  den  einzelnen  Chromosomen  Größen-  und 
Formunterschiede  vor,  die  bei  jeder  Kernteilung  wieder  sichtbar  werden,  so 
sind  die  Chromosomen  in  den  diploiden  Kernen  paarweise  gleich  groß  und 
gleich  gestaltet.  Diese  paarweise  gleichen  Chromosomen,  von  denen  immer 
eines  von  dem  Vater,  das  andere  von  der  Mutter  stammt,  liegen  in  den  Kern- 
platten meist  nebeneinander  (Fig.  14). 

Da  die  Kerne  der  Geschlechtszellen  aller  Individuen  einer  Rasse  stets 
haploid,  die  Kopulationskerne  aber  und  meist  auch  ihre  Teilungsprodukte 
diploid  sind,  so  müssen  irgendwo  im  Entwicklungsgange  des  Individuums 
aus  den  diploiden  Kernen  wieder  haploide  werden;  sonst  müßte  ja  von  Gene- 
ration zu  Generation  die  Zahl  der  Chromosomen  sich  verdoppeln!  Dieser 
Vorgang  vollzieht  sich  in  der  Reduktionsteilung(^2°),  d.  h.  einer  eigen- 
artigen Kernteilung,  wobei  nicht  die  Längshälften  der  Chromosomen,  sondern 
die  ganzen  Chromosomen  zur  Hälfte  auf  die  beiden  Tochterkerne  gleichmäßig 
verteilt  werden.  Sie  tritt  im  Entwicklungsverlaufe  an  ganz  bestimmter 
Stelle  ein,  die  bei  verschiedenen  Organismen  freilich  recht  verschieden  sein 
kann.  So  ist  für  den  Entwicklungsgang  sexueller  Organismen  ein  regelmäßiger 
Wechsel  von  Haploidie  und  Diploidie  der  Kerne  (ein  Kernphasenwechsel) 
bezeichnend. 

Bei  vielen  Algen  ist  aber  gleich  die  erste  Teilung  des  befruchteten  Eikernes  die 
Reduktionstellung,  so  daß  alle  Zellen  des  Organismus,  also  auch  seine  Geschlechtszellen, 
mit  Ausnahme  der  befruchteten  Eizelle,  haploid  sind.  Bei  anderen  (z.  B.  bei  Fucus)  erfolgt 
die  Reduktion  erst  bei  Bildung  der  Geschlechtszellen,  so  daß  umgekehrt  alle  Zellen  des 
Körpers  mit  Ausnahme  der  Geschlechtszellen  diploide  Kerne  haben.  Oft  ist  aber  der 
Kernphasenwechsel  mit  einem  Generationswechsel  verbunden  (vgl.  S.  175). 

Bei  manchen  Pflanzen  wird  indes  der  Reduktionsvorgang  aus  dem  Entwicklungs- 
gange dadurch  ausgeschaltet,  daß  sie  diploide  Eizellen  bilden  C'-  "").  Ein  solches 
Ei,  das  somit  bereits  über  die  doppelte,  sonst  erst  durch  die  Befruchtung  geschaffene  Zahl 
von  Chromosomen  verfügt,  entwickelt  sich  ohne  Befruchtung,  also  parthenogenetisch  weiter. 
So  ist  es  bei  den  S.  165  genannten  unbefruchteten  Eizellen  der  Samenpflanzen,  Marsilia- 
ceen  und  von  Ohara,  während  bei  anderen  Algen  die  haploide  Eizelle  parthenogenetisch 
sich  zu  einer  neuen  Pflanze  entwickeln  kann.  Erwähnt  sei  hier,  daß  man  vielfach  dann 
nicht  von  Parthenogenesis,  sondern  von  Apogamie  (vgl.  S.  171)  spricht,  wenn  diploide 
und  nicht  mehr  befruchtungsfähige  Geschlechtszellen,  also  ohne  Befruchtung,  sich  weiter 
entwickeln. 

Eigentümlich  ist  es  für  die  Reduktionsteilung,  die  man  im  Gegensatze 
zu  der  gewöhnUchen  Mitose  oder  typischen  Teilung  auch  heterotypische 
Teilung  oder  Meiosis  nennt,  daß  der  Kerninhalt  in  der  Prophase,  und  zwar 
im  Spiremstadium  vorübergehend  einseitig  zusammengeballt  ist  (Synapsis, 
Fig.  231,  2,  3).  Besonders  bezeichnend  für  den  weiteren  Verlauf  der  Teilung 
ist  aber,  daß  sich  die  väterhchen  und  mütterhchen  Chromosomen  paarweise 


Morphologit 


173 


fest,  zu  den  Gemiui,  aneinanderlegen  oder  gar  vorübergehend  vereinigen. 
Die  Zatil  dieser  Gemini,  in  denen  die  Chromosomen  auffällig  kurz  und  dick 
werden,  ist  natürhch  halb  so  groß  wie  die  Zahl  der  Chromosomen  in  den  Gewebe- 
zellen derselben  Pflanze.  In  dem  Zustand  der  sog.  Diakinese  (5,6),  der  auf 
die  Synapsis  folgt,  sind  die  Gemini  annähernd  gleichmäßig  an  der  Kernwand 
verteilt.  Nun  beginnen  Plasmafäden  sich  von  außen  der  Kernwandung  anzu- 
schmiegen (6),  worauf  die  Kernwandung  schwindet  und  aus  den  Plasmafäden 
die  Anlage  der  Kernspindel  hervorgeht,  die  zunächst  mehrpolig  ist  (7),  all- 
mälihg  aber  zweipohg  (8)  wird.  Die  Gemini  werden  nun  zu  einer  äquatorialen 
Kernplatte  angeordnet  (<^).    Bald  erfolgt  hier  die  Trennung  der  zu  Paaren  ver- 


Fig.  231.  Pollenmutterzellen  einer  Lilie  in  Teilung,  etwas  schematisiert.  Nach  Fixierung 
mit  Chromosomiuniessigsäure  und  Eisenhämatoxylinfärbung.  Die  Chromatophoren  nach 
solcher  Fixierung  und  Färbung  nicht  sichtbar.     Erklärung  im  Text.     Nach  Strasburger. 


einigten  Chromosomen  (9).  Bei  dieser  Trennung  werden  somit  nicht 
Längshälften  von  Chromosomen,  sondern  ganze  Chromosomen 
voneinander  geschieden,  die  zur  Hälfte  dem  einen,  zur  Hälfte 
dem  anderen  Tochterkern  zugeteilt  werden.  Das  hat  zur  Folge,  daß 
die  Zahl  der  Chromosomen,  die  jedem  Tochterkern  zufällt,  nur  die  Hälfte 
jener  Zahl  ist,  die  die  Gewebezellen  derselben  Pflanze  in  ihren  Kernen  ent- 
halten, und  daß  beide  Tochterkerne  teils  männliche,  teils  weibliche  Chromo- 
somen bekommen:  Da  sich  bei  der  Bildung  der  Gemini   in  der  Reduktions- 


174 


Fitting : 


teilung  immer  gleich  gestaltete  Chromosomen  aneinanderlegeu,  von  denen 
eines  dem  Vater,  das  andere  der  Mutter  entstammt,  und  da  bei  dieser  Teilung 
die  Chromosomen  sich  voneinander  trennen,  um  regellos  in  die  beiden  Tochter- 
kerne einzugehen,  so  muß  jeder  dieser  haploiden  Tochterkerne  einige  Chromo- 
somen vom  Vater,  die  übrigen  von  der  Mutter  erben.  Welche  vom  einen, 
welche  vom  anderen  Elter  stammen,  darüber  scheint  der  Zufall  zu  entscheiden. 
Die  Bildung  der  Tochterkerne  vollzieht  sich  wie  bei  einer  gewöhnlichen  Kern- 
teilung (lo).  Rasch  folgt  aber  auf  die  Reduktionsteilung  meist  eine  zweite 
Teilung,  die  homöo typische  Teilung,  die  im  wesenthchen  typisch  verläuft 
(jj,  12).  In  der  homöotypischen  Teilung  trennen  sich  also  Längshälften  von 
Chromosomen  wie  in  der  typischen  Teilung  voneinander.  Ein  Unterschied 
gegenüber  der  letzteren  besteht  aber  darin,  daß  die  Chromosomen  nicht  in 
der  Prophase  dieser  Teilung  längs  gespalten  werden,  sondern,  wie  es  scheint, 
bereits  in  der  Prophase  der  vorausgegangenen  Reduktionsteilung,  freilich  ohne 
daß  die  gebildeten  Hälften  getrennt  werden.  So  bilden  zwei  schnell  auf- 
einanderfolgende Kernteilungen,  die  hetero-  und  die  homöotypische,  ein 
bezeichnendes  Merkmal  der  meisten  Reduktionsvorgänge. 


B 


Fig.  232.    In  A  schematische  Darstellung  der  Äquationsteilung,  in  B  der  Reduktionsteilung. 
Nach  Strasburger. 


Der  grundsätzliche  Gegensatz,  der  zwischen  der  typischen  Teilung  und  der  Re- 
duktionsteilung besteht,  soll  auch  schematisch  deutlich  gemacht  werden.  Die  Fig.  232  stellt 
in  A  eine  typische  Kernteilung  dar,  die  also  auf  Längsspaltung  der  Chromosomen  beruht. 
Es  sind  sechs  längsgespaltene,  zur  Kernplatte  angeordnete  Chromosomen  eingezeichnet 
und  durch  verschiedene  Schraffierung  kenntlich  gemacht.  Die  zwei  mittleren  sind  in 
Frontansicht,  die  vier  anderen  in  Seitenansicht  gezeichnet.  In  Ab  sieht  man  die  getrennten 
Längshälften  dieser  Chromosomen  auf  ihrem  Wege  nach  den  Spindelpolen  begriffen. 
Fig.  232  B  ist  dagegen  ein  Schema  der  Reduktionsteilung.  Die  sechs  in  entsprechender 
Weise  wie  in  Fig.  231  A  gekennzeichneten  Chromosomen  sind  in  Ba  zu  drei  Gemini  ver- 
einigt. Die  beiden  seitlichen  Gemini  sind  in  Seitenansicht,  der  mittlere  Geminus  ist  in 
Frontansicht  gezeichnet.  In  Bö  haben  sich  die  beiden  Chromosomen  jedes  Geminus  ge- 
trennt. Sie  werden  nach  den  Spindelpolen  geschafft,  um  hier  die  Tochterkerne  zu  bilden. 
Diese  Teilung  ist  mit  einer  Reduktion  der  Chromosomenzahl  von  sechs  auf  drei  in  den 
beiden  Tochterkernen  verbunden.  Im  Gegensatz  zu  der  Reduktionsteilung,  die  eine  Ver- 
schiedenheit der  Teilungsprodukte  bedingt,  weil  sie  ganze,  untereinander  ver- 
schiedene Chromosomen  trennt,  wird  die  typische  Kernteilung  wohl  auch  als  Äquations- 
teilung bezeichnet,  da  sie  in  den  Längshälften  der  Chromosomen  völlig  übereinstimmende 
Teilungsprodukte  liefert. 

Über  die  Fragen,  wann  und  wie  die  Chromosomen  bei  der  Reduktionsteilung  sich 
zu  Paaren  aneinanderlegen  oder  auch  vorübergehend  zu  einheitlichen  Gebilden  vereinigen, 
sind  die  Ansichten  noch  geteilt.  Möglicherweise  erfolgt  die  Reduktionsteilung  überhaupt 
nicht  nach  einem  einheitlichen  Schema.  Meist  scheinen  sich  die  Chromosomen  dabei 
paarweise  nebeneinander  (Parasyndese),  bei  manchen  Pflanzen  dagegen  mit  den  Enden 
aneinander  zu  legen  (Metasyndese). 

Bei  der  Wiedertrennung  der  paarweise  miteinander  verkoppelten  Chromosomen  scheint 
ein  Austausch  von  Chromosomensubstanz  zwischen  den  Paarungen  möglich  zu  sein  ('-'). 


Morphologie.  175 

D.  Generationswechsel  (^22)^  ]\£it  der  Fortpflanzung  ist  bei  den 
Pflanzen  meist  ein  Generationswechsel,  d.  h.  im  typischen  Falle  ein 
regelmäßiger  Wechsel  mindestens  zweier,  durch  ihre  Fortpflanzungsweise 
voneinander  verschiedener  Generationen  verbunden,  die  häufig  morpho- 
logisch ganz  verschiedene  und  selbständige  Individuen  sind.  Der  Entwick- 
lungsgang eines  solchen  Gewächses  setzt  sich  alsdann  meist  aus  zweierlei 
Individuen  zusammen,  die  in  regelmäßigem  Wechsel  aufeinanderfolgen, 
häufig  äußerhch  und  innerhch  ganz  verschieden  gebaut  sind  und  verschiedene 
Fortpflanzungsorgane  erzeugen.  Die  eine  Generation  pflanzt  sich  nur  vegetativ 
fort,  man  nennt  sie  Sporophyt;  die  andere,  der  Gametophyt,  auch  sexuell. 
Als  typisches  Beispiel  für  einen  solchen  Generationswechsel  sei  der  Entwick- 
lungsgang der  Farnpflanze  erwähnt:  Das  beblätterte  Farnkraut  erzeugt  nur 
ungeschlechtUche  Sporen  in  Sporangien,  ist  also  der  Sporophyt.  Die  Sporen 
werden  ausgestreut  und  keimen  nicht  zu  einem  neuen  beblätterten  Farn, 
sondern  zu  einem  kleinen,  thallösen  Gebilde  aus,  dem  Prothallium  (Fig.  97), 
das  die  Antheridien  und  Archegonien  ausbildet  und  sich  sexuell  fortpflanzt, 
also  der  Gametophyt  ist.  Erst  die  befruchtete  Eizelle  wird  wieder  zu  einer 
beblätterten  Farnpflanze.  Jede  der  genannten  Fortpflanzungszellen  der  einen 
Generation  erzeugt  also  nur  die  andere  Generation;  so  folgen  Sporophyt  und 
Gametophyt  (desgleichen  ungeschlechthche  und  geschlechthche  Fortpflanzung) 
in  regelmäßigem  Wechsel  aufeinander.  Sporophyt  und  Gametophyt 
können  aber  auch  gleichen  Bau  besitzen  (z.  B.  bei  der  Braunalge  Dictyota). 

Sehr  häufig  kommt  es  vor,  daß  nicht  beide  Generationen  selbständige 
Individuen  sind,  sondern  daß  die  eine  dauernd  mit  der  anderen,  wie  ein 
Schmarotzer  mit  seinem  Wirt,  verbunden  bleibt.  In  diesem  Falle  läßt  sich 
erst  durch  genaue  Untersuchung  feststellen,  daß  ein  Generationswechsel  vor- 
handen ist.  So  ist  es  bei  den  Moosen  und  bei  den  Samenpflanzen.  Bei  den 
Moosen  ist  nämlich  das  Moospflänzchen  die  geschlechtliche  Generation, 
der  Gametophyt,  der  die  Antheridien  und  Archegonien  erzeugt;  die  gestielte 
Mooskapsel,  die  mit  der  Moospflanze  dauernd  verbunden  bleibt,  ist  dagegen 
eine  Generation  für  sich,  der  Sporophyt,  also  nicht,  wie  es  den  Anschein  hat, 
ein  GHed  der  Moospflanze.  Bei  den  Samenpflanzen  ist  die  beblätterte  Pflanze 
wie  die  Farnpflanze  ein  Sporen  erzeugender  Sporophyt;  aus  den  Sporen  gehen 
stark  reduzierte  männliche  und  weibliche  Prothaüien  hervor,  von  denen  die 
ersteren  in  die  Pollenkörner  und  Pollenschläuche,  die  letzteren  dauernd  in  die 
Samenanlagen  der  Blüten  eingeschlossen  bleiben. 

Wo  ein  Generationswechsel  im  Pflanzenreich  vorkommt,  pflegt  mit  ihm 
der  Kernphasenwechsel  verbunden  zu  sein,  so  bei  vielen  Algen,  Pilzen,  den 
Moosen,  Farn-  und  Samenpflanzen.  Der  aus  der  befruchteten  Eizelle  ent- 
standene Sporophyt  ist  diploid;  der  Bildung  seiner  Sporen  geht  die  Reduktions- 
teilung unmittelbar  voraus;  infolgedessen  sind  die  Sporen  selbst,  der  daraus 
sich  entwickelnde  Gametophyt  und  seine  Geschlechtszellen  haploid.  Dement- 
sprechend ist  z.  B.  die  beblätterte  Generation  der  Farn-  und  Samenpflanzen 
ebenso  wie  die  Mooskapsel  diploid;  das  Moospflänzchen,  das  Farnprothallium 
und  die  reduzierten  Prothallien  der  Samenpflanzen  sind  dagegen  haploid. 

Sehr  merkwürdig  sind  einige  Fälle,  wo  aus  vegetativen  Zellen  der  einen  Generation 
ohne  weiteres  sich  die  andere,  dann  also  mit  gleicher  Chromosomenzahl  entwickeln 
kann.  Bei  einer  Form  von  Athyrium  filix  femina  geht  aus  solchen  vegetativen  Prothallien- 
zellen,  deren  Kerne  diploid  sind,  ohne  Verschmelzung  die  diploide  Farnpflanze  hervor, 
die  unter  Ausschaltung  der  Sporen  und  der  Ileduktionsteilung  aus  ehenfalls  diploiden 
Zellen  des  Blattrandes  wieder  diploide  Prothallien  erzeugt  (Aposporie).  Nach 
Yamanouchi  kann  aber  auch  (bei  Nephrodium  moUe)  aus  einer  haploiden  Prothallial- 
zelle  ohne  Verschmelzungsvorgänge  eine  haploide  Farnpflanze  entstehen.  Ferner  kann 
man  auf  experimentellem  Wege   durch  Regeneration  aus  zerschnittenen  Mooskapselstielen, 


176  Fitting: 

die  als  Sporophytengewebe  diploid  sind,  eine  d  i  p  1  o  i  d  e  Moospflanze,  also  einen  diploiden 
Gametophyten  erziehen,  der  auch  diploide  und  gleichwohl  befruchtungsfähige  Geschlechts- 
zellen hervorbringt.  Durch  Befruchtung  entstehen  tetraploide  Mooskapseln,  die  wiederum 
auf  dem  Wege  der  Regeneration  selbst  tetraploide  Moospflanzen  liefern  können.  Eine 
direkte  Beziehung  zwischen  der  Chromosomenzahl  und  der  Ausbildung  der  Generation 
besteht  also  offenbar  nicht  ("-.  *'^). 


Vierter  Abschnitt.     Die  Deszendenzlehre  und 
die  Entstehung  der  Anpassungen. 

A.  Die  Deszendenztheorie (1-^).  Eine  der  allerwichtigsten  theore- 
tischen Fragen  der  Morphologie  ist  die,  wie  die  organischen  Formen  unserer 
Erde  und  ihre  morphologischen  Baueigentümhchkeiten  entstanden  sind.  Die 
frühere  Annahme,  die  Einzelarten  seien  selbständig  und  unabhängig  von- 
einander erschaffen  worden  (Schöpfungstheorie),  ist  allmählich,  namenthch 
infolge  der  Vertiefung  unserer  morphologischen  Kenntnisse  und  unter  dem 
Einflüsse  der  Werke  Darwins,  durch  die  Deszendenztheorie  völhg  ver- 
drängt worden,  wie  schon  in  der  Einleitung  hervorgehoben  wurde;  d.  h,  durch 
die  Vorstellung,  daß  die  Organismen,  die  jetzt  die  Erde  bewohnen,  aus  anderen 
und  oft  einfacher  gebauten  sich  entwickelt  haben,  die  in  früheren  Erdepochen 
gelebt  haben  (vgl.  S.  Iff.).  Die  Deszendenz-  oder  Abstammungslehre  durch- 
di'ingt  heute  als  eine  grundlegende  Theorie  der  Biologie  die  morphologische 
Forschung  in  allen  ihren  Teilen  so  vollständig,  daß  es  für  den  Morphologen 
unerläßhch  ist,  sich  mit  den  zahlreichen  Indizienbeweisen  vertraut  zu  machen, 
wodurch  sie  uns  geradezu  aufgezwungen  wird.  Solche  Beweise  hefert  vor  allem 
die  Systematik,  die  Morphologie,  die  Pflanzen-  und  Tiergeographie  und  die 
Paläontologie. 

1.  Systematische  Beweise.  Nach  der  Schöpfungstheorie  sind  die 
Arten  unabhängig  voneinander  erschaffen  worden  und  im  wesentlichen  kon- 
stante, d.  h.  nur  so  wenig  veränderhche  Gebilde,  daß  aus  einer  Art  nicht 
andere  Arten,  sondern  höchstens  Varietäten  als  mehr  oder  weniger  erbhche 
Abänderungen  hervorgehen  können.  Diese  Lehre  fordert  also  scharfe  Grenzen 
zwischen  den  Spezies  und  deuthche  Unterschiede  im  Wesen  der  Arten  und 
in  dem  der  Varietäten.  Dem  Systematiker,  der  sich  in  das  Studium  irgend- 
welcher Lebewesen  vertieft,  fällt  es  aber  immer  wieder  auf,  daß  sich  überhaupt 
keine  Merkmale  auffinden  lassen,  wodurch  sich  Varietäten  durchgreifend 
von  Arten  unterscheiden.  Das  Maß  der  morphologischen  Verschiedenheiten 
zwischen  den  Arten  einer  Gattung,  den  Varietäten  einer  Art  oder  zwischen 
Arten  und  Varietäten  ist  eben  ganz  und  gar  unbestimmt.  Auch  hat  sich  im 
Laufe  der  Zeit  gezeigt,  daß  die  Arten  gar  keine  selbständigen  morphologischen 
Einheiten  sind,  sondern  in  vielen  Fällen  sehr  umfangreiche  Formenkreise 
von  ,, Kleinarten"  (z.  B.  in  den  Gattungen  Erophila,  Rubus,  Rosa,  Hieracium, 
Quercus),  deren  scharfe  Abgrenzung  gegen  andere  Arten,  d.  h.  andere  solche 
Formenkreise,  zudem  oft  sehr  schwierig,  ja  manchmal  kaum  möghch  ist. 
Auch  sind  die  erbhch  konstanten  Kleinarten  oft  viel  weniger  voneinander 
verschieden  als  viele  sog.  Varietäten.  So  ist  es  oft  ledighch  Sache  des  Ge- 
schmackes, des  ,, systematischen  Taktes",  ob  man  eine  Form  als  Ai't  oder 


Morphologie. 


177 


Varietät  auffassen  und  wie  man  eine  Art  umgrenzen  will.  Denn  auch  die 
Regel,  an  die  man  früher  wohl  glaubte,  die  Kreuzungen  zwischen  den  un- 
abhängig voneinander  erschaffenen  Arten  seien  unfruchtbar,  zwischen  den 
Varietäten  einer  Art  aber  fruchtbar,  hat  sich  als  nicht  richtig  erwiesen;  es  gibt 
fruchtbare  und  unfruchtbare  Bastarde  zwischen  zwei  Varietäten  und  zwischen 
zwei  Arten.  Aber  nicht  nur  Übergänge  zwischen  Arten  kommen  vor,  sondern 
oft  selbst  zwischen  Gattungen  oder  gar  Familien,  so  daß  es  manchmal  auch  hier 
der  Willkür  des  Systematikers  überlassen  bleibt,  die  Grenzen  zu  ziehen.  Alle 
diese  Tatsachen  werden  nur  verständhch,  wenn  man  annimmt,  daß  die  Arten 
nicht  selbständig  erschaffen,  sondern  erblich  veränderhch  sind,  d.  h.  daß  aus 
einer  Spezies  durch  erbhche  Umwandlungen  andere  hervorgehen  können,  durch 
stärkere  Veränderungen  aus  den  Arten  einer  Gattung  neue  Gattungen,  schUeß- 
Uch  aus  einer  FamiUe  andere  FamiUen.  Ohne  diese  Annahme  bleibt  es  auch 
völlig  unbegreifhch,  daß  es  möglich  ist,  die  Organismen  überhaupt  in  Gruppen 
niederer  und  höherer  Ordnung  (Arten,  Gat- 
tungen, Famihen,  Klassen  usw.)  zu  bringen, 
die  sich  teils  einander  koordinieren  (wie  die 
Arten  einer  Gattung,  die  Gattungen  einer 
Familie),  teils  einander  subordinieren  lassen 
(wie  die  Gattungen  der  Familie,  die  Arten 
der  Gattung),  und  daß  die  Gruppen  der  aus- 
gestorbenen Organismen,  die  in  früheren  Erd- 
epochen lebten,  zwischen  die  der  lebenden 
meist  zwanglos  eingeordnet  werden  können. 
Alle  Schwierigkeiten  fallen  sofort  weg,  wenn 
man  die  Organismen  als  blutsverwandt  be- 
trachtet und  das  natürliche  System  als  den 
Ausdruck  der  näheren  und  ferneren  Ver- 
wandtschaft, also  gewissermaßen  als  eine 
genealogische  Anordnung  (Stammbaum) 
der  Lebewesen  ansieht. 

2.  Morphologische  Beweise.  Un- 
verständlich für  die  Schöpfungstheorie,  so- 
fort einleuchtend  bei  Annahme  der  Des- 
zendenzlehre sind  ferner  einerseits  die  ge- 
meinsamen, morphologischen  Baupläne, 
die  den  Angehörigen  einer  systematischen 
Gruppe,  einer  Gattung,  einer  Famihe,  einer 
Klasse,  in  gewissem  Sinne  sogar  allen  Organismen  der  Erde  (im  zelligen  Bau, 
Protoplasma)  zugrunde  liegen,  andererseits  das  Vorkommen  von  einzelnen 
Eigenschaften  bei  einer  Gruppe,  bei  der  man  sie  nach  ihrem  Bauplan  eigent- 
lich gar  nicht  erwarten  sollte  (z.  B.  die  Spermien  im  Pollenschlauch  der 
Zykadeen).  Die  großen  Gruppen  der  Moose,  Farne  und  Gymnospermen 
haben  bei  allen  morphologischen  Verschiedenheiten  doch  im  wesentlichen  den 
gleichen  Entwicklungsgang,  den  gleichen  Generationswechsel  und  die  gleichen 
Geschlechtsorgane.  Nur  mit  der  Annahme  der  Blutsverwandtschaft  kann 
man  ferner  verstehen,  daß  so  oft  die  Organe  verschiedener  Arten  bei  genauerer 
morphologischer  Untersuchung  trotz  gleichem  Bau  und  gleichen  Funktionen 
doch  verschiedenen  Grundformen  entsprechen,  also  nur  analog  sind,  daß  sie 
umgekehrt  aber  auch  dann  einander  homolog  gefunden  werden,  wenn  sie 
völhg  verschieden  gebaut  sind  und  ganz  verschiedenen  Funktionen  dienen, 
oder  daß  auch  die  Organe  eines  und  desselben  Organismus  trotz  ganz  verschie- 
denem Bau  und  verschiedenen  Funktionen  doch  so  oft  homolog  sind.    Dornen 


Fig.  233.  Blütendiagramme  von  Scro- 
phulariaceen.  A  Verbascum  nigrum, 
^Digitalis  purpurea,  CGratiola  offi- 
cinalis,  D  Veronica  Ghamaedrys.  A.  C, 
D  nach  Eichler.  Die  unfruchtbaren 
Staubgefäße  sind  durch  schwarze 
Punkte,  vollständig  geschwundene 
durch  Sterne  angedeutet. 


Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik. 


12 


178  Fitting: 

und  Ranken  z.  B.  sind  „umgewandelte"  Blätter,  Nebenblätter,  Sproßachsen 
oder  Wurzeln;  die  Keimblätter,  Nieder-,  Hoch-,  Kelch-,  Kronblätter,  die 
Staubgefäße  und  die  Fruchtblätter  einer  Pflanze  sind  sämtlich  nichts  anderes 
als  „umgewandelte"  Laubblätter.  Alle  diese  Umwandlungen  und  Weiter- 
bildungen von  Organen  haben  offenbar  während  der  phylogenetischen  Ent- 
wicklung stattgefunden.  Ebenso  weisen  die  funktionslos  gewordenen,  redu- 
zierten Organe,  die  man  bei  manchen  Formen  findet,  auf  die  Abstammung 
von  solchen  Formen  hin,  bei  denen  die  Organe  noch  wohl  ausgebildet  waren: 
In  der  Famihe  der  Scrophulariaceen  (Fig.  233)  finden  wir  Formen  mit  fünf 
Staubgefäßen  bei  Verbascum  bis  zu  solchen  mit  nur  zwei  halben  bei  Calceo- 
laria;  in  der  Gattung  Scrophularia  ist  eines  der  fünf  zwar  noch  vorhanden,  aber 
reduziert;  bei  Digitahs  fehlt  das  reduzierte;  bei  Gratiola  sind  nur  zwei  frucht- 
bare vorhanden,  außerdem  noch  zwei  reduzierte,  bei  Veronica  nur  zwei  frucht- 
bare, bei  Calceolaria  nur  zwei  halbe.  Reduzierte,  nutzlose  Organe  sind  aber 
für  die  Schöpfungstheorie  schwer  verständlich.  Gelegentlich  beobachtet  man 
wohl  auch,  daß  bei  einer  Form  plötzlich  eine  fremdartige  Eigenschaft  auf- 
taucht, die  man  nur  als  einen  Rückschlag  (Atavismus)  zu  längst  verloren 
gegangenen  Eigenschaften  von  Vorfahren  auffassen  kann,  z.  B.  Fruchtbar- 
werden reduzierter  Staubgefäße,  Auftreten  von  reduzierten  oder  fruchtbaren 
Staubgefäßen  an  Stellen,  wo  solche  in  der  phylogenetischen  Entwicklung 
verloren  gegangen  waren.  Auf  eine  Blutsverwandtschaft  der  Organismen 
deutet  ferner  die  weitgehende  Ähnlichkeit  der  Embryonen  selbst  sehr  ver- 
schiedener Organismen  hin,  wofür  namentlich  das  Tierreich  viele  auffallende 
Beispiele  liefert;  weiter  die  Tatsache,  daß  manchmal  die  Embryonen  viel  höher 
gegliedert  sind  als  die  ausgebildeten  Organismen  (so  bei  manchen  reduzierten 
Organismen,  z.  B.  vielen  Parasiten),  und  daß  die  Jugendblätter  an  den  Keim- 
lingen mancher  Gewächse,  die  an  extreme  Lebensbedingungen  einseitig  an- 
gepaßt sind,  den  Folgeblättern  nicht  so  einseitig  angepaßter  Arten  der  gleichen 
Gattung  entsprechen  (z.  B.  bei  Acacia,  vgl.  Fig.  140).  Ja  nicht  selten  wieder- 
holt eine  Art  mehr  oder  weniger  in  ihrer  ontogenetischen  Entwicklung  die 
Entwicklung,  die  man  aus  sonstigen  Gründen  als  ihre  phylogenetische  ansehen 
muß  (biogenetisches   Grundgesetz). 

3.  Geographische  Beweise.  Geographische  Schranken,  Hindernisse 
für  freie  Wanderung  (wie  z.  B.  hohe  Gebirge,  Meere  für  Landpflanzen  oder 
Ländermassen  für  Meeresorganismen)  stehen  mit  den  Verschiedenheiten  der 
Flora  und  Fauna  der  einzelnen  Wohngebiete,  Länder,  Kontinente  und  Meere 
in  auffälligem  Zusammenhang.  Die  Organismenwelten  zweier  Kontinente 
sind  durchschnittlich  in  Famihen,  Gattungen  usw.  um  so  verschiedener,  je 
schwieriger  die  Verbindungen  sind  und  früher  waren,  weil  die  Formen  in 
einem  jeden  solchen  Land  sich  selbständig  phylogenetisch  weiter  entwickelten. 
Zwei  Gebiete  haben  dagegen  um  so  mehr  gemeinsame  Formen,  je  leichter 
ein  Formenaustausch  möglich  war.  Sehr  allgemeine  Regel  ist,  daß  die  Be- 
wohner eines  Gebietes  mit  denen  desjenigen  nächsten  Gebietes  am  engsten  ver- 
wandt sind,  aus  dem  sich  die  Einwanderung  aus  geologischen  und  geogra- 
phischen Gründen  mit  Wahrscheinhchkeit  annehmen  läßt.  Das  gilt  z.  B.  für 
die  Kap  Verdischen  Inseln  und  das  afrikanische  Festland,  für  die  Galapagos- 
inseln  oder  Juan  Fernandez  und  die  Nachbargebiete  von  Amerika.  Je  ab- 
geschlossener aber  ein  Wohnbezirk,  etwa  eine  Insel,  von  der  übrigen  Welt 
ist,  um  so  reicher  pflegt  sie  an  ihm  eigentümlichen  Formen,  Endemismen, 
zu  sein.  Das  sind  teils  solche  Formen,  die  sich  von  anderen  nicht  endemi- 
schen oft  nur  wenig  unterscheiden  und  oifenbar  aus  ihnen  in  solchen  Gebieten 
erst  nach  deren  Abschließung  entstanden  sind,  ohne  sich  darüber  hinaus  haben 
ausbreiten  zu  können  (progressive  Endemismen),  teils  auch  solche,  die  als 


Morphologie.  179 

Keste  früher  weiter  verbreiteter  Formen  in  dem  Gebiet  ohne  Verwandte  sind, 
vielfach  als  Zeugen  untergegangener  Floren  angesehen  werden  können  und 
in  diesem  Falle  hohes  Alter  aufweisen  (Reliktendemismen). 

4.  Paläontologische  Beweise.  Die  Paläontologie  endlich  zeigt  uns, 
daß  Arten  in  der  Geschichte  unseres  Planeten  völlig  erlöschen,  andere  dafür 
auftauchen,  ferner  daß  nicht  selten  in  benachbarten  Erdschichten  die  Formen 
sich  zu  Formenreihen  fortschreitender  Organisationshöhe  anordnen  lassen, 
und  daß  die  Formengruppen,  deren  Arten  wir  als  die  am  reichsten  ge- 
gliederten ansehen,  erst  verhältnismäßig  spät  in  der  Erdgeschichte,  die  Angio- 
spermen z.  B,  erst  in  der  Kreidezeit,  erschienen  sind.  Vor  allem  aber  hat 
diese  Wissenschaft  uns  heute  fehlende,  ausgestorbene  Zwischenglieder 
zwischen  Gattungen,  Familien  und  Klassen  kennen  gelehrt,  d.  h.  Formen, 
die  in  ihren  Baueigentümlichkeiten  zwischen  diesen  vermitteln.  Daß  sie 
nicht  häufiger  sind,  hängt  offenbar  mit  der  großen  Unvollständigkeit  unserer 
geologischen  Urkunden  zusammen.  Auf  botanischem  Gebiete  ist  die  wich- 
tigste dieser  Zwischengruppen  die  der  Pteridospermeen  oder  Cycadofilices. 
Das  sind  Gewächse  der  Karbonformation,  die  zwischen  Farnen  und  Zykadeen 
vermitteln,  d.  h.  Blätter  wie  Farne,  Samen  aber  wie  die  Zykadeen  und 
anatomischen  Bau  teils  wie  jene,  teils  wie  diese  gehabt  haben. 

5.  Direkte  Beweise  für  die  Veränderlichkeit  der  Arten.  Alle 
diese  verschiedenartigen  Indizienbeweise  gewinnen  aber  noch  dadurch  ganz 
wesentlich  an  Bedeutung,  daß  es  gelungen  ist,  die  Inkonstanz  mancher 
Ai'ten  direkt  zu  beobachten.  Bei  sorgfältiger  Untersuchung  sehen  wir  näm- 
lich in  der  freien  Natur,  viel  häufiger  aber  in  der  Kultur,  bei  Organismen 
gelegentlich  erbhche  Veränderungen  auftreten,  die  den  systematischen  Wert 
von  Varietäten  oder  Arten  haben.  Auch  ist  es  im  Experimente  auf  verschie- 
denen Wegen  geglückt,  solche  erblich  konstanten  Veränderungen,  also  die 
Erzeugung  neuer  Formen  zu  erzwingen.  Derartige  Beobachtungen  sind  zu- 
gleich deshalb  sehr  wertvoll,  weil  sie  uns  Einblicke  in  das  Problem  der  Art- 
bildung, der  Entstehung  neuer  morphologischer  Eigenschaften  erlauben. 

B.  Entstehung  der  Anpassungen.  Alle  bisherigen  Beobachtungen 
weisen  darauf  hin,  daß  die  erblichen  Änderungen  der  Organismen  bald  diese, 
bald  jene  Eigenschaften  betreffen  und  in  kleineren  oder  wohl  auch  größeren 
Sprüngen,  und  zwar  ganz  regellos  erfolgen.  Daraus  erklärt  sich  die  große 
Mannigfaltigkeit  der  organischen  Formen.  Diese  sprunghaften  Veränderungen 
können  bald  schädhch  bald  gleichgültig,  bald  nützhch  für  den  Organismus 
sein.  Sind  sie  so  schädlich,  daß  der  Organismus  damit  nicht  mehr  lebensfähig 
ist,  so  verschwinden  derartige  Varianten  meist  ebenso  schnell,  wie  sie  ent- 
standen sind  (z.  B.  KeiniHnge,  die  die  Eigenschaft  verloren  haben,  Chlorophyll 
auszubilden).  Wieweit  solche  erblichen  Veränderungen  unter  dem  Einflüsse 
äußerer  erfaßbarer  Bedingungen  entstehen,  bleibt  im  einzelnen  noch  zu  er- 
forschen. 

Seitdem  man  sich  auf  den  Boden  der  Deszendenzlehre  gestellt  hat,  hat 
man  erkannt,  daß  eine  besondere  Erklärung  noch  die  Entstehung  der  für 
die  Organismen  so  bezeichnenden  Anpassungsmerkmale  bedarf.  Mit 
der  Erkenntnis,  daß  die  Lebewesen  regellos  erblich  abändern,  ist  ja  noch 
keinerlei  Einsicht  in  die  auffällige  Tatsache  gewonnen,  daß  der  Organismus 
vielfach  so  ausgesprochen  an  seine  Umwelt,  ferner  ein  Organ  in  seinem  Bau 
mehr  oder  weniger  an  seine  Funktionen  angepaßt  ist  und  nützlich  reagiert. 
Dieser  Zustand  der  Anpassung,  dieses  erbliche  An  gepaßt  sein  muß  phylo- 
genetisch irgendwie  entstanden  sein;  wie,  darauf  geben  uns  alle  Beobach- 
tungen und  Versuche   bis  jetzt   keine   unmittelbare   Antwort.      Erklärungen 

12* 


180  Fitting: 

hat  man  auf  ganz  verschiedenem  Wege  versucht.    Die  wichtigsten  Hypothesen 
in  dieser' Hinsicht  sind  der  Lamarekismus  und  der  Darwinismus. 

1.  Der  Lamarekismus  (^^*)  geht  von  der  Tatsache  aus,  daß  manche  Or- 
ganismen je  nach  der  Umgebung,  in  der  ihre  Keimzellen  auskeimen  und 
sich  zum  fertigen  Organismus  entwickeln,  verschiedene  Gestalt  annehmen, 
ohne  daß  diese  Lebewesen  dadurch  die  Fähigkeit  verlören,  sich  in  anderer 
Umgebung  dieser  entsprechend  zu  entwickeln.  So  gibt  es  Pflanzen,  die  so- 
wohl auf  dem  Lande  wie  im  Wasser  leben  können  (man  nennt  sie  amphi- 
bische) und  die  je  nach  den  Außenbedingungen,  in  denen  sie  sich  ent- 
wickeln, verschiedene  Formen  annehmen.  Auf  dem  Lande  ausgesät,  nehmen 
sie  Gestalt  und  inneren  Bau  typischer  Landpflanzen  an;  bei  Kultur  im  Wasser 
gleichen  sie  typischen  Wasserpflanzen.  Manche  Pflanzen  bilden  bei  Trocken- 
kultur xerophile  Merkmale  aus,  bei  Kultur  in  feuchter  Luft  dagegen  hygrophile. 
Diese  Befähigung,  in  verschiedener  Umgebung  mit  Ausbildung  verschiedener 
Merkmale  zu  reagieren,  nennt  man  Modifikationsfähigkeit.  Solche  Mo- 
difikationen (vgl.  Physiologie  S.  285)  sind  nicht  in  dem  Sinne  erbhch,  daß  die 
Samen  z.  B.  einer  amphibischen  Pflanze,  die  sich  im  Wasser  zur  Wasserpflanze 
entwickelt  hat,  bei  Aussaat  auf  dem  Lande  nun  ebenfalls  die  Wasserform 
lieferte.  Vielmehr  entsteht  auf  dem  Lande  immer  die  Land-,  im  Wasser 
stets  die  Wasserform,  von  welcher  Form  auch  immer  die  Samen  entnommen 
sein  mögen. 

Man  hat  nun  in  diesen  Wirkungen  der  Außenwelt  auf  solche  modi- 
fizierbaren Pflanzen  ein  direktes  ,, Sichanpassen"  erblicken  wollen  und 
dem  Organismus  die  Fähigkeit  zugeschrieben,  auf  jede  äußere  Einwir- 
kung, auch  auf  solche,  die  ihm  in  der  Natur  nicht  zu  begegnen  pflegen, 
mit  einer  nützlichen  Keaktion  zu  antworten.  So  wie  an  äußere  Faktoren, 
so  soll  auch  ein  Sichanpassen  an  neue  Funktionen  möglich  sein;  jedes 
,, Bedürfnis"  nach  einem  Organ  soll  auf  die  Bildung  eines  solchen  hinwirken. 
Und  weiter  nimmt  der  Lamarekismus  an,  daß  jede  einmal  entstandene  Ver- 
änderung, insbesondere  jede  durch  Außenfaktoren  oder  durch  ,, Bedürfnisse" 
bewirkte  Abänderung  auch  erblich  sei  oder  zum  mindesten  mit  der  Zeit  erb- 
lich werden  könne.  Wenn  also  eine  Pflanze  Generationen  hindurch  sich 
immer  wieder  an  das  Wasserleben  oder  an  das  Leben  im  Schatten  oder  Leben 
auf  Kosten  eines  anderen  Organismus  im  obigen  Sinne  direkt  anpaßt,  so 
sollen  die  so  gewonnenen  Baueigentümlichkeiten  allmählich  fixiert  werden; 
d.  h.  sie  sollen  auch  dann  auftreten,  wenn  die  Anlässe  dazu  nicht  mehr 
vorhanden  sind.  Zu  dieser  Autfassung  ist  zunächst  zu  bemerken,  daß  die 
Annahme,  ,,ein  Bedürfnis  nach  einem  Organ  könne  die  Bildung  eines 
solchen  bewirken",  eine  unklare  Überlegung  ist.  Sodann  muß  man  betonen, 
daß  von  einem  Erblichwerden  solcher  Wirkungen  äußerer  Bedingungen, 
die  wir  Modiiikationen  genannt  haben,  schlechterdings  nichts  zu  bemerken 
ist.  Schon  aus  diesem  Grunde  ist  der  Lamarekismus  abzuweisen.  Zweitens 
aber  h'eße  es  an  ein  Wunder  glauben,  wenn  man  annehmen  wollte,  daß  der 
Organismus  von  vornherein  auf  beliebige  Außenfaktoren  nützlich  reagierte. 
In  der  Tat  sehen  wir  auch  nicht  ganz  selten  Reaktionen  auf  neue  unge- 
wohnte Reize  eintreten,  die  durchaus  ,, gleichgültig"  oder  gar  schädhch  er- 
scheinen. So  krümmen  sich  Droseratentakeln  auf  hohe  Temperatur  hin  so 
ein,  als  wären  sie  mit  einem  Insekt  in  Berührung  gekommen;  abgeschnittene 
Blätter  können  bei  vielen  Pflanzen  durch  Ausbildung  von  Wurzeln  sich 
manchmal  jahrelang  am  Leben  erhalten,  auch  wenn  ihnen  die  Möglichkeit 
der  Sproßbildung  abgeht.  Wenn  andererseits  auf  verschiedene  Reize,  denen 
gewisse  Organismen  an  ihren  verschiedenen  Standorten  ausgesetzt  sind,  wie 
Wasser,  Luft,  Licht,  Schatten  usw.,  ein  direktes  Sichanpassen  zu  folgen  scheint. 


Morphologie.  Jg-J^ 

SO  kann  man  diese  Erfolge  auch  anders  deuten.  Man  kann  annehmen,  daß 
solche  Organismen  schon  die  Befähigung,  d.  h.  die  Anlagen  besitzen,  die 
ihnen  je  nach  den  äußeren  Bedingungen  bald  diese,  bald  jene  Entwicklung 
einzuschlagen  erlauben.  Die  Außenfaktoren  erzeugen  also  nicht  solche  Be- 
fähigungen oder  Anlagen,  sondern  sie  bewirken  nur  ihre  Entfaltung  oder  Nicht- 
entfaltung.  Wie  aber  jene  Anlagen  historisch  entstanden  sind,  warum  manche 
Lebewesen  sie  besitzen,  andere  nicht,  warum  also  z.  B.  nur  manche  angepaßt 
sind,  im  Wasser  in  der  Gestalt  von  Wasserpflanzen,  auf  dem  Lande  in  der  Ge- 
stalt von  Landpflanzen  zu  leben,  das  eben  bleibt  wie  eine  jede  andere  Anpassung 
noch  immer  zu  erklären.    Und  hier  versagt  der  Lamarekismus  völlig. 

2.  Der  Darwinismus (^2^'  ^^'^).  Darwin  geht  von  der  Tatsache  aus,  daß  die 
beschi'änkten  Lebensbedingungen  auf  unserer  Erde  keine  unbegrenzte  Ver- 
mehrung der  Organismenmenge  erlauben.  Fast  jedes  Lebewesen  liefert  aber 
während  seines  Einzeldaseins  so  viele  Keime,  daß,  wenn  alle  aufkämen, 
schon  nach  ganz  kurzer  Zeit  die  Erde  allein  von  einer  Art  übervölkert  sein 
würde.  Nur  wenige  ]Xachkommen  eines  Individuums  bleiben  aber  am  Leben, 
weil  nämlich  die  Umwelt  so  viele  in  jedem  Entwicklungsstadium  von  der 
Keimzelle  an  vernichtet.  Die  Kachkommen  jedes  Individuums  unterliegen 
dem  ,,Kampfe  ums  Dasein"  mit  der  Umwelt,  wozu  wir  natürlich  auch  die 
anderen  Organismen  der  gleichen  oder  anderer  Arten  zu  rechnen  haben.  Wären 
alle  Nachkommen  ganz  gleich,  so  könnte  allein  der  Zufall  darüber  entscheiden, 
welche  am  Leben  bleiben.  Solche  Zufälle  haben  auch  sicher  eine  große  Be- 
deutung. Da  aber  zuweilen  unter  den  Nachkommen  erbliche  Verschiedenheiten 
bestehen,  so  werden  in  der  Regel  diejenigen  in  diesem  Kampfe  bevorzugt 
sein,  die  an  dem  Platze,  wohin  sie  der  Zufall  verschlagen  hat,  durch  ihre  Be- 
sonderheiten erhaltungsfähig  oder  erhaltungsfähiger  als  die  anderen  sind. 
Es  findet  also  eine  Auslese  (Selektion,  natürliche  Zuchtwahl)  statt. 
Und  wenn  nun  die  ausgelesenen  Varianten  ihre  Eigenschaften  am  ihre  Nach- 
kommen übertragen,  bei  denen  sich  die  erbhchen  Variationen  und  der  Kampf 
wiederholen,  dann  muß  die  Entwicklung  zu  immer  besser  angepaßten  Formen 
führen.  Entstehen  können  Organismen  mit  ganz  beliebigen  Eigenschaften, 
nützlichen,  gleichgültigen  oder  schädlichen.  Da  alle  mit  schädlichen  Eigen- 
schaften früher  oder  später  wieder  verschwinden  müssen,  bleiben  nur  solche 
übrig,  die  besser  angepaßt  sind  als  die  Besiegten,  sich  aber  außerdem  auch 
noch  in  vielen  gleichgültigen  Eigenschaften  von  diesen  unterscheiden  können. 
Nützlichkeit  (d.  h.  Angepaßtsein)  erklärt  sich  also  nach  dem  Lamarekismus 
überhaupt  nicht,  da  dieser  das  nützliche  Reaktionsvermögen  der  Organismen 
auch  gegenüber  ihnen  völlig  fremden,  neuen  Außenverhältnissen  als  gegeben 
hinnehmen  muß.  nach  dem  Darwinismus  dagegen  aus  den  Vorzügen  besser 
erhaltungsfähiger  erblicher  Eigenschaften  im  Kampfe  ums  Dasein.  Darin  liegt 
der  große  Fortschritt  der  DARWiNschen  Theorie  gegenüber  dem  Lamarekismus. 
Sie  wird,  wie  wir  sahen,  durch  alle  Beobachtungen  unterstützt,  die  wir  über  die 
Entstehung  neuer  erblicher  Eigenschaften  bei  Organismen  bisher  gemacht 
haben,  wenn  auch  bei  Annahme  des  Darwinismus  noch  immer  mancherlei 
Schwierigkeiten  zu  überwinden  bleiben. 


182  Jost: 


Zweite  Abteilung. 
Physiologie^^ 


Die  Physiologie  hat  die  Aufgabe,  die  Lebenscrscheinimgen  zu  beschreiben, 
ihre  Abhängigkeit  von  äußeren  Faktoren  zu  studieren  und  sie  soweit  wie 
möglich  auf  ihre  Ursachen  zurückzuführen.  Wie  Chemie  und  Physik,  so  forscht 
also  auch  die  Physiologie  nach  den  Ursachen  des  Geschehens,  sie  ist  eine 
Wissenschaft  mit  kausaler  Fragestellung.  Doch  muß  sie  notwendigerweise 
auch  die  Bedeutung  des  Geschehens  für  den  Organismus  mit  in  Betracht 
ziehen.  Wie  in  der  Fragestellung,  so  folgt  die  Physiologie  auch  in  ihrer  Arbeits- 
methode der  Physik  und  Chemie:  sie  bedient  sich  in  erster  Linie  des  Ex- 
perimentes. 

Die  Hauptergebnisse  der  physiologischen  Forschung  sind  folgende: 

1.  Einen  grundsätzlichen  Unterschied  zwischen  den  Lebenserschei- 
nungen der  Tierwelt  und  der  Pflanzenwelt  gibt  es  nicht.  Das  ist  nicht  über- 
raschend, weil  schon  morphologisch  Tier  und  Pflanze  nur  in  ihren  extremen 
Ausbildungen  scharf  unterscheidbar  sind.  Auf  physiologischem  Gebiet 
aber  hat  sich,  je  weiter  die  Forschung  vorschreitet,  desto  deutlicher  gezeigt, 
wie  ähnlich  das  Leben  in  den  beiden  Hauptreichen  verläuft.  Dementsprechend 
gibt  es  eigentlich  nur  eine  Physiologie,  die  Physiologie  der  Organismen. 
Ein  Lehrbuch  der  Botanik  hat  aber  selbstverständlich  nur  die  Physiologie 
der  Pflanzen  darzustellen;  doch  soll,  wo  es  nützlich  erscheint,  auf  analoge 
Vorkommnisse  im  Tierreich  kurz  hingewiesen  werden. 

2.  In  mancher  Hinsicht  reagiert  die  lebende  Pflanze  nicht  anders  als 
beliebige  tote  Körper.  Trotz  ihres  hohen  Wassergehaltes  ist  sie  im  allgemeinen 
ein  fester  Körper  und  hat  die  physikalischen  Eigenschaften  eines  solchen. 
Schwere,  Festigkeit,  Elastizität,  Leitungsfähigkeit  für  Wärme  und  Elektrizität 
kommen  ihr  in  gleicher  Weise  zu  wie  leblosen  Körpern.  So  wichtig  diese  Eigen- 
schaften nun  auch  für  das  Bestehen  und  für  das  Leben  der  Pflanze  sind,  so 
bedingen  sie  doch  noch  nicht  das  Leben  selbst. 

3.  Die  eigentlichen  Lebenserscheinungen  scheinen  nämlich  auf 
den  ersten  Blick  recht  verschieden  zu  sein  von  den  Vorgängen,  die  man  bei 
leblosen  Körpern  antrifft.  So  lange  der  Organismus  in  voller  Lebens tätig- 
keit  ist,  können  wir  eine  ununterbrochene  Kette  von  Veränderungen 
an  ihm  wahrnehmen,  die  sich  in  dreifach  verschiedener  Weise  äußern: 

L  Ein  Organismus  besteht  selbst  dann,  wenn  eine  Vergrößerung  durch 
Wachstum  nicht  mehr  erfolgt,  keineswegs  aus  einer  gleichbleibenden  Stoff- 
masse. Während  die  äußere  Form  konstant  bleibt,  finden  im  Lmern  fort- 
während Veränderungen  statt;  neue  Stoffe  werden  von  außen  aufgenommen, 
werden  im  Innern  umgewandelt  und  auch  wieder  nach  außen  abgegeben. 
Der  Organismus  besitzt  einen  Stoffwechsel. 

IL  Gewöhnlich  aber  verläuft  dieser  Stoffwechsel  nicht  in  der  Weise, 
daß  die  Stoff  auf  nähme  der  Stoff  abgäbe  gleichkommt,  sondern  es  wird  mehr 
aufgenommen  als  abgegeben;  die  Masse  nimmt  zu,  der  Organismus  wächst. 
Wachstum  kennen  wir  auch  an  chemischen  Ausfällungen  (Niederschlägen) 
oder  an  Kristallen.    Hier  pflegt  es  indes  so  zu  verlaufen,  daß  eine  wesentliche 


Physiologie.  183 

Veränderung  der  Form  nicht  erzielt  wird  (bei  Kristallen),  oder  daß  die  Ge- 
staltsverändernng  eine  zufällige,  keine  gesetzmäßige  ist  (Niederschläge).  Der 
Organismus  aber  nimmt  unter  gesetzmäßiger  Gestaltsveränderung  ganz 
bestimmte,  immer  wiederkehrende  Formen  an;  er  macht  eine  Entwicklung 
durch,  und  diese  führt  früher  oder  später  zur  Entstehung  von  neuen  Organismen, 
Tochterindividuen;  es  tritt  Fortpflanzung  ein.  Wachstum,  Entwicklung  und 
Fortpflanzung  sind  für  die  Lebewesen  ungemein  charakteristische  Vorgänge. 

Manche  Niederschläge  haben  unter  Umständen  eine  gewisse  äußerliche  Ähn- 
lichkeit mit  Pflanzen.  Bringt  man  z.  B.  in  eine  mit  Gelatine  versetzte  Lösung  von  gelbem 
Blutlaugensalz  und  Kochsalz  etwas  Kupfervitriol,  dem  Zucker  zugegeben  wurde,  so  bildet 
sich  ein  Niederschlag  von  Ferrocyankupfer,  der  zusehends  wächst  und  in  seiner  Gestalt 
an  Pflanzen  erinnert.  Es  fehlt  dieser  „künstlichen  Pflanze"  aber  nicht  nur  die  innere 
Struktur  der  wirklichen  Pflanze,  sondern  vor  allem  auch  die  Fortpflanzung  und  die 
gesetzmäßige  Entwicklung. 

III.  Endlich  zeigen  die  Organismen  Bewegungs vermögen;  sie  ändern 
entweder  im  ganzen  den  Ort,  oder  sie  bringen  kleinere  oder  größere  Teile 
in  andere  Lagen.  Da  auch  Anorganismen  und  tote  Organismen  Bewegungen 
ausführen  können,  so  ist  für  die  Lebewesen  nur  die  Art  und  Weise,  wie  die 
Bewegung  zustande  kommt  und  unterhalten  wird,  charakteristisch. 

In  der  Natur  treten  die  drei  genannten  Prozesse,  der  Stoffwechsel,  die 
Entwicklung  und  die  Bewegungen,  fast  stets  gleichzeitig  auf.  Der  Stoff- 
wechsel ist  ohne  Stoffbewegungen  undenkbar,  die  Entwicklung  ist  immer 
mit  stofflichen  Veränderungen  und  mit  Bewegungen  verknüpft,  die  Be- 
wegungen endlich  können  ohne  Stoffwechsel  und  ohne  Gestaltswechsel 
nicht  stattfinden.  Dennoch  können  wir  in  unserer  Darstellung  die  drei  Pro- 
zesse gesondert  betrachten  und  die  Physiologie  in  drei  Abschnitte  einteilen, 
nämlich: 

Die  Lehre  vom  Stoffwechsel  oder  die  chemische  Physiologie,  auch 
wohl  Physiologie  der  Ernährung  genannt. 

Die  Lehre  von  der  Entwicklung,  Physiologie  der  Gestaltung,  Formwechsel. 

Die  Lehre  von  den  Bewegungen. 

4.  Diese  Lebenserscheinungen  sind  durchaus  an  das  Protoplasma  ge- 
l)unden  und  beruhen  auf  der  eigentümlichen  Art,  wie  diese  Substanz  auf 
Einflüsse  der  Außenwelt  reagiert,  d.  h.  vor  allem  auf  ihrer  Reizbarkeit 
und  Regulationsfähigkeit. 

a)  Reizbarkeit.  Bei  den  Reaktionen  des  Organismus  ist  in  der  Regel 
der  Zusammenhang  zwischen  Ursache  und  Wirkung  nicht  so  durchsichtig 
wie  bei  physikalischen  und  chemischen  Vorgängen.  Das  rührt  daher,  daß 
wir  kaum  jemals  die  nächsten,  sondern  meist  nur  ganz  indirekte  Folgen 
einer  äußeren  Einwirkung  zu  sehen  bekommen.  Auch  kann  je  nach  dem 
Zustand  des  Protoplasmas  ein  und  derselbe  Faktor  ganz  verschiedenartige 
Wirkung  haben.     Hierfür  ein  Beispiel: 

Befestigt  man  einen  biegsamen  Stab  in  horizontaler  Lage  an  einem  Ende,  so  wird 
sich  das  freie  Ende  durch  das  Gewicht  des  Stabes  bis  zu  einem  bestimmten  Punkte  abwärts 
biegen.  Dasselbe  tut  jeder  Pflanzenteil,  und  bei  toten  Pflanzenteilen  bleibt  es  dabei. 
Hat  man  zu  dem  Versuche  jedoch  einen  lebendigen,  wachsenden  Stengel  benutzt,  dann 
zeigt  sich  nach  einiger  Zeit  in  diesem  eine  Wirkung  der  Schwerkraft,  die  im  Vergleich 
zu  ihrer  rein  physikalischen  Wirkungsweise  durchaus  überrascht:  Der  wachsende  Teil  des 
Stengels  richtet  sich  durch  eigene  Tätigkeit  wieder  auf;  er  krümmt  sich  dem 
Zug  der  Schwere  entgegen.  Macht  man  den  Versuch  mit  einer  Pfahlwurzel,  so  wird  diese, 
unter  Entfaltung  von  Kraftäußerungen,  die  ihr  Eigengewicht  erheblich  übertreffen,  sich 
senkrecht  abwärts  krümmen;  ein  Rhizom  von  Scirpus  dagegen  würde  in  der  Horizontallage 
weiterwachsen  und  würde  auch  seine  wachsende  Spitze  wieder  wagerecht  stellen,  wenn 
man  es  aus  dieser  Lage  gebracht  hätte.    Bei  diesen  drei  Versuchen  sind  die  physikalischen 


184  Jost: 

Bedingungen  jedesmal  die  gleichen:  Die  Erdschwere  wirkt  auf  einen  horizontalen  Pflanzen- 
teil.    Das  Resultat  aber  fällt  so  verschieden  wie  nur  möglich  aus. 

Man  muß  in  solchen  Fällen  annehmen,  daß  zwar  die  Einwirkung  von 
außen  zunächst  stets  den  gleichen  Effekt  hat  wie  in  Anorganismen 
—  in  unserem  Beispiele  würde  also  die  Schwerkraft  stets  zunächst  ein- 
mal eine  Druckwirkung  bedingen  — ,  daß  aber  diese  primäre  Veränderung 
innere  Tätigkeiten  der  Pflanze  veranlaßt,  wobei  vielfach  der  Außen- 
faktor als  auslösendes  Moment  aufzutreten  scheint.  Solche  Vorgänge 
werden  erst  verständlich,  wenn  wir  den  Organismus  mit  einem  Mechanismus 
vergleichen.  Der  Zusammenhang  zwischen  dem  schwachen  Fingerdruck,  den 
wir  auf  den  Abzugsbügel  eines  Gewehres  ausüben,  und  der  Flugbewegung 
des  Geschosses  ist  nicht  einfach.  Der  Druck  bewirkt  zunächst  die  Entspannung 
einer  Feder ;  die  frei  gewordene  Energie  treibt  einen  Schlagbolzen  auf  die  Zünd- 
masse; diese  explodiert  und  bringt  das  Pulver  zur  Explosion;  die  dabei  ent- 
stehenden Gase  erst  schleudern  das  Projektil  aus  dem  Lauf.  Es  leuchtet  ein, 
daß  die  Kraft  des  Schlagbolzens  keinerlei  Beziehung  zur  Kraft  des  Finger- 
druckes hat,  den  der  Schütze  ausübt,  und  daß  ebensowenig  eine  Beziehung 
zwischen  der  Größe  der  Expansionskraft  des  Pulvers  und  der  Sclilagbolzen- 
kraft  besteht.  Es  werden  vorhandene  Energien,  die  der  gespannten  Feder 
und  die  des  Pulvers,  ausgelöst.  Solche  Auslösungen,  vor  allem  Auslösungen, 
die  einander  folgen,  die  eine  Kette  von  Prozessen  bilden,  treten  uns  bei  allen 
Lebenserscheinungen  entgegen;  sie  sind  freihch  nicht  so  einfach  und 
übersichtlich  wie  bei  den  Mechanismen,  weil  sie  sich  durchweg  im  Protoplasma 
abspielen.  Auslösungen,  die  in  der  lebenden  Masse  aufgespeicherte  Spannkraft  in 
kinetische  Energie  verwandeln,  seien  als  Reizerscheinungen,  der  aus- 
lösende Faktor  als  ,,Reiz"  bezeichnet  (vgl.  aber  S.  322). 

So  wie  die  Leistung  einer  Maschine  nur  verständlich  wird,  wenn  man 
ihren  Bau  kennt,  so  ist  auch  die5Kenntnis  des  äußeren  und  inneren  Baues 
der  Pflanze  Vorbedingung  für  physiologische  Studien.  Es  hat  sich  aber  ge- 
zeigt, daß  das  Verständnis  der  Funktion  aus  dem  Bau  bei  der  Pflanze  nicht 
annähernd  in  dem  Maße  erzielt  werden  kann  wie  bei  der  Maschine ;  es  handelt 
sich  im  Organismus  eben  nicht  um  ein  Ineinandergreifen  von  Rädern  oder 
anderen  Mechanismen,  sondern  wesentlich  um  eine  Folge  chemischer  Re- 
aktionen. 

b)  Regulationen.  Maschinen  können  aber  nicht  nur  das  Wesen  der 
Auslösung  versinnbildlichen,  sondern  sie  können  auch  noch  die  zweite  weit- 
verbreitete Eigenschaft  des  Organismus  klarmachen,  nämlich  seine  Regu- 
lationsfähigkeit. So  wie  an  einer  Maschine  z.  B.  die  Geschwindigkeit 
automatisch  auf  einer  gewissen  Höhe  erhalten  wird,  so  sehen  wir  auch  in 
der  Pflanze  bei  zahllosen  Prozessen  eine  Selbststeuerung  eintreten,  die 
Qualität  und  Quantität  eines  jeden  Geschehens  regelt.  Wenn  es  auch  in  der 
anorganischen  Welt  nicht  an  regulatorisch  verlaufenden  Vorgängen  fehlt,  so 
treten  uns  doch  diese  nicht  in  der  Häufigkeit  entgegen  wie  im  Organismus. 
Deshalb  kann  man  die  Regulationsfähigkeit  neben  der  Reiz- 
barkeit als  ein  besonders  wichtiges  Merkmal  der  lebenden  Wesen 
betrachten. 

Wenn  nun  auch  die  Lebenserscheinungen  bisher  noch  nirgends  gründ- 
lich aufgehellt  sind,  so  kann  uns  das  doch  nicht  an  der  Überzeugung  hindern, 
daß  sie  sich  lediglich  durch  ihre  außerordentlich  große  Komplikation  von 
den  Vorgängen  in  der  leblosen  Natur  unterscheiden  und  im  Prinzip  einer 
physikalisch-chemischen  Erklärung  zugänglich  sind. 

5.  Die  Lebenstätigkeit  der  Pflanze  vollzieht  sich  nur,  wenn  zahlreiche 
Bedingungen,   die   sog.    allgemeinen   Lebensbedingungen,   erfüllt   sind,   die 


rhysiologie.  185 

man  in  zwei  Gruppen,  innere  und  äußere  Ursachen,  einzuteilen  pflegt(2). 
Die  inneren  Ursachen  des  Lebens  sind  an  das  Protoplasma  geknüpft.  Sein 
Bau,  seine  Organisation  bedingen  nicht  nur,  daß  das  Geschehen  im  Organis- 
mus die  Charakterzüge  des  Lebendigen  an  sich  trägt,  sondern  daß  es  auch 
je  nach  der  Abstammung  der  betreffenden  Plasmamasse  spezifisch  ver- 
schieden ausfällt.  Demnach  ist  das  Vorhandensein  einer  lebenden  Plasma- 
raasse  die  fundamentalste  Lebensbedingung.  Alle  anderen  Lebens- 
bedingungen können  wir  nach  Wunsch  schaffen  oder  wegnehmen;  das  Proto- 
plasma dagegen  können  wir  nicht  synthetisch  herstellen,  es  entsteht  nur  im 
Organismus  durch  die  Tätigkeit  schon  existierenden  Plasmas. 

Das  Protoplasma  kann  aber  nur  bei  ständiger  Wechselwirkung  mit  der 
Außenwelt  etwas  leisten.  Dabei  fällt  der  Außenwelt  eine  dreifache  Rolle  zu: 
sie  liefert  erstens  das  Material  zum  Aufbau  des  Pflanzenkörpers;  sie  wirkt 
zweitens  als  auslösendes  Moment  (Reiz,  S.  184);  sie  versorgt  endlich  die 
Pflanze  mit  der  nötigen  Energie,  mag  diese  als  chemische  Energie  mit  den 
Stoffen  von  außen  aufgenommen  werden  oder  in  Form  von  Ätherschwingungen 
eindringen. 

Unter  den  äußeren  Faktoren,  die  für  das  Leben  von  Wichtigkeit  sind, 
kann  man  die  notwendigen  oder  unentbehrlichen  von  den  entbehrlichen 
unterscheiden.  Als  unentbehrliche  Bedingungen  für  die  Lebenstätigkeit 
nennen  wir  vor  allem  eine  gewisse  Temperatur  und  das  Vorhandensein  be- 
stimmter Stoffe  sowie  das  Fehlen  anderer,  die  schädigend  oder  tödlich  wirken 
(Gifte);  dagegen  ist  das  Licht  keine  solche  allgemeine  Lebensbedingung. 
Manche  Pflanzen  verlangen  freilich  wenigstens  für  ihre  oberirdischen  Organe 
direktes  Sonnenlicht ;  andere  meiden  dies  und  suchen  den  Schatten  auf 
(Schattenpflanzen);  wieder  andere  können  ihren  ganzen  Lebenszyklus  in  voll- 
kommener Dunkelheit  durchmachen. 

Die  notwendigen  Faktoren  sind  ferner  an  ganz  bestimmte  Grenzen 
gebunden.  Ein  Zuviel  von  ihnen  (Überschreiten  des  ,, Maximums")  wirkt 
ebenso  schädlich  auf  die  Pflanze  wie  ein  Zuwenig  (Überschreiten  des  ,, Mini- 
mums"), und  oberhalb  des  Minimums  sieht  man  die  Lebensäußerungen  an 
Intensität  zunehmen  bis  zum  ,, Optimum"  und  oberhalb  von  diesem  wieder 
abnehmen.  Die  drei  Punkte,  Minimum,  Maximum  und  Optimum,  die  uns 
bei  der  Abhängigkeit  jeder  Lebenserscheinung  von  einem  Außenfaktor  ent- 
gegentreten, nennt  man  die  Kardinalpunkte  der  Einwirkung  dieses  Fak- 
tors (Fig.  259).  Sie  sind  indes  keineswegs  Konstanten;  sie  sind  vielmehr 
für  die  einzelnen  Organismen  und  Lebenserscheinungen  verschieden;  sie  ändern 
sich  ferner  mit  der  Dauer  der  Einwirkung  des  Faktors,  und  sie  hängen  auch 
vom  Zustand  der  Pflanze  sowie  von  anderen  äußeren  Faktoren  ab. 

Jede  Überschreitung  des  Minimums  wie  des  Maximums  eines  äußeren 
Faktors  führt  früher  oder  später  zum  Tod.  Dieser  kann  also  z.  B.  durch 
zu  hohe  (Hitzetod)  oder  zu  niedrige  Temperatur  (Erfrieren)  erfolgen; 
er  kann  durch  ein  Zuviel  oder  Zuwenig  an  Licht,  durch  ein  Zuviel  oder  Zu- 
wenig eines  Stoffes  bedingt  sein ;  ist  z.  B.  zu  wenig  Wasser  gegeben,  so  spricht 
man  zunächst  von  Welken  und  dann  von  Vertrocknen;  ist  ein  Stoff  in 
zu  großen,  schädigenden  Mengen  gegeben,  von  Vergiftung. 

Die  meisten  Pflanzen  werden  durch  bestimmte  niedere  Temperaturen  zlim  Er- 
frieren (^)  gebracht,  fast  alle  werden  durch  hohe  Temperaturen,  die  noch  weit  vom  Siede- 
punkte des  Wassers  entfernt  sind,  getötet;  nur  manche  Cyanophyceen  ertragen  die  sehr 
hohe  Temperatur  gewisser  heißer  Quellen. 

Empfindliche  Pflanzen,  insbesondere  Pflanzen  tropischer  Herkunft,  sterben  schon 
bei  Temperaturen  über  Null.  Andere  werden  durch  die  Eisbildung  im  Innern  getötet, 
und  wieder  andere  können  mehrfach  im  Winter  hart  gefrieren,  ohne  Schaden  zu  nehmen. 
So  erträgt  in  Nordsibirien  Cochlearia  fenestrata  eine  Temperatur  von  —  46»  C  ohne  Scliädi- 


186  Jost: 

gung,  und  gewisse  Waldbäume  halten  sogar  — 60°  aus.  Bemerkenswert  ist  die  Wieder- 
standskraft  niederer  Organismen  gegen  extreme  Kältegrade.  So  ertrugen  in  Versuchen 
PiCTETs  Diatomeen  längere  Zeit  eine  Temperatur  von  —200°  C. 

Durch  Steigerung  der  Lichtintensität  kann  man  schließlich  wohl  jede  Zelle  zum 
Absterben  bringen,  mag  nun  das  Licht  dabei  im  einzelnen  mehr  thermisch  oder  mehr 
chemisch  wirken.  Viele  Bakterien  sterben  schon  im  hellen  Tageslicht  ab,  weshalb  diesem 
eine  wichtige  hygienische  Bedeutung  in  unseren  Wohnräumen  zukommt. 

Das  Lichtbedürfnis  wechselt  aber  nicht  nur  bei  verschiedenen  Pflanzenarten  und  je 
nach  Gewöhnung  auch  wieder  individuell,  sondern  es  kann  sich  das  Optimum  der  Licht- 
wirkung bei  demselben  Einzelwesen  mit  der  Entwicklung  verschieben.  Viele  tropische 
Kulturpflanzen,  z.  B.  Kakao  und  Kaffee,  verlangen  während  ihrer  Jugend  Schatten  und 
müssen  daher  durch  besonders  angepflanzte  schattenspendende  Pflanzen  (Albizzia-Arten, 
Musa)  zunächst  geschützt  werden,  während  sie  später  die  volle  Tropensonne  ertragen  oder 
gar  nötig  haben. 

Unter  den  stofflichen  Einflüssen  kommt  oft  dem  Wasser  eine  besonders  in  die 
Augen  fallende  Bedeutung  zu.  Wenn  Licht  und  Temperatur  in  optimalem  Maße  geboten 
sind,  wie  das  in  den  Tropen  zutrifft,  hängt  die  Entwicklung  der  Pflanze  vor  allem  vom 
Wasser  ab.  Ist  dieses  reichlich  geboten,  und  erfolgen  die  Niederschläge  auch  gleichmäßig 
über  das  ganze  Jahr  verteilt,  dann  sehen  wir  den  üppigsten  Pflanzenwuchs  in  der  For- 
mation des  tropischen  Regenwaldes  auftreten.  Eine  regelmäßig  wiederkehrende  Trocken - 
Periode  bedingt  den  sommergrünen  Wald,  geringere  Niederschläge  lassen  die  For- 
mation der  Savannen  entstehen  und  noch  weniger  ausgiebige  Niederschläge  endlich  die 
Wüsten  (*). 

Weitgehende,  mit  Austrocknung  verbundene  Wasserentziehung  ertragen  nur  wenige 
Pflanzen.  —  In  vielen  Fällen  beruht  der  bei  niederer  Temperatur  eintretende  Tod  nicht 
auf  einer  direkten  Kältewirkung,  sondern  auf  ungenügender  Wasserversorgung;  die 
Wurzeln  können  dem  kalten  oder  gar  gefrorenen  Boden  nicht  so  viel  Wasser  entziehen, 
wie  die  oberirdischen  Organe  verdunsten. 

6.  Die  Überschreitung  des  Maximums  oder  des  Minimums  der  äußeren 
Faktoren  führt  aber  keineswegs  immer  sofort  zum  Tod.  Vielfach  kann  der 
Organismus  zunächst  in  einen  Zustand  übergehen,  den  man  als  latentes 
Leben  bezeichnet.  Äußerlich  kann  man  es  dem  Organismus  nicht  immer 
ansehen,  ob  er  sich  im  Zustand  des  aktiven  Lebens,  des  latenten  Lebens 
oder  des  Todes  befindet.  Das  latente  Leben  hat  mit  dem  toten  Zustand 
das  gemeinsam,  daß  jede  Lebenstätigkeit  unterbleibt;  aus  dem  latenten 
Leben  kann  aber  durch  geeignete  Einwirkungen  das  aktive  Leben  wieder 
erweckt  werden,  was  beim  toten  Zustand  unmöglich  ist. 

Nicht  immer  freilich  ist  der  Eintritt  des  latenten  Lebens  einfach  die 
Folge  der  Überschreitung  der  extremen  Kardinalpunkte.  Vielfach  arbeitet 
die  Pflanze  auch  aus  inneren  Ursachen  auf  die  Herstellung  latenten  Lebens 
hin  (Samen  und  Sporen). 

Im  latenten  Leben  befinden  sich  vor  allem  viele  Dauerzustände  der  Pflanzen,  wie 
die  Samen  und  Sporen.  Sie  sind  in  der  Regel  viel  widerstandsfähiger  gegen  Austrock- 
nung, Hitze  und  Kälte  als  Organe,  die  im  aktiven  Zustand  sind.  So  ist  bekannt,  daß 
Bakteriensporen  im  feuchten  Zustand  eine  Zeitlang  Temperaturen  von  100°  und  mehr 
ertragen  können;  genau  so  verhalten  sich  einige  Samen  (Medicago- Arten).  Andererseits 
widerstehen  Sporen  und  Samen  in  trockenem  Zustand  sogar  einer  Temperatur  von  — 2.53  °('^). 


Physiologie.  187 

Erster  Abschnitt.     Stoffwechsel  <'^. 

I.  Die  stoffliche  Zusammensetzung  der  Pflanze  ('). 

Jede  Beschäftigung  mit  dem  Stoffwechsel  setzt  die  Kenntnis  der 
chemischen  Zusammensetzung  der  Pflanze  voraus.  Diese  studiert  man  mit 
den  Methoden  der  Chemie, 

Wasser  und  Trockensubstanz.  Ein  gewisser  Einblick  in  die  Zusammen- 
setzung der  Pflanze  wird  freilich  schon  ohne  besondere  Hilfsmittel  gewonnen. 
Daß  die  Pflanze  aus  Wasser  und  Trockensubstanz  besteht,  weiß  jeder,  der 
Pflanzen  getrocknet,  für  das  Herbarium  hergerichtet  hat.  Er  weiß  auch, 
wie  durch  diesen  Wasserverlust  fundamentale  physikalische  Eigenschaften 
der  Pflanze,  wie  Festigkeit  und  Elastizität,  beeinflußt  werden.  Mehrjährige 
Zweige  von  Schlingpflanzen  z.  B.  (Cobaea,  Passiflora),  die  in  frischem  Zu- 
stande außerordentlich  biegsam  und  elastisch  sind,  werden  nach  dem  Trocknen 
an  der  Luft  starr  und  spröde ;  sie  brechen  wie  Glas,  wenn  man  sie  zu  biegen 
versucht.  Nimmt  man  die  Wage  zu  Hilfe,  so  stellt  man  leicht  fest,  wie  groß 
der  Anteil  des  Wassers  an  der  Gesamtmasse  der  Pflanzensubstanz  ist.  Dabei 
genügt  es  freilich  nicht,  die  Pflanzen  der  Luft  zu  exponieren:  vielmehr  muß 
ihnen  im  Exsikkator  oder  in  einer  Temperatur  von  etwas  über  100"  auch  der 
nicht  unbeträchtliche  Rest  von  Wasser  entzogen  werden,  den  sie  im  sog. 
,, lufttrockenen"  Zustand  noch  führen.  Dann  zeigt  sich,  daß  der  Wassergehalt 
sehr  groß  ist;  er  beträgt  bei  holzigen  Teilen  etwa  50%,  bei  saftigen  Kräutern 
70—80%,  bei  Sukkulenten  und  Früchten  85—95%  und  endlich  bei  Wasser- 
pflanzen, namentlich  Algen,  95 — 98%  des  Frischgewichts.  Daß  Körper  mit 
so  hohem  Wassergehalt  noch  ,,fest"  sein  können,  erscheint  wunderbar,  findet 
aber  seine  Erklärung  durch  nähere  Studien  über  die  Verteilung  des  Wassers 
(S.  188). 

Asche.  So  wie  uns  die  Austrocknung  zur  Unterscheidung  von  Wasser 
und  Trockensubstanz  führt,  so  können  wir  mit  Hilfe  der  Verbrennung  zwischen 
verbrennbarer  oder  organischer  Substanz  und  unverbrennbarer  oder 
Aschensubstanz  unterscheiden.  Der  Aschengehalt  der  Pflanzen  fällt  beim 
Verbrennen  von  Holz,  beim  Rauchen  einer  Zigarre  ohne  weiteres  auf;  daß  auch 
winzige  Zellhautfragmente  oder  Stärkekörner  Asche  hinterlassen,  weist  das 
Mikroskop  nach.  Über  die  quantitativen  Verhältnisse  gibt  die  Analyse  Auf- 
schluß, die  vor  allen  Dingen  zeigt,  daß  die  verschiedenen  Organe  einer  Pflanze 
nicht  den  gleichen  Aschengehalt  aufweisen;  die  Blätter  z.  B.  pflegen  mehr 
zu  enthalten  als  die  Stengel.  So  hat  man  gefunden,  daß  in  den  Blättern  von 
Brassica  rapa  rund  20%,  in  den  Stengeln  10%  der  Trockensubstanz  aus  Asche 
besteht  (vgl.  S.  204). 

Aber  auch  je  nach  dem  Standort  und  anderen  äußeren  Einflüssen  kann 
die  Aschenmenge  variieren.  Andererseits  können  wieder  verschiedene  Spezies, 
selbst  wenn  sie  den  gleichen  äußeren  Bedingungen  ausgesetzt  sind,  doch  ganz 
verschiedene  Mengen  von  Asche  führen. 

Wenn  auch  die  Mehrzahl  der  überhaupt  auf  der  Erde  vorkommenden 
Grundstoffe  in  der  Asche  von  Pflanzen  gefunden  worden  ist,  so  treten 
doch  nur  wenige  Elemente  in  so  großer  Menge  in  ihr  auf,  daß  man  sie  quanti- 
tativ zu  bestimmen  pflegt.  Es  sind  dies  von  Metalloiden  Cl,  S,  P,  Si  und  von 
Metallen  Na,  K,  Mg,  Ca,  Fe. 

Organische  Substanz.  Die  organische  Substanz  besteht  in  erster  Linie 
aus  den  Elementen  H,  0,  N  und  C;  sie  werden  bei  völliger  Verbrennung  in 
flüchtige  Stoffe  übergeführt,  nämlich  in  Kohlensäure,  Wasser,  x\mmoniak 
oder  freien  Stickstoff.     Auch  in  der  Asche  sich  findende  Elemente  können 


188  Jost: 

in  der  lebenden  Pflanze  organisch  gebunden  sein.  —  Der  Masse  nach  nimmt 
stets  der  Kohlenstoff  die  erste  Stelle  in  der  organischen  Substanz  ein,  denn 
die  Trockensubstanz  besteht  etwa  zur  Hälfte  aus  ihm.  Auch  ohne  chemische 
Untersuchung  erkennt  man  den  reichen  Gehalt  der  Pflanze  an  diesem  Element 
durch  das  „Verkohlen"  jedes  beliebigen  Teiles,  wenn  er  erhitzt  wird.  Die 
Betrachtung  eines  Stückes  Holzkohle,  in  dem  sich  die  feinste  Holzstruktur 
erhalten  hat,  läßt  weiterhin  darauf  sehließen,  wie  gleichmäßig  die  Verteilung 
des  Kohlenstoffes  in  der  Substanz  und  wie  vorherrschend  seine  Masse  in 
dieser  ist. 

Herkunft  der  Stoffe.  In  größerer  Menge  finden  sich  somit  nur  fol- 
gende 13  Elemente  in  der  Pflanze: 

H,  Cl,  0,  S,  N,  P,  C,  Si  und  Na,  K,  Mg,  Ca,  Fe. 

Während  des  Wachstums  nimmt  ihre  Menge  dauernd  zu;  sie  werden  dem- 
nach fortwährend  von  außen  aus  dem  Boden,  dem  Wasser,  der  Luft  oder 
aus  anderen  Organismen  aufgenommen. 

In  der  Regel  werden  nur  Gase  und  Flüssigkeiten  in  die  Pflanze  eindringen. 
Die  starre  Zellwand  gestattet  festen  Körpern  den  Zutritt  ins  Innere  erst, 
nachdem  sie.  gelöst  sind.  Wo  die  Zellwand  aber  fehlt,  wie  bei  Flagellaten  und 
Schleimpilzen,  da  kann  das  nackte  Protoplasma  auch  feste  Körper  umfließen 
und  so  ins  Innere  aufnehmen. 

Die  Tiere  stimmen  in  ihrer  chemischen  Zusammensetzung  im  wesentlichen 
mit  der  Pflanze  überein.  Die  Stoffaufnahme  erfolgt  aber  bei  ihnen  zunächst  in 
das  Darmsystem.  Der  Unterschied  gegenüber  den  Pflanzen  ist  indes  nicht  so 
groß,  als  er  auf  den  ersten  Blick  zu  sein  scheint;  denn  im  allgemeinen  treten 
die  Stoffe  auch  erst,  nachdem  sie  flüssig  geworden  sind,  in  die  Zellen  ein. 

II.  Die  Nährstoffe,  ihre  Aufnahme  und  ihre  Bewegung 
in  der  Pflanze. 

Die  aufgenommenen  Stoffe  können  notwendige,  überflüssige  oder  schäd- 
liche sein.  Das  läßt  sich  in  jedem  einzelnen  Fall  nur  durch  das  Experiment 
feststellen,  denn  es  wäre  ein  großer  Irrtum,  zu  glauben,  daß  aUe  konstant 
vorkommenden  Stoffe  auch  notwendig  sind.  Es  hat  sich  vielmehr  gezeigt, 
daß  im  allgemeinen  nur  10  von  den  eben  genannten  13  Elementen  wirklich 
unentbehrlich  sind.  Die  notwendigen  Stoffe  kann  man  als  Nährstoffe 
bezeichnen.  Sie  treten  fast  alle  nicht  als  Elemente,  sondern  als  Verbin- 
dungen in  die  Pflanze  ein.  Nur  eines  von  ihnen,  der  Sauerstoff,  findet  sowohl 
in  Verbindungen  als  auch  in  freiem  Zustand  Verwendung  in  der  Pflanze. 
Wir  unterscheiden  a)  Wasser,  b)  in  Wasser  gelöste  Salze,  c)  Gase  als  die 
drei  Hauptgruppen  von  Nährstoffen. 

Ohne  dauernde  Zufuhr  von  Nährstoffen  kann  die  Pflanze  nicht  exi- 
stieren. Das  ist  für  die  wachsende  Pflanze  selbstverständlich;  denn  hier 
tritt  ja  eine  Körpervergrößerung  auf  Kosten  der  von  außen  aufgenommenen 
Stoffe  ein.  Aber  auch  die  ausgewachsenen  Teile  bedürfen  ständig  neuer  Stoff- 
zufuhr, da  ihr  ,, Stoffwechsel"  mit  ständigen  Stoffverlusten  verbunden  ist. 

a)  Das  Wasser. 

Die  ganze  Fülle  von  chemischen  Prozessen,  die  den  Stoffwechsel  der 
Pflanze  ausmachen,  vollzieht  sich  in  wässeriger  Lösung.  Daher  ist  das 
Wasser  ein  ganz  unentbehrlicher  Bestandteil  der  Pflanze;  alle  lebens- 
tätigen Pflanzenteile  sind  stark  wasser  durchtränkt:  die  Zell  wände  sind  mit 
Wasser  imbibiert,  im  Zellumen  finden  sich  die  großen  mit  wässerigen  Lösungen 


Physiologie.  189 

erfüllten  Vakuolen  vor,  und  der  Träger  des  Lebens,  das  Protoplasma,  ist 
stets  etwa  zu  75%  oder  mehr  aus  Wasser  aufgebaut.  Nur  in  diesem  Zustand 
der  annähernden  Wassersättigung  vermag  die  Pflanze  voll  zu  vegetieren; 
jeder  stärkere  Wasserentzug  vernichtet  entweder  das  Leben  völlig  oder  setzt 
wenigstens  alle  Lebensäußerungen  so  sehr  herab,  daß  man  sie  nicht  mehr 
nachweisen  kann. 

Bei  den  Vegetationsorganen,  insbesondere  der  höheren  Pflanzen,  führt  meist  schon 
ein  weitgehendes  Welken  zum  Tod;  nur  selten  können  Pflanzen,  wie  gewisse  Sukkulenten, 
etwa  ''/jn  ihres  Wassergehaltes  einbüßen,  ohne  geschädigt  zu  werden.  Um  so  auffallender 
ist  es,  daß  manche  epiphytische  und  xerophile  Farne,  gewisse  Isoetes-Arten  Algiers  und 
Selaginella  lepidophylla,  die  in  den  regenarmen  Hochebenen  Zentralamerikas  zu  Hause  ist, 
durch  einen  bis  zur  „Lufttrockenheit"  fortschreitenden  Wasserverlust  nicht  getötet  werden, 
sondern  in  latentem  Leben  verharren,  um  sofort  bei  Wiederbefeuchtung  weiter  zu 
wachsen.  Bei  niederen  Pflanzen,  vor  allem  bei  Flechten  und  Moosen,  ist  diese  Aus- 
trocknungsfähigkeit  viel  weiter  verbreitet  und  gestattet  ihnen  die  Besiedelung  von 
Felsen,  Baumrinden  und  ähnlichen  Standorten,  an  denen  sie  nur  unmittelbar  während 
und  nach  einem  Regen  wasserdurchtränkt  sind,  um  bald  darauf  wieder,  von  der  Sonne 
ausgedörrt,  zu  pulverisierbaren  Massen  zu  erstarren. 

Bei  Samen  und  Sporen  ist  in  der  Regel  mit  der  Ablösung  von  der  Mutterpflanze 
eine  Austrocknung  verbunden,  die  fast  überall  gut  und  lange  ertragen  wird.  Auch  hier 
hört  während  des  wasserarmen  Zustandes  jede  Lebensäußerung  auf. 

Manche  Samen  verlieren  ihre  Keimkraft  im  trockenen  Zustand  erst  nach  einem 
oder  einigen  Jahren,  manche  schon  nach  Tagen,  und  wieder  andere  sollen  ein  Austrocknen 
überhaupt  nicht  vertragen.  —  Es  muß  aber  hervorgehoben  werden,  daß  Pflanzenteile  auch 
im  Zustande  völliger  Lufttrockenheit  immer  noch  etwa  9—14%  Wasser  ent- 
halten. Selbst  über  der  Schwefelsäure  des  Exsikkators  bewahren  Samen  noch  wochen- 
lang 6  und  mehr  Prozent  Wasser.  Aber  auch  den  weitgehenden  Wasserverlust  durch 
Trocknung  bei  110°  oder  durch  Einwirkung  von  absolutem  Alkohol  vertragen  manche 
Samen  und  Sporen  ganz  gut. 

Aulnahme  des  Wassers. 

Wasseraufnahme  der  Zelle.  Alle  Teile  der  Zelle  sind,  wie  bemerkt, 
wasserdurchtränkt.  Die  Zell  haut  führt  das  Wasser  zwischen  ihren  kleinsten 
Teilchen  in  so  feiner  Verteilung,  daß  man  auch  mit  Hilfe  der  stärksten  Ver- 
größerungen Wasser  und  feste  Substanz  nicht  unterscheiden  kann.  Läßt 
man  das  Wasser  verdunsten,  so  treten  nicht  etwa  an  seiner  Stelle  lufterfüllte 
Hohlräume  auf,  sondern  es  findet  eine  Zusammenziehung  der  Zellhaut 
statt.  Umgekehrt  ist  die  Wasseraufnahme  in  trockene  oder  in  nicht  voll  wasser- 
gesättigte Zellhäute  miteinem  Auf  quellen  verbunden.  Unter  ,,Quellui)g"(8) 
versteht  man  die  Volum  Vergrößerung,  die  ein  Körper  durch  Einlagerung 
von  Flüssigkeit  erfährt.  Bei  gegebener  Temperatur  ist  die  aufgenommene 
Menge  Flüssigkeit  eine  begrenzte.  —  Es  gibt  Substanzen,  die  in  Alkohol  oder 
Xylol  usw.  quellbar  sind ;  die  pflanzliche  Zellhaut  aber  quillt  in  Wasser.  Dabei 
nehmen  die  Wände  der  Holzzellen  etwa  1/3  ihres  Gewichts,  die  Membranen 
mancher  Algen  und  einzelner  Samen-  und  Fruchtschalen  das  Mehrfache  ihres 
Gewichts  an  Wasser  auf.  Die  Wasseraufnahme  erfolgt  mit  beträchtlicher 
Energie  und  dementsprechend  auch  gegen  bedeutende  Widerstände. 

Das  lufttrockene  Protoplasma  mancher  Samen  und  Sporen  nimmt  gerade 
wie  die  Zellwand  Wasser  durch  Quellung  auf.  Ähnlich  wie  Gummi  arabicum 
verliert  es  aber  dabei  den  Charakter  des  festen  Körpers  und  geht  in  eine  kolloi- 
dale Lösung  über.  Li  der  gewöhnlichen,  lebenstätigen  Zelle  hat  dann  das 
Protoplasma  in  der  Regel  die  Eigenschaften  einer  solchen,  doch  können  auch 
einzelne  Partien  festere  Konsistenz  annehmen.  Kolloidale  Lösungen  haben 
ja  stets  die  Neigung,  aus  dem  flüssigen  (S0I-)  Zustand  in  den  Gelzustand  über- 
zugehen. 


190 


Jost: 


Der  Zellsaft  endlich  ist  immer  eine  molekulare  Lösung  von  Kristalloi- 
den  in  Wasser,  denen  auch  Kolloide  beigemengt  sein  können. 

Nur  eine  Zelle,  die  nicht  vollkommen  wassergesättigt  ist,  kann  ihrer 
Umgebung  Wasser  entziehen.  Es  fragt  sich  also,  wann  ist  die  Zelle  wasser- 
gesättigt? Für  die  Zellwand  ist  diese  Frage  rasch  beantwortet:  Sättigung 
ist  eingetreten,  wenn  das  Quellungsmaximum  erreicht  ist.  Viel  schwieriger 
ist  es,  für  das  Protoplasma  und  den  Zellsaft  die  Grenzen  der  Wasserkapazität 
zu  bestimmen.  —  Halten  wir  uns  zunächst  an  den  Zellsaft!  Wir  nehmen  der 
Einfachheit  halber  zunächst  an,  er  bestehe  lediglich  aus  Kristalloiden,  und 
er  sei  direkt  von  einer  Zell  haut  umschlossen,  ohne  durch  Protoplasma 
von  ihr  getrennt  zu  sein.  Wir  füllen  also  einen  Schlauch  aus  Zellulose  mit 
einer  Lösung,  z.  B.  von  Kochsalz,  und  tauchen  ihn  in  Wasser;  dann  wird 
ein  Diffusionsprozeß  beginnen.  Wasser  bewegt  sich  ins  Lmere  des 
Schlauches,  Salz  dagegen  tritt  aus  dem  Innern  aus.  Und  wenn  auch  die  Zell- 
haut dem  Durchtritt  der  Salze  einen  größeren  Widerstand  entgegensetzt 
als  dem  des  Wassers,  so  wird  der  Diffusionsprozeß  doch  so  lange  fortgesetzt 

werden,  bis  innerhalb  und 
außerhalb  überall  die 
gleiche  Konzentration 
herrscht.  Eine  Wand,  die 
für  Wasser  und  Salz  durch- 
lässig ist,  wirkt  also  auf  die 
Diffusionsbewegung,  die  in 
jeder  freien  Flüssigkeitsmasse 
eintritt,  nur  insofern  ein,  als 
sie  die  Geschwindigkeit 
dieses  Vorganges  verringert. 
Im  Endzustand  aber 
herrscht  gleiche  Konzentra- 
tion des  Salzes  auf  beiden 
Seiten  der  Membran. 

Wesentlich  anders  verläuft 
der  Diffusionsprozeß,  wenn 
die  Wand  aus  einer  Substanz 
besteht,  die  für  Wasser  wohl, 
für  Salz  dagegen  gar  nicht 
permeabel  ist.  Solche  Mem- 
branen nennt  man  semi- 
permeabel,  und  man  erhält  sie  z.  B.,  wenn  man  eine  Kupfervitriollösung 
mit  Ferrocyankalium  oder  Leim  mit  Gerbsäure  in  Berührung  bringt.  Da 
die  semipermeablen  Membranen  nur  eine  geringe  Festigkeit  besitzen,  kann 
man  aus  ihnen  nicht  wie  aus  Zellulose  Schläuche  herstellen.  Man  ver- 
leiht ihnen  die  nötige  Festigkeit  dadurch,  daß  man  sie  auf  einer  porösen 
Wand  von  gebranntem  Ton  auflagert;  man  benutzt  also  die  bekannten,  bei 
gewissen  galvanischen  Elementen  zur  Verwendung  kommenden  Tonzellen 
und  lagert  ihnen  auf  der  Innenseite  eine  Schicht  von  Ferrocyankupfer  auf. 
Füllt  man  dann  die  so  vorbereitete  Tonzelle  mit  einer  Salzlösung,  verschließt 
sie  und  taucht  sie  in  Wasser  ein,  so  kann  wohl  das  Wasser  nach  innen,  aber 
nicht  das  Salz  nach  außen  wandern;  die  Diffusion  findet  also  einseitig  statt 
undalsFolge  davontritteinDruckimZellinnernauf,  denman  als  osmotischen 
Druck  zu  bezeichnen  pflegt.  —  Ähnlich  wie  Kochsalz  können  auch  andere  Salze, 
doch  auch  andere  Verbindungen,  sofern  sie  nur  wasserlöslich  sind  und  Ferro- 
cyankupfer schlecht  durchwandern  können,  einen  osmotischen  Druck  erzeugen. 


Fig.  234.  Osmometer.  Schematisch.  T  Tonzelle, 
N  Niederschlagsmembran,  R  Manometer,  Q  Queck- 
silber, Z  Zuckerlösung.  /  Osmometer  nach  Füllung 
mit  der  Lösung  in  Luft.  2  Dasselbe  nach  Eintauchen 
in  Wasser.  Ein  osmotischer  Druck  ist  aufgetreten, 
das  Quecksilber  dementsprechend  im  Manometer  ge- 
stiegen.    Nach  Urspruxg. 


Physiologie.  191 

Zum  Nachweis  und  zur  Messung  des  osmotischen  Druckes(^)  bedient 
man  sich  seit  Pfeffer  (1877)  der  eben  geschilderten  Tonzelle,  die  eine  Nieder- 
schlagsmembran von  Ferrocyankupfer  auf  der  Innenseite  erhalten  hat.  Sie 
wird  mit  Zuckerlösung  gefüllt,  verschlossen  und  mit  einem  Quecksilbermano- 
nieter  versehen.  Das  Quecksilber  stellt  sich  dann  in  beiden  Schenkeln  in  gleiche 
Höhe  ein  (Fig.  234i).  Wird  nun  die  Tonzelle  in  Wasser  eingetaucht, 
so  dringt  dieses  ins  Zellinnere  ein,  und  es  entsteht  ein  Innendruck  (,, osmo- 
tischer Druck"),  der  sich  am  Steigen  des  Quecksilbers  ihi  rechten  Schenkel 
bemerkbar  macht  (Fig.  234  2).  Das  Steigen  erfolgt  anfangs  rasch,  später  lang- 
sam, und  schließlich  —  nach  vielen  Stunden  — ist  der  Maximaldruck  erreicht. 
Er  tritt  dann  auf,  wenn  durch  den  Druck  der  Quecksilbersäule  dem  weiteren 
Eindringen  von  Wasser  ein  Ziel  gesetzt  wird.  Die  Höhe  des  Quecksilberstandes 
gibt  also  direkt  das  Maß  für  den  osmotischen  Druck,  den  man  in  Atmosphären 
anzugeben  pflegt. 

Messungen  mit  solchen  „Osmometern''  haben  ergeben,  daß  der  osmotische  Druck 
innerhalb  gewisser  Grenzen  der  Konzentration  der  angewandten  Lösung  proportional  ist; 
für  eine  1  %ige  Rohrzuckerlösung  fand  Pfeffer  -/a  Atm.  Vergleicht  man  mit  Rohrzucker 
andere  nicht  dissoziierte  organische  Substanzen,  so  zeigt  sich,  daß  allgemein  die  osmotische 
Wirkung  der  Zahl  der  gelösten  Moleküle  proportional  geht;  äquimolekulare  Lösungen 
sind  isosmotisch.  Es  ist  deshalb  zweckmäßig,  statt  der  prozentischen  Lösungen  mole- 
kular-normale Lösungen  zu  verwenden,  im  allgemeinen  volumnormale.  Bei  dissoziie- 
renden Verbindungen,  z.  B.  den  Salzen,  wirken  auch  die  einzelnen  Ionen  neben  den 
undissoziierten  Molekülen.  Eine  Lösung  von  0,1  Mol.  KNO3  hat  deshalb  eine  viel  größere 
osmotische  Wirkung  als  0,1  Mol.  Rohrzucker. 

Vergleichen  wir  diese  Tonzelle  mit  einer  Pflanzenzelle,  so  entspricht 
die  Zellhaut  der  Wand  der  Tonzelle,  das  Protoplasma  dagegen  dem  Ferro- 
cyankupfer; denn  das  Protoplasma  ist,  wenigstens  solange  es  lebendig  ist, 
annähernd  semipermeabel,  die  Zellwand  dagegen  permeabel.  [Es  wird  freilich 
S.  207  gezeigt  werden,  daß  die  Impermeabilität  des  Protoplasmas  für  viele 
gelöste  Körper  nicht  besteht,  und  es  mag  hier  betont  sein,  daß  es  auch  semi- 
permeable  Zellhäute  gibt(^°).]  Es  wird  also  auch  in  die  pflanzhchen  Zellen 
Wasser  einströmen,  ohne  daß  Salz  austritt,  und  somit  wird  ein  osmotischer 
Druck  entstehen.  Das  Protoplasma  dehnt  sich  unter  diesem  Innendruck  ohne 
wesentlichen  Widerstand  aus;  die  Zellhaut  dehnt  sich  zwar  ebenfalls  aus, 
aber  sie  übt  auch  vermöge  ihrer  Elastizität  einen  erheblichen  Gegendruck  aus. 
Dieser  nimmt  mit  dem  Anwachsen  des  Innendruckes  zu  und  führt  schließlich 
dahin,  daß  weiteres  Wasser  nicht  mehr  aufgenommen  werden  kann. 

Auf  den  Wassergehalt  des  Protoplasmas  wollen  wir  nicht  näher  ein- 
gehen; es  sei  nur  bemerkt,  daß  auch  er  begrenzt  sein  muß,  weil  das  Proto- 
plasma sich  einerseits  unter  dem  Druck  des  Zellsaftes,  andererseits  unter  dem 
der  Zellhaut  befindet. 

Die  Dehnung  der  Zellwand  unter  dem  Einfluß  des  Innendruckes  ist 
oft  eine  recht  beträchthche ;  sie  hängt  einerseits  von  der  Größe  des  Druckes, 
andererseits  von  den  elastischen  Eigenschaften  der  Zellhaut  selbst  ab.  Sehr 
häufig  können  Zellwände  durch  den  Innendruck  um  10— 20^/o,  manchmal 
sogar  um  50%  gedehnt  werden.  Sticht  man  die  Zelle  an  oder  tötet  man  iiir 
Protoplasma,  so  hört  der  Druck  auf,  und  die  Membran  zieht  sich  elastisch  auf 
ihre  ursprüngliche  Länge  zusammen;  während  der  Dehnung  war  sie  also  ge- 
spannt, jetzt  ist  sie  entspannt  (Fig.  235).  Diese  Spannung  aber  hat  für  die 
Pflanzenzelle  eine  große  Bedeutung;  durch  sie  wird  die  Zellhaut  fester,  gerade 
wie  auch  ein  dünner  Kautschukballon  durch  Einpressung  von  Luft  gegen  Ge- 
staltsänderung widerstandsfähiger  wird.  Eine  Zelle,  deren  Haut  durch  den 
Innendruck  gespannt  ist,  heißt  turgcszent.  Dementsprechend  nennt  man 
auch  den   Innendruck  .,Turgordruck"(ii). 


192 


Jost : 


0!/ 


Der  Turgordruck  kann  bei  embryonalen  Zellen  des  Vegetationspunktes, 
die  noch  keine  Vakuolen  führen,  lediglich  auf  der  Quellung  des  Protoplasmas 
beruhen.  Bei  der  typischen  ausgewachsenen  Zeile  aber  pflegt  man  von  dem 
dünnen  Protoplasma  ganz  abzusehen  und  zu  sagen,  daß  der  osmotische 
Druck  der  Vakuolenflüssigkeit  direkt  auf  die  Zellmembran  einwirkt  und 
diese  spannt. 

Diese  Festigung  der  Pflanze  durch  die  elastische  Dehnung  der  Zellhaut  ist 
sehr  wichtig,  sie  ist  die  einfachste  und  vielfach  alleinige  Art  der  Zellenfestigung. 
Sie  ist  aber  natürlich  von  der  Gegenwart  einer  genügenden  Wassermenge 
abhängig;  nimmt  man  eine  pralle  Zelle  aus  dem  Wasser  und  läßt  sie  an  der 
Luft  Wasser  abgeben,  so  verschwindet  immer  mehr  die  Spannung  ihrer  Wand 
und  damit  die  Festigkeit;  die  Zelle  wird  schließlich  welk,  d.  h.  schlaff.  Durch 
erneute  Wasserzufuhr  kann  der  frühere  turgeszente  Zu- 
stand wieder  hergestellt  werden.  Solange  eine  Zelle 
das  Maximum  ihres  Wassergehaltes  nicht  be- 
sitzt, wirkt  sie  wie  eine  Saugpumpe,  sie  hat 
also  ein  ,,  Saugvermögen".  Um  dieses  Saug- 
vermögen(i^)  oder  diese  Saugkraft  voll  zu  verstehen, 
kehren  wir  nochmals  zu  der  Pfeffer  sehen  Zelle 
(Fig.  234)  zurück.  Diese  entwickelt  nach  der  Füllung 
mit  der  Rohrzuckerlösung  in  dem  Moment,  wo  wir  sie  in 
Wasser  tauchen,  ein  großes  Saugvermögen;  ihre  Saug- 
kraft nimmt  aber  offensichtlich  in  dem  Maße  ab,  als 
mit  dem  Eindringen  von  Wasser  sich  der  Innendruck 
steigert;  schließlich  wenn  der  volle  Innendruck  ein- 
getreten ist,  der  maximale  ,, osmotische  Druck"  sich 
ausgebildet  hat,  ist  die  Saugkraft  =  Null  geworden.  Um 
die  Größe  der  Saugkraft  beim  Beginne  des  Versuches 
zu  messen,  wird  man  nach  Eintauchen  des  Osmometers 
(Fig.  234  j)  in  Wasser  den  Quecksilberdruck  soweit  er- 
höhen müssen,  daß  überhaupt  kein  Wasser  einströmen 
kann.  Die  Höhe  dieser  Quecksilbersäule  ist  dann  das 
Maß  für  die  Saugkraft,  und  ein  Versuch  zeigt,  daß  diese 
so  groß  ist  wie  der  osmotische  Druck,  den  die  Lösung 
entwickeln  kann.  Und  von  dieser  Höhe  sinkt  dann, 
wenn  Wasseraufnahme  ermöglicht  wird,  die  Saugkraft 
bis  auf  den  Wert  Null.  In  den  zwischen  den  Extremen 
gelegenen  Stadien  findet  man  ihren  Wert  so,  daß  man 
von  der  ursprünglichen  Saugkraft  des  Inhaltes  den 
jeweiligen  Manometerdruck  abzieht.  In  ganz  ent- 
sprechender Weise  wird  die  Saugkraft  der  pflanzlichen 
Zelle  gefunden,  indem  man  von  der  Saugkraft  des 
Zellsaftes  den  Druck  der  Zellhaut  abzieht. 
Da  man  an  der  Pflanzenzelle  kein  Manometer  anbringen  kann,  ist  auch 
eine  direkte  Messung  des  osmotischen  Druckes  in  ihr  unmöglich.  Doch  kann 
man  auf  Umwegen,  nämlich  durch  Studium  der  plasmolytischen  Erschei- 
nungen zu  diesem  Ziele  gelangen.  Bringt  man  eine  turgeszente  Zelle  in  eine 
Salzlösung,  die  osmotisch  wirksamer  ist  als  der  Zellsaft,  so  tritt  zunächst 
eine  Verkürzung  der  Zelle  ein,  die  bis  zur  völligen  Entspannung  der  Membran 
geht,  sodann  aber  erfolgt  eine  Abhebung  des  Protoplasmas  von  der  Zellwand, 
weil  ja  die  Zellwand  sich  nicht  weiter  verkürzen  kann,  während  das  Protoplasma 
dauernd  der  sich  weiter  verkleinernden  Vakuole  folgt.  Diese  Abhebung 
(,, Plasmolyse")  beginnt  an  den  Ecken  und  führt  schließlich  zu  einer  Ab- 


Fig.  235.  Einzelliges 
Stammglied  einer  Ni- 
tella  (Characee)  etwa 
6mal  vergrößert.  F 
Frisch  und  durch  Tur- 
gordruck gespannt. 
P  Dasselbe  nach  zer- 
störtem Turgordruck, 
schlaff ,  kürzer  und 
schmäler;  ss  Seiten- 
glieder.     Nach  NoLL. 


Physiologie 


193 


rundung  des  Plasmas  im  Innern  der  Zellhaut  (Fig.  236).  Es  ist  im  Grunde 
gleichgültig,  welche  Stoffe  man  zur  Plasmolyse  verwendet;  sie  dürfen  nur  das 
Plasma  nicht  schädigen,  und  das  Plasma  muß  für  sie  impermeabel  sein.  Am 
besten  eignet  sich  Kohrzucker,  während  der  früher  viel  benutzte  KaUsalpeter 
doch  sehr  stark  eindringt. 

Hat  man  durch  systematisches  Ausprobieren  diejenige  Konzentration 
des  Plasmolytikums  gefunden,  die  gerade  die  erste  Abhebung  des  Protoplasmas 
an  den  Ecken  der  Zelle  bewirkt,  so  kann  man  sagen,  daß  diese  ,, plasmoly- 
tische Grenzkonzentration"  denselben  osmotischen  Wert  besitzt  wie 
der  Zellsaft  dieser  entspannten  Zelle.  Wenn  z.  B.  festgestellt  ist,  daß  die  Grenz- 
konzentration 0,2  Mol.  Rohrzucker  ist,  so  ist  der  Zellsaft  isosmotisch  mit 
0,2  Mol.  Rohrzucker,  man  sagt  auch,  der  Zuckerwert  des  Zellsaftes  be- 
trägt 0,2  Mol.  Da  man  nun  in  physikalischen  Versuchen  (z.  B.  mit  Osmometern, 
doch  auch  mit  anderen  Methoden)  den  osmotischen  Druck  verschiedener 
Konzentrationen  von  Rohrzucker  bestimmt  hat(i2a-)^  gQ  ^^[q  j^^n,  wie 
groß  der  osmotische  Druck  in  einer  solchen  Zelle  beim  Eintauchen  in  Wasser 
werden  kann.  Wenn  die  Zellwand  stark  verdickt  ist  und  dementsprechend 
so  gut  wie  gar  nicht 
dehnbar  ist,  dann  kann  ^ 
auch  der  Zellsaft  nicht 
durch  eindringendes 
Wasser  verdünnt  wer- 
den, und  eine  solche 
Zelle  kann  den  physi- 
kalisch ermittelten  Wert 
als  maximalen  osmoti- 
schenDruck  bekommen. 
Bei  dehnbarer  Membran 
aber  tritt  mit  dem  Wach- 
sen des  Zellvolumens  bei 
der  Wasseraufnahme 
stets  eineVer  dünnung 
des  Zellsaftes  ein.  Neh- 
men wir  an,  die  plas- 
molysierte  Zelle   dehne 

ihr  Volumen  bei  Wasseraufnahme  bis  zur  Sättigung  auf  das  Doppelte 
aus,  so  wird  also  die  Konzentration  ihres  Zellsaftes  und  damit  ihr  osmo- 
tischer Druck  auf  die  Hälfte  des  Wertes  sinken,  den  er  bei  fehlender 
Volumzunahme  erreichen  könnte.  Nur  bei  sorgfältiger  Berücksichtigung  der 
Volumänderungen  kann  man  also  aus  dem  ,, Zuckerwert"  Schlüsse  auf  den 
tatsächlichen  osmotischen  Druck  in  einer  Zelle  machen.  In  den  meisten 
Fällen  ist  der  osmotische  Wert  nicht  mit  Zucker,  sondern  mit  KNO3  bestimmt 
worden.  In  gewöhnlichen  Zellen  ist  der  Salpeterwert  0,15—0,30  Mol.;  er 
kann  aber  auch  auf  3  und  mehr  Mol.  ansteigen.  Im  übrigen  pflegt  er  selbst 
bei  Nachbarzellen  eines  Gewebes  um  0,1—0,2  Mol.  zu  differieren  und  je 
nach  Außenbedingungen  zum  Teil  periodisch  zu  schwanken(i3). 

Die  Ausdrücke  osmotischer  Druck,  Turgordruck,  Saugkraft  werden  in  der  Literatur 
vielfach  in  verschiedenem  Sinn  gebraucht.  Sie  sind  hier  durchweg  im  Anschluß  an  Ur- 
sprung ("),  dessen  Ausführungen  uns  klar  und  folgerichtig  scheinen,  gefaßt.  Besonders 
betont  sei  noch,  daß  manche  Chemiker  von  einem  osmotischen  Druck  auch  bei  Lösungen 
sprechen,  die  nicht  durch  eine  semipermeable  Membran  von  Wasser  getrennt  sind,  die  also 
einen  meßbaren  Druck  nicht  erzeugen.  Diese  Ausdrucksweise  will  kaum  etwas  anderes 
bedeuten,  als  daß  eben  die  Lösung  den  betreffenden  osmotischen  Druck  erzeugen  kann, 
wenn  sie  durch  eine  semipermeable  Wand  von  Wasser  getrennt  ist. 


Fig.  236.  Schema  der  Plasmolyse  an  einer  jungen  Zelle 
aus  dem  Rindenparenchym  des  Blütenstiels  von  Cephalaria 
leucantha  (Compositae).  m  Zellhaut,  //  Protoplasma,  v  Va- 
kuole. /  in  Wasser.  //  in  4%iger  Salpeterlösung.  ///  in 
6 %iger  Salpeterlösung.  /F  in  ]0%iger  Salpeterlösung.  Nach 
DE  Vries. 


Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.    16.  Aufl. 


13 


194  Jost: 

Die  Abhebung  der  Protoplasten  von  der  Zelhvand  erfolgt  nicht  so  glatt,  wie  die 
schematische  Figur  236  das  darstellt.  In  Wirklichkeit  pflegt  das  Plasma  durch  feine 
Fäden  mit  der  Haut  verbunden  zu  bleiben;  diese  reißen  später  durch.  Es  ist  wohl 
möglich,  daß,  wie  Hänsteen  ausführt,  das  Protoplasma  ursprünglich  gar  nicht  schai'f  von 
der  Zellhaut  getrennt  ist  und  daß  die  bei  der  Plasmolyse  entstehende  Oberfläche  eine 
künstliche  ist,  die  keineswegs  dieselben  Eigenschaften  zu  haben  braucht  wie  die  ursprüng- 
liche Hautscbicht. 

Die  Plasmolyse  kann  durch  Überführung  der  Zelle  in  reines  Wasser  wieder  rück- 
gängig gemacht  werden.  Es  tritt  dann  wieder  die  alte  Turgeszenz  ein.  Tötet  man  aber 
das  Protoplasma,  so  verliert  es  seine  Semipermeabilität,  und  die  Herstellung  der  Turges- 
zenz ist  unmöglich.  Besonders  anschaulich  tritt  eine  derartige  Veränderung  des  Proto- 
plasmas durch  Abtöten  bei  Zellen  mit  gefärbtem  Zellsaft  (z.  B.  rote  Rüben)  vor  Augen, 
weil  hier  dann  sofort  der  Farbstoff  in  die  Umgebung  übertritt,  während  solche  Zellen  im 
lebenden  Zustand  tagelang  im  AVasser  liegen  können,  ohne  es  zu  färben. 

Der  Salpeterwert  der  Zelle  ist  zunächst  einmal  spezifisch  verschieden.  Besonders 
hohe  Werte  finden  sich  z.  B.  bei  den  Grasknoten  (0,5—1,0  Mol.)  und  bei  Wüstenpflanzen 
(3,0  Mol.).  Die  höchsten  Werte  aber  treten  in  Pflanzen  auf,  die  wie  die  Meeres-  und 
Strandpflanzen  in  Salzlösungen  oder  wie  viele  Pilze  in  konzentrierten  Zuckerlösungen 
gedeihen.  In  beiden  Fällen  muß,  um  eine  Turgeszenz  zu  ermöglichen,  der  osmotische 
Wert  des  Zellsaftes  den  der  Außenlösung  übersteigen,  und  er  paßt  sich  stets  dem 
letzteren  an;  er  ist  nicht  ein  für  allemal  gegeben,  sondern  er  ist  regulationsfähig  ('*). 
Man  begreift,  daß  Zellen  mit  so  hochkonzentriertem  Zellsaft  sofort  platzen,  wenn  sie  aus 
ihrer  bisherigen  Umgebung  in  reines  Wasser  oder  in  schwächere  Lösungen  überführt  werden. 
Außerdem  ist  aber  der  Salpeterwert  auch  bei  den  einzelnen  Organen  einer  Pflanze 
verschieden.     Das  zeigt  z.  B.  die  folgende  Tabelle  (nach  Blüm)  : 

Fagus  Urtica 

Mol.  Mol. 

Epidermis  Blattunterseite    0,365  0,498 

Schwammparenchym    .     .    0,571  0,635 

Palisadenparenchym     .     .    1,017  1,015 

Äußere  Rinde  (Stengel)  .    0,671  0,472 

Kambium 0,634  0,548 

Holzmarktstrahl       .     .     .    0,938  — 

Wasserauf  nah  ine  vielzelliger  Pflanzen.      Bei   vielen  niederen   Pflanzen 
beteiligen  sich  alle  lebenden  Zellen  an   der  Wasseraufnahme;  bei   anderen 
komplizierteren   dagegen  grenzen  nur   die   ,, Außenzellen"   an   die   wasser- 
haltige Umgebung  an,  und  sie  allein  können 
demnach  der  Wasseraufnahme  dienen.    Beim 
Kormus  ist  die  Wasseraufnahme  —  wenigstens 
bei  den  typischen  ,, Landpflanzen"  —  auf  die 
Epidermiszellen    der    Wurzeln    beschränkt. 
Die  oberirdischen  Teile  sind  schon  durch  die 
Fig.  237.   Die  Spitze  eines  Wurzel-      mel"'  oder  minder  stark  entwickelte  Kuti- 
haars  mit  Bodenteilchen  verwachsen,      kula   ungeeignet   für    die    Wasseraufnahme, 
Vergr.  ca.  240.    Nach  Noll.  go   daß  sie  in  der  Natur  nie  so  viel  Wasser 

aufnehmen,  als  die  Pflanze  nötig  hat.  Die 
Wurzel  dagegen  ist  durch  ihre  äußere  Gestalt  wie  durch  die  feinere  Struktur 
ihrer  Oberhaut  hervorragend  zur  Wasseraufnahme  geeignet.  Der  Umstand, 
daß  das  Wasser  im  gewöhnlichen  Boden  in  unsichtbar  feiner  Verteilung  auf- 
tritt und  von  den  Oberflächenkräften  der  Bodenpartikelchen  festgehalten 
wird,  macht  eine  große  Oberfläche  der  aufnehmenden  Wurzel  notwendig. 
Eine  solche  wird  einerseits  durch  eine  reiche  Verzweigung  des  Wurzelsystems, 
andererseits  durch  die  Ausbildung  von  Wurzelhaaren  hergestellt,  die  mit 
den  kleinsten  Bodenteilchen  verwachsen  (Fig.  237). 

Durch  die  zahllosen  feinen  Seiten  würzeichen  und  die  aus  ihnen  ent- 
springenden Wurzelhaare  ist  die  Pflanze  mit  dem  Boden  verbunden  und  kann 


Physiologie.  2.95 

das  kapillar  in  diesem  festgehaltene  Wasser  aufnehmen,  sobald  sich  in  den 
Haaren  durch  Wasserverlust  ein  Saugvermögen  eingestellt  hat.  Auch 
einem  Boden,  der  sich  schon  trocken  anfühlt,  vermag  die  Pflanze  nocli  Wasser 
zu  entziehen.  Bei  dauernder  Wasseraufnahme  aus  so  trockenen  Böden  erfolgt 
schließlich  Welken  der  Pflanze;  aber  auch  in  welkem  Zustand  geht  die  Wasser- 
aufnahme noch  fort,  freihch  nie  so  weit,  daß  auch  die  letzten  Spuren  dem  Boden 
entzogen  werden  könnten.  Weiter  als  unsere  typischen  Landpflanzen  gehen 
nach  FiTTiNG  die  Wüstenpflanzen,  weil  ihre  Zellsäfte  ungewöhnlich  hohe 
Konzentration  besitzen  und  deshalb  ein  sehr  starkes  osmotisches  Saugvermögen 
entwickeln  können (i'^). 

Es  leuchtet  ein,  daß  Zellen  mit  hohem  Salpeterwert  eine  höhere  Saugkraft  ent- 
wickeln können  als  solche  mit  niedrigem  Salpeterwert.  Allein  die  Bestimmung  des 
Salpeterwertes  gibt  kein  Maß  für  die  in  der  Zelle  tatsächlich  bestehende  Saugkraft 
ab ;  diese  hängt  ja  von  der  Wassersättigung  ab. 

Andere  Arten  der  Wasseranfnahme.  Manche  Pflanzen  nehmen  das  Wasser 
nicht  aus  dem  Boden  auf;  sie  gehören  vor  allem  zu  zwei  ganz  verschiedenen  ökologischen 
Gruppen:  zu  den  Epiphyten  und  zu  den  Wasserpflanzen.  Über  die  morphologischen 
und  anatomischen  Eigentümlichkeiten,  die  eine  Aufnahme  von  Regen  oder  Tau  durch 
oberirdische  Organe  ermöglichen,  ist  schon  S.  157  berichtet. 

Bewegung  des  Wassers  in  der  Pflanze. 

Eine  Bewegung  des  Wassers  von  der  Wurzel  nach  den  oberirdischen 
Teilen  muß  schon  aus  dem  Grund  erfolgen,  weil  Wasser  zum  Aufbau  neuer 
Zellen  in  den  wachsenden  Teilen  unentbehrlich  ist.  Tatsächlich  braucht 
aber  die  Pflanze  ungemein  viel  mehr  Wasser,  als  das  zu  ihrem  Aufbau  nötige, 
weil  sie  große  Wassermassen  in  Dampfform,  geringere  in  tropfbar  flüssiger 
Form  an  den  oberirdischen  Teilen  abgibt.  Der  erste  Vorgang  ist  unter  dem 
Namen  Transpiration,  der  zweite  als  Guttation  bekannt. 

Transpiration  (^^). 

Wie  jede  freie  Wasserfläche,  wie  jeder  mit  Wasser  gequollene  Körper, 
z.  B.  Gelatine,  Leim,  muß  auch  die  Pflanzenzelle  Wasser  an  die  Luft  abgeben, 
solange  diese  nicht  völlig  dunstgesättigt  ist.  Die  Wasserabgabe  ist  bei  manchen 
Pflanzenteilen  (z.  B.  bei  Wurzeln,  bei  submerson  Teilen,  bei  Schattenpflanzen), 
wenn  sie  trockener  Luft  ausgesetzt  werden,  so  groß,  daß  sie  kollabieren,  schlaff, 
welk  werden  und  schließlich  vertrocknen.  Anders  verhalten  sich  z.  B.  die 
Blätter  unserer  gewöhnhchen  Landpflanzen,  An  ihnen  ist  zunächst  nichts 
von  Wasserabgabe  zu  bemerken.  Doch  auch  sie  welken,  wenn  es  lange  nicht 
regnet,  wenn  also  die  Wasseraufnahme  aus  dem  Boden  erschwert  ist.  Unter- 
bindet man  ihnen  die  Wasserzufuhr  völhg,  indem  man  sie  abschneidet,  so  tritt 
das  Welken  schneller  ein.  Stellt  man  aber  die  abgeschnittenen  Zweige  in 
Wasser,  so  nehmen  sie  dieses  mit  der  Schnittfläche  auf  und  welken  nicht.  Daß 
sie  für  gewöhnlich  an  ihrem  Standort  nicht  wölken,  beruht  also  offenbar 
darauf,  daß  Wasser  in  demselben  Maß  von  unten  her  nachgeschoben  wird, 
wie  es  oben  verdunstet.  Es  läßt  sich  denn  auch  die  Abgabe  von  Wasserdampf 
mit  einfachen  Mitteln  nachweisen. 

In  sehr  anschaulicher  Weise  wird  die  Transpiration  durch  Verfärbung  von  sog. 
Kobaltpapier  demonstriert;  Filtrierpapier,  das  mit  einer  Lösung  von  -Kobaltchlorür  ge- 
tränkt ist,  zeigt  im  Zustand  völliger  Trockenheit  eine  blaue  Farbe;  bei  Wasserzutritt  wird 
es  rot.  Legt  man  nun  ein  Stückchen  blaues  Kobaltpapier  z.  B.  auf  ein  Blatt  und  bedeckt 
es  zur  Abhaltung  der  atmosphärischen  Feuchtigkeit  mit  einer  Glasplatte,  so  weist  die  be- 
ginnende Rotfärbung  auf  Transpiration  hin,  zugleich  lassen  sich  aus  der  geringeren  oder 
größeren  Geschwindigkeit  des  Eintretens  und  Fortschreitens  der  Farbenänderung  Schlüsse 
auf  die  Quantität  des  abgegebenen  Wassers  ziehen.     Exakte  Nachweise  in  dieser  Hinsicht 

13* 


196  Jost: 

kann  freilich  nur  die  Wägung  bringen.  Sie  muß  an  einer  Pflanze  ausgeführt  werden, 
deren  Blumentopf  durch  passende  Umhüllung  völlig  an  jeder  Wasserabgabe  verhindert  ist. 
Es  zeigt  sich,  daß  die  Wasserdampfabgabe  der  Pflanze  in  der  Regel  so  groß  ist,  daß  schon 
im  Verlaufe  einer  Viertelstunde  ein  Gewichtsverlust  eintritt,  der  beträchtlich  genug  ist, 
um  ihn  ohne  jede  Schwierigkeit  auf  einer  gewöhnlichen  Wage  feststellen  zu  können. 
Über  die  Größe  der  Transpiration,  die  man  zweckmäßigerweise  auf  die  Einheit  der  tran- 
spirierenden Fläche  beziehen  wird,  läßt  sich  nichts  Allgemeines  aussagen,  da  sie  von  vielen 
äußeren  Umständen,  z.  B.  von  Temperatur,  Licht,  Wasserzufuhr  usw.,  außerdem  auch  von 
der  Struktur  der  Pflanze  abhängt. 

Der  Vorgang  der  Transpiration  vollzieht  sich  in  folgender  Weise.  Eine 
der  Luft  exponierte  Zelle  muß  von  dem  Quelhmgswasser  ihrer  Zellhaut 
dauernd  Wasser  an  die  Luft  abgeben;  dieser  Prozeß  würde  bis  zur  Lufttrocken- 
heit der  Zellhaut  weitergehen,  wenn  nicht  von  innen  her  Nachschub  erfolgte. 
Ein  solcher  tritt  nun  aber  in  der  Tat  aus  dem  Protoplasma  ein.  Die  nicht 
völlig  gesättigte  Zellhaut  übt  einen  Zug  auf  das  Wasser  des  Protoplasmas  aus, 
und  das  Protoplasma  sucht  Deckung  für  den  Verlust  aus  dem  Saftraum.  So 
pflanzt  sich  also  die  Wasserbewegung  bis  ins  Zellinnere  fort  und  bewirkt 
eine  Verringerung  des  Turgordruckes.  Damit  ist  dann  eine  Saugkraft  in 
dieser  Zelle  hergestellt  und  die  Bedingung  zur  Wasseraufnahme  aus  einer 
Nachbarzelle  gegeben,  die  selbst  nicht  transpiriert ;  und  so  setzt  sich  die  Wasser- 
abgabe von  der  verdunstenden  Oberflächenzelle  in  die  Tiefe  der  Gewebe  fort. 
Die  Größe  der  Transpiration  hängt  vor  allem  davon  ab,  wie  groß  die  Wasser- 
durchlässigkeit der  Zellhaut  ist.  Handelt  es  sich  um  eine  gewöhnliche  Zellulose- 
wand, so  ist  die  Transpiration  demnach  groß ;  ist  aber  die  Zellwand  mit  Wachs 
und  Kutikula  bedeckt  oder  mit  Kutikularsubstanz  imprägniert,  so  gibt  sie 
wenig  Wasser  ab.  Vergleichende  Versuche  mit  Kobaltpapier  lassen  dement- 
sprechend an  geeigneten  Objekten  leicht  erkennen,  wie  die  Transpiration 
mit  der  Zunahme  der  Dicke  der  Kutikularschichten  abnimmt,  bis  sie  schließlich 
so  gut  wie  ganz  verschwindet.  Ähnlich  wie  Kutikularschichten  wirken  Kork- 
häute. Jedermann  weiß,  wie  lange  Zeit  Äpfel  oder  Kürbisse,  d.  h.  Früchte 
mit  wohl  ausgebildeter  Kutikula,  oder  Kartoffelknollen,  die  mit  einer  Kork- 
haut versehen  sind,  ohne  Wasseraufnahme  turgeszent  bleiben.  Wenn  aber  die 
Laubblätter  im  allgemeinen  derartige  Schutzmittel  gegen  Transpiration 
nicht  in  dem  Maße  besitzen,  so  ist  das  kein  Nachteil  für  die  Pflanze;  denn  die 
Transpiration  ist  nicht  etwa  ein  Übel,  sondern  sie  ist  nötig,  einerseits  weil 
sie  die  Temperatur  der  Pflanze  herabsetzt,  die  in  der  prallen  Sonne  leicht 
lebensgefährlich  hoch  werden  könnte,  andererseits  weil  sie  eine  rasche 
Bewegung  der  sehr  verdünnten  Nährsalze  bewirkt  und  endlich  weil  sie  diese 
verdünnten  Lösungen  eindickt.  So  haben  wir  denn  auch  Einrichtungen  kennen 
gelernt  (S.  144),  die  man  als  För der ungs mittel  für  die  Transpiration  be- 
zeichnen kann.  Dahin  gehört  vor  allem  die  große  Flächenausdehnung  der 
Blätter. 

Nun  ist  aber  die  Transpiration  nicht  auf  unmittelbar  an  die  Luft  gren- 
zende Zellen  beschränkt;  auch  zahllose  Binnenzellen  können  Wasserdampf 
abgeben,  wenn  sie  an  Interzellularräume  angrenzen.  Die  lufterfüllten  Inter- 
zellularen müßten  freilich  nach  kurzer  Zeit  völlig  wasserdampfgesättigt  sein, 
wenn  sie  ringsum  abgeschlossen  wären.  In  Wirklichkeit  aber  finden  sich,  wie 
wir  gesehen  haben,  Kommunikationswege  zwischen  der  Atmosphäre  und  den 
Interzellularen,'  von  denen  die  wichtigsten  die  Spaltöffnungen  (S.  43) 
sind.  Aus  ihnen  kann  der  Wasserdampf  austreten,  und  so  wird  erzielt,  daß 
die  Wasserdampfsättigung  der  Interzellularenluft  keine  vollständige  ist.  Den 
aus  den  Spaltöffnungen  austretenden  Wasserdampf  kann  man  leicht  mit 
Kobaltpapier  nachweisen.  Legt  man  dieses  gleichzeitig  auf  Ober-  und  Unter- 
seite eines  Blattes,  das  nur  auf  der  Unterseite  Spaltöffnungen  führt,  so  zeigt 


Physiologie. 


197 


sich,  daß  hier  rasche  Farbenänderung  eintritt,  während  an  der  Oberseite  die 
blaue  Farbe  lange  Zeit  erhalten  bleibt. 

Diese  Ausführungen  zeigen,  daß  man  zwischen  kutikulärer  und 
stomatärer  Transpiration  unterscheiden  kann.  Bei  der  typischen  Land- 
pflanze spielt  zweifellos  die  stomatäre  Transpiration  die  Hauptrolle;  bei 
Pflanzen,  die  feuchte  Lokalitäten  bewohnen,  nimmt  aber  auch  die  kutikuläre 
Transpiration  beträchtliche  Dimensionen  an.  Die  Spaltöffnungen  sind  zwar 
außerordentlich  feine  Poren  in  der  Epidermis  —  vgl.  S.  43  — ,  aber  sie  sind 
in  sehr  großer  Zahl  vorhanden  und  zudem  außerordenthch  zweckmäßig  an- 
geordnet. NoLL  hat  berechnet,  daß  ein  einziges  mittelgroßes  Kohlblatt  mit 
etwa  11  Millionen,  ein  Blatt  der  Sonnenblume  mit  etwa  13  Millionen  Luft- 
spalten versehen  ist.  Die  Transpiration  erfolgt  also  durch  zahllose,  zwar  sehr 
enge,  aber  sehr  dicht  stehende  Öffnungen  in  der  Kutikula,  die  selbst  so  gut 
wie  kein  Wasser  durchläßt.  Brown  und  Escombe  aber  haben  gezeigt,  daß 
durch  eine  solche  siebartig  durchlöcherte  Membran,  die  über  den  transpie- 
rierenden  Mesophyllzellen  ausgespannt  ist,  unter  Umständen  ebensoviel  Wasser 
diffundieren  kann,  wie  wenn  die  Mesophyllzellen  frei  der  Luft  exponiert  wären. 

Wenn  das  richtig  ist,  muß Y 

man    fragen,    warum    denn      jrr-:?^^  <  > 

die  Pflanze  überhaupt  einen 
derartig  komplizierten  Ap- 
parat aufbaut  und  nicht  die 
freie  Transpiration  aus  un- 
geschützten Zellen  vorzieht. 
Der  Grund  liegt  darin,  daß 
die  Spaltöffnungen  nicht 
nur  die  Transpiration  för- 
dern, sondern  auch  ganz 
aufheben  können,  daß  sie 
die  Transpiration  regulieren, 
was  einer  Kutikula  nicht 
möglich  ist.  Die  Weite  der 
eigentlichen  Spalte  kann 
nämlich     durch     Vorgänge 

in  den  Schließzellen  verändert  werden;  ist  die  Spalte  geschlossen,  so  ist  die 
Transpiration  fast  Null,  ist  die  Spalte  weit  geöffnet,  so  erfolgt  maximale 
Transpiration.  Da  nun  Öffnen  und  Schließen  der  Spalten  nach  Bedürfnis 
der  Pflanzen  erfolgt,  so  haben  wir  es  in  den  Spaltöffnungen  mit  Organen  zu 
tun,  die  in  wunderbar  zweckmäßiger  Weise  reagieren.  Die  Öffnung  der  Spalten 
wird  vielfach  durch  Beleuchtung  und  durch  einen  gewissen  Feuchtigkeits- 
grad der  Luft  verursacht ;  umgekehrt  wirken  Verdunklung  oder  trockene  Luft 
auf  ein  Schließen  der  Spalten  hin. 

Die  Bewegungen  der  Schließzellen  sind  Reizbewegungen  und  erfolgen 
durch  Tu rgordruck.  Vermöge  der  eigenartigen  Verdickungen  der  elastischen 
Zellwände  der  Schließzellen  (S.  45)  führen  Druckschwankungen  in  ihnen 
nänüich  zu  Gestaltsveränderungen,  derart,  daß  eine  Steigerung  des  Turgor- 
druckes  die  Krümmung  der  Zellen  vermehrt,  eine  Abnahme  sie  vermindert. 
Der  erste  Vorgang  hat  demgemäß  das  Öffnen,  der  zweite  den  Verschluß  der 
Spalten  zur  Folge,  wie  das  aus  der  Abbildung  Fig.  238  ohne  weiteres  her^-nr- 
geht  (vgl.  auch  Fig.  47—49). 

Eine  Zunahme  des  Turgordruckes  könnte  schon  dadurch  zustande 
kommen,  daß  der  osmotisch  wirksame  Inhalt  der  Schiießzellen  mehr  Wasser 
aufzunehmen  in  die  Lage  käme;  tatsächlich  erfolgt  er  aber  dadurch,  daß  bei 


Fig.  238.  Spaltöffnung  von  Helleborus  spec.  im  Quer- 
schnitt. Die  dicken  Linien  zeigen  die  Form  der  Schließ- 
zellen bei  geöffnetem  Spalt,  die  feineren  Linien  bei 
geschlossenem  Spalt.  Nach  Schwendener.  Der  Saft- 
raum der  Zellen  im  geschlossenen  Zustand  wurde  hier 
schraffiert;  er  ist  sichtlich  kleiner  als  bei  geöffneten 
Schließzellen. 


198  Jost: 

Zunahme  der  Beleuchtung  und  der  Luftfeuchtigkeit  der  osmotische  Wert 
der  Schließzellen  ganz  beträchtlich  zunimmt.  Dieser  Wert  nimmt  umgekehrt 
bei  Verdunklung  und  Trockenheit  ab. 

Der  maximale  osmotische  Wert  der  Schließzellen  kann  auf  1  Mol.,  ja  selbst  auf 
2  Mol.  NaCl  steigen  gegenüber  0,15  Mol.  der  gewöhnlichen  Epidermiszellen.  Bei  Wasser- 
entziehung (durch  Austrocknung  oder  Zuckerlösung)  oder  durch  Verdunklung  sinkt  der 
osmotische  Wert  der  Schließzellen  unter  Umständen  noch  unter  den  der  Epidermis- 
zellen O^a). 

Die  Spaltöffnungen  sind  vorzugsweise  auf  den  Blattflächen  zu  finden, 
die  Blätter  sind  demnach  als  Organe  der  Transpiration  (und  Assi- 
milation S.  215)  zu  betrachten.  Die  Leistungen  der  Blätter  im  Verdunsten 
von  Wasser  sind  denn  auch  außerordentlich  überraschend(^').  Eine  kräftige 
Pflanze,  beispielsweise  eine  Sonnenblume  von  Manneshöhe,  verdunstet  an 
einem  hellen  Tage  über  ein  Liter  Wasser,  und  man  hat  festgestellt,  daß  ein 
Morgen  mit  Kohlpflanzen  in  4  Monaten  zwei  Millionen  Liter,  ein  solcher 
mit  Hopfen  3 — 4  Millionen  Liter  Wasser  verdunstet.  Für  eine  einzeln  stehende 
Birke  mit  etwa  200000  Blättern  berechnete  von  Höhnel  das  verdunstete 
Wasser  an  einem  heißen,  trockenen  Tage  auf  etwa  300 — 400  Liter,  im  Tages- 
durchschnitt auf  60 — 70  Liter.  Ein  Hektar  Buchenhochwald  verdunstet  im 
Durchschnitt  20000  Liter  täglich.  Auf  je  100  g  Blattsubstanz  berechnet, 
verbraucht  in  einer  Vegetationsperiode  die  Rotbuche  75  Liter,  die  Tanne  aber 
nur  7  Liter.  Im  Durchschnitt  verdunstet  eine  Pflanze  für  jedes  Gramm  Trocken- 
substanz, das  sie  in  ihren  oberirdischen  Teilen  bildet,  250 — 900  g  Wasser. 

Die  Flächenentwicklung  und  die  feinere  Organisation  des  Blattes  (Zahl  und  Weite 
der  Spaltöffnungen,  Ausbildung  von  Kutikula  und  Behaarung)  beeinflussen  die  Wasser- 
abgabe außerordentlich  stark;  deshalb  versteht  man  es,  daß  verschiedene  Pflanzen  sehr 
ungleich  stark  transpirieren.  Aber  auch  ein  und  derselbe  Sproß  transpiriert  nicht  immer 
gleichmäßig;  das  kommt  daher,  daß  äußere  und  innere  Ursachen  einerseits  physiologische 
Folgen  haben,  indem  sie  die  Weite  der  Spaltöffnungen  verändern,  und  daß  sie 
andererseits  die  Transpiration  auch  i-ein  physikalisch  ebenso  beeinflussen  wie  die 
Verdunstung  eines  freien  Wasserspiegels.  Wärme,  Trockenheit  und  Bewegung  der  Luft 
steigern  die  Verdunstung  physikalisch,  während  Beleuchtung  und  Feuchtigkeit  sie 
physiologisch  fördern.  Beide  Momente  wirken  zusammen  dahin,  daß  am  Tage  die 
Verdunstung  im  allgemeinen  stärker  ist  als  des  Nachts.  Pflanzen,  die,  wie  Impatiens 
parviflora,  an  heißen  trockenen  Tagen   leicht  welken,   werden  daher  nachts  wieder  frisch. 

Vergleicht  man  die  Transpiration  eines  Blattes  mit  der  Evaporation  einer  gleichen 
Fläche  reinen  Wassers,  die  unter  gleichen  Außenverhältnissen  steht  wie  das  Blatt,  so  gibt 
das  Verhältnis  Transpiration  :  Evaporation ,  das  immer  kleiner  als  1  ist  und  als  relative 
Transpiration  (^'a)  bezeichnet  wird,  ein  Maß  für  die  physi  ologisch  wirksamen  Momente 
im  Blatt,  vor  allem  also  für  die  regulierende  Tätigkeit  der  Stomata. 

Dieser  Begriff  muß  indes  noch  mit  Vorsicht  verwendet  werden,  denn  Sierp  hat  gezeigt, 
daß  bei  steigender  Windgeschwindigkeit  die  Evaporation  der  freien  Wasserfläche  ganz 
anderen  Gesetzmäßigkeiten  folgt  als  die  Wasserabgabe  durch  multiperforate  Membranen, 
die  relative  Transpiration  also  bei  verschiedenen  Außenbedingungen  auch  ohne 
organische  Piegulationen  ganz  ungleiche  Werte  haben  kann.  Der  Einfluß  des 
Windes,  der  in  den  Studien  von  Brown  und  Escombe  ganz  zurücktrat,  ist  erst  neuerdings 
voll  gewürdigt  worden;  er  ist  um  so  wichtiger,  als  die  Luft  in  der  Natur  niemals  so 
unbewegt  ist,  daß  eine  Diffusion  aus  einem  Blatt  in  der  Weise  vor  sich  geht,  wie  Brown 
und  Escombe  das  annahmen.  —  Während  bei  ganz  ruhiger  Luft  auch  die  Gestalt  des 
Blattes  und  die  Gestalt  der  ganzen  Pflanze  für  die  Größe  der  Transpiration  von  Bedeu- 
tung sein  könnten,  ist  bei  bewegter  Luft  stets  nur  die  transpirierende  Fläche  wirksam 
(Sierp). 

Über  die  Öffnungsweite  C^)  der  Spaltöffnungen  orientiert  man  sich  durch  direkte 
Beobachtung  mit  dem  Mikroskop,  Anwendung  von  Kobaltpapier  (S.  195)  oder  durch  die 
„Infiltrationsmethöde":  sind  die  Stomata  geöffnet,  so  dringen  Flüssigkeiten  wie  Petroleum, 
Alkohol  usw.  leicht  ein  und  injizieren  das  ganze  Interzellularensystem,  das  Blatt  wird  also 


Phj'siologie. 


199 


durchsichtig.  Legt  man  quer  über  ein  Blatt  einen  Streifen  schwarzen  Papiers,  so  schließen 
sich  unter  diesem  die  Spaltöffnungen.  Nach  Behandlung  mit  Alkohol  ergibt  sich  das  Bild 
der  Fig.  239.  Sehr  anschaulich  wird  das  Offensein  der  Spaltöffnungen  auch  mit  der  „Gas- 
diffusionsmethode" demonstriert.  Werden  z.  B.  rote,  anthozyanhaltige  Blätter  mit  offenen 
Spalten  in  ammoniakhaltige  Luft  gebracht,  so  tritt  in  wenigen  Sekunden  eine  Blaufärbung 
ein,  die  bei  geschlossenen  Spalten  ausbleibt.  In  neuester  Zeit  ist  ganz  besonders  das  von 
Darwin  zuerst  konstruierte  Porometer  ausgiebig  zu  Messungen  über  die  Öffnungsweite 
der  Stomata  benutzt  worden.  Es  besteht  aus  einer  kleinen  Glasglocke  (Fig.  240  6^),  die 
mit  Leim  einem  Blatt  (ß)  aufgedichtet  wird.  Die  Luft  im  Innern  wird  durch  Saugen  bei 
Q  etwas  unter  Atmosphärendruck  gebracht;  ihr  Druck  kann  an  einem  Wassermanometer 
abgelesen  werden.  Die  Geschwindigkeit  des  Ausgleiches  zwischen  dem  Atmosphärendruck 
und  dem  Druck  in  der  Glocke  gibt  ein  Maß  für  den  Öffnungszustand  der  Spaltöffnungen. 
Daß  die  Spaltöffnungen  vortrefflich  regulatorisch  wirken,  kann  man  daraus  ent- 
nehmen, daß  in  unserem  Klima  die  Schwankungen  im  Wassergehalt  eines  Blattes  nur  etwa 

1%  betragen  (i^a).  Ein  so  geringfügiger  Wasser- 
verlust   führt    freilich    schon    zum    Welken. 


Fig.  239.  Ein  Blatt  der  Syringe  wird 
in  der  Mitte  verdunkelt,  an  den  Enden 
dem  Licht  exponiert.  Nur  die  beleuch- 
teten Spaltöffnungen  bleiben  offen  und 
lassen  absoluten  Alkohol  eindringen. 
Nach  Molisch. 


Fig.  240.    Porometer  nach  Darwin.    B  Blatt, 

G  Glasglocke,    T  Manometer,  Q  Quetschhahn, 

TV  Wasser. 


Erst  nach  Eintritt  des  Welkens  schließen  sich  die  Stomata;  eine  ganz  ideale  Regulation 
vermögen  sie  also  nicht  auszuüben.  Es  konnte  mehrfach  gezeigt  werden  (^^b),  daß  dem 
Spaltenverschluß  bei  starker  Transpiration  zunächst  eine  ganz  unzweckmäßige  Erweiterung 
der  Spalten  vorausgeht,  die  ihrerseits  das  Welken  beschleunigt.  Wie  alle  Regulation  hinkt 
also  auch  die  der  Stomata  etwas  nach.  —  Nach  den  Angaben  einiger  Autoren  (^''c)  sieht 
es  so  aus,  als  ob  außer  den  Spaltöffnungen  noch  ein  anderer  Faktor  die  Transpiration 
herabzusetzen  vermöchte.     Abgeschlossene  Resultate  liegen  noch  nicht  vor. 

Pflanzen  trockener  Standorte,  die  mit  dem  aufgenommenen  Wasser 
haushälterischer  verfahren  müssen  als  die  typische  Landpflanze,  zeigen  eine 
Fülle  von  Einrichtungen,  die  sie  vor  übermäßiger  Transpiration  schützen 
(vgl.  S.  144),  können  andererseits  auch  einen  viel  größeren  Wasserverlust 
ohne  Schaden  ertragen  als  unsere  einheimische  Flora  (Livingston).  Umgekehrt 
finden  sich  bei  Pflanzen  sehr  feuchter  Lokalitäten  Einrichtungen  zur  Förde- 
rung der  Transpiration.  Gelingt  es  dem  Blatt  durch  Wärmeabsorption  von 
außen  her  oder  durch  Wärmeproduktion  aus  eigenen  Mitteln  (S.  241)  seine 
Temperatur  über  die  der  Umgebung  zu  heben,  so  ist  selbst  in  dunstgesättigter 


200 


Jost: 


Luft  noch  eine  Transpiration  möglich.  In  der  Guttation  liegt  endlich  ein  Mittel 
der  Pflanze  vor,  auch  nach  völUgem  Aufhören  der  Transpiration  noch  Wasser 
abzugeben. 

Guttation  (1^). 

Die  Ausscheidung  tropfbar  flüssigen  Wassers  aus  unverletzten  Pflanzen 
ist  ungleich  seltener  wahrzunehmen  als  die  Transpiration,  denn  sie  findet 
nur  unter  engbegrenzten  Bedingungen  statt,  nämlich  dann,  wenn  die  Pflanze 
wassergesättigt,  die  Luft  dunstgesättigt  ist.  In  der  Natur  bemerkt  man  sie 
dementsprechend  bei  uns  nur  am  frühesten  Morgen  nach  einer  regenlosen, 
aber  feuchtwarmen  Nacht.  Man  sieht  da  an  den  Blatträndern  und  Spitzen 
mancher  Pflanzen  glitzernde  Wassertropfen  ansitzen,  die  langsam  an  Größe 
zunehmen,  abfallen  und  durch  neue  Tröpfchen  ersetzt  werden.  Es  handelt 
sich  aber  nicht  etwa  um  Taubildung,  sondern  um  Tropfen,  die  von  den  Blättern 
selbst  ausgeschieden  werden.  Mit  der  Zunahme  der  Temperatur  verschwinden 
sie  dann,  weil  die  Pflanze  nicht  mehr  voll  wassergesättigt  ist.  Erhöht  man 
aber  den  Wassergehalt  der  Pflanze,  entweder  indem  man  ihre  Verdunstung 
herabsetzt  (z.  B.  durch  Überstülpen  einer  Glasglocke),  oder  indem  man  Wasser 
künstlich  in  abgeschnittene  Zweige  einpreßt,  so 
tritt  die  Tropfenausscheidung  alsbald  wieder  auf. 
Die  Tropfen  treten  bei  den  Gräsern  an  der  Blatt- 
spitze, bei  Alchimilla  an  den  Blattzähnen,  bei  Tropaeolum 
(Fig.  241)  an  den  stumpfen  Ausbuchtungen  des  Blattes 
auf;  sie  kommen  entweder  aus  sog.  Wasserspalten  (S.  99) 
oder  aus  gewöhnlichen  Spaltöffnungen,  oder  sie  werden  von 
Apikaiöffnungen  oder  von  Haaren  (manchmal  auch  von 
Brennhaaren)  sezerniert.  Alle  solche  wasserausscheidenden 
Organe  nennt  man  Hydathoden. 

Ungleich  verbreiteter  als  in  unserem  Klima  findet 
sich  die  Wasserausscheidung  im  feuchten,  tropischen  Ur- 
wald. Besonders  auffallend  ist  sie  bei  manchen  groß- 
blätterigen Araceen,  an  deren  Blattspitzen  das  Wasser  oft 
in  kurzen  Zwischenräumen  abtropft.  Bei  Colocasia  nym- 
phaeifolia  kann  es  sogar  auf  kurze  Strecken  fortgeschleu- 
dert werden;  dabei  scheidet  ein  einziges  Blatt  zuweilen 
190  Tropfen  in  der  Minute,  in  einer  Nacht  oft  ^/j^  Liter 
aus.  —  Auch  an  einzelligen  Pflanzen,  so  an  Schimmel- 
pilzen, ist  oft  eine  reichliche  Ausscheidung  von  Wasser- 
tröpfchen durch  die  Zell  wand  und  die  Kutikula  hindurch 
wahrzunehmen,  die  hier,  wie  auch  bei  Wasserpflanzen, 
durchlässig  ist. 
Die  Ausscheidung  flüssigen  Wassers  kann  unter  ungünstigen  Transpi- 
rationsbedingungen, vor  allem  bei  submersen  Wasserpflanzen,  die  Verdunstung 
in  gewissem  Sinne  vertreten  oder  ersetzen.  Ihre  Bedeutung  für  die  Pflanze 
deckt  sich  aber  insofern  nicht  mit  der  Transpiration,  als  in  den  Tropfen  sehr 
häufig  mineralische  oder  organische  Substanzen  mit  ausgeschieden  werden. 
Diese  Stoffe  sind  manchmal  so  reichlich  im  ausgestoßenen  Wasser  enthalten, 
daß  sie  nach  dessen  Verdunstung  als  kleine  Krusten  zurückbleiben.  Auf  diese 
Weise  entstehen  die  Kalkschüppchen  der  Steinbrecharten,  die  Salzmassen 
mancher  Halophyten  (S.  206).  Stahl  hat  wahrscheinlich  gemacht,  daß  in 
der  Ausscheidung  solcher  gelöster  Salze  (Exkretion)  die  physiologische  Haupt- 
rolle der  Guttation  liegen  kann,  da  manche  derartige  Stoffe,  wenn  sie  sich  in 
den  Zellen  anhäufen,  schädlich  wirken.  Daß  bei  den  Aussonderungen  der  Nek- 
tarien,  bei  den  Verdauungsdrüsen  der  Insektivoren  (S.  222)  und  bei  den 
Ausscheidungen  mancher  Narben  nicht  das  Wasser,  sondern  der  gelöste 
Körper  das  wichtigste  ist,  versteht  sich  von  selbst.     Bei  manchen  Nektarien 


Fig.  241.  Ausscheidung  von 
AVassertropfen  aus  einem 
Blatte  der  Kapuzinerkresse 
(Tropaeolum    majus).      Nach 

NOLL. 


Physiologie. 


201 


ist   die  Ausscheidung  weitgehend  unabhängig  vom  Wassergehalt   und   kann 
auch  noch  an  der  welkenden  Pflanze  weiter  gehen. 

Bluten.  Einen  Wasseraustritt  aus  der  Pflanze  kann  man  vielfach  nach 
Verwundungen  beobachten;  regelmäßig  sieht  man  ihn  an  beschnittenen 
Bäumen  und  Sträuchern  im  Frühjahr,  z.  B.  besonders  stark  an  der  Rebe. 
Auch  an  Stauden,  die  man  dicht  über  der  Erde  abgeschnitten  hat,  läßt  sich 
leicht  ein  Wasseraustritt  aus  der  Wunde  zeigen. 
Man  spricht  vom  Tränen  oder  Bluten  der  Wunden 
und  stellt  leicht  fest,  daß  das  Wasser  aus  den 
Gefäßen  hervorquillt  und  daß  es  auch  gegen 
hohen  Widerstand  ausgepreßt  wird  (Blu- 
tungsdruck). 

Die  Figur  242  zeigt,  in  welcher  Weise  man  den 
Blutungsdruck,  den  ein  Stammstumpf  s  produziert,  mit 
Hilfe  eines  Manometers  messen  kann.  Die  Quecksilbersäule 
wird  bei  gewissen  Pflanzen  bis  zu  50  und  60,  unter  gün- 
stigen Bedingungen  aber  bis  zu  140  Zentimeter  (Birke) 
oder  noch  höher  emporgedrückt.  Diese  Druckkräfte  könnten 
also  eine  Wassersäule   bis  zu  6,  8  und    18  Metern  halten. 

Besonders  reichlich  ist  der  Wasseraustritt,  wenn  die 
Erde  feucht  und  warm  ist;  er  dauert  dann  je  nach  der 
Pflanze  und  ihrem  Entwicklungszustand  oft  mehrere  Tage 
bis  Monate  an,  und  das  ausgeschiedene  Wasser  beträgt  unter 
Umständen  bis  zu  einigen  Litern  und  mehr;  bis  zu  1  Liter 
am  Tag  bei  der  Rebe,  bis  5  Liter  bei  der  Birke,  10  bis 
15  Liter  bei  Palmen.  Bei  längere  Zeit  hindurch  blutenden 
Pflanzenteilen  bemerkt  man  eine  gewisse  Periodizität 
der  Blutungsmenge;  nachts  wird  mehr  ausgeschieden  als 
am  Tag. 

Der  „Blutungssaft"  führt  außer  mineralischen  Salzen 
zuweilen  erhebliche  Mengen  von  organischen  Substanzen 
(gelöste  Eiweißfitoffe,  Asparagin,  Säuren,  besonders  aber 
Kohlehydrate)  mit  sich;  bei  einigen  Pflanzen  ist  der  Zucker- 
gehalt dieses  Saftes  so  groß,  daß  Zucker  technisch  daraus 
gewonnen  werden  kann.  So  liefert  der  Zuckerahorn  Nord- 
amerikas mit  ^/o  %  Zucker  im  Saft  in  einem  Frühjahr 
etwa  2 — 3  Kilo  von  einem  Baum.  Solcher  Saft  kann  auch 
gleich  Most  oder  Biermaische  zu  berauschenden  Getränken 
vergoren  werden  und  liefert  dann  Birkenwein,  Palmwein 
oder  die  „Pulque"  der  Mexikaner.  Diese  wird  aus  dem 
Safte  blühreifer  Agaven  gewonnen;  eine  einzelne  Pflanze 
kann  in  4 — 5  Monaten  nahezu  1000  Liter  Saft  ausscheiden. 

Ursachen  der  Wasseraiisscheidung(-»).  Bei  der  Tropfenausscheidung  an  der  intakten 
Pflanze  handelt  es  sich  nur  zum  Teil  um  Wasserausscheidung  aus  Oberflächenzellen. 
In  anderen  Fällen  wird  Wasser  in  die  Gefäße  eingepreßt  und  tritt  dann  an  Orten  ge- 
ringeren Widerstandes  zutage  (S.  99).  Auch  bei  den  Erscheinungen  des  Blutens  wird 
Wasser  aus  Parenchymzellen  in  die  Hohlräume  der  Gefäße  gedrückt,  und  wenn  das  auch 
ganz  besonders  häufig  in  der  Wurzel  stattfindet,  so  fehlt  der  Vorgang  doch  in  den  Stengeln 
und  Blättern  durchaus  nicht. 

Allen  geschilderten  Vorkommnissen  gemeinsam  ist  also  in  letzter  Linie  eine  ein- 
seitige Flüssigkeitsausscheidung  aus  lebenden  Zellen.  Auf  die  Ursachen  einer  solchen 
Drüsentätigkeit  der  Zellen  kann  hier  nicht  eingegangen  werden. 

Leitung  des  Wassers  (-i). 
Das  Wasser,  das  teils  in  Dampfform  namentlich  von  den  Blättern  ab- 
gegeben wird,  teils  durch  Hydathoden  oder  Wunden  in  flüssiger  Form  der 
Pflanze  entströmt,  ist  im  allgemeinen  von  der  Wurzel  aufgenomme]i  worden. 


Fig.  242.  Demonstration  des 
Wurzeldruckes  an  einer  Geor- 
gine. Auf  den  glatt  abge- 
schnittenen Stumpf  .?  ist 
mittels  Kautschukschlauchs  c 
das  gebogene  Glasrohr  g  auf- 
gesetzt. Das  aus  der  Erde 
durch  die  Wurzel  aufgenom- 
mene Wasser  ?rwird  so  kräftig 
ausgepreßt,  daß  es  den  Druck 
der  Quecksilbersäule  (?  über- 
windet.    Nach  NoLL. 


202  Jost: 

Es  hat  also  einen  Weg  zurückzulegen,  der  schon  bei  einjährigen  Pflanzen  nach 
Metern  messen  kann,  bei  den  Riesen  des  Pflanzenreiches  aber  etwa  100  m 
beträgt  (Eucalyptus  amygdalina  110  m;  Sequoia  gigantea  95  m  Stammhöhe). 
Durch  osmotische  Saugung  von  Zelle  zu  Zelle  würde  diese  Wasserbewegung 
viel  zu  langsam  stattfinden,  um  die  Verluste  decken  zu  können.  Tatsächlich 
erfolgt  denn  auch  die  Strömung  des  Wassers  zur  Deckung  der  Transpi- 
ration, der  sog.  Transpirationsstrom,  im  Gefäßteil  der  Leitbündel  bzw. 
bei  Bäumen  im  Holzkörper,  Das  kann  man  schon  aus  einem  uralten  Versuch, 
dem  sog.  Eingelungsversuch,  entnehmen.  Werden  an  einem  Aste  eines 
Baumes  eine  Strecke  weit  die  Gewebe  bis  auf  den  Holzkörper  fortgenommen, 
so  bleiben  zunächst,  d.  h.  solange  nicht  eine  Austrocknung  oder  Zersetzung 
des  Holzkörpers  an  der  entrindeten  Stelle  eingetreten  ist,  die  Blätter  dieses 
Astes  ebenso  frisch  ^^^e  die  eines  anderen,  nicht  geringelten  Astes ;  das  beweist, 
daß  der  Transpirationsstrom  nicht  durch  die  Rinde,  sondern  durch  den  Holz- 
körper sich  bewegt.  Entfernt  man  dagegen  aus  einem  Zweige  sorgfältig  eine 
Strecke  weit  den  Holzkörper  und  läßt  die  Rinde  größtenteils  im  Zusammenhang, 
so  welken  die  Blätter  über  der  Operationsstelle  so  rasch  wie  an  einem  völlig 
abgeschnittenen  Zweige.  Man  kann  diese  Versuche  ebensogut  an  intakten 
Pflanzen  ausführen  wie  an  abgeschnittenen,  in  Wasser  gestellten  Zweigen; 
denn  letztere  nehmen  wenigstens  eine  Zeitlang  (solange  keine  sekundären 
Änderungen  an  der  Schnittfläche  eingetreten  sind)  das  Wasser  ebenso  lebhaft 
direkt  mit  dem  Holzkörper  auf  wie  intakte  Pflanzen  mit  der  Wurzel.  Wird 
ein  abgeschnittener  Zweig  mit  seiner  Schnittfläche  in  eine  Lösung  von  Gelatine 
gestellt,  und  läßt  man  dann  die  Gelatine,  die  eine  Strecke  weit  in  che  Gefäße 
eingedrungen  ist,  erstarren,  so  hat  der  Holzkörper  seine  Leitfähigkeit  für  Wasser 
verloren.  Man  sieht  daraus,  daß  das  Lumen  der  Gefäße  für  die  Leitung  des 
Wassers  unentbehrlich  ist.  Aber  freiUch,  in  der  lebenden  Pflanze  sind  die  Gefäße 
nicht  nur  mit  Wasser  gefüllt,  sondern  sie  führen  wenigstens  in  Zeiten  leb- 
hafter Transpiration  immer  auch  Luft. 

Entsprechend  ihrer  Aufgabe  findet  man  die  Gefäßteile  in  Wasserpflanzen  und  Suk- 
kulenten, in  denen  gar  keine  oder  eine  sehr  schwache  Transpiration  besteht,  nur  spärlich 
entwickelt.  Dagegen  besitzen  die  transpirierenden  Blattflächen  ein  außerordentlich  reiches 
Leitbündelgewebe,  das  zudem  durch  vielfache  Anastomosen  dafür  sorgt,  daß  jeder  beliebige 
Punkt  auch  bei  Nichtfunktionieren  des  nächsten  Verbindungsstranges  doch  genügend  Wasser 
enthält.  Die  Fig.  128  gibt  von  diesem  Berieselungssystem  eines  Blattes  noch  keine  voll- 
ständige Vorstellung,  denn  die  feinen,  nur  mikroskopisch  nachweisbaren  Stränge  sind  in 
ihr  gar  nicht  dargestellt.  Auch  in  den  Zuleitungen  zu  den  Blättern,  in  den  Stämmen, 
findet  man,  insbesondere  bei  den  in  die  Dicke  wachsenden  Bäumen,  ein  außerordentlich 
leistungsfähiges  Wasserleitungssystem.  Es  ist  freilich  nicht  mehr  das  gesamte  Holz  eines 
dicken  Stammes,  welches  der  Wasserleitung  dient;  sie  ist  vielmehr  stets  auf  die  jüngsten 
Jahresringe  beschränkt.  Wo  Kernholz  (S.  135)  gebildet  wird,  ist  dieses  von  der 
Leitung  völlig  ausgeschlossen. 

Über  die  bewegenden  Kräfte  des  Transpirationsstromes  ist 
man  noch  nicht  im  klaren.  Man  wird  in  erster  Linie  an  eine  Druckwirkung 
von  unten  oder  eine  Saugwirkung  von  oben  her  denken  und  für  erstere  den 
Blutungsdruck,  für  letztere  den  Vorgang  der  Transpiration  verantwortlich 
machen.  Allein  der  Blutungsdruck  kommt  aus  mehreren  Gründen  nicht  in 
Betracht,  und  ob  die  Saugkraft  der  Transpiration  ausreicht,  um  Wasser  bis 
zum  Gipfel  hoher  Bäume  dauernd  in  ausreichender  Menge  zu  heben,  erscheint 
zweifelhaft.  Eine  allseitig  anerkannte  Lösung  des  vielumstrittenen  Problems 
existiert  demnach  heute  nicht. 

Bezüglich  des  B^utungsdruckes  der  Wurzel  (Wurzeldruck)  ist  folgendes  zu 
bedenken:  Bei  vielen  Pflanzen  erreicht  der  Wurzeldruck  nur  sehr  geringe  Höhe  oder  fehlt 
ganz.     Aber   auch   bei  Pflanzen   mit   kräftigem  Wurzeldruck    ist   die  von   der  Wurzel  ge- 


Physiologie.  203 

lieferte  Wassermenge  erheblich  geringer  als  die  bei  der  Transpiration  verbrauchte.  Bei 
einigermaßen  starker  Transpiration  kommt  der  Wurzeldruck  daher  in  der  geschilderten 
Weise  überhaupt  nicht  zur  Geltung.  Wird  eine  kräftig  verdunstende  Pflanze  am 
Wurzelstumpf  abgeschnitten,  so  tritt  aus  diesem  zunächst  gar  kein  Wasser  hervor,  im 
Gegenteil,  der  Stumpf  saugt  dargebotenes  Wasser  begierig  in  sich  auf 
(es  herrscht  also  ein  Druck  unter  Atmosphären-Größe).  Erst  nach  seiner  vollen  Sättigung 
beginnt  eine  Auspressung.  Im  Freien  kommt  der  Wurzeldruck  nur  dann  zur  Geltung, 
wenn  bei  feuchter  kühler  Luft,  wie  zumal  des  Nachts,  die  Transpiration  sehr  vermindert 
ist.  Am  günstigsten  liegen  die  Umstände  dazu  im  Frühjahr,  wenn  bei  höchstem  Wasser- 
gehalt des  Holzes  das  transpirierende  Laub  noch  nicht  entfaltet  ist.  Bei  Verletzungen 
des  Heizkörpers  quillt  dann  der  „Saft"  aus  Tracheen  und  Tracheiden  in  Tropfen  hervor. 
Ein  Blutungsdruck  über  Atmosphärengröße  bei  belaubten  Bäumen  dürfte  nur  im  tropischen 
Urwald  vorkommen. 

Daß  die  Transpiration  eine  Saugung  von  Zelle  zu  Zelle  bewirkt,  ist  schon  hervor- 
gehoben (S.  196),  und  es  ist  ohne  weiteres  verständlich,  daß  diese  sich  dann  von  den 
Parenchymzellen  in  die  angrenzenden  Gefäße  fortsetzt.  Auch  ist  diese  Saugkraft  leicht  zu 
demonstrieren. 

Ein  abgeschnittener,  in  Wasser  gestellter  Sproß  zeigt  durch  sein  Frischbleiben  an, 
daß  er  das  Wasser  bis  in  seine  obersten  Zweigspitzen  zu  heben  vermag.  Er  leistet  aber 
noch  mehr:  luftdicht  mit  einem  langen  wassergefüllten  Rohre  verbunden,  vermag  er  leicht 
eine  Wassersäule  von  2  Metern  und  mehr  emporzusaugen;  wird  das  untere  Ende  des 
Rohres  in  Quecksilber  gebracht,  dann  wird  selbst  dieses  bis  zu  ansehnlicher  Höhe  gehoben. 
Kräftige,  sonst  unverletzte  Koniferenzweige  sind  imstande,  das  Quecksilber  unter  Umständen 
bis  weit  über  Barometerhöhe  zu  heben,  ohne  zu  welken.  Bedingung  für  eine  solche 
Saugung  ist  einerseits  ein  luftdichter  Abschluß  der  Wasserbahnen,  andererseits  eine  nicht 
unbeträchtliche  Kohäsion  der  Flüssigkeiten,  die  gehoben  werden.  Tatsächlich  erreicht  denn 
auch  die  Kohäsion  des  AV assers  ganz  gewaltige  Werte;  nach  den  Messungen  von  Ursprung 
und  Renner  etwa  300  Atmosphären.  So  konnte  man  zu  der  Vorstellung  kommen,  daß 
der  Zug  der  Transpiration  durch  die  Kohäsion  des  Wassers  bis  in  die  Wurzelspitzen  sich 
fortpflanze.  Die  Versuche  Renners,  die  den  Nachweis  beträchtlicher  negativer  Drucke  in 
den  Leitbahnen  transpirierender  Pflanzen  erbracht  zu  haben  schienen,  sind  von  anderer 
Seite  stark  angezweifelt  worden  (^^a).  Somit  ist  die  Kohäsionstheorie  (-')  noch  nicht 
bewiesen.  Wenn  wirklich  die  Saugung  durch  Kohäsion  des  Wassers  nach  unten  weiter- 
gegeben werden  soll,  dann  müßten  die  Gefäße  kontinuierlich  mit  Wasser  erfüllt  sein, 
während  man  tatsächlich  Luft-  und  Wassersäulchen  in  ihnen  gefunden  hat.  Mit  Ein- 
treten eines  Zuges  müssen  sich  die  Luftbläschen  expandieren,  und  in  der  Tat  findet  man 
in  lebhaft  transpirierenden  Zweigen  stark  verdünnte  Luft  in  den  Gefäßen.  Werden  solche 
Gefäße  unter  Quecksilber  durchschnitten,  so  stürzt  dieses  unter  dem  äußeren  Luftdruck  auf 
weite  Strecken  in  sie  hinein.  Jedenfalls  erfolgt  das  Reißen  der  Wasserfäden  in  Gefäßen 
durchaus  nicht  immer,  weil  die  Kohäsion  überwunden,  sondern  auch,  weil  die  Adhäsion 
an  die  Wand  dem  Zug  nicht  mehr  gewachsen  ist,  oder  weil  Luft  durch  die  Wand  tritt. 
Dadurch  wird  es  verständlich,  daß  das  Reißen  in  verschiedenen  Elementen  bei  ganz  ver- 
schiedener Spannung  erfolgt,  während  die  Kohäsion  ja  stets  gleich  groß  sein  muß.  Es  ist 
auch  schon  der  Gedanke  ausgesprochen  worden,  daß  zweierlei  Typen  unter  den  Gefäßen 
existieren:  1.  leitende  (Tracheiden)  mit  hoher  Lihaltsfestigkeit  und  2.  speichernde  (Tracheen), 
die,  weil  in  ihnen  das  Wasser  leicht  reißt,  dieses  auch  leicht  abgeben  können  (=':«).  — 
Die  Vertreter  der  Kohäsionstheorie  nehmen  an,  daß  neben  solchen  lufthaltigen  Bahnen 
immer  auch  völlig  mit  Wasser  erfüllte  existieren,  und  daß  nur  diesen  eine  Leitfähigkeit 
zukomme,  während  die  anderen  als  Wasser magaz ine  von  Bedeutung  sein  sollen.  —  Es 
ist  aber  keineswegs  ausgeschlossen,  daß  auch  den  lebenden  Elementen,  die  in  keinem 
Holzteil  fehlen,  eine  Rolle  bei  der  Hebung  des  Wassers  zukommt. 

b)  Die  Nährsalze. 

Die  Nährsalze,  die  von  einer  Pflanze  aufgenommen  werden,  finden  sich 
fast  alle  in  der  Asche  wieder;  nur  die  Stickstoffverbindungen  fehlen.  Dem- 
nach kann  uns  die  nachstehende  Tabelle  über  den  Gehalt  einiger  Kultur- 
pflanzen an  Aschenbestandteilcn  schon  einen  gewissen  Einblick  in  die 
Menge  und  die  Verteilung  der  Kährsalze  geben. 


204 


Jost: 


Asche  in 

In  100  Teilen  der  Asche  sind  enthalten: 

Pflanzenteile 

der 

Trocken- 
substanz 

K,0 

Na^O 

CaO 

MgO 

Fe,0, 

MngO, 

P.O, 

S03 

SiO, 

Cl 

Roggen  (Körner)  .     . 

2,09 

32,10 

1,47 

2,94 

11,22 

1,24 



47,74 

1,28 

1,37 

0,48 

(Stroh)     .     . 

4,46 

22,56 

1,74 

8,20 

3,10 

1,91 

— 

6,53 

4,25 

49,27 

2,18 

Erbsen  (Samen)   .     . 

2,7:^. 

43,10 

0,98 

4,81 

7,99 

0,83 

— 

35,90 

3,42 

0,91 

1,59 

„        (Stroh)      .     . 

5,1:3 

22,90 

4,07 

36,82 

8,04 

1,72 

— 

8,05 

6,26 

6,83 

5,64 

Kartoffel  (Knolle)     . 

3,7'J 

60,06 

2,96 

2,64 

4,93 

1,10 

— 

16,86 

6,52 

2,04 

3,46 

Weintraube     (Beere) 

5,19 

56,20 

1,42 

10,77 

4,21 

0,37 

— 

15,58 

5,62 

2,75 

1,52 

Tabak  (Blätter)    .     . 

17,16 

29,09 

3,21 

36,02 

7,36 

1,95 

— 

14,66 

6,07 

5,77 

6,71 

Baumwolle  (Faser)    . 

1,14 

36,96 

13,16 

17,52 

5,36 

0,60 

— 

10,68 

5,94 

2,40 

7,60 

Fichte  (Holz)  .     .     . 

0,21 

19,6G 

1,37 

33,97 

11,27 

1,42 

22,96 

2,12 

2.64 

2,73 

0,07 

Zu  diesen  Zahlen  ist  zu  bemerken,  daß  sie  keine  konstanten  Verhältnisse  ausdrücken, 
daß  vielmehr  die  Zusammensetzung  der  Asche  je  nach  dem  Kulturboden  -wechseln  kann. 
Auch  ist  es  vielleicht  nicht  ganz  überflüssig,  darauf 
aufmerksam  zu  machen,  daß  diese  Oxyde  der  Mehrzahl 
nach  erst  bei  der  Veraschung  gebildet  werden.  In  der 
lebenden  Zelle  waren  Salze  gegeben  und  vor  allem 
vielfach  die  Metalle  an  organische  Säuren  gebunden. 
Man  sieht  aus  dieser  Tabelle  zunächst 
einmal,  wie  allgemein  verbreitet  die  Aschen- 
substanzen sind,  erkennt  aber  andererseits  auch 
sofort,  daß  sie  in  verschiedenen  Pflanzen,  ja 
sogar  in  verschiedenen  Teilen  einer  Pflanze, 
in  recht  ungleicher  Menge  vorkommen.  So 
findet  sich  z.  B.  in  den  Samen  viel  Phosphor- 
säure, dagegen  wenig  Kieselsäure  und  Kalk; 
das  Stroh  aber  verhält  sich  gerade  umgekehrt. 
Die  Kartoffel  enthält  viel  K2O  und  wenig  CaO, 
während  Fichtenholz  reicWich  CaO  und  wenig 


Trotz  ihrer  allgemeinen  Verbreitung  wird 
man  die  Aschensubstanzen  unächst  für  Bal- 
last, für  eine  zufällige  Verunreinigung  der  orga- 
nischen Pflanzensubstanz  zu  halten  geneigt  sein. 
Allein  jeder  Versuch,  eine  Pflanze  aschenfrei  zu 
erziehen,  zeigt  die  Unentbehrlichkeit  dieser 
Stoffe. 

Daß  die  minerahschen  Inhaltsstoffe  der 
Pflanze  wesentliche  Bestandteile  der  Pflanzen- 
nahrung ausmachen,  sprach  zuerst  Berthollet 
1803  aus ;  später  (1832)  betonte  es  Karl  Spren- 
CiEL,  dann  auch  Liebig.  Exakt  bewiesen  wurde 
diese  wichtige  Tatsache  aber  erst  1842  durch 
Wiegmann  und  Polstorff. 

Zwei  Wege  bieten  sich,  um  diesen  Nach- 
weis zu  führen  und  zugleich  zu  zeigen,  ob  alle 
oder  nur  gewisse  Aschensubstanzen  notwendig 
sind.  Einmal  kann  man  die  Pflanze  in  künst- 
lichem Boden  kultivieren,  der  aus  unlöslichen  Substanzen  (wie  Platin,  reiner 
Kohle,  reinem  Quarz)  besteht  und  dem  dann  die  in  Frage  stehenden  Stoffe 


Fig.  243.  Buchweizen  in  Wasser- 
kultur. /  In  Nährlösung  mit 
Kali.  //In  Nährlösung  ohne  Kali. 
Beide  gleich  stark  verkleinert. 
Nach  NoBBE. 


Physiologie.  205 

beigemengt  werden.  Bequemer  ist  der  andere  Weg,  die  sog.  Wasserkultur- 
methode. Es  hat  sich  gezeigt,  daß  viele  Pflanzen  ihr  Wurzelsystem 
statt  in  Erde  auch  in  Wasser  entwickeln  können.  Man  hat  es  dann  in  der 
Hand,  diesem  Wasser  der  Reihe  nach  alle  Elemente  der  Asche  in  verschie- 
denen Verbindungen  zuzusetzen  und  so  zu  erproben,  was  nötig,  was  über- 
flüssig ist.  Ein  Blick  auf  Fig.  243/  zeigt,  daß  in  einer  solchen  ,, Nährlösung'' 
von  passender  Zusammensetzung  die  Pflanze  (Buchweizen)  gut  gedeiht;  sie 
produziert  Wurzeln,  Sprosse,  Blüten  und  Früchte  und  vermehrt  dabei  ihr 
Trockengewicht  auf  das  Hundert-  oder  Tausendfache,  gerade  wie  wenn  sie  in 
gutem  Boden  stände.  In  destilliertem  Wasser  dagegen  wächst  sie  zwar  anfangs 
ganz  normal,  stellt  aber  bald  ihr  Wachstum  gänzlich  ein  und  ])leibt  ein  außer- 
ordentlich kümmerliches  Gewächs. 

Nährlösungen  werden  in  recht  verschiedener  Zusammensetzung  verwendet  (-■').  Be- 
sonders häufig  wird  die  KNOPsche  Lösung  benutzt  (Wasser  1000,  Kalziumnitrat  1, 
Magnesiumsulfat  0,25,  saures  phosphors.  Kalium  0,25,  Kaliumnitrat  0,25.  Eisenchlorid 
Spur).  Die  v.  D.  CRONEsche  Lösung  (Wasser  1000,  Kaliumnitrat  1,  Kalziumsulfat  0,5, 
Magnesiumsulfat  0,5,  tert.  Kalziumphosphat  0,25,  Ferrophosphat  0,25),  die  statt  des  Ferri- 
salzes  ein  Ferrosalz  enthält  und  die  Phosphorsäure  als  fast  ganz  unlösliches  Kalzium- 
phosphat führt,  wird  manchmal  mit  Vorteil  verwendet.  Neuerdings  sind  von  ameri- 
kanischen Forschern   zahlreiche  Salzkombinationen  geprüft  worden. 

Der  Erfolg  einer  solchen  Wasserkultur  lehrt,  daß  die  typischen  Land- 
pflanzen mit  einigen  Verbindungen  auskommen,  die  sich  aus  den  Ele- 
menten K,  Ca,  Mg,  Fe  und  H,  0,  S,  P,  N  zusammensetzen  —  vorausgesetzt, 
daß  ihnen  außerdem  noch  der  Sauerstoff  und  die  Kohlensäure  der  Luft  zur 
Verfügung  stehen.  Es  sind  also  im  ganzen  10  Elemente,  aus  denen  sich  die 
unentbehrlichen  Nährstoffe  aufbauen.  Von  ihnen  interessieren  uns  an  dieser 
Stelle  nur  die  nach  Ausschluß  von  H,  0,  C  übrigbleibenden  sieben,  die  als 
Nährsalze  aus  dem  Boden  bzw.  dem  Wasser  aufgenommen  werden  müssen. 
Sechs  davon  finden  sich  in  der  Asche  der  Pflanze  vor,  eines,  der  Stickstoff, 
geht  bei  der  Verbrennung  in  flüchtige  Substanzen  über.  Daß  diese  sieben 
Elemente  völlig  unentbehrlich  sind,  ergibt  sich  daraus,  daß  das  Fehlen  jedes 
einzelnen  auch  durch  den  größten  Überschuß  der  anderen  oder  eines  ihm  nahe- 
stehenden Elementes  nicht  kompensiert  werden  kann. 

So  kann  z.  B.  Kalium  im  allgemeinen  nicht  durch  Natrium,  Lithium,  Rubidium  er- 
setzt werden.  Niedere  Organismen  (Algen,  Bakterien,  Pilze)  machen  geringere  Ansprüche 
als  die  höheren;  sie  können  das  Ca  entbehren.  Der  Mangel  eines  notwendigen  Elementes 
macht  sich  entweder  nur  in  einer  äußerst  kümmerlichen  Entwicklung  der  Pflanze  be- 
merkbar (Fig.  243  //,  Kalimangel)  oder  er  ruft  höchst  charakteristische  Veränderungen  an 
ihr  hervor.  Am  bekanntesten  in  dieser  Beziehung  ist  die  Wirkung  des  Eisenmangels. 
Ohne  Eisen  ergrünen  die  Pflanzen  nicht  (Chlorose).  Bei  Kalkmangel  machen  sich 
schwere  Schädigungen  (Vergiftungen)  bemerkbar. 

Die  genannten  Elemente  werden  häufig  auch  schlechthin  als  ,, Nähr- 
stoffe" der  Pflanze  bezeichnet.  Der  Ausdruck  ist  indes  nicht  ganz  korrekt, 
weil  die  Pflanze  mit  wenigen  Ausnahmen  die  Elemente  selbst  gar  nicht 
auszunützen  vermag.  H  und  0  können  das  Wasser  durchaus  nicht  ersetzen, 
und  metallisches  Kalium  ist  ebenso  unverwendbar  wie  Schwefel.  Die  Pflanze 
bedarf  ganz  bestimmter  Salze  oder  —  da  diese  im  Wasser  zum  Teil  ionisiert 
werden  —  bestimmter  Ionen.  Von  Kationen  sind  nötig:  K+,  Ca++.  Mg++, 
Fe++  (oder  Fe+  +  +),  von  Anionen  SO^^^,  HgPO^-  und  NO3-.  Während 
nun  der  Phosphor  und  der  Schwefel  in  keiner  anderen  Verbindung  Verwertuns; 
finden  kann,  ist  das  beim  Stickstoff  anders;  er  kann  auch  als  Kation  NH^^ 
in  vielen  Fällen  wohl  ebenso  gute  Dienste  leisten  wie  als  NOg^. 

So  wie  C,  N,  H  und  0  beteiligen  sich  auch  manche  Nährsalzelemente  am 
chemischen  Aufbau  wichtiger  Pflanzenstoffe:  so  S  und  P,  die  im  Eiweiß  und 


206  Jost: 

in  Eiweißderivaten  vorkommen,  so  das  Mg,  das  im  Chlorophyllfarbstoff 
auftritt.  Möglich  ist  es,  daß  auch  die  anderen  Metalle  in  Verbindungen  not- 
wendiger Stoffe  eingehen,  sicher  aber  spielen  sie  auch  noch  eine  ganz  andere, 
nämlich  eine  physikalisch-chemische  Rolle.  Die  Salze  greifen  in  alle  physio- 
logischen Prozesse  regulierend  ein  und  erhalten  das  kolloidale  Protoplasma 
in  normalem  Zustand. 

K'eben  dem  positiven  Ergebnis  der  Notwendigkeit  gewisser  Salze  hat 
die  Wasserkultur  auch  gezeigt,  daß  viele  normalerweise  von  der  Pflanze 
aufgenommene  Stoffe  entbehrlich  sind,  so  vor  allem  Natrium,  Chlor 
und  Silizium. 

Das  Natrium  ist  selbst  bei  den  Halophyten,  bei  denen  es  in  größter  Menge  ge- 
funden wird,  entbehrlich.  Diese  Pflanzen  leben  auf  kochsalzhaltigem  Boden,  nicht  weil 
sie  das  NaCl  zu  ihrer  Entwicklung  nötig  haben,  sondern  weil  sie  es  besser  ertragen 
als  andere  Pflanzen,  deren  Konkurrenz  also  an  solchen  Lokalitäten  ausgeschlossen  ist. 
Ihre  charakteristische  sukkulente  Ausbildung  (Fig.  193)  verlieren  die  Halophyten  freilich 
mehr  oder  weniger,  wenn  ihnen  das  Kochsalz  entzogen  wird.  Den  Diatomeen  und  ge- 
wissen Meeresalgen  scheint  Na  unentbehrlich  zu  sein  (^^). 

Silizium  ist  auch  den  Schachtelhalmen  und  den  Gräsern,  die  sehr  reichlich  SiO., 
führen,  entbehrlich;  dagegen  brauchen  es  die  Diatomeen,  deren  Schalen  fast  ganz  aus 
Kieselsäure  bestehen.  Diesem  Umstände  verdanken  sie  ihre  Dauerhaftigkeit.  Diatomeen- 
schalen bilden  ja  als  Kieselgur  mächtige  geologische  Ablagerungen.  Aluminium  (-*)  ist 
zwar  in  kleinen  Spuren  allgemein  verbreitet,  wird  aber  nur  von  wenigen  Pflanzen  in 
beträchtlicher  Menge  aufgenommen  (z.  B.  Lycopodium-Arten) ;  nach  Stoklasa  soll  es  den 
Wasserpflanzen  unentbehrlich  sein.  Jod,  im  Meerwasser  kaum  in  Spuren  analytisch 
nachweisbar,  wird  in  Meeresalgen  trotzdem  reichlich  aufgespeichert,  so  daß  diese  lange 
Zeit  das  Material  für  die  Jodgewinnung  bildeten.  Ob  es  diesen  Pflanzen  entbehrlich  ist, 
wissen  wir  nicht. 

Entbehrliche  Aschenbestandteile  können  der  Pflanze  insofern  nützlich  sein,  als  sie 
die  unentbehrlichen  Bestandteile  in  allgemeineren  Eigenschaften,  so  als  Basen  zur  Neu- 
tralisation von  Säuren  u.  dgl.,  vertreten  und  damit  die  unentbehrlichen  Stoffe  für  ihre 
speziellen  Wirkungen,  in  denen  sie  unersetzbar  sind,  in  vollem  Umfange  disponibel  machen. 
So  kann  Na  partiell  das  K  und  Ca  bis  zu  einem  gewissen  Grade  das  Mg  ersetzen. 
Auch  können  manche  Stoffe  und  Stoffgemische  der  Pflanze  nützlich  und  zu  ihrem  Ge- 
deihen förderlich  werden,  ohne  gerade  unentbehrlich  zu  sein.  So  gedeihen  viele  Pflanzen, 
z.  B.  der  Buchweizen  besser,  wenn  ihnen  Chloride  zur  Verfügung  stehen,  und  die  Kiesel- 
erde wirkt  u.  a.  in  hohem  Grade  nützlich  durch  die  größere  Widerstandsfähigkeit,  die  sie 
den  Geweben  verleiht.  Auch  hat  man  gefunden,  daß  die  Gegenwart  gewisser,  an  sich 
nicht  wertvoller  Stoffe  die  Giftwirkungen  anderer  zum  Teil  auch  nötiger  Stoffe  aufheben  kann. 

Daß  auch  die  Tiere  die  Salze  ebenso  nötig  haben  wie  die  Pflanzen,  ist  bekannt. 
Einzelerfahrungen  scheinen  hier  aber  nur  sehr  wenig  vorzuliegen.  Man  darf  vielleicht 
sagen,  daß  im  Tierreich  dieselben  Elemente  notwendig  sind  wie  in  der  Pflanze,  daß  aber 
Na  und  Cl  dazu  treten. 

Aufnahme  der  Nährsalze.  Die  Nährsalze  können  nur  in  gelöstem  Zu- 
stande von  Oberflächenzellen  der  Pflanze  aufgenommen  werden.  Es  erhebt 
sich  also  die  Frage,  wie  gelöste  Stoffe  durch  die  Zellwand  und  das  Proto- 
plasma bis  in  die  Vakuole  gelangen  können.  Es  wurde  ja  bei  Besprechung 
der  Plasmolyse  (S.  192)  hervorgehoben,  daß  das  Protoplasma  semi per- 
meabel, d.  h.  wohl  für  Wasser,  aber  nur  schwer  für  gewisse,  in  Wasser  gelöste 
Stoffe  permeabel  ist.  Wäre  diese  Impermeabilität  eine  vollständige,  so  könnten 
sich  im  Zellinnern  unmöghch  Nährsalze  vorfinden;  tatsächhch  ist  sie  aber 
vielleicht  für  keinen  Stoff  eine  absolute,  und  wir  kennen  stufenweise  Übergänge 
von  Stoffen,  die  ebenso  leicht  durch  das  Plasma  dringen  wie  das  Wasser,  bis 
zu  solchen,  die  fast  gar  nicht  durchgehen.  Nicht  zu  langsam  eindringende 
Stoffe  bewirken  eine  vorübergehende  Plasmolyse,  Außerordenthch  rasch 
chffundierende  Stoffe,  z,  B.  Alkohol,  Äther,  Chloralhydrat,  verursachen  keine 
Plasmolyse, 


Physiologie.  207 

Die  Permeabilität  des  Protoplasmas  ist  keine  konstante.  Sie  wird  wenig- 
stens für  manche  Stoffe  durch  Außenumstände  verändert(2ß);  Alkalisalze 
z.  B.  bewirken  eine  zunehmende  Impermeabilität  für  sie  selbst.  Aber  auch  Erd- 
alkalisalzc  können  die  Permeabilität  für  Alkalisalze  vermindern.  Nicht  das 
Gesamtprotoplasma,  sondern  nur  die  äußerste  Hautschicht  ist  für  Aufnahme 
oder  Nichtaufnahme  eines  Stoffes  maßgebend.  Auch  der  Übertritt  der  Stoffe 
in  den  Zellsaft  wird  durch  eine  Plasmahaut  (die  Vakuolenwand)  reguliert. 
Die  Eigenschaften  dieser  beiden  Plasmahäute  bedingen  also  zusammen  mit 
dem  Speichervermögen,  von  dem  alsbald  die  Rede  sein  soll,  das  sog. 
Wahlvermögen  der  Zelle;  dieses  äußert  sich  darin,  daß  eine  Pflanze  manche 
in  ihrer  Umgebung  häufige  Stoffe  gar  nicht  oder  in  ganz  geringer  Menge  auf- 
nimmt, und  daß  verschiedene  Spezies  in  der  Stoffaufnahme  stark  differieren. 

Aus  demselben  Boden  nimmt  die  eine  Pflanze  vorzugsweise  Kieselsäure,  die  andere 
vornehmlich  Kalk,  eine  dritte  Kochsalz  auf.  Besonders  lehrreich  in  dieser  Beziehung  sind 
die  Meeresalgen,  die  von  einer  Lösung  umspült  werden,  die  etwa  3%  Kochsalz,  dagegen 
wenig  Kalisalze  enthält.  Trotzdem  nehmen  ihre  Zellen  verhältnismäßig  wenig  Kochsalz, 
dagegen  reichlich  Kalisalze  auf. 

Jeder  Stoff,  für  den  die  Grenzschichten  des  Protoplasmas  permeabel  sind, 
kann  so  lange  in  die  Vakuole  diffundieren,  bis  die  Konzentrationsdifferenz 
zwischen  dieser  und  der  Umgebung  ausgeglichen  ist.  Mit  der  Herstellung 
dieses  physikahschen  Gleichgewichtes  hört  aber  die  Diffusion  keineswegs 
immer  auf;  in  nicht  wenigen  Fällen  findet  sich  schließlich  eine  bestimmte 
Substanz  in  der  Zelle  in  relativ  viel  größerer  Menge  als  in  der  Umgebung. 
Das  trifft  z.  B.  für  das  Jod  in  den  Meeresalgen  zu;  dieses  ist  ja  im  Meer  selbst 
nur  spurenweise,  in  den  Tangen  aber  in  so  ansehnlicher  Menge  vorhanden, 
daß  man  es  aus  ihnen  technisch  gewinnen  kann.  Die  Zelle  hat  also  ein  Spei  c her- 
vermögen, und  sie  speichert  die  Stoffe  dadurch,  daß  sie  sie  in  eine 
unlösliche    oder  in   eine    nicht    diffusible    Form  bringt. 

Ganz  vorzüglich  eignen  sich  gewisse  organische  Farbstoffe  (-"),  wie  z.  B.  Methylen- 
blau, zum  Nachweis  des  Eindringens  und  der  Speicherung.  Viele  Zellen  enthalten  in  den 
Vakuolen  Gerbstoffe  und  andere  Stoffe,  die  mit  dem  eintretenden  Farbstoff  eine  Ver- 
bindung eingehen,  die  nicht  diffusibel  oder  gar  unlöslich  ist.  Demnach  sieht  man  auch 
in  äußerst  verdünntem  Methylenblau  die  Vakuole  tief  blau  werden  oder  in  ihr  blaue 
Niederschläge  auftreten.  —  Besonders  zu  betonen  ist,  daß  das  Protoplasma  selbst  ungefärbt 
bleibt  und  nicht  im  mindesten  geschädigt  wird ;  totes  Plasma  würde  ja  den  Farbstoff  stark 
speichern. 

Ein  genaues  Studium  des  Durchtritts  von  Farbstoffen  durch  das  Protoplasma  hat 
wertvolle  Einblicke  in  die  Ursachen  der  Permeabilität  gestattet,  ohne  z.  Z.  zu  einer  all- 
seits anerkannten  Theorie  zu  führen.  —  Vorauszuschicken  ist  die  Bemerkung,  daß  nicht 
alle  Zellen  sich  gleich  verhalten.  So  nehmen  z.  B.  die  an  Gefäße  angrenzenden  die  sauren 
Farbstoffe  leicht  auf,  während  sonst  fast  nur  basische  Farben  durchgelassen  werden.  Da  nun 
die  basischen  Farbstoffe  in  den  Lipoiden,  d.  h.  in  Fetten  und  fettähnlichen  Körpern  (Lezithin, 
Cholesterin)  löslich  sind,  die  Säuren  aber  nicht,  so  hat  man  die  Vorstellung  entwickelt  ("- "a), 
die  Hautschicht  des  Protoplasmas  bestehe  aus  einer  Lipoidschicht,  und  diese  Ansicht  hat 
mit  einigen  Modifikationen  auch  heute  noch  recht  viel  für  sich.  Denn  die  anderen  Hypo- 
thesen, die  ausgesprochen  wurden,  haben  sich  alle  schwerwiegender  Einwände  zu  erwehren, 
z.  B.  die  Ultrafiltertheorie  ("b),  nach  der  das  Eindringen  der  Farbstoffe  lediglich  von 
ihrer  Teilchengröße  abhängen  soll,  das  Protoplasma  also  wie  ein  Sieb  wirken  würde;  die 
Haftdrucktheorie  ('-'c),  nach  der  die  Fähigkeit  eines  Stoffes,  die  Oberflächenspannung  des 
Wassers  zu  erniedrigen,  maßgebend  für  seine  Aufnahme  in  die  Zelle  sein  soll. 

Wie  in  unseren  Wasserkulturen,  so  nehmen  auch  in  der  Natur  manche 
Pflanzen  die  Nährsalze  aus  dem  Wasser  auf.  Dies  ist  der  Fall  bei  manclien 
Wasserpflanzen,  bei  denen  dann  die  ganze  Oberfläche  in  den  Dienst  dieser 
Aufnahme  gestellt  sein  kann.  Da  die  Nährsalze  nur  spärhch  in  den  Gewässern 
vorkommen,  so  ist  es  verständlich,  daß  die  Wasserpflanzen  eine  recht  große 


208  Jost : 

Oberfläche  zu  ihrer  Aufnahme  benötigen;  so  erklärt  sich  zum  Teil  das  häufige 
Vorkommen  fein  zerteilter  Blätter  bei  ihnen.  Aber  nicht  allen  Wasserpflanzen 
genügen  die  im  Wasser  gelösten  Nährsalze.  Manche  nehmen  mit  Hilfe  ihrer 
Wurzeln  aus  dem  Boden  am  Grunde  der  Gewässer  Stoffe  auf  und  gedeihen 
nicht,  wenn  sie  der  Wurzeln  beraubt  werden. 

Ganz  allgemein  erfolgt  bei  den  Land  pflanzen  die  Nährsalzaufnahme  aus 
dem  Boden.  Im  Wasser  des  Erdbodens  sind  die  in  unserer  Nährlösung  ge- 
gebenen oder  ähnliche  Salze  stets  vorhanden,  aber  manche  von  ihnen  in  so 
minimalen  Mengen,  daß  sie  nur  für  kurze  Zeit  Pflanzenwachstum  gestatten. 
Wo  solches  längere  Zeit  anhält,  da  müssen  andere  Quellen  für  die  Nährsalze 
bestehen.  In  der  Tat  gibt  der  Nährsalzgehalt  des  Bodenwassers  keinen  Maß- 
stab für  die  Fruchtbarkeit  des  Bodens  ab;  denn  die  Pflanze  ist  nicht  auf  diesen 
allein  angewiesen,  sie  kann  vielmehr  auch  im  Boden  ,, absorbierte"  Stoffe 
aufnehmen  und  selbst  Gesteine  aufschließen.  Die  Erschließung  erfolgt  in  erster 
Linie  durch  Ausscheidung  von  Kohlensäure  aus  den  Wurzelhaaren,  In  kohlen- 
säurehaltigem Wasser  sind  viele  Stoffe  ungemein  viel  leichter  löslich  als  in 
reinem  Wasser. 

Die  Lösung  fester  Gesteine  durch  die  Pflanze  läßt  sich  besonders  bequem  an  glatt 
polierten  Marmorplatten  demonstrieren,  auf  denen  man  Wurzeln  hat  wachsen  lassen;  der 
Verlauf  der  "Wurzeln  wird  durch  Ätzfiguren  wiedergegeben. 

Es  fehlt  nicht  an  Angaben,  wonach  solche  Gesteinslösungen  auch  durch  stärkere 
Säuren  als  Kohlensäure  zustande  kommen  sollen;  aber  es  liegt  keinerlei  Beweis  vor,  daß 
höhere  Pflanzen  aus  lebenden  Zellen  andere  Säuren  ausscheiden  als  CO,.  Wenn  so 
schwer  lösliche  Substanzen  wie  Feldspat  und  Glimmer  von  gewissen  Flechten  gelöst  werden, 
so  ist  hier  an  der  Ausscheidung  einer  stärkeren  Säure  ('*)  aus  der  Pflanze  um  so  weniger 
zu  zweifeln,  als  ja  Pilze  und  Bakterien  sehr  häufig  in  ihrem  Stoffwechsel  solche  Stoffe 
produzieren  und  ausscheiden.  Da  nun  im  Boden  eine  große  Menge  von  Bakterien  lebt, 
so  müssen  auch  diese  eine  Rolle  bei  der  Auflösung  schwer  löslicher  Gesteine  spielen. 

Auch  die  aus  toten  Wurzelhaaren  und  Wurzelhaubenzellen  austretenden  sauren  Salze 
dürften  bei  der  Lösung  der  Gesteine  von  Bedeutung  sein. 

Manche  Böden,  vor  allem  die  tonigen  und  humösen,  nicht  aber  die  Sandböden, 
haben  die  Fähigkeit,  Kali-  und  Ammoniaksalze,  in  geringerem  Grade  auch  Kalk-  und 
Magnesiumsalze,  in  der  Weise  festzuhalten,  daß  diese  Stoffe  zwar  nicht  leicht  ausgewaschen 
werden,  aber  doch  der  Pflanze  zugänglich  sind.  Man  schreibt  dem  Boden  ein  Absorp- 
tionsvermögen für  die  genannten  Stoffe  zu.  Dieses  besteht  aber  nicht  für  alle  Nähr- 
ealze;  so  werden  z.  B.  Sulfate  und  Nitrate  nicht  absorbiert. 

Wenn  das  Substrat  der  Pflanze  außer  Wasser  und  Nährsalzen  auch  noch 
andere  Stoffe,  z.  B.  gelöste  organische  Stoffe  enthält,  so  können  diese  in 
der  gleichen  Weise  aufgenommen  werden  wie  die  besprochenen  Substanzen. 
Der  Erfolg  der  Wasserkultur  beweist  aber,  daß  wenigstens  die,  typische  grüne 
Pflanze  auf  solche  Stoffe  nicht  angewiesen  ist.  Anders  ist  das  bei  Pilzen 
und  anderen  Pflanzen,  die  den  Pilzen  in  ihrem  Stoffwechsel  gleichen  (S.  219). 

Neben  Wasser  und  den  Nährsalzen  können  auch  gelöste  Gase  durch 
die  Wurzel  aufgenommen  werden;  von  diesen  wird  im  allgemeinen  nur  dem 
Sauerstoff  eine  Bedeutung  zukommen.  Hauptquelle  für  die  Gasaufnahme 
bildet  die  Atmosphäre. 

Wanderung  der  Nährsalze.  Die  aufgenommenen  Nährsalze  bleiben 
nicht  in  den  Epidermiszellen  der  Wurzel  bzw.  des  Sprosses,  sondern  sie  wandern 
von  der  Aufnahmestelle  aus  durch  die  ganze  Pflanze.  Für  diese  Wanderungen 
gibt  es  zwei  Wege,  den  der  Diffusion  und  den  der  Massenströmung. 
Bedingung  für  die  Diffusion  ist,  daß  Zellwand  und  Protoplasma  für  die  be- 
treffende Substanz  permeabel  sind,  und  daß  ein  Konzentrationsunterschied 
zwischen  dem  Ausgangspunkt  und  dem  Ziel  der  Wanderung  besteht.  Bei 
dem  Übertritt  von  Stoffen  aus  einer  Vakuole  in  die  Vakuole  der  Nachbar- 
zelle müssen  diese  zunächst  ins  Protoplasma,  dann  in  die  Zellwand,  dann  wieder 


Physiologie.  209 

ins  Protoplasma  und  endlich  in  die  Vakuole  übertreten.  Eine  besondere 
Schwierigkeit  bei  dieser  Wanderung  scheint  die  Zelhvand  zu  bieten,  wenigstens 
wenn  sie  dick  ist.  Dementsprechend  sind  alle  dickeren  Zellhäute  mit  Tüpfeln 
versehen,  und  die  Schließhäute  der  Tüpfel  sind  noch  von  zarten  Protoplasma- 
fäden (Plasmodesmen,  S.  36)  durchsetzt;  ja  bei  gewissen  Elementen  der  Pflanze, 
den  Siebröhren,  werden  die  Tüpfelschließhäute  resorbiert,  und  es  gehen  dem- 
entsprechend dickere  Stränge  von  Protoplasma  in  die  Nachbarzelle  hinüber. 
Die  Untersuchungen  von  Brown  und  Escombe  haben  ergeben,  daß  eine 
feinperforierte   Wand  der  Diffusion  keinen  wesentlichen  Widerstand  leistet. 

Auch  innerhalb  der  Zelle  können  Diffusionsbewegungen  eintreten,  wenn 
gelöste  Stoffe  nicht  überall  gleiche  Konzentration  aufweisen.  Jede  Diffusions- 
bewegung verläuft  nun  recht  langsam.  Ein  mg  NaCl  z.  B.  braucht,  um  aus 
10%iger  Lösung  einen  Meter  weit  in  Wasser  zu  diffundieren,  fast  ein  Jahr; 
andere  Stoffe  diffundieren  noch  erheblich  langsamer.  Die  Geschwindigkeit 
der  Mischung  kann  aber  erheblich  beschleunigt  werden,  wenn  zu  der  mole- 
kularen Diffusionsbewegung  eine  Massenströmung  hinzutritt,  wie  wir  sie  im 
gewöhnlichen  Leben  und  im  Laboratorium  durch  Umrühren  herstellen.  Eine 
solche  Mischung  innerhalb  der  Zelle  kann  z.  B.  durch  die  Protoplasmabewegung 
erzielt  werden.  —  Je  länger  nun  eine  Zelle  ist,  desto  geeigneter  wird  sie  zum 
Stofftransport  durch  die  Pflanze,  weil  dann  nur  noch  selten,  nämlich  an  den 
Enden  der  Zelle,  die  langsame  Diffusionsbewegung  eintreten  muß,  während 
im  übrigen  Massenbewegungen  Platz  greifen  können. 

Wo  es  der  Pflanze  auf  besonders  lebhafte  Stoffbewegung  ankommt,  da 
verwendet  sie  Massenströmungen  in  Röhren,  die  sie  sich  durch  Auf- 
lösung von  Querwänden  in  ganzen  Zellzügen  herstellt  (Tracheen),  und  so 
sehen  wir,  daß  die  Nährsalze  innerhalb  der  Pflanze  mit  dem  Transpirations- 
strom w^andern.  Bei  der  ,, Wasserbewegung"  in  den  Leitbündeln  wird  demnach 
kein  reines  Wasser,  sondern  eine  sehr  verdünnte  Nährlösung  transportiert, 
und  die  Transpiration  hat  in  erster  Linie  den  Erfolg,  diese  Nährlösung  ein- 
zuengen, in  zweiter  Linie,  sie  rasch  überallhin  zu  führen.  Sonst  wäre  die 
Transpiration  schwer  verständlich,  und  die  Pflanze  hätte  sie  gewiß  allgemein 
eingeschränkt.  Da  wo  sie  tatsächlich  eingeschränkt  ist  (vgl.  S.  144),  haben  wir 
es  mit  Pflanzen  zu  tun,  die  wegen  geringer  Versorgung  mit  Nährsalzen  und  auch 
wohl  mit  Kohlensäure  nur  langsam  wachsen.  —  Erwähnt  muß  freiÜch  werden, 
daß  offenbar  auch  gelegentlich  ein  Überfluß  an  Nährsalzen  im  Innern  der 
Pflanze  auftritt,  der  schädliche  Wirkungen  ausüben  kann,  und  von  dem  die 
Pflanze  vor  allem  durch  Guttation  (S.  200)  sich  zu  befreien  sucht. 

Nährsalze  und  Landwirtschaft.  Wenn  die  Pflanze  somit  immer  neue 
Nährsalze  aus  dem  Boden  aufnimmt,  so  muß  dieser  allmähhch  an  diesen 
Stoffen  verarmen,  wenn  nicht  für  Ersatz  gesorgt  wird.  In  der  Natur  geschieht 
das  dadurch,  daß  die  absterbenden  und  abfallenden  Teile  wieder  auf  und 
in  die  Erde  gelangen  und  ihren  Gehalt  an  Nährsalzen  neu  aufkommendem 
Leben  zur  Verfügung  stellen.  Bei  landwirtschafthchem  Betrieb  aber  werden 
große  Mengen  Pflanzensubstanz  mit  der  Ernte  entfernt,  und  ihr  Nährsalz- 
gehalt geht  dem  Acker  verloren;  höchstens  ein  Bruchteil  davon  kehrt  mit 
dem  Miste  der  Tiere  dahin  zurück.  Auf  dem  Gehalte  des  Mistes  an  Nähr- 
salzen  beruht  wenigstens  zum  Teil  seine  wachstumsfördernde  Wirkung,  die 
dem  Praktiker  seit  alten  Zeiten  bekannt  ist.  Da  indes  diese  Nährsalze  der 
Quantität  nach  nicht  genügen,  um  den  Verlust  zu  decken,  muß  die  Land- 
wirtschaft zur  künstlichen  Dttngung(2^)  greifen.  Unter  den  Düngestoffen 
sind  vor  allen  Dingen  solche  wichtig,  die  Stickstoff,  Kalium  und  Phosphor- 
säure enthalten.  Als  stickstoffhaltige  Substanzen  finden  neben  dem  Guano 
(der  auch   Phosphorsäure   enthält)   Chilisalpeter,   schwefelsaures   Ammonium 

Strasburser,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  14 


210  Jost: 

und  die  neuerdings  künstlich  aus  Luftstickstoff  dargestellten  Verbindungen, 
Kalziumcyanamid,  salpetersaurer  Kalk  und  vor  allem  Ammoniumbikarbo- 
nat  und  Harnstoff  Verwendung.  Kaliumsalze  verschiedener  Art  werden  für 
landwirtschaftliche  Zwecke  in  großen  Mengen  bergmännisch  gewonnen;  das 
wichtigste  unter  ihnen  ist  wohl  der  Karnallit.  Als  Phosphorsäurequellen  dienen 
die  Thomasschlacke  und  das  Superphosphat.  Erstere  ist  tertiärer  phosphor- 
saurer Kalk,  der  bei  Verhüttung  phosphorhaltiger  Erze  entsteht  und  äußerst 
fein  zermahlen  als  ,, Thomasmehl"  verwendet  wird.  Superphosphat  wird  durch 
Aufschließen  von  phosphorsaurem  Kalk  mit  Schwefelsäure  gewonnen. 

Boden  und  Pflanzeugeographie.  Nach  den  mitgeteilten  Erfahrungen 
sollte  man  glauben,  daß  ein  Boden,  der  eine  Pflanzenspezies  zu  ernähren 
vermag,  auch  für  jede  andere  geeignet  sein  müßte.  Tatsächlich  zeigt  uns 
aber  die  Pflanzengeographie(^°),  daß  die  Beschaffenheit  des  Bodens  einen 
weitgehenden  Einfluß  auf  die  Verteilung  der  Pflanzen  ausübt.  Das  hängt 
damit  zusammen,  daß  verschiedene  Pflanzen  an  die  Menge  und  Löslichkeit 
der  notwendigen  Stoffe  verschiedene  Ansprüche  machen,  ferner  damit,  daß 
neben  den  nötigen  auch  überflüssige  Verbindungen  in  einem  Boden  sein 
können,  die  auf  die  einzelnen  Spezies  ganz  verschieden  wirken.  CaCOg  z.  B. 
und  ebenso  NaCl  wirken  auf  manche  Pflanzen  giftig,  während  andere  große 
Dosen  dieser  Stoffe  ertragen  können. 

Es  kommt  indes  bei  der  Pflanzenverteilung  in  ihrer  Abhängigkeit  vom  Boden  keines- 
wegs bloß  auf  chemische  Verhältnisse  an.  Auch  die  physikalischen  Eigenschaften  der 
Böden  spielen  eine  große  Rolle.  Endlich  kann  auch  eine  Pflanze  an  einem  Ort,  der  ihr 
an  sich  zusagen  würde,   deshalb  fehlen,  weil  ihre  Samen  nie  dahin  gelangt  sind. 

c)  Gase. 

Wasser  und  Nährsalze  werden,  wie  wir  gesehen  haben,  im  allgemeinen 
dem  Boden  entnommen,  aber  auch  die  Luft  enthält  Stoffe,  die  notwendig 
zum  Gedeihen  vieler  Pflanzen  sind,  die  also  Nährstoffe  genannt  w^erden  müssen. 
Es  sind  das  die  Kohlensäure  und  der  Sauerstoff.  Diese  werden  denn  auch 
im  allgemeinen  aus  der  Luft  aufgenommen;  nur  die  submersen  Wasserpflanzen 
beziehen  sie  aus  dem  Wasser.  Im  letzteren  Falle  erfolgt  ihre  Aufnahme  genau 
so  wie  die  von  anderen  gelösten  Stoffen. 

Sauerstoff.  Entzieht  man  einer  Pflanze  den  Sauerstoff,  so  werden  meist 
alle  Lebensäußerungen  sistiert  (vgl.  S.  257).  Diese  Tatsache  erscheint  nicht 
wunderbar,  da  auch  dem  menschhchen  Organismus  der  Sauerstoff  unentbehr- 
hch  ist.    (Weiteres  s.  S.  240.) 

Kohlensäure.  Viel  weniger  plausibel  ist  es  dagegen  für  deit  Laien,  daß 
auch  die  Kohlensäure  der  Pflanze  unentbehrlich  sein  soll.  Und  doch  ist  das 
so.  Wir  setzen  einer  Wasserkultur  keinerlei  Kohlenstoffquelle  zu,  die  Pflanze 
vermehrt  aber  trotzdem  ihren  Kohlenstoffgehalt;  da  bleibt  keine  andere 
Möglichkeit,  als  daß  sie  die  Kohlensäure  der  Luft  benützt.  Kohlensäure  ist 
in  der  gewöhnlichen  Luft  in  einer  Menge  von  etwa  0,3  pro  Mille  enthalten; 
ein  Liter  enthält  also  0,3  ccm.  Läßt  man  diese  Luft  über  grüne  Pflanzen 
streichen,  die  an  hellem  Licht  stehen,  so  zeigt  sich,  daß  ihr  Kohlensäuregehalt 
abnimmt  oder  verschwindet;  farblose  Teile,  wie  Wurzeln,  oder  nichtgrüne 
Organismen,  wie  die  Pilze,  verhalten  sich  anders,  sie  absorbieren  keine  Kohlen- 
säure. Wird  nun  ein  grüner  Pflanzenteil  in  einer  Glasglocke  gehalten,  durch 
die  man  kohlensaure  freie  Luft  hindurchleitet,  so  stellt  er  bald  sein  Wachs- 
tum ein,  und  jede  Vermehrung  der  Trockensubstanz  hört  völhg  auf.  Kohlen- 
säure ist  demnach  ein  unentbehrlicher  Nährstoff;  sie  ist  offenbar  die  Quelle 
für  den  Kohlenstoff  der  grünen  Pflanze.  Die  in  der  Luft  vorhandene  prozentual 
geringe  Menge  reicht  zur  Ernährung  dieser  völlig  aus  (S.  216).    Es  zeigt  sich 


Physiologie.  211 

ferner,  daß  die  Zufuhr  von  organisch  gebundenem  Kohlenstoff  zum  Boden 
oder  zur  Nährlösung  die  Kohlensäure  der  Luft  nicht  entbehrlich  macht;  für 
die  grüne  Pflanze,  die  wir  einstweilen  allein  im  Auge  haben,  ist  jedenfalls 
CO2  die  beste  Kohlenstoffquelle.  Auch  genügt  es  durchaus  nicht,  wenn  wir 
einer  solchen  Pflanze  die  Kohlensäure  im  Boden  oder  in  der  Nährlösung  zur 
Verfügung  stellen.     Sie  muß  unbedingt  den  Blättern  geboten  werden. 

Andere  Gase.  Sauerstoff  und  Kohlensäure  sind  die  einzigen  Gase,  die 
den  gewöhnlichen  Pflanzen  notwendig  sind.  Der  atmosphärische  Stickstoff 
dagegen  ist  für  die  Mehrzahl  der  Pflanzen  ohne  jede  Bedeutung  (vgl. 
S.  224). 

Aufnahme  der  Gase.  Kohlensäure  und  Sauerstoff  dringen  zum  Teil 
in  die  Epidermiszellen,  zum  größeren  Teil  aber  durch  die  Spaltöffnungen  in 
die  Interzellularen  und  von  diesen  aus  in  die  inneren  Gewebe. 

Weder  in  der  Zellwand  noch  im  Protoplasma  existieren  lufterfüllte 
Räume  oder  Kanäle,  durch  die  Gase  ins  Zellinnere  gelangen  können.  Des- 
halb ist  eine  Aufnahme  der  Gase  nur  in  dem  Grade  möglich,  als  sie  in  der 
Zellhaut  und  im  Protoplasma  bzw.  in  dem  diese  Teile  durchdringenden  Wasser 
löslich  sind.  Die  gelösten  Gase  verhalten  sich  dann  gerade  wie  andere  gelöste 
Stoffe,  sie  diffundieren  in  die  Zelle.  Je  wasserreicher  eine  Zellhaut  ist,  desto 
leichter  diffundieren  die  Gase  durch  sie.  Die  gewöhnhche  Zellhaut  ist  in 
trockenem  Zustande  für  Gase  auf  dem  Wege  der  Diffusion  nur  sehr  wenig 
durchlässig (^1);  allein  in  der  Natur  findet  sie  sich  ja  immer  mehr  oder  weniger 
wassergesättigt  vor.  Dagegen  ist  die  Kutikula  sehr  wenig  imbibitionsfähig 
für  Wasser  und  stellt  deshalb  dem  diosmotischen  Gasdurchtritt  erhebliche 
Schwierigkeit  entgegen;  doch  ist  sie  keineswegs  völlig  undurchlässig. 

Der  Hauptsache  nach  erfolgt  also  die  Gasdiffusion  gar  nicht  durch  die 
eigentliche  Zellhautsubstanz,  sondern  durch  die  Stoffe,  mit  denen  diese  im- 
prägniert ist.  Da  nun  Kohlensäure  in  Wasser  viel  leichter  löslich  ist  als  Sauer- 
stoff, so  ist  es  begreiflich,  daß  sie  auch  schneller  die  wassergetränkte  Zellhaut 
durchsetzt  als  der  Sauerstoff.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  gilt  das  gleiche 
auch  bei  der  Kutikula.  Da  aber  die  Partiärpressung  des  Sauerstoffes  in  der 
Luft  eine  relativ  ansehnliche,  die  der  Kohlensäure  dagegen  eine  recht  geringe 
ist,  so  kann  tatsächlich  zwar  Sauerstoff,  nicht  aber  Kohlensäure  in  genügender 
Menge  durch  die  Kutikula  hindurch,  und  deshalb  sehen  wir,  daß  fast  alle 
Organe,  die  nur  Sauerstoff  aufzunehmen  haben,  ohne  Spaltöffnungen  sind,  daß 
dagegen  an  den  Kohlensäure  aufnehmenden  Organen  stets  Spaltöffnungen 
sich  vorfinden. 

Nicht  nur  in  der  Luft,  sondern  auch  im  Boden  finden  die  Pflanzen  in  der  Ifegel 
so  viel  Sauerstoff,  daß  er  in  genügender  Menge  durch  die  Epidermiszellen  eindringen 
kann.  Eine  Ausnahme  bilden  nur  solche  Organe,  die  in  sauerstoffarmem  Sumpfboden 
leben.  Gehören  diese  einer  Pflanze  an,  deren  Sprosse  sich  in  der  Luft  ausbreiten,  so 
erfolgt  die  Sauerstoffaufnahme  in  der  Regel  in  diesen  Luftsprossen;  weite  Interzellularen, 
die  stets  bei  den  Sumpfpflanzen  ausgebildet  sind,  sorgen  dann  dafür,  daß  der  Sauerstoff 
auch  den  unterirdischen  Teilen  zuströmen  kann.  Manchmal  aber  (besonders  bei  Palmen 
und  Mangrovepflanzen)  werden  besondere,  aus  dem  Boden  aufsteigende  Atem  würz  ein 
(Pneumatophoren,  Fig.  186)  ausgebildet,  die  an  der  Luft  Sauerstoff  aufnehmen. 

Die  Spaltöffnungen  sind  für  den  Gasaustausch  je  nach  der  Öffnungsweite  der  Spalte 
sehr  verschieden  leistungsfähig.  Ihr  Verschluß ,  der  aus  Gründen  der  Wasserversorgung 
unter  Umständen  nötig  ist,  hat  nicht  nur  die  Aufhebung  der  Transpiration  zur  Folge, 
sondern  er  unterbindet  auch  das  Eindringen  von  CO^  in  die  Pflanze. 

Es  ist  schon  bei  Gelegenheit  der  Wasserd  am  pf  abgäbe  darauf  hingewiesen 
worden,  daß  die  Spaltöffnungen  trotz  ihrer  geringen  Größe  durch  die  enorme  Zahl  und 
dichte  Anordnung  die  Diffusion  fördern.  Das  gilt  auch  für  die  Aufnahme  der  Kohlen- 
säure. Dementsprechend  konnte  denn  auch  gezeigt  werden,  daß  beispielsweise  ein  Quadrat- 
meter Blattfläche  von  Catalpa  in  der  Zeiteinheit  etwa  -/g  der  Kohlensäuremenge  absorbiert, 

14* 


212  Jost: 

die    ein    Quadratmeter   3— 10%iger  Natronlauge,    frei    der   Luft   ausgesetzt,    dieser 
entreißt. 

Die  Bewegimg  der  Oase  von  Zelle  zu  Zelle  sowie  ihr  Austausch  zwischen 
den  Zellen  und  den  Interzellularen  erfolgt  durch  Diffusion;  bei  ihrer  Be- 
wegung in  den  Interzellularen  können  aber  auch  Massenströmungen  erfolgen, 
wenn  Druckzustände  bestehen.  Solche  werden  aber  in  der  Interzellularenluft 
durch  Erwärmung  und  Abkühlung  oder  durch  Deformation  der  Pflanze  erzielt. 
Die  Interzellularen  sind  ein  weitverzweigtes  System  untereinander  und  mit 
der  Atmosphäre  kommunizierender  Lufträume,  Ihre  Austrittsöffnungen 
werden  in  erster  Linie  durch  die  Spaltöffnungen,  daneben  auch  durch  Lenti- 
zellen  und  ähnlich  funktionierende  Organe  gebildet  (S.  43,  50);  durch  sie 
erfolgt  ebe.nsowohl  Diffusion  wie  Massenbewegung  der  Gase. 

Der  Zusammenhang  der  Interzellularen  unter  sich  und  mit  der  Außenwelt  läßt  sich 
experimentell  leicht  feststellen.  Es  gelingt  nämlich,  Luft  aus  den  Spaltöffnungen  oder  den 
Lentizellen  austreten  zu  lassen,  wenn  man  sie  in  die  Interzellulargänge  einpreßt;  auch 
umgekehrt  treten  bei  mäßiger  Saugung  aus  den  freigelegten  Interzellularen  dauernd  große 
Mengen  von  Luft  heraus,  die  nur  durch  Spaltöffnungen  und  Lentizellen  ihren  Weg  in  die 
Pflanze  gefunden  haben  können.  Das  S.  199  geschilderte  Porometer  läßt  die  Wegsamkeit 
der  Spaltöffnungen  und  der  Interzellularen  für  Luft  besonders  deutlich  hervortreten. 

In  hervorragendem  Maße  sind  luftführende  Interzellularräume  bei  Wasserpflanzen 
und  Sumpfgewächsen  entwickelt  (vgl.  S.  142),  wo  sie  oft  bis  zu  zwei  Drittel  des  Gesamt- 
volumens einnehmen.  Die  untergetauchten  Wasserpflanzen  verschaffen  sich  auf  diese  Weise 
eine  Binnenatmosphäre,  mit  der  ihre  Zellen  einen  lebhaften  Gaswechsel  unterhalten 
können,  da  die  Binnenatmosphäre  durch  Diffusionsvorgänge  wieder  mit  der  Umgebung  in 
langsamem  Austausch  steht.  Im  übrigen  sind  diese  Pflanzen  bei  ihrem  Gaswechsel  ganz 
auf  Diffusionsvorgänge  angewiesen,  da  ihnen  Spaltöffnungen  usw.  zu  fehlen  pflegen.  Aber 
auch  Pflanzen,  die  Spaltöffnungen  besitzen,  können  daneben  auf  diosmotischem  Wege 
Gase  gewinnen,  vorausgesetzt,  daß  die  Kutikula  ihrer  Epidermis  gasdurchlässig  ist. 

III.  Die  Assimilation  der  Nährstoffe. 

Die  Pflanze  wächst,  sie  bildet  beständig  neue  Organe,  und  zur  Herstellung 
dieser  bedarf  sie  fortwährend  neuer  Nährstoffe.  Die  Nährstoffe  ihrerseits 
werden  aber  nach  ihrer  Aufnahme  verändert,  es  geht  aus  ihnen  Pflanzen- 
substanz hervor;  sie  werden  assimiliert,  wie  man  zu  sagen  pflegt.  Unter 
Assimilation  eines  Stoffes  versteht  man  dementsprechend  seine  Überführung 
in  Pflanzensubstanz.  Besonders  interessant  sind  solche  Assimilationsvorgänge, 
bei  denen  tiefgreifende  Veränderungen  erfolgen,  z.  B,  Überführung  von  an- 
organischen in  organische  Verbindungen,  namentlich  dann,  wenn  es  uns  mit 
künsthchen  Mitteln  noch  nicht  gelingt,  die  entsprechenden  Reaktionen  auch 
außerhalb  des  Organismus  herbeizuführen.  Ein  solcher  Prozeß  ist  z.  B.  die 
Assimilation  des  Kohlenstoffes  bei  der  grünen  Pflanze;  hier  geht  aus  Kohlen- 
säure organische  kohlenstoffhaltige  Substanz  hervor. 

A.  Assimilation  des  Kohlenstoffes. 

1.  Assimilation  der  Kohlensäure  bei  grünen  Pflanzen. 

In  Wasserkultur  nimmt  die  Trockensubstanz  einer  grünen  Pflanze  zu; 
diese  aber  besteht  zur  Hälfte  aus  Kohlenstoff,  den  wir  der  Nährlösung  nicht 
zugesetzt  haben.  Sie  bezieht  ihn  aus  der  Kohlensäure  der  Luft;  sie  führt 
die  CO2  unter  Mitwirkung  des  Sonnenlichtes  in  Zucker  über.  Dabei  wird 
auch  Wasser  mitverarbeitet  und  Sauerstoff  ausgeschieden;  der  Prozeß  voll- 
zieht sich  also  nach  der  Formel 

6  CO2  +  6  H2O  =  CgHisOß  +  6  O2. 


Physiologie 


213 


Nimmt  man  an,  daß  die  Kohlensäure  der  Luft  (das  Kohlendioxyd,  CO2)  bei 
ihrer  Lösung  in  der  Zelle  durch  Wasserauinahme  zu  H2CO3  wird,  so  dürfte 
sich  die  Zuckerbildung  in  zwei  Hauptschritten  vollziehen;  beim  ersten  wird 
Sauerstoff  abgespalten  und  Formaldehyd (^2)  gebildet: 

H2CO3  =  H^Cü  +  O2, 
beim  zweiten  wird  der  Aldehyd  zu  Zucker  kondensiert: 
6  H2CO  =  CeHj^Oß. 

Es  muß  also  für  jedes  verschwindende  Volum  Kohlensäure  das  gleiche 
Volum  Sauerstoff  auftreten.  In  der  Tat  haben  eudiometrischc  Bestimmungen 
gezeigt,  daß  das  zutrifft  (Willstätter). 
Der  auftretende  Sauerstoff  kann  aber,  auch 
wenn  er  nur  qualitativ  nachgewiesen  wird, 
als  Indikator  der  Kohlensäurezerlegung 
dienen.  So  kann  man  z.  B.  eine  in  sauer- 
stoffreiem  Raum  befindliche  Pflanze  bei 
Gegenwart  von  Phosphor  dem  Licht  expo- 
nieren; die  dann  auftretenden  Phosphor- 
dämpfe beweisen  die  Bildung  von  Sauer- 
stoff. Oder  man  kann  aus  der  Bewegung 
gewisser  Bakterien,  die  zuvor  unbeweglich 
im  Wasser  lagen,  auf  die  Sauerstoffproduk- 
tion einer  grünen  Pflanze  schließen  (S.  290). 
Am  anschaulichsten  aber  ist  der  Assimi- 
lationsnachweis mit  Hilfe  gewisser  Wasser- 
pflanzen, wie  Helodea  oder  Potamogeton. 
Werden  abgeschnittene,  unter  Wasser  be- 
findhche  Sprosse  oder  Blätter  dieser  Pflanzen 
dem  Licht  exponiert,  so  sieht  man  alsbald 
einen  lebhaften,  kontinuierlichen  Strom  von 
Blasen  der  Schnittfläche  enteilen.  Fängt 
man  das  Gas  in  einem  Reagenzglas  (Fig.  244) 
in  größerer  Menge  auf,  so  zeigt  sich,  daß 
es  zwar  keineswegs  aus  reinem  Sauerstoff, 
aber  doch  immerhin  aus  einem  sauerstoff- 
reichen Gemisch  besteht;  ein  glimmender 
Holzspahn  beginnt  in  ihm  zu  brennen. 

Das  Auftreten  von  Sauerstoffblasen  erklärt 
sich  in  folgender  Weise.  Die  im  Wasser  gelöste 
Kohlensäure  gelangt  durch  Diffusion  in  die  grünen 
Zellen  der  Pflanze  und  wird  da  zerlegt.  Der  auf- 
tretende Sauerstoff  ist  viel  weniger  löslich  als  die 
Kohlensäure,  und  deshalb  wird  er  in  Gasform  ab- 
geschieden. Er  tritt  in  die  Interzellularräume,  be- 
wirkt hier  eine  Vermehrung  des  Druckes,  und 
diese  wird  die  Ursache  des  Austretens  von  Gas- 
blasen an  jeder  Schnittstelle. 

Die  Grundlagen  unserer  Kenntnisse  über  die  COa-Assimilation  der  grünen 
Pflanze  wurden  durch  die  Forschungen  von  Priestley,  Ingenhouss,  Sexebier 
und  Th.  de  Saussure  am  Ende  des  18.  und  am  Anfang  des  19.  Jahrhunderts 
gewonnen.  Diese  Entdeckung  ist  außerordentlich  bedeutsam,  weil  die  Bildung 
organischer  Substanz  aus  Kohlensäure  durch  die  grüne  Pflanze 
der  Prozeß  ist,  der  allen  anderen  Organismen,  vor  allem  also 
auch   den  Tieren,   das  Leben  auf  der  Erde  ermöglicht  (vgl.  S.  220). 


iiilllllllilllllilllillillllilllillllllllllillillii 

Fig.  244.  Ausscheidung  von  Sauerstoff 
durch  assimilierende  Pflanzenteile. 
In  dem  Glaszylinder  C  befindet  sich 
in  Wasser  eine  frisch  abgeschnittene 
Wasserpflanze  (Helodea  canadensis). 
Die  Schnittflächen  sind  in  ein  ebenfalls 
mit  Wasser  gefülltes  Probierröhrchen 
R  eingeführt.  Die  ausgeschiedenen 
Sauerstoffbläschen  B  steigen  darin 
auf  und  sammeln  sich  oben  bei  6". 
Nach  NoLi.. 


214 


Jost: 


Mit  Hilfe  der  Gasblasenmethode  läßt  sich  leicht  der  Beweis  für  die  oben 
aufgestellte  Behauptung  erbringen,  daß  nur  chlorophyllführende  Pflanzen- 
teile, und  diese  nur  im  Licht  imstande  sind,  COg  zu  assimiUeren.  So  sieht 
man  z.  B.  den  Blasenstrom  einer  Helodea,  der  am  hellbeleuchteten  Fenster 


B  e 


I 


E  b 


400 

Oben  sind  die  Fraun- 
HOFERschen  Linien  B,  C  usw.  angegeben,   unten  die  Wellenlänge  700—400  n^.     An  den 
dunkeln  bzw.  schraffierten  Stellen  ist  das  Licht  ausgelöscht  bzw.  geschwächt. 


700  600  500 

Fig.  245.    Absorptionsspektrum  des  Chlorophylls  nach  Gr.  Kraus. 


lebhaft  war,  in  dem  Maße,  als  man  die  Pflanze  in  die  Tiefe  eines  Zimmers  bringt, 
langsamer  werden  und  schließlich  bei  einer  Lichtintensität  erlöschen,  die  unserem 
Auge  noch  gut  das  Lesen  erlaubt.  Innerhalb  gewisser  Grenzen  läuft  die  Assi- 
milation der  Lichtintensität 
proportional.Entsprechende 
Versuche  kann  man  auch 
mit  künstHchen  Lichtquellen 
ausführen;  sie  zeigen,  daß 
alle  gebräuchlichen  Beleuch- 
tungsarten bei  der  COo- 
Assimilation  verwendbar 
sind.  Die  Strahlen  verschie- 
dener Wellenlänge  haben 
aber  nicht  alle  die  gleiche 
Bedeutung  für  die  COg- 
Assimilation(3=^). 

Um  die  Assimilation  im 
Licht  verschiedenerW  eilenlängen 
zu  untersuchen,  bedient  man  sich 
entweder  spektral  zerlegten  oder 
durch  Absorption  monochroma- 
tisch gemachten  Lichtes.  Zur  Ab- 
sorption können  die  von  Schott 
u.  Gen.  hergestellten  Rot-  und 
Blaugläser  verwendet  werden, 
oder  man  benutzt  doppel wandige 
Küvetten,  deren  Wandraum  mit 
passenden  Lösungen  gefüllt  ist. 
Im  großen  und  ganzen 
ist  die  assimilatorische  Wirksam- 
keit auf  diesichtbaren  Strahlen 
von  rund  0,4—0,8  ^u  beschränkt, 
doch  ist  sicher  nachgewiesen, 
daß  auch  ultrarote  und  ultra- 
die  einzelnen  Wellenlängen  verhalten,  ist 
Zweifellos  hat 

das  Licht  von  0,68  ^i,  das  maximal  absorbiert  wird,  auch  eine  besonders  starke  assimila- 
torische Wirkung.  Nach  Engelmann  soll  allgemein  eine  weitgehende  Übereinstimmung 
zwischen  Lichtabsorption  im  Chlorophj'll  und  Assimilation  bestehen.  Ursprung  hat  Bohnen- 


^'S_                            i~ 

-      -^A----   -i-   -  - 

="=1"Sf^-====== 

±  it  I±ti-.Ti:      II 

4f         1    3  >5    A 

4         =i    ^tv'i       ^ 

ii:it:iii===iiii^.5i: 

gz:iiiiiiiiiiiä±: 

zi:diiiiiiiiiiiiiiiE 

— ^l 

A          a      B       G             „D      „    TIEb       L        ^6    hHK 

Fig.  246.  Die  ausgezogene  Linie  zeigt  die  Abhängigkeit 
der  Stärkebildung  von  der  Wellenlänge  des  Lichtes, 
wenn  die  auffallende  Lichtenei'gie  für  alle  Strahlen 
gleich  ist.  Die  punktierte  Linie  stellt  die  vom  grünen 
Farbstoff  lebender  Blätter  absorbierte  Strahlung  dar, 
wobei  die  eintretende  Strahlung  =  100  gesetzt  wird. 
Auf  der  Abszisse  sind  die  Wellenlängen  des  Lichtes 
in  ftfi  und  einige  FRAUNHOFERsche  Linien  angegeben 
(Gitterspektrum).    Nach  Ursprung. 


violette   verwertet   werden   können.     Wie  sich 

sehr  viel  untersucht,  aber  bis  heute  doch  nicht  ganz   sicher  entschieden 


Physiologie.  215 

blätter  in  jeweils  zwei  Ausschnitten  eines  Spektrums  assimilieren  lassen,  die  auf  gleiche 
Lichtenergie  abgestimmt  waren,  und  hat  so  die  Stärkebildung  in  allen  Wellenlängen 
untersucht.  Seine  Resultate  sind  in  der  Fig.  246  dargestellt;  es  zeigt  sich  der  erwartete 
Parallelismus,  der  freilich  in  Blau  und  Violett  aufhört,  weil  da  durch  Verschluß  der  Spalt- 
öffnungen die  Zufuhr  an  CO,  zu  gering  wurde.  Kniep  und  Minder  haben  die  Assimilation 
in  verschiedenfarbigem  Licht  mit  der  Gasblasenmethode  untersucht;  sie  fanden,  daß  blaues 
Licht  ebenso  wirksam  ist  wie  rotes,  wenn  es  gleiche  Energie  liefert. 

Auch  gewisse  als  Purpurbakterien  bezeichnete  Organismen,  die  zwar  kein  Chloro- 
phyll, wohl  aber  andere  eigenartige  Farbstoffe  führen,  zerlegen  COji  anscheinend  nützen 
sie  dabei  gerade  die  Strahlen  am  meisten  aus,  die  das  Chlorophyll  am  wenigsten  absorbiert 
und  verwertet  (■"). 

Wenn  das  Sonnenlicht  in  der  Natnr  ein  unentbehrlicher  Faktor  bei  der 
COa-Assimilation  ist,  dann  wird  es  erst  voll  verständlich,  warum  die  Laubblätter, 
deren  wesentlichste  Funktion  in  der  COg- Assimilation  besteht,  f lache n- 
förmig  ausgestaltet  sind.  Ihre  große  Oberfläche  gestattet  ihnen,  viel  Licht 
zu  absorbieren.  Und  nicht  nur  eine  große  Fläche,  sondern  auch  eine  geringe 
Dicke  müssen  die  Laubblättcr  haben,  wenn  sie  ihrer  Funktion  gut  nachkommen 
sollen.  Li  der  Tat  zeigte  sich  in  Versuchen  Willstätters,  daß  Sonnenlicht, 
das  durch  zwei  Laubblätter  hindurchgegangen  ist,  keine  assimilatorische 
Wirkung  mehr  auszuüben  vermag.  Die  Blätter  müssen  aber  außerdem  viel 
Chlorophyll  enthalten.  Daß  das  zutrifft,  zeigt  schon  die  dunkelgrüne  Farbe 
der  Blätter.  Ein  Bhckins  Mikroskop  bestätigt  es.  Die  Stengel  haben  viel  weniger 
Chloroplasten  als  die  Blätter;  die  Wurzeln  und  andere  unterirdische  Organe 
haben  keine. 

Jeder  Versuch  zeigt  nun,  daß  chlorophyllfreien  Organen  das  Vermögen 
der  COg-Assimilation  gänzlich  abgeht.  Das  gilt  nicht  nur  für  die  äußerlich 
sichtbaren  groben  Organe  der  Pflanze,  sondern  auch  für  die  feinsten  Teile  der 
Zelle.  Der  Zellkern,  das  farblose  Protoplasma  geben  im  Sonnenlicht  keinen 
Sauerstoff  ab  —  das  kann  man  mit  Hilfe  von  Bakterien  (S.  213)  leicht  nach- 
weisen. Nur  die  Chloroplasten,  und  diese  nur  wenn  sie  ,, Chlorophyll"  führen, 
sind  die  tätigen  Organe  der  COa-Assimilation;  etiolierte,  panaschierte  und  chlo- 
rotische  Chloroplasten  sind  nicht  funktionsfähig. 

Bei  rotblätterigen  Abarten  grüner  Pflanzen  (Rotbuche,  Rotkohl)  ist  das  Chlorophyll 
ganz  wie  in  den  grünen  Stammformen  entwickelt  und  nur  durch  einen  roten  Farbstoff  in 
der  Epidermis  oder  in  tieferliegenden  Zellen  verdeckt.  Über  die  Farbstoffe  der  Rotalgen, 
Braunalgen  und  Diatomeen  vgl.  S.  15. 

Nur  ein  verhältnismäßig  geringer  Teil,  wenige  Prozente,  des  cinfalleii- 

Lind 
wendet  ^^) 

muß,  ist  klar;  denn  woher  anders  sollte  der  Energiegehalt  der  organischen 
Substanz,  die  im  Assimilationsprozeß  erzeugt  wird,  stammen,  als  aus  der  Licht- 
energie. Tatsächlich  dient  diese  in  der  organischen  Substanz  enthaltene  Energie 
der  Pflanze  zur  Unterhaltung  ihres  Lebensgetriebes,  und  auch  die  durch  unsere 
Dampfmaschinen  erzeugten  Kräfte  sind  auf  die  Assimilationsarbeit  jener 
Pflanzen  zurückzuführen,  deren  Holz  oder  deren  verkohlte  Beste  (Kohle, 
Braunkohle,  Torf)  unter  dem  Maschinenkessel  verbrennen.  Denn  beim  Ver- 
brennen dieser  reduzierten  Kohlenstoffverbindungen  zu  Kohlensäure  wird 
nur  die  Energie  wieder  frei,  die  zuvor  bei  der  Überführung  der  Kohlensäure 
in  diese  Brennstoffe  gebunden  wurde.  Demnach  handelt  es  sich  bei  der  Bildung 
organischer  Substanz  nicht  nur  um  den  Gewinn  von  unentbehrlichen  Bau- 
stoffen, sondern  auch  von  Energie  in  einer  Form,  die  eine  leichte  spätere  Ver- 
wendung auch  an  anderen  Orten  ermöghcht  (S.  237). 

Da  bei  der  CO., -Assimilation  ein  Energieaufwand  nötig  ist,  so  wird  die  S.  212  auf- 
geführte Formel  vollständiger  so  geschrieben: 

6  CO,  +  6  H._,0  +  G84000  cal  =  C,H,.,06  +  6  0,. 


216  Jost: 

Nach  den  Untersuchungen  von  Browx  und  Puriewitsch  kann  man  annehmen,  daß  ein 
Blatt  in  der  Natur  etwa  80  %  des  auffallenden  Sonnenlichtes  absorbiert;  davon  wird  weitaus 
der  größte  Teil  zur  Erwärmung  verwendet,  denn  nur  etwa  0,5—6%  dienen  der  Assimilation. 
Unter  besonderen  Versuchsbedingungen,  bei  schwachem,  gelbem  Licht,  das  voll  absorbiert 
wurde,  konnte  Warburg  eine  Ausnützung  bis  zu  70  %  für  assimilatorische  Zwecke  fest- 
stellen (^^a). 

Wie  jede  Lebensfunktion  ist  auch  die  Assimilationstätigkeit  eines  Chloro- 
plasten  von  einer  ganzen  Menge  von  inneren  und  äußeren  Faktoren  abhängig. 
Zu  den  inneren  gehört  das  Vorhandensein  des  Chlorophyllfarbstoffes  und 
seine  Einlagerung  in  einen  lebendigen  Chloroplasten;  der  Farbstoff  als  solcher, 
aus  der  Pflanze  herausgelöst,  vermag  so  wenig  die  Kohlensäure  zu  zerlegen 
wie  ein  Chloroplast,  der  den  grünen  Farbstoff  aus  irgendwelchen  Gründen 
nicht  entwickelt  hat  (im  Dunkeln  gebildeter,  in  eisenfreier  Nährlösung  ent- 
standener Chloroplast,  Leukoplasten  der  unterirdischen  Teile  oder  der  Epi- 
dermis), oder  ihn  verloren  hat  (Chromoplast).  Da  aber  die  Assimilation  keines- 
wegs immer  dem  Chlorophyllgehalt  proportional  erfolgt,  muß  man  mit  Will- 
stätter(36)  annehmen,  daß  neben  dem  Chlorophyllfarbstoff  noch  ein  anderer 
Faktor  wesentHch  ist,  mag  das  nun  das  Protoplasma  der  Chloroplasten  oder 
ein  in  ihm  enthaltenes  Enzym  (S.  229)  sein. 

Von  äußeren  Faktoren  ist  vor  allem  das  schon  besprochene  Sonnen- 
licht zu  nennen.  Nächst  ihm  dann  die  Gegenwart  von  Kohlensäure.  Da  diese 
nur  in  geringer  Menge  in  der  Luft  vorhanden  ist  und  durch  andere  Verbindungen 
nicht  ersetzt  werden  kann  (auch  nicht  durch  Kohlenoxyd),  so  müßte  das  Leben 
der  Pflanze  und  damit  die  Existenz  aller  Organismen  schließlich  aufhören, 
wenn  nicht  fortwährend  neue  Kohlensäure  auf  der  Erde  entstände.  Man  schätzt 
die  Menge  des  Kohlensäurevorrates  in  der  Luft  auf  2100  Billionen  kg,  die  Menge 
der  Kohlensäure,  die  jährlich  von  den  grünen  Pflanzen  des  Festlandes  kon- 
sumiert wird,  auf  50—80  Billionen  kg;  demnach  würden  die  Pflanzen  in 
einigen  30  Jahren  diesen  Vorrat  erschöpfen  (»'). 

Die  Luft  erhält  andauernd  große  Kohlensäuremengen  durch  die  Atmung  von  Orga- 
nismen, durch  Verbrennung  von  Holz  und  Kohle  und  durch  vulkanische  Tätigkeit.  Ein 
erwachsener  Mensch  atmet  täglich  etwa  900  g  Kohlensäure  (245  g  C)  aus,  die  ganze 
Menschheit,  zu  1400  Millionen  gerechnet,  also  allein  schon  etwa  ]200  Millionen  Kilo 
CO,  (340  Millionen  Kilo  C).  Weitere  große  Massen  von  CO.,  liefern  die  übrigen  Tiere, 
dann  aber  auch  die  Pflanzen,  insbesondere  Pilze  und  Bakterien  (vor  allem  die  Boden- 
bakterien). Die  aus  sämtlichen  Schornsteinen  der  Erde  entweichende  Kohlensäure  liefert 
enorme  Werte,  da  allein  in  Deutschland  im  Jahre  1911  neben  73  Millionen  Tonnen  Braun- 
kohlen 161  Millionen  Tonnen  Steinkohlen  gefördert  wurden;  letztere  würden  schon  etwa 
400000  Millionen  Kilogramm  Kohlensäure  ergeben,  also  etwa  Ysooo  ^^^  Gesamtmenge  der 
in  der  Atmosphäre  enthaltenen  COj. 

Die  Festlegung  der  Kohlensäure  durch  die  grüne  Pflanze  und  die  Neuentstehung 
durch  die  angeführten  Prozesse  scheint  annähernd  zu  einem  Gleichgewicht  zu  führen. 
Man  findet  fast  stets  etwa  3  Liter  CO.,  in  10000  Liter  Luft;  im  Winter  ist  bei  uns  die 
Menge  etwas  größer  (3,0—3,6  Liter)  als"  im  Sommer  (2,7—2,9  Liter).  (Die  Luft  des  Bodens 
ist  wegen  der  Tätigkeit  der  Bakterien  CO^-reicher.)  Diese  3  Liter  CO,  wiegen  etwa  7  g; 
davon  sind  aber  «/,j  Sauerstoff  und  nur  7jj  Kohlenstoff.  In  den  lOOÖO  Liter  Luft  sind 
demnach  nur  2  g  Kohlenstoff  enthalten.  In  einem  Baume  von  100  Zentnern  Trocken- 
gewicht sind  etwa  50  Zentner  oder  2500  Kilo  Kohlenstoff  angesammelt.  Um  diesen  zu 
erlangen,  muß  der  Baum  also  etwa  1250000  x  10000  Liter  =  etwa  12  Millionen  Kubik- 
meter Luft  von  ihrer  Kohlensäure  befreit  haben.  Bei  der  Berücksichtigung  solcher  Zahlen 
findet  man  es  begreiflich,  daß  die  Entdeckung  Ingenhouss'  ungläubig  aufgenommen,  später 
ganz  zurückgewiesen  und  vergessen  wurde.  Erst  Liebig  brachte  sie  in  Deutschland  wieder 
zur  Geltung,  und  heute  steht  sie  über  allen  Zweifel  erhaben  da.  Die  angeführten  Zahlen 
haben  aber  nichts  Ungeheuerliches,  wenn  man  bedenkt,  daß  trotz  des  geringen  Prozent- 
gehaltes der  Atmosphäre  an  Kohlensäure  sich  der  tatsächlich  vorhandene  Vorrat  auf  etwa 
2100  Billionen  Kilo  berechnet,  in  denen  560  Billionen  kg  Kohlenstoff  enthalten  sind.    Den 


Physiologie.  217 

Pflanzen  steht  aber  der  ganze  Vorrat  des  Luftmeeres  zur  Verfügung,  da  sich  die  Kohlen- 
säure durch  Diffusion  und  Luftströmungen  immer  wieder  gleichmäßig  ausbreitet. 

Nach  Schröder  soll  in  den  Landpflanzen  der  Erde  der  Kohlenstoff  von  1100  Billionen 
Kilogramm  CO^  festgelegt  sein,  also  etwa  die  Hälfte  des  in  der  Luft  enthaltenen;  fast 
90%  davon  kommt  auf  das  Holz  der  Bäume.  Die  Tierwelt  scheint  ganz  außer- 
ordentlich viel  weniger  Kohlenstoff  zu  enthalten,  etwa  1  %  des  in  den  Pflanzen  an- 
gesammelten. 

Submerse  Wasserpflanzen  nehmen  die  im  Wasser  gelöste  Kohlensäure  auf.  Hier 
schwankt  ihre  Menge  in  sehr  beträchtlicher  Weise  je  nach  der  Temperatur.  Bei  15"  C 
enthält  der  Liter  Wasser  ungefähr  ebensoviel  COj  als  ein  Liter  atmosphärischer  Luft. 
Neben  der  Kohlensäure  spielen  aber  auch  die  gelösten  Bikarbonate,  die  in  Karbonat  und 
CO.,  dissoziieren,  eine  wichtige  Rolle  für  den  Kohlenstoffgewinn  der  Wasserflora.  Eine 
künstliche  Bereicherung  des  Wassers  durch  Einleiten  von  Kohlensäure  vermehrt  bis  zu 
einem  gewissen  Grade  die  Assimilation. 

Die  geringe  Menge  der  in  der  Luft  enthaltenen  Kohlensäure  macht  eine 
große  aufnehmende  Fläche  notwendig.  Somit  sind  auch  aus  diesem  Grunde, 
nicht  nur  wegen  der  Lichtabsorption,  die  Laubblätter  flächenf örmig  ge- 
staltet. Eine  Vermehrung  des  COa-Gehaltes  der  Luft  hat,  wenn  sie  nicht 
zu  weit  geht,  eine  vermehrte  Assimilation  zur  Folge.  Demnach  kann  durch 
künstliche  Anreicherung  der  Luft  mit  COg  eine  ganz  erhebliche 
Steigerung  der  landwirtschaftlichen  Produktion  erzielt  werden.  Es 
unterliegt  keinem  Zweifel  mehr,  daß  die  günstigere  Wirkung  der  Stallmist- 
düngung gegenüber  der  Zufuhr  von  mineralischem  Dünger  u.  a.  auch  durch 
die  fortgesetzte  starke  COg-Produktion  von  Bakterien  (^8)  bedingt  ist,  die 
im  Boden  die  nötigen  organischen  Nährstoffe  finden  und  die  ihre  Atmungs- 
kohlensäure aus  dem  Boden  in  die  Luft  übertreten  lassen. 

Wie  alle  Lebensprozesse  ist  auch  die  COg-Assimilation  von  der  Tem- 
peratur abhängig.  Sie  beginnt  bei  Temperaturen  hart  unter  Null,  erreicht 
ihren  größten  Wert  bei  etwa  37'^  C  und  hört  bei  etwa  45°  C  wieder  auf. 

Diese  Kardinalpunkte  haben  nicht  nur  bei  verschiedenen  Pflanzen  eine  differente 
Lage,  sondern  sie  bleiben  auch  bei  einer  bestimmten  Pflanze  nicht  konstant.  Insbesondere 
gilt  das  für  das  Optimum,  da  dieses  im  Laufe  einiger  Stunden  von  37"  auf  30"  sinken 
kann.  —  Bei  hellem,  warmem  Wetter  erreicht  die  Assimilation  ihren  vollen  möglichen 
Wert  nicht,  weil  dann  der  Zufluß  von  Kohlensäure  nicht  genügend  ist. 

Andere  weniger  wichtige  Faktoren  sollen  nicht  im  einzelnen  aufgeführt  werden: 
erwähnt  sei  nur,  daß  zahlreiche  Substanzen  eine  temporäre  oder  schließlich  auch  dauernde 
Beschränkung  oder  Vernichtung  der  Assimilationsfähigkeit  bewirken  können. 

Bis  vor  kurzem  nahm  man  mit  Blackman  an,  daß  bei  gleichzeitiger  Einwirkung 
der  zahlreichen  Faktoren,  die  für  die  CO^-Assimilation  wichtig  sind,  immer  einer,  näm- 
lich der  im  geringsten  Ausmaß  vorhandene,  die  Größe  der  Assimilation  bestimme  (Gesetz 
des  Miniraums).  Neuere  Untersuchungen (^^a)  haben  aber  gezeigt,  daß  unter  Umständen 
ebensowohl  durch  Steigerung  der  Beleuchtungsstärke  wie  durch  Zunahme  der  Kohlensäure 
eine  Vermehrung  der  Assimilation  eintreten  kann.  —  Entsprechende  Resultate  sind  übrigens 
auch  bei  den  Nährsalzen  gefunden  worden,  wo  früher  nach  Liebig  das  Minimumgesetz 
zu  gelten  schien. 

Produkte  der  Assimilation  der  Kohlensäure.  Wir  nahmen  oben  an,  es 
werde  Zucker  aus  der  Kohlensäure  gebildet.  In  der  Tat  zeigt  die  Analyse 
eine  Zunahme  des  Zuckergehaltes  der  Laubblätter  bei  Besonnung.  Nicht 
immer  und  nicht  ausschließlich  wird  freilich  Traubenzucker  nachweisbar 
sein,  meist  treten  andere,  kompliziertere  Kohlehydrate  auf.  Diese  lassen  sich 
alle  auf  Hexosen  wie  Traubenzucker  zurückführen,  schließlich  entsteht  durch 
Zusammentreten  mehrerer  Hexosenmoleküle  bei  gleichzeitigem  Wasseraus- 
tritt Stärke  [(Ci2H2oOio)n].  Stärke  findet  sich  in  Chloroplasten  beleuchteter 
Laubblätter  sehr  häufig,  doch  keineswegs  allgemein.  —  Hält  man  die  Blätter 
einige  Zeit  im  Dunkeln,  so  verschwindet  die  Stärke.  Bringt  man  umgekehrt 
entstärkte  Pflanzenteile  ans  Sonnenlicht,  so  bilden  sich  in  ihren  Chloroi)lasteii 


218 


Jost: 


Fig.  247.    Assimilationsversuch 

mit  dem  Blatt  der  Aracee  Ari- 

opsis  peltata.     Verkleinert. 

Jod  das  Bild   der    Fig.  247 


oft  in  überraschend  kurzer  Zeit  (5  Minuten)  neue  Stärkekörnchen,  die  dann 
bald  an  Größe  zunehmen  und  schließlich  die  Substanz  des  Chloroplasten  an 
Masse  übertreffen.  Da  nun  die  Stärke  mit  Jodlösung  sich  blau  färbt,  kann 
man  das  Eintreten  der  Assimilation  leicht  makroskopisch  demonstrieren 
(Sachs sehe  Methode). 

Blätter,  die  sich  am  Licht  befanden,  werden  zunächst  durch  Alkohol  ihrer  grünen 
Farbe  beraubt;  sie  bläuen  sich  dann  nach  Jodzusatz.  Bei  größerem  Gehalt  an  Stärke  tritt 
tiefe  Blaufärbung  ein,  bei  noch  größerem  endlich  Schwarz - 
färbung.  Die  entstehende  Farbennuance  erlaubt  also  zu- 
gleich eine  gewisse  Schätzung  der  Quantität  der  Stärke. 
Um  auch  kleinere  Mengen  Stärke  sichtbar  zu  machen, 
empfiehlt  es  sich,  die  entfärbten  Blätter  vor  der  Anwen- 
dung der  Jodlösung  in  Kalilauge  oder  in  Chloralhydrat- 
lösung  zu  legen,  um  die  Stärkekörnchen  durch  Aufquellen 
zu  vergrößern.  —  Mit  dieser  Methode  des  Assimilations- 
nachweises kann  man  auch  sehr  schön  zeigen,  daß  nur 
an  beleuchteten  Stellen  Stärke  auftritt.  Wird  dem 
Blatt  eine  Schablone  aus  undurchsichtigem  Material  auf- 
gelegt, die  etwa  das  Wort  „Stärke"  als  Ausschnitt  besitzt, 
so  ergibt  sich  nach  Beleuchtung  und  Behandlung  mit 
Wort  Stärke  erscheint  blau  auf  hellem  Grunde.  Statt 
einer  Schablone  kann  man  auch,  wie  Molisch  gezeigt  hat,  ein  geeignetes  photographisches 
Negativ  dem  Blatt  auflegen;  nach  Belichtung  und  Behandlung  mit  Jod  erhält  man  dann 
eine  positive  Photographie  (Fig.  248).    Mit  der  gleichen  Methode  läßt  sich  auch  unschwer 

der  Nachweis  erbringen,  daß  panaschierte  Blatt- 
teile nicht  assimilieren. 

Bei  manchen  Pflanzen,  z.  B.  vielen  Mono- 
kotylen, kommt  es  in  den  Chloroplasten  überhaupt 
nicht  zur  Bildung  von  Stärke,  und  das  Assimi- 
lationsprodukt tritt  gelöst  in  den  Zellsaft  über. 
Sorgt  man  aber  für  eine  starke  Anhäufung  des 
Assimilationsproduktes,  so  findet  auch  hier  Stärke- 
bildung statt;  in  anderen  Zellen  dieser  Mono- 
kotylen, in  den  Spaltöffnungsschließzellen  und  den 
Zellen  der  Wurzelhaube  wird  stets  Stärke  gebildet. 
Übrigens  wird  bei  den  anderen  Pflanzen  stets  nur 
ein  Bruchteil,  bei  Helianthus  z.  B.  ^/g,  der  Assi- 
milationsprodukte in  Stärke  umgewandelt,  der  Rest 
bleibt  als  Zucker  erhalten  oder  wird  sonst  irgend- 
wie verwertet.  Man  sieht  daraus,  daß  man  die 
Menge  der  gebildeten  Stärke  nicht  ohne  weiteres 
als  Maß  der  Assimilation  betrachten  darf. 

Daß  die  Stärkebildung  nicht  mit  der  Kohlen- 
säureassimilation  direkt  zusammenhängt,    sondern 
nur  die  Folge  einer  gewissen  Anhäufung  von  Zucker 
in  der  Zelle  ist,  ergibt  sich  auch  daraus,  daß  man 
Stärkebildung    im    Finstern    erzielen   kann,    wenn 
man   Blätter    auf    Zuckerlösungen    von    geeigneter 
Konzentration  schwimmen  läßt.     Statt  Zucker  kann  man  mit  gleichem  Erfolg  auch  andere 
organische  Stoffe  verwenden,  auch  solche,  die  den  Kohlehydraten  ferner  stehen,  wie  z.  B. 
Glyzerin. 

Bei  manchen  Algen  kommen  nicht  Zucker  und  Stärke,  sondern  andere  Assimilations- 
produkte vor,  z.  B.  Florideenstärke. 

Was  für  Stoffe  die  sog.  „Fettröpfchen"  sind,  die  vielfach  in  assimilierenden  Zellen 
auftreten,  und  was  für  eine  Beziehung  zum  Assimilationsprozeß  sie  haben,  ist  noch  nicht 
aufgeklärt. 

Die  Quantität  der  Assimilate  hängt  einerseits  von  der  Pflanzenspezies 
ab,   die   wir  untersuchen,   andererseits   von   den  äußeren   Umständen,   unter 


Fig.  248.  Ein  stärkefreies  Blatt  von 
Tropaeolum  wurde  mit  einem  Negativ- 
Porträt  bedeckt  der  Sonne  exponiert. 
Nach  Assimilation  ruft  Jodlösung  ein 
positives  Bild  hervor.   Nach  Molisch. 


Physiologie.  219 

denen  die  Pflanze  weilt.  Es  hat  sich  gezeigt,  daß  unter  möglichst  günstigen 
Verhältnissen  der  Quadratmeter  Blattfläche  pro  Stunde  0,5 — 1  g  Trocken- 
substanz produzieren  kann.  —  Wenn  man  bedenkt,  wie  viele  Quadratmeter 
Blattfläche  auf  der  Erde  Tag  für  Tag  assimilatorisch  tätig  sind,  so  bekommt 
man  einen  Begriff  von  der  ungeheuren  Produktion  von  organischer  Substanz 
in  dieser  größten  aller  chemischen  Fabriken,  Schröder  schätzt  die  orga- 
nische Substanz,  die  durch  die  Landpflanzen  jährlich  gebildet  wird,  im  Mittel 
zu  35  Billionen  kg.  Allein  die  deutsche  Ernte  enthielt  im  Jahre  1912  rund 
9  Milliarden  Kilo  an  Assimilaten  im  Getreide  (Roggen,  Weizen,  Spelt  und 
Gerste). 

Es  gibt  zwei  Methoden  (^^)  zur  Bestimmung  der  Assimilationsmenge.  Die  eine  rührt 
von  Sachs  her.  Nach  seinem  Vorgang  verfährt  man  in  folgender  Weise:  Am  Morgen 
werden  Teile  von  Blättern,  gewöhnlich  Hälften,  sorgfältig  ihrer  Fläche  nach  ausgemessen, 
dann  getrocknet  und  gewogen.  Am  Abend  werden  gleichgroße  Flächen  (die  restie- 
renden Hälften),  die  den  Tag  über  dem  Licht  exponiert  waren,  ebenfalls  getrocknet  und 
gewogen.  Die  Gewichtszunahme  bedeutet  den  Gewinn  der  Pflanze  an  G-Assimilaten  (SACHSsche 
Blatthälftenmethode).  —  Eine  ganz  andere  Methode  zur  quantitativen  Bestimmung  der 
CO., -Assimilation  rührt  von  Kreusler  her  und  ist  auch  von  Giltay  und  Brown  benutzt 
worden.  Man  bringt  ein  an  der  Pflanze  befindliches  Blatt  in  einen  abgeschlossenen  Raum, 
der  von  einem  konstanten  Luftstrom  durchflössen  wird,  und  bestimmt  nun  die  Menge 
Kohlensäure,  die  von  dem  Blatt  der  durchströmenden  Luft  entrissen  wird.  Die  Menge 
von  Zucker  oder  Stärke,  die  aus  einer  gegebenen  Menge  von  Kohlensäure  gebildet  werden 
kann,  läßt  sich  ja  leicht  berechnen. 

2.  Kohlenstoffgewinn  einiger  Bakterien  (^*^). 

Gewisse  Bakterien,  von  denen  auch  später  (S.  238)  die  Rede  sein  wird, 
zeichnen  sich  dadurch  aus,  daß  sie  bei  Gegenwart  von  Karbonaten  im  Dunkeln 
und  ohne  Chlorophyll  in  rein  anorganischer  Nährlösung  ihre  Substanz  ver- 
mehren; so  die  Nitrit-  und  Nitratbakterien,  die  Wasserstoff-,  Eisen-  und 
gewisse  Schwefelbakterien  sowie  die  Methanbakterien.  Manche  von  ihnen  sind 
durchaus  auf  den  Kohlenstoffgewinn  aus  COg  angewiesen,  während  andere, 
vor  allem  die  Wasserstoffbakterien,  daneben  unter  Umständen  auch  organisch 
gebundenen  Kohlenstoff  zu  nutzen  verstehen. 

Über  die  Produkte  der  Kohlenstoffassimilation  dieser  Bakterien  wissen 
wir  noch  gar  nichts.  Auch  ist  der  Gewinn  an  organisch  gebundenem  Kohlen- 
stoff gering.  Es  verdankt  also  jedenfalls  nur  ein  ganz  minimaler  Bruchteil 
organischer  C- Verbindungen,  die  momentan  auf  der  Erde  vorhanden  sind, 
ihre  Entstehung  diesen  Bakterien.  Die  Kohlensäureassimilation  bei  ihnen 
bleibt  darum  nicht  minder  interessant,  zumal  sie  in  wesentUch  anderer  Weise 
erfolgt  als  bei  der  grünen  Pflanze.  Vor  allem  findet  sie  ohne  Gegenwart  von 
Licht  statt.  Demnach  muß  hier  eine  andere  Energiequelle  beim  Aufbau 
der  organischen  Substanz  tätig  sein  als  bei  der  grünen  Pflanze;  es  ist  die 
Energie,  die  durch  Oxydation  des  Ammoniaks,  des  Nitrits,  des  Eisenoxyduls, 
des  Schwefelwasserstoffes,  Methans  oder  Wasserstoffes  gewonnen  wird.  Man 
kann  die  Bildung  der  organischen  Substanz  bei  der  grünen  Pflanze  eine 
Photosynthese,  bei  den  angeführten  Bakterien  eine  Chemosynthese 
nennen. 

3.  Kohlenstoffgewinu  der  Heterotrophen. 

Den  Gewinn  des  Kohlenstoffes  aus  der  Kohlensäure  betrachtet  man  als 
typische  Kohlenstoff assimilation  der  Pflanze,  doch  ist  dieser  Modus  keines- 
wegs der  einzige  im  Pflanzenreich.  Da  er  —  von  den  eben  besprochenen  Bak- 
terien sehen  wir  jetzt  ab  —  an  die  Gegenwart  von  Chlorophyll  und  von 
Sonnenlicht  gebunden  ist,  kann  er  bei  den  unterirdischen  Pflanzenteilen,  bei 


220  Jost : 

allen  nichtgrünen  Pflanzen  und  bei  sämtlichen  Tieren  nicht  in  Betracht 
kommen.  In  der  Tat  sind  diese  auf  organische  Kohlenstoffverbin- 
dungen angewiesen,  die  direkt  oder  indirekt  der  Assimilationstätigkeit  grüner 
Pflanzenteile  entstammen.  Man  nennt  alle  Organismen,  die  in  ihrer  Ernährung 
von  der  Tätigkeit  der  grünen  Pflanzen  abhängig  sind,  heterotroph;  die 
grünen  Pflanzen  und  die  soeben  besprochenen  Bakterien  werden  als  auto- 
troph  bezeichnet.  Doch  auch  die  Autotrophen  hängen  von  anderen  Organis- 
men ab.  Es  wird  noch  zu  zeigen  sein,  daß  das  Leben  auf  der  Erde  nur  dadurch 
sich  kontinuierlich  erhält,  daß  jede  einseitige  Veränderung  der  Stoffe,  die  sich 
unter  dem  Einfluß  bestimmter  Organismen  ergibt,  durch  die  Tätigkeit  anderer 
Organismen  wieder  kompensiert  wird.  —  Schon  durch  ihre  Lebensweise,  vor 
allem  durch  ihren  Wohnort,  weisen  die  heterotrophen  Organismen  darauf  hin, 
daß  sie  andere  Ansprüche  auf  Nährstoffe  machen  als  autotrophe.  Sie  finden 
sich  entweder  als  Parasiten  auf  oder  in  lebenden  Pflanzen  und  Tieren,  oder 
sie  leben  als  Saprophyten  von  toten  Organismen  oder  Derivaten  derselben. 
Die  Ansprüche,  die  von  heterotrophen  Pflanzen  an  die  Kohlenstoff  quelle 
gemacht  werden,  lassen  sich  am  besten  bei  saprophytischen  Bakterien  und 
Pilzen  studieren.  Man  kann  diese  Organismen  auf  verschieden  zusammen- 
gesetzten Substraten  kultivieren  und  aus  ihrem  Gedeihen  Rückschlüsse  auf 
den  Nährwert  der  dargebotenen  Verbindungen  ziehen.  Die  zur  Kultur  dienen- 
den Nährlösungen  müssen  neben  den  unentbehrhchen  Aschensubstanzen  und 
einer  Stickstoff  quelle  (etwa  einem  Ammoniumsalz)  im  allgemeinen  Zucker 
als  C- Quelle  enthalten;  sie  sollen  für  Schimmelpilze  schwach  sauer,  für  Bakterien 
meistens  schwach  alkalisch  oder  neutral  reagieren  und  werden  oft  durch  Zu- 
satz von  Gelatine  oder  Agar-Agar  in  den  festen  Aggregatzustand  übergeführt. 
In  der  Regel  kann  der  Zucker  durch  zahlreiche  andere  organische  Substanzen 
mehr  oder  minder  gut  ersetzt  werden,  z.  B.  durch  andere  Kohlehydrate,  durch 
Fette.  Eiweiß  und  Eiweißabbauprodukte,  durch  organische  Säuren  usw.  usw. 
Während  man  nun  für  einen  einzelnen  Organismus  diese  C- Quellen  nach  ihrem 
Nährwert  in  eine  bestimmte  Reihenfolge  bringen  kann,  ist  das  generell  ganz 
unmöghch,  denn  es  gibt  nicht  wenige  Saprophyten,  die  sich  ganz  besonderen 
Bedingungen  angepaßt  haben,  und  die  gerade  solche  C- Quellen  mit  Vorhebe 
verzehren,  die  bei  der  Mehrzahl  der  anderen  kaum  einen  Nährwert  besitzen 
(z.  B.  Ameisensäure,  Kohlenwasserstoffe,  Oxalsäure). 

Aber  selbst  solche  Saprophyten,  die  mit  recht  verschiedenen  Kohlenstoffverbindungen 
auskommen  (Omnivore),  haben  doch  ein  sehr  feines  Unterscheidungsvermögen  für  diese- 
So  wird  von  dem  Schimmelpilz  Penicillium  aus  gewöhnlicher  Weinsäure  zunächst  über- 
wiegend die  Rechtsweinsäure,  von  einer  Bakterienart  dagegen  zuerst  die  Linksweinsäure 
verarbeitet.  In  einem  Gemisch  von  Glykose  und  Glyzerin  wird  erstere  von  Aspergillus 
bevorzugt.  Das  Glyzerin  wird  also  durch  den  Zucker  vor  dem  Verbrauch  geschützt 
(Elektion  der  Nährstoffe),  während  es,  allein  dargeboten,  völlig  aufgebraucht  wird. 

Sehr  bemerkenswert  ist  die  Fähigkeit  mancher  Pilze,  auch  solche  orga- 
lusche  Verbindungen  auszunutzen,  die  wie  Stärke,  Zellulose  usw.  in  Wasser 
unlöslich  sind  und  demnach  erst  nach  zuvoriger  Verwandlung  und  Lösung 
aufnahmefähig  werden.  Diese  Pilze  und  Bakterien  scheiden  Stoffe  besonderer 
Art  (Enzyme;  vgl.  S.  229)  aus,  die  imstande  sind,  die  betreffenden  Stoffe  zu 
spalten  und  damit  löshch  zu  machen. 

Die  Saprophyten  sind  nach  dem  Gesagten  durch  die  Art  ihrer  Assimila- 
tionstätigkeit charakterisiert:  sie  können  den  ersten  Schritt  der  Assi- 
milation des  Kohlenstoffes,  den  die  grüne  Pflanze  mit  Hilfe  des 
Lichtes  vollzieht,  nicht  ausführen.  Dagegen  besteht  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  im  weiteren  Verlauf  der  Assimilation,  in  dem  Aufbau 
komplizierter  Verbindungen,   die   den   Körper  zusammensetzen,  aus  der  ge- 


Physiologie.  221 

boteiicn  einfachen  organischen  Verbindung  kein  Unterschied  gegenüber  den 
Autotrophen. 

Über  heterotrophe  Blütenpflanzen  vgl.  auch  S.  226. 

Den  Saprophyten  stehen  dann  Parasiten  gegenüber,  die  wir  in  reicher 
Auswahl  bei  Pilzen  und  Bakterien  finden;  doch  fehlen  sie  auch  unter  den 
Algen,  Cyanophyceen  und  den  höheren  Pflanzen  nicht  ganz. 

Daß  nun  diese  Parasiten  oder  wenigstens  viele  von  ihnen  Nährstoffe 
aus  dem  Wirte  aufnehmen,  sieht  man  dem  letzteren  oft  direkt  an;  er  kann 
durch  den  Parasiten  schwer  geschädigt,  ja  sogar  schließlich  getötet  werden. 
Welche  Stoffe  aber  im  einzelnen  es  sind,  die  der  Parasit  aufnimmt  und  zu 
seinerii  Gedeihen  bedarf,  ist  schwer  zu  sagen.  Da  vielfach  nur  Organismen 
einer  bestimmten  Verwandtschaft  (Famihe,  Gattung,  Art,  Kleinart)  von  einer 
Parasitenspezies  befallen  werden,  muß  man  annehmen,  daß  diese  bezüglich 
QuaUtät  und  Quantität  ihrer  Nahrung  ganz  spezifische  Anforderungen  macht. 
Eine  solche  Vermutung  wird  noch  dadurch  unterstützt,  daß  man  die  Mehr- 
zahl der  Parasiten  nicht  unabhängig  von  ihrem  Wirt  kultivieren  kann. 

B.  Assimilation  des  Stickstoffes. 

Wenn  die  grüne  Pflanze  den  Kohlenstoff  als  Kohlensäure  aus  der  Luft 
bezieht,  wo  dieses  Gas  in  relativ  sehr  geringer  Menge  vorhanden  ist,  so  könnte 
man  glauben,  daß  der  Riesenvorrat  von  Stickstoff  in  der  Atmosphäre  die 
erste  und  die  beste  Quelle  für  den  Bezug  dieses  Baustoffes  sei.  Jede  Wasser- 
kultur lehrt  indes  auf  das  eindringhchste,  daß  der  Luftstickstoff  von  der 
typischen  grünen  Pflanze  nicht  ausgenützt  werden  kann.  Läßt  man  den  ge- 
bundenen Stickstoff  aus  der  Nährlösung  weg,  so  ist  es  mit  dem  Gedeihen  der 
Pflanze  vorbei. 

In  der  Knop sehen  Nährlösung  war  der  Stickstoff  als  salpetersaures  Salz 
geboten,  und  diese  Form  gilt  auch  heute  noch  als  die  beste  für  die  höhere 
Pflanze.  Immerhin  muß  zugegeben  werden,  daß  auch  gewisse  Ammonium- 
verbindungen, z.  B.  schwefelsaures  oder  salzsaures  Ammonium,  den  Nitraten 
gleichwertig  sind,  da  sie  nicht  wie  z.  B.  kohlensaures  Ammonium  durch  alka- 
lische Reaktion  die  Pflanze  schädigen.  Auch  organische  Stickstoffverbindungen 
können  als  Nährstoffe  dienen,  so  z.  B.  Aminosäuren,  Säureamide,  Amine  usw., 
doch  ist  wohl  mit  keiner  von  ihnen  ein  so  guter  Erfolg  zu  erzielen  wie  mit 
Salpetersäure.  Auch  salpetrigsaure  Salze  können  eine  brauchbare  Stickstoff- 
nahrung abgeben,  wenn  sie  nicht  durch  zu  hohe  Konzentration  schädigen. 

Über  die  Assimilation  der  Salpetersäure  und  des  Ammoniaks  sind  wir 
nicht  annähernd  so  gut  orientiert  wie  über  die  der  Kohlensäure.  Wir  kennen 
den  Ort  der  Assimilation  nicht  genau,  wir  wissen  über  die  mitwirkenden 
äußeren  Umstände  nicht  so  gut  Bescheid,  und  wir  sind  endlich  über  die  auf- 
tretenden Produkte  nicht  ganz  im  klaren.  In  letzter- Linie  handelt  es  sich  vor 
allem  um  Bildung  von  Eiweiß,  also  um  eine  sehr  viel  komphziertere  Substanz 
als  die  Kohlehydrate  sind,  eine  Substanz,  die  neben  C,  H  und  0  stets  ca.  15 
bis  19%  N  und  außerdem  auch  noch  S.  eventuell  auch  P  enthält.  Einen  Ein- 
blick in  den  Bau  des  Eiweißmoleküls  haben  uns  vor  allem  die  methodischen 
Studien  über  den  Eiweißabbau  gegeben.  Sie  zeigten,  daß  im  Eiweiß  eine 
große  Anzahl  von  Aminosäuren  durch  Wasserabgabe  miteinander  verkettet 
sind.  So  wie  nun  Emil  Fischer  künstlich  durch  Zusammenschweißen  von 
Aminosäuren  und  darauffolgende  Kondensation  eiweißähnliche  Körper  (Poly- 
peptide) hergestellt  hat,  so  wird  es  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auch  in 
der  Pflanze  sich  darum  handeln,  daß  zunächst  solche  Aminosäuren  gebildet 
und  dann  gekoppelt  werden.  Betrachtet  man  nun  die  einfachste  Aminosäure, 
das  Glykokoll  NH2CH2  •  CO2H,  das  freilich  in  der  Pflanze  nicht  sehr  verbreitet 


222  Jost: 

ist,  so  zeigt  sich,  daß  diese  sich  von  der  Essigsäure  ableiten  läßt,  wenn  man  ein 
am  Kohlenstoff  hängendes  H-x\tom  durch  eine  jN^Ha- Gruppe  ersetzt.  Es  muß 
also  die  aufgenommene  HNO3  reduziert  werden,  wenn  ihr  Stickstoff  zum 
Aufbau  von  Eiweiß  verwendet  werden  soll.  Diese  Reduktion  ist  unabhängig 
von  Sonnenlicht  und  Chlorophyll;  auch  im  Dunkeln  und  von  farblosen  Teilen 
wird  Salpetersäure  assimihert(^"^).  —  Indirekt  freilich  wird  das  Chlorophyll 
und  ebenso  das  Licht  von  Bedeutung  für  die  Eiweißsynthese  sein  können, 
insofern  als  auch  C-haltige  organische  Substanz  für  den  Eiweißaufbau  nötig 
ist,  und  diese  in  der  Sonne  vom  Chlorophyll  gebildet  wird.  Wegen  ihres  reich- 
hchen  Gehaltes  an  Kohlehydraten  werden  deshalb  die  Laubblätter  besonders 
zur  Eiweißbildung  geeignet  sein;  sie  sind  aber  durchaus  nicht  in  dem  Grade 
,, Organe  der  Eiweißbildung",  wie  sie  Organe  der  Kohlehydratbildung 
sind.  Auch  kann  man  bei  vielen  Pflanzen  (vor  allem  bei  den  Ruderalpflanzen, 
z.  B.  Chenopodium,  Amarantus,  Urtica)  die  Salpetersäure  noch  in  den  Blättern 
nachweisen,  bei  der  Mehrzahl  scheint  sie  schon  sofort  nach  ihrer  Aufnahme  in 
der  Wurzel  verändert  zu  werden. 

Ebensowenig  wie  über  die  Assimilation  der  Salpetersäure  sind  wir  über 
die  Assimilation  des  Ammoniaks  unterrichtet.  Da  hierbei  nicht  erst  eine  Re- 
duktion nötig  ist,  sollte  man  das  Ammoniak  für  leichter  assimilierbar  halten 
als  die  Salpetersäure;  in  den  Fällen,  wo  bei  der  Wasserkultur  ein  Zusatz  von 
Ammoniak  weniger  günstig  wirkt  als  Salpetersäure,  werden  wahrscheinlich 
irgendwelche   Nebenwirkungen  des   NH3  in  Betracht  kommen. 

Die  hypothetischen  Zwischenprodukte  zwischen  den  aufgenommenen 
Stickstoff  Verbindungen  und  dem  fertigen  Eiweiß,  d.  h.  verschiedene  Amino- 
säuren und  ihnen  nahestehende  Substanzen,  fehlen  wohl  keinem  Pflanzenteil. 
Besonders  verbreitet  sind  Leucin,  Tyrosin  und  Asparagin.  Aber  nur  selten 
wird  man  mit  Bestimmtheit  entscheiden  können,  ob  diese  Stoffe  synthetisch 
aus  Ammoniak  oder  Salpetersäure,  oder  ob  sie  durch  Eiweißabbau  entstanden 
sind  (vgl.  S.  231). 

Außer  im  Eiweiß  finden  wir  den  Stickstoff  auch  noch  in  den  Lezi- 
thinen  und  den  organischen  Pflanzenbasen.  Erstere  sind  komph zierte 
Ester,  in  denen  sich  Glyzerin  mit  zwei  Molekülen  Fettsäure,  einem  Molekül 
Phosphorsäure  und  der  N-haltigen  Base  Cholin  verbunden  hat.  Sie  fehlen 
keinem  lebenden  Protoplasma.  —  Die  meisten  organischen  Basen  (Alkaloide) 
dürften  Nebenprodukte  der  N- Assimilation  sein  und  keine  Verwendung  mehr 
finden. 

Wenn  man  im  allgemeinen  sagen  kann,  daß  die  typische  autotrophe 
Pflanze  den  Stickstoff  als  Salpetersäure  ebensogut  oder  besser  zu  assimilieren 
versteht  wie  als  Ammoniak,  so  trifft  das  für  die  Mehrzahl  der  Pilze  nicht  zu. 
Nur  wenige  von  ihnen  nehmen  überhaupt  mit  Salpetersäure  vorlieb;  in  der 
Regel  gelten  Ammoniumsalze  als  beste  anorganische  N-haltige  Nahrung  für 
sie.  Es  ist  oft  behauptet  worden,  daß  manche  Pilze  mit  so  einfachen  Stickstoff- 
verbindungen nicht  auskommen,  oder  daß  sie  wenigstens  leichter  und  sicherer 
aus  organischen  N- Verbindungen  die  komplizierteren  Körpersubstanzen 
aufbauen.  Da  aber  offenbar  viele  Fehlerquellen  bei  diesen  Untersuchungen 
nicht  berücksichtigt  wurden,  bedarf  diese  Frage  einer  erneuten  Untersuchung (*i) 

An  dieser  Stelle  müssen  auch  die  insektenfressenden,  fleisch- 
fressenden oder  karnivoren  Pflanzen  genannt  werden^^^  (vgl.  S.  158). 
Es  sind  das  Pflanzen,  die  mit  Einrichtungen  zum  Fangen  und  Festhalten 
kleiner  Tiere,  Insekten  vor  allen  Dingen,  versehen  sind,  und  die  dann  durch 
ausgeschiedene  Enzyme  die  Beute  soweit  als  möglich  auflösen,  verdauen  und 
resorbieren.  Alle  diese  Insektivoren  besitzen  Chlorophyll;  es  kann  ihnen  also 
gewiß  nicht  in  erster  Linie  auf  den  Gewinn  organisch  gebundenen  Kohlen- 


Physiologie.  223 

Stoffes  ankommen.  Es  ist  auch  bekannt,  daß  sie  ohne  tierische  Nahrung  ganz 
gut  gedeihen,  doch  wird  durch  Zufuhr  einer  nicht  zu  großen  Menge  animalischer 
Substanz  eine  entschiedene  Förderung  erzielt,  die  sich  in  vermehrter  Frucht- 
und  Samenproduktion  kenntlich  macht.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  aber 
keineswegs  bewiesen,  daß  die  Karnivorie  auf  den  Gewinn  von  brauchbarem 
Stickstoff  hinausläuft.  Ob  dieser  an  den  Wohnorten  der  Insektivoren  —  sie 
wachsen  vielfach  in  nährsalzarmem  Torfmoor  oder  Wasser  —  nur  der  Quantität 
nach  unzureichend  ist,  oder  ob  seine  Quahtät  da  nicht  optimal  ist,  muß  dahin- 
gestellt bleiben.  Die  Möghchkeit  besteht  zweifellos,  daß  organisch  gebundener 
Stickstoff  diesen  Pflanzen  besonders  zuträghch  ist.  Daneben  ist  es  freilich 
auch  nicht  ausgeschlossen,  daß  die  Insektivoren  nicht  allein  Stickstoff,  sondern 
auch  andere  Nährsalze,  vor  allem  Kali  und  Phosphorsäure,  aus  ihrer  Beute 
gewinnen.  Ob  diese  Nährsalze  dann  in  organischer  Bindung  ausgenützt  werden 
oder  ob  sie  bei  dem  Verdauungsprozeß  in  anorganische  Form  übergeführt 
werden,  wissen  wir  nicht.  Im  letzteren  Falle  würde  der  Nutzen  der  Insektivorie 
vor  allem  darin  gesucht  werden  müssen,  daß  mehr  Nährstoffe  gewonnen  werden, 
als  der  Boden  bietet. 

Vollkommen  geklärt  ist  die  Karnivorie  auch  heute  noch  nicht.  Man  hat  darauf  hin- 
gewiesen, daß  die  Insektivoren  mehrfach  ein  sehr  schwaches  Wurzelsystem  besitzen;  das 
trifft  aber  für  Nepenthes  nicht  zu.  Eine  Mykorrhiza  (S.  226),  die  wahrscheinlich  eine 
vermehrte  Aufnahme  von  Bodensalzen  bewirkt,  fehlt  den  Insektivoren  aber  allgemein. 

Die  fleischfressenden  Pflanzen  scheinen  dem  Laien  in  ihrer  Ernährungs- 
weise weit  von  den  anderen  Pflanzen  abzuweichen  und  mehr  an  die  Tier- 
welt heranzukommen.  Wie  die  Tiere,  so  nützen  auch  die  Insektivoren  feste 
Nahrung  aus,  die  sie  durch  ausgeschiedene  Enzyme  verflüssigen,  ehe  sie  sie  in 
ihre  Zellen  aufnehmen.  Daß  bei  den  Tieren  die  ,, Verdauung"  der  Nahrung  im 
Magen  sich  vollzieht,  bei  den  Insektivoren  aber  manchmal  wenigstens  in  einem 
Gebilde,  das  dem  Magen  vergleichbar  ist  (Kannen  usw.),  macht  die  Ähnlich- 
keit der  beiden  Gruppen  besonders  groß.  Es  verdient  aber  hervorgehoben 
zu  werden,  daß  in  physiologischer  Hinsicht  manche  Pilze  und  Bakterien 
den  Tieren  entschieden  näher  stehen.  Denn  sie  können  wie  Tiere  ihre  gesamte 
Nahrung  durch  Verdauung  fester  organischer  Körper  gewinnen,  während  ja 
die  Insektivoren  wenigstens  bezüglich  des  Kohlenstoffes  autotroph  sind. 

An  die  Insektivoren  schließen  sich  gewisse  phanerogame  Parasiten(*^) 
an,  die  oben  S.  221  nicht  erwähnt  worden  sind,  weil  sie  durch  den  Besitz 
grüner  Blätter  schon  anzeigen,  daß  sie  bezüglich  des  Kohlenstoffes  auto- 
troph sind.  Trotzdem  sind  sie  ausgesprochene  Parasiten,  die  sich  nur  dann 
normal  entwickeln,  wenn  ihr  Wurzelsystem  mit  fremden  Wurzeln  oder  zur 
Not  auch  mit  denen  der  Artgenossen  durch  Haustorien  verbunden  ist.  So 
leben  z.  B.  die  Santalacee  Thesium  und  auch  viele  Rliinanthaceen ;  von  letzteren 
zeigt  Tozzia,  zumal  in  den  ersten  Entwicklungsstadien,  die  parasitische 
Lebensweise  am  meisten  ausgeprägt.  Unsere  einheimische,  in  Baumkronen 
wurzelnde  Mistel  besitzt,  wie  viele  ihrer  fremdländischen  Verwandten  (Loran- 
thaceen),  ebenfalls  noch  statthche  Blätter  und  ist  so  reich  an  Chlorophyll, 
daß  sie  ihren  Bedarf  an  Kohlehydraten  vollständig  selbst  zu  decken  vermag. 
Wasser  und  Nährsalze  aber  entnimmt  sie  der  Wirtspflanze.  Dementsprechend 
ist  ihr  Wurzelsystem  weitgehend  reduziert.  Das  gleiche  trifft  auch  für  die  oben 
genannten  Rhinanthaceen  zu.  In  welcher  Form  sie  die  Nährsalze  aus  dem  Wirt 
entnehmen,  ist  indes  noch  unbekannt. 

In  scharfem  Gegensatz  zu  den  Karnivoren,  die  vielleicht  durch  organisch 
gebundenen  Stickstoff  gefördert  werden,  stehen  gewisse  Mikroorganismen, 
die  bezüghch  ihres  Stickstoffgewinnes  autotroph,  bezüglich  ihrer  Kohlen- 
stoffassimilation dagegen  durchaus  heterotroph  sind.     Wir  sprechen  von  den 


224 


Jost: 


Organismen,  die  imstande  sind,  den  atmosphärischen  Stickstoff  zu- 
binden. Der  Nachweis  ihrer  Existenz  wurde  erst  am  Ende  des  vorigen  Jahr- 
hunderts, vor  allem  durch  die  Arbeiten  von  Winogradsky,  Hellriegel  und 
WiLFARTH  erbracht  (^*). 

Es  sind  zunächst  einmal  gewisse  heterotrophe  Bakterien,  wie  Clostridium 
Pasteurianum  und  Verwandte  sowie  Azotobacter  chroococcum,  die  im  einzelnen 
unter  recht  verschiedenen  äußeren  Bedingungen  im  Boden  des  Ackers  freien 
Stickstoff  binden  und  damit  eine  für  ihr  eigenes  Gedeihen  wie  für  das  vieler 
anderer  Organismen  außer- 
ordentlich wichtige  Eigenschaft 
besitzen,  die  auch  für  die  Land- 
wirtschaft von  großer  Bedeutung 
ist.  Im  Wasser  scheinen  wieder 
andere  Bakterien  im  gleichen 
Sinne  tätig  zu  sein.     Eine  nach 


Fig.  249.  Eine  aus  dem  Boden 
geliobene  Wurzel  der  Feldbohne 
(Vicia  faba),  dicht  besetzt  mit 
13akterienknöllchen.  Verkleinert. 
Nach  NoLL. 


^ 


4  5 

Fig.  250.  /  Junge  Knöllchen  K  auf  einer  Wurzel  IV 
von  Vicia  faba.  B  Großzelliges  mit  Bakterienmasse 
angefülltes  Gewebe,  bei  M  dessen  „Meristem''. 
T  Tracheidenzüge.  Vergr.  60fach.  2  Eine  mit 
Tausenden  von  Bakterien  erfüllte  Zelle  des  Knöll- 
chens,  mit  benachbarten  nicht  infizierten  Zellen. 
Vergr,  320fach.  3  Ein  infiziertes  Wurzelhaar  mit 
dem  „Infektionsfaden''  im  Innern.  Vergr.  320fach. 
4  Formen  von  „Bakteroiden".  5  Unveränderte 
Bakterien.     Vergr.  1200fach.     Nach  Noll. 


neueren  Untersuchungen  immer  größer  werdende  Zahl  niederer  Pilze  scheint  die 
gleiche  Befähigung,  wenn  auch  meist  in  geringerem  Grade,  zu  besitzen.  Neben 
diesen  freilebenden  gibt  es  auch  noch  im  Innern  von  höheren  Pflanzen  auf- 
tretende Mikroorganismen  von  gleicher  Wirksamkeit.  Unter  diesen  sind  am  besten 
studiert  die  verschiedenen  Formen  des  Bacillus  radicicola,  die  die  Wurzeln 
von  Leguminosen  befallen  und  an  ihnen  in  oft  großer  Zahl  gallenartige  Knöll- 
chen (Fig.  249  u.  250)  erzeugen.    Soviel  wir  wissen,  handelt  es  sich  hier  um  eine 


Physiologie. 


225 


Art  gegenseitigen  Parasitismus,  d.  h.  um  eine  auf  wechselseitiger  Ergänzung 
beruhende  Lebensgemeinschaft,  wie  sie  von  de  Bary  als  Symbiose  bezeichnet 
worden  ist.  Die  Leguminosen  erscheinen  dann,  abweichend  von  den  meisten 
grünen  Pflanzen,  als  Stickstoffsammler (*^),  was  durch  Gilbert  und  Lawes 
in  England,  durch  Schultz-Lupitz  in  Deutschland  zuerst  festgestellt  worden  ist. 
Die  stabförmigen  Bakterien  dringen  durch  die  "Wurzelhaare,  deren  Wand  sie  lokal 
zur  Aufquellung  bringen,  in  die  Rinde  der  Wurzel  ein,  verursachen  hier  die  genannten 
Wucherungen  der  Parenchymzellen  und  füllen  diese  mit  einer  Bakterienniasse  an,  die 
schließlich    in   abnorm    gebildete   vergrößerte    und    verzweigte,    aber   noch  Wachstums-  und 


Fig.  251.  /  Längsschnitt  durch  die  Wurzelspitze  von  Pinus  silvestris  mit  ektotrojiher 
Mykorrhiza.  Vergrößert.  2  Ein  Teil  der  Fig.  1  stärker  vergrößert;  vom  äußeren  Pilz- 
mantel gehen  Hyphen  aus,  die  zwischen  die  Zellen  der  Rinde  dringen.  3  Längsschnitt 
durch  die  Wurzeispitze  von  Neottia.  Drei  Zellreihen  mit  dunklem  Inhalt  führen  die  Pilze 
(endotrophe  Mykorrhiza).  Vergrößert.  4  Ein  Teil  der  Fig.  3  stärker  vergrößert. 
Die  mittlere  pilzbewohnte  Schicht  besteht  aus  Pil z wir tz eilen,  in  denen  die  Pilze  er- 
halten bleiben;  die  äußere  und  die  innere  sind  Verdauungszellen.    Nach  Werxer  Magnus. 

(Kny,  Wandtafeln.) 

teilungsfähige  Formen,  die  sog.  Bakteroiden,  übergeht.  Während  die  Bakterien  von 
dem  Überschuß  der  Kohlehydrate  ihres  Wirtes,  in  der  ersten  Zeit  auch  noch  von  dessen 
Eiweiß  zehren,  kommt  den  Bakteroiden  die  Fähigkeit  zu,  den  atmosphärischen  Stickstoff 
zu  binden.  Die  Leguminose  aber  kann  andauernd  den  Bakteroiden  den  gebundenen 
Stickstoff  entziehen.     Man   hat  berechnet,   daß  Lupinen  pro  Hektar  auf  diesem  Wege  bis 

Strasburser,  Lehrbuch  der  Butiinik.     10.  .\ufl.  lö 


226  Jost: 

zu  200  kg  Stickstoff  zu  gewinnen  vermögen,  also  mehr  als  in  300  Doppelzentnern  Stall- 
mist durchschnittlich  enthalten  ist.  Demnach  hat  diese  Stickstoffbindung  eine  große  Be- 
deutung für  die  Landwirtschaft,  und  man  sucht  sie  durch  Impfung  der  Felder  mit  wirk- 
samem Boden  oder  mit  Reinkulturen  besonders  virulenter  Bakterien  zu  fördern.  Bei  der 
Kultur  der  Seradella  (Leguminose)  ist  denn  auch  durch  Impfung  eine  erhebliche  Steigerung 
der  Produktion  erzielt  worden;  während  der  ungeimpfte  Boden  5  kg  Frischgewicht  pro  Ar 
ergab,  wurden  nach  Impfung  400  kg  pro  Ar  geerntet.  —  Stehen  der  Leguminose  genügend 
Nitrate  im  Boden  zur  Verfügung,  so  vermag  sie  mit  diesen  vorzüglich  zu  gedeihen;  da  die 
Nitrate  zugleich  auf  Bacillus  radicicola  schädlich  wirken,  so  kommt  es  unter  diesen  Um- 
ständen gar  nicht  zur  Knöllchenbildung. 

Außer  bei  den  Leguminosen  kommen  auch  bei  Alnus,  Elaeagnus  und  Casuarina 
regelmäßig  Wurzelknöllchen  durch  Infektion  mit  niederen  Pflanzen  zustande.  Elaeagnus 
und  Alnus  können  den  freien  atmosphärischen  Stickstoff  assimilieren,  wenn  ihre  Wurzeln 
Knöllchen  besitzen.  Auch  Podocarpus  hat  die  gleiche  Befähigung.  Hier  aber  handelt  es 
sich  um  die  Verbindung  der  Wurzel  mit  einem  Pilz,  um  eine  „Mykorrhiza"  (*"). 

Eine  Mykorrhiza  findet  sich  bei  zahlreichen  Pflanzen,  vor  allem  solchen,  die  im 
Humus  der  Wälder  und  Heiden  leben.  Man  unterscheidet  zwei  Extreme,  die  durch 
Zwischenstufen  verbunden  sind,  als  ekto-  und  endotrophe  Mykorrhiza.  Bei  der 
ersteren  (Fig.  251,  /,  2)  umgibt  ein  Mantel  von  Pilzhyphen  die  Wurzel  und  umhüllt  auch 
schon  deren  Vegetationspunkt  (viele  unserer  Bäume,  Monotropa);  bei  der  letzteren 
(Fig.  251,  3,  4)  lebt  der  Pilz  in  den  Zellen  gewisser  Wurzelschichten  und  sendet  nur 
einzelne  Fäden  in  den  Boden  (Orchideen,  Ericaceen,  viele  Liliaceen).  —  Die  endotrophen 
Mykorrhizapilze  werden  von  den  Zellen  der  Wurzel  teilweise  verdaut;  es  müssen  also  alle 
dabei  freiwerdenden  Stoffe  der  Phanerogame  zugute  kommen.  Wenn  auch  noch  nicht  ganz 
sichergestellt  ist,  ob  der  Pilz  die  Fähigkeit  hat,  atmosphärischen  Stickstoff  zu  binden,  so 
kann  man  doch  wohl  sagen,  die  endotrophe  Mykorrhiza  sei  einigermaßen  klar- 
gelegt. Sie  ist  auch  in  manchen  Fällen  als  eine  ganz  unentbehrliche  Assoziierung  erkannt, 
insofern  als  bei  den  Orchideen  vielfach  schon  die  Keimung,  bei  den  Ericaceen  die  Weiter- 
entwicklung des  Keimlings  unterbleibt,  wenn  der  Pilz  fehlt.  Weniger  klar  liegen  die 
Verhältnisse  bei  der  ektotrophen  Mykorrhiza.  Hier  stehen  sich  noch  immer  mehrere 
Anschauungen  unvermittelt  gegenüber:  nach  der  einen  soll  der  Pilz  ein  reiner,  also  auch 
im  Grunde  schädlicher  Parasit  sein;  nach  der  zweiten  ist  die  Blütenpflanze  der  Parasit; 
die  dritte  nimmt  eine  wirkliche  Symbiose  zwischen  beiden  Organismen  an  und  stellt 
sich  mit  Stahl  die  Beziehungen  zwischen  beiden  etwa  in  folgender  Art  vor:  der  Pilz 
nimmt  sehr  energisch  Nährsalze  aus  dem  Boden  und  versorgt  mit  diesen  auch  die  auto- 
trophe  Blütenpflanze;  diese  liefert  dem  Pilz  dafür  organische  Nahrung.  Da  aber  eine 
ektotrophe  Mykorrhiza  sich  auch  bei  farblosen  Phanerogamen  (z.  B.  Monotropa)  findet,  so 
muß  wenigstens  hier  an  einen  Parasitismus  der  Blütenpflanze  gedacht  werden. 

Das  gleiche  dürfte  bei  endotropher  Mykorrhiza  für  die  nicht  grünen  Orchideen 
(Neottia,  Coralliorhiza,  Epipogon)  gelten,  die  also  nicht  saprophytisch  vom  Humus  leben, 
sondern  offenbar  von  den  Mykorrhizapilzen  ernährt  werden. 

Die  Konsortien  von  Algen  und  Pilzen,  die  man  Flechten  nennt,  finden  gewöhnlich 
eine  Deutung,   die  der  dritten  bei  der  ektotrophen  Mykorrhiza  angeführten  entspricht  (^'). 

Neuerdings  sind  in  den  Blättern  von  tropischen  Pflanzen  (Rubiaceen  und  Myrsi- 
naceen)  Knöllchen  gefunden  worden,  die  einer  Infektion  durch  Bakterien  ihren  Ursprung 
verdanken.  Während  aber  bei  den  Leguminosen  die  Infektion  immer  von  dem  zufälligen 
Zusammentreffen  zwischen  Bakterien  und  Blütenpflanze  abhängt,  wird  bei  den  genannten 
Pflanzenfamilien  schon  dem  Embryo  in  der  Mutterpflanze  eine  gewisse  Bakterienmasse 
mitgegeben;  und  wenn  diese  künstlich  ferngehalten  wird,  erfolgt  die  Entwicklung  bei 
Ardisia  anomal.  Daß  auch  hier  eine  Assimilation  von  freiem  Stickstoff  stattfindet,  ist 
wenigstens  für  die  Rubiaceen  erwiesen  {*^). 

C.  Assimilation  der  übrigen  Stoffe. 

Die  Schwefelsäure  schließt  sich  im  Stoffwechsel  der  Pflanze  am  engsten 
an  den  Stickstoff  an,  da  sie  ja  ebenfalls  zum  Aufbau  von  Eiweißstoffen,  die 
etwa  % — 1/4%  S  enthalten,  Verwendung  findet.  Wo  und  unter  welchen 
Bedingungen  ihre  Assimilation  stattfindet,  ist  noch  unklar;  nur  so  viel  ist 
bekannt,  daß  dabei  eine  Reduktion  stattfinden  muß.     Bei  einigen  Pflanzen 


Physiologie.  227 

findet  Schwefel  nicht  nur  im  Eiweiß,  sondern  auch  in  anderen  Verbindungen 
Verwendung. 

Die  Phosphorsälire  schheßt  sich  insofern  an  die  Schwefelsäure  an,  als 
sie  zum  Aufbau  wenigstens  gewisser  Proteinsubstanzen  (Nukleoalbumine) 
und  vor  allem  der  Nukleoproteide  der  Zellkerne  in  einer  Menge  von  0,3—3% 
dient  Im  Gegensatz  zur  Schwefelsäure  wird  die  Phosphorsäure  bei  ihrer 
Aufnahme  in  diese  Moleküle  nicht  reduziert.  Auch  die  in  keiner  Pflanze  fehlen- 
den Lezithine  (vgl.  S.  222)  enthalten  Phosphor;  ebenso  das  besonders  im  Samen 
auftretende  Phytin. 

Die  Metalle.  Kalium,  Kalzium,  Magnesium  und  Eisen  sind,  wie  z.  B. 
durch  die  Wasserkulturmethode  gezeigt  wurde,  ebenso  unentbehrlich  wie 
irgendeiner  der  bisher  besprochenen  Stoffe;  es  ist  zum  mindesten  für  Kalium 
und  Magnesium  sehr  wahrscheinhch,  daß  sie  am  Aufbau  gewisser  Verbindungen 
teilnehmen,  die  für  die  Existenz  der  Pflanze  wesentlich  sind.  Vermutlich  ent- 
hält z.  B.  das  Protoplasma  solche  Stoffe.  Aber  auch  andere  Substanzen  können 
sie  enthalten;  so  ist  z.  B.  für  den  ChloiophylJfarbstoff  ein  beträchtlicher  Gehalt 
an  Magnesium  nachgewiesen.  Man  glaubte  früher  irrtümlicherweise,  das 
Chlorophyll  enthalte  Eisen,  weil  in  einer  Nährlösung  ohne  Fe  die  Cliloropl asten 
gelb  bleiben  (Chlorose  S.  205).  Wir  wissen  jetzt,  daß  das  Chlorophyll  eisenfrei 
ist  und  daß  auch  nichtgrüne  Pflanzen  Eisen  nötig  haben ;  deshalb  gewinnt  die 
Vermutung  an  Wahrscheinlichkeit,  daß  das  Protoplasma  selbst  Eisen 
bedürfe,  und  daß  die  Chlorose  bei  Fe-Mangel  die  Folge  eines  kranken  Proto- 
plasmas sei. 

Kalium,  Magnesium  und  Eisen  müssen  demnach,  da  sie  in  die  Pflanzen- 
substariz  übergehen,  irgendwo  assimiliert  werden.  Wo  und  wie  das  geschieht, 
ist  noch  unbekannt.  —  Etwas  anders  liegt  die  Sache  beim  Kalzium.  Es  ist 
bei  manchen  Pflanzen  (Algen)  entbehrt ch,  bei  anderen  hat  es  jedenfalls  in 
erster  Linie  eine  schützende  Wirkung,  insofern  als  es  Giftwirkungen,  die 
von  Eisen,  Magnesium,  KaUum  und  Natrium,"  aber  auch  von  Phosphorsäure, 
Schwefelsäure,"  Salpetersäure  und  Salzsäure  ausgehen,  aufzuhalten  vermag. 
Es  ist  aber  nicht  wahrscheinhch,  daß  auch  bei  den  höheren  Pflanzen  seine 
UnentbehrHchkeit  durch  diese  Schutzwirkung  allein  bedingt  ist. 

Bei  Besprechung  der  Insektivoren  und  gewisser  grüner  Parasiten  ist 
darauf  hingewiesen  worden,  daß  diese  vielleicht  die  Aschensubstanzen  bereits 
in  organischer  Bindung  aufnehmen.     Sicheres  ist  aber  nicht  bekannt. 

Wasser.  Daß  das  Wasser  unentbehrlich  für  die  Pflanze  ist,  wissen  wir. 
Wenn  es  aber  ohne  chemische  Umwandlung  als  Wasser  in  den  Pflanzenkörper 
eingelagert  wird,  werden  wir  nicht  von  ,, Assimilation"  sprechen.  So  z.  B.  bei 
dem  Wasser,  das  die  Vakuole  füllt,  oder  das  in  Plasma  und  Zellhaut  eingelagert 
ist.  Anders  wenn  das  Wasser  chemisch  gebunden  wird.  Das  findet  z.  B. 
notwendigerweise  statt,  wenn  aus  Kohlensäure  Kohlehydrate  entstehen  und 
wahrscheinlich  auch  anderwärts.  In  diesen  Fällen  kann  man  demnach  von  einer 
Assimilation  des  Wassers  mit  dem  gleichen  Recht  reden,  wie  man  von  Assi- 
milation der  Kohlensäure  spricht. 

IV.  Wanderung  und  Wandlung  der  Assimilate. 

Die  Assimilate  dienen  in  erster  Linie  als  Baustoffe  zum  Aufbau  neuer 
Pflanzensubstanz,  also  zur  Herstellung  neuer  Zellen;  daneben  finden  sie  auch 
Verwendung  als  Reserven,  als  Wanderstoffe,  und  ein  Teil  von  ihnen  wnrd 
als  Betriebsstoffe  verbraucht,,  während  andere  in  Exkrete  oder  Sekrete 
tibergeführt  werden. 

15* 


228  Jost: 

Nur  selten  findet  das  Wachstum  an  den  Stellen  statt,  die  assimilatorisch 
tätig  sind;  die  Kohlensäureassimilation  z.  B.  erfolgt  größtenteils  in  aus- 
gewachsenen Laubblättern,  während  das  Wachstum  in  der  Nähe  der  Vege- 
tationspunkte, räumlich  mehr  oder  minder  weit  von  den  Blättern  entfernt, 
sich  vollzieht.  Auch  zeitlich  fällt  Organbildung  und  Assimilationstätigkeit 
nur  teilweise  zusammen.  Viele  Pflanzen  haben  Zeiten  lebhafter  Assimilation, 
die  mit  geringer  Organbildung  verbunden  ist;  und  abwechselnd  damit  dann 
umgekehrt  Zeiten  lebhaften  Wachstums  bei  geringer  oder  gänzlich  fehlender 
Assimilationstätigkeit.  Unsere  Bäume  verheren  im  Herbst  die  Blätter,  unsere 
Stauden  die  ganzen  oberirdischen  Organe;  beide  müssen  im  Frühjahr  erst 
neue  Assimilationsorgane  bilden,  ehe  sie  mit  erneuter  Assimilation  beginnen, 
und  zu  dieser  Organbildung  brauchen  sie  gespeicherte  Assimilate.  Auch 
jeder  keimende  Same  lebt  zunächst  auf  Kosten  der  Assimilate  einer  älteren 
Generation.  Solche  gespeicherte  Assimilate  nennt  man  Reservestoffe.  Sie 
können  am  Ort  ihrer  Bildung  deponiert  sein,  oder  sie  können  sich  an  sekun- 
därer Lagerstätte  befinden.  Den  ersten  Fall  illustriert  jedes  Laubblatt,  das 
am  Abend  eines  hellen  Sommertages  mit  Stärke  überfüllt  ist.  Den  zweiten 
sehen  wir  bei  Samen,  die  in  einem  besonderen  Nährgewebe  (Endosperm) 
oder  in  den  Kotyledonen  die  Reserven  beherbergen,  doch  auch  an  Vegetations- 
organen, die  als  Reservestoffbehälter  schon  an  ihrer  Gestalt  kenntlich  sind, 
so  die  angeschwollenen  Blätter  der  Zwiebeln,  die  angeschwollenen  Stengel 
(z.  B.  Kartoffel)  oder  Wurzeln  (z.  B.  Rübe).  Wenn  Assimilate  in  diese  Reserve- 
stoffbehälter  gelangen  sollen,  so  müssen  sie  wandern,  und  wenn  sie  aus  diesen 
Behältern  austreten  und  für  Organbildung  verwendet  werden  sollen,  so  müssen 
sie  abermals  wandern.  Viele  Reservestoffe  oder  Assimilate  sind  aber  zunächst 
in  einer  Form  gegeben,  die  ihnen  den  Übertritt  von  Zelle  zu  Zelle  ganz  unmög- 
lich macht,  sie  sind  fest;  man  denke  an  die  Stärke.  Andere  sind  zwar  gelöst, 
aber  sie  besitzen  so  große  Moleküle,  daß  sie  wenig  diffusionsfähig  sind  (z.  B. 
Inulin).  Aus  diesen  Gründen  sieht  man  die  Reservestoffe  in  der  Regel  einer 
Umwandlung  (,, Mobilisierung")  unterworfen,  ehe  ihre  Wanderung  beginnt. 

A.  Mobilisierung  der  Reservestoffe. 

Bei  der  Mobilisierung  der  Reservestoffe  handelt  es  sich  meist  um  eine 
wenig  tiefgreifende  Veränderung,  eine  sog,  Hydrolyse,  d.  h.  um  eine  unter 
Wasseraufnahme  vor  sich  gehende  Zerspaltung  in  kleinere  Moleküle.  Diese 
ist  bei  den  drei  Grundtypen  der  Reservestoffe,  den  Kohlehydraten,  den  Fetten, 
den  Eiweißkörpern  gesondert  zu  betrachten. 

1.  Hydrolyse  der  Kohlehydrate. 
Die  Stärke  ist  einer  der  wichtigsten  Reservestoffe  der  Pflanze.  Sie  bildet 
bei  Samen  sowie  bei  Knollen  und  Zwiebeln  nicht  selten  die  Hauptmasse  der 
Reserven.  Tn  der  Kartoffelknolle  besteht  20%,  im  Weizensamen  70%  der 
frischen  Substanz  aus  ihr.  Auch  im  Mark,  dem  Holzparenchym,  den  Mark- 
strahlen und  der  Rinde  der  Bäume  ist  sie  in  reicher  Menge  enthalten.  Chemisch 
gilt  heute  die  Stärke  als  ein  polymerisiertes  Maltoseanhydrid,  dem  wahr- 
scheinlich die  Formel  (CjaHaoOjo),!  zukommt (*^'').  Sie  ist  völlig  unlöslich;  um 
wanderungsfähig  zu  werden,  muß  sie  abgebaut  werden.  In  unseren  Fabriken 
geschieht  das  durch  Behandlung  mit  Säuren.  Der  im  Handel  befindliche 
Traubenzucker  wird  durch  Behandlung  von  Kartoffelstärke  mit  Schwefel- 
säure gewonnen.    Entsprechend  der  Formel 

(Ci2H2oO,o)n    +  2n  H^O  =  u  CeHi^Oe 

wird  das   Stärkemolekül   unter  Wasseraufnahme  in  n  Glykosemoleküle  zer- 
spalten.   In  der  Pflanze  geht  aber  die  Hydrolyse  unter   dem  Einfluß  eines 


Physiologie. 


229 


besonderen  Stoffes,  der  Diastase,  vor  sich.  Es  ist  das  eine  Substanz,  die  man 
mit  Wasser  oder  Glyzerin  aus  der  Pflanze  herauslösen  kann.  Durch  Zusatz 
von  Alkohol  wird  sie  aus  dem  Extrakt  ausgefällt  und  kann  nach  abermaliger 
Lösung  wieder  die  gleiche  Wirkung  auf  Stärke  ausüben  wie  zuerst.  Nach 
Erhitzung  wird  sie  aber  unwirksam.  Willstätter  hat  durch  Adsorption 
Enzyme,  darunter  auch  eine  Diastase,  weitgehend  gereinigt  und  hat  gezeigt, 
daß  sie  weder  zu  den  Kohlehydraten  noch  zu  den  Proteinen  gehört.  Von 
anderen  Enzymen  unterschied  sich  dieses  Präparat  nur  durch  seine  Wirkung 
auf  Stärke,  chemisch  aber  gar  nicht;  nach  dem  Erhitzen  war  überhaupt 
jeder  Unterschied  verschwunden.  So  birgt  die  Frage  nach  der  chemischen 
Natur  der  Diastase  und  anderer  Enzyme  noch  viele   Eätscl(*9). 

Diese  Diastase  hat  nun  eine  ganz  ähnliche  Wirkung  auf  Stärke  wie 
die  Schwefelsäure,  aber  sie  baut  freilich  die  Stärke  nicht  so  vollständig  ab 
wie  die  Säure,  sondern  sie  macht  nach  Bildung  des  Disaccharids  Maltose 
halt.  Man  bezeichnet  die  Schwefelsäure  und  ebenso  die  Diastase  als  einen 
Katalysator.  Katalysatoren  aber  nennt  man  Stoffe,  die  die  Geschwindigkeit 
einer  freiwillig  verlaufenden  chemischen  Heaktion  ändern.  In  erster  Linie  han- 
delt es  sieh  um  die  Beschleunigung  von  Keaktionen.  In  unseren  Laboratorien 
bedienen  wir  uns  zur  Beschleunigung  von  Reaktionen  vor  allem  einer  erhöhten 
Temperatur;  dieses  Mittel  kann  der  Organismus  nicht  weitgehend  verwenden, 
weil  sein  Leben  an  enge  Temperaturgrenzen  gebunden  ist.  In  zweiter  Linie  be- 
schleunigen wir  Reaktionen  durch  anorganische  Katalysatoren.  Da  viele  von 
diesen,  z.  B.  die  oben  verwendete  Schwefelsäure,  das  Protoplasma  schädigen, 
so  begreifen  wir,  daß  im  Organismus  besondere,  unschädliche  Katalysatoren 
auftreten.  Diese  nennt  man  Enzyme(50)  und  findet  sie  bei  Pflanzen  wie  bei 
Tieren  in  gleicher  Weise  vor.  Während  nun  viele  anorganische  Katalysatoren 
auf  sehr  verschiedenartige  chemische  Vorgänge  Einfluß  haben,  sind  die  or- 
ganischen Katalysatoren  von  ganz  spezifischer  Wirkungsweise;  Diastase 
z.  B.  wirkt  nur  auf  Stärke  ein.  Da  der  Katalysator  nicht  oder  nicht  dauernd 
in  die  Reaktion  eingeht,  so  kann  eine 
kleine  Menge  von  ihm  eine  sehr  große 
Masse  hydrolysieren,  wenn  für  dauernde 
Abfuhr  der  Reaktionsprodukte  ge- 
sorgt ist. 

Die  Diastase  findet  sich  in  zahl- 
reichen Pflanzenorganen,  insbesondere 
solchen,  die  viel  Stärke  enthalten,  z.  B. 
in  Laubblättern,  in  keimenden  Samen. 
Der  Diastasegehalt  eines  Organs  ist  aber 
kein  konstanter,  vielmehr  wird  er  nach 
Bedürfnis  der  Pflanze  reguliert,  auch 
kann  die  Diastase  durch  Bildung  von 
anderen  Enzymen  in  ihrer  Wirkung 
gehemmt  werden  (Antienzyme).  Hier 
treffen  wir  also  wieder  einen  der  vielen 
Regulationsvorgänge,  die  für  den  Orga- 
nismus so  charakteristisch  sind. 

In  der  Pflanze  wirkt  die  Diastase  auf  die  Stärkekörner;  diese  werden 
unter  ihrem  Einfluß  korrodiert,  sie  schmelzen  von  außen  her  ab,  doch  geht 
dieses  Abschmelzen  meist  etwas  unregelmäßig  vor  sich,  so  daß  die  Körner 
andere  Gestalt  annehmen.  An  einzelnen  Punkten  frißt  die  Diastase  rascher 
in  die  Tiefe  und  zerlegt  so  das  Korn  unter  Benutzung  präexistierender  Spalten 
und  Kanäle  in  kleinere  Stücke,  die  dann  weiter  abschmelzen  (Fig.  252).  Außer- 


,^-F'^ 


"^.4 


^<>H?^ 


Fig.  252.  Korrodierte  Stärkekörner  aus 
keimender  Gerste.  /,  2,  j,  4  aufeinander- 
folgende Stadien  der  Auflösung,  die  sich 
in  einem  Samen  nebeneinander  vor- 
finden.    Nach  NoLi.. 


230  Jost: 

halb  der  Pflanzen  kann  man  die  Diastasewirkung  am  besten  an  einem  dünnen 
Stärkekleister  demonstrieren,  der  nach  Zusatz  von  Diastase  im  Laufe  von 
Minuten  oder  Viertelstunden  in  Zucker  übergeht.  Dementsprechend  bemerkt 
man  an  Proben,  die  man  mit  Jod  versetzt,  daß  die  anfangs  bläuliche  Färbung 
einer  weinroten,  endlich  einer  gelben  Farbe  weicht. 

Auch  Zellulose,  die  chemisch  der  Stärke  sehr  nahe  steht (^^='),  tritt  häufig 
als  Reservestoff  auf.  In  dem  Endosperm  vieler  Samen,  besonders  auffallend 
bei  den  Palmen  (z.  B.  Elfenbeinpalme),  sieht  man  die  Zellwände  außerordentlich 
stark  verdickt.  Die  Verdickungsschichten  werden  bei  der  Keimung  aufgelöst. 
Auch  hier  ist  ein  Enzym  tätig  (die  sog.  Zytase),  das  nun  aber  freihch  nicht 
jede  beliebige  Zellulose  anzugreifen  vermag.  Gerade  typische  Zellulose  (S.  31) 
wird  nicht  von  ihm  angegriffen,  w^ohl  aber  von  einem  anderen  Enzym,  der 
Zcllul  ase. 

Das  Inulin,  das  namenthch  bei  den  Kompositen  und  Campanulaceen 
verbreitet  ist,  geht  in  ähnlicher  Weise  aus  Fruktose  hervor  wie  die  Stärke 
und  die  Zellulose  aus  Maltose(^^'').  Im  Gegensatz  zu  diesen  beiden  Kohle- 
hydraten kommt  es  stets  nur  in  gelöstem  Zustand  in  den  Pflanzen  vor.  Trotz- 
dem ist  es  nicht  ohne  weiteres  wanderungsfähig  und  wird  bei  der  Keimung 
durch  ein  Enzym  in  Fruktose  abgebaut. 

Auch  Rohrzucker  findet  sich  sehr  häufig  als  Reservestoff  und  wird  in 
großer  Menge  z.  B.  im  Zuckerrohi  und  in  der  Zuckerrübe  gespeichert.  Er  wird 
durch  das  weit  verbreitete  Enzym  ,,Invertin"  in  Dextrose  und  Lävulose 
gespalten. 

2.  Die  Fette. 

Wenn  wir  auch  die  unter  den  Reservekolilehydraten  erwähnten  Körper 
nicht  aus  Dextrose  bzw.  Lävulose  herstellen  können,  so  begreifen  wir  doch, 
daß  es  der  Pflanze  ebenso  leicht  wird,  sie  aufzubauen  wie  abzubauen.  Viel 
schwieriger  ist  es  zu  verstehen,  wie  die  Pflanze  Fette  (Glyzerinester  verschie- 
dener Fettsäuren  vgl.  S.  25)  aus  Kohlehydraten  zu  bilden  vermag.  Fette  fehlen 
wohl  keinem  lebenden  Protoplasma;  es  wurde  ja  schon  mehrfach  auf  die 
allgemeine  Verbreitung  des  Lezithins  hingewiesen,  das  ein  Fettderivat  ist. 
In  besonders  großen  Mengen  aber  treten  die  Fette  als  Reservestoffe  auf.  In 
den  assimilierenden  Laubblättern  freilich  nicht,  wohl  aber  in  vielen  reifen  Samen, 
wo  sie  an  Stelle  verschwindender  Kohlehydrate  treten.  Bei  der  Keimung 
werden  sie  durch  das  Enzym  Lipase  in  Fettsäure  und  Glyzerin  zerspalten. 
Die  Fettsäure  als  solche  kann  die  wasserdurchtränkte  Zellhaut  schon  leichter 
durchwandern  als  das  Fett,  doch  dürfte  sie  in  der  Regel  keine  allzu  großen 
Strecken  in  der  Pflanze  zurücklegen,  vielmehr  rasch  wieder  in  Kohlehydrate 
verwandelt  werden.  —  Fettes  Öl  findet  sich  außerdem  im  Fleisch  (Perikarp) 
mancher  Früchte,  z.  B.  bei  der  Ölpalme  und  Olive,  und  wird  dann  nicht  mehr 
in  den  Stoffwechsel  der  Pflanze  hereingezogen. 

3.  Die  Eiweißkörper. 

Das  Eiweiß  findet  sich  in  den  Reservestoffbehältern  teils  gelöst,  teils  in 
kristallinischer  oder  amorpher  Form.  Die  Kristalle  kommen  frei  im  Plasma, 
Zellkern  oder  den  Chromatophoren  vor,  in  den  Samen  aber  besonders  in  den 
Aleuronkörnern,  wo  sie  von  den  Globoiden  (vgl.  S.  26)  begleitet  werden. 

Die  hydrolytischen  Abbauprodukte  der  Eiweißkörper  sind  vor  allem 
Aminosäuren,  deren  weite  Verbreitung  in  der  Pflanze  schon  erwähnt  wurde. 
Namentlich  wenn  eiweißreiche  Samen,  wie  z.  B.  Rizinus.  Pinus  u.  v.  a,  keimen, 
wird  man  die  reichlich  auftretenden  Aminosäuren  als  Abbauprodukte  des  Ei- 
weißes betrachten  dürfen.   Aminosäuren,  die  sich  an  anderen  Stellen  vorfinden. 


Physiologie.  231 

können  ja  immer  auch  beim  Eiweiß  auf  bau  entstanden  sein.  Das  Eiweiß- 
molekül zerfällt  nicht  sofort  und  nicht  ausschließlich  in  Aminosäuren.  Der 
Abbau  erfolgt  durch  allmähliche  Zertrümmerung  des  Riesenmoleküls,  wobei 
zunächst  Albumosen  auftreten,  dann  Peptone  und  dann  erst  Aminosäuren. 
Neben  letzteren  treten  Ammoniak,  ferner  auch  schwefelhaltige  und  eventuell 
phosphorhaltige  Spaltungsprodukte  und  wohl  auch  allgemein  Kohlehydrat- 
gruppen  auf. 

Dieser  hydrolytische  Abbau  des  Eiweißes  vollzieht  sich  unter  dem  Ein- 
fluß von  ,, proteolytischen"  Enzymen  (Proteasen),  die  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  große  Älinlichkeit  mit  den  entsprechenden  Enzymen  des  Tier- 
körpers haben.     Demnach  hätten  wir  zu  unterscheiden: 

1.  Pepsine,  die  das  Eiweißmolekül  nur  wenig  tief,  bis  zu  Albumosen 
und  Peptonen  abbauen. 

2.  Erepsine,  die  das  Pepton  in  Aminosäuren  überführen. 

3.  Trypsine,  die  Eiweiß  direkt  bis  zu  den  Aminosäuren  abbauen. 

4.  Desamidasen,  die  aus  Aminosäuren  Ammoniak  abspalten. 

Die  Abbauprodukte  des  Eiweißes  erfahren  in  der  Pflanze  rasch  Veränderungen; 
demnach  ist  das  Gemisch  stickstoffhaltiger  organischer  Verbindungen,  das  man  bei  einer 
im  Dunkeln  gehaltenen  Pflanze  erhält,  nicht  identisch  mit  den  durch  Hydrolyse  von 
Eiweiß  außerhalb  der  Pflanze  entstehenden  Spaltungsprodukten.  Es  folgen  nämlich  in  der 
Pflanze  auf  die  primäre  Spaltung  sofort  wieder  Synthesen,  die  z.  B.  zur  Bildung  von 
Amiden  führen.  Unter  den  Amiden  steht  an  Verbreitung  das  Asparagin  obenan.  Sehr 
reichlich  findet  es  sich  in  Gramineen  und  Leguminosen;  im  Liter  Preßsaft  von  Bohnen- 
keimlingen z.  B.  ist  es  bis  zu  15  g  enthalten.  Bei  Cruciferen  und  Cucurbitaceen  wird 
es  durch  das  Glutamin  ersetzt,  während  in  den  Koniferen  einer  Diaminosäure,  dem 
Argini n,  die  entsprechende  Rolle  zuzufallen  scheint.  Bei  solchen  Synthesen  wird  vor 
allem  die  Anhäufung  des  giftigen  Ammoniaks  vermieden;  die  Amidbildung  in  der 
Pflanze  hat  eine  ähnliche  Bedeutung  wie  im  Tierkörpor  die  Harnstoffbildung:  Asparagin 
und  Harnstoff  sind  also  entgiftetes  Ammoniak.  Die  Entstehung  von  Asparagin  ist  aber 
an  die  Gegenwart  von  unoxydierten  C-Atomen  (also  z.  B.  Kohlehydrat)  gebunden,  während 
Harnstoff  aus  NH^  und  oxydiertem  Kohlenstoff,  also  auch  im  Hungerzustande,  gebildet 
werden  kann  (""a).  Noch  weitergehend  sind  die  Synthesen  am  Licht,  wo  aus  den  Eiweiß- 
spaltprodukten sofort  wieder  Eiweiß  gebildet  wird. 

B.  Wanderung  der  mobilisierten  Reservestoffe. 

Wenn  die  Reservestoffe  durch  geeignete  Enzyme  in  lösliche  Form  ge- 
bracht oder  in  Substanzen  von  kleinerem  Molekulargewicht  verwandelt  sind, 
dann  können  sie  wandern;  sie  sind  ,,mobihsiert".  Bei  diesen  Bewegungen 
muß  wie  bei  anderen  Stoffwanderungen  vor  allem  ein  Diffusionsgefälle  ge- 
geben sein  und  dauernd  unterhalten  werden.  Das  geschieht  dadurch,  daß 
in  den  Zellen,  die  sich  an  die  Reservestoffbehälter  in  größerer  oder  kleinerer 
Entfernung  anschheßen,  ein  lebhaftes  Wachstum  einsetzt.  Solange  dieses 
andauert,  wird  jedes  zutretende  Molekül  rasch  verwandelt,  Zucker  z.  B.  in 
Zellulose  umgebildet,  und  dadurch  Platz  für  nachrückende  Moleküle  ge- 
schaffen. Doch  auch  in  nicht  wachsenden  Organen,  z.  B.  Kotyledonen,  Endo- 
spermen,  stellt  die  Pflanze  ein  Diffusionsgefälle  her,  z.  B.  dadurch,  daß  die 
Zellen,  die  das  Ziel  der  Wanderung  sind,  ein  stärkeres  Kondensationsvermögen 
für  Zucker  (Stärkebilduiig)  haben  als  andere.  Man  kann  das  Diffusionsgefälle 
auch  künstlich  herstellen,  wenn  man  Reservestoffbehälter  unter  geeigiu^ten 
Vorsichtsmaßregeln  einseitig  mit  großen  Wassermassen  in  Berührung  bringt. 
Auf  diese  Weise  ist  es  z.  B.  gelungen,  künstlich  eine  Entleerung  von  Samen. 
Zwiebeln  usw.  zu  erzielen. 


232  Jost: 

Da  jede  Diffusionsbewegung  nur  sehr  langsam  sich  vollzieht,  so  muß 
bei  Stofftransporten  auf  größere  Entfernung  eine  Unterstützung  durch  Massen-' 
bewegung  hinzutreten.  So  werden  z.  B.  im  Frühjahr  die  Reservestoffe,  die 
im  Holzkörper  unserer  Bäume  deponiert  sind,  mit  dem  aufsteigenden  Wasser- 
strom in  den  Gefäßen  fortgerissen.  Im  Inhalt  der  Gefäße  läßt  sich  zu  dieser 
Zeit  reichlich  Glykose  nachweisen.  Umgekehrt  wird  sich  der  Strom  von  mobili- 
sierten Reserven,  der  von  den  Laubblättern  abwärts  wandert,  mindestens  zum 
Teil  in  den  Siebröhren  bewegen.  Im  einzelnen  bedarf  hier  aber  noch  vieles  der 
Aufklärung  (•*^^). 

Auch  eine  andere  Stoffwanderung  aus  dem  Laubblatt  hat  man  beobachtet.  Kurz 
vor  dorn  Laubfall  „vergilben"  die  Blätter:  während  die  grünen  Farbstoffe  des  Chlorophylls 
gelöst  und  weggeführt  werden,  bleiben  die  gelben  in  den  Chloroplasten  zurück.  Es  werden 
dann  wenigstens  manche,  keineswegs  alle,  der  im  Blatt  enthaltenen  nützlichen  Stoffe  in 
den  Stengel  übergeführt  und  bleiben  so  der  Pflanze  erhalten.  Die  Zellwände,  ein  proto- 
plasmatischer  Wandbelag  und  osmotisch  wirksame  Vakuolenstoffe  bleiben,  das  Blatt 
fällt  in  turgeszentem  Zustand  ab;  Kalium,  Phosphorsäure  und  Stickstoff  aber  werden  in 
den  Stamm  übergeführt  C^'^). 

C.  Weitere  Stoffmetamorphosen. 

Regeneration  der  Reservestoffe.  Früher  oder  später  werden  die  durch 
Enzyme  mobilisierten  Reservestoffe  wieder  in  feste  oder  hochmolekulare 
Stoffe  zurückverwandelt.  Dies  geschieht  unter  allen  Umständen  am  Ende 
ihrer  Wanderung,  einerlei,  ob  sie  da  wieder  als  Reservestoffe  deponiert  oder 
als  Baustoffe  verwendet  werden.  So  kann  z.  B.  im  Blatt  gebildete  Glykose 
in  einen  Samen  oder  in  eine  Knolle  wandern  und  dort  zu  Stärke  oder  zu  Zell- 
haut transformiert  werden.  Bei  Wanderung  auf  größere  Strecken  findet  aber 
nicht  nur  am  Endziele,  sondern  auch  unterwegs  fortwährend  Reservestoff- 
bildung statt.  Das  läßt  sich  besonders  gut  für  Stärke  zeigen.  Auf  den  Bahnen 
der  Zuckerwanderung  kann  in  jeder  Zelle  sog.  transitorische  Stärke  gebildet 
werden.  Durch  diese  vorübergehende  Stärkebildung  wird  das  Konzentrations- 
gefälle unterhalten,  das  für  dauernde  Bewegung  notwendig  ist. 

Andere  Stoff  Wechselprodukte  (^3).  Mit  den  bisher  genannten  organischen 
Stoffen  ist  nur  ein  ganz  kleiner  Teil  der  ,, Pflanzenstoffe"  erwähnt.  Es  mag 
hier  genügen,  an  die  organischen  Säuren,  die  Gerbstoffe,  die  Glykoside,  die 
Alkaloide,  Farbstoffe,  ätherischen  Öle,  Harze,  Gummiharze  und  Federharze 
(Kautschuk  und  Guttapercha)  zu  erinnern,  um  auf  die  Legion  von  Stoffen  hin- 
zuweisen, die  aus  den  Assimilaten  gebildet  werden.  Von  diesen  werden  nur 
die  organischen  Säuren  bei  späterer  Gelegenheit  noch  Besprechung  finden 
(S.  235);  alle  anderen  sind  weder  nach  ihrer  Entstehung  noch  nach  ihrer  physio- 
logischen Bedeutung  genügend  erforscht.  Bekannt  ist  nur,  daß  sie  nach  ihrer 
Bildung  in  der  Regel  keine  weitere  Verwendung  mehr  finden.  Vermutlich 
handelt  es  sich  also  um  Nebenprodukte  des  pflanzhchen  Stoffwechsels. 

Sie  brauchen  nicht  nutzlos  zu  sein.  In  der  Tat  nimmt  man  für  manche  bittere 
oder  giftige  Stoffe  an,  daß  sie  Tiere  vom  Genuß  der  Pflanze  abhalten;  auch  manche  Farb- 
stoffe sollen  nützlich  werden  dadurch,  daß  sie  Tiere  anlocken,  die  Pollen,  Samen  oder 
Früchte  vei'breiten,  oder  daß  sie  schädliche  Tiere  abschrecken  (Schreckfarben).  Harze  und 
Federharze  endlich  können,  wenn  sie  austreten  und  erhärten,  einen  Wundverschliiß  liefern. 

Das  Reifen  fleischiger  Früchte.  Eine  sehr  auffallende  Umwandlung  von  Stoffen 
findet  auch  bei  der  Reife  fleischiger  Früchte  statt.  Auf  einen  freilich  seltenen  Fall  (Fett- 
bildung) ist  schon  oben  hingewiesen  worden.  Viel  häufiger  ist  die  Umwandlung  von  Stärke 
in  Zucker  sowie  das  Verschwinden  der  organischen  Säuren  und  der  Gerbstoffe.  Die 
Früchte  hören  also  auf,  sauer  oder  bitter  zu  schmecken,  sie  werden  süß.  In  diesem  Zu- 
stand werden  sie  dann  zur  Nahrung  für  Tiere,  die  die  Samen  verbreiten.  Die  ganze  Be- 
deutung der  chemischen  Vorgänge  liegt  hier  also  auf  ökologischem  Gebiet. 


Physiologie.  233 

V.  Atmung  und  Gärung. 

Bei  der  höheren  Pflanze  wird  niemals  die  ganze  Menge  der  im  Assi- 
milationsprozeß erzeugten  organischen  Substanzen  zu  Bau-  und  Reserve- 
zwecken verwendet;  stets  wird  ein  Teil  davon  abgebaut,  in  anorganische 
Substanz  rückverwandelt.  Neben  der  Assimilation  existiert  immer  auch 
Dissimilation.  Die  Bedeutung  dieses  Prozesses,  der  im  allgemeinen  unter 
Sauerstoffaufnahme  vor  sich  geht  und  als  Atmung  bezeichnet  wird,  liegt 
nicht  in  dem  Auftreten  gewisser  Stoffe,  sondern  in  dem  Freiwerden 
von  Energie,  die  für  die  Pflanze  unentbehrlich  ist.  Bei  gewissen  niederen 
Pflanzen  erfolgt  aber  der  Gewinn  an  freier  Energie  unter  Umständen  in 
anderer  Weise.  Hier  werden  meist  organische  Substanzen  aus  dem  Substrat 
aufgenommen  und  (ohne  erst  weiter  assimihert  zu  werden)  sofort  wieder  ab- 
gebaut. Im  einzelnen  können  bei  diesem  Abbau  Oxydationen,  Reduktionen 
oder  Spaltungen  erfolgen;  alle  diese  Prozesse  werden  als  Gärungen  zusammen- 
gefaßt. Andere  niedere  Organismen  vermögen  die  bei  der  Oxydation  gewisser 
anorganischer  Stoffe  freiwerdende  Energie  auszunützen.  Diese  verschiedenen 
Arten  des  Energiegewinnes  sind  durch  Übergänge  verknüpft. 

Schienen  früher  die  einzelnen  Formen  der  Dissimilation  zwar  biologisch  gleich- 
wertig aber  chemisch  außerordentlich  verschieden,  so  bricht  sich  nach  den  Ausführungen 
Wielands  mehr  und  mehr  die  Anschauung  Bahn,  daß  sie  auch  chemisch  im  Prinzip 
immer  wieder  auf  die  gleichen  Vorgänge  hinauslaufen.  Denn  es  hat  sich  gezeigt,  daß 
nicht  dem  Sauerstoff  die  aktive  Rolle  zukommt,  die  man  ihm  früher  zuschrieb,  sondern 
daß  überall  der  Wasserstoff  primär  eingreift,  daß  Hydrierungen  und  Dehydrierungen  zu- 
erst einsetzen  und  daß  die  Rolle  des  Sauerstoffs  auch  von  anderen  Stoffen  übernommen 
werden  kann  (^^a). 

A.  Atmung. 

Unter  Atmung  in  ihrer  typischen  Form  versteht  man  die  Oxydation 
organischer  Substanz  zu  Kohlensäure  und  Wasser;  dazu  ist  die  Aufnahme 
von  Sauerstoff  aus  der  Umgebung  nötig  (vgl.  S.  210). 

Die  Atmung  der  Pflanzen  bietet  sich  dem  Beobachter  nicht  so  augenfällig 
dar  wie  die  der  höheren  Tiere.  Wie  sich  die  Ernährung  der  grünen  Pflanzen 
nur  durch  das  eigens  angestellte  Experiment  feststellen  ließ,  so  bedurfte  es 
gleichfalls  besonderer  Versuche,  um  zu  erkennen,  daß  auch  die  Pflanzen 
atmen  müssen,  um  zu  leben,  daß  sie  ganz  wie  Tiere  Sauerstoff  aufnehmen 
und  Kohlensäure  abgeben.  Saussure  und  Dutrochet  haben  dies  in  den  Jahren 
1822  bis  1837  durch  eingehende  Untersuchungen  bewiesen.  Später  leugnete 
man  freihch  die  Existenz  der  Atmung  bei  den  Pflanzen  wieder  unter  Hinweis 
auf  die  Kohlensäurezersetzung  und  Sauerstoffabscheidung  bei  der  Assi- 
milation; man  konnte  sich  nicht  vorstellen,  daß  beide  Prozesse  gleichzeitig 
stattfinden  könnten.  Erst  Sachs  hat  dann  der  richtigen  Anschauung  zum  Sieg 
verholfen.  Assimilation  und  Atmung  sind  zwei  Lebensvorgänge, 
die  ganz  unabhängig  voneinander  in  der  Pflanze  bestehen. 
Während  nur  die  grünen  Pflanzenteile,  und  zwar  nur  im  Licht, 
bei  der  Assimilation  Kohlensäure  zerlegen  und  Sauerstoff  aus- 
scheiden, atmen  alle  Organe  der  höheren  Pflanzen  —genau  wie  die  der 
Tiere  —  Tag  und  Nacht  Sauerstoff  ein  und  Kohlensäure  aus.  Wird 
bei  der  Assimilation  organische  Substanz  gewonnen,  so  geht  umgekehrt  bei 
der  Atmung  solche  verloren.  Wenn  grüne  Pflanzen  im  Licht  einen  bedeutenden 
Überschuß  organischer  Substanz  gewinnen,  so  verdanken  sie  diesen  ausschließ- 
hch  dem  Umstände,  daß  die  zeitweilige  Produktion  durch  die  Assimilations- 
tätigkeit der  Chlorophyllkörper  die  Verluste  durch  die  ständige  Atmung  aller 
Organe  übertrifft.    So  genügt  nach  Boussingaults  Schätzungen  beim  Lorbeer 


234 


Jost: 


1  Stunde  Assimilation,  um  das  Material  für  30  Stunden  Atmung  zu  beschaffen. 
Unterdrückt  man  die  Assimilation,  läßt  man  die  Pflanze  im  Dunkeln  ver- 
weilen, so  verliert  sie  ganz  beträchtlich  an  Trockengewicht. 

Die  Pflanzen  produzieren  in  24  Stunden  durchschnittlich  das  5— 10  fache  ihres  Volu- 
mens an  Kohlensäure.  Bei  Schattenpflanzen  ist  die  Produktion  meist  auf  das  2  fache 
Volumen  beschränkt;  die  bekannte  Zimmerpflanze  Aspidistra  bringt  es  aber  nur  auf  die 
Hälfte  ihres  Eigenvolumens  und  kann  sich  eben  deshalb  auch  mit  der  geringen  Assimi- 
lation in  sehr  gedämpften  Lichte  begnügen. 

Zum  Nachweis  der  Atmung  kann  man  entweder  die  Aufnahme  von 
Sauerstoff  oder  die  Abgabe  von   Kohlensäure   durch  die  Pflanze   benutzen. 

Läßt  man  eine  Hand  voll  gequollener 
Samen  am  Grunde  eines  zyhndrischen 
Glasgefäßes  keimen  und  hält  dessen 
Glasstöpsel  einen  Tag  lang  verschlossen, 
so  ist  der  Sauerstoff,  der  sich  zuvor  in 
dem  Gefäß  befand,  von  den  Keimungen 
aufgezehrt;  eine  Kerze  erlischt,  wenn 
man  sie  in  den  Raum  einführt.  Eine 
andere  Versuchsanordnung  wird  durch 
Fig.  253  illustriert.  In  dem  umgekehrten 
Kolben  befinden  sich  Keimpflanzen, 
Blüten  oder  Hutpilze;  durch  den  Watte- 
pfropfen W  werden  sie  am  Herabfallen 
verhindert.  Die  Öffnung  des  Kolbens* 
ist  durch  Quecksilber  gesperrt,  im  Hals 
befindet  sich  Kalilauge  K.  Die  auf- 
tretende Kohlensäure  wird  dann  von  der 
Kahlauge  absorbiert  und  das  Quecksilber 
steigt.  Bei  quantitativer  Ausführung 
dieses  Versuches  ergibt  sich,  daß  ein 
Fünftel  des  Luftvolumens  verschwindet, 
daß  also  der  ganze  Sauerstoff  der  Luft 
aufgenommen  wurde.  Da  sich  aber  ein 
abgeschlossenes  Luftvolumen  bei  der  At- 
mung von  Pflanzen  (wenn  keine  Kali- 
lauge zugegen  ist)  nicht  ändert,  muß  für 
jedes  Volumen  absorbierten  Sauerstoffes 
ein  gleichgroßes  Volumen  COg  gebildet 
werden;  das  Verhältnis  der  ausgeschie- 
denen Kohlensäure  zum  aufgenommenen 
Sauerstoff,  der  Atmungsquotient,  ist 

gleich  eins   (— -^  =  lj.      Da   Glykose 

das  gewöhnliche  Material  der  Atmung  ist,  so  erfolgt  diese  nach  der  Formel: 

C«Hi20e+6  02=6C02+6H20. 
Bei  diesem  Prozeß,  der  genau  entgegengesetzt  der  COg-Assimilation  verläuft, 
muß  also  auch  Wasser  auftreten,  das  freihch  nicht  so  bequem  wie  der  Ver- 
brauch von  Sauerstoff  und  die  Produktion  von  Kohlensäure  nachzuweisen  ist. 
Quantitative  Bestimmungen  des  Trockengewichtsverlustes  und  der  Kohlen- 
säure zeigen,  daß  letztere  nicht  ausreicht,  den  ersteren  zu  erklären;  ein  Teil 
der  Trockensubstanz  muß  also  zu  Wasser  geworden  sein. 

Aber  nicht  unter  allen  Umständen  bleibt  ein  abgeschlossenes  Gasvolumen 
unter  der  Atmungstätigkeit  von  Pflanzen  unverändert,  nicht  immer  ist  die 


Fig.  253.  Atmnngsversuch.  Der  bauchige 
Teil  des  Glasgefäßes  B  ist  mit  Wucher- 
blumen gefüllt.  Die  durch  ihre  Atmung 
erzeugte  Kohlensäure  wird  von  der  Kali- 
lauge 7i.'  absorbiert  und  die  Absorption 
angezeigt  durch  das  Steigen  des  Queck- 
silbers Q  in  der  Röhre.     Nach  Noll. 


Physiologie.  235 

auftretende  Kohlensäure  volumgleich  mit  dem  verschwindenden  Sauerstoff. 
Kleine  Abweichungen  von  diesem  Verhältnis  findet  man  wohl  bei  allen  Pflanzen, 
beträchtliche  z.  B.  beim  Keimen  fetthaltiger  Samen  und  bei  Blättern  gewisser 
Sukkulenten  (Crassulacecn),  Das  hängt  damit  zusammen,  daß  bei  diesen  Samen 
Fette  veratmet  werden,  die  viel  sauerstoffärmer  sind  als  die  Kohlehydrate, 
und  daß  bei  den  Crassulacecn  aus  Kohlehydraten  nicht  Kohlensäure  und 
Wasser,  sondern  bestimmte  organische  Säuren  entstehen.  Auch  bei  anderen 
Pflanzen  treten  solche  Säuren  auf,  wenn  auch  nicht  in  so  großer  Menge.  Sie 
dürften  zum  größten  Teil  beim  Atmungsprozeß  entstehen,  doch  können  sie 
wohl  auch  im  aufbauenden  Stoffwechsel  erzeugt  werden.  Vor  allem  ist  da  die 
Oxalsäure  zu  nennen,  deren  weite  Verbreitung  in  Form  von  oxalsaurem  Kalk 
ja  bekannt  ist.  Ihre  Bildung  geht  in  dem  Maße  weiter,  als  ihre  jNjcutralisation 
durch  Kalk  ermöglicht  wird.  Ohne  solche  Neutrahsation  aber  wird  ihre  Ent- 
stehung eingeschränkt.  Selbst  in  oxalatfreien  Pflanzen  kommt  es  zu  einer 
vorübergehenden  Bildung  von  Oxalsäure,  die  aber  dann  rasch  durch  ein  oxy- 
dierendes Enzym  weiter  oxydiert  wird. 

Bei  der  Keimung  fettreicher  Samen  wird  sehr  viel  mehr  Sauerstoff  aufgenommen, 
als  Kohlensäure  abgegeben  wird;  oft  so  viel,  daß  in  den  ersten  Tagen  im  Dunkeln  trotz 
bestehender  Atmung  eine  Zunahme  des  Trockengewichts  erfolgt.  Der  Atmungsquotient  ist 
also  kleiner  als  1.  Die  Hauptmenge  dieses  Sauerstoffes  wird  zur  Umwandlung  der 
sauerstoffarmen  Fette  in  Kohlehydrate  verbraucht;  nur  ein  kleiner  Teil  dient   zur  Atmung. 

Bei  den  Crassulaceen  ist  die  Oxydation  der  Kohlehydrate  eine  unvollständige; 
nur  ein  Teil  ihres  Kohlenstoffs  wird  in  CO,  übergeführt,  der  übrige  zur  Bildung  orga- 
nischer Säuren  verwandt.  Deshalb  erscheint  weniger  Kohlensäure,  als  man  nach  der 
Sauerstoffaufnahme  erwarten  sollte.  Der  Atmungsquotient  ist  kleiner  als  1.  —  Dieser 
eigenartige  Atmungsprozeß,  der  mit  einer  schon  am  Geschmack  wahrnehmbaren  Säure- 
bildung im  Zellsaft  verbunden  ist,  hat  für  sukkulente  Pflanzen  eine  große  ökologische 
Bedeutung.  Die  auftretenden  Säuren  (Äpfelsäure  und  Oxalsäure  vor  allem)  geben  nämlich 
am  Licht  Kohlensäure  ab.  Diese  kann  dann  sofort  im  Assimilationsprozeß  wieder  Ver- 
wertung finden,  während  bei  der  typischen  Atmung  wenigstens  alle  in  der  Nacht  ent- 
standene CO.,  entweicht  und  für  die  betreffende  Pflanze  verloren  geht.  Die  Sukkulenten 
sparen  also  mit  ihrem  C-Vorrat,  und  das  dürfte  damit  zusammenhängen,  daß  sie  sich  nicht 
so  leicht  mit  Kohlensäure  aus  der  Luft  versehen  können  wie  gewöhnliche  Pflanzen.  (Ver- 
ringerung des  Gasaustausches  wegen  Einschränkung  der  Transpiration.) 

Wie  gesagt,  ist  die  Atmung  bei  den  höheren  Pflanzen  allgemein  ver- 
breitet; sie  findet  sich  nicht  nur  bei  Pflanzenteilen,  die  chlorophyllfrei  sind 
(vgl.  die  Versuche  S.  234),  sondern  sie  läßt  sich  auch  in  chlorophyllhaltigen 
Zellen  nachweisen.  Hier  wird  sie  freilich  am  Licht  durch  den  quantitativ 
sehr  überwiegenden  Assimilationsprozeß  überdeckt;  sie  äußert  sich  also  nur 
in  einer  Verminderung  der  Assimilationsprodukte.  Dämpft  man  das  Licht 
mehr  und  mehr  ab,  so  verschwindet  die  Assimilation  schließhch  ganz,  und  die 
Atmung  zeigt  sich  in  voller  Klarheit. 

Wenn  demnach  Atmung  in  jeder  einzelnen  Zelle  stattfindet,  so  ist  sie 
in  verschiedenen  Organen  und  unter  verschiedenen  äußeren  Bedingungen 
doch  ihrer  Intensität  nach  außerordentlich  verschieden.  Lebhaft  wachsende 
Pflanzenteile,  junge  Pilze,  keimende  Samen,  Blütenknospen  und  vor  allem 
die  Infloreszenzen  von  Ai-aceen  und  Palmen  zeigen  eine  sehr  energische 
Atmungstätigkeit.  Diese  übertrifft  bei  manchen  Bakterien  und  Pilzen  nicht 
unbeträchtlich  die  des  Menschen,  wenn  man  sie  an  gleichen  Gewichtsmengen 
Körpersubstanz  mißt.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle,  insbesondere  bei  Pflanzen- 
teilen, die  ganz  oder  überwiegend  aus  ausgewachsenen  Geweben  bestehen, 
ist  aber  der  Sauerstoffkonsum  und  entsprechend  die  Kohlensäureproduktion 
ganz  bedeutend  geringer  als  bei  den  warmblütigen  Tieren.  —  Unter  den  äußeren 
Einflüssen,  die  von  Wichtigkeit  für  die  Intensität  der  Atmung  sind,  müssen 
vor  allem  die  Temperatur  und  der  Sauerstoff  genannt  werdeu.     Wie  auf  alle 


236  Jost: 

Lebensvorgänge,  so  wirkt  auch  auf  die  Atmung  eine  Zunahme  der  Temperatur 
zunächst  beschleunigend.  Die  Produktion  der  Kohlensäure  wird  genau  in 
der  gleichen  Weise  wie  viele  andere  chemische  Vorgänge  durch  eine  Temperatur- 
steigerung um  10''  ungefähr  verdoppelt  bis  verdreifacht.  Bald  folgt  aber  auch 
hier  mit  weiter  steigender  Temperatur  eine  Abnahme  der  Atmung.  Im  Gegensatz 
zu  anderen  Erscheinungen  ist  der  abfallende  Ast  der  Kurve  bei  der  Atmung 
ganz  außerordentlich  steil,  so  daß  Optimum  und  Maximum  fast  zusammen- 
fallen. 

Man  pflegt  die  Atmung  als  einen  Verbrennungsprozeß  zu  bezeichnen. 
Wenn  das  richtig  ist,  sollte  man  glauben,  daß  die  Menge  des  zur  Verfügung 
stehenden  Sauerstoffes  von  fundamentaler  Wichtigkeit  sei;  insbesondere 
sollte  man  erwarten,  daß  die  Atmung  in  reinem  Sauerstoff  enorm  gesteigert, 
im  sauerstoffreien  Raum  völlig  sistiert  werde.  Keines  von  beiden  trifft  zu. 
In  reinem  Sauerstoff  ist  die  Atmung  nicht  wesentlich  vermehrt,  und  erst  bei 
einem  Sauerstoffdruck  von  2 — 3  Atmosphären  macht  sich  anfänglich  eine 
Zunahme  der  Atmung  bemerkbar,  der  aber  bald  eine  als  Absterbeerscheinung 
zu  deutende  Abnahme  folgt.  —  Sehr  viel  auffallender  ist  die  Tatsache,  daß 
Pflanzen  ohne  Gegenwart  von  Sauerstoff  fortfahren,  Kohlensäure  zu  produ- 
zieren. Hier  kann  natürhch  von  einem  ,, Verbrennungsprozeß"  nicht  mehr  die 
Rede  sein;  man  spricht  von  ,, intramolekularer  Atmung"  (^*),  weil  die 
auftretende  Kolilensäure  ihre  Entstehung  einer  Umlagerung  von  Atomen  im 
Molekül  des  Atmungsmateriales  (Zucker)  verdankt.  Dabei  zerfällt  das  Zucker- 
molekül und  bildet  neben  Kohlensäure  stets  andere,  nämlich  stark  reduzierte 
Substanzen,  manchmal  z.  B.  Alkohol,  nach  der  Formel: 

CpHiA  =2C2H60  +2CO2. 
Nimmt  man  statt  dieser  empirischen  die  Strukturformeln: 

COH  .  CHOH  •  CHOH  •  CHOH  •  CHOH  •  CH^OH 
=  CO2  +  CH3 .  CH2OH  +  CH3CH2OH  +  CO2, 
so  sieht  man,  daß  das  Zuckermolekül  in  vier  Stücke  zerbricht,  von  denen  zwei 
Sauerstoff  ärmer,   die  beiden  anderen  sauerstoffreicher  sind  als   die   Molekül- 
gruppen, aus  denen  sie  hervorgehen.     Es  entziehen  also  bei  dieser  Art  von 
Atmung  gewisse  Molekülgruppen  anderen  den  gebundenen  Sauerstoff. 

Man  nimmt  an,  daß  Sauerstoffatmung  und  intramolekulare  Atmung  der 
Ausdruck  ein  und  derselben  Befähigung  der  Pflanze  sind,  mit  anderen  Worten, 
daß  die  Sauerstoffatmung  bei  Entziehung  des  Sauerstoffes  in  eine  intramole- 
kulare Atmung  übergeht.  Wenn  das  zutrifft,  dann  wird  man  sagen  müssen,  daß 
das  Wesentliche  bei  der  Atmung  gar  nicht  in  einer  Oxydation  besteht, 
sondern  in  einer  Veränderung  des  Atemmaterials,  bei  der  Produkte  entstehen, 
die  leicht  Sauerstoff  aufnehmen  können.  Die  Materialien,  die  in  der  Pflanze 
veratmet  werden,  Kohlehydrate  und  Eiweiß,  werden  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur nicht  leicht  oxydiert.  Fette  freilich,  die  auch  als  Atmungsmaterial  dienen 
können,  sind  oxydabel;  allein  von  ihnen  wissen  wir,  daß  sie  in  der  Pflanze  zuerst 
in  Kohlehydrate  verwandelt  werden,  ehe  sie  der  Atmung  verfallen.  Die  Pflanze 
muß  also  über  Mittel  besonderer  Art  verfügen,  um  die  Oxydation  ihrer  Reserve- 
stoffe zu  bewerksteihgen. 

Die  Vorstellungen,  die  man  sich  über  den  Chemismus  der  Atmung  machen  kann, 
haben  sich  in  den  letzten  Jahren,  vor  allem  durch  die  chemischen  Studien  Wiei-ands 
und  die  physiologischen  Palladins  sehr  geklärt  {*^).  Man  darf  jetzt  annelimen,  daß  bei 
der  Verbrennung  des  Atmungsmaterials  der  primäre  Vorgang  nicht  etwa  in  einer  Akti- 
vierung des  Sauerstoffs,  im  Auftreten  von  Ozon  besteht,  denn  sonst  müßten  zabllose  Stoffe 
in  der  Zelle  verbrannt  werden,  und  es  könnte  nicht  eine  .,auRwälilende"  Verbrennung  be- 
stehen derart,  daß  leicht  oxydable  Stoffe  verschont  bleiben,  schwer  oxydaiiie  spielend 
oxydiert  werden.     Vielmehr    besteht   der   primäre  Vorgang   in    einer  Anlagerung   von 


Physiologie.  237 

Wasser  an  das  Atmungsmaterial,  z.  B.  an  den  Zucker.  Hierauf  erst  findet  eine  Oxy- 
dation statt,  und  zwar  in  Form  von  W  asserstof  f  en  tz  i  ehu  ng  (Dehydrierung) 
wobei  gleichzeitig  CO,  frei  wird.  Wielanü  konnte  nämlich  zeigen,  daß  die  Glykose  in 
Gegenwart  von  Palladiunischwarz  als  Katalysator  auch  unter  Sauerstoffabschluß 
bei  niederen  Temperaturen  H  und  CO,  abgibt;  der  Wasserstoff  wird  an  das  Palladium- 
schwarz gebunden,  so  daß  sich  der  Prozeß  mit  zunehmender  Wasserstuffsättigung  des 
Palladiums  abschwächt,  jedoch  weitergeht  bei  Gegenwart  eines  Wassersto  f  f  akz  eptors. 
Als  solcher  kann  bei  Luftabschluß  z.  B.  Methylenblau  unter  Bildung  seiner  Leuko- 
verbindiing  dienen,  während  bei  Luftzutritt  der  Sauerstoff  dessen  Rolle  übernimmt,  wobei 
dann  Wasser  entsteht. 

In  den  höheren  Pflanzen  scheint  nun  das  Palladiumschwarz  durch  gewisse  Enzyme 
ersetzt  zu  sein,  die  den  Wasserstoff  von  der  Additionsverbindung  des  Zuckers  mit  Wasser 
auf  leicht  reduzierbare  Substanzen  übertragen.  Diese  H-Akzeptoren  hat  Palladix  „At- 
mungspigmente" genannt.  Von  den  Atmungspigmenten  aber  geht  dann  der  Wasserstoff 
unter  Einwirkung  sog.  Oxydasen  an  den  Luftsauerstoff  über,  und  es  entsteht  Wasser. 
Die  Oxydasen,  die  auch  Enzyme  sind,  übertragen  also  den  Luftsauerstoff  nicht  auf 
den  Zucker,  sondern  auf  den  Wasserstoff,  der  auf  dem  beschriebenen  Wege 
aus  dem  Zucker  frei  gemacht  wird.    Sie  sind  in  den  Pflanzen  ganz  allgemein  nachgewiesen. 

Im  Schema  würde  sich  also  die  Zuckerveratmung  so  vollziehen: 

1.  Cgn„Og-f6H20  =  6CO,+24H 

2.  24 H -1-60., =12H.^0 

CglljjOe  +  eOj  =6C0.^-|-6H,0 
Fehlt  der  freie  Sauerstoff,  so  muß  natürlich  die  Gleichung  einen  anderen  Verlauf 
nehmen.  Entweder  wird,  wie  bei  gewissen  Gärungen  (S.  238),  der  Wasserstoff  als  solcher 
ausgeschieden,  oder  er  wird  zur  Bildung  weniger  hoch  oxydierter  Verbrennungsprodukte, 
z.  B.  Alkohol,  verwendet.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  entstehen  bei  der  Atmung  aus  dem 
Zucker  zunächst  die  Stoffe,  von  denen  unten  bei  der  alkoholischen  Gärung  zu  reden  sein  wird. 

Auf  den  ersten  Blick  erscheint  die  Atmung  als  ein  widersinniger  Prozeß; 
es  wird  ja  doch  organische  Substanz,  die  im  Assimilationsprozeß  aufgebaut 
wurde,  wieder  zerstört.  Verständlich  wird  die  Atmung  erst,  wenn  man  von 
ihrer  stoffhchen  Seite  ganz  absieht  und  die  energetische  ins  Auge  faßt. 
In  der  Tat  kommt  es  bei  der  Atmung  für  die  Pflanze  gar  nicht  in  Betracht, 
daß  COg  und  Wasser  entstehen;  wichtig  ist  einzig  und  allein,  daß  freie 
Energie  auftritt.  Solche  muß  beim  Abbau  z.  B.  von  Kohlehydraten  ent- 
stehen, da  ja  zu  deren  Aufbau,  wie  wir  sahen,  ein  Energieaufwand  nötig  ist; 
und  diese  fr  ei  wer  den  de  Energie  ist  für  die  Pflanze  unentbehrlich,  sie 
liefert  die  Betriebskraft  für  zahlreiche  Lebenserscheinungen.  Dem- 
entsprechend steht  bald  nach  der  Entziehung  des  Sauerstoffs  die  Protoplasma- 
bewcgung  still;  das  Wachstum  und  die  Reizbewegungen  werden  eingestellt. 
Alle  diese  Lebensäußerungen  aber  beginnen  wieder,  wenn  nach  nicht  zu  langer 
Zeit  Sauerstoff  von  neuem  der  Pflanze  zur  Verfügung  gestellt  wird.  Man  kann 
sich  wohl  vorstellen,  daß  der  Organismus  Einrichtungen  besäße,  mit  deren 
Hilfe  er  die  ihm  direkt  von  außen  zufließende  Energie,  Licht  und  Wärme, 
als  Betriebsenergie  verwenden  könnte.  Allein  tatsächlich  sehen  wir,  daß  er  es 
vorzieht,  die  Sonnenenergie  in  Form  von  chemischer  Energie  zu  speichern. 
Das  hat  für  die  Pflanze  vor  allem  den  einen  großen  Vorzug,  daß  die  gespeicherte 
Energie  durch  Stoff  Wanderung  außerordentlich  leicht  an  andere  Orte  ge- 
führt werden  kann  (auch  an  solche,  die  wie  z.  B.  Wurzeln  im  Dunkeln  leben 
und  nicht  selbst  die  Speicherung  ausführen  können),  und  daß  sie  auch  zu 
Zeiten  verwendet  werden  kann,  in  denen  ein  Energiegewinn  unmöglich  ist 
(z.  B.  nachts). 

Auch  durch  intramolekulare  Atmung  wird  Energie  frei;  doch  genügt 
diese  bei  den  meisten  Organismen  nicht  zur  Aufrechterhaltung  des  ganzen 
normalen  Lebensbetriebes,  bei  vielen  nur  zu  kümmerlicher  Fristung  des  Lebens. 
Während  manche  Samen  bei  intramolekularer  Atmung  viele  Stunden  oder 


238  Jost: 

Tage  am  Leben  bleiben  und  einzelne  sogar  die  gleiche  Kolilensäuremenge  aus- 
geben wie  bei  Sauerstoffatmung  —  bei  der  Mehrzalil  vermindert  sich  diese 
Menge  rasch  — ,  tritt  bei  anderen  Pflanzen  wahrscheinlich  durch  die  als  Gifte 
wirkenden  reduzierten  Stoffe  bald  der  Tod  ein,  und  die  Leistung  der  intramole- 
kularen Atmung  ist  hier  in  jeder  Hinsicht  ganz  unbedeutend.  Umgekehrt 
erlangt  sie  bei  gewissen  Organismen,  von  denen  alsbald  die  Rede  sein  soJl, 
ganz  außerordentlich  große  Bedeutung. 

B.  Oxydation  anorganischer  Substanz  (^^). 

Während  die  meisten  Pflanzen  in  der  geschilderten  Weise  organische 
Substanz,  vor  allem  Kohlehydrate,  veratmen,  haben  sich  gewisse  Bakterien 
ganz  andere  Energiequellen  erschlossen.  So  oxydieren  die  im  Boden  weit- 
verbreiteten Nitritbakterien  Ammoniak  zu  salpetriger  Säure,  und  die  mit 
ihnen  vergesellschafteten  Nitratbakterien  oxydieren  die  salpetrige  Säure 
weiter  zu  Salpetersäure.  Mit  Hilfe  der  so  gewonnenen  freien  Energie  ver- 
mögen sie  dann  —  wie  S.  219  schon  berichtet  wurde  —  auch  Kohlensäure 
zu  assimiheren;  die  frei  gemachte  chemische  Energie  tritt  an  die  Stelle  der 
Sonnenenergie  bei  den  typischen  autotrophen  Pflanzen.  Ein  Abbau  orga- 
nischer Substanz  fehlt  hier  vöHig;  es  wird  also  die  Gesamtmenge  assimiherter 
Nahrung  dauernd  festgehalten,  so  daß  diese  Organismen  außerordentlich 
ökonomisch  arbeiten.  Da  aber  das  ihnen  zur  Verfügung  stehende  Ammoniak 
nur  in  begrenzter  Menge  und  nur  von  anderen  Organismen  geliefert  wird,  so 
können  die  Nitrobakterien  keine  so  dominierende  Stellung  in  der  Natur  ein- 
nehmen wie  die  grünen  Pflanzen. 

An  die  Nitrobakterien  schließen  sich  die  Schwefelbakterien  an,  die  Schwefelwasser- 
stoff zu  Schwefelsäure  oxydieren,  wobei  sie  intermediär  Schwefel  bilden  und  als  Reserve- 
stoff in  ihrem  Körper  speichern.  In  ähnlicher  Weise  gewinnen  andere  Bakterien  bei  der 
Oxydation  von  Methan  zu  Kohlensäure  und  Wasser  die  nötige  Betriebsenergie.  Daß  diese 
überall  in  erster  Linie  zur  Synthese  organischer  Substanz  aus  COj  dient,  ist  sehr  wahr- 
scheinlich. 

Im  Gegensatz  zu  diesen  streng  spezialisierten,  autotrophen  Bakterien  ist  die 
Verbrennung  von  Wasserstoff  nicht  die  Eigenschaft  ganz  bestimmter  „Wasserstoffbakterien", 
sondern  sie  wird  weit  verbreitet  von  gewöhnlichen,  typisch  heterotrophen  Bakterien 
ausgeübt,  die  daneben  auch  die  Verbrennung  organischer  Substanz  vollziehen.  Offenbar 
ist  es  bei  den  sog.  Eisenbakterien  (z.  B.  Leptothrix  ochracea)  ähnlich,  die  vielleicht 
Eisen  und  Mangan  nur  dann  wirklich  nötig  haben,  wenn  ihnen  wenig  geeignete  organische 
Substanzen  geboten  werden. 

C.  Gärungen  (). 

Mit  der  Entziehung  des  Sauerstoffes  tritt  intramolekulare  Atmung  ein; 
diese  vermag  zwar  nicht  bei  höheren  Pflanzen,  wohl  aber  bei  niederen  die 
zur  dauernden  Erhaltung  des  Lebens  nötige  freie  Energie  zu  liefern.  Viele 
Bakterien,  Pilze,  auch  gewisse  Algen  (Characeen)  sind  in  auffallender  Weise 
unabhängig  vom  Sauerstoff,  sie  nehmen  mit  geringen  Spuren  von  ihm  vor- 
Heb,  oder  sie  fhehen  ihn  überhaupt  gänzlich  und  leben  an  sauerstoffreien  Orten. 
Im  Gegensatz  zu  dem  verbreitetsten  Typus  von  Organismen,  die  man  aerobe 
oder  Aerobionten  nennt,  heißen  sie  anaerobe  oder  Anaerobionten.  Die  beiden 
Extreme  sind  durch  allerlei  Abstufungen  verbunden.  Die  echten  Anaerobionten 
zersetzen  organische  Substanzen  in  sehr  großen  Mengen,  und  diese  Zersetzung, 
die  im  Prinzip  mit  den  Vorgängen  bei  der  intramolekularen  Atmung  identisch 
ist,  nennt  man  Gärung.  Wie  dort,  so  handelt  es  sich  auch  hier  um  Gewinnung 
gebundenen  Sauerstoffs. 

Das  Prototyp  der  Gärung  ist  die  alkoholische  Gärung,  die  ganz  besonders 
von  Hefepilzen  verursacht  wird.     Hier  wird  Zucker  in  Alkohol  und  Kohlen- 


Physiologie.  239 

säure  zerspalten  ,und  dieser  Vorgang  hat  bekanntlich  eine  große  Bedeutung  in 
der  Technik  (Bier-,  Wein-,  Branntweinbereitung).  Der  chemische 
Prozeß  selbst  ist  der  gleiche  wie  in  der  grünen  Pflanze,  die  intramolekular 
atmet;  im  Gegensatz  zu  dieser  aber  vermag  die  Hefe  in  der  Gärung  einen  vollen 
Ersatz  für  die  Atraungstätigkeit  zu  finden.  Sic  ist  aber  nur  so  lange  unabhängig 
vom  Sauerstoff,  als  ihr  ein  geeignetes  Gärmatcrial  (Zucker)  zur  Verfügung 
steht.  Fehlt  Zucker,  so  ist  der  Sauerstoff  unentbehrlich,  und  es  findet  dann 
normale  Atmung  statt;  ist  Zucker  und  Sauerstoff  gegeben,  so  tritt  gleichzeitig 
Atmung  und  Gärung  ein,  es  wird  also  ein  Teil  des  Zuckers  zu  Kohlensäure 
und  Alkohol,  ein  anderer  zu  Kohlensäure  und  Wasser  verarbeitet.  Es  leuchtet 
ein,  daß  die  Verarbeitung  von  Zucker  zu  Alkohol  und  Kolüensäure  viel  weniger 
Energie  liefert  als  die  vollständige  Verbrennung  zu  Kohlensäure  und  Wasser. 
Deshalb  versteht  man  es,  daß  die  Hefe  ungeheure  Massen  von  Zucker  verbraucht. 
Nur  etwa  2%  Zucker  in  der  Nährlösung  wird  zum  Aufbau  von  Körpersubstanz 
verbraucht  (assimihert),  der  Rest  wird  vergoren.  Zur  Ausführung  einer  so 
weitgehenden  Spaltung  des  Zuckers  besitzt  die  Hefe  spezifische  Enzyme, 
vor  allem  die  Zymase. 

Wenn  bei  der  normalen  Atmung  die  gesamte  VerbrennungsM'ärme  der  Glykose 
=  709  cal  frei  wird,  so  ist  davon  l)ei  der  Alkoholgärung  die  Verbrennungswärme  von 
2  Molekülen  Alkohol  2x32(i  =  6r;'i  cal  abzuziehen:  somit  werden  nur  ö7  statt  709  cal  frei. 

Daß  die  chemische  Tätigkeit  der  Hefe  auf  der  Wirkung  von  Enzymen  beruht  (''''), 
hat  man  schon  lange  vermutet.  Erst  E.  Buchner  aber  gelang  es,  diese  vom  lebenden 
Plasma  zu  trennen.  Da  die  „Zymase''  im  Gegensatz  zu  anderen  Enzymen  nicht  aus 
der  Zelle  herauszudiffundieren  vermag,  mußte  sie  nach  Aufreißen  der  Zellen  durch  hohen 
Druck  aus  diesen  herausgepreßt  werden.  Die  Zymase  ist  übrigens  kein  einheitliches 
Enzym,  sondern  ein  Gemisch  vieler  Enzyme,  die  zusammen  schließlich  zur  Alkohol- 
bildung führen. 

Im  einzelnen  dürfte  nach  Neuberg  (^")  dieser  Prozeß  etwa  so  verlaufen,  daß  zu- 
nächst das  Zuckermolekül  in  2  Moleküle  Methylglyoxal  übergeführt  wird,  die  Brenz- 
traubensäure  liefern;  diese  wird  durch  COg-Abspaltung  in  Acetaldehyd  übergeführt.  Acet- 
aldehyd  aber  läßt  sich  als  Zwischenprodukt  der  Gärung  nachweisen  und  wird  seinerseits 
auch  direkt  von  der  Hefe  zu  Alkohol  reduziert. 

Wenn  auch  die  Hefe  durch  ihr  Gärvermögen  weitgehend  unabhängig 
vom  Sauerstoff  ist,  so  kann  man  sie  doch  nicht  zu  den  streng  anaeroben 
Organismen  rechnen,  da  sie  in  ihrem  Wachstum  durch  freien  Sauerstoff 
stark  gefördert  wird.  Dementsprechend  wird,  da  der  chemische  Umsatz  von 
der  Zahl  der  Hefezellen  abhängt,  mit  der  Zeit  mehr  Alkohol  bei  Sauerstoff- 
zutritt als  ohne  solchen  gebildet  werden  können.  Andere  Gärungsorganismen 
werden  aber  von  freiem  Sauerstoff  direkt  geschädigt  und  leben  dementsprechend 
in  der  Natur  nur  an  Orten,  wo  solcher  fehlt.  Zu  diesen  echten  Anaerobionten 
gehören  vor  allem  die  Buttersäurebakterien,  die  Kohlehydrate  aller  Ai't, 
höhere  Alkohole  und  Salze  der  Milchsäure  in  Wasserstoff  und  organische 
Säuren  überführen,  unter  denen  die  Buttersäure  nie  fehlt.  Sie  spielen,  da  sie 
auch  die  sonst  so  schwer  angreifbare  Zellulose  lösen,  eine  sehr  große  Rolle  in 
der  Natur:  sie  führen  den  von  den  Pflanzen  in  ihren  Membranen  festgelegten 
Kohlenstoff  wieder  in  eine  Form  über,  die  eine  weitere  Verwendung  durch 
andere  Organismen  gestattet,  sie  verhindern  also  ein  Ausscheiden  großer  Mengen 
Kohlenstoffs  aus  dem  Kreislauf  der  Stoffe  (S.  240). 

Auch  bei  der  Buttersäuregärung  soll  das  Kohlehydrat  zunächst  in  Brenztrauben- 
säure  übergeführt  werden,  aus  der  dann  durch  eine  Umlagerung  Buttersäure  neben  freiem 
Wasserstoff  auftritt.  Indem  für  letzteren  der  freie  Stickstoff  als  ,, Akzeptor"  fungiert,  sol 
es  zur  Bildung  von  Ammoniak,  also  zur  Stickstoffbindung  kommen;  vgl.  224  (*■'«). 

Es  können  hier  nicht  alle  Gärungen  angeführt  werden.  Es  sei  nur  noch 
die  Milchsäuregärung  genannt,  die  in  der  Milchwirtschaft  (Sauermilch,  Käse- 
bereitung, Kumys,  Kefir)  und  auch  sonst  in  der  Praxis  (Säuerung  von  Ge- 


240  Jost: 

müsen,  z.  B.  Sauerkraut)  eine  große  Rolle  spielt.  Auch  sie  geht  anaerob  vor 
sich,  indem  das  Zuckcrmolekttl  entweder  direkt  in  zwei  Moleküle  Milchsäure 
gespalten  wird  oder  neben  Milchsäure  auch  CO 2  und  Hg  entstehen  läßt. 

War  bisher  vorwiegend  von  der  Vergärung  der  Kohlehydrate  die 
Rede,  so  muß  jetzt  noch  hervorgehoben  werden,  daß  alle,  auch  die  kompli- 
zierteren organischen  Verbindungen  des  Pflanzen-  und  Tierkörpers,  vor  allem 
also  die  Eiweißkörper,  vergoren  werden  können.  Die  Ei  weiß  Vergärung 
pflegt  man  als  Fäulnis  zu  iDezeichnen,  wenn  sie  ohne  Sauerstoffzufuhr  erfolgt, 
als  Verwesung,  wenn  Oxydationen  mögUch  sind.  In  der  Natur  treten  zu- 
nächst gewöhnlich  aerobe  Bakterien  bei  der  Eiweißvergärung  auf,  die  den 
anaeroben  den  Weg  b'"hnen;  eine  scharfe  Grenze  zwischen  Verwesung  und 
Fäulnis  existiert  also  nicht.  Unter  allen  Umständen  wird  das  Eiweiß  zu- 
nächst hydrolytisch  gespalten.  Es  treten  also  die  früher  erwähnten  Spaltungs- 
produkte auf,  vor  allem  Aminosäuren.  Diese  werden  weiter  verändert.,  zumeist 
unter  Abspaltung  ihrer  NHa-Gruppe  und  auch  durch  noch  tiefergreifenden 
Abbau.  Vielfach  treten  dann  auch  übelriechende  Substanzen,  wie  Indol  und 
Skatol,  auf,  die  aber  nicht  bei  jeder  Eiweißgärung  sich  bilden  müssen. 

Es  ist  nicht  möghch,  eine  scharfe  Grenze  zu  ziehen  zwischen  den  Dissi- 
milationsvorgängen, die  mit  Eingreifen  des  Luftsauerstoffes  und  solchen,  die 
ohne  dieses  sich  vollziehen.  Als  Gärung  müssen  alle  Dissimilationsprozesse, 
die  von  der  typischen  Atmung  abweichen,  bezeichnet  werden.  Demnach  wäre 
auch  die  Entstehung  von  Äpfelsäure  und  Oxalsäure  bei  den  Crassulaceen  so  gut 
wie  die  Entstehung  von  Oxalsäure  bei  Pilzen  und  Bakterien  als  Gärung  zu 
bezeichnen.  Und  eine  ganz  typische  Oxydationserscheinung,  die  Überführung 
des  Alkohols  in  Essigsäure  und  Wasser,  che  durch  die  Essigbakterien  bewirkt 
wird,  muß  ebenfalls  als  Gärung  betrachtet  werden. 

Wenn  allen  diesen  Vorgängen  im  Grunde  ein  Gewinn  von  Sauerstoff 
gemeinsam  ist,  bald  von  freiem,  bald  von  gebundenem,  so  müssen  schheßhch 
auch  solche  Prozesse,  bei  denen  anorganische  Stoffe  den  Sauerstoff  liefern, 
hier  angeschlossen  werden.  So  leben  gewisse  Bakterien  anaerob,  wenn  ihnen 
Nitrate  als  Sauerstoff  quelle  dienen,  wenn  also  diese  Nitrate  etwa  bis  zu 
freiem  Stickstoff  reduziert  werden  (Denitrifikation),  oder  wenn  Sulfate 
etwa  in  Schwefelwasserstoff  übergeführt  werden  (Sulfatreduktion).  Es 
gibt  sogar  Bakterien  (Micrococcus  selenicus),  die  zwar  nicht  anaerob  sind, 
aber  doch  den  freien  Sauerstoff  nicht  zu  nützen  vermögen,  vielmehr  nur  aus 
leicht  reduzierbaren  Stoffen,  wie  Natriumselenit,  Natriumthiosulfat,  Indig- 
karmin  oder  Methylenblau  Sauerstoff  entnehmen  können  (^°). 

Kreislauf  der  Stoffe.  Werden  organische  Substanzen,  wie  das  in  der  Natur 
mit  den  Resten  abgestorbener  oder  den  Exkreten  lebender  Organismen  stets 
geschieht,  verschiedenartigen  Mikroorganismen  preisgegeben,  so  arbeiten  sich 
diese  wechselseitig  in  die  Hand,  und  Stoffwechselprodukte  der  einen  werden 
von  anderen  weiter  zersetzt,  bis  nur  anorganische  Materie  übrig  ist,  bis  die 
organischen  Verbindungen  ,,mineralisiert"  sind.  Als  Endprodukte  treten 
Kohlensäure,  Wasser,  Wasserstoff,  Methan,  Ammoniak,  Stickstoff,  Schwefel- 
wasserstoff auf. 

Alle  diese  Endprodukte  der  Gärung  können  wieder  von  anderen  Or- 
ganismen verwertet  werden.  Sehen  wir  von  COg  und  HgO  ganz  ab,  da  diese 
zur  Genüge  besprochen  sind,  so  wäre  hervorzuheben,  daß  der  Wasserstoff, 
das  Methan,  das  Ammoniak  und  der  Schwefelwasserstoff  durch  spezifische 
Bakterien  oxydiert  werden,  daß  der  Stickstoff  durch  wieder  andere  Bakterien 
assimihert  wird.  Durch  dieses  Zusammenarbeiten  aller  Organismen  wird  die 
einseitige  Bildung  und  Anhäufung  eines  Stoffes  verhindert;  es  entsteht  ein 
fortwährender  Kreislauf  der  Stoffe,  durch  den  sich  das  Leben  dauernd  auf  der 


Physiologie.  241 

Erde  erhält.  Existierte  nur  ein  Typus  von  Organismen,  so  hätte  dieser  in 
kurzer  Zeit  durch  seinen  einseitigen  Stoffwechsel  sich  jede  Lebensmögiichkeit 
unterbunden. 

D.  Entwicklung  von  Wärme  und  Licht  bei  Atmung  und  Gärung. 

Wärme(^^).  Da  die  typische  Atmung  ein  Oxydationsprozeß  ist,  so  wird 
es  begreiflich,  daß  eine  Wärmcentwicklung  mit  ihr  verbunden  ist.  Daß  sich 
Pflanzen  durch  die  Atmung  aber  meistens  nicht  fühlbar  erwärmen,  rührt 
daher,  daß  diese  nicht  ausgiebig  genug  ist,  und  daß  die  Transpiration  der 
großen  Flächen  erhebhche  Wärme  Verluste  herbeiführt,  wodurch  transpi- 
rierende Pflanzen  meist  sogar  kühler  als  ihre  Umgebung  sind.  —  Auch  bei 
einigen  Gärungen  werden  nicht  unbeträchtliche  Wärmemengen  frei,  z.  B.  bei 
der  Alkoholgärung.  Bekannt  ist  ferner  die  Erhitzung,  die  in  faulendem  Mist 
eintritt  und  die  in  den  ,, Mistbeeten"  der  Gärtner  ausgenutzt  wird. 

Werden  Transpiration  und  Wärmestrahlung  verhindert  und  werden  zur  Untersuchung 
lebhaft  atmende  Pflanzen  ausgewählt,  dann  läßt  sich  in  der  Tat  eine  Erwärmung  nach- 
weisen; sehr  deutlich  z.  B.  mit  angehäuften  Keimpflanzen  oder  Blütenknospen.  Eine 
starke  Erwärmung  ist  an  blühenden  Kolben  von  Araceen  beobachtet  worden,  die  ihre 
Temperatur  um  10—20"  C  durch  intensive  Atmung  erhöhen.  Ein  Gramm  der  Kolben- 
substanz liefert  dabei  in  einer  Stunde  bis  zu  30  Kubikzentimeter  COj,  und  in  kurzer  Zeit 
kann  bei  so  intensiver  Atmung  die  Hälfte  der  Trockensubstanz,  der  ganze  Vorrat  an 
Zucker  und  Stärke,  veratmet  werden.  Auch  in  den  großen  Blüten  der  Victoria  regia  sind 
15"  C  Temperaturerhöhung  gemessen  worden.  Diese  hohen  Temperaturen  in  Blüten  und 
Infloreszenzen  locken  Bestäubung  vermittelnde  Insekten  an.  —  Besonders  hohe  Tempe- 
raturen erhält  man,  wenn  Blüten,  Blätter  usw.  in  Dewargefäßen  (z.  B.  Thermosflaschen) 
vor  Wärmeverlusten  bewahrt  werden.  Die  Temperatur  steigt  dann  unter  Umständen  auf 
40—500  C  und  die  Objekte  sterben  ab.  Nach  ihrem  Tode  erhöht  sich  dann  die  Tempe- 
ratur durch  die  Tätigkeit  von  Mikroorganismen  weiter. 

Nach  Verwundung  wird  die  Atmung  und  auch  die  Erwärmung  merklich  gesteigert; 
das  Gegenteil  wird  bei  Hungerzuständen  beobachtet. 

Auch  bei  der  Tabakfermentation  findet  eine  beträchtliche  Temperatursteigerung 
statt,  und  noch  größer  fällt  diese  aus,  wenn  feuchtes  Heu  oder  feuchte  Baumwolle  in 
größeren  Massen  aufgetürmt  sich  selbst  überlassen  werden ;  es  kommt  dann  durch  die  Ent- 
stehung leichtentzündlicher  Gase  schließlich  zur  Selbstentzündung.  Am  genauesten  sind 
die  Verhältnisse  der  Selbsterhitzung  des  Heus  untersucht.  Hier  tritt  zunächst  durch  die 
Atemtätigkeit  des  Bacillus  coli  ein  Steigen  der  Temperatur  bis  auf  40"  C  ein;  eine  ganze 
Reihe  von  thermophilen  Schimmelpilzen  und  Bakterien,  deren  Minimum  etwa  bei  dieser 
Temperatur  liegt,  stellt  sich  dann  ein;  unter  ihnen  ist  es  namentlich  der  Bacillus  cal- 
factor,  der  die  Temperatur  bis  zu  70"  steigert.  Schließlich  gehen  alle  Organismen  an  der 
durch  sie  selbst  produzierten  Temperatur  zugrunde;  das  Heu  ist  steril  geworden. 

Leuchten  C^-).  Unter  denselben  Bedingungen,  die  die  Atmung  unterhalten,  bemerkt 
man  bei  einer  beschränkten  Zahl  von  Pflanzen  ein  Leuchten.  Die  bekanntesten 
leuchtenden  Pflanzen  sind  gewisse  Bakterien  und  das  früher  als  „Rhizomorpha-  be- 
schriebene Mycelium  eines  bauratötenden  Hutpilzes,  der  Armillaria  mellea.  Auf  toten 
Fischen  und  Fleisch  treten  oft  Überzüge  unschädlicher  leuchtender  Bakterien  (Bacterium 
phosphoreum,  Pseudomonas  lucifera  u.  a.)  auf.  Das  Leuchten  zahlreicher  Tiere  scheint 
durchweg  von  Bakterien  hervorgebracht  zu  werden,  die  in  ganz  bestimmten  Organen 
dieser  Tiere  regelmäßig  zur  Entwicklung  kommen. 

Das  Leuchten  verschwindet  in  sauerstoffreier  Umgebung,  stellt  sich  aber  bei  Zutritt 
freien  Sauerstoffs  sofort  wieder  ein.  Leuchtbakterien  lassen  sich  deshalb  als  empfindliches 
Reagens  zum  Nachweis  der  Assimilation  benutzen.  Alle  Umstände,  die  die  Atmung 
fördern,  verstärken  das  Leuchten  und  umgekehrt.  Ein  Nutzen  der  Lichtentwicklung  für 
die  Produzenten  ist  nicht  bekannt. 


Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.    16.  Aufl. 


16 


242 


Jost: 


Zweiter  Abschnitt.    Entwicklung 


n 


Die  Entwickliuigsphysiologie  soll  hier  in  drei  Abschnitten  behandelt 
werden.  Der  erste  bringt  Vorbemerkungen,  die  rein  deskriptiv  manches 
näher  ausführen,  was  schon  im  morphologischen  Teil  besprochen  ist.  Dann 
erst  folgt  die  kausale  Entwicklungsphysiologie,  deren  Ziel  ist,  die  auf- 
einanderfolgenden Vorgänge  der  Entwicklung  nach  ihren  Ursachen  zu  ver- 
stehen und  willkürlich  abzuändern.  Die  Ergebnisse  sind  freilich  zur  Zeit  noch 
weit  vom  Ziel  entfernt,  wir  haben  noch  viel  mehr  Probleme  als  Lösungen, 

Es  empfiehlt  sich,  diese  Probleme  in  doppelter  Weise  zur  Anschauung  zu  bringen : 
es  sollen  im  2.  Abschnitt  die  Faktoren,  die  von  Einfluß  auf  die  Entwicklung  sind,  in 
den  Vordergrund  der  Betrachtung  gestellt  werden,  während  umgekehrt  im  3.  Abschnitte 
gerade  die  Entwicklungsvorgänge  das  Einteilungsprinzip  ergeben. 


I,  Vorbemerkungen. 

Entwicklung,  mit  Gestaltsveränderung  verbundenes  Wachstum,  ist 
eine  der  auffallendsten  Lebenserscheinungen,  Unter  Wachstum  versteht 
man  nicht  jede  behebige  Volumvergrößerung.  Wenn  eine  ausgetrocknete 
verschrumpfte  Rübe  im  Wasser  schwillt,  so  ist  das  kein  Wachstum.  Nur 
bleibende,  nicht  rückgängig  zu  machende  Größenzunahme  kann 
Wachstum  genannt  werden,  mag  dabei  die  Pflanze  im  ganzen  Substanzgewinn 
oder  -Verlust  erfahren.  In  der  Regel  ist  freihch  das  Wachstum  mit  Substanz- 
gewinn verbunden;  die  im  Keller  treibende  Kartoffel  aber  erleidet  durch  Tran- 
spiration und  durch  Atmung  Verluste,  und  doch  wachsen  ihre  Triebe, 

1.  Wachstumsmessimg. 
Oesamtverlängerang.  —  Handelt  es  sich  darum,  die  Zuwachsgröße 
einer  Pflanze,  d.  h.  die  Gesamtverlängerung  in  der  Zeiteinheit  zu  bestimmen, 

so  kann  man  bei 
raschwüchsigen  Or- 
ganen, z,  B.  den 
Blütenschäften  einer 
Agave,  den  Sprossen 
einer  Bambusa,  in 
bestimmten  Zeit- 
abschnitten (Tagen, 
Stunden)  einen  ge- 
wöhnlichen Maßstab 
anlegen  und  ablesen. 
—  In  der  Regel  aber 
ist  es  nötig,  den  Zu- 
wachs der  Pflanzen 
zum  Zweck  der  Mes- 
sung zu  vergrö- 
ßern. Das  kann 
z.  B.  durch  das  Mi- 
kroskop geschehen, 
das  den  von  der 
Pflanze  durchschrit- 
tenen  Raum  beliebig  zu  vergrößern  gestattet.  Die  bei  gröberen  Versuchs- 
objekten  meist   benutzte    Methode    der   Vergrößerung  ist   aber    die    mittels 


Fig.  254.  Wachstumsmesser  (Auxanometer).  Links  ein  einfaches 
Hebelauxanometer  (Zeiger  am  Bogen),  rechts  ein  selbstregistrie- 
rendes Auxanometer.    Nähere  Erklärung  im  Text.    Nach  Noll. 


Physiologie.  243 

Hebe]  Üb  ertragung.     Die  darauf  beruhenden  Apparate   werden  als  Auxano- 
meter  bezeichnet. 

Fig.  254  stellt  links  ein  einfaches  Auxanometer,  den  „Zeiger  am  Bogen"  vor,  mit 
dem  der  Zuwachs  eines  Blütenschaftes  beobachtet  wird.  Ein  dicht  unter  der  Gipfelknospe 
befestigter  Faden  läuft  über  die  kleine  Rolle  r  und  wird  durch  das  Gewicht  g  straff  ge- 
halten, ohne  einen  störenden  Zug  auf  den  Schaft  auszuüben,  z  ist  ein  mit  der  Rolle  r 
fest  verbundener  Zeiger,  der  etwa  20 mal  so  lang  ist  als  der  Halbmesser  der  Rolle,  den 
jeweiligen  Zuwachs  des  Schaftes  also  zwanzigfach  vergrößert  an  der  Skala  5  angibt. 

Um  die  zu  bestimmten  Zeiten  hier  notwendigen  Ablesungen  zu  ersetzen,  hat 
man  selbstregistrierende  Auxanometer  verwandt,  deren  Konstruktion  in  Fig.  254 
rechts  in  einfacher  Ausführung  dargestellt  ist.  Der  große  Hebelarm  wird  durch  einen 
Radius  der  größeren  Rolle  R  gebildet,  der  kleine  durch  einen  Radius  der  kleinen  Rolle  r. 
Bei  der  durch  den  Sproßzuwachs  erfolgenden  Drehung  der  Rollen  hebt  sich  ein  mit  dem 
Zeiger  Z  versehenes  Metallstück,  das  durch  das  Gegengewicht  W  äquilibriert  ist.  Der 
horizontale  spitze  Zeiger  berührt  rechts  eine  durch  das  Uhrwerk  U  in  gleichmäßige  Drehung 
versetzte,  mit  einem  berußten  Papier  überzogene  Trommel  C,  auf  der  der  Zeiger  einen 
weißen  Strich  hinterläßt.  Dreht  sich  die  Trommel  in  je  einer  Stunde  einmal,  dann  gibt 
der  senkrechte  Abstand  zwischen  den  Zeigerspuren  den  jeweiligen  stündlichen  Zuwachs  in 
bekannter  Vergrößerung  selbsttätig  an. 

Im  allgemeinen  ist  die  Zuwachsgröße  der  Pflanzen  so  gering,  daß  man 
bei  kurzer  Beobachtungszeit  überhaupt  kein  Wachstum  bemerkt.  Nur  ge- 
wisse Pilze  und  die  Staubfäden  mancher  Gräser  wachsen  so  rasch,  daß  man 
die  Verlängerung  mit  bloßem  Auge  wahrnehmen  kann.  Der  Fruchtkörper 
des  Gasteromyceten  Dictyophora  verlängert  sich  nach  A.  Möller  um  5  mm, 
die  Staubfäden  von  Triticum  (Weizen)  nach  Askenasy  um  1,8  mm  in  der 
Minute;  das  Ende  der  letzteren  rückt  also  etwa  mit  der  gleichen  Geschwindig- 
keit vor  wie  die  Spitze  des  großen  Zeigers  einer  Taschenuhr.  Die  nach  diesen 
Staubfäden  am  schnellsten  wachsenden  Pflanzenteile,  nämhch  die  Blatt- 
scheiden der  Bananen,  stehen  mit  1,1  mm,  die  Bambusschößlinge  mit  0,75  mm, 
ki'äftige  Kürbissprosse  mit  0,1  mm,  die  Hyphen  von  Botrytis  mit  0,034  mm  in 
der  Minute  schon  erheblich  dagegen  zurück;  die  allermeisten  Pflanzen  erreichen 
aber  auch  unter  günstigen  Verhältnissen  nur  einen  viel  geringeren  Zuwachs 
(0,005  mm  und  darunter  in  der  Minute). 

Niemals  bleibt  die  Zuwachsgröße  eines  Organs  dauernd  gleich:  auch 
bei  konstanten  äußeren  Verhältnissen  sieht  man  vielmehr  die  Zu- 
wachse zunächst  von  sehr  kleinen  Werten  bis  zu  einem  Maximum  ansteigen 
und  dann  wieder  allmählich  auf  Null  abklingen.  Man  nennt  diese  Erscheinung 
„die  große  Periode  des  Wachstums".  Ein  Beispiel  mag  ihren  Verlauf 
illustrieren: 

Für  das  erste  Stengelglied  der  Lupine  wurden  an  aufeinanderfolgenden  Tagen  bei 
konstanter  Temperatur  im  Dunkeln  folgende  Zuwachse  (in  Zehntelmillimeter)  gefunden: 
8,  9,  11,  12,  35,  43,  41,  50,  51,  52,  65,  54,  43,  37,  28,  18,  6,  2,  o. 

Nicht  immer  freihch  verläuft  diese  Periode  so  regelmäßig;  vielfach 
treten  durch  „stoßweise  Änderungen"  des  Wachstums  erhebliche  Unregel- 
mäßigkeiten in  ihrem  Verlauf  ein. 

Wachstumsverteilung.  —  In  der  Regel  wächst  ein  Pflanzenteil  nicht 
in  seiner  ganzen  Ausdehnung,  es  gibt  vielmehr  an  ihm  ausgewachsene  und 
wachsende  Teile:  und  die  wachsenden  Abschnitte  verlängern  sich  auch  nicht 
etwa  gleichmäßig,  sondern  sie  bestehen  aus  verschieden  rasch  wachsenden 
Zonen,  die  allmähUch  ineinander  übergehen.  —  Die  Lage  und  die  Länge  der 
Wachstumszonen  ist  bei  verschiedenen  Organen  nicht  die  gleiche.  Die  typische 
Wurzel  hat  eine  einzige  Wachstumszone,  und  diese  liegt  dicht  hinter  der 
Spitze  und  nimmt  eine  Länge  von  5—10  mm  ein;  Luftwurzeln  freilich  haben 
eine  Wachstumszone,  die  erheblich  länger  werden  kann  und  im  Extrem  1  m 

16* 


244 


Jost: 


beträgt.  Die  Stengel  verhalten  sich  ungleich.  Solche,  die  keine  scharf  diffe- 
renzierten Knoten  besitzen,  haben  wie  die  Wurzeln  bloß  eine  einzige  Wachstums- 
zone,  aber  die  Länge  der  Wachstumszone  ist  immer  beträchtlich,  oft  bis  zu 
einem  halben  Meter.  Wo  aber  typische  Knoten  ausgebildet  sind,  da  haben  wir 
so  viele  Wachstumszonen,  als  Internodien  sich 
strecken,  und  diese  sind  entweder  von  weniger 
stark  wachsenden  Partien  oder  von  ganz  ausge- 
wachsenen getrennt.  Man  spricht  im  letzteren 
Falle  von  interkalarem  Wachstum;  sehr  schön 
ist  dieses  z.  B.  bei  den  Grashalmen  ausgebildet, 
wo  an  der  Basis  jedes  Internodiums  eine  Wachs- 
tumszone sich  findet.  Auch  bei  manchen  Blät- 
tern, namenthch  denen  der  Monokotylen,  haben 
wir  an  der  Basis  eine  interkalare  Wachstums- 
zone. 

Die  Verteilung  des  Wactistiims  wird  dadurch  fest- 
gestellt, daß  man  von  Zeit  zu  Zeit  die  Entfernung  ge- 
wisser natürlicher  oder  künstlich  angebrachter  Marken  mißt. 
So  ist  z.  B.  in  Fig.  255  /  eine  Wurzelspitze  dar- 
gestellt, die  vom  Vegetationspunkt  aus  (Punkt  0 ;  darunter 
die  Wurzelhaube)  mit  Tuschestrichen  in  Millimeterabstand 
versehen  ist.  22  Stunden  später  sind  diese  Striche  in 
der  Weise  auseinandergerückt,  wie  das  Fig.  255  //  zeigt. 
Das  Wachstum  ist  also  in  der  Wachstumszone  ungleich; 
am  oberen  und  unteren  Ende  verläuft  es  langsam  und 
vermittelt  so  den  Übergang  zu  der  Partie,  die  das  maxi- 
male Wachstum  aufweist.  Untersucht  man  den  Zuwachs 
einer  Querscheibe,  z.  B.  des  zwischen  den  Marken  0 
und  1  gelegenen  Millimeters,  an  aufeinanderfolgenden 
Tagen,  so  zeigt  sich,  daß  sie  erst  langsam,  dann  schnell, 
dann  wieder  langsam  wächst;  mit  anderen  Worten:  ein 
jeder  Abschnitt  der  Wachstumszone  zeigt 
die  große  Periode  des  Wachstums.  Die  verschie- 
denen von  der  Spitze  aus  abgetragenen  Millimeter  befinden 
sich  in  verschiedenen  Stadien  ihrer  großen  Periode;  die 
2  ersten  sind  im  aufsteigenden  Ast,  3  und  4  auf  dem  Gipfel, 
die  übrigen  im  absteigenden  Ast  der  Kurve.  Entsprechendes 
gilt  für  andere  Organe. 

Zeitlich  getrennte  Wachstumsperioden 
treten   z.  B.   an    den    Schäften    von    Taraxacum    auf,    die 
erste  gelegentlich  bei  der  Blütenentwicklung,   die  zweite   bei  der  Fruchtbildung.     Ähnlich 
verhalten  sich  andere  Organe,  deren  Aufgabe  zeitweise  sich  ändert  (Blütenstiele  bzw.  Frucht- 
stiele von  Linaria  Cymbalaria,  Arachis  hypogaea,  Tropaeolum). 

Wachstumsgeschwindigkeit.  —  Aus  der  Tatsache,  daß  in  verschiedenen 
Organen  ganz  verschieden  lange  Zonen  im  Wachstum  begriffen  sind,  kann 
man  entnehmen,  daß  die  Angaben  über  den  Gesamtzuwachs  eines  solchen 
Organs,  wie  sie  S.  243  gemacht  wurden,  keinen  Schluß  auf  die  eigentliche 
Wachstumsgeschwindigkeit,  d.  h.  den  Zuwachs  der  Längeneinheit 
in  der  Zeiteinheit  zulassen.  Bei  den  Sprossen  von  Bambusa  z.  B.  ist  die 
wachsende  Zone  viele  Zentimeter,  bei  Botrytis  nur  0,02  mm  lang;  wenn  also 
Bambusa  bei  gleichen  Außenverhältnissen  etwa  einen  20 mal  so  großen  Zu- 
wachs in  der  Minute  erfährt  als  Botrytis,  so  ist  doch  ihre  Wachstumsgeschwindig- 
keit eine  viel  geringere.  Zur  Charakterisierung  der  Wachstumsgeschwindig- 
keit sind  demnach  Angaben  der  Verlängerung  pro  Minute  in  Prozenten  der 
Wachstumszone  nötig.     Da  ergibt  sich  dann  eine  Geschwindigkeit  von  83% 


Fig.  255.  Die  Verteilung  des 
Zuwachses  an  der  Wurzelspitze 
einer  Feldbohne  (Vicia  FabaJ. 
Bei  /  die  Wurzelspitze  durch 
Tuschemarken  in  10  gleiche 
Querzonen  von  1  mm  geteilt. 
In  //  dieselbe  Wurzel  nach 
22  Stunden.  Die  Tuschestriche 
sind  durch  ungleiches  Wachs- 
tum der  Zonen  verschieden 
weit  auseinandergerückt.  Nach 
Sachs. 


Physiologie.  245 

bei  Botrytis,  von  nur  1,27%  bei  Bambusa;  im  Maximum  hat  man  220%  bei 
gewissen  Pollenscliläuchen  beobachtet,  während  manche  noch  immerhin  an- 
sehnlich wachsende  Sprosse  nur  0,5%  ergeben. 

Größe  der  Pflanze.  Aus  der  Wachstumsgeschwindigkeit  und  der  Größe 
der  wachsenden  Zone  l<ann  man  die  definitive  Verlängerung  eines  Pflanzen- 
teiles erst  dann  bestimmen,  wenn  man  auch  die  Wachstumsdaucr  kennt. 
Durch  die  Variation  dieser  Faktoren  ist  die  Größe  der  Pflanze  wie  auch  ihrer 
Teile  bestimmt,  die,  wie  jedermann  weiß,  zwar  in  mannigfacher  Weise  von 
äußeren  Faktoren  abhängt,  aber  doch  eine  spezifisch  verschiedene  ist. 
Eine  bestimmte  Größe  gehört  so  gut  zu  den  spezifischen  Eigenschaften  eines 
Organismus  wie  seine  Blattgestalt  usw.;  auch  ist  die  ganze  Organisation  einer 
Pflanze  derart,  daß  sie  nur  mit  einer  gewissen  Größe  verträglich  ist. 

2.  Die  Phasen  des  Wachstums. 

Bei  den  einfachsten  Pflanzen,  niederen  Algen,  Pilzen,  Bakterien,  besteht 
die  Entwicklung  lediglich  im  Wachstum  der  Zelle  mit  darauffolgender  Teilung. 
Diese  Fälle  sind  in  der  Morphologie  zur  Genüge  besprochen.  Bei  komph- 
zierten  Pflanzen  findet  sich  zwar  auch  stets  Zellenwachstum  nnd  häufig  genug 
Zellteilung,  aber  beide  Prozes  e  erscheinen  unter  das  Gesamtwachstum  unter- 
geordnet, und  dieses  setzt  sich  vielfach  aus  drei  verschiedenen,  wenn  auch 
zeitlich  meist  nicht  scharf  getrennten  Phasen  zusammen,  der  embryonalen 
Anlage  der  Organe,  der  Streckung  und  der  inneren  Ausgestaltung. 

a)  Embryonale  Aolage.  —  Das  embryonale  Wachstum  erfolgt  normaler- 
weise an  Vegetationspuiikten,  und  neue  Vegetationspunkte  entstehen  im 
allgemeinen  unmittelbar  aus  schon  vorhandenen;  nur  bei  den  Wurzeln  erfolgt 
die  Ausbildung  der  Vegetationspunkte  der  Seitenglieder  etwas  verspätet 
aus  Resten  des  Vegetationspunktes,  die  embryonalen  Charakter  beibehalten 
haben.  Die  charakteristischen  Züge  der  Organbildung  an  Vegetationspunkten 
sind  schon  in  der  Morphologie  behandelt.  Dort  wurde  auch  auf  S.  64  und  65 
die  Symmetrie  und  die  Polarität  besprochen;  auch  diese  werden  häufig 
schon  am  Vegetationspunkt  ausgebildet;  ja  die  Polarität,  der  Gegensatz  zwi- 
schen Basis  und  Spitze,  wird  bei  den  höheren  Pflanzen  schon  in  der  Eizelle 
angelegt  und  bleibt,  einmal  entstanden,  gewöhnhch  dauernd  erhalten.  Hier 
aber  muß  noch  betont  werden,  daß  nicht  alle  Vegetationspunkte  von  ihres- 
gleichen abstammen.  Nicht  nur  durch  die-  normale  Organogenese,  sondern 
auch  durch  Restitution  kann  die  Entwicklung  der  Pflanze  vonstatten  gehen. 

Unter  Restitution (^*)  versteht  man  die  Neubildung  von  Organen,  die 
in  der  Regel  nach  Verstümmelung  ei:ior  Pflanze  auftritt  und  die  an  Orten 
erfolgen  kann,  wo  an  der  unverletzten  Pflanze  keinerlei  Wachstumstätigkeit 
eingetreten  wäre.  Man  kann  zwei  Fälle  von  Restitution  unterscheiden,  je 
nachdem  die  Ersatzbildung  aus  der  Wundfläche  oder  in  einer  gewissen  Ent- 
fernung von  ihr  entsteht. 

Die  Wiederherstellung  des  verlorenen  Organs  von  der  Wundfläche  aus 
findet  sieh  bei  niederen  Pflanzen,  z.  B.  bei  Algen  und  Pilzen,  nicht  ganz  selten, 
dagegen  ist  sie  bei  höheren  Pflanzen  von  ganz  beschränktem  Vorkommen. 
Nur  Gewebe,  die  noch  embryonal  sind,  aber  bei  weitem  nicht  alle  embryonalen 
Gewebe,  sind  dazu  befähigt.  Am  häufigsten  sind  derartige  Restitutionen 
am  Vegetationspunkt  der  Wurzel  beobachtet;  hier  wird  nach  Abtragung  der 
Spitze  durch  einen  Querschnitt  diese  wieder  gebiUlet,  wenn  der  Schnitt  nicht 
weiter  als  etwa  0,5  mm  von  der  Kuppe  des  Vegetationipunktes  entfernt  war. 
Längsgespaltene  Wurzelvegetationspunkte  pfle^iMi  -^'cn  derart  zu  ergänzen, 
daß  eine  solche  Wurzel  dann  zwei  Spitzen  erhält.  Au  Sproßvegetationspunkten 
kommt  diese  Art  von  Restitution  nicht  vor,  an  Biattanlagen  ist  sie  sehr  selten. 


246 


Jost: 


Dagegen  ist  die  andere  Ai't  von  Restitution  ganz  außerordentlich  ver- 
breitet im  Pflanzenreich,  Hier  wird  für  das  verlorene  Organ  dadurch  Ersatz 
geschaffen,  daß  in  der  Nähe  der  Wunde  ein  neues  gebildet  wird  oder  ein 
in  der  Anlage  schon  vorhandenes  auswächst.  Auch  für  diese  Art  der  Resti- 
tution liefern  Algen  und  Pilze,  vor  allem  aber  die  Laub-  und  Lebermoose, 
zahlreiche  Beispiele,  die  hier  nicht  angeführt  werden  können.  Wir  beschränken 
uns  auf  die  Betrachtung  der  Blütenpflanzen.  Ganz  besonders  verbreitet  ist 
bei  diesen  die  Befähigung  zur  Wurzelbildung.  Bei  den  Pelargonien,  bei  der 
Weide  und  bei  vielen  anderen  Pflanzen  hat  man  es  durch  Abtrennen  der  Sprosse 
in  der  Hand,  an  jeder  behebigen  Stelle  Wurzeln  entstehen  zu  lassen;  bei  anderen 
Pflanzen  sind  es  bevorzugte  Orte,  wie  die  älteren  Knoten,  an  denen  sie  sich 
entwickeln.  Nach  der  Wurzelbildung  ergänzt  sich  aber  der  Stengel  zu  einer 
vollen  Pflanze,  wenn  entweder  vorhandene  Biattachselknospen  austreiben 
oder  wenn  neue  Sproßvegetationspunkte  auftreten.  Auch  abgeschnittene 
Blätter  haben  sehr  oft  die  Fähigkeit,  sich  zu  bewurzeln,  doch  ist  mit  dieser 
nur  selten  auch  das  Vermögen  der  Sproßbildung  verbunden.  Selbst  aus  ab- 
geschnittenen Wurzeln  können  —  wenn  sie  imstande  sind,  Knospen  zu 
erzeugen  —  neue  Pflanzen  entstehen.  Außer  an  Stengeln,  Blättern,  Wurzeln 
hat  man  auch  schon  an  Ranken,  Blüten  und  Früchten,  vielfach  unter  Neu- 
bildung von  Vegetationspunkten,  Knospen,  auftreten  sehen.  Wird  der  Vege- 
tationspunkt einer  Blutenpflanze  zerstört,  so  kann  aus  dem  Meristem  oberhalb 


3^ 


cbeöO 


Fig.  256.  Querschnitt  durch  das  Blatt  von  Begonia.  Vergr.  200.  Bildung  eines  Ad- 
ventivsprosses aus  einer  Epidermiszelle  nach  Hansen,  a  Die  Epidermiszelie  hat  sich 
einmal    durchgeteilt,     b  Aus    der   Epidermiszelle    ist   ein   vielzelliges  Meristem    geworden. 


der  jüngsten  Blattanlagen  ein  Ersatzvegetationspunkt  geschaffen  werden.  Ist 
hier  die  Restitution  auf  ganz  embryonale  Zellen  beschränkt,  so  sehen  wir  in 
anderen  Fällen  ältere,  zum  Teil  schon  ausgewachsene  Zellen  wieder  anfangen 
zu  wachsen  und  sich  zu  teilen,  also  wieder  embryonal  werden.  Vielfach  bildet 
sich  so  zunächst  ein  besonderes  Gewebe  an  der  Wunde  :  der  Kallus;  im  Innern 
dieser  Zell  Wucherung  treten  dann  Sproßanlagen  auf.  In  wieder  anderen  Fällen 
sehen  wir  ausgewachsene  Zellen,  mögen  das  nun  Parenchymzellen  oder  Epi- 
dermiszellen  sein,  direkt,  d.  h.  ohne  Kallusbildung,  zu  Vegetationspunkten 
werden.  So  stellt  z.  B.  die  Fig.  256  die  Entstehung  eines  Begoniensprosses  aus 
einer  Epidermiszelle  des  Blattes  dar. 

Nicht  nur  äußerlich  sichtbare  Organe,  sondern  auch  Gewebe  können  sich  aus 
ausgewachsenen  Parenchymzellen  bilden.  So  werden  z.  B.,  wenn  die  Leitbahnen 
unterbrochen  worden  sind,  aus  dem  Parenchym  neue  Gefäße  gebildet,  die  wieder  eine 
Verbindung  herstellen.  Nicht  immer  freilich  wird  das  entfernte  oder  unterbrochene  Ge- 
webe wieder  gebildet;  häufig  kommt  es  zu  Er sat zbildungen.  So  wird  in  der  Regel  die 
Epidermis  durch  Kork  ersetzt,  und  nur  ausnahmsweise  kommt  es  zu  ihrer  echten,  mit  der 
Bildung  von  Spaltöffnungen  verbundenen  Wiederbildung. 

Hier  anzuschließen  wäre  auch  die  Neubildung  der  Epidermis,  wie  sie  im  normalen 
Verlauf  der  Entwicklung  bei  bestimmten  Araceen  sich  einstellt,  die  Löcher  in  ihren  Blatt- 
spreiten   entstehen   lassen.     Bei  Monstera   deliciosa   sterben    einzelne    Stellen    der   Spreite 


Physiologie. 


247 


ganz  junger  Blätter  ab.  Um  diese  Stellen  tritt  das  Mesophyll  in  Teilung  ein  und  bildet 
aus  der  äußersten  Zellschicht  eine  sekundäre  Epidermis,  die  nunmehr  die  Löcher  aus- 
kleidet und  an  die  primäre  Epidermis  der  beiden  Blattflächen  anschließt.  —  Auch  sonst 
finden  sich  in  der  normalen  Entwicklung  vielfach  Vorgänge,  die  man  als  Restitutionen 
betrachten  kann;  z.  B.  die  wiederholte  Korkbildung  (S.  139), 

Neben  der  Tatsache,  daß  Kestitution  eintritt,  interessiert  auch  die 
Frage,  wo  sie  sich  einstellt.  Und  da  zeigt  sich  dann  vielfach,  daß  die  Polarität, 
die  an  der  intakten  Pflanze  auffällt,  sich  auch  an  der  restituierenden  geltend 
macht.  So  pflegen  an  Stengeln  die  Sprosse  am  Apikaiende,  die  Wurzeln  am 
Basalende  aufzutreten,  während  an  der  Wurzel  genau  die  entgegengesetzte 
Verteilung  besteht.  Auch  bei  niedrig  organisierten  Pflanzen  zeigt  sich  oft 
eine  Polarität  in  den  Restitutionsprozessen.  Wird  z.  B.  ein  Zellfaden  einer 
Cladophora  in  Einzelzellen  zerlegt,  so  bildet  jede  an  der  Basis  ein  farbloses 
Rhizoid,  an  der  Spitze  einen  grünen  Faden. 


Fig.  257.     Blatt  von   Begonia   als   Steckling  behandelt.     Mit   den  Restitutionssprossen. 

Nach  Stoppel. 


An  Laubblättern  tritt  bei  Restitutionen  dieser  Gegensatz  von  Basis  und 
Spitze  nicht  zutage.  Das  mag  damit  zusammenhängen,  daß  das  restituierende 
Blatt  nicht  in  die  Neubildung  eingeschaltet  wird;  es  entsteht  vielmehr  an  der 
Blattbasis  eine  völlig  neue  Pflanze,  worauf  das  Blatt  selbst  abstirbt.  In  einzelnen 
Fällen  treten  auch  die  Neubildungen  auf  der  ganzen  Blattfläche  ein  (Torenia); 
manchmal  läßt  sich  aber  der  Ort  ihrer  Entstehung  durch  Einschnitte  in  die 
Lamina  beeinflussen:  bei  Begonia  z.  B.  (Fig.  257)  bilden  sich  die  jungen  Pflänz- 
chen  oberhalb  der  Schnitte. 

Die  besprochenen  Erscheinungen  der  Restitution  haben  eine  große  Bedeutung  für 
die  Gärtnerei,  da  sie  gestatten,  Pflanzen  ohne  Zuhilfenahme  von  Samen  rasch  zu  ver- 
mehren. Bei  dieser  künstlichen  Vermehrung  werden  abgetrennte  Teile  von  Pflanzen 
benutzt,  um  aus  ihnen  wieder  vollständige  Pflanzen  zu  erzielen.  Das  gelingt  bei  manchen 
Pflanzen  leicht,  bei  anderen  ist  es  schwieriger,  bei  wieder  anderen  ist  es  überhaupt  nicht 
möglich.  Das  einfachste  Verfahren  ist  die  Fortpflanzung  durch  Stecklinge,  d.  h.  das 
Einsetzen  abgeschnittener  Zweige  in  Wasser,  Sand  oder  Erde,  wo  sie  sich  bewurzeln 
(Oleander,  Pelargonien,  Tradescantien,  Fuchsien,  Weiden  usw.).     Durch  abgetrennte  Blätter 


248  Jost: 

werden  hauptsächlich  die  Schiefblätter  (Begonien)  vermehrt.  Selbst  im  Zusammenhang  mit 
ihrer  Mutterpflanze  erzeugen  die  Blätter  mancher  Gewächse  jungen  Nachwuchs  (Bryo- 
phyllum).  Auch  aus  Wurzeln  und  Wurzelstücken  können  einzelne  Pflanzen  vermehrt 
werden,  wie  z.  B.  der  Löwenzahn  (Taraxacum). 

b)  Streckung.  Um  in  Funktion  treten  zu  können,  müssen  sich  die  embryo- 
nalen Anlagen  vergrößern  und  entfalten;  das  geschieht  durch  den  Prozeß 
der  Streckung  in  höchst  eigenartiger,  haushälterischer  Weise.  Die  Vergrößerung 
erfolgt  nämlich  vor  allem  durch  Einlagerung  von  Wasser  (,, Schwellwasser"), 
das  von  außen  aufgenommen  werden  kann.  Organische  Substanz  muß  nur 
zum  Flächenwachstum  der  Zellhaut  aufgewandt  werden.  Dagegen  bedarf 
es  keiner  Vermehrung  des  Protoplasmas  bei  der  Streckung;  es  wird  also 
gerade  die  besonders  kostbare  N-haltige  Substanz  gespart.  In  dieser  Hinsicht 
besteht  ein  großer  Unterschied  im  Wachstum  der  Pflanzen  gegenüber  dem 
typischen  Tier,  dem  eine  der  ,, Streckung"  entsprechende  Größenzunahme 
abgeht. 

Schon  die  embryonale  Zelle  des  Vegetationspunktes  enthält  in  der  Zell- 
haut und  dem  Protoplasma  reichhche  Wassermengen;  die  gesamte  organische 
Substanz  ist  ja  mit  Wasser  imbibiert.  Bei  fortgesetzter  Wasseraufnahme  von 
außen  tritt  aber  eine  Sonderung  zwischen  dem  wasserdurchtränkten  Proto- 
plasma und  den  mit  wäßriger  Lösung  gefüllten  Vakuolen  auf,  und  schheßlich 
kommt  es  durch  Verschmelzen  der  Vakuolen  zur  Ausbildung  des  einzigen 
zentralen  ,, Saftraumes"  und  des  peripheren  Plasmaschlauches  (vgl,  S.  9, 
Fig.  3).  Daß  der  Saftraum  der  Sitz  osmotischer  Kräfte  ist,  wurde  schon  früher 
(S.  191)  ausgeführt;  der  Turgordruck  aber  ist  eine  unentbehrhche  Bedingung 
für  das  Flächenwachstum  der  Zellhaut. 

Zellen,  deren  Turgeszenz  (^S.  191)  durch  Wasserentzug  aufgehoben  ist,  zeigen  kein 
Wachstum  mehr.  Man  nimmt  deshalb  an,  daß  die  mechanische  Dehnung  der  Zellhaut  ihr 
Wachstum  erleichtert  oder  erst  ermöglicht.  Man  darf  aber  nicht  glauben,  daß  irgendeine 
Proportionalität  zwischen  Wachstum  und  Dehnung  existiere.  Auch  läßt  sich  die  Dehnung 
durch  den  Turgordruck  keineswegs  durch  eine  beliebige  mechanische  Dehnung  ersetzen. 
Das  Protoplasma  spielt  eben  beim  Flächenwachstum  der  Zellhaut  stets  die  Hauptrolle,  und 
mit  seiner  Betätigung  muß  es  wohl  zusammenhängen,  daß  manchmal  Zellhäute  bei  sehr 
schwacher  Spannung  ausgiebig  wachsen. 

Über  die  Vorgänge  beim  Zellhautwachstum,  die  man  als  Apposition  und  Intussus- 
zeption  bezeichnet,  ist  S.  29  das  Nötige  gesagt  worden.  Bei  Fläclienwachstum  ohne  Sub- 
stanzaufnahme („plastische  Dehnung"),  dem  dann  gewöhnlich  Lamellenanlagerung  folgt,  ist 
die  Turgordehnung  eine  leichtverständliche  Voraussetzung  des  Wachstums;  bei  Intussus- 
zeptionswachstum  erscheint  uns  der  Turgordruck  weniger  notwendig. 

Wenn  durch  Wachstum  der  Zellhaut  erneute  Wasseraufnahme  ermöglicht  wird,  muß 
der  Zellsaft  zunächst  verdünnt  werden.  Tatsächlich  tritt  eine  solche  Verdünnung  nicht 
ein,  weil  das  Protoplasma  der  wachsenden  Zelle  fortwährend  die  Konzentration  des  Zell- 
saftes zu  regulieren  vermag.  Durch  Überführung  von  Zucker  in  organische  Säuren 
kann  der  osmotische  Wert  erheblich  vergrößert  werden;  würde  z.  B.  Oxalsäure  aus  Glykose 
gebildet,  so  könnte  er  auf  das  Dreifache  seines  früheren  Wertes  steigen.  Umgekehrt  kann 
er  z.  B.  durch  völlige  Verbrennung  von  Zucker  bei  der  Atmung  ganz  erheblich  verringert 
werden. 

Neben  der  Streckung  in  der  Längsrichtung  existiert  auch  eine  Streckung  in 
der  Querrichtung  (Dicken  wach  st  um).  Der  Durchmesser  der  fertigen  Wurzel,  des 
fertigen  Stengels  z.  B.  ist  größer,  oft  beträchtlich  größer  als  unmittelbar  am  Vegetations- 
punkt. Man  unterscheidet,  wie  S.  121  auseinandergesetzt  ist,  ein  primäres  vom  sekundären 
Dickenwachstum.  Nur  das  primäre  Dickenwachstum  ist  ein  reines  Streckungswachstum; 
beim  sekundären  werden  durch  ein  interkalares  Meristem,  das  Kambium,  zunächst  neue 
embryonale  Zellen  geschaffen,  die  erst  allmählich  in  Streckung  übergehen. 

Gewebespannung.  Die  Streckung  der  Zellen  in  die  Länge  und  Weite 
erfolgt  in  einem  Querschnitt  eines  Organs  nicht  immer  gleichmäßig  und  gleich- 
zeitig.   Sehr  verbreitet  findet  sich  z.  B.  bei  wachsenden  Stengeln  die  Erschei- 


Physiologie. 


249 


nung,  daß  das  Mark  ein  stärkeres  Streckungsbestreben  hat  als  die  periphe- 
rischen Gewebe.  Da  eine  Kontinuitätstrennung  zwischen  beiden  nicht  ein- 
treten kann,  kommt  es  zu  Spannungen  („Gewebespannung");  das  Mark 
dehnt  die  Rindengewebe,  diese  komprimieren  das  Mark:  die  tatsächliche 
Länge  des  Organs  ist  eine  aus  antagonistischen  Bestrebungen  resultierende. 
Trennt  man  die  Gewebe  künstlich,  so  nimmt  jedes  seine  spezifische  Länge 
an,  das  Mark  verlängert  sich,  die  Rinde  kontrahiert  sich:  die  Spannung 
hört  auf. 

Diese  in  wachsenden  Organen  weit  verbreitete  Gewebespannung  kann  man  in 
folgender  Weise  demonstrieren.  Löst  man  in  einem  Sonnenblumensproß  mit  Hilfe  des 
Korkbohrers  das  Mark  eine  Strecke  weit  aus  seinem  Zusammenhang  mit  den  Nachbar- 
geweben, so  tritt  es  nach  Entfernung  des  Bohrers  an  der  Schnittfläche  weit  hervor  (Fig.  258, /)• 
Wird  ein  Sproß  der  Länge  nach  gespalten,  so  krümmen  sich  die  beiden  Hälften  nach  außen» 
da  das  Mark  sich  verlängert,  die  Epidermis  sich  verkürzt.  Selbst  an  hohlen  Sprossen» 
z.  B.  den  Blütenschäften  des  Löwenzahns  (Taraxacum), 
besteht  eine  Spannung  zwischen  inneren  und  äußeren 
Gewebeschichten.  Wird  ein  Taraxacum-Stengel  der  Länge 
nach  gespalten,  so  krümmen  sich  seine  Teile  nach  außen 
(Fig.  258,  2a),  und  diese  Krümmungen  nehmen  noch  er- 
heblich zu  (Fig.  258,  2b)  wenn  das  Objekt  in  Wasser  ge- 
legt wird. 

Auch  in  Blättern  und  Wurzeln  finden  sich  Gewebe- 
spannungen. Die  Spannungen  müssen  nicht  ausschließlich 
in  der  Längsrichtung  eintreten;  es  gibt  auch  Querspan- 
nungen. So  wird  z.  B.  die  Rinde  von  Bäumen,  die  sekun- 
där in  die  Dicke  wachsen,  in  tangentialer  Richtung  ganz 
beträchtlich  gedehnt;  sie  kontrahiert  sich  also  nach  Los- 
lösung   vom  Holzkörper. 

Die  Gewebespannungen  bilden  sich  in  ge- 
ringer Entfernung  vom  Vegetationspunkt  mit  dem 
Beginne  der  Streckung  allmählich  aus,  und  sie 
verschwinden  im  allgemeinen  wieder  in  der  aus- 
gewachsenen Zone.  In  einigen  Fällen  bleiben  sie 
aber   dauernd  erhalten  (S.  297).     Sie  sind  von 

großer  Bedeutung  für  die  wachsenden  Gewebe;  sie  Jeriphedrgrtrennt.  ^Blüten- 
vermehren  die  schon  durch  die  Turgeszenz  der  stand  von  Taraxacum.  Stiel 
Einzel  Zellen  bedingte  Festigkeit.  Die  Gewebe-  der  Länge  nach  übers  Kreuz 
Spannung  hat  auch  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  gespalten  «  Sofort  nach  dem 
/     rvy  1       TT'-        1     11         1  •    j.     •   1  Spalten,  b  nach  Einlegen  in 

der  Turgeszenz  der  Emzelzelle;  das  zeigt  sich  am        ^  Wasser 

deutlichsten  beim  typischen  Stengel:  wie  der  Zell- 
saft durch  den  osmotischen    Druck   die    Zellhaut   dehnt,   so   expandiert   das 
schwellende  Mark  die  Rindenpartien.     Wie  aus  der  Dehnung    der   Zellhaut, 
so    resultiert    auch    aus    der    der    Rinde   ein   vermehrter    Widerstand    gegen 
Deformationen,  also  eine  vergrößerte  Festigkeit. 

Die  Gewebespannung  wird  dadurch  aufgehoben,  daß  sämtliche  Zellen  sclüieß- 
lich  die  mittlere  Länge  dauernd  annehmen,  die  ihnen  durch  die  antagonisti- 
schen Bestrebungen  diktiert  wird.  Manchmal  aber  zeigen  gewisse  Zellen,  nach- 
dem sie  ihre  größte  Länge  erreicht  haben,  ein  ganz  beträchtliches,  mit  Änderung 
ihrer  Form  verbundenes  Kontraktionsbestreben.  Sehr  verbreitet  kommt 
das  z.  B.  bei  Wurzeln  vor,  wo  die  Zellen  der  Rinde  und  die  zentralen  Partien 
durch  zwischenliegende  Gewebe,  die  sich  kontrahieren,  in  Falten  gelegt  werden. 
Die  Bedeutung  dieser  Wurzelkontraktion  (S.  154),  die  eine  Verkürzung  der 
ausgewachsenen  Teile  um  10 — 70%  herbeiführen  kann,  ist  sehr  groß.  Sie  be- 
wirkt es  z.  B.,  daß  die  Blätter  vieler  ,, Rosettenpflanzen"  trotz  des  andauernden 
Längenwachstums  des  Stammes  doch  immer  dem  Boden  angedrückt  bleiben; 


2b  l 

Fig.  258.  /  Sproß  von  Heli- 
anthus  annuus  nach  Entfer- 
nung der  Blätter;  Mark  mit 
dem     Korkbohrer     von     der 


250  Jost: 

sie  bedingt  und  reguliert  das  Eindringen  vieler  Knollen  und  Zwiebeln  in  eine 
bestimmte  Tiefe  der  Erde;  sie  erhöht  schließhch  auch  die  Befestigung  der 
Pflanze  im  Boden,  da  durch  straffe  Wurzeln  eine  größere  Stabihtät  erzielt 
wird  als  durch  schlaffe. 

c)  Innere  Ausbildung.  Die  Zellen  des  typischen  Vegetationspunktes 
des  Sprosses  und  der  Wurzel  behalten  andauernd  ihre  Wachstums-  und  Tei- 
lungsfähigkeit.  Man  nennt  sie  embryonale  Zellen.  Alle  Organe,  die  mit  solchen 
Zellen  versehen  sind,  haben  im  Prinzip  die  Befähigung  zu  unbegrenztem  Wachs- 
tum. Embryonale  Gewebe  finden  sich  nicht  nur  am  Vegetationspunkt,  sondern 
auch  in  den  sekundären  Meristemen  (S.  40). 

Ein  Teil  der  embryonalen  Zellen,  in  Organen  mit  begrenztem  Wachs- 
tum sogar  alle,  verwandelt  sich  in  somatische  Zellen,  Dauergewebc, 
die  bald  mit  Wachstum  und  Teilung  aufhören  und  früher  oder  später  dem 
Tode  verfallen  (S.  272). 

Die  innere  Ausbildung,  der  Organe  beginnt  direkt  hinter  dem  Vege- 
tationspunkt und  dauert  sehr  verrchieden  lang.  Während  Haare  vielfach 
außerordentlich  rasch  fertiggestellt  werden,  wird  die  definitive  Ausgestaltung 
von  inneren  Geweben  oft  erst  nach  Abschluß  der  Streckung  vollendet;  faUs 
sekundäres  Dickenwachstum  eintritt,  ist  sie  überhaupt  nie  abgeschlossen 
Die  Ausbildung  von  ,, Dauergeweben"  aus  den  Ur-  und  Folgemeri- 
stemen ist  im  morphologischen  Teil  schon  geschildert 

II.  Die  Faktoren  der  Entwicklung. 

Wenn  wir  den  Versuch  machen,  die  Faktoren  zu  besprechen,  die  von 
Einfluß  am  die  Entw^icklung  sind,  so  kann  es  sich  da  immer  nur  um  Bei- 
spiele handeln,  die  uns  in  möglichst  charakteristischer  Weise  den  Einfluß 
eines  einzslnen  solchen  Faktors  vor  Augen  führen  sollen.  An  Vollständigkeit 
ist  weder  in  der  Aufzählung  der  Faktoren  noch  ihrer  Wiikung  gedacht.  Wie 
in  anderen  Fällen,  so  können  wir  auch  hier  die  Faktoren  in  zwei  Gruppen 
bringen:  äußere  und  innere. 

A.  Äußere  Faktoren. 

Als  äußere  Faktoren  treten  uns  alle  die  Kräfte  und  Stoffe  entgegen, 
die  wir  schon  beim  Stoffwechsel  als  physiologisch  wirksam  kennen  gelernt 
haben,  oder  die  bei  den  Bewegungen  eine  Rolle  spielen. 

Gewisse  äußere  Faktoren  sind  schon  S.  185  genannt  und  als  allgemeine 
Lebensbedingungen  bezeichnet  worden;  ohne  diese  gibt  es  überhaupt 
keine  Entwicklung.  Neben  der  allgemeinen  (formalen)  Bedeutung  können  aber 
dieselben  Faktoren  auch  noch  eine  andere  Bedeutung  für  das  Wachstum 
haben.  Durch  Wechsel  in  ihrer  Intensität,  Qualität,  eventuell  auch  Richtung, 
können  quantitative,  ja  sogar  auch  qualitative  Änderungen  in  den  Organen 
der  Pflanzen  hervorgerufen  werden.  Wir  nennen  diese  Wirkungen  ,,forma- 
tiv"  und  stellen  leicht  fest,  daß  überall  der  Zusammenhang  zwischen  Ursache 
und  Wirkung  ein  sehr  komplizierter  ist. 

1.  Temperatur (^*^).  Wie  beim  Stoffwechsel,  so  konstatieren  wir  auch 
jetzt,  daß  eine  gewisse  Temperatur  unerläßliche  formale  Bedingung  für  das 
Wachstum  ist. 

Eine  zu  niedere  Temperatur  (etwa  0°  oder  weniger)  und  ebenso  eine 
zu  hohe  (40 — 50^  oder  mehr)  heben  das  Wachstum  völlig  auf.  Zwischen  dem 
Minimum  und  dem  Maximum  liegt  dann,  meist  nicht  in  der  Mitte,  sondern  dem 
Maximum  genähert  bei  etwa  22 — 37^  das  Optimum  (Fig.  259).  Im  einzelnen 
zeigen  aber  die  Pflanzen,  die  verschiedene   Klimate  bewohnen,  recht  große 


Physiologie. 


251 


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5  10 

Temperaturen—» 


15 


20 


25  2Z2  29  30         35     38.140 


Fig.  2.59.  Abhängigkeit  des  Wachstums  von  der  Tempe- 
ratur nach  Talma.  Die  Abszisse  gibt  die  Temperatur. 
Die  Kurven  geben  den  Zuwachs  der  Wurzeln  von  Le- 
pidium  sativum  an,  und  zwar  die  ausgezogene  Linie  in 
3V2  Stunden,  die  gestrichelte  in  7  Stunden  und  die  punk- 
tierte in  14  Stunden.  Man  sieht,  daß  das  Optimum  mit  der 
Dauer  des  Versuchs   auf   niedrigere    Temperaturen    rückt. 


Differenzen  in  der  Lage  der  Kardinalpunkte  (vgl.  S.  185)  der  Temperatur. 
Daß  auch  die  verschiedenen  Individuen  der  gleichen  Art  große  Unterschiede 
in  der  Abhängigkeit  ihres  Streckungswachstums  von  der  Temperatur  aufweisen, 
erkennt  man  z.  B.  an 
der  ungleichen  Entwick- 
lung der  Knospen  der 
Roßkastanien  im  Früh- 
jahr. Aber  auch  am  ein- 
zelnen Individuum  unter- 
liegen die  Wachstums- 
prozesse der  verschie- 
denen Organe  einer  ganz 
differenten  Beeinflussung 
durch  die  Temperatur. 
Bei  Pflanzen  tropischer 
Kliniate  kann  beispielsweise 
das  Minimum  bei  -(-  10"  C 
liegen,  während  unsere,  oft 
die  Schneedecke  durchbre- 
chenden, ersten  Frühjahrs- 
pflanzen  ebenso  wie  die  Be- 
wohner der  Hochalpen  und 
der  polaren  Regionen  bei 
Temperaturen  wenig  über  0" 

noch   kräftig  wachsen.  —   Zahlreiche   unserer   Frühlingspflanzen   zeigen,   daß   die   Blüten- 
entfaltung durch  niedrigere  Temperaturen  gefördert  werden  kann  als  die  Laubblattentfaltung. 

2.  Licht(^^).  Das  Licht  ist  wenigstens  nicht  allgemein  eine  so  unent- 
behrliche Wachstumsbedingung  wie  die  Temperatur.  Es  gibt  Pflanzen  (Bak- 
terien und  Pilze),  die  ihre  ganze  Entwicklung  normal  auch  im  Dunkeln  voll- 
ziehen können.  Wenn  das  bei  der  grünen  Pflanze  nicht  der  Fall  ist,  so  liegt 
das  zum  Teil  schon  daran,  daß  hier  das  Licht  ja  zur  Herstellung  wichtiger  Bau- 
stoffe unentbehrlich  ist.  Sind  aber  solche  Pflanzen  reichlich  mit  Reserve- 
stoffen versehen  (Samen,  Rhizome),  so  können  sie  meistens  ohne  Licht  lange 
Zeit  wachsen.  Dabei  nehmen  sie  freilich  abnorme  Gestalten  an,  von  denen 
S.  252  noch  die  Rede  sein  sol!.  Es  fehlt  aber  nicht  an  Organen,  denen  wenig- 
stens vorübergehend  eine  gewisse  Lichtmenge  geboten  werden  muß,  damit  sie 
überhaupt  ihre  Entwicklung  beginnen  können  (Samen  und  Sporen,  S.  267). 
Andererseits  gibt  es  für  jedes  Organ  eine  gewisse  Lichtstärke,  die  das  Wachs- 
tum si stiert.     Diese  ist  bei  Schattenpflanzen  geringer  als  bei  Lichtpflanzen. 

Der  Einfluß  verschiedener  Beleuchtungsstärke  auf  die  Wachstums- 
geschwindigkeit wurde  früher  dahin  gedeutet,  daß  ,, Licht  das  Wachstum 
hemmt,  Dunkelheit  es  fördert".  Es  gibt  aber  mir  wenige  einwandfreie 
Versuche,  die  über  den  Erfolg  einer  bestimmten  konstanten  Beleuchtungs- 
stärke bei  konstanter  Temperatur  berichten.  In  vielen  Fällen  muß  jedoch  diese 
alte  Darstellung  auch  heute  noch  als  wahrscheinlich  gelten,  wenn  auch  in 
dem  eingehend  studierten  Fall  von  Avenakeimsprossen  sich  ergeben  hat,  daß 
das  Licht  am  1,  Tag  eine  fördernde,  erst  späterhin  eine  hemmende  Wirkung 
ausübt.  Wird  ein  Avenakeimling  eine  Zeitlang  bei  konstanter  Beleuchtung 
kultiviert  und  dann  in  eine  höhere,  aber  ebenfalls  konstante  Beleuchtung 
gebracht,  so  zeigt  sich  auch  hier  die  gleiche  doppelte  Wirkung  des  Lichtes, 
zuerst  Förderung  und  dann  Hemmung  des  Wachstums.  Umgekehrt  wirkt  eine 
Abnahme  der  Beleuchtungsstärke:  nach  anfänglicher  Abnahme  folgt  eine 
Zunahme  des  Wachstums. 


252 


Jost: 


Viel  öfter  ist  in  den  letzten  Jahren  der  Einfluß  eines  Lichtwechsels 
auf  das  Längenwachstum  studiert  worden.  Es  hat  sich  gezeigt,  daß  ebenso 
eine  Zunahme  wie  eine  Abnahme  der  Beleuchtung  das  bisher  gleichförmige 
Wachstum  ungleichförmig  macht.  In  manchen  Fällen  tritt  bei  Beleuchtungs- 
zunahme zuerst  Wachstumsbeschleunigung,  dann  Hemmung  ein,  manchmal 
aber  wird  auch  der  umgekehrte  Erfolg  beobachtet.  Meist  tritt  bei  dieser 
„Lichtwachstumsreaktion"  (Blaauw)  nicht  nur  ein  Wellenberg  und  ein 
Wellental  auf,  sondern  es  folgen  einander  mehrere  Wellen  von  abnehmender 
Amplitude,  bis  dann  der  stationäre  Zustand  erreicht  wird,  der  noch  genauer 
zu  erforschen  ist. 

Sehr  groß  sind  die  formativen  Erfolge  (^^'')  des  Lichtes,  doch  verhalten 
sich  die  einzelnen  Organe  dabei  sehr  verschieden.  Das  tritt  nirgends  deutlicher 
in  Erscheinung  als  bei  dauernder  Verdunkelung.  Wie 
eingangs  bemerkt,  kann  eine  solche  bei  Autotrophen 
nur  bei  genügender  Versorgung  mit  Reservestoffen 
längere  Zeit  durchgeführt  werden  und  bedingt  dann 
ein  völlig  verändertes  Wachstum  und  deshalb  ein 
ganz  fremdartiges  Aussehen  der  Pflanzen.  Diese 
als  Etiolement  oder  Vergeilung  bezeichnete  Er- 
scheinung kommt  dadurch  zustande,  daß  einzelne 
Organe  im  Wachstum  gefördert,  andere  gehemmt 
werden.  Bei  Dikotylen  findet  man  z.  B.  die  Stengel 
stark  überverlängert  und  schlaff.  Überverlängert 
sind  auch  die  Blattstiele,  während  die  Blattspreiten 
klein  bleiben  und  lange  in  der  Knospenlage  ver- 
harren (Fig.  260).  Da  im  Dunkeln  zwar  die  gelben 
Chloroplastenfarbstoffe,  nicht  aber  der  Chlorophyll- 
farbstoff  gebildet  werden  kann,  so  erscheinen  die 
Blätter  etiolierter  Pflanzen  gelb,  während  die  chloro- 
plastenarmen  Stengel  weiß  aussehen.  Etiolement 
kommt  aber  auch  bei  nichtgrünen  Pflanzen  vor: 
gewisse  Hutpilze  z.  B.  verlängern  bei  Verdunke- 
lung ihren  Stiel  ganz  beträchthch  unter  gleich- 
zeitiger Verkleinerung  di^r  Hüte. 

Auch  im  inneren  Bau  bestehen  beträchtliche  Diffe- 
renzen zwischen  der  etiolierten  und  normalen  Pflanze.  In 
etiolierten  Pflanzen  sind  die  Gewebe  wenig  differenziert,  es 
fehlen  die  verdickten  Zellen. 

Die    Überverlängerung    gewisser    Organe    bei    gleich- 
zeitiger Reduktion   anderer   hat  in   der  Natur  bei   allen    im 
Dunkeln    austreibenden    Samen    und    Rhizomen    eine    große 
ökologische  Bedeutung.    Die  nur  am  Licht  funktionierenden 
Teile  werden  zunächst  noch  nicht  ausgebildet,  die  Baustoffe 
für  sie,    insbesondere  auch  für  das  Chlorophyll  gespart;    die 
starke  Streckung  der  anderen  Organe,   die   vorzugsweise  auf 
Wassereinlagerung   beruht,   hat   den    Effekt,    daß    die    licht- 
bedürftigen  Teile  möglichst  bald  aus  der  Dunkelheit  heraus- 
befördert werden. 
Auch  ohne  zu  dem  Extrem  völliger  Verdunkelung  zu  greifen,  kann  man  weitgehende 
formative  Erfolge    durch    verschiedene    Beleuchtungsstärke   erzielen.     Am   genauesten    sind 
solche  bei  den  Farnprothallien  durch  die  Studien  von  Klebs  bekannt  geworden.    Er  fand: 

1.  Bei  schwachem  Licht  (Osramlampe  von  27  MK)  bilden  die  Prolhallien  oft  mehr 
als  2  mm  lange,  unverzweigte  Fäden  ohne  jede  Zellteilung. 

2,  Bei  etwas  stärkerem  Licht  bleibt  die  Gestalt  des  Prothalliums  die  gleiche,  aber 
es  treten  Querwände  auf. 


Fig.  260.  Zwei  gleichalte 
Keimpflänzchen  des  weißen 
Senfs  (Sinapis  alba).  E  Im 
Dunkeln  erwachsen,  etio- 
liert.  A^  Bei  gewöhnlicher 
Tagesbeleuchtung  gewach- 
sen,   normal.     Nach  Noll. 


Physiologie. 


253 


3.  Bei  etwa  250  MK  hört  der  Zellfaden  auf  und  wird  durch  die  Zellfläche  ersetzt. 
Bei  passender  Beleuchtungsstärke  kann  schon  die  zweite  Zelle  des  Prothalliums  zur  Flächen- 
bildung übergehen;  die  Fadenbildung  wird  also  völlig  unterdrückt. 

4.  Bei  500—1000  MK  endlich  treten  Zellkörper  auf. 

Weitere  formative  Erfolge  der  Beleuchtungsstärke  treten  uns  in  der  Gestalt  und 
im  Bau  der  Laubblätter  entgegen.  Schattenblätter  weisen  einen  ganz  anderen  Bau  auf 
als  die  in  voller  Sonne  erwachsenen  Blätter  der  gleichen  Spezies.  Sie  sind  dünner,  ihre 
„Palisadenzellen"    verjüngen    sich    nach    unten    trichterförmig,  lassen  weite  Interzellularen 


Fig.   261.     Taraxacum    officinale.     /    in   der  Ebene,    2   im    Hochgebirge   kultiviert.     Beide 
gleichmäßig  verkleinert.     Nach  Bonnier. 


zwischen  sich  und  treten  auch  nur  in  einer  Reihe  auf,  während  am  Licht  die  Palisaden 
höher  werden    und   auch    in  mehreren  Schichten  sich  ausbilden  können. 

Die  Pflanzen  der  Alpen,  die  das  Sonnenlicht  länger,  intensiver  und  in  anderer 
Zusammensetzung  erhalten  als  die  der  Ebene,  weichen  auch  in  ihrem  ganzen  Habitus 
(Fig.  261)  weit  von  diesen  ab.  Ihre  Vegetationsorgane  sind  gedrungen,  ihre  Blüten  groß 
und  intensiv  gefärbt.  Indes  sind  neben  dem  Licht  auch  andere  Faktoren  bei  dieser  Ab- 
änderung beteiligt. 

Wo  im  Laufe  der  Entwicklung  zweierlei  Blätter  produziert  werden,  wie  z.  B.  bei 
Campanula  rotundifolia,  manchen  Wasserpflanzen  usw.,  da  zeigen  sich  die  Jugendblätter 
an  die  schwache,  die  Folgeblätter  an  eine  hohe  Beleuchtungsstärke  gebunden  (S.  270). 
Auch    die    definitive    Größe    einer    Pflanze    kann    von    der  Beleuchtung   abhängen.     Die 


254 


Jost: 


Fig.  262  zeigt  die  große  Periode  von  Avena  bei  verschiedenen  Beleuchtungen.  Sie  läßt 
ohne  weiteres  erkennen,  daß  in  starkem  Licht  die  Pflanzen  viel  kleiner  bleiben  als  in 
schwachem  Licht. 

Die  Wirkimg  der  verschiedenen  Strahlenarten  (^^),  aus  denen  das  weiße 
Tageshcht  besteht,  ist  nicht  die  gleiche.  Wenn  Licht  die  Streckung  des  Stengels 
hemmt,  so  sind  dabei  die  kurzwelligen  blauen  und  violetten  Strahlen  wirksam, 
während  sich  rote  Strahlen  wie  Dunkelheit  verhalten. 

Bei  den  Farnprothalhen  wird  durch  rotes  Licht  das  Wachstum  wie  durch 
Dunkelheit  gefördert,  aber  die  Zellteilung  gehemmt,  während  umgekehrt 
die  blauen  und  violetten  Strahlen  das  Wachstum  hemmen,  aber  die  Teilung 
fördern.  Da  das  Licht  nicht  nur  als  Wachstumsreiz,  sondern  auch  als  Energie- 
quelle tätig  ist,  so  ist  die  Komplikation  der  Erscheinungen  einigermaßen  ver- 
ständhch.  —  Ultraviolettes  Licht  schädigt  die  Pflanze,  Radium-  und  Röntgen- 
strahlen wirken  hemmend  auf  Wachstumsvorgänge  ein,  können  aber  wie 
Gifte  (S.  257)  in  kleinen  Mengen  das  Wachstum  fördern  ("), 

Neben  der  Intensität  und  der  Quahtät  des  Lichtes  hat  auch  seine  Rich- 
tung eine  große  Bedeutung  für  die  Ausgestaltung  des  Pflanzenkörpers.  Ein- 
seitig einfallendes  Licht  führt  zu  Krümmungen  (Phototropismus,  vgl.  S.  307). 

Aber  auch  auf  Polarität  und 
Symmetrie  hat  das  Licht 
Einfluß.  So  kann  z.  B.  bei 
niedrig  organisierten  Pflan- 
zen an  der  Zelle,  von  der 
die  Entwicklung  ausgeht, 
die  stärker  beleuchtete  Seite 
zur  Spitze,  die  andere  zur 
Basis  werden.  Oder  es  kann 
ein  ursprünghch  radiärer 
Vegetationspunkt  durch  ein- 
seitige Beleuchtung  zu  einem 
bilateralen  oder  dorsiven- 
tralen  werden.  Endliph  kann 
auch  ein  Organ,  nachdem 
es  längst  aus  dem  embryonalen  Stadium  herausgetreten  ist,  noch  durch 
einseitige  Lichtwiikung  dorsiventral  werden,  z.  B.  indem  es  bloß  auf  dei 
Schattenseite  Wurzeln  bildet.  —  Und  wenn  es  gehngt,  experimentell  die 
äußere  Symmetrie  umzugestalten,  so  ist  damit  in  der  Regel  auch  der  innere 
Bau  verändert. 

Bei  der  Keimung  der  Sporen  von  Equisetum  wird  die  Richtung  der  ersten  Scheide- 
wand und  damit  die  Lage  von  Basis  und  Spitze  durch  die  Lichtrichtung  bestimmt. 
Ein  ähnlicher  Einfluß  des  Lichtes  auf  die  Polarität  zeigt  sich  bei  den  Eizellen  von  Fucus 
und  Dictyota.  —  Antithamnion  cruciatum  (eine  Floridee)  bildet  in  zerstreutem  Licht  auf- 
einanderfolgende Auszweigungen  ungefähr  in  gekreuzter  Stellung  aus;  bei  einseitigem 
Licbteinfall  aber  stellen  sie  sich  alle  senkrecht  zu  den  Strahlen  in  eine  Ebene.  Weitere 
Beispiele  für  solche  durch  einseitige  Beleuchtung  induzierte  Dorsiventralität  liefern 
die  Zweige  vieler  Laubmoose,  die  Thalli  der  meisten  Lebermoose  und  endlich  die  Pro- 
thallien  der  Farne,  Gebilde,  die  ohne  solche  einseitige  Lichtwirkung  teils  radiär,  teils 
bilateral  werden.  So  wird  z.  B.  an  den  Farnprothallien  und  bei  Marchantia  die  Ober- 
seite durch  die  stärkere  Beleuchtung  bestimmt.  Während  nun  bei  Farnprothallien  nach 
Umkehrung  der  Beleuchtungsrichtung  der  Neuzuwachs  sich  den  neuen  Lichtverhältnissen 
anpaßt,  also  die  bisherige  Oberseite  zur  Unterseite  wird,  ist  der  Marcbantienthallus,  wenn 
einmal  die  Dorsiventralität  induziert  ist,  nicht  mehr  veränderlich.  —  Als  Beispiel  einer 
durch  Beleuchtung  induzierten  Dorsiventralität  bei  höheren  Pflanzen  seien  die  Sprosse 
des  Efeus  und  anderer  Wurzelkletterer  genannt,  deren  Kletterwurzeln  auf  der  beschatteten 
Seite  entstehen. 


6  7  8  H.T 

Fig.  262.  Große  Periode  des  Wachstums  der  Avena- 
koleoptile  nach  Sierp.  Die  Abszisse  gibt  die  Zeit  in 
halben  Tagen  an,  die  Ordinaten  den  Zuwachs.  Kurve  a 
bei  Dunkelheit,  b,  c  .  .  bei  zunehmender  Beleuchtungs- 
stärke. 


Physiologie. 


255 


A 


3.  Schwerkraft.  Dem  Lichte  können  wir  die  Pflanze  leicht  entziehen; 
die  Schwerkraft  aber  wirkt  überall  auf  sie  ein.  Was  wir  da  ändern  können, 
ist  nur  die  Richtung.  Fällt  die  Schwerkraftrichtung  mit  der  Richtung  der 
Hauptwurzel  und  des  Hauptsprosses  zusammen,  so  bemerken  wir  keinerlei 
Einfluß:  bildet  sie  aber  einen  Winkel  mit  diesen  Organen,  so  treten  ähnlich 
wie  bei  einseitig  einfallendem  Lichte  Krümmungen  auf  (s.  Geotropismus). 
Davon  abgesehen,  ist  vor  allem  ein  Einfluß  der  Schwerkraft  auf  die  Polarität 
der  Pflanzen  konstatiert.  Nirgends  freilich  in  dem  Maße,  daß  es  gelänge, 
durch  Umkehrung  (Inversstellung)  einer  Pflanze  etwa  den  Sproß  in  eine  Wurzel 
zu  verwandeln.  Nicht  einmal  an  der  undifferenzierten  Eizelle  läßt  sich  durch 
die  Schwerkraft  die  Polarität  verändern.  Sie  wird  fast  überall  durch  innere 
Ursachen  bedingt,  und  die  Schwerkraft  kann  nur  modifizierend  eingreifen. 

Werden  abgeschnittene  Weidenzweige  in  einem  feuchten  Raum  aufgehängt,  so 
bilden  sich  Wurzeln  vorzugsweise  nahe  dem  unteren  Ende,  und  von  den  angelegten 
Knospen  treiben  nur  die  höchst  stehenden 
aus  (big.  263,  /).  Werden  die  Zweige  aber 
in  verkehrter  Lage  aufgehängt,  so  sind  es 
die  gleichen  (jetzt  nach  unten  schauenden) 
Kno^^pen,  die  austreiben,  und  am  basalen 
(nach  oben  schauenden)  Ende  bilden  sich 
die  größten  Wurzeln  (Fig.  263,  2).  Somit 
zeigt  also  der  Versuch,  daß  in  erster  Linie 
innere  Ursachen  für  den  polaren  Gegensatz 
bestehen.  Da  aber  bei  den  invers  gestellten 
Zweigen  die.  Wurzelbildung  erheblich 
nach  abwärts,  die  Sproßbildung  aufwärts 
verschoben  ist,  so  muß  auch  die  Schwerkraft 
mitbeteiligt  sein.  Nur  ausnahmsweise  ist  es 
gelungen,  durch  Inversstellung  eine  voll- 
kommene und  eine  dauernde  Umkehrung  der 
Polarität  einer  Pflanze  zu  erzielen.  In  den 
meisten  Fällen  sterben  inverse  Pflanzen  bald 
ab;  wo  sie  aber  längere  Zeit  am  Leben 
bleiben,  zeigen  sie  schwere  Störungen  in 
ihrem  anatomischen  Bau  (''^). 

Auch  an  schräg  oder  horizontal  ge- 
legten Zweigen  macht  sich  ein  Einfluß  der 
Schwerkraft  auf  die  inneren  Dispositionen 
geltend.  Letztere  bringen  es  mit  sich,  daß 
die  obersten  Knospen  am  stärksten  austreiben 
und  sich  zu  Langtrieben  entwickeln.  Aus 
der    Vertikallage    gebrachte    Zweige    zeigen 

die  basalen  Knospen  gefördert,  die  apikalen  gehemmt.  Bogig  gekrümmte  lassen  die  stärkst 
wachsenden  Triebe  am  höchsten  Punkt  auftreten.  In  der  Reben-  und  Obstzucht 
wird  durch  Verbiegung  der  Äste  auf  die  Bildung  schwächer  wachsender  Sprosse  (Kurz- 
triebe) hingewirkt,  die  erfahrungsgemäß  leichter  Blüten  produzieren. 

4.  Mechanische  Einflüsse.  Druck  und  Zug  wirken  in  zweierlei  Weise 
auf  das  Wachstum,  einmal  rein  mechanisch,  außerdem  auch  als  Reiz.  Mecha- 
nische Widerstände  verlangsamen  zunächst  das  Wachstum  der  Zellen  und 
heben  es  schheßUch  ganz  auf.  Da  aber  das  Flächenwachstum  der  Zellwand 
noch  weiter  geht,  schwindet  ihre  Spannung  schließlich  ganz.  Nach  völliger 
Entspannung  der  Zellhaut  aber  wirkt  der  ganze  Innendruck  der  Zelle  auf  die 
Widerlage  ein,  in  manchen  Fällen  wird  unter  solchen  Umständen  der  osmotische 
Wert  des  Zellsaftes  noch  vergrößert.  So  kommt  es,  daß  Wurzeln  Felsej  sprengen 
können.  Ist  das  Hindernis  nicht  zu  überwinden,  so  veranlaßt  die  plastische 
Nachgiebigkeit  der  Membranen  ein  enges  Anschmiegen  an  dasselbe;  Wurzeln 


L 


Fig.  263.    Ein  Zweig  einer  Weide,  /  in  nor- 
maler Lage,  2  in  inverser  Lage  im  feuchten 
Raum  treibend.     Nach  Vöchting. 


256 


Jost: 


und  Wurzelhaare,  die  in  enge  oder  flache  Hohlräume  eindringen,  füllen  diese 
daher  oft  so  vollkommen  aus,  als  ob  sie  als  flüssige  Masse  hineingegossen  worden 
wären.  —  Von  einem  starken  mechanischen  Zug  sollte  man  erwarten,  daß  er 
durch  Unterstützung  und  Förderung  der  Dehnung  das  Längenwachstum  be- 
schleunige. Tatsächlich  macht  sich  aber  eine  Reizwirkung  geltend,  der  Zug 
hat  zunächst  geradezu  eine  Verzögerung  des  Wachstums  zur  Folge,  und 
erst  später  treten  Beschleunigungen  bis  20%  auf. 

Von  anderen  Reizwirkungen  mechanischer  Einflüsse  nennen  wir  noch  folgende:  An 
gekrümmten  Wurzeln  treten  Seitenwurzeln    ausschließlich    auf  den  Konvexseiten   auf;    die 

Ursache  liegt  wahrscheinlich  in  den  Spannungs- 
verhältnissen, die  an  den  antagonistischen 
Seiten  bestehen  (Fig.  264).  —  Die  Anlage  der 
Haustorien  von  Cuscuta  und  die  Ausbildung  der 
Saugnäpfe  an  den  Ranken  mancher  Partheno- 
cissus- Arten  (Fig.  207)  wird  durch  B er ührungs- 
rei  z  ausgelöst. 

Steigern  sich  mechanische  Einflüsse 
bis  zur  Verwundung,  so  treten  entweder 
einfache  Heilungserscheinungen  (S.  140) 
oder  Restitutionen  (S.  245)  auf. 

5.  Stoffliche  Einflüsse.  Die  Gegen- 
wa  t  der  nötigen  Nährstoffe  in  genügender 
Menge  ist  ebenso  wie  die  Abwesenheit  von 
Giften  formale  Bedingung  für  jedes  Wachs- 
tum. Wenn  auch,  wie  wir  wissen,  jeder 
einzelne  Nährstoff  unentbehrlich  ist,  durch 
eine  Überfülle  der  anderen  nicht  ersetzt 
werden  kann,  so  darf  man  doch  für  be- 
stimmte Vorgänge  einem  einzelnen  eine 
besondere  Wichtigkeit  zuschreiben.  —  Da 
die  Streckung  ganz  überwiegend  auf 
Wassereinlagerung  beruht,  so  ist  die 
Bedeutung  der  Wasser  zu  fuhr  für  die 
wachsende  Pflanze  ohne  weiteres  einleuchtend.  Nur  die  turgeszente  Pflanze 
wächst,  und  der  Wassergehalt  des  Bodens  beeinflußt  weitgehend  die  Größe  der 
Pflanze  und  ihrer  Zellen.  Im  trockenen  Boden  entstehen  Zwerge (^^a).  Manche 
Pflanzen  aber  besitzen  Wasserspeicher  und  sind  dadurch  etwas  unabhängiger 
von  direkter  Wasseraufnahme ;  sie  wachsen  auf  Kosten  des  gespeicherten  Wassers. 
Vielfach  kann  auch  das  Wasser  älteren  Teilen  entnommen  werden,  die  dann  ver- 
trocknen, während  an  der  Spitze  Wachstum  stattfindet;  so  bei  der  im  Keller 
treibenden  Kartoffel.  Ganz  anders  wie  der  Wassergehalt  des  Bodens  wirkt 
der  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft.  Durch  ihn  wird  Form  und  anatomischer 
Bau  weitgehend  geändert.  In  feuchter  Atmosphäre  entwickeln  sich  lange 
Internodien  und  lange  Blattstiele,  die  Blattfläche  wird  groß,  aber  sie  bleibt 
dünn,  und  ihr  Rand  ist  wenig  ausmodelliert,  die  Behaarung  tritt  zurück.  Die 
Gewebedifferenzierung  ist  sehr  gering.  Es  besteht  also  in  mehrfacher  Hinsicht 
Annäherung  an  die  etiolierte  Pflanze.  Eine  lokale  Überfüllung  der  Pflanze 
mit  Wasser,  wie  sie  nach  Hemmung  der  Transpiration  z.  B.  durch  Überzüge 
von  Paraffinöl  auftritt,  führt  zur  Anschwellung  der  Zellen  und  somit  zur  In- 
tumeszenzbildung.  Umgekehrt  wird  durch  trockene  Luft  die  anatomische 
Differenzierung  sehr  gefördert;  die  Kutikula  wird  verstärkt,  Kollenchym, 
Sklerenchym  und  Gefäße  werden  vermehrt,  kurz  es  entstehen  'vielfach  Ab- 
änderungen, die  in  feuchter  Luft  auf  Transpirationssteigerung,  in  trockener 


Fig.  264.    Junge  Lupine  mit 
wachsener    Hauptwurzel.      Die    Seiten- 
wurzeln s  ausschließlich  auf  den  Kou- 
vexflanken  entwickelt.     Nach  Noll. 


Physiologie.  257 

auf  Transpirationshemmung  hinauslaufen,  also  zweckmäßige  Abänderungen, 
Anpassungen. 

Eine  sehr  auffallende  lieizwirkiing  wird  durch  die  dauernde  Berüh- 
rung mit  flüssigem  Wasser  bei  denjenigen  Pflanzen  erzielt,  die  eine  solche 
überhaupt  ertragen  können;  zweifellos  handelt  es  sich  da  freilich  niclit  um  eine 
einfache  stoffhchc  Wirkung  des  Wassers,  sondern  um  eine  kombinierte  Wirkung 
vieler  Faktoren:  neben  dem  Wasserüberfluß  dürfte  z.  B.  die  Aufhebung  der 
Transpiration,  doch  auch  die  Änderung  der  Beleuchtung  und  der  Sauerstoff- 
zufuhr wichtig  sein. 

Amphibische  Pflanzen,  d.  h.  solche,  die  befähigt  sind,  sowohl  auf  dem  Lande 
wie  im  Wasser  zu  leben,  entwickeln  im  Wasser  oft  ganz  andere  Formen  als  in  der  Luft. 
Dies  tritt  zumal  in  der  Gestalt  der  Blätter  hervor,  die  im  Wasser  häufig  lineal  und 
sitzend  oder  aber  fein  zerschlitzt,  an  der  Luft  dagegen  gestielt  und  mit  breiter  Spreite 
ausgebildet  werden  (vgl.  Fig.  140).  Aber  auch  Blattstiele  und  Internodien  zeigen  im 
Wasser  oft  ein  anderes  Wachstum  als  in  der  Luft,  und  es  erinnert  ihr  Verhalten  im 
Wasser  an  die  Überverlängerung  im  Finstern.  Das  ist  besonders  der  Fall  bei  unter- 
getauchten Wasserpflanzen,  von  denen  gewisse  Teile  die  Oberfläche  erreichen  müssen 
(Stengel  von  Hippuris,  Blattstiele  von  Nymphaea).  Diese  Pflanzenteile  sind  durch  ver- 
schieden starke  Streckung  unter  Wasser  imstande,  ihre  Länge  der  Höhe  des  über  ihnen 
stehenden  Wasserspiegels  anzupassen,  in  flachem  Wasser  kurz  zu  bleiben,  in  tiefem  sehr 
lang  zu  werden. 

Auch  die  Gewebe  der  Wasserformen  zeigen  manche  Abweichungen  von  denen 
der  Landformen:  in  den  Stengeln  fehlen  die  verdickten  Zellen,  und  auch  die  Leitbündel 
sind  reduziert;  die  Blätter  erinnern  an  Schattenblätter.  In  schroffstem  Gegensatz  zu  den 
Wasserpflanzen  stehen  solche  Landpflanzen,  die  bei  geringer  Wasserzufuhr  bzw.  bei 
starker  Transpiration  entstanden  sind;  hier  sind  die  Leitbündel  sehr  kräftig  entwickelt, 
und  in  der  Epidermis  werden  Einrichtungen  ausgebildet,  die  wir  unter  den  Mitteln  zum 
Schutz  vor  zu  großer  Transpiration  kennen  gelernt  haben. 

Neben  den  eigentlichen  Nährstoffen,  die  zum  Aufbau  der  Pflanzensub- 
stanz Verwendung  finden,  verdient  auch  der  Sauerstoff  genannt  zu  werden. 
Obwohl  sein  Eintritt  in  die  Pflanze  mit  einer  Verminderung  der  organischen 
Substanz  verbunden  ist,  ist  er  —  bzw.  die  durch  ihn  bewirkte  Atmung  — 
doch  ganz  unentbehrhch  für  das  Wachstum.  Bei  den  Aerobionten  wenigstens 
steht  das  Wachstum  nach  Sauerstoffentziehung  völlig  still;  auch  eine  Ver- 
minderung oder  Vermehrung  des  normalen  Sauerstoffgehaltes  der  Luft  be- 
einflußt es  schon. 

Aber  auch  Reize  mannigfacher  Art  gehen  von  Stotfen  aus,  die  auf  die 
Pflanze  einwirken. 

Da  sind  zunächst  die  Gifte  zu  nennen,  Stoffe,  die  schon  in  sehr  geringer  Konzen- 
tration das  Wachstum  und  schließlich  überhaupt  das  Leben  sistieren.  So  tötet  Kupfer- 
vitriol Algen,  zumal  Spirogyren,  aber  auch  Erüsen  in  Wasserkultur,  schon  in  der  Ver- 
dünnung 1:25000000.  Auffallenderweise  wirken  aber  viele  Gifte  in  starker  Verdünnung 
geradezu  stimulierend  auf  das  Wachstum  und  bewirken  eine  bessere  Ausnützung  der 
Nährstoffe.  Chemische  Reizung  anderer  Art  spielt  vor  allen  Dingen  bei  der  Keimung 
vieler  Samen,  Sporen  und  Pollenkörner  sowie  bei  der  Entwicklung  der  Früchte  eine  große 
Rolle.  Viele  parasitische  Pilze  und  auch  parasitische  Phanerogamen  (Orobanche,  Lathraea) 
werden  durch  noch  unbekannte,  von  ihren  Wirten  ausgehende  Stoffe  zum  Wachstum  ge- 
reizt. Bei  Algen  und  Pilzen  kann  namentlich  durch  hohe  Konzentration  gewisser  Nähr- 
stoffe eine  beträchtliche  Gestaltsveränderung  hervorgerufen  werden. 

6.  Einflüsse  fremder  Organismen.  Pilze  und  Bakterien,  die  parasitisch 
in  einer  Pflanze  leben,  veranlassen  nicht  selten  weitgehende  Deformationen 
in  ihr,  die  man  Gallen(^^)  nennt.  In  einfacheren  Fällen  entsteht  dabei  nur 
eine  Vergrößerung  der  Zellen,  in  komplizierteren  treten  qualitative  Ver- 
änderungen der  Organe  ein.  Noch  viel  auffallender  sind  die  Gallenbildungen, 
die  durch  Tiere,  vor  allem  Insekten  an  den  Pflanzen  hervorgebracht  werden. 
Es  entstehen  Wucherungen,  die  dem  Parasiten  zur  Wohnung  und  Nahrung 

Strasburger,  Lehrbuch  der  ßolanik.    16.  Aufl.  17 


258  Jost: 

dienen  und  die  in  ihrem  Bau  oft  als  durchaus  nützlich  für  den  Parasiten 
erscheinen:  wir  treffen  Schutzschichten,  Nährschichten  und  Deckelbildungen, 
die  für  die  Pflanze  selbst  ganz  ohne  Bedeutung  sind. 

Die  von  dem  Rostpilz  Aecidium  Euphorbiae  infizierte  Zypressenwolfsmilch  (Euphor- 
bia Cyparissias)  wird  unfruchtbar,  bleibt  unverzweigt,  erhält  kürzere  aber  breitere  Blätter 
und  erscheint  in  ihrem  ganzen  Aussehen  so  verändert,  daß  man  sie  kaum  wieder  erkennt. 
Blattläuse  können  Vergrünungen  der  befallenen  Blütensprosse  veranlassen,  wobei  statt 
Blumenblättern  laubblattähnliche  Gebilde  entstehen.  Besonders  eigenartig  sind  die 
Gallen  (Cecidien),  deren  Bildung  durch  Pilze  und  vornehmlich  durch  Tiere  (Würmer 
und  Arthropoden)  bedingt  wird.  Der  Eingriff  dieser  Organismen  in  die  normale  Ent- 
wicklung der  befallenen  Pflanze  ist  mehr  oder  weniger  bedeutend,  je  nachdem  er  die 
embryonale  Substanz  der  Vegetationspunkte  oder  ein  schon  angelegtes,  jedoch  noch  in 
Ausbildung  begriffenes,  oder  endlich  ein  schon  fertiges  Glied  des  Pflanzenkörpers  trifft. 
Es  können  bis  toi  de  Gallen  entstehen,  bei  welchen  es  sich  um  Produkte  abnormer  Ge- 
webebildung handelt,  oder  organoide,  die  auf  Umbildung  oder  Neubildung  der  Glieder 
des  Pflanzenkörpers  beruhen.  Die  letzteren  sind  besonders  lehrreich.  Die  Larve  der 
Gallmückenart  Cecidomyia  rosaria,  die  über  dem  Vegetationspunkt  der  befallenen 
Weidensprosse  sich  entwickelt,  veranlaßt  die  Verbildung  der  ganzen  Sprosse,  die  Ent- 
stehung jener  Gallen,  die  als  Weidenrosen  bekannt  sind  und  Blattschöpfe  aus  stark  ver- 
änderten Blättern  und  gestauchten  Achsenteilen  darstellen.  Verschiedene  Fliegen  (l)iptera) 
legen  ihre  Eier  in  noch  unfertige  Blätter  und  regen  um  so  stärkere  Anschwellungen  und 
Rollungen  an,  je  jünger  die  Blätter  im  Augenblick  der  Infektion  waren.  Unverändert  in 
seiner  Gesamtausbildung  bleibt  hingegen  das  Blatt  der  Eiche,  das  erst  im  schon  weit  ent- 
wickelten Zustand  von  Gallwespen  der  Gattung  Gynips  angestochen  wird;  hier  wird  nur 
eine  lokale  Wucherung  des  Blattgewebes  gebildet,  die  zur  Bildung  der  kugeligen  gelben 
oder  roten,  an  den  Seitenrippen  der  Blattunterseite  sitzenden  Gallen  führt. 

Auch  ,,Symbionten",  d.  h,  friedlich  zusammenlebende  Organismen,  von 
denen  nicht  der  eine  die  Rolle  des  Wirtes,  der  andere  die  des  Parasiten  spielt, 
können  sich  formativ  beeinflussen.    Das  sieht  man  z.  B.  bei  den  Flechten. 

Es  ist  wahrscheinlich,  daß  bei  der  Beeinflussung  durch  fremde  Organis- 
men neben  der  Verwundung  stoffliche  Wirkungen  die  Hauptrolle  spielen. 
Freihch  konnte  bisher  nur  in  seltenen  Fällen  eine  der  Gallbildung  ähnliche  De- 
formation schon  durch  Einwirkung  toter,  aus  dem  Gallenbewohnpr  extrahierter 
Substanzen  erzielt  werden.  Auch  Parasiten,  die  keine  Gallbildung  zur  Folge 
haben,  wirken  durch  ihre  Gifte  stofflich  auf  die  Wirtpflanze  ein.  Umgekehrt 
kann  die  Wirtpflanze  durch  Bildung  von  Antikörpern  den  Parasiten  schädigen 
oder  ihn  ganz  am  Eindringen  hindern.  So  hat  Heinricher  gezeigt,  daß  manche 
Birnsorten  leicht,  andere  schwer  von  der  Mistel  infiziert  werden,  und  er  hat 
wahrscheinhch  gemacht,  daß  eine  einmahge  Infektion  mit  dem  Schmarotzer 
den  Wirt  bei  künftigen  Infektionen  widerstandsfähiger  macht.  Es  kommen 
also  auch  im  Pflanzenreich  Immunitätserscheinungen  vor,  sie  sind  aber 
hier  bei  weitem  nicht  so  eingehend  untersucht  wie  bei  Tieren ('"). 

7.  Rückblick  auf  die  äußeren  Faktoren.  Es  hat  sich  gezeigt,  daß  eine 
Menge  von  äußeren  Faktoren  in  einfacheren  Fällen  nur  auf  die  Wachstums- 
geschwindigkeit, in  komplizierteren  dagegen  auch  auf  die  schließliche  Gestalt 
der  Pflanze  von  Einfluß  ist.  Wir  pflegen  die  Gestalt  der  Pflanze,  die  uns  ge- 
wöhnUch  in  der  Natur  entgegentritt,  als  ihre  normale  Gestalt  zu  bezeichnen. 
Jede  Abweichung  von  dieser,  die  unter  dem  Einfluß  äußerer  Faktoren  entsteht, 
nennen  wir  eine  Modifikation  dieser  normalen  Gestalt.  Es  ist  aber  klar, 
daß  auch  die  Normalform  ledighch  der  Ausdruck  ganz  bestimmter  Außenfak- 
toren ist,  nämlich  derjenigen,  die  gewöhnlich  die  Pflanzen  während  ihrer  Ent- 
wicklung treffen.  Mit  anderen  Worten,  Normalform  und  Modifikation  sind 
beide  gleich  gesetzmäßige  Bildungen.  Nicht  die  Modifikation,  sondern  nur  die 
Konstellation  von  Außenbedingungen,  unter  denen  sie  entstanden  ist,  ist  ab- 
norm.   Wenn  auch  manche  dieser  Veränderungen  für  die  betroffene  Pflanze 


Physiologie.  259 

ganz  bedeutungslos  sind  oder  gar,  wie  das  bei  den  Gallen  betont  wurde,  nur  für 
den  Veranlasser  der  Veränderung  von  Nutzen  sind,  so  ist  doch  eine  große  Zahl 
von  Keaktionen  auf  äußere  Reize  derart,  daß  die  Pflanze  einen  Nutzen  von  ihnen 
hat.  So  haben  wir  z.  B.  die  Überverlängerung  beim  Etiolement,  die  charakte- 
ristische Ausbildung  der  amphibischen  Pflanzen  im  Wasser  bzw.  auf  dem  Lande, 
die  Steigerung  des  Transpirationsschutzes  bei  Zunahme  der  Lufttrockenheit 
usw.  usw.  als  nützHche  Reaktionen,  als  Anpassungen  zu  bezeichnen.  Woher 
es  kommt,  daß  die  Pflanze  oft  mit  Anpassungen  reagiert,  ist  an  dieser  Stelle 
nicht  zu  besprechen  (S.  179).  Im  Gegensatz  zu  den  Anpassungen  nennen 
wir  solche  Modifikationen,  die  für  die  Pflanze  nutzlos  oder  gar  schädlich  sind 
Mißbildungen, 

B.  Innere  Faktoren. 

Auf  innere  Faktoren  müssen  wir  stets  dann  schließen,  wenn  eine  Ver- 
änderung am  Organismus  bei  Konstanz  aller  Außenfaktoren  eintritt. 
Wir  können  die  Innenfaktoren  bei  weitem  nicht  so  gut  analysieren  wie  die 
Außenfaktoren,  und  deshalb  ist  die  Zurückführung  mancher  Erscheinungen 
auf  ,, innere  Ursachen"  oft  nicht  viel  mehr  als  ein  Geständnis  unserer  Un- 
kenntnis. 

1.  Anlagen.  Innere  Ursachen  sind  zunächst  einmal  die  ,, Anlagen", 
die  eine  Pflanze  von  ihren  Eltern  mitbekommen  hat;  diese  bewirken,  daß  aus 
der  Spore  eines  Pilzes  immer  wieder  dieser  Pilz,  aus  dem  Samen  der  Bohne 
wieder  eine  Bohne  hervorgeht.  Sie  bewirken  auch  im  einzelnen,  daß  eine 
bestimmte  ,,Art"  bei  gleichen  Außenbedingungen  in  allen  Individuen  die  gleichen 
Eigenschaften  hat,  wie  z.  B.  Blütenfarbe,  Blattgestalt,  Größe  usw.  Den  Be- 
stand einer  Spezies  an  Anlagen  kann  man  im  allgemeinen  nicht  experimentell 
verändern,  ja  man  kann  ihn  nicht  einmal  ohne  weiteres  durch  Beobachtung 
feststellen;  erst  das  Vererbungsexperiment  gibt  über  ihn  Aufschluß.  Deshalb 
kann  auch  erst  bei  Behandlung  der  Vererbung  mehr  von  den  ,,x\nlagen"  gesagt 
werden  (S.  280). 

2.  Korrelationserscheinungen  C^i).  Wenn  auch  äußere  Faktoren  einen 
weitgehenden  Einfluß  auf  den  inneren  Bau  der  Pflanzen  haben,  so  findet 
die  Gewebedifferenzierung  doch  auch  bei  ganz  konstanten  äußeren  Be- 
dingungen statt  —  sie  ist  also  durch  innere  Ursachen  be^virkt.  Was  für  Ur- 
sachen das  im  einzelnen  sind,  die  eine  embryonale  Zelle  in  eine  bestimmte 
Entwicklungsrichtung  hineindrängen,  das  wissen  wir  nicht.  Nur  eins  ist 
uns  ganz  sicher  bekannt:  aus  jeder  Zelle  des  Vegetationspunktes 
kann  noch  alles  werden,  alle  Zellen  sind  ihren  Anlagen  nach 
gleich.  Daß  die  eine  sich  so,  die  andere  sich  anders  entwickelt,  ist  einzig 
und  allein  durch  die  Wechselbeziehungen  oder  Korrelationen  bedingt,  die 
zwischen  den  Zellen  bestehen.  Heben  wir  diese  Beziehungen  auf,  heben  wir 
den  Zusammenhang  zwischen  den  Zellen  auf,  so  sehen  wir  bei  den  Erschei- 
nungen der  Restitution  (S.  245)  in  der  Tat  ganz  andere  Leistungen  von  den 
Zellen  vollführt,  als  sie  im  Zusammenhang  zuvor  zeigten.  Und  nicht  nur 
embryonale  Zellen,  auch  ausgewachsene  können  noch  nach  Aufhebung  des 
Zusammenhangs  mit  den  Nachbarzellen  neue  Leistungen  übernehmen  und 
dann  auch  neue  Gestalten  ausbilden.  So  können  bei  Restitutionsprozessen 
Zellen,  die  ausgewachsen  waren  und  die  bald  abgestorben  wären,  wieder  jung 
werden,  und  wir  sehen  z.  B.  aus  einer  Epidermiszelle  (Fig.  256)  die  ganze 
Fülle  von  Zellarten  sich  bilden,  die  für  die  betreffende  Pflanze  charakteristisch 
sind.  Es  ist  klar,  daß  ein  Organismus,  bei  dem  solche  gegenseitige  Beeinflussung 
der  Zellen  fehlt,  nicht  die  Arbeitsteilung  aufweisen  kann,  wie  wir  sie  bei  den 
höheren  Pflanzen  zu  sehen  gewohnt  sind.  Es  sind  also,  mit  anderen  AVorten.  die 

17* 


260  Jost: 

Korrelationen  mit  zu  den  „Reg^ilationen"  zu  rechnen,  ohne  die  ein 
Organismus  undenkbar  ist. 

Nicht  nur  zwischen  den  Zellen,  auch  zwischen  den  äußeren  Organen 
der  Pflanze  bestehen  solche  Korrelationen,  Nimmt  man  diese  auch  für  ge- 
wöhnlich nicht  wahr,  so  treten  sie  doch  sofort  zutage,  wenn  man  entweder 
ein  Organ  entfernt  und  nun  die  Reaktion  des  isolierten  Organs  sowie  der 
Pflanze,  von  der  es  genommen  ist,  studiert,  oder  wenn  man  ein  Organ  künst- 
lich an  einen  Platz  bringt,  an  dem  es  vorher  nicht  war. 

Im  ersten  Fall  können  zunächst  einmal  sog.  Kompensationen  auf- 
treten: Durch  Entfernung  eines  Organs  werden  andere  größer.  Die  Blätter, 
die  am  Vegetationspunkt  entstehen,  verhindern  ältere  Blätter,  ihre  maximale 
Größe  zu  erreichen;  wird  der  Vegetationspunkt  entfernt,  so  nimmt  demnach 
(z.  B.  beim  Tabak)  die  Blattgröße  zu.  Das  Austreiben  einzelner  Achsel- 
knospen verhindert  zahlreiche  andere  am  Streckungsw^achstum;  werden 
aber  die  dominierenden  Sprosse  entfernt,  so  treiben  die  bisher  ruhenden 
Knospen  sofort  aus.  Man  wird  daraus  schließen,  daß  auch  in  der  nor- 
malen Entwicklung  die  Größe  der  Organe  durch  korrelative  Einflüsse  der 
Nachbarorgane  mit  bestimmt  wird.  In  anderen  Fällen  sehen  wir  einen  mehr 
qualitativen  Erfolg  der  Entfernung  eines  Organs.  Wird  der  Gipfel  einer 
Tanne  entfernt,  so  tritt  einer  der  nächststehenden  Seitenzweige  an  seine 
Stelle:  er  nimmt  den  aufrechten  Wuchs  des  Hauptsprosses  an  und  ordnet 
auch  seine  Nadeln  so  an,  wie  der  Hauptsproß  das  tut.  Wir  dürfen  also  ver- 
muten, daß  für  gewöhnlich  die  schräge  Lage  und  die  dorsiventrale  Anordnung 
der  Benadelung  am  Seitenzweig  sich  unter  dem  Einfluß  des  Hauptsprosses 
vollzieht.  In  diesen  und  in  zahllosen  anderen  Fällen  korrelativer  Beeinflussung 
ist  es  übrigens  keineswegs  notwendig,  ein  Organ  zu  entfernen;  meist  ge- 
nügt es,  wenn  es  z.  B.  durch  Eingipsung  oder  durch  andere  Mittel  in  seiner 
normalen  Funktion  gestört  wird. 

Daß  an  isolierten  Organen  je  nach  Umständen  neue  Wurzeln,  neue 
Sprosse  entwickelt  werden,  ist  bei  der  Besprechung  der  Restitution  S.  246 
ausgeführt  worden.  So  wie  jede  Zelle  ursprünglich  zu  vielfacher 
Gestaltung  befähigt  ist,  so  sind  es  auch  die  Glieder.  Nur  die 
gegenseitige  Beeinflussung  hindert  sie  an  so  vielseitiger  Be- 
tätigung. 

Korrelationen  können  endlich  noch  dadurch  nachgewiesen  werden,  daß 
man  ein  Organ  an  eine  neue  Stelle  verpflanzt.  Mit  den  Methoden  der  Trans- 
plantation, die  aus  der  Praxis  der  Gärtnerei  hervorgegangen  sind,  gelingt 
es  bei  manchen  Pflanzen  leicht,  einen  abgetrennten  Teil  an  eine  Wunde  an- 
wachsen zu  lassen.  Man  nennt  den  zugefügten  das  ,, Pfropfreis",  den  anderen 
Komponenten  die  ,, Unterlage".  Das  Reis  kann  der  gleichen  Spezies  ent- 
stammen wie  die  Unterlage  oder  von  einer  verwandten  Pflanze  entnommen 
sein.  Bei  solchen  Transplantationen  können  auch  korrelative  Beeinflussungen 
auftreten.  Eine  solche  ist  z.  B.  schon  darin  gegeben,  daß  durch  die  Verwachsung 
die  Restitution  sowohl  an  der  Unterlage  wie  am  Reis  unterbleibt.  Es  adoptiert 
gewissermaßen  der  eine  Teil  die  Wurzeln  des  anderen,  der  andere  die  Sprosse 
des  ersten,  und  damit  entfällt  die  Notwendigkeit,  solche  Organe  neu  zu  bilden. 

Die  künstliche  Verwachsung  spielt  ähnlich  wie  die  künstliche  Vermehrung  eine 
große  Rolle  in  der  Gärtnerei,  bei  der  Veredelung.  Es  werden  abgetrennte  knospen-, 
tragende  Teile  einer  Pflanze,  das  sog.  Edelreis,  auf  einer  bewurzelten  Pflanze,  der 
sog.  Unterlage,  zur  Verwachsung  gebracht,  weil  es  so  rascher  als  durch  künstliche  Ver- 
mehrung oder  gar  durch  Samen  gelingt,  hochwüchsige  Exemplare  einer  Rasse  oder  Art 
herzustellen. 

In  der  gärtnerischen  Praxis  haben  sich  verschiedene  Methoden  für  die  Verbindung 
der  Pflanzenteile  bei   der  Veredelung  herausgebildet,    von  denen  hier  nur  die  wichtigsten 


Physiologie. 


261 


erwähnt  sein  mögen.  Unter  Pfropfen  versteht  man  solche  Transplantationen,  bei  denen 
mit  Knospen  besetzte  Zweige  mit  dem  abgestutzten  Stamm  der  Unterlage  zur 
Verwachsung  gebracht  werden.  Es  wird  dabei  beachtet,  daß  wenigstens  stellenweise  die 
Kambialregionen  der  zu  verbindenden  Teile  aufeinander  stoßen.  Man  pfropft  im  übrigen 
entweder  in  den  Spalt,  in  die  Rinde  oder  in  die  Seite.  Im  ersten  Falle  wird 
das  Ende  der  Unterlage  längs  gespalten,  und  in  den  Spalt  wird  entweder  ein  einziges 
Pfropfreis  eingesetzt,  das  dann  so  stark  sein  kann  wie  die  Unterlage,  oder  es  wird  auf 
jeder  Seite  peripherisch  ein  Reis  zur  Verwachsung  gebracht;  unter  allen  Umständen  wird 
die  Basis  des  Pfropfreises  keilförmig  zugespitzt.  Bei  dem  Pfropfen  in  die  Rinde  wird  das 
flach  zugeschnittene  Edelreis  zwischen  die  durch  einen  Längsspalt  klaffend  gemachte  Rinde 
und  den  Splint  eingeschoben 
(Fig.  265/).  Bei  dem  Pfropfen 
in  die  Seite  werden  die  Edel- 
reiser, keilartig  zugeschnitten, 
in  seitliche  Einkerbungen 
der  Unterlage  eingesetzt.  — 
Wird  die  Unterlage  schräg  ab- 
geschnitten und  über  ihr  ein 
ebenfalls  schräg  zugeschnittenes 
Pfropfreis  von  gleicher  Dicke 
so  angesetzt,  wie  das  Fig.  2G5// 
zeigt,  so  spricht  man  wohl  von 
Kopulieren.  —  Eine  be- 
sondere Art  der  Transplan- 
tation ist  das  Okulieren 
(Fig.  165///),  wobei  nicht  ein 
Zweigstück,  sondern  eine 
Knospe,  ein  „Auge",  unter 
die  Rinde  der  Unterlage  ein- 
geschoben wird.  Das  Edelauge 
bleibt  im  Zusammenhang  mit 
einem  schildförmigen  Rinden- 
stück, das  sich  leicht  vom 
Splint  ablöst,  wenn  die  Pflanzen 
.im  Saft''  sind.  Durch  einen 
T-förmigen  Schnitt  wird  dann 
die  Rinde  der  Unterlage  ge- 
lockert, das  Rindenschild  des 
Edelauges    eingeschoben     und 

das  Ganze  dicht  abgeschlossen.     Auf  das  „treibende  Auge''  okiiliert  man  im  Frühjahr,  auf 
das  „schlafende",  erst  im  nächsten  Jahr  austreibende  Auge,  im  Sommer. 

Die  Verwachsung  erfolgt  mit  Hilfe  eines  an  beiden  Pflanzenteilen  entstehenden 
Wundgewebes,  des  sog.  Kallus  (vgl.  S.  140).  In  dem  Kallus  bilden  sich  nachträglich 
Gefäße  und  Siebröhren  aus  und  verbinden  die  gleichartig  funktionierenden  Elemente 
beider  Stücke.  —  Derartige  Verwachsungen  sind  aber  nur  bei  nahe  verwandten  Pflanzen 
möglich.  So  lassen  sich  die  zu  den  Amygdalaceen  gehörigen  Obstbäume  leicht  verbinden, 
also  Pfirsich,  Aprikose,  Mirabelle,  Pflaume  und  Schlehe  untereinander,  ebenso  die  Poniaceen 
Birne  und  Quitte,  Quitte  und  Weißdorn,  nicht  aber  Apfel  mit  Pflaume  oder  gar,  wie  auch 
behauptet  worden  ist,  mit  Eiche  u.  dgl. 

Die  Polarität,  die  sich  bei  der  Restitution  so  bemerkbar  macht,  tritt  auch  bei  künst- 
lich herbeigeführter  Verwachsung  sehr  auffallend  zutage.  Ungleichnamige  Pole  einer 
Pflanze  sind  leicht  zum  Verwachsen  zu  bringen,  gleichnamige  verwachsen  nicht  oder 
schwieriger,  und  ihre  Verbindung  trägt  dann  dauernd  einen  schadhaften  Charakter. 

Unterlage  und  Pfropfreis  beeinflussen  sich  in  mannigfacher  Weise. 
So  gewinnen  z.  B.  Teile  einjähriger  Pflanzen,  ^Yenn  sie  auf  ausdauernde  ge- 
pfropft werden,  eine  längere  Lebensdauer,  Ebenso  läßt  sich  auch  der  ent- 
gegengesetzte Erfolg,  Verkürzung  der  Lebensdauer  durch  Pfropfung,  er- 
zielen.    Al)er  auch  qualitative  Elrfolge  können  eintreten,  die  im  Extrem  so 


Fig.  265.     Verschiedene  Veredelungsweisen.     /  Pfropfen. 

//  Kopulieren.    ///  Okulieren.    In  allen  Figuren  bedeutet 

IV  Unterlage  (Wildling),  E  Edelreis  bzw.  Edelauge. 

Nach  NoLL. 


262  Jost: 

weit  gehen,  daß  eine  Laubknospe  durch  Aufpfropfung  auf  eine  passende 
Unterlage  zu  einem  Blütensproß  umgewandelt  werden  kann.  Die  spezi- 
fischen Eigenschaften  der  beiden  Komponenten  bleiben  indes  bei  der 
Transplantation  erhalten;  gewisse  als  „Chimären"  bezeichnete  Fälle  scheinen 
dem  auf  den  ersten  Blick  zu  widersprechen,  doch  zeigt  sich  bei  näherer  Be- 
trachtung, daß  auch  bei  ihnen,  obwohl  sie  äußerhch  als  Mittelbildungen 
zwischen  den  beiden  Pfropf symbionten  erscheinen,  dennoch  keine  ,, Ver- 
mischung" zweier  Spezies  vorliegt. 

Chimären (^2-)^  jjj  unseren  Gärten  finden  sich  unter  dem  Namen  La- 
burnum  Adami  und  Crataegomespilus  einige  Pflanzen,  die  in  mehrfacher 
Hinsicht  an  Bastarde  (S.  278)  erinnern,  die  aber  zweifellos  nicht  durch 
sexuelle  Vereinigung  der  Mutterpflanzen  entstanden  sind.  Laburnum  Adami 
(Fig.  266)  ist  eine  Mittelbildung  zwischen  Laburnum  vulgare  und  Cytisus 
purpureus  und  bildet  sehr  häufig  Zweige  aus,  die  man  als  ,,Kückschläge" 
zu  Laburnum  vulgare  betrachten  muß,  seltener  solche,  die  ganz  wie  Cytisus 
purpureus  aussehen.  Als  Crataegomespilus  oder  Bronveauxhybriden  werden 
einige  Mittelformen  zwischen  Crataegus  monogyna  und  Mespilus  germanica 
bezeichnet,  die  ebenfalls  sehr  häufig  Rückschläge  zu  den  Stammformen  bilden. 
Von  den  Bronveauxhybriden  ist  nun  der  Ursprung  bekannt.  Man  weiß,  daß 
die  Mittelformen  —  es  existieren  deren  mehrere  differente  —  in  der  Nähe 
einer  Pfropfstelle  von  Mespilus  auf  Crataegus  zuerst  in  einem  Garten  in  Bron- 
veaux  bei  Metz  entstanden  sind.  Daß  Laburnum  Adami  ähnhchen  Ursprungs 
ist,  muß  jetzt  als  sicher  gelten.  Man  hat  demnach  die  beiden  Pflanzen  als 
,, Pfropfhybriden"  betrachtet,  d.  h.  als  Bastarde  die  nicht  durch  Verschmel- 
z.ung  von  Sexualzellen,  sondern  durch  eine  irgendwie  beschaffene  Beein- 
flussung vegetativer  Zellen  hervorgebracht  worden  sind. 

Hans  Winkler  hat  solche  ,, Pfropf bastarde"  experimentell  hergestellt. 
Er  pfropfte  Solanum  nigrum  (Nachtschatten)  auf  Solanum  Lycopersicum 
(Tomate)  und  schnitt  nach  erfolgter  Verwachsung  den  Stengel  des  Pfropf- 
reises quer  durch  die  Pfropfstelle  ab.  Unter  den  Adventivsprossen,  die  sich 
unmittelbar  aus  der  Verwachsungsstelle  der  beiden  Komponenten  bildeten, 
befanden  sich  auch  ausgesprochene  Mittelbildungen  zwischen  Tomate  und 
Nachtschatten.  Und  zwar  traten  zunächst  solche  Formen  auf,  die  aus  ver- 
wachsenen Längshälften  der  beiden  aufeinander  gepfropften  Pflanzen  be- 
standen; Winkler  nannte  sie  Chimären.  Später  aber  stellten  sich  auch 
andere,  äußerlich  einheitlich  erscheinende  Mittelbildungen  ein  (Fig.  267), 
die  zunächst  als  die  gesuchten  Pfropf  bastarde  gedeutet  wurden.  Nähere 
Untersuchung  zeigte  aber,  daß  auch  sie  als  Chimären  zu  betrachten  sind, 
da  sie  aus  verwachsenen,  sonst  aber  unveränderten  Teilen  der  Tomate 
und  des  Nachtschattens  bestehen.  Es  sind  aber  nicht  Längshälften, 
die  miteinander  verwachsen  sind,  sondern  Innen-  und  Außenschichten  der- 
art, daß  die  Schichten  des  Vegetationspunktes  (vgl.  S.  75  u.  269)  aus  Ge- 
weben verschiedener  Spezies  aufgebaut  sind.  Man  nennt  sie  ,,Periklinal- 
chi mären"  (ManteJchimären);  im  Gegensatz  dazu  heißen  die  der  Länge 
nach  verwachsenen  Chimären  ,,Sektorialchimären". 

Auch  Cytisus  Adami  und  die  Crataegomespili  sind  Perikhnalchimärcn; 
echte  Pfropfbastarde,  bei  denen  durch  Pfropfung  eine  Vermischung  der 
Arteigenschaften  in  der  einzelnen  Zelle  erfolgt  wäre,  sind  bisher  noch  nicht 
bekannt. 

Solanum  tubingense  hat  das  Dermatogen  der  Tomate,  das  Innere  des  Nachtschattens; 
bei  Solanum  Kölreuterianum  ist  es  gerade  umgekehrt;  bei  S.  proteus  sind  die  zwei 
äußeren  Lagen  von  der  Tomate,  die  übrigen  vom  Nachtschatten,  und  bei  S.  Gaertnerianum 
ist  es  wahrscheinlich  umgekehrt  (Fig.  267).     Entsprechend   stammt  bei  Cytisus  Adami  das 


Physiologie. 


263 


Fig.  266.     Laburnum  Adami  Poit.  (Cytisus  Adami  Hort.)  mit  Rückschlagszweigen  in  seine 
beiden  Stammformen:  Laburnum  vulgare  (links)  und  Cytisus  purpureus  (rechts).  Nach  Noix. 


264 


Jost: 


ö  S. 


OS    a.  P. 


J?    o" 


^       CO 


e-.  K 


t^^mS^ 


Physiologie.  265 

üermatogen  von  Cytisus  purpureus,  das  Innere  von  Laburnum  vnlgare.  Bei  einer  der 
Bronveauxbybriden,  der  forma  „Asnieresii",  ist  ein  Crataeguskern  von  einer  Mispelepidermis 
bedeckt,  die  andere  Form  „Dardari"  hat  zwei  oder  mehr  Mantelschichten  von  Mespilus. 
Diese  Angaben  beziehen  sich  auf  den  Bau  des  Vegetationspunktes  und  der  aus  diesem 
entstehenden  Achsen.  Die  Blätter  dagegen  können  nur  bei  Formen  mit  einschichtigem 
Mantel  Chimären  sein;  wo  aber  der  Mantelsymbiont  zweischichtig  auftritt,  da  muß  er 
nach  NoACK  ('^)  das  ganze  Blatt  aufbauen,  da  dieses  nur  aus  Epidermis  und  Ilypodermis 
des  Vegetationspunktes  sich  herleitet.  Demnach  können  diese  Blätter  keine  Periklinalchimären 
sein;  auffallenderweise  zeigen  sie  aber  doch  Zwischenbildungen  zwischen  den  Komponenten. 
Wenn  es  gelingt,  aus  der  einzelnen  Schicht  Adventivsprosse  zu  erzielen,  so  haben  diese 
den  reinen  Speziescharakter  dieser  Schicht  ohne  jede  Spur  eines  Einflusses  des  anderen 
Symbionten.  —  Über  die  Entstehung  der  Periklinalchimären  wissen  wir  noch  nichts  sicheres, 
doch  ist  kaum  daran  zu  zweifeln,  daß  die  Vegetationspunkte  der  Adventivsprosse  aus  Zellen 
der  beiden  Komponenten  sich  aufbauen,  und  zwar  derart,  daß  die  eine  Spezies  die  Bildung 
des  Kernes,  die  andere  die  des  Mantels  übernimmt. 

ill.  Der  Entwicklungsgang  und  seine  Abhängigkeit  von  äußeren 
und  inneren  Faktoren. 

Der  Entwicklungsgang  besteht  in  einer  Folge  von  Vorgängen,  die  sich 
bei  einer  bestimmten  Spezies  immer  wieder  in  der  gleichen  Weise  zu  wieder- 
holen pflegt.  Doch  lehren  schon  gelegentliche  Beobachtungen  in  der  Natur, 
erst  recht  aber  Versuche,  daß  diese  Folge  veränderungsfähig  sein  muß. 
Die  Aufgabe  der  Entwicklungsphysiologie  ist  es,  den  Entwicklungsgang 
experimentell  zu  beherrschen  und  so  Einbhck  in  seine  Ursachen  zu  gewinnen. 
Von  großer  Wichtigkeit  ist  es  auch,  die  Teilprozesse  der  Entwicklung  von- 
einander zu  unterscheiden  und  durch  ihre  ungleiche  Abhängigkeit  von  Außen- 
faktoren voneinander  zu  trennen. 

Wenn  wir  auch  sehr  viele  Einzelheiten  eines  Entwicldungsganges  heute 
noch  nicht  experimentell  beherrschen,  so  drängen  uns  doch  die  bisherigen 
Erfolge  die  Überzeugung  auf,  daß  der  typische  Entwicklungsgang 
nur  eine  von  vielen  Möglichkeiten  ist,  die  stets  dann  eintritt, 
wenn  ein  bestimmter  Komplex  von  Ursachen  gegeben  ist,  und 
daß  jede  Abweichung  von  diesem  Ursachenkomplex  auch  in  der  Entwicklung 
der  Pflanze  ihren  Ausdruck  findet. 

Alle  Umgestaltungen  aber  fallen  um  so  extremer  aus,  je  jünger  die 
Zellen  sind,  die  beeinflußt  werden.  Wird  bereits  die  embryonale  Substanz 
eines  Vegetationspunktes  von  ihrem  normalen  Entwicklungsgang  abgelenkt, 
so  kann  ein  ganz  anderes  Gebilde  an  Stelle  des  erwarteten  treten.  Oder  es 
bilden  sich  Mittelformen  von  mehr  oder  weniger  monströser  Gestalt  aus. 
Die  embryonale  Substanz  der  Vegetationspunkte  ist  noch  zur  Bildung  aller 
Anlagen  befähigt,  die  den  Formenkreis  der  Spezies  umfassen,  und  so  kann 
z.  B.  an  Stelle  einer  Blüte  ein  vegetativer  Sproß  entstehen,  ja  in  seltenen 
Fällen  kann  sogar  der  Vegetationspunkt  einer  Wurzel  sich  unmittelbar  als 
Sproß  weiter  entwickeln.  Hingegen  werden  schon  angelegte  Blätter  in  ihrer 
Veränderung  sich  vornehmlich  innerhalb  des  Formenkreises  der  Blattmeta- 
morphose halten,  Blumenblätter  beispielsweise  an  Stelle  von  Staubblättern 
oder  Fruchtblättern  sich  bilden.  Je  später  der  ändernde  Einfluß  auf  die  An- 
lage sich  geltend  macht,  um  so  unvollkommener  wird  ihre  Umwandlung  sein. 
Die  Entwicldung  der  Organismen  vollzieht  sich  nicht  in  ewig  gleicher 
Tätigkeit,  in  andauernd  gleichem  Wachstum.  Vielmehr  sehen  wir  überall, 
meist  periodisch,  Veränderungen  auftreten.  So  wechseln  Perioden  der  Ruhe 
mit  solchen  der  Wachstumstätigkeit;  und  während  der  letzteren  sehen  wir 
periodisch  Zellteilungen  auftreten,  periodisch  andere  Blattformen  und  Sprol.i- 


266  Jost: 

formeil  entstehen  und  Fortpflanzungsorgane  sich  bilden,  periodisch  auch 
kleinere  und  größere  Teile  absterben,  bis  schließlich  der  Tod  des  ganzen  Or- 
ganismus erfolgt. 

A.  Ruhe  und  Wachstumsbeginn  ("). 

Es  ist  schon  früher  ausgeführt  worden,  daß  wir  di'ei  verschiedene  Zu- 
stände in  der  Pflanze  unterscheiden:  den  des  aktiven  Lebens,  den  des  latenten 
Lebens  und  den  des  Todes.  Es  Avurde  auch  erwähnt,  daß  im  latenten  Leben 
alle  Lebensäußerungen  stillstehen :  alle  Stoff  Wechseltätigkeit,  selbst  die  Atmung, 
ist  sistiert,  und  von  Wachstum  und  Bewegung  ist  nichts  zu  bemerken.  Im 
Gegensatz '  zum  toten  Zustand  aber  bleibt  bei  latentem  Leben  die  Entwick- 
lungsfähigkeit gewahrt. 

Ruhezustände.  Solches  latentes  Leben  treffen  wir  bei  den  Samen,  bei 
manchen  Sporen  der  niederen  Pflanzen,  aber  auch  bei  vielen  ausgewachsenen 
Teilen  und  Knospen  in  ungünstiger  Jahreszeit  (Kälteperioden,  Trocken- 
perioden). Es  wird  aber  nicht  unbegrenzt  von  der  Pflanze  ertragen,  selbst 
Samen  und  Sporen,  die  es  am  vollkommensten  zeigen,  büßen  früher  oder 
später  die  Entwicklungsfähigkeit  ein,  sie  sterben.  —  In  anderen  Fällen  sehen 
wir  nicht  alle  Lebensfähigkeit  unterdrückt,  sondern  einzig  und  allein  das 
Wachstum  sistiert.    So  z.  B.  bei  unbefruchteten  Eizellen. 

Auf  den  ersten  Bhck  möchte  man  glauben,  daß  die  Ruhezustände  wäh- 
rend der  ungünstigen  Jahreszeit  unmittelbar  von  dieser  veranlaßt  werden. 
Tatsächlich  tritt  aber  auch  bei  vielen  tropischen  Bäumen  periodisch  ein 
Wachstumsstillstand  ein;  bei  andauernd  günstiger  Temperatur  und  Wasser- 
zufuhr sehen  wir  die  Blattbildung  nicht  kontinuierhch  vor  sich  gehen,  son- 
dern von  Ruhepausen  unterbrochen,  so  daß  im  Laufe  eines  Jahres  mehr- 
faches Austreiben  erfolgt.  Und  bei  den  einheimischen  Pflanzen  ist  der  Ein- 
tritt der  Ruheperiode  keineswegs  durch  die  zu  niedere  Temperatur  bedingt. 
Viele  Bäume  hören  schon  im  Mai  oder  Juni  mit  der  Blattentfaltung  völhg 
auf.  Auch  zeigen  unsere  Bäume,  in  ein  tropisches  KHma  versetzt,  vielfach 
eine  ähnhche  Periodizität  wie  dort  einheimische  Pflanzen.  Diese  Erschei- 
nungen werden  noch  nicht  von  allen  Forschern  gleichartig  gedeutet.  Auf 
der  einen  Seite  wird  angenommen,  daß  jede  Periodizität  im  Wachsen  der 
Pflanze  durch  eine  Periodizität  in  der  Außenwelt  bedingt  sei,  die  freilich 
nicht  nur  in  der  Zufuhr  von  Wärme  und  Wasser,  sondern  auch  z.  B.  in  der 
Aufnahme  von  Nährsalzen  gegeben  sein  kann.  Auf  der  anderen  Seite  nimmt 
man  eine  Periodizität  aus  inneren  Ursachen  an,  die  sich  in  Ländern  mit 
wechselnden  Jahreszeiten  diesen  anpaßt:  die  Bäume  verlegen  bei  uns  die 
Ruhezeit  in  den  Winter,  in  anderen  Ländern  in  die  trockene  Jahreszeit.  Das 
ist  durchaus  nicht  bei  allen  Pflanzen  so.  Es  gibt  bei  uns  einige  Kräuter,  wie 
z.  B.  Senecio  vulgaris,  die  das  ganze  Jahr  hindurch  wachsen,  wenn  nur  die 
äußeren  Bedingungen  es  zulassen,  und  in  den  Tropen  fehlt  es  erst  recht  nicht 
an  dauernd  wachsenden  Pflanzen. 

Eichen-,  Buchen-,  Apfel-  und  Birnbäume  behalten  in  dem  subtropischen  Klima  von 
Madeira  ihre  Ruheperiode  bei;  unter  den  noch  gleichmäßiger  günstigen  Verhältnissen  ge- 
wisser Tropengegenden,  wie  in  den  Bergen  Javas,  besteht  eine  Ruheperiode  fort,  aber  sie 
verschiebt  sich  bei  verschiedenen  Individuen,  ja  sogar  an  den  Ästen  eines  und  desselben 
Baumes  zeitlich  derart,  daß  Eichen,  Magnolien,  Obst-  und  Mandelbäume  wie  gewisse  dort 
einheimische  Bäume  zu  gleicher  Zeit  belaubte  und  blattlose  Zweige  tragen. 

EntAvicklungsbeginn.  Der  Schluß  des  Ruhezustandes,  der  Wiederbeginn 
des  Wachstums,  ist  vielfach  ledigUch  mit  der  Herstellung  der  allgemeinen 
Wachstumsbedingungen  gegeben.  In  anderen  Fällen  aber  ist  der  Ruhe- 
zustand ein  sehr  fester.    Die  Herstellung  der  übhchen  Wachstumsbedingungen 


Physiologie.  267 

genügt  dann  nicht,  um  ihn  zu  iibcrwindon,  doch  läßt  er  sich  manchmal  durch 
besondere   Reizmittel  abkürzen. 

Die  Keimung  der  Samen  erfolgt  in  der  Regel  nach  Herstellung  der 
allgemeinen  Wachstumsbedingungen,  vor  allem  also  der  nötigen  Tempe- 
ratur, Zufuhr  von  Sauerstoff  und  Wasser;  doch  fehlt  es  nicht  an  Beispielen, 
die  spezielle  Reize  erfordern.  Solche  spezielle  Reize  heben  auch  die  Ent- 
wicklungshemmung der  Eizellen  auf;  für  gewöhnlich  werden  sie  mit  der  Be- 
fruchtung gegeben;  doch  können  manche  Eizellen  auch  ohne  Befruchtung, 
z.  B.  durch  Einwirkung  von  ChemikaUen,  zur  Entwicklung  angeregt  werden 
(vgl.  auch  S.  277  Parthenogenesis). 

Manche  Samen  machen  eine  längere  Ruheperiode  durch,  ehe  sie  zu  keimen  heginnen. 
Zum  Teil  liegt  das  daran,  daß  sie  erst  nach  der  Loslösung  von  der  Mutterpflanze  voll 
ausreifen  [„Nachreife"  (")],  zum  Teil  aber  auch  daran,  daß  sie  nur  langsam  Wasser  auf- 
nehmen. Vor  allem  fallen  bei  der  Keimung  große  individuelle  Differenzen  auf.  Es  können 
einzelne  Samen  einer  Pflanze  oft  jahrelang  unverändert  im  Boden  liegen,  während  gleich- 
alte längst  gekeimt  haben;  das  hängt  gewöhnlich  mit  der  sog.  Hartschal igkeit  zusammen, 
d.  h.  mit  einer  außerordentlich  erschwerten  Quellungsfähigkeit  der  Schale.  Diese  scheint 
auch  einen  Grund  dafür  abzugeben,  daß  die  Samen  vieler  Wasserpflanzen  ( '^»  in  reinem 
Wasser  nicht  keimen  können,  während  nach  Zusatz  von  Säuren  und  Alkalien  die  Keimung 
beginnt.  In  einzelnen  Fällen  aber  können  auch  völlig  in  Wasser  gequollene  Samen  nicht 
keimen,  solange  ihnen  nicht  gewisse  Stoffe  oder  Licht(''')  geboten  werden.  Bei  den  sog. 
„Lieh  tkeimer  n"  sind  meistens  die  roten  oder  gelben  Strahlen  wirksamer  als  die  stark 
brechbaren,  und  es  genügt  oft  eine  erstaunlich  kurze  Belichtungszeit  (Lythrum  Salicaria 
7,0  Sekunde  bei  370  Hefner-Kerzen).  Nicht  selten  vermögen  eine  gewisse  hohe  Temperatur 
oder  chemische  Einflüsse  das  Licht  zu  ersetzen.  Chemische  Reize  spielen  die  Hauptrolle 
bei  gewissen  Parasiten  (Orobanche,  Tozzia),  die  nur  in  der  Nähe  ihrer  Nährpflanzen 
keimen.  —  Als  Gegenstück  zu  den  Lichtkeimern  mögen  noch  die  Dunkelkeim  er 
genannt  sein  (z.  B.  Amarantus),  bei  denen  gerade  das  Licht  die  Keimung  hindert  oder 
verzögert. 

Auch  bei  Sporen  kann  die  Keimung  entweder  durch  besondere  Reize  oder  schon 
durch  Herstellung  der  formalen  Wachstumsbedingungen  eingeleitet  werden. 

Ein  auffallender  und  recht  fester  Ruhezustand  findet  sich  bei  unseren 
Laubbäumen.  In  einer  bestimmten  Jahreszeit,  im  Herbst  oder  früher,  können 
ihre  Knospen  in  keiner  Weise  zum  Treiben  gebracht  werden  (Stadium  der 
Vollruhe).  Späterhin  aber  (Nachruhe)  bewirken  nicht  nur  höhere  Temperatur, 
sondern  auch  zahllose  Reize  (Frost,  Wärme,  Trockenheit,  Dunkelheit,  Be- 
leuchtung, Ätherdämpfe,  Azetylen,  Tabakrauch,  Verwundung,  Wasser- 
injektion usw.)  eine  beträchtliche  Verkürzung  der  Ruheperiode  (8°);  fast 
ebensogut  kann  aber  auch  kurz  nach  eingetretener  Wachstumshemmung, 
in  der  Vor  ruhe,  getrieben  werden.  Mit  diesen  Verhältnissen  muß  die  gärt- 
nerische Früh  treib  er  ei  rechnen. 

Restitutionsreiz  (^1).  Wie  bei  den  besprochenen  Fällen  von  Wachstums- 
beginn, so  kann  man  auch  bei  den  Restitutionen  nach  den  Ursachen  ihres 
Beginnens  fragen.  Und  hier  scheint  die  Antwort  sehr  einfach  zu  sein;  sehen 
wir  doch  diese  Erscheinungen  in  der  Regel  nach  Verwundungen  eintreten. 
Schon  der  Umstand,  daß  manchmal  im  Laufe  der  normalen  Entwicklung 
Prozesse  auftreten,  die  auffallend  an  Restitutionen  erinnern,  muß  uns  aber 
vorsichtig  machen.  So  können  z.  B.  in  den  Blattkerben  von  Bryophyllum 
junge  Pflänzchen  sich  entwickeln,  und  bei  gewissen  Begonien  entstehen  nicht 
nur  am  abgeschnittenen  Blatt,  sondern  auch  auf  der  intakten  Lamina  Sproß- 
bildungen. Durch  Experimente  ist  denn  auch  für  viele  echte  Restitutionen 
festgestellt  worden,  daß  nicht  die  Entfernung  eines  Organs,  sondern  vielmehr 
die  Störung  seiner  normalen  Funktion  ihre  Bildung  auslöst  (S.  260). 

Polarität.  Die  befruchtete  Eizelle  der  Blütenpflanzen  bildet,  sowie 
ihre  Wachstumshemmung  aufgehoben  ist,  sofort  zwei  verschiedene  Vege- 


268  Jost: 

tationspunkte,  einen,  der  den  Sproß,  einen  anderen,  der  die  Wurzel  erzeugt. 
Entsprechende  polare  Differenzierungen,  Ausgestaltung  von  Basis  und 
Spitze  finden  sich  auch  bei  viel  einfacher  gebauten  Pflanzen.  Wenn  auch 
schon  gezeigt  worden  ist,  daß  in  manchen  Fällen  ein  äußerer  Faktor  bestimmt, 
welcher  Teil  der  jungen  Pflanze  Basis  und  welcher  Spitze  wird,  so  ist  doch 
bei  allen  höheren  Pflanzen  das  polare  Wachstum  eine  durchaus  spezifische, 
auf  inneren  Ursachen  beruhende  Erscheinung:  so  wenig  wir  eine  apolare 
kuglige  Alge  zu  polarem  Wachstum  veranlassen  können,  so  wenig  gelingt  es, 
eine  polar  gebaute  höhere  Pflanze  apolar  wachsen  zu  lassen. 

Die  in  der  Eizelle  entstandene  Polarität  bleibt  auch  im  großen  und  ganzen  dauernd 
erhalten.  Bei  einzelnen  Pflanzen  aber  sehen  wir  aus  inneren  Gründen  eine  Veränderung 
eintreten.  So  bilden  sich  bei  Platycerium-  und  Adiantum-Arten  unter  den  Farnen,  Neottia 
nidus  avis  unter  den  Orchideen  Sprosse  direkt  aus  dem  Wurzelvegetationspunkt.  Bei  den 
Natterzungen  (Ophioglossum),  deren  vegetative  Vermehrung  ganz  auf  der  Bildung  von 
Wurzelsprossen  beruht,  rücken  die  Sproßanlagen  fast  bis  auf  die  Wurzelspitze.  Auch  der 
Scheitel  mancher  Farnblätter  (Adiantum  Edgeworthii)  vermag  unmittelbar  in  der 
Bildung  einer  Sproßanlage  aufzugehen. 

Symmetrie.  Jeder  Vegetationspunkt  baut  dann  in  der  für  ihn  charak- 
teristischen Weise  das  betreffende  Organ  weiter  und  sorgt  zugleich  für  An- 
lage von  Seitenorganen,  die  in  einer  ganz  bestimmten  Verteilung  (radiär, 
bilateral,  dorsiventral)  auftreten.  So  sehen  wir  also  eine  gewisse  Symmetrie 
schon  am  Vegetationspunkt  gegeben,  und  diese  kann  wenigstens  in  vielen 
Fällen  durch  rein  innere  Ursachen  bestimmt  werden;  in  anderen  Fällen  haben 
äußere  Faktoren  einen  maßgebenden  Einfluß. 

B.  Wachstum  und  Zellteilung. 

Auch  das  in  Gang  gesetzte  Wachstum  verläuft  nicht  immer  gleichmäßig. 
Wohl  sehen  wir  manche  Algenzellen,  wie  Vaucheria,  oder  Pilze,  wie  Sapro- 
legnia,  eine  gegebene  Zelle  durch  Spitzenwachstum  immer  weiter  verlängern. 
In  der  großen  Mehrzahl  der  Fälle  aber  ist  dieser  Verlängerung  ein  Ziel  ge- 
setzt, indem  nach  Überschreitung  einer  gewissen  Größe  durch  Teilung  das 
Normalmaß  der  Zelle  wieder  hergestellt  wird.  Dieses  ist  freilich  kein  kon- 
stantes. Es  hängt  nicht  nur  von  äußeren,  sondern  maßgebend  auch  von  inneren 
Umständen  ab.  So  sehen  wir  z.  B.  meistens  unmittelbar  am  Vegetations- 
punkt die  Teilungen  rasch  eintreten,  während  sie  später  bei  andauerndem 
Wachstum  seltener  werden.  Dementsprechend  nimmt  die  Zellgröße  vom 
Vegetationspunkt  bis  in  die  Zone  der  Dauergewebe  im  allgemeinen  recht 
beträchtlich  zu.  Von  großer  Bedeutung  für  die  Zellgröße  ist  auch  die  Kern- 
masse, die  sie  enthält.  Es  ist  in  einigen  Fällen  durch  gewisse  Eingriffe  ge- 
lungen, das  Doppelte  oder  gar  Vierfache  der  normalen  Kernmasse  in  einer 
Zelle  anzusammeln,  und  es  zeigte  sich,  daß  vielfach  alle  Derivate  solcher 
Zellen  beträchtlich  größer  waren  als  die  Norm(22). 

Immerhin  kann  man  aber  ein  mittleres  Maß  der  Zelle  als  eine  erb- 
liche Eigentümlichkeit  jeder  Pflanzenspezies  betrachten.  Und  wenn  man 
verschieden  große  Arten  vergleicht,  so  fällt  es  auf,  daß  die  Zellgröße  nicht 
so  variiert  wie  die  Außendimensionen;  mit  anderen  Worten:  große  Pflanzen 
sind  in  erster  Linie  (nicht  ausschheßlich)  durch  eine  große  Zahl  von  Zellen 
bedingt  {^^). 

Was  im  einzelnen  die  Ursachen  der  Teilung  sind,  ist  noch  wenig  be- 
kannt (^*).  Zweifellos  handelt  es  sich  um  eine  recht  komplizierte  Folge  von 
Erscheinungen;  sehen  wir  doch,  daß  häufig  nicht  nur  das  Protoplasma, 
sondern  auch  der  Zellkern  bei  diesem  Prozeß  eine  Rolle  spielt,  insofern  als 
er  die  Teilung  einleitet. 


Physiologie. 


269 


Zweifellos  spielen  zunächst  äußere  Faktoren  eine  große  Rolle.  So  haben  wir  schon 
gesehen,  daß  die  Intensität  und  Qualität  des  Lichtes  z.  B.  bei  Farnprothallien  einen  maß- 
gebenden Einfluß  auf  die  Zellteilung  ausübt  (S.  252).  Daneben  wirken  auch  innere 
Faktoren,  vor  allem  das  Alter  der  Zelle  mit:  während  die  junge  Zelle  teilungsfähig  ist, 
nimmt  diese  Fähigkeit  mit  dem  Alter  mehr  und  mehr  ab  —  doch  können  Außeneinflüsse 
von  neuem  die  Teilung  ermöglichen;  das  sieht  man  vor  allem  bei  den  Restitutionen. 
Wie  Haberlandt  (81a)  gezeigt  hat,  sind  es  die  aus  verwundeten  oder  auch  nur  mechanisch 
etwas  geschädigten  Zellen  stammenden  Stoffe,  die  von  neuem  zur  Teilung  anregen.  Auch 
bei  der  Plasmolyse  entstehen  solche  Stoffe,  vielleicht  durch  Zerreißung  von  Plasmafäden, 
und  auch  körperfremde  Gifte  können  im  gleichen  Sinne  wirken.  —  In  den  Sproßvegetations- 
punkten der  höheren  Pflanzen  und  auch  bei  manchen  Algen  ist  eine  gewisse  Periodizität 
der  Zellteilung  (84b)  nachgewiesen,  sie  tritt  z.  B.  bei  Spirogyra  des  Nachts  ein,  offenbar  weil 
sie  vom  Licht  gehemmt  wird.  Bei  Wurzeln  aber  finden  wir  zu  allen  Tageszeiten  Kern- 
teilungen, doch  nicht  gleich  viele.  Ein  Maximum  liegt  in  den  Vormittagsstunden.  Hier 
müssen  noch  unbekannte  Außenfaktoren  oder  innere  Ursachen  bei  dieser  Periodizität 
mitwirken. 

Nicht  nur  die  Tatsache,  daß  eine  neue  Zellwand  auftritt,  auch  die  Rich- 
tung, in  der  sie  entsteht,  ist  ein  Problem  der  Entwicklungsphysiologie.  Manhat 
schon  lange  bemerkt,  daß  die  Stellung  der  neuen  Scheidewände  auffallende 
Ähnlichkeit  mit  dem  Verhalten  dünner  gewichtsloser  Flüssigkeitslamellen 
(z.  B.  Seifenlamellen)  zeigt.  Diese  haben  die  Tendenz,  sich  auf  die  kleinste 
mögliche  Fläche  zusammenzuziehen,  und  setzen  sich  deshalb  im  allgemeinen 
möglichst  unter  rechtem  Winkel  an  etwa  vorhandene  Wände  an.  Trotz  der 
großen  Ähnlichkeit  in  der  Anordnung  von  Zellwänden  einerseits  und  Flächen 
,,minimae  areae"  andererseits  darf  man  doch  nicht  behaupten,  die  junge 
Zellwand  werde  aus  den  gleichen  Ursachen  wie  jene  in  die  beobachteten  Lagen 
gebracht;  denn  die  Zellwand  ist  nie  flüssig. 

Sehr  auffällig  ist  das  Prinzip  der  rechtwinkligen  Schneidung  im  Vegetationspunkt 
der  Phanerogamen  gewahrt.  Hier  treten  uns,  wenn  wir  das  von  Sachs  herrührende 
Schema  eines  Längsschnittes  betrachten  (Fig.  268), 
die  Zellwände  in  zwei  Systemen  von  Para- 
beln entgegen,  die  sich  rechtwinklig  durch- 
schneiden und  einen  gemeinsamen  Brennpunkt 
besitzen.  Das  erste  System  (/—  VI  in  Fig.  268) 
verläuft  mehr  oder  weniger  parallel  mit  der 
Oberfläche  des  Vegetationspunktes;  wir  nennen 
diese  Zellwände  Periklinen.  Die  senkrecht 
zu  ihnen  stehenden  Wände  (/—//)  heißen 
Antiklinen. 


IV   y    yj 
268.   Schema  eines  Sproßvegetations- 
punktes. 


Nach  Sachs. 


Die  Zellen  des  Vegetationspunktes 
sind  noch  alle  gleich.  Erst  in  einer  ge- 
wissen Entfernung  von  ihm  beginnt  der 
Prozeß  der  Differenzierung.     Die  Zellen 

nehmen  ungleiche  Funktion  und  Hand  in  Hand  damit  ungleiche  Formen 
an.  Während  die  embryonalen  Zellen  noch  befähigt  sind,  jedes  beliebige 
Gewebe  zu  erzeugen,  nimmt  diese  Befähigung  mit  dem  Fortschreiten  der 
Differenzierung  ab,  die  Zellen  werden  mehr  und  mehr  in  eine  bestimmte  Ent- 
wicklung gedrängt  (Determination).  Im  allgemeinen  ist  aber  bei  der  Pflanze 
die  Determination  keine  so  feste,  wie  beim  Tier.  Das  sieht  man  vor  allem 
aus  der  weiten  Verbreit t  ng  der  Restitution. 

Was  im  einzelnen  die  Ursachen  der  Differenzierung  und  der  Determination  sind, 
ist  unbekannt.  Daß  aber  die  Korrelationen  bei  diesen  Prozessen  eine  große  Rolle  spielen, 
ist  S.  259  ausgeführt  worden. 


270  Jost: 

C.  Weitere  periodische  Änderungen  in  der  vegetativen 
Gestaltung. 

Während  der  Wachstumstätigkeit  treten  uns  vielfach  auch  noch 
ganz  andere  periodische  Erscheinungen  entgegen.  So  sieht  man  z.  B.  perio- 
dische Änderungen  in  der  Ausgestaltung  der  Blätter  und  Stengel,  die  nicht 
nur  quantitativer,  sondern  auch  quaHtativer  Art  sind;  es  wechseln  Laub- 
blätter mit  Kieder-  und  Hochblättern,  Laubsprosse  mit  Rhizomen  ab,  wobei 
der  Übergang  ein  allmählicher  oder  ein  sprungweiser  sein  kann.  Bei  diesen 
Erscheinungen  tritt  uns  wieder  die  Korrelation  des  Wachstums,  von  der 
S.  259  die  Rede  war,  entgegei .  Die  Existenz  oder  besser:  die  Tätigkeit 
einer  gewissen  Menge  von  Laubblättern  übt  auf  die  weiter  am  Vegetations- 
punkt entstehenden  Anlagen  einen  Einfluß  dahin  aus,  daß  diese  zu  Nieder- 
iDlättern,  Knospenschuppen  werden.  Entfernt  man  die  Laubblätter  im  Früh- 
sommer, so  bilden  sich  aus  diesen  Anlagen  keine  jN^iederblätter,  sondern  Laub- 
blätter. In  entsprechender  Weise  wirkt  die  Entfernung  von  Laubsprossen 
oft  auf  die  unterirdischen  Rhizome  ein;  sie  veranlaßt  diese  aus  dem  Boden 
herauszuwachsen  und  an  Stelle  von  Niederblättern  Laubblätter  zu  bilden. 

Außer  Laub-  und  Niederblattbildung  treffen  wir  bei  manchen  Pflanzen 
auch  noch  eine  andere  Art  von  Heterophyllie.  Vielfach  treten  in  der  Jugend 
Blätter  anderer  Gestalt  auf  als  später,  und  manchmal  gelingt  es,  eine  Pflanze 
zur  erneuten  Produktion  der  Jugendform  zu  zwingen,  wenn  die  äußeren  Be- 
dingungen, unter  denen  sie  sich  bildete,  wieder  hergestellt  werden.  So  folgen 
z.  B.  bei  Campanula  rotundifolia  auf  die  schmalen  Folgeblätter  wieder  runde 
Jugendblätter,  wenn  die  Beleuchtungsintensität  herabgesetzt  wird.  In  ähn- 
licher Weise  sind  auch  bei  manchen  Wasserpflanzen  die  Wasserblätter 
Jugendformen,  die  Schwimmblätter  und  die  Luftblätter  Folgeformen.  Auch 
hier  kann  künstlich  die  Jugendform  wieder  hervorgerufen  werden.  Das  ist 
aber  nicht  immer  so.  Manchmal  wird  der  Vegetationspunkt  selbst  so  stark 
alteriert,  daß  er  nur  noch  Folgeblätter  zu  produzieren  vermag. 

Die  ,, Schattenblätter"  (S.  253)  unserer  Laubbäume  gelten  heute  in 
erster  Linie  als  Jugendblätter,  denn  sie  hängen  nicht  so  sehr  direkt  von  der 
Beleuchtungsstärke  ab,  als  von  der  Stellung  am  Sproß.  Jeder  Sproß  beginnt 
mit  Schattenblättern  und  bildet  erst  später  Lichtljlätter.  Offenbar  sind  also 
Ernährungseinflüsse  bei  Ausbildung  dieser  Blattformen  maßgebend. 

Wie  das  Blatt,  so  kann  auch  der  Stengel  weitgehende  Umbildung  er- 
fahren. So  sehen  wir  ihn  im  Laubsproß  aufrecht  wachsen,  im  Rhizom  hori- 
zontal im  Boden  oder  auf  dem  Boden  kriechen;  bei  den  Windepflanzen  streckt 
er  seine  Internodien  über  das  sonst  übhche  Maß,  bei  Rosettenpflanzen  ist 
er  ungewöhnlich  gestaucht;  auch  im  Dickenwachstum  haben  wir  weitgehende 
Differenzen:  im  Extrem  erscheint  der  Stengel  als  Knolle.  Alle  diese  ver- 
schiedenen Gestalten  oder  Wachstumsweisen  sind  die  Folgen  ganz  bestimmter 
Einwirkungen,  sie  lassen  sich  demnach  wenigstens  zum  Teil  willkürlich  er- 
zielen, auch  zu  einer  Zeit  und  an  einem  Ort,  wo  sie  in  der  ,, normalen"  Ent- 
wicklung nicht  erwartet  werden  können. 

Als  ein  Beispiel  für  die  Beeinflußbarkeit  des  Stengels  wollen  wir  die 
Knollenbildung  bei  der  Kartoffel  betrachten.  Wie  Fig.  201  darstellt,  ent- 
wickeln sich  gewöhnlich  die  Knollen  am  Ende  von  horizontalen  Ausläufern, 
die  ihrerseits  aus  der  Basis  des  Laubtriebes  im  Boden  entspringen.  Die  Knollen- 
bildung erfolgt  durch  starkes  Dickenwachstum  am  Ende  der  Ausläufer  unter 
Sistierung  des  Längenwachstums.  Wird  aber  der  Laubtrieb  rechtzeitig  ent- 
fernt, so  gehen  statt  der  Knollen  aus  den  Enden  der  Ausläufer  gestreckte 
aufrechte  Zweige  hervor,  die  über  den  Boden  gelangen  und  grüne  Laubblätter 


Physiologie.  271 

erzeugen.  Man  kann  also  den  typischen  Entwicklungsgang  der  Kartoffel 
offenbar  so  abändern,  daß  es  gar  nicht  zur  Knollenbildung  kommt.  Anderer- 
seits lassen  sich  auch  die  Knollen  willkürlich  an  ganz  anderen  Orten 
erzeugen;  so  kann  z.  B.  bei  niederer  Temperatur  die  Hauptachse  einer 
bestimmten  Kartoffelsorte  ganz  kurz  bleiben  und  sich  sofort  in  eine  Knolle 
verwandeln;  bei  anderen  Sorten  können  Knollen  nahe  der  Spitze  der  Laub- 
sprosse, also  in  der  Luft  erzwungen  werden,  wenn  man  die  Sproßspitze  ver- 
dunkelt. Noch  plastischer  als  die  Kartoffel  hat  sich  die  Basellacee  Boussin- 
gaultia  baselloides  erwiesen:  hier  kann  man  jede  beliebige  Knospe  in  eine 
Knolle  umgestalten,  und  wenn  Knospen  fehlen,  können  Internodien  oder 
Wurzehi  knollig  anschwellen.  Es  sieht  so  aus,  als  ob  die  Produktion  einer 
gewissen  Menge  von  Reservestoffen  als  Reiz  wirke,  dem  die  Bildung  eines 
Reservestoff behälters  folge. 

D.  Lebensdauer  {^^). 

Eine  weitere  hier  zu  besprechende  Erscheinung  äußert  sich  im  Werden 
und  Vergehen,  in  der  Lebensdauer  der  Pflanze.  Es  gibt  Pflanzen,  wie 
Stellaria  media,  Senecio  vulgaris,  die  in  wenigen  Wochen  ihre  ganze  Ent- 
wicklung von  der  Samenkeimung  bis  zur  Samenreife  durchlaufen,  bei  denen 
auch  jeder  Same  sofort  keimen  kann,  so  daß  mehrere  Generationen  ohne 
Ruhe  und  unbekümmert  um  die  Jahreszeit  in  einem  Kalenderjahre  auftreten. 
Mit  der  Ausbildung  einer  gewissen  Anzahl  von  Samen  stirbt  die  Pflanze  ab; 
die  Samen  sorgen  aber  für  die  Forterhaltung  ihres  Typus.  Ähnlich,  aber  doch 
mehr  an  die  Jahreszeiten  gebunden,  sind  zahlreiche  ,, einjährige  Pflanzen"; 
an  sie  schließen  sich  andere  einmal  fruchtende  (monokarpische)  Pflanzen  an, 
bei  denen  der  Ausbildung  der  Samen  ein  zwei-  bis  vieljähriges  Stadium  rein 
vegetativen  Wachstums  mit  oder  ohne  eingeschobene  Ruhezeiten  voraus- 
geht. Vermutlich  liegt  bei  ihnen  allen  in  der  Fruchtbildung  die  Ursache  des 
Absterbens  der  Vegetationsorgane;  denn  man  kann  durch  Verhinderung  des 
Samenansatzes  ihr  Leben  bedeutend  verlängern.  In  einem  Gegensatz  zu 
ihnen  stehen  die  Pflanzen,  deren  Prototyp  unsere  Bäume  sind,  die  mehrfach 
fruchten,  bei  denen  der  Fortbestand  des  einzelnen  Exemplars  nicht  mit  der 
Samenbildung  erlischt.  Bei  allen  mehrjährigen  Typen  tritt  nun  neben  der 
Jahresperiode  noch  eine  andere  Periodizität  zutage:  Ein  Baum  hat  im  ersten 
Jahre,  als  Keimpflanze,  eine  viel  geringere  Wachstumsintensität  als  manche 
Annuelle;  er  ,, erstarkt"  aber  allmählich,  und  sein  Längenwachstum,  sein 
Dickenwaclistum,  selbst  die  Elementarorgane  seines  Holzkörpers  nehmen 
immer  mehr  an  Größe  zu.  Manche  Bäume  erreichen  ein  hohes  Alter  und  sind 
an  sich  zu  unbegrenztem  Leben  befähigt.  Von  einem  gewissen  Höhepunkt 
ihrer  Entwicklung  an,  werden  aber  ihre  Jahrestriebe  wieder  kleiner,  offenbar 
weil  der  Stoffaustausch  zwischen  Wurzeln  und  Blättern  sich  immer  schwieriger 
gestaltet.  Schließlich  stirbt  der  Baum  aus  diesem  Grunde  oder  weil  Parasiten 
oder  sonstige  von  außen  kommende  Störungen  ihm  ein  Ende  bereiten.  Sorgt 
man  dafür,  daß  in  der  Nähe  der  Vegetationspunkte  der  Sprosse  immer  neue 
Wurzeln  sich  bilden,  so  werden  die  Sprosse  mit  stets  gleicher  Intensität 
wachsen,  und  unter  diesen  Umständen  ist  ein  Ende  des  Wachstums  nicht 
abzusehen.  Man  kann  dieses  Experiment  nicht  bei  jedem  Baum  ausführen, 
weil  nicht  alle  leicht  Wurzeln  bilden;  mit  der  Weide  aber  gehngt  es  leicht, 
wenn  man  Zweige  als  Stecklinge  behandelt.  Ist  somit  der  Tod  für  den  Vege- 
tationspunkt abwendbar,  so  treten  uns  bei  ausgewachsenen  Zellen  ganz  andere 
Verhältnisse  entgegen.  Lange  bevor  der  ganze  Baum  zugrunde  geht,  sind 
ihm  schon  einzelne  Teile  im  Tode  vorausgegangen.  So  werden  die  Blätter 
abgestoßen,  nachdem  sie  ein  oder  mehrere  Jahre  funktioniert  lial)en.    Flanell- 


272  Jost: 

mal  werden  auch  ganze  Äste  abgeworfen.  In  anderen  Fällen  freilich  gehen 
sie  ohne  Abstoßung  zugrunde  und  zerfallen  allmählich  am  Ort  ihrer  Ent- 
stehung. Aber  auch  alle  älteren  Gewebe  des  Stammes  gehen  dem  Tod  ent- 
gegen; die  peripherischen  werden  in  Borke  verwandelt,  fallen  ab  oder  bilden 
eine  schützende  Hülle  für  die  übrigen  Teile;  im  Zentrum  geht  das  Holz  in 
Kernholz  über,  wobei  die  letzten  lebenden  Elemente  absterben.  Nur  die 
Vegetationspunkte  und  die  Kambien  sowie  ihre  jüngsten  Derivate  sind  an 
einem  älteren  Baume  noch  am  Leben.  —  So  sehen  wir  also,  daß  jede  Zelle, 
die  ihren  embryonalen  Charakter  verloren  hat,  aus  Gründen,  die  wir  nicht 
kennen,  nach  kürzerer  oder  längerer  Frist  dem  Tode  verfällt.  Dieses  Absterben 
aber  läßt  sich  im  allgemeinen  nicht  aufhalten.  Trotzdem  können  wir  nicht 
sagen,  daß  der  Tod  notwendig  sei.  Nur  dadurch,  daß  gewisse  Zellen  sich 
entwickeln,  sterben  andere  ab;  der  Tod  ist  also  eine  Korrelations- 
erscheinung. Entfernen  wir  bei  restitutionsfähigen  Pflanzen,  bevor  die 
Dauergewebszellen  zu  alt  geworden  sind,  die  Vegetationspunkte,  so  können 
ausgewachsene  und  somit  normalerweise  dem  Tode  verfallene  Zellen  wieder 
embryonal  werden  und  weiter  leben.  Bei  niederen  Pflanzen,  denen  der  Gegen- 
satz von  embryonalen  und  ausgewachsenen  Zellen  fehlt,  die  nur  aus  embryonalen 
Zellen  bestehen,  kann  demnach  das  Wachstum  ein  unbegrenztes  sein,  der 
Tod  kann  hier  nur  durch  ungünstige  Außenfaktoren  herbeigeführt  werden. 
Es  fehlt  indes  nicht  an  Beispielen  dafür,  daß  innere  Faktoren  tötUch  wirken; 
so  ist  z.  B.  eine  gelegentlich  beobachtete  Pflanzenrasse,  die  kein  Chlorophyll 
bilden  kann,  dem  Tod  verfallen.  In  der  Vererbungslehre  sind  vielfach  letale 
Faktoren  bekannt  geworden,  d.  h.  innere  Anlagen,  die  —  wenn  sie  zur  Entfal- 
tung kommen  —  den  Tod  des  Organismus  herbeiführen  (vgl.  S.  288,  Oenothera). 
Am  besten  bekannt  oder  abgeschätzt  ist  das  Alter  von  Bäumen  (*''),  über  deren  An- 
pflanzung zum  Teil  geschichtliche  Daten  vorliegen,  während  das  Alter  anderer  Bäume  oft 
Jahrhunderte  weit  über  die  geschichtliche  Zeit  zurückreicht.  Die  berühmte  Linde  bei 
Neuenstadt  am  Kocher  in  Württemberg  ist  annähernd  700  Jahre  alt,  eine  Littauer  Linde 
von  25,7  m  Umfang  hatte  815  Jahresringe,  und  ein  Taxus  in  Braburn  (Kent)  wurde  bei 
18  m  Umfang  auf  2880  Jahre  geschätzt.  Sequoia  gigantea,  der  Mammutbaum  Kaliforniens, 
wird  nach  H.  Mayr  4000  Jahre  alt.  Berühmt  durch  ihr  Alter  ist  auch  eine  Wasser- 
zypresse (Taxodium  niexicanum)  auf  dem  Friedhofe  von  St.  Maria  Tule  bei  Oaxaca  in 
Mexiko  (Fig.  G03).  Einer  der  ältesten  Bäume  Deutschlands  dürfte  eine  ungefähr  1200jährige 
Eiche  sein,  die  auf  dem  Gut  Ivenak  in  Mecklenburg  steht  und  in  Brusthöhe  einen  Um- 
fang von  fast  13  m  hat.  —  Auch  Bryophyten  erreichen  oft  ein  hohes  Alter;  die  an  der 
Spitze  fortwachsenden  verkalkten  Gymnostomumrasen  und  die  Stengel  der  metertief  ins 
Torfmoor  hinabreichenden  Sphagnaceen  zählen  ihr  Dasein  sicher  nach  vielen  Jahr- 
hunderten. 

E.  Fortpflanzung. 

Über  die  Organe,  die  der  Fortpflanzung  dienen,  ist  das  Nötige  schon 
in  der  Morphologie  gesagt;  hier  sind  nur  die  Bedingungen  und  die  Bedeutung 
der  Erscheinung  zu  berücksichtigen  und  dann  die  Eigenschaften  der  Nach- 
kommen zu  besprechen. 

1.  Die  Bedingungen  der  Fortpflanzung  (8'). 

In  der  Natur  scheint  die  Fortpflanzung  mit  einer  gewissen  Notwendig- 
keit auf  das  vegetative  Wachstum  zu  folgen.  Sie  tritt  gewöhnlich  ein,  wenn 
das  vegetative  Wachstum  nachläßt,  wenn  die  Pflanze  ein  gewisses  Alter  er- 
reicht hat.  Tatsächlich  läßt  sich  aber  zeigen,  daß  diese  Aufeinanderfolge 
nicht  notwendig  ist,  daß  der  natürliche  Entwicklungsgang  nur  dann  eintritt, 
wenn  ganz  bestimmte  Bedingungen  gegeben  sind,  und  daß  er  durch  andere 
Einflüsse  sehr  stark  abgeändert  wird. 


Physiologie.  273 

Die  Hauptfrage,  die  wir  hier  zu  studiereu  haben,  ist  diese:  unter  welchen 
Bedingungen  findet  das  vegetative  Wachstum,  unter  welchen  die  Bildung 
von  Fortpflanzungsorganen  statt?  Da  diese  Frage  noch  verhältnismäßig 
wenig  studiert  ist,  so  läßt  sich  nicht  gut  eine  allgemeine  Antwort  auf  sie  geben. 
Wir  müssen  uns  also  darauf  beschränken,  an  einigen  Beispielen  das  Wesent- 
lichste klar  zu  machen. 

Niedere  Pflanzen.  Als  Beispiel  betrachten  wir  einen  Pilz  aus  der  Gattung 
Saprolegnia.  Diese  Pilze  besitzen  einen  einzelligen,  verzweigten,  chlorophyll- 
freien Vegetationskörper.  Sie  finden  sich  in  der  Natur  gewöhnlich  auf  toten 
Insekten,  die  ins  Wasser  gefallen  sind,  und  ihr  Thallus  durchwuchert  zu- 
nächst den  Insektenleib.  Nach  einiger  Zeit  wächst  er  aber  auch  allseits  aus 
diesem  heraus  in  das  Wasser.  Das  Ende  dieser  ausstrahlenden  Fäden  wird 
in  der  Regel  durch  eine  Querwand  abgeghedert,  und  sein  Inhalt  zerfällt  in 
viele  Schwärmsporen,  die  dann  austreten,  sich  bewegen  und  schließlich  an 
einem  anderen  Orte  zu  einer  neuen  Saprolegnia  auskeimen.  Später  bilden 
sich  an  der  alten  Pflanze  Eier  und  Spermazellen,  und  die  ersteren  entwickeln 
sich  wenigstens  bei  manchen  Spezies  erst  nach  der  Befruchtung  weiter.  Mit 
der  Ausbildung  der  befruchteten  Eier  pflegt  die  Tätigkeit  des  Saprolegnia- 
pflänzchens  beendet  zu  sein,  es  geht  allmählich  zugrunde. 

G.  Klebs  hat  nun  gezeigt,  daß  man  diesen  Entwicklungsgang  von 
Saprolegnia  völlig  verändern  kann;  unter  anderem  ist  es  gelungen,  die  Ent- 
wicklung in  folgender  Weise  zu  lenken: 

1.  Der  Thallus  kann  jahrelang  rein  vegetativ  weiter  wachsen,  wenn 
stets  für  frische,  gute  Nährstoffe  gesorgt  wird. 

2.  Ein  derartig  gut  ernährter  Thallus  geht  bei  Übertragung  in  reines 
Wasser  rasch  und  vollständig  in  der  Bildung  von  Sporangien  auf. 

3.  In  Lösungen  von  Leucin  (0,1%)  und  Hämoglobin  (0,1%)  erfolgt  zu- 
erst kräftiges  Wachstum,  dann  Bildung  von  Geschlechtsorganen;  Schwärra- 
sporen werden  nicht  gebildet.  Diese  treten  aber  auf,  und  zwar  nach  den 
Geschlechtsorganen,  wenn  man  verdünntes  Hämoglobin   (0,01%)  verwendet. 

Es  zeigt  sich  also,  daß  ganz  bestimmte,  wohl  zu  definierencle  Bedin- 
gungen für  vegetatives  Wachstum,  andere  für  die  Bildung  von  Geschlechts- 
organen, wieder  andere  für  das  Auftreten  von  ungeschlechtlicher  Fortpflanzung 
existieren. 

Bedingungen  der  Blütenbildung (^^).  Bei  den  Phanerogainen  tritt 
die  ungeschlechtliche  Vermehrung  durch  besondere  Brutknospen  usw.  stark 
zurück  gegenüber  der  geschlechtUchen  Fortpflanzung.  Diese  aber  ist  an  die 
Ausbildung  von  Blüten  geknüpft.  Das  Auftreten  von  Blüten  scheint  in  der 
Regel  an  ein  bestimmtes  Alter  gebunden.  Es  liegen  aber  Beobachtungen 
genug  vor,  daß  auch  schon  an  ganz  jungen  Exemplaren  Blüten  auftreten 
können.  Demnach  ist  zu  erwarten,  daß  die  Bildung  der  Blüten  geradeso 
wie  andere  Organbildung  durch  ganz  bestimmte  Bedingungen  gekennzeichnet 
ist.  In  einzelnen  Fällen  ist  es  denn  auch  gelungen,  diese  näher  zu  erforschen. 
Für  Sempervivum  Funkii  z.  B.  hat  Klebs  folgendes  festgestellt: 

1.  Bei  lebhafter  Kohlenstoff assimilation  in  hellem  Licht  und  bei  starker 
Aufnahme  von  Wasser  und  Nährsalzen  wächst  die  Pflanze  unbegrenzt 
rein  vegetativ. 

2.  Bei  lebhafter  Kohlenstoff  assimilation  in  hellem  Licht,  aber  bei  Ein- 
schränkung der  Wasser-  und  der  Nähr  salz  aufnähme  tritt  Blüten- 
bildung auf. 

3.  Bei  einer  mittleren  Wasser-  und  Nährsalzaufnahme  hängt  es  von  der 
Intensität  der  Beleuchtung  ab,  ob  Blühen  oder  vegetatives  Wachsen  eintritt. 
Bei  schwächerer  Lichtintensität  (bzw.  bei  Verwendung  von  blauem  Licht) 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  1° 


274  Jost : 

erfolgt  nur  Wachsen,  bei  stärkerer  Beleuchtung  (bzw.  bei  Verwendung  roten 
Lichts)  Blühen. 

Klebs  unterscheidet  bei  der  Blütenbildung  von  Sempervivum  drei 
Phasen:  1.  die  Herstellung  des  Zustandes  der  Blühreife,  2.  die  Bildung  der 
mikroskopisch  nachweisbaren  Blütenanlagen,  3.  die  Streckung  der  Infloreszenz. 
Diese  drei  Phasen  sind  an  ganz  verschiedene  Bedingungen  geknüpft  und 
hängen  deshalb  in  ganz  verschiedener  Weise  von  den  Außenfaktoren  ab.  Die 
Blühreife  ist  bedingt  durch  ein  starkes  Überwiegen  der  C-Assimilation 
über  die  Prozesse,  bei  denen  Kohlehydrate  konsumiert  werden,  wie  Atmung 
und  vegetatives  Wachstum.  Da  hohe  Temperatur  die  Atmung  steigert,  Nähr- 
salze das  vegetative  Wachstum  fördern,  so  ergibt  sich  neben  starker  Be- 
leuchtung niedrige  Temperatur  und  Einschränkung  der  Nährsalze  als  not- 
wendig für  die  Erzielung  der  Blühreife.  Schon  bestehende  Blühreife  kann 
durch  hohe  Temperatur  vernichtet  werden,  sie  kann  durch  niedere  Tempe- 
ratur selbst  im  Dunkeln  lange  konserviert  und  noch  gesteigert  werden.  Wirkt 
somit  in  diesem  Fall  das  Licht  anscheinend  nur,  insofern  es  die  Assimilation 
der  CO2  bedingt,  so  hat  es  bei  der  zweiten  Phase  eine  ganz  andere  Bedeutung: 
eine  gewisse  Dauer  der  Beleuchtung  ist  hier  ganz  unerläßlich,  und  zwar  sind 
ausschließlich  die  langwelligen  Strahlen  wirksam,  während  kurzwellige 
sogar  den  Zustand  der  Blühreife  wieder  vernichten.  —  In  der  Natur  ist  der 
blühreife  Zustand  schon  im  Herbst  erreicht,  es  fehlt  aber  an  einer  genügend 
langen  und  intensiven  Beleuchtung.  Wird  eine  Dauerbelichtung  mit  Osram- 
lampen,  die  reich  an  roten  Strahlen  sind,  durchgeführt,  so  tritt  die  Blüten- 
bildung um  Monate  verfrüht  ein;  je  intensiver  die  Lichtquelle  ist,  desto  kürzer 
kann  die  Belichtung  sein.  Je  früher  im  Winter  man  diese  Bestrahlung  durch- 
führt, desto  länger  muß  sie  sein;  gegen  Ende  des  Winters  ist  durch  die  dauernde 
Abkühlung  der  Zustand  der  Blühreife  so  weit  gediehen,  daß  eine  kurze  Be- 
strahlung die  Blüte  bewirkt.  Pausen,  die  in  die  Dauerbelichtung  eingeschaltet 
werden  können,  dürfen  nicht  zu  lang  sein,  sonst  heben  sie  die  Wirkung  der 
Lichtperiode  auf.  —  Die  letzte  Phase  der  Streckung  endlich  hängt  wieder 
wie  die  erste  nur  von  der  ernährenden  Wirkung  des  Lichtes  ab;  dementsprechend 
kann  sie  bei  genügender  Vorernährung  auch  im  Dunkeln  wenigstens  zum 
Teil  eintreten. 

Eine  ähnlich  tiefdringende  Analyse  der  Bedingungen  des  Blühens  liegt  bei  anderen 
Objekten  bisher  noch  nicht  vor,  doch  lassen  zahlreiche  Beobachtungen  und  Versuche  er- 
kennen, daß  allgemein  das  Licht,  die  Temperatur,  die  Nährsalze  in  erster  Linie 
von  Bedeutung  für  die  Blütenbildung  sind.  Da  dieselben  Faktoren  auch  im  vegetativen 
Leben  unentbehrlich  sind,  so  ist  es  nur  das  Maß.  in  dem  sie  gegeben  sind,  und  vor  allem 
ihre  relative  Menge,  die  darüber  entscheidet,  ob  eine  bestimmte  Knospe  zur  Blüte  wird 
oder  vegetativ  veächst. 

Die  Bedeutung  des  Lichtes  für  die  Blütenbildung  ergibt  sich  z.  B.  aus  der  lange 
bekannten  Tatsache,  daß  der  Efeu  nur  an  hellem  Standort,  nicht  aber  im  Schatten  des 
Waldes  blüht,  obwohl  er  an  letzterem  Orte  gut  gedeiht.  Das  gleiche  beweisen  Voech- 
TINGS  Versuche  mit  Mimulus  Tilingii.  Diese  Pflanze  stellt  bei  einer  gewissen  niederen 
Lichtintensität,  die  ihr  vegetatives  Wachsen  noch  gut  erlaubt,  die  Blütenbildung 
gänzlich  ein.  Entsprechende  Versuche  hat  Klebs  z.  B.  mit  Veronica  chamaedrys  aus- 
geführt, und  er  gibt  an,  daß  bei  allen  Pflanzen,  die  keine  nennenswerten  Massen  von 
Reservestoffen  führen,  eine  Lichtverminderung  die  Blütenbildung  unterdrückt.  Er  be- 
trachtet die  vom  Licht  bewirkte  Kohlenstoffassimilation  als  in  erster  Linie  maßgebend  für 
die  Blütenbildung.  —  Bei  einer  gewissen  Lichtintensität,  die  zur  Ausbildung  normaler 
Blüten  nicht  mehr  ausreicht,  entstehen  bei  manchen  Pflanzen  kleistogame  Blüten. 

Auch  die  Temperatur  spielt  offenbar  eine  wichtige  Rolle.  Eine  andauernd  hohe 
Temperatur  verhindert  das  Blühen.  So  wachsen  Pflanzen  unserer  Klimate  in  den  Tropen 
eventuell  dauernd  vegetativ  (Kirsche),  und  zweijährige  einheimische  Pflanzen,  wie  Rübe, 
Digitalis,  kann  man  auch  im  zweiten  Jahr  am  Blühen   hindern,  wenn    man  sie  im  Winter 


Physiologie.  275 

warm  hält  und  weiter  wachsen  läßt.  So  ist  es  Klebs  gelungen,  die  Rübe  mehrere  Jahre 
lang  rein  vegetativ  zu  erhalten.  Auch  Glechoma,  Sempervivum  wuchsen,  wenn  sie  an  der 
Winterruhe  verhindert  waren,  jahrelang  vegetativ. 

Endlich  sind  noch  die  Nährsalze  zu  erwähnen.  Keimpflanzen  können  durch 
Nährsalzentziehung  zu  kümmerlichen  Hungerpflänzchen  gemacht  werden,  bei  denen  oft 
nach  wenigen  winzigen  Laubblättern  schon  die  Blütenbildung  beginnt.  Auch  Versuche 
von  MoEBius  haben  gezeigt,  daß  Gräser  und  Borrago  bei  geringer  Salzzufuhr  besser 
blühen  als  bei  starker  Düngung.  Die  Erhöhung  der  P'ruchtbarkeit  der  Obstbäume,  die 
man  durch  Beschneiden  der  Wurzeln  erzielt,  dürfte  ebenfalls  auf  einer  Einschränkung  der 
Nährsalzaufnahme  beruhen.  Daß  aber  nicht  alle  Nährsalze  in  gleicher  Weise  wirken,  hat 
besonders  Benecke  betont,  der  nachweisen  konnte,  daß  Verminderung  der  Stickstoff- 
nahrung, Vermehrung  des  Phosphors  zur  Blütenbildung  führt. 

Werden,  nachdem  die  Blütenbildung  begonnen  hat,  wieder  die  Bedingungen  für 
vegetatives  Wachstum  hergestellt,  so  kann  ein  schon  zur  Blüte  prädisponierter  Sproß  zu 
vegetativem  Wachstum  zurückkehren.  So  bleiben,  wenn  Mimulus  Tilingii  in  schwaches 
Licht  gebracht  wird,  die  bereits  angelegten  Blütenknospen  unentwickelt,  und  ruhende 
Achselknospen  der  Brakteen  entwickeln  sich  zu  Laubsprossen.  Es  tritt  eine  Gestaltung 
der  Pflanze  ein,  die  außerordentlich  stark  vom  gewohnten  Aussehen  abweicht. 

Geschlechtsbestiinmung.  Die  große  Mehrzahl  der  Blüten  sind  Zwitterblüten, 
produzieren  also  sowohl  männliche  als  auch  weibliche  Sexualzellen.  —  In  anderen  Fällen 
sehen  wir  eingeschlechtige  Blüten  allein  oder  neben  den  zweigeschlechtigen  auftreten. 
Schon  der  Umstand,  daß  dann  die  weiblichen  Blüten  meist  an  anderen  Stellen  der  Pflanzen 
sich  finden  als  die  männlichen,  weist  darauf  hin,  daß  jede  dieser  Formen  ihre  spezifischen 
Bildungsbedingungen- hat;  welche  diese  sind,  ist  freilich  unbekannt. 

Ein  Problem  der  Entwicklungsphysiologie  wird  die  Geschlechtsbestimmung  aber 
ganz  besonders  dann,  wenn  wir  es  mit  sog.  zwei  häusigen  Pflanzen  zu  tun  haben,  d.  h. 
mit  solchen,  die  in  nur  männlichen  oder  nur  weiblichen  Exemplaren  vorkommen.  Vgl. 
S.  284. 

Die  Befruchtung.  Wenn  Eizelle  und  Spermazelle  verschmolzen  sind, 
umgibt  sich  das  Produkt  allgemein  mit  einer  Membran.  Bei  niederen  Pflanzen 
entsteht  so  eine  Zygospore  oder  Oospore,  die  gewöhnlich  erst  nach  einer 
Ruheperiode  keimt.  Bei  den  höheren  Pflanzen  tritt  sofort  Wachstum  und 
Zellteilung  ein;  es  entsteht  ein  Embryo,  der  bei  Moosen  und  Farnen  alsbald 
in  bestimmter  Weise  sich  weiter  entwickelt,  während  er  bei  den  Phanero- 
gamen  nach  kurzer  Zeit  in  einen  Ruhezustand  verfällt.  Zuvor  geht  von  ihm 
aber  noch  eine  Fülle  von  Reizwirkungen  aus,  die  namentlich  bei  den  Angio- 
spermen hoch  entwickelt  sind.  Die  Samenanlage,  in  der  der  Embryo  ein- 
geschlossen ist,  fängt  an  zu  wachsen,  sie  \'ergrößert  sich  beträchtlich  und 
erhält  eine  ganz  charakteristische  Struktur;  sie  wird  zum  Samen,  der  in 
der  Regel  erst  nach  Ablauf  einer  Ruheperiode  keimt.  Aber  auch  der  Frucht- 
knoten fängt  nach  der  Befruchtung  lebhaft  zu  wachsen  an  und  entwickelt 
sich  zur  Frucht. 

Diese  durch  die  Embryobildung  ausgelösten  Wachstums-  und  Gestaltungsvorgänge 
in  Samenanlage,  Fruchtknoten  und  eventuell  auch  noch  in  anderen  Teilen  der  Blüte  sind 
als  Korr elationserscheinungen  zu  deuten;  denn  falls  die  Befruchtung  verhindert  wird, 
unterbleiben  meist  alle  die  Veränderungen,  die  aus  der  Blüte  eine  reife  Frucht  hervorgehen 
lassen:  es  tritt  vielmehr  eine  andere  korrelative  Wirkung,  die  Abstoßung  des  ganzen,  nun 
nutzlosen  Organs,  ein.  Einzelne  Pflanzen,  zumal  solche,  die  schon  lange  in  Kultur  ge- 
nommen sind,  können  freilich  eine  Ausnahme  machen;  bei  fast  allen  Varietäten  von  Bananen, 
bei  der  echten  kernlosen  Mandarine  und  den  als  Sultaninen  bezeichneten  Rosinen  z.  B. 
unterbleibt  die  Bildung  der  Embryonen;  trotzdem  aber  entwickeln  sich  die  Früchte.  Der 
Anstoß  zu  dieser  Entwicklung  kann  auch  hier  entweder  von  der  bloßen  Bestäubung  der 
Narbe  oder  doch  von  der  Befruchtung  der  Samenanlagen  ausgehen,  welch  letztere  dann  aber 
früher  oder  später  verkümmern,  ohne  der  sonstigen  Entwicklung  der  Frucht  Eintrag  zu 
tun.  In  manchen  Fällen  entwickeln  sich  sog.  „taube"  Früchte  aber  auch  ganz  ohne  den 
Anstoß  der  Bestäubung,  wie  die  parthenokarpen  (*'^)  Früchte  der  Feige,  der  Gurke 
und  gewisser  Apfel-  und  Birnsorten. 

18* 


276  Jost: 

Auch  von  Pollenkörnern  und  PoUenschläuchen,  die  sich  auf  der  Narbe  befinden, 
können  Einflüsse  ausgehen,  die  weithin  geleitet  werden.  So  tritt  nach  Bestäubung  der 
Narbe  der  Orchideen  vielfach  ein  Verschwellen  der  Narbe  und  des  Gynostemiums  ein,  und 
es  wird  auch  das  Perianth  plötzlich  in  seinem  Wachstum  gehemmt  und  zum  Welken  ge- 
bracht. Wie  FiTTiNG  (»")  zeigen  konnte,  geht  diese  W^irkung  von  löslichen,  organischen, 
hitzebeständigen  Substanzen  aus,  die  leicht  von  der  ungekeimten  Pollenmasse  getrennt 
werden  können. 

Mag  nun  eine  einfache  Spore  oder  ein  komplizierter  Embryo  die  Folge 
der  Befruchtung  sein,  so  unterscheidet  sich  dieses  Produkt  von  den  Zellen, 
die  es  bildeten,  stets  dadurch,  daß  es  doppelte  Kernmassen,  also  die  doppelte 
Anzahl  von  Chromosomen  aufweist  (S.  172).  Deshalb  ist  eine  bald  früher, 
bald  später  eintretende  Reduktionsteilung,  die  wieder  die  einfache  Zahl  der 
Chromosomen  herstellt,  stets  die  notwendige  Folge  der  Befruchtung. 

2.  Die  Bedeutung  der  sexuellen  Fortpflanzung. 

Die  Bedeutung  der  sexuellen  Fortpflanzung  ist  nicht  ohne  weiteres  zu 
erkennen.  Viele  Pflanzen  kommen  in  der  Natur  oder  in  der  Kultur  ganz  ohne 
sie  aus  und  begnügen  sich  mit  vegetativer  Fortpflanzung. 

Auf  niedere  Pflanzen,  die  noch  gar  keine  sexuelle  Fortpflanzung  besitzen,  ist  schon 
hingewiesen  (S.  165).  Von  höheren  Pflanzen  bringen  z.  B.  die  kultivierten  Bananen, 
manche  Dioscoreaceen,  der  Kalmus,  Spielarten  der  Weinrebe,  der  Apfelsinen,  Garten- 
erdbeeren überhaupt  keine  sexuellen  Nachkommen  mehr  hervor.  Der  Knoblauch,  der  an 
Stelle  der  Blüten  kleine  Zwiebelchen  bildet,  die  weiße  Lilie  und  der  durch  Wurzel - 
knöllchen  sich  vermehrende  Kanunculus  Ficaria  u.  a.  bilden,  falls  sie  ungestört  ihre 
vegetativen  Vermehrungsorgane  zu  entwickeln  vermögen,  kaum  noch  keimfähige  Samen 
aus.  Solche  können  aber  unter  Umständen,  so  z.  B.  manchmal  an  abgeschnittenen  Blüten- 
ständen jener  Pflanzen,  noch  gewonnen  werden.  Für  gewöhnlich  vermehren  sie  sich  aus- 
schließlich durch  ungeschlechtliche  Sprossung.  Irgend  eine  Degeneration,  die  man 
früher  bei  ausschließlich  vegetativer  Vermehrung  für  unvermeidlich  hielt,  ist  dabei  nicht 
zu  bemerken  (^'). 

Wenn  demnach  die  monogene  Fortpflanzung  für  die  Erhaltung  der  Art 
genügt,  so  muß  doch  die  digene  irgend  etwas  bieten,  was  die  monogene  nicht 
leistet;  es  wäre  sonst  unbegreiflich,  daß  die  digene  überhaupt  entstanden 
ist,  da  sie  ja  viel  komplizierter  eingerichtet  ist  und  viel  weniger  sicher  zum 
Ziel  führt  als  die  vegetative  Fortpflanzung. 

Bei  einseitiger  Betrachtung  der  Algen  und  Pilze  könnte  man  glauben, 
die  sexuelle  Fortpflanzung  führe  zur  Ausbildung  besonders  widerstands- 
fähiger Keime,  die  demnach  eine  längere  Ruhezeit  unter  ungünstigen  Vege- 
tationsverhältnissen überdauern  können;  denn  tatsächlich  sind  die  Zygosporen 
und  Oosporen  häufig  sehr  viel  resistenter  als  die  Schwärmsporen  und  Konidien. 
Aber  schon  bei  den  Farnen  kehrt  sich  das  Verhältnis  um,  die  befruchtete 
Eizelle  muß  sofort  die  Bedingungen  zur  Weiterentwicklung  finden,  widrigen- 
falls sie  zugrunde  geht;  dagegen  ertragen  die  ungeschlechtlichen  Sporen  eine 
lange  Ruhe. 

Sehr  häufig  finden  wir  bei  der  digenen  Fortpflanzung,  daß  die  einzelne 
Sexualzelle  entwicklungs unfähig  ist.  Erst  durch  die  Verschmelzung  wird 
früher  oder  später  die  Entwicklung  ausgelöst.  Demnach  liegt  eine  Be- 
deutung der  Befruchtung  in  der  Aufhebung  einer  bestehenden  Wachstums- 
hemmung. Man  kann  sich  aber  nicht  vorstellen,  daß  das  ihre  ursprüngliche 
und  wesentliche  Bedeutung  ist.  Viel  wahrscheinlicher  ist  es,  daß  die  Sexual- 
zellen erst  allmählich  die  Entwicklungsunfähigkeit  erworben  haben,  weil 
durch  diese  die  Verschmelzungsmöglichkeit  gesichert  wurde.  Wenn  jede 
Sexualzelle  sofort  nach  ihrer  Bildung  wüchse,  so  würde  sie  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  zu  wachsen  beginnen,  ehe  sie  mit  einer  anderen  Sexualzelle  ver- 
schmelzen konnte. 


Physiologie.  277 

Diese  Auffassung  wird  gestützt  durch  das  Verhalten  mancher  Algen,  bei  denen  nicht 
selten  die  Sexualzellen  auch  ohne  Verschmelzung  zu  keimen  vermögen;  insbesondere 
können  sich  die  Eizellen  bei  ihnen  ohne  Befruchtung  weiter  entwickeln.  Im  Anschluß 
an  ähnliche  Vorgänge  im  Tierreich  nennt  man  diese  Erscheinung  Parthenogenesis. 
Bei  den  primitiven  Algen  ist  Parthenogenesis  möglich,  weil  hier  die  Entwicklungsunfähig- 
keit der  Eizelle  noch  nicht  erworben  ist  oder  weil  sie  durch  verschiedene  Einwirkungen 
leicht  behoben  werden  kann.  So  tritt  z.  B.  bei  der  Alge  Protosiphon  durch  hohe  Temperatur 
parthenogenetische  Entwicklung  ein,  und  bei  den  Eiern  niederer  Tiere  (Echinodernien) 
findet  sich  das  gleiche  z.  B.  nach  Behandlung  mit  Lösungen  von  einer  gewissen  Kon- 
zentration. Man  wird  vielleicht  vermuten  dürfen,  daß  in  den  Fällen,  wo  die  Entwicklung 
nur  nach  Befruchtung  erfolgt,  eine  in  der  Spermazeile  enthaltene  Substanz  die  Ent- 
wicklung anregt. 

Es  fehlt  freilich  auch  bei  höheren  Pflanzen  nicht  an  Vorkommnissen,  die  man  als 
Parthenogenesis  (•'-)  bezeichnen  kann.  So  entwickelt  sich  die  Eizelle  mancher  Kompositen, 
ferner  bei  Alchimillen,  Thalictrum  purpurascens,  Wickstroemia  indica,  Ficus  hirta,  Marsilia 
Drummondii  und  Ohara  crinita  ohne  vorhergehende  Befruchtung.  Von  den  eben  besprochenen 
Vorkommnissen  unterscheiden  sich  aber  diese  Fälle  dadurch,  daß  die  betreffenden  Eizellen 
in  der  Chromosomenzahl  ihrer  Kerne  wie  vegetative  Zellen  sich  verhalten,  diploid  (S.  172) 
sind  und  überhaupt  nicht  für  die  Befruchtung  eingerichtet  zu  sein  scheinen  (vgl.  den 
speziellen  Teil). 

AVir  kommen  also  zu  der  Überzeugung,  daß  in  der  Aufhebung  einer 
bestehenden  Entwicklungshemmung  das  Wesentliche  der  sexuellen  Fort- 
pflanzung nicht  bestehen  kann.  Somit  werden  wir  es  in  der  Verschmelzung 
der  Substanz  zweier  Zellen,  in  der  dadurch  bedingten  Mischung 
väterlicher  und  mütterlicher  Eigenschaften  zu  suchen  haben.  In 
diesem  Punkt  liegt  jedenfalls  der  Hauptunterschied  zwischen  den  beiden 
Fortpflanzungsarten:  die  vegetativ  erzeugte  Nachkommenschaft  be- 
steht aus  unvermischten  Abkömmlingen,  die  sexuell  erzeugte 
aus  Mischlingen.  Der  in  den  Nachkommen  entfaltete  Komplex  von  Eigen- 
schaften weicht  deshalb  bei  vegetativer  Vermehrung  von  dem  der  Stamm- 
form in  der  Regel  nicht  ab.  Die  Varietäten,  Sorten  und  Rassen  vieler 
Kulturpflanzen  können  deshalb  in  der  Regel  nur  durch  Pfropfung  oder  Steck- 
lingsbildung vermehrt  werden.  Im  Gegensatz  zu  den  vegetativen  Abkömm- 
lingen wird  der  sexuelle  Nachkomme  gewöhnlich  der  Mutterpflanze  nicht 
völlig  ähnlich  sein  können,  sondern  die  Eigenschaften  beider  Eltern  in 
sich  vereinigen  müssen.  Je  abweichender  diese  voneinander  waren,  desto 
größer  wird  der  sichtbare  Erfolg  der  Vermischung  ausfallen. 

F.  Vererbung,  Variabilität,  Artbildung. 

Vererbung C'^).  Unter  Vererbung  versteht  man  die  allbekannte  Erschei- 
nung, daß  die  Eigenschaften  der  Eltern  sich  bei  den  Nachkommen  wieder 
finden.  Eine  solche  Vererbung  tritt  uns  ebenso  bei  der  Zweiteilung  einer 
Zelle,  der  einfachsten  Form  der  Fortpflanzung,  entgegen  wie  beim  kompli- 
zierten Sexualakt.  Daß  die  Tochterzellen  der  Mutterzelle  gleichen,  bedarf 
keiner  Erklärung:  ein  Problem  wird  die  Vererbung  erst  dann,  wenn  aus  kleinen 
Teilen  eines  kompliziert  gebauten  Mutterorganismus,  aus  Keimen,  die  Nach- 
kommen du''ch  Entwicklung  hervorgehen.  Man  schreibt  solchen  Keimen 
bestimmte  ,,  Anlagen"  oder  ,,Gene"  zu,  die  es  bewirken,  daß  ein  Organismus 
in  ganz  bestimmter,  spezifischer  Weise  auf  äußere  Faktoren  reagiert.  Dali 
diese  Anlagen  an  die  Chromosomen  der  Zellkerne  gel)unden  sind,  ist  wahr- 
scheinlich; über  die  Art  und  Weise  aber,  wie  sie  den  Entwicklungsgang  be- 
einflussen, wissen  wir  nichts. 

Auch  in  den  Sexualzellen  der  höheren  Pflanzen  müssen  solche  Anlagen 
vorhanden  sein,  und  zwar  sowohl  in  den  männlichen  wie  in  den  wtiblichen. 
Demnach  muß  also  die  befruchtete  Eizelle  die  dojjpolte  Anzahl  von  Anlagen 


278 


Jost: 


besitzen  —  und  dennoch  geht  nur  ein  einziger  Organismus  aus  ihr  hervor. 
Doch  nicht  nur  in  den  Keimzellen,  sondern  in  allen  Zellen  der  Pflanze 
finden  sich  wenigstens  ursprünglich  die  gleichen  Anlagen;  das  zeigen  uns 
die  Erscheinungen  der  Restitution. 

Zweifellos  sind  die  Probleme  der  Vererbung  am  interessantesten  bei 
der  sexuellen  Fortpflanzung,  wo  vor  allem  die  Frage  nach  dem  Anteil  der 
beiden  Eltern  an  der  Gestaltung  der  Nashkommen  von  Bedeutung  ist. 
Diese  Frage  aber  kann  nur  an  de»  Bastarden  gelöst  werden,  weil  die  ein- 
zelnen Individuen  einer  reinen  Art  die  gleichen  Anlagen  haben. 

Bastarde (^^).  In  der  Regel  ist  eine  erfolgreiche  Vereinigung  der  Sexual- 
zellen nur  dann  möglich,  wenn  sie  beide  der  gleichen  ,,Art"  angehören.  Unter 
Umständen  können  aber  auch  Sexualzellen  differenter  Rassen,  Arten,  ja  selbst 
Gattungen  verbunden  werden.  Die  Produkte  solcher  Befruchtung  werden 
Bastarde  (auch  Hybriden  oder  Blendlinge)  genannt.  Man  bezeichnet 
sie  auch  als  Heterozygoten,  aus  zwei  ungleichen  Sexualzellen  entstandene 
Individuen,  im  Gegensatz  zu  den  Homozygoten,  die  aus  Sexualzellen  mit 
ganz  identischen  Anlagen  entstehen.  Je  näher  sich  die  Formen  stehen,  desto 
leichter  bilden  sie  im  allgemeinen  auch  Hybriden,  doch  ist  das  keine  durch- 
gängige Regel. 

Seitdem  man  weiß,  daß  nicht  nur  die  Eizelle,  sondern  auch  der 
Embryosackkern  mit  einer  Spermazelle  verschmilzt,  kann  man  auch  die 
sog.  Xenienbildung  verstehen.  Xenien  sind  aus  verschmolzenen  hetero- 
zygotischen  Kernen  entstandene  Bastardendosperme. 

Manche  Familien  neigen  sehr  zur  Bastardbildung  (Solanaceen,  Caryophyllaceen, 
Iridaceen  usw.),  andere  bilden  nur  schwierig  oder  überhaupt  keine  Bastarde  (Papiliona- 
ceen,  Koniferen,  Convolvulaceen  usw.)-  Auch  verwandte  Gattungen  und  Arten  verhalten 
sich  oft  recht  verschieden;  Arten  von  Dianthus,  Nicotiana,  Verbascum,  Geum  sind  leicht, 
die  Arten  von  Silene,  Solanum,  Linaria,  Potentilla  dagegen  schwer  untereinander  zu 
bastardieren.  Eine  Hybridisierung  von  nahe  verwandten  Arten  will  oft  nicht  gelingen, 
während  fernerstchende  gekreuzt  werden  können. 

Auch  in  der  freien  Natur  findet  man  Bastarde;  insbesondere  in  den  Gattungen 
Salix,  Rubus,  Hieracium  und  Cirsium  ist  das  der  Fall.  Daß  hybride  Formen  hier  nicht 
häufiger  sind,  liegt  einmal  am  Mangel  zeitlicher  oder  räumlicher  Gelegenheit  zur  Bastar- 
dierung, andererseits  aber  auch  daran,  daß  der  Pollen  der  eigenen  Art  bei  gemischter 
Bestäubung  meist  allein  zur  Wirkung  kommt. 

Bastarde  kann  man  oft  daran  erkennen,  daß  sie  Zwischenf ornien 
der  beiden  verschiedenen  Stammeltern  sind;  sie  halten  entweder 
zwischen  beiden  genau  die  Mitte,  z.  B.  Nicotiana  rustica  9x  ^^'c.  pani- 
culata  (^  und  Sorbus  Aria  X  aucuparia  (Fig.  269),  oder  gleichen  in  manchen 
Eigenschaften  mehr  dem  Vater,  in  anderen  mehr  der  Mutter.  Selten  nur 
kommt  es  vor,  daß  der  Bastard  bis  auf  verschwindende  Merkmale  wieder 
ganz  dem  Vater  (gewisse  Erdbeerbastarde)  oder  ganz  der  Mutter  ähnlich  ist. 
In  weitaus  den  meisten  Fällen  fällt  der  Bastard  ganz  gleich  aus,  einerlei 
ob  die  Pflanze  A  Vater  oder  Mutter  ist;  in  einzelnen  Fällen  aber  ist  der 
Bastard  .4  9  X  5  cf  von  A  d^  x  B  Q  deutlich  verschieden. 

Häufig  ist  die  Durchdringung  der  Eigenschaften  bei  den  Bastarden  eine  vollständige. 
Hat  die  eine  Art  ganzrandige  Blätter,  die  andere  Art  gefiederte,  so  kann  der  Bastard 
eine  Mittelform,  nämlich  eichenähnlich  (Fig.  269)  gebuchtete  Blätter  besitzen.  Hat  die 
väterliche  Art  rote  Blüten,  die  mütterliche  aber  gelbe,  so  kann  der  Bastard  orangefarbige 
Blüten  hervorbringen.  Wird  eine  frühblühende  Form  mit  einer  spätblühenden  gekreuzt, 
so  kann  die  Blütezeit  des  Bastards  in  der  Mitte  liegen  usw.  —  Es  gibt  aber  auch,  freilich 
seltener,  eine  andere  Art  von  Bastarden,  die  man  Mosaikbastarde  genannt  hat, 
bei  denen  Teile  mit  den  Eigenschaften  der  Mutter  abwechseln  mit  solchen,  die  die  Eigen- 
schaften des  Vaters  aufweisen. 


Physiologie. 


279 


Fig.  269.     /  Sorbus  aucuparia,  2  Sorbus  Aria  und  3  ihr  Bastard.     Nach  Schlechtexdal, 
Lajstgethal  und  Schenck.     (Flora  v.  Deutschi.  5.  Aufl.  von  FIallier.) 


280 


Jost: 


Bei  Bastarden  treten  auch  bemerkenswerte  neue  Eigenschaften  auf, 
verringerte  Fruchtbarkeit,  größere  Neigung  zu  Abänderungen 
(Varietätenbildung)  und  oft  eine  üppigere  Gestaltung  (,,luxurie- 
rendes  Wachstum"). 

Die  Fruchtbarkeit  ist  oft  so  weit  herabgesetzt,  daß  Bastarde  zum  Teil  überhaupt 
nicht  blühen  (Rhododendron,  Epilobium)  oder  doch  unfruchtbar  sind  (daher  „Blendlinge") 
und  sich  sexuell  nicht  fortpflanzen;  die  Unfruchtbarkeit  ist  im  allgemeinen  um  so  größer, 
je  weiter  die  Stammeltern  in  der  Veo-wandtschaft  auseinander  standen;  andere,  wie  Salix- 
und  gewisse  Hieraciumbastarde,  bleiben  dagegen  fruchtbar. 

Bastarde  auch  von  nahe  verwandten  Arten  bilden  häufig  kräftigere  Vegetations- 
organe, blühen  früher,  länger  und  reichlicher  als  die  Stammeltern;  dabei  sind  die  Blüten 
oft  größer,  prächtiger  und  zur  Füllung  geneigt.  Dieses  luxurierende  Wachstum  und  die 
gesteigerte  Neigung  zu  Abänderungen  machen  die  Bastarde  ganz  besonders 
wertvoll  für  die  Gärtnerei  und  die  Landwirtschaft. 

Vererbung  von  Bastarden (^5).  Dem  ersten  Forscher,  der  Bastarde  ex- 
perimentell zu  wissenschaftlichen  Zwecken  erzog,  Joseph  Gottlieb  Köl- 
REUTER  (1761),  waren  diese  aus  ganz  anderen  Gründen  von  Interesse  als 
uns  heutzutage.  Sie  waren  ihm  ein  unwiderleglicher  Beweis  für  die  Sexua- 
lität der  Pflanzen,  an  der  man  so  oft  gezweifelt  hatte.  Heute  sind  die 
Vererbungsfragen,  die  sich  an  die  Bastarde  knüpfen,  in  erster  Linie  wichtig. 
Für  das  Studium  der  Vererbung  aber  sind  Artbastarde  viel  zu  kompliziert. 
Dagegen  ist  es  bei  Benutzung  nächst  verwandter  Formen  zuerst  1866  Gregor 
Mendel  in  Brunn  gelungen,  gewisse  Gesetzmäßigkeiten  zu  entdecken, 
die  unbeachtet  blieben  und  erst,  nachdem  sie  dann  1900  gleichzeitig  von 
DE  Vries,  Correns  und  Tschermak  wieder  entdeckt  worden  waren,  die  wissen- 
schaftliche Welt  bewegten.  Um  zu  diesen  Gesetzen  oder  Regeln  zu  gelangen, 
mußte  Mendel  die  Bastarde  in  mehreren  aufeinander  folgenden  Generationen 
verfolgen  und  mußte  alle  auftretenden  Individuen  statistisch  betrachten. 

1.  Uniformität 
der  Bastarde.  In 
der  ersten  Gene- 
ration sind  alle  Ba- 
stardpflanzen unterein- 
ander völlig  gleich.  Im 
Einzelfall  können  sie 
dabei  entweder  eine  ge- 
naue Mittelbildung 
zwischen  den  Eltern 
vorstellen  (interme- 
diäre Vererbung), 
oder  sie  können  ganz 
oder  vorwiegend  dem 
einen  Elter  gleichen 
(dominierende  Ver- 
erbung). 

Ein  Beispiel  für 
intermediäre  Vererbung 
liefern  die  Bastarde  von 
MirabiUs  Jalapa  rosea 
und  alba,  zwei  Rassen 
der  Wunderblume,  die 
die  andere  weiße  Blüten 
—  Der  andere  Fall  wird 


Fig.  270.  Mirabilis  Jalapa  alba  und  rosea  nebst  ihrem  Bastard 
in   eister   und   zweiter  Generation.     Schema  nach  Correns. 


sich  nur  darin  unterscheiden,  daß  die  [eine  rote, 
besitzt.  Der  Bastard  hat  hellrote  Blüten  (Fig.  270) 
z.  B,  vom  Bastard  zwischen  zwei  Brennesseln  geliefert,  Urtica  pilulifera  und 


Physiologie. 


281 


Dodartii,  von  denen  die  erste  scharf  gesägte,  die  zweite  nur  schwach  gezackte 
Blätter  besitzr.  Hier  ist  die  erste  Bastardgeneration  nicht  von  Urtica  pilu- 
lifera  zu  unterscheiden,  da  alle  Pflanzen  mit  scharf  gesägten  Blättern  versehen 
sind  (Fig.  271).  Es  bedurfte  einer  besonderen,  gründlichen  Untersuchung  von 
CoRRENS,  um  nachzuweisen,  daß  wenigstens  in  der  Jugend  ein  kleiner  Unter- 
schied zwischen  diesen  Bastardpflanzen  und  reiner  pilulifera  besteht.  In 
diesem  Falle  sagt  man,  Urtica  piluhfera  ,,prävaliert"  oder  ,, dominiert", 
während  Dodartii  sich  ,, rezessiv"  verhält.  —  Welche  Merkmale  bei  der 
Kreuzung  prävalieren  werden,  läßt  sich  nicht  voraussagen,  sondern  nur  durch 
Erfahrung  bestimmen;  meist  sind  es  phylogenetisch  ältere  Merkmale,  die 
prävalieren. 

2.  Spaltungsregel.  In  der  zweiten  Generation  der  Bastardpflanzen, 
die  durch  Bestäubung  der  Blüten  erster  Generation  mit  ihrem  eigenen  Pollen 
oder  dem  von  gleichen  Pflanzen  entsteht,  tritt  nun  aber  eine  große  Über- 

J,  Urtica  ^k 

yS^^K^  Dodartii  +  pilulifera  M^^^^ 

pilulifera  "^^B^  Dodartii 

L  |H^HpGen. 

•  na  iili  «1*4  «III 

Fig.  271.     Der  Bastard   von  Urtica   pilulifera   und   Urtica  Dodartii    in    drei    Generationen 
nebst  den  Eltern.     Schema  nach  Correks. 

raschung  auf.  Die  zweite  Generation  ist  nicht  mehr  gleichförmig,  sondern 
besteht  aus  verschiedenen  Pflanzen.  In  den  einfachen  Fällen  von  Mira- 
bihs  oder  Urtica,  wo  die  Eltern  nur  in  einem  einzigen  Merkmal  sich  unter- 
schieden, ist  die  Gesetzmäßigkeit  der  zweiten  Bastardgeneration  leicht  zu 
erkennen:  es  treten  bei  Mirabilis  dreierlei  Pflanzen  in  gan<z  bestimmten  Zahlen- 
verhältnissen  auf,  nämlich  50%,  die  so  aussehen  wie  die  I.  Bastardgeneration, 
25%  die  der  einen  und  25%  die  der  anderen  Elternpflanze  gleichen.  Es 
blühen  demnach  50%  rosa,  25  rot  und  25  weiß.  Der  Bastard  ist  also  wenigstens 
zum  Teil,  hier  zur  Hälfte,  wieder  auseinander  gefallen,  indem  ein  Viertel  reine 
Vaterpflanzen,  ein  anderes  Viertel  reine  Mutterpflanzen  und  nur  noch  die 
Hälfte  Bastarde  sind.  Daß  diese  Deutung  richtig  ist,  ergibt  die  III.  und  alle 
folgenden  Generationen,  in  denen  bei  weiter  fortgesetzter  Inzucht  in  der  Tat 
alle  Nachkommen  der  in  Generation  II  weiß  oder  rot  blühenden  Pflanzen 
unverändert  bleiben,  während  die  Nachkommen  der  rosablütigen  weiter 
im  gleichen  Verhältnis  zerfallen.    Diesen  Zerfall  nennt  man  das  Spalten  der 


82  Jost: 

Bastarde.  In  den  folgenden  Generationen  treten  die  Mischlinge  mit  rosa 
Blüten  der  Zahl  nach  natürlich  immer  mehr  gegen  die  roten  und  weißen  Pflanzen 
zurück,  so  daß  sie  in  der  8.  Generation  nur  noch  0,75%  ausmachen;  dieser 
kleine  Rest  aber  „spaltet"  weiter. 

Bei  Dominanz  des  einen  Merkmals  gestaltet  sich  das  Spalten,  wie- 
das  Schema  der  Fig.  271  für  Urtica  zeigt,  etwas  anders.  In  der  IL  Gene- 
ration gleichen  2b%  Urtica  Dodartii;  da  sie  auch  in  den  folgenden  Gene- 
rationen unverändert  bleiben,  so  sind  sie  reine  U.  Dodartii.  75%  aber  gleichen 
Urtica  pilulifera.  Sie  sind  indes  nicht  einheitlich;  ein  Drittel  von  ihnen  ist 
reine  Urtica  pilulifera,  zwei  Drittel  sind  Mischlinge,  die  in  den  folgenden  Gene- 
rationen in  der  gleichen  Weise  spalten  wie  in  der  IL,  also  im  Verhältnis  3:1. 

Theoretisch  sucht  man  seit  Mendel  die  Spaltungsregel  durch  die  An- 
nahme zu  verstehen,  daß  in  den  Mischlingen  beiderlei  Anlagen  unver- 
ändert weiter  bestehen  und  sich  bei  der  Ausbildung  der  Geschlechtszellen 
zu  gleichen  Teilen  auf  diese  verteilen.  Die  Geschlechtszellen  der  rosa 
blühenden  Mischlinge  besäßen  demnach  keinen  Mischlingscharakter  mehr, 
sondern  hätten  sich  in  rein  ,,rote"  und  rein  ,, weiße"  Geschlechtselemente 
geschieden.  Bei  der  Befruchtung  wird  dann  die  zu  neuen  Mischlingen  führende 
Verbindung  rot  x  weiß  (weiß  ?  x  rot  J,  rot?  xweißd)  doppelt  so  oft 
möglich  sein  als  die  Verbindung  rot  X  rot  oder  weiß  X  weiß. 

In  sehr  anschaulicher  Weise  werden  die  Tatsachen  der  Vererbung  durch 
Symbole  dargestellt.  Man  bezeichnet  die  einzelnen  Anlagen  oder  Gene 
mit  Buchstaben.  Hat  also  eine  bestimmte  Pflanze  die  Gene  A,  B,  C,  D....X, 
so  wird  ein  durch  Reinzucht  erzeugter  Nachkomme  die  ,,Erbforniel"  ^4.4,  BB. 
CC,  DD... XX  besitzen,  denn  er  hat  ja  jeweils  von  Vater  und  Mutter  die 
gleichen  Anlagen  mitbekommen.  Unterscheiden  sich  aber  die  zwei  geschlecht- 
hch  verschiedenen  Keimzellen  in  einem  Gen,  so  wird  in  diesem  dann  der 
Kachkomme  heterozygot  sein.  Nennen  wir  die  Anlage  für  Rotfärbung  bei 
Mirabihs  R  (rot),  so  wird  durch  r  das  entsprechende  nichtrote,  also  weiße 
Gen  bezeichnet. 

In  diesem  Fall  könnte  man  ebensogut  der  Anlage  für  weiß  den  großen  Buchstaben 
geben  und  rot  als  nicht  weiß  mit  kleinen  Buchstaben  bezeichnen.  Wenn  aber  Dominanz 
besteht,  bezeichnet  man  stets  das  dominierende  Merkmal  mit  großem,  das  rezessive  Merkmal 
mit  kleinem  Buchstaben. 

Indem  man  dann  alle  Merkmalspaare,  in  denen  Gleichheit  besteht,  weg- 
läßt, nimmt  das  Symbol  für  die  Vererbung  folgende  Gestalt  an: 

Eltern  R  R  (rot)  r  r  (weiß) 

Deren  Geschlechtszellen         |^100%  R         dlOO%r 
Deren  Lrescliieclitszeiien         \$iooo/^  r         $100%  r 

Bastard  I.  Generation  Rr  (rosa) 

Dessen  Geschlechtszellen       {^fj^  ^        g^|  l 

Deren  Kombinationen  RR,  Rr,  r  R,  rr. 

Aus  der  letzten  Zeile  kann  man  also  die  Spaltung,  die  in  der  IL  Gene- 
ration eingetreten  ist,  direkt  ablesen:  25%  RR  müssen  rot,  25%  rr  weiß 
blühen;  beide  s'nd  Homozygoten;  50%  aber  sind  Heterozygoten  rR,  blühen 
rosa  und  spalten  weiter.  Wenn  aber  rot  über  weiß  dominierte,  so  würde  man 
ebenfalls  aus  dieser  Zeile  ablesen  können,  daß  25%  weiße  und  75%  rote  Blüten 
in  der  IL  Generation  auftreten  müssen,  und  daß  von  letzteren  ^/g  homozygotisch , 
2/3  heterozygotisch  sind. 

3.  Autonomie  der  Merkmale.  Waren  die  Eltern  in  zwei  Merk- 
malen statt  in  einem  voneinander  verschieden,  liegen  also  statt  Monohybriden 


Physiologie. 


283 


sog.  Dihybriden  vor,  so  zeigt  es  sich,  daß  die  einzelnen  Merkmale  beim  Spalten 
unabhängig  voneinander  sich  verteilen  können  (Autonomie  der  Merkmale). 
Dementsprechend  können  neue  Kombinationen  der  Merkmale  in  den 
Nachkommen  auftreten,  was  ebenso  für  die  Pflanzenzüchtung  wie  für  das 
Verhalten  der  Pflanze  in  der  Natur  von  großer  Bedeutung  ist.  Aus  der  Kreuzung 
einer  Maissorte  mit  glatten,  weißen  und  einer  zweiten  mit  runzligen, 
blauen  Körnern  erhält  man  als  neue  Kombinationen  glatte  blaue  und  runzlige 
weiße  Körner. 

Dieses  Resultat  läßt  sich  leicht  aus  der  nachstehenden  symbolischen  Darstellung  ent- 
nehmen. Da  glatt  über  runzlig  dominiert,  bezeichnen  wir  glatt  mit  G,  runzlig  mit  g;  da 
blau  über  weiß  dominiert,  schreiben  wir  B  blau  und  b  weiß. 

Eltern :  Gb  gB 

T    n  .■  Gg     Bb 

I.  Generation:  ^^J^     ^^^^ 

Keimzellen:  GB  Gb  gB        gb 

Kombinationen  dieser  Keimzellen: 


GB 

GB 

GB 

GB 

GB 

Gb 

gB 

gb 

glatt 

glatt 

glatt 

glatt 

blau 

blau 

blau 

blau 

Gb 

Gb 

Gb 

Gb 

GB 

Gb 

gB 

gb 

glatt 

glatt 

glatt 

glatt 

blau 

weiß 

blau 

weiß 

gB 

gB 

gB 

gB 

GB 

Gb 

gB 

gb 

glatt 

glatt 

runzlig 

runzlig 

blau 

blau 

blau 

blau 

gb 

gb 

gb 

gb 

GB 

Gb 

gB 

gb 

glatt 

glatt 

runzlig 

runzlig 

blau 

weiß 

blau 

weiß 

Man  entnimmt  diesem  Schema,  daß  eine  Spaltung  in  folgenden  Verhältnissen  ein- 
getreten ist: 

9  glatt  blau:  3  glatt  weiß:  3  runzlig  blau:  1  runzlig  weiß, 

auch  zeigt  das  Symbol,  daß  nur  4  von  den  16  Kombinationen  homozygotisch  sind,  nämlich 

GB         Gb        gB        gb 

GB         Gb        gB        gb. 

Die  12  anderen  sind  Heterozygoten  und  spalten  in  der  Folge. 

Das  wichtigste  Resultat,  das  man  diesen  Vererbungsforschungen  ent- 
nehmen kann,  ist:  daß  zwei  Organismen  bei  ganz  verschiedenem 
Gehalt  an  Anlagen  doch  ganz  gleich  aussehen  können;  nicht  das 
Aussehen,  sondern  nur  die  Vererbungsanalyse  kann  also  den 
Gehalt   an   Anlagen   aufdecken. 

Rückkreuzung.  Das  Ergebnis  einer  Rückkreuzung  eines  Bastardes 
mit  einer  der  Stammarten  läßt  sich  am  einfachsten  unter  Verwendung  unserer 
Symbole  verstehen.  Wenn  wir  eine  Pflanze  AA  mit  einem  Bastard  xVa  kreuzen, 
so  bildet  i\.A  nur  einerlei  Geschlechtszellen  A.  während  der  Bastard  Aa  Ge- 
schlechtszellen A  und  a  bildet.    Demnach  werden 


284  Jost: 

in  anderen  50%  A  mit  a  zusammenkommen.  Die  Hälfte  der  Pflanzen  sind 
wieder  Bastarde,  die  andere  Hälfte  artreine  Mutterpflanzen. 

Geschlechtsbestiramung  (^'^).  Es  hat  sich  nun  gezeigt,  daß  die  Vererbung  des 
Geschlechtes  bei  diözischen  Pflanzen,  von  der  S.  275  schon  die  Rede  war,  nach  der 
MEXDELschen  Regel,  genauer  nach  dem  eben  erörterten  Schema  der  Rückkreuzung  er- 
folgt. In  Versuchen  von  Correns  wurde  die  monözische  Bryonia  alba  mit  der 
diözischen  Bryonia  dioeca  gekreuzt.  Bryonia  dioeca- Weibchen  mit  dem  Pollen  von 
Bryonia  alba  belegt,  ergaben  ausschließlich  Weibchen;  dagegen  ergab  die  Kreuzung 
alba  5  X  dioeca  J  50%  Männchen  und  50%  Weibchen.  Correns  deutet  dieses  Resultat 
so:  es  bestehen  bei  diözischen  Pflanzen  zwei  Sippen,  die  nur  durch  Kreuzung  sich  er- 
halten können.  Bei  der  Kreuzung  dominiert  das  Merkmal  männlich;  weiblich  ist 
rezessiv.  Die  Weibchen  müssen  im  Geschlechtsfaktor  homozygotisch  sein  (aa),  die 
Männchen  heterozygotisch  (Aa).  Es  müssen  sich  in  der  Hälfte  der  Fälle  die  Faktoren  aa 
kombinieren  und  das  gibt  Weibchen;  in  der  anderen  Hälfte  aber  A  und  a,  und  das  gibt, 
weil  A  dominiert,  Männchen.  Bei  den  Versuchen  mit  Bryonia  kommt  zu  dem  geschlechts- 
bestimmenden Faktor  A  noch  ein  zweiter  hinzu,  den  wir  Z  nennen  und  der  aus  einer 
monözischen  eine  diözische  Pflanze  macht.  Die  Erbformeln  sind  also: 
Bryonia  alba  zzaa  Geschlechtszellen  za 

„        dioeca  Männchen  ZZAa  „  ZA  und  Za 

„  „      Weibchen  ZZaa  „  Za. 

Die  beiden  reziproken  Kreuzungen  lauten  dann  so: 

dioeca  $  -f  alba  (j'  =     Za  -f  za  ==  Zz  aa ;  alle  weiblich 
„ii.„o  I   .r^„      r       (za  +  ZA=ZzAa;  50%  männlich 
alba$+  dioecad  =  |  .^  +  Za  =Zzaa;  50%  weiblich. 

Die  Annahme,  daß  die  weibliche  Pflanze  homozygot  mit  der  Erbformel  aa,  die  männliche 
heterozygot  mit  der  Erbforniel  Aa  ist,  macht  auch  verständlich,  warum  in  der  Natur  die 
Männchen  annähernd  in  gleicher  Menge  vorzukommen  pflegen  wie  die  Weibchen.  Da 
man  ferner  im  allgemeinen  nicht  in  der  Lage  ist,  einen  Einfluß  auf  die  Paarung  der 
Gameten  auszuüben,  so  kann  man  das  Verhältnis  der  beiden  Geschlechter  nicht  ändern. 
In  einigen  Fällen  ist  das  Correns  aber  doch  geglückt,  z.  B.  bei  Melandrium.  Wird  hier  die 
Narbe  mit  wenig  Pollen  bestäubt,  so  erhält  man  43%  S  Pflanzen,  wird  aber  viel  Pollen 
aufgetragen,  so  treten  nur  30%  J  auf.  Correns  erklärt  dieses  Resultat  so :  Die  Pollen- 
körner mit  der  Anlage  a,  die  also  Weibchen  geben,  sind  raschwüchsiger.  Bei  Aufbringen 
von  viel  Pollen  findet  eine  Konkurrenz  zwischen  Eizellen  und  Pollenschläuchen  statt,  und 
die  raschwüchsigen  Schläuche  haben  mehr  Wahrscheinlichkeit,  zur  Paarung  zu  kommen, 
als  die  langsam  wachsenden.  Auch  in  anderen  Eigenschaften,  wie  z.  B.  Resistenz  gegen 
Alkohol  und  gegen  Austrocknung,  unterscheiden  sich  die  zweierlei  Pollenkörner. 

Gültigkeit  der  3Iendelseheii  Regeln.  —  Diese  Regeln  sind  nun  nicht 
nur  auf  die  Bastarde  im  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes  beschränkt,  sondern 
sie  beherrschen  die  Vererbung  im  Tierreich  und  Pflanzenreich  weitgehend. 
Daß  es  keine  Vererbung  gäbe,  die  anderen  Gesetzen  unterliegt,  kann  man 
zur  Zeit  gewiß  nicht  sagen,  denn  es  sind  tatsächlich  auch  schon  gut  unter- 
suchte Fälle  bekannt,  die  sich  nicht  nach  den  Mendelschen  Regeln  richten(^^). 
Wohl  aber  kann  man  betonen,  daß  schon  viele  Erscheinungen,  die  anfangs 
den  Mendelschen  Regeln  zu  widersprechen  schienen,  bei  näherer  Betrach- 
tung sich  ihnen  völlig  unterordneten. 

Auch  manche  auf  den  ersten  Blick  schwer  verständliche  Tatsache  wird 
durch  die  Mendelschen  Regeln  erklärt.  So  hat  man  z.  B.  beobachtet,  daß 
der  Bastard  zwischen  einem  weißblühenden  und  einem  hellgelbblühenden 
Löwenmäulchen  nicht  etwa  eine  sehr  hellgelbe  Blüte,  sondern  eine  rote 
Blüte  besitzt.  In  der  zweiten  Generation  treten  Spaltungen  ein;  es  entstehen 
auf  3  rote  6  blaßrote,  3  hellgelbe  und  4  weiße  Pflanzen.  Wir  können  die  Er- 
klärung cüeses  Falles  hier  nicht  bringen  und  benützen  ihn  nur,  um  darauf 
hinzuweisen,  daß  die  rote  Farbe  zweifellos  die  Farbe  der  Stammform  ist,  von 
der  sowohl  die  weißen  wie  die  hellgelben  Formen  abstammen.  Bei  der  Bastar- 
dierung können  also  Ahnenmerkmale  (Atavismen)  auftreten.     Und  das 


Physiologie.  285 

trifft  nicht  nur  in  diesem  Beispiel  zu,  sondern  ist  eine  häufige   Erfahrung 
der  Züchter. 

Die  Chromosomen  als  Träger  der  Gene  C^).  Die  Hypothese,  daß  die  Chromo- 
somen die  Träger  der  Gene  sind,  nimmt  mehr  und  mehr  an  Wahrscheinlichkeit  zu.  Bei 
der  Befruchtung  bringt  die  Eizelle  genau  ebenso  viele  Chromosomen  mit,  wie  die  männ- 
liche Zelle,  und  der  diploide  Organismus  baut  also  seine  Zellkerne  aus  väterlichen  und 
mütterlichen  Chromosomen  in  gleicher  Zahl  auf.  Bei  der  Ausbildung  neuer  Sexualzellen 
aber  erfolgt  die  Red  u  ktions  teil ung,  bei  der  nach  den  Gesetzen  des  Zufalls  die 
väterlichen  und  die  mütterlichen  Chromosomen  auf  die  Tochterzellen  verteilt  werden.  So 
wird  die  wichtige  Tatsache,  daß  die  Geschlechtszellen  immer  rein  sind,  nie  ßastardnatur 
haben,  in  der  einfachsten  Weise  erklärt.  Im  Bastard  ist  keine  Vermischung  der 
Gene  eingetreten,  sie  blieben  nebeneinander  liegen;  in  den  Geschlechtszellen  werden  sie 
wieder  getrennt.  Wenn  wirklich  die  Chromosomen  die  Gene  tragen,  dann  kann  es  in 
einem  Organismus  nur  so  viele  unabhängig  spaltende  Gene  geben,  als  Chromosomen  vor- 
handen sind.  Indes  ist  die  Zahl  der  Chromosomen  viel  zu  gering,  als  daß  man  annehmen 
könnte,  jedes  trage  nur  ein  einziges  Gen.  Alle  Gene  aber,  die  in  einem  Chromosom  ver- 
einigt sind,  spalten  für  gewöhnlich  nicht,  sie  sind  aneinander  gekoppelt.  In  der 
Tat  kennt  man  P\aktoren  genug,  die  in  der  Regel  miteinander  gekoppelt  bleiben,  und  für 
ein  tierisches  Objekt,  die  Fliege  Drosophila,  ist  durch  Morgan  und  seine  Schule  bis  ins 
einzelne  hinein  festgestellt,  daß  wirklich  nur  so  viele  unabhängig  spaltende  Gruppen  von 
Genen  existieren,  als  Chromosomen  vorhanden  sind. 

Variabilität C''^).  Unter  Variabilität  versteht  man  die  Tatsache,  daß 
die  Individuen,  die  zu  einer  Spezies  gehören,  nicht  alle  gleich  sind.  Viel- 
fach ist  die  Variabihtät  überhaupt  nur  eine  scheinbare,  weil  man  die  Spezies 
nicht  eng  genug  begrenzt  hat.  So  existieren  bei  Kosen,  Brombeeren,  Draba 
verna  usw.  viele  einander  nahestehende  Arten  nebeneinander.  Der  Ein- 
druck, daß  hier  eine  ,, variierende"  Art  vorhege,  ist  vöUig  falsch;  jede  der 
,, elementaren  Arten",  aus  denen  sich  die  ,, Sammelart"  zusammensetzt,  er- 
weist sich  als  konstant,  macht  keine  Übergänge  zu  den  anderen  elementaren 
Arten, 

Von  solchen  Fällen  ist  hier  natürlich  ganz  abzusehen.  Wir  halten  uns 
ausschließhch  an  möglichst  eng  begrenzte  Arten,  wenn  mögUch  an  die  Nach- 
kommenschaft einer  sich  selbst  bestäubenden  Pflanze,  eine  sog,  reine  Linie. 
(Johannsen).  Und  da  zeigt  sich,  daß  auch  sie  variiert.  Wir  können  den 
Vorgang  der  Veränderung,  die  Variationen,  auf  zwei  Ursachen  zurück- 
führen und  demnach  auch  mit  zweierlei  Namen  benennen:  Modifikationen 
und  Mutationen.     Dazu  kommen  bei  Kreuzung  noch  die  Kombinationen. 

Modifikationen.  Darunter  versteht  man  Variationen,  die  durch  äußere 
Faktoren  erzeugt  sind.  Es  ist  (S.  250 ff.)  darauf  hingewiesen  worden,  daß 
zahllose  Außenfaktoren  die  Gestalt  der  Pflanze  weitgehend  beeinflussen. 
Groß  sind  z,  B.  die  Unterschiede,  die  zwischen  der  Landform  und  der  Wasser- 
form einer  amphibischen  Pflanze  oder  der  Ebenenform  und  der  alpinen  Form 
einer  Ai't  bestehen.  Die  in  Fig.  261  (S.  253)  abgebildeten  Pflanzen  sind  Teile, 
eines  und  desselben  Individuums,  1  wurde  in  der  Ebene,  2  im  Hochgebirge 
erzogen.  Um  die  ganze  Modifikationsfähigkeit  einer  Pflanze  kennen  zu  lernen, 
muß  man  sie  unter  allen  Kulturmethoden  erziehen,  unter  denen  sie  überhaupt 
existieren  kann;  solche  Versuche  hat  namentlich  Klebs  in  größerem  Maß- 
stabe mit  Erfolg  ausgeführt.  Wenn  es  möglich  wäre,  zwei  Pflanzen  gleicher 
Abstammung  unter  ganz  identischen  äußeren  Umständen  zu  erziehen,  so 
müßten  diese  ununterscheidbar  sein.  Tatsächlich  gelingt  das  nie,  und  dem- 
entsprechend weisen  die  homozygotischen  Individuen  einer  reinen  Linie  auch 
bei  möglichst  gleichartiger  Kultur  doch  zahlreiche  quantitative  Unterschiede 
auf.  Betrachten  wir  z,  B.  die  Samen  einer  reinen  Linie  von  Bohnen,  so  können 
wir  diese  nach  dem  Gewicht  in  verschiedene  Kategorien  bringen  und  fest- 
stellen, wie  viele  Exemplare  zu  jeder  Kategorie  gehören.    Das  Resultat  einer 


286 


Jost: 


Gewicht:  cg  j  25 

Anzahl       ] 
der  Bohnen  l 

Fig.  272.     Variationskurve  der  Gewichte 

der  Samen  einer  reinen  Linie  von  Bohnen. 

(Johannsens  Linie  K.).     Nach  Baue. 


solchen  Untersuchung  gibt  die  Kurve  Fig.  272,  Es  zeigt  sich,  daß  diejenigen 
Ge\Nichtskategorien  am  häufigsten  vertreten  sind,  die  dem  Durchschnitts- 
gewicht am  nächsten  stehen,  und  daß,  je  weiter  eine  Kategorie  vom  Durch- 
schnitt entfernt  ist,  desto  weniger  Individuen  zu  ihr  gehören.  Das  gleiche 
Kesultat  haben  fast  alle  statistischen  Aufnahmen  von  Variationen  ergeben.  Die 

Variationskurven,  die  man  erhalten 
hat,  stimmen  immer  mehr  oder  minder 
genau  mit  der  sog.  Zufalls  kurve 
überein.  Das  erscheint  begreiflich;  denn 
es  sind  stets  mehrere  äußere  Faktoren 
tätig,  die  entweder  eine  Vergrößerung 
oder  Verkleinerung  der  Größe,  der  Zahl 
oder  des  Gewichts  bewirken  können. 
Nur  der  Zufall  entscheidet,  welche  Ein- 
wirkung stattfindet.  Dann  werden  sehr 
selten  alle  Faktoren  auf  Verkleinerung, 
ebenfalls  sehr  selten  alle  Faktoren  auf 
Vergrößerung  hinwirken,  und  am  häufig- 
sten werden  Kombinationen  eintreten 
müssen,  die  ein  mittleres  Maß  bewirken. 
Sät  man  einen  Samen  einer  reinen 
Linie  aus,  so  ist  es  gleichgültig,  ob  man 
von  einem  kleinen,  mittleren  oder  großen 
ausgeht.  Die  Variationskurve  der  näch- 
sten Generation  sieht  nicht  anders  aus 
als  die,  von  der  man  ausging.  Auch 
die  durch  Kultur  im  Hochgebirge  er- 
zielten Veränderungen  (Fig.  262)  sind  nicht  erblich.  Somit  sind  diese  Modi- 
fikationen durchaus  keine  erblichen  Veränderungen;  sie  dauern  nur  so 
lange  oder  wenig  länger,  als  ihre  Ursachen  wirken. 

Die  Erfahrungen  der  Praxis  scheinen  diesem  Resultat  zu  widersprechen. 
Bei  dem  sog.  Selektions verfahren  greift  man  eine  Pflanze  mit  besonderen 
Eigenschaften  aus  einer  großen  Menge  heraus  und  sieht  vielfach  in  ihren 
Nachkommen  die  gleichen  Eigenschaften  wieder  auftreten.  Das  liegt  daran, 
daß  man  in  diesem  Fall  aus  einem  Gemisch  von  verschiedenen  Rassen 
oder  Linien  eine  einzelne  isoliert  hat,  die  ihre  charakteristischen  Eigen- 
schaften auf  ihre  Kachkommen  überträgt.  Bei  wirklich  reinem  Ausgangs- 
material hat  die  Selektion   keinen    Erfolg. 

Kombinationen.  Reine  Linien  können  sich  nur  bei  Selbstbestäubung 
oder  vegetativer  Vermehrung  erhalten.  Tritt  dagegen  Fremdbestäubung 
zwischen  den  einzelnen  Linien  einer  Art  ein,  so  werden  homozygotische  In- 
dividuen selten.  Heterozygoten  die  Regel  sein.  Diese  werden  die  Eigenschaften 
teils  nur  des  einen,  teils  des  anderen,  teils  auch  beider  Eltern  besitzen;  sie 
werden  also  verschieden  aussehen.  Diese  Form  von  Variation  ist  äußerlich 
oft  von  der  Modifikation  nicht  zu  unterscheiden,  denn  auch  sie  kann  in  Form 
der  Zufallskurve  auftreten;  innerlich  aber  unterscheidet  sie  sich  sehr  wesent- 
lich von  ihr,  denn  sie  ist  erblich.  Die  Nachkommen  variieren  nach  den 
MENDELschen  Regeln.  Diese  Form  der  Variation  wird  Kombination  ge- 
nannt. 

Unter  Mutationen i"'^)  endlich  versteht  man  Variationen,  die  sich  von 
den  Kombinationen  dadurch  unterscheiden,  daß  sie  keinesfalls  durch  Bastar- 
dieruujg  entstehen,  die  ihnen  aber  darin  gleichen,  daß  sie  erblich  sind.  Mit 
Sicherheit  können  Mutationen  nur  im  Experiment  erkannt  werden,  wenn  in 


Physiologie. 


287 


den  Nachkommen  einer  reinen  Linie  Individuen  auftreten,  die  eine  neue 
Eigenschaft  besitzen  oder  eine  Eigenschaft  des  Mutterorganismus  nicht  be- 
sitzen, und  wenn  ihre  Nachkonunen  die  Abweichung  beibehalten.  In  der 
Tat  hat  man  im  Experiment  das  Auftreten  solcher  Mutationen  sehr  häufig 
beobachtet.  Baur  fand  z.  B.  bei  seinen  Antirrhinumkulturen  im  Durch- 
schnitt 2°/oo  mutierte  Sämlinge.  Aber  auch  für  viele  in  der  Xatur  gefundene 
Variationen  ist  die  Wahrscheinlichkeit  groß,  (hiß  sie  als  Mutationen  l)etrachtet 
werden  dürfen.  So  z.  B.  das  Clielidonium  laciniatum,  eine  Mutation  von 
Chelidonium  majus  mit  gezackten  Blättern,  die  zuerst  1590  in  Heidellierg 
gefunden  wurde  (Fig.  273);  Fragaria  monophylla,  eine  zuerst  im  Jahre  1761 
beobachtete  Erdbeere,  die  sich  durch  einfache  Blätter  von  der  Stammform 
mit  dreizähligen  Blättern  unterscheidet.  Auch  die  merkwürdige  kronblatt- 
lose Nicotiana  tabacum  virginica  apetala,  die  während  der  Versuche  von 
Klebs  auftrat,  gehört  hierher.  Viele  solcher  Mutationen  sind  nicht  einmal, 
sondern  mehrfach  aufgetreten.  Das  gleiche  hat  man  bei  den  in  Kulturen 
entstehenden  Mutanten   beobachtet.     Alle  diese  Formen  unterscheiden  sich 


Fig.  273.     Habitus  von  Chelidonium  majus  (/)  und  von  Chelidonium  majus  laciniatum  (2). 

Nach  Lehmann. 


von  den  Mutterformen  nur  in  einem  einzigen  Merkmal.  Und  in  weitaus 
den  meisten  Fällen  verhält  sich  dieses  Merkmal  bei  der  Kreuzung  mit  der 
Stammform  rezessiv;  doch  fehlt  es  nicht  an  Mutationen,  die  sich  als  do- 
minant erwiesen  haben.  Bei  Selbstbestäubung  bleiben  die  Mutanten  un- 
begrenzt konstant. 

Zahlreiche  ,, Spielarten"  unserer  Gärten  beruhen  auf  derartigen  Muta- 
tionen in  einem  Merkmal.  Dahin  gehören  nicht  nur  die  schon  genannten 
geschlitztblättrigen  Formen,  sondern  auch  die  Rassen  mit  Trauerwuchs, 
Pyramidenwuchs,  die  schmalblättrigen,  krausblättrigen  und  rotblättrigen 
Abarten.  Sie  treten  vor  allem  an  Sämlingen  auf,  in  manchen  Fällen  aber 
auch  rein  vegetativ  an  Seitenzweigen  (vegetative  Mutation).  Verständ- 
lich ist,  daß  sie  gewöhnlich  heterozygotisch  sind;  homozygotisch  können 
sie  ja  bei  geschlechtlicher  Entstehung  nur  dann  sein,  wenn  beide  zur  Ver- 
schmelzung kommende  Sexualzellen  gleichartig  mutiert  hatten,  und  das  ist 
offenbar  ein  seltener  Zufall.  In  den  genannten  Antirrhinumkulturen  Baurs 
kamen  auf  1000  Sämlinge  nur  0,05  iionu.)zygotische  ]\lutanteu. 


288  Jost: 

Außer  den  besprochenen  hat  man  auch  andere  Mutationen  gefunden,  die 
sich  zum  Teil  weitgehend  von  diesen  unterscheiden.  Hier  sei  nur  erwähnt, 
daß  manchmal  ein  Mutant  sich  durch  eine  veränderte  Anzahl  von  Chromo- 
somen, z.  B.  durch  Verdoppelung  derselben,  von  der  Mutterart  unterscheidet, 
was  sich  dann  äußerlich  in  der  Größe  der  Pflanze  geltend  macht.  Eine  be- 
sondere Kategorie  von  Mutation  findet  sich  bei  Oenothera  Lamarckiana(^°^^) 
und  einigen  anderen  Arten  dieser  Gattung.  Historisch  sind  sie  von  besonderem 
Interesse,  weil  hier  durch  de  Vries  zum  erstenmal  exakt  die  Entstehung 
der  neuen  Formen  beobachtet  wurde.  Aber  echte  Mutationen  können  wir 
heute  diese  Varianten  schwerlich  mehr  nennen,  da  Oenothera  Lamarckiana 
offenbar  ein  Bastard  mit  der  besonderen  Eigentümhchkeit  ist,  daß  seine 
Eltern  nicht  mehr  existenzfähig  sind.  Endlich  wären  noch  die  Mutationen 
der  Bakterien  zu  nennen.  Diese  vermehren  sich  ja  nur  durch  Zweiteilung; 
die  Mutationen  sind  also  vegetative,  und  sie  treten  hier  nach  Behandlang 
mit  Giften  auf,  während  wir  bei  den  Mutationen  höherer  Pflanzen  die  Ur- 
sachen gar  nicht  kennen.  Sollten  sie  in  einzelnen  Fällen  auch  hier  durch  äußere 
Faktoren  bedingt  sein,  so  wären  sie  deshalb  doch  scharf  von  den  Modifikationen 
zu  unterscheiden;  denn  bei  Mutationen  tritt  eine  Veränderung  in  den  An- 
lagen auf,  bei  den  Modifikationen  nicht. 

Artbildung.  Eine  Reihe  von  Gründen,  auf  die  schon  S.  176  ff.  hin- 
gewiesen wurde,  hat  zu  der  Vorstellung  geführt,  daß  die  Organismen,  die 
heute  unsere  Erde  bewohnen,  sich  aus  anderen  entwickelt  haben,  die  vor  ihnen 
lebten.  Diese  Vorstellung,  die  unter  dem  Namen  Deszendenztheorie(i''i) 
bekannt  ist  und  eine  große  Wichtigkeit  besitzt,  nimmt  also  an,  daß  die  ,,Art" 
nichts  Konstantes,  sondern  etwas  Veränderliches  sei.  Unter  Hinweis  auf 
das  früher  Gesagte  (S.  176ff.)  haben  wir  an  dieser  Stelle  nur  zu  betonen,  daß 
von  den  bisher  beobachteten  Variationen  ausschließlich  die  Mutationen  und 
Kombinationen  eine  Rolle  bei  der  Artbildung  spielen  konnten.  In  neuester 
Zeit  mehren  sich  die  Anzeichen  dafür,  daß  die  Bastardierung  bei  der  Art- 
bildung wichtig  ist. 


Dritter  Abschnitt.     Bewegungen. 

Nicht  minder  allgemein  wie  Stoffwechsel  und  Entwicklung  treten  uns 
Bewegungserscheinungen  an  der  lebenden  Pflanze  entgegen.  Der  Stoff- 
wechsel ist  mit  einer  fortgesetzten  Bewegung  der  aufgenommenen  rohen 
Nahrung  sowie  der  Stoffwechselprodukte  verknüpft.  Diese  Bewegungen  sind 
zwar  nicht  direkt  wahrzunehmen,  aber  darum  nicht  weniger  sicher  fest- 
gestellt; von  ihnen  war  im  ersten  Abschnitt  der  Physiologie  genügend  die 
Rede.  Daneben  existiert  eine  Fülle  von  auch  äußerlich  sichtbaren,  oft  frei- 
lich nur  langsam  verlaufenden,  manchmal  aber  auch  ganz  plötzhch  ein- 
tretenden Ortsveränderungen,  die  entweder  von  der  ganzen  Pflanze  oder  von 
ihren  einzelnen  Organen  ausgeführt  werden. 

Das  Protoplasma  selbst  ist  zu  verschiedenen  Bewegungsformen  befähigt, 
sowohl  im  nackten  Zustand  (ohne  Zellmembran)  als  auch  eingeschlossen 
in  einer  Membran.  Nackte  Plasmakörper  zeigen  fast  stets  Bewegungen,  aber 
auch  behäutete  Zellen  besitzen  das  Vermögen  der  freien  Ortsveränderung 
oft  in  hohem  Grade.  Vielzellige  höhere  und  niedere  Pflanzen  befestigen  sich 
jedoch  meist  am  Orte  ihrer  Keimung  durch  Wurzeln  und  andere  Haftorgane 
und  verzichten  damit  ein  für  allemal  auf  einen  Ortswechsel.     Statt  dessen 


Physiologie.  289 

haben  sie  aber  sehr  allgemein  das  Vermögen,  die  Lage  und  Richtung 
ihrer  Organe  durch  Krümmung  zu  verändern.  Dabei  bedienen  sie  sich 
nicht  nur  ungleichen  Wachstums,  sondern  sie  lassen  auch  andere  Prozesse 
eingreifen,  die  zu  einer  Gestaltsänderung  führen.  Durch  solche  lü-ümmungen 
werden  in  der  Regel  ihre  Teile  in  Stellungen  gebracht,  die  für  ihre  Funktion 
notwendig  oder  vorteilhaft  sind;  so  werden  die  Stengel  aufwärts,  die  Wurzeln 
abwärts,  die  Blätter  mit  der  Oberseite  nach  dem  Lichte  hin  gerichtet:  Schling- 
pflanzen und  Ranken  umfassen  die  tragenden  Stützen,  und  die  Stengel  vieler 
junger  Keimpflanzen  werden  rückwärts  so  umgebogen,  daß  sie  ohne  Ver- 
letzung der  Endknospe  da^  feste  Erdreich  durchbrechen  können. 

Wir  haben  also  zu  unterscheiden  zwischen  lokomotorischen  Be- 
wegungen einerseits,  Krümmungsbewegungen  andererseits. 

I.  Lokomotorische  Bewegungen  (^^^). 
A.  Mechanik  der  lokomotorischen  Bewegungen. 

Orts  Veränderungen  kommen  vor  allem  durch  amöboide  Bewegung, 
Zilienbewegung  oder  durch  Protoplasmabewegung  in  der  behäu- 
teten Zelle  zustande. 

Die  amöboide  Bewegung  freier  Protoplasten  ist  eine  kriechende 
Fortbewegung  auf  festem  Substrat,  bei  der  der  nackte  Plasmakörper  der 
Amöben  und  Plasmodien  einzelne  Fortsätze  nach  einer  oder  mehreren  Seiten 
austreibt;  diese  werden  entweder  alsbald  wieder  eingezogen,  oder  es  folgt 
ihnen  der  ganze  Plasmaleib  in  fließender  Bewegung  nach.  Die  Bewegung 
erinnert  äußerlich  an  das  Fließen  eines  zähen  Flüssigkeitstropfens  auf  nicht 
benetzter  Unterlage,  und  man  nimmt  an,  daß  die  Arbeit  der  Bewegung  wie 
dort  von  Oberflächenspannungen  geleistet  werde,  die  das  reizbare  Plasma 
lokal  verändern  kann. 

Durch  lokale  Änderung  der  Oberflächenspannung  können  auch  an  Tropfen  lebloser 
Substanzen  (Öltropfen  in  Seifenlösung;  Ölseifenschaum  in  Wasser;  Quecksilbertropfen  in 
20%  Salpetersäure  und  in  Wechselwirkung  mit  Kaliumbichromatkristallen)  ähnliche  amöboide 
Bewegungen  auftreten. 

Die  Zilienbewegung(i°^) ist  eine  Schwimmbewegung,  bei  der  eigen- 
artige Bewegungsorgane  in  Gestalt  äußerst  feiner,  oft  bei  starker  Vergrößerung 
kaum  wahrnehmbarer  Fädchen  in  Tätigkeit  treten.  Diese  ,, Geißeln"  oder 
,,Zilien"  sind  kontraktile  Fortsätze  des  Protoplasmas  und  finden  sich  zu 
1,  2,  4  oder  sehr  zahlreich  und  in  verschiedener  Anordnung  an  den  beweg- 
lichen Zellen  (Fig.  222  und  226).  Sie  durchsetzen,  wenn  die  Zelle  nicht  nackt 
ist,  die  Zellhaut  und  treiben  durch  ihre  komplizierten  Bewegungen  den  Plasma- 
leib oft  mit  ansehnlicher  Geschwindigkeit  durch  das  Wasser  fort.  Die  winzigen 
Schwärmer  von  Fuligo  varians  legen  dabei  in  1  Sekunde  1  mm,  das  60 fache 
der  eigenen  Länge,  zurück,  die  von  Ulva  noch  0,15  mm;  andere  sind  träger. 
Einer  der  schnellsten  Bazillen,  der  Choleravibrio,  gebraucht  22  Sekunden 
für  die  Millimeterstrecke. 

Die  Geißeln  bewirken  nicht  nur  eine  Vorwärtsbewegung,  die  geradlinig  oder  in 
einer  Schraubenlinie  erfolgt,  sondern  sie  versetzen  gleichzeitig  auch  den  Organismus  in 
eine  Rotation  um  seine  Längsachse.  Bei  Spirillum  fand  Metzner  40  Umdrehungen  der 
Geißeln  und  13  Umdrehungen  des  Bakterienkörpers  in  der  Sekunde.  Im  einzelnen  ist  die 
Tätigkeit  der  Geißeln  eine  recht  verschiedene.  Schon  ein  einfaches  Schwingen  einer  bogig 
gekrümmten  Geißel  in  einem  Kegelmantel  kann  die  Schwimmbewegung  herbeiführen.  In 
anderen  Fällen  aber  hat  die  Geißel  die  Gestalt  einer  Schraube,  die  ähnlich  wie  die 
Schiffsschraube  oder  ein  Propeller  je  nach  der  Drehungsrichtung  eine  Vorwärts-  oder 
Rückwärtsbewegung  bewirkt.  Während  aber  bei  Mechanismen  die  Schraube  starr  ist, 
fest  an  einer  Achse    sitzt   und    durch  Rotation    der   letzteren    sich  betätigt,    muß    die  fest 


Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Auil. 


19 


290  Jost: 

mit  dem  Zelleib  verbundene  Geißel  eines  Organismus  ihre  Schraube  während  ihrer  Be- 
wegung immer  neu  bilden.  Nach  Bütschms  Ausführungen  nimmt  man  an,  daß  das 
in  der  Weise  geschieht,  daß  eine  schraubig  verlaufende  Linie  größter  Kontraktion  fort- 
gesetzt den  Körper  der  Geißel  umwandert.  Auf  andere  und  kompliziertere  Bewegungen 
der  Geißeln  kann  hier  nicht  eingegangen  werden. 

Die  Diatomeen  zeigen  andere  Formen  der  Bewegung.  Die  Arten,  die  einen 
Spalt  (Raphe)  in  ihrer  Kieselschale  führen,  gleiten  oder  schwimmen  gewöhnlich  in  der 
Richtung  ihrer  L.ängsachse  hin  und  her  und  ändern  ihre  Bewegungsrichtung  durch  Schwen- 
kungen und  Oszillationen.  Aus  der  Art,  wie  sie  kleine  Körnchen  ihrer  Umgebung  in  Be- 
wegung setzen,  hat  man  schon  früher  auf  einen  aus  der  Raphe  nach  außen  tretenden 
Plasmastrom  geschlossen,  der  nach  0.  Müller  die  Ursache  der  Bewegung  sein  soll  ('").  — 
Die  Zellen  der  Desmidiaceen  führen  mit  Hilfe  lokaler  Gallertabscheidungen  ihre  eigen- 
artigen Bewegungen  aus;  die  Oszillarien  scheinen  sich  ähnlich  zu  verhalten  ('•*"). 

Neben  solchen  Orts  Veränderungen  der  ganzen  Zelle  kennt  man  auch 
Bewegungen  des  Protoplasmas  innerhalb  der  Zellhaut,  bei  denen 
vor  allem  die  Rotations-  und  Zirkulationsbewegung  zu  unterscheiden 
sind  (vgl.  S.  11). 

Bei  diesen  Bewegungen  ist  die  äußerste  Schicht  des  Protoplasmas,  die  an  die  Zell- 
wand grenzt,  stets  in  Ruhe.  Das  Protoplasma  stützt  sich  also  bei  seiner  Strömung  nicht 
etwa  auf  die  Zellwand,  und  deshalb  kann  die  Bewegung  nicht  mit  der  einer  Amöbe  ver- 
glichen werden,  die  in  die  Zelle  eingeschlossen  ist.  Auch  dauert  nach  Abhebung  des 
Protoplasmas  von  der  Wand  die  Strömung  noch  eine  Zeit  lang  fort;  demnach  müssen  die 
Änderungen  in  den  Oberflächenspannungen  zwischen  Protoplasma  und  Zellsaft  die 
Ursache  für  diese  Bewegungen  sein. 

Die  Protoplasmaströmungen  sind  1772  von  CoRTi  entdeckt  worden.  Gute  Beispiele 
für  ihre  Demonstration  sind  die  Haare  mancher  Pflanzen,  die  Blattzellen  mancher  Wasser- 
pflanzen, die  langen  Zellen  der  Characeen  und  Siphoneen. 

B.  Die  Bedingungen  der  Lokomotion. 

Da  diese  Bewegungen  vom  Protoplasma  und  seinen  Organen  ausgehen, 
so  ist  es  begreiflich,  daß  sie  an  ein  gewisses  Ausmaß  derjenigen  Faktoren 
gebunden  sind,  die  wir  als  allgemeine  Lebensbedingungen  kennen  gelernt 
haben. 

Das  Auftreten  und  die  Lebhaftigkeit  aller  dieser  Bewegungen  hängt 
demnach  vor  allem  von  günstiger  Temperatur  und  bei  den  Aerobionten  auch 
von  der  Gegenwart  freien  Sauerstoffes  ab.  Fakultative  Anaeroben  (Xitella) 
können  auch  bei  Ausschluß  des  Sauerstoffs  die  Plasmabewegung  wochen- 
lang unterhalten.  Obligat  anaerobe  Bakterien  verlieren  ihre  Beweglichkeit 
bei  Sauerstoffzutritt;  umgekehrt  gewinnen  aerobe  Bakterien,  die  bei  Sauer- 
stoffmangel unbeweglich  waren,  bei  erneutem  Sauerstoff  zutritt  ihre  Beweg- 
lichkeit wieder  (vgl.  S.  213). 

Überschreitung  des  ,, Minimums"  oder  ,, Maximums"  dieser  Faktoren 
bedingt  zunächst  Bewegungslosigkeit,  Starrezustände  (so  Kälte-,  Wärme- 
starre usw.),  die  anfangs  noch  durch  Wiederkehr  günstiger  Bedingungen 
aufgehoben  werden  können,  bei  längerer  Dauer  aber  schließlich  zum  Tode 
führen.  In  manchen  Fällen  genügt  es,  daß  diese  allgemeinen  Lebens- 
bedingungen erfüllt  sind,  in  anderen  aber  muß  die  Bewegung  durch  einen 
besonderen  Reiz  ausgelöst  werden.  So  ist  z.  B.  bekannt,  daß  die  Protoplasma- 
bewegung vielfach  erst  nach  Verwundung  auftritt  oder  wenigstens  durch  einen  solchen 
Eingriff  stark  beschleunigt  wird.  Bei  gewissen  Bakterien  wird  erst  durch  das  Licht  oder 
durch  eine  bestimmte  Konzentration  des  Substrats  die  Bewegung  erweckt.  Ebenso  kann 
aber  auch  durch  äußere  Einflüsse  die  Beweglichkeit  aufgehoben  werden,  während  bei  den 
nur  temporär  bewegungsfähigen  Objekten  (Schwärmsporen,  Spermien)  auch  innere 
Ursachen  die  Bewegung  sistieren. 

Eine  ganz  besondere  Rolle  spielen  äußere  Reize  aber  bei  den  lokomoto- 
rischen   Bewegungen   insofern,   als   sie   diesen   eine   bestimmte    Richtung 


Physiologie.  291 

geben.  Ohne  solehe  richtenden  Reize  bewegen  sich  die  Plasmodien  ziellos; 
die  Richtung  der  Schwimmbewegungen  und  der  Zirkulationsbewegung  wechselt 
häufig  und  nur  die  Rotationsströme  sind  durch  eine  konstante  Richtung  aus- 
gezeichnet. 

C.  Taxien. 

Als  richtende  Reize  kommen  vor  allem  einseitig  einparkende  Beleuch- 
tung und  ungleich  im  Wasser  verteilte,  gelöste  Stoffe  m  Betracht.  Die  durch 
solche  Faktoren  erzielten  Richtungsbewegungen  werden  als  Taxien  be- 
zeichnet; durch  Licht  bewirkte  heißen  Phototaxis,  durch  gelöste  Stoffe  her- 
vorgerufene Chemotaxis.     (Weitere  Taxien  s.  S.  293.) 

Richtungsbewegungen  führen  die  frei  bewegliche  Pflanze  oder  das  be- 
wegliche Organ  einer  Zelle  entweder  zum  Reizmittel  hin  oder  von  ihm  weg; 
im  ersten  Falle  spricht  man  von  positiver,  im  zweiten  von  negativer 
Taxis.  Welche  von  diesen  verschiedenen  Reaktionsweisen  eintritt,  hängt 
vielfach  nicht  nur  vom  Objekt,  sondern  auch  von  äußeren  Umständen  ab. 
Man  unterscheidet  ferner  eine  topische  Reaktion,  bei  der  eine  Einstellung 
und  Bewegung  in  der  Richtung  des  wirksamen  Reizes  stattfindet,  und  eine 
phobische  Reaktion,  bei  der  ein  Übergang  zu  einer  anderen  Intensität 
des  Reizmittels  die  Reizbewegung  auslöst. 

1.  Phototaxis. 

Phototaktische  Bewegungen (i^^)  kann  man  am  besten  wahrnehmen,  wenn 
man  Wasser  mit  Volvocineen  und  Chlamydomonaden  oder  Schwärmsporen 
von  Algen  in  einem  Glasgefäß  der  einseitigen  Beleuchtung  etwa  in  der  isähe 
eines  Fensters  aussetzt.  Nach  kurzer  Zeit  ist  die  gleichmäßige  Grünfärbung 
des  Wassers  verschwunden,  da  sich  die  beweglichen  Organismen  alle  an  der 
Lichtseite  des  Gefäßes  angesammelt  haben.  Dreht  man  das  Gefäß  um  180°, 
so  eilen  die  Algen  sofort  an  die  nunmehr  belichtete  Seite.  Läßt  man  aber 
stärkeres  Licht,  etwa  direktes  Sonnenlicht  einfallen,  so  sieht  man  dieselben 
Organismen,  die  bisher  positiv  reagierten,  negativ  phototaktisch  werden 
und  von  der  Lichtquelle  wegschwimmen.  Auch  andere  äiTßere  Faktoren 
können  eine  solche  ,,Umstinimung"  bewirken. 

Bei  manchen  chlorophyllfreien  Organismen,  so  den  Plasmodien  der  Schleimpilze, 
kommt  es  auch  bei  niedrigen  Lichtintensitäten  gewöhnlich  nur  zu  negativer  Reaktion.  Es 
gibt  aber  auch  farblose  Organismen,  die  positiv  phototaktisch  reagieren. 

Man  kennt  phobische  und  topische  Reaktionen  bei  der  Phototaxis.  Manche  Orga- 
nismen können  sowohl  phobisch  als  topisch  reagieren,  andere  zeigen  nur  eine  dieser 
Reaktionsweisen.  —  Phobotaktisch  reagieren  vor  allem  gewisse  Bakterien,  die  auf  den 
Übergang  von  Licht  zu  Dunkelheit  mit  einer  Rückwärtsbewegung  antworten.  An  einer 
stark  beleuchteten  Stelle  werden  sie  dadurch  gefangen,  daß  sie  jedesmal,  wenn  sie  durch 
ihre  Bewegungen  ins  Dunkle  geführt  werden,  zurückprallen  (Lichtfalle).  —  Die  topo- 
taktischen  Organismen  stellen  vor  allem  ihre  Längsachse  in  die  Lichtrichtung  ein,  um  sich 
dann  nach  der  Licht(|uelle  hin  zu  bewegen,  wenn  sie  positiv  reagieren,  oder  von  ihr  weg- 
zuschwimmen, wenn  sie  negativ  phototaktisch  sind.  Phallen  Lichtstrahlen  verschiedener 
Richtung  gleichzeitig  auf  solche  Organismen  ein,  so  bewegen  sie  sich  in  der  Resultierenden. 
Dieses  „Resultantengesetz"  gilt  nicht  nur  in  Beziehung  auf  die  Richtung,  sondern  auch  in 
Beziehung  auf  die  Intensität. 

Im  Experiment  kann  man  Bedingungen  herstellen  (konvergentes  Licht),  die  z.  B. 
negativ  topotaktische  Schwärmer  zwingen,  indem  sie  sich  von  der  Lichtquelle  entfernen, 
in  immer  hellere  Zonen  zu  eilen.  In  der  Natur  aber  führen  zweifellos  die  phototaktischen 
Bewegungen  die  Organismen  an  Orte  optimaler  Helligkeit. 

Sehr  auffallende  Phototaxis  besitzen  die  (;hlorophyllkörner(i*^''),  deren 
Bewegungsmechanismiis  freilich  noch  ganz  unbekannt  ist.  Diese  Bewegungen 
bringen  das  Chloroi)hyllkorn  in  eine  derartige  Lage,  daß  es  eine  optimale 

19» 


292 


Jost: 


Lichtmenge  aufnehmen  kann.  Diese  Lage  wird  bald  durch  Drehungen  an 
Ort  und  Stelle,  bald  durch  Wanderung  an  andere  Stellen  erreicht. 

In  den  zylindrischen  Zellen  der  Alge  Mesocarpus  befindet  sich  ein  einziger  Chloro- 
plast,  der  die  Gestalt  einer  rechteckigen  Platte  hat.  Licht  niedriger  Intensität  sucht  er 
möglichst  auszunutzen,  indem  er  sich  senkrecht  zu  der  Richtung  der  Strahlen  stellt 
(Flächenstellung);  bei  höherer  Lichtintensität  dreht  sich  die  Platte  um  ihre  Längsachse 
und  bildet  einen  spitzen  Winkel  mit  den  Strahlen  oder  wendet  ihnen  schließlich  gar  die 
schmale  Kante  zu  (Profilstellung),  nimmt  dann  also  sehr  wenig  Licht  auf. 

In  den  Blättern  der  Moose  und  der  höheren  Pflanzen  sowie  in  den  Prothallien  der 
Farne  wird  eine  Stellungsänderung  der  zahlreichen  Chlorophyllkörner  durch  Ver- 
schiebung auf  den  Wänden  der  Zelle  erreicht.  In  gemäßigtem  Lichte  werden  die  Chloro- 
phyllkörner an  denjenigen  Wänden  verteilt,  die  quer  die  Richtung  der  Lichtstrahlen 
schneiden  (Fig.  274  T);  sie  gleiten  aber  alsbald  an  die  den  Lichtstrahlen  parallel  laufen- 
den Seitenwände  und  werden  der  Lichtwirkung  damit  möglichst  entzogen,  wenn  das  Licht 


Fig.  274.     Wechselnde  Stellung  der  Chlorophyllkörner  in  den  Zellen  der  untergetauchten 
Wasserlinse  (Lemna  trisulca)  bei  verschiedener   Beleuchtung.     T  In  diffusem   Tageslicht. 
S  In   direktem   Sonnenlicht.     N  Des   Nachts.     Die   Pfeile   geben   die   Richtung   des   ein- 
fallenden Lichtes  an.     Nach  Stahl. 

anfängt,  zu  stark  zu  werden  (Fig.  274  5).  Im  Finstern  oder  bei  sehr  schwachem  Licht  kann 
eine  dritte,  aus  der  Fig.  274  A''  ersichtliche  Art  der  Gruppierung  eintreten,  deren  Ur- 
sache und  Bedeutung  hier  nicht  erörtert  werden  kann. 

Die  Chlorophyllkörner  erfahren  zudem  bei  Beleuchtungswechsel  Formver- 
änderungen;  in  gemäßigtem  Lichte  sind  sie  abgeflacht,  in  zu  starkem  und  zu  schwachem 
Lichte  werden  sie  dicker  und  entsprechend  kleiner.  —  Durch  die  Änderungen  in  der  An- 
ordnung der  Chlorophyllkörner  erscheint  die  Farbe  grüner  Organe  in  wechselnder  Abtönung. 
In   starker  Besonnung   sehen   sie   meist   heller,   in   zerstreutem   Licht   dunkler  grün  aus. 


2.  Chemotaxis  (IC«). 

Eine  Chemotaxis  kommt,  wie  bemerkt,  durch  ungleiche  Verteilung  von 
im  Wasser  gelösten  Stoffen  zustande.  Positive  Chemotaxis  führt  zu  einer 
Ansammlung  der  reizbaren  Pflanze  in  der  höheren  Konzentration  des  Chemo- 
taktikums. 

Als  Chemotaktikum  funktionieren  nicht  beliebige,  sondern  ganz  bestimmte 
Substanzen.  So  werden  z.  B.  viele  Bakterien  von  gewissen  Isährstoffen, 
anorganischen  wie  organischen,  z.  B.  Pepton,  Zucker,  Fleischextrakt,  Phos- 
phaten usf.,  ,,angelockt";  andere  Stoffe,  vor  allem  Säuren,  Alkalien,  , .stoßen 
sie  ab".  Steht  hier  die  Chemotaxis  im  Dienste  des  Nahrungserwerbes,  so 
sehen  wir  sie  bei  den  Spermien  eine  ganz  andere  Bedeutung  gewinnen; 
diese  männhchen  Sexualzellen  finden  durch  chemotaktische  Anlockung  die 
Eizellen,  Fig.  356  zeigt  die  chemotaktische  Anlockung  der  Spermien 
durch  die  weibhche  Sexualzelle  bei  Ectocarpus.  Auch  Zellkerne  und  Chloro- 
plasten  können  chemotaktische  Bewegungen  ausführen. 

Chemotaxis  freibeweglicher  Organismen  wird  seit  Pfeffer  gewöhnlich 
in  der  Weise  nachgewiesen,  daß  man  den  chemotaktisch  empfindlichen  Orga- 
nismus   in  Wasser  auf  dem  Objektträger  hält  und  mit  Deckglas    bedeckt. 


Physiologie.  293 

während  eine  Glaskapillare,  die  mit  dem  Chemotaktikum  gefüllt  ist,  unter 
das  Deckglas  geschoben  wird.  Nach  kurzer  Zeit  erfolgt  eine  Ansammlung 
der  chemotaktischen  Organismen  vor  oder  in  der  Kapillare.  Manche  stellen 
sich,  wenn  sie  in  das  Diffusionsfeld  eingetreten  sind,  in  die  Richtung  des 
Diffusionsgefälles  ein  und  steuern  direkt  auf  das  Diffusionszentrum  los  (topische 
Reaktion).  Andere  kommen  nur  zufällig  an  die  Mündung  der  Kapillare  und 
werden  dann  durch  phobische  Reaktion  am  Verlassen  dieser  Stelle  gehindert. 

Die  Samenfäden  der  Farne  werden  durch  Äpfelsäure  bzw.  äpfelsaure 
Salze  in  den  Hals  der  Archegonien  gelockt;  bei  den  Lycopodien  spielt  Zitronen- 
säure, bei  den  Laubmoosen  Rohrzucker,  bei  den  Marchantien  Eiweiß  die 
gleiche  Rolle.  Es  sind  oft  äußerst  geringe  Substanzmengen,  die  eine  kräftige 
Reizbewegung  auslösen;  so  genügt  schon  eine  0,001  prozentige  Lösung  von 
Äpfelsäure  zur  Anlockung  der  in  reinem  Wasser  ziellos  umherschwärmenden 
Farnspermien. 

Die  chemotaktischen  Bewegungen  kommen  nur  dann  zustande,  wenn 
das  Chemotaktikum  ungleich  verteilt  ist,  wenn  also  Diffusion  stattfinden 
kann.  Aber  auch  homogene  Lösungen  der  Chemotaktika  sind  nicht  ohne 
Einfluß  auf  die  chemotaktisch  empfindlichen  Organismen;  sie  setzen  kurz 
gesagt  deren  Empfindlichkeit  herab.  Man  bezeichnet  diejenige  minimale 
Konzentration  des  Chemotaktikums,  die  bei  Benutzung  der  Kapillaren- 
methode gerade  noch  zu  einer  sichtbaren  Ansammlung  führt,  als  Reiz- 
schwelle. Durch  Verwendung  einer  homogenen  Lösung  des  Chemotaktikums 
wird  nun  die  Reizschwelle  erhöht.  Es  hat  sich  gezeigt,  daß  diese  Er- 
höhung in  streng  gesetzmäßiger  Weise  verläuft.  Für  Farnspermien  z.  B. 
fand  Pfeffer  folgende  Werte: 

Reizschwelle 
In  Wasser  0,001%  Äpfelsäure 

„   Äpfelsäure    0.0005  0,015% 

0,001  0,03  % 

0,01  0,3     % 

Man  sieht  also,  daß  immer  das  gleiche  Verhältnis  zwischen  der  ein- 
seitig und  der  allseitig  wirksamen  Lösung  bestehen  muß;  erstere  muß  30 mal 
so  konzentriert  sein  wie  letztere,  wenn  es  zu  einer  Ansammlung  kommen 
soll.  Diese  Gesetzmäßigkeit  ist  unter  dem  Namen  WEBERSches  Gesetz  be- 
kannt. Das  WEBERSche  Gesetz  der  Psychophysik  hat  wenigstens  eine  große 
Ähnlichkeit  mit  dem  hier  konstatierten.  Es  darf  aber  nicht  vergessen  werden, 
daß  es  sich  dort  um  das  Verhältnis  zwischen  Reiz  und  Empfindung,  hier  um 
das  Verhältnis  zwischen  Reiz  und  Reaktion  handelt. 

Ist  die  Chemotaxis  durch  Sauerstoff  bedingt,  so  spricht  man  von 
Aerotaxis.  Sie  findet  sich  z.  B.  bei  Bakterien,  die  aus  diesem  Grunde  zum 
Nachweis  der  Kohlensäureassimilation  Verwendung  finden  können  (S.  213). 

Findet  sich  hier  eine  positive  Aerotaxis  typischer  Aerobionten,  so 
zeigen  umgekehrt  echte  Anaerobionten  negative  Aerotaxis,  und  gewisse  Bak- 
terien, die  an  bestimmte  niedere  Sauerstoffspannungen  angepaßt  sind,  können 
bald  positive,  bald  negative  Bewegungen  ausführen  und  so  die  optimale  Sauer- 
stoffspannung aufsuchen. 

An  die  Chemotaxis  Läßt  sich  die  Erscheinung  der  Hydrotaxis  anschließen,  eine 
Richtungsbewegung,  die  durch  ungleiche  Verteilung  des  Wasserdampfes  in  der  Luft  ver- 
anlaßt wird.  Eine  positive  Hydrotaxis  kommt  den  Plasmodien  der  Myxomyceten  zu,  und 
sie  geht  zur  Zeit  der  Sporenbildung  in  negative  Hydrotaxis  über. 

Außer  den  genannten  sind  noch  viele  andere  Taxien  mehr  oder  weniger  genau  be- 
kannt. Von  Osmotaxis  spricht  man,  wenn  nicht  die  chemische  Natur,  sondern  lediglich 
die  Konzentration  einer  Lösung  zu  einer  Ansammlung  beweglicher  Organismen  führt.    Bei 


294 


Jost: 


der  Thermotaxis  wird  durch  ungleiche  Wärmeverteilung,  bei  der  Galvanotaxis  durch  galva- 
nische Ströme,  bei  der  Rheotaxis  durch  Wasserströme  die  Bewegung  ausgelöst. 


Fig.    275.      Vierkantiges    Prisma.     / 

//  gekrümmt,  ///  gedreht,  IV  gewunden. 


II.  Krümmungsbewegungen. 

Die  Arten  der  Krüminuug,  die  an  den  Organen  festsitzender  Pflanzen 
auftreten  können,  werden  durch  Fig.  275  illustriert.  Ein  vierkantiges  Prisma 
hat  gleich  lange  Kanten;  wird  es  aber  in  einer  Ebene  gekrümmt,  so  müssen 

die   Kanten   der   Konkavseite   not- 
i<^  /^  wendig  kürzer   werden   als   die   der 

Konvexseite.  Eine  Verlängerung 
der  einen  Seite,  oder  eine  Verkür- 
zung der  anderen  Seite,  oder  endlich 
gleichzeitige  Verlängerung  und  Ver- 
kürzung antagonistischer  Seiten 
müssen  zur  Krümmung  führen.  Wenn 
bei  dieser  Einbiegung  der  Stab  in 
einer  Ebene  bleibt,  spricht  man  von 
Krümmung  (//)  schlechthin,  wenn 
aber  der  Stab  aus  der  Ebene  in  den 
Raum  hinaustritt  (dadurch,  daß  die 
Biegung  um  schief  zu  der  Längs- 
achse gelegte  Linien  erfolgt),  dann 
nennt  man  ihn  gewunden  {IV). 
Wenn  endlich  der  Stab  im  ganzen 
zwar  gerade  bleibt,  seine  Kanten 
aber  Schraubenlinien  beschreiben, 
dann  nennen  wir  ihn  gedreht  oder 
tordiert  (///);  die  Torsion  kommt  durch  eine  Längendifferenz  zwischen 
der  Mittellinie  und  sämtlichen  (untereinander  gleichbleibenden)  Kanten  zu- 
stande. 

Mittel  zur  Ausführung  der  Krümmungen.  Bei  der  Ausführung  der 
Krümmungen  handelt  es  sich,  wie  gezeigt  wurde,  stets  um  ungleiche  Ver- 
längerung oder  Verkürzung  eines  Organs,  also  um  Dimensionsänderungen. 
Zur  Ausführung  von  Dimensionsänderungen  aber  stehen  der  Pflanze  folgende 
Mittel  zur  Verfügung: 

1.  Wachstum.    Es  dient  fast  stets  nur  zur  Verlängerung. 

2.  Turgordruck.  Er  kann,  je  nachdem  er  zu-  oder  abnimmt,  sowohl 
eine  Verlängerung  als  auch  eine  Verkürzung  herbeiführen. 

3.  Wasserschwankungen  in  der  Membran  oder  in  toten  Zellen,  Sie 
können  \^^eder  ebensogut  im  Sinne  einer  Verlängerung  wie  einer  Verkürzung 
wirken. 

Nach  den  Mitteln,  die  zur  Realisierung  einer  Dimensionsänderung  Ver- 
wendung finden,  kann  man  die  pflanzlichen  Krümmungsbewegungen  ein- 
teilen in  1.  Wachstumsbewegungen  (Nutationen),  2.  Turgeszenz- 
oder  Variationsbewegungen  und  3.  hygroskopische  Bewegungen.  Da 
Wachstum  und  Turgordruck  Lebenserscheinungen  sind  bzw.  vom  lebenden 
Protoplasma  wesentlich  beeinflußt  werden,  so  sollen  sie  von  den  hygro- 
skopischen Bewegungen  getrennt  behandelt  werden.  Denn  diese  letzteren 
sind  keine  Lebenserscheinungen;  sie  können  zwar  vereinzelt  auch  an  lebenden 
Organen  beobachtet  werden,  aber  sie  treten  ebensogut  an  absterbenden  oder 
an  toten  Organen  auf,  und  sie  werden  ausschließlich  von  äußeren  Faktoren 
bewirkt.     Das  Protoplasma  ist  nur  insofern  an  diesen  Bewegungen  beteihgt, 


Physiologie. 


295 


als  es  die  Organe  so  aufbaut,  daß  sie  bei  Schwankungen  des  Wassergehaltes 
nicht  einfache  Längonänderungen,  sondern  Krümmungen  erfahren. 

A.  Hygroskopische  Bewegungen. 

Bei  den  hygroskopischen  Bewegungen  kann  man  zwei  recht  verschiedene 
Fälle  unterscheiden.  Im  ersten  handelt  es  sich  darum,  daß  die  Zell  wände 
durch  Quellen  sich  verlängern  oder  durch  Schrumpfen  sich  verkürzen. 
Bewegungsapparate,  die  auf  diesem  Prinzip  beruhen,  nennt  man  Quellungs- 
mechanismeu(i°^). 

Die  Qucllung  der  Membranen  hängt  damit  zusammen,  daß  das  Imbi- 
bitionswasser  nicht  in  vorgebildete  Hohlräume  aufgenommen  wird,  wie  das 
bei  dem  Kapillar wasscr  eines  porösen  Körpers  (Schwamm,  Gips)  der  Fall 
ist,  sondern  daß  es  bei  seiner  Aufnahme  die  kleinsten  Teilchen  der  Zellhaut 
auseinander  drängt.  Umgekehrt  nähern  sich  diese  wieder,  wenn  das  Quellungs- 
wasser bei  der  Schrumpfung  verdunstet.  Wenn  nun  in  einem  Organ  auf  ver- 
schiedenen Seiten  verschieden  stark  quellbare  Schichten  abgelagert  sind, 
so  müssen  notwendig  mit  jeder  Anfeuchtung  und  mit  jedem  Wasserverlust 
Krümmungen  zustande  kommen.  Obwohl  es  sich  dabei  um  rein 
physikahsche  Erscheinungen  handelt,  so  können  diese  doch  eine 
große  Bedeutung  für  die  Pflanze  haben. 

Das  Aufspringen  und  Aufreißen  reifer  Samenbebälter  ist  die   Folge  un- 
gleicher Kontraktionen  beim  Austrocknen.     Hierbei  werden  oft  Spannungen  er- 
zeugt,   die   bei    plötzlicher   Überwindung    des    Hindernisses   die    Samen   weit 
fortschleudern    (Euphorbiaceen,   Geranium  u.  a.).     Man   nennt   dieses  Auf- 
springen beim  Austrocknen  Xerochasie.    Im  Gegensatz  dazu  findet  umgekehrt 
bei   manchen  Wüstenpflanzen  ein  Öffnen  der  Früchte  und   die  Ausstreuung  der 
Samen  bei  Befeuchtung  statt  (H  y  grochasie).     Das 
beste  Beispiel  hierfür  sind   die   Früchte  von   Mesem- 
bryanthemum     linguiforme      („Auferstehungssterne"). 
Ebenso  verhält  sich  die  „Jerichorose"  (Anastatica  hiero- 
chuntica).    Diese  zeichnet  sich  auch  noch  dadurch  aus, 
daß   die   in   frischem   Zustand    wie   ein   gewöhnliches 
niederliegendes  Kraut   erscheinende    Pflanze    im    Zu- 
stand der  Fruktifikation  beim  Austrocknen  durch  un- 
gleiche Längenveränderung  der  Ober-  und  Unterseite 
der  Aste  zu  einer  Kugel  sich  einkrümmt.    Bei  Wasser- 
aufnahme nimmt  die  Pflanze  ihre  ursprüngliche  Gestalt 
wieder  an  und  öffnet  ihre  Früchte;  die  Samen  werden 
also  nur  ausgestreut,   wenn  sie  Keimungsbedingungen 
finden.     An  Anastatica   schließen   sich    einige  andere 
Pflanzen  an,  die  zum  Teil  den  gleichen  Namen  „Jericho- 
rose" führen  (Odontospermum).  Einzelne  Früchte  führen 
beim  Wechsel  ihres  Wassergehaltes  nicht  nur  Krüm- 
mungen, sondern  auch  Torsionen  und  Windungen  aus, 
wie  besonders  die  Teilfrüchtchen  von  Erodium  gruinum 
(Fig.  276),  die  Früchte  von  Stipa  pennata  und  von  Avena 
sterilis.  Diese  Bewegungen  führen  dazu,  den  Samen  in 
die  Erde  zu  vergraben.    Liegt  eine  Erodiumfiucht 
von  der  Gestalt  der  Fig.  276.4  mit  beiden  Enden  dem 
Boden    auf,   so    macht    ihre   Spitze    bei    wechselndem 
Wassergehalt   der   Luft   eine   bohrende   Bewegung.     Die   an    ihr   befindlichen    schräg    ge- 
richteten Haare  wirken  dann   so,   daß   nur  ein  Eindringen   nach  unten  möglich  ist. 

Eine  wichtige  Rolle  fällt  den  Quellungskrümmungen  auch  bei  der  Entleerung 
der  Mooskapseln  zu:  an  diesen  sind  es  die  Zähne  des  Peristoms,  die  durch  ihre  Be- 
wegungen die  Kapselöffnung  hygroskopisch  verschließen  oder  öffnen.  Bei  den  Schachtel- 
halmen führt  die  in  Form  zweier  paralleler  Bänder  sich  ablösende  Außenwand  der  Sporen 
sehr  lebhafte  hygroskopische  Bewegungen  aus. 


Fig.  276.  Teilfrüchtchen  von  Ero- 
dium gruinum.  A  in  trockenem 
Zustande,  aufgerollt.  B  in  feuch- 
tem Zustande,  gerade  gestreckt. 
Nach  NoLL. 


296 


Jost: 


Um  die  Quellungsbewegungen  hervorzurufen,  ist  eine  direkte  Benetzung  nicht  not- 
wendig; die  Membranen  kondensieren  bei  wechselndem  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft 
wechselnde  Mengen  Wasser;  sie  sind  hygroskopisch.  Deshalb  benutzt  man  z.  B.  die 
Grannen  von  Erodium  zur  Messung  der  Luftfeuchtigkeit  in  Hygrometern  und  „Wetter- 
häuschen". 

Den  Quellungsmechanismen  werden  die  KoMsionsmechanismen(^i") 
gegenübergestellt.  Sie  unterscheiden  sich  von  jenen  dadurch,  daß  die  Zell- 
wände  während  der  Ausführung  der  Bewegung  mit  Wasser  imbibiert  bleiben. 
Bei  eintretendem  Wasserverlust  verkleinert  sich  hier  der  Innenraum  der 
Zelle.  Als  Beispiel  für  eine  solche  Krümmung  betrachten  wir  die  Bewegung 
des  Polypodiaceensporangiums  beim  Austrocknen.  Diese  Sporangien  sind 
gestielte,  bikonvexe  Körper,  die  innerhalb  einer  einschichtigen  Wand  die 
Sporen  enthalten.  Während  im  allgemeinen  die  Zellwände  dünn  sind,  um- 
gibt den  Rand  des  Sporangiums  etwa  in  der  Ausdehnung  eines  Halbkreises 
ein  sog.  Ring  (Annulus)  von  eigenartig  verdickten  Zellen  (Fig.  211R). 
o  o  Sie  haben  (Fig.  277,  2)  dünne 

Außenwände,  nach  innen  sich 
verdickende  Seitenwände  und 
dicke  Innenwände.  Trockener 
Luft  ausgesetzt,  verlieren  die 
Annuluszellen  allmählich  ihr 
Füllwasser.  Es  kommt  aber 
nicht  zu  einer  Loslösung  des 
wäßrigen  Inhaltes  von  der  Zell- 
wand und  auch  nicht  zu  einem 
Zerreißen  der  Flüssigkeit  in 
sich,  weil  die  Adhäsion  an  die 
Wand  und  die  Kohäsion  der 
Wassermoleküle  untereinander 
sehr  groß  ist,  mehr  als  300  At- 
mosphären beträgt.  Dagegen 
folgt  die  Zellwand  unter  Defor- 
mation dem  abnehmenden  Füll- 
wasser: unter  Einstülpung  der 
zarten  Außenmembranen  (Fig. 
277,  3)  nähern  sich  die  derben  seitlichen  Zellwände  einander  und  so  ent- 
stehen sehr  energische  einseitige  Verkürzungen  des  Kohäsionsgewebes,  die 
zur  Öffnung  des  Sporangiums  führen.  Dabei  bleibt  die  Mehrzahl  der  Sporen 
an  der  Sporangiumwand  haften.  Nun  aber  tritt  bei  fortgesetzter  Wasser- 
verdunstung der  Augenbhck  ein,  da  der  Wasserrest  dem  wachsenden  Zug  der 
gespannten  Membranen  nicht  mehr  Widerstand  zu  leisten  vermag.  Die  Flüssig- 
keit in  den  Annuluszellen  reißt  plötzlich  in  sich  selbst,  oder  sie  löst  sich  von 
der  Wand  los,  und  der  Annulus  springt  unter  Ausschleudern  der  Sporen  in 
seine  Anfangsstellung  zurück.  Er  stellt  also  eine  Wurfmaschine  dar,  welche 
die  Sporen  ziemlich  weit  ausstreut  und  ihnen  so  günstigere  Entwicklungs- 
bedingungen schafft,  als  wenn  alle  an  einer  Stelle  niederfielen. 

Kohäsionsmechanismen  sind  auch  bei  anderen  Sporangien  höherer  Kryp- 
togamen  sowie  in  der  Wandung  der  Staubbeutel  ausgebildet  und  bewirken 
deren  Öffnen.  —  Manche  hygroskopische  Krümmungen  kommen  durch  ge- 
meinsame Wirkung  von  Quellung  und  Kohäsion  zustande. 

B.  Krümmungsbewegungen  an  der  lebenstätigen  Pflanze. 

Wie  bei  der  lokomotorisch  tätigen,  so  treten  auch  an  der  festgewachsenen 
Pflanze   die   Bewegungserscheinungen  einesteils   schon  ein,   wenn    alle    all- 


Fig.  277.  /  Sporangium  von  Polypodium  falca- 
tum  nach  Campbell.    R  Ringzellen.    St  Stomium. 

2  Ringzellen   in   ursprünglichem   Zustand,   gerade. 

3  Nach  teilweiser  Verdunstung  des  Füllwassers  ^; 
die  oberen  Zellwände  o  eingestülpt,  die  unteren 
ti  in  ihrer  ursprünglichen  Länge.    2,  3  nach  Noll. 


Physiologie.  297 

gemeinen  Bedingungen  für  die  Lebenserscheinungen  gegeben  sind,  andernteils 
aber  erst  dann,  wenn  ein  bestimmter  Faktor  (Reiz)  sich  geltend  macht,  der 
entweder  nur  das  Maß  der  Krümmung  oder  auch  ihre  Richtung  bedingt.  Man 
nennt  die  Bewegungen,  die  ohne  solche  spezifische  äußere  Reize  erfolgen, 
autonome,  die  anderen  induzierte  oder  paratonische. 

1.  Autonome  Krümmungsbeweg:ungen. 

Wie  bemerkt,  genügt  ein  gewisses  Ausmaß  der  äußeren  Faktoren,  an 
die  das  Leben  gebunden  ist  (S.  185),  um  diese  Krümmungen  zu  ermöglichen. 
Überschreitung  ihres  Minimums  oder  ihres  Maximums  führt  zu  Starrezuständen, 
macht  die  Pflanze  bewegungslos.  So  kennen  wir  Kälte-,  Wärme-,  Dunkel-, 
Trockenstarre  usw.  Auch  chemische  Schädigungen  (Giftwirkungen)  führen 
zu  Starrezuständen. 

Eine  autonome  Bewegung  ist  auch  das  geradlinige  Wachstum  des 
Sprosses  und  der  Wurzel  mit  seiner  charakteristischen,  rein  aus  inneren  Ur- 
sachen entspringenden  großen  Periode.  Eine  ganze  Reihe  von  Wachstums- 
krümmungen (Nutationen)  schließt  sich  ihm  an;  ja,  man  kann  wohl 
sagen,  es  gibt  überhaupt  kaum  irgendwo  wirklich  geradliniges  Wachstum. 
Die  Spitzen  der  Organe  beschreiben  vielmehr  eine  außerordentlich  unregel- 
mäßige Kurve  im  Räume,  sie  führen  die  von  Darwin  entdeckten  ,,Zirkum- 
nutationen"  aus.  Sind  diese  Krümmungen  auch  gewöhnlich  so  unbedeutend, 
daß  man  sie  ohne  besondere  Hilfsmittel  nicht  wahrnehmen  kann,  so  fehlt 
es  doch  nicht  an  Organen,  die  sehr  auffallende  und  regelmäßig  verlaufende 
autonome   Wachstumskrümmungen  zeigen. 

So  ist  die  Entfaltung  der  meisten  Laub-  und  Blütenknospen  eine  Nutationsbewegung, 
die  durch  stärkeres  Wachstum  der  Oberseite  (Epinastie)  der  jugendlichen  Blätter  erfolgt. 
Besonders  auffällig  tritt  das  bei  den  in  der  Jugend  durch  verstärktes  Wachstum  der  Unter- 
seite (Hyponastie)  eingerollten  Blättern  der  Farne  und  mancher  Cycadeen  hervor.  Der 
Keimstengel  zahlreicher  Pflanzen  nimmt  bei  seinem  Austritt  aus  dem  Samen  häufig  eine 
scharfe  Krümmung  an,  die  ihm  beim  Durchbrechen  des  Bodens  zustatten  kommt,  und  eine 
ähnliche,  mit  dem  Zuwachs  der  Triebe  nach  vorn  weiterrückende  Nutationskrümmung 
zeigen  u.  a.  die  Sprosse  des  wilden  Weins  (Parthenocissus  quinquefolia). 

Besonders  auffällig  werden  die  Nutationsbewegungen,  wenn  das  Wachstum  nicht 
eine  Seite  bevorzugt,  sondern  abwechselnd  verschiedene  Seiten  fördert.  Sehr  schön  läßt 
sich  das  an  Blütenschäften  der  Küchenzwiebel  beobachten.  Diese  zuletzt  senkrecht  ge- 
stellten Sprosse  krümmen  sich  im  halb  erwachsenen  Zustande  oft  derart,  daß  der  Gipfel 
den  Boden  berührt.  Solche  Krümmungen  sind  aber  nicht  von  langer  Dauer,  der  Schaft 
streckt  sich  vielmehr  wieder  gerade,  um  bald  darauf  nach  einer  anderen  Seite  sich  zu 
beugen. 

Rückt  die  im  Wachstum  geförderte  Seite  in  bestimmter  Richtung  rings  um  den 
Stengel  herum,  so  wird  dieser  eine  gleichsinnige  kreisende  Bewegung  mit  seinem  Gipfel 
ausführen  (kreisende  oder  rotierende  Nutation).  Diese  Bewegungsform  tritt 
vornehmlich  ausgeprägt  bei  Ranken  und  Sprossen  von  Kletterpflanzen  auf  und  ermöglicht 
es  ihnen,  Stützen  in  ihrem  Bereiche  sicher  aufzufinden.  In  beiden  Fällen  wird  neuer- 
dings eine  wesentliche  Beteiligung  von  Geotropismus  und  Autotropismus  angenommen  und 
die  reine  Autonomie  der  Bewegung  bezweifelt. 

Neben  diesen  durch  Wachstum  bedingten  Nutationen  finden  sich  auch, 
aber  freihch  ungleich  seltener,  autonome  Variationsbewegungen  (S.  294); 
sie  sind  fast  ganz  auf  Laubblätter  beschränkt,  und  zwar  auf  solche,  die  an 
der  Basis  des  Stieles,  oder  auch  an  der  Basis  ihrer  weiteren  Auszwei gungen, 
Gelenkpolster  besitzen,  Sie  finden  sich  vor  allem  bei  Leguminosen  und 
Oxalideen,  doch  auch  bei  Marsilia,  und  zeichnen  sich  durch  einen  Bau  aus, 
der  ihrer  Funktion  sehr  zustatten  kommt. 

In  den  gewöhnlichen  Parenchymzellen  wird  die  Zellhaut  allmählich 
fast  ganz  entspannt;   deshalb  kontrahieren  sich  ausgewachsene   Zellen   bei 


298 


Jost: 


Plasmolyse  nicht  in  dem  Maße  wie  wachsende  Zellen  (vgl.  Fig.  237),  und 
sie  werden  umgekehrt  bei  einer  Steigerung  des  Binnendruckes  nur  wenig 
gedehnt,  weil  sie  derbwandig  sind.  In  einzelnen  Fällen  aber,  und  zu  diesen 
gehören  gerade  die  Parenchymzellen  der  Gelenkpolster,  bleibt  die  Zellhaut 
auch  im  ausgewachsenen  Zustande  durch  den  Turgordruck  ganz  beträcht- 
lich gedehnt.  Das  sieht  man  nicht  nur  bei  Ausführung  der  Plasmolyse,  sondern 
man  merkt  es  schon  an  der  bestehenden  lebhaften  Gewebespannung. 

Ein  solches  Gelenk  einer  Leguminose,  z.  ß.  der  Bohne,  zeigt  die  Leitbündel  und 
das  Sklerenchym,  die  im  Blattstiel  (Fig.  278,  /)  peripher  angeordnet  sind,  zu  einem 
zentralen,  leicht  biegsamen  Strange  vereinigt,  der  von  einer  mächtigen  Hülle  von  Parenchym 

umgeben  ist  (Fig.  278,  2  u.  3).  Wird 
aus  dem  durch  zwei  Querschnitte  iso- 
lierten Gelenk  eine  mittlere  Gewebe- 
schicht herausgespalten  (Fig.  278,  4), 
so  zeigt  sich  schon  an  der  Vorwölbung 
des  Rindenparenchyms,  oben  und  unten, 
die  starke  Spannung.  Längsspaltungen, 
wie  sie  in  Fig.  278,  5  angedeutet  sind, 
lassen  das  Expansionsbestreben  des 
Parenchyms  gegenüber  dem  Leitbündel 
auf  das  deutlichste  erkennen. 

Es  ist  nun  leicht  einzusehen, 
daß  eine  allseitige  Zunahme 
des  Turgordruckes  die  Spannung 
zwischen  Leitbündel  und  Paren- 
chym steigert,  somit  die  Festig- 
keit des  Gelenkes  erhöht.  Da- 
gegen wird  eine  einseitige  Zu- 
nahme des  Druckes,  oder  eine 
Abnahme  des  Turgordruckes  auf 
der  Gegenseite,  oder  endlich  das 
Eintreten  beider  Prozesse  zu- 
gleich eine  Verlängerung  der  einen, 
eine  Verkürzung  der  anderen  Seite 
herbeiführen,  wobei  sich  natürlich 
das  Gelenk  krümmt.  Das  Leit- 
bündel wird  dabei  ebenfalls  ge- 
bogen, es  erfährt  indes  keine  Veränderung  in  der  Länge.  Mit  der  Krüm- 
mung des  Gelenkes  ist  aber  eine  passive  Bewegung  des  ansitzenden  Blatt- 
teiles verbunden. 

Autonome  Variationsbewegungen  fehlen  wahrscheinlich  keinem  mit 
Gelenk  versehenen  Blatte;  auffälUge  Dimensionen  nehmen  sie  aber  nur  bei 
wenigen  Pflanzen  an. 

So  schwingen  z.  B.  die  kleinen  Seitenblättchen  von  Desmodium  gyrans  in  lang  ge- 
streckten Ellipsen  bald  gleichmäßig,  bald  mehr  ruckweise.  Bei  relativ  hoher  Temperatur 
(30—35")  wird  ihre  Bewegung  äußerst  lebhaft,  ein  Umgang  kann  in  einer  halben  Minute 
vollendet  werden.  Noch  lebhafter  schwingen  die  Blättchen  von  Oxalis  hedysaroides,  ihre 
Spitzen  können  einen  Weg  von  0,5  bis  1,5  cm  in  einer  oder  in  wenigen  Sekunden  zurück- 
legen. Während  die  autonomen  Bewegungen  beider  Pflanzen  vom  Licht  gar  nicht  be- 
einflußt erscheinen,  werden  diejenigen  von  Trifolium  pratense  am  Licht  fast  völlig  unter- 
drückt; im  Dunkeln  aber  macht  das  Endblatt  Schwingungen  von  oft  über  120  Bogengraden, 
die  sich  in  2— 4  stündigem  Rhythmus  wiederholen. 

2.  Paratonische  Bewegungen  (Reizbewegungen)  (i"). 
Bei  den  induzierten  oder  paratonischen  Bewegungen  wirkt  stets 
ein  äußerer  Faktor  als  Reiz,  der  die  Bewegung  auslöst.     Nur  durch  solche 


Fig.  278.  7  Querschnitt  durch  den  Blattstiel  der 
Buschbohne.  2  Desgl.  durch  das  Gelenk- 
polster. 3  Längsschnitt  durch  das  Gelenkpolster 
mit  Übergang  zum  Blattstiel.  4  Mittlere  Lamelle, 
in  Wasser  liegend.  5  Dieselbe  nach  Abtrennung 
der  Rinde  vom  Leitbündel.  4  und  5  nach  Sachs. 
Alles  schwach  vergrößert. 


Physiologie.  299 

Reizbewegungen  bringen  festgewachsene  Organismen  ihre  einzelnen  Organe 
in  diejenige  Stellung,  in  der  sie  ihre  Funktion  am  besten  ausüben  können. 
Wenn  die  Organe  einer  Keimpflanze  einfach  in  der  Kichtung  weiter  wüchsen, 
die  sie  bei  der  Ausstreuung  des  Samens  zufällig  einnehmen,  müßten  nicht 
selten  die  Wurzeln  in  die  Luft,  die  Stengel  in  die  Erde  gelangen. 

Licht,  Wärme,  Schwerkraft,  stoffliche  und  mechanische  Einflüsse  der 
verschiedensten  Art  geben  der  Pflanze  Mittel,  sich  in  der  Welt  zu  orientieren. 
Dabei  verhalten  sich  verschiedene  Organe  einer  Pflanze  oft  ganz  verschieden 
gegen  ein  und  dieselbe  äußere  Einwirkung.  Die  Stengel  z.  B.  wachsen  zum 
Licht  hin,  die  Wurzeln  vom  Licht  weg;  beide  wachsen  in  der  Richtung 
der  Strahlen  weiter;  die  Blätter  dagegen  stellen  sich  mit  ihren  Flächen  un- 
gefähr senkrecht  zu  den  einfallenden  Strahlen.  —  Aber  diese  Reaktions- 
weise ist  keine  ein  für  allemal  gegebene,  sondern  sie  kann  sich  weitgehend 
ändern.  Man  sagt  dann  wohl,  die  ,, Stimmung"  der  Pflanze  habe  sich  ge- 
ändert, und  konstatiert,  daß  solcher  Stimmungswechsel  teils  durch  innere 
Zustände,  teils  auch  durch  Außenfaktoren  bestimmt  wird. 

Als  Richtungsbewegungen  oder  Tropismen  werden  wir  diejenigen 
Bewegungen  zusammenfassen,  die  eine  bestimmte  Lage  zu  der  Richtung  des 
wirkenden  Reizes  herbeiführen.  —  Die  übrigen  Krümmungsbewegungen 
nennen  wir  Nastien;  es  sind  durchweg  Bewegungen,  die  zu  einer  bestimmten 
Lage  in  Beziehung  auf  die  Pflanze,  nicht  in  Beziehung  auf  die  Richtung 
des  Reizmittels  führen. 

a)  Tropismen. 

Bei  den  Richtungsbewegungen  hat  man  orthotrope  (parallelotrope)  und 
plagiotrope  Organe  zu  unterscheiden.  Erstcre  stellen  sich  in  die  Richtung 
des  Reizes,  indem  sie  sich  der  Reizquelle  nähern  (positive  Reaktion)  oder 
sich  von  ihr  entfernen  (negative  Reaktion).  Die  plagiotropen  Organe  stellen 
sich  senkrecht  oder  scliief  zur  Richtung  des  Reizes.  Die  Reaktionsweise  eines 
bestimmten  Organs  kann  durch  äußere  und  innere  Einflüsse  eine  Änderung 
erfahren.  Je  nach  dem  wirksamen  Reiz  werden  diese  Richtungsbewegungen 
als  geo tropische,  phototropische  usw.  bezeichnet. 

Die  Tropismen  der  festgewachsenen  Pflanzen  entsprechen  den  Taxien  der  frei- 
beweglichen. Ihre  Bedeutung  liegt  wie  dort  in  dem  Aufsuchen  günstiger  Lebens- 
bedingungen. Die  wirksamen  Reize,  die  positive  bzw.  negative  Reaktionsweise  sowie  der 
Wechsel  zwischen  beiden  sind  vollkommen  analog  den  bei  den  Taxien  geschilderten  Er- 
scheinungen. 

1.  Geotropismus(ii2-)_ 

Es  ist  eine  Erfahrungstatsache,  daß  die  Stämme  eines  Tannenwaldes 
exakt  lotrecht  und  demnach  untereinander  parallel  stehen;  die  Äste  und 
Blätter  solcher  Bäume  aber  nehmen  andere  Lagen  ein.  Betrachten  wir  statt 
eines  Baumes  die  Keimpflanze  von  Zea,  so  finden  wir,  zunächst  wenigstens, 
ausschließhch  Organe,  die  sich  in  die  Lotlinie  einstellen.  Zuglf^ich  aber  be- 
merken wir  hier  leichter  als  an  einem  Baume  das  total  verschiedene  Ver- 
halten der  Wurzel  und  des  Sprosses.  Bside  stehen  in  der  Lotlinie,  aber  der 
Sproß  verlängert  sich  in  ihr  aufwärts,  die  Wurzel  abwärts.  Bringen  wir  die 
Keimpflanze  aus  dieser  ihrer  natürlichen  Lage  heraus,  legen  wir  sie  z.  B. 
horizontal,  so  sehen  wir  in  beiden  Organen  eine  Krümmung  eintreten;  die 
Wurzel  krümmt  sich  abwärts,  der  Keimsproß  aber  aufwärtr.  Da  diese  Krüm- 
mungen nicht  an  der  Stelle  ausgeführt  werden,  wo  Sproß  und  Wurzel  zu- 
sammenstoßen, vielmehr  in  der  Nähe  der  Spitze  beider  Organe,  so  bleibt 
ein  je  nach  Umständen  verschieden  großes  Stück  der  Achse  horizontal  ge- 
richtet, und  nur  die  beiden  Enden  werden  durch  die  Kilimmung  in  die  natür- 


300  Jos*  = 

liehe  Lage  zurückgebracht,  in  der  dann  auch  der  weitere  Zuwachs  erfolgt. 
Daß  die  Schwerkraft  es  ist,  die  diesen  aufrechten  Wuchs  der  Hauptachse 
und  der  Hauptwurzel  bedingt,  das  ergibt  eigentlich  schon  die  direkte  Beob- 
achtung, die  zeigt,  daß  diese  Organe  auf  unserer  ganzen  Erdkugel  in  der  gleichen 
Weise  orientiert  sind,  eben  in  der  Richtung  der  Erdradien;  denn  außer  der 
Schwerkraft  kennen  wir  keine  überall  gegebene,  in  der  Radiusrichtung 
wirkende  Kraft.  Doch  nicht  auf  Grund  dieses  Gedankenganges,  sondern 
durch  die  Versuche  von  Knight  (1806)  hat  sich  in  unserer  Wissenschaft 
diese  Erkenntnis  Bahn  gebrochen.  Knights  Versuche  beruhen  auf  folgender 
Überlegung:  Offenbar  kann  die  Schwerkraft  nur  dann  die  Wurzel  zum  Ab- 
wärtswachsen, den  Stamm  zum  Aufwärts  wachsen  veranlassen,  wenn  der 
Same  in  Ruhe  und  in  derselben  relativen  Lage  zur  Richtung  der  Erdanziehung 
verbleibt;  deshalb  vermutet  Knight,  „daß  eine  solche  Beeinflussung  durch 
stetigen  und  schnellen  Wechsel  der  Lage  des  keimenden  Samens  aufgehoben 
werden  könne,  und  daß  man  ferner  in  der  Lage  wäre,  durch  das  Mittel  der 
Zentrifugalkraft  eine  Gegenwirkung  auszuüben". 

Er  befestigte  also  am  Rande  eines  Rades  eine  Anzahl  von  keimenden 
Samen  in  möglichst  verschiedenen  Lagen,  so  daß  die  austretenden  Wurzeln 
nach  außen,  nach  innen  und  zur  Seite  hervorwachsen  mußten,  und  ließ  dieses 
Rad  um  eine  horizontale  Achse  rotieren.  Da  er  aber  dem  Rade  eine  sehr 
ansehnliche  Geschwindigkeit  erteilte,  so  wurde  nicht  nur  die  einseitige  Wir- 
kung der  Schwerkraft  aufgehoben,  sondern  gleichzeitig  eine  recht  beträcht- 
liche Zentrifugalkraft  erzeugt,  die  nun  ihrerseits  die  Keimlinge  beeinflußte. 
Als  Resultat  ergab  der  Versuch,  daß  sämtliche  Wurzeln  radial  nach  außen, 
sämtliche  Sprosse  radial  nach  dem  Zentrum  des  Rades  wuchsen.  Die  Pflanze 
reagiert  also  auf  die  Zentrifugalkraft  gerade  so  wie  auf  die  Schwerkraft. 

Ein  anderes  Experiment,  das  ebenfalls  Knight  schon  ausgeführt  hat, 
läßt  Schwerkraft  und  Zentrifugalkraft  gleichzeitig,  aber  in  verschie- 
dener Richtung  auf  die  Keimlinge  einwirken.  Die  Pflanzen  werden  in 
Vertikalstellung  auf  einer  horizontalen  Scheibe  befestigt,  die  um  eine 
vertikale  Achse  rotiert,  und  wenn  nun  der  Abstand  der  Pflanzen  vom 
Zentrum  und  die  Rotationsgeschwindigkeit  so  gewählt  wird,  daß  der  me- 
chanische Effekt  von  Schwerkraft  und  Zentrifugalkraft  gleich  ist,  dann  wachsen 
die  Wurzeln  nach  außen  und  unter  45^  nach  unten,  die  Stengel  nach  innen 
und^'unter  dem  gleichen  Winkel  nach  oben;  wird  aber  die  Rotation  gesteigert, 
so  nehmen  die  Keimachsen  immer  mehr  eine  der  Horizontalen  sich  nähernde 
Lage  an.  Daraus  muß  man  schließen,  daß  die  senkrecht  nach  unten  wirkende 
Kraft  nicht  nur  in  ihrer  Richtung,  sondern  auch  in  ihrer  Größe  mit  der  Schwer- 
kraft übereinstimmt,  d.  h.  daß  sie  eben  wirklich  die  Schwerkraft  ist.  Die 
Pflanze  vermag  also  zwischen  Schwerkraft  und  Zentrifugalkraft  keinen  Unter- 
schied zu  machen.  Beide  Kräfte  aber  haben  das  miteinander  gemein,  daß  sie 
den  Körpern  eine  Massenbeschleunigung  erteilen.  Für  die  experimentelle  Er- 
forschung des  Geotropismus  ist  diese  Tatsache  von  größter  Bedeutung,  da 
man  nur  die  Zentrifugalkraft,  nicht  aber  die  Schwerkraft  in  ihrer  Intensität 
variieren  kann. 

Eine  sehr  wesentliche  Ergänzung  zu  den  KNiGHTSchen  Fundamental- 
versuchen  brachten  dann  erst  sehr  viel  später  (1874)  die  Experimente  von 
Sachs.  Wie  im  ersten  KNiGHTSchen  Versuche  wurden  auch  in  den  Versuchen 
von  Sachs  die  Pflanzen  an  der  horizontalen  Achse  gedreht,  aber  die  Ge- 
schwindigkeit der  Umdrehung  wurde  sehr  gering  gewählt,  so  daß  eine  Um- 
drehung in  10—20  Minuten  erfolgte.  Dabei  konnten  nennenswerte  Zentrifugal- 
kräfte nicht  entwickelt  werden;  da  aber  durch  die  fortwährende  Drehung 
jede  einseitige   Schwerewirkung  eliminiert  ist,  so   wachsen  Wurzeln  und 


Physiologie. 


301 


Sprosse  in  jeder  beliebigen  Richtung,  die  man  ihnen  zu  Anfang  gegeben  hat. 
Sachs  benutzte  zu  solchen  Versuchen  ein  Drehwerk,  das  er  Klinostat  ge- 
nannt hat. 

Die  Eigenschaft  der  Pflanze,  unter  dem 
Einfluß  der  Erdschwere  eine  bestimmte  Lage  ein- 
zunehmen, bezeichnet  man  als  Geotropismus. 
Es  hat  sich  gezeigt,  daß  es  nicht  nur  orthotrope 
Orgaue  gibt,  die  sich  in  die  Richtung  der  Schwer- 
kraft einstellen  und  dabei  positiv  geotropisch 
(nach  unten)  oder  negativ  geotropisch  (nach  oben) 
wachsen,  sondern  auch  plagiotrope,  die  eine  hori- 
zontale oder  schräge  Ruhelage  besitzen.  Die  Stel- 
lungen der  Seitenorgane  sind  also  gleichfalls  — 
wenn  auch  gewöhnlich  nicht  ausschließlich  —  von 
der  Schwerkraft  bedingt. 

Negativ  geotropisch  sind  alle  gerade 
lotrecht  nach  oben  wachsenden  Pflanzenteile, 
seien  es  Stengel,  Stämme,  Blätter  (von  Liliifloren), 
Blütenschäfte,  Blütenteile  oder  Wurzeln  (wie  die 
senkrecht  aus  dem  Schlamm  oder  der  Erde  auf- 
steigenden Atemwurzeln  von  Sonneratien  [Fig.  186, 
S.  143],  Palmen  u.  a.).  Werden  derlei  Organe  aus 
ihrer  aufrechten  Lage  herausgebracht,  dann  rich- 
ten sie  sich,  soweit  sie  noch  wachs- 
tumsfähig sind,  wieder  auf.  Die  Krümmung 
erfolgt  durch  das  gesteigerte  Wachstum  der 
erdwärts  gelichteten  Flanke  und  das  ver- 
minderte Wachstum  der  Gegenseite;  die 
FolgeisteineAufrichtung  des  fortwachsenden  Endes. 

Der  tatsächhche  Verlauf  der  geotropischen 
K  ümmung  eines  Stengels  wird  durch  Fig.  279 
dargestellt;  sie  zeigt,  daß  dieser  Vorgang  ein  recht 
komplizierter  ist.  Eine  im  Halbdunkel  erwachsene 
Pflanze  wird  in  Nr.  1  horizontal  gelegt.  Ihr  Wachs- 
tum ist  dicht  hinter  den  Keimblättern  am  leb- 
haftesten; deshalb  tritt  an  dieser  Stelle  die  erste 
geotropische  Krümmung  auf  (Nr.  2,  3).  Allmähhch 
greift  dann  die  Krümmung  immer  weiter  basal  um 
sich,  geht  also  immer  mehr  auf  die  langsamer 
wachsenden  Teile  über.  An  der  Grenze  der  Wachs- 
tumszone macht  sie  dann  halt.  Durch  die  Krüm- 
mung der  Basalstücke  werden  (Nr.  7,  8)  die  Apikai- 
stücke über  die  VertikaUinie  hinausgeführt,  es 
tritt  eine  ,, Überkrümmung"  ein.  Eine  solche  muß 
sich  aber  auch  schon  deshalb  ergeben,  weil  jede  geo- 
tropische Reizung  nicht  mit  dem  Moment  des  Ein- 
rückens  in  die  Ruhelage  aufhört,  sondern  noch  lange 
nachwirkt.  -»-  Die  Überkriimmung  muß  aber  aus 
einem  doppelten  Grunde  wieder  verschwinden 
(Nr.  13—16).  Einmal  muß  in  dem  übergekrümmten 
Teil  eine  neue,  der  bisherigen  entgegengesetzte 
geotropische  Krümmung  ausgelöst  werden;  außerdem  aber  kombiniert  sich 
mit  dieser  ein  Bestreben,  das  man  Autotropismus  nennt  (S.  315). 


Fig.  279.  Verlauf  einer 
geotropischen  Bewe- 
gung.    Die    Figuren    / — 16 

bezeichnen  aufeinander- 
folgende Stadien  der  geo- 
tropischen Krümmung  einer 
im  Halbdunkel  erwachsenen 
Keimpflanze.  Diese  bei  / 
horizontal  gelegt,  bei  /<?  wieder 
völlig  aufgerichtet.  Für  die 
Zwischenstadien  vgl.  den  Text. 
Schematisiert.      Nach    NoLL. 


302 


Jost: 


0  1  s  -3 


In  einzelnen  Fällen  sind  negativ  geotropische  Krümmungen  auch  an  „ausgewach- 
senen" ("'*)  Sprossen  möglich,  d.  h.  an  solchen,  die  ohne  einen  geotropischen  Reiz  kein 
Längenwachstum  mehr  zeigen.  So  wird  an  verholzten  Zweigen  und  Stämmen,  die  aus  der 
Ruhelage  gekommen  sind,  durch  einen  geotropischen  Reiz  das  Kambium  der  Unterseite 
zu  einem  Längenwachstum  veranlaßt,  das  dann  zu  einer  Aufrichtung  des  Organs  führt. 
Diese  erfolgt  um  so  langsamer  und  unvollkommener,  je  größer  der  Widerstand  des  passiv 
zu  krümmenden  Teils  ist.  Auch  die  sog.  Knoten  der  Grashalme,  die  in  Wirklichkeit  Blatt- 
polster (Fig.  138)  sind,  werden  durch  geotropischen  Reiz  zu  neuem  Wachstum  angeregt.  Erfolgt 
dieser  Reiz  allseitig,  dreht  man  also  den  Grasknoten  um  seine  horizontal  gelegte  Längs- 
achse auf  dem  Klinostaten,  so  fangen  alle  Parenchymzeilen  gleichmäßig  an,  sich  zu  ver- 
längern; wird  aber  der  Knoten  einfach  horizontal  gelegt,  so  beschränkt  sich  das  Wachstum 
auf  die  Unterseite,  während  die  Oberseite  passiv  komprimiert  wird  (Fig.  280).  Durch 
solche  Krümmungen  in  einem  oder  in  mehreren  Knoten  werden  die  durch  Wind  oder 
Regen  gelagerten  Grashalme  wieder  aufgerichtet. 

Positiver  Geotropismus  wird  vornehmlich  bei  Pfahlwurzeln,  vielen 
Luftwurzeln  und  den  Keimsprossen  mancher  Lihaceen  sowie  den  Rhizomen 
von  Yucca  beobachtet.  Diese  Organe  erreichen 
die  senkrechte  Richtung  nach  abwärts  aus  jeder 
anderen  Stellung  und  behalten  sie  dauernd  bei. 
Die  positiv-geotropischen  Bewegungen  werden 
ebenso  wie  die  ncgativ-geotropi  sehen  durch  aktives 
Wachstum  ausgeführt.  Die  Wurzel  sinkt  also 
nicht  etwa   dem   Gewichte    ihrer  Spitze    folgend 

passiv    in    den    Boden, 

sondern  sie  vermag  einen 

das  eigene  Gewicht  weit 

übertreffenden      Gegen- 
druck   zu    überwinden, 

kann  also  z.   B.  in  das 

spezifisch  viel  schwerere 

Quecksilber    eindringen. 

Bei  der  Krümmung  wird 

das  Wachstum   auf  der 

Oberseite  gefördert,   auf 

der  Unterseite  gemindert, 

während   die   Mittellinie 

mit   unveränderter    Ge- 
schwindigkeit weiter 

wächst  (113a).     Fig.    281 

stellt  den  Verlauf  der  geo- 
tropischen Ej-ümmung  an 

der  Wurzel  dar, 

Plagiogeotropisch  sind  viele  Seitenzweige  und  Seitenwurzeln  erster  Ordnung. 
Diese  Organe  sind  in  der  Ruhelage,  wenn  ihre  Ijängsachse  einen  bestimmten 
Winkel  mit  der  Lotrichtung  bildet.  Sehr  häufig  wird  übrigens  die  natürliche 
schiefe  Stellung  von  Pflanzenteilen  nicht  durch  Geotropismus  allein  bewirkt.  —  Ein  be- 
sonderer Fall  von  Plagiogeotropismus  liegt  in  der  horizontalen  Ruhelage  von  Organen 
vor.  Es  sind  besonders  Rhizome  und  Stolonen,  die  solchen  Transversalgeotropismus 
(Diageotropismus)  zeigen  und  die  aus  jeder  anderen  Stellung  mit  der  fortwachsenden 
Spitze  immer  wieder  in  die  wagerechte  Richtung  zurückkehren,  vorausgesetzt,  daß  sie 
sich  in  der  richtigen  Tiefenlage  befinden.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so  wird  zunächst  durch 
aufwärts  oder  abwärts  gerichtete  Bewegungen  diese  erstrebt,  und  dann  erst  folgt  horizontales 
Wachstum.  Seitenzweige  und  Seitenwurzeln  höherer  Ordnung  sind  oft  gar  nicht  geotropisch 
und  stehen  nach  allen  Seiten  vom  Mutterorgan  ab. 

Eine  besondere  Art  der  geotropischen  Orientierung  tritt  bei  dorsiventralen 
Organen  (Laubblättern,  zygomorphen  Blüten,  S.  62)  auf.    Alle  diese  Organe  bilden,  ebenso 


P'ig.  280.  Geotropische  Auf- 
richtung eines  Grasblatt- 
polsters. /  Der  vorher  auf- 
rechte Halm  horizontal  ge- 
legt. 2  Die  Unterseite  2c  des 
Polsters  stark  verlängert, 
die  Oberseite  o  un verlängert 
(sogar  etwas  verkürzt).  Die 
dadurch  bedingte  Krüm- 
mung hat  das  jüngere  Halm- 
stück um  etwa  75"  empor- 
gerichtet.    Nach  NoLL. 


Fig.  281.  Geotropische  Krüm- 
mung einer  Wurzel  (Keim- 
wurzel von  Vicia  Faba).  / 
Die  vorher  senkrecht  abwärts 
gewachsene  Wurzel  wagerecht 
gelegt  und  mit  Tuschemarken 
versehen.  //  Dieselbe  Wurzel 
nach  7  Stunden.  ///  Die- 
selbe Wurzel  nach  23  Stun- 
den, wieder  senkrecht  abwärts 
gerichtet.  Z  Ein  fester  In- 
dex.    Nach  Sachs. 


Physiologie. 


303 


wie  die  radiären  plagiotropen,  einen  bestimmten  Winkel  mit  der  Lotlinie,  sind  aber  nur 
dann  in  der  Ruhelage,  wenn  auch  die  Dorsalseite  nach  oben,  die  Ventral- 
seite nach  unten  schaut,  während  es  bei  radiären  Organen  nicht  darauf  ankommt, 
welche  Flanke  gerade  oben  liegt,  wenn  nur  die  Organ- Achse  die  richtige  Neigung 
hat.  Bei  der  Orientierung  dorsiventraler  Organe  reichen  dementsprechend  einfache  Krüm- 
mungen häufig  nicht  aus,  sondern  es  kommt  zu  Torsionen. 

Die  Drehung  der  Fruchtknoten  vieler  Orchideen,  der  Blüten  von  Lobeliaceen,  der 
Blattstiele  an  allen  hängenden  oder  schräg  gestellten  Zweigen,  wie  auch  die  Umdrehung 
der  Blätter  der  Alstroemerien  und  des  AUium  ursinum  sind  bekannte  Beispiele  für  regel- 
mäßig auftretende  Orientierungstorsionen. 

Unter  den  dorsiventralen  Organen  verdienen  die  mit  Gelenkpolstern  versehenen 
Laubblätter  wieder  besonders  hervorgehoben  zu  werden,  weil  sie  auch  im  ausgewachsenen 
Zustande  durch  geotropische  V  a  r  i  a  t  i  o  n  s  bewegungen  ihre  Lage  verändern  können. 

Die  Schlingpflanzen (11*).  Die  Schlingpflanzen,  die  in  den  verschieden- 
sten PflanzcnfamiHen  auftreten,  besitzen  Sprosse,  die  sich  nicht  aus  eigener 
Kraft  zu  halten  vermögen,  aber  dennoch  aufwärts  wachsen.  Die  Stengel 
und  Stämme  anderer  Pflanzen,  die  sich 
mit  Aufwand  großer  Mengen  von  assimi- 
herter  Substanz  (Holz,  Sklerenchym)  zu 
aufrechtem  Wuchs  gefestigt  haben,  werden 
von  den  Schlingpflanzen  benatzt,  um  an 
ihnen  die  eigenen  Assimilationsorgane  in 
freier  Luft  und  in  vollem  Licht  auszubreiten. 
Die  Ausnutzung  fremder  Assimilations- 
gerüste haben  die  Schlingpflanzen  mit 
anderen  Kletterpflanzen,  wie  den  Ranken- 
pflanzen und  Wurzelkletterern,  gemein. 
Sie  erreichen  ihr  Ziel  aber  nicht  durch 
die  Ausbildung  seitlicher  Haftorgane,  son- 
dern durch  schlangenartiges  Winden  ihrer 
Hauptachsen  an  den  Stützen  hinauf.  Die 
ersten  aus  dem  Samen  oder  aus  unter- 
irdischen Reservestoffbehältern  sich  ent- 
wickelnden Stengelglieder  der  Schling- 
pflanzen stehen  in  der  Regel  noch  aufrecht. 
Bei  weiterem  Wachstum  krümmt  sich  das 
freie  Ende  aber  aktiv  seitwärts  über  und 
nimmt  eine  mehr  oder  weniger  schräge  oder 
wagrechte  Stellung  an.  Zugleich  beginnt 
der  so  geneigte  Gipfel  wie  ein  Uhrzeiger 
sich  im  Kreise  zu  drehen,  vgl.  S.  297. 
Diese  Bewegung  dauert  von  dem  Moment 
ihres  Entstehens  an  so  lange,  als  der  be- 
treffende Sproß  im  Wachstum  verbleibt, 
und  sie  behält  in  der  Regel  eine  bestimmte 
Richtung  dauernd  bei;  bei  der  Mehrzahl  der 
Windepflanzen  erfolgt  die  kreisende  Bewe- 
gung, von  oben  her  gesehen,  in  der  Rich- 
tung entgegengesetzt  der  Uhrzeigerbewegung  (nach  links,  wie  man 
gewöhnlich  zu  sagen  pflegt);  in  der  Richtung  des  Uhrzeigers,  also  nach 
rechts,  kreist  z.  B.  der  Hopfen  und  das  Geisblatt;  verschiedene  Winderich- 
tung bei  verschiedenen  Individuen  und  selbst  Wechsel  der  Richtung  beim 
Einzehndividuumhat  man  7.  B.  bei  Polygonum  Convolvulus  undLoasa  lateritia 
beobachtet.    Die  linkskreisenden  Pflanzen  winden  auch  hnks  (Fig.  2827), 


/  // 

Fig.    282.     /  Linkswindender    Sproß 

von    Pharbitis.      //  Rechtswindender 

Sproß  von  Myrsiphyllum  asparagoides. 

Nach  NoLL. 


304  Jost: 

d.  h.  die  „Wendeltreppe",  die  sie  bilden,  steigt  (von  außen  gesehen)  von 
links  unten  nach  rechts  oben,  von  oben  gesehen  entgegen  dem  Uhrzeiger;  die 
rechtskreisenden  Pflanzen  winden  auch  rechts  (Fig.  282//).  Es  be- 
steht also  eine  enge  Beziehung  zwischen  kreisender  Bewegung  und  Winden. 
Mit  dem  Beginn  der  kreisenden  Bewegung  ist  noch  nicht  ohne  weiteres 
eine  Windebewegung  gegeben;  diese  beginnt  erst  dann,  wenn  wir  dem  Sproß 
eine  mehr  oder  minder  lotrechte,  nicht  zu  dicke  Stütze  bieten.  Eine  solche  wird 
dann  in  lockeren  und  anfangs  sehr  flachen  Schraubenlinien  umwunden,  die 
sich  erst  allmähUch  steiler  aufrichten.  Die  Aufrichtung  erfolgt  durch  negativen 
Geotropismus  und  geht  bei  nachträglicher  Entfernung  der  Stütze  —  unter 
sonst  geeigneten  Umständen  —  in  eine  völlige  Geradestreckung  der  Schrauben- 
wiudung  über,  wobei  der  Stengel  dann  gedreht  erscheint;  wird  die  Stütze  nicht 
entfernt,  so  tritt  nur  ein  Engerwerden  der  Windungen  und  demnach  ein  Druck 
auf  die  Stütze  ein.  Durch  kreisende  Bewegung  und  negativen  Geotropismus 
kommt  also  die  Windebewegung  zustande.  Die  Stütze  spielt  insofern  eine. 
Rolle,  als  sie  die  sonst  unvermeidliche  Geradestreckung  unmöglich  macht. 
Sie  muß  mehr  oder  minder  lotrecht  stehen,  weil  sie  sonst  von  dem  überhängen- 
den Gipfel  gar  nicht  dauernd  erfaßt  werden  kann. 

Erleichtert  wird  das  Winden  noch  dadurch,  daß  die  Sprosse  der  Windepflanzen 
zuerst  die  Internodien  stark  strecken  und  ihre  Blätter  unentwickelt  lassen.  Sie  ähneln 
hierin  den  etiolierten  Pflanzen,  und  sie  erreichen  durch  die  späte  Entfaltung  der  Blätter 
das  regelmäßige  Kreisen  des  Gipfels,  das  andernfalls  durch  Anstoßen  von  Blättern  an 
die  Stütze  unmöglich  gemacht  würde.  Der  feste  Halt  an  der  Stütze  wird  vielfach  durch 
Rauheit  der  Stengeloberfläche,  durch  Haare,  Borsten,  Riefen  noch  erhöht.  Auch  Torsionen, 
auf  deren  Ursache   hier   nicht   eingegangen   werden  kann,    wirken   oft  im  gleichen  Sinne. 

Änderung  der  geotropischen  Ruhelage.  Die  Ruhelage,  die  ein  Organ 
nach  einer  bestimmten  geotropischen  Reizung  einnimmt,  ist  nicht  ein  für 
allemal  gegeben;  vielmehr  ändert  sie  sich  durch  innere  und  äußere  Einflüsse. 
Man  spricht  von  einer  ,,Umstimmung"  der  geotropischen  Reizbarkeit. 
Eine  gewisse  ,, Stimmung"  der  Pflanze  betrachtet  man  demnach  als  die  nor- 
male, und  die  bei  ihr  erfolgenden  Reaktionen  haben  zur  Einteilung  in  ortho- 
trope  und  plagiotrope,  in  positiv  und  negativ  geotropische  Organe  geführt. 

Von  den  äußeren  Faktoren,  die  Einfluß  auf  die  geotropische  Stimmung 
haben,  nennen  wir  hier  Licht  und  Temperatur,  die  Zentrifugalkraft,  den  Sauer- 
stoff; von  inneren  die  Entwicklungsphase,  in  der  sich  ein  Organ  befindet. 

Die  Veränderung  der  geotropischen  Reaktion  durch  die  Beleuchtung  hat  eine  große 
Bedeutung  für  die  Tiefenlage  der  Rhizome.  Wenn  ein  Rhizom  von  Adoxa,  etwa  an  einem 
Abhang  wachsend,  mit  der  Spitze  ins  Licht  gerät,  geht  sein  bisheriger  Transversalgeo- 
tropismus sofort  in  positiven  Geotropismus  über,  der  das  Rhizom  wieder  in  den  Erdboden 
führt.  Indessen  genügt  offenbar  auch  der  Lichteinfluß  auf  den  oberirdischen  Sproß- 
teil oft  schon,  um  ein  unterirdisches  Rhizom  zu  dirigieren.  Wird  das  Rhizom  von  Poly- 
gonatum  zu  hoch  im  Boden  eingepflanzt,  doch  immer  noch  so,  daß  es  ganz  von  Erde  be- 
deckt und  verdunkelt  ist,  so  wendet  sich  der  Neuzuwachs  schräg  nach  unten;  wird  es  aber 
zu  tief  gesetzt,  so  wendet  er  sich  nach  oben  (Fig.  283);  bei  richtiger  Tiefenlage  verhält 
er  sich  dagegen  transversal-geotropisch.  —  Auch  auf  den  Geotropismus  der  Seitenwurzeln 
wirkt  das  Licht  sehr  stark  ein:  bei  Beleuchtung  nähern  sich  die  Seitenwurzeln  erster 
Ordnung  viel  mehr  der  orthotropen  Ruhelage  als  im  Dunkeln. 

Eine  Wirkung  der  Temperatur  läßt  sich  an  den  Stengeln  mancher  Frühjahrspflanzen 
beobachten.  Bei  Temperaturen  in  der  Nähe  von  0"  legen  sich  diese  vielfach  dem  Boden 
an,  um  sich  erst  bei  höherer  Temperatur  orthotrop  aufzurichten.  —  Durch  Sauerstoff- 
mangel werden  manche  Wurzeln  und  Rhizome  negativ  geotropisch  und  gelangen  so  in 
Regionen,  wo  ihnen  mehr  Sauerstoff  zur  Verfügung  steht. 

Umstimmungen  durch  innere  Ursachen  sehen  wir  z.  B  an  Rhizomen,  die  in  einem 
gewissen  Entwicklungsstadium  ihre  diageotrope  Lage  aufgeben  und  orthotrop  werden,  oder 
an  Blütenstielen,  die  nach  der  Befruchtung  positiv  geotropisch  werden  ("®).  So  werden 
die    Früchte   von    Trifolium    subterraneum    und   von  Arachis  hypogaea   in    die   Erde    ein- 


Physiologie. 


305 


gegraben.  —  Auch   am    windenden  Stengel  haben  wir  eine   Umstimmung   kennen  gelernt; 
er  windet  in  der  Jugend  noch  nicht. 

Geotropismus  als  Reizerscheinung.  Der  Entdecker  des  Geotropismus, 
Knight,  suchte  die  geotropischen  Bewegungen  in  rein  mechanischer  Weise 
zu  erklären,  was  insbesondere  für  die  positiv  geotropischen  Organe  nicht 
schwierig  erschien.  Er  stellte  sich  vor,  daß  diese  einfach  dem  Zug  der  Schwere 
folgend  in  ihre  Ruhelage  gelangen.  Später  hat  noch  Hofmeister  ähnliche 
Ansichten  vertreten.  Die  richtige  Auffassung,  daß  wir  es  mit  komplizierten 
Reizbewegungen  zu  tun  haben,  bei  denen  die  Erdschwere  nur  die  Rolle  des 
auslösenden  Faktors  spielt,  verdankt  man  vor  allem  Dutrochet.  Frank 
und  Sachs.  Schon  die  einzige  Tatsache,  daß  die  Wurzel  auch  gegen  den  Wider- 
stand von  Quecksilber  eine  geotropische  Krümmung  auszuführen  vermag, 
hätte  genügen  müssen,  um  jede  rein  mechanische  Auffassung  zu  widerlegen. 


Fig.  283.  Rhizome  von  Polygonaluni.  Nach  Raunkiaer.  Die  gestrichelte  Linie  stellt 
die  Erdoberfläche  vor.  Die  Blütenstengel  sind  abgeschnitten.  Rhizom  /  war  zu  hoch 
eingepflanzt;  seine  Verlängerung  geht  abwärts  (nur  die  Endknospe,  aus  der  sich  wieder 
ein  Blütenstengel  bildet,  ist  aufwärts  gerichtet).  Rhizom  2  war  aufrecht  und  zu  tief  ein- 
gepflanzt; sein  Zuwachs  geht  schräg  nach  oben.i 


Erst  in  neuerer  Zeit  hat  man  den  Versuch  gemacht,  zu  ergründen, 
welches  die  primäre  Wirkung  der  Schwerkraft  in  der  Pflanze  ist(^^^).  Es 
kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  es  sich  da  um  eine  Druckwirkung 
handeln  muß.  Die  Ersetzbarkeit  der  Schwerkraft  durch  Zentrifugalkraft 
spricht  schon  dafür.  —  Weiter  aber  zeigt  sich,  daß  dieser  Druck  bei  ortho- 
tropen  Organen  nur  so  weit  zur  Geltung  kommt,  als  er  senkrecht  zur  Längs- 
achse steht;  schief  angreifende  Schwerkraft  wirkt  also  nur  im  Verhältnis 
ihrer  senkrechten  Komponente.  (,,Sinusgesetz",  weil  die  Größe  dieser 
Komponente  durch  den  Sinus  des  Einfallwinkels  bestimmt  wird.)  Zwei  unter 
einem  Winkel  angreifende  Kräfte  (Schwerkraft  und  Zentrifugalkraft)  treten 
nach  dem  Parallelogramm  der  Kräfte  zu  einer  Resultante  zusammen  (Resul- 
tantengesetz). —  Endreh  wissen  wir,  daß  der  Druck  durchaus  im  Innern 
der  Zellen  wirken  muß  und  in  keiner  Weise  ersetzbar  ist  durch  von  außen 
kommende  Wirkungen. 

F.  NoLL  hat  zuerst  die  Vorstellung  entwickelt,  daß  irgendwelche  Zellteile,  die 
spezifisch  schwerer  sein  müssen  als  das  sie  umgebende  sensible  Plasma,  unter  dem  Ein- 
fluß der  Schwerkraft  einen  einseitigen  Druck  auf  dieses  ausüben,  worauf  dann  das  Plasma 
die  Wachstumsvorgänge  im  Sinne  der  Schwererichtung  lenkt.  Nemkc  und  Haberlandt 
haben  dann  die  Vermutung  ausgesprochen,  daß  solche  spezifisch  schwereren  Körperchen 
(„Slatolithen")  in  gewissen  Stärkekörnern  zu  suchen  seien,  die  relativ  rasche  Fall- 
bewegungen in  der  Zelle  auszuführen  vermögen  und  sich  deshalb  immer  der  nach  unten 
Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.    16.  Aufl.  20 


306  J08t: 

schauenden  Zellwand  anlegen.  Sie  finden  diese  Stärkekörner  bei  den  Stengeln  in  der 
Stärkescheide  (S.  81),  bei  den  Wurzeln  in  den  Zellen  der  Haube.  Sie  nehmen  an,  daß 
nur  in  den  mit  solchen  Stärkekörnern  versehenen  Teilen  ein  Schwerereiz  direkt  von  Wirkung 
sei,  daß  er  aber  von  diesen  Punkten  aus  weiter  geleitet  werde.  In  der  Tat  hat  man  nach- 
gewiesen, daß  in  der  Wurzel  vorzugsweise  die  Spitze  den  Schwerereiz  aufnimmt.  Nach 
Versuchen  von  Stahl  und  Zoi.likofer  gelingt  es  in  manchen  Fällen,  die  Statolithenstärke 
zu  lösen  und  damit  auch  den  Geotropismus  zum  Verschwinden  zu  bringen,  während 
Wachstum  und  phototropische  Reaktionsbefähigung  fortdauern.  Damit  ist  gezeigt,  daß  die 
Stärkekörner  hier  für  die  Reizaufnahme  nötig  sind;  aber  freilich  die  leichte  Beweg- 
lichkeit dieser  Körner,  die  die  Hypothese  so  eindrucksvoll  gemacht  hat,  ist  nach  ge- 
wissen physiologischen  Erfahrungen  für  die  Reizperzeption  ganz  gleichgiiltig.  Auch  ist 
in  anderen  Fällen  (Moosrhizoiden)  nach  Verschwinden  der  Stärke  noch  Geoperzeption 
möglich.     Da  müssen  also,  wie  ja  auch  bei  Pilzen,  andere  Statolithen  tätig  sein. 

Im  allgemeinen  können  wir  auf  geotropische  Reizbarkeit  eines  Organs 
nur  aus  der  eintretenden  Ki'ümmung  schließen.  In  einzelnen  Fällen  aber 
läßt  sich  auch  ohne  solche  Reaktion  eine  geotropische  Rei.ibarkeit  erkennen. 
So  ist  z.  B.  bei  manchen  Graskeimlingen,  die  ein  wohl  ausgebildetes  Inter- 
nodium unterhalb  des  Scheidenblattes  besitzen  (Paniceen),  das  Scheiden- 
blatt  in  einem  gewissen  Moment  ausgewachsen  und  deshalb  nicht  mehr 
geotropisch  krümmungsfähig;  daß  es  aber  noch  geotropisch  reizbar  ist, 
erkennt  man  daraus,  daß  nach  einseitiger  Einwirkung  der  Schwerkraft  auf 
diese  Scheide  das  Internodium  sich  krümmt,  obwohl  es  selbst  nicht  geo- 
tropisch reizbar  ist.  Der  geotropische  Reiz  muß  ihm  also  von  der  Scheide 
her  zugeleitet  worden  sein.  Bei  anderen  Graskeimlingen  (Poaeoideen)  hat 
man  bemerkt,  daß  die  Spitze  des  Scheidenblattes  viel  stärker  geotropisch 
reizbar  ist  als  die  Zone  maximalen  Wachstums,  und  eine  ähnliche  Abnahme 
der  geotropischen  Sensibilität  von  der  Spitze  nach  der  Basis  zu  liegt  auch 
bei  Wurzeln  vor.  Man  kann  nun  mit  Hilfe  eines  besonderen  Apparats  bei 
solchen  Objekten  Spitze  und  Wachstumszone  durch  Fliehki'äfte  entgegen- 
gesetzt geotropisch  reizen  und  bemerkt  dann,  daß  die  Wachstumszone  sich 
im  Sinne  der  gereizten  Spitze  kiümmt.  Es  findet  also  eine  Reizleitung 
von  der  Spitze  basalwärts  statt,  und  der  geleitete  Reiz  überwindet  den  in 
der  Wachstumszone  direkt  induzierten  vollkommen.  —  Es  lassen  sich  also 
in  solchen  Fällen  deutlich  drei  Prozesse  trennen:  Reizaufnahme  (Perzeption), 
Reizleitung  und  Reizreaktion.  Ein  Organ  kann  perjipieren,  ohne  selbst  zu 
reagieren,  und  umgekehrt  kann  auch  ein  Organ,  das  selbst  nicht  perzipiert, 
geotropisch  reagieren.  Wir  haben  allen  Grund  anzunehmen,  daß  diese  drei 
Teile  des  Reizprozesses  auch  da  unterschieden  werden  müssen,  wo  sie  nicht 
so  scharf  sich  trennen  lassen. 

Wir  entnehmen  schon  diesen  Ausführungen,  daß  der  Grad  der  geo- 
tropischen Krümmung  und  die  Geschwindigkeit,  mit  der  sie  eintritt,  keines- 
wegs ein  Maßstab  für  die  Größe  der  Reizung  ist,  da  sie  weitgehend  von  der 
Wachstumsbefähigung  abhängen.  Die  Größe  der  geotropischen  Reizung  hängt 
zunächst  einmal  von  der  spezifischen  Empfindlichkeit  der  gereizten  Organe, 
außerdem  aber  auch  von  der  ,, Reizmenge"  ab,  die  es  getroffen  hat.  Die  Größe 
der  Reizung  eines  gegebenen  Organs  ist  direkt  der  ,, Reizmenge"  proportional. 
Unter  Reizmenge  aber  versteht  man  das  Produkt  aus  der  Intensität  des  Reizes 
und  der  Dauer  seiner  Einwirkung.  Es  ist  also  für  den  Erfolg  gleichgültig, 
ob  wir  eine  hohe  Fliehki-aft  für  kurze  Zeit  oder  eine  geringe  entsprechend 
längere  Zeit  einwirken  lassen. 

Diese  Gesetzmäßigkeit,  das  ,,Reizmengengesetz"(ii'),  das  enge  Be- 
ziehungen zu  den  früher  erwähnten  Gesetzmäßigkeiten,  dem  Sinusgesetz 
und  dem  Resultantengesetz  aufweist,  gilt  freilich  nur  innerhalb  gewisser 
Grenzen.     Es  hat  sich  gezeigt,  daß  ein  orthotropes  Organ,  horizontal  gelegt. 


Physiologie. 


807 


unter  konstanten  Außenbedingungen  nach  einer  ganz  bestimmten  Zeit  an- 
fängt, sich  zu  krümmen.  Die  Zeit,  die  vom  Beginn  der  Reizung  bis  zum  Be- 
ginn der  Reaktion  verstreicht,  nennt  man  die  Reaktionszeit.  Es  ist  aber 
zur  Erzielung  einer  geotropisclien  Reaktion  nicht  nötig,  ein  Organ  während 
der  ganzen  Reaktionszeit  zu  reizen.  Es  genügt  vielmehr  eine  sehr  viel  kürzere 
Zeit,  um  an  dem  weiterhin  senkrecht  gestellten  Organ  durch  Nachwirkung 
eine  geotropische  Krümmung  zu  erhalten.  Die  minimale  Reizzeit,  nach  der 
noch  eine  gerade  sichtbare  Krümmung  erfolgt,  nennt  man  ,, Präsentations- 
zeit". Nur  für  Reize,  die  solange  oder  etwas  länger  währen  als  die  Präsen- 
tationszeit, gilt  zunächst  einmal  das  Reizmengengesetz;  die  Präsentations- 
zeit ist  also  umgekehrt  proportional  der  Reizintensität.  Größere  Reizmengen 
haben  keine  entsprechende  Steigerung  der  geotropischen  Krümmung  zur 
Folge. 

Wie  andere  Eigenschaften  der  Pflanze  ist  auch  die  Reaktionszeit  und  die  Präsentations- 
zeit weitgehenden  Schwankungen  unterworfen,  so  daß  man  bei  statistischer  Untersuchung 
typische  Variationskurven  erhält.  Tröndle  fand  als  mittlere  Reaktionszeit  für  Hafer- 
sprosse 32  Min.,  für  Kressewurzeln  21  Min.  Einzelne  Haferkeime  reagierten  schon  nach 
weniger  als  14  Min.,  andere  erst  .nach  mehr  als  49  Min.  Bei  den  meisten  Pflanzen  sind 
die  Reaktionszeiten  aber  größer.  Die  Präsentationszeiten  sind  häufig  zu  2,  3  bis  10  und 
mehr  Min.  gefunden  worden. 

Reize  unter  Präsentationsdauer  bleiben  indes  nicht  wirkungslos.  Bei 
Wiederholung  summieren  sie  sich  und 
führen  sclüießhch  zu  einer  Krümmung, 
wenn  die  Summe  der  Einzelreize  die 
Präsentationszeit  erreicht,  und  wenn  die 
Pausen  zwischen  den  Einzelreizen  nicht 
zu  groß  waren.  Eine  untere  Grenze  für 
die  Dauer  des  Einzelreizes  konnte  bis 
jetzt  nicht  gefunden  werden. 

2.  Phototropismus 
[Heliotropismus]  (^^^). 
Phototropische  Krümmungen  kom- 
men bei  einseitigem  Lichteinfall  zu- 
stande. Man  beobachtet  sie  leicht  bei 
Pflanzen,  die  am  Waldrande  wachsen 
oder  die  im  Zimmer  gehalten  werden. 
Die  Stengel  der  im  Zimmer  aufgestellten 
Pflanzen  wachsen  nicht  wie  im  Freien 
bei  allseitiger  Beleuchtung  aufrecht,  son- 
dern sind  dem  nächsten  Fenster  zugeneigt ; 
sie  sind  orthotrop  und  positiv  photo- 
tropisch. Im  Gegensatz  zu  di  esen  Teilen 
findet  man  ihre  Blattflächen  senkrecht  zu 
den  einfallenden  Lichtstrahlen  gestellt, 
um  mögUchst  viel  Licht  aufzufangen; 
die  Blattflächen  sind  transversal  pho- 
totropisch (lichtfangend).  Weniger 
häufig  hat  man  Gelegenheit,  negativen 
Phototropismus,  also  ein  Wegwachsen 
von  der  Lichtquelle,  zu  sehen.  —  In 
Fig.  284  sind  die  verschiedenartigen  phototropischen  Krümmungen,  die  an 
einer  Wasserkultur  des  weißen  Senfes  bei  einseitiger  Beleuchtung  eintreten, 
dargestellt. 

20* 


Fig.  284.  Keimling  des  weißen  Senfs  in 
Wasserkultur,  ursprünglich  allseitig,  dann 
einseitig  beleuchtet.  Stengel  dem  Liebte 
zugekehrt,  die  Wurzel  abgewendet,  die 
Blattflächen  senkrecht  zum  Lichte  aus- 
gebreitet. A'/r  Korkplatte  (Schwimmer). 
Nach  NoLL. 


308 


Jost: 


Phototropismus  ist  im  Pflanzenreich  weit  verbreitet.  Am  häufigsten  kommt  der 
positive  Phototropismus  zur  Beobachtung,  er  bildet  die  Regel  bei  den  oberirdischen 
Vegetationsachsen.  Viel  seltener  zeigt  sich  der  negative  Phototropismus,  z.  B.  bei  Luft- 
wurzeln, zumal  Kletterwurzeln  (Ficus  stipulata,  Begonia  scandens  u.  a.),  beim  hypokotylen 
Stammglied  der  keimenden  Mistel,  bei  manchen,  aber  nicht  allen  Erdwurzeln  (Sinapis, 
Helianthus),  Ranken  (zumal  den  mit  Haftscheiben  versehenen),  am  Stengel  einzelner  Kletter- 
pflanzen. Haftwurzeln  und  Haftranken  von  Kletterpflanzen  haben,  wie  auch  die  Keim- 
wurzel der  Mistel,  von  ihrem  negativen  Phototropismus  den  Vorteil,  der  dunklen  Unter- 
lage zugeführt  zu  werden.  Wie  später  (S.  310)  zu  zeigen  sein  wird,  kann  die  photo- 
tropische Reaktionsweise  abgeändert  werden,  also  z.  B.  ein  sonst  positiv  reagierendes  Organ 
zu  negativen  Krümmungen  veranlaßt  werden. 

Zur  genaueren  Beobachtung  der  phototropischen  Erscheinungen  ist  es 
notwendig,  das  einseitig  einfallende  zerstreute  Tageslicht  durch  eine  enger 
begrenzte  Lichtquelle  zu  ersetzen.  Dann  zeigt  sich  vor  allem,  daß,  wie  bei 
den  topophototaktischen  Bewegungen,  die  Richtung  des  einfallenden  Lichtes 

maßgebend  ist  für  die  phototropische 
Ruhelage.  Jede  Änderung  der  Strah- 
lenrichtung hat  auch  eine  Stellungs- 
änderung der  phototropischen  Or- 
gane zur  Folge.  Das  Gipfelende 
mancher  positiv  phototropischen  Or- 
gane findet  man  völlig  in  der  Rich- 
tung der  Strahlen  eingestellt. 

Mit  welcher  Genauigkeit  dies  bei 
einzelnen  Pflanzen  geschieht,  zeigt  ein 
Versuch  mit  dem  kleinen  Pilze  Pilobolus 
crystallinus.  Seine  Sporangienträger  kom- 
men aus  feucht  gehaltenem  Pferde-  und 
Kuhmist  nach  kurzer  Zeit  zahlreich  hervor; 
sie  sind  positiv  phototropisch  und  richten 
alle  das  schwarze  Sporangium  der  Licht- 
quelle zu.  Zur  Zeit  der  Reife  wird  das 
Sporenköpfchen  mit  großer  Gewalt  gerade- 
aus fortgeschleudert.  Hat  man  nun  das 
Licht  nur  durch  ein  kleines  verglastes 
Rundfenster  seitlich  in  die  Versuchskammer 
einfallen  lassen,  so  findet  man  die  kleb- 
rigen Sporangien  alle  dicht  um  das  Zen- 
trum der  kleinen  Lichtscheibe  angeschossen, 
ein  Zeichen,  daß  die  Sporangienträger  genau  dorthin  gerichtet  waren  (Fig.  285). 

Es  ist  anzunehmen,  daß  bei  gleichzeitigem  Einfall  zweier  oder  mehrerer  Strahlen- 
büschel verschiedener  Richtung  und  Stärke  das  Resultantengesetz  gilt  (vgl.  S.  305). 

Die  positiv  phototropischen  Krümmungen  kommen  dadurch  zu- 
stande, daß  die  dem  Lichte  zugewandte  Seite  langsamer,  die  vom 
Lichte  abgewandte  Seite  dagegen  stärker  wächst  als  bei  all- 
seitiger Beleuchtung.  Beim  negativen  Phototropismus  besteht  die  um- 
gekehrte Wachstums  Verteilung.  Im  allgemeinen  treten  Krümmungen  nur 
in  der  Strecke  auf,  die  noch  im  Wachsen  begriffen  ist,  und  der 
Ort  des  lebhaftesten  Wachstums  pflegt  zugleich  derjenige  der 
schärfsten   Krümmungen  zu   sein. 

Der  Verlauf  der  phototropischen  Krümmung  entspricht  vollkommen  dem  der  geo- 
tropischen  (S.  301).  —  Man  hat  früher  versucht,  das  geförderte  Wachstum  der  Schatten- 
seite bei  positiver  phototropischer  Reaktion  durch  beginnendes  Etiolement,  das  gehemmte 
der  Lichtseite  durch  die  verzögernde  Wirkung  zu  erklären,  die  das  Licht  auch  auf  das 
geradlinige  Wachstum  der  Stengel  ausüben  sollte  (S.  251).  Diese  Vorstellung,  die  lange 
Zeit  verlassen  war,  ist  neuerdings  vor  allem  durch  Blaauw  ("^)  in  modifizierter  Form 
wieder  aufgenommen  worden.    Nach  ihm  sollen  die  Veränderungen  des  Längenwachstums, 


Fig.  285.  Pilobolus  crystallinus  {P),  seine 
Sporangien  nach  der  Lichtscheibe  abschießend. 
G  Glasscheibe,  ß  Blechschieber  mit  rundem 
Fenster  F.  M  Kulturkasten  mit  Pferdemist 
gefüllt.     Vgl.  den  Text.     Nach  Noll. 


Physiologie.  309 

die  man  nach  einer  Änderung  der  Beleuchtungsstärke  beobachtet,  wenn  sie  an  verschiedenen 
P'lanken  eines  orthotropen  Organs  ungleich  sind,  direkt  zu  einer  phototropischen  Krümmung 
führen.  Diese  Veränderungen  sind  nicht  bei  allen  Pflanzen  gleich  (vgl.  S.  252)  und  be- 
stehen bald  in  einer  primären  Wachstumsf  ör  d  er  ung,  bald  in  einer  Hemmung.  So 
sucht  Blaaüw,  indem  er  ferner  auch  die  verschiedene  Durchsichtigkeit  der  Organe  und 
die  Lichtbrechung  im  Innern  berücksichtigt,  die  bald  positive,  bald  negative  phototropische 
Reaktion  oder  auch  das  Ausbleiben  jeglichen  Phototropismus  verständlich  zu  machen.  Es 
muß  anerkannt  werden,  daß  in  neuerer  Zeit  immer  mehr  ein  weitgehender  Parallelismus 
zwischen  der  Lichtwachstumsreaktion  und  dem  Phototropismus  festgestellt  werden  konnte. 
Daneben  muß  aber  auch  heute  noch  betont  werden,  daß  manche  Lücken  in  der  Beweis- 
führung der  BLAAüWschen  Theorie  bestehen  und  daß  diese  bei  der  Übertragung  auf  andere 
Reizerscheinungen  (Geotropismus  und  noch  mehr  Haptotropismus)  großen  Schwierigkeiten 
begegnet. 

In  einzelnen  Fällen  hat  man  ('-")  auch  an  Organen,  deren  Längenwachstum  ab- 
geschlossen ist,  noch  phototropische  Krümmungen  festgestellt.  Dies  trifft  einmal  für  mehr- 
jährige Bäume  zu,  bei  denen  wahrscheinlich  das  Kambium  eine  große  Bedeutung  für  die 
beobachteten  Krümmungen  hat,  andererseits  finden  sie  sich  auch  an  Knoten,  wie  z.  B.  denen 
der  Gramineen  und  Commelinaceen,  wo  durch  Licht  allein  oder  nur  bei  gleichzeitiger 
Schwereeinwirkung  das  Längenwachstum  wieder  aufgenommen  wird. 

Hat  sich  ein  Organ  durch  eine  phototropische  Krümmung  in  die  Richtung 
des  Lichtes  eingestellt,  so  ist  es  auch  allseitig  gleich  stark  beleuchtet  und  be- 
findet sich  in  seiner  phototropischen  Ruhelage.  Sorgt  man,  ohne  den 
Lichteinfall  oder  die  Lichtintensität  zu  ändern,  dafür,  daß  die  Pflanze  durch 
ein  Uhrwerk  (Klinostat)  in  dauernde  Rotation  um  ihre  vertikale  Längsachse 
versetzt  wird,  so  heben  sich  die  auf  verschiedene  Seiten  orthotroper  Organe 
nacheinander  einwirkenden  phototropischen  Reize  auf;  es  bleiben  also  die 
phototropischen  Krümmungen  aus. 

Sachs  hat  seiner  Zeit  die  Vorstellung  entwickelt,  daß  beim  Phototropismus 
—  ähnhch  wie  beim  Geotropismus  die  Richtung  der  Schwerkraft  —  die  Licht- 
richtung maßgebend  sei.  Eine  große  Anzahl  von  Tatsachen  spricht  heute 
dafür,  daß  die  phototropische  Reizung  vielmehr  durch  ungleiche  Hellig- 
keit an  verschiedenen  Stellen  des  phototropisch-empfindlichen  Organs  zu- 
stande kommt  (121). 

Wenn  auch  in  einzelligen  Schläuchen  von  einer  bestimmten  Lichtrichtung  ge- 
sprochen werden  kann,  so  dürfte  das  doch  für  vielzellige  Gewebe,  mit  ungleich  brechendem 
Zellinhalt  und  reichlichen  lichtführenden  Interzellularen  bestimmt  nicht  möglich  sein.  Es 
lassen  sich  aber  auch  experimentell  Bedingungen  schaffen,  wo  zweifellos  die  phototropische 
Krümmung  nicht  in  der  Richtung  der  Strahlen  verläuft.  So  z.  B.  wenn  man  Avena- 
Koleophilen  halbseitig  von  oben  beleuchtet:  da  tritt  die  Krümmung  senkrecht  zu  der  Strahlen- 
richtung nach  der  beleuchteten  Seite  zu  auf;  oder  wenn  man  Avena-Koleophilen  von  innen- 
her  beleuchtet:  die  Krümmung  erfolgt  genau  in  entgegengesetzter  Richtung  wie  die  Strah- 
len; es  ist  also  gleichgültig,  ob  die  helle  Hälfte  der  Koleopile  das  Licht  von  außen  oder 
von  innen  erhält. 

Phototropische  Krümmungen  können  im  Licht  aller  Wellenlängen,  die  das 
sichtbare  Spektrum  bilden,  ausgeführt  werden.  Bei  gleicher  Energie  wirken  aber  die 
blauen  und  violetten  Strahlen  ungleich  stärker  phototropisch,  wie  sie  ja  auch  phototaktisch 
sich  wirksamer  erweisen. 

Der  Transversalphototropismus  findet  sich  bei  Blättern  und 
blattartigen  Assimilationsorganen  (wie  Farnprothallien,  dem  Thallus 
von  Lebermoosen,  Algen)  also  bei  dorsiventralen  Gebilden.  Bei  diesen  Or- 
ganen überwiegt  der  transversale  Phototropismus  alle  anderen  Bewegungs- 
reaktionen. Solche  Organe  stellen  sich  also  im  allgemeinen  senkrecht  zu  dem 
hellsten  diffusen  Licht,  das  sie  während  ihrer  Entwicklung  trifft;  bei  dieser 
Einstellung  führen  einfache  Krümmungen  meist  nicht  mehr  zum  Ziel,  es 
kommt  zu  Torsionen  der  Blätter  oder  der  Internodien. 


310  Jost: 

In  sehr  hellem,  direktem  Licht  kann  die  transversale  Stellung  der  Blattflächen  durch 
andere,  den  intensiven  Lichtstrahlen  ausweichende  Lagen  ersetzt  werden.  Es  hat  also  das 
Laubblatt  ähnlich  wie  die  Chlorophyllplatte  von  Mesocarpus  die  Fähigkeit,  eine  Profil- 
oder eine  Flächenstellung  einzunehmen  und  dadurch  die  Menge  des  einfallenden  Lichtes 
zu  regulieren.  Die  Blätter  unserer  Lactuca  Scariola  und  des  nordamerikanischen  Silphium 
laciniatum,  die  blattartigen  Sprosse  mancher  Kakteen,  stellen  sich  auf  sehr  sonnigem 
Standort  in  die  Meridianebene  ein  („Kompaßpflanzen"),  so  daß  nur  die  Morgen-  und  Abend- 
sonne  ihre  Fläche  trifft,    während   die  heißen  Strahlen   der  Mittagssonne  sie  nur  streifen. 

Eine  Reihe  von  Laubblättern  besitzt  an  der  Basis  des  Stieles  bzw.  auch  am 
Grunde  sekundärer  und  tertiärer  Ausgliederungen  Blattpolster  (Fig.  134,  278), 
die  Variationsbewegungen  auszuführen  vermögen.  Dadurch  sind  diese 
Blätter  in  den  Stand  gesetzt,  zeitlebens  ihre  Lage  zu  ändern  und  in  jedem 
Moment  die  Stellung  einzunehmen,  die  ihnen  den  optimalen  Lichtgenuß 
verschafft.  Sie  erreichen  also  nicht  eine  ,,fixe"  Lichtlage,  die  durch  das 
stärkste  während  ihrer  Entwicklung  einfallende  diffuse  Licht  bedingt  ist, 
sondern  sie  nehmen  bald  Flächen-,  bald  Profilstellung  zu  dem  gerade  herr- 
schenden Licht  ein. 

Stimmungswechsel(i22)^  Eij^  bestimmter  Pflanzenteil  reagiert  nicht 
immer  in  gleicher  Weise  auf  ein  und  denselben  Reiz;  vielmehr  kann  die  Re- 
aktionsweise durch  das  Alter  oder  durch  äußere  Einflüsse  geändert  werden. 
Man  spricht  in  diesem  Sinn  auch  hier  von  einer  ,, Stimmung"  und  einer  „Um- 
stimmung"  der  Pflanze. 

So  sind  die  Blütenstiele  der  Linaria  Cymbalaria  zunächst  positiv  phototropisch;  nach 
der  Bestäubung  werden  sie  aber  bei  gleichzeitiger  starker  Verlängerung  (S.  244)  negativ 
phototropisch  und  führen  die  jungen  Samenkapseln  zur  Aussaat  in  Mauer-  und  Gesteins- 
spalten ein. 

Von  umstimmenden  Außenfaktoren  ist  vor  allen  Dingen  die  Lichtmenge 
selbst  zu  nennen.  Kleine  einseitig  auf  Avena  einfallende  Lichtmengen  führen  ausschließ- 
lich zu  positiv  phototropischer  Krümmung;  größere  Mengen  bewirken  eine  schwächere 
positive  Krümmung,  der  bald  eine  negative  folgt;  noch  größere  Mengen  bedingen  eine  rein 
negative  Reaktion.  Bei  weiterem  Anwachsen  der  Reizmenge  bemerkt  man  zunächst 
wieder  positive  und  späterhin  mindestens  abgeschwächt  positive,  wenn  nicht  negative  Re- 
aktion. Inwieweit  auch  die  Intensität  der  Beleuchtung  die  Ergebnisse  beeinflußt,  kann 
hier  nicht  besprochen  werden. 

Der  Phototropismus  ist  gerade  wie  der  Geotropismus  eine  Reizerschei- 
nung (^^s^  Auch  bei  ihm  lassen  sich  Reizaufnahme,  Reizleitung  und  Reiz- 
reaktion unterscheiden.  Auch  bei  ihm  gibt  es  eine  Präsentationszeit  und 
eine  Reaktionszeit.  Ferner  ist  die  Gültigkeit  des  Reizmengengesetzes  sowohl 
bei  der  positiven  wie  bei  der  negativen  Reaktion  von  Avena  nachgewiesen, 
während  es  bei  der  nach  noch  stärkerer  Beleuchtung  auftretenden  abermaligen 
positiven  Reaktion  nicht  zutrifft.  Weiter  gilt  ein  Gesetz,  das  freilich  nur  einen 
Spezialfall  des  Reizmengengesetzes  bildet,  das  aber  deshalb  von  großer  Be- 
deutung ist,  weil  es  zuerst  für  die  Lichtempfindung  im  menschlichen  Auge 
nachgewiesen  wurde.  Dieses  sog.  TalbotscIic  Gesetz (^24^  sagt  aus,  daß  unter- 
schwellige einseitige  Lichtreize  sich  summieren  können  und  daß  die  Summe 
der  in  den  Einzelreizen  der  Pflanze  zugeführten  Lichtmengen  genau  den 
gleichen  Effekt  hat,  wie  wenn  sie  auf  einmal,  ohne  Unterbrechungen  ge- 
wirkt hätte.  Vorausgesetzt  ist  dabei  nur,  daß  die  Einzelreize  von  nicht  zu 
langen  Verdunkelungen  getrennt  sind,  da  sonst  die  Wirkung  des  ersten  ab- 
geklungen ist,  wenn  der  zweite  einsetzt. 

Lokalisation  der  phototropischen  Reizung.  Sehr  häufig  erfolgt  die  Auf- 
nahme des  Lichtreizes  an  derselben  Stelle,  an  der  auch  die  Bewegung  aus- 
geführt wird.  Bei  gewissen  Laubblättern  aber  ist  die  Lamina  imstande,  einen 
phototropischen  Reiz  zu  perzipieren,  ohne  daß  sie  selbst  auch  die  entsprechende 
Bewegung  auszuführen  vermag;  diese  erfolgt  vielmehr  erst,  wenn  der  Reiz 


Physiologie.  311 

weiter  geleitet  ist,  im  Blattstiel.  Der  Blattstiel  kann  freilich  auch  auf  direkte 
Reizung  reagieren.  Noch  auffallendere  Verhältnisse  treffen  wir  bei  den  Keim- 
lingen gewisser  Gramineen  an;  bei  manchen  Paniceen  ist  nur  die  Spitze  des 
sog.  Kotyledons  phototropisch  reizbar,  und  nur  das  abwärts  auf  ihn  folgende 
hypokotyle  Glied  ist  phototropisch  krümmungsfähig.  Hier  haben  wir  also 
eine  ausgesprochene  Trennung  in  Perzeptionsorgan  und  Bewegungsorgan; 
die  Ähnhchkeit  mit  entsprechenden  Vorkommnissen  beim  Geotropismus  ist 
somit  sehr  auffallend.  Aber  auch  an  die  Verhältnisse  im  Tierreich  erinnert 
diese  Differenzierung  in  Perzeptions-  und  Bewegungsorgan.  Ein  wesentlicher 
Unterschied  liegt  aber  in  der  Ai-t  der  Reiztransmission(i25).  Denn  es  fehlen 
in  der  Pflanze  spezifisch  reizleitende  Zellen  (,, Nerven")  völlig,  und  der  Reiz 
wird  von  Zelle  zu  Zelle  weitergegeben,  ja  er  kann  sogar  nach  Unterbrechung 
des  organischen  Zusammenhanges  durch  seitliche  Einschnitte  auch  dann 
weitergeleitet  werden,  wenn  in  den  Einschnitt  ein  Blättchen  von  Gelatine 
gelegt  wird;  dagegen  hört  die  Leitung  auf,  wenn  in  gleicher  Weise  ein  Staniol- 
blättchen  angebracht  wurde.  Schneidet  man  bei  Gramineenkeimüngen  die 
Spitze  ab  und  setzt  sie  wieder  dem  Stumpf  auf,  so  kann  ein  Reiz  von  der 
Spitze  aus  über  die  Wundstelle  weg  zur  Basis  geleitet  werden;  der  Versuch 
gehngt  selbst  dann,  wenn  man  die  Spitze  einer  anderen  Grasart  dem  Stumpf 
aufgelegt  hat.  Somit  muß  wohl  ein  diffundierender  Stoff  bei  der  Reizleitung 
eine  Rolle  spielen,  und  es  liegt  nahe  anzunehmen,  daß  derselbe  Stoff  die  Leitung 
besorgt,  der  bei  der  phototropischen  Reizung  entsteht.  Mit  anderen  Worten, 
man  muß  sich  vorstellen,  daß  die  Pflanze  über  Stoffe  verfügt,  die  unter  dem 
Einfluß  des  Lichtes  entstehen  oder  vergehen  können  und  deren  ungleiche 
Verteilung  Phototropismus  bewirkt.  Warum  deren  Leitung  aber  nur  in  der 
Längsrichtung  der  Organe  und  nur  basipetal  erfolgt,  ist  noch  ganz  ungeklärt. 

3.  Chemotropismus(i2(>)_ 

Chemotropisch  nennt  man  Richtungsbewegungen,  die  durch  ungleich- 
mäßige Verteilung  von  gelösten  oder  gasförmigen  Stoffen  in  der  Umgebung 
der  Pflanze  veranlaßt  werden.  Bei  Pilzen  und  bei  Pollenschläuchen  sind  solche 
Bewegungen  konstatiert,  die  den  Organismus  in  eine  bestimmte  Konzentration 
des  betreffenden  Stoffes,  wohl  die  optimale,  hineinführen.  Dementsprechend 
fallen  diese  Bewegungen  bei  dem  gleichen  Organismus  und  beim  gleichen 
Reizstoff  bald  positiv,  bald  negativ  aus;  positiv,  wenn  es  gilt,  eine  höhere 
Konzentration  zu  gewinnen;  negativ  im  entgegengesetzten  Falle.  —  Als  Reiz- 
stoffe kommen  für  die  Pollenschläuche  Zucker  und  Proteine  in  Betracht; 
bei  Pilzen  außer  diesen  noch  Pepton,  Asparagin,  Ammoniumverbindungen 
und  Phosphate.  Es  fehlt  auch  nicht  an  Stoffen,  die  schon  in  sehr  schwacher 
Konzentration  stets  nur  abstoßende  Wirkung  ausüben,  so  z.  B.  freie  Säuren 
und  bei  Pilzen  Stoffwechselprodukte  unbekannter  Natur,  die  aus  den  Zellen 
heraus  diffundieren.  Auch  bei  Wurzeln  ist  eine  chemotropische  Reizbarkeit 
nachgewiesen,  ohne  daß  man  sagen  könnte,  diese  spiele  eine  große  Rolle  in 
ihrem  Leben. 

Bei  den  bisher  angeführten  Beispielen  von  Chemotropismus  waren  die 
Reizstoffe  feste  Körper,  die  in  Wasser  gelöst  wurden.  Wenn  dagegen  die 
Pflanze  durch  urgleich  im  Räume  verteilten  Wasserdampf  oder  Gase  zu 
einer  Richtungsbewegung  veranlaßt  wird,  so  hat  man  dieser  einen  besonderen 
Namen  zu  geben  für  nötig  befunden,  obwohl  im  Prinzip  kein  Unterschied 
gegenüber  den  gelösten  Substanzen  besteht.  Reizbewegungen  durch 
Feuchtigkeitsdifferenzen  nennt  man  hydrotropische,  durch  Gasdifferenzen 
bedingte  aerotropische.  Aerotropismus  ist  bei  Pollenschläuchen,  Wurzeln 
und  Sprossen  nachgewiesen,  Hydrotropismus  bei  Wurzeln  und  Schimmelpilzen; 


312  J08t: 

positiv  hydrotropisch  sind  z.  B.  die  Wurzeln,  die  mit  Hilfe  dieser  Reaktions- 
weise die  feuchten  Stellen  in  der  Erde  auffinden,  negativ  hydrotropisch  ver- 
halten sich  z.  B.  Sporangienträger  der  Mucorineen,  die  aus  dem  feuchten 
Substrat  herauswachsen.  Diese  Reaktionen  können  so  energisch  sein,  daß 
sie  eventuell  andersartige  (z.  B.  geotropische)  Reize  überwinden. 

4.  Traumatotropismus(^^'). 

Eine  einseitige  Verwundung  eines  Pflanzenteils  wird  leicht  zu  einer  Wachstums- 
hemmung an  der  Wundstelle  führen,  so  daß  eine  Krümmung  entsteht,  die  auf  ihrer  Kon- 
kavseite die  Wunde  trägt.  Eine  solche  Krümmung  wäre  keine  tropistische  Reiz- 
krümmung. Unter  Trauma totropismus  versteht  man  demnach  eine  ganz  andere 
Erscheinung,  die  vor  allem  bei  Wurzeln  leicht  zu  beobachten  ist.  Macht  man  an  ihrem 
Vegetationspunkt  einseitig  einen  Einschnitt,  oder  ätzt  oder  sengt  man  ihn  einseitig 
an,  so  tritt  in  einiger  Entfernung  in  der  darüber  liegenden  Wachstumszone  eine 
Krümmung  ein,  die  man  negativ  traumatotropisch  nennt,  weil  durch  sie  die  Spitze 
der  Wurzel  von  dem  schädigenden  Agens  entfernt  wird.  Die  senkrecht  oberhalb  der 
Wunde  gelegene  Stelle  der  Wachstumszone  wächst  also  hier  stärker  als  die  Gegenseite. 
Das  besondere  Interesse  dieses  Tropismus  liegt  demnach  darin,  daß  wir  eine  scharfe 
Trennung  zwischen  dem  Ort  der  Reizaufnahme  und  dem  Ort  der  Reizreaktion  und  dem- 
entsprechend auch  eine  ausgesprochene  Reizleitung  feststellen  können. 

Auch  bei  oberirdischen  Organen  ist  gelegentlich  ein  negativer  Traumatotropismus 
nachgewiesen  worden,  meistens  aber  zeigen  diese  einen  positiven  Traumatotropismus. 
Daß  dieser  nicht  mit  der  eingangs  erwähnten  rein  mechanisch  erfolgenden  einseitigen 
Wachstumshemmung  verwechselt  werden  darf,  daß  er  vielmehr  eine  echte  Reizbewegung 
ist,  ergibt  sich  schon  daraus,  daß  er  vielfach  unter  beträchtlicher  Beschleunigung  des 
mittleren  Wachstums  erfolgt,  und  daß  Reizleitung  auf  weite  Strecken  bei  ihm  eine 
gewöhnliche  Erscheinung  ist.  Stark  hat  gezeigt,  daß  ähnlich  wie  bei  der  phototropischen 
Reizleitung  auch  hier  diffundierende  Stoffe  eine  Rolle  spielen,  Stoffe  also,  die  bei  der 
Verwundung  entstehen  und  die  bei  verschiedenen  Spezies  gleich  oder  ähnlich  sind,  so  daß 
man  den  traumatischen  Reiz  aus  einer  Art  in  eine  andere  weiterleiten  kann. 

Es  ist  jetzt  eine  Anzahl  von  Tropismen  besprochen,  aber  die  ganze  Reihe  der  bisher 
bekannt  gewordenen  tropistischen  Erfolge  ist  damit  lange  nicht  erschöpft.  Vielmehr  kennt 
man  außerdem  noch  einen  Thermotropismus,  bei  dem  die  Wärme,  einen  Rheo- 
tropismus,  bei  dem  das  fließende  Wasser  und  einen  Galvanotropismus,  bei  dem 
galvanische  Ströme  den  Reiz  abgeben.  Auf  diese  Tropismen  kann  hier  nicht  eingegangen 
werden. 

5.  Haptotropismus  [Thigmotropismus](i2*). 
Eine  Einkrümmung  nach  einseitiger  Berührung  findet  namentlich  bei 
Kletterpflanzen  statt,  die  mit  Hilfe  solcher  Greifbewegungen  eine  Stütze 
umfassen  und  sich  an  ihr  befestigen.  Die  Einrichtung  läuft  also  auf  das  gleiche 
hinaus  wie  bei  den  Windepflanzen,  doch  sind  die  Bewegungen  hier  durchaus 
keine  geotropischen.  Es  sind  Seitenorgane  verschiedenen  morphologischen 
Charakters  (vgl.  S.  155),  die  die  Befestigung  besorgen,  und  die  entweder  ihrer 
normalen  Leistung  und  Ausbildung  (als  Laubblätter,  Laubsprosse,  Blüten- 
sprosse) treu  gebheben,  oder  aber,  wie  dies  meist  der  Fall  ist,  zu  typischen 
,, Ranken"  geworden  sind,  um  ausschheßlich  und  in  vollkommenster  Weise 
der  Umklammerung  zu  dienen.  Die  einseitige  Berührung  mit  einem  festen 
Körper  bewirkt  eine  starke  Wachstumsbeschleunigung,  die  maximal  der  Be- 
rührungsstelle gegenüber  erfolgt  und  von  da  aus  bis  zur  berührten  Stelle 
allmähhch  ausklingt,  so  daß  sie  auch  noch  in  der  Mittellinie  einen  nennens- 
werten Betrag  erreicht.  So  wird  die  berührte  Stelle  konkav,  und  der  be- 
rührende Körper,  die  Stütze,  wird  umfaßt.  Dies  geschieht  natürhch  um  so 
rascher  und  leichter,  je  dünner  die  Ranke  und  je  kräftiger  ihre  Reaktion  ist. 
Einige  Ranken  fassen  sehr  rasch  (Passiflora,  Sicyos,  Bryonia),  andere  sind 
sehr  träge  (Smilax,  Vitis).  Da  die  Krümmung  nach  dem  Anlegen  der  Ranke 
an  die  Stütze  sich  noch  zu  verengern  strebt,  so  wird  die  letztere  oft  derart 


Physiologie. 


313 


fest  umwickelt,  daß  an  weichen  Stengeln  und  dgl.  tiefe  Eindrücke  entstehen 

können. 

Von  großer  Wichtigkeit  für  die  Funktion  der  Ranken  ist  der  Umstand, 

daß  sie,  wie  Pfeffer  gezeigt  hat,  nicht  durch  jeglichen  Kontakt,  sondern 

nur  durch  die  Berührung  mit  den  Unebenheiten   eines   festen   Körpers 

zum  Einkrümmen  gereizt  werden.  Auch  der 
heftigste  Regenfall  wirkt  daher  nicht  als 
Berührungsreiz,  und  selbst  der  bis  zur  Quet- 
schung gesteigerte  Anprall  reinen  Queck- 
silbers geht  ohne  eine  spezifische  Reizwirkung 
vorüber,  wogegen  ein  vom  Luftzug  bewegtes 
Baumwollfäserchen  von  0,00025  mg  Gewicht 
sie  bereits  auslösen  kann. 


Fig.    286.     Oberflächenansicht    einiger 

Epidermiszellen    der    Rankenunterseite 

von  Cucurbita  Pepo  mit  Fühltüpfeln  s. 

Vergr.  540.    Nach  Strasburger. 


Fig.  287.  Querschnitt  durch  ebensolche 
Epidermiszellen  wie  in  Fig.  286;  im  Fühl- 
tüpfel s  ein  sehr  kleiner  Kalziumoxaiat- 
kristall.    Vergr.  540.    Nach  Strasburger. 


Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  wird  die  Aufnahme  so  schwacher  Reize  durch  die 
sog.  „Fühltüpfel"  (Fig.  286,  287)  begünstigt.  Es  sind  das  protoplasmaerfüllte  und  nach 
außen  stark  erweiterte  Tüpfel  in  der  Außen- 
wand der  Epidermiszellen.  Sie  finden  sich 
z.  B.  bei  den  Cucurbitaceen,  können  aber 
selbst  bei  sehr  reizbaren  Ranken  (z.  B.  bei 
Passiflora)  auch  fehlen. 

Die  Ranken  mancher  Pflanzen 
sind  allseitig  reizbar  und  krümmungs- 
fähig (Cobaea,  Eccremocarpus,  Cissus), 
andere,  so  die  der  Cucurbitaceen  u,  a. 
mit  eingekrümmtem  Gipfel,  sind  nach 
FiTTiNG  zwar  allseitig  gegen  Berüh- 
rung empfindlich,  krümmen  sich 
aber  nur  auf  eine  einseitige  Berüh- 
rung der  Unterseite  ein,  während 
eine  gleichzeitige  Reizung  der  Ober- 
seite in  der  Hemmung  der  Ein- 
krümmung  zum  Ausdi'uck  kommt. 

Manche  einseitig  empfindliche  Ranken 
haben  die  Fühltüpfel  nur  auf  der  reizbaren 
Unterseite.  Überhaupt  sind  die  Ranken  mehr 
oder  weniger  dorsiventral,  und  deshalb  sind 
ihre  Reaktionen  oft  schon  mehr  nastisch  als 
tropistisch. 

Bei  den  vollkommensten  Ranken  bleibt  die  Krümmung  nicht  auf  den  unmittelbar 
gereizten  Teil  beschränkt.  Abgesehen  davon,  daß  durch  das  Umwickeln  der  Stütze  immer 
weitere  Stellen  der  Ranke  gereizt  werden,  pflanzt  sich  die  Krümmung  auch  auf  Regionen 
fort,  die  unberührt  blieben.  Dadurch  wird  zunächst  einmal  die  Rankenspitze  um  die 
Stütze  gerollt.     Später   krümmt   sich    auch    der    übrige,    zwischen  Stütze  und  Muttersproß 


Fig.  288.  Stengelstück  mit  Ranke  von  Sicyos 
angulatus,  einer  Cucurbitacee.  Ein  Ranken- 
ast hat  mit  seiner  Spitze  die  aufrechte  Stütze 
rechts  erfaßt  und  seine  freie  Strecke  bereits 
spiralig  aufgerollt.  Bei  x  Wendepunkt  der 
Aufrollung.     Nach  Noll. 


314 


Jost: 


ausgespannte  Teil  der  Ranke  kräftig  ein,  so  wie  ja  auch  alternde  Ranken,  die  keine 
Stütze  gefunden  haben,  sich  schraubig  einrollen.  Während  aber  in  diesem  Falle  eine 
einzige  Schraube  entsteht,  müssen  bei  Ranken,  die  sich  oben  an  einer  Stütze  befestigt 
haben,  im  basalen  Teil  mindestens  zwei  einander  gegenläufige  Schrauben  auftreten, 
die  durch  einen  Wendepunkt  (Fig.  288a:)  getrennt  werden.  Durch  diese  schraubige 
Rollung  wird  der  Stengel  der  Kletterpflanze  nicht  nur  näher  an  die  Stütze  herangezogen, 
sondern  auch  elastisch  daran  aufgehängt  und  vor  dem  Abreißen  durch  plötzliche  Er- 
schütterung geschützt. 

Auch  in  der  anatomischen  Ausbildung  der  Ranken  treten,  nachdem 
eine  Stütze  erfaßt  ist,  vorteilhafte  Veränderungen  auf.  Die  in  der  Knospenlage 
meist  gerollte  junge  Ranke  macht  während  ihrer  Streckung,  bei  der  unter  Umständen  eine 
tägliche  Verlängerung  um  90%  erreicht  wird,  sehr  lebhafte  Nutationen  (vgl.  S.  297).  Dabei 
ist  sie  dünn,  biegsam  und  leicht  zerreißbar;  ihre  Turgorfestigkeit  wird,  zumal  nach  der 
Spitze  zu,  nur  von  Kollenchym  unterstützt.  Diese  Eigenschaften  ändern  sich  aber  bald, 
nachdem  die  Ranke  gefaßt  hat.  Dann  tritt  oft  eine  erhebliche  Verdickung,  Verbreiterung 
und  Erhärtung  der  umklammernden  Teile  ein,  während  die  Zugfestigkeit  des  freien  Teiles 
durch  Verholzung   und  Sklerenchymbildung    so    erhöht  wird,   daß   die  Ranke  nunmehr  oft 

eine  Last  von  mehreren  Kilo 
zu  tragen  vermag.  Diejenigen 
Ranken  dagegen,  die  keine 
Stütze  gefunden  haben,  pflegen 
zu  verkümmern  und  al)zufallen, 
nachdem  sie  sich  zuvor  oft  von 
selbst  noch  eingerollt  haben. 
Ein  Vorteil,  den  die  Ran- 
kenkletterer vor  den  Schling- 
pflanzen voraus  haben,  ist 
der,  daß  sie  nicht  auf  vertikale 
Stützen  angewiesen  sind.  Die 
Art  der  Einrollung  ihrer  Ranken 
weist  sie  aber  auch  auf  dünne 
Stützen  an,  da  sie  an  dickeren 
abgleiten.  Nur  vereinzelte 
Rankenpflanzen  haben  sich  von 
dünnen  Stützen  unabhängig  ge- 
macht und  vermögen  mittels 
besonderer  Einrichtungen  selbst 
an  glatten  Wänden  emporzu- 
klettern.  Ihre  Ranken  sind 
nämlich  negativ  phototropisch 
und  besitzen  an  oder  dicht 
unter  der  Spitze  kleine  knopf- 
artige Gewebewucherungen,  die  entweder  von  vornherein  vorhanden  sind  oder  erst  durch 
den  Berührungsreiz  entstehen.  Durch  ihre  Klebrigkeit  haften  diese  Knöpfchen  zunächst 
an  der  Wand  und  wachsen  dann  zu  saug  napfähnlichen  Scheibchen  aus,  deren 
Zellen  sich  wie  Wurzelhaare  so  eng  mit  dem  Substrat  verbinden,  daß  man  eher  die 
später  verholzende  Ranke  zerreißen,  als  die  Haftscheiben  ablösen  kann.  Fig.  208  zeigt 
derartige  Ranken  von  Parthenocissus  tricuspidata.  Die  Haftscheibchen  sind  hier  an  jungen 
Ranken  schon  als  Knöpfchen  vorgebildet.  Bei  anderen  Arien  des  wilden  Weins  bilden 
sich  die  Haftscheiben  aber  erst  nach  der  Berührung  aus;  ihre  Ranken  vermögen  auch 
dünne  Stützen  zu  umfassen. 

Fig.  289  zeigt  ein  Stück  einer  Kletterpflanze  (Maurandia  scandens),  deren  Blatt- 
stiele gleich  Ranken  reizbar  sind.  Hier  wird  die  Stütze  aber  nur  etwa  einmal  oder 
nur  teilweise  umfaßt.  Ähnlich  klettern  mittels  ihrer  Blattstiele  die  bekannte  Kapuziner- 
kresse und  andere  Tropaeolum-Arten,  Solanum  jasminoides,  Nepenthes  u.  a.  Bei  manchen 
Tropenpflanzen  sind  Achselsprosse  oder  Nebenblätter  zu  rankenartigen  „Kletterhaken" 
geworden.  Bei  Gloriosa,  Littonia  und  Flagellaria  ranken  fadenförmige  Blattenden,  und  bei 
manchen  Fumaria-  und  Gorydalis- Arten  umwickelt  außer  dem  Fiederstielchen  auch 
die    Fiedersp reite    dünne    Stützen.       Selbst    bei    niederen    Kryptogamen    (Florideen) 


Fig.  289.     Teil  eines  kletternden  Stengels  von  Maurandia 

scandens.     Die   unteren   Teile   der  Blattstiele   haben    die 

Befestigung    des    Sprosses    übernommen,    indem    sie    die 

dünne  Stütze  rankenartig  umklammern.     Nach  Noll. 


Physiologie.!  315 

kommen  rankende  Thallusteile  vor.  —  Die  schmarotzenden  Sprosse  der  Cuscuta  (Fig.  218) 
sind  zum  Winden  wie  zum  Ranken  befähigt  und  machen  von  beiden  Eigenschaften  beim 
Erklimmen  und  Umklammern  ihrer  Nährpflanze  abwechselnd  Gebrauch. 

Neuere  Untersuchungen  (''^)  haben  gezeigt,  daß  der  Haptotropismus  sehr  viel  weiter 
verbreitet  ist,  als  man  bisher  angenommen  hatte.  Etiolierte  Keimlinge  sind  stets  hapto- 
tropisch,  aber  auch  ältere  Sprosse  grüner  Pflanzen,  insbesondere  von  Schling-  und  Kletter- 
pflanzen verhalten  sich  häufig  ebenso.  Die  Empfindlichkeit  dieser  Pflanzen  weicht  übrigens 
von  der  der  Ranken  insofern  ab,  als  sie  auch  durch  beliebige  Erschütterungen  (z.  B.  auch 
durch  Wasserstrahlen)  gereizt  werden.  Einen  Nutzen  scheinen  sie  alle  aus  diesen  Be- 
fähigungen nicht  zu  ziehen. 

Stark  zeigte,  daß  beim  Haptotropismus  der  Keimlinge  das  Resultantengesetz  gilt; 
die  Krümmung  erfolgt  also  im  Sinne  der  Resultierenden  z.  B.  aus  zwei  an  verschiedenen 
Flanken  angreifenden  Reizen.  Er  wies  ferner  nach,  daß  auch  das  "WEBERsche  Gesetz 
gilt.  Werden  opponierte  Flanken  verschieden  stark  gereizt,  so  erhält  man  nur  bei 
gleichem  Verhältnis  der  Reizgrößen  die  gleiche  Einkrümmung.  Auch  wenn  man 
zwei  opponierte  Flanken  gleichstark  reizt  und  eine  einseitige  Reizung  senkrecht  dazu  ein- 
wirken läßt,  gilt  das  WEBERSche  Gesetz  (^"'). 

6.  Autotropismus(i3i). 

Es  ist  nötig,  hier  noch  einer  Erscheinung  von  allgemeiner  Verbreitung  zu  gedenken, 
bei  der  nicht  äußere,  sondern  innere,  in  der  Pflanze  selbst  liegende  Veränderungen 
als  Reiz  wirken.  Ganz  allgemein  kann  man  nämlich  beobachten,  daß  jede  tropistische 
Krümmung,  mag  sie  nun  durch  die  Schwerkraft,  das  Licht  oder  einen  anderen  Faktor 
ausgelöst  sein,  nach  Aufhören  der  Reiz  Wirkung  von  einer  Geradstreckung  gefolgt 
wird.  In  den  meisten  Fällen  wird  sie  durch  Wachstumsprozesse  bewerkstelligt,  bei  ge- 
krümmten Wurzeln  aber  kann  diese  auch  durch  Kontraktion  (S.  249)  erfolgen.  Dieses  Be- 
streben eines  ursprünglich  geraden  Organs,  sich  wieder  gerade  zu  strecken,  ebenso  aber 
auch  das  Bestreben  eines  ursprünglich  gekrümmten  Organs,  seine  normale  Gestalt  wieder 
anzunehmen,  nennt  man  Autotropismus.  Auf  manche  solche  autotropische  Erschei- 
nungen mußte  früher  schon  hingewiesen  werden.  So  wurde  beim  Geotropismus  erwähnt, 
daß  die  über  das  Lot  hinausgehende  Krümmung  autotropisch  zurückreguliert  wird.  Es 
muß  aber  jetzt  gesagt  werden,  daß  jede  geotropische  Krümmung  wieder  mehr  oder 
weniger  rückgängig  gemacht  wird,  wenn  man  die  eins3itige  Schwerewirkung  aufhebt,  das 
Objekt  also  auf  dem  Klinostaten  rotieren  läßt,  und  daß  ebenso  phototropische  Krümmungen 
zurückgehen,  wenn  die  ungleiche  Lichtverteilung  oeseitigt  wird  usf.  Auch  Ranken,  die 
sich  haptotropisch  gekrümmt  haben,  können  sich  nach  Aufhebung  des  Kontaktreizes  wieder 
gerade  strecken.  Ja  selbst  bei  Fortdauer  der  einseitigen  Einwirkung  läßt  sich  vielfach  ein 
Rückgang  in  den  tropistischen  Krümmungen  erkennen.  Die  physiologische  Wirksamkeit 
der  Reize  nimmt  also  offenbar  mit  der  Dauer  ihrer  Wirkung  ab.  Der  Krümmungsausgleich 
kann  zur  völligen  Geradstreckung  führen,  ja  er  kann  sogar  gelegentlich  über  das  Ziel 
hinausschießen ,  zu  einer  neuen  Krümmung  in  entgegengesetzter  Richtung  führen,  die  dann 
ihrerseits  autotropisch  ausgeglichen  wird;  so  kann  einer  tropistischen  Reizung  ein  Hin- 
und  Herpendeln  eines  Sprosses  folgen.  Voraussetzung  für  das  Eintreten  des  autotropischen 
Ausgleiches  ist  nur,  daß  die  Pflanze  noch  wachstumsfähig  ist.  Und  nicht  nur  nach  tro- 
pistischer  Reizung,  sondern  auch  nach  Krümmungen,  die  man  durch  mechanische  Biegung 
einer  Pflanze  aufgezwungen  hat,  macht  sich  der  Autotropismus  geltend.  Was  im  einzelnen 
der  wirksame  Reiz  ist,  der  zur  Wiederherstellung  der  ursprünglichen  Körperform  führt, 
wissen  wir  nicht,  doch  darf  man  vermuten,  daß  die  Pflanze  da  auf  innere  Spannungen 
reagiert.  So  sieht  man  auch,  daß  wenn  eine  tropistische  Krümmung  mechanisch  verhindert 
wird,  nur  Spannungen  entstehen,  auch  ein  Ausgleich  dieser  Spannungen  autotropisch 
erfolgt. 

b)  Nastische  Bewegungen!^'-). 

Im  Gegensatz  zu  den  tropistischen  und  taktischen  Reizbewegungeu,  bei 
denen  die  Richtung  des  Reizes  in  einer  ganz  bestimmten  Beziehung  zur 
Richtung  der  Bewegung  stellt,  handelt  es  sich  hier  um  Reaktionen,  die  ent- 
weder überhaupt  durch  nicht  bestimmt  gerichtete,  also  durch  diffuse  Reize 
veranlaßt  werden,  oder  bei  denen  doch  eine  eventuelle  Reizrichtung  ohne 
Einfluß  ist.      Nastien  sind   dementsprechend  auf  dorsiventrale   Organe   be- 


3X6 


Jost: 


schränkt,  und  die  Richtung  der  Bewegung  wird  hier  stets  allein  von  dem 
reagierenden  Organ  bestimmt  und  nicht  von  der  Außenwelt;  demnach  dienen 
auch  die  Nastien  nicht  der  Orientierung  im  Raum,  wie  das  für  die  Tropismen 
der  Fall  ist.  Ihre  ökologische  Bedeutung  ist  vielfach  noch  gar  nicht  klar; 
nach  GoEBEL  sollen  sie  z.  T.  völlig  nutzlose  Bewegungen  sein. 

Typische  nastische  Variationsbewegungen  liegen  bei  den  Spaltöffnungen  ('ä'^a)  vor, 
deren  Bau  es  mit  sich  bringt,  daß  auf  Turgorschwankungen  Veränderungen  der  bestehen- 
den Krümmung  der  Schließzellen,  Öffnen  oder  Schließen,  eintritt.  Man  nimmt  freilich 
wohl  vielfach  an,  daß  das  bei  Wasserverlust  eintretende  Schließen  und  das  nach  Be- 
leuchtung eintretende  Öffnen  rein  mechanisch  erfolge;  Wasserverlust  wird  ja  eine  Minde- 
rung der  Zellhautspannung  zur  Folge  haben,  Lichtzufuhr  wird,  wenigstens  wenn  die 
Möglichkeit  der  Wasseraufnahme  gegeben  ist,  diese  Spannung  durch  Produktion  von  Assi- 
milaten  steigern.  Es  kann  aber  kein  Zweifel  bestehen,  daß  neben  rein  physikalischen 
Beeinflussungen  vielfach  auch  echte  Reizbewegungen  eine  Rolle  spielen.  So  kann 
das  Licht,  so  können  auch  manche  andere  Faktoren  als  Reize  wirken,  auf  die  hin  das 
Protoplasma  die  Produktion  osmotisch  wirksamer  Substanzen   in   bestimmtem  Sinne  lenkt. 

Wie  bei  den  Spaltöffnungen,  so  können  auch  bei  anderen  nastischen 
Bewegungen  Licht  und  Wärme,  chemische  Substanzen,  außerdem  aber  auch 
Erschütterungen  die  Rolle  Von  Reizen  spielen.  Meist  erfolgt  die  Bewegung 
eines  bestimmten  Organes  auf  mehrere  dieser  Reize  hin  in  gleicher  oder  ähn- 
licher Weise, 

1.  Nyktinastische  Bewegungenp^). 
Viele  Laubblätter  und  Blütenblätter  nehmen  bei  Tag  eine  andere  Ruhe- 
lage ein  als  bei  Nacht.  Je  nachdem  der  Übergang  von  der  einen  zur  anderen 
durch  Schwankungen  in  der  Lichtintensität,  in  der  Temperatur  oder  in  beiden 
Faktoren  gleichzeitig  bewirkt  wird,  unterscheidet  man  zwischen  Photo-, 
Thermo-  und  Nyktinastie.  Nach  den  mechanischen  Mitteln  bei  ihrer  Aus- 
führung sind  die  Bewegungen  teils  Wachstums-,  teils  Variationsbewegungen. 
1.  Thermonastie.  Durch  Temperaturschwankungen  bedingte 
Wachstumsbewegungen  finden  sich  namentlich  bei  Blüten,  so  z.  B.  bei  Tuhpa, 
Crocus,  Ornithogalum,  Colchicum  und  Adonis.  Diese  Blüten  bzw.  ihre  Perigon- 
blätter  oder  Kronblätter  zeigen  nach  Temperatursteigerung  eine  plötzlich  ein- 
setzende und  nur  eine  gewisse  Zeit  währende  Wachstumssteigerung,  die  auf 
der  Innenseite  dieser  Blätter  maximal  ist.  Die  Blüten  öffnen  sich  also.  Um- 
gekehrt schließen  sie  sich  bei  Abküh- 
lung. 

Äußerst  empfindlich  gegen  Temperatur- 
schwankungen erweisen  sich  die  Blüten  der 
Tulpe  und  des  Crocus.  Geschlossene  Tulpen- 
und  Crocusblüten,  die  man  aus  dem  Freien 
ins  warme  Zimmer  bringt,  öffnen  sich  hier  in 
kurzer  Zeit,  bei  einer  Temperaturdifferenz 
von  15— 20''C  schon  in  2—4  Minuten.  Emp- 
findliche Blüten  von  Crocus  reagieren  schon 
auf  eine  Schwankung  von  y,"  C,  die  der  Tulpe 
auf  2-3 «C. 

2.  Photonastie.  In  ähnlicher 
Weise  öffnen  sich  andere  Blüten  (Nym- 
phaea,  Kakteen)  und  auch  die  Blüten- 
köpfchen der  Kompositen  (Fig.  290)  auf  Erhellung  und  schließen  sich  nach 
Verdunkelung.  Umgekehrt  verhalten  sich  die  ,,Nachtblüher",  z.  B.  Silene 
noctiflora,  Victoria  regia,  Nicotiana- Arten. 

Die  Bedeutung  dieser  Bewegungen  dürfte  darin  liegen,  daß  die  Geschlechtsorgane 
nur  dann  exponiert  werden,  wenn  Insektenbesuch  zu  erwarten  ist,  zu  anderen  Zeiten  aber 


Fig.  290.  Blütenköpfchen  einer  Composite 
(Leontodon  hastilis),  links  durch  Verdunk- 
lung geschlossen,  rechts  nach  Belichtung 
geöffnet.     Aus    Detmer,    Physiol.    Prakt. 


Physiologie. 


317 


vor   den  Unbilden    der  Witterung,    vor  allem   vor   Regen   geschützt    werden.      Die  Nacht- 
blüher  sind  bei  ihrer  Bestäubung  auf  Nachtfalter  angewiesen. 

3.  Nyktinastie.  Viele  Laubblätter  führen  nyktinastische  Bewegungen 
aus,  die  in  der  Regel  mehr  vom  Licht  als  von  der  Temperatur  beeinflußt  werden. 
In  manchen  Fällen,  so  z.  B.  bei  Chenopodiaceen,  Caryophylleen,  Balsaminen, 
manchen  Kompositen,  sind  es,  wie  bei  den  Blütenblättern,  ausschließlich 
Wachstumsbewegungen;  bei  den  Leguminosen,  Oxalideen  und  anderen 
mit  Gelenkpolstern  versehenen  Pflanzen  sehen  wir  dagegen  Variations- 
bewegungen eintreten.  Die  ersteren  sind  natürlich  von  kurzer  Dauer;  &ie 
hören  auf,  wenn  die  Blätter  ausgewachsen  sind;  die  anderen  aber  werden 
lange  Zeit  fortgesetzt.  Bei  den  Variationsbewegungen  tritt  eine  Erhöhung 
des  Turgors  mit  der  Verdunkelung  wahrscheinlich  in  beiden  Gelenkhälften 
ein,  jedoch  in  der  Konkavseite  schwächer  oder  langsamer.  Überall  ist  die 
Nachtstellung  —  die  man  auch  ,,  Schlaf  Stellung"  nennt,  obwohl  diese  Erschei- 
nungen durchaus  nichts  mit  dem  ,, Schlaf"  der  Tiere  zu  tun  haben  —  durch 
die  vertikale  Lage  der  Blattspreiten  charakterisiert,  wobei  der  Stiel  oder 
das  Polster  entweder  nach  oben  oder  nach  unten  sich  krümmt,  die  Lamina 
selbst  also  entweder  ihre  Unterseite  oder  ihre  Oberseite  nach  außen  kehrt. 
In  der  Tagstellung  stehen  die  Flächen  ungefähr  horizontal  oder  senkrecht 
zum  Lichteinfall  (S.  309)  (Fig.  291). 


Fig.  291.    Sproß  von  Amicia  zygomeris  (Leguminose).  Links  in  zerstreutem  hellem  Tages- 
licht mit  ausgebreiteten  Blättchen,  rechts  nach  Verdunkelung  in  Schlafstellung. 


Daß  es  sich  bei  den  geschilderten  Erscheinungen  nicht  um  Phototropismus  handelt, 
ergibt  sich  daraus,  daß  die  Tagstellung  eintritt,  einerlei,  ob  die  Unterseite  oder  die  Ober- 
seite stärker  beleuchtet  ist,  oder  ob  beide  gleich  hell  gehalten  werden.  Entsprechendes 
gilt  bei  der  Verdunkelung. 

Die  Bedeutung  der  nächtlichen  Senkrechtstellung  der  Laubblätter  liegt  nach  Stahl 
darin,  daß  durch  sie  die  Taubildung  vermindert  und  damit  die  Transpiration  gefördert 
wird.  Als  Förderung  der  Transpiration  kann  auch  die  Tatsache  gedeutet  werden,  daß 
vielfach  die  Spaltöffnungen  auf  der  in  der  Schlafstellung  geschützten  Seite  der  Blätter  liegen. 

Übermäßig  hohe  Beleuchtung  oder  Temperatur  veranlaßt  die  Blätter,  die  übliche 
Tagstellung  zu  verlassen  und  eine  neue  Lage  aufzusuchen,  die  entweder  mit  der  Nacht- 
stellung äußerlich  übereinstimmt  oder  ihr  diametral  entgegengesetzt  ist.  So  sind  die 
Fiederblättchen  der  Robinie  nachts  abwärts  geschlagen,  in  zerstreutem  Tageslicht  flach 
ausgebreitet;  in  der  heißen  Mittagssonne  richten  sie  sich  steil  aufwärts.  —  Dieser  sog. 
„Tagesschlaf"  findet  sich  nur  bei  den  Gelenkblättern  und  vollzieht  sich  hier  in  mecha- 
nischer Hinsicht  anders  als  die  abendliche  Lage  Veränderung:  es  tritt  keine  Turgeszenz- 
steigerung,  sondern  eine  Erschlaffung  ein,  die  auf  zwei  Seiten  eines  Gelenkes  ungleich  ist. 

Periodische  Bewegu  ngen(*^^). 
Wenn  Blätter  längere  Zeit  hindurch  regelmäßige  nyktinastische  Bewegungen  infolge 
des  täglichen  Lichtwechsels  ausgeführt  haben,  so  setzen  sie  diese  Periodizität  einige  Tage 


318  Jost: 

lang  auch  in  konstantem  Licht  oder  konstanter  Dunkelheit  fort.  Bei  manchen  Blättern 
läßt  sich  durch  geeignete  experimentelle  Maßnahmen  auch  eine  kürzer  oder  länger  als 
24  Stunden  dauernde  Schwingungsperiode  herstellen,  die  dann  ebenfalls  eine  Zeitlang 
nachwirkt.  —  Andererseits  ist  bei  gewissen  Blüten  (Calendula)  und  Blättern  (Phaseolus) 
festgestellt,  daß  es  auch  Bewegungen  mit  24  stündiger  Periode  gibt,  die  nicht  durch  den 
Rhythmus  der  Beleuchtung  und  Verdunkelung  sowie  deren  Nachwirkung  bedingt  sind. 
Daß  diese  Bewegungen  autonom  sind,  ist  ausgeschlossen.  Man  muß  erwarten,  daß  noch 
irgendein  Faktor  gefunden  wird,  der  für  die  Periodizität  dieser  Bewegungen  verantwort- 
lich gemacht  werden  kann.  Die  von  Stoppel  ausgesprochene  Ansicht,  daß  die  Schwan- 
kungen in  der  elektrischen  Leitfähigkeit  der  Atmosphäre  maßgebend  seien,  konnte  nicht 
bestätigt  werden. 

2.  Chemonastie(i35). 

Im  gleichen  Verhältnis  wie  die  Photonastie  zum  Phototropismus  steht 
die  Chemonastie  zum  Chemotropismus.  Einerlei,  von  welcher  Seite 
her  ein  chemischer  Reiz  (z.  B.  Dampf  von  Äther,  Chloroform,  Ammoniak) 
empfindliche  Ranken  trifft,  immer  wird  diejenige  Seite  konkav,  die  wir  als 
vorzugsweise  haptotropisch  empfindlich  erkannt  haben. 

Diese  chemonastischen  Einkrümmungen  der  Ranken  sind  offenbar  ohne  jeden  Nutzen 
für  die  Pflanze.  Das  gleiche  gilt  von  den  nastischen  Bewegungen  der  Ranken,  die  nach 
Verwundung  eintreten  (Traumatonastie)  oder  die  sich  in  ganz  gleicher  Weise  ebenso  bei 
Abkühlung  wie  bei  Erwärmung  zeigen  (Thermonastie).  Dagegen  spielen  die  chemo- 
nastischen Bewegungen  bei  gewissen  Insektivoren  eine  große  Rolle. 

Sehr  ausgeprägte  chemonastische  Bewegungen  sieht  man  an  den  Ten- 
takeln von  Drosera,  die  sich  nach  chemischer  Reizung  so  einkrümmen,  daß 
ihre  Oberseite  konkav  wird,  das  Drüsenköpfchen  also  nach  der  Mitte  der 
Blattscheibe  gelangt  (Fig.  212).  Als  Reizmittel  dienen  einmal  solche  Stoffe, 
wie  Eiweiß,  Phosphate  usw.,  die  Drosera  zu  ihrer  Ernährung  gebrauchen 
kann  (S.  223),  andererseits  aber  auch  gleichgültige  und  sogar  giftige  Sub- 
stanzen. Oft  genügen  minimale  Spuren  von  ihnen  (z.  B.  0,0004  mg  Ammo- 
niumphosphat), um  die  Reizbewegung  einzuleiten,  und  zwar  müssen  diese 
auf  das  Köpfchen  des  Tentakels  gelangen,  damit  die  Basis  des  Tentakels 
die  Einkrümmung  ausführt;  es  besteht  also  hier,  ähnlich  wie  bei  manchen 
anderen  Reizbewegungen,  ja  noch  schärfer  als  dort,  eine  Trennung  zwischen 
dem  Perzeptionsorgan,  das  den  Reiz  aufnimmt,  und  dem  Bewegungsorgan, 
das  die  äußerhch  sichtbare  Reaktion  ausführt.  Der  im  Köpfchen  aufgenommene 
Reiz  muß  zur  Tentakelbasis  geleitet  werden. 

Ein  Insekt,  das  sich  auf  einem  randständigen  Tentakel  niedergelassen 
hat,  wird  also  durch  dessen  Krümmung  in  die  Mitte  der  Blattscheibe  ge- 
bracht. Die  hier  stehenden  kurzgestielten  Tentakel  aber  senden  einen  Reiz 
nach  allen  randständigen,  die  sich  daraufhin  sämthch  nach  innen  krümmen. 
So  wird  also  das  Insekt  immer  von  vielen  Drüsenköpfchen  berührt  und  mit 
deren  verdauendem  Sekret  übergössen. 

Die  durch  Wachstum  erfolgende  Krümmung  wird  ganz  in  der  gleichen  Weise  aus- 
geführt wie  bei  den  Ranken;  nach  der  Einkrümmung  sind  die  Tentakel  erheblich  länger 
geworden.  Mit  dem  Abschluß  des  Wachstums  hört  also  die  Bewegungsfähigkeit  der 
Tentakel  auf,  diese  können  nur  einige  wenige  Male  die  Krümmung  ausführen.  Mit  den 
Ranken  haben  die  Droseratentakel  ferner  noch  gemeinsam,  daß  sie  ebenfalls  thigmo-, 
traumato-  und  thermonastisch  reagieren.  Zweifellos  ist  aber  ihre  chemonastische  Reizbar- 
keit die  größte  und  wichtigste.  Chemische  Reize  lösen  auch  bei  anderen  Insektivoren 
Bewegungen  aus,  z.  B.  bei  Dionaea  und  Pinguicula. 

3.  Seismonastie  und  Traumatonastie("^). 
Bei  der  soeben  erwähnten  Insektivore  Dionaea  muscipula  klappen  die 
beiden  Blatthälften    (Fig.   215)    nicht  nur  nach  chemischen,  sondern  auch 
nach  mechanischen  Reizen  zusammen.     Im  Gegensatz  zu  den  nur  nach  Be- 


Physiologie. 


319 


rührung  mit  festen  Körpern  erfolgenden  haptotropischen  Bewegungen  der 
Ranken  oder  von  Drosera  wirkt  hier  jede  durch  einen  Stoß  erzielte  Er- 
schütterung als  Reiz;  die  Bewegung  kann  also  auch  durch  Regentropfen 
ausgelöst  werden.    Solche  Bewegungen  nennt  man  seismonastische. 

Das  bekannteste  Beispiel  für  seismonastische  Bewegungen  liefert  die 
Leguminose  Mimosa  pudica,  ein  tropischer  Halbstrauch,  der  wegen  seiner 
hohen  Empfindlichkeit  den  Namen  ,, Sinnpflanze"  erhalten  hat.  Die  Blätter 
tragen  am  Ende  eines  langen  Stieles  4  (eventuell  6)  fingerart'g  auseinander- 
spreizende Sekundärstiele,  die  mit  zahlreichen  Paaren  feiner  Blättchen  in 
fiederförmiger  Anordnung  besetzt  sind  (Fig.  292).  An  der  Basis  des  pri- 
mären und  der  sekundären  Blattstiele  sowie  der  Fiederblättchen  finden  sich 
Gelenkpolster,  so  daß  alle  Teile  beweglich  sind.  Die  Lichtlage  der  ungereizten 
Blätter  zeigt  Fig.  292  links.  Wird  das  Blatt  erschüttert,  dann  führen  alle 
seine  Teile  bei  günstiger  Temperatur  (25—30°  C)  und  Feuchtigkeit  sehr  rasche 


Fig.  292.     Mimosa  pudica.     Links  ungereizt   in    der  Tagstellung,   rechts  durch  Erschütte- 
rung gereizt,    wodurch   sich  die  Blätter  zusammengefaltet  und   abwärts    geschlagen  haben. 

B  Blütenköpfchen. 


Bewegungen  aus,  die  dem  Blatt  ein  völlig  verändertes  Aussehen  geben.  Die 
Fiederblättchen  klappen  nach  oben  und  vorn  zusammen,  die  Sekundärstiele 
legen  sich  nach  vorn  zu  seitlich  aneinander,  und  der  Blattstiel  senkt  sich  scharf 
nach  unten  (Fig.  292  rechts).  Die  gereizte  Pflanze  erholt  sich  aber  bald  wieder 
und  nimmt  ihre  frühere  Blattstellung  wieder  an,  wenn  ihr  Ruhe  gelassen  wird. 

Der  Stellung  eines  erschütterten  Blattes  äußerlich  ähnlich  ist  seine  Schlaf-  oder 
Nachtstellung,  doch  sind  die  Spannungszustände,  die  zu  den  beiderlei  Stellungen 
führen,  in  dem  Gelenkpolster  verschieden;  auch  in  der  Nachtstellung  ist  das  Blatt  noch 
mechanisch  reizbar.  —  Wie  die  Schlafstellung,  so  wird  auch  die  seismonastische  Reiz- 
stellung durch  Turgorschwankungen  bewirkt,  allein  es  handelt  sich  hier  um  eine  Ab- 
nahme des  osmotischen  Druckes  und  eine  Erschlaffung  in  den  konkav  werdenden 
Polsterhälften.  Besonders  am  Hauptstielpolster  kann  man  diese  Erschlaffung  der  übrigens 
allein  reizbaren  Unterseite  sehr  deutlich  erkennen;  sie  ist  hier  mit  einem  Austritt  von 
Flüssigkeit  aus  den  Zellen  und  einer  Injektion  der  Interzellularen  mit  dieser  Flüssigkeit 
verbunden. 

Die  gleiche  Reizstellung  wie  nach  Erschütterung  nimmt  das  Blatt 
der  Mimosa  auch  nach  Verwundung  (Einschneiden,  Anbrennen,  Anätzen) 
ein,  und  die  Vorgänge  im  Gelenk  sind  bei  einer  solchen  traumatonastischen 


320  Jost: 

Reizung  die  gleichen  wie  nach  seismonastischer  Reizung.  Auch  auf  andere 
Reize:  elektrische  Schläge,  plötzhche  Temperaturänderungen,  chemische 
Reize  können  ganz  die  gleichen  Bewegungen  an  den  Blättern  beobachtet  werden 
wie  nach  Stoßreiz. 

Alle  diese  Reize  sind  in  ihrer  Wirkung  aber  nicht  auf  das  zunächst  be- 
troffene Gelenk  beschränkt,  sondern  werden  weit  fortgeleitet,  im  Extrem 
über  die  ganze  Pflanze,  überall  zu  einer  Krümmung  in  den  Gelenken  führend. 
Am  schnellsten  und  weitgehendsten  erfoigt  diese  Reizlei tung(i3')  bei  den 
traumatischen  Reizen;  hier  wird  sie  deshalb  am  besten  näher  zu  schildern 
sein.  Reizt  man  etwa  ein  einzelnes  Fiederblättchen  am  Ende  eines  Sekundär- 
stieles durch  Anbrennen  mittels  eines  Zündholzes,  so  klappen  augenbUcklich 
beide  Endfiederchen  nach  oben,  und  es  folgen  ihnen  rasch  der  Reihe  nach 
sämthche  Fiederpaare  bis  zum  Ansatz  des  Sekundärstieles.  Von  hier  über- 
trägt sich  die  Erscheinung  auf  die  anderen  Sekundärstrahlen,  an  denen  jetzt 
die  Blättchen  in  umgekehrter  Reihenfolge,  also  spitzenwärts  fortschreitend, 
zusammenschlagen.  Haben  sich  auch  die  Sekundärstrahlen  seitlich  anein- 
ander gelegt,  und  wähnt  der  Beobachter  den  Bewegungsvorgang  abgeschlossen, 
dann  überrascht  ihn  plötzlich  noch  einmal  der  Hauptstiel  durch  rasche  Ab- 
wärtsbeugung. Von  diesem  einen  Blatte  aus  kann  sich  der  Reiz  auch  im 
Stengel,  oft  bis  50  cm  weit,  fortpflanzen  und  auf  andere  Blätter  übertragen. 
Doch  auch  von  der  Wurzel  aus  kann  sich  der  Reiz  bis  in  die  Blätter  fort- 
pflanzen. 

Die  Geschwindigkeit  der  Reizleitung  kann  nach  Verwundung  10  cm,  nach  Stoß  bis 
zu  3  cm  in  der  Sekunde  betragen,  also  recht  ansehnlich  sein.  Immerhin  steht  sie  hinter 
der  Reizleitung  in  den  Nerven  des  Menschen  weit  zurück.  Wenn  auch  noch  nicht 
sicher  nachgewiesen  ist,  wie  die  Reizleitung  bei  Mimosa  erfolgt,  so  steht  doch  fest,  daß 
sie  von  der  Leitung  einer  Erregung  in  den  Nerven  oder  selbst  von  der  Reizleitung  in 
anderen  pflanzlichen  Fällen  wesentlich  verschieden  ist.  Denn  der  Reiz  geht  sicher  auch 
über  tote  Strecken  weg  und  bewegt  sich  auch  in  der  lebenden  Pflanze  in  toten  Organen, 
nämlich  in  den  Gefäßen  des  Holzes.  Nach  RiccA  gelingt  es,  den  Reiz  auch  durch  eine 
mit  Wasser  gefüllte  Glasröhre  weiterzuleiten,  und  die  von  diesem  Autor  ausgesprochene 
Vermutung,  daß  es  sich  um  eine  Fortleitung  von  Stoffen  handle,  die  bei  Berührung  oder 
Verwundung  entstehen,  hat  manches  für  sich.  Im  übrigen  scheint  die  Reizleitung  nach 
Berührung  etwas  anders  zu  erfolgen  als  die  nach  Verwundung. 

Ahnlich,  doch  weniger  reizbar  wie  die  Mimose  sind  manche  andere  Leguminosen 
und  gewisse  Oxalideen.  So  führen  z.  B.  Robinia  Pseudacacia  und  Oxalis  acetosella  auf 
kräftige  mechanische  Reize  hin  Bewegungen  aus,  die  freilich  viel  unbedeutender  sind  als 
die  der  Mimose.  In  der  Regel  bedarf  es  bei  diesen  Pflanzen  mehrerer  Stöße,  um  den 
Reiz  auszulösen,  während  bei  Mimosa  ein  einziger  genügt;  auch  vergrößert  sich  bei  ihnen 
der  Reizerfolg  mit  Zunahme  der  Stöße,  während  bei  Mimosa  jeder  überhaupt  wirksame 
Reiz  unter  normalen  Bedingungen  gleich  die  maximale  Bewegung  auslöst.  Auch  die  Blatt- 
bewegungen nach  Verwundung  sind  nicht  auf  Mimosa  beschränkt. 

Die  Reaktionsfähigkeit  der  Mimose  auf  Stoßreiz  hängt  selbstverständhch 
weitgehend  von  Außenfaktoren  ab,  und  jeder  dieser  Faktoren  kann,  wenn 
er  im  Übermaß  oder  in  zu  geringem  Maß  geboten  wird,  zu  einem  Starre- 
zustand führen.  Die  Reizbewegungen  der  Mimose  treten  nur  bei  genügend 
hoher  Temperatur  lebhaft  ein;  unter  einem  gewissen  Wärmegrad  (15^)  findet 
überhaupt  keine  Bewegung  statt,  es  ist  dann  Kältestarre  eingetreten.  Bei 
etwa  40°  Lufttemperatur  tritt  dagegen  Wärmestarre,  bei  längerem  Aufent- 
halt im  Finstern  Dunkelstarre  ein.  Im  Vakuum,  in  Wasserstoff,  in  Chloro- 
formdämpfen, Leuchtgas  usw.  tritt  ebenfalls  Bewegungslosigkeit  ein,  die 
teils  durch  Sauerstoffmangel,  teils  durch  unmittelbare  Giftwirkungen  bedingt 
ist.  Wirken  die  zu  Starrezuständen  führenden  nachteiligen  Verhältnisse 
nicht  zu  lange  ein,  dann  kann  der  frühere  reizbare  Zustand  wiedergewonnen 


Physiologie. 


321 


// 


Anth 


werden.  —  Auch  bei  anderen  Reizerscheinungen  treten  uns  ähnliche  Starre- 
zustände entgegen. 

Die  Variationsbewegungen,  die  bei  den  Staubfäden  einiger  Berberideen  (Berberis, 
Mahonia)  und  Kompositen  (besonders  schön  bei  Centaurea  americana)  auftreten,  schließen 
sich  in  ihrer  Mechanik  an  die  der  Blätter  an.  Die  Staubfäden  solcher  Kompositen  ver- 
kürzen sich  nach  mechanischer  Reizung  unter  Geradestreckung  auf  ihrer  ganzen  Länge 
oft  um  10—20%  und  lassen  so  den  mit 
Pollen  bedeckten  Griffel  aus  der  Staub- 
beutelröhre heraustreten  (Fig.  293).  Die 
Verkürzung  erfolgt  bei  mäßiger  Dicken- 
zunabme,  unter  Wasseraustritt  in  die 
Interzellularen,  durch  die  elastische 
Kontraktion  der  Membranen.  Die  Staub- 
fäden von  Berberis  und  Mahonia  sind 
nur  an  der  Innenseite  ihrer  Basis  gegen 
Berührung  empfindlich.  Hier  tritt  dann 
auch  die  Verkürzung  ein  und  verursacht, 
daß  sich  die  Antheren  auf  die  Narbe 
hinbiegen. 

Die  zweilippigen  Narbenlappen 
der  Griffel  von  Mimulus,  Goldfussia, 
Martynia,  Torenia  und  anderen  Pflanzen 
schließen  sich,  wenn  sie  berührt  werden, 
zusammen.  Kurze  Zeit  darauf  öffnen 
sie  sich  wieder  und  sind  dann  von  neuem 
seismonastisch  empfindlich.  Ein  Öffnen 
erfolgt  auch  dann,  wenn  Pollen  auf  die 
Narben  gebracht  wird  und  auf  ihnen 
keimt.  Unter  seiner  zerstörenden  Ein- 
wirkung auf  das  Narbengewebe  kommt 
es  dann  aber  zu  einer  Schließbewegung, 
die  keine  Reizerscheinung  ist. 

Wenn  auch  die  Extreme  von 
Haptotropismus  einerseits,  Seismonastie  andererseits  eine  ganz  verschieden 
artige  Reizbarkeit  aufweisen,  so  fehlt  es  doch  nicht  an  Pflanzen,  die  in  ihrer 
Empfindhchkeit  zwischen  Stoßreizbarkeit  und  Kontaktreizbarkeit  vermitteln; 
namentlich  gewisse  etiolierte  Keimlinge,  deren  Haptotropismus  oben  (S.  315) 
erwähnt  wurde,  sind  dadurch  ausgezeichnet,  daß  sie  auch  durch  Wasser- 
strahl und  durch  Stoß  —  freihch  schwächer  als  durch  Streichen  mit  festen 
Körpern  —  gereizt  werden  können(i38).  In  bezug  auf  die  Mechanik  der 
Bewegung  folgen  nicht  alle  seismonastisch  empfindlichen  Pflanzen  dem  Bei- 
spiel der  Mimose.  Bei  Dionaea  soll  die  Krümmung  in  ähnlicher  Weise  wie  bei 
den  Ranken  durch  Wachstum  erfolgen. 


Fig.  293.     Centaurea  dealbata. 
/  Blüte  nach  Abtragung   eines 

Kronblattes.  Vergr.  4. 
//  Unteres  Ende  der  Antheren- 
röhre  und  die  Filamente  (nach 
Abtragung  des  Kronblattes). 
/  ungereizt,  2  nach  Reizung 
verkürzt.     Vergr.  21. 


III.  Rückblick  auf  die  Reizerscheinungen  (^^^). 

Reizerscheinungen  sind  bei  den  Organismen  ganz  außerordentlich  häufig. 
Bei  den  Bewegungen,  die  in  diesem  dritten  Abschnitt  der  Physiologie  behandelt  wurden, 
spielen  sie  eine  so  große  Rolle,  daß  hier  fast  ausschließlich  von  Reizen  die  Rede 
war.  Aber  auch  im  zweiten  Abschnitt  (Formwechsel)  konnten  die  Reize  nicht  übergangen 
werden,  und  es  zeigte  sich,  daß  die  gleichen  Faktoren,  die  Bewegungen  auszulösen  ver- 
mögen, auch  in  der  Formbildnng  der  Pflanze  die  Rolle  von  Reizen  spielen.  Am  wenigsten 
traten  die  Reize  bei  Behandlung  des  Stoffwechsels  hervor,  weil  hier  schon  manche 
Erscheinung  ihre  exakte  chemische  Erklärung  gefunden  hat,  die  man  früher  als  Reiz- 
wirkung zu  betrachten  geneigt  war.  Wenn  auch  zu  hoffen  ist,  daß  der  Reizbegriff  mehr 
und  mehr  eingeschränkt  werden  kann,  so  sind  wir  doch  heute  gewiß  noch  nicht  so  weit, 
ihn  entbehren  zu  können,  wie  manche  etwas  stürmische  Autoren  glauben.  Bei  der  Wichtig- 
Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  "1 


322  Jost: 

keit  des  Gegenstandes  empfiehlt  es  sich  aber,  das  zerstreut  Vorgebrachte  hier  am  Schlüsse 
kurz  zusammenzufassen  und  dabei  auch  einen  Blick  auf  die  Reizerscheinungen  im  Tier- 
reich zu  werfen. 

Zunächst  ist  hervorzuheben,  daß  im  großen  und  ganzen  die  gleichen  äußeren 
Faktoren  in  der  Pflanze  und  im  Tier  eine  Reizwirkung  entfalten,  nämlich  das  Licht,  die 
Wärme,  mechanische  Einflüsse  (Schwerkraft,  Druck,  Stoß),  chemische  Einflüsse,  galvanische 
Ströme.  Ein  Unterschied  zwischen  den  extremen  Vertretern  der  zwei  Reiche  besteht  nur 
insofern,  als  die  Pflanzen  nicht  auf  Schallwellen  ansprechen. 

Wenn  man  diesen  Faktoren  nun  eine  auslösende  Wirkung  zuschreibt  (S.  184), 
so  soll  damit  nur  gesagt  sein,  daß  sie  nicht  die  Energie  für  das  weitere  Geschehen 
liefern,  sondern  daß  sie  die  Verwendung  anderer,  in  der  Pflanze  disponibler  Energie  ver- 
anlassen. Durchaus  nicht  soll  etwa  behauptet  werden,  daß  notwendigerweise  jede  Pro- 
portionalität zwischen  Reizgröße  und  Reizeffekt  fehlen  müsse.  Es  gibt  ja  Auslösungen, 
wie  z.  B.  bei  Mimosa,  wo  jeder  überhaupt  wirksame  Stoßreiz  die  volle  Senkung  des  Blattes 
herbeiführt,  und  solche  Fälle  zeigen  die  bloß  auslösende  Bedeutung  des  Reizes  besonders 
klar.  Allein  wenn,  wie  vielfach  bei  geotropischen  und  phototropischen  Reizen,  eine  Zeit- 
lang wenigstens  eine  Proportionalität  zwischen  Reizgröße  und  Krümmungsgröße  besteht,  so 
spricht  das  in  keiner  Weise  gegen  Auslösung. 

Sehr  viel  größere  Schwierigkeiten  stehen  dem  Auslösungsbegriff  auf  anderen  Ge- 
bieten gegenüber.  So  hat  Klebs  betont,  daß  bei  vielen  Entwicklungsvorgängen  nicht  ein 
einzelner  Außenfaktor  maßgebend  sei,  sondern  daß  eine  quantitative  Veränderung  aller 
Lebensbedingungen  eintreten  müsse.  Solche  quantitative  Änderung  der  Lebensbedingungen 
führt  z.  B.  Blühen  nach  vorhergehendem  vegetativem  Wachstum  herbei;  rein  quantitative 
Änderungen  in  der  Lichtintensität  können  bei  Farnprothallien  weitgehend  die  Gestalt  be- 
dingen. Da  ist  es,  ähnlich  wie  bei  den  unten  noch  zu  nennenden  stationären  Reizen, 
schwer,  an  dem  Begriff  der  Auslösung  festzuhalten.  Nach  dem  heutigen  Stand  unserer 
Kenntnisse  kann  man  also  nur  sagen,  daß  eine  einheitliche  Definition  für  „Reize"  nicht 
mehr  möglich  sei,  es  sei  denn,  daß  man  mit  Sachs  etwas  unbestimmt  sagt:  „unter  Reiz- 
barkeit versteht  man  die  eigentümliche  Art,  wie  lebende  Organismen  auf  Außenfaktoren 
antworten".  Allenfalls  kann  man  noch  hinzufügen,  daß  die  Eigentümlichkeit  darin  besteht, 
daß  zwischen  erstem  Anlaß  und  letzter  Reaktion  sich  zahllose  Vorgänge  einschieben. 
Gewiß  wird  der  Reiz  sehr  häufig  nur  auslösend  wirken,  aber  es  ist  möglich,  daß  er  gelegent- 
lich auch  energetisch  oder  auch  katalytisch,  d.  h.  nur  beschleunigend,  wirkt. 

Damit  nun  der  Reiz  vom  Protoplasma  aufgenommen  werden  kann,  muß  dieses  im 
reizempfänglichen  Zustand  sich  befinden.  Es  ist  sehr  wichtig  zu  konstatieren,  daß 
dieser  Zustand  unter  Umständen  fehlen  kann,  unter  denen  andere  Funktionen  des  Proto- 
plasmas völlig  normal  ausgeübt  werden.  Die  Reizempfänglichkeit  („Empfindlichkeit'')  des 
Protoplasmas  ist  nämlich  sehr  weitgehend  von  Außeneinflüssen  abhängig,  und  es  können 
zum  Teil  dieselben  Faktoren,  die  reizauslösend  wirken,  zum  Teil  auch  andere  die  Empfind- 
lichkeit hemmen  oder  auch  steigern.  Unter  den  hemmenden  Stoffen  sind  besonders  er- 
wähnenswert die  sog.  Narkotika  (Äther,  Chloroform,  Chloralhydrat),  weil  sie  ja  auch  in 
der  Tierphysiologie  eine  vergleichbare  Rolle  spielen.  Sie  können  im  Extrem  eine  be- 
stimmte Reizbarkeit,  z.  B.  die  phototaktische,  ganz  aufheben,  während  Bewegungs- 
fähigkeit erhalten  bleibt.  —  In  anderen  Fällen  fehlt  dem  Protoplasma  die  Reizbarkeit  aus 
inneren  Gründen.  Endlich  kann  auch  die  Reizempfänglichkeit  gegeben  sein,  aber  sie 
kann  doch  nicht  zu  einem  sichtbaren  Erfolg  führen,  weil  die  Reaktionsbefähigung  fehlt. 
So  haben  wir  z.  B.  vielfach  Grund  zur  Annahme,  daß  auch  ausgewachsene  Organe  geo- 
tropisch  reizbar  sind;  aber  zu  einer  Krümmung  kann  es  bei  ihnen  nicht  kommen. 

Jeder  Reiz  muß  nun  eine  unsichtbare,  für  ihn  charakteristische  Veränderung  im 
Protoplasma  herbeiführen,  die  von  einer  ganzen  Kette  von  weiteren  Veränderungen  gefolgt 
wird,  deren  letzte  als  „Reaktion"  bezeichnet  werden ;  man  versteht  darunter  die  äußerlich 
sichtbaren  Erfolge  der  Reizung.  Die  primäre  Veränderung  muß  aber  vor  allem  eine  gewisse 
Größe  haben,  damit  schließlich  ein  äußerlich  sichtbarer  Effekt  zutage  treten  kann.  Es 
hat  sich  indes  gezeigt,  daß  auch  Reize,  die  diese  „Schwelle"  nicht  erreicht  haben,  sog. 
unterschwellige  Reize,  wenn  sie  in  passender  Folge  wiederholt  werden,  sich  addieren 
können  und  schließlich  doch  zu  einem  sichtbaren  Effekt  führen.  Somit  muß  man  betonen, 
daß  auch  jeder  einzelne  unterschwellige  Reiz  einen  Eindruck   im  Protoplasma  hinterläßt. 

In  vielen  Fällen  genügt  das  einfache  Vorhandensein  des  Reizfaktors,  um  an  der 
reaktionsfähigen  Pflanze  eine  Reizerscheinung  auszulösen.  Alle  für  das  Leben  unentbehr- 
lichen Faktoren  müssen  in  diesem  Sinn  als  Reize  betrachtet  werden. 


Physiologie.  323 

Für  gewöhnlich  sieht  man  aber  von  den  durch  die  normalen  Lebensbedingungen 
erzielten  „stationären"  Reizen  ab  und  betrachtet  nur  diejenigen  Einwirkungen  als  Reize, 
die  durch  Veränderungen  im  bisherigen  Zustand  erzielt  werden.  Die  Veränderungen 
aber  können  entweder  im  Raum  oder  in  der  Zeit  erfolgen.  Wenn  eine  Veränderung 
nur  in  der  Zeit  stattfinden  soll,  muß  ein  bisher  schon  wirkender  Faktor  fernerhin  seine 
Qualität  oder  Intensität  ändern,  oder  ein  neuer  Faktor  muß  zu  den  bisherigen  hinzutreten; 
dabei  kann  die  Veränderuiig  an  dem  reizbaren  Organ  allseits  gleichmäßig  erfolgen. 
Wir  nennen  solche  Reize  diffuse  oder  homogene.  Besteht  dagegen  die  Veränderung 
darin,  daß  ein  Faktor  einseitig  ein  Organ  trifft  (räumliche  Änderung)  oder  wenigstens 
die  eine  Seite  mehr  als  die  anderen,  so  spricht  man  von  einseitigen  oder  anhomo- 
genen Reizen.  Als  Beispiele  für  diffuse  Reizung  führen  wir  an:  das  Fallen  oder  Steigen 
der  Temperatur,  die  Veränderung  der  Lichtintensität  und  Lichtqualität,  oder  überhaupt 
das  Auftreten  von  Licht  nach  zuvoriger  Dunkelheit.  Als  Beispiele  für  anhomogene  Reizung 
seien  eine  einseitige  Erwärmung,  eine  einseitige  Beleuchtung,  eine  einseitige  Einwirkung 
von  Chemikalien  genannt.  Es  kann  also  ein  und  dasselbe  Reizmittel  zu  diffuser  wie  zu 
anhomogener  Reizung  führen,  und  deshalb  hat  man  nicht  nur  vom  Reizmittel,  sondern 
auch  vom  Reiz  an  laß,  d.  h.  der  Art  der  Einwirkung  des  Mittels  zu  reden.  — 
Unter  Umständen  kann  übrigens  auch  ein  an  sich  homogener  Reiz  zu  anhomogener  Reizung 
führen,  nämlich  dann,  wenn  die  Pflanze  durch  ihren  Bau  eine  nur  einseitige  Wirkung  des 
Reizes  gestattet  oder  wenn  sie  einseitig  empfindlicher  ist.  Dies  trifft  vor  allem  bei  dorsi- 
ventralen  Organen  zu. 

Von  Reizen,  die  unseren  eigenen  Körper  treffen,  erlangen  wir  wenigstens  vielfach 
dadurch  Kenntnis,  daß  sie  uns  ,,zum  Bewußtsein  kommen".  Bei  allen  anderen  Organismen 
aber  können  wir  die  Existenz  der  Reizbarkeit  nur  daran  erkennen,  daß  einem  Reiz  früher 
oder  später  eine  Reaktion  folgt.  Diese  Reaktion  kann  darin  bestehen,  daß  eine  schon 
im  Gange  befindliche  Aktion  beschleunigt,  gehemmt  oder  in  andere  Bahnen  gelenkt  wird, 
oder  daß  neue  Aktionen  ausgelöst  werden.  Die  Aktionen  selbst  aber  können  sich  entweder 
im  Stoffwechsel  oder  im  Formwechsel  oder  im  Ortswechsel  äußern,  genauer  gesagt,  sie 
können  ihren  Hauptausdruck,  den  uns  am  meisten  auffallenden  Effekt,  auf  einem  der 
genannten  Gebiete  haben. 

Sicher  liegt  zwischen  der  Perzeption  eines  Reizes  und  der  Reaktion  immer  eine 
Kette  zahlloser  Einzelvorgänge.  Von  diesen  Teilvorgängen  des  Reizprozesses  wissen  wir 
im  allgemeinen  nicht  viel.  Manchmal  aber,  nämlich  dann,  wenn  die  Reaktion  an  anderer 
Stelle  erfolgt  als  die  Perzeption,  ist  ein  Glied  dieser  Teilprozesse,  nämlich  die  Reiz- 
leitung  ohne  weiteres  bemerkbar.  Die  Unterscheidung  dreier  Einzelvorgänge:  Reiz- 
perzeption,  Reizleitung  und  Reizreaktion  erinnert  uns  um  so  mehr  an  die  Verhältnisse  bei 
den  höheren  Tieren,  je  mehr  besondere  Organe  für  sie  ausgebildet  sind.  So  ist  das 
Tentakelköpfchen  von  Drosera  das  Perzeptionsorgan,  der  obere  Teil  des  Stieles  das 
Leitungs-,  der  untere  Teil  das  Reaktionsorgan. 

Wenn  der  Physiologe  von  Empfindung,  von  Stimmung,  von  Sensibilität  usw.  redet, 
wenn  er  also  Ausdrücke  verwendet,  die  dem  Seelenleben  des  Menschen  entnommen  sind, 
so  will  er  damit  zweifellos  auf  Ähnlichkei  ten  ('")  hinweisen,  die  auf  dem  Gebiete  der 
Reizerscheinungen  in  den  beiden  Reichen  bestehen,  aber  es  liegt  ihm  doch  im  allgemeinen 
ganz  fern,  der  Pflanze  eine  „Seele"  zuzuschreiben.  Wenn  es  erlaubt  ist,  von  der 
Empfindlichkeit  einer  Wage  und  von  der  Empfindlichkeit  eines  Menschen  zu  sprechen,  so 
ist  auch  nichts  dagegen  einzuwenden,  wenn  man  von  „Empfindung"  bei  Tier  und  Pflanze 
redet,  auch  wenn  weitgehende  Differenzen  bestehen.  Es  ist  ja  ganz  allgemein  üblich,  alte 
Namen  auf  neue  Begriffe  zu  übertragen,  dem  alten  Wort  also  einen  neuen  Sinn  unter- 
zuschieben. Nötig  ist  dabei  freilich  zur  Vermeidung  von  Mißverständnissen  eine  scharfe 
Definition.  Daran  hat  es  aber  in  der  Regel  gefehlt.  Und  so  kommt  es,  daß  der  Ausdruck 
die  Pflanze  „empfindet"  die  Reize  dahin  geführt  hat,  ihr  eine  Seele  zuzuschreiben. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  Gründe  für  eine  solche  Annahme  sich  finden  lassen.  In  der 
Tat  wird  diese  einerseits  von  ernsthaften  P'orschern,  andererseits  aber  auch  von  populären 
Schriftstellern  vertreten,  welch  letzteren  es  oft  mehr  auf  die  erzielte  Sensation  als  auf  die 
Exaktheit  ankommt,  —  So  reden  dann  solche  Schriftsteller  von  ,.su  bj  ek  ti  ver 
Empfindung",  von  „Wollen"  und  „Denken"  bei  der  Pflanze;  sie  schreiben  ihr  also  die 
ganze  komplizierte  Psyche  des  Menschen  zu.  Die  Beweise  für  eine  solche  sind  aber 
äußerst  dürftig  und  beschränken  sich  schließlich  auf  einige  Fälle  von  nützlicher  Reaktion, 
denen  man  mit  Leichtigkeit  gegenteilige  Beispiele  an  die  Seite  stellen  kann.  Namentlich 
bei   den   raschen   Bewegungen   der  niederen    Organismen    entsteht   leicht   der   Eindruck 

21* 


324  Jost:  Physiologie. 

von  „vernünftigem"  Handeln.  Daß  die  Pflanze  denkt,  wird  niemand  ernstlich  begründen 
können,  und  wenn  man  fragt,  ob  sie  so  empfindet  wie  wir,  ob  sie  Bewußtsein  hat,  so 
kann  man  nur  antworten:  Darüber  fehlt  uns  jede  Kenntnis. 

Wir  können  vom  phylogenetischen  Standpunkt  aus  nur  sagen,  daß  Pflanzen  und 
Tiere  von  denselben  einfachen  Organismen  aus  sich  entwickelt  haben.  In  beiden  Reichen 
finden  wir  eine  „Beantwortung"  von  Reizen.  Im  Tier  hat  sich  ein  besonderes  Organ- 
system ausgebildet,  dessen  einzige  Funktion  es  ist,  die  Reize  aufzunehmen  und  weiter- 
zugeben. Ein  solches  Nervensystem  mit  seinen  Zentren  (Gehirn  und  Rückenmark)  fehlt 
der  Pflanze  zunächst  einmal  in  morphologischem  Sinn;  aber  auch  der  Funktion  nach  kann 
man  bei  ihr  ein  Zentralorgan  nicht  finden.  Daraus  kann  man  aber  nicht  mit  Sicherheit 
schließen,  daß  die  Pflanze  keine  Psyche  habe.  Geht  man  im  Tierreich  abwärts  zu 
immer  einfacheren  Formen,  so  schwindet  ja  auch  mehr  und  mehr  die  zuverlässige  Kenntnis 
der  psychischen  Befähigung.  Es  sind  stets  nur  Analogieschlüsse,  die  uns  die  Annahme 
einer  Psyche  bei  anderen  Organismen  als  bei  uns  selbst  nahelegen.  Sie  werden  um  so 
unsicherer,  je  weiter  wir  uns  vom  Menschen  entfernen.  Jedenfalls  kann  man  gegen  die 
Annahme  einer  primitiven  Psyche  bei  der  Pflanze  keine  ernstlichen  Einwände  machen. 

Für  die  prinzipielle  Gleichheit  der  Grundlage  aller  Reizerscheinungen  kann  man 
nun  die  Tatsache  anführen,  daß  gewisse  Gesetzmäßigkeiten  ebenso  bei  der  Reiz- 
barkeit der  einfachen  Pflanze  wie  des  komplizierten  Tieres  festgestellt  worden  sind:  das 
Reiz  mengengesetz  einerseits,  das  WEBERsche  Gesetz  andererseits.  Das  Reizmengen- 
gesetz sagt  aus,  daß  weder  die  Intensität  des  Reizes  noch  seine  Dauer  allein  maßgebend 
ist,  daß  es  vielmehr  auf  das  Produkt  beider  ankommt.  Dieses  Gesetz  ist  beim  Geo- 
tropismus und  Phototropismus  nachgewiesen  und  ist  uns  dort  auch  in  der  Form  des 
S i n u s gesetzes,  des  Resultantengesetzes  und  des  Talbotgesetzes  entgegengetreten. 
Auch  bei  Tieren  ist  gelegentlich  das  Reizmengengesetz  gültig  befunden,  und  es  ist  ferner 
bei  manchen  anderen  Vorgängen  an  der  Pflanze  beobachtet  worden,  z.  B.  bei  der  wachs- 
tumshemmenden Lichtwirkung  an  der  Koleoptile  von  Avena  und  bei  der  Bildung  des  roten 
Farbstoffes  in  den  Zellen  des  Buchweizens. 

Gerade  weil  solche  verhältnismäßig  einfachen  Vorgänge  diesem  Gesetz  gehorchen, 
und  weil  es  ferner  auch  bei  der  Lichtwirkung  auf  Silbersalze  gilt,  kann  man  sagen,  hier 
haben  wir  es  mit  rein  physikalischen  und  chemischen  Dingen  zu  tun,  die  vor 
den  eigentlichen  physiologischen  Erscheinungen  liegen. 

Wichtiger  ist  deshalb  das  WEBERsche  Gesetz,  das  bei  der  Unterschiedsempfindung 
für  Drucke  beim  Menschen  aufgefunden  wurde,  nun  auch  bei  den  chemotaktischen  und 
haptotropischen  Bewegungen  sicher  nachgewiesen  ist.  —  Aber  freilich,  es  muß  betont  werden, 
daß  das  WEBERsche  Gesetz  durchaus  nicht  bei  allen  Reizerscheinungen  weder  bei  der 
Pflanze  noch  beim  Tiere  gilt,  und  daß  ihm  selbst  da,  wo  es  zutrifft,  gewisse  Grenzen 
gezogen  sind. 

Als  weitere  Ähnlichkeit  der  Reizerscheinungen  im  Tier-  und  Pflanzenreich  kann 
man  noch  die  Tatsache  anführen,  daß  man  auch  bei  der  Pflanze  von  verschiedenen  Sinnen 
reden  kann.  Denn  es  hat  sich  gezeigt,  daß,  wenn  auch  die  Reaktionen  oft  nach  ver- 
schiedener Reizung,  z.  B.  nach  geotropischer  und  phototropischer  ganz  gleich  ausfallen, 
doch  die  ersten  physiologischen  Wirkungen  von  Schwerkraft  und  Licht,  ja  selbst  von  ver- 
schiedenen Stoffen  bei  der  Chemotaxis,  ganz  verschieden  sind.  Das  muß  man  erstens 
daraus  schließen,  daß  eine  Summierung  solcher  Reizwirkungen  nicht  immer  möglich 
ist,  was  doch  der  Fall  sein  müßte,  wenn  sie  die  gleichen  primären  physiologischen  Wirkungen 
besäßen,  und  zweitens,  daß  durch  homogene  Reizung  mit  dem  einen  Agens  keinerlei  Ab- 
stumpfung der  Empfindlichkeit  für  einseitige  Wirkung  der  anderen   erzielt  werden  kann. 

Endlich  mag  noch  darauf  hingewiesen  sein,  daß  auch  die  Erscheinungen  der 
,, Stimmung"  in  beiden  Reichen  vorkommen.  Äußere  Faktoren  aller  Art  wirken  so  auf 
den  Reizprozeß  ein,  daß  die  Reaktion  weitgehend  geändert  werden  kann.  Das  kann 
schließlich  dahin  führen,  daß  die  Richtung  einer  Reaktion  sich  ändert,  eine  sonst 
positive  Taxis  z.  B,  in  eine  negative  übergeht. 

Es  mag  sein,  daß  diese  Analogien  zwischen  pflanzlicher  und  tierischer  Reizbarkeit 
vielleicht  nicht  so  tiefgehend  sind,  wie  manche  Forscher  glauben.  Jedenfalls  muß  man 
aber  zugeben,  daß  die  Annahme  einer  prinzipiellen  Gleichheit  beider  einen  sehr  großen 
heuristischen  Wert  gehabt  hat,  da  sie  eben  zur  Auffindung  vieler  Gesetzmäßigkeiten 
geführt  hat. 


ZWEITER  TEIL 

Spezielle  Botanik. 


Die  spezielle  Botanik  ist  die  spezielle  Morphologie,  Physiologie  und 
Ökologie  der  Gewächse.  Während  der  allgemeinen  Botanik  die  Aufgabe  zufiel, 
uns  mit  den  Gesetzen  bekannt  zu  machen,  welche  die  Gestaltung,  die  Lebens- 
vorgänge und  die  Anpassungen  im  ganzen  Pflanzenreiche  beherrschen,  soll 
uns  die  spezielle  Botanik  in  die  Kenntnis  der  einzelnen  Gruppen  des  Pflanzen- 
reichs einführen.  Auf  Grund  morphologischen  Vergleichs  der  mannigfaltigen 
einzelnen  Pflanzentypen  miteinander  versucht  die  spezielle  Morphologie  einen 
Einblick  in  die  Phylogenie  des  Pflanzenreichs  zu  gewinnen.  Die  Lösung 
dieser  Aufgabe  würde  uns  den  Schlüssel  zur  Aufstellung  eines  natürlichen 
Systems  der  Organismen  liefern;  denn  als  ein  natürliches  kann  nur  jenes 
gelten,  das  auf  ihrer  wirldichen  Verwandtschaft  fußt.  Freihch  wird  jedes 
von  uns  aufgestellte  ,, natürliche"  System  nur  ein  sehr  unvollkommenes  sein, 
da  wir  den  phylogenetischen  Zusammenhang  nicht  direkt  feststellen  können, 
sondern  ihn  nur  indirekt  aus  dem  morphologischen  Vergleich  erschließen 
müssen. 

Einem  solchen  natürlichen  System  der  Organismen,  das  nach  dem  wirk- 
lichen Zusammenhang  zwischen  den  Lebewesen  sucht,  stehen  die  künst- 
lichen Systeme  gegenüber,  die  von  vornherein  nur  ein  praktisches  Ziel 
ins  Auge  fassen  und  die  Wesen  so  gruppieren  wollen,  daß  man  den  Namen 
eines  jeden  derselben  möglichst  leicht  auffinden  oder  bestimmen  könne.  Von 
allen  künstlichen  Systemen  früherer  Zeiten  hatte  für  solche  Zwecke  das  von 
Carl  Linne  im  Jahre  1735  aufgestellte  Sexualsystem  die  größte  Bedeutung 
gewonnen. 

Linne  verwertete  ausschließlich  Merkmale,  die  sich  auf  die  Verhältnisse  der  Ge- 
schlechtsorgane beziehen,  und  unterschied  danach  in  seinem  Sexualsystem  im  ganzen 
24  Klassen  von  Pflanzen.  In  der  letzten,  24.  Klasse  vereinigte  er  alle  Gewächse  ohne 
deutlich  sichtbare  Geschlechtsorgane  und  nannte  sie  Kryptogamen;  von  diesen  waren 
damals  nur  verhältnismäßig  wenige  Formen  bekannt,  und  die  mannigfaltigen  Fort- 
pflanzungsverhältnisse dieser  großen  Gewächsgruppe  lagen  noch  in  tiefem  Dunkel.  Den 
Kryptogamen  stehen  die  übrigen  23  Klassen  als  Phanerogamen  oder  Pflanzen  mit 
deutlich  sichtbaren  Geschlechtsorganen,  „in  Blüten",  gegenüber.  Die  Phanerogamenklassen 
unterschied  Linne  zunächst  nach  der  Verteilung  der  Geschlechter  in  den  Blüten  in  solche 
mit  Zwitterblüten  (Klasse  I— XX)  und  solche  mit  eingeschlechtigen  oder  mit  teils  ein- 
geschlechtigen, teils  zwitterigen  Blüten  (.XXI— XXIII).  Die  zwitterblütigen  teilte  er  weiter 
in  drei  Gruppen  ein :  Pflanzen  mit  freien  Staubblättern  (I — XV),  solche  mit  verwachsenen 
Staubblättern  (XVI— XIX)  und  solche,  deren  Staubblätter  mit  dem  Fruchtknoten  ver- 
wachsen sind  (XX);  die  erste  dieser  drei  Gruppen  weiterhin  nach  der  Zahl,  der  Insertion 


326  Schenck : 

und  den  Längenverhältnissen  der  Staubblätter.  Jede  der  24  Klassen  gliederte  er  in 
Ordnungen  nach  ähnlichen  Gesichtspunkten.  Manche  der  so  von  ihm  erhaltenen  Klassen 
und  Ordnungen  entsprechen  natürlichen  Verwandtschaftsgruppen,  die  indessen  in  seinem 
System  bunt  durcheinander  gewürfelt  sind;  die  meisten  aber  enthalten  Pflanzen,  die 
phylogenetisch  einander  sehr  fern  stehen. 

Bereits  Linke  hatte  indessen  auch  versucht,  natürliche  Pflanzen- 
familien  aufzustellen  (im  Jahre  1738)  und  sie  nach  ihrer  ,, Verwandtschaft" 
anzuordnen.  Solange  aber  an  die  Unwandelbarkeit  der  Spezies  geglaubt 
wurde,  hatte  die  Bezeichnung  Verwandtschaft  und  Familie  in  einem  System 
der  Organismen  nur  eine  mystische  Bedeutung.  Sie  bedeutete  tatsächlich 
weiter  nichts  als  eine  Zusammenstellung  ähnlich  aussehender  Wesen.  Erst 
durch  die  Deszendenzlehre  hat  das  natürliche  System  der  Organismen  seine 
reale  Grundlage  gewonnen. 

Das  System,  das  für  die  nachfolgende  Darstellung  zugrunde  gelegt 
werden  soll,  ist  das  von  Alexander  Braun  aufgestellte,  von  Eichler, 
Engler,  Wettstein,  Mez  und  anderen  weiter  ausgebildete  natürliche 
System. 

Wir  gliedern  das  Pflanzenreich  in  folgende  vier  Hauptgruppen: 

1.  Thallophyta,  Thalluspflanzen. 

2.  Byyophyta,  Moospflanzen. 

3.  Pieridophyta,  Farnpflanzen. 

4.  Spermatophyta,  Samenpflanzen. 


Erste  Abteilung. 
Thallophyten,   Bryophyten,    Pteridophyten. 

Thallophyten,  Bryophyten  und  Pteridophyten  werden  seit  Linne  all- 
gemein als  Kryptogamen,  die  Samenpflanzen  als  Phanerogamen  be- 
zeichnet. Diesen  beiden  Hauptgruppen  kommt  indessen  vom  streng  syste- 
matischen Standpunkt  aus  ungleicher  Wert  zu,  denn  die  tiefer  stehenden 
Vertreter  der  Phanerogamen  nähern  sich  den  höchstentwickelten  Kryptogamen, 
nämlich  den  Farnpflanzen,  aus  denen  sie  hervorgegangen  sind,  entschieden 
mehr  als  diese  den  Moosen.  Die  Moose  zeigen  wie  die  Thallophyten  noch 
einen  Aufbau  aus  mehr  oder  weniger  gleichartigen  Zellen;  beide  Gruppen 
werden  daher  auch  als  Zellenpflanzen  zusammengefaßt  und  den  Gefäß- 
pflanzen, die  durch  die  Farnpflanzen  und  Samenpflanzen  vertreten  werden, 
gegenübergestellt.  Da  aber  andererseits  die  Moose  in  mancherlei  Beziehungen 
den  Farnpflanzen  näher  stehen  und  mit  diesen  aus  gemeinsamer  Wurzel  als 
gesondert  weiter  entwickelte  Stämme  hervorgegangen  zu  sein  scheinen,  so 
kann  auch  die  Unterscheidung  von  Zellenpflanzen  und  Gefäßpflanzen  nicht 
zur  obersten  Einteilung  des  Pflanzenreichs  Verwendung  finden. 

Die  Samenpflanzen  oder  Spermatophyten  unterscheiden  sich  wesentlich 
durch  ihre  Verbreitung  mittels  Samen  von  den  Kryptogamen,  bei  denen 
allgemein  Sporen,  das  sind  einzellige  Keime,  von  der  Mutterpflanze 
sich  loslösen  und  den  Ausgangspunkt  für  die  Entwicklung  eines  neuen  Indi- 
viduums abgeben.  Die  Kryptogamen  verdienen  daher  richtiger  den  Namen 
Sporenpflanzen.  Bei  den  Samenpflanzen  ist  allerdings  auch  Sporenbildung 
vorhanden,  allein  die  Sporenbehälter  und  Sporen,  aus  denen  die  Samen  als 
vielzellige  eigenartige  Gebilde  hervorgehen,  entwickeln  sich  in  Verbindung 
mit  der  Mutterpflanze  weiter,  und  erst  die  Samen  lösen  sich  von  dieser  ab. 


Thallophyten.  327 

Die  Unterschiede  zwischen  Thallophyten,  Bryophyten  und  Pteridophyten 
sind  in  Kürze  folgende: 

Die  Thallophyten  enthalten  mannigfaltige  Pflanzengcstalten,  die  einen 
einzelligen  oder  einen  mehrzelligen,  mehr  oder  weniger  reich  verzweigten 
Thallus  vorstellen.  Die  Fortpflanzung  geschieht  ungeschlechtlich  oder  ge- 
schlechtlich, meist  ohne  bestimmte  Aufeinanderfolge  beider  Ueproduktions- 
arten.  Ein  Generationswechsel  ist  nur  bei  höher  stehenden  Vertretern  vor- 
handen. 

Die  Bryophyten  und  d'e  Pteridophyten  legen  ihre  Entwicklung  in 
zwei  regelmäßig  miteinander  abwechselnden  Generationen  zurück.  Die  un- 
geschlechtliche Generation  bildet  Sporen  und  wird  daher  Sporophyt  ge- 
nannt. Aus  den  Sporen  geht  die  geschlechtliche  Generation,  der  Garaeto- 
phyt,  hervor,  der  Geschlechtsorgane  von  charakteristischem  Bau  erzeugt; 
die  männlichen  heißen  Antheridien,  die  weiblichen  Archegonien.  Aus  der 
befruchteten  Eizelle  der  Archegonien  geht  wiederum  der  Sporophyt  hervor. 

Bei  den  Bryophyten  oder  Moospflanzen  stellt  der  Gametophyt  stets 
einen  Thallus  vor,  auch  bei  den  höher  stehenden  Moosen,  wo  er  zwar  eine 
Gliederung  in  Stämmchen  und  Blättchen,  aber  noch  keine  echten  Wurzeln 
und  keine  Leitbündel  mit  Gefäßen  aufweist;  der  Sporophyt  dagegen  ist  eine 
gestielte  oder  ungestielte,  auf  der  geschlechtlichen  Moospflanze  halbparasitisch 
heranreifende  Sporenkapsel. 

Bei  den  Pteridophyten  oder  Farnpflanzen  ist  der  Gametophyt  ein 
kleiner  Thallus,  während  der  Sporophyt  Gliederung  in  Stengel,  Blätter  und 
Wurzeln,  mit  echten  Leitbündeln,  also  schon  den  Aufbau  der  Spermato- 
phyten  besitzt. 

Die  Moose  und  Farnpflanzen  werden  auf  Grund  des  übereinstimmenden  Baues  ihrer 
weiblichen  Sexualorgane,  der  Archegonien,  auch  als  Archego  niaten  vereinigt.  Indessen 
treten  diese  Organe  in  etwas  vereinfachter  Form  auch  noch  bei  tiefer  stehenden  Sperma- 
tophyten  (bei  den  meisten  Gymnospermen)  auf,  so  daß  sich  eine  scharfe  Abgrenzung  der 
Archegoniaten  von  den  höher  stehenden  Pflanzengruppen  nicht  durchführen  läßt. 

I.  ThallophytaC). 

Die  Thallophyten  unterschied  man  früher  in  Algen  oder  Algae,  Pilze 
odei  Fimgi  und  Flechten  oder  Lichenes.  Algen  sind  Thallophyten,  die  Chroma- 
tophoren  mit  Farbstoffen,  vor  allem  stets  Chlorophyll,  besitzen  und  dem- 
entsprechend zu  selbständiger  Ernährungsweise  oder  Autotrophie  befähigt 
erscheinen,  während  die  Pilze  als  heterotrophische  Gewächse  keine  solchen 
Farbstoffe  enthalten  und  saprophytische  oder  parasitische  Lebensweise  führen. 
Jedoch  gibt  es  auch  mixotrophe  Algen,  die  nicht  ausschließlich  auf  auto- 
trophe  Lebensweise  angewiesen  sind,  sondern  auch  in  mehr  oder  weniger 
hohem  Maße  organische  Substanzen  in  ihrem  Stoffwechsel  verwerten  können, 
also  in  fauligem  Wasser  gut  gedeihen.  Die  Einteilung  in  x\lgen  und  Pilze 
hat  nur  physiologischen,  keinen  phylogenetischen  Wert,  da  sie  die  Verwandt- 
schaftsbeziehungen der  einzelnen  Klassen,  in  die  beide  Gruppen  zerlegt  werden 
müssen,  nicht  zum  Ausdruck  bringt.  Der  Thallus  der  früher  als  einheitliche 
Organismen  betrachteten  Flechten  stellt  eine  Symbiose  von  Fadenpilzen  mit 
Algen  vor.  Vom  streng  systematischen  Standpunkt  aus  müssen  die  Flechten- 
pilze und  die  Flechtenalgen  in  die  Klassen  der  ihnen  nächst ver\yandten 
Organismen  eingereiht  werden;  andererseits  zeigen  die  Flechten  so  viel  Überein- 
stimmendes in  Bau  und  Lebensweise,  daß  eine  zusammenfassende  Behandlung 
im  Anschluß  an  die  Fadenpilze  für  unsere  Zwecke  vorzuziehen  ist. 

Die  verwandtschaftlichen  Beziehungen  der  14  Klassen,  in  die  wir  die 
Thallophyten  gliedern,   bedürfen  noch  in  vielen  Punkten  der   Klärung  und 


328  Schenck : 

sollen    nur    mit    Vorbehalt   in   folgender    Zusammenstellung    veranschaulicht 
werden : 

^—Baciena,  Bakterien. 
^"^^Cyanophyceae,  Blaugrüne  Algen. 
'Myxomyceies,  Schleimpilze. 
'Dinoflagellatae,  Dinoflagellaten. 
-Diaiomeae,  Kieselalgen. 
'Cojtjugatae,  Konjugatenalgen. 
^Hcterocontae,  Ungleichwimperige  Grünalgen. 
•Chlor opJiyceae,  Grünalgen. 
•Rhodophyceae,  Kotalgen. 
•Eufiiycetes,  Fadenpilze. 


n 


Phycomycetes,  Algenpilze. 

Phaeophyceae,  Braunalgen. 


I  Characeae,  Armleuchteralgen. 

Zu  den  einfachsten  Thallophyten  gehören  die  Bakterien  und  die  Cyanophyceen,  die 
untereinander  nähere  Beziehungen  aufweisen  und  die  man  daher  auch  als  Schizophyta 
oder  Spaltpflanzen  zusammengefaßt  hat.  Obwohl  einige  Gründe  für  die  Angliederung 
der  Schizophyten  an  Flagellaten  sprechen,  erscheint  es  einstweilen  noch  angemessen,  sie 
in  besonderer  Stellung  den  übrigen  einfacheren  Thallophyten  gegenüber  zu  belassen,  die 
mit  mehr  oder  weniger  großer  Wahrscheinlichkeit  auf  Flagellaten  als  Ausgangsformen  hin- 
weisen. Die  Flagellaten  wurden  und  werden  vielfach  auch  zu  den  niedersten  Tieren  ge- 
rechnet; in  der  Tat  vereinigen  sie  pflanzliche  und  tierische  Charaktere  und  sind  auch 
als  Ausgangsformen  für  niedere  Tiere  zu  betrachten.  Die  Schleimpilze  dürften  als  farb- 
lose Saprophyten  ebenfalls  von  ihnen  abstammen.  Die  Dinoflagellaten  stellen  nur  einen 
weiter  entwickelten  Zweig  der  Flagellaten  dar.  Die  einfachsten  Formen  der  Heteroconten, 
der  Grünalgen  und  der  Braunalgen  schließen  an  Flagellaten  an,  während  dagegen  eine 
direkte  Verbindung  der  letzteren  mit  den  Diatomeen  und  mit  den  Konjugaten  auf  größere 
Schwierigkeiten  stößt. 

Von  der  Hauptreihe  der  Grünalgen  haben  sich  die  Algenpilze  abgezweigt;  zweifel- 
haft ist  die  Anfügung  der  Rotalgen  und  der  Fadenpilze,  welche  beide  auf  gemeinsame 
Wurzel  zurückzugehen  scheinen.  Eine  vorgerückte  Stellung  nehmen  die  Armleuchter- 
algen ein,  die  meist  als  höchst  entwickelte  Grünalgen  aufgefaßt  werden,  in  wichtigen  Cha- 
rakteren aber  auch  zu  den  Braunalgen  einige  Beziehungen  aufzuweisen  scheinen ;  ihr  Ur- 
sprung ist  uns  rätselhaft. 

Allgemein  verbreiten  und  vermehren  sich  die  Thallophyten  durch  un- 
geschlechtlich erzeugte  Sporen,  deren  Bildungs weise  große  Mannigfaltig- 
keit aufweist.  In  vielen  Fällen  entstehen  die  Sporen  durch  Zellteilung  im 
Innern  von  Zellen,  die  dann  als  Sporangien  bezeichnet  werden,  in  anderen 
Fällen  entstehen  sie  durch  Umbildung  und  Loslösung  von  Thalluszellen  oder 
durch  Zellsprossung.  Die  Sporen  heißen  Schwärmsporen,  Zoosporen,  wenn 
sie  kontraktile  Zilien  besitzen,  deren  Schwingungen  ihre  Fortbewegung  im 
Wasser  bewirken;  sie  heißen  Aplanosporen,  wenn  sie  keine  Zilien  tragen. 
Im  letzteren  Falle  können  sie  nackt  sein  bei  Verbreitung  im  Wasser,  oder 
mit  Membran  umgeben  bei  Verbreitung  in  der  Luft. 

Außer  der  ungeschlechtlichen  ist  auch  geschlechtliche  Fortpflanzung  sehr 
verbreitet.  Im  einfachsten  Falle  besteht  sie  in  Isogamie,  d.  h.  in  der  Ver- 
schmelzung von  zwei  zwar  äußerlich  gleichgestalteten,  physiologisch  aber 
verschieden  differenzierten  Sexualzellen  oder  Gameten  zu  einer  einzigen  Zelle, 
der  Zygote  oder  Zygospore.  Die  Organe,  in  denen  die  Gameten  gebildet 
werden,  heißen  Gametangien.  Pianogame ten  sind  mit  Zilien  begabt, 
Aplanoga nieten  dagegen  zilienlose  Gametenzellen.  Auf  höheren  Stufen 
ist  die  Isogamie  in  Heterogamie  übergegangen;  die  Gameten  sind  in  kleinere 
männliche   und   größere    weibliche    differenziert.       Ist    diese    Differenzierung 


Thallophyten.  329 

SO  weit  vorgeschritten,  daß  wir  männliehe,  meist  mit  Zilien  vcrichenc  Zellen, 
Spermien  (Spermatozoiden,  Spermatozoen,  Samenzellen),  die  in  Anthe- 
ridicn  erzeugt  werden,  und  weibliche  größere,  reservestoff reichere,  zilien- 
lose,  unbewegliche  Zellen,  Ovien  (Oosphären,  Eizellen),  die  in  Oogonien 
entstehen,  unterscheiden  können,  so  sprechen  wir  von  Eibefruchtung  oder 
Oogamie.  Die  befruchtete  Eizelle,  die  Zygote,  wird  als  Oospore  bezeichnet, 
wenn  sie  einen  Dauerzustand  eingeht;  sie  kann  aber  auch  bei  gewissen  Gruppen 
ihre  Entwicklung  sofort  beginnen.  Man  nimmt  an,  daß  die  Gameten  aus 
ungeschlechtlichen  Sporen  phylogenetisch  hervorgegangen  sind.  GametaiiLden, 
Oogonien,  Antheridien  sind  bei  den  Thallophyten  den  Sporangien  homologe 
Gebilde.  Die  sexuelle  B'ortpflanzung  hat  sich  in  verschiedenen  Gruppen, 
also  unabhängig  mehrmals,  herausgebildet.  Parthenogenesis  ist  unter  den 
Thallophyten  verbreitet. 

Während  bei  gewissen  Thallophyten  ausschließlich  ungeschlechtliche,  bei  anderen 
nur  geschlechtliche  Fortpflanzung  stattfindet,  kommen  bei  vielen  beide  Formen  der  Fort- 
pflanzung vor,  sei  es  an  derselben  Pflanze  neben-  oder  nacheinander,  oder  in  einander 
ablösenden  getrennten  Generationen.  Im  allgemeinen  ist  aber  bei  den  Thallophyten  keine 
regelmäßige  Aufeinanderfolge  von  ungeschlechtlichen  und  geschlechtlichen  Generationen 
vorhanden,  da  äußere  Faktoren  auf  die  Art  der  Fortpflanzung  von  großem  Einfluß  sind('). 
Nur  bei  wenigen  Gruppen  (bei  manchen  Braunalgen,  bei  den  Rotalgen  und  bei  gewissen 
Fadenpilzen)  folgt  regelmäßig  auf  eine  geschlechtliche  Generation  (Gametophyt) 
eine  ungeschlechtliche  (Sporophyt);  ein  solcher  regelmäßiger  Generations- 
wechsel ist  auch  bei  allen  Archegoniaten  vorhanden. 

Bei  der  Kopulation  zweier  Sexualzellen  erhält  der  Keimkern  die  doppelte  Anzahl 
von  Chromosomen;  er  wird  diploid,  während  die  Sexualzellen  haploide  Kerne  be- 
sitzen (vgl.  S.  172).  Im  Laufe  der  ontogenetischen  Entwicklung  muß  also  eine  Re- 
duktionsteilung der  diploiden  Kerne  zu  haploiden  erfolgen.  Wir  unterscheiden  somit 
eine  haploide  und  eine  diploide  Phase  im  Entwicklungsgange  der  Gewächse.  Die  Re- 
duktionsteilung erfolgt  bei  vielen  Thallophytengruppen  in  der  keimenden  Zygote,  kann 
aber  auch  selbst  innerhalb  eines  Verwandtschaftskreises  verschieden,  an  anderen  Stellen 
einsetzen  und  ist  somit  ein  Vorgang,  der  mit  dem  Beginn  einer  neuen  Generation  nicht 
notwendig  verbunden  zu  sein  braucht.  Bei  gewissen  Braunalgen,  Rotalgen  und  allen 
Archegoniaten  erfolgt  die  Reduktion  in  den  Sporangien,  so  daß  hier  regelmäßig  der 
Gametophyt  haploid,  der  Sporophyt  diploid  ausfällt.  Die  Wertigkeit  der  Kerne  kann  aber 
nicht  als   maßgebend    für   die    spezifische   Gestaltung    der    Generationen   erachtet  werden. 

Die  Keimzellen  der  von  den  Flagellaten  abzuleitenden  Thallophytenklassen,  sowohl 
Schwärmzellen,  als  auch  Gameten,  sind  in  vielen  Fällen  zilientragende  nackte  Protopl.isten 
von  Flagellatencharakter.  Selbst  bei  den  Moosen  und  Farnen,  sogar  auch  bei  Cycadeen 
und  Ginkgoaceen  zeigt  sich  noch  in  der  Gestalt  der  männlichen  Gameten,  wenn  sie  auch 
sekundär  verändert  sind,  dieses  Zurückgehen  in  der  Ontogenese  auf  die  phylogenetischen 
Ausgangsformen. 

Klasse  I. 

Bacteria,  Bakterien  oder  Spaltpilze ('^~''). 

Die  Bakterien  .»teilen  sehr  einfach  gebaute,  einzellige  oder  fadenförmige 
Organismen  dar,  die  des  Chlorophyllfarbstoffs  ermangeln  und  nuist  sapro- 
phytische  oder  parasitische  Lebensweise  führen.  Sie  sind  in  enormer  Arten- 
und  Individuenzahl  über  die  ganze  Erde,  in  der  Atmosphäre,  im  "Wasser, 
im  Boden,  feiner  auf  und  in  toten  oder  lebenden  Pflanzen  und  Tieren  ver- 
breitet. ]\Ian  bezeichnet  sie  auch  als  Spaltpilze  oder  Schizomycetes, 
weil  die  Vermehrung  ihrer  einzelligen  Formen  nur  durch  Zweiteilung  oder 
Spaltung  der  Zellen  sich  vollzieht,  eine  Vermehrungsweise,  die  übrigens  auch 
hn  den  anderen  einzelligen  Pflanzen  vorkommt. 

Die  Zellen  der  Bakterien  sind  von  einer  dünnen  Membran  umgeben  und 
enthalten  ein  meist  farbloses  Protoplasma,  das  bei  Plasmolyse  sich  von  der 


330 


Schenck : 


Wand  ganz  oder  teilweise  zurückzieht  und  das  im  Innern  des  Wandbelag  seinen 
einzigen  Saftraum  oder  auch  mehrere  Vakuolen  umschließen  kann.  In  den 
Protoplasten  sind  zwar  körnige  Gebilde  in  Ein-  oder  Mehrzahl,  sog.  Chromatin- 
körner,  beobachtet,  die  sich  durch  Farbstoffe  intensiv  färben  lassen  und  von 
verschiedenen  Autoren  als  Zellkerne  gedeutet  werden;  indessen  ist  es  bis  jetzt 
nicht  gelungen,  unzweifelhafte  Kernteilung  (Karyokinese)  an  ihnen  nachzu- 
weisen, so  daß  das  Vorhandensein  von  Kernen  noch  nicht  sichergestellt  ist. 

Die  Bakterien  sind  zum  größten  Teil  außerordentlich  winzige  Organismen, 
und  es  gehören  zu  ihnen  überhaupt  die  kleinsten  bekannten  Lebewesen.  So 
messen  die  kugeligen  Zellen  der  kleinsten  Ai'ten  im  Durchmesser  nur  0,0008  mm, 
die  stäbchenförmigen  Zellen  des  Tuberkelbazillus  haben  nur  0,0015  bis  0,004  mm 
Länge,  die  meisten  Ai'ten  etwa  0,001  mm  Breite  und  0,005  mm  Länge. 

Die  einfachsten  Formen  der  Spaltpilze  sind  winzige  kugelrunde  Zellen, 
Kokken.  Formen  mit  stäbchenförmigen  Zellen  werden  als  Bakterium 
oder  als  Bazillus  bezeichnet,  Stäbchen  mit  kurz  schraubiger  Krümmung 
heißen  Vibrio,  längere  Schrauben  Spirillum.  Die  einzelligen  Kokken, 
Stäbchen,  Vibrionen  können  nach  der  Teilung  in  Zellketten  vereinigt  bleiben. 


Fig.  294.  Geißeltypen,  a  Vibrio  cholerae. 
h,  ^Spirillum  undula.  d  Entwicklung  eines 
neuen  Geißelbüschels  bei  der  Teilung, 
c  Bacillus  Typhi,  e  Bacillus  subtilis. 
Vergr.  2250.     Nach  A.  Fischer. 


Fig.  295.  Cladothrix  dichotoma.  Bildung 
der  Schwärmstäbchen  aus  den  Faden- 
zellen.   Vergr.  1000.     Nach  A.  Fischer. 


Häufig  kommt  es  vor,  daß  die  äußeren  Zellmembranschichten  gallertartig 
aufquellen  und  so  die  Zellen  oder  Zellketten  in  Gallerte  eingebettet  werden. 
Ein  solcher  Zustand  heißt  Zoogloea. 

Diesen  einzelligen,  als  Haplohakterien  bezeichneten  Formen  stehen  die 
Trichohakterien  gegenüber,  die  meist  einfache  Zellfäden  aufweisen  (Lepto- 
thrix,  Beggiatoa,  Crenothrix),  bei  Cladothrix  aber  eine  unechte  Ver- 
zweigung der  Fäden  erreichen,  die  dadurch  zustande  kommt,  daß  eine  Faden- 
zelle sich  in  der  Längsrichtung  geradlinig  weiter  teilt  und  dabei  den  über  ihr 
gelegenen  Teil  des  Fadens  beiseite  drängt. 

Viele  Bakterien  sind  durch  Eigenbewegung  ausgezeichnet,  welche  durch 
Schwingungen  von  feinen  Plasmazilien  vermittelt  wird  (^a).  Diese  Geißeln 
sind  entweder  über  die  Oberfläche  verteilt  (Heubazillus  Fig.  296a,  d\  Typhus- 
bazillus 294c;  Tetanusbazillus  299ß)  oder  sie  entspringen  von  einem  Punkte 
aus,  entweder  als  Einzelgeißel  oder  als  Geißelbüschel.  Danach  unterscheidet 
man  peritriche,  monotriche  und  lophotriche  Bakterien.  Eine  polare  Einzel- 
geißel hat  der  Cholerabazillus  (Fig.  294a),  ein  polares  Geißelbüschel  Spirillum 
undula  (Fig.  2946,  d)\  ein  seitenständiges  Geißelbüschel  die  Schwärmzelle  von 
Cladothrix  (Fig.  295).  Die  Geißelbüschel  können  sich  zu  zöpfchenartigen 
Gebilden   zusammendrehen;   sie   werden  niemals   eingezogen,   sondern  gehen 


Thallophyten. 


331 


vor  der  Sporenbildung  oder  durch  ungünstige  Einflüsse,  oft  unter  vorheriger 
Einrollung  (Fig.  294e),  zugrunde. 

Die  Vermehrung  und  Verbreitung  geschieht  auf  vegetativem  Wege  durch 
eine  sehr  ausgiebige  Zweiteilung  der  Zellen,  die  bei  gestreckten  Formen  stets 
quer  zur  Längsachse  erfolgt,  die  Erhaltung  der  Art  durch  ungeschlechtliche 
Bildung  von  Dauersporen,  die  als  Endosporen  (Fig.  296c,  291  e,  j)  ent- 
stehen, wohl  überall  in  der  Weise,  daß  die  Spore  im  Zellplasma  entweder  in 
der  Mitte  oder  näher  einem  Ende  der  Zelle  sich  abgrenzt  und  mit  neuer  Mem- 
bran umgibt.  Die  Mutterzellmembran  geht  nach  der  Reife  der  Sporen  durch 
Verquellen  zugrunde.     Sporen  sind  aber  nicht  bei  allen  Arten  nachgewiesen. 

/.  Ordnung  Haplobacteria.  Einzellige  Bakterien.  Sie  umfassen 
die  Hauptmasse  der  Ai'ten. 

Obwohl  ihr  Formenkreis  ein  sehr  einfacher  ist,  weisen  ihre  Arten  eine  ungemeine 
Mannigfaltigkeit  in  ihrem  Stoffwechsel  auf.  Die  meisten  Bakterien  haben  Sauerstoff  zu 
ihrer  Atmung  nötig  wie  die  übrigen  Pflanzen, 
sind  also  aörob;  manche  können  aber  auch 
ohne  Sauerstoff  sich  weiter  entwickeln,  während 
gewisse  Arten,  wie  z.  B.  die  Buttersäure- 
bakterien, der  Starrkrampfbazillus,  streng  an- 
aerob nur  bei  Abschluß  von  Sauerstoff  ge- 
deihen. Manche  Bakterien  erzeugen  durch 
ihre  Atmung  beträchtliche  Wärmemengen; 
darauf  beruht  die  Selbsterhitzung  von  feuchtem 
Heu,  Mist,  Tabak,  Baumwolle  {Bacillus  coli 
und  calfactor.     (Vgl.  S.  241.) 

Wir  unterscheiden  autotrophe,  sa- 
prophytische  und  parasitische  Arten, 
obwohl  eine  scharfe  Trennung  oft  nicht  mög- 
lich ist  und  die  letztgenannten  in  Kulturen 
auf  geeigneten  Substraten  auch  saprophytische 
Lebensweise  führen  können. 

Eine  sehr  bekannte  saprophytische 
Art  ist  der  Heubazillus,  Bacilhis  siibtilis 
(Fig.  296),  der  sich  in  dem  Extrakt,  den  man 
durch  Kochen  von  Heu  gewinnt,  in  der  Regel 
einstellt.  Die  Sporen  bleiben  trotz  der  Hitze 
dabei  lebensfähig  und  keimen  zunächst  zu 
peritrich  begeißelten,  schwärmenden  Stäbchen, 
die  sich  teilen  und  auch  in  kurzen  Ketten 
zusammenhaften.  An  der  Oberfläche  der 
Flüssigkeit  gehen  die  schwärmenden  Stäbchen 

über  in  ruhende  geißellose,  die  sich  zu  langen  geschlängelten  Ketten  weiter  teilen.  Die 
Zellketten  legen  sich  zu  einer  sog.  Kahmhaut,  einer  besonderen  Form  von  Zoogloea- 
bildung  zusammen.     Nach  Erschöpfung  der  Nährstoffe  tritt  dann  Sporenbildung  ein. 

Zu  den  saprophytischen  Bakterien  gehören  als  wichtige  Vertreter  die  zymogenen 
oder  Gärungsbakterien  und  die  saprogenen  oder  Fäulnisbakterien.  Erstere  oxydieren 
oder  vergären  hauptsächlich  Kohlehydrate;  letztere  dagegen  spalten  stickstoffhaltige 
tierische  und  pflanzliche  Substanzen,  Eiweiß,  Fleisch  usw.  unter  Abscheidung  übelriechender 
Gase.    (Vgl.  S.  238.) 

Die  Essigbakteriefi  (Fig.  297«,  b,  e)  oxydieren  den  Alkohol  zu  Essigsäure.  Die  Ver- 
gärung von  Milchzucker  zu  Milchsäure  wird  durch  den  Formenkreis  des  Bacillus  acidi 
lactici  (Fig.  297 </)  bewirkt;  die  Bildung  von  Buttersäure  aus  verschiedenen  Kohlehydraten 
bei  Abschluß  von  Sauerstoff  erfolgt  durch  Clostridiimt  butyricum  (Fig.  297^)  u.  a.,  während 
gewisse  Sumpfbakterien  (Fig.  297/)  bei  Sauerstoffabschluß  die  Vergärung  der  Zellulose 
zu  Methan  oder  auch  zu  Kohlensäure  und  Wasserstoff  besorgen.  Der  häufigste  P'äulnis- 
erreger  auf  Fleisch,  Eiweiß  usw.  ist  Bacillus  proteus. 


Fig.  296.  Bacillus  subtilis.  a,  d  Be- 
wegliches Stäbchen  und  Kette,  b  unbe- 
wegliche Stäbchen  und  Kette,  c  Sporen 
aus  der  Kahmhaut  e.  Vergr.  a — d  1500, 
e  250.  Aus  A.  Fischer,  Vorlesungen  über 
Bakterien. 


332 


Schenck : 


Fig.  297.  Gärun^sbakterien.  a—c  Essigbakterien,  a  Ba- 
cillus aceti,  b  Bac.  Pasteurianus,  c  Bac.  Kützingianus, 
d  Bac.  acidi  lactici,  Milchsäurebazillus,  e  Clostridium 
butyricum,  Buttersäurebakterie,  /  Plectridium  paludo- 
sum,  Gärungsbakterie  aus  Sumpf wasser.  Vergr. 
Aus  A.  Fischer,  Vorles.  über  Bakt. 


lUOO. 


Streptococcus  (Leuconostoc)  mesenterioides  (Fig.  298),  der  Froschlaichpilz  der  Zucker- 
fabriken, wandelt  den  Zucker  in  Schleim  um;  seine  kugeligen  Zellen  teilen  sich  zu  rosen- 
kranzurtigen  Ketten  und  umgeben  sich  mit  dicken  Gallerthüllen,  deren  Bildung  in  zucker- 
freien Substraten  unterbleibt. 

Die  Purpurbakterien,  die  sich  auf  in  Wasser  faulenden  Substanzen  bei  Sauer- 
stoffmangel und  bei  Zutritt  von  Licht  entwickeln,  enthalten  nach  Molisch  (*)  einen  grünen 

und  einen  roten  Farbstoff  (Bak- 
teriochlorin  und  Bakteriopur- 
purin).  Letzterer  spielt  nach 
BuDER  eine  Rolle  für  photo- 
synthetische Vorgänge ;  die 
Purpurbakterien  scheinen  die 
absorbierten  Lichtstrahlen  zu 
einer  Assimilation  der  Kohlen- 
säure unter  Einbeziehung  des 
freiwerdenden  Sauerstoffs  in 
den  Stoffwechsel  auszunutzen. 
Auch  andere  Pigmentbak- 
terien scheiden  Farbstoffe  in 
ihren  Zellen  oder  nach  außen 
ab.  Letzteres  ist  der  Fall  bei 
Bacillus  prodigiostis,  dessen  ellip- 
soide,  peritriche  Stäbchen  auf 
Milch  oder  Gebäck  fuchsinrote 
Kolonien  bilden  und  so  die 
Veranlassung  zu  dem  Wunder- 
glauben an  blutende  Hostien 
gegeben  haben. 

Die  photogenen  Bakterien  erzeugen  in  ihren  Zellen  eine  Substanz,  die  bei 
Oxydation  leuchtet.  Bacterium  phosphoreum  ist  die  verbreitetste,  auf  Fleisch  vorkommende 
und  sein  Leuchten  verursachende  Leuchtbakterie  (^). 

Gewisse  Bodenbakterien  (Clostridmm  Fastetirlafium ,  Azotohacter  cliroococcum)  und 
Meeresbakterien  sind  imstande,  den  freien  Stickstoff  zu  assimilieren.  Zu  diesen  Stick- 
stoff bi  ndenden  Formen  gehören  auch    die    symbiotisch   in    den  Wurzelknöllchen    der 

Leguminosen  lebenden,  unter  der  Bezeichnung 
Bacillus  radicicola  zusammengefaßten  Arten  von 
Bazillen,  die  im  freien  Zustand  bewegliche, 
lophotrich  begeißelte  Stäbchen  vorstellen  (Fig.  249 
u.  250),  ferner  Mycobacterium  Rubiaceariim,  das 
analoge  Bakteriengallen  an  den  Blättern  tro- 
pischer Rubiaceen  erzeugt  und  mit  diesen  Pflanzen 
in  dauernder  Symbiose  lebt  (6bj.  Andererseits 
gibt  es  auch  im  Boden  und  sogar  im  Meere 
denitrifizierende  Bakterien,  die  Nitrate 
und  Nitrite  unter  Abscheidung  von  freiem  Stick- 
stoff zersetzen  (vgl.  S.  240). 

Die    parasitischen    Bakterien    leben 
entweder    in    Pflanzen    oder    in    Tieren.      Als 
Bakteriosen    erkannte   Pflanzenkrankheiten 
sind    z.    B.    die   krebsartigen    Geschwülste,    die 
das  von  Smith  entdeckte,   auch   für  Menschen 
pathogene    Bacteriuvi    tuviefaciois    an    höheren 
Pflanzen    erzeugt,    ferner    die    durch    Bacillus 
phyto phthortis  hervorgerufene  Schwarzbeinigkeit 
der  Kartoffel  C). 
Von    den    zahlreichen   pathogen en   Bakterien,    deren   schädliche   Einwirkung  auf 
die  Gewebe   und    das  Blut   des   tierischen   und   menschlichen  Körpers    durch  Abscheidung 
von  giftigen  Substanzen,  Toxinen,  bedingt  ist,  sind  als  wichtigste  Erreger  von  Infektions- 
krankheiten folgende  zu  nennen: 


Fig.  298.  Streptococcus  mesenterioides. 
A  Zellen  ohne  Gallerthülle.  B,  C  Bil- 
dung der  Gallertkörper.  D  Teil  einer 
erwachsenen  Zoogloea.  E  Rosenkranz- 
artige Fäden  der  Zoogloea.     Vergr.  620. 

Nach   VAN    TiEGHEM. 


Thallophyten. 


333 


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Staphylococcns pyogenes  (Fig.  299 ß),  regellose  oder  tranbenförmige  Haufen  von  Kokken 
bildend,  ist  der  häufigste  Eitererreger,  ebenso  der  regelmäßig  bei  Wundrose  oder  Erysipel 
und  anderen  Eiterungen  auftretende,  in  Ketten  wachsende  Streptococcus  pyos^enes  (Fig.  2996), 
während  Micrococcus  (DiplococcusJ  Gonorrhoeae  (Fig.  299c  u.  300(/),  dessen  semmeiförniige 
Kokken  paarweise  nebeneinander  liegen,  den  Tripper  verursacht.  Im  Blut  und  in  den 
Organen  milzbrandiger  Tiere  findet  sich  der  durch  R.  KoCH  bekannt  gewordene  Bacillus 
Anthracis  (Fig.  299^/,  300c), 
dessen  relativ  große  Stäb- 
chen auch  in  kurzen  Ketten 
vorkommen  und  in  Kulturen 
reichlich  Endosporen,  ähnlich 
wie  der  Ileubazillus  bilden. 
Der  im  Erdboden  verbreitete 
Bacilhis  Tetani  (Fig.  299^')  ist 
der  Erreger  des  Wundstarr- 
krampfes. Seine  geraden, 
peritrich  begeißelten  Stäb- 
chen wachsen  nur  in  den 
Wunden  selbst;  sie  bilden 
die  Sporen  in  ihren  keulig 
angeschwollenen  Enden.  Ba- 
cillus iiißiteiizae  zeigt  sehr 
zarte  Kurzstäbchen,  Bacillus 
Pestis  kleine  dickere  unbeweg- 
liche Stäbchen.  Der  Löffler- 
sche  Bacillus  Diphtheriae  (Fig.  299/)  besteht  aus  kleinen,  zuweilen  anden  Enden  kolbig 
verdickten  Stäbchen.  Der  KocHsche  Tuberkelbazillus  Mycobacterium  tjiberculosis 
(Fig.  299^,  300 (^),  der  sich  in  allen  tuberkulösen  Geweben  und  Sekreten  und  auch  im 
Sputum  findet,  ist  für  gewöhnlich  ein  schlankes  Stäbchen,  kann  aber  auch  verzweigte 
Formen  bilden;  er  ist  unbeweglich,  bildet  keine  Sporen  und  wird  daher  mit  gewissen 
anderen  Arten  zu  einer  besonderen  Familie  der  Mycobacteriaceen  vereinigt  (^).    Der  Unter- 


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Fig.  299 
kokken. 


Pathogene  Bakterien,  a  Eiterkokken,  b  Erysipel- 
c  Tripperkokken,  d  Milzbrandbazillen,  e  Starr- 
krampfbazillen, /  Diphtheriebazillen,  g  Tuberkelbazillen, 
h  Typhusbazillen,  /  Kolonbazillen,  k  Choleravibrionen. 
Vergr.   etwa  1500.     Aus  A.   Fischer,   Vorles.   über   Bakt. 


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Fig.  300.  Färbungspräparate  (aus  Zieglers  Lehrbuch  der  allgemeinen  Pathologie),  a  Tripper- 
kokken im  Trippersekret,  Schleim-  und  Eiterkörperchen  mit  Kokken  (Methylenblau-Eosin), 
Vergr.  700;  b  Tuberkelbazillen  im  Sputum  eines  Lungenkranken  (Fuchsin-Methylenblau), 
Vergr.  400;  c  Milzbrandbazillen  in  Milzbrandpusteln  (Methylenblau-Vesuvin),  Vergr.  350. 
Aus  A.  Fj scher,  Vories.  über  Bakterien. 


leibstyphus  wird  durch  die  pei-itrich  begeißelten  Stäbchen  des  Bacillus  typhi  (Fig.  299 ä) 
verursacht.  Die  größte  Ähnlichkeit  mit  letzterem  hat  der  meist  unschädliche,  stets  im 
Darm  des  Menschen  anwesende  Kolonbazillus,  Bacillus  coli  (Fig.  299/).  Ebenfalls  durch 
R.  Koch  entdeckt  wurde  der  Kommabazillus  der  asiatischen  Cholera  Vibrio  cholcrae 
(Fig.  299 ^O-  Dieser  findet  sich  nur  im  Darm  in  Form  kurzer,  schraubig  gekrümmter 
Stäbchen  mit  polarer  Einzelgeißel,  nicht  selten  auch  von  längeren  Schraubenkelten. 


334 


Schenck : 


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h. 


Fig.  301.  Salpeterbakterien  nach 
WixoGRADSKY.  a  Nitrosomonas 
europaea  von  Zürich,  b  Nitrosomo- 
nas  javanensifi  von  Java,  c  Nitro - 
bakter  aus  Quito.  Vergr.  100.  Aus 
A.  Fischer,  Vorl.  über  Bakt. 


Außer  diesen  bösartigen  Parasiten   gibt  es  aber  auch  zahlreiche  mehr  oder  weniger 
harmlose,  auf  den   Schleimhäuten,   in  der  Mundhöhle  (Fig.  80),   im  Darm  lebende  Arten, 

so  z.  B.  die  im  Magen  und  Darm  des  Menschen 
auftretende  Sarcina  ventricuU,  welche  aus  würfel- 
förmigen Klumpen  von  Kokken  besteht. 

Den  saprophytischen  und  parasitischen  Formen 

stehen   die  autotrophen  gegenüber,  die  sich  trotz 

ihres  Mangels  an  Chlorophyll   ganz   selbständig  aus 

anorganischen  Verbindungen  ernähren.    So  verhalten 

sich    die   im    Boden    lebenden    Nitrit bakterien 

(Nitrosomonas)  und  Nitratbakterien  (Nitrobacter), 

von   denen   erstere  Ammoniak   zu   salpetriger   Säure 

und  letztere    die   salpetrige   Säure   zu   Salpetersäure 

oxydieren.    Beide  benutzen  als  Kohlenstoffquelle  die 

Kohlensäure,  kommen  also  gänzlich  ohne  organische 

Substanzen  aus  (Fig.  301,  vgl.  auch  S.  219). 

2.   Ordnung    Tricbobacteria.     Fadenbakterien,    Die  Fadenbakterien 

umfassen  nur  einige  Gattungen.    Sie  stehen  in  ihrer  Organisation  den  fadenförmigen  Cyano- 

phyceen  nahe  und  können,  wenigstens  zum  Teil,  von  diesen  als  farblose  Formen  abgeleitet 

werden.     Die  meisten  Arten  leben  saprophytisch  im  Wasser,  einige  auch  autotroph. 

Überall  verbreitet  in  unreinen  Gewässern  ist  die  morphologisch  am  höchsten  stehende 
Cladothrix  dichotoma.     Ihre  feinen,   aus  stäbchenförmigen  Zellen  bestehenden,  unecht  ver- 
zweigten (vgl.  S.  67),   festsitzenden    Fäden   bilden  schleimige  Überzüge  an  Algen,   Steinen 
oder  Holzwerk.    Sie  vermehren  sich  durch  zilientragende  Schwärmzellen,  die  durch  Teilung 
aus  den  Fadenzellen  entstehen  und  durch  Verquollen  der 
Fadenscheide  frei  werden  (Fig.  295).  Nach  dem  Schwärmen 
setzen  sich  die  Zellen  fest  und  wachsen  zu  neuen  Fäden 
heran. 

Sehr  häufig  ist  ferner  der  Brunnenfaden,  Creno- 
thrix  po/yspora,  mit  unverzweigten,  festsitzenden,  aber 
leicht  zerbrechlichen  Fäden,  die  Eisenoxydhydrat  in 
ihren  Scheiden  speichern  können.  Er  entwickelt  sich  oft 
in  solchen  Massen  in  Wasserleitungen,  daß  die  Röhren 
sich  verstopfen  und  das  Trinkwasser  ungenießbar  wird. 
Bei  Crenothrix  zerfallen  die  P\idenzellen  in  der  Scheide 
durch  Teilung  in  zahlreiche  geißellose,  rundliche  Zellen, 
welche  die  Vermehrung  besorgen. 

In  Schwefelquellen  und  am  Boden  von  Gewässern, 
wo  durch  Fäulnis  organischer  Stoffe  Schwefelwasserstoff 
auftritt,  siedeln  sich  zahlreiche  Schwefelbakterien(9a) 
an,  unter  denen  die  fadenförmige  Beggiatoa  alba  (Fig.  302) 
am  verbreitetsten  ist.  Die  Schwefelbakterien  ernähren  sich 
auch  autotroph,  also  ohne  organische  Substanzen,  indem 
sie  Ammoniumsalze  und  Kohlensäure  in  ihrem  Stoff- 
wechsel verwerten.  Den  für  ihre  Lebenstätigkeit  nötigen 
Schwefelwasserstoff  oxydieren  sie  zu  Schwefel,  den  sie  in 
rundlichen  Tröpfchen  gleichsam  als  Reservestoff  auf- 
speichern und  zu  Schwefelsäure  oxydieren,  die  weiterhin 
durch  Karbonate  neutralisiert  wird.  Bei  fortschreitendem  Schwefelwasserstoffmangel  werden 
immer  mehr  Schwefeltröpfchen  gelöst,  die  Querwände  in  den  Fäden  treten  deutlicher 
hervor,  die  Fadenzellen  runden  sich  schließlich  ab  und  lösen  sich  voneinander  los.  So 
können  die  Beggiatoen  sich  leicht  nach  neuen  Standorten  verbreiten.  Zu  den  Schwefel - 
bakterien  gehören  auch  einige  Haplobakterien.     (Vgl.  S.  2.38.) 

Zu  den  Eisen  bakteri  en  (-'b)  gehört  die  in  Wiesensümpfen  und  Bächen  häufige, 
fadenförmige  Chlamydothrix  (Leptoihrix)  ochracea.  Sie  oxydiert  kohlensaures  Eisen- 
oxydul  zu  Eisenoxydhydrat,  das  in  den  Fadenscheiden  aufgespeichert  wird,  und  kommt 
bei  dieser  Ernährungsweise  mit  Spuren  organischer  Nahrung  aus.  Andererseits  gedeiht 
sie  aber  auch  ohne  Eisen  recht  gut  in  organischen  Nährlösungen.  Andere  Eisenbakterien, 
so    nach    Lieske    Spirophylhim  ferriigmeiim,    sind    rein    autotroph.      Sie  gedeihen    nur   in 


Fig.  302.  Beggiatoa  alba. 
A  Faden  mit  Schwefeltröpf- 
chen, Querwände  nicht  sicht- 
bar. B  Faden  bei  Mangel  an 
Schwefelwasserstoff,      in      die 

Gliederzellen  zerfallend. 
Vergr.    600.      Nach    DÜGGELi. 


Thallophyten. 


335 


Wasser,  in  dem  außer  geringen  Mengen  anorganischer  Salze  Eisenoxydulkarbonat  gelöst 
ist.  Sie  oxydieren  das  Eisenoxydul  zu  Eisenoxydhydrat  und  speichern  dieses  auf.  Diese 
Oxydationen  scheinen  die  Energie  für  die  Assimilation  der  Kohlensäure  zu  liefern. 


Klasse  IL 

Cyanophyceae,  Blaugrüne  Algen  oder  Spaltalgen  ('  '"). 

Die  Cyanophyceen  sind  einfach  organisierte,  teils  einzellige,  teils  faden- 
förmige, blaugrün  gefärbte  Thallophyten,  deren  Zeilen  oder  Fäden  häufig 
durch  Gallerte,  die  durch  fortgesetzte  Verquellung  der  Außenschichten  ihrer 
Membranen  entsteht,  zu  Kolonien  vereinigt  erscheinen.  In  zahlreichen  Ai'ten 
über  die  ganze  Erde  verbreitet,  bewohnen  sie  die  Gewässer  oder  vegetieren 
auf  feuchtem  Schlammboden,  an  feuchten  Felsen  oder  Baumrinden  in  gallert- 
artigen Massen  oder  feinfädigen  Überzügen.  Sie  sind  wie  die  rein  grünen 
Algen  autotroph. 

Der  Protoplast  besitzt  ein  hohlzylindrisches  oder  hohlkugeliges  peripherisches  Chro- 
matophor,  welches  außer  Chlorophyll  einen  blauen  Farbstoff,  das  Phykocyan,  nach  dem 
die  Gruppe  ihren  Namen  trägt,  bei  gewissen  Arten  außerdem  auch  rotes  Phykoerythrin 
in  verschiedener  Menge  enthält  und  als  Assimilationsprodukte  Glykoproteide,  die  aus  Gly- 
kose  gebildet  werden,  liefert.  Das  innerhalb  des  Ghromatophors  befindliche,  als  Zentral- 
körper bezeichnete,  farblose  Plasma  enthält  chromosomenähnliche  Gebilde;  es  ist  als  Zell- 
kern gedeutet  worden.  Besondere  Einschlüsse  der  Zellen  sind  ferner  die  aus  Protein- 
Bubstanzen  bestehenden  Cyanophycinkörner,  die  vorwiegend  in  den  Chromatophoren  liegen. 
Die  Membranen  bestehen  aus  Zellulose  und  Pektinstoffen. 


m 


Ä 


I  II 

Fig.  303.  /  A  Oscillaria  princeps.  B  Oscillaria  Froelichii.  a  Fadenenden,  b  und  c  Stücke 
aus  dem  inneren  Teil  des  Fadens,  t  Zellen  in  Teilung.  Nach  Fixierung  und  Färbung. 
Vergr.  von  A  1080,  von  B  540.  Nach  Sträsbürger.  //  Nostoc  Linckii,  in  Wasser 
schwimmende  Art.  A  Fadenstück  mit  zwei  Heterozysten  h  und  einer  Anzahl  von  Sporen  sp. 
B   Spore    in   Keimung.      C  Junger    Faden   aus   der    Spore    hervorgegangen.      Vergr.    650. 

Nach  Bornet. 


Die  Vermehrung  geschieht  ausschließlich  durch  Zellteilung.  Bei  vielen  Arten  werden 
Sporen  als  Dauerzustände  gebildet  durch  Vergrößerung  und  starke  Wandverdickung 
einzelner  Zellen  (Fig.  303//),  also  in  anderer  Weise  als  bei  den  Bakterien. 

Wie  die  Bakterien  als  Spaltpilze,  Schizomyceten,  so  werden  die  blaugrünen  Algen 
als  Spaltalgen,  Schizophyceen,  infolge  ihrer  Vermehrung  durch  Teilung  oder  Spaltung, 
bezeichnet.  Beide  Gruppen  werden  vielfach  zu  einer  Klasse  der  Spaltpflanzen,  Schizo- 
phyta,  vereinigt.  In  der  Tat  zeigen  sie  vieles  Gemeinsame,  indessen  ist  zu  bemerken, 
daß  die  für  Bakterien  charakteristischen  Geißeln    und  Endosporen    den  Spaltalgen    fehlen. 

Die  einfachsten  Cyanophyceen  bestehen  aus  blaugrünen  rundlichen  Zellen,  so  die 
Arten  der  Gattung  Chroococcus.    Bei  Gloeocapsa  (Fig.  35),  deren  Arten  meist  in  gallertigen 


336 


Schenck : 


Überzügen  an  feuchten  Felsen  und  Mauern  auftreten,  bleiben  die  Zellen  nach  der  Teilung 
durch  geschichtete  Gallerthüllen  zu  mehrzelligen  Kolonien  verbunden. 

Unter  den  fadenförmigen  Arten,  die  teils  unverzweigt  sind,  teils  unechte  Ver- 
zweigung aufweisen  (Fig.  85)  und  die  kein  Spitzenwachstum  zeigen,  sind  die  überall  im 
Wasser  oder  auf  Schlammboden  häufigen  Oscillarta-Knen  die  einfachsten,  da  sich  hier 
die  meist  von  einer  dicken  Scheide  eingeschlossenen  Fäden  aus  gleichartigen  scheiben- 
förmigen Zellen  zusammensetzen  (Fig.  303  /).  Die  Fäden  zergliedern  sich  in  kurze  Faden- 
stücke, Ho  rm  ogoni  en,  die  aus  der  Scheide  nach  außen  gelangen,  der  Vermehrung  dienen 

und  zu  neuen  Fäden  heranwachsen.  Die  Gattung 
Nostoc  besitzt  rosenkranzförmige  Fäden  (Fig.  303//); 
ihre  Arten  leben  auf  feuchtem  Boden  oder  im  Wasser 
in  Form  von  unregelmäßig  gestalteten  oder  kugeligen 
Gallertkolonien.  Bei  manchen  fadenförmigen  Cyano- 
phyceen  kommt  es  zur  Ausbildung  besonderer,  wohl 
als  Reservestoffbehälter  dienender  Zellen  mit  gelblichem 
Inhalt,  Grenzzellen  oder  Heterozysten  (Fig. 303 //,ä), 
die  nach  einer  Ruhezeit  unter  günstigen  Umständen 
wieder  ergrünen  und  keimen  können. 

Die  fadenförmigen  Blaualgen,  besonders  die 
Oscillarien,  aber  auch  die  Hormogonien  von  Nostoc  und 
verwandten  Gattungen,  führen  auf  festen  Unterlagen 
photo-  und  chemotaktische  Kriechbewegungen  aus. 
Das  gewöhnlich  unter  Drehung  um  die  Längsachse  er- 
folgende Vorwärtsgleiten  der  Fäden  kommt  dadurch 
zustande,  daß  die  Zellen  aus  Poren  ihrer  Längswände 
Schleim,  ein  nicht  doppelbrechendes  Koülehydrat,  nach 
rückwärts  abscheiden  (lOa). 

Gewisse  Cyanophyceen  leben  an  der  Oberfläche 
von  Teichen  und  bedecken  sie  mit  einer  „Wasser- 
blüte";  sie  verdanken  ihr  Schwimmvermögen  nach 
Klebahn  winzigen  Gasvakuolen,  die  im  Zell- 
plasma gelagert  sind  (i<Jb).  Eine  in  wärmeren  Meeren 
schwimmende  Art  ist  Trichodesmium  erythraeum,  das 
als  „Seeblüte"  dem  Wasser  rote  Färbung  verleiht 
(Rotes  Meer). 

Manche  Blaualgen  beteiligen  sich  an  der  Zu- 
sammensetzung der  aus  Pilzen  und  Algen  bestehenden 
Flechten.  Einige  Arten  leben  endophytisch  in  Gewebe- 
höhlungen anderer  Pflanzen,  so  Anabaena  in  Azolla\ 
Nostoc- kx\.Bn  in  gewissen  Lebermoosen,  in  Wasserlinsen 
(^Lenma),  in  den  Wurzeln  von  Cycas;  Nostoc  punctiforme 
als  fakultativer  Parasit  im  Rhizom  von  Gunnera  (lOc). 


Fig.  304.  A  Myxococcus  digitatus, 
hellroter  Fruchtkörper  auf  Mist. 
Vergr.  120.  B  Polyangium  primi- 
genium,  roter  Fruchtkörper  auf 
Kaninchenmist.  Vergr.  40.  C  Chon- 
dromyces  apiculatus,  rotgelbe 
Fruchtkörper  auf  Antilopenmist. 
D  Fruchtkörperanlage.  Vergr.  45. 
E  Einzelne  Zyste  in  Keimung. 
Vergr.  200.  A,  B  nach  Quehl, 
C—E  nach  Thaxter. 


Unter  Vorbehalt  reihen  wir  \^\<ix:  ^\q  Polyangideae{Myxobacteriaceae){}&)  an,  die  zuerst 
durch  Thaxter  genauer  bekannt  geworden  sind  und  von  ihm  zu  den  Bakterien  gerechnet 
wurden,  nach  Vahle  den  Schleimpilzen  näher  stehen  sollen,  von  Jahn  aber  wieder 
zu  den  Schizophyten  gestellt  werden  und  vielleicht  als  farblos  gewordene  Organismen 
aus  dem  Formenkreis  der  blaugrünen  Algen  hervorgegangen  sein  mögen.  Sie  sind  sehr 
verbreitet  und  leben  saprophytisch  auf  Mist  von  Tieren.  Im  vegetativen  Stadium  sind 
sie  plasmodienähnliche  Schwärme  von  stäbchenförmigen  kleinen  Zellen,  die,  in  Schleim 
eingebettet,  zusammenhalten,  kriechende  Bewegungen  ausführen  und  schließlich  meist  leb- 
haft gefärbte  Fruchtkörper  bilden,  in  denen  die  Stäbchenzellen  zu  kugeligen  Sporen  sich 
umwandeln.  Die  Fruchtkörper,  mit  Wandung  versehene  Zysten,  sind  ungestielt  oder  er- 
heben sich  einzeln  oder  in  Gruppen  auf  Stielen,  deren  Substanz  ebenso  wie  die  Zysten- 
wände aus  dicht  nebeneinander  gelagerten,  von  der  Sporenbildung  ausgeschalteten  Stäbchen- 
zellen hervorgeht.  Bei  der  Keimung  treten  die  aus  den  Sporen  entstehenden  Stäbchen- 
schwärme aus  der  aufbrechenden  Zyste  hervor  (Fig.  304). 


Thallophyten. 


337 


Klasse  III. 
Flagellatae,  Flagellaten  C'  ''•  ^-). 

Die  Flagellaten  bilden  eine  ungemein  formenreiche  Gruppe  einzelliger, 
wasserbewohnender  Organismen,  die  pflanzliche  und  tierische  Eigenschaften 
in  sich  vereinigen  und  als  Ausgangsformen  einerseits  für  niedere  Thallophyten, 
andererseits  für  Protozoen  betrachtet  werden  können. 

Der  kontraktile  oder  amöboid  sich  bewegende  Protoplast  dieser  Organis- 
men ist  nach  außen  durch  eine  dichtere  Plasmahautschicht  abgegrenzt. 
Er  besitzt  eine  oder  mehrere  Zilien  (Geißeln,  Flagellen)  als  Bewegungs- 
organe, einen  Zellkern,  pulsierende  Vakuolen  und  bei 
vielen  Vertretern  wohlausgebildete  grüne  oder  gelbbraune 
Chromatophoren,  vielfach  auch  einen  roten  Augen- 
fleck. Als  Assimilationsprodukt  tritt  meist  Öl  auf, 
aber  auch  Stärke  oder  andere  Kohlehydrate.  Andere 
Formen  sind  farblos  und  ernähren  sich  ausschheßlich 
saprophytisch  oder  auch  zugleich  animalisch.  Der  Proto- 
plast mancher  Flagellaten,  besonders  der  farblosen,  aber 
auch  gefärbter  Arten,  kann  nämlich  Formänderungen  und 
kriechende  Bewegungen  ausführen  (Amöbenzustand)  und 

auch  fadenförmige  dünne 
Fortsätze,  Pseudopodien 
(Rhizopodien),  aussenden 
und  wieder  einziehen, 
durch  welche  die  Auf- 
nahme von  Nahrungs- 
körpern vermittelt  wird 
(Fig.  305,  311). 

Die  meisten  Vertreter 
leben  als  nackte  freie 
Zellen,  andere  in  mehr 
oder  weniger  komphzier- 
ten,  durch  Gallerte  zu- 
sammengehaltenen Zell- 
kolonien; gewisse  Gat- 
tungen zeichnen  sich  aus 
durch  die  Bildung  von  eigenartigen,  abstehenden,  gestielten  oder  ungestielten, 
hornartigen  Gehäusen,  durch  Kieselskelett  oder  durch  Kalkhüllen, 

Die  Vermehrung  geschieht  auf  rein  vegetativem  Wege  durch  Teilung 
der  Zellen  allgemein  der  Länge  nach.  Bei  vielen  Ai'ten  werden  als  Ruhe- 
stadien geißellose,  mit  Membran  umgebene  Dauerzellen  oder  Zysten  er- 
zeugt, die  vielfach  bei  ihrer  Keimung  nach  Teilung  ihres  Inhalts  mehrere 
Tochterzellen  ausschwärmen  lassen  (Fig.  310). 

Eine  wichtige  Flagellatengruppe  sind  die  Chrysomonadinen ,  zu  denen  u.  a. 
Chrysamoeba  (Fig.  305)  und  das  Kolonien  bildende  Dinobryo7i  (Fig.  306)  gehören.  Sie 
zeichnen  sich  durch  radiären  Bau  und  durch  meist  gelbbraune,  seltener  durch  rote 
oder  blaugrüne  Chromatophoren  aus,  die  ein  im  Plasma  abgelagertes  besonderes  Kohle- 
hydrat (Leucosin)  bilden.  Als  eine  höher  stehende  Ghrysomonadine  gilt  Hydrtirus  foetidus 
(Fig.  307),  der  in  Form  von  Zellkolonien,  bis  30  cm  langer  verzweigter,  gallertartiger 
Fäden,  an  Steinen,  in  fließendem  Wasser  lebt.  In  der  Fadengallerte  liegen  zahlreiche 
geißellose,  durch  Längsteilung  sich  vermehrende  Zellen  eingebettet.  Diese  liefern  schließ- 
lich ausschlüpfende,  tetraedrisch  gestaltete,  einzilige  Flagellatenschwärmer,  die  sich  wieder 
Strasburger,  Lelirbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  22 


Fig.  305.  Chrysamoeba  radians. 
Im  Süßwasser;  mit  1  Zilie  und 
2  gelbbraunen  Chromatophoren. 
/  Gewöhnliche  Form.  2  Amö- 
boider Zustand  mit  Pseudopodien. 
Nach  Klebs. 


Fig.  306.  Dinobryon 
Sertularia.  Gehäuse 
und  Kolonie  bildend. 
Im  Süßwasserplankton. 
Vergr.  600.  Nach  Senn. 


338 


Schenck : 


festsetzen  und  zu  neuen  Gallertfäden  heranwachsen.  Auch  einige  andere  verwandte 
Flagellaten  sind  zu  solchen  algenartigen  Lebensformen  vorgeschritten,  bei  denen  das 
ruhende  Stadium  vorherrscht,  während  das  bewegliche  der  Vermehrung  und  Ausbreitung 
dient.  An  die  Chrysomonadinen  schließen  sich  zwei  eigenartige  P'amilien  mariner  sehr 
kleiner  Planktonorganismen  an,  die  Silicoflagellaten{y^^),  die  sich  durch  ringförmige  oder 
hutförmige,  durchbrochene  Kieselskelette  auszeichnen  (Fig.  308^4),  und  die  Coccolitho- 
phoriden  {^'2^),  die  eine  Hülle  aus  Kalkplättchen  und  Kalkstachelchen  besitzen  und  sich 
durch  meist  zu  4  gebildete  Schwärmsporen  vermehren  (Fig.  308-5,  C).  Aus  dem  Ver- 
wandtschaftskreise der  Chrysomonadinen  scheinen  die  Diatomeen  und  auch  die  Heteroconten 
hervorgegangen  zu  sein,  so  daß  diese  drei  Gruppen  auch  als  Chrysophyta  zusammengefaßt 
werden  können.  Ihre  gemeinsamen  Merkmale  sind  u.  a.  die  sehr  häufige  oder  stete  Zu- 
sammensetzung der  Gehäuse-  und  Zellmembranen  aus  zwei  Schalenstücken,  die  Verkieselung 
der  Membran   und  die  häufige  Ungleichheit  der  Geißeln. 


J^'ig.  307.  Hydrurus  foetidus. 
A  Spitze  eines  Gallertlager- 
zweiges nach  Berthold. 
B  Schwärmzelle  nach  Klebs. 
Aus    Pascher,    Flagellaten. 


Fig.  308.  A  Distephanus  speculum  nach  Borgert.  B,  C  Ca- 
lyptrosphaera  insignis  aus  der  Adria,  B  im  optischen  Durch- 
schnitt mit  2  braungelben  Chromatophoren,  C  Außenansicht. 
Vergr.  1600.    Nach  Schiller. 


Die  etwas  höher  als  die  Chrysomonadinen  differenzierten,  meist  gelbbraun,  doch 
auch  grün  oder  blaugrün  gefärbten  Cryptomonadinen  unterscheiden  sich  von  ihnen  durch 
dorsiventrale,  vorn  schräg  abgestutzte  Protoplasten  mit  zwei  ungleich  langen,  aus  einer 
furchenartigen  Vertiefung  entspringenden  Geißeln  (Fig.  309).  Zu  ihnen  gehört  auch 
Chrysidella  {^Zooxanthella).  Sie  lebt  in  Symbiose  mit  zahlreichen  Meerestieren  (Radiolarien, 
Actinien  usw.),  in  deren  Plasma  ihre  gelben  Ruhezellen  liegen.  Aus 
der  Ruhezelle  schlüpft  später  der  Protoplast  als  begeißelter  Flagellat 
aus.  In  die  Verwandtschaft  der  Cryptomonadinen  gehören  die 
Dinoflagellaten.  Auch  schließen  sich  an  sie  einige  Gattungen 
{Phaeocystis,  Phaeothamnion  u.  a.)  an,  die  den  größten  Teil  ihres 
Lebens  in  unbeweglichen  Gallertkolonien  oder  Zellverbänden  ver- 
bringen und  bereits  an  Braunalgen  erinnern,  aber  nur  mit  Zweifel 
als  Vorstufe  zu  solchen  gerechnet  werden  können. 

Unter  den  mit  grünen  Chromatophoren  versehenen  Flagel- 
laten   ist    der  Ausgang  für  die  Chlorophyceen  zu  suchen. 

Die  Euglenineni^'ic.)  sind  eine  hochstehende  grüne  Flagellaten- 

gruppe.     Euglena- Arien    (Fig.    310^)   treten   oft  in  Dorfteichen   in 

Form    einer  grünen  „Wasserblüte"  auf.     Nahe  verwandt  mit  ihnen 

sind    ähnlich    gestaltete,     aber     farblose    saprophytische    Formen. 

Euglena  gracilis  kann  sogar    durch    Kultur  in   organischen  Lösungen  unter  Lichtabschluß 

in   eine   hyaline   Dunkelform    mit   Leukoplasten    übergeführt   werden.      In   dieser   Gruppe 


Fig.  309.  Crypto- 
monas  erosa.  Vergr. 
650.      Nach    Stein. 


Thallophyten. 


339 


scheint  zum  ersten  Male  bei  Flagellaten 
sexuelle  Fortpflanzung.  Kopulation  zweier 
gleichgestalteter  Gameten  vorzukommen ; 
jedoch  bedürfen  die  Angaben  noch  weiterer 
Bestätigung. 

An  die  Flagellaten  mit  gefärbten 
Chromatophoren  schließen  wir  die  zahlreichen 
farblosen,  saprophy tisch  oder  animalisch 
lebenden  Formen  an,  die  aus  ersteren  hervor- 
gegangen sein  dürften.  Für  gewisse  Ver- 
treter läßt  sich  sogar  noch  nahe  Verwandt- 
schaft mit  gefärbten  auf  Grund  übereinstim- 
mender Zellstrukturen  nachweisen. 

Bei  den  Pantostomatinen  geschieht 
die  Aufnahme  von  Nahrungskörperchen  durch 
die  ganze  Oberfläche  des  Protoplasten  meist 
mittels  Pseudopodien  (Fig.  311),  bei  den 
Protomastiginen  meist  nur  an  einer  Mund- 
stelle, bei  den  Distomatinen  an  zwei  Mund- 
stellen. Zur  zweiten  Gruppe  gehören  auch 
gewisse  im  Blut  und  im  Darm  von  Tieren 
lebende  Arten,  die  zum  Teil  Erreger  ge- 
fährlicher tropischer  Krankheiten  sind,  so 
Trypanosoma  brucei,  das  die  Tsetsekrankheit 
des  Rindviehs,  und  T.  gambiense  (Fig.  312), 
das  die  Schlafkrankheit  beim  Menschen  ver- 
ursacht; beide  werden  durch  Fliegen  der 
Gattung  Glossina  übertragen. 

W^ir  dürfen  annehmen,  daß  aus  farb- 
losen Flagellaten  die  Myxomyceten  ihren 
Ausgang  genommen  haben,  ferner  daß  auch 
die  niederen  Protozoen  (Rhizopoden)  hier 
ihren  Anschluß  nach  unten  finden. 


Fig.  310.  Euglenagracilis.  -4  Form  mit  grünen 
Chromatophoren c/z,  Zellkern«,  Vakuole  nebst 
rotem  Augenfleck  v,  Geißel  g.  B  Halbsapro- 
phyiische  Form  mit  kleinen  grünen  Chroma- 
tophoren. C  Farblose  saprophytische  P'orm, 
bei  Lichtabschluß  in  Nährlösung  gezogen. 
D  Dauerzyste  der  Form  C,  r  roter  Augenfleck. 
E  Keimung  der  Dauerzyste  der  Form  A  in 
vier  später  austretende  Tochterzellen.  A,  C 
Vergr.  360,  B  650,  Z),  E  1000.    (Nach  ZuM- 

STEIN.) 


C  0 

Fig.  311.  Mastiganioeba  invertens.  A  freischwimmend, 
B  Amöbenzustaud.  Vergr.  1033.  Dimorpha  mutans,  C 
mit  eingezogenen,  D  mit  ausgestreckten  Pseudopodien. 
In  einer  Vakuole  ein  aufgenommenes  Nahrungskörper- 
chen.    Vergr.  666.     Nach  Lemmer.mann. 


Fig.  312.  Trypanosoma  gambiense. 
A  aus  dem  Blut  infizierter  Affen. 
Geißel  eine  undulierende  Membran 
bildend,  ^aus  der  Fliege  Glossina. 
Geißel  im  Innern.  Nach  MiNCHlN. 


Klasse  IV. 
Myxomycetes,  Schleimpilze  (''  '■^'  ^^'  ^% 

Die  Sclileimpilze  bilden  eine  eigenartige,  von  Flagellaten  abgeleitete 
Gruppe  niederer  Thallophyten;  sie  nehmen  ebenfalls  eine  Mittelstellung 
zwischen  Pflanzen  und  Tieren  ein  und  werden  daher  auch  als  Mycetozoa  oder 


340 


Schenck : 


Pilztiere  bezeichnet.  Zunächst  sei  das  Verhalten  der  umfangreichsten  Ord- 
nung, der  Myxogasteres,  dargestellt,  die  in  zahlreichen  Arten  über  die  ganze 
Erde  verbreitet  sind.  Im  vegetativen  Zustande  bestehen  diese  Schleimpilze  aus 
nackten,  saprophytisch  sich  ernährenden  Protoplasmamassen,  den  Plasmo- 
dien, welche  zahlreiche  kleine  Zellkerne  enthalten,  des  Chlorophylls  voll- 
ständig ermangeln  und  als  Reservestoff  keine  Stärke,  sondern  Glykogen  bilden. 
Die  Plasmodien  (Fig.  4)  finden  sich  mit  Vorliebe  auf  dem  Boden  der  Wälder, 
auf  abgefallenen  Blättern,  auf  und  in  faulendem  Holz.  Sie  nehmen  auch 
feste  Nahrung  auf,  ki-iechen  unter  Formänderung  und  Verzweigung  im 
Substrat  umher  und  gelangen  dort  zu  den  für  ihre  Ernährung  günstigsten 
Stellen  hauptsächlich  vermöge  ihrer  Befähigung  zu  chemotaktischen,  hydro- 
taktischen  und  negativ  phototaktischen  Bewegungen.  Vor  der  Sporenbildung 
aber  ändern  sich  diese  Reizbarkeiten;  das  Plasmodium  kriecht  dann  aus  dem 
feuchten  Substrat  dem  Licht  entgegen  und  wandelt  sich  je  nach  den  Gat- 
tungen in  einen  einzigen  oder  in  zahlreiche,  dicht  nebeneinander  stehende 
Fruchtkörper  um.  Jeder  Fruchtkörper  (Sporangium)  bildet  an  seiner  Peri- 
pherie eine  HüUe  (Peridium)  und  in  seinem  Innern  zahlreiche  kleine,  mit 


Fig.  313.  Reife  geöffnete  Fruchtkörper 
nach  Entleerung  der  Sporen.  A  Von 
Stemonitis  fusca.  Vergr.  10.  B  Von 
Arcyria  punicea.  Vergr.  12.  C  Von 
Cribraria  rufa.     Vergr.  32. 


Fig.  314.  A—C  Trichia  varia.  A  Sporangien 
geschlossen  und  geöffnet.  Vergr.  6.  B  und  C 
Capillitiumfaser  und  Sporen.  Vergr.  240.  Dheo- 
carpus  fragilis.  Gesellige  Einzelsporangien  auf 
Moos.     IS'^at.  Gr. 


Membran  umkleidete  Sporen.  Bei  vielen  Gattungen  kommt  es  auch  zur 
Ausbildung  eines  Capillitiums  (Fig.  313^,  B,  314ß),  das  entweder  aus 
freien  oder  aus  netzförmig  verbundenen  feinen  Röhrchen  oder  Fasern  besteht 
und  aus  dem  zwischen  den  Sporen  befindlichen  Plasma  hervorgeht.  Bei  der 
Fruchtreife  bricht  das  Peridium  des  Sporangiums  auf;  das  Capillitium  lockert 
sich,  streckt  sich  hervor  und  die  Sporen  werden  durch  seine  hygroskopischen 
Bewegungen  und  durch  den  Wind  ausgestäubt.  Die  Gattung  Ceratiomyxa 
verhält  sich  insofern  einfacher,  als  ihre  Fruchtkörper  keine  Hüllen  besitzen, 
sondern  die  Sporen  an  der  Oberfläche  auf  kleinen  Stielchen  tragen. 

Die  Sporen  (Fig.  315,  Chondriodermd)  keimen  im  Wasser  oder  auf  nassem  Substrat. 
Der  aus  der  Sporenhaut  austretende  Protoplast  erzeugt  an  seinem  vorderen  Ende  nur  eine 
einzige  lange  Zilie  oder  Geißel  als  Bewegungsorgan  und  wird  so  zu  einer  Schwärm- 
spore  (Fig.  315^—^);  sie  besitzt  einen  Zellkern  am  vorderen  Ende  und  eine 
pulsierende  Vakuole  am  hinteren  Ende.  Schon  innerhalb  der  Sporenhaut  kann  eine 
Zellteilung  erfolgen,  so  daß  dann  zwei  Schwärmsporen  aus  ihr  entlassen  werden.  Die 
Schwärmsporen  können  sich  bei  gewissen  Arten  noch  durch  Zweiteilung  vermehren.  Nach 
einiger  Zeit  verlieren  sie  ihre  Zilien  und  gehen  in  den  Zustand  der  Myxamöben 
(Fig.  315/,  k)  über.  Die  Amöben  vermehren  sich  ebenfalls  durch  Teilung  (Fig.  316^4,./?). 
Unter  ungünstigen  Lebensbedingungen  umgeben  sie   sich  mit  Membran  und  bilden  Ruhe- 


Thallophyten. 


341 


zustännde,  sogenannte  Mikrozysten,  die  unter  günstigen  Bedingungen  wieder  Schwärm- 
sporen  austreten   lassen.     Die   Myxamöben   verschmelzen  nach  Jahn  (")   paarweise  mit- 
einander, wobei  auch  ihre  haploiden  Kerne  kopulieren  (Fig.  316  C)- 
Die      so      durch      einen 

i 


Sexualakt  entstandenen  ein- 
kernigen Amöbozygoten  vereini- 
gen sich  zu  größeren  mehrkerni- 
gen Plasmodien.  Diese  nehmen 
auch  noch  weitere  haploide 
Amöben  auf,  verdauen  sie  aber 
inVakuolen(Fig.  316Z)).  Schließ- 
lich schreiten  sie  zur  Frucht- 
körperbildung. Die  Kerne  der 
Plasmodien  sind  diploid  und 
erfahren  wiederholte  mitotische 
Teilungen  (Fig.  316^).  Ihre 
letzte  Teilung  vor  der  Sporen- 
abgrenzung ist  eine  Reduktions- 
teilung, wodurch  die  Zahl  der 
Chromosomen  wieder  auf  die 
Hälfte  verringert  wird.  Jeder 
so  entstandene  haploide  Tochter- 
kern wird  zum  Kern  einer  Spore. 
Die  nicht  zur  Sporenbildung  ver- 
wendeten Kerne  gehen  zugrunde. 
Bei  Ceratiomyxa  können  die 
Sporen    außer    ihrem    normalen 

Kern  auch  noch  einen  degenerierenden  enthalten.    Aus  dem  ersteren  entstehen  hier  durch 
zweimalige  Teilung  in   der  reifen  Spore  vier  Kerne,   die    sich  bei   der  Keimung  nochmals 
teilen,  so   daß  schließlich  acht  Schwärmsporen  aus  einer  Spore  hervorgehen. 
In   ihren  Schwärrasporen    und    Myx- 


Fig.  315. 


ne   trockene 


Chondrioderma  difforme. 
Spore,  b  eine  geschwellte  Spore,  c  und  d  Austritt  des 
Inhaltes  aus  der  Spore,  e,  f  und  g  Schwärmsporen, 
h  Übergang  der  Schwärmspore  zur  Myxamöbe,  /jüngere, 
k  ältere  Myxamöben.  Vergr.  540.  Nach  Strasbürger. 
(Vgl.  Fig.  4,  S.  10.) 


B 


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^ 


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0 


amöben  weisen  die  Myxomyceten  auf  flagel 
latenartige   Organismen   als    ihre   Ausgangs- 
formen   hin;     auch    sind    plasmodienartige 
Zellfusionen  bereits  bei  gewissen  Flagellaten 
nachgewiesen. 

Die  stattlichsten  Plasmodien,  oft  von 
über  30  cm  Durchmesser,  von  lebhaft  gelber 
Farbe  und  rahmartiger  Beschaffenheit,  bildet 
Fidigo  varians  (Aethaluim  septicum),  die  als 
sog.  Lohblüte  im  Sommer  auf  feuchter 
Gerberlohe  sehr  verbreitet  ist.  Auf  trockenem 
Substrat  können  diese  Plasmodien  unter 
Zerfall  in  zahlreiche,  behäutete  Zellen  zu 
kugeligen  oder  strangartigen'Dauerzuständen, 
sog.  Sklerotien,  sich  umwandeln,  die  bei 
Zutritt  von  Feuchtigkeit  wieder  in  die  be- 
wegliche Form  übergehen.  Die  Plasmodien 
der  meisten  Schleimpilze  besitzen  solches 
Eintrocknungsvermögen  und  können  somit 
ungünstige  Perioden  überdauern.  Schließlich 
wird  das  Plasmodium  zu  einem  gelblichen 
oder  braunen,  kuchenförmigen  Fruchtkörper, 
der  eine  stark  kalkhaltige  Hülle  besitzt,  im 
Innern  durch  zahlreiche  Wandungen  ge- 
fächert ist,  von  einem  fädigen  Capillitium  mit  unregelmäßigen,  Kalkkörnchen  enthaltenden 
Blasen  durchzogen  wird  und  zahlreiche  violettschwarze  Sporen  umschließt.  Dieser  Frucht- 
körper ist  somit  aus  zahlreichen  verschmolzenen  Einzelsporangien  zusammengesetzt,  während 
bei  den  meisten  übrigen  Schleimpilzen  die  Sporangien  getrennt  ausgebildet  werden. 


/^^ 


Fig.  316.  Physarum  didermoides.  ^,  i5  Amö- 
ben in  Teilung.  C  Kopulation  zweier  haploider 
Amöben,  kk  die  beiden  Kerne  in  Verschmel- 
zung. D  Zweikerniges  Plasmodium,  in  der 
Verdauungsvakuole  eine  haploide  Amöbe. 
E  Sechskerniges  Plasmodium  in  Kerntei- 
lung (-^J.MitVerdauungsvakuolen.  Nach  Jahn. 


342 


Schenck : 


Bau  und  Beschaffenheit  der  Sporangien  geben  die  Merkmale  zur  Unterscheidung 
der  einzelnen  Formen  ab.  Die  meist  braunen  oder  ockergelben  Sporangien  sind  kugelig, 
oval  oder  auch  zylindrisch,  gestielt  (Fig.  313,  314 />)  oder  ungestielt  (Fig.  314^).  Ge- 
wöhnlich öffnen  sie  sich  durch  Absprengung  oder  Zerfall  des  oberen  Teiles  der  Wandung, 
während  der  untere  als  Becher  zurückbleibt  (Fig.  31 3  Ä  314^);  bei  Cribraria  (Fig.  313  C), 
deren  Friichtkörper  kein  Capillitium  enthält,  wird  der  obere  Teil  gitterartig  durchbrochen» 
bei  Stemonitis  (Fig.  313. -i)  hingegen  zerfällt  das  ganze  Peridium,  und  das  Capillitium  ent- 
springt einer  Columella,  der  Fortsetzung  des  Stieles. 

Die  Ordnung  der  Plasmodiophoraceae  [^'■')  enthält  einige  wenige  parasitäre  Pilze, 
als  Typus  die  Plasmodiophora  Brassicae,  die  die  sog.  Kohlhernie  an  Brassica- Arten: 
knollenförmige  Verdickungen  am  Strunk  und  an  den  Nebenwurzeln  der  befallenen  Kohl- 
pflanzen verursacht.  Ihre  Myxamöben  leben  in  den  Zellen  dieser  Wucherungen,  und 
zwar  in  den  Vakuolen  des  lebendigen  Plasmas;  sie  zehren  den  Inhalt  der  Wirtszelle  auf 
und  verschmelzen  zu  Plasmodien,  die  schließlich  die  zahlreichen  von  Chitinmembranen 
umhüllten  Sporen  liefern.  Im  Plasmodium  vollzieht  sich  vor  der  Sporenbildung  eine  der 
Reduktion  der  Chromosomenzahl  dienende  Kernteilung,  die  die  Kerne  für  die  Sporen 
liefert.  Die  Sporen  werden  bei  der  Verwesung  der  Pflanze  frei  und  keimen  wie  bei 
Chondrioderma;  die  Myxamöben  dringen  wieder  in  die  Wurzeln  junger  Pflanzen  ein.  Eine 
Peridiumbildung  findet  also  nicht  statt,  so  daß  der  Pilz  einen  einfacher  organisierten  oder 
infolge  der  parasitären  Lebensweise  in  der  Sporangienbildung  reduzierten  Schleimpilz  vorstellt. 

Die  systematische  Stellung  der  Ordnung  ist  noch  zweifelhaft,  da  sie  in  einigen 
zytologischen  Merkmalen  Ähnlichkeit  mit  den  zu  den  Phycomyceten  gerechneten  Chytri- 
diaceen  aufweist. 


Klasse  V. 

Dinoflagellatae  C'  ^'^  ''-^\ 

Die  Dinoflagellatae  oder  Peridineen  schließen  sich  an  gewisse  Flagel- 
laten  als  weiter  entwickelte  Gruppe  enge  an,  so  daß  sie  auch  zu  diesen  selbst 
gestellt  werden  könnten.  Sie  leben  als  einzellige,  freischwimmende  Organismen, 


317.      Peridinium 
tabulatum, 
Nach  Schilling. 


Fig.  318.     Cystodinium  Steinii.     a  Zyste,  b  Teilung  in  zwei 

Schwärmzellen,  c  Zyste  in  Quellung.  d  befreiter  Scliwärmer. 

Vergr.  480.     Nach  Klebs. 


teils  im  Süßwasser,  überwiegend  aber  im  Meere,  wo  sie  zusammen  mit  Dia- 
tomeen einen  wichtigen  Bestandteil  des  Phytoplanktons  abgeben.  Ihre 
Zellen  sind  ausg.-zeichnet  durch  den  Besitz  von  zwei  langen  Zilien,  die  in 
der  Mitte  der  Bauchseite  in  einer  Längsfurche  entspringen;  die  eine  Zilie 
ist  nach  hintun  gestreckt,  die  andere  dagegen  legt  sich  wellig  gebogen  in  eine 
den  Körper  umziehende  Querfurche  (Fi,-..  317).  Der  Protoplast  besitzt  einen 
Zellkern.  Vakuolen  verschiedener  Art,  zahlreiche  gelbbraune  Chromato- 


Thallophyten. 


343 


phoren,  die  mehrere  Farbstoffe  enthalten.  Als  Assiniilationsprodukt  tritt 
Stärke  oder  Öl  auf.  Während  bei  den  Gymnodiniaceen  (Fig.  318^)  die  Zellen 
nackt  sind,  ist  dagegen  bei  den  Peridiniaceen  eine  Zellulosewand  vorhanden, 
die  sieh  aus  polygonalen,  meist  zierlich  gezeichneten,  von  Poren  durchbrochenen 
Platten  zusammensetzt;  die  Querfurche  wird  von  einer  gürtelförmigen  Platten- 
reihe eingenommen  (Fig.  317). 

Bei  vielen  Planktonperidineen  (Fig.  319)  zeichnen  sich  die  Platten  durch  be- 
sondere Fliigelbildungen  aus,  oder  die  Zellen  besitzen  lange  hornförniige  Fortsätze,  Ein- 
richtungen, die  das  Schweben  und  Steuern  im  Wasser  ermöglichen  ('*). 

Unter  den  Dinoflagellaten  gibt  es  auch  farblos  gewordene,  somit  saprophy tisch 
lebende  Formen,  deren  Chromatophoren  noch  als  Leukoplasten  nachweisbar  sind.  Bei 
einigen  Formen  ist  sogar  tierische  Lebensweise  nachgewiesen,  so  bei  dem  im  Süßwasser 
lebenden  Spirodinüim  hyaUmim,  dessen  Protoplast  zum  Zwecke  der  Nahrungsaufnahme 
die  Geißeln  verliert  und  zu  einer,  kleine 
Algenzellen  aufnehmenden  und  verdauenden 
Amöbe  wird. 


A  B 

Fig.  319.     Planktonperidineen.   A  Ceratocorys  horrida  var.  africana,  Ind.  Ozean.  Vergr.  250. 

B   Ceratium   tripos    intermedium    var.    aequatoriale,    Ind.    Ozean.     Vergr.  62.      C  Ceratium 

tripos  gibberum   und  D  Ceratium   palmatum,    Atl.   Ozean.     Vergr.  62.     E  Ceratium  furca, 

Atl.  Ozean.     Vergr.  125.     Nach  G.  Karsten. 

Gewisse  marine  Peridineen  (z.  B.  Ceratmm  tripos,  Peridifinun  divergens)  besitzen 
Leuchtvermögen;  sie  haben  einen  Hauptanteil  am  Meeresleuchten  p). 

Die  Vermehrung  geschieht  durch  Zweiteilung  meist  im  beweglichen  Zustande 
der  Zellen.  Bei  gewissen  Gattungen  (Peridinhim,  Cystodinhim,  [Fig.  318])  gehen  die  be- 
weglichen Zellen  kürzere  oder  längere  Ruhezustände  ein,  bilden  geißellose  Zysten,  in 
denen  die  Teilung  erfolgt;  die  Tochterzellen  treten  dann  aus  der  verquellenden  Zyste  als 
Schwärmzellen  aus.  Endlich  kann  auch  das  bewegliche  Stadium  ganz  unterdrückt  werden, 
und  die  beiden  anfangs  nackten  Tochterzellen  werden  als  behäutete  geißellose  und  un- 
beweglich bleibende  Zellen  aus  der  Mutterhülle  entlassen  {Hypnodinümi). 

Einige  Gattungen  (Ceratmm)  bilden  dickwandige  Dauerzysten  innerhalb  des 
alten  Membranpanzers. 

Sexuelle  Fortpflanzung  ist  bei  Dinoflagellaten  nicht  mit  Sicherheit  nach- 
gewiesen (^^). 

Fossile  Dinoflagellaten  sind  zuerst  aus  der  Kreideformation  bekannt 
geworden. 

Klasse   VI. 

Diatomae,  Kieselalgen ('•  i'-o--^). 

Die  Diatomeen  (Bacillariaceae)  stellen  eine  ungemein  reichhaltige  Klasse 
von  einzelligen  Algen  vor,  die  teils  im  Süßwasser,  teils  im  Meere,  teils  auf 
nassem  Boden,  meist  in  großer  Menge  gesellig  vegetieren. 


344 


Schenck : 


Die  Zellen  leben  einzeln  oder  in  Kolonien,  entweder  freischwimmend 
oder  auf  dünnen,  aus  Poren  ausgeschiedenen  Gallertstielchen  festsitzend 
(Fig.  320).  Bei  gewissen  Arten  bleiben  die  Zellen  in  Bändern  oder  Zickzack- 
ketten durch  kurze  Gallertpolster  vereinigt,  oder  sie  sind  in  festsitzende  schlauch- 
förmige Gallertröhren  eingeschlossen,  die  bei  der  im  Meere  lebenden  Gattung 
Schizonema  sich  büschelig  verzweigen.  Der  Umriß  der  Zellen  ist  höchst  mannig- 
faltig, kreisrund,  elliptisch,  stabförmig,  keilförmig,  gerade  oder  gebogen,  oft 
regelmäßig  bilateral  symmetrisch.  Sehr  charakteristisch  ist  die  Verkieselung 
der  aus  Pektinstoffen  bestehenden  Zellmembran 
und  ihre  Zusammensetzung  aus  zwei  Schalen, 
von  denen  die  eine  wie  der  Deckel  einer  Schachtel 
über  die  andere  übergreift.  Die  Zelle  bietet  daher 
zwei  verschiedene  Ansichten  dar,  je  nachdem 
man  sie  von  der  Schalenseite  oder  von  der 
Gürtelseite  betrachtet  (Fig.  79). 

Die  Seitenwände  beider  Schalen  sind  durch  die 
unter  ihren  Rändern  sich  ansetzenden  Gürtelbänder  ge- 
bildet; bei  gewissen  Gattungen  wird  die  Gürtelseite  noch 
durch  Einfügung  von  ring-  oder  schuppenförmigen 
Zwischenbändern  verlängert. 

Häufig  ist  die  Membran  der  Schalenseiten 
mit  Querrippen,  Warzen  oder  Gruben  besetzt 
und  vielfach  auch  von  offenen  Porenkanälen 
durchbohrt,  welche  der  Gallertausscheidung  dienen. 


/ 


Fig.  321.  Planktoniella  Sol.  Atl.  Ozean.  Scheiben- 
förmige Planktondiatomee  mit  hohlem,  von  der  Gürtel- 
seite entspringendem  Schwebeflügel.  Plasma  mit  Kern 
und  zahlreichen  Chromatophoren.  Vergr.  322.  Nach 
G.  Karsten. 


Fig.  320.  Licmophora  flabellata. 
Diatomeen -Kolonie  mit  ver- 
zweigten Gallertstielen.  Nach 
Smith,  aus  Goebel,  Organo- 
graphie. 

Beim  Glühen  der  Zelle  auf  einem  Glimmerplättchen  bleibt  das  Kieselskelett 
der  Membran  mit  allen  Strukturen  zurück,  beim  Herauslösen  der  Kiesel- 
teile mit  Flußsäure  aber  ebenso  das  Pektingerüst. 

Die  Diatomeenzelle  enthält  einen  Zellkern  (Fig.  79)  und  entweder  ein 
oder  zwei  bis  vier  (Fig.  324)  große,  flache,  oft  gelappte  oder  auch  zahlreiche 
(Fig.  321)  kleinere,  durch  Chlorophyll  und  gelbes  Phykoxanthin  braun- 
gelb gefärbte  Chromatophoren,  die  häufig  Pyrenoide  führen.  Im  Zellplasma 
finden  sich  gewöhnlich  einige  Tropfen  von  fettem  Öl,  das  an  Stelle  der  Stärke 
als  Assimilationsprodukt  auftritt. 


Thallophyten. 


345 


Die  Diatomeen  vermehren  sich  durch  Zweiteilung,  die  sich  immer 
nur  nach  einer  Richtung  hin  vollzieht.  Die  beiden  Schalen  werden  dabei 
durch  den  sich  vergrößernden  Plasmakörper  an  den  Gürtelbändern  ausein- 
ander geschoben:  jede  der  beiden  Tochterzellen  erzeugt  eine  neue  Schale, 
welche  unter  die  von  der  Mutterzelle  übernommene  Schale  mit  ihren  Rändern 
eingreift;  dann  trennen  sich  die  Tochterzellen  voneinander.  Die  beiden  Schalen 
einer  Zelle  sind  somit  ungleichaltrig.  Diese  Art  der  Membranbildung  hat, 
da  die  verkieselten  Wände  nicht  wachstumsfähig  sind,  zur  Folge,  daß  stets 
eine  der  Tochterzellen  fortschreitend  kleiner  wird,  und  dies  geht  so  fort  bis 
zur  Erreichung  eines  gewissen  Minimums  der  Zellgröße.  Alsdann  tritt  in 
der  Regel  die  Bildung  von  Auxosporen  ein,  die  mehrmals  größer  sind  als 
die  Zellen^  aus  denen  sie  hervorgegangen  sind,  und  die  bei  ihrer  Weiter- 
entwicklung somit  die  Anfangsgröße  der  Zellen  wieder  herstellen. 

Die  sexuelle  Fortpflanzung  besteht  in  Kopulation  gleichgestalteter 
Gameten. 

Die  Diatomeen  umfassen  zwei  Ordnungen,  Centricae  und  Pennatae. 

Die  Auxosporen  wachsen  bei  den  Centricae,  die  sich  durch  zentrischen  Bau  der 
Schalen  auszeichnen,  ohne  vorhergehenden  Kopulationsvorgang  aus  vegetativen  Zellen 
heran,  dagegen  bei  den  mit  fiedriger  Schalenskulptur  versehenen  Pennatae  aus  den  durch 
Gametenkopulation  hervorgegangenen  Zygoten.  Die  Pennaten  haben  diploide  vegetative 
Zellen,  und  ihre  Reduktionsteilung  erfolgt  bei  der  Bildung  der  Gameten,  während  die 
Centricae  haploid  sein  dürften  und  schon  bei  der  Teilung  der  Zygoten,  die  hier,  soweit 
bekannt,  durch  Verschmelzung  begeißelter  Gameten  gebildet  werden,  ihre  einfache  Chromo- 
somenzahl erhalten.     Die  beiden  Kieselalgengruppen  zeigen  somit  scharfe  Unterschiede. 

/.  Ordnung.  Diatom eae  centricae.  Die  Schalenseite  ist  zentrisch  ge- 
baut, mit  radialer  oder  konzentrischer  Anordnung  der  Wandskulpturen.    Die  überwiegende 


Fig.  322.  Corethron  Valdiviae.  Antarktisches  Plankton,  a  Zelle  mit  Schwebeborsten 
und  Fangarmen,  b  Auxosporenbildung,  Protoplast  nach  Abwerfen  einer  Schale  aus  der 
anderen  hervortretend  und  zu  etwa  vierfachem  Durchmesser  herangewachsen,  vom  Peri- 
zoniura  umgeben,  c  Protoplast  innerhalb  des  Perizoniums  kontrahiert  und  die  neue  obere 
Schale  ausbildend,  d  Perizonium  oben  aufgelöst.  Die  Auxospore  bildet  die  untere  Schale 
und  tritt  aus  dem  Perizonium  hervor.     Nach  G.  Karsten. 


Mehrzahl  der  hierher  gehörigen  Arten  lebt  im  Meere  und  beteiligt  sich  in  hervorragendem 
Maße  an  der  Zusammensetzung  des  Plank  tons  ('**).  Die  Planktondiatomeen  sind  mit 
besonderen  Schwimm-  und  Schwebeeinrichtungen,  oft  mit  hornförmigen  Fortsätzen  oder 
Membranflügeln  ausgestattet  (Fig.  321   u.  322). 

Die  Auxosporenbildung  der  Centricae  vollzieht  sich  als  reiner  Wachstums- 
vorgang in  der  Weise,  daß  der  sich  von  den  Schalen  befreiende  Plasmakörper  einer  Zelle 
zu    einer   vergrößerten   Zelle   heranwächst,    die   zunächst   von   einer  schwach   verkieselten 


346 


Schenck: 


Hülle  (Penzonium)  umgeben,  in  dieser  die  beiden  neuen  Schalen  nacheinander  ausscheidet 
(Fig.  322,  323^). 

Den  Pennaten  gegenüber  zeichnen  sich  die  Centricae  durch  bewegliche,  mit  Zilien 
versehenen  Gameten  aus.  Die  Bildung  dieser  bisher  als  Mikrospuren  bezeichneten 
Sexualzellen  wurde  zuerst  von  Bergok  bei  Biddulphia  ?nobil7e?isis  (Fig.  323^4—2))  unter- 
sucht. Hier  teilt  sich  die  Zelle  zunächst  in  zwei  sich  gegeneinander  abrundende  Game- 
tangien,  deren  Inhalt  durch  wiederholte  Zweiteilungen  in  viele  (32)  Gameten  zerlegt  wird. 
Diese  sind  mit  zwei  gleich  langen  Geißeln  versehen  und  schlüpfen  als  nackte  Schwärra- 
zellen  aus  den  Behältern  aus  (Fig.  323  C—^).  Karsten  beobachtete  an  konserviertem 
Material  von  Corethron  Valdiviae,  daß  die  Mikrosporen  paarweise  zu  Zygoten  ko- 
pulieren, die  heranwachsen  und  sich  in  je  zwei  Tochterzellen  teilen.  Jede  Tochterzelle 
hat  erst  zwei  Kerne,  von  denen  einer  später  verschwindet;  sie  wächst  allmählich  zu  einer 
fertigen  Corethronzelle  heran.  Diese  Vorgänge  erinnern  an  das  für  Closterium  zu  schil- 
dernde Verhalten  der  Desmidiaceen.  Auch  bei  einigen  anderen  Gattungen  sind  solche 
zweiwimperigen  Gameten,  und  zwar  von  zweierlei  Form,  größere  chromatophorenführende 
und  etwas  kleinere  farblose,  beobachtet  worden  (Fig.  323.S').  Ihre  Kopulation  wurde  in 
neuester  Zeit  von  P.  Schmidt  an  lebendem  Material  von  Melosira  festgestellt  (^^).  Die  Geißeln 
der  Gameten  deuten  auf  phylogenetische  Beziehungen  der  Diatomeen  zu  den  Flagellaten, 
unter  denen  in  erster  Linie  die  Chrysomonadinen  als  Ausgangsgruppe  in  Betracht  zu  ziehen  sind. 


te4 


^•^H 


c 


Fig.  323.  A—D  Biddulphia  raobiliensis.  A  Gürtel- 
bandansicht. B  Auxosporenbildung.  C  Zelle  in  zwei 
Gametangien  geteilt.  D  Gametenbildung  in  diesen. 
Vergr.  228.  Nach  P.  Bergon.  E  Goscinodiscus, 
Gameten.     Nach  Pavillard. 


2,  Ordnung,  Diatonieae  pennatae.  Sie  sind  meist  grundbewohnende 
Kieselalgen.  Die  meist  langelliptische  oder  stabförmige  oder  schiffchenförmige  oder  auch 
keilförmige  Schalenseite  zeigt  fiedrige  Anordnung  ihrer  Wandskulpturen  (Fig.  320,  324,  325). 
Bei  manchen  Pennaten  (Fig.  79)  verläuft  über  die  Schalenseite  eine  von  zwei  Endknoten 
ausgehende  und  in  der  Mitte  zu  einem  Mittelknoten  anschwellende  Längsleiste  oder  Kaphe, 
in  welcher  schraubig  verlaufende  Längsspalten  die  Zellwand  durchsetzen.  Die  Formen 
mit  Raphe  zeichnen  sich  durch  eine  eigentümliche,  ruckweise  erfolgende  Fortbewegung 
aus,  deren  Zustandekommen  auf  das  in  den  Spalten  befindliche  und  aus  ihnen  hervor- 
tretende strömende  Plasma  zurückgeführt  wird.  Die  Bewegungen  dieser  Diatomeen  werden 
durch  äußere  Reize  veranlaßt. 

Die  Bildung  der  Auxosporen  vollzieht  sich  in  mannigfaltiger  Weise.  Wir  gehen 
aus  von  dem  Verhalten  von  Navictclä,  Pletirosigtua  u.  a.,  auf  das  sich  die  anderen  Typen 
zurückführen  lassen;  zwei  Zellen  legen  sich  hier  nebeneinander  und  scheiden  eine  Gallert- 
hülle aus.  Ihre  Kerne  erfahren  eine  mit  Chromosomenreduktion  verbundene  Tetraden- 
teilung  in  je  vier  Kerne,  nämlich  zwei  Großkerne  und  zwei  Kleinkerne.  Dann  teilt  sich 
jede  Zelle  in  zwei  Gameten,  von  denen  ein  jeder  einen  Großkern  und  einen  Kleinkern 
mitbekommt.  Die  aus  den  Schalen  hervortretenden  Gameten  kopulieren  paarweise  zu 
anfangs  vierkernigen  Zygoten;  in  diesen  verschmelzen  die  Großkerne,  während  die  Klein- 


Thallophyten. 


347 


kerne  schwinden.  Jede  Zygote  wächst  innerhalb  einer  dünnen  Hülle  (Perizonium)  zu 
einer  mehrmals  größeren  Auxospore  heran,  die  schließlich  ihre  beiden  neuen  Schalen 
ausbildet  und  die  Reihe  der  vegetativen  Zweiteilungen  beginnt  (Fig.  .324). 

Bei  Surirella  und  Cocconeh  (Fig.  325)  teilen  sich  die  kopulierenden  Zellen  nicht 
in  zwei  Tochterzellen,  sondern  verschmelzen  direkt  miteinander;  aber  die  Zellkerne  erfahren 
noch  Teilungen,  und  zwar  teilt  sich  bei  ersterer  Gattung  der  Kern  einer  jeden  Zelle 
zweimal,  so  daß  ein  großer  Sexualkern  und  drei  Kleinkerne  entstehen,  hei  letzterer  Gattung 
aber  nur  einmal  in  einen  Großkern  und  einen  Kleinkern.  Die  Großkerne  verschmelzen, 
die  Kleinkerne  gehen  zugrunde. 

Bei  Achnanthes  subsessilis  teilt  sich  der  Inhalt  einer  Zelle  in  zwei  austretende  ein- 
kernige Tochterzellen,  die  sich  alsdann  zu  einer  Auxospore  vereinigen. 

Bei  manchen  Pennaten  tritt  die  Sexualität  zurück,  und  die  Auxosporen  entstehen 
parthenogenetisch.  Bei  Synedra  teilt  sich  eine  Mutterzelle  in  zwei  zu  Auxosporen  heran- 
wachsende   Tochterzellen,    deren    Kerne   zwar   noch    eine    zweite    Teilung   ausführen,  aber 

wieder  verschmelzen;  ebenso  verhält  sich  Rhabdo- 
\  //f\\  /^~\        netna    arcuaUim,    nur    ist    die    zweite    Kernteilung 

nicht  mehr  nachzuweisen. 


Fig.  324.  Auxosporenbildung  von 
Navicula  viridula.  A  Zelle  von  der 
Schalenseite.  B  Zwei  Zellen  in  je  zwei 
Tochterzellen  mit  zwei  Kernen  geteilt. 
6',  D  Kopulation  der  Tochterzellen  zu 
zwei  anfangs  vierkernigen  Auxosporen. 
E  Die  beiden  herangewachsenen  Auxo- 
sporen. Vergr.  500.    Nach  G.  Karsten. 


Fig. "'325.  Cocconeis  Placentula.  /  Vegetative 
Einzelzelle,  2  Zellenpaar  vor  der  Kopulation, 
3  und  4  in  Kopulation,  gk  Großkern,  kk  Klein- 
kern, g  Gallerte.  Nach  G.  Karsten,  aus  Olt- 
MANNS,  Algen. 


Rhabdonema  adriaticum  geht  noch  einen  Schritt  weiter;  es  stößt  einen  der  beiden 
Tochterkerne  aus  dem  Plasmakörper  aus  und  entwickelt  aus  der  ganzen  Mutterzelle  nur 
eine  Auxospore. 

Viele  Pennaten  siedeln  sich  mit  Vorliebe  an  Stellen  an,  wo  verwesende  Substanzen 
reichlich  vorhanden  sind.  Solche  Arten  können  zu  saprophytischer  Lebensweise 
übergehen.  Ihre  Chromatophoren  erleiden  dabei  unter  Umständen  eine  bedeutende  Ver- 
kleinerung und  eine  Entfärbung.  Für  einige  marine  Nitzschm-kx\.QV\.  ist  sogar  ausschließ- 
liche Ernährung  aus  organischen  Substanzen  und  vollständiges  Schwinden  der  Chroma- 
tophoren und  Farbstoffe  nachgewiesen  ('■'-). 

Navicula  ostrearia,  eine  im  Mitteimeer  vereinzelt  auftretende,  in  den  Austernparks 
der  französischen  Küsten  aber  sehr  verbreitete  und  den  Austern  als  Nahrung  dienende 
Diatomee,  zeichnet  sich  durch  einen  im  Plasma  enthaltenen  himmelblauen  Farbstoff, 
Marennin,  aus.  Das  Marennin  bewirkt  Grünfärbung  der  Austern,  in  denen  es  sich 
unter  Änderung  seiner  Farbe  ablagert.  Bei  Neapel  kommt  sie  auf  Padina  (S.  365)  vor 
und  verleiht  ihr  grüne  Färbung  ("'). 


348 


Schenck: 


Wegen  ihrer  außerordentlich  feinen  Membranskulptur  dienen  [gewisse  pennate 
Diatomeen  als  Testobjekte  zur  Prüfung  von  Mikroskopobjektiven,  so  namentlich /"/^«ro- 
signia  ajigiilahiTti, 


Fossile  Diatomeen  sind  bis  in  den  oberen  Lias  hinab  nachgewiesen  worden,  in 
besonders  reicher  Fülle  im  Tertiär,  wo  ihre  Schalen  vielfach  in  größeren  Massen  abgelagert 
wurden,  als  Hauptbestandteil  der  Kieselgur  (Bergmehl,  Diatomeenerde),  die  zur  Dynamit- 
fabrikation Verwendung  findet.  Die  tertiären  Arten  sind  zum  Teil  mit  jetzt  noch  lebenden 
identisch  oder  gehören  meist  denselben  Gattungen  an. 


Klasse  VII. 

Conjugatae,  Konjugalen  (^'  ^^'  ''^~-^). 

Die  Konjugaten  bilden  eine  formenreiche  Gruppe  von  einzelligen  oder 
von  unverzweigt  fadenförmigen,  im  Süßwasser  lebenden  grünen  Algen,  die 
sich  von  den  Chlorophyceen  scharf  unterscheiden.  Ihre  Zellen  vermehren 
sich  nur  durch  Zweiteilung,  sind  einkernig  und  haben  im  Gegensatz  zu 
den  Diatomeen  eine  kieselfreie  Membran  sowie  große,  verwickelt  ge- 
baute grüne  Chloroplasten.  Ungeschlechtliche  Vermehrung  durch  Schwärm- 
sporen fehlt  ihnen  ebenso  wie  den  Diatomeen,  mit  denen  sie  auch  in  ihrer 
sexuellen  Fortpflanzung  zum  Teil  übereinstimmen.  Diese  besteht  in  der  Ko- 
pulation oder  Konjugation  zweier  gleichgestalteter,  geißelloser 
Gameten    zu  einer    Zygospore  oder  Zygote. 

Die  Konjugaten  und  Diatomeen  sind  daher  auch  zu  einer  nunmehr  als  unnatürlich 
zu   betrachtenden   Gruppe   der   Zygophyceen    zusammengefaßt   und   in   Rücksicht    auf   den 

Mangel  von  Zilien  an  den  Gameten  auch  als  Aconiae, 
Geißellose,  bezeichnet  worden.  Letztere  Bezeichnung 
trifft  indessen  für  gewisse  Diatomeen,  wie  wir  sahen, 
nicht  mehr  zu.  Die  Reduktionsteilung  erfolgt  bei 
tt     r  /    ^«js  '"?,<!  \  den  Konjugaten  nach  der  Kopulation  in  den  keimenden 

i      I     i       's^'"'       --  ^'  '         Zygoten,  bei  den  Pennaten  dagegen   bei  Bildung  der 

I    'c^    \         ~^ — --^  E       Gameten.     Beide    Gruppen    haben    offenbar   getrennt 

V  -  = voneinander  ihren  Ausgang  aus  Flagellaten  genommen. 

/.  Die  Mesotaeniaceae  umfassen  als  einfachste 
einzellige  Konjugaten  nur  wenige  Gattungen;  sie  be- 
sitzen eine  einfache,  nicht  wie  bei  den  Desmidiaceen 
aus  zwei  Hälften  bestehende  Membran  ihrer  kurz- 
zylindrischen,  in  Gallerte  an  feuchten  Orten  lebenden 
Zellen.  Die  Kopulation  zeigt  Verschiedenheiten.  Bei 
Cylindrocystis  (Fig.  326)  verschmelzen  die  Protoplasten 
von  zwei  Zellen  als  Gameten  zu  einer  Zygote,  beide 
Kerne  vereinigen  sich,  während  die  vier  Chloroplasten 
erhalten  bleiben.  Vor  der  Keimung  teilt  sich  die 
Zygote  schrittweise  in  vier  Keimzellen,  die  dann  aus 
ihr  heraustreten.  Im  ersten  Teilungsschritt  vollzieht 
sich  die  Reduktion  der  Chromosomen.  Bei  Spirotaenia 
dagegen  teilen  sich  erst  die  Protoplasten  der  beiden  ko- 
pulierenden Zellen  in  zwei  Tochterzellen,  die  dann 
paarweise  zu  Zygoten  verschmelzen.  Auch  sollen  hier 
aus  diesen  nur  zwei  Keimlinge  hervorgehen,  indem 
die  beiden  anderen  unterdrückt  werden. 

2.  Die  Desmidiaceen  sind  ebenfalls  einzellige 
oder  in  Zellketten  erscheinende   Konjugaten;   sie  ge- 
hören zu  den  zierlichsten  Algen  der  Torfmoore  und  Sümpfe   und   weisen   ebenso   wie    die 
Diatomeen   sine   ungemeine  Mannigfaltigkeit   der   Gestalt   auf.     Ihre   Zellen   bestehen    aus 
zwei    symmetrischen  Hälften,    die   meist   durch  eine   Einschnürung    begrenzt   sind.      Jede 


Flg.  326.  A  Cylindrocystis  Brebis- 
sonii.  Der  Zellkern  in  der  Mitte 
zwischen  zwei  großen  viellappigen 
Chloroplasten  mit  langen  Pyre- 
noiden.  B  Zygote  vor,  C  nach  der 
Verschmekjng  der  Kerne,  D  Zy- 
gote vor  der  Keimung  mit  vier 
Tochterzellen.  Nach  Kaüffmann. 


Thallophyten. 


349 


Hälfte  enthält  einen  großen  Chloroplasten  mit  einigen  Pyrenoiden  oder  Stärkeherden ; 
in  der  Mitte  der  Zelle  ist  der  Kern  gelegen.  Die  Gesamtform  ist  sehr  verschieden, 
bald  abgerundet  eckig  (z.  B.  Cosmarium,  Fig.  327  A,  B),  bald  sternförmig  [Micrastenas, 
Fig.  327  D).  Häufig  ist  die  Membran,  die  wie  bei  den  Diatomeen  aus  zwei  Hälften 
besteht,  mit  Stachel-  oder  warzenartigen  Verdickungen  versehen  und  meist  von  Poren,  die 
der  Gallertausscheidung  dienen,  durchsetzt.  Einige  Gattungen  zeigen  keine  Einschnürungen 
zwischen  den  beiden  Hälften  der  Zelle,  so  z.  B.  Closterium  mo7iilifcruin  (Fig.  328  /'')  (25). 
dessen  zwei  Chromatophoren  die  Gestalt  von  kegelförmigen,  mit  Rippen  besetzten  Körpern 
haben,  und  das  an  den  Zellenden  je  eine  Vakuole  mit  winzigen,  in  Bewegung  befindlichen 
Gipskristallen  aufweist.  Manche  Desmidieen  vollziehen  phototaktische  Bewegungen;  sie 
stoßen  an  ihren  Enden  durch  Poren  der  Membran  Schleimfäden  aus,  mittels  deren  sie 
sich  fortschieben  und  in  die  Richtung  der  ein- 
fallenden Lichtstrahlen  stellen  können. 

■--\  r  ^^   '  '  V 


f^ 


D^   ^         ß  A 

Fig.  327.  A  Cosmarium  coelatum  in  Teilung. 
ß,  C  Cosmarium  Botrytit^  c^  Zwei  gekieuzt 
stehende  Zellen  im  Beginn  dn  Kopulation, 
die  untere  Zelle  zeigt  den  Kopulationskanal. 
Cj  Gameten  zur  jungen  Zygote  verschmolzen. 
Cg  Fertige  Zygote.  D  Micrasterias  Crux  meli- 
Nach  Ralfs,  C,  und  C^  nach  de  Bary. 


^/    C 


Fig.  328.  Closterium.  A  Zygote  vor  der 
Keimung  mit  den  beiden  noch  nicht  ver- 
schmolzenen Gametenkernen.  B  Zygote 
in  Keimung,  Kerne  zu  einem  vereinigt. 
C  Teilung  in  zwei  Zellen,  jede  mit  einem 
Großkern  und  einem  Kleinkern.  Z>Weiter- 
entwicklungder  Keimlinge.  ^'Heraustreten 
derselben  aus  der  Membran.  F  Fertiges 
Stadium  von  Closterium  moniliferum. 
A—E  nach  Klebahn. 


Die  Vermehrung  geschieht  durch  Zweiteilung,  die  nach  der  Kernteilung  durch 
eine  in  der  Einschnürung  der  Zelle  auftretende  und  dann  sich  spaltende  Querwand  voll- 
zogen wird.  Die  Tochterzellen  bilden  sodann  neue  Zellhälften  aus,  indem  sie  sich  nach 
der  Teilungsfläche  zu  ausstülpen  (Fig.  327  A). 

Zur  Kopulation  legen  sich  zwei  Zellen  nebeneinander  und  umgeben  sich  mit 
Gallerte;  die  Zellwand  bricht  in  der  Einschnürung  auf,  die  Protoplasten  treten  in  die  sich 
vorwölbenden,  bald  verschleimenden  Kopulationskanäle  und  vereinigen  sich  zur  Zygospore, 


350 


Schenck : 


deren  Wandung  häufig  durch  Stachelbildungen  ausgezeichnet  ist  (Fig.  327  C).  Neben 
oder  an  den  reifen  Sporen  liegen  die  vier  Membranhälften.  Bei  einigen  Desmidieen 
werden  die  kopulierenden  Zellen  erst  in  je  zwei  Tochterzellen  geteilt,  die  dann  paarweise 
sich  vereinigen. 

Die  in  die  Zygoten  eingetretenen  beiden  Gametenkerne  verschmelzen  erst  bei  be- 
ginnender Keimung  zu  einem  einzigen,  der  sich  darauf  nacheinander  in  vier  Kerne,  zwei 
große  und  zwei  kleine,  voraussichtlich  unter  Reduktion  der  Chromosomenzahl,  teilt.  Es 
werden  aber  nur  zwei  Keimzellen  gebildet,  von  denen  jede  zwei  ungleich  große  Kerne 
mitbekommt,  deren  kleinerer  später  schwindet  (Fig.  828).  Die  zweizeilige  Keimung  er- 
scheint so  als  Reduktion  der  vierzelligen  von  Cylindrocystis.  Die  vier  Chromatophoren  der 
Zygote  gehen  zur  Hälfte  zugrunde,  die  beiden  übrigbleibenden  teilen  sich  vor  der  Keimung 
in  je  zwei. 

3.  Unter  den  fadenförmigen  Konjugalen,  den  Zygnemaceen  (26)  ist  am  bekanntesten 
die  Gattung  Spirogyra,  deren  zahlreiche  Arten  als  frei  schwimmende,  fädige  grüne  Watten  im 
Frühjahr  in  ruhigen  Gewässern  häufig  auftreten.  Die  aus  längeren  oder  kürzeren  Zellen  be- 
stehenden Fäden  wachsen  in  die  Länge  unter  Teilung  und  Streckung  aller  Zellen.  Auch  ist 


Fig.  32&.  A  Kopulation  von  Spirogyra  quinina. 
z  Zygosporen.  Vergr.  240.  B  Desgleichen  von 
Sp.  longata.  Vergr.  150.  C  Zelle  von  Sp.  jugalis, 
k  Kern,  ch  Ghromatophor,  p  Pyrenoide  oder  Amy- 
lumherde.     Vergr.  256. 


Fig.  330.  Spirogyra  longata. 
Junge  und  alte  Zygoten.  A  Die 
beiden  Sexualker«^"  -'or  der  Ko- 
pulation, B  nach  u^r  Verschmel- 
zung, C  Teilung  des  Zygoten- 
kerns  in  vier  haploide  Kerne. 
D  Die  drei  Kleinkerne  in  Zerfall. 
Chlorophyllbänder  wandständig, 
durchschnitten  gezeichnet.  Nach 
Tröndle. 


der  Fadenverband  kein  inniger,  denn  die  Zellen  können  sich  unter  Umständen  leicht  aus  ihm 
lösen.  Jede  Zelle  besitzt  einen  Kern  und  einen  oder  mehrere  wandständige,  bandförmige, 
Bchraubige  Chloroplasten  (Fig.  329  C  und  17).  Die  Zellwand  ist  glatt  und  porenlos.  Bei 
der  Gattung  Zygnema  sind  zwei  sternförmige  Chloroplasten  vorhanden,  bei  Mesocarpus  ein 
axiler  bandförmiger.  Die  Fäden  können  sich  in  einer  noch  unbekannten  Weise  fortbewegen. 
Die  Kopulation  der  Gameten  vollzieht  sich  innerhalb  der  Membranen  der  Zellen, 
die  durch  Kopulationskanäle  miteinander  in  offene  Verbindung  treten  (Fig.  329).  Der 
Protoplast  der  einen  Zelle  wandert  dann  durch  den  Kanal  zu  dem  anderen  hinüber. 
Ersterer  kann  als  männlich,  letzterer  als  weiblich  bezeichnet  werden.  Plasma  und  Kerne 
verschmelzen  miteinander,  nicht  aber  die  Chlorophyllkörper,  von  denen  die  in  der  männ- 
lichen Zelle  befindlichen  zugrunde  gehen.  So  entsteht  eine  sich  abrundende  mit  dicker 
dreischichtiger  Membran  umkleidete,  dicht  mit  Fett  und  rotbraunen  Schleimkugeln  erfüllte 
Zygospore.  Bei  den  meisten  Spirogyren  erfolgt  die  Kopulation  von  zwei,  zuweilen 
auch  von  mehreren  Fäden  leiterförmig   (Fig.  329^).     Zuerst    legen   sich   diese   dicht 


Thallophyten. 


351 


nebeneinander;  dann  wölben  sich  die  gegenüberstehenden  Zellen  aufeinander  zu  und 
werden  an  den  Berührungsstellen  fest  verbunden.  Hier  strecken  sich  die  Wände  zu 
kurzen  Kanälen,  wodurch  die  Fäden  etwas  voneinander  geschoben  werden.  Schließlich 
wird  die  trennende  Wand  im  Kanal  aufgelöst. 

Sind,  wie  es  meist  der  Fall  ist,  die  Fäden  getrennt  geschlechtig,  so  liegen  die 
Zygosporen  sämtlich  im  weiblichen  Faden.  Es  gibt  aber  auch  gemischt  geschlechtige 
Arten,  bei  denen  sie  dann  teils  im  einen,  teils  im  anderen  Faden  liegen.  Bei  diesen 
letzteren  Arten  kann  auch  seitliche  Kopulation  von  aufeinanderfolgenden  geschlechtlich 
verschieden  differenzierten  Gameten  eintreten  (Fig.  329  B).  Nach  Hemleben  findet 
diese  geschlechtliche  Differenzierung  in  der  Regel  vor  der  letzten  Zweiteilung  der  Faden- 
zellen statt  und  dem  entsj)richt  auch  die  Lagerung  der  Zygosporen. 

Es  gibt  übrigens  auch  Gattungen,  bei  denen  die  Zygote  mitten  in  den  Kopulations- 
kanal gelagert  wird. 

Der  Kopulationskern  der  jungen  Zygospore  erfährt  eine  mit  Chromosomenreduktion 
verbundene  Tetradenteilung.  Von  den  vier  Kernen  wird  einer  zum  Kern  des  Keim- 
lings, die  drei  übrigen  werden  zu  Kleinkernen  und  gehen  zugrunde  (Fig.  330).  Von 
den  Chloroplasten  der  beiden  Gameten  werden  die  des  übertretenden  aufgelöst.  So 
entsteht  nur  ein  Keimling,  der  schlauchförmig  auswächst  und  durch  Zellteilung  den 
Faden  bildet. 


Klasse  VIII. 
Heterocontae,  Ungleichwimprige  Grünalgen  (^'  ^^'  ^'). 

Die  Heterocontae  umfassen  eine  Anzahl  Gattungen  grüner  Algen,  die  zu  den  Chloro- 
phyceen  gerechnet  wurden,  besser  aber  als  selbständiger,  aus  Chrysomonadinen  hervor- 
gegangener Formenkreis  zu  betrachten  sind. 

Sie  zeichnen  sich  aus  durch  gelbgrüne  Färbung  ihrer  plattenförmigen  Chromato- 
phoren,  die  außer  Chlorophyllgrün  einen  gelben,  mit  Säuren  sich  blau  färbenden  Farb- 
stoff enthalten  und  als  Assimilationsprodukt  nie  Stärke,  sondern  fettes  Öl  bilden,  ferner 
fast  stets  durch  zwei  ungleich  lange,  etwas  seitlich  eingefügte  Zilien  ihrer  Schwärm - 
Zellen,  endlich  in  vielen  Fällen  durch  Zusammensetzung  ihrer  pektinhaltigen  und  meist 
verkieselten  Zellmembran  aus  zwei  ineinander  geschachtelten  Teilen.  Teils  sind  die 
Heteroconten  einzellig,  teils  leben  ihre  Zellen  in 
gallertigen  Zellkolonien  oder  auf  Gallertstielen,  teils 
stellen  sie  Zellfäden  vor. 

Die  Vermehrung  erfolgt  durch  Schwärmsporen, 
bei  gewissen  Gattungen  aber  auch  an  deren  Stelle 
durch  endogene  Aplanosporen;  auch  werden  endo- 
gene Zysten  gebildet,  die  wie  die  zuletzt  genannten 
Sporen  meist  mit  zweischaligen  Kieselmembranen 
versehen  sind.  Bei  einigen  Gattungen  sind  außer 
Schwärmsporen  auch  diesen  ähnliche,  paarweise  kopu- 
lierende Gameten  beobachtet  worden. 

Die  Heteroconten  beteiligen  sich  mit  mehreren 
einzelligen  Gattungen  {Meringosphaera,  Halosphaerd) 
an  der  Zusammensetzung  des  marinen  Planktons. 

An  den  Beginn  der  Klasse  stellen  wir  flagel- 
latenartige  Formen,  wie  die  im  Süßwasser  lebende 
Chloratnoeba  heteromorpha    (Fig.   331),   deren  nackte, 

amöboid  veränderliche  Zellen  einen  Zellkern,  2 — 6  gelbgrüne  Chloroplasten  und  am  Vorder- 
ende über  einer  Vakuole  zwei  sehr  ungleich  lange  Geißeln  besitzen.  Chloramoeba  gehört 
zu  den  niederen  grünen  Organismen,  die  bei  Kultur  im  Dunkeln  in  Nährlösung  farblos 
werden  und  zu  unselbständiger  Ernährung  übergehen.  Ruhestadien  werden  von  derb- 
wandigen  Dauerzellen  gebildet. 

Unter  den  höher  stehenden  Heteroconten  ist  besonders  die  im  Süßwasser  sehr  ver- 
breitete Gattung  Coiiferva  {Tribonemd)  (Fig.  332)  zu  nennen,  deren  Arten  un verzweigte 
Zellfäden  vorstellen  mit  eigenartig  gebauter  Membran,  die  aus  zwei  in  der  Milte  der  Zelle 
durch  einen  schräg-ringförmigen    Spalt  getrennten   Stücken   besteht  und   bei  der  Teilung 


P'ig.  331.  Chloramoeba  heteromorpha. 
/  Grüne  Form.  2  Farblose  Form. 
V  Vakuole,  k  Kern.  3  Dauerzelle. 
Nach  BoHLiN,  ausOLTMANNS,  Algen. 


352 


Schenck : 


durch  Einschiebung  eines  neuen,  im  Längsschnitt  H-förmigen  Membranstückes  verlängert 
wird.  Die  Zoosporen  entstehen  zu  1  oder  2  aus  den  Fadenzellen.  Außer  Zoosporen 
werden  auch,  unter  Zerfall  der  Fäden,  geißellose  derbwandige  Aplanosporen  erzeugt. 

Die  Mehrzahl  der  Heteroconten  besitzt  einkernige,  nur  gelegentlich  zweikernige 
Zellen.  Doch  gehören  auch  Gattungen  mit  mehrkernigen  Zellen  wie  Ophiocytiutn  und 
Sciadium  in  diese  Klasse. 

Zu  den  Heteroconten  stellen  wir  mit  Vorbehalt  auch  Botrydium  graiitdahun  (Fig.  333), 
eine  auf  feuchtem  Lehmboden  sehr  verbreitete  Alge,  deren  einzelliger,  aber  vielkerniger 
Thallus  die  Form  von  einer  etwa  2  mm  großen,  birnförmigen,  grünen,  unterwärts  mit 
farblosem  verzweigtem    Rhizoid    festgeankerten  Blase  aufweist.      Die  Zoosporen  werden  in 

großer  Zahl  erzeugt,  treten  aus 
einem  Loch  am  Scheitel  aus,  be- 
sitzen zwei  Chloroplasten,  eine 
endständige  Geißel,  umgeben  sich 
nach  dem  Schwärmen  mit  Mem- 
bran und  keimen  zu  neuen  Blasen 
heran.  Geschlechtliche  Fortpflan- 
zung ist  nicht  bekannt  (^). 


Fig.  332.  Conferva  bombycina.  /  Faden,  2,  3  Zell- 
wandbildung, q  Querwand,  5  Aplanosporenbildung  unter 
Zerfall  der  Fäden,  10  Zoosporen  mit  ungleich  langen 
Geißeln.  Nach  Gay  (/,  5),  Bohlin  (2,  3),  Luther  (/o). 
Aus  Oltmanns,  Algen. 


Fig.  333.  Botrydium  granulatum. 
A  Vergr.  28.  B  Eine  Schwärm- 
spore.    Vergr.  540.     Nach  Stras- 

ßURGER. 


Klasse  IX. 

Chlorophyceae,  Grünalgen  ('  '^'  -''~*^). 

Nach  Ausscheidung  der  ebenfalls  grünen  Konjugaten  und  Heteroconten 
verbleiben  die  Chlorophyceen  als  eine  natürliche,  in  mehreren  Reihen  auf- 
steigende Gruppe  von  Algen,  von  denen  der  größere  Teil  in  Süßwasser  oder 
an  feuchten  Orten,  manche  größere  Arten  aber  auch  an  den  Meeresküsteu 
leben,  während  sie  am  marinen  Plankton  keinen  Anteil  haben.  Ihre  mit  Mem- 
bran umhüllten  Zellen  zeichnen  sich  aus  durch  rein  grün  gefärbte,  fast  stets 
Stärke  bildende  und  häufig  Pyrenoide  führende  Chloroplasten.  Ihre  un- 
geschlechtlichen Schwärmsporen  haben  birnförmige  Gestalt  und  besitzen 
bei  den  typischen  Vertretern  zwei  oder  vier  gleich  lange  Geißeln  (daher 


Thallophyten. 


353 


auch  die  Bezeichnung  Isocontae  für  die  Gruppe),  und  im  unteren  Teil  einen 
gebogenen  oder  auch  beclierförmigen  Chloroplasten.  Bei  einigen  Gattungen 
treten  an  Stelle  der  Schwärmsporen  unbewegliche  Aplan osporen  auf;  bei 
gewissen  höher  stehenden  Gattungen  (Oedogonium,  Vaucheria)  sind  die 
Schwärmsporen  weniger  einfach  gebaut,  lassen  sich  aber  auf  die  ursprüng- 
licheren  Formen  zurückführen. 

Die  Schwärmsporen  gelangen  durch  phototaktische  Bewegungen  an  Orte,  die  ihnen 
für  ihre  Keimung  die  günstigsten  Lichtbedingungen  bieten  (vgl.  S.  291). 

Die  sexuelle  Fortpflanzung  geschieht  meist  durch  Kopulation  von 
Gameten,  die  den  Zoosporen  ähnlich  sind.  Bei  den  Endgliedern  aller  Gruppen 
mit  Ausnahme  der  Protococcales  hat  sich  aber  an  Stelle  dieser  Isogamie  bereits 
Oogamie  herausgebildet.  Die  Reduktionsteilung  erfolgt,  soweit  untersucht, 
bei  der  Keimung  der  Zygoten. 

Von  den  fünf  Ordnungen  der  Chlorophyceen  schließen  sich  die  Volvo- 
cales  am  nächsten  an  die  Flagellaten  an,  von  denen  sie  sich  aber  durch  der. 
Besitz  von  Zellmembranen  unterscheiden;  sie  umfassen  ebenso  wie  auch  die 
Protococcales  einzellige  oder  Zellkolonien  bildende  Formen.  Die  Ulotnchales 
und  Siphonocladiales  stellen  Zellfäden  vor,  die  bei  ersteren  aus  einkernigen, 
bei  letzteren  aus  großen  vielkernigen  Zellen  bestehen  und  in  den  einfachsten 
Fällen  unverzweigt,  bei  höher  stehenden  Formen  oft  vielfach  verzweigt  sind. 
Die  Siphonales  endlich  haben  einen  aus  einer  einzigen  schlauchförmigen, 
vielkernigen  Zelle  aufgebauten  Thallus. 

Die  Grünalgen  stellen  sicher  eine  sehr  alte  Gruppe  niederer  Pflanzen  vor.  Mit 
Sicherheit  sind  aber  nur  die  durch  Kaikabscheidungen  widerstandsfähigen  Thalli  mariner 
Siphonocladiales  bis  in  das  Silur  abwärts  nachgewiesen  worden.  Diese  Kalkalgen  spielten 
namentlich  in  der  Trias  eine  bedeutende  Rolle  und  erreichten  dort  eine  große  FormenfüUe. 

/.  Ordnung.  Yolvocales.  Sie  zeichnen  sich  dadurch  aus,  daß  die  Zellen, 
die  einen  Kern  und  einen  Chloroplasten  enthalten,  auch  während  ihres  vegetativen 
Zustandes  die  Geißeln  behalten,  also  ständig  beweglich  bleiben.  Darin  verhalten 
sie  sich  wie  Flagellaten. 

Chlamydomonas   (Fig.    335)    und    Haematococcus   (Fig.    334)    gehören    ZU    den   frei- 
schwimmenden einzelligen  Formen  (29a).     Bei  ersterer  Gattung  liegt  die  Membran  dicht 
dem  Protoplasten  an,  der  vorn   zwei   Geißeln   und 
einen   roten  Augenfleck  besitzt;    bei   letzterer  da-       ^ 
gegen   ist  der  Protoplast   bis  auf  einige  Fortsätze 
von  der  Membran  durch  eine  Gallertschicht  getrennt. 
Haematococcus  pluvialis  tritt  häufig  in  Regenpfützen 


-c\ir 


Fig.  335.'^  ■'/  Chlamydomonas  an- 
guTosa,  nach  Dill,  g  Geißeln,  v  Va- 
kuole, k  Kern,  ehr  Chromato- 
phoren.  py  Pyrenoid,  a  Augenfleck. 
2Tolytoma  uvella,  nach  Dan(;i:arp. 
Aus  Oltmanns,  Algen. 


Fig.  334.  A,  B  Haematococcus  pluvialis.  A  Schwär- 
mende Zelle.  ^Bildung  der  Schwärmsporen.  Vergr.  360. 
C — G  Haematococcus  Bütsehlii.  C  Ganietenbildung. 
Vergr.  400.  D  Gamet.  E  Kopulation  zweier  Ga- 
meten. F,  G  Zygoten.  Vergr.  800.  C—G  nach 
Blochmann. 


auf  und  zeichnet  sich  ebenso  wie  die  auf  Firnfeldern  den   „roten   Schnee"   verursachende 
Chlamydomonas  nivalis  durch  einen  roten  Farbstoff,  Hämatochrom  (=Karotin),in  seinen  Zellen 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     IG.  AufL  23 


354 


Schenck ; 


^//.,^ 


aus.  Die  Vermehrung  geschieht  ungeschlechtlich  durch  Schwärmsporen,  die  zu  2—8 — 16 
in  einer  Mutterzelle  gebildet  und  durch  Zerreißen  der  Membran  frei  werden,  und  außer- 
dem geschlechtlich  durch  Kopulation  kleiner,  zweiwimperiger,  gleichartiger  Gameten,  die 
in  größerer  Menge  (64  oder  noch  mehr)  in  der  Mutterzelle  entstehen  und  paarweise  mit 
den  Vorderenden  zu  ruhenden  Zygoten  sich  vereinigen.  Bei  Chlamydomo77as  coccifera 
ist  nach  Goroschankin  (-9  b)  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Arten  eine  weitgehende 
Differenzierung  der  Gameten  eingetreten.  Einzelne  Zellen  werden  zu  großen,  zilienlosen 
weiblichen  Gameten  oder  Eizellen,  andere  teilen  sich  und  liefern  je  16  kleine,  zweizilige 
männliche  Gameten.  Der  Übergang  zur  Oogamie  vollzieht  sich  hier  also  schon  bei  ein- 
zelligen Algen. 

Polytoma  uvella,  die  wie   Chlamydomonas  gebaut   ist,   verdient  Erwähnung,  weil  sie 

eine  farblose,  saprophy  tisch 
sich  ernährende  P'orm  darstellt 
(Fig.  335,  2). 

Mehrere  Ghlamydomo- 
naden  verlieren  unter  gewissen 
Bedingungen  ihre  Geißeln.  Die 
Zellen  teilen  sich  weiter,  werden 
aber  durch  die  gallertig  auf- 
quellenden Zellwände  noch  in 
Kolonien  zusammengehalten 
(sog.  Palmella-Stadium).  Unter 
günstigen  Bedingungen  werden 
die  Zellen  wieder  beweglich. 
Die  Gattungen  Pando- 
rina,  Eiidorina,  Volvox  u.  a. 
vereinigen  ihre  zweiwimperigen 
~:^\  Zellen    zu    freischwimmenden 

^V  Kolonien  oder  Cönobien. 

Volvox  (Fig.  336)  als  höchst- 
stehende Form  zeigt  hohl- 
kugelige Kolonien,  deren  zahl- 
reiche Protoplasten  durch  feine 
Fortsätze  noch  in  Verbindung 
bleiben,  so  daß  eine  solche 
Kolonie  bereits  als  ein  Indi- 
viduum oder  auch  als  eine  ein- 
fache Form  eines  Plasmodiums 
aufgefaßt  werden  kann.  Bei 
Volvox  sind  die  Geschlechts- 
zellen in  E  i  e  r  und  Sperma- 
tozoiden  differenziert.  Die 
Eizellen  entstehen  durch  Ver- 
größerung einzelner  Kolonie- 
zellen, sind  groß,  grün,  un- 
beweglich und  von  Gallerte  um- 
geben, während  die  viel  klei- 
neren, langgestreckten,  nackten 
hellgrünen  Spermien  unter 
ihrem  schmalen  farblosen  Vorderende  seitlich  zwei  lange  Zilien  tragen  und  durch  Teilung 
von  Koloniezellen  in  zahlreiche  Tochterzellen  entstehen.  Nach  Kopulation  der  Eizelle  mit 
einem  Spermium  wird  die  Eizelle  zu  einer  derbwandigen,  ruhenden  Oospore,  in  der  sich 
bei  der  Keimung  die  Reduktionsteilung  des  Zygotenkerns  abspielt  ('").  Volvox  vermehrt 
sich  vegetativ  durch  Teilung  einzelner  Koloniezellen  zu  neuen  Tochterkolonien,  ein  Vor- 
gang, welcher  der  Schwärmsporenbildung  der  einfacheren  Gattungen  entspricht.  Außer 
Volvox  zeichnet  sich  auch  noch  Eudorina  durch  Oogamie  aus. 

2.  Ordnung.  Protococcales.  Einzellige  oder  in  Zellkolonien  verschiedener 
Form  lebende  grüne  Algen,  deren  vegetative  Zellen  aber  keine  Zilien  tragen,  also 
unbeweglich  sind.    Meist  ist  nur  ein  Kern  und  ein  Chloroplast  in  der  Zelle  vorhanden. 


C  B 

Fig.  336.  Volvox7globator.  A  Kolonie  mit  Eizellen  und 
Spermiengruppen  in  verschiedenen  Entwicklungsstadien. 
Vergr.  165.  B  Spermienbündel,  aus  einer  Zelle  durch 
Teilung  entstanden.  Vergr.  530.  C  Spermien.  Vergr.  530. 
D  Eizelle,  in  der  Gallertmembran  von  Spermien  um- 
schwärmt.    Vergr.  265.     Nach  F.  Cohn. 


Tballophyten. 


355 


Die  Vermehrung  geschieht  durch  Zoosporen,  an  deren  Stelle  aber  hei  manchen  Gattungen 
auch  zilienlose  Aplanosporen  treten.  Die  geschlechtliche  Fortpflanzung  besteht  in 
Kopulation  gleicbgestalteter  Gameten;  sie  ist  aber  nur  bei  einigen  Gattungen  nachgewiesen 
und  scheint  bei  den  einfacheren  Formen  überhaupt  noch  nicht  zur  Ausprägung  gekommen 
zu  sein. 

Zu  den  einfachsten  Formen  gehören  die  einzelligen  Gattungen  Chlorococcum 
und  Chlorella  (31,  32).  Erstere  bildet  kugelige  Zellen,  die  in  Süßwasser,  aber  auch  auf 
feuchten  Substraten  vorkommen.  Die  Vermehrung  geschieht  ungeschlechtlich  durch  Teilung 
der  Zellen  in  eine  Anzahl  von  ausschlüpfenden  Zoosporen  (Fig.  337),  an  deren  Stelle  unter 
gev^issen   Umständen   auch    zilienlose    Aplanosporen    gebildet   werden    können.      Chlorella 


Fig.  337.  Chlorococcum  (Ghlorosphaera) 
limicola.  i  Vegetative  Zelle  und  Zelle  in 
acht  Zoosporen  geteilt.  2  Freie  Zoosporen. 
3  Dieselben  nach  Umhüllung  mit  Membran. 
Nach  Beijerinck,   aus  Oltmanns,   Algen. 


Fig.  338.  Chlorella  vulgaris,  i  Zelle. 
2,  3  Teilung  in  vier  Aplanosporen.  4,  5 
Desgleichen  in  acht.    Nach  Grintzesco. 


vulgaris  (Fig.  388)  ist  eine   ungemein  verbreitete  Alge,  deren  kleine  grüne  Zellen  häufig 
symbiotisch  im  Plasma  von  niederen  Tieren,  Infusorien,  Hydra,  Spongilla,  Planarien  leben 
und  sich    ausschließlich    durch   Teilung   der 
Zellen  in  2,  4   oder  8  austretende  Aplano- 
sporen   vermehren,    die    sich    mit    Membran 
umgeben  und  heranwachsen. 


Fig.  339.     A  Scenedesmus   acutus.     B  Des- 
gleichen  in  Teilung.     C  Scenedesmus   cau- 
datus.     Vergr.  lOOO.     Nach  Senn. 


Fig.  340.  Pediastrum  granulatum.  A  Alte 
Zellfamilie,  entleert  bis  auf  die  drei 
Zellen  0;  die  Zelle  h  entläßt  16  Schwärm- 
zellen. B  Zellfamilie  nach  dem  Aus- 
tritt. C  Zellfamilien  4'/,  Stunden  später. 
Vergr.  300.     Nach  Al.  Braun. 


An  Chlorella  schließen  wir  die  im  Süßwasser  sehr  verbreitete  Gattung  Scenedesmus 
(Fig.  339)  an,  welche  Zellkolonien  einfachster  Art,  meist  aus  je  vier  Zellen  in  einer 
Querreihe  vorstellt.  Die  häufigste  Art,  S.  acutus,  hat  spindelförmige  Zellen,  während 
S.  caudatus  an  jeder  Endzelle  zwei  lange,  hornförmige  Membranfortsätze  besitzt.  Jede 
Zelle  teilt  sich  der  Länge  nach  in  vier  zilienlose  und  sich  mit  Membran  umgebende 
Tochterzellen,  die  nach  Verlassen  der  alten  Membran  eine  neue  Kolonie  bilden.  Reicher 
zusammengesetzte  Zellkolonien  treffen  wir  bei  Pediastrum  (Fig.  340)  an  in  Form  von 
zierlichen,  freischwimmenden  Täfelchen.  Die  Bildung  ungeschlechtlicher,  mit  zwei  Zilien 
versehener  Schwärmsporen    findet   in    der  Weise  statt,  daß  der  Inhalt  einer  Zelle  sich  in 

23* 


356  Schenck : 

eine  Anzahl  (bei  dem  abgebildeten  P.  gi-anulatum  in  16)  Schwärmsporen  teilt,  welche, 
von  einer  gemeinsamen  Blase  umgeben,  durch  einen  Riß  in  der  Wandung  austreten,  sich 
sodann  in  der  Blase  bewegen  und  schließlich  zu  einer  neuen  heranwachsenden  Zellfamilie 
zusammenlegen.  Neben  der  ungeschlechtlichen  tritt  bei  Pediastrum  auch  geschlechtliche 
Fortpflanzung  auf.  Die  Gameten  sind  den  Schwärmsporen  ähnlich,  nur  kleiner,  und  ent- 
stehen in  den  Zellen  in  größerer  Zahl;  sie  schwimmen  frei  im  Wasser  und  kopulieren 
paarweise  zu  Zygoten.  Beide  Gameten  sind  gleich  gestaltet.  Die  Weiterentwicklung  der 
Zygoten  zu  den  Zellfamilien  ist  noch  nicht  ganz  lückenlos  bekannt. 

Ähnlich  ist  auch  der  Entwicklungsgang  des  Wassernetzes,  Hydrodictyon  utrim- 
latum  (2,  33)^  einer  der  zierlichsten  freischwimmenden  Süßwasseralgen,  deren  zylindrische 
vielkernige  Zellen  zu  einer  Kolonie  in  Form  eines  sackförmigen,  langgestreckten,  viel- 
maschigen  Netzes  verbunden  sind. 

Hierher  gehört  auch  Protosiphon  botryoides,  eine  auf  Schlammboden  meist  gemeinsam 
mit  dem  habituell  ähnlichen  Botrydüini  (S.  352)  lebende  Alge,  deren  blasenförmige  bis 
5  mm  breite,  nach  unten  in  einen  farblosen  Wurzelschlauch  sich  verlängernde  Zelle 
einen  netzförmig  durchbrochenen  Chloroplasten  und  zahlreiche  Kerne  enthält  und  sich 
durch  Sprossung  und  Teilung  vermehrt.  Fortpflanzung  erfolgt  durch  Isogamie.  Proto- 
siphon zeigt,  daß  der  Thallus  schon  bei  den  Protococcales  siphonalen  Charakter  an- 
nehmen kann. 

Die  Protococcales  leiten  wir  ebenso  wie  die  Volvocales  von  Flagellaten  ab.  Im 
Gegensatz  zu  den  Volvocales  hat  aber  bei  ihnen,  wie  auch  weiterhin  bei  allen  höher- 
stehenden Algen,  der  unbewegliche  zilienlose  Zustand  der  Zellen  die  Oberhand  gewonnen, 
so  daß  bei  einigen  Gattungen  sogar  auch  die  Sporen  keine  Geißeln  mehr  erzeugen,  obwohl 
im  allgemeinen  gerade  in  den  Keimzellen  der  Algen  der  Flagellatencharakter  sich  recht 
zähe  erhält.  Hand  in  Hand  mit  der  Aufgabe  der  Beweglichkeit  erfolgt  dann  bei  den 
Arten  mit  ruhenden  Einzelzellen  eine  fortschreitend  reichere  Ausgestaltung  der  äußeren 
Zellform. 

3,  Ordnung,  Ulotrichales.  Sie  bezeichnen  den  einzelligen  Grünalgen 
gegenüber  einen  Fortschritt  in  der  äußeren  Gliederung  des  Thallus,  der  stets  mehrzellig 
erscheint  und  meist  aus  einfachen  oder  verzweigten  Zellfäden  besteht.  Die  Zell- 
fäden sitzen  entweder  mit  einer  farblosen 
Fußzelle  am  Substrat  unter  Wasser  fest 
(Fig.  342^)  oder  schwimmen  frei.  Bei  der  im 
Meere  lebenden  Gattung  Ulva  {Ulva  lactuca, 
Meersalatj  besteht  der  Thallus  aber  aus 
großen  blattartigen,  grünen,  zweischichtigen 
Zellflächen  (Fig.  81,  Keimpflanze),  bei 
Etiteromorpha  ist  er  zylindrisch  oder  ab- 
geflacht bandförmig  (Fig.  341);  in  der  Jugend 
auch  hier  zweischichtig,  wird  er  später  innen 
hohl,  so  daß  die  Wandschicht  nur  aus  einer 
Zellage  besteht.  Die  Ulotrichales  leben  im 
Süßwasser  oder  im  Meere.  Nur  einige 
Formen  {Chroolepideen)  wachsen  als  Luft- 
algen an  Felsen,  Baumstämmen,  in  den 
Tropen  auch  auf  Blättern.  Hierzu  gehört 
die  auf  Steinen  in  Gebirgen  wachsende 
Trentepohlia  (oder  Chroolepus)  Jolithus^  deren 
Zellfäden  infolge  Hämatochromgehaltes  rot 
erscheinen  und  einen  veilchenartigen  Geruch 

„.„.-_,  _^  ,  ^-..   ,.  besitzen  (Veilchenstein). 

iig.  341.   Enteromorpha  compressa.   Häufige 

Grünalge   der   Nordseeküsten.     V^   "at.  Gr.  Die  Zellen  besitzen  stets  nur  einen 

Zellkern  und  meist  auch  nur  einen  Chloro- 
plasten. Die  ungeschlechtliche  Fortpflanzung  vollzieht  sich  durch  zilientragende  Schwärm- 
spcren,  die  geschlechtliche  besteht  entweder  in  Kopulation  von  Planogameten,  oder  die 
Geschlechtszellen  sind  in  Eizellen  und  Spermien  differenziert. 

Ulothrix  zonata{^)  (Fig.  342^),  der  typische  Vertreter  der  Gruppe,  ist  eine  der 
häufigsten  Fadenalgen.    Sie  besteht  aus  unverzweigten,  mit  einer  Rhizoidzelle  festsitzenden 


Thallophyten. 


357 


Fäden  ohne  Spitzenwachstum ;  ihre  kurzen  Zellen  enthalten  einen  bandförmigen  Chloro- 
plasten.  Die  ungeschlechtliche  Fortpflanzung  geschieht  durch  vierzilige  Schwärmsporen 
(Zoosporen)  (C),  die  einzeln  oder  durch  fortgesetzte  Zweiteilung  zu  mehreren  in  einer 
Fadenzelle  gebildet  werden  und  durch  ein  seitlich  entstehendes  Loch  aus  der  Zellmembran 
ausschlüpfen  {B),  umherschwärmen  und  dann  zu  neuen  Fäden  auswachsen.  Die  geschlecht- 
lichen Schwärmzellen,  Planogameten,  bilden  sich  in  gleicher  Weise  aus  Fadenzellen 
oder  Gametangien,  aber  in  viel  größerer  Zahl  (Z),  E)\  sie  sind  kleiner  und  besitzen  nur 
zwei  Zilien,  außerdem  einen  roten  Augenfleck  und  einen  Chloroplasten,  wie  die  Schwärm- 
sporen; Ulothrix  ist   morphologisch    isogam,  physiologisch    aber  heterogam,  denn  Gameten, 

die  aus  ein  und  demselben  Faden  stammen, 
kopulieren  nicht  miteinander,  sondern  nur 
solche  von  getrennter  Herkunft;  sie  verschmelzen 
dann  paarweise  zu  Zygoten  {F — H),  welche  die 
Zilien  einziehen,  sich  abrunden  und  mit  Mem- 
bran umkleiden.  Die  Zygote  stellt  einen  Ruhe- 
zustand dar,  sie  wird  zu  einem  kleinen  ein- 
zelligen Keimpflänzchen  (JJ-^  ihr  Inhalt  teilt 
sich  in  mehrere  Zellen,  aus  denen  die  neuen 
Ulothrixfäden  wieder  heranwachsen.  Übrigens 
können  sich  die  Planogameten  unter  Umständen 
auch  parthenogenetisch  ohne  Kopulation  direkt 
weiter  entwickeln.  Damit  ist  die  Mannigfaltig- 
keit der  Schwärmerbildung  noch  nicht  erschöpft, 
denn  die  Fäden  können  außer  den  oben  ge- 
nannten Schwärmsporen  mit  vier  Wimpern  auch 
kleinere  ungeschlechtliche,  aber  gametenähnliche 
Mikrozoosporen  mit  vier  oder  zwei  Wimpern 
erzeugen,  welche  bei  Temperaturen  über  10* 
meist  zugrunde   gehen,   bei   solchen   unter  10" 


Fig.  342.  Ulothrix  zonata.  ^Junger  Faden 
mit  Rhizoidzelle  r.  Vergr.  300.  B  Faden- 
stück mit  ausschlüpfenden  Schwärm- 
sporen, zu  zwei  in  jeder  Zelle.  C  Ein- 
zelne Schwärmspore.  D  Gametenbildung 
und  Entleerung  eines  Fadenstückes. 
-£"Gameten.  F,  t?  Kopulation  der  Gameten. 
Ä" Zygote.  /Zygote  nach  der  Ruheperiode. 
-S" Zygote,  deren  Inhalt  in  mehrere  Zellen 
sich  geteilt  hat.     B—K  Vergr.  482,  nach 

DODEL. 


c        imi  D 

B  Oedogonium.  A  Schwärmsporen 
beim  Ausschlüpfen.  5  Schwärmspore.  C,  Z»  Oed. 
ciliatum.  C  Vor  der  Befruchtung.  D  Während 
der  Befruchtung,  o  Oogonien,  a  Zwergmänn- 
chen, .S  Spermatozoid.  Vergr.  350.  Nach 
N.  Pringsheim. 


nach  einigen  Tagen  zur  Ruhe  kommen  und  dann  langsam  keimen.  Die  Alge  ist  insofern 
von  Interesse,  als  bei  ihr  die  sexuelle  Differenzierung  der  Gameten  noch  in  einem  Anfangs- 
stadium steht. 

Als  Beispiel  oogamer  Ulotrichales  sei  die  Gattung  Oedogonmm  {^)  genannt,  an 
die  sich  Bulbochaete  anschließt.  Während  letztere  verzweigte  Zellfäden  aufweist,  hat 
erstere  Gattung  unverzweigte  Fäden,  deren  Zellen  einen  aus  zahlreichen  zusammen- 
hängenden Bändern  bestehenden  Chloroplasten  besitzen.  Die  ungeschlechtlichen  Schwärm - 
Sporen  (Fig.  343.5)  sind  bei  Oedogonium  besonders  groß,  haben  ein  farbloses  Vorderende, 


358 


Schenck: 


an  dessen  unterem  Rande  zahlreiche  Zilien  in  Form  eines  Kranzes  entspringen.  Sie 
entstehen  in  Einzahl  aus  dem  ganzen  Inhalt  einer  Fadenzelle  (Fig.  343/4)  und  schlüpfen 
unter  Aufbrechen  dieser  Zelle  aus,  um  alsbald  zu  neuen  Fäden  auszukeimen,  nachdem 
sie  sich  mit  ihrem  farblosen  Ende  festgesetzt  haben.  Die  Oogonien  gehen  aus  einzelnen 
Fadenzellen  hervor,  indem  diese  tonnenförmig  anschwellen  und  ihren  Inhalt  zu  einer 
großen  Eizelle  ausbilden.  Am  oberen  Ende  des  Oogoniums  entsteht  in  der  Membran  ein 
Loch  und  unter  diesem  ein  farbloser  Empfängnisfleck  an  der  Eizelle.  An  anderen  Stellen 
desselben  oder  eines  anderen  Fadens  werden  die  Spermien  erzeugt,  und  zwar  meist 
zu  je  zwei  in  relativ  niedrig  bleibenden  Fadenzellen,  den  Antheridien.  Die  Spermien 
sind  kleiner  als  die  ungeschlechtlichen  Schwärmsporen,  aber  wie  diese  mit  einem  Zilien- 
kranz  versehen.  Sie  schlüpfen  durch  die  Öffnung  in  das  Oogonium  und  verschmelzen 
mit  der  Eizelle,  die  dann  zu  einer  großen  derbwandigen  Oospore  wird.  Bei  der  Keimung 
teilt  sich  ihr  Inhalt  in  vier  große  Schwärm- 
sporen, welche  ausschlüpfen  und  neue 
Fäden  bilden.  Fig.  344  stellt  die  Bildung 
dieser  Sporen  für  Bidbochaete  dar. 

Bei  gewissen  Oedogonien  liegen  die 
Verhältnisse  weniger  einfach.  Die  Sper- 
mien werden  nämlich  bei  diesen  in 
kleinen,  nur  aus  wenigen  Zellen  bestehenden 
Pflänzchen,  sog.  „Zwergmännchen"  er- 
zeugt. Diese  Pflänzchen  entwickeln  sich 
aus  spermienähnlichen  Schwärmsporen 
(Androsporen),  die  sich  nach  dem  Aus- 
schwärmen auf  den  weiblichen  Fäden, 
ja    sogar   auch    direkt   auf    den    Oogonien 


Fig. 344.  Bulbochaete intermedia.  ^Oospore. 

B   Bildung   von    vier    Schwärmsporen    aus 

der  keimenden  Oospore.    Vergr.  250.    Nach 

N.  Pringsheim. 


Fig.  345.  Coleochaete  pulvinata.  /  Anthe- 
ridium  a  und  junges  üogon  o,  2  Oogonium 
kurz  vor  der  Öflnung,  j  dasselbe  befruchtet, 
ek  Eikern.  sk  Spermakern,  4  Oospore  durch 
Umwachsung  zur  „Frucht"  entwickelt,  5  kei- 
mende Oospore.     Nach  Oltmanns. 


festsetzen  und  zu  den  wenigzelligen  Zwergmännchen  heranwachsen,  deren  obere  Zellen 
die  Spermien  erzeugen.  Fig.  343  C  zeiüt  ein  reifes  Zwergmännchen  auf  einem 
noch  geschlossenen  Oogonium,  D  den  Eintritt  der  Befruchtung,  das  Spermium  auf  dem 
Empfängnisfleck,  die  obere  Wandung  des  Zwergmännchens  deckelartig  abgesprengt. 

Die  Gattung  Coleochaete  i^^)  zeichnet  sich  ebenfalls  durch  Oogamie  aus  (Fig.  345). 
Ihr  flaschenförmiges  Oogonium  hat  einen  farblosen  Hals,  der  sich  an  der  Spitze  zur  Auf- 
nahme des  Spermiums  öffnet.  Die  Antheridien  sind  endständig  und  erzeugen  nur  je 
ein  mit  zwei  Geißeln  versehenes  Spermium.  Die  heranwachsende^  kugelige  Oospore 
wird  in  ein  einschichtiges,  pseudo-parenchymatisches  Gewebe  eingeschlossen,  indem  von 
der  Tragzelle  des  Oogoniums  und  benachbarten  Zellen  Zellfäden  aussprossen  und  sie 
dicht  umhüllen.  So  entsteht  eine  Oosporenfrucht.  Bei  der  Keimung  führt  der  Kern 
der  Oospore  eine  Peduktionsteilung  aus.  Hierauf  entsteht  ein  16— 32  zelliger  Körper,  der 
die  Oosporenhülle  durchbricht  und  aus  jeder  Zelle  eine  Schwärmspore  entläßt,  die  sich 
zu  einem  neuen  Thallus  entwickelt.  Coleochaete  vermehrt  sich  ungeschlechtlich  durch 
zweiwimperige  Schwärmsporen,  die  in  Einzahl  in  Thalluszellen  gebildet  werden. 


Thallophyten. 


359 


4.  Ordnung.  Siphonocladiales.  Die  hierher  gehörigen,  meist  reich  ver- 
zweigten Algen  unterscheiden  sich  von  den  Ulotrichales  durch  große,  vielkernige 
Zellen,  deren  Chloroplasten  entweder  in  Einzahl  groß  und  netzförmig  gestaltet  erscheinen 
oder  als  zahlreiche  kleine  Plättchen  auftreten. 

Die  Gattung  Cladophora  mit  zahlreichen  Arten  im  Süßwasser  und  im  Meere  kann 
als  wichtigster  Vertreter  genannt  werden.  Cl.  glomerata  (B'ig.  84)  ist  eine  der  häufigsten 
Flußalgen,  oft  fußlange  verzweigte  Fadenbüschel  bildend,  die  an  der  Basis  mit  rhizoidartiger 
Zelle  festsitzen  und  Spitzenwachstum  aufweisen,  das  bei  anderen  Vertretern  der  Ordnung 
noch  nicht  zur  Ausbildung  gelangt  ist.  Der  Bau  der  Zellen  ist  aus  Fig.  7,  9  und  18  zu 
ersehen.  Die  Verzweigung  erfolgt  an  den  oberen  Enden  der  Zellen  durch  Ausstülpung 
und  Abgrenzung  von  Astzellen.  Die  Vermehrung  geschieht  durch  zweiwimperige  (Fig.  846), 
bei  den  marinen  Arten  der  Gattung  durch 
vierwimperige  Zoosporen,  die  in  großer 
Zahl  meist  aus  den  oberen  Zellen  der  Fäden 
entstehen  und  durch  ein  seitliches  Loch  aus 
diesen  Sporangien  austreten.  Die  geschlecht- 
liche Fortpflanzungsweise  ist  Isogamie 
wie  bei  Ulothrix. 

Nur  bei  einer  Gattung,  der  im 
Süßwasser  in  Form  einfacher  Fäden  vor- 
kommenden   Sphaer  plea    annulina,    ist    die 

sexuelle    Fortpflanzung 

zur      Oogamie      vorge- 
schritten. 

Manche  Vertreter  der 

Ordnung  leben  im  Meere, 

z.  B.  Siphonocladiis,  und 

haben    zum    Teil    einen 

reich   gegliederten,  aber 

stets     aus     verzweigten 

Zellfäden      aufgebauten 

Thallus,  der  bei  gewissen 

Gattungen  durch  Kalk- 
inkrustationen eine  korallenartige  Beschaffenheit  annimmt.  Als  Beispiel  solcher  Kalk- 
algen sei  die  zierliche,  im  Mittelmeer  heimische  Acetabularia  mediterranea  (Fig.  347)  ge- 
nannt. Der  dünne  Stiel  des  Thallus  sitzt  mittels  einiger  Rhizoiden  fest,  der  Schirm  be- 
steht aus  zahlreichen,  dicht  zu  einer  Fläche  zusammenschließenden  radialen  Schläuchen, 
deren  jeder  als  ein  Gametangium  aufzufassen  ist.  Ihr  Inhalt  aber  bildet  die  zweiwimperigen 
Gameten  nicht  direkt,  sondern  zerfällt  erst  in  eine  große  Zahl  derbwandiger  Zysten,  welche 
ruhend  überwintern  und  dann  zahlreiche,  paarweise  kopulierende  Gameten  entlassen.  Die 
Zygoten  keimen  sehr  bald  und  wachsen  schrittweise  zu  neuen  Pflanzen  heran. 

5.  Ordnung.  Siphonales.  Die  Siphoneen  oder  Schlauchalgen  unter- 
scheiden sich  von  den  vorhergehenden  Gruppen  dadurch,  daß  in  ihrem  äußerlich  mehr 
oder  weniger  reich  gegliederten  Thallus  zunächst  keine  Querwände  vorhanden  sind. 
Die  Zellhaut  umschließt  somit  eine  einzige  Plasmamas  so,  in  welcher  zahlreiche 
Zellkerne  und  zahlreiche  kleine  grüne  Chloroplasten  enthalten  sind.  Ähnliche  Thallus- 
formen  kehren  bei  den  Phycomyceten  oder  Algenpilzen  wieder. 

Die  meisten  Siphoneen  leben  im  Meere  und  gehören  infolge  ihres  eigenartig  ge- 
gliederten Thallus  zu  den  interessantesten  Algentypen.  So  besitzt  die  in  vielen  Arten  in 
wärmeren  Meeren  vertretene  Gattung  Cmderpa  {•'^)  eine  kriechende,  an  der  Spitze  fort- 
wachsende Hauptachse,  die  nach  unten  farblose  Rhizoiden  in  den  Boden  entsendet,  nach 
oben  dagegen  grüne,  bei  den  einzelnen  Arten  sehr  verschieden  gestaltete  Thallusglieder 
trägt.  Bei  der  mediterranen  C.  prolifera  (Fig.  348)  sind  diese  Glieder  blattartig,  entweder 
einfach  oder  durch  wiederholte  Aussprossungen  verzweigt.  Dabei  umschließt  die  ganze 
Pflanze  nur  einen  einzigen  Zellraum,  der  von  netzförmig  verbundenen  Zellstoffbalken  durch- 
setzt wird.    In  den  farblosen  Thallusteilen  enthält  das  Plasma  stärkebildende  Leukoplasten. 

Die  Gattung  Bryopsis  hat  einen  zierlich  federförmig  verzweigten  Thallus  (^'')-  Bei 
den    in    wärmeren   Meeren   lebenden   /lutmteda-kvi&n   setzt  er  sich  aus  scheibenförmigen 


Fig.  346.    Clado- 
phora  glomerata. 

Schwärmspore. 
Vergr.  500.    Nach 

Strasburger. 
Hierzu    P'ig.    84. 


Fig.  347. 
alge. 


Acetabularia  mediterranea.    Kalk- 
Nat.  Gr.     Nach  Oltmanns. 


360 


Schenck : 


Gliedern,  ähnlich  wie  eine  Opuntia  im  kleinen,  zusammen  und  erhält  durch  Kalkablagerungen 
eine  korallenartige  Beschaffenheit.  Die  Glieder  sind  aus  verzweigten  und  miteinander 
verflochtenen  Schläuchen  gebildet. 

Bei  Bryopsis  hat  sich  eine  Differenzierung  der  kopulierenden  zweiziligen  Gameten 
in  größere,  mit  einem  grünen  Chromatophor  versehene  weibliche  und  dreimal  kleinere, 
nur  ein  kleines  gelbliches  Chromatophor  führende  männliche  vollzogen;  bei  Vaucheria  und 
Dichotomosiphon  ist  bereits  Oogamie  scharf  ausgeprägt  (^^).  Diese  letzteren  Algen  kommen 
im  Süßwasser  vor  oder  bilden  auf  feuchtem  Boden  kleine  Rasen.  Ihr  Thallus  besteht  aus 
einem  fadenförmigen,  verästelten  und  im  Substrat  mit  farblosen  Rhizoiden  befestigten 
Schlauch  (Fig.  349  Z?). 

Die  Bildung  der  ungeschlechtlichen  Schwärmsporen  geschieht  bei  Vaucheria 
in  anderer  Weise  als  bei  den  übrigen  Siphonales.  Einzelne  Zweigenden  schwellen  zur 
Bildung  des  Sporangiums  etwas  an  und  grenzen  sich  mit  einer  Querwand  ab  (Fig.  349). 
Der  Inhalt  der  Endzelle  verwandelt  sich  _ 

nun  in  eine  einzige,  sehr  große,  grüne,  mit 
bloßem  Auge  schon  sichtbare  Schwarm- 
spore,  die  einen  farblosen,  zahlreiche 
Kerne  enthaltenden  Saum  besitzt  und 
vor  jedem  Kern  je  zwei  Zilien  hervor- 
streckt. Bei  der  Entleerung  reißt  der 
Sporangiumscheitel    auf,    und    die    Spore 


Fig.  348.  Caulerpa  prolifera.  Die  feinen 
Linien  auf  den  Thallusblättern  bezeichnen 
die  Plasmasiröme.  a  Fortwacbsende  Spitze 
der  Thallusachse,  bb  junge  Thalluslappen, 
r  Rhizoiden.     V2  ^^^t-  Gr. 


Fig.  349.  Vaucheria  sessilis.  A  Anlage  des 
Sporangiums.  B  Aus  dem  Sporangium  aus- 
geschlüpfte Zoospore.  C  Ein  Stück  der  Peri- 
pherie einer  Zoospore.  D  Keimpflanze  aus 
einer  Zoospore  mit  Rhizoid  A,  B  nach  Götz, 
D  nach  SACHS,  aus  Oltmanns  Algen,  C  nach 
Strasbdrger. 


zwängt  sich  unter  Drehung  um  ihre  Längsachse  aus  der  Öffnung  hervor.  Morphologisch 
entspricht  die  Vaucheriaspore  der  Gesamtheit  der  Zoosporen  eines  gewöhnlichen  Spo- 
rangiums. 

Die  sexuelle  Fortpflanzung  von  Vaucheria  weicht  bedeutend  von  der  Ga- 
metenkopulation  der  übrigen  Siphoneen  ab,  ist  aber  von  dieser  als  der  ursprünglicheren 
Befruchtungsart  abzuleiten.  Oogonien  und  Antheridien  entstehen  an  den  Thallusfäden 
als  Ausstülpungen,  die    durch    eine    Scheidewand   abgegrenzt   werden    (Fig.  350  0  und  ß). 


Thallophyten.  3G1 

Die  Oogoniumanlage  enthält  anfangs  zahlreiche  Kerne,  die  aher  nach  Oltmanns  und 
Heidingrr  alle  bis  auf  den  zurückbleibenden  einzigen  Eikern  vor  der  Scheidewandbildung 
wieder  in  den  Ti'agfaden  zurückwandern.  Im  reifen  Zustande  besitzt  das  Oogon  eine 
schnabelartige,  mit  farblosem  Plasma  angefüllte 
Vorstülpung,  an  welcher  es  sich  öffnet.  Ein  Ballen 
Plasma  tritt  zunächst  aus.  und  die  Eizelle  rundet 
sich  ab.  Das  in  seiner  Anlage  ebenfalls  viel- 
kernige Antheridium  ist  mit  seinem  Tragast  ein 
hornförmig  gekrümmtes  Gebilde  (<?);  es  bildet  ein- 
kernige Spermien,  öffnet  sich  bei  der  Reife  an 
seiner  Spitze  und  entleert  seinen  schleimigen 
Inhalt,  aus  dem  die  winzigen,  völlig  farblosen, 
mit   zwei    seitlich    inserierten    Zilien    versehenen 

Spermien       herausschwärmen,       um      an      dem  „.        „.„       ...      ,      .  .,.      f^„„^„ 

,^,,  -r.      f..        •  ri     1     j       r»  -u  Flg.    3o0.      Vauchena    sessihs    forma 

farblosen    Empfangnisfleck    des    Oogonmms    sich  ^^^^^^      Fadenstück    mit    Oogonium  o, 

anzusammeln.      Ein    Spermium    dringt    ein    und  Antheridium    a,    ch    Chromatophoren, 

vollzieht    die   Befruchtung    durch  Verschmelzung  „  Zellkerne,  ol  Öltropfen.    Vergr.  240. 
seines  Kerns  mit  dem  Eikern.     Die   befruchtete  Nach  Strasburger. 

Eizelle  umgibt  sich  mit  einer  Membran,  geht  als 
Oospore  in  einen  Ruhezustand  über  und  keimt  dann  zu  einem  neuen  Faden  aus. 

Phaeophyceae,  Braunalgen  ('  ^^  •■'"). 

Die  Phaeophyceen  scheinen  wie  die  Chlorophyceen  ihren  phylogene- 
tischen Ausgang  von  Flagellaten  genommen  zu  haben;  in  ihrer  vegetativen 
Gestaltung  erreichen  sie  aber  höhere  Stufen  als  die  Grünalgen. 

Sie  sind  mit  Ausnahme  einiger  Süßwasserarten  Meeresalgen,  die  ihre 
größte  Entwicklung  in  den  kälteren  Ozeanen  finden.  In  der  Gestalt  ihres 
Thallus  herrscht  eine  ungemeine  Mannigfaltigkeit.  Die  einfachsten  Ver- 
treter (z.  B.  Ectocarpus)  zeigen  unverzweigte  oder  verzweigte,  festsitzende 
Fäden,  die  aus  einfachen  Zellreihen  bestehen.  Sodann  gibt  es  Formen  mit 
zyUndrischem,  reich  verzweigtem,  vielzelligem  Thallus,  Z.  B.  Cladostephtis, 
dessen  Hauptzweige  mit  dichtem  Filz  von  kurzen  vielzelligen  Seitenzweigen 
bedeckt  sind  (Fig.  89),  oder  mit  bandförmigem,  dichotomisch  verzweigtfm, 
vielzelligem  Thallus  (z.  B,  Dictyota,  Fig.  83).  Diese  Vertreter  wachsen  an 
ihren  Thallusenden  vielfach  mittels  großer  Scheitelzellen  weiter  (Fig.  89  und 
90).     Andere  Arten  haben  Scheiben-  oder  blasenförmigen  Thallus. 

Die  höchste  Entwicklung  erfahren  die  Braunalgen  in  den  Ordnungen  der 
Laminanaceen  und  Fucaceen.  Zu  den  ersteren  gehört  die  in  den  nördlichen 
Meeren  verbreitete  Gattung  Laminaria,  deren  Thalli  einem  großen  einfachen 
oder  gefingerten,  gestielten  Blatt  gleichen,  das  an  seiner  Stielbasis  mittels 
eines  verzweigten,  wurzelähnlichen  Haftorganes  befestigt  ist. 

Bei  Laminaria  digitata  und  L.  Cloustoni  (Fig.  352)  zeigt  das  bandförmig  geteilte 
Thallusblatt  ein  sehr  eigenartiges  Wachstum,  indem  es  an  seiner  Basis  eine  interkalare 
wachstumsfähige  Zone  besitzt,  die  jährlich  gegen  Ende  des  Winters  ein  neues  Blatt  auf 
dem  perennierenden  Stiel  erzeugt.  Das  alte  wird  dabei  emporgehoben  und  stirbt  all- 
mählich ab;  das  neue  spaltet  sich  in  mehrere  zugespitzte  Lappen.  Die  Laminarien 
erreichen  riesige  Dimensionen;  so  wird  der  Zuckertang  Z.  saccharina  (Nordsee)  mit  un- 
geteiltem, ebenfalls  sich  jährlich  erneuerndem  Thallusblatt  bis  3  m  lang  und  der  Stiel 
über  1   cm  dick. 

Die  größten  Thalli  unter  den  Phaeophyceen  besitzen  gewisse  Laminariaceen  der 
kälteren  Ozeane,  vor  allem  die  Macrocystis  pyrifeia  (Fig.  351).  Ihr  in  einer  Tiefe  von 
2—25  m  festsitzender  Thallus  verzweigt  sich  nach  Skottsbkrg  (^")  anfangs  dichotomisch. 
Einzelne  Thallussprosse  wachsen  zur  Wasseroberfläche  und  an  dieser  flottierend  zu  großer 


362 


Schenck 


Länge  heran;  ihre  Achsen  tragen  einseitig  lange  herabhängende  Thalluslappen,  die  an  der 
Basis  je  eine  große  Schwimmblase  besitzen  und  durch  Spaltung  der  endständigen  weiter- 
wachsenden Thallusfläche  gebildet  werden.  Skottsberg  maß  in  der  Antarktis  Exemplare 
von  70  m  Länge,   Frye,   Rigg   und  Crandall  bestimmten  an  der  kalifornischen  Küste 


Fig.  352. 
Nordsee. 
Stadium. 


Laminaria  Cloustoni, 


Sporophyt  im  April- 
Auf  ^/g  verkleinert. 
Offizineil. 


ca^p 


Fig.  353.   Fucus  serratus,  Helgoland.   Va  nat.  Gr.  Links 
Endstück  eines  älteren  Thallus  mit  Konzeptakeln. 


die  Thalluslänge  bis  zu  45,7  m.  Sehr  bemerkenswert  sind  ferner  die  antarktischen  Lessonia- 
Arten,  die  eine  schenkeldicke  verzweigte  Hauptachse  mit  überhängenden  langen  Thallus- 
blättern  an  den  Zweigen  entwickeln  und  mehrere  Meter  Höhe  erreichen,  also  Algen  mit 
baumartigen  Habitus  vorstellen. 


Thallophyten.  363 

Die  Fucaceen  (*")  bleiben  hinter  den  Laminarien  an  Größe  zurück.  Am  bekanntesten 
Bind  von  nordeuropäischen  Formen  Fuctis  vesüulosits,  der  Biasentang,  mit  runden  luft- 
führenden Blasen  in  dem  bandförmigen,  gabelig  verzweigten  Thallus,  F.  platycarfus  ohne 
Blasen,  F.  serratus  mit  gezähntem  Thallus  (Fig.  353).  Sie  sitzen  mit  Haftscheiben  dem 
Substrat  an  und  wachsen  gesellig  in  der  Brandungszone;  ihr  Thallus  erreicht  über  1  m 
Länge,  Die  höchste  Gliederung  erlangt  der  Thallus  bei  Sargasstun  durch  eine  scharfe 
Sonderung  in  zylindrische  Achsen  und  in  Seitenäste,  die  je  nach  ihrer  Funktion  laubblattartig, 
hochblattartig  oder  als  fruktifizierende  Seitenäste  oder  endlich  als  Schwimmblasen  aus- 
gebildet erscheinen. 

Bemerkenswert  sind  die  Sargassum-kxX.QVi,  die  in  wärmeren  Zonen  der  Ozeane  oft 
in  großen,  lebhaft  bräunlichgelben  Massen  freischwimmend  auftreten.  In  dem  nach  ihnen 
benannten  Sargasso-Meer  des  Atlantischen  Ozeans  treten  nach  Börgesen  zwei  Arten, 
S.  natans  (=  S.  bacciferum)  und  ^.  fluüans  mit  solcher  ausschließlich  pelagischer  Lebens- 
weise auf;  sie  vermehren  sich  seit  altersher  nur  durch  vegetative  Sprossung  und  stammen 
ursprünglich  wohl  von  festsitzenden  Arten  der  westindischen  und  tropisch  amerikanischen 
Küsten  ab  (**)•     Auch  im  Pazifischen  Ozean  kommt  S.  natans  vor. 

Die  Zellen  der  Phaeophyceen(^2)  enthalten  meist  nur  einen  Zellkern 
und  mehrere  scheibenförmige,  ovale  odei  gelappte,  braune  Chromatophoren, 
die  den  Algen  eine  gelbbraune  oder  dunkelbraune  Gesamtfärbung  verleihen; 
außer  den  allgemein  verbreiteten  Chlorophyllfarbstoffen  enthalten  sie  noch 
einen  besonderen  gelben  Farbstoff,  das  Phykoxanthin  (Fucoxanthin).  Als 
Stoffwechselprodukt  entsteht  hier  aus  Glykose  das  Polysaccharid  Laminarin, 
das  als  Keservestoff  dient,  ferner  auch  Mannit.  In  den  Zeilen  findet  man 
allgemein  verbreitet  blasenartige  Vakuolen,  die  einen  gerbstoffartigen  Stoff, 
Fucosan,  ein  Nebenprodukt  des  Assimilationsprozesses  enthalten.  Bei  den 
höheren  Formen  zeigt  sich  bereits  eine  ziemlich  weitgehende  anatomische 
Differenzierung  des  Thallus.  Die  äußeren  Zellschichten  sind  in  der  Regel 
als  Assimilationsgewebe  ausgebildet,  die  inneren  als  Speicherzellen. 
Bei  den  Laminariaceen  und  Fucaceen  tinden  sich  im  Thallus  Schläuche, 
die  wie  die  Siebröhren  der  Kormophyten  gebaut  sind  und  wohl  auch  der 
Leitung  eiweißartiger  Stoffe  dienen  (vgl.  S.  69). 

Selbst  bei  den  stattlichsten  Meeresalgen,  auch  bei  den  Rotalgen,  fehlen  in  den 
Geweben  allgemein  die  lufterfüllten  Interzellulargänge.  Nach  Kniep  ist  sowohl  der  assi- 
milatorische Gaswechsel  als  auch  besonders  der  Atmungsstoffwechsel  dickfleischiger  Algen 
dementsprechend  sehr  träge;  andererseits  sollen  Gase  sehr  leicht  durch  Algenmembranen 
diffundieren  können. 

Wir  unterscheiden  vier  Ordnungen  der  Braunalgen.  Die  Phaeosporeen 
umfassen  die  Formen  mit  einfacherem  Bau  ihres  meist  fädigverzweigten 
Thallus;  sie  vermehren  sich  ähnhch  wie  die  einfacheren  fadenförmigen  Grün- 
algen ungeschlechtlich  durch  Zoosporen,  geschlechtlich  durch  zilicntragende 
Gameten.  Auf  höherer  Stufe  stehen  zunächst  die  Tiloptendacecn  und  Dic- 
tyotaceen,  bei  denen  die  Sexualzellen  in  große  unbewegliche  Eizellen  und 
kleine  zihentragende  Spermien  geschieden  sind.  Die  Sexualorgane  werden 
bei  ihnen  an  besonderen  Individuen  erzeugt,  den  Geschlechtspflanzen  oder 
Gametophyten;  aus  der  befruchteten  Eizelle  geht  eine  der  geschlechtlichen 
gleichgestaltete  ungeschlechthche  Generation,  der  Sporophyt,  hervor,  der 
ungeschlechtliche  Sporen  erzeugt.  So  ist  also  hier  ein  regelmäßiger  Generations- 
wechsel ausgeprägt,  der  übrigens  bei  gewissen  Phaeosporeen  auch  schon 
hervortritt.  Auch  bei  den  Laminanaceeji  herrscht  Oogamie  und  regelmäßiger 
Generationswechsel;  Sporophyt  und  Gametophyt  sind  aber  wesentlich  von- 
einander verschieden,  der  letztere  nur  ein  kleines  fädig  verzweigtes  Zwerg- 
pflänzchen.  Die  Fucaceen  zeichnen  sich  durch  Oogamie  aus,  erzeugen  keine 
Sporen  und  entbehren  also  des  Generationswechsels. 


364 


Schenck : 


Die  Zoosporen,  Gameten  und  Spermien  besitzen  spindelförmige  Gestalt,  stets  einen 
roten  Augenfleck  und  zwei  seitlich  eingefügte  Geißeln,  eine  nach  vorn,  die  andere  nach 
hinten  gerichtet.     Sie  haben  große  Ähnlichkeit  mit  gewissen  gelbbraunen  Flagellaten. 

/.  Ordnung.  Phaeosporeae. 
Hierher  gehört  die  Mehrzahl  der  Formen. 
Sie  vermehren  sich  durch  ungeschlechtliche 
Schwärmsporen,    die    in    großer   Anzahl    in 


A  IB        \ 

Fig.  354.  A  Pleurocladia  lacustris.  Uniloku- 
läres  Sporangium  mit  noch  eingeschlossenen 
Zoosporen,  a  Augenfleck,  ehr  Chromatophor 
nach  Klebahn.  B  Chorda  filum,  Zoosporen 
nach  Reinke.     Aus  Oltmanns,  Algen, 


Fig.  356.  Ectocarpus  siliculosus.  /  Weib- 
licher Gamet  von  vielen  männlichen  Gameten 
umgeben,  von  der  Seite  gesehen.  2—s  Ver- 
schmelzung der  Gameten.  6  Keimling  nach 
24  Stunden.  7 — 0  Vereinigung  der  Zellkerne 
bei  der  Kopulation,  nach  fixiertem  und  ge- 
färbtem Material,  /— 5  nach  Berthold, 
6—g  nach  Oltmanns. 


Fig.  355.  A  Ectocarpus  siliculosus.  Pluri- 
lokuläres  Sporangium  in  Entleerung  (nach 
Thuret).  B,  C,  D  Sphacelaria  cirrhosa, 
desgl.  in  Entwicklung  nach  Reinke. 
Aus  Oltmanns,  Algen. 


Fig.  357.    A  Antheridium.    B  Oogonium 

von  Cutleria  multifida.     Vergr.r400. 

Nach  Reinke. 


Thallophyten.  365 

einfächerigen  (unilokulären)  Sporangien  erzeugt  werden  und  nach  dem  Ausschwärmen 
bald  keimen  (Fig.  354). 

Außer  einfächerigen  werden  von  den  Phaeosporeen  auch  mehrfächerige  (pluri- 
lokuläre)  Sporangien  erzeugt  (Fig.  355),  die  in  jedem  Zellenfach  nur  eine,  selten 
mehrere  Schwärmsporen  bilden.  Bei  einigen  Gattungen  ist  Kopulation  dieser  Schwärm- 
sporen beobachtet  worden.  Wir  haben  sie  demnach  als  Planogameten  und  ihre  Spo- 
rangien als  Gametangien  zu  bezeichnen.  Allerdings  ist  die  Sexualität  verschieden  stark 
ausgeprägt,  und  die  aus  plurilokulären  Sporangien  entlassenen  Schwärmer  keimen  vielfach 
auch  ohne  Kopulation  zu  neuen  Pflanzen,  wie  dies  unter  den  Chlorophyceen  auch  für 
Ulothrix  bemerkt  wurde. 

Als  Beispiel  für  Kopulation  sei  Ectocarpus  sükulosus  (P^ig.  355)  genannt,  bei  dem 
bereits  ein  Unterschied  in  dem  Verhalten  der  im  übrigen  gleichgestalteten  Gameten  fest- 
zustellen ist,  derart,  daß  männliche  und  weibliche,  beide  in  besonderen,  diözisch  oder 
monözisch  verteilten  Gametangien  erzeugt,  zu  unterscheiden  sind.  Die  weiblichen  Gameten 
setzen  sich  fest  und  zahlreiche  männliche  Gameten  berühren  sie  mit  ihren  Zilien.  Schließ- 
lich verschmilzt  ein  männlicher  Gamet  mit  dem  weiblichen  zu  einer  Zygote  (Fig.  3562—9), 
die  zuletzt  nur  einen  Kern,  aber  zwei  Chromatophoren  enthält,  sich  mit  einer  Membran 
umgibt  und  dann  ohne  Ruhezustand  zu  einer  neuen  Pflanze  heranwächst. 

Bei  anderen  Phaeophyceen  ist  der  Unterschied  zwischen  den  Gameten  anch  in  Form 
und  Größe  ausgeprägt,  und  besonders  in  der  Familie  der  Oitlenaceen  ist  ein  entschiedener 
Übergang  von  Isogamie  zur  Oogamie,  eine  Differenzierung  der  Gametangien  in  Anthe- 
ridien  und  Oogonien  (Fig.  357),  festzustellen. 

Bei  gewissen  Phaeosporeen  hat  sich  bereits  ein  regelmäßiger  Generationswechsel 
herausgebildet,  so  u.  a.  bei  den  Cutleriaceen  (*^).  Die  haploiden  geschlechtlichen  Pflanzen 
alternieren  mit  diploiden  ungeschlechtlichen,  an  denen  die  Reduktionsteilung  in  den 
ZooE^porangien  sich  vollzieht.  Bei  Za?iardmm  sind  beide  Generationen  gleich  gestaltet, 
besitzen  einen  scheibenförmigen  Thallus,  bei  Cutleria  dagegen  sind  sie  verschieden,  indem 
die  Sexualpflanzen  aufrechte  gabelig  zerschlitzte  Sprosse,  die  Sporangienpflanzen  {Aglao- 
zonid)  dagegen  flache,  gelappte,  niederliegende  Scheiben  vorstellen.  Der  Generations- 
wechsel wird  indessen  bei  Cutleria  nicht  überall  strenge  eingehalten;  aus  Sporangien- 
pflanzen oder  aus  Geschlechtspflanzen  können  auch  die  gleichnamigen  Generationen  wieder 
hervorgehen.     Die  Eizellen  entwickeln  sich  öfters  parthenogenetisch  zu  Sporophyten. 

2.  Ordnung,  Tilopteridaceaei^^).  Nur  wenige  Vertreter,  die  sich  in 
vegetativer  Hinsicht  an  einfachere  Phaeosporeen  (Ectocarpus)  anschließen,  so  die  nord- 
atlantische Tilopteris  Mertetisii.  Die  Oogonien  erzeugen  nur  je  eine  große  Eizelle,  die 
Antheridien  kleine  zweizilige  Spermien.  In  den  ungeschlechtlichen  Sporangien  tritt 
keine  Sonderung  in  einzelne  Sporen  ein,  sondern  ihr  Inhalt  wird  zu  einer  einzigen  großen, 
mit  Membran  versehenen  Monospore  mit  meist  4  Kernen,  während  bei  den  Dictyotaceen 
sich  an  ihrer  Stelle  4  freie  Sporen  bilden. 

3.  Ordnung.  Dictyotaceaei^^).  Hierher  gehören  nur  wenige  in  vege- 
tativer Hinsicht  weiter  als  vorige  Ordnung  vorgeschrittene  Gattungen,  z.  B.  die  mediterrane, 
fächerförmig  gestaltete  Padina  Pavonia,  die  in  europäischen  Meeren  verbreitete  band- 
förmige, typisch  gabelig  verzweigte  Dictyota  dichotoma  (Fig.  83).  Die  Sporen  entstehen 
ähnlich  wie  bei  den  Rotalgen,  meist  zu  vier  als  sog.  Tetrasporen,  seltener  zu  acht, 
und  sind  membranlos,  unbeweglich,  ohne  Zilien,  also  als  Aplanosporen  zu  bezeichnen  (Fig.  358 ;). 
Man  kann  die  Tetrasporangien  von  den  unilokulären  der  Phaeosporen  ableiten.  Oogonien 
und  Antheridien  stehen  bei  Dictyota  je  gruppenweise  zusammen;  sie  bilden  sog.  Sori 
(Fig.  358  j,  2),  die  aus  nebeneinander  stehenden  Rindenzellen  nach  Abgliederung  je  einer 
Stielzelle  hervorgehen.  An  den  Antheridiengruppen  bleiben  bei  Dictyota  die  peripheren 
Zellen  steril  und  bilden  eine  Art  Hülle.  Die  Oogonien  erzeugen  nur  je  eine  große  ein- 
kernige, ausschlüpfende  Eizelle,  die  vielzelligen  Antheridien,  die  mit  den  plurilokulären 
Gametangien  übereinstimmen,  aus  jeder  Zelle  je  ein  Spermium,  das  im  Unterschied  zu  den 
übrigen  Braunalgen  nur  eine  einzige  lange,  seitlich  inserierte  Zilie  besitzt.  Die  Zygoten 
keimen,  ohne  einen  Ruhezustand  zu  erfahren. 

Dictyota  ist  zweihäusig.  Die  haploiden  männlichen  und  weiblichen  Sexualpflanzen 
gehen  hervor  aus  den  ungeschlechtlich  erzeugten  Tetrasporen;  aus  den  befruchteten  Ei- 
zellen entstehen  diploide  Pflanzen,  welche  ungeschlechtliche  Tetrasporen  erzeugen.  Die 
Reduktion    der  Chromosomenzahl    von    32    auf   16    findet   bei    der  Tetradenteilung  in   den 


366 


Schenck . 


Sporangien statt.  So  liegt  hier  ein  regelmäßiger  Generationswechsel  vor ;  Gameto- 
hpyt  und  Sporophyt  zeigen  aber  im  Bau  ihres  Thallus  keinen  morphologischen  Unterschied. 


^/^X(l  ^^S-    358.     Dictyota    dichotoma.     Thallusquerschnitte.     /    mit    mehreren 

[fVl]  ^  Tetrasporangien,  davon  eins  entleert,  2  mit  Oogoniumgruppe,  3  mit  An- 

>~^  \  (^  theridiengruppe,  nach  Thuret,  4  Spermien,   nach  Williams.     Aus  Olt- 
4)^    y  MANNS,  Algen. 

4-    Ordnung.     Laminariaceen  (**').     Der  erst  in  den  letzten  Jahren  ent- 
deckte regelmäßige  Generationswechsel  dieser  stattlichsten  aller  Braunalgen  entspricht  dem 


D 

Fig.  359.  Laminaria  digitata.  A  Männlicher  Gametophyt,  a  entleerte  Spermatangien. 
B  Größerer,  C  kleiner,  D  auf  das  Oogonium  reduzierter  weiblicher  Gametophyt,  og  Oogo- 
nium,  o  Eizelle.  E  Junger  Sporophyt,  noch  auf  dem  entleerten  Oogonium  sitzend.  F  Weiteres 
Stadium  mit  zwei  Rhizoiden.  A  Vergr.  600,  ^292,  C  322,  B  625,  ^322,  i^390.  Nach  H.  Kylin. 


Thallophyten. 


36' 


der  Farne  insofern,  als  auch  hier  die  Gametophyten,  durchaus  verschieden  von  den  Sporo- 
phyten,  nur  winzige  Zwergpflänzchen  vorstellen.  Der  diploide  Sporophyt  erzeugt  keulen- 
förmige oder  zylindrische  Sporangien,  die  in  ausgebreiteter  oberflächlicher  Schicht 
angeordnet  sind.  Jede  Oberflächenzelle  des  Thallus  setzt  sich  fort  in  eine  mittlere  keulen- 
förmige sterile  Zelle  oder  Paraphyse,  neben  denen  die  Sporangien  als  kürzere  Zellen  ent- 
springen. In  den  Sporangien  vollzieht  sich  die  Reduktionsteilung.  Aus  den  zweiziligen 
Schwärmsporen  entwickeln  sich  winzige  männliche  und  weibliche,  haploide  Geschlechts- 
pflänzchen  (Fig.  359),  die  aus  Zellfäden  sich  aufbauen,  die  ersteren  reicher  verzweigt,  die 
letzteren  dagegen  nur  wenigzellig  und  im  Extrem  sogar  nur  aus  einer  schlauchförmigen 
Zelle  gebildet.  Die  männlichen  Gametophyten  erzeugen  die  Antheridien  an  den  Zweig- 
spitzen neben-  oder  auch  hintereinander  als  einzellige  Gebilde,  die  nur  je  ein  Spermium 
liefern;  an  den  weiblichen  kann  jede  Zelle  zu  einem  eineiigen  Oogonium  werden.  Die 
nackte  Eizelle  tritt  durch  ein  Loch  an  der  Spitze  des  Oogoniums  hervor,  bleibt  aber  vor 
der  Mündung  liegen  und  wächst  dann  nach  der  Befruchtung' zum  Keimling  des  Sporophyten 
(Fig.  359  E,  F)  heran.  Oogonien  und  Antheridien  sind  den  Gametangien  der  Phaeosporeen 
homolog. 

Für  Laminaria  saccharina  hat  Pascher  an  kultivierten  jungen  Keimpflänzchen  des 
Sporophyten  eine  ausnahmsweise  frühzeitig  eintretende  Sporangienbildung  beobachtet. 
Es  kann  also  auch  der  für  gewöhnlich  stattlich  ausgebildete  Sporophyt  unter  bestimmten 
äußeren  Bedingungen  auf  einer  einfacheren  Entwicklungsstufe  stehen  bleiben.  Wir  gewinnen 
so  einen  Gesichtspunkt  für  die  Erklärung  des  Zustandekommens  des  auffallenden  Di- 
morphismus der  Generationen. 

5.  Ordnung.  Fucaceae{^'^).  Bei  den  Fucaceen  fehlt  die  ungeschlecht- 
liche Sporenbildung,  dagegen  ist  sexuelle  Fortpflanzung  vorhanden  und  als  Oogamie 
ausgeprägt.  Bei  Fucus  sitzen  die  Oogonien  und  Antheridien  in  besonderen  krugförmigen 
Vertiefungen,  sog.  Conceptacula.  die  zu  vielen  in  die  letzten  angeschwollenen  Auszweigungen 
des  Thallus  eingesenkt  und  für  die  ganze  Familie  sehr  charakteristisch  sind  (vgl.  Fuciis 
serratus,  Fig.  353).  Bei  F.  platycarpus  enthalten  die  Konzeptakeln  (Fig.  360)  sowohl 
Oogonien  als  Antheridien,  bei  F.  vesiculosus  dagegen  herrscht  Diözie.  Der  Innenwand  der 
Conceptacula  entspringen  zahlreiche,  unverzweigte, 
sterile  Haare,  sog.  Saftfäden  oder  Paraphysen,  die 
zum  Teil  als  Büschel  nach  außen  hervortreten, 
und  zwischen  ihnen  die  Oogonien  und  Antheri- 
dien. Die  Antheridien  sitzen  als  ovale  Zellen 
dicht  gedrängt  an  reich  verzweigten,  kurzen  Fäden 
(Fig.  380 fl,  361/).  Der  Inhalt  des  Antheridiums 
teilt  sich  in  64  Spermien;  er  wird  als  Ganzes, 
von  der  dünnen  inneren  Wandschicht  umgeben, 
entleert  (Fig.  361  2)  und  entläßt  dann  die  birn- 
förmigen,  hauptsächlich  aus  Kernsubstanz  be- 
stehenden, mit  zwei  verschieden  langen  seitlichen 
Zilien,  einem  orangegelben  Ghromatophor  und 
einem  roten  Augenfleck  versehenen  Spermien.  Die 
Oogonien  (Fig.  360  o,  361  j)  sind  große  rundliche, 
auf  einzelligem  Stiel  sitzende,  gelbbraune  Gebilde, 
deren  Zellhaut  acht  große,  aus  der  Oogonium- 
mutterzelle  durch  Teilung  entstandene  Eizellen 
umschließt.  Der  Oogoniuminhalt  tritt,  von  einer 
dünnen  Hülle  umgeben,  aus  der  aufplatzenden 
Oogoniumwand  heraus;  die  Hülle  verquillt  am 
oberen  Teil,  stülpt  sich  teilweise  zurück,  und  die 
nackten  braunen  Eier  werden  nun  frei  ins  Wasser 
entleert  (Fig.  361  4,  5).  Dort  haften  die  Spermien 
in  großer  Menge  ihnen  an,  versetzen  sie  durch 
ihre   Zilien    in   rotierende   Bewegung,   wobei    die 

Befruchtung  durch  ein  Spermium  erfolgt  (Fig.  361  ö).  Xach  der  Befruchtung  umgibt  sich 
das  Ei  mit  Membran,  setzt  sich  fest  und  wächst  unter  Teilung  zu  einer  neuen  Pflanze  hera«. 

Bei  anderen  Fucaceen  werden  in  dem  Oogonium  nur  vier,  zwei  oder  schließlich 
auch    nur    ein   befruchtungsfähiges    Ei    erzeugt;   immer  aber  teilt   sich   der  eine  Kern  der 


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Fig.  360.  Fucus  platycarpus.  Monö- 
zisches  Conceptaculum  mit  Oogonien 
verschiedenen  Alters  o  und  Antheridien- 
büscheln  o,  Paraphysen  /.  Vergr.  ca.  25. 
Nach  Thüret. 


368 


Schenck : 


Oogoniumanlage  nach  Oltmanns  in  acht  Kerne,  wovon  dann  in  diesen  Fällen  vier,  zwei 
oder  einer  zu  Eikernen  ausgebildet  werden,  die  übrigen  als  befruchtungsunfähige  Eikerne 
zugrunde  gehen. 

Da  die  Fucaceen  der 
ungeschlechtlichen  Sporen- 
bildung ermangeln,  so  fehlt 
ihnen  der  für  Laminaria  cha- 
rakteristische Generations- 
wechsel. Der  aus  der  be- 
fruchteten Eizelle  hervor- 
gehende Fucus-Thallus,  der 
durchaus  dem  Laminarien- 
Thallus  gleichwertig  ist,  hat 
diploide  Zellkerne,  deren  Re- 
duktion erst  in  den  Anlagen 
der  Oogonien  und  Anthe- 
ridien,  und  zwar  in  den  ersten 
zwei  Teilungsschritten  erfolgt, 
so  daß  vier  haploide  Kerne 
erzielt  werden,  die  im  Oogo- 
nium  dann  noch  eine,  im 
Antheridium  noch  vier  Tei- 
lungen bis  zur  Bildung  der 
Sexualzellen  erfahren.  Bei 
Fucus  ist  also  nur  eine  ganz 
kurze  haploide  Phase  zu  er- 
kennen. Die  Entwicklung  und 
Beschaffenheit  der  Sexual- 
organe, namentlich  der  Oogo- 
nien, läßt  die  Deutung  zu, 
daß  sie  morphologisch  den 
Sporangien  der  Laminarien 
homolog  sind,  daß  aber  in 
ihnen  an  Stelle  von  Sporen 
Gameten  differenziert  werden. 
DieFucaceen  bezeichnen  somit 
das  Endglied  in  der  Reduk- 
tion des  Gametophyten,  die 
bei  den  Laminarien  noch  nicht 
ganz  so  weit  vorgeschritten 
erscheint. 

Nutzpf  lan  zen  der 
Phaeophyceen  sind:  die 
früher  offizinellen  Lami- 
naria digitata  und  L.  Cloustoni 
(Pharm,  germ.),  deren  Thallus- 
stiele  getrocknet  als  Quell- 
stifte (^Stipites  Laminariae)  in 
der  Chirurgie  Verwendung  fanden.  —  Verschiedene  Laminariaceen'-und  Fucaceen  lieferten 
früher  aus  ihrer  Asche  (Varec,  Kelp)  Jod;  auch  wird  Soda  aus  ihnen  gewonnen.  Viele 
Laminarien  sind  reich  an  M  a  n  n  i  t  (z.  B.  Lam.  saccharina),  dienen  zur  Gewinnung  seiner 
und  werden  auch,  besonders  von  Chinesen  und  Japanern,  als  Nahrung  genossen. 


Fig.  361.  Fucus.  /  Antheridiumstand.  2  Antheridien  in 
Entleerung.  3  Oogonium  in  acht  Eizellen  geteilt.  4  Nach 
der  Ablösung  vom  Stiel  st.  5  Befreiung  der  Eier.  6  Ei 
von  Spermien  umschwärmt.  Nach  Thuret,  aus  Oltmanns, 
Algen,  Hdw.  d.  Nat. 


Thallophyten. 


369 


Klasse  XI. 
Characeae,  Armleuchtergewächse  ('•  ^^'  ^% 

Die  Characeen  oder  Charophyten  bilden  eine  nach  oben  und  unten  hin  isoliert 
stehende  Gruppe  von  hochentwickelten  grünen  Thallophyten.  Ihr  Ursprung  ist  zwar  bei 
den  Chlorophyceen  gesucht  worden,  jedoch  gestatten  sie  infolge  des  eigenartigen  Baues 
ihrer  Sexualorgane  keinen  unmittelbaren  Anschluß  an  oogame  Grünalgen,  verraten  dagegen 
in  einigen  morphologischen  Charakteren  Analogien  mit  Braunalgen,  von  denen  sie  aber 
durch  rein  grüne  Färbung  der  Chromatophoren  abweichen.  Man  kann  sie  nicht  etwa  als 
Vorläufer  der  Moose  ansehen,  wenn  auch  ihre  Karyokinese  mit  derjenigen  der  Archegoniaten 
weitgehende  Übereinstimmung  zeigt. 

Die  Characeen  vegetieren  in  Form  von  oft  über  fußhohen  Wiesen  in 
Teichen  und  Bächen.  Sie  sind  ausgezeichnet  durch  ihren  regelmäßigen 
Aufbau;  ihre  Hauptachsen  bestehen  aus  langen 
Internodien  und  kurzen  Knoten,  an  denen  aus  wenigen 
Gliedern  bestehende  Seitenäste  und  Quirle  entspringen 
(Fig.  362).  Diese  Seitenachsen  sind  entweder  einfach 
oder  tragen  an  ihren  Knoten  kurze  Ausstrahlungen 
zweiter  Ordnung.  In  der  Achsel  eines  Seitenastes  ent- 
springt in  jedem  Quirl  eine  der  Hauptachse  ähnhche 
Seitenachse.  So  kommt  ein  armleuchterartiger  Habitus 
zustande.  Am  Grunde  sind  die  Achsen  mittels  farb- 
loser, verzweigter,  aus  den  Knoten  entspringender 
fädiger  Rhizoidwurzeln  im  Substrat  befestigt.  Diese 
zeigen  ebenfalls  eine  Gliederung  in  lange  Fadenzellen 
und  zwischen  ihnen  stehende  kurze,  hier  einseitig 
gerichtete  Knotenzellen,  aus  denen  die  Verzweigung 
erfolgt. 

Haupt-  und  Seitenachsen  wachsen  an  ihren  Spitzen  mittels 
Scheitelzellen,  die  durch  Querwände  Segmente  abteilen; 
jedes  Segment  teilt  sich  nochmals  durch  eine  Querwand,  und 
nun  entwickelt  sich  aus  der  unteren  Zelle  die  langgestreckte, 
ungeteilt  bleibende  Internodienzelle;  aus  der  oberen  Zelle  da- 
gegen unter  weiterer  Teilung  die  Knotenscheibe,  ferner  die 
Seitenachsen  und  an  dem  unteren  Teil  der  Hauptachsen  auch 
die  Rhizoiden.  Während  bei  Nitella  die  Internodiumzellen  nach 
außen  hin  frei  bleiben,  werden  sie  bei  den  meisten  Arten  von 
Chara  mit  einer  Schicht  längs  verlaufender  Zellreihen,  die  an 
den  Knoten  aus  den  Basilarzellen  der  Seitenachsen  hervor- 
wachsen, dicht  umschlossen;  diese  morphologische  Eigentümlich- 
keit wird  in  ähnlicher  Art  bei  gewissen  Braunalgen  (z.  B. 
Spermatochnus)  angetroffen. 

Die  Zellen  enthalten  je  einen  normalen,  auf 
karyokinetischem  Wege  entstandenen  Zellkern.  In 
den   langen    Internodialzellen    aber    teilt   sich    dieser 

amitotisch  in  zahlreiche  Kerne,  die  in  dem  einen  großen  Saftraum  um- 
schließenden und  lebhafte  Strömung  aufweisenden  Plasmabelag  verteilt  liegen. 
Die  grünen  Chloroplasten  sind  rundlich  und  in  großer  Zahl  vorhanden. 

Ungeschlechtliche  Fortpflanzung  mittels  Sporen  fehlt  vollständig; 
die  sexuelle  Fortpflanzung  besteht  in  Eibefruchtung.  Die  weiblichen 
Organe,  hier  als  Eiknospen  bezeichnet,  sind  eiförmige,  mit  bloßem  Auge 
sichtbare  Gebilde  und  stehen  ebenso  wie  die  kugeligen,  rotgefärbten  männ- 
lichen Organe  an  den  Knoten  der  Seitenachsen.  Meist  sind  die  Pflanzen 
monözisch,  einige  Arten  auch  diözisch.    Die  befruchtete  Eizelle  wird  zu  einer 

Strasburgor,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  24 


Fig.  362.  Chara  fragilis. 
Ende  eines  Haupt- 
sprosses.    Nat.  Gr. 


370 


Schenck : 


Oospore.     Die  Characeen  zeigen  also  keinen  Generationswechsel,  sondern 
stets  Aufeinanderfolge  von  Gametophyten. 

Das  männliche  Organ  (Fig.  363^)  geht  aus  einer  sich  zunächst  in 
8  Zellen  teilenden  Mutterzelle  hervor.  Jeder  Oktant  wird  durch  2  tangen- 
tiale Wände  in  3  Zellen  zerlegt.  So  ergeben  sich  8  äußere  flache  Wandzellen 
(Schilder),  die  durch  einspringende  Wände  unvollständig  gefächert  werden: 
8  mittlere  Zellen  (Griffzellen),  die  sich  radial  strecken,  und  8  innere  Zellen 
(primäre  Köpfchenzellen),  die  rundliche  Form  annehmen.  Infolge  stärkeren 
Flächenwachstums  der  8  Schilder  entsteht  im  Innern  des  Organs  ein  Hohl- 
raum, in  den  die  Griffzellen  mit  ihren  autsitzenden  Köpfchenzellen  hinein- 
ragen. Letztere  bilden  3 — 6  sekundäre  Köpfchenzellen,  und  aus  diesen  sprossen 
nun  in  den  Hohlraum  hinein  je  3 — 5  lange,  aus  scheibenförmigen  Zellen  be- 
stehende, einfache,  spermatogene  Zellfäden,  die  aus  jeder  Zelle  ein 
spirahg  gewundenes,  mit  zwei  ZiUen  versehenes  Spermium  (Fig.  363C)  ent- 
lassen. Morphologisch  erinnern  diese  Zellfäden  oder  Antheridien  an  die  pluri- 
lokulären  Braunalgengametangien,  die  z.  B.  bei  Stilophora  ebenfalls  aus  ein- 
fachen Zellreihen  bestehen  und  in  Gruppen  (Sori)  beieinanderstehen.     Das 

männUche  Organ   der    Characeen,    das   als 
Ganzes  zwar  gewöhnlich  Antheridium  ge- 
nannt   wird,    enthält    also    8  Antheri- 
diengruppen   von 
(^         endogener      Ent- 
wicklung und  sollte 
demnach     als     An- 

theridienstand 
bezeichnet     werden. 


Fig.  363.  Ohara  fragilis.  A  Medianer  Längsschnitt  durch  eine  Seitenachse  r.  a  Antheri- 
diumstand,  und  zwar  «a  Basilarknotenzelle,  p  Stiel,  m  die  Griffzellen,  aus  deren  aufsitzenden 
Zellen  die  spermatogenen  Zellfäden  entspringen,  ob  Eiknospe,  und  zwar  po  Stielzelle, 
no  die  Knotenzelle,  v  die  Wendungszelle,  c  das  Krönchen.  Vergr.  60.  B  Ganze  Seiten- 
achse. Vergr.  6.  C  Spermium,  k  Kern,  cl  Zilien,  c  Plasma.  Vergr.  540.  Nach  Stras- 
burger. 


Die  Eiknospe  (Fig.  363oö)  besteht  aus  einem  Oogonium,  das  nur 
eine  einzige  mit  Öltropfen  und  Stärkekörnern  dicht  gefüllte  Eizelle  ent- 
hält, anfangs  frei  hervorragt  und  dann  von  5  schraubig  gewundenen  Hüll- 
schläuchen dicht  umschlossen  wird.  Letztere  endigen  in  den  Krönchen  c, 
zwischen  dessen  Spalten  die  Spermien  eindringen.  Am  Grunde  des  Oogoniums 
finden  sich  bei  Chara  eine,  bei  Nitella  drei  kleine  sog,  Wendungszellen,  die 
von  der  anfangs  einzelligen  Oogoniumanlage  abgeteilt  wurden.  Diese  Teilungen 
entsprechen  den  ersten  Teilungen  in  den  Mutterzellen  des  männlichen  Organs. 


Thallophyten.  371 

Die  Eiknospe  kann  daher  als  ein  auf  ein  einziges  Oogonium  reduzierter 
Üogoni umstand  betrachtet  werden. 

Nach  der  Befruchtung  umgibt  sich  die  Eizelle  mit  einer  dicken  farblosen  Haut,  und 
auch  die  Innenwände  der  Hüllschläuche  verdicken  sich,  werden  braun  und  mit  einer  Schicht 
von  amorphem  kohlensaurem  Kalk  bedeckt,  während  die  äußeren  weichen  Zellwände  der 
Schläuche  bald  nach  dem  Abfallen  der  Frucht  vergehen. 

Bei  der  Keimung  der  Oospore  teilt  sich  nach  Oehlkers  und  Ernst  der  Kern 
schrittweise  in  vier  Kerne:  die  erste  Teilung  ist  eine  heterotypische.  Dann  wird  die 
Membran  an  der  Spitze  durch  die  sich  hier  vorwölbende  Zygotenzelle  geöffnet.  Drei 
Kerne  verbleiben  im  Bauchteil  der  Zygote,  wo  sie  degenerieren,  der  vierte,  sich  vergrößernde 
Kern  aber  wandert  in  die  hervortretende  Ausstülpung,  die  dann  durch  eine  Querwand  ab- 
gegrenzt wird.  Aus  dieser  Zelle  geht  unter  weiterer  Teilung  ein  einfach  gestalteter,  faden- 
förmiger, mehrgliedriger  Keimling  hervor,  an  dessen  erstem  Knoten  Rhizoiden  entspringen, 
während  am  zweiten  einige  einfache  Seitenachsen  stehen,  sowie  eine  oder  mehrere  Haupt- 
achsen, aus  deren  weiterer  Verzweigung  die  fertige  Pflanze  heranwächst.  Das  diploide 
Stadium  beschränkt  sich  also  bei  den  Characeen  nur  auf  die  Oosporen,  während  die  Arm- 
leuchterpflanzen selbst  haploid  sind. 

Bemerkenswertes  Verhalten  zeigt  Chara  crinita.  Nach  Ernst  kommen  von  dieser 
diözischen  Art  die  haploiden,  12  Chromosomen  führenden  männlichen  und  weiblichen 
Geschlechtspflanzen  nur  sehr  zerstreut  vor,  weit  verbreitet  dagegen  diploide  24  Chromo- 
somen führende  weibliche  Pflanzen,  die  sich  vermittelst  diploider  Eizellen  parthenogenetisch 
vermehren  und  die  aus  der  Kreuzung  der  Ch.  crinita  mit  anderen  Arten  hervorgegangen 
sein  sollen.  Nach  Winkler  aber  könnte  diese  Diploidie  durch  Verdoppelung  der  Chromo- 
somenzahl in  der  Scheitelzelle  einer  weiblichen  haploiden  Pflanze  zustande  gekommen 
sein  oder  eher  dadurch,  daß  von  den  bei  der  Reduktionsteilung  in  der  Zygote  entstehenden 
4  Kernen  die  beiden  weiblich  differenzierten  wieder  miteinander  verschmelzen.  Es  liegt 
also  hier  somatische  Parthenogenese  und  nicht,  wie  man  früher  annahm,  generative  vor(-i8a). 

Einige  Characeen  zeichnen  sich  durch  die  Bildung  besonderer,  mit  Stärke  dicht 
gefüllter  Knö  liehen  in  der  unteren  Partie  der  Achsen  aus.  Diese  dienen  als  Über- 
winterungsorgane und  gehen  entweder  aus  Knoten  mit  verkürzten  Astquirlen  hervor 
(so  bei  Tolypellopsis  stelligera,  wo  sie  sternförmige  Gestalt  haben)  oder  entsprechen  modi- 
fizierten Rhizoiden  (z.  B.  bei  Chara  aspera,   wo   sie   kugelige,   weiße   Gebilde   vorstellen). 

In  fossilem  Zustand  sind  Characeen  (in  Form  von  Zygoten)  schon  aus  dem  Jura 
sicher  nachgewiesen.     Vielleicht  gehören  auch  gewisse  devonische  Fossilien  hierher. 

Klasse  XII. 
Rhodophyceae,  Rotalgen  ['■  "  -'•  '^^'  ^"). 

Die  liotalgen,  Rhodophyceen  oder  Florideen,  bilden  eine  scharf  um- 
grenzte Gruppe  höherer  Algen,  deren  phylogenetischer  Ursprung  vielleicht 
bei  höher  stehenden  Grünalgen  zu  suchen  ist,  die  jedoch  auch  Beziehungen 
zu  den  Braunalgen  zeigt.  Sie  sind  wie  die  letzteren  fast  ausschließlich  Meeres- 
algen und  bewohnen  vorzugsweise  die  tieferen  Algenregionen  an  den  Küsten. 
Nur  wenige  Gattungen  {Batrachospermum  z.  B.)  wachsen  im  Süßwasser,  am 
Boden  fließender  Gewässer. 

Der  Thallus  der  Rotalgen  weist  große  Mannigfaltigkeit  auf.  Die  ein- 
fachsten Formen  stellen  verzweigte  Zellfäden  dar  (z.  B.  Callithamnion).  Bei 
anderen  baut  sich  der  verzweigte,  zylindrische  Thallus  aus  mehreren  Zellen 
im  Querschnitt  auf.  Zahh-eiche  Formen  besitzen  einen  breiter  oder  schmäler 
bandförmigen  und  oft  reich  fiederig  oder  gabelig  verzweigten  Thallus  (z.  B. 
Chondrus  crispus  Fig.  364,  Gigavtina  mauiillosa  Fig.  365).  Sodann  gil)t  es 
Arten,  die  in  Form  von  Zellflächen  der  Unterlage  aufliegen.  Alle  Florideen 
sitzen  an  der  Basis  mittels  Haftfäden  oder  Haftscheiben  fest.  Eine  der  reicher 
gegliederten  Formen  ist  z.  B.  die  Delcssena  sanguinea  {Hydrolapalhuni  Fig.  88) 
des  Atlantischen  Ozeans.     Der  blattartige,  einer  Basalscheibe  entspringende 

24* 


372 


Schenck: 


Thallus  ist  hier  mit  Mittel-  und  Seitenrippen  versehen.  Im  Herbst  gehen  die 
Spreiten  zugrunde;  die  Hauptrippen  aber  bleiben  als  Achsen  stehen,  um  im 
nächsten  Frühjahr  neue  Thallusblätter  zu  treiben.  Die  Familie  der  Corallina- 
ceen,  deren  Gattungen  teils  einen  zierlich  verzweigten,  teils  einen  krusten- 
förmigen  Thallus  aufweisen,  zeichnet  sich  dadurch  aus,  daß  in  und  um  die 
Membranen  kohlensaurer  Kalk  massenhaft  abgelagert  wird,  so  daß  diese  Algen 
etwa  den  Eindruck  von  Korallen  machen.  Die  Kalkflorideen  vegetieren  haupt- 
sächlich an  Küsten  mit  starker  Brandung,  besonders  in  den  Tropen. 

Die  Rotalgen  sind  meist  rot  oder  violett,  auch  purpurschwarz  oder  braun- 
rot gefärbt.  Ihre  scheibenförmigen,  ovalen  oder  gelappten  Chromatophoren 
treten  in  größerer  Zahl  und  dichter  Lagerung  in  den  Zellen  auf  und  enthalten 
außer  Chlorophyll  einen  roten  Farbstoff,  das  Phykoerythrin,  bei  gewissen 
Arten  außerdem  auch  blaues  Phykozyan;  sie  gehen  aus  farblosen  spindel- 
förmigen Leukoplasten  der  Scheitelzellen  und  Keimzellen  hervor.  Als  Assi- 
milationsprodukt   wird    aus    Glykose    nicht  echte    Stärke    erzeugt,    sondern 

ein  anderes  Kohlehydrat,  die 
Florideenstärke,  in  Form  von 
rundlichen,  oft  geschichteten,  mit 
Jod  sich  rötlich  färbenden  Körn- 
chen. Auch  Öltröpfchen  kommen 
vor.  Die  Zellen  sind  einkernig 
oder  auch  mehrkernig. 


Fig.  364.  Chondrus  crispus.   Nach  einem  Exem- 
plar von  Helgoland.    V2  "^''-  ^ir.    Offizineil. 


Fig.  365.  Gigartina  mamillosa.  s  Warzen- 
förmige   Fruclitkürper.     %  "^.t.  Gr. 
Offizineil. 


Die  Fortpflanzung  geschieht  bei  den  Florideen  einerseits  ungeschlecht- 
lich mittels  Sporen,  andererseits  geschlechtlich  mittels  Befruchtung  weiblicher 
Organe  durch  männliche  Zellen. 

Die  ungesclilechtlichen  Sporen  werden  auf  zweierlei  Weise  gebildet.  Im 
ersten  Falle  sind  es  nackte,  runde,  unbewegliche,  einkernige  Zellen  ohne  Zilien,  die  zu 
vier  durch  Teilung  in  einem  Sporangium  entstehen.  Die  Sporangien  sitzen  als  rundliche 
Körper  an  den  Thallusfäden  oder  sind  dem  Thallus  eingesenkt;  sie  entlassen  die  vier 
Sporen  aus  einem  Querriß  ihrer  Wandung.  Infolge  ihrer  Entstehung  zu  vieren  nennt 
man  die  Florideensporen  Tetrasporen  (Fig.  366).  Sie  vertreten  die  Rolle  der  Schwärm- 
sporen der  übrigen  Algen  und  finden  sich  in  ähnlicher  Weise  nur  bei  den  Dictyotaceen 
unter    den    Braunalgen   wieder.      Die    Tetrasporangien    führen   in   der  Regel   anfangs 


Thallophyten. 


373 


einen  Kern,  der  sich  dann  in  die  vier  Sporenkerne  teilt.  In  einigen  Fällen  {Martensia^ 
Nitophylluni)  aber  sind  sie  zwar  anfangs  vielkernig,  dann  aber  degenerieren  alle  Kerne 
bis  auf  einen,  der  die  vier  Sporenkerne  liefert.  Den  Tetrasporangien  gleichwertig  sind 
die  in  der  Gruppe  der  Nemalionaceen  auftretenden,  nur  je  eine  Spore  entlassenden  Mono- 
sporangien,  sowie  auch  die  zahlreiche  Sporen  erzeugenden  Polysporangien  der 
Ceramiaceen. 

Die  zweite  Form  ungeschlechtlicher  Sporen  der  Rotalgen  sind  die  Karposporen 
(vgl.  S.  374),  die  in  Einzahl  aus  endständigen  Karposporangien  als  kugelige,  anfangs  nackte, 
zilienlose  Protoplasten  entleert  werden,  also  äußerlich  sich  den  Monosporen  nähern. 

Die  Ausbildung  der  Sexualorgane,  besonders  der  weiblichen,  ist  sehr  eigenartig 
und  von  dem  Verhalten  der  übrigen  Algen  sehr  abweiphend.    Sie  sei  an  dem  Beispiel  von 

Batrachospermum  inonilifortne ,  einer  einheimischen 
Süßwasserfloridee,  er- 
läutert. Diese  Alge 
besitzt  einen  in  Gal- 
lerte gehüllten,  bräun- 
lichen, aus  wirtelig 
verzweigten  Fäden  be- 
stehenden Thallus,  der 
im  Herbst  fruktifiziert. 
Die  Sexualorgane  sit- 
zen in  den  Zweig- 
quirlen an  kurzen,  dicht 
zusammengedrängten 
Seitenästchen. 

Die  Antheri- 
d  i  e  n  ,    auch   Sperma- 
tangien  genannt  (Fig. 
367) ,    sprossen    meist 
in    Zweizahl    aus    den 
Endzellen  der  Wirtel- 
zweige hervor.     Jedes 
Antheridium  besteht  aus  nur  einer  Zelle,  deren  gesamtes  Plasma  in  die  Bildung  eines 
einzigen  Spermatiums  aufgeht.    Die  Spermatien  werden  aus  der  zurückbleibenden  Zell- 
haut entleert,    sind    rundlich,    farblos,   anfangs   einkernig,    nur   bei    Batrachospermum   und 


Fig.  36Ü.  Callithamnion  corym- 
bosum.  Tetrasporenbildung.  A 
Geschlossenes,  B  entleertes  Spo- 
rangium  mit  den  vier  ausgetretenen 
Tetrasporen.     Nach  Thuret. 


Fig.  367.  Batrachospermum 
moniliforme.  Wirtelzweige 
mit  Antheridien.  Bei  s*  ein 
Sperraatium,  bei  s  ein  solches 
im  Augenblick  der  Entleerung, 
bei  V  ein  leeres  Antheridium. 
Vergr.  540.  Nach  Stras- 
burger. 


Fig.  368.  Batrachospermum  moniliforme.  A  Anlage  eines  Karpogons  am  Ende  eines 
Zweiges.  B  Reifes  Karpogon,  t  Trichogyn.  C  Nach  Befruchtung  durch  ein  Spermatium  s, 
Eizelle  o  mit  den  beiden  kopulierenden  Sexualkernen.  B  Gonimoblasten  g  und  IIüU- 
fäden  h.  iT  Teil  eines  reifen  Gonimoblasten  mit  den  Karposporen  ^,.^,  und  k.,  entleert. 
A—D  Vergr.  960,  E  Vergr.  720.     Nach  H.  Kylin. 


Nemalion  später  zweikernig.  Sie  sind  nackte  Zellen,  können  sich  nicht  selbständig  be- 
wegen wie  die  mit  Zilien  versehenen  Spermien  der  übrigen  Algen  und  verdanken 
diesem  Unterschied   ihre   besondere  Bezeichnung.     Die   weiblichen  Organe,   hier   Karpo- 


374  Schenck: 

gonien  genannt,  sitzen  ebenfalls  an  Zweigenden,  zwischen  den  Antheridien  tragenden 
Ästen.  Das  Karpogon  (Fig.  368)  besteht  aus  einer  langen,  im  unteren  Teil  flaschenförmig 
angeschwollenen,  im  oberen  Teil  keulenförmig  gestalteten  Zelle.  Der  Basalteil  enthält 
Eikern  und  Chromatophoren,  der  obere  wird  als  Trichogyn  bezeichnet  und  fungiert 
als  Empfängnisorgan  für  die  Spermatien,  die  zu  einem  oder  mehreren  an  seiner  Spitze 
festhaften,  sich  mit  einer  Membran  umgeben  und  dann  ihren  Inhalt  durch  eine  entstehende 
Öffnung  in  das  Karpogon  unter  Zurücklassung  ihrer  Membran  entlassen.  In  der  Regel 
enthält  das  junge  Karpogon  der  Florideen  zwei  Zellkerne,  von  denen  der  in  dem  Tricho- 
gyn vorhandene  später  degeneriert.  Bei  Batrachospenmun  aber  ist  nur  ein  Kern  im  Bauch- 
teil sicher  nachgewiesen,  und  bei  Nemalion  soll  die  Bildung  des  Trichogynkernesnach  Cleland 
meist  unterbleiben.  Trotz  ihres  auffallend  verschiedenen  Baues  sind  beide  Sexualorgane  der 
Rotalgen  als  homolog  zu  erachten  (49  a). 

Nachdem  Spermakern  und  Eikern  miteinander  verschmolzen  sind,  grenzt  sich  die 
Eizelle  vom  Trichogyn  durch  eine  Querwand  ab,  wird  aber  nicht  zu  einer  Oospore,  sondern  aus 
den  Seitenflächen  des  Bauchteils  des  Karpogons  wachsen  vielmehr  sich  weiter  verzweigende 
Zellen  oder  Zellfäden  hervor,  die  sporogenen  Fäden  oder  Gonimoblasten.  Zugleich 
sprossen  aus  den  Tragzellen  des  befruchteten  Karpogons  Hüllzweige,  die  sich  um  diese 
Gonimoblasten  lagern  und  mit  ihnen  eine  sog.  Hüllfrucht,  Zystokarp,  bilden.  Die 
sporogenen  Fäden  erzeugen  in  ihren  anschwellenden  Endzellen  die  kugelrunden,  einen 
Kern  und  ein  Chromatophor  führenden  Sporen,  die  man  hier  als  Karposporen  bezeichnet. 
Sie  werden  aus  den  zurückbleibenden  Hüllen  der  Endzellen  entleert.  Aus  den  Karpo- 
sporen entwickelt  sich  bei  Batrachospermum  zunächst  ein  aus  Zellfäden  bestehender  Vor- 
keim, der  aus  seinen  Endzellen  ungeschlechtliche,  einzellige,  nackte,  erst  nach  ihrer  Fest- 
setzung sich  mit  Membran  umgebende  Sporen  (Monosporen)  erzeugt.  Diese  dienen  der 
Vermehrung  des  Vorkeims.  Schließlich  wachsen  einzelne  Zweige  des  Vorkeims  zu  den 
geschlechtlich  differenzierten  Thallusfäden  heran.  Die  Sporenbildung  am  Vorkeim  ent- 
spricht der  Tetrasporenbildung  der  übrigen  Florideen. 

Die  Bildung  der  Antheridien  (49b)  sowohl,  wie  auch  der  oft  sehr  verwickelt  gebauten 
Zystokarpien  folgt  bei  den  Florideen  verschiedenen  Typen.  Überall  aber  lassen  sich  die 
Karposporen  nach  Oltmanns  in  ihrer  Entstehung  als  Abkömmlinge  der  befruchteten 
Eizelle  nachweisen. 

Als  Beispiel  für  reichere  Ausbildung  der  karposporenbildenden  Generation  sei  die 
an  den  wärmeren  europäischen  Küsten  verbreitete  Dudresnaya  coccinea,  mit  büschelig  reich 
verzweigtem  Thallus,  gewählt  (Fig.  369).  Die  Karpogonäste  bestehen  aus  etwa  sieben 
Zellen;  die  endständige  Karpogonzelle  trägt  ein  sehr  langes  Trichogyn.  Nach  der  Be- 
fruchtung treibt  die  Karpogonzelle  einen  Zellfaden  nach  unten,  der  sich  weiterhin  verlängert 
und  verzweigt  und  schrittweise  mit  bestimmten,  dichten  Inhalt  führenden  vegetativen  Zellen, 
den  Auxiliarz  eilen,  durch  Fusion  in  Verbindung  tritt.  Die  ersten  Auxiliarzellen  liegen 
in  dem  Karpogonast,  die  folgenden  in  anderen  Seitenästen.  Alle  Kerne  des  sporogenen 
Fadens  sind  durch  Teilung  des  befruchteten  Eikerns  hervorgegangen.  Die  Fusionen  mit 
Auxiliarzellen  führen  nicht  zu  Kernverschmelzungen,  sondern  dienen  nur  der  Ernährung 
der  sporogenen  Fäden.  Aus  der  Karpogonzelle  kann  noch  ein  zweiter  und  dritter  sporo- 
gener  Faden  in  gleicher  Weise  entspringen.  Aus  den  blasenförmig  angeschwollenen  Zellen 
der  sporogenen  Fäden,  die  mit  den  Auxiliarzellen  fusionierten,  sprossen  nun  je  zwei  Aus- 
stülpungen hervor,  welche  sich  weiter  teilen  und  zu  rundlichen  Sporenhaufen  ent- 
wickeln, aus  denen  die  Karposporen  schließlich  entlassen  werden. 

Wir  können  somit  bei  allen  Rotalgen  zwei  Generationen  unterscheiden,  einmal 
die  geschlechtliche,  den  Gametop  hyt,  der  Eizellen  und  Spermatien  bildet,  und  dann 
die  aus  der  befruchteten  Eizelle  hervorgehende  ungeschlechtliche,  Karposporen  erzeugende 
Generation,  den  Sporophyt.  Beide  sind  in  ihrer  Gestaltung  wesentlich  voneinander 
verschieden,  erstere  eine  selbständige  Pflanze,  letztere  in  ihrer  Entwicklung  und  Er- 
nährung von  dieser  abhängig,  und  vielleicht  als  eine  eingeschobene,  aus  der  Zygote  neu 
hervorgegangene  Bildung  aufzufassen. 

Die  in  Tetrasporangien  oder  in  ihnen  gleichwertigen  Monosporangien  oder  Poly- 
sporangien  erzeugten  Sporen  stellen  eine  zweite  Form  ungeschlechtlicher  Sporen  vor,  durch 
die  eine  Vermehrung  der  Geschlechtspflanzen  bewirkt  wird.  Sie  können  in  einzelnen 
Fällen  {Nemalion)  übrigens  ganz  fehlen. 

Bei  gewissen  Gattungen  treten  diese  Sporangien  ausschließlich  auf  den  Geschlechts - 
pflanzen  selbst  auf;  bei  der  Mehrzahl  der  Gattungen  aber  gehen  aus  den  Karposporen 
zunächst  Pflanzen  hervor,  die  nur  Tetrasporen  erzeugen,  und  aus  den  Tetrasporen  erst  die 


Thallophyten. 


375 


meist  diözischen  Geschlechtspflanzen,  so  daß  dann  die  Entwicklung  in  drei  Generationen, 
Gametophyt,  Karposporophyt  und  Tetrasporophyt,  verläuft.  Von  der  geschlechtlichen 
Hauptgeneration  hat  sich  hier  also  eine  rein  ungeschlechtliche,  ihr  im  übrigen  morpho- 
logisch gleiche  und  ihr  vorangehende  Generation  abgespalten.  Bei  manchen  Rotalgen  mit 
solchem  Entwicklungsgang  tritt  noch  eine  weitere  Komplikation  hinzu,  indem  an  dem 
Gametophyten  auch  noch  Tetrasporen  oder  diesen  gleichwertige  Monosporen  erzeugt 
werden,  aus  denen  dann  wiederum  Gametophyten  hervorgehen. 


Fig.  369.  Dudresnaya  coccinea.  A  Karpogon-Ast,  Karpogon  c  mit  Trichogyn  t.  B  Nach 
der  Befruchtung,  Karpogon  zum  sporogenen  Faden  sf  ausgewachsen.  C  Verbindung  dieses 
Fadens  mit  der  ersten  Auxiliarzelle  a,.  D  Die  Verzweigung  des  sporogenen  Fadens  und 
Verbindung  mit  sechs  Auxiliarzellen  o,— «g.  Die  Zellen  '^j— «c  sind  Ästen  eingefügt,  die 
von  der  Achse  ha  entspringen.  Schema,  E  Reifer  Karposporenknäuel  aus  einem  Ast 
hervorgegangen.  Vergr.  A—C  ca.  500,  Z)250,  .fi'SOO.  A—D  nach  Oltmanns,  ^  nach  Bornet. 


Das  Verhalten  der  Zellkerne  und  ihre  Reduktionsteilung  ist  erst  für  eine  kleine 
Zahl  von  Arten  untersucht  worden,  wobei  sich  prinzipiell  bemerkenswerte  Verschiedenheiten 
in  der  Verteilung  der  haploiden  und  diploiden  Phasen  auf  die  Generationen  herausgestellt 
haben  (49  0). 


376  Schenck: 

Bei  Scinaia  tritt  nach  Svedelius  die  Reduktion  der  Chromosomenzahl  bei  der 
ersten  Teilung  des  befruchteten  Eikernes  auf,  so  daß  nur  dieser  diploid  ist,  der  Karpo- 
sporophyt,  die  Karposporen  und  die  aus  letzteren  hervorgehenden  Gametophyten  aber 
haploid  werden.  Der  Gametophyt  vermehrt  sich  hier  außerdem  noch  ungeschlechtlich 
durch  haploide  Monosporen  an  Stelle  der  fehlenden  Tetrasporen.  Ebenso  verhält  sich 
nach  Kylin  Batrachospertmun,  ferner  Nemalion,  bei  welchem  aber  weder  Monosporen  noch 
Tetrasporen  am  Gametophyten  vorkommen. 

Es  steht  zu  erwarten,  daß  bei  allen  Rotalgen  mit  einfachem  Generationswechsel  die 
Reduktionsteilung  nach  dem  Scinaia-Tj-^Ms,  verläuft,  der  als  der  primitive  angesehen 
werden  darf. 

Bei  denjenigen  Rotalgen,  die  ihre  Entwicklung  in  drei  Generationen  zurücklegen, 
ist  dagegen  die  Reduktionsteilung  in  das  Tetrasporangium  verlegt,  so  daß  die  aus  den 
Tetrasporen  hervorgehenden  Gametophyten  haploid  sind,  während  die  Karposporophyten, 
die  Karposporen  und  die  aus  letzteren  hervorgehenden  Tetrasporophyten  hier  die  diploide 
Phase  darstellen.  So  verhalten  sich  Polysiphonia,  Griffithia,  Delesseria,  Nitophyllum,  Rhodo- 
mela.  Tritt  nun  in  solchen  Fällen  an  dem  haploiden  Gametophyten  außerdem  noch  eine 
ungeschlechtliche  Sporenbildung  auf,  so  muß  diese  naturgemäß  ohne  Reduktionsteilung 
erfolgen.  So  verhält  sich  nach  Svedelius  der  Gametophyt  von  Nitophylhim  punctatum, 
der  außer  Sexualorganen  auch  noch  Monosporangien  bildet,  durch  deren  Sporen  er  eine 
weitere  Vermehrung  erfährt.  Diese  Monosporangien  entsprechen  den  an  den  Tetrasporo- 
phyten auftretenden  Tetrasporangien,  sind  anfangs  vielkernig,  erzeugen  aber  unter  De- 
generation aller  Kerne  bis  auf  einen  und  unter  Wegfall  einer  Reduktionsteilung  nur  je 
eine  haploide  Monospore. 

Besonderes  Interesse  verdient  eine  kleine  Nordseefloridee  Harveyella  mirabilis  (""), 
welche  auf  einer  anderen  Rotalge,  der  Rhodomela  subfusca,  parasitisch  in  Form  von 
kleinen  weißlichen  Polstern  auftritt.  Chromatophoren  sind  in  ihren  Zellen  nicht  mehr 
nachweisbar,  so  daß  diese  Floridee  sich  wie  ein  Pilz  ernährt.  Ebenso  verhalten  sich  noch 
einige  andere  Arten. 

Offizineil  sind  Gigartina  tnamillosa  (Fig.  365)  mit  zäpfchenförmigen,  2 — 5  mm 
langen,  dem  Thallus  aufsitzenden  Zystokarpien  und  Chondrus  crispus  (Fig.  364)  mit  ovalen, 
der  Thallusfläche  eingesenkten,  etwa  2  mm  langen  Zystokarpien  und  mit  Tetrasporangien- 
lagern  an  den  Thallus-Endsegmenten.  Beide  leben  an  den  Nordseeküsten  als  purpurrote 
Algen;  getrocknet  sind  sie  von  hellgelblicher  Farbe  und  liefern,  besonders  Chondrus,  das 
offizinelle  Carrageen  oder  irländische  Moos  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  das  zur  Gallert- 
bereitung verwendet  wird.  —  Verschiedene  Florideen  liefern  das  ebenfalls  zur  Gallert- 
bereitung benutzte  Agar-Agar;  so  Gelidium  corneum  und  cartilagineum  das  Agar  von 
Japan;  Sphaerococcus  (Gracilaria)  lichenoides  das  Agar  von  Ceylon  (auch  Fucus  amylaceus 
genannt) ;  Eucheuma  spinosicm  das  Agar  von  Java  und  Makassar. 

Klasse  XL 
Phycomycetes,  Algenpilze  (^'  ^^'  ^'  °^~*^°). 

Im  Bau  des  Thallus  und  auch  der  Sexualorgane  zeigen  die  meisten  Algenpilze 
nähere  Beziehungen  zu  den  Schlauchalgen  oder  Siphoneen,  unter  denen  vielleicht  ihr 
phylogenetischer  Ursprung  zu  suchen  ist;  indessen  deuten  gewisse  Formen  auch  auf  andere 
niedere  grüne  Algen  hin,  so  z.  B.  die  Basidiobolaceen  auf  Conjugaten  und  die  Chytridiaceen 
als  einfache  Algenpilze  auf  Protococcales  und  Flagellaten.  Wenn  zurzeit  die  Phyko- 
myceten  noch  als  geschlossene  Klasse  aufgeführt  werden,  so  geschieht  dies  mit  dem  Vor- 
behalt ihrer  späteren  Auflösung  in  mehrere  an  die  entsprechenden  Algenklassen  an- 
zugliedernde Reihen. 

Im  einfachsten  Falle,  bei  Chytridiaceen,  bestellt  der  Thallus  aus  einer 
einfachen  Zelle,  die  in  den  ersten  Stadien  sogar  einen  membranlosen  Proto- 
plasten vorstellt.  Bei  den  höher  stehenden  Formen  weist  der  schlauch-  oder 
fadenförmige,  meist  reich  verzweigte  Thallus,  wie  bei  Vaucheria,  bis  zur  Bil- 
dung der  Fortpflanzungsorgane  keine  Querwände  auf  und  umschließt  ein 
einheitliches  Plasma,  in  welchem  zahlreiche  sehr  kleine  Zellkerne,  aber  keine 
Chromatophoren  enthalten  sind.    Die  Pilzfäden  bezeichnet  man  als  Hyphen, 


Thallophyten. 


377 


den  ganzen  Thallus  als  Myzelium.  Meist  sind  die  Hyphen  ungegliedert, 
nur  in  wenigen  Fällen  tritt  eine  Gliederung  der  Hyphen  durch  Querwände 
ein.  Die  AJgenpilze  leben  teils  saprophytisch  im  Wasser  auf  faulenden  Pflanzen 
oder  Tieren  oder  an  der  Luft  auf  verwesenden  organischen  Substanzen,  teils 
parasitisch  in  den  Geweben  von  höheren  Pflanzen  oder  auch  von  Insekten. 

Die  ungeschlechtliche  Vermehrung  geschieht  durch  Sporen,  die 
meist  in  Sporangien  erzeugt  werden.  Das  gesamte  Protoplasma  der  Spor- 
angien  zerklüftet  sich  in  zahlreiche  Sporenzellen,  die  bei  den  wasserbewohnen- 
den Gattungen  als  zilientragende  Schwärmsporen  entlassen  werden  (Fig.  372), 
bei  den  terrestrischen  dagegen  vor  der  Entleerung  bereits  mit  Membran  um- 
kleidet und  so  der  Verbreitung  in  der  Luft  angepaßt  sind  (Fig.  378).  Bei  ge- 
wissen Gattungen  werden  neben  den  Sporangien  oder  auch  ausschließlich 
Koni  dien  gebildet  durch  Hervorsprossung  und  Abschnürung  von  Sporen- 
zellen aus  Hyphen,  die  dann  meist  als  Koni  dienträger  sich  vom  Substrat 
erheben.    Die  Verbreitung  der  Koni  dien  findet  ebenfalls  in  der  Luft  statt. 

Die  Sexualorgane  bieten  viel  Eigenartiges.  Nach  ihrer  Beschaffen- 
heit unterscheiden  wir  bei  den  höher  stehenden  Phykomyceten  die  beiden 
Gruppen  der  Oomyceten  und  Zygomyceten.  Bei  den  Oomyceten,  die  den 
Siphonales  noch  am  nächsten  stehen,  differenzieren  sich  Oogonien  und  Anthe- 
ridien,  und  letztere  entleeren  durch  schlauchartige  Ausstülpungen  ihren  In- 
halt in  erstere,  die  dann  nach  der  Befruchtung  Oosporen  liefern.  Nur 
bei  Monoblepharis  werden  noch  freie  Spermien  gebildet.  Bei  den  Zygo- 
myceten sind  die  beiden  Sexualorgane  von  gleicher  Beschaffenheit  und  liefern 
eine  Zygospore.  Sie  sind  aber  meist  vielkernig  und  entsprechen  dann  morpho- 
logisch je  einem  ganzen  Gametangium  der  isogamen  Grünalgen.  Bei  den  ein- 
facheren Phykomyceten,  den  Archimyceten,  sind  nur  in  wenigen  Fällen 
Sexualorgane,  Antheridien  und  Oogonien  oder  auch  einander  gleiche  Gameten 
beobachtet  worden. 

Vielkernige  Gametangien,  Oogonien  und  Antheridien,  die  ihre  Gameten 
nicht  trennen  und  einzeln  ausschlüpfen  lassen,  sondern  direkt  miteinander 
kopulieren,  werden  insgemein  als  Cönogameten  bezeichnet. 

/.   Ordnung.     Archimycetes{^% 

Die  hierher  gehörigen  Chytridiaceen  sind  mikroskopisch  kleine,  in  Algen,  Wasser- 
pilzen, Wassertieren  oder  in  den  Zellen  von  Landpflanzen  schmarotzende  Pilze,  deren 
Thallus  nur  bei  einigen  höher  stehenden 
Gattungen  die  Form  eines  kleinen  ver- 
zweigten Myzeliums  aufweist,  bei  den 
meisten  Vertretern  aber  eine  einfache, 
in  der  Wirtszelle  lebende  Zelle 
vorstellt.  Die  ungeschlechtliche 
Vermehrung  erfolgt  durch  ein-  oder 
zweizilige  Schwärmsporen,  die  sich 
auf  der  Nährpflanze  festsetzen  und  ihren 
Protoplasten  in  die  Wirtszelle  eintreten 
lassen.  Der  Protoplast  wächst  heran,  bleibt 
anfangs  membranlos,  umgibt  sich  dann 
mit  Membran  und  wird  zu  einem  viel- 
kernigen  Sporangium,  das  zahlreiche  ein- 
kernige Schwärmsporen,  meist  aus  einem 
halsförmigen  Fortsatz,  nach  außen  entläßt. 
Auch  werden  dickwandige  Dauerspo- 
r  a  n  g  i  e  n  gebildet,  die  erst  nach  längerer 
Ruhe  Schwärmsporen  erzeugen.  So  ver- 
hält sich  u.  a.  Olpidiuvi  Brassicae  (Fig.  370),  das  in  der  Stengelbasis  junger  Kohlpflanzen 
schmarotzt  und  sie  zum  Absterben  bringt. 


A         /  C 

Fig.   370.     Olpidium  Brassicae.     A  Drei   Zoo- 
sporangien,  eines  entleert.    Vergr.  160.    B  Zoo- 
sporen.  Vergr.  520.    C  Dauersporangien.    Vergr. 
520.     Nach  WoRONix. 


378 


Schenck : 


Gesclilechtliche  Fortpflanzung,  der  Bildung  der  Dauersporangien  voraus- 
gehend, ist  nur  bei  wenigen  Vertretern  sicher  nachgewiesen.  Bei  dem  auf  Vicia  unijuga 
schmarotzenden  Olpidmm  Viciae  sind  die  eingeißeligen  Schwärmsporen  teils  asexuell,  und 
aus  ihnen  gehen  nach  ihrem  Eindringen  in  eine  Wirtszelle  nach  wenigen  Tagen  wieder 
Zoosporangien  hervor,  teils  aber  kopulieren  sie  als  Planogameten  paarweise  miteinander 
zu  einer  dann  mit  zwei  Geißeln  versehenen  nackten  Zygote,  die  sich  auf  der  Nährpflanze 
festsetzt,  mit  Membran  umgibt  und  ihren  Protoplasten  in  eine  Epidermiszelle  entleert. 
Hier  entwickelt  sich  die  Zygote  zu  einem  Dauersporangium,  in  welchem  erst  die  beiden 
Gametenkerne  kopulieren  und  dessen  Inhalt  zahlreiche  Zoosporen  liefert. 

Ähnlicher  Entwicklungsgang  ist  von  Curtis  auch  für  Syiichytrium  {Chrysophlyctis) 
endobioticutn  nachgewiesen.  Dieser  sehr  schädliche  Pilz,  der  als  Erreger  des  Kartoffel- 
krebses warzenförmige,  später  zerfallende  und  verfaulende  Wucherungen  an  Knollen  und 
Sprossen  seiner  Nährpflanze  hervorruft,  breitet  sich  in  neuerer  Zeit  in  Europa  aus.  Seine 
mehrere  Jahre  lebensfähig  bleibenden  derbwandigen  Dauersporangien  entlassen  im  Frühjahr 
einzilige  Zoosporen,  die  in  junge  Knollenzellen  eindringen  und  hier  zu  größeren,  mit 
orangegelber  äußerer  und  hyaliner  innerer  Membran  versehenen  Zellen  (Prosorus) 
heranwachsen.  Ihr  Protoplast  tritt  dann  in  das  Plasma  der  Wirtszelle  aus,  zehrt  es  auf 
und  teilt  sich  in  eine  Gruppe  (Sorus)  von  rundlichen,  dünnwandigen  Einzelsporangien,  die 
je  200—300  einzilige  kleine  Schwärmsporen  bilden  und  nach  Verquellung  des  umliegenden 
Knollengewebes  nach  außen  entlassen.  Diese  Zoosporen  entwickeln  sich  in  gleicher  Weise 
wieder  zu  ne.uen  Sori.  Außer  dieser  ungeschlechtlichen  Vermehrung  kommt  aber  auch 
geschlechtliche  vor.  Die  den  Zoosporen  gleichgestalteten  Gameten  kopulieren  paarweise  zu 
Zygoten,  die  als  nackte  Zellen  wieder  in  die  Kartoffeln  eindringen  und  in  ihren  Wirts- 
zellen zu  Dauersporangien  heranwachsen.  Ob  Sporangien  oder  Gametangien  in  den  Sori 
gebildet  werden,  scheint  von  äußeren  Lebensbedingungen  abzuhängen. 

Bei  der  auf  Saprolegniafäden  schmarotzenden  Olpidiopsis  vollzieht  sich  die  Kopu- 
lation in  anderer,  mehr  an  das  Verhalten  der  höheren  Phykomyceten  erinnernder  Weise. 
Größere  weibliche  und  kleinere  männliche  Protoplasten,  beide  anfangs  noch  membranlos, 
liegen  in  den  Nährzellen  nebeneinander,  wachsen  heran,  werden  vielkernig,  umgeben  sich 
mit  Zellulosewänden,  und  nun  tritt  der  Inhalt  des  männlichen  in  den  weiblichen  über, 
der  zu  einer  dickwandigen  Oospore  wird;  die  Kerne  scheinen  paarweise  zu  verschmelzen. 
Das  Schicksal  der  Oospore  ist  unbekannt.  Außerdem  vermehrt  sich  Olpidiopsis  durch 
zweigeißelige,  in  Sporangien  gebildete  Zoosporen. 

2.   Ordnung.     Comycetes. 

1.  Nur  bei  der  kleinen  primitiven  Familie  der  Monoblepharidaceen  (")  entlassen 
die  Antheridien  freie  Spermien,  während  bei  den  übrigen  Oomyceten  der  vielkernige 

Antheridiuminhalt  sich  nicht 
mehr  in  freie  Spermien  sondert. 
Die  Monoblepharü-Kriexi 
finden  sich  an  Pflanzenresten 
im  Wasser,  vermehren  sich  un- 
geschlechtlich durch  einzilige 
Schwärmsporen,  die  in 
größerer  Zahl  in  Sporangien 
erzeugt  werden.  Die  meist 
terminal  stehenden  Oogonien 
enthalten  nur  eine  Eizelle 
(Fig.  371);  die  den  Sporangien 
ähnlichen  Antheridien  ent- 
lassen eine  Anzahl  von  ein- 
zuigen Spermien.  Diese  ge- 
langen zu  den  Oogonien,  deren 
Wandung  sie  an  der  Spitze  auf- 
lösen, und  dringen  so  zur  Ei- 
zelle vor,  die  dann  nach  der 
Befruchtung  zu  einer  stachelig 
behäuteten  Oospore  wird. 

2.  An  die  erste  Familie 
schließen    sich    die    Saproleg- 


1  2 

Fig.  371.  Monoblepharis  sphaerica.  Ende  eines  Fadens 
mit  einem  Oogonium  o  und  dem  darunter  liegenden  An- 
theridium  a,  in  /  vor  der  Bildung  der  Eizelle  und  der 
Spermien,  in  2  die  letzteren  s  austretend  und  an  dem 
Oogonium  hinaufkriechend,  in  j  reife  Oospore  osp,  das 
Antheridium  entleert.  Vergr.  800.  Nach  CoRNU.  Aus 
V.  Tavel,  Pilze. 


Thallophyten. 


379 


niaceen  (^^)  an,  die  mit  ihren  Myzelien  ebenfalls  im  Wasser  meist  saprophytisch  an  der 
Oberfläche  faulender  Pflanzen,  Insekten  und  sogar  auf  lebenden  Fischen  vegetieren.  Sie 
vermehren  sich  ungeschlechtlich  durch  keulenförmige  Sporangien  (Fig.  372),  aus  denen 
zahlreiche,  mit  zwei  Zilien  begabte  Seh  wärm  sporen  nach  außen  entleert  werden.  Bei 
Saprolegnia  umgeben  sich  diese  mit  endständigen  Geißeln  versehenen  Sporen  nach  dem 
Schwärmen  unter  Einziehung  ihrer  Geißeln  mit  kugeliger  Hülle,  schlüpfen  aber  bald  aus 
ihr  von  neuem  aus,  in  anderer  Gestalt,  nämlich  als  bohnenförmige  Schwärmer  mit  seitlicher 
Geißeleinfügung.  Diese  kommen  schließlich  zur  Ruhe,  werfen  die  Zilien  nun  ab  und  ent- 
wickeln sich  zum  Myzel.  Bei  anderen  Gat- 
tungen tritt  nur  eine  Form  von  Schwärm-  . 
sporen  auf.  An  älteren  Myzelfäden  ent-  . — -i:^\_\i  \l 
stehen  die  Geschlechtsorgane  (Fig.  373,  374). 
Die  0  0  g  0  n  i  e  n  bilden  mehrere  oder  viele 
Eizellen  (bis  50),  selten  nur  eine  einzige  aus. 


Fig.  373.  Saprolegnia  mixta.  Faden 
mit  Geschlechtsorganen,  a  Antheridium, 
das  einen  Befruchtungsschlauch  in  das 
Oogonium  hineingetrieben  hat,  o^  Eizelle, 
o*  Oospore  mit  Membran  umgeben,  op 
parthenogenetische  Oosporen,  g  junges 
Oogonium.     Nach  G.  Klebs. 


Fig.  372.     Saprolegnia  mixta.     Sporangium 

die    zweiziligen    Zoosporen    i-    entlassend. 

Nach  G.  Klebs. 


Fig.  374.  Achlya  polyandra.  Befruchtung 
zweier  Eizellen  o  eines  Oogoniums  durch 
zwei  Schläuche  des  Antheridiums  a.  ek  Eikern, 
in  0.,  der  Eikern  nicht  im  Schnitt  getroffen, 
sk  Spermakerne.     Nach  Tkow. 


Sie  enthalten  anfangs  viele  Kerne,  die  aber  zum  größten  Teile  zugrunde  gehen;  die  übrig 
bleibenden  teilen  sich  nochmals  mitotisch  in  Tochterkerne,  von  denen  ein  Teil  wiederum 
degeneriert,  während  um  die  übrigen  sich  die  stets  einkernigen  Eizellen  abgrenzen.  Die 
Antheridien  enthalten  ebenfalls  mehrere,  sich  nochmals  mitotisch  teilende  Kerne.  Sie 
treiben  einfache  oder  sich  verästelnde  Befruchtungsschläuche  in  die  Oogonien  bis  zu  den 
Eizellen,  in  die  nun  je  ein  männlicher  Kern  eintritt,  um  mit  dem  Eikern  zu  verschmelzen. 
Hierauf  bilden  sich  die  Eizellen    zu   derbwandigen  Oosporen    um,    bei    deren  Keimung 


380 


Schenck : 


die  Reduktionsteilung  vollzogen  wird.  Bei  einigen  Formen  dieser  wie  auch  der  vierten 
Familie  kann  die  Bildung  der  Antheridien  gelegentlich  oder  auch  stets  ausbleiben;  die 
Eisporen  reifen  dann  ohne  Befruchtung  (Fig.  373  op).  Eine  in  Abwässern  massenhaft  vege- 
tierende wasserreinigende  Saprolegniacee  ist  Leptomitus  lacteus,  von  dem  nur  Vermehrung 
durch  Schwärmsporen  bekannt  ist. 

3.  Die  Peronosporaceen  (^^)  sind  parasitische  Pilze,  deren  Myzel  in  den  Geweben 
höherer  Landpflanzen  lebt  (Fig.  87).  Gewisse  Arten  bewirken  in  nassen  Jahren  epidemische 
Erkrankungen  von  Kulturgewächsen,  so  vor  allem  die  Phytophthora  infestans,  der  um  1830 
aus  Amerika  bei  uns  eingeschleppte  Pilz  der  bekannten  Kartoffelkrankheit  (Kraut- 
und  Knollenfäule).  Seine  Myzelfäden  leben  interzellular,  senden  kurze  Saugschläuche 
oder  Haustorien  in  die  Zellen  hinein  und  verursachen  die  Braunfärbung  und  das  Ab- 
sterben der  von  ihnen  befallenen  Organe.    Bis  jetzt  sind  bei  dieser  Art  Geschlechtsorgane, 

die    man    bei    Kultur    des    Pilzes    auf    gewissen 
\       P         j  Nährböden   zur  Entwicklung  bringen  kann,    auf 

\  ^  der  Kartoffelpflanze  selbst  noch  nicht  beobachtet, 

}  f^  sondern  nur  ungeschlechtliche  Sporangien,  die 

als  ovale  Gebilde  auf  verzweigten,  vorzugsweise 
auf  der  Blattunterseite  aus  den  Spaltöffnungen 
herauswachsenden  Sporangienträgern  gebildet 
werden  (Fig.  375).  Diese  erscheinen  dem  bloßen 
Auge  als  weißer  Schimmel.  Die  Sporangien 
f  I  \l  0^^      werden  endständig  angelegt  und  durch  eine  Quer- 

.    I  1/  I  mM^M      wand  abgegliedert;  dann  wächst  der  Träger  neben 

\\       A\  1  %l-^^      dem  Sporangium  vorbei,  so  daß  es  eine  seitliche 

^  ^1"  ^^^^       Stellung  erhält.     Noch   vor  der  Teilung  des  In- 

haltes lösen  sich  die  Sporangien  (B)  ab,  werden 
durch  den  Wind  verbreitet  und  tragen  so  zur 
raschen  Ausbreitung  der  Epidemie  bei.  Die  Ent- 
wicklung der  Schwärmsporen  aus  den  Spo- 
rangien erfolgt  nur  in  Wasser,  somit  nur  bei 
nassem  Wetter.  Der  Sporeninhalt  teilt  sich  in 
mehrere,  mit  zwei  Zilien  versehene,  ausschlüpfende 
Schwärmsporen  (C,  D),  die  zu  einem  neuen,  in 
das  Blatt  eindringenden  Myzelfaden  auskeimen. 
Die  Sporangien  können  auch  direkt  ohne  Teilung 
des  Inhaltes  und  ohne  Bildung  von  Schwärmsporen 
zu  Keimschläuchen  auswachsen.  Es  läßt  sich  somit 
bei  dem  Kartoffelpilz,  wie  auch  bei  anderen 
Peronosporeen  eine  Umbildung  von  Sporangien  zu 
Konidien  verfolgen,  die  hier  mit  dem  Übergang 
von  der  aquatischen  zur  terresti'ischen  Lebens- 
weise zusammenhängen  dürfte. 

Plastnopara  vüicola,  mit  reich  verästelten 
Sporangienträgern,  ist  ein  sehr  schädlicher,  aus 
Amerika  stammender  Parasit,  der  Pilz  des  falschen 
Mehltaues  der  Blätter  und  Beeren  des  Weinstockes. 
Eine  sehr  häufige  Art  ist  Albjigo  Candida  (==  Cy- 
stopus  Candidas)  auf  Cruciferen,  besonders  Capsella, 
weiße  Auftreibungen  der  Stengel  verursachend. 
Die  Sporangien  werden  bei  dieser  Art  in  Ketten  am  Myzelium  unter  der  Epidermis  der  Nähr- 
pflanze erzeugt  und  entleeren  bei  Regenwetter  zahlreiche  Schwärmsporen. 

Die  Sexualorgane  der  Peronosporeen,  die  an  Vaucheria  (Fig.  350)  erinnern,  ent- 
stehen meist  im  Innern  der  Nährpflanze,  die  Oogonien  als  kugelige  Anschwellungen  von 
Hyphenenden,  die  Antheridien  als  schlauchförmige  Ausstülpungen  meist  dicht  unter  den 
Oogonien  (Fig.  376).  Beide  Organe  werden  durch  Querwände  abgegrenzt  und  enthalten 
viele  Kerne,  die  dann  eine  einmalige  Teilung  erfahren.  Im  Verhalten  der  Kerne  zeigen 
sich  bei  den  einzelnen  Arten  interessante  Verschiedenheiten.  Bei  Peronospora  parasitüa, 
Albugo  Candida  und  Lepigoni,  Pythium,  Plastnopara,  Sclerospora  differenziert  sich  im  Plasma 
des  Oogoniums  eine  einzige  große  zentrale  Eizelle   oder  Oosphäre,   die  im  reifen  Zustand 


Fig.  375.  A  Blattepidermis  von  Solanum 
tuberosum  mit  Sporangienträgern  der 
Phytophthora  infestans.  Vergr.  90. 
B  Sporangium.  C  Ein  solches  mit  ge- 
teiltem Inhalt.  D  Eine  Schwärmspore. 
B—D  Vergr.  540.  Nach  Strasbürger. 


Thallophyten. 


381 


nur  einen  Eikern  in  der  Mitte  enthält,  während  die  übrigen  Kerne  sämtlich  in  dem  peri- 
pherischen sog.  Periplasma  liegen.  Die  Antheridien  treiben  in  das  Oogonium  einen  Fort- 
satz, der  sich  an  der  Spitze  in  die  Eizelle  öffnet  und  nur  einen  männlichen  Zellkern 
eintreten  läßt.  Die  Oospliäre  grenzt  sich  sodann  durch  eine  Membran  ab,  die  Kerne  ver- 
schmelzen aber  erst  nach  einiger  Zeit,  und  das  Periplasma  wird  zur  Bildung  der  äußeren 
Sporenmembran,  des  Episporiums,  verbraucht.  Bei  Peronospora  parasitica  ist  die  reife 
Oospore  einkernig,  bei  Albugo  durch  Teilung  des  Keimkerns  vielkernig.  Albugo  Bliti  und 
A.  Portidacae  legen  zwar  ebenfalls  eine  zentrale  Oosphäre,  von  Periplasma  umgeben,  an; 
sie  enthält  aber  zahlreiche  Kerne,  und  auch  der  Antheridiumschlauch  führt  zahlreiche 
Kerne  in  sie  ein,  die  paarweise  mit  den  weiblichen  Kernen  kopulieren.  Aus  dieser  zu- 
sammengesetzten Eizelle  geht  dann  eine  vielkernige  Oospore  hervor.  Das  Verhalten  beider 
Arten  kann  als  ein  ursprüngliches  betrachtet  werden,  während  die  einkernigen  Eizellen 
der  zuerst  genannten  Vertreter  sich  von  den  vielkernigen  ableiten  lassen.  Eine  ver- 
mittelnde Stellung  nimmt  nun  Albugo  Tragopogotus  ein,  deren  Eizelle  zwar  vielkernig  an- 
gelegt ist,  aber  schließlich  doch  nur  einen  weiblichen  Kern  infolge  Schwindens  der 
übrigen  enthält.  Die  überzähligen  Kerne  in  den  Oogonien  und  Antheridien  können  als 
funktionslos  gewordene  Gametenkerne  betrachtet  werden,  ähnlich  wie  die  überzähligen  Ei- 
kerne  bei  gewissen  Fucaceen.  Die  Oosporen  keimen  entweder  direkt  zu  einem  Myzelium 
aus  oder  erzeugen  zunächst  Schwärmsporen.  Die  Keimkerne  in  den  Oosporen  sind  diploid; 
ihre  erste  Teilung,  die  schon  vor  der  Keimung  erfolgen  kann,   ist  eine  Reduktionsteilung. 


Fig.  376.  Befruchtung  der  Peronosporeen.  /Perono- 
spora parasitica.  Junges  vielkerniges  Oogonium 
og  und  Antheridium  an.  2  Albugo  Candida. 
Oogonium  mit  der  zentralen  einkernigen  Oosphäre 
und  dem  Befruchtungsschlauch  a  des  Antheridiums, 
der  den  männlichen  Kern  einführt.  3  Desgl. 
Befruchtete  Eizelle  0  umgeben  von  dem  Peri- 
plasma p.     Vergr.  666.     Nach  Wager. 


Fig.  377.  Rhizopus  nigricans.  Teil 
eines  Myceliums  mit  Sporangien,  das 
rechts  befindliche  die  Sporen  ent- 
leerend mit  stehenbleibender,  halb- 
kugeliger Columella.     Vergr.  38. 


3.    Ordnung.     Zygomycetes. 

Zu  der  ersten  Familie,  den  Mucoraceen[^~)  gehören  terrestrische  Schimmelpilze, 
die  auf  pflanzlichen  und  tierischen  Stoffen  saprophytisch  vegetieren.  Die  ungeschlechtliche 
Vermehrung  geschieht  durch  unbewegliche  behäutete  Sporen  aus  Sporangien  oder 
durch  Konidien.  Die  sexuelle  Fortpflanzung  besteht  in  der  Kopulation  zweier 
gleichwertiger  Cönogameten  zu  einer  Zygospore. 

Eine  der  verbreitetsten  Arten  ist  der  Kopfschimmel,  Mucor  mucedo,  dessen  Myzel 
weiße  Schimmelrasen  auf  feuchtem  Brot,  Mist,  Fruchtsäften  bei  Abschluß  von  frischer 
Luft  bildet,  ferner  auf  gleichen  Substraten  der  Ausläufer  treibende  Muco/-  stolonifer 
(=  Rhizopus  nigricans)  mit  bräunlichem  Myzelium.  Bei  den  Mucor-Arten  entstehen  die 
kugeligen  Sporangien  (Fig.  377)  an  den  Enden  von  senkrecht  sich  erhebenden  Myzel- 


382 


Schenck : 


schlauchen  durch  Abgrenzung  mittels  Querwand,  die  sich  kegelförmig  als  sog.  Columella 
(Fig.  378)  in  das  Sporangium  vorwölbt.  Das  Plasma  des  Sporangiums  zerfällt  durch  fort- 
gesetzte Zerklüftung  in  zahlreiche  Sporen,  die  durch  Zerfließen  der  Sporangienwandung 
unter  Aufquellen  einer  zwischen  ihnen  liegenden  Zwischensubstanz  entleert  werden.  Bei 
den  auf  Mist  häufig  sich  entwickelnden  Püoöolus- Arten  wird  das  Sporangium  durch  den 
stark  turgeszierenden  und  unterhalb  der  Columella  schließlich  aufplatzenden  Träger  weit 
abgeschleudert.  (Vgl.  S.  308.)  Nach  Harper  sind  bei  Pilobolus  die  Sporen  zweikernig, 
bei  Sporodinia  vielkernig  (Fig.  379). 

Unter  gewissen  Bedingungen  wird  die  ungeschlechtliche  Fortpflanzung  abgelöst  durch 
die  sexuelle,  die  darin  sich  zeigt,  daß  an  den  Myzelschläuchen  keulenförmige  Äste  hervor- 
kommen, paarweise  mit  den  Enden  aufeinander  stoßen  (Fig.  380)  und  dann  erst  dort  die 
vielkernigen  Cönogameten  durch  je  eine  Querwand  abgrenzen.  Die  Gameten  ver- 
schmelzen nun  zu  einer  Zygospore  mit  warzenbesetzter  Membran.    Über  das  Verhalten 


/^^&:^> 


A 


Fig.  378.  /  Mucor  mucedo.  Sporangium  im  optischen 
Längsschnitt,  c  Columella,  m  Membran,  sp  Sporen. 
2  Mucor  mucilagineus.  Sporangium  in  der  Sporen- 
entleerung begriffen,  die  Membran  in  zerfließend, 
die  Zwischensubstanz  z  stark  aufquellend.  /  Vergr. 
225.  2  Vergr.  300.  Nach  Brefei-d.  Aus  v.  Tavel, 
Pilze. 


Fig.     379.       Sporodinia    grandis.       Schnitt 

durch  ein  reifes  Sporangium.    Sporen  mehr- 

kemig.     Vergr.  425.     Nach  Harper. 


Fig.  380.  Zygosporenbildung  von  Mucor 
mucedo.  /  Die  Konjugationsäste.  2  Ab- 
grenzung der  Gameten  a  von  den  Suspen- 
soren  h.  3  Weiteres  Stadium,  die  "Warzen 
der  Membran  beginnen  ihre  Bildung.  4  Reife 
Zygospore  b  zwischen  den  Suspensoren  a. 
5  Keimung  der  Zygospore  mit  einem  Spo- 
rangium. / — 4  Vergr.  225,  5  Vergr. .  ca.  60. 
Nach    Brefeld.      Aus    v.    Tavel.    Pilze. 


der  Kerne  bei  der  Kopulation  liegen  bis  jetzt  nur  wenige  Angaben  vor.  Bei  Sporodinia, 
Fhycomyces  und  anderen  Gattungen  kopulieren  die  in  die  Zygospore  eintretenden  Gameten- 
kerne  paarweise  miteinander.  Die  Zj^gosporen  keimen  nach  längerer  Ruhe;  in  der  Regel 
schließen  die  Keimschläuche  ihre  Entwicklung  mit  der  Bildung  von  Sporangien  ab 
(Fig.  380,  5).  Die  Reduktionsteilung  soll  nach  Burgeff  bei  Phycomyces  in  der  Anlage  des 
Sporangiums,  das  den  aus  der  Zygospore  hervorgehenden  Keimschlauch  abschließt,  stattfinden. 
Interessant  ist  der  von  Blakeslee  für  die  meisten  Mucorineen  erbrachte  Nachweis 
von  diözischen  (heterothallischen)  Mycelien,  so  bei  Mucor  Mucedo  und  Rhizopus 
nigricans;  Zygosporen  werden  nur  dann  gebildet,  wenn  solche  mit  -|-  und  —  bezeichneten 
Mycelien,  die  zwar  äußerlich  nicht  unterscheidbar,  physiologisch  aber  verschieden  diffe- 
renziert sein  müssen,   aufeinander  stoßen.     Bei   einigen   Mucorineen   {Sporodinia  grandis) 


Thallophyten. 


383 


dagegen  entstehen  die  kopulierenden  Gameten  auf  ein-  und  demselben,  also  homothallischen 
Mycelium.  Bei  sonst  heterothallischen  Arten,  wie  Phycomyces  nitens,  können  unter  ge- 
wissen Umständen  homothallische  Mycelien  auftreten  oder  auch  neutrale,  die  nur  Sporan- 
gien  bilden  (&7a). 

Innerhalb  der  Gruppe  der  Zygomyceten  ist  eine  Rückbildung  der  Sexualität 
zu  verfolgen:  Bei  gewissen  Mucorineen  werden  zwar  die  Konjugationsschläuche  paarweise 
angelegt;  es  findet  aber  keine  Verschmelzung  mehr  statt,  sondern  die  Endzellen  bilden 
sich  direkt  zu  Sporen  aus,  die  man  dann  als  Azygosporen  bezeichnet;  endlich  bei 
anderen  Formen  werden  die  an  ihren  Enden  Azygosporen  bildenden  Schläuche  einzeln 
am  Mycelium  angelegt.     Bei  vielen  Arten  stellt  sich  die  Zygosporenbildung  nur  selten  ein. 

Bei  Mucor  mucedo  unterliegt  die  Größe  und  die  Sporenzahl  der  Sporangien  auf- 
fallenden Schwankungen.  Bei  der  Gattung  Thamnidhuri  hat  sich  ein  Dimorphismus 
der  Sporangien  ausgebildet,  ein  größeres  vielsporiges  steht  am  Ende  des  Trägers  und 
eine  größere  Anzahl  keiner,  wenigsporiger,  sog.  Sporangiolen,  an  wirtelig  verzweigten 
Seitenästen  des  Trägers.  Letztere  können  sogar  unter  bestimmten  Ernährungsbedingungen 
einzellig  bleiben  und  auf  diese  Weise  zu  Koni  dien  werden.  Bei  der  tropischen  Gattung 
Choanephora  ist  der  Dimorphismus  am  weitesten  gegangen,  indem  hier  neben  den  großen 
Sporangien  auf  besonderen  Trägern  Konidien  erzeugt  werden.  Endlich  gibt  es  Zygo- 
myceten (z.  B.  Chaetocladiuni),  bei  denen  ausschließlich  Konidien  als  ungeschlechtliche 
Fruktifikation  auftreten.  So  lassen  sich  also  in  derselben  Pilzgruppe  alle  Übergänge  vom 
vielsporigen  Sporangium  bis  zur  einzelligen  Konidie  feststellen. 

Riiizopus  nigricans  enthält  in  seinem  Zellsaft  ein  auf  Tiere  tödlich  wirkendes  Gift  C*^). 

2.  Die  Familie  der  Entomophthoraceen  (^^)  stellt  eine  kleine  Gruppe  meist  parasitisch 
in  den  Leibern  von  Insekten  und  Raupen  lebender  Pilze  vor,  deren  vielkernige,  meist 
verzweigte  Myzelschläuche  einzellig  bleiben  oder  später  in 
Zellen  sich  zergliedern,  die  dann  im  Blut  durch  den  ganzen 
Tierkörper  verbreitet  werden.  Sie  vermehren  sich  un- 
geschlechtlich durch  vielkernige  oder  einkernige  Konidien, 
die  einzeln  an  den  Enden  der  Myzeläste  entstehen  und 
bei  der  Reife  abgeschleudert  werden,  geschlechtlich  durch 
Zygosporen,  an  deren  Stelle  aber  auch  häufig  Azygo- 
sporen gebildet  werden. 

Am  bekanntesten  i?,i  Empusa  Muscae,  der  Schimmel- 
pilz der  Stubenfliege  (Fig.  381).  Die  abgeschleuderten,  viel- 
kernigen Konidien  umgeben  die  Fliegen,  die  durch  den 
Pilz  infiziert  und  getötet  wurden,  mit  einem  weißen  Hofe, 
der  besonders  auffällt,  wenn  die  Fliegen  an  Fenster- 
scheiben haften. 

3.  ßasidiobolaceen  (*°).  Basidiobolus  ranarum,  ein 
auf  Froschmist  saprophytischer  Pilz,  muß  von  der  vorher- 
gehenden Gruppe  abgetrennt  werden.  Sein  verzweigtes 
Myzel  ist  vielzellig,  die  einzelnen  Zellen  enthalten  je  einen 
großen  Kern.  Die  im  reifen  Zustand  abgeschleuderten,  ein- 
kernigen Konidien  entstehen  einzeln  an  ihren  Trag- 
zellen. Eigenartig  verläuft  die  Bildung  der  Zygosporen. 
Zwei  benachbarte  Zellen  eines  Fadens  schwellen  an  und 
kopulieren,  nachdem  sie  vorher  zwei  schnabelartige  Fort- 
sätze getrieben  und  diese  durch  Querwände  als  vergängliche 
und  bei  der  Kopulation  nicht  beteiligte  Zellen  abgegrenzt 
haben.  In  der  Zygospore  teilen  sich  die  beiden  Gameten- 
kerne  in  vier  Kerne,  von  denen  ein  Paar  zugrunde  geht, 
das  andere  Paar  aber  verschmilzt.  In  diesen  Vorgängen 
und  auch  in  der  Struktur  der  Zellkerne  zeigen  sich  Ähnlichkeiten  mit  Konjugalen 


Fig.  381.  Empusa  Muscae. 
A  Myzelschlauch  aus  einer 
Fliege.  B  Junger,  aus  solchem 
Schlauch  entstandener  und 
nach  außen  hervorgebrochener 
Konidienträger.  CBildungder 
Konidie,  in  welche  die  zahl- 
reichen Kerne  des  Trägers  hin- 
eingewandert sind.  Vergr.  450. 
Nach  Olive. 


Klasse  XIV. 

Eumycetes,  Fadenpilze  C' '  ^^'  ^-'  '^^"^^). 

Zu  dieser  ungemein  formenreichen  KJasse  gehören  zwei  große  Gruppen 
terrestrischer  Pilze,   die  Askomyceten  und   die   Basidiomyceten,   über   deren 


384  Schenck : 

phylogenetische  Ableitung  noch  Unsicherheit  herrscht.  Es  ist  versucht  worden, 
sie  von  den  Phykomyceten  abzuleiten;  indessen  spricht  nicht  nur  die  Be- 
schaffenheit des  Thallus  dagegen,  sondern  auch  der  Bau  der  Sexualorgane 
und  die  Entwicklung  der  Fruchtkörper,  die  im  besonderen  bei  den  Askomyceten 
einige  Beziehungen  zu  den  Kotalgen  zeigen,  während  zu  den  Grünalgen  keinerlei 
Anknüpfungspunkte  erkennbar  sind.  Die  Basidiomyceten  lassen  sich  durch 
eine  ihrer  einfacheren  Ordnungen,  die  der  Uredineen  oder  Kostpilze,  auf  die 
Askomyceten  zurückführen.  Andererseits  scheinen  die  Basidiomyceten  durch 
eine  ihrer  einfacheren  Ordnungen,  die  der  Uredineen  oder  Kostpilze,  mit 
den  Askomyceten  verknüpft  zu  sein. 

Wie  bei  den  Phykomyceten  besteht  der  vegetative,  an  saprophytische 
oder  parasitische  Lebensweise  vortrefflich  angepaßte  Thallus  der  Eumyceten 
aus  reich  verzweigten,  farblosen  Zellfäden  oder  Hyphen,  deren  Gesamtheit 
als  Myzelium  (Fig.  86)  bezeichnet  wird.  Die  Hyphen  sind  aber  gegliedert, 
sie  bestehen  aus  Zellreihen.  In  diesen  weisen  die  einzelnen  Zellen  eine  meist 
dünne,  chitinhaltige  Membran  auf  und  in  ihrem  farblosen  Plasma  winzige 
Zellkerne,  die  oft  zu  mehreren  (Fig.  6),  doch  in  bestimmten  Fällen  zu  zweien 
oder  auch  nur  in  Einzahl  vertreten  sind.  Die  Zellen  enthalten  keine  Chro- 
matophoren  und  nie  echte  Stärke,  an  deren  Stelle  vielmehr  Glykogen,  oft 
in  sehr  beträchthcher  Menge,  und  Fett  treten.  Die  Hyphen  durchziehen  das 
Substrat  und  entnehmen  ihm  die  für  ihren  Aufbau  erforderlichen  Substanzen. 
Bei  manchen  Pilzen  bilden  sie  durch  reiche  Verzweigung  Gewebekörper  (Flecht- 
gewebe oder  Plektenchym).  Wenn  die  Fäden  dabei  dicht  zusammenlagern 
und  sich  in  kurze  Zellen  teilen,  so  entsteht  ein  dem  echten  Parenchym  überaus 
ähnliches  Gewebe  (Pseudoparenchym)  (Fig.  36),  das  bei  gewissen  Arten  er- 
zeugt wird,  wenn  sie  aus  ihren  Myzehen  vegetative  Ruhezustände,  sog. 
Sklerotien  bilden;  diese  sind  knollige  oder  strangartige  feste  Körper,  die 
unter  bestimmten  Bedingungen  wieder  auskeimen.  Ferner  bestehen  die  Frucht- 
körper aus  lockerem  oder  dichterem  Flechtgewebe  (Fig.  37). 

Gewisse  Fadenpilze  bilden  an  den  Wurzeln  humusbewohnender  grüner  Pflanzen  die 
weit  verbreiteten  Mykorrhizen  (S.  226).  Die  Bestimmung  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Pilzarten,  die  wohl  beiden  Unterklassen  entstammen,  ist  nur  auf  experimenteller  Grundlage 
sicher  zu  stellen.  Von  Melin  wurde  auf  diese  Weise  nachgewiesen,  daß  BoMits-Arten 
(S.  406)  Mykorrhizen  an  Kiefern  und  Lärchen  liefern  (o2a). 

Die  beiden  Unterklassen  unterscheiden  sich  durch  die  Art  der  un- 
geschlechtlichen Sporenbildung.  Für  sämtliche  Askomyceten  ist  der  Askus 
charakteristisch,  ein  keulenförmiger  Sporenschlauch,  der  eine  bestimmte  Zahl 
von  Sporen  (meist  8)  in  eigenartiger  Weise  durch  freie  Zellbildung  erzeugt 
(Fig.  382),  während  die  Basidiomyceten  an  Stelle  des  Askus  die  Bas i die 
aufweisen,  die  von  verschiedener  Gestalt,  entweder  schlauchförmig  einzellig 
oder  vierzellig  die  Sporen  in  bestimmter  Zahl  (meist  4)  durch  Zellsprossung 
abgliedert  (Fig.  398,  399,  401,  402,  404,  411). 

1.  Unterklasse.  Ascomycetes,  Schlauchpilze  (i>  "•  ">  52, 61-74)^ 
Die  Schlauchpilze  besitzen  in  ihren  typischen  Vertretern  Sexualorgane, 
Oogonien,  die  hier  als  Askogone  oder  wie  bei  den  Kotalgen  als  Karpogone 
bezeichnet  werden,  und  Antheridien,  Nur  für  eine  geringe  Zahl  von  Gattungen 
sind  die  Sexualorgane  näher  untersucht;  sie  zeigen  eine  auffallende  Mannig- 
faltigkeit in  ihrer  Gestaltung.  Unter  Hinweis  auf  die  spezielle  Darstellung 
seien  hier  nur  einige  Typen  kurz  erwähnt. 

1.  Bei  den  Laboulbenieen  (Fig.  397)  zeigen  das  Karpogon  mit  seinem 
Trichogyn  und  die  Antheridien,  von  denen  Spermatien  gebildet  werden, 
große  Ähnhchkeit  mit  den  gleichnamigen  Gebilden  der  Rotalgen. 


Thallophyten.  385 

2.  Die  Flechten  bildenden  x\skoniyceten  (Fig.  431,  432)  schließen  sich 
am  nächsten  an  die  erstgenannte  Gruppe  an ;  ihr  Karpogon  ist  aber  ein  schraubig 
gewundener,  vielzelliger  Faden  mit  Trichogyn;  die  Spermatien  werden  in 
besonderen  krugf  örmigen  Einsenkungen  des  Thallus,  den  Spermogonien,  erzeugt. 
Auch  bei  einigen  nicht  flechtenbildenden  Schlauchpilzen  kommen  solche 
Organe  vor, 

3.  Einem  anderen  Typus  folgen  Pyroncniai^^)  (Fig.  391)  und  verwandte 
Gattungen,  Ascodesmis  (=  Boudiera  Claussen)(^^),  Monascus{^^),  Asper- 
gillus {^^),  iDei  denen  die  Befruchtung  eines  vielkernigen,  mit  Trichogyn  ver- 
sehenen Karpogons  durch  ein  vielkerniges  Antheridium  stattfindet,  die  beide 
als  Cönogameten  (S.  377)  zu  bezeichnen  wären.  Hier  schließt  sich  auch  Lach- 
nea{'^^)  an. 

4.  Bei  den  Erysibeen  (Fig.  383)  kopuliert  ein  einkerniges  Antheridium 
direkt  mit  einem  einkernigen  Oogonium. 

Andere  Gattungen  weisen  in  der  Gestaltung  der  Karpogone  und  Anthe- 
ridien  Übergänge  von  dem  Verhalten  der  Flechtenpilze  zu  dem  von  Pyro- 
nema  und  dem  der  Erysibeen  auf,  so  daß  wir  vielleicht  erstere  als  primitive, 
letztere  als  reduzierte  Schlauchpilze  betrachten  können C^-). 

Bei  gewissen  Schlauchpilzen  sind  die  Sexualorgane  zwar  noch  vor- 
handen, aber  eine  Befruchtung  der  Karpogone  findet  nicht  mehr  statt,  oder 
sie  sind  mehr  oder  weniger  rtickgebildet.  Öfters  kommt  es  vor,  daß  Anthe- 
ridien  nicht  mehr  ausgebildet  werden. 

Das  Karpogon  liefert  nicht  eine  ruhende  Oospore,  sondern  verbleibt 
im  Zusammenhange  mit  der  Mutterpflanze  und  läßt  askogene  Zellfäden 
aussprossen,  die  sich  verzweigen  und  schließlich  an  ihren  Enden  die  Sporen- 
schläuche oder  Asci  bilden.  Die  aus  einem  Karpogon,  in  gewissen  Fällen 
auch  aus  einer  Gruppe  benachbarter  Karpogone  hervorgegangenen  Fäden 
und  Asci  vereinigen  sich  zu  einem  Fruchtkörper,  an  dessen  Zusammen- 
setzung und  Umhüllung  auch  vegetative,  dem  Myzel  der  Mutterpflanze  ent- 
sprossene und  stets  von  den  askogenen  scharf  geschiedene  Zellfäden  sich  be- 
teiligen. Das  die  Geschlechtsorgane  erzeugende,  aus  den  Askosporen  hervor- 
gegangene Myzel  stellt  die  geschlechtliche  Generation  (Gametophyt)  vor,  das 
aus  dem  Karpogon  hervorgegangene,  in  den  Sporenschläuchen  endigende 
Fadensystem  dagegen  die  ungeschlechtliche  (Sporophyt). 

In  oder  an  den  Fruchtkörpern  gewisser  Gruppen  der  Schlauchpilze 
stehen  die  Asci  parallel  nebeneinander  in  einer  Schicht  (Hymenium),  und 
zwischen  ihnen  finden  sich  in  der  Regel  Saftfäden  (Paraphysen),  die  dem 
sterilen  Fadensystem  der  Fruchtkörper  entstammen. 

Bei  einigen  Ordnungen  der  Schlauchpilze  fehlen  die  Sexualorgane  und 
Fruchtkörper,  vielleicht  infolge  von  Rückbildung,  vollständig;  die  Asci  ent- 
stehen dann  direkt  aus  den  Myzelien. 

Der  Askus  geht  aus  der  endständigen  Zelle  eines  askogenen  Fadens 
hervor,  die  bei  ihrer  Anlage  zwei  Kerne  mitbekommt.  Beide  Kerne  ver- 
schmelzen miteinander,  und  aus  dem  Verschmelzungsprodukt  gehen  dann 
durch  dreimalige  Teilung  acht  Kerne  hervor,  um  die  sich  auf  dem  Wege  freier 
Zellbildung  nach  der  in  Fig.  21  dargestellten  Weise  die  acht  Sporen  mittels 
Membranen  abgrenzen  (Fig.  382  und  392). 

Im  Gegensatz  zu  den  Sporangien  der  Phykomyceten  wird  nicht  das 
gesamte  Plasma  des  Sporenschlauches  zur  Bildung  der  Askosporen  ver- 
braucht; diese  liegen  vielmehr  meist  in  einer  Längsreihe  angeordnet  in  di-ni 
übriggebliebenen  glykogenhaltigen  P e ri p  1  asm a. 

Das  Ausstäuben  der  Sporen  geschieht  bei  den  Ordnungen  der  Diskomyceten  und 
Pyrenomyceten   aktiv   infolge  Verquellens   des  Epiplasnias,   wodurch   die  Sporen   aus   den 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  25 


386 


Schenck : 


a 


\ 


Schläuchen  einige  Millimeter  weit  herausgeschleudert  werden.  Bei  ersterer  Ordnung  er- 
folgt sie  als  Wirkung  des  Reizes,  den  Licht-  und  Wärmestrahlen  auf  das  Hymenium  aus- 
üben. Die  Sporen  werden  durch  aufsteigende  Luftströmungen  verbreitet.  Bei  den  übrigen 
Askomyceten  werden  die  Sporen  durch  Zerfall  der  Fruchtkörper  frei  ("*). 

In  seltenen  Fällen  teilen  sich  die  acht  Kerne  vor  der  Abgrenzung  ihrer  Zellen 
weiter;  so  entstehen  zahlreiche  freie  Askussporen,  bei  Thecoihens  z.  B.  32;  häufiger  aber 
vollziehen  sich  Teilungen  der  acht  Zellen  nach  dieser  Abgrenzung  und  führen  zur  Bildung 
von  acht  zwei-  oder  mehrzelligen  Sporenkörpern  an  Stelle  von  acht  Einzelsporen. 

Das  Verhalten  der  Sexualkerne  bei  und  nach  der 
Befruchtung  der  Karpogone  ist  nur  für  wenige  Fälle 
sicher  erkannt.  Für  einige  Askomyceten  {Pyronema,  Mo- 
nasctis)  ist  in  neuerer  Zeit  festgestellt,  daß  im  Kar- 
pogon  die  Sexualkerne  sich  nur  dicht  neben- 
einander lagern,  daß  sie  sich  in  den  askogenen 
Fäden  konjugiert  weiterteilen  und  daß  erst  in  der 
Askusanlage  die  Abkömmlinge  je  eines  männ- 
lichen und  je  eines  weiblichen  Kerns  mit- 
einander verschmelzen.  So  erscheint  die  Kopulation 
der  Sexualkerne  vom  Karpogon  in  den  Askus  hinaus- 
geschoben und  der  Befruchtungsvorgang  in  zwei  Stadien 
zerlegt. 

Soweit  sich  aus  den  bisherigen  Angaben  schließen 
läßt,  scheint  bei  den  Schlauchpilzen  allgemein  die  Re- 
duktion der  Chromosomen  nach  der  Vereinigung  der 
beiden  Kerne  in  der  Askusanlage  bei  der  ersten  Tei- 
lung des  Fusionskerns  sich  abzuspielen. 

In  dem  Entwicklungsgange  der  Schlauchpilze  tritt 
vor  der  Fruchtkörperbildung  vielfach  noch  eine  unge- 
schlechtliche Vermehrung  mittels  Konidien  auf;  diese 
sind  behäutete  Sporen,  die  durch  ZeHsprossung  an  den 
Enden  einfacher  oder  verzweigter  Hyphenäste,  der  Ko- 
nidienträger  (z.  B.  Fig.  385),  entstehen  und  sich  ab- 
gliedern. 

Von  zahlreichen  Fadenpilzen  ist  bis  jetzt  nur  solche 
Konidienvermehrung  bekannt,  nicht  aber  die  Askusfrüchte. 
Man   bezeichnet   sie    daher   als  Fungi   imperfecti,    wobei    die    Frage    offen  steht,    ob 
nicht  in  gewissen  Fällen  die  Askusbildung  ganz  in  Wegfall  gekommen  ist. 

Nach  der  Beschaffenheit  der  Fruchtkörper  unterscheiden  wir  zunächst 
Ordnungen    der  Erysibeen,    Plectascineen    und    Pyrenomyceten    mit    ge- 


Fig.  382.  Teil  des  Hymeniums 
von  Morchella  esculenta. 
a  Asci,  p  Paraphysen,  sh  sub- 
hymeniales  Gewebe.  Vgr.  240. 
Nach  Strasburger. 


die 


schlossenen  oder  mit  krugförmigen  Fruchtkörpern  (Perithecium),  der  Disco- 
myceten  mit  offenen  Fruchtkörpern  (Apothecium),  der  Tuberineen  mit  anfangs 
offenen,  später  fast  geschlossenen  Fruchtkörpern. 

Diesen  Ordnungen  reihen  wir  die  Exoasceen  an,  bei  denen  die  Asci  ohne 
Fruchtkörperbildung  aus  den  Hyphenzellen  hervorgehen,  ferner  die  sehr  ein- 
fachen Saccharomyceten  oder  Hefepilze.  Beide  Gruppen  können  als  redu- 
zierte Askomyceten  aufgefaßt  werden. 

Die  Laboulbenieen  endlich,  deren  Asci  in  kleinen  Perithecien  ein- 
geschlossen sind,  nehmen  eine  isolierte  Stellung  ein. 

Die  verwandtschaftlichen  Beziehungen  dieser  Ordnungen  zueinander  sind  noch  nicht 
geklärt. 

/.  Ordnung.  Erysibeae,  Mehltaupilze  (''•  ^^'  ^^).  Die  kleinen  kugeligen 
Perithecien  besitzen  eine  geschlossene  Hülle  (Peridie),  die  schließlich  unregelmäßig 
aufplatzt  und  die  Askosporen  entläßt.  Die  Asci  stehen  im  Zentrum  der  Frucht  in  Einzahl 
oder  zu  mehreren  büschelig  angeordnet. 

Die  Mehltaupilze  überziehen  als  Parasiten  die  Blätter  höherer  Pflanzen  spinnweb- 
artig und  entsenden  aus  ihren  Hyphen  Haustorien  oder  Saugfortsätze  in  die  Epidermis- 
zellen.     In  einzelnen  Fällen  lebt  das  Myzel  auch  interzellulär  im  Blattgewebe.    Die  Peri- 


Thallophyten. 


387 


thecien  sind  in  den  weißen  Überzügen  als  kleine,  mit  eigentümlichen  Anhängseln  versehene, 
kugelige,  schwarze  Körperchen  zu  erkennen.  Im  einfachsten  Falle  (z.  B.  bei  der  Gattung 
Sphaerotheca)  umschließt  das  Perithecium  nur  einen  einzigen  Askus  mit  acht  Sporen,  der 
von  sterilen  liyphen  oder  Hüllfäden  in  mehreren  Schichten  dicht  umwachsen  ist.  Bei 
den  Gattungen  Erysibe  und  Uncinula  dagegen  finden  sich  in  jedem  Perithecium  mehrere, 
bei  Phyllactinia  12  bis  25  Asci  vor.  Die  Zahl  der  Sporen  beträgt  meist  vier  oder  auch  nur 
zwei,  indem  nicht  alle  acht  Kerne  des  Askus  zur  Sporenbildung  verwendet  werden.  Wie 
Harper  nachgewiesen  hat,  besteht  die  erste  Anlage  des  Peritheciums  aus  einem  Oogonium 
und  einem  Antheridium.  Beide  werden  an  Ilyphenästen  als  einkernige  Sexualzellen 
abgegrenzt,  stehen  dicht  nebeneinander,  und  der  männliche  Kern  tritt  durch  ein  Loch  in 


der  Zellwand  in  das  Oogon  über  (Fig.  383,  / — 4)- 
Oogonium  von  Hüllfäden,  die  aus  seiner  Stielzelle 
oder  auch  aus  derjenigen  des  Antheridiums  ent- 
springen, umgeben  (5)  und  zu  einem  mehrzelligen 
Gebilde  weiterentwickelt  (6),  aus  dessen  vorletzter, 
zweikerniger  Zelle  bei  Sphaerotheca  nach  voraus- 
gegangener Kernvereinigung  und  Reduktionsteilung 
der  achtsporige  Askus  entsteht,  während  bei  Erysibe 
und  bei  Phyllactinia  diese  Zelle  ausschließlich  oder 
wenigstens  vorwiegend  askogene  Schläuche  treibt,  die 
ihrerseits  die  hier  in  Mehrzahl  vorhandenen  Asci 
bilden.  Die  Mehltaupilze  vermehren  sich,  bevor  sie 
zur  Peritheciumbildung  übergehen ,  zunächst  durch 
Konidien,  die  an  kleinen  aufrechten  Myzelzweigen  in 


Nach    der    Befruchtung    wird    das 


Fig.  383.  Sphaerotheca  Castagnei.  /  Oogonium  og 
und  Antheridiumzweig  az.  2  Abgrenzung  des  An- 
theridiums «w.  3  Übertritt  des  Antheridiumkernes 
zum     Oogoniumkern.      4    Befruchtetes    Oogonium,    in 

5  mit   zwei    Lagen    Hüllfäden   aus   der    Stielzelle    st. 

6  Mehrzelliges  Askogon  durch  Teilung  des  Oogoniums 
hervorgegangen,    die   vorletzte   zweikernige    Zelle,   as, 

liefert  den  Ascus.     Nach  Harper. 


Fig.  384.  Uncinula  necator.  A  Ko- 
nidienbildung,  c  Konidie,  b  Ko- 
nidienträger.  B  Myzelfaden  »z, 
der  auf  Epidermiszellen  die  An- 
heftungsscheiben  a  und  ein  Hau- 
storium  h  gebildet  hat.  C  Peri- 
thecium mit  Anhängseln.  Aus 
SoRAUER,  Lindau,  Reh.  Handb. 
der  Pflanzenkrankheiten,  IIi, 
S.  246,  192L 


Form  von  Ketten  von  der  Spitze  nach  abwärts  fortschreitend,  abgegliedert  und  durch  den 
Wind  verbreitet  werden. 

Der  auf  Blättern  und  Beeren  von  Vitis  in  Amerika,  seit  1845  auch  in  Europa  er- 
schienene, sehr  schädliche  Mehltau  des  Weinstocks  ist  die  als  Oidium  Tuckeri  be- 
zeichnete Konidienfruktifikation  von  Uncinula  necator  (=  U.  spiralis),  deren  Peri thecien 
mit  an  der  Spitze  spiralig  eingerollten  Anhängseln  versehen  sind.  Sie  erscheinen  nur 
selten  bei  uns,  während  sie  in  Nordamerika  regelmäßig  im  Spätherbst  auftreten  (Fig.  384). 
Auch  der  bei  uns  seit  1907  sehr  verbreitete  Eichenmehltau,  Microspkaera  quercina  vermehrt 
sich  hauptsächlich  durch  Konidien  und  erzeugt  nur  sehr  selten  die  Perithecien,  deren  lange 
Anhängsel  an  der  Spitze  mehrfach  gegabelt  sind. 

25* 


388 


Schenk : 


2.  Ordnung.  Plectascineae.  Die  Perithecien  sind  rundlich,  haben 
eine  geschlossene  Peridie  und  enthalten  die  Asci  im  Innern  in  unregelmäßiger  Anordnung. 
1.  Aspergillaceaei^^).  Fruchtkörper  klein,  nicht  unterirdisch.  Hierher  gehören 
zwei  der  gemeinsten  Schimmelpilze,  Aspergillus  {Eurotimn)  herbarionun  und  Peiiicillhan 
crustaceum,  die  saprophytisch  auf  organischen  Stoffen  leben.  Beide  vermehren  sich  anfan'gs 
in  reichlichem  Maße  nur  durch  Konidien,  bevor  sie  zur  Bildung  der  Perithecien  übergehen. 
Die  Konidien  von  Aspergillus  herbarionun  sind  unter  dem  Xamen  Gießkannen- 
Bchimmel  bekannt;  sein  Konidienträger  zeigt  am  oberen  Ende  eine  kugelige  Anschwellung, 
von  der  radial  angeordnete  Konidienketten  entspringen  (Fig.  385).  Die  Träger  stehen 
reihenweise  nebeneinander  und  erscheinen  als  anfangs  weißer,  später  blaugrüner  Schimmel 
auf    feuchten  Vegetabilien,    Früchten,    Brot   usw.     Einige   Arten    von    Aspergillus    können 

auch  als  pathogene  Pilze  Erkrankungen 
bei  Wirbeltieren  und  Menschen  hervor- 
rufen, so  bewirkt  A.  ßimigatus,  der  in 
gärenden  Heuhaufen  vorkommt  und  bei 
40°  C  sein  Temperaturoptimum  er- 
reichte'"), die  Mykosen  des  Ohrgangs, 
des  Rachens  und  der  Lunge. 

Die  ebenfalls  blaugrünen  Schim- 
melrasen von  Peiiicilliu7}i  cnistaceum^ 
dem  überall  verbreiteten  Pinsel-  oder 
Brotschimmel,  bestehen  dagegen  aus 
verzweigten  Konidienträgern  (P^ig.  385). 
Penicillium  brevicanle,  auf  modrigem 
Papier  vorkommend,  wird  zum  Nachweis 
von  Arsen  benutzt,  da  es  auf  arsen- 
haltigen Substraten  (Tapeten)  in  seinem 
Stoffwechsel  das  stark  riechende  Di- 
äthylarsin  abscheidet. 

Die  Perithecien  von  Asper- 
gillus und  Penicillium  erscheinen  später 
am  Myzel,  bei  letzterer  Gattung  treten 
sie  nur  selten  auf.  Sie  sind  verwickelter 
gebaut  als  bei  den  Erysibeen.  In  ihrer  ersten  Anlage  sind  Sexualorgane,  ein  Antheridium 
und  ein  mit  Trichogyn  versehenes  Karpogon,  nachgewiesen.  In  den  reifen  Früchten  er- 
scheinen die  Schlauchwandungen  und  das  sterile,  die  Asci  umgebende  Hyphengewebe  bis 
auf  die  unregelmäßig  aufplatzende  Fruchtwand  aufgelöst. 

2.  Die  Elaphomycetaceae  besitzen  unterirdische,  knollenförmige,  trüffelähnliche 
Fruchtkörper,  deren  Peridie  gegen  den  zu  einer  pulverigen  Sporenmasse  reifenden  Askus- 
komplex  scharf  abgesetzt  ist.  Offizineil  war  früher  und  wird  jetzt  noch  zu  Tierarzneien 
gebraucht  die  in  Nadelwäldern  Europas  häufige  Hirschtrüffel,  Elaphomyces  cervimis  (Boletus 
cervinus)  mit  walnußgroßen,  gelbbraunen,  bitter  schmeckenden  Fruchtkörpern. 

3.  Die  Terfeziaceae  unterscheiden  sich  von  den  vorigen  durch  eine  nicht  scharf 
abgesetzte  Peridie  ihrer  Fruchtkörper.  Hierher  gehören  die  besonders  im  Mittelmeergebiet 
verbreiteten   Terfezia- kr\.&ci  mit  eßbaren  trüffelähnlichen  Frucljtkörpern. 

3.  Ordnung.  Pyrenoniycetes,  Kernpilze.  Außerordentlich  formenreiche 
Gruppe  von  Pilzen,  die  teils  parasitisch  auf  Pflanzenteilen,  teils  saprophytisch  auf  faulem 
Holz,  Mist  usw.  leben.  Einige  wenige  Gattungen  befallen  parasitisch  verschiedene  Insekten- 
larven. Die  Pyrenomyceten  charakterisieren  sich  durch  die  krugförmige  Gestalt  ihrer 
Askusfrüchte  oder  Perithecien,  die  an  ihrer  Spitze  eine  offene  Mündung  und  in  ihrem 
Grunde  ein  Hymenium  aus  Sporenschläuchen  und  haarförmigen,  oft  verzweigten  Saftfäden 
oder  Paraphysen  (Fig.  386)  besitzen.  Die  Seitenwände  des  Peritheciums  sind  bis  zur 
Mündung  ausgekleidet  mit  ähnlichen  Hyphenhaaren,  den  Periphysen.  Die  Askosporen 
werden  aus  der  jNIündung  nach  außen  entleert. 

Die  einfachsten  Pyrenomyceten  besitzen  freie,  dem  Myzel  aufsitzende,  meist  schwarz 
gefärbte,  kleine  Perithecien  (Fig.  386),  so  die  Gattungen  Sphaeria  und  Podospora.  Bei 
anderen  Kernpilzen  aber  erscheinen  die  Perithecien  zu  mehreren  oder  vielen  dicht  neben- 
einander   eingebettet   in  einen  rundlichen,  polsterförmigen   oder  keulenförmigen,   zuweilen 


Fig.  385. 
bariorum 


Konidienträger   von   Aspergillus  her- 
(links),    von    Penicillium    crustaceum 
(rechts). 


Thallophyten. 


389 


verzweigten  Myzelkörper  von  pseudoparenchymatischer   Struktur.     Man  bezeichnet  diesen 
als  Stroma. 

Der  Peritheciumbildung  gehen  in  dem  Entwicklungsgang  der  meisten  Kempilze 
mannigfaltige  Nebenfruktifikationen,  hauptsächlich  Koni  dien  voraus,  die  in  verschiedener 
Weise  von  den  Myzelfäden  teils  direkt,  teils  auf  besonderen  Trägern  abgegliedert  werden 
und  zur  Ausbreitung  des  Pilzes  beitragen.  Häufig  erscheinen  die  Konidienträger  zu 
Fruchtkörpern    vereinigt.     Eine   besondere   Form    solcher    Früchte   sind    die   bei    manchen 

Gattungen  auftretenden  Pykniden,  kleine 
kugelige  oder  flaschenförmige  Gebilde,  die  als 
Auskleidung  verzweigte  Hyphenfäden  besitzen, 
an  deren  Spitzen  die  Konidien,  hier  Pyknosporen 
(oder  Pyknokonidien)  genannt,  abgegliedert  wer- 
den (Fig.  387).  Die  Pykniden  und  ihre  Sporen 
stimmen  in  ihrer  Bildung  mit  den  Spermogonien 
und  Spermatien  der  Flechtenpilze  überein  und 
mögen  wohl  auch  als  die  ursprünglichen  männ- 
lichen Organe  der  Askomyceten  zu  betrachten 
sein. 


Fig.    38G.     Perithecium  von  Podospora 

fimiseda  im  Längsschnitt      s  Die  Asci, 

a   die   Paraphysen,    e    die    Periphysen, 

m  Myzelfäden.     Vergr.  90.     Nach 

V.  Tavel. 


Fig.  387.  /  Konidienabschnürung  an  den  Konidien- 
trägern  aus  der  Pyknide  von  Cryptospora  hypo- 
dermia.  Vergr.  300.  NachBREFELD.  2  Pyknide  von 
Strickeria  obducens,  im  Durchschnitt.  Vergr.  70. 
Nach  TuLASNE.     Aus  v.  Tavel,  Pilze. 


Wichtig  als  offizinelles  Gewächs  und  als  Schädling  der  Roggenfelder  ist  C/avi- 
ceps  purpurea,  der  Pilz  des  Mutterkorns.  Er  lebt  parasitisch  in  den  jungen  Frucht- 
knoten von  Gramineen,  hauptsächlich  des  Roggens.  Diese  werden  im  Frühsommer  durch 
die  Askosporen  infiziert.  Das  Myzel  überwuchert  die  Fruchtknoten  und  geht  bald  zur  Bil- 
dung von  Konidien  über,  die  auf  kurzen  seitlichen  Trägern  in  kleinen  Köpfchen  vereinigt 
abgegliedert  werden  (Fig.  388^).  Zugleich  findet  Ausscheidung  eines  süßen  Saftes  statt,  mit 
dem  die  massenhaft  erzeugten  Konidien  zu  Tropfen  zusammenfließen.  Dieser  sog.  Honig- 
tau des  Getreides  wird  von  Insekten  aufgesucht,  auf  andere  Blüten  übertragen  und  so  der 
Pilz  verbreitet.  Das  Myzel  geht  nach  Aufzehrung  des  Fruchtknotengewebes  schließlich  in 
ein  Sklerotium  über,  dadurch,  daß  die  Hyphenfäden  dicht  zusammenwachsen  und  nament- 
lich an  der  Peripherie  unter  Querteilung  ein  geschlossenes  Pseudoparenchym  bilden  (Fig.  36). 
Diese  langgestreckten,  schwarzviolett  gefärbten,  aus  der  Kornähre  mit  schwach  hornförmiger 
Krümmung  hervorragenden  Sklerotien  werden  als  Mutterkorn,  Seeale  cor- 
nutum,  bezeichnet  (Fig.  388^).  Die  mit  Reservestoffen  (Fett)  dicht  angefüllten  Sklerotien 
fallen  zu  Boden  und  keimen  erst  im  nächsten  Frühsommer  zur  Zeit  der  Roggenblüte. 
Es  kommen  Hyphenbündel  aus  ihnen  hervor,  die  zu  langgestielten,  blaßrot  gefärbten 
Köpfchen  heranwachsen  (C).  In  letzteren  werden  zahlreiche  eingesenkte  Perithecien, 
gleichmäßig  über  die  Oberfläche  verteilt,  erzeugt  (/),  ^).  Jedes  Perithecium  enthält  eine 
Anzahl  Asci  mit  acht  langen,  fadenförmigen  Askosporen,  die  aus  der  Mündung  hervor- 
gepreßt  werden  und,    durch    den  Wind    verbreitet,    auf   die  Grasähren  gelangen. 

Nectria  galligena,  ein  sehr  schädlicher  Parasit  in  der  Rinde  einiger  Laubbäume, 
besonders  Apfel-  und  Birnbaum,  verursacht  den  sog.  Krebs  der  Obstbäume;  sie  bildet 
im  Winter  und  Frühjahr  zahlreiche  kleine,  rot  gefärbte  Perithecien  ("**). 

Offizinell  ist  Seeale  cornutum  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  Mutterkorn, 
das  Sklerotium  von  Claviceps  purpurea. 


390 


Schenck : 


Fig.  388.  Claviceps  purpurea.  A  Konidienbildender  Myzelfaden.  B  Roggenähre  mit 
mehreren  reifen  Sklerotien.  C  Gekeimtes  Sklerotium  mit  gestielten,  zusammengesetzten 
Fruchtkörpern.  D  Längsschnitt  durch  einen  Fruchtkörper  mit  zahlreichen  Perithecien. 
E  Einzelnes  Perithecium  stärker  vergrößert.  F  Geschlossener  Askus  mit  acht  fadenförmigen 
Sporen.  G  Austreten  der  Sporen.  H  Einzelne  Spore.  A  nach  Brefeld,  C—H  nach 
TuLASNE,  B  phot.  nach  der  Natur.  —  Offizinell  und  giftig. 


4-  Ordnung.  Discomycetes,  Scheibenpilzei^'\  Die  formenreichen  Dis- 
komyceten  unterscheiden  sich  von  den  übrigen  Ordnungen  dadurch,  daß  ihre  reifen  Schlauch- 
früchte das  aus  Sporenschläuchen  und  aus  Saftfäden  oder  Paraphysen  bestehende  Hymenium 
offen  an  ihrer  Oberseite  tragen  (Fig.  382,  390). 

Die  überwiegende  Mehrzahl  der  Diskomyceten,  als  deren  Typus  die  Gattung  Peziza 
gelten  kann,  vegetiert  auf  lebenden  oder  toten  Pflanzenteilen,  besonders  auf  altem  Holz, 
zum  Teil  aber  auch  als  Erdpilze 
in  Humusboden.  Sie  besitzen  napf- 
oder  becherförmige,  fleischige  oder 
lederartige  Askusfrüchte,  meist  von  v    \snih> 

geringem  Durchmesser.     Eine  der  v\cf'v 

größten  Formen  ist  die  erdbewoh- 
nende Peziza  atirantiaca  (Fig.  389) 


>=■ 


-^mi 


Fig.    389.      Peziza   aurantiaca. 
Nat.  Größe.  Nach  Krombholz. 


Fig.    390.      Lachnea    pulcherrima.      Sporenreifes    ge- 
öffnetes Apothecium.     Zwischen  den  Paraphysen  sind 
alte  und  junge    Schläuche    verteilt.      Nach  Woronin. 
Aus  V.  Tavel,  Pilze. 


Thallophyten. 


391 


mit  bis  7  cm  breiten,  unregelmäßig  becherförmigen  Früchten,  die  lebhaft  orangerot  gefärbt 
sind,  während  die  Mehrzahl  der  Arten  graue  oder  braune  Färbung  aufweist.  Solche 
Becherfrüchte  bezeichnet  man  als  Apothecien. 

Die  Apotheciumentwicklung  sei  an  dem  Beispiel  des  zuerst  von  R.  Harper 
eingehend  untersuchten  Pyronema  confluens  dargestellt,  dessen  etwa  1  mm  breite, 
fleischige,  gelbliche  oder  rötliche,  gesellig  beisammenstehende  Fruchtkörper  häufig  auf 
Brandstellen   in   Wäldern   gefunden   werden.      Das    Myzelium   erzeugt   eine    Rosette    von 


Fig.  391.  Pyronema  confluens.  A  Anlage  eines  Apotheciums,  Oogonien  o^  mit  Trieb ogynen  /, 
Antheridien  a.  Vergr.  450.  B  Fusion  des  Antheridiums  mit  der  Trichogynspitze.  Vergr.  300. 
C  Querschnitt,  Paarung  der  männlichen  und  weiblichen  Kerne  im  Oogonium.  Vergr,  1000. 
D  Einwanderung  der  Paarkerne  in  die  askogenen  Schläuche  des  Oogoniums.  Vergr.  1000. 
E  Junges  Apothecium.  Die  den  Oogonien  entspringenden  askogenen  Schläuche  verzweigen 
sich  und  werden  von  sterilen  Hyphen  eingehüllt.  Vergr.  450.  B  nach  Harper,  A,  C, 
A  E  nach  Cläussen. 


mehreren  größeren  Karpogonen  und  kleineren  Antheridien  als  Anlage  eines  Apotheciums 
(Fig.  391^).  Das  Karpogon  oder  Askogon  ist  ein  kugeliges,  vielkerniges  Oogonium, 
dessen  Scheitel  eine  vielkernige,  schnabelförmig  gebogene  Zelle,  das  Trichogyn,  auf- 
sitzt. Aus  einem  benachbarten  Myzelfaden  entspringt  das  keulenförmige,  vielkernige 
Antheridium,  dessen  Spitze  mit  dem  Trichogynscheitel  mittels  Durchbrechung  der 
Wandung   in   offene   Verbindung   tritt.     Die   männlichen   Kerne  wandern  zunächst  in  die 


392 


Schenck : 


Trichogynzelle  ein  {B),  dann  nacli  Durchbrechung  der  Basalwand  des  Trichogyns  in  das 
Oogonium,  während  die  Trichogynkerne  zugrunde  gehen.  Nun  grenzt  sich  die  Eizelle 
wieder  ab  und  treibt  zahlreiche  askogene  Schläuche,  die  die  Kerne  aus  ihr  aufnehmen, 
sich  verzweigen  und  schließlich  die  Asci  bilden  (E),  während  die  sterilen  Hyphen  und 
die  Paraphysen  zwischen  den  Schläuchen  aus  den  Hyphenzellen  unterhalb  der  Sexual- 
organe entspringen.  Nach  Harper  sollen  die  männlichen  und  weiblichen  Kerne  im 
Karpogon  paarweise  miteinander  kopulieren;  nach  neuerer  Untersuchung  von  Claussen 
aber  legen  sie  sich  nur  dicht  nebeneinander  (C)  und  bleiben  auch  in  den  askogenen 
Fäden,  in  denen  sie  sich  konjugiert  weiter  teilen,  deutlich  voneinander  getrennt  {D). 
Die  Zellen  der  askogenen  Fäden  führen  in  der  Nähe  des  Askogons  bis  zu  acht  Kern- 
paare, weiter  oben  aber  nur  ein  Kernpaar.  Erst  in  der  zweikernigen  Anlage  des  Askus 
findet  die  Kopulation  der  beiden  Kerne,  also  eines  männlichen  mit  einem  weiblichen  Sexual- 
kernabkömmling, zum  Askuskern  statt  (Fig.  392). 

Bei  manchen  Diskomyceten  ist  eine  mit  Geschlechtsverlust  verbundene  Rück- 
bildung der  Sexualorgane  eingetreten.  Entweder  funktionieren  die  Antheridien  nicht 
mehr  oder  sind  ganz  unter- 
drückt, und  in  extremen 
Fällen  fehlen  auch  die 
Askogone,  an  deren  Stelle 
nur  Hyphenknäuel  sich 
erkennen  lassen.  Stets  aber 
lassen  sich  die  askogenen 
Hyphen  in  den  Frucht- 
körperanlagen nachweisen. 
Die  Asci  entstehen  an 
den  Enden  der  askogenen 
Hyphen  in  verschiedener 
Weise,  entweder  direkt  aus 
den  zweikernigen  Endzellen, 
meist  aber  indem  diese 
je  einen  seitlichen,  rück- 
wärts gerichteten,  haken- 
förmigen Auswuchs  bilden, 
worauf  sich  das  Kernpaar 
konjugiert  teilt  (Fig.  392^). 
Seine  beiden  unteren  Toch- 
terkerne liefern  die  Kerne 
für  die  Hakenzelle  k  und  die  Stielzelle  s,  die  sich  durch  Querwände  von  der  endständigen, 
die  beiden  oberen  Tochterkerne  aufnehmenden  Askusanlage  a  abgrenzen  (B).  Hierauf 
verschmelzen  die  beiden  Kerne  des  jungen  Askus  (C).  Dieser  wächst  heran  und  bildet 
nach  dreimaliger  Teilung  seines  Kernes  die  acht  Askosporen  [D).  Die  Hakenzelle  tritt 
in  offene  Verbindung  mit  der  Stielzelle  s,  so  daß  eine  zweikernige  Fusionszelle  entsteht, 
die  nun  ebenfalls  zu  einer  neuen  Askusanlage  schreiten  kann.  So  entstehen  komplizierte 
askogene  Hyphensysteme. 

Die  eigenartigste  Ausbildung  erfährt  der  Fruchtkörper  der  Diskomyceten  in  der 
Gruppe  der  Helve llaceen  oder  Morchelpilze,  die  mit  ihrem  Myzel  im  Humusboden 
vegetieren.  Bei  der  Gattung  Morchella,  Morchel  (Fig.  393),  besteht  der  große  Frucht- 
körper aus  einem  aufrechten  dicken  Stiel,  auf  dem  ein  kegelförmiger  oder  abgerundeter 
Hut  mit  grubiger  Oberfläche  sich  erhebt.  Sexualität  ist  bei  den  Morcheln  noch  nicht 
nachgewiesen.  Das  Hymenium  (Fig.  382)  mit  seinen  achtsporigen  Ascis  überzieht  die 
Oberfläche  des  Hutes.  Die  Morcheln  sind  vorzügliche  Speisepilze  ('"),  besonders 
M.  esctilenta,  die  Speisemorchel,  mit  blaßgelbbraunem,  eiförmigem  Hut,  bis  12  cm  hoch, 
M.  conica,  die  Spitzmorchel,  mit  dunkelbraunem,  kegelförmigem  Hut,  bis  20  cm  hoch,  u.  a. 
Verwandt  sind  die  ähnlich  gestalteten  Lorcheln,  deren  Hut  aber  mützenförmig  herab- 
geschlagen, unregelmäßig  gelappt  und  blasig  aufgetrieben  ist,  so  Gyromitra  esculeiita,  mit 
schwarzbraunem  Hut  und  weißlichem  Stiel.  Die  Lorcheln  sind  eßbar,  enthalten  aber  in 
frischem  Zustand  die  Helvellasäure,  die  unter  Umständen  giftig  wirken  kann;  starke  Er- 
hitzung beim  Braten  der  Pilze  oder  längeres  Abbrühen  ist  anzuraten  ('»a). 


Fig.  392.  Askus-Entwicklung. 
A  —  C  Pyronema  confluens. 
Nach  Harper.  D  Junger 
Askus  mit  acht  Sporen  von 
Boudiera.  Nach  Claussen. 
Erklärung  im  Text. 


Y\g.  393.  Morchella  esculenta. 
■*,/=  nat.  Gr. 


Thallophyten. 


393 


5.  Ordnung.  Tiiberineae,  Trüff'elpilzei^'^).  Die  Trüffelpilze  sind 
saprophytische,  im  Humus  der  Wälder  unterirdisch  (hypogäisch)  lebende  Askomyceten, 
die  zu  den  Mykorrhizen  bildenden  Pilzen  gehören.  Die  Askusfrüchte,  unter  der  Be- 
zeichnung Trüffeln  bekannt,  stellen  knollenförmige  Körper  vor.  Sie  sind  von  einer 
dicken  Hülle  umgeben  und  von  nach  außen  mündenden  Gängen  durchzogen,  deren  Wandungen 
von  Hymenien  aus  keulenförmigen  Ascis  bedeckt  sind  (Fig.  394).  Die  Sporen  werden 
zu  wenigen  in  den  Ascis  erzeugt,  bei  den  echten  Trüffeln  {Tuber)  meist  zu  vier  und  meist 
mit  stacheligem  oder  netzförmig  ver- 
dicktem Epispor  versehen.  Sie  ge- 
langen durch  Zerfall  der  Asci  und  der 
Fruchtkörperwandung  in  den  Boden. 

Manche  Tuberaceen  liefern 
eßbare  Fruchtkörper  ('")  von 
aromatischem  Geschmack.  Sie  werden 
mit  Hilfe  dressierter  Hunde  oder 
Schweine  besonders  in  Frankreich  und 
Italien  gesammelt.  Die  wichtigsten 
sind  die  schwarzen  Trüffeln.  Tiiber 
brumale,  melano^poriim  (Perigord- 
Trüffel),  aestivum  und  mesentericum, 
die  außen  schwarzbraun  gefärbt  und 
mit  Warzen  versehen  sind,  ferner  die 
weiße  Trüffel,  Choiromyces  maeattdrt- 
formiSy  die  außen  blaßbraun,  innen 
weiß  gefärbt  ist. 

Die  Fruchtkörper  werden  in 
frühester  Jugend  offen  angelegt,  wie 
bei  den  Diskomyceten,  mit  denen  die 
Trüffeln  verwandt  sind. 

6.  Ordnung.         Exo- 

asceae{'''-).  Die  wichtigste  Gattung 
ist  Taphrina  (einschl.  Exoasciis),  deren 
Arten  als  parasitische  Pilze  auf  ver- 
schiedenen Bäumen  leben  und  teils 
als  einjährige  Pilze  sich  nur  in  den 
Blättern  entwickeln  und  fleckiges  Er- 
kranken derselben  bewirken,  teils  mit 
ihrem  Myzel  im  Gewebe  der  Nähr- 
pflanzen überwintern,  somit  jährlich 
wiederkehrende  Krankheiten  an  diesen 
verursachen.  Das  Myzel  veranlaßt 
dann  häufig  die  befallenen  Sprosse  zu 
reichlichen  anomalen  Verzweigungen, 
die  man  alsHexenbesen  bezeichnet. 
So  erzeugt  Taphrina  Carpini  Hexen- 
besen  auf  der  Weißbuche,  Taphrina 
Cerasi  solche  auf  Kirschbäumen. 
Taphrina  deformans  bewirkt  die 
Kräuselkrankheit  der  Pfirsichblätter. 
Taphrina  Pruni  dagegen  schmarotzt 
in  den  jungen  Fruchtknoten  der  Pflaumen,  die  sie 
umbildet;  ihr  Myzel  überwintert  in  den  Zweigen. 

Die  Askusbildung  vollzieht  sich,  soweit  bisher  bekannt,  in  der  Weise,  daß  das 
Myzelium  zwischen  die  Epidermis  und  die  Kutikula  der  Blätter  oder  der  Fruchtknoten 
eindringt  und  sich  hier  reichlich  verzweigt.  Die  einzelnen  Ilyphenzellen  schwellen  an 
und  bilden  meist  unter  Abgliederung  einer  basalen  Stielzelle  je  einen  die  Kutikula  nach 
außen   durchbrechenden  Askus,    der   wie    bei    den    übrigen    Schlauchpilzen    anfangs    zwei 


/ 


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Fig.  394.  Tuber  rufum.  /  Ein  Fruchtkörper  im 
Vertikalschnitt.  Vergr.  5.  a  Die  Rinde,  d  luft- 
haltiges Gewebe,  c  dunkle  Adern  lückenlosen  Ge- 
webes, h  das  askusbildende  Gewebe.  2  Ein  Stückchen 
des  Hymeniums.  Vergr.  460.  Nach  Tulasxe. 
Aus  V.  Tavel,  Pilze. 


zu  hohlen  Pilzgallen,  sog.  Taschen. 


394 


Schenck : 


a,      a. 


St 


Kerne  aufweist  und  nach  Verschmelzung  beider  in  drei  Teilungsschritten  acht  Sporen 
erzeugt  (Fig.  395).     Die  zahlreichen  Asci  stehen  dicht  nebeneinander. 

Die  Sporen  sprossen  in  Wasser  oder  zuckerhaltiger  Nährlösung,  häufig  sogar  schon 
in  den  noch  geschlossenen  Schläuchen  direkt  zu  Konidien  aus,  eine  Form  der  Konidien- 
vermehrung.  die  als  Hefesprossung  bezeichnet  wird;  so  bei   Taphrina  Pruni. 

Die  Exoascaceae  sind  vielleicht  als  reduzierte  Askomyceten  aufzufassen,  bei  denen 
die  Sexualorgane  vollständig  lückgebildet  wurden. 

7.  Ordnung,  Saccharomycetes,  Hefe- 
pilze, Sproßpilze {''\  Die  zur  Gattung  ^«ct-Aaro- 
myces  vereinigten  Bier-,  Branntwein-  und  Weinhefen 
stellen  sehr  einfache,  einzellige  Pilze  vor,  die  nur  in 
Form  von  kugeligen,  ovalen  oder  zylindrischen  Zellen 
auftreten.  Sie  enthalten  einen  Kern  und  vermehren  sich 
fortgesetzt  durch  Zellsprossung  (Fig.  396),  Myzel- 
bildung fehlt,  höchstens  bleiben  die  Zellen  in  Ketten 
eine  Zeitlang  vereinigt.  Nach  Erschöpfung  des  Sub- 
strats, bei  freiem  Zutritt  von  Sauerstoff  und  bei  gün- 
stiger Temperatur  bilden  die  Hefen  Asci,  die  äußer- 
lich den  Hefezellen  gleichen,  im  Innern  aber  einige 
wenige  Sporen  erzeugen.    Bei  manchen  Hefepilzen  ist 


r 

Fig.  395.  Taphrina  Pruni.  Quer- 
schnitt durch  die  Epidermis  einer 
infizierten  Pflaume.  Vier  reife 
Asci.  a^,  ffj  mit  acht  Sporen, 
Oj,  a^  mit  Konidiensprossung  aus 
den  Sporen,  st  Stielzelle  des  Askus, 
m  Myzel  quer  durchschnitten,  cut 
Kutikula,  ep  Epidermis.  Vergr.  600. 
Nach  Sadebeck. 


Fig.  396.  Saccharomyces  cerevisiae.  A  Hefezelle. 
B,  C  In  Sprossung.  D  Askus  mit  Sporen  (in  Vier- 
zahl gebildet).    Vergr.  1125.    Nach  Güilliermond. 


eine  mit  Kernverschmelzung  verbundene  Kopulation  zweier  Zellen  beobachtet,  so  bei 
Saccharomyces  Ludwign,  dessen  vier  Sporen  im  Askus  keimen  und  dann  paarweise  durch  je 
einen  schnabelartigen  Kopulationskanal  fusionieren,  worauf  dieser  zum  Keimschlauch  sich 
verlängert  und  mit  der  Abgliederung  von  Hefezellen  beginnt,  ferner  bei  der  Ingwerbier- 
hefe Zygosaccharomyces  und  bei  Schizosaccharomyces,  deren  Hefezellen  mittels  langer 
Schläuche  vor  der  Sporenbildung  kopulieren.  Diese  Kernfusionen  entsprechen  vielleicht  der- 
jenigen im  jungen  Askus  der  übrigen  Askomyceten. 

Die  Hefepilze  sind  in  physiologischer  Beziehung  als  Gärungserreger  bemerkens- 
wert ;  sie  bewirken  vermittels  der  von  ihnen  erzeugten  Zymase  die  Spaltung  von  Trauben- 
und  Fruchtzucker  in  Alkohol  und  Kohlensäure  (vgl.  S.  238).  Die  Bierhefe,  Saccharomyces 
cerevisiae,  ist  nur  in  der  kultivierten  Form  bekannt;  der  Weinhefenpilz,  5.  elUpsoideus, 
dagegen  tritt  in  der  Natur  schon  im  Boden  der  Weinberge  in  Sporenform  auf  und  gelangt 
von  dort  auf  die  Trauben  und  so  in  den  Most.  Beide  Arten  kommen  in  verschiedenen 
Rassen  vor,  die  in  Reinkulturen  gezüchtet  werden,  um  so  ^  den  Gärungsbetrieben  Ver- 
wendung zu  finden.  Außer  Saccharomyces  gehören  zu  den  Hefepilzen  noch  einige  andere 
Gattungen,  die  zum  Teil  auch  Myzelien  bilden. 

Die  Hefen  sind  selbständige  Pilze,  wenigstens  ist  bis  jetzt  der  Nachweis  nicht  ge- 
führt, daß  sie  in  den  Entwicklungsgang  anderer  Fadenpilze  gehören,  wenn  auch  bei  ver- 
schiedenen Gattungen  der  Exoasceen  und  Ustilagineen  ebensolche  Hefesprossung  zu  beob- 
achten ist.  Ob  sie  reduzierte  Askomyceten  vorstellen  oder  zusammen  mit  einigen  Gattungen 
sehr  einfacher  Schlauchpilze  an  den  Beginn  der  Klasse  gehören,  bleibt  noch  unentschieden. 

Infolge  ihres  Gehaltes  an  leichtverdaulichen  Nährstoffen,  besonders  Eiweiß  und 
Glykogen,  auch  etwas  Fett,  hat  Hefe  einen  bedeutenden  Nährwert  und  findet  daher  ge- 
reinigt und  bei  125"  C  getrocknet  als  Nährhefe  Verwendung.  Aus  Hefe  läßt  sich  eine 
plastische  hartgummiartige  Masse,  Ernolith,  gewinnen,  die  zu  technischen  Zwecken 
(Druckstöcken)  unter  Heißpressung  gebraucht  wird. 


Thallophyten. 


395 


S.  Ordnung.  LaboulbenieaeC^).  Diese  durch  Thaxter  genauer  be- 
kannt gewordenen  eigenartigen  Askomyceten  sind  winzige,  auf  Insekten,  besonders  Käfern, 
parasitisch  lebende  Pilze  mit  zwei-  bis  vielzelligem  Thallus,  der  mittels  eines  spitzen  Fort- 
satzes der  untersten  Zelle  in  der  Chitinhaut  befestigt  ist  oder  auch  mittels  Rhizoiden  in 
den  Körper  des  befallenen  Insektes  eindringt.  Als  Beispiel  sei  der  auf  Stubenfliegen  in 
Europa  verbreitete  Stigmatomyces  Baerii  genannt.  Die  zweizeilige,  mit  Schleimhülle  ver- 
sehene Spore  (Fig.  397  A)  setzt  sich  mit  der  unteren  Spitze  fest  (^) ;  beide  Zellen  teilen 
sich  sodann  (C),  und  aus  der  oberen  Zelle 
geht  ein  Anhängsel  mit  mehreren  einzelligen, 
f laschenf örmigen  Antheridien  (D,  an)  her- 
vor, aus  welchen  die  nackten,  zilienlosen, 
kugeligen  Spermatien  entleert  werden, 
während  die  untere  Zelle  zunächst  in  vier 
Zellen  (D  a,  b,  c,  d)  sich  teilt,  von  denen  a 
sich  vorwölbt  und  einen  vielzelligen  weiblichen 
Apparat  liefert.  Die  eigentliche  Eizelle  (Eac), 
Karpogon  genannt,  ist  von  einer  Hülle  um- 
geben und  über  ihr  stehen  zwei  Zellen  {Sip,  t), 
von  denen  die  oberste  als  Trichogyn  frei 
hervorragt  und  als  Empfängnisorgan  für  die 
Spermatien  fungiert.  Das  Karpogon  teilt  sich 
nach  der  Befruchtung  in  drei  Zellen,  von 
denen  die  obere  verschwindet,  die  untere 
{F,  st)  steril  bleibt,  die  mittlere  aber  zu  den 
Sporenschläuchen  auswächst,  die  je  vier  zwei- 
zeilige spindelförmige  Sporen  erzeugen  ((?). 
Die  Sexualkerne  treten  im  Karpogon  nur 
paarweise  dicht  zusammen  und  teilen  sich 
dann  konjugiert  weiter;  erst  in  den  Askus- 
anlagen  vollzieht  sich  die  Kopulation  der 
Kerne.  Bei  gewissen  Arten  fehlen  die  An- 
theridien; nach  Faull  erhält  das  Karpogon 
in  diesen  Fällen  einen  zweiten  Kern  aus  der  Y\g.  397.  Stigmatomyces  Baerii.  Erklärung 
Tragzelle  des  Trichogyns.  im   Text.     A   Spore,   B,   F  Aufeinander- 

folgende  Stadien.    D  Mit  Antheridien  an, 

aus  denen  Spermatien  austreten.     E  Oben 

Äctinomycetes,  Strahlenpilze {'%  ^^-^  Antheridien,   links    mit  ausgebildetem 

Die  Stellung  der  Strahlenpilze  im  System       weiblichem  Apparat.  F  Perithecium  mit  sich 

ist    zur   Zeit   noch    durchaus    unsicher.      Im       entwickelnden  Sporenschläuchen.   6^  Reifer 

vegetativen   Zustand   bestehen   sie   aus  sehr  Sporenschlauch.     Nach  Thaxter. 

feinen    monopodial    verzweigten  Fäden 

(Hyphen)  von  Bakteriendicke  (0,5—0,8  ^).  Der  Fadeninhalt  erscheint  homogen,  doch 
zerfallen  die  Fäden  leicht  in  Bruchstücke  und  könnten  daher  doch  wohl  in  Zellen  ge- 
gliedert sein.  Stärker  färbbare  Körnchen  im  Plasma  sind  vielleicht  Zellkerne.  Chlorophyll 
fehlt.  Rundliche  oder  zylindrische  Sporen  entstehen  reihenweise  durch  Teilung  und  Zerfall 
der  Hyphenenden  in  kurze  Zellen.  Da  weder  Sexualorgane  noch  die  für  Algenpilze  oder 
für  Fadenpilze  besonders  charakteristischen  Sporenbildungen  bei  den  Strahlenpilzen  nach- 
gewiesen sind,  fragt  es  sich,  ob  sie  primitive  Organismen  oder  ob  sie  als  redu- 
zierte Fadenpilze  etwa  den  Ascomyceten  anzuschließen  sind.  Von  den  Bakterien 
unterscheiden  sie  sich  durch  die  Verzweigung  der  Hyphen  und  andere  Sporenbildung, 
andererseits  stimmen  sie  vielfach  mit  ihnen  in  Vorkommen  und  Lebensweise  überein.  In 
zahlreichen  Rassen  sind  sie  überall  im  Erdboden,  an  Pflanzen  und  Tieren,  auf  allen 
möglichen  Substraten  verbreitet,  meist  als  Saprophyten,  einige  auch  als  Parasiten.  So  ist 
Actinomyces  Scabies  der  Erreger  der  Schorfkrankheit  der  Kartoffeln  und  Rüben.  Eiterige 
Geschwüre  beim  Rind  erzeugt  A.  bovis,  ähnliche  Krankheiten,  besonders  Eiterungen  im 
Kiefer,  beim  Menschen  A.  hominis.  Übrigens  ist  die  Unterscheidung  bestimmter  Arten  bei 
dem  jetzigen  Stand  unserer  Kenntnisse  und  bei  der  großen  Variabilität  der  Rassen  in  Kul- 
turen noch  nicht  durchführbar. 


396 


Schenck : 


2.  Unterklasse.  Basidiomycetes  {^'  ^i-  ^-'  'S-se^ 
Die  Basidieiipilze  scheinen  keine  Sexnalorgane  mehr  zu  besitzen; 
nur  bei  den  Uredineen  oder  Rostpilzen  treten  noch  Gebilde  auf,  die  man  als 
überkommene,  aber  funktionslos  gewordene  männliche  Organe  deuten  kann, 
und  sogar  auch  noch  Zellen,  die  den  Karpogonen  der  Askoniyceten  zu  ent- 
sprechen scheinen.  An  Stelle  der  Asci  treten  die  ihnen  gleichwertigen  Basi- 
dien,  die  aber  durch  Zellsprossung  die  Basidiosporen,  bei  den  meisten 
Vertretern  in  der  Zahl  vier,  erzeugen.  Ihre  Anlagen  zeigen  insofern  Über- 
einstimmung mit  denen  der  Asci,  als  in  sie  ebenfalls  zwei  Zellkerne  ein- 
treten, die  miteinander  verschmelzen.  Auf  diese  Kernverschmelzung  (Karyo- 
gamie) scheint  allgemein  eine  Reduktionsteilung  zu  folgen.  In  zwei  Teilungs- 
schritten entstehen  so  die  vier  Sporenkerne,  die  in  die  Aussprossungen  der 
Basidie  hineinwandern  (Fig.  398). 

Der  bei  den  Askomyceten  vorhandene  Generationswechsel  läßt  sich  bei  den 
Basidiomyceten  innerhalb  der  Gruppe  der  Uredineen  noch  in  ähnlicher  Form  erkennen, 
bei  den  übrigen  Gruppen  aber  mangels  der  Sexualorgane  nicht  mehr  feststellen.  Als  Er- 
satz einer  Kopulation  von  Sexualzellen  kommen  Zellfusionen  in  Betracht,  die  zweikernige 
Zellen  liefern.  Jedes  Kernpaar  entspricht  zwar  einem  diploiden  Kern,  aber  erst  in  der 
Anlage  der  Basidien  kommt  eine  Verschmelzung  der  beiden  haploiden  Kerne  eines  Paares 
zu  einem  wirklich  diploiden  zustande,  der  dann  bei  seiner  Teilung  gleich  wieder  haploide 
Kerne  liefert. 

Die  Basidien  treten  in  drei  verschiedenen  Formen  auf.  Bei  den  Ord- 
nungen der  Uredineen  und  Auricularieen  ist  ihr 
oberer  Teil  durch  Querwände  in  vier  Zellen  ge- 
teilt, von  denen  eine  jede  an  ihrem  oberen  Ende 


Fig.  398.  Armillaria  mellea. 
A  Junge  Basidie  mit  den  beiden 
primären  Kernen.  ^Nach  Ver- 
schmelzung der  beiden  Kerne. 
—  Hypholoma  appendiculatum. 
C  Basidie  vor  dem  Übertritt  der 
aus  dem  sekundären  Basidien- 
kern  entstandenen  vier  Kerne 
in  die  jungen  scheitelständigen 
Basidiosporen.  D  Übertritt  des 
Zellkernes  durch  das  Sterigma 
in  die  Basidiospore.  Nach 
Ruhland. 


eine  auf  einem  dünnen 
sitzende  Spore  erzeugt 
(Fig.  404,  409).  Bei  den 
Tremellineen  dagegen  teilt 
sich  die  Basidie  durch  zwei 
Längswände  in  vier  mit 
langen  schlauchf  örmigt  n 
Sterigmen  versehene  Zellen 
(Fig.  399).  Bei  den  Exo- 
basidiinen ,  Hymenomy- 
ceten  und  Gasteromyceten 
ist  der  Basidienträger  ein- 
zellig, ungeteilt;  er  bildet 
an  seinem  Gipfel  vier  Spo- 
ren, die  meist  auf  Sterig- 
men sitzen,  seltener  un- 
gestielt sind  (Fig.  398, 
421  2).  Von  Interesse  ist 
das  Verhalten  der  Ustila- 
gineen,  indem  bei  der  einen 
Familie  dieser  Pilze  quer- 


Stielchen    (Sterigma) 


Fig.  399.  Basidie  einer 
Tremellinee  (Tremella 
lutescens).  Vergr.  450. 
Nach  Brefeld.  Aus 
V.  Tavel,  Pilze. 


geteilte  Basidien,  bei  der 
anderen    dagegen   ungeteilte    Basidien   auftreten.      Die   Zahl   der   gebildeten 
Sporen  ist  hier  nicht  scharf  begrenzt,  sondern  oft  sehr  groß. 

Außer  den  Basidien  treten  wie  bei  den  Askomyceten  auch  hier  Koni  dien  als 
Nebenfruktifikationen  in  dem  Entwicklungsgang  mancher  Arten  auf.  Von  der  Konidien- 
bildung  verschieden  ist  die  Entstehung  ungeschlechtlicher  Sporen  durch  Abrundung, 
Membranverdickung  und  schließliche  Abtrennung  der  Hyphenzellen  (Chlamydosporen 
nach  Brefeld).     So  entstehen    reihenweise  die  Brandsporen    der  Ustüagineen,   endständig 


Thallophyten. 


397 


die  Rostsporen  der  Uredmeen.  Bei  ersteren  gehen  die  Basidien  unmittelbar  aus  den 
keimenden  Brandsporen  hervor  (Fig.  401),  bei  letzteren  aus  bestimmten  Rostsporen 
(Fig.  4042).  Beide  Gruppen  unterscheiden  sich  dadurch  scharf  von  den  übrigen  Basidio- 
myceten,  bei  denen,  abgesehen  von  einigen  einfacheren  Formen,  von  den  Myzelien  durch 
Hyphenverflechtung  Fruchtkörper  angelegt  werden,  an  deren  Oberfläche  oder  in  deren 
Innerem  dann  die  Basidien,  meist  in  besonderen  Schichten  oder  Hymenien  zur  Bildung 
gelangen.  Diese  Fruchtkörper  entsprechen  denen  der  Askomyceten,  nur  fehlen  in  ihren 
Anlagen  die  Sexualorgane.  Die  den  Rost-  und  Brandsporen  entsprechenden 
Basidienanlagen  gehen  hier  aus  Hyphenzellen  der  Fruchtkörper  hervor, 
ohne  daß  Chlamydosporenbildung  eintritt. 

/.  Ordnung.  Ustilagineae,  ßyandpilze{^'').  Die  Brandpilze  leben  para- 
sitisch in  höheren  Pflanzen.  Besonders  dienen  die  Gramineen  als  Nährpflanzen.  Gewisse 
Arten  sind  dem  Getreide  in  hohem  Maße  schädlich:  sie  erzeugen  in  den  Fruchtständen 
von  Hafer,  Gerste,  Weizen,  Hirse,  Mais  die  als  Getreidebrand  bekannten  Krankheiten. 
Das  Myzelium  bildet  die  Brandsporen,  indem  seine  Hyphen  sich  durch  Quer- 
wände in  kurze  Zellen  teilen,  die  anschwellen,  sich  abrunden,  ihre  Membran  aufquellen 
lassen  und  sich  als  Sporen  innerhalb  der  später  verschwindenden  Gallerthüllen  mit  einer 
neuen  Membran  umgeben.  So  zerfällt  das  Myzelium  in  eine  dunkelbraune  oder  schwarze 
Masse  von  Brandsporen.  Diese  sind  Dauersporen,  werden  von  den  Wirtspflanzen  aus 
durch   den  Wind   zerstreut   und   keimen   nach  der  Winterruhe   zu   den   Basidien   aus, 

deren  Bildung    bei   den   beiden  Familien   der 
Brandpilze,   den   Ustüaginaceen  und   den    Tille- 
'J  tiaceen,  nach  verschiedenen  Typen  erfolgt. 


Fig.  400.  Ustilago.  A  In  Nährlösung  keimende 
Brandspore  cl  mit  der  Basidie  (Promyzel)  t,  den 
Basidiosporen  (Sporidien)  c.  Vergr.  450.  B  In 
Nährlösung  sprossende  Konidien.  Vergr.  200. 
C  Sproßverband  von  Konidien.  Vergr.  350. 
Nach  Brefeld.     Aus  v.  Tavel,  Pilze. 


Fig.  401.  Ustilago  scabiosae.  A  Aus 
der  Brandspore  gekeimte  junge  Basidie 
mit  vier  Kernen.  B  Sporenbildung  an 
der  vierzelligen  Basidie.    Nach  Harper. 


Als  wichtigster  Vertreter  der  Ustilaginaceen  ist  die  (Gattung  Ustilago  zu  er- 
wähnen. Ust.  Avenae,  Hordei,  Tritici,  die  früher  als  U.  Carho  zusammengefaßt  wurden, 
verursachen  den  Staubbrand  in  den  Fruchtknoten  von  Hafer,  Gerste,  Weizen,  Ust.  Maydis 
an  den  Halmen,  Blättern  und  Infloreszenzen  des  Mais  die  Bildung  von  großen,  mit 
schwarzem  Brandsporenpulver  erfüllten,  geschwürartigen  Beulen  und  Blasen.  Ust.  violacea 
lebt  in  Caryophyllaceen  (Lychnis,  Saponaria),  deren  Staubbeutel  von  ihr  an  Stelle  des 
Pollens  mit  Brandsporen  erfüllt  werden.  An  weiblichen  Lichtnelkenpflanzen  bewirkt  der 
Pilz  in  den  Blüten  die  Entwicklung  von  Staubgefäßen  mit  brandigen  Antheren. 

Die  Brandsporen  von  Ustilago  keimen  nach  der  Ruhezeit  auf  dem  Boden  zu  einem 
kurzen  Schlauch  (Promyzel),  der  sich  durch  drei  bis  vier  Querwände  teilt  (Fig.  401)  und 
die  Basidie  vorstellt;  diese  bringt  seitlich  am  oberen  Ende  ihrer  einzelnen  Zellen  so- 
wie an  ihrer  Spitze  die  eiförmigen,  hier  einkernigen  Basidiosporen  (Sporidien)  her- 
vor.   Wenn  reichlich  Nährstoffe  dem  Pilz  zur  Verfügung  stehen,  wie  bei  Kultur  in  Nähr- 


398 


Schenck : 


lößungen,  werden  beständig  neue  Sporen  in  großer  Zahl  abgegliedert  (Fig.  400),  und  diese 
vermehren  sich  dann,  indem  sie  fortgesetzt  in  Konidien  weitersprossen.  Sind  keine  reich- 
lichen Nährstoffe  im  Substrat  vorhanden,  so  erfolgen  bei  manchen  Brandpilzen  paarweise 
Fusionen  zwischen  den  Konidien  oder  zwischen  den  Zellen  des  Promyzels  (Fig.  403).  Auf 
den  Getreideäckern  findet  die  Konidienbildung  im  feuchten  gedüngten  Boden  statt,  also 
bei  saprophytischer  Ernährungsweise,  und  die  aus  Konidien  oder  Fusionszellen  schließlich 
hervorgehenden  Fäden  gehen  zur  parasitischen  Lebensweise  über,  indem  sie  in  Getreide - 
keimlinge  eindringen  und  diese  bis  zur  Vegetationsspitze  durchwachsen,  wo  später  die 
Infloreszenzen  angelegt  werden.  In  letzteren  entwickelt  sich  das  Myzel  weiter  und 
schließt  mit  der  Erzeugung  der  Brandsporen  ab. 

Außer  der  Infektion  junger  Pflanzen  kommt  auch  eine  Infektion  der  Blüten  vor, 
indem  Brandsporen  oder  am  Boden  gebildete  Konidien  auf  die  Narben  gelangen  und  dort 
zu  Myzelien  auskeimen,  die  in  die  Samenanlagen  eindringen  und  schließlich  im  Keimling 
überwintern.  Entweder  findet  ausschließlich  ßlüteninfektion  statt,  so  bei  UstUago  Trüici, 
Hordej,  oder  vorwiegend  Infektion  der  Keimpflanzen,  so  bei  U.  Avenue,  Sorg/n',  Panici 
miliacei,  Crameri,  während  der  Maisbrand  mit  seinen  Konidien  alle  Teile  noch  junger 
Maispflanzen  infizieren  kann  und  sich  auf  die  infizierte  Stelle  beschränkt. 

Die  Tilletiaceen  führen  ähnliche  Lebensweise  wie  die  Ustilaginaceen.  Am  be- 
kanntesten sind  Tilletia  Trüici  (auch  T.  Caries  genannt)  und  Till,  laevis,  die  ^Pilze  des 
Stein-  oder  Stinkbrandes  des  Weizens.     Die  Weizenkörner  werden  vom  Pilz  mit  schwärz- 


Fig.  402.  Tilletia  Tritici.  A  Die  aus  der  Brandspore  hervorgegangene  Basidie  mit 
vier  Paaren  endständiger  Sporen  k.  Vergr.  300.  ß  Ablösung  der  fusionierten  Sporen- 
paare. Vergr.  250.  C  Ein  solches  in  Keimung  mit  sichelförmiger  Sekundärkonidie  sk. 
Vergr.   400.     \D  Myzelium   mit  sichelförmigen  Konidien.      Vergr.    350.     Nach  Brefeld. 


liehen,  nach  Heringslake  riechenden  Brandsporen  erfüllt,  die  bei  ersterer  Art  netz- 
förmig verdickte,  bei  letzterer  glatte  Wandung  besitzen.  Im  Gegensatz  zu  den  Ustila- 
ginaceen erzeugt  der  Keimschlauch  nach  vorausgegangener  mehrmaliger  Teilung  seines  Kernes 
die  hier  fadenförmigen  Basidiosporen  nur  an  seinem  Scheitel,  in  wirteliger  Anordnung 
zu  8  bis  16  (Fig.  402  A).  Sie  zeigen  die  Eigentümlichkeit,  daß  sie  paarweise  miteinander 
in  Verbindung  treten  (B)  und  somit  auch  paarweise  abfallen.  Die  Sporenpaare  keimen 
leicht  aus  und  erzeugen  an  ihren  Keimschläuchen  wiederum  je  eine  Koni  die,  aber  von 
sichelförmiger  Gestalt  (Fig.  402  C).  Bei  reichlicher  saprophytischer  Ernährung  wachsen 
die  Keimschläuche  zu  größeren  Myzelien  heran,  an  denen  in  reichem  Maße  solche  sichel- 
förmigen Konidien  an  der  Luft  abgegliedert  werden  (Z>).  Tilletia  weist  somit  im  Gegensatz 
zu  Ustilago  zweierlei  Formen  von  Konidien  auf.  Im  übrigen  stimmt  die  Entwicklung  bei 
beiden  Gruppen  überein. 

Bezüglich  des  Verhaltens  der  Kerne  der  Brandpilze  ist  zu  bemerken,  daß 
allgemein  in  die  jungen  Brandsporen  zwei  Kerne  eintreten,  die  dann  verschmelzen.  Bei 
der  Keimung  der  Brandsporen  ist  eine  Reduktionsteilung  zu  erwarten.  Die  Zellen  des 
Promyzels  und  die  Sporidien  sind  einkernig  und  bezeichnen  den  Beginn  der  haploiden 
Phase.  Die  Zweikernigkeit  der  Zellen  wird  nun  auf  verschiedene  Weise  erreicht.  Bei 
U.  Maydis,  Doassansia  Sagittariae  besteht  das  parasitische  Myzel  aus  einkernigen  Zellen, 
und  erst  kurz  vor  der  Sporenbildung  fusionieren  benachbarte  Hyphenzellen  durch  Lösung 
der  Querwand  paarweise   miteinander,    wodurch   zweikernige,    die  Sporen   liefernde  Zellen 


Thallophyten. 


399 


entstehen.  Dagegen  erhält  bei  U.  carba  und  wohl  den  meisten  Brandpilzen  das  parasitische 
Myzel  zweikernige  Zellen  dadurch,  daß  die  Sporidien  oder  die  aus  ihnen  hervorgehenden 
Konidien  oder  sogar  schon  die  Promyzelzellen  oder  auch  die  Zellen  der  aus  ihnen  oft 
entstehenden  verzweigten  Myzelien  paarweise  fusionieren  (Fig.  403).  Ähnlich  verhält  sich 
auch  Tilletia,  bei  der  die  Sporidien  bereits  vor  ihrer  Loslösung  paarweise  in  Verbindung 
treten;  aus  der  einen  Sporidie  tritt  der  Kern  in  die  andere  über.  Die  bei  der  Keimung 
aus  ihr  hervorgehenden  Hyphenzellen  und  sekundären  Sporidien,  ebenso  die  Zellen  des 
parasitischen  Myzeliums  sind  demgemäß  sämtlich  zweikernig. 

Für  Ustilago  violacea  hat  Kniep  nachgewiesen,  daß  die  aus  Sporidien  hervorgehenden 
Konidien  nicht  miteinander  kopulieren,  wenn  sie  Abkömmlinge  nur  eines  Sporidiums  sind. 
Physiologische  Geschlechtsdifferenzierung  führt  hier  zur  Bildung  zweier  zwar  äußerlich  gleicher, 
innerlich  aber  heterogener  Sor- 
ten von  Sporidien.   Solche  Ge- 
schlechtsdifferenzierung bei  Us- 
tilagineen     dürfte     sich     nach 
Kniep    und  Rawitscher  be- 
reits bei  der  Reduktionsteilung 
des    Brandsporenkerns   in    die 
zwei  ersten  Promyzelkerne  voll- 
ziehen,   von    denen  einer  und 
seine    Abkömmlinge   das    eine 
Geschlecht  (+),  der  andere  das 
andere  Geschlecht   ( — )  erhält. 

Bei  den  Brandpilzen  sind 
somit  haploide  und  diploide 
Phasen  nicht  übereinstimmend 
festgelegt. 


4ii^i^>^^m-. 


B  C 

Fig.  403.  Ustilago  Garbo. 
A  Kopulierende  Sporidien. 
B  Die  zwei  obersten  Zellen 
eines  Promyzels  zu  einer 
zweikernigen  Zelle  kopu- 
liert. C  Kopulation  zwi- 
schen zwei  Promyzelien. 
Vergr.  1000.  Nach  Ra- 
witscher. 


Fig.  404.  Puccinia  graminis.  /  Querschnitt  durch  einen 
Getreidehalm  mit  einem  Teleutosporenlager.  2  Keimende 
Teleutospore  mit  zwei  Basidien.  3  Vegetativ,  4  fruktifikativ 
keimende  Basidiospore.  Letztere  mit  Sekundärspore,  welche 
gebildet  wird,  wenn  zur  Infektion  einer  Pflanze  keine  Gelegen- 
heit geboten  ist.  5  Gruppe  von  Uredosporen  u,  untermischt 
mit  einer  Teleutospore  i,  p  die  Keimsporen.  6  Keimende 
Uredospore.  /  Vergr.  1.50.  2  Vergr.  ca.  230.  j,  4  Vergr.  370. 
5  Vergr.  300.  6  Vergr.  390.  2,  3,  4  nach  Tulasne.  5,  ö  nach 
DE  Bary.    Aus  V.  Tavel,  Pilze. 


2.  Ordnung.  Uredineae,  Rostpilze  {^^-^^).  Die  Rostpilze  leben  als 
Parasiten  mit  ihren  Myzelien  in  den  Interzellularräumen  hauptsächlich  der  Blätter  höherer 
Pflanzen  und  sind  die  Erreger  der  sehr  verbreiteten  Rostkrankheiten.  Von  den  Brand- 
pilzen unterscheiden  sie  sich  durch  viel  mannigfaltigere  Sporenbildungen. 


400 


Schenck : 


Fig.  405.  Gymnosporangium  clavariaeforme. 
Spermogonium  auf  Crataegusblättern,  die  Epi- 
dermis durchbrechend.  sj>  Spermatien,  p  sterile 
Saftfäden  öder  Paraphysen.     Nach  Blackman. 


Auch  hier  entstehen  Basidien  nicht  direkt  am  Myzel,  sondern  bei  der  Keimung 
besonderer  Sporen,  der  Teleuto-  oder  Wintersporen,  die  für  fast  sämtliche  Rostpilze 
charakteristisch  sind.  Diese  Sporen  werden  in  kleinen  Gruppen  unter  der  Epidermis  der 
Nährpflanze  aus  den  Endzellen  dicht  nebeneinander  stehender  Hyphenäste  gebildet,  entweder 
einzeln  oder  Läufig  zu  zwei  oder  mehr  in  kurzer  Kette;  sie  sind  dickwandige,  den  Winter 

überdauernde  Ruhesporen  (Fig.  404,  / 
und  5  i).  Die  Sporenlager  durchbrechen 
gewöhnlich  die  Epidermis.  Die  Sporen 
besitzen  anfangs,  wie  auch  alle  Zellen 
des  sie  bildenden  Myzels,  zwei  Kerne; 
in  reifem  Zustande  aber  sind  letztere  zu 
einem  Kern  verschmolzen. 

Bei  der  Keimung  wächst  aus  der 
Teleutosporenzelle  eine  Basidie  (Pro- 
myzel) hervor,  die  sich,  wohl  allgemein 
unter  Reduktionsteilung  ihres  Kernes, 
in  vier  Zellen  quer  teilt  und  aus  jeder 
Zelle  auf  einem  Sterigma  eine  Basidio- 
spore  (Sporidie)  erzeugt,  die  nur  einen 
Zellkern  enthält  (Fig.  404,  2).  Die  Sporen 
werden  durch  den  Wind  verbreitet  und 
keimen  im  Frühjahr  auf  den  Blättern 
von  Nährpflanzen  derselben  Art  oder 
einer  anderen  Art  zu  einem  interzellu- 
lären Myzelium,  dessen  Zellen  sämtlich 
einkernig  bleiben.  Aus  diesem  Myzelium 
entwickeln  sich  nun  zweierlei  Gebilde,  und  zwar  Spermogonien  an  der  Blattoberseite, 
Äcidien  an  der  Blattunterseite. 

Die  Spermogonien  (Fig.  405)  sind  krugförmige  Gebilde,  deren  Grund  von 
Hyphenenden  ausgekleidet  wird,  welche  die  mit  je  einem  Zellkern  ausgestatteten  Sper- 
matien abgliedern.  Sie 
entsprechen  morpho- 
logisch den  gleichnami- 
gen, bei  gewissen  Asko- 
myceten  auftretenden 
männlichen  Sexualorga- 
nen, die  unter  den  Basi- 
diomyceten  nur  bei  Ure- 
dineen  zwar  noch  viel- 
fach erhalten  bleiben, 
aber  keine  Funktion 
mehr  ausüben  und  auch 
ganz  fehlen  können.  Die 
Spermatien  vermögen  in 

Nährlösungen  kurze 
Keimschläuche  zu  trei- 
ben, sind  aber  nicht  im- 
stande, auf  Blättern  neue 
Infektionen  hervorzu- 
rufen. 

Die       Äcidien 
(Fig.  406)  sind  anfangs 
geschlossene,  später  sich 
öffnende,  becherförmige 
Fruchtkörper,  die  zahl- 
reiche,   dicht  nebenein- 
ander stehende,  von  basalen  Trägern  abgegliederte  Sporenketten   enthalten.     Meist  umgibt 
eine  einschichtige,  aus  dickwandigen  Zellen  bestehende  Hülle  (Peridie)  das  Äcidium.     Die 
von  Blackmax  ("**)  an  dem  auf  Brombeerblättern  vorkommenden  Rost,  Phragmidium  viola- 


Fig.    406.     Puccinia  graminis.     Äcidium   auf  Berberis  vulgaris. 

ep    Epidermis    der    Blattunterseite,     m    interzellulares    Myzel, 

p  Peridie,  s  Sporenketten.     Vergr.  142. 


Thallophyten. 


401 


ceiim,  untersuchte  Entstehung  eines  solchen  Organs  erfolgt  in  der  Weise,  daß  die  unter  der 
Blattoberhaut  gelegenen  Hyphenenden  zunächst  eine  sterile,  bald  vergängliche  Zelle  an 
ihrer  Spitze  abgrenzen,  und  daß  die  darunter  gelegene  fertile  Zelle  anschwillt  (Fig.  407  A). 
Sie  enthält  nur  einen  Kern;  aber  sie  wird  zweikernig  dadurch,  daß  der  Zellkern  einer 
anstoßenden  Myzelzelle  in  sie  hinüberwandert,  ohne  daß  Kernverschmelzung  eintritt  (kon- 
jugierte Kerne).  Diese  zweikernige  „basale"  Zelle  teilt  sich  nun  in  eine  Kette  von  zwei- 
kernigen Sporenmutterzellen,  die  nochmals  je  in  eine  obere  zweikernige  Äcidiospore  und 
eine  untere,  ebenfalls  zweikernige,  aber  steril  bleibende,  bald  zusammenschrumpfende 
Zwischenzelle  zerlegt  werden  {B,  C). 

Nach  CHRiSTMAN(78aj  vollziehen  sich  diese  Vorgänge  in  etwas  anderer  Weise  bei 
dem  auf  Rosen  schmarotzenden  Phragmidium  speciosum  (Fig.  408)  und  ebenso  nach  neueren 
Untersuchungen  auch  bei  Puccinia  und  anderen  Gattungen. 
DieÄcidiumentwicklung  dieser  Formen  darf  als  die  typische 
gelten.  Zwar  teilen  sich  auch  hier  die  Hyphenenden  {A) 
in  eine  obere,  sterile,  vergängliche  Zelle  und  in  eine 
untere  fertile  Zelle  {B)\  die  fertilen  Zellen  verschmelzen 
aber  paarweise  miteinander  (C),  indem  ihre  Wandung 
im  oberen  Teile  aufgelöst  wird.  Die  beiden  Kerne  teilen 
sich  darauf  gleichzeitig  und  nebeneinanderliegend  (kon- 
jugierte Teilung)  in  je  zwei  Tochterkerne,  von  denen 
zwei  in  den  unteren  Teil,  zwei  in  den  oberen  Teil  der 
Zelle  rücken  (Z?),     Dieser  grenzt  sich  nunmehr  als  erste 


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,^f^'i.^a. 


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Fig.  407.  Phragmidium  violaceum. 
A  Teil  einer  Äcidiumanlage,  st 
sterile  Zelle,  a  fertile  Zellen,  bei 
ff,.  Übertreten  des  Kernes  einer 
benachbarten  Zelle.  B  Bildung 
der  ersten  Sporenmutterzelle  sm^ 
aus  der  Anlage  a  einer  Sporen- 
kette. C  Weitere  Teilung,  aus 
S7n^  die  Äcidiospore  ae  und  die 
Zwischenzelle  z  gebildet,  .9w.,  die 
zweite  Sporenmutterzelle.  D  Reife 
Äcidiospore.     .  Nach    Blackman. 


Fig.  408.  Phragmidium  speciosum.  A  Erste  Anlage 
eines  Äcidiums  unter  der  Blattepidermis  von  Rosa. 
B  Teilung  einer  Hyphenendzelle  in  die  obere  sterile 
vergängliche  und  die  untere  fertile  Zelle.  C  Kopulation 
zweier  benachbarter  fertiler  Zellen.  Z)  Weiteres  Stadium, 
erste  Kernteilung  vollendet.  E  Abgliederung  der 
ersten  Äcidiosporenmutterzelle.  F  Kette  von  Äcidio- 
sporen  a^  a.^,  Zwischenzellen  z^  s.,,  die  zuletzt  gebildete 
Mutterzelle  svi  noch  nicht  geteilt.     Nach  Christman, 


Sporenmutterzelle  durch  eine  Querwand  ab.  Die  Bildung  der  Äcidiosporenketten  erfolgt 
im  übrigen  wie  zuvor  dargestellt.  Eine  Peridie  wird  bei  Phragmidium  nicht  angelegt, 
wohl  aber  bei  Puccinia  u.  a. ;  sie  geht  hervor  aus  den  steril  bleibenden  peripherischen 
Sporenketten  und  den  die  Decke  des  Peridiums  bildenden  Endzellen  der  mittleren 
Sporenreihen. 

Die  reifen  zweikernigen  Äcidiosporen  (Fig.  407  D)  stäuben  aus,  infizieren  eine  neue 
Wirtspflanze,  und  aus  jeder  Spore  geht  wieder  ein  interzellulares  Myzelium  hervor,  das 
dann  bald  im  Sommer  zur  Bildung  von  Uredo-  oder  Sommersporen  übergeht.  Diese 
entstehen  in  kleinen  rundlichen  oder  strichförmigen  Lagern,  einzeln  aus  den  anschwel- 
lenden Endzellen  ihres  Trägers  (Fig.  404,  5  und  ö)  und  enthalten,  wie  auch  die  Zellen 
des   ganzen,   aus   der  Äcidiospore   hervorgehenden  Myzels,   zwei  Kerne.     Sie   besorgen  im 

strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  26 


402  Schenck : 

allgemeinen  die  Ausbreitung  des  Pilzes  im  Sommer.  Später  werden  dann  in  denselben 
oder  in  anderen  Lagern  die  Teleutosporen  gebildet,  in  denen  erst  die  Kopulation  der 
beiden  Kerne  zn  einem  einzigen  stattfindet,  wie  dies  überhaupt  in  den  Basidienanlagen 
zu  geschehen  pflegt. 

Die  beiden  Formen  der  Zellfusionen  in  den  Anlagen  der  Äcidien  sind  auch  noch 
bei  anderen  Uredineen  nachgewiesen  und  können  nur  als  Ersatz  ehemaliger  Befruchtungs- 
vorgänge angesehen  werden.  Wenn  wir  die  Uredineen  von  den  Askomyceten  ableiten 
wollen,  müssen  wir  die  Spermatien  als  funktionslos  gewordene  männliche  Sexualzellen  an- 
sehen und  die  sog.  fertilen  Zellen  der  Äcidienanlagen  mit  den  Karpogonen  vergleichen 
Zieht  man  den  Vergleich  noch  weiter,  so  würden  in  dem  Entwicklungsgang  der  Ure- 
dineen diese  fertilen  Zellen  den  Anfang  von  diploiden  ungeschlechtlichen  Generationen 
vorstellen,  die  nach  Bildung  von  Äcidio-,  Uredo-  und  Teleutosporen  in  den  den  Ascis 
entsprechenden  Basidien  ihren  Abschluß  finden,  während  die  haploide  geschlechtliche 
Generation  aus  den  Basidiosporen  hervorgeht  und  in  den  Äcidiumanlagen  endigt.  Die 
Übereinstimmung  zwischen  Askomyceten  und  Uredineen  zeigt  sich  auch  in  dem  Verhalten 
der  Sexualkerne,  die  in  den  Sexualorganen  nur  sich  paaren,  bei  den  Schlauchpilzen  aber 
erst  in  den  Askusanlagen,  bei  den  Rostpilzen  erst  in  den  Basidienanlagen  endgültig  mit- 
einander kopulieren. 

Die  drei  Sporenformen  der  Uredineen  zeigen  nach  Christman  in  ihrer  Entwick- 
lung aus  den  sie  bildenden  „basalen"  Zellen  gewisse  Übereinstimmung,  so  daß  sie  als 
morphologisch  gleichwertig  angesehen  werden  können. 

Der  Entwicklungsgang  der  Rostpilze  ist  also  höchst  kompliziert.  Entweder  treten 
die  verschiedenen  Sporenformen  im  Laufe  des  Jahres  an  ein  und  derselben  Nährpflanze 
auf;  solche  Uredineen  bezeichnet  man  als  au tö zische.  Oder  Spermogonien  und  Äcidien 
finden  sich  auf  der  einen  Nährspezies,  Uredo-  und  Teleutosporen  dagegen  auf  einer 
anderen,  der  ersteren  im  System  oft  sehr  ferne  stehenden  Pflanze.  Bei  diesen  letzteren 
heterözischen  Arten  liegt  also  ein  Wirtswechsel  des  Parasiten  vor.  Neben  solchen 
sehr  wählerischen  gibt  es  aber  auch  pleophage  heterözische  Rostpilze,  deren  Äcidien  oder 
deren  Uredo-Teleutosporen  auf  zahlreichen  verschiedenen  Nährpflanzen  auftreten  ('^). 

Als  Beispiel  für  Heterözie  sei  Puccinia  granums,  der  häufigste  Getreiderost- 
p  i  1  z ,  erwähnt,  der  seine  Uredo-  und  Teleutosporen  an  Blättern  und  Halmen  von  Gräsern, 
besonders  Roggen,  Weizen  und  Gerste  erzeugt.  Die  Äcidien  und  Spermogonien  dieser  Art 
entwickeln  sich  auf  den  Blättern  der  Berberitze  (Berberis  vulgaris).  Im  Frühjahr  treiben 
zunächst  die  überwinterten  Teleutosporen  ihre  Basidien,  von  denen  die  vier  Basidiosporen 
sich  ablösen  (Fig.  404, 2),  um  auf  die  Berberitzenblätter  durch  den  Wind  verbreitet  zu 
werden.  Der  Keimschlauch  dringt  ein  und  entwickelt  sich  zum  Myzel,  aus  dem  bald  an 
der  Blattoberseite  die  Spermogonien,  auf  der  Unterseite  die  Äcidien  (Becherrost,  Fig.  406) 
entstehen.  Die  rotgelben  Äcidiosporen  stäuben  aus  der  Peridie  aus  und  gelangen  auf 
Gräser.  Das  aus  ihnen  hervorgehende  Myzel  bringt  im  Sommer  zunächst  die  Uredosporen 
(Fig.  404,5)  hervor.  Die  Uredosporen  sind  einzellig,  mit  vier  äquatorialen  Keimporen  in 
der  außen  mit  kleinen  Warzen  bedeckten  Wandung  versehen  und  enthalten  rotgelbe  Fett- 
tröpfchen in  ihrem  Plasma.  Sie  keimen  auf  Getreide  und  verbreiten  rasch  die  Rostkrank- 
heit. Gegen  Ende  des  Sommers  werden  in  denselben  Lagern  (Fig.  404,  /)  die  dunkel- 
braunen, stets  zu  zwei  vereinigten,  dickwandigen  Teleutosporen  mit  je  einem  Keimporus 
erzeugt,  von  denen  im  nächsten  Jahr  die  Entwicklung  von  neuem  anhebt.  Auch  kann  in 
dem  durch  Uredosporen  infizierten  Wintergetreide  der  Pilz  überwintern  und  mit  Über- 
gehung von  Basidiosporen  und  Berberis-Äcidium  im  nächsten  Sommer  seine  Uredo-  und 
Teleutosporen  bilden  {^°). 

Nicht  alle  Uredineen  weisen  einen  so  reich  gegliederten  Entwicklungsgang  auf. 
Rostpilze,  die  sämtliche  Sporenarten  erzeugen,  heißen  Eu-Formen,  solche  ohne  Uredo: 
Opsis-Formen,  solche  ohne  Äcidien:  Brachy-Formen,  solche  ohne  Äcidien  und  Uredo: 
Mikro-Formen.  Bei  denjenigen  Rostpilzen,  die  keine  Äcidien  besitzen,  finden  wir  in  den 
aus  den  Basidiosporen  hervorgehenden  Myzelien  einkernige  Zellen,  später  aber,  vor  der 
Bildung  der  Teleutosporen,  zweikernige  Zellen.  Die  Zweikernigkeit  der  Zellen  wird  bei 
ihnen,  wie  bereits  für  einzelne  Fälle  festgestellt  wurde,  in  den  Anlagen  der  ersten  Uredo- 
sporen oder,  wenn  solche  fehlen,  in  den  Anlagen  der  Teleutosporen  (z.  B.  bei  Puccinia 
Malvacearuvi)  durch  Kopulation  zweier  Zellen  ähnlich  wie  in  den  oben  geschilderten 
Äcidiumanlagen  erreicht,  ein  Verhalten,  das  die  Homologie  der  drei  genannten  Sporen- 
formen bestätigt. 


Thallophyten, 


403 


:^;?:;^. 


4 


Abweichend  von  allen  übrigen  Rostpilzen  und  einfacher  verhält  sich  Endophyllum^^^'), 
dessen  Arten  auf  Senipervivum  und  auf  Euphorbia  schmarotzen  und  weder  Uredo-  noch 
Teleutosporen  bilden.  Das  aus  den  Basidiosporen  hervor- 
gehende, aus  einkernigen  Zellen  bestehende  Myzel  bildet 
Spermogonien  und  Äcidien ;  in  den  Anlagen  der  Äcidio- 
sporenketten  erfolgen  Zellfusionen  nach  Art  von  Phrag- 
midium,  wodurch  sie  zweikernig  werden.  Die  reifen  Äcidio- 
sporen  verhalten  sich  nunmehr  wie  die  Teleutosporen  der 
übrigen  Rostpilze;  ihre  beiden  Kerne  verschmelzen  zu 
einem  einzigen;  dann  keimen  die  Sporen  aus  zu  Basidien 
mit  vier  einkernigen  Basidiosporen  und  erfahren  vorher 
eine  Reduktionsteilung  ihrer  Kerne  (Fig.  409).  Vielleicht 
•kann  Endophyllnm  als  eine  primitive  Form  betrachtet  werden. 
Ebenso  verhält  sich  auch   Caeoma  nitens  (81a). 

J.  Ordnung.  Auricularieae,  Basidien 
wie  bei  den  Uredineen  quergeteilt,  mit  vier  Sporen. 
Hierher  nur  wenige  Formen,  unter  denen  am  bekanntesten 
der  als  Volksheilmittel  noch  vielfach  verwendete  Holunder- 
schwamm oder  das  Judasohr,  Auriculan'a  sambncina  ist, 
mit  gallertartigen,  dunkelbraunen,  muschelförmigen  Frucht- 
kürpern,  die  aus  alten  Holunderstämmen  hervorbrechen  und 
auf  ihrer  Innenseite  das  Basidienhymenium  tragen. 

4.  Ordnung.    Treniellineae,   Zitterpilze. 

Basidien  der  Länge  nach  geteilt  (Fig.  399).  Die 
Fruchtkörper  der  Zitterpilze  sind  von  gallertartiger  Be- 
schaffenheit, lappig  oder  runzlig  gefaltet  und  auf  ihrer 
Oberseite  mit  dem  Basidienhymenium  überkleidet.  Nur 
wenige  Gattungen,  saprophytisch  in  faulenden  Baumstämmen, 
aus  deren  Oberflächen  die  Fruchtkörper  hervorkommen. 

5.  Ordnung.    Exobasidiineae.    Die  Fruchtkörperbildung  fehlt  hier,  vielmehr 


Fig.  409.  Endophyllum  Sem- 
pervivi.  A  Junge  noch  zwei- 
kernige Äcidiospore.  ^  Reife 
einkernige  Spore.  CKeimende 
Spore,  deren  Kern  sich  bereits 
in  zwei  Kerne  geteilt  hat. 
Z>  Äcidiospore  zu  einer  jungen 
vierzelligen  Basidie  ausge- 
keimt.      Nach     Hoffmann. 


\ 


r 


entstehen  die  keulenförmigen,  ungeteilten, 
an  ihrem  Gipfel  vier  Sporen  auf  dünnen 
Sterigmen  tragenden  Basidien  frei  aus 
den  Myzelfäden,  so  bei  Exobasidmm 
Vaccinn,  einem  auf  Ericaceen,  besonders 
Preißel-  und  Heidelbeeren  auftretenden 
Pilz,  dessen  Myzel  Auftreibungen  der  be- 
fallenen Pflanzenteile  verursacht.  Die 
Basidien  werden  in  Lagern  unter  der  Epi- 
dermis gebildet  und  brechen  durch  diese 
nach  außen  hervor  (Fig.  410).  Als  Neben- 
fruktifikationen  treten  bei  dieser  Gattung, 
wie  bei  manchen  anderen,  Koni  dien 
auf,  die  als  schmal  spindelförmige  Zellen 
vom  Myzel  abgegliedert  werden  und  der 
Basidienbildung  vorausgehen. 

6.  Ordnung.  Hymenomyce- 

tes{''^).  Die  Basidien  sind  ungeteilt 
und  tragen  an  der  Spitze  auf  dünnen 
Sterigmen  vier  Sporen  (Fig.  411  sj>).  Sie 
werden  an  Fruchtkörpern  erzeugt,  die 
durch  Verflechtung  von  Hyphen  entstehen, 
und  sind  in  Schichten  oder  Hymenien 
angeordnet.  An  der  Zusammensetzung 
dieser   beteiligen   sich  die  Saftfäden   oder 

Paraphysen    (Fig.  411/)    und    vielfach  auch  die  ebenfalls  sterilen  Zystiden  (c),   ein- 
zellige Schläuche,  die  sich  durch  größeren  Umfang  auszeichnen. 

26* 


Fig.  410.  Exobasidium  Vaccinii.  Querschnitt 
durch  die  Stengelperipherie  von  Vaccinium. 
ep  Epidermis,  /  Rindenparenchym,  m  Mj'^zel- 
fäden  in  den  Interzellularräumen,  b  die  nach 
außen  hervorbrechenden  Basidien,  b'  noch 
ohne  Sterigmen,  b"  Anlage  der  Sterigmen, 
b'"  mit  vier  Sporen.  Vergr.  620.  NachWoiioxix. 


404 


Schenck : 


Die  vier  Sporen  werden  vermittels  des  osmotischen  Druckes  der  Basidien  von  den 
Sterigmen  nacheinander  eine  kurze  Strecke  weit  abgeschleudert;  sie  haften  überall  leicht 
an.  Ihr  freies  Herabfallen  von  den  Hymenien  wird  aber  durch  die  Paraphysen  begünstigt, 
die  die  Basidien  voneinander  trennen.  Die  Zystiden  sind  nach  Kxoll  Wasser  und  Schleim 
abscheidende  Organe.  In  einzelnen  Fällen  mögen  sie  auch  noch  andere  Funktionen  er- 
füllen, so  bei  Coprinus-Avtexi  das  Auseinander- 
halten der  Lamellen  und  somit  die  Sicherung 
des  Sporenfalles  (*^). 

Da  bei  den  Hymenomyceten  wie  auch 
bei  den  ihnen  nächst  verwandten  Ordnungen 
besondere  Sexualorgane  fehlen,  die  Basidien 
aber  den  Schläuchen  der  Askomyceten  ent- 
sprechen und  anfangs  wie  diese  zwei  mitein- 
ander kopulierende  Kerne  aufweisen,  so  ent- 
steht die  Frage,  ob  in  dem  Entwicklungsgang 
beider  Pilzgruppen  noch  weitere  Homologien 
bestehen,  und  wie  bei  ersteren  die  Zweikernig- 
keit der  Basidienanlage  zustande  kommt  {*^). 

Neuere  Untersuchungen,  besonders  von 
Kniep,  ergaben,  daß  wohl  bei  den  meisten 
Hymenomyceten  die  aus  den  Basidiosporen 
hervorgehenden  Myzelien  aus  einkernigen  Zellen 
bestehen,  daß  aber  dann  früher  oder  später 
schon  vor  und  unabhängig  von  der  Fruchtkörper- 
bildung weiterhin  Zweikernigkeit  sich  einstellt, 
daß  die  Kernpaare  in  den  Zellen  sich  konjugiert 
weiterteilen  und  daß  diese  Paarkernigkeit  mit  der 


Fig.411.  Russula rubra.  Teil  des  Hymeniums. 
sh  Subhymeniale  Schicht,  b  Basidien,  5  Sterig- 
men, sp  Sporen,  p  Paraphysen,  c  ein  Zystide. 
Vergr.  540.    Nach  Strasburger. 


Fig.  412.  Armillaria  mucida,  Schnallen- 
bildung und  Basidienentwicklung.  /  Be- 
ginn der  Schnallenbildung  in  der  zwei- 
kernigen Endzelle.  2  Ein  Zellkern  nach  der 
Schnallenausbuchtung  gerückt.  3  Konju- 
gierte Kernteilung.  4  Schnallenzelle  und 
Stielzelle  abgegrenzt  von  der  Basidienanlage. 
5  Fusion  dieser  beiden  Zellen.  6  Die  beiden 
Kerne  der  Basidienanlage  zu  einem  vereinigt. 
7  Junge  Basidie  mit  den  vier  Basidiosporen, 
oben  mit  vier  Sterigmenanlagen  (eine  davon 
verdeckt).     Nach  H.  Kniep. 


eigenartigen  Bildung  von  Myzelschnallen  Hand  in  Hand  geht  bis  zu  den  Anlagen  der 
Basidien.  Nur  wenige  Hymenomyceten  haben  vielkernige  Hyphenzellen  und  erst  kurz  vor  der 
Basidienbildung  paarkernige.  Die  Myzelschnallen  entstehen  sowohl  an  den  langzelligen  vege- 
tativen Hyphen  als  auch  an  den  kürzeren  und  dickeren  Hyphen,  aus  denen  die  Hymenien 
hervorgehen,  in  gleicher  Weise  als  seitliche,  hakenförmig  nach  unten  gerichtete,  kurze  Aus- 
stülpungen, je  eine  etwa  in  der  Mitte  einer  endständigen  Hyphenzelle  (Fig.  412,  /).  Hierauf 
•wandert  der  eine  der  beiden  Kerne  zum  Teil  in  diese  Ausstülpung  ein  und  teilt  sich  hier 
(2,  3);  gleichzeitig  teilt  sich  auch  der  andere  Kern,  zwischen  dessen  Tochterkernen  darauf 
eine  Querwand  dicht  unterhalb  der  Schnalle  entsteht.  In  die  Endzelle  des  Fadens  wandert 
auch    der  obere  Tochterkern  des  Schnallenkerns   ein.    während  der  untere  in  der  Schnalle 


Thallophyten.  405 

selbst  verbleibt.  Diese  grenzt  sich  durch  eine  Querwand  von  der  Endzeile  ab,  fusioniert 
mit  der  tieferstehenden  Zelle  und  läßt  ihren  Kern  in  sie  übertreten.  Durch  diese 
Schnallen bildung  erhalten  also  beide  Fadenzeilen  ihre  neuen  Kernpaare  als  Abkömmlinge 
des  ursprünglichen  Kernpaares.  Vielleicht  liegt  die  Bedeutung  dieses  umständlichen  Vor- 
ganges in  der  Sicherung  einer  solchen  Verteilung  der  Schwesterkerne  auf  zwei  getrennte 
Fadenzellen.  Die  zweikernige  Endzelle  wird  zur  Anlage  der  Basidie.  Beide  Kerne  ko- 
pulieren miteinander  und  teilen  sich  dann  in  vier  Sporenkerne  (Fig.  412,  5,  ö,  7).  Wie  bei 
den  Askomyceten  vollzieht  sich  also  auch  bei  den  Basidiomyceten  der  Befruchtungsvorgang 
in  zwei  Stufen,  Zellkopulation  bei  der  ersten  Schnallenbildung  und  Kernkopulation  in  den 
Basidien. 

Die  Schnallenbildung  entspricht  nach  Kniep  genau  der  Hakenbildung  vieler  Asko- 
myceten, bei  denen  sie  aber  nur  auf  die  askogenen  Hyphen  beschränkt  ist 

Kniep  hat  den  Nachweis  erbracht,  daß  die  Myzelien  wohl  der  meisten  Hymeno- 
myceten  heterothallisch  sind,  wie  bei  Mucorineen  (S.  382).  Schnallenbildung  und 
als  Folge  davon  Paarkernigkeit,  ferner  Fruchtkörperbildung  tritt  nur  ein,  wenn  sexuell 
verschieden  differenzierte  Myzelien  miteinander,  jedenfalls  durch  Anastomosen,  in  Ver- 
bindung treten.  Die  beiden  Kerne  einer  jeden  Myzelzelle  entstammen  dann  verschiedenen 
Myzelien.  Diese  sexuelle  Differenzierung  wird  nach  Knieps  Feststellung  bei  Aleurodiscus 
polygo7iius  bei  der  ersten  Reduktionsteilung  in  der  Basidie  vollzogen,  so  daß  von  ihren 
vier  Basidiosporen  zwei  das  eine  Geschlecht  (+).  zwei  das  andere  ( — )  erhalten. 

Nicht  alle  Basidiomyceten  sind  getrenntgeschlechtlich.  Es  gibt  auch  solche  mit 
zweikernigen  homot hallischen  Myzelien,  die  Fruchtkörper  mit  normalen  Basidien 
bilden.  Die  Paarkernigkeit  der  Hyphenzellen  stellt  sich  dann  an  ein  und  demselben  Ein- 
spor-Myzelium  ein,  bei  Hypochnns  nach  Kniep  bereits  durch  Teilung  des  Basidiosporenkerns. 

Das  Paarkernmyzel  bezeichnet  die  diploide  Phase,  die  haploide  beginnt  in  der  Basidie, 
endigt  unbestimmt  mit  dem  Beginn  der  Schnallen,  bei  Hypochnus  aber  bereits  mit  dem 
einkernigen  Anfangsstadium  der  Basidiospore.  Der  Generationswechsel  ist  also  infolge 
Unterdrückung  der  Sexualorgane  nicht  mehr  bei  allen  Vertretern  in  gleicher  Weise  aus- 
geprägt. 

Übrigens  gibt  es  auch  einzelne  sexuell  reduzierte  Basidiomyceten  (z.  B.  Coprinus 
fimetarms),  bei  denen  die  Schnallenbildung  unterbleiben  kann  und  die  Zellen  der  aus  den 
Sporen  hervorgehenden  Myzelien  stets  einkernig  sind.  So  entstehen  haploide  Fruchtkörper, 
in  denen  die  Kernverschmelzung  in  der  einkernigen  Basidienanlage  ausfällt,  trotzdem  aber 
Basidiosporen  erzeugt  werden. 

Die  meisten  Hymenomyceten  leben  mit  ihrem  Myzelium  im  humushaltigen  Boden 
der  Wälder  oder  im  faulenden  Holz,  in  absterbenden  Baumstämmen  und  erheben  ihre 
Fruchtkörper,  die  gemeiniglich  als  Schwämme  bezeichnet  werden,  über  die  Oberfläche 
des  Substrats.  Das  Myzel  der  im  Boden  vegetierenden  Formen  breitet  sich  an  der  Peri- 
pherie immer  weiter  aus  und  nimmt  eine  von  Jahr  zu  Jahr  immer  größer  werdende,  ring- 
förmige Zone  ein.  Infolgedessen  erscheinen  dann  auch  die  jährlich  hervorkommenden 
Schwämme  bei  ungestörter  Entwicklung  in  Ringen  angeordnet,  die  vom  Volk  Hexen- 
ringe  genannt  werden.  Weniger  zahlreiche  Hymenomyceten  vegetieren  parasitisch  in  der 
Rinde  und  dem  Holze  von  Holzgewächsen. 

Die  fortschreitend  reichere  Gestaltung  der  mannigfachen  Basidienfruchtkörper  dient 
zur  Einteilung  der  Hymenomyceten. 

1.  Die  The  lepho  raceen  erzeugen  einfach  gestaltete  Fruchtkörper  meist 
von  korkig  lederartiger  Beschaffenheit;  sie  bilden  auf  Baumstümpfen  teils  flache  Krusten 
von  rundlichem  oder  gelapptem  Umriß,  und  das  Basidienhymenium  überzieht  die  glatte 
Oberseite  dieser  Krusten;  oder  die  flachen  Fruchtkörper  heben  sich  in  horizontaler  Richtung 
vom  Substrat  ab,  bilden  halbkreisförmige,  oft  dachziegelartig  gruppierte  Hüte,  und  das 
Hymenium  ist  auf  ihrer  Unterseite  entwickelt,  so  bei  dem  an  Laubholzstämmen  häufigen 
Stereum  hirsutum.  Eigenartige  trichterförmige  schwarze  Fruchtkörper  hat  Craterellus 
cornucopioides,  die  Totentrompete,  ein  wohlschmeckender  Speisepilz. 

2.  In  der  Gruppe  der  Clavariaceen  haben  die  von  dem  Hymenium  an  ihrer 
Oberfläche  bedeckten  Fruchtkörper  die  Form  von  fleischigen  Keulen  oder  sind  korallen- 
artig verzweigt.  Die  größeren,  reich  verästelten  Formen  liefern  minderwertige  Speise- 
schwämme, so  Clavaria  flava  mit  gelbem  Fruchtkörper,  und  Ciavaria  Botrytis  (Fig.  413), 
von  blaßrötlicher  Farbe,  beide  als  Hahnenkamm  oder  Korallenschwamm  bezeichnet,  ferner 
der  krause  Ziegenbart,  Sparassis  crispa,  auf  Sandboden  in  Nadelwäldern  auftretend,  mit 
blattförmigen,  reich  verzweigten  Ästen,  bis  V2  ™  ini  Durchmesser  erreichend. 


406 


Schenck : 


3.  Die  Hydnaceen  oder  Stachelschwämme  besitzen  Fruchtkörper  mit  stachel- 
artigen  Auswüchsen,  auf  denen  die  Hymenien  als  Überzug  entwickelt  werden.  Die 
einfachsten  Hydneen  haben  krustenförmige  Fruchtkörper,  auf  deren  Oberseite  diese  Stacheln 
stehen,  andere  dagegen  gestielte,  hutförmige,  fleischige  Fruchtkörper,  die  auf  der  Hut- 
unterseite die  abwärts  gerichteten  Stacheln  tragen.  Zu  letzteren  gehören  verschiedene 
eßbare  Schwämme,  so  Hydtiznn  imhricatum,  der  Habichtsschwamm,  in  Kiefernwäldern,  mit 
braunem,  oben  schwärzlich  beschupptem,  bis  15  cm  breitem  Hut,  ferner  Hydnnm  repandnm, 
der  Stoppelschwamm  (Fig.  414)  mit  gelblichem  Hut. 


Ciavaria  Botrytis.     Verkl. 


Fig.  414.  Hydnum  repandum.  Verkl. 


4.  Bei  den  artenreichen  Polyporaceen  oder  Löcherschwämmen  besitzen  die  gestielten 
oder  sitzenden  Hüte  in  der  Regel  auf  ihrer  Unterseite  röhrenförmige  Vertiefungen 
oder  tiefgewundene  Gänge  oder  dicht  zusammenstehende  Röhrchen,  und  das  Basidien- 
hymenium    ist   in  diesen  auf   der   Innenseite   entwickelt.     Hierher  gehört   die  Gattung 


Fig.  415.     Boletus  Satanas,  Satanspilz.     Va  nat.  Gr.     Nach  Krombholz.     Giftig.     Verkl. 


Boletus,  Röhrling,  mit  großen,  fleischigen,  auf  "VValdboden  auftretenden,  gestielten  Hüten, 
deren  Unterseite  mit  einer  dicken  Schicht  von  feinen  Röhrchen  bekleidet  ist.  Die  Arten 
sind  teils  vorzügliche  Speisepilze,  %0Vi.'Si.  B.edulh,  der  Steinpilz,  .ff.  5a</?«5,  der  Maronen- 
pilz, B.  elegans,  der  schöne  Röhrling,  und  B.  luteus,  der  Butterpilz,  teils  aber  sehr  giftig, 
wie  der  Satanspilz,  B.  Satanas  (Fig.  415),  mit  fahlweißlichem,  bis  20  cm  breitem  Hut,  gelb 
bis  purpurrot  gefärbtem  und  mit  roter  Netzzeichnung  versehenem  Stiel  und  erst  blutroter, 
dann  orangeroter  Hutunterseite.     Wegen   seines   bitteren   Geschmacks  ungenießbar  ist  der 


Thallophyten. 


407 


dem  Steinpilz  ähnliche  Gallenröhrling,  B.  felleus,  der  sich  durch  hellrosa  Röhren  statt 
weißer  von  ihm  unterscheidet.  Von  den  zahlreichen  Arten  der  Gattung  Polyporus  ist 
offizineil  der  südeuropäische,  an  Lärchen  vorkommende  Polyporiis  o/füinalis,  dessen 
unregelmäßig  knollige,  weiße  Fruchtkörper  einen  hitteren  harzartigen  Bestandteil  enthalten. 
Verwandt  mit  Polyporus  ist  der  ebenfalls  offizineile  Feuer-  oder  Zunderschwamm,  Fonies 
fomentarms.  Sein  Myzelium  lebt  parasitisch  in  Laubbäumen,  besonders  Buchen,  und 
erzeugt  große  konsolförmige,  bis  50  cm  breite  und  35  cm  dicke,  mehrjährige  Fruchtkörper 
mit  harter,  grauer  Rinde  und  wergartiger,  den  Zunderschwamm  liefernder  Innenmasse. 
Auf  der  Unterseite  stehen  die  engen  Hymeniumröhren 
in  übereinander  lagernden  Jahresschichten.  Der  ähnliche 
Fomes  ign/arius,  unechter  Zunderschwamm  (Fig.  416), 
besonders  an  Eichen  auftretend,  ist  rotbraun  gefärbt, 
viel  härter  und    liefert  nur  einen  schlechten  Zunder. 


Fig.  416.  Fomes  igniarius.  Durchschnitt  durch  einen 
mehrjährigen  Fruchtkörper  mit  Zuwachszonen,  a  Be- 
festigungsstelle des  halbkreisförmigen  Hutes.    V.,  nat.  Gr. 


Fig.  417.      Psalliota   campestris. 

Champignon,       rechts       junger 

Fruchtkörper.     Verkleinert. 


Manche  Polyporeen  sind  sehr  schädliche  Parasiten  der  Waldbäume,  so  Fot7ies 
annosus,  an  Kiefern  und  Fichten.  Eine  sehr  schädliche  saprophytische  Art  ist  Merztlms 
lacrymans,  der  Haussch wamm  (^^),  dessen  Myzelium  in  feuchtem  Bauholz,  in  erster 
Linie  in  Nadelholz,  vegetiert  und  dieses  zerstört;  an  der  Oberfläche  des  Holzes  und  an 
Mauerwerk  bildet  sein  Myzel  große  grauweiße  Watten  mit  derben,  sich  verzweigenden 
Strängen,  die  neben  gewöhnlichen  Hyphen  siebröhrenartige  Hyphen  zur  Leitung  von 
Wasser  und  Nährstoffen  und  verdickte  Faserhyphen  enthalten.  Die  Hyphen  zeichnen  sich 
durch  schnallenförmige  Verbindungen  ihrer  aufeinanderfolgenden  Zellen  aus.  Die  aus 
Ritzen  hervorkommenden,  im  jungen  Zustand  weißen,  unregelmäßig  lappigen  Fruchtkörper 
tragen  das  Hymenium  auf  ihrer  grubigen  Oberfläche  und  sind  bei  der  Reife  mit  rost- 
braunen Sporenmassen  bedeckt.  Trockenlegung  und  gute  Durchlüftung  der  infizierten 
Räume  ist  das  sicherste  Mittel  zur  Bekämpfung  des  Hausschwammes.  Nahe  verwandt  mit 
ihm  ist  der  in  Wäldern  vorkommende  MeruUus  sil-vester. 

5.  Als  artenreichste  Gruppe  sind  schließlich  die  Agaricaceen  oder  Blätterschwämme 
zu  nennen,  deren  Hüte  auf  der  Unterseite  radiale  Lamellen  tragen,  die  mit  dem  Hymenium 
überzogen  sind.  Die  P'ruchtkörperanlagen  sind  rundliche  Körper,  in  denen  sich  bald  der 
Stiel  und  der  Hut  differenzieren.  Bei  vielen  Blätterpilzen  spannt  sich  eine  dünne  Hyphen- 
haut  (Velum)  in  dem  jungen  Fruchtkörper  vom  Hutrand  quer  zum  Stiel;  sie  reißt  später 
ein  und  kann  als  ringförmiger,  festsitzender  oder  verschiebbarer  Hautlappen  (Annulus) 
am  Stiele  verbleiben  (Fig.  417).  Manche  Arten  besitzen  auch  eine  oben  am  Stiel  hängende 
Haut  (Manschette,  Arm i IIa),  die  sich  unter  dem  Hut  von  der  Stieloberfläche  ablöst. 
Bei  Amanita  (Fig.  418—420)  und  Verwandten  ist  eine  gemeinsame  Hülle  vorhanden,  die 
am  Grunde  des  iitiels  als  Volva  und  auf  dem  Hut  in  weißen  Fetzen  zurückbleibt. 

Manche  Blätterschwämme  Mitteleuropas  werden  als  vorzügliche  Speiseschwämme 
geschätzt,  so  vor  allem  der  auch  in  Kultur  genommene  Champignon  oder  Egerling,  Psalliota 
campestris  (Fig.  417),  mit  weißlichem  Hut  und  erst  weißen,  dann  rosenroten,  zuletzt 
braunschwarzen  Lamellen;  ferner  der  Pfifferling  oder  Eierschwamm,  Catitharellus  cibarins, 
mit  dottergelbem,  kreiselförmigem  Hut;  der  Reizker,  Lactaria  ddiciosa,  mit  rotgelbem  Hut 
und  rotgelbem  Milchsaft  in  besonderen  Hyphenschläuchen;  Lactaria  volema,  der  Bratling, 
mit  rotbraunem  Hut,  dickem  Stiel  und  weißem  Milchsaft;  Tricholoma  cjuestrc,  der  Grünling, 
mit  braungelber  Hutoberseite,  sonst  schwefelgelb  gefärbt;  der  Parasolschwamm,  Lepiota 
procera,  mit  weißem  braunbeschupptem   Hut;  der  Kaiserling,  Amanita  caesarea,  mit  orange- 


408 


Schenck : 


farbigem,  oben  anfangs  einige  dicke  lose  weiße  Hautfetzen  tragendem  Hut  und  gelben  Lamellen. 
Eßbar  sind  auch  die  bräunlichen  Fruchtkörper  des  Hallimasch,  Armillaria  mellea,  der  als 
sehr  verderblicher  Baumparasit  an  Laub-  und  Nadelhölzern  auftritt;   sein  Myzel   zeichnet 

sich  aus  durch  Bildung  photogener  Sub- 
stanzen, die  das  Leuchten  des  infizierten 
Holzes  im  Dunkeln  bedingen  C*).  Bemerkens- 
wert sind  ferner  die  als  Rhizomorphen 
bezeichneten  Dauerzustände  seines  Myzels, 
schwarze  verzweigte  Stränge  unter  der  Rinde 
oder  zwischen  den  Wurzeln  der  Nährbäume. 
Verhältnismäßig  gering  ist  die  Zahl  der 
giftigen  Blätterschwämme.  In  erster  Linie 
sind  zu  nennen  der  Fliegenschwamm,  Amanita 
7miscaria  (Fig.  418),  mit  weißen  Lamellen; 
die  oft  mit  dem  Champignon  verwechselten, 
tödlich  wirkende  Gifte  enthaltenden  KnoUen- 
blätterschwämme,  nämlich  die  besonders  giftige, 
auf  der  Hutoberfläche  heller  oder  dunkler 
grünlich  gefärbte  A.  phalloides  (Fig.  419),  die 
rein  weiße  A.  verna  und  die  gelblichweiße 
A.  mappa  (Fig.  420),  alle  drei  mit  weißen 
Lamellen  und  mit  dickknolligem  Stielfuß,  der 
bei  den  zwei  erstgenannten  Arten  eine  große 
gelappte  Scheide  trägt,  bei  der  dritten  Art 
aber  nur  kantig  gesäumt  ist;  der  Speiteufel, 
R2cssu!a  emetica,  mit  rötlichem  Hut  und  weißen 
Lamellen;  der  Giftreizker,  Lactaria  torminosa, 
mit  rotbraunem,  zottigem  Hut  und  weißem 
Milchsaft. 

Ökologisch  sehr  interessant  ist  die  süd- 
brasilianische Agaricinee  Rozites  gongylophora, 


Fig.  418.    Amanita  muscaria,  Fliegenpilz. 
V,  nat.  Gr.  —  Giftig. 


I 


Kiäat  'rii...r 


Fig.  419.     Amanita   phalloides.     Grünlicher 

KnoUenblätterschwamm.       Ya     "^.t.     Gr.    — 

Sehr  giftig. 


Fig.  420.    Amanita  mappa.    Gelber  KnoUen- 
blätterschwamm.    7-2  ^^t-  Crr. 
Giftig.  ' 


Thallophyten. 


409 


;^ 


,Frru 


deren  Myzel  nach  A.  Möller  von  den  Blattschneiderameisen  in  ihren  Nestern 
auf  herbeigeschleppten  und  zerkauten  Blattstückchen  regelrecht  kultiviert  wird.  Das 
Myzel  erzeugt  hier  kugelige,  dicht  mit  Plasma  erfüllte  Anschwellungen  seiner  Hyphen- 
enden,  die  sog.  Kohlrabiköpfchen,  welche  den  Ameisen  als  Nahrung  dienen.  Die  Ameisen 
verhindern  die  Entwicklung  der  Konidien,  die  als  Nebenfruktifikation  dem  Pilze  eigen 
sind  und  nur  bei  Kultur  des  Myzels  ohne  Ameisen  gebildet  werden,  erhalten  also  den 
Pilz  in  ihren  Nestern  stets  in  seinem  vegetativen  Zustande.  Die  Fruchtkörper  finden 
sich  nur  selten  auf  den  Nestern;  sie  haben  in  ihrer  Form  Ähnlichkeit  mit  denen  des 
Fliegenschwamms,  zu  dessen  Verwandtschaft  Rozites  gehört.  Im  tropischen  Asien  wird 
nach  HOLTERMANN  das  Myzel  von  Agaricus  Rajab  von  Termiten  in  ihren  Nestern  kul- 
tiviert (^^). 

0 f  f  i z i n e  1 1 :  Fomes  fo?nentarius,  liefert  Fungus  Chirurgorum  (Pharm,  germ. 
austr.).  —  Folyportts  ofßcinalis  {=Bo\ei\]if,  laricis)  Lcärchenschwamm  liefert  Agaricus 
albus  (Pharm,  helv.)  oder  Fungus  Laricis  (Pharm,  austr.),  Agaricinum  (Pharm, 
germ)  und  Acidum  agaricinum  (Pharm,  helv.). 

6.    Ordnung.       Gasteromycetes,    ßaiicJipilze{"^).      Die   Gasteromy- 
ceten  haben  geschlossene  Fruchtkörper,  die  sich  erst  nach  der  Sporenreife  öffnen, 
wobei     die     als    Peridie    be- 
zeichnete   äußere    Hyphenrinde 
in  charakteristischer  Weise  auf- 
platzt.     Die     von    der    Peridie 

umschlossene  sporenbildende 
Innenmasse  wird  insgesamt  als 
Gleba  bezeichnet.  Die  Gleba 
ist  von  zahlreichen  Kammern 
durchsetzt,  die  von  dem  Basidien- 
hymenium  ausgekleidet  werden, 
oder  sie  ist  erfüllt  von  locker 
verflochtenen  Hyphen,  deren 
Zweige  in  Basidien  endigen. 

Das  Myzel  lebt  sapro- 
phytisch  im  Humusboden  der 
Wälder  und  Wiesen.  Die  Frucht- 
körper aber  erheben  sich  über 
die  Oberfläche.  Nur  die  Gruppe 
^Qv  Hyt>ienogastree?i  besitzt  unter- 
irdische, trüffelähnliche  Frucht- 
körper. 

Verhältnismäßig  einfach 
gebaut  ist  der  Fruchtkörper  von 
Scleroderma  vulgare^  dem  Hart- 
bovist, dessen  breitkugelige,  meist 
5  cm  dicke  Basidienfrucht  eine 
weißlich  braune,  lederartige,  am 
Scheitel  rissig  gefelderte  Peridie 
besitzt  (Fig.  421,  i).  Die  im  reifen 
Zustande  schwarze  Gleba  ist  von 
zahlreichen  sterilen  Adern  durch- 
zogen und  erfüllt  mit  birnförmigen  Basidien.  die  vier  sitzende  kugelige  Sporen  tragen 
(Fig.  421,  2).  Der  Hartbovist  gilt  als  giftig  und  wird  zuweilen  mit  Trüffeln  verwechselt. 
Die  Gattungen  Bovista  und  Lycoperdon  (Fig.  421,  j),  Boviste  und  Stäublinge,  haben 
ebenfalls  kugelige,  bei  letzterer  Gattung  auch  gestielte,  anfangs  weißliche,  später  bräun- 
liche Fruchtkörper.  Sie  erreichen  bei  dem  Riesenbovist  Lycoperdon  Bovista  sogar  bis 
V.,  m  Durchmesser.  Ihre  Peridie  ist  in  Form  von  zwei  Schichten  entwickelt,  von  denen 
sich  die  äußere  bei  der  Reife  gewöhnlich  ablöst  und  die  innere  sich  am  Scheitel  öffnet. 
Die  Kammern  der  Gleba  werden  hier  von  einem  regelmäßigen  Hymenium  aus  Basidien  aus- 
gekleidet. Eine  Eigentümlichkeit  der  Boviste  besteht  ferner  in  dem  Auftreten  von  Capilli- 
tiumfasern  in  den  Kammern  der  Gleba;  das  sind  braune  dickwandige,  verästelte  Hyphen, 


QQr 


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J^--Wvy.    ^»^. 


Fig.  421.  /  Scleroderma  vulgare,  Fruchtkörper.  2  Basidien 
aus  demselben.  Nach  Tülasne.  3  Lycoperdon  gemmatum. 
4  Geaster  granulosus.     /,  j,  4  in  nat.  Gr.    2  vergrößert. 


410 


Schenck: 


Die 


Fig.  422. 
pudicus. 


Ithyphallus  in 
V-,  nat.  Gr. 


welche    die    Auflockerung    der    Sporenmasse    besorgen 
jungen,  noch  weißen  Boviste   sind    eßbar,    die   reifen 
enthalten  Harnstoff. 

Bei  Geaster  (Fig.  421,^),  Erdstern,  ist  die  Peridie  der 
Fruchtkörper  ebenfalls  als  doppelte  Hülle  ausgebildet.  Die 
äußere  Hülle  breitet  sich  in  sternförmigen  Lappen  aus,  die 
innere  öffnet  sich  am  Scheitel  mit  einem  Loch. 

Die  böchste  Ausbildung  erreichen  die  Phallaceen  {^^), 
als  deren  bekanntester  Vertreter  Ithyphallus  i7npitdicjts,  die 
Stinkmorchel,  in  Wäldern  Deutschlands  einheimisch,  zu 
nennen  ist.  Dieser  Pilz  galt  vielfach  als  giftig.  Früher 
wurde  er  zu  Gichtsalben  verwendet.  Sein  Fruchtkörper  ähnelt 
den  echten,  zu  den  Diskomyceten  gehörenden  Morcheln,  hat 
aber  eine  ganz  andere  Entwicklungsgeschichte.  Er  ist  etwa 
15  cm  hoch,  hat  einen  langen,  innen  hohlen,  netzförmig  ge- 
kammerten,  weißen  Stiel  und  einen  glockenförmigen,  mit 
der  braungrünen,  im  reifen  Zustand  zu  Schleim  verflüssigten, 
sporenhaltigen  Glebamasse  überzogenen  Hut,  unter  dem  am 
Stiel  noch  die  Reste  eines  zarthäutigen  S  c  h  1  e  i  e  r  s  (Indusium) 
haften,  der  den  Hut  auf  seiner  Innenseite  anfangs  bedeckte 
(Fig.  422).  Der  junge  Fruchtkörper  bildet  einen  eiförmigen 
weißen  Körper  (Hexenei  oder  Teufelsei  genannt)  und  wird 
von  einer  doppelwandigen  Hülle  mit  gallertartiger  Mittelschicht 
ganz  umschlossen.  Im  Innern  der  Hülle  oder  Peridie  (auch 
Volva  genannt)  differenziert  sich  das  Hyphengewebe  in  den 
axilen  Stiel  und  in  den  glockenförmigen  Hut.  Im  Umkreise 
des  Hutes  wird  die  Gleba  ausgebildet.  Bei  der  Reife  streckt 
sich  der  Stiel  rasch  in  die  Länge,  sprengt  dabei  die  an  seiner 
Basis  als  Scheide  zurückbleibende  Hülle  und  hebt  den  glocken- 
förmigen Hut  mit  der  Gleba  empor.  Letztere  erzeugt  aasartig 
riechende  Stoffe  und  lockt  dadurch  Aasinsekten  an,  die  die 
Sporen  verbreiten. 


Klasse  XV. 

Lichenes,  Flechten  C' ^^' ''-^^). 

Die  Flechten  sind  symbiotische  Organismen;  sie  bestehen  aus  Faden- 
pilzen, und  zwar  aus  Askomyceten,  nur  in  ganz  vereinzelten  Fällen  aus  Basi- 
diomyceten,  die  mit  einzelligen  oder  fädigen  Algen,  Cyanophyceen  oder  Chloro- 
phyceen,  gemeinsam  vegetieren  und  so  einen  eigenartigen  zusammengesetzten 
Thallus,  ein  Konsortium,  bilden.  Die  Flechtenalgen  und  die  Flechtenpilze 
sind  im  natürlichen  System  in  die  Gruppen  der  nächstverwandten  Algen  und 
Pilze  einzureihen.  Doch  besitzen  die  Flechten  untereinander  so  viel  Über- 
einstimmendes in  Bau  und  Lebensweise  und  haben  sich  als  Konsortien  phylo- 
genetisch weiter  entwickelt,  daß  sie  zweckmäßiger  als  besondere  Klasse  be- 
handelt werden. 

Der  Pilz  ernährt  sich  von  den  durch  die  assimilierenden  Algenzellen  erzeugten 
organischen  Stoffen;  er  umspinnt  mit  seinen  Hyphen  die  Algen  (Fig.  423),  kann  aber 
auch  Haustorien  in  sie  hinein  entsenden  und  als  Parasit  sogar  ihren  Inhalt  aufzehren, 
auch  als  Saprophyt  abgestorbene  Algenzellen  ausnutzen.  Andererseits  gewährt  der  Pilz 
den  Algen  bestimmte  Vorteile,  liefert  ihnen  die  anorganischen  Stoffe  und  Wasser,  wahr- 
scheinlich auch  organische  Verbindungen. 

Der  größere  Vorteil  in  dieser  mutualistischen  Symbiose  mag  auf  selten  des  Pilzes 
liegen,  vor  allem  bei  solchen  Flechten,  die  auf  sterilem,  jeglicher  organischen  Stoffe  barem 
Gestein  wachsen,  während  der  Pilz  bei  Humusboden-  oder  Baumrindenbewohnern  wenig- 
stens einen  Teil  seiner  Nahrung  saprophytisch   aus   dem  Substrat   beziehen    kann.     Wenn 


Tballophyten. 


411 


auch  die  Algen  in  manchen  Fcällen  vom  Pilz  stärker  ausgenützt  werden,  so  erfahren  sie 
doch  eine  ausgiebige  Vermehrung,  und  beide  können  infolge  ihres  Zusammenlebens  auch 
an  Orten  gedeihen,  wo  weder  Pilz  noch  Alge  für  sich  allein  leben  könnte. 

Den  Flechten  eigene  Stoffwechselsekrete  sind  die  zahlreichen,  nur  den  Gallert- 
flechten fehlenden  Flechten  säuren,  deren  Bildung  durch  das  chemische  Zusammen- 
wirken von  Pilz  und  Alge  bedingt  ist  und  deren  Ablagerung  an  der  Oberfläche  der 
Hyphenmembranen  in  Form  von  Kristallen  oder  Körnchen  erfolgt.  Ihre  Rolle  als  Schutz- 
mittel gegen  Tierfraß  (Schnecken)  scheint 
nach  Zopf  nicht  von  allgemeiner  Bedeutung 
zu  sein  (***). 


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Fig.  423.  Cetraria  islandica.  Querschnitt 
durch  den  Thallus.  or  Rindenschicht  der 
Oberseite,  ur  der  Unterseite,  m  Markschicht 
mit  den  grünen  Algenzellen  von  Cystococcus 
humicola.     Vergr.  272. 


Fig.    424.      Parmelia   physodes.     Soral    (a) 
und    Soredium     (b).      Nach     Bitter    und 

Nienburg. 


Die  Hechten  sind  in  großer  Artenzahl  über  die  ganze  Erde  verbreitet;  selbst  in 
den  Polarländern  und  auf  den  höchsten  Berggipfeln  dringen  sie  viel  weiter  vor  als  die 
Moose.  Ihre  Hauptentwicklung  erfahren  sie  in  feuchten  Gebirgsregionen,  wo  sie  oft  in 
geselliger  Vegetation  den  Boden,  die  Felsblöcke  und  Baumstämme  überziehen  oder  in  Form 
langer  Barte  massenhaft  von  den  Baumästen  herabhängen.  In  der  Arktis  bilden  sie  auf 
trockenem  Boden  ausgedehnte  Flechtentundren. 

Die  einfachsten  Flechten  sind  die  Fadenflechten;  sie  bestehen  aus 
Algenfäden,  die  der  Länge  nach  von  Pilzhyphen  umsponnen  sind.  Als  Bei- 
spiel sei  Ephehe  pubescens  genannt,  deren  vielästige  verzweigte  Fäden  an 
feuchten  Felsen  in  Form  schwärzlicher  Filzlager  auftreten. 

Sodann  unterscheidet  man  Gallertflechten,  mit  gallertigem,  laub- 
artigem Lager.  Ihre  Algen  sind  Chroococcaceen  und  Nostocaceen  mit  auf- 
quellenden Membranen.  In  der  Algengallerte  verlaufen  die  Pilzhyphen.  Von 
einheimischen  Gattungen  gehört  z.  B.  Collema  hierher. 

Sowohl  bei  den  Faden-  als  Gallertflechten  sind  Algen  und  Pilzhyphen 
gleichmäßig  im  Thallus  verteilt,  und  dieser  wird  daher  als  ungeschichtet  oder 
horaöomer  bezeichnet.   Die  Algen  bestimmen  hier  in  erster  Linie  seine  Form. 

Die  übrigen  Flechten  weisen  dagegen  einen  geschichteten  oder  hetero- 
meren  Thallus  auf.  Die  Flechtenalgen,  unter  denen  die  einzellige  Proto- 
coccacee  Cystococcus  humicola  die  häufigste,  von  fadenförmigen  die  zu  den 
Ulotrichales  gehörige  Trentepohlia  umbrina  zu  nennen  ist,  treten  hier  in 
Schichten  auf,  die  von  einer  aus  dicht  verflochtenen  Pilzhyphen  bestehenden 
Rindenschicht  bedeckt  werden  (Fig.  423).  Man  unterscheidet  unter  den 
heteromeren  Flechten  Krustenflechten,  deren  Thallus  in  Form  von  Krusten 
an  Baumstämmen,  an  Felsen  oder  auf  dem  Erdboden  festgewachsen  ist  oder 
mittels  Pilzhyphen  etwas  in  das  Substrat  eindringt;  ferner  Laubflechten 
(Fig.  428),  deren  Thallus  laubartig,  klein-  oder  großlappig  ist  und  auf  der 
Unterseite  entweder  nur  in  der  Mitte  oder  bis  auf  die  freien  Ränder  mittels 
rhizoidartiger   Pilzhyphen   (Rhizinen)    angewachsen   ist;   endlich    Strauch- 


412  Schenck: 

flechten  (Fig.  425,  427),  mit  verzweigtem,  fadenförmigem  oder  bandförmigem, 
an  der  Basis  angeheftetem,  zuweilen  auch  frei  auf  dem  Substrat  liegendem 
Thallus. 

Das  Wachstum  der  Flechtenthalli  ist  im  allgenu'inen  ein  recht  lang- 
sames. So  beträgt  der  jährliche  Zuwachs  an  den  Thalluslappen  gewisser 
Laubflechten  nur  wenige  Millimeter;  Parnielia  furfnyacea  erreicht  bei  günstiger 
Belichtung  in  10  Jahren  nur  einen  Durchmesser  von  31  x  60  mm  (88='). 

An  den  natürlichen  Standorten  entwickeln  sich  die  Flechtenpilze  nur 
dann  aus  ihren  Sporen  weiter,  wenn  sie  die  ihnen  zusagenden  Algenzellen 
zur  Verfügung  haben.  Nur  für  wenige  Flechten  ist  festgestellt,  daß  ihr  Pilz 
auch  ohne  Algen  in  der  Natur  existenzfähig  ist,  so  für  die  tropische  Cora  pa- 
vonia  (Fig.  433),  deren  Pilz  zu  den  Basidiomyceten  gehört  und  auch  algenfreie 
Fruchtkörper  erzeugen  kann,  die  denen  der  Pilzgattung  Thelephora  gleichen. 
Wohl  aber  ist  es  gelungen,  aus  den  Sporen  gewisser  flechtenbildender  Asko- 
myceten  unter  Zufuhr  geeigneter  Nährlösung  Myzelien  zur  Entwicklung  zu 
bringen. 

Viele  Flechten  vermehren  sich  vegetativ  dadurch,  daß  Teile  des  Thallus 
sich  lostrennen  und  wieder  mit  Rhizinen  festsetzen.    Die  meisten  heteromeren 


i^  -i^ 


^y'J 


^-  \  c^ 


Fig.  425.  Usnea  florida.  ap  Apothecium.  Fig.  426.    Cetraria  islandica.    ap  Apothecium. 

Nat.  Gr  Nat.  Gr.  —  Offizineil. 

Flechten  besitzen  ferner  in  der  Bildung  von  Soredien  ein  ausgezeichnetes 
Mittel  vegetativer  Vermehrung:  Kleine  Gruppen  von  sich  teilenden  Algen- 
zellen werden  dicht  von  Myzelfäden  umsponnen,  lösen  sich  los  und  bilden 
Körperchen,  die  unter  Aufreißen  von  Thallusrinde  als  staubartige  Masse  frei 
werden,  um  durch  den  Wind  verbreitet,  anderswo  wieder  zu  einer  Flechte 
heranzuwachsen.  Häufig  entstehen  die  Soredien  am  Thallus  in  scharf  um- 
schriebenen Brutstätten,  den  S oralen  (Fig.  424,  427). 

Im  Flechtenthallus  fruktifizieren  nur  die  Flechtenpilze,  nicht  aber 
die  stets  vegetativ  bleibenden  Flechtenalgen. 

Nur  bei  einigen  Gattungen  {Endocarpon)  finden  sich  besondere  klein  ausgebildete 
Algenzellen  auch  in  den  Früchten  vor,  werden  mit  den  Sporen  gemeinsam  ausgeworfen 
und  von  den  Keimschläuchen  des  Flechtenpilzes  alsbald  umsponnen. 

/.  ÄSColichenes.  Nur  wenige  Flechtengattungen  haben  krugförmige  Peri- 
thecien;  ihre  Pilze  gehören  daher  zu  den  Pyrenomyceten,  so  die  Laubflechte  Endocarpon, 
die  Krustenflechte  Verrucaria.  Die  meisten  Gattungen  aber  besitzen  schüssel-  oder 
scheibenförmige    Apothecien,    die    wie    die    Fruchtkörper  der   Diskomyceten   gebaut 


Thallophyten. 


413 


sind.  Von  Strauchflechten  gehört  hierher  als  eine  der  häufigsten  Arten  die  an  Baum- 
stämmen festsitzende  Usnea  florida,  die  Bartflechte,  mit  großen,  am  Rande  bewimperten 
Apothecien  (Fig.  425);  die  breit  bandförmige,  verzweigte,  an  Bäumen  wachsende  Ramalma 
fraxinea;  ferner  die  an  Küstenfelsen  der  warmen  Zone  verbreiteten  Roccella- kr\.QV,  mit 
gabelig  verzweigtem,  drehrundem  oder  bandförmigem  Thallus  (Fig.  427).  Eine  Mittel- 
stellung zwischen  Strauch-  und  Blattflechten  nimmt  die  auf  den  Gebirgen  und  im  Norden 


Itsi 


Fig.  427.     Roccella  tinctoria  DC.     Kanarische   Inseln.       Fig.    428.      Parmelia    acetabulum. 
Mit  randständigen  Soralen.    Nach  Wiesner,  Rohstoffe.  an  Bäumen.     Nach  Reinke. 

der  nördlichen  Hemisphäre  weitverbreitete  offizinelle  Cetraria  ülandica,  das  isländische 
Moos  (Fig.  426),  ein,  mit  gegabelten,  blattartigen  Thalluslappen,  welche  braun,  auf  der 
Unterseite  weißlich  gefärbt  sind  und  die  Apothecien  an  ihren  Rändern  tragen.  Zu  den 
Laubflechten  gehören  die  zahlreichen,  an  Bäumen  und  Felsen  wachsenden  Arten  von 
Parmelia  (Fig.  428).  Eine  eigenartige  Krustenflechte  ist  die  Schriftflechte,  Graphis  scripta, 
deren  grauweißer  Thallus  auf  Rinde,  besonders  von 
Buchen,  lebt  und  deren  Apothecien  die  Form  von 
schwarzen  schmalen,  strichförmigen  oder  gegabelten, 
an  Schriftzüge  erinnernden  Rinnen  haben. 

Eine  besondere  Entwicklung  erfährt  derFlechten- 
thallus  bei  der  vielgestaltigen  erdbewohnenden  Gattung 
Cladonia.     Auf  einem  aus  horizontalen,  dem  Substrat 

aufsitzenden,  gekerbten  Schüpp- 
chen     bestehenden     primären 

Thallus  erheben  sich  vertikale 

Gebilde    (Podetien)    von    sehr 

verschiedener  Gestalt  und  Größe. 

Sie    sind   bei   manchen  Arten, 

so    bei    Clado7iia   pyxidafa,    der 

Becherflechte,  und  bei  Cladonia 

coccifera  (Fig.  429)  gestielt  krei- 

selförmigund  tragen  am  Becher- 
rand   oder    seinen    Ausspros- 

sungen    die    bei    ersterer   Art 

braunen,    bei    letzterer    roten 

rundlichen     Apothecien.      Bei 
anderen  Arten    sind    die  Podetien  zylindrisch,  einfach  oder  gegabelt;    bei  Cladonia  rangi- 
ferina,    der   Renntierflechte,    die    über    die   ganze  Erde  verbreitet  ist  und  rasenbildend  in 
den  nordischen  Tundren  auftritt,  sind  die  Podetien  (Fig.  430)  zierlich  verästelt;  ihr  Primär- 
thallus  geht  frühzeitig  zugrunde. 

Die  Askusfrüchte,  Apothecien    und    Perithecien,  nehmen,  wie  zuerst  Stahl  und 
in  neuerer    Zeit   besonders  Bauri*'")    nachgewiesen   hat,    ihren  Ursprung  aus  befruchteten 


Fig.  429.  Cladonia 
coccifera.  t  Thallus- 
schüppchen.  Nat.  Gr. 


den  Astenden 


414 


Schenck: 


Karpogonen,  weiblichen  Sexualorganen,  die  im  jungen  Thallus  oft  in  sehr  großer  Anzahl 
angelegt  werden.  Das  Karpogon  (Fig.  431)  ist  hier  ein  vielzelliger,  im  unteren  Teile 
mehrfach  schraubig  gewundener  Faden,  der  sich  in  ein  langzelliges,  mit  seiner  Spitze  aus 
dem  Thallus  hervorragendes  Trichogyn  fortsetzt.  Die  Zellen  enthalten  je  einen  Kern, 
führen  im  unleren  Teile  des  Karpogons  dichteres  Plasma  und  sind  durch  Tüpfel  verbunden. 
Abgesehen  von  der  Vielzelligkeit  erinnern  diese  Gebilde  an  die  Karpogone  der  Florideen. 
Als  männliche  Sexualzellen  erscheinen  die  in  krugförmigen  Behältern,  den  Spermogonien 
(Fig.  432),  erzeugten  Sperma  tien,  deren  Entwicklung  auf  verschiedene  Art  erfolgt  (""). 
Entweder  ist  die  Innenwand  der  Spermogoniumhöhlung  mit  einfachen  oder  verzweigten 
Hyphenästen  ausgekleidet,  die  an  ihren  Enden  die  Spermatienzellen  abgliedern  {Peltigera, 
Parmelia\  oder  das  Spermogonium  ist  anfangs  von  Hyphengewebe  dicht  erfüllt,  später 
aber  durch  dessen  Auseinanderweichen  von  Hohlräumen  durchsetzt,  aus  deren  Wandzellen 
die  Spermatien  auf  sehr  kleinen  und  dünnen  Stielchen  hervorsprossen  {Anaptychia,  Physcia, 
Sti'ctä).    Die  Spermatien  werden,  in  Schleimmassen  eingebettet,  aus  ihren  Behältern  entleert, 

kopulieren  mit  den  klebrigen  Spitzen  der  Trichogyne 
(Fig.  431  i9)  und  erscheinen  dann  leer,  ohne  Kern; 
darauf  kollabieren  die  Zellen  des  Trichogyns,  gehen 
später  zugrunde,  während  die  mittleren  Zellen  des 
schraubigen  Karpogons  anschwellen,  sich  auch  noch 
weiter  teilen  und  nun  zu  den  askogenen  Hyphen  aus- 
sprossen, die  an  ihren  Enden  die  Asci  bilden.  Die 
vegetativen  Hyphen  und  die  Paraphysen  der  Früchte 
entspringen  aus  den  unter  dem  Karpogon  befindlichen 
Hyphen.  Entweder  nur  ein  oder  auch  mehrere  Karpogone 


Fig.  431.  Collema  crispum.  A  Kar- 
pogon c  mit  Trichogyn  t.  Vergr.  405. 
B  Spitze  des  Trichogyns  mit  Sperma- 
tium  s.    Vergr.  1125.    Nach  E.  Baur. 


Fig.   432.      Anaptychia    ciliaris.      Reifes    Spermo- 
gonium.     Vergr.     192.      Die    runden    Zellen    im 
Thallusgewebe  stellen  die  grünen  Algenzellen  vor. 
Nach  Glück. 


zusammen  liefern  eine  Frucht.  Das  Verhalten  der  Sexualkerne  bedarf  noch  eingehender 
Untersuchung.  Solche  Karpogone  sind  bereits  bei  manchen  Gattungen  als  Anlage  der 
Früchte  nachgewiesen,  indessen  erscheinen  sie  bei  einigen  (Peltigera,  Solorina)  reduziert 
und  besitzen  kein  Trichogyn  mehr;  diese  Flechten  sind  anscheinend  apogam  geworden. 
Spermogonien  werden  bei  ihnen  überhaupt  nicht  mehr  gebildet,  oder  sind,  wie  bei 
Nephromiiun,  deutlich  in  Rückbildung  begriffen.  Von  A.  Möller  wurde  festgestellt,  daß 
die  Spermatien  auch  vegetativ  auskeimen  können;  indessen  kann  dies  nicht  als  Beweis 
gegen  die  ursprünglich  sexuelle  Natur  dieser  Gebilde  gelten,  da  es  sich  möglicherweise 
um  Funktionswechsel  handelt. 

Sehr  merkwürdig  verhält  sich  nach  F.  Bachmann  Collema  ptilpostun.  Die  Spermatien 
entstehen  hier  im  Innern  des  Thallus  zu  wenigen  gruppenweise  an  den  Hyphen  und  lösen 
sich  nicht  ab;  die  langen  Endzellen  der  Trichogyne  bleiben  im  Thallus,  wachsen  auf  sie 
zu  und  fusionieren  mit  ihnen  (^"a). 


Bryophyten. 


415 


Thelephoree   (vgl.    S.   405), 


2,  ßasidiolichenes  (Hymenolichenes)  {^^).  Als  Typus  der  Basidio- 
lichenen  ist  die  in  den  Tropen  weitverbreitete,  auf  dem  Erdboden  oder  an  Bäumen  lebende 
Cora  pavonia  zu  nennen.  Der  Pilz  der  Cora  ist  eine 
deren  halbkreisförmige,  gelappte,  dachziegelartig 
gruppierte  Fruchtkörper  auch  ganz  ohne  Algen 
gefunden  werden.  Tritt  der  Pilz  in  Symbiose 
mit  einzelligen  Chroococcusalgen,  so  resultiert 
als  Fruchtkörper  die  typische  Cora  pavonia 
(Fig.  433),  die  wie  ein  Thelephorafruchtkörper 
auf  ihrer  Unterseite  ein  durch  Risse  gefeldertes 
Basidienhymenium  entwickelt.  Tritt  dagegen 
derselbe  Pilz  mit  den  Fäden  der  blaugrünen 
Alge  Scytonema  in  Symbiose,  so  bildet  sich, 
wenn  der  Pilz  überwiegt,  die  Flechte  zu  strahlig 
fädigen,  an  Baumästen  abstehenden  Scheiben 
mit  dem  Hymenium  auf  der  Unterseite  aus 
{Dictyonema-Y oxm),  und  wenn  die  Alge  form- 
bestimmend ist,  in  Form  von  feinfädigen  filzigen 
Überzügen  auf  Baumrinde  mit  unregelmäßigen, 
an  den  vom  Lichte  abgewandten  Stellen  des 
Thallus  erscheinenden  Hymenien  {Laudatea-Ymvi^i). 


Cora  pavonia.     A  Von  oben. 
B  Von  unten,  hyin  Hymenium.  Nat.  Gr. 


Offizinell  ist  Cetraria  islajidica,  Liehen  islandicus  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.), 
die  beim  Kochen  die  bittere  Licheningallerte  liefert.  Als  Volksmittel  wird  auch  noch 
die  Lungenflechte  Lobaria  pulmonaria  (Muscus  pulmonarius),  die  stattlichste  einheimische, 
an  Bäumen  wachsende  Laubflechte,  gebraucht. 

Die  Mannaflechte,  Lecanora  esculenta,  ist  eine  ursprünglich  auf  Gestein  lebende 
alpine  Krustenflechte  des  Orients.  Sie  zerfällt  in  Stücke,  die  zu  kugeligen  Knollen  von 
7—12  mm  Durchmesser  heranwachsen  und  vom  Winde  weithin  in  die  Steppen  und  Wüsten 
Südrußlands,  Kleinasiens  und  Nordafrikas  verbreitet  werden.  Hier  dienen  sie  den  Ein- 
geborenen als  Nahrungsmittel,  den  Tartaren  zur  Bereitung  von  Erdbrot.  Auch 
Cetraria  islandica  (Fig.  426)  kann  nach  Auswässerung  ihrer  Bitterstoffe  wegen  ihres  reichen 
Gehalts  an  Kohlehydraten  (Flechtenstärke)  als  Nahrungsmittel  zu  Brot  und  zu  Gallerte 
verwendet  werden.  Cladonia  rangiferina  (Fig.  430)  bildet  die  wichtigste  Nahrung  der 
Renntiere,  kann  auch  nach  Entbitterung  als  Futter  für  Vieh  und  Geflügel  benutzt  werden 
und  dient  in  Norwegen  zur  Gewinnung  von  Alkohol.  In  Japan  wird  eine  an  Stärke  und 
Gallerte  reiche  felsbewohnende  Laubflechte,  Gyrophora  esctdenta,  mit  kreisrundem,  3—13  cm 
großem,  in  der  Mitte  dem  Substrat  angewachsenem  bräunlichen  Thallus,  als  wohlschmeckendes 
Nahrungsmittel  viel  benutzt. 

Einige  an  Flechtensäuren  besonders  reiche  Arten  werden  zur  Darstellung  der 
Farbstoffe  Orseille,  Persio,  französischer  Purpur  und  Lackmus  verwertet, 
in  erster  Linie  Roccella-kxi&a  (besonders  R.  Montagnei,  R.  tinctoria  (Fig.  427),  R.  fnciformis 
und  R.  phycopsts,  die  an  Küstenfelsen  wärmerer  Länder  wachsen,  ferner  die  Krustenflechte 
Ochrolechia  tartarea  im  nördlichen  Europa  und  Amerika. 


11.  Bryophyta,  Moospf lanzen  ( - '  ^^-^^^). 

Die  Moospflanzen  umfassen  die  Lebeyinoosc  (Hepaticae)  und  die  Laub- 
moose {Musci).  Sie  sind  in  ihrer  äußeren  Gliederung  zwar  noch  Thallophyten, 
unterscheiden  sich  aber  von  diesen  durch  den  eigenartigen  Bau  ihrer  Ge- 
schlechtsorgane, der  Antheridien  und  Archegonien,  die  in  ähnlicher  Aus- 
bildung auch  bei  den  Pteridophyten  wiederkehren.  Bryophyten  und  Pterido- 
phytcn  werden  daher  den  Thallophyten  gegenüber  auch  als  Archegoniaten 
bezeichnet. 


416 


Sehen ck: 


Außer  der  sexuellen  Fortpflanzung  findet  allgemein  bei  den  Moosen  wie 
auch  bei  den  Pteridophyten  eine  ungeschlechtliche  durch  einzellige,  mit  Mem- 
bran umkleidete,  an  die  Verbreitung  in  der  Luft  angepaßte  Sporen  statt. 
Beide  Fortpflanzungsweisen  wechseln  stets  miteinander  ab  und  sind  auf  zwei 
scharf  geschiedene  Generationen  verteilt,  eine  geschlechtliche  (Gameto- 
phyt),  welche  die  Sexualorgane  erzeugt,  und  eine  ungeschlechtliche  (Sporo- 
phyt),  welche  die  Sporen  hervorbringt.  Die  geschlechtliche  Generation  geht 
aus  der  Spore  hervor,  die  ungeschlechtliche  aus  der  befruchteten  Eizelle. 
Die  Zahl  der  Chromosomen  der  Zellkerne  ist  im  Sporophyt  doppelt  so  groß 
als  im  Gametophyt.  Bei  der  Vereinigung  der  Sexualkerne  wird  die  doppelte 
Chromosomenzahl  gewonnen,  bei  der  Teilung  der  Sporenmutterzellen  dagegen 
die  Reduktion  auf  die  Hälfte  vollzogen.  Dieser  regelmäßige  Generations- 
wechsel ist  charakteristisch  für  alle  Archegoniaten.  Bei  den  Bryophyten 
stellt  die  Moospflanze  den  haploiden  Gametophyten,  die  gestielte  Sporenkapsel 
den  diploiden  Sporophyten  dar;  bei  den  Pteridophyten  ist  der  Gametophyt 
eine  kleine  Thalluspflanze,  der  Sporophyt  hingegen  ein  stattlicher  Kormophyt. 

Die  die  geschlecht- 
liche Generation  lie- 
fernde Spore,  deren  Wand 
aus  zwei  Häuten,  einer 
äußeren  kutinisierten 
Exine  und  einer  inneren 
zarten  Intine  besteht, 
keimt  unter  Sprengung 
ihrer  Exine  zu  einem 
Schlauche  aus,  der  bei 
den  Lebermoosen  als- 
bald an  seinem  vorderen 
Ende  zur  Ausbildung  der 
Moospflanze  schreitet, 
während  er  bei  den 
meisten  Laubmoosen  zu- 
nächst ein  aus  verzweig- 
ten Zellfäden  bestehendes 
Protonema  erzeugt. 
Dieses  gliedert  sich  in 
chlorophyllführende  auf- 
wärts wachsende  Fäden  und  in  farblose,  in  den  Boden  eindringende  Rhi- 
z  Ol  den  (Fig.  434).  An  dem  Protonema  entstehen  aus  seitlichen  Knospen 
die  beblätterten  Moos  pflanzen.  Protonema  und  Moospflanze  stellen  aber, 
auch  wo  sie  in  solcher  Weise  voneinander  abgesetzt  sind,  nur  die  eine, 
geschlechtliche  Generation  der  Pflanze  vor.  Alle  Moose  wachsen  mittels 
Scheitelzellen  heran  (S.  70).  Viele  Lebermoose  weisen  noch  einen  aus 
dichotomisch  verzweigten  Lappen  bestehenden  Thallus  (Fig.  448  u.  449) 
auf,  der  an  seiner  Basis  oder  an  seiner  Unterseite  mittels  Rhizoiden  fest- 
geheftet ist;  sie  wiederholen  somit  den  vegetativen  Aufbau  mancher  Algen. 
Bei  höheren  Lebermoosen  und  bei  allen  Laubmoosen  ist  dagegen  eine  scharfe 
Gliederung  der' Pflanze  in  Stämmchen  und  kleine  Blättchen  durchgeführt 
(Fig.  451  u.  458).  An  den  unteren  Teilen  der  Stämmchen  entspringen  Rhi- 
zoiden; echte  Wurzeln  fehlen  den  Moosen,  die  sich  somit  in  ihrer  äußeren  Ge- 
staltung nicht  über  die  Stufe  eines  reichgegliederten  Thallus  erheben, 
wie  wir  ihn  beispielsweise  bei  Sargassum  unter  den  Braunalgen  antreffen.  Die 
Moosstämmchen  und  Blätter  sind  von  einfacher  anatomischer  Struktur;  sie 


Fig.    434. 
ex  Exine. 


Ji 

Funaria    hygrometrica.      A    Keimende    Spore. 
B  Protonema  mit  Knospen  kn  und  Rhizoiden  r, 


Spore.     Vergrößert.     Nach  Müller-Thurgau. 


Bryophyten. 


417 


Fig.  435.      Marchantia   polymorpha.     A  Ein  fast 

reifes    Antheridium    im    Durchschnitt,    p    Para- 

physen.     Vergr.    90.     B  Spermien.     Vergr.  600. 

Nach  Strasburger. 


werden,  wenn  überhaupt,  nur  von  sehr  einfachen,  aus  gestreckten  Zellen  ge- 
bildeten Lcitbündeln  durchzogen.  Die  Sexualorgane,  Antheridien  und  Arche- 
gonien  entspringen,  in  der  Kegel  zu  mehreren,  bei  thallösen  Formen  dem 
Kücken  des  Thallus,  bei  den  in  Stengel  und  Blätter  gegliederten  Formen  auf 
dem  Scheitel  des  Stämmchens  oder  seiner  Äste. 

Die  Antheridien(^3)  {Y\%.  435)  oder  männlichen  Organe  sind  auf  einem 
mehrzelligen  Stiele  sitzende,  kugelige  oder  keulenförmige  Gebilde,  deren 
dünne,  meist  einschichtige  Wandung  zahlreiche  kleine  kubische  Zellen  um- 
schließt, von  denen  eine  jede  sich 
schließlich  in  zwei  Spermicnzellen  //^^'^,^\. 

diagonal  oder  quer  tcilt(^^).  Das 
Öffnen  des  Antheridiums  vollzieht 
sich  bei  den  Laubmoosen  an  seiner 
Spitze  in  einer  aus  einer  oder 
mehreren  Zellen  bestehenden  be- 
sonderen Öff  nungskappc ,  deren 
schleimhaltiger  Inhalt  aufquillt 
und  so  die  Kutikula  aufsprengt 
(Fig.  440^);  bei  den  Lebermoosen 
ist  die  Kappe  nicht  scharf  ab- 
gegrenzt, die  schleimhaltigen  auf- 
quellenden Wandzellen  reißen  im 
oberen  Teile  des  Antheridiums 
unregelmäßig  auseinander.  Nun 
werden  die  Spermicnzellen  ent- 
leert, aus  denen  durch  Verquel- 
lung ihrer  Wandung  die  Spermien  als  kurze,  etwas  gewundene  Fäden  frei 
werden,  die  nahe  am  Vorderende  zwei  lange  feine  Zilien  tragen  (Fig.  435). 

Die  Entwicklung^des  Antheridiums  erfolgt  durch  Teilung  einer  Ober- 
flächenzelle; nur  bei  Anthoceros  (Fig.  445)  wird  es  endogen  angelegt.  Bei  den  übrigen 
tiefer  stehenden  Lebermoosen  (Mar- 
chantiales)  teilt  sich  diese  Zelle  in 
scheibenförmige  Quersegmente,  die  durch 
senkrechte  Wände  in  je  vier  Zellen 
zerlegt  werden,  worauf  in  diesen  Qua- 
dranten durch  tangejitiale  Wände  die 
peripherischen  Wandzellen  sich  von 
den  inneren,  das  spermatogene  Gewebe 
liefernden  Zellen  abteilen  (Fig.  436^— i^). 
Bei  den  höheren  Lebermoosen  (ßmger- 
manniales)  wird  die  Ausgangszelle  in 
drei  Quersegmente  zerlegt,  von  denen 
nur  das  oberste  den  Antheridienkörper 
liefert,  indem  es  sich  zunächst  senk- 
recht in  zwei  Zellen  teilt;  dann  wird 
in  diesen  durch  je  zwei  schiefe  aufein- 
anderfolgende Längswände  die  Anlage 
der  Wandung  und  die  des  spermato- 
genen  Gewebes  geschieden.  Bei  den 
Laubmoosen  fiMusctJ  hingegen  baut  sich 
das  Antheridium  auf  aus  Segmenten 
einer  zweischneidigen  Scheitelzelle,  die 
aus  der  obersten  Querscheibe  durch 
zwei  schräge  Wände  herausgeschnitten  wird.  Die  einzelnen  Segmente  werden  dann  in 
peripherische  Wandzellen  und  je  eine,  spermatogenes  Gewebe  liefernde  Innenzelle  zerlegt 
(Fig.  ^'ilA-F). 


Fig.  436.  Antheridiumentwicklung  von  Fegatella 
conica,  einem  Marchantiaceen-Lebermoos.  A  Ein- 
zellige Anlage.  B  Die  Stielzelle  st  abgetrennt. 
C,  D  Querscheibenzellen  abgeteilt,  die  sich  durch 
senkrechte  Wände  fächern.  E  Anlage  der  Wand- 
schicht <«'.  7^ Halbreifes  Stadium.  ^—^  Vergr.  400. 
F  Vergr.  220.     Nach  Bolleter. 


Strasburgor,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl. 


27 


418 


Schenck: 


Die  Archegonien  (Fig.  438) (^^j  stellen  kurzgestielte,  flaschenförmige 
Organe  vor,  deren  Wandung  einen  Bauchteil  und  einen  Hals  unterscheiden 
läßt.  Der  Bauchteil  umschließt  eine  große  Zentralzelle,  deren  Inhalt  kurz 
vor  der  Reife  in  die  Eizelle  und  in  eine  am  Grunde  des  Halses  gelegene  Bauch- 
kanalzelie  zerfällt.  An  diese  schließt 
im  Halse  eine  zentrale  Reihe  von 
Halskanalzellen  an,  deren  Zahl  bei 
den  Lebermoosengeringer  (4  oder  8), 


Fig.  437.  Antheridiumentwicklung  von 
Funaria  hygrometrica,  einem  Laubmoos. 
A  Querteilung  der  Anlage.  B  Bildung 
der  Scheitelzelle  aus  der  obersten  Zelle. 
C Teilungen  der  Scheitelzelle.  Z)  Schei- 
dung in  Wandung  und  Anlage  des 
spermatogenen  Gewebes.  E  Desgleichen 
im  Querschnitt.  F  Älteres  Stadium. 
Nach  D.  Campbell. 


Fig.  438.  Marchantia  polymorpha.  A  Junges, 
B  geöffnetes,  C  befruchtetes  Archegonium  mit 
achtzelligem  Keimling,  k'  Halskanalzellen,  k" 
Bauchkanalzellen,  o  Ei,  pr  Pseudoperianth.  Vergr. 
540.    Nach  Strasburqer. 


bei  den  Laubmoosen  größer  (etwa  10—30  oder  noch  höher)  ist.  Die  Öffnung 
des  Halses  geschieht  dadurch,  daß  seine  obersten  schleimhaltigen  Zellen  auf- 
quellen, die  Kutikula  zerreißen  und  sich,  oft  in  Form  von  vier  Lappen,  zurück- 


rollen (Fig.  440  ß)  (9--^). 


Fig.    439.     Entwicklung 

niums.  A  (Längsschnitt)  und  B  (Querschnitt) 
Teilung  der  oberen  Zelle  durch  drei  Wände. 
C  Die  mittlere  Zelle  in  Deckelzelle  d  und  Innen- 
zelle i  geschieden.  D  Die  Innenzelle  geteilt  in 
Anlage  der  Halskanalzellen  hk  und  Zentralzelle  c, 
die  die  Eizelle  und  Bauchkanalzelle  liefert.  5/ Stiel- 
anlage.    Nach  GoEBEL. 


Die  Kanalzellen  verquellen  alsdann  zu  Schleim.  Da 
der  Befruchtungsvorgang  sich  nur 
im  Wasser  vollziehen  kann,  so 
erfolgt  er  bei  den  Landformen 
nur  nach  Benetzung  durch  Regen 
oder  Tau.  Die  Bewegungsrich- 
tung der  Spermien,  die  auf  die 
Archegonien  zusteuern  und  den 
Hals  hinab  zum  Ei  gelangen,  wird 
bestimmt  durch  besondere  Stoffe, 
die  aus  dem  weiblichen  Organ 
herausdiffundieren. 


Lebermoosarchego- 


Die  Samenfäden  der  Laubmoose 
.^erden  von  Rohrzuckerlösung 
angelockt,  diejenigen  des  Lebermooses  Marchantia  von  Proteinstoffen,  außerdem  bei 
Versuchen  auch  von  Kalium-,  Rubidium-  und  Cäsiumsalzen  (95b). 

Die  Entwicklung  des  Archegoniums  vollzieht  sich   aus  einer  Oberflächen- 
zelle.   Bei  den  Lebermoosen  teilt  sie  sich  in  eine  den  Stiel  liefernde  untere  Zelle  und  in 


Bryophyten. 


419 


eine  obere  Zelle,  die  durch  drei  Längswände  in  drei  äußere  und  eine  mittlere  zerlegt 
wird,  diese  wiederum  durch  eine  Querwand  in  eine  Deckelzelle  und  eine  Innenzelle.  Aus 
den  äußeren  Zellen  geht  die  Wandung  des  Hals-  und  Bauchteiles  hervor,  aus  der  Innen- 
zelle die  Halskanaizellen,  Bauchkanalzelle  und  Eizelle  (Fig.  439).  Bei  den  Laubmoosen 
dagegen  wird  in  der  Ausgangszelle  durch  zwei  schiefe  Wände  eine  zweischneidige  Scheitel- 
zelle abgeteilt,  deren  Segmente  den  Stiel  aufbauen.  Dann  wird  die  endständige  zwei- 
schneidige Zelle  durch  drei  schräge  Wände  und  eine  Querwand  in  eine  dreischneidige, 
unten  abgestutzte  Scheitelzelle,  eine  unter  dieser  liegende  Zentralzelle  und  drei  peri- 
pherische Wandzellen  zerlegt.  Die  Zentralzelle  liefert  die  Eizelle,  Bauchkanalzelle  und 
Halskanalzellen,  die  Scheitelzelle  dagegen  aus  ihren  Segmenten  die  Wandung  des  Hals- 
teils und  durch  Querteilung  auch  noch  die  obersten  Halskanalzellen.  Die  Sphagnaceen 
nehmen  nach  Melin  eine  Mittelstellung  ein,  insofern  der  Stiel  wie  bei  den  Laubmoosen, 
der  Archegoniumkörper  aber  ähnlich  wie  bei  den  Lebermoosen  ohne  dreiseitige  Scheitel- 
zelle gebildet  wird. 

Antheridien  und  Archegonien  sind,  wie  aus  gelegentlich  auftretenden  intermediären 
Gebilden  hervorgeht,  homologe  Organe;  Bauchkanal-  und  Halskanalzellen  würden  dem- 
nach funktionslos  gewordene  Gametenzellen  vorstellen.  Die  Bauchkanalzelle  ist  in  der 
Regel  kleiner  als  die  Eizelle,  kann  aber  zuweilen  gleichwertig  mit  der  Eizelle  ausgebildet 
werden.  Auch  können  sich  gelegentlich  mehrere  Eizellen  in  einem  Archegoniumbauch 
entwickeln,  so  bei  Sphagneen  vier  oder  noch  mehr. 

Nach  der  Befruchtung  teilt  sich  die  Zygote  und  entwickelt  sich  im 
Archegonium  weiter  zum  Embryo,  ohne  erst  einen  Dauerzustand  durchzu- 
machen (Fig.  438  C).  Der  Em- 
bryo wächst  heran  zum  Sporo- 
gon,  das  die  ungeschlecht- 
liche Generation  vorstellt,  die 
aber  zeitlebens  mit  der  anderen 
Generation  verbunden  bleibt  und 
wie  eine  halbparasitische  Pflanze 
von  dieser  zum  Teil  die  zu  ihrer 
Entwicklung  nötigen  Substanzen 
bezieht.  Das  Sporogon  ist  ein 
kürzer  oder  länger  gestielter,  rund- 
licher oder  ovaler  Sporenbehälter, 
in  welchem  zahlreiche  Sporen  er- 
zeugt werden.  Allgemein  ent- 
stehen die  Sporen  der  Moose,  wie 
auch  die  der  Farnpflanzen  und 
Samenpflanzen  zu  vier,  in  Te- 
traden, durch  zweimalige,  mit  Reduktion  der  Chromosomenzahl  verbun- 
dene Teilung  der  Sporenmutterzellen,  die  sich  vorher  voneinander  loslösen 
und  abrunden. 

Bei  den  Laubmoosen  dringt  der  untere,  als  Saugorgan  dienende  Teil  des  Embryos 
in  das  sich  oft  stark  vergrößernde  Gewebe  des  Archegoniumstieles,  in  manchen  Fällen  sogar 
bis  in  das  Gewebe  des  Stämmchens  ein.  Dieses  Gewebe  und  der  mitwachsende  Archegonium- 
bauch bilden  dann  zusammen  die  Hülle,  die  schließlich  von  dem  sich  streckenden 
Embryo  durchbrochen  wird.  Der  oberste,  aus  dem  Archegoniumbauch  hervorgegangene 
Teil  der  Hülle  wird  dabei  als  Calyptra  oder  Haube  emporgehoben,  während  der  untere 
als  Scheide  den  Sporogonstiel  an  seiner  Basis  umgibt.  In  ähnlicher  Weise  wird  auch  die 
Hülle  bei  einem  Teil  der  Lebermoose  (so  in  der  Regel  bei  den  Marchan tiales)  gebildet; 
bei  den  übrigen  aber  wächst  der  Embryo  mit  seiner  Basis  in  das  unter  dem  Archegonium 
befindliche  Thallus-  oder  Stämmchengewebe  mehr  oder  weniger  tief  hinein;  auch  kann  in 
bestimmten  Fällen  das  dem  Archegonium  benachbarte  Gewebe  zu  einem  beutelartigen, 
meist  in  den  Boden  eindringenden  Gebilde,  dem  Marsupi  um,  heranwachsen,  in  welches 
das  Archegonium  mit  seinem  Embryo  hineinversenkt  erscheint.  So  kommt  es  schließlich 
für  diesen  zur  Bildung  eines  eigenartigen  Schutz-  und  Ernährungsorganes. 

27* 


Fig.  440.  A  Spitze  des  entleerten  Antheridiums 
von  Polytrichum  mit  Resten  der  Öffnungskappe, 
halbiert  gezeichnet.  Nach  Goebel.  B  Geöffneter 
Hals  des  Archegoniums  von  Mnium  undulatum. 
Nach  ZiELiNSKi. 


420 


Schenck : 


Fig.  441.  Sporogonentwicklung  von  Corsinia 
marchantioides,  einem  Marchantiaceen-Leber- 
moos.  A  Die  Zygote  in  16  Zellen  geteilt. 
B  Die  untere  Hälfte  des  Embryos  entwickelt 
sich  zum  Fuß,  die  obere  zur  Kapsel,  w  Wand- 
zellen, ar  Archespor.  Vergr.  170.  C  Älteres 
Sporogon.  In  der  Kapsel  die  aus  dem  Arche- 
spor hervorgegangenen  Sporenmutterzellen 
und  kleineren  sterilen  Zellen.  Letztere  er- 
fahren bei  Corsinia  keine  Weiterentwicklung 
zu  Elateren.     Vergr.   90.     Nach  K.  Meyer. 


Die  Entwicklung  der  Sporogone  {^^)  zeigt  bemerkenswerte  "Verschiedenheiten. 
Bei  den  niederen  Lebermoosen  (Marchantiales)  teilt  sich  die  Zygote  quer  und  längs 

in  8,  dann  radial  weiter  in  16  Zellen  und 
diese  durch  perikline  Wände  in  äußere  und 
innere  Zellen  (Fig.  441).  Aus  der  unteren 
Hälfte  des  Embryos  geht  der  Fuß  und  der 
kurze  Stiel  hervor,  aus  der  oberen  die  Kapsel, 
deren  zentrale  Zellen,  das  Archespor, 
das  vielzellige  sporogene  Gewebe  liefern. 
Diese  Zellen  werden  zum  Teil  zu  Sporen- 
mutterzellen; zum  Teil  bleiben  sie  steril 
und  dienen  zunächst  als  Nährzellen  für  die 
ersteren  (Fig.  441  C).  Dann  wachsen  die  Nähr- 
zellen meist  zu  faserförmigen  Gebilden  mit 
schraubenbandförmigen  Wandverdickungs- 
leisten  heran,  zu  Schleudern  (Elateren), 
die  nach  der  Öffnung  ihrer  Kapsel  durch 
ihre  hygroskopischen  Bewegungen  die  Sporen 
auflockern  und  ausstreuen.  Nur  bei  den 
Ricciaceen  werden  sämtliche  Zellen  des  inneren 
Gewebes  zu  Sporenmutterzellen,  und  das 
ganze  Sporogon  ist  hier  zu  einer  rundlichen 
ungestielten  Kapsel  mit  einschichtiger  Wand 
vereinfacht. 

Bei  den  höheren  Lebermoosen 
(Jungermanniales)  teilt  sich  die  Zygote  erst 
einigemale  quer,  die  unterste  Zelle  wird  meist 
zu  einem  ein-,  selten  mehrzelligen  Saug- 
organ, die  oberen  Zellen  liefern  Fuß,  Stiel 
und  Kapsel.  Aus  dem  sporogenen  Gewebe- 
komplex gehen  auch  hier  neben  den  Sporenmutterzellen  sterile  Zellen  hervor,  die  bei  den 
meisten  Gattungen  wiederum  zu  Elateren  sich  weiterentwickeln. 

Die  Lebermoosgruppe   der  Anthocerotales  weicht  im  Bau   des   Sporogons  bedeutend 

von  den  vorher  genannten  ab  und 
nähert  sich  in  einigen  Eigentüm- 
lichkeiten den  Laubmoosen  (vgl. 
S.  423). 

Bei  den  Laubmoosen 
besitzt  das  Sporogon  einen  axilen, 
der  Stoffleitung  dienenden  Strang 
sterilen  Gewebes,  eine  C  o  1  u m  e  1 1  a, 
in  deren  Umkreis  das  Archespor 
in  Form  einer  meist  einfachen 
Zellschicht  angelegt  wird.  Bei  den 
Sphagnales  (Fig.  454  C)  und  den 
Andreaeales  überwölbt  die  Arche- 
sporschicht kuppeiförmig  die  Colu- 
mella,  bei  den  Bryales  (Fig.  460) 
dagegen  hat  sie  die  Form  eines  Zy- 
lindermantels. Der  langgestreckte 
Embryo  baut  sich  aus  Querseg- 
menten auf,  die  bei  den  Sphag- 
nales durch  Querteilung  der  Zygote 
entstehen;  bei  den  übrigen  Laub- 
moosen aber,  deren  Zygote  zuerst 
auch  quergeteilt  wird,  treten  in  der 
oberen  Zelle  schiefe  Wände  auf 
und  die  von  ihnen  gebildete  zwei- 
schneidige   Scheitelzelle    scheidet 


Fig.  442.  Sporogonentwicklung  von  Funaria  hygro- 
metrica,  einem  Laubmoos.  A,  B  Längsschnitt.  Erste 
Teilungen  der  Zygote,  s  Scheitelzelle.  C—E  Quer- 
schnitt. C  Teilung  in  Endothecium  e  und  Amphithe- 
cium  a.  D  Weitere  Teilungen.  E  Älteres  Sporogon, 
im  Endothecium  die  äußerste  Zellschicht,  das  Arche- 
spor ar,  abgeteilt  von  der  Columella  c.  Nach  Campbell. 


Bryophyten. 


421 


Fig.  443.     Funaria  hygrometrica.      Querschnitt 

durch    das  Archespor  (A  st/)  und    die   aus  ihm 

hervorgegangenen,  noch  nicht  isolierten  Sporen- 

mutterzellen  {B  sm).     Nach  Goebel. 


nach  heiden  Seiten  hin  Quersegmente  ab,  die  sich  dann  weiter  teilen.  In  den  Quer- 
segmenten, die  die  Mooskapsel  liefern,  findet  zunächst  eine  Längsteilung  statt,  dann  in 
den  so  entstandenen  Quadranten  durch  perikline  Wände  die  Zerlegung  in  äußere  Zellen 
(Amphithecium)  und  innere  Zellen  (End  o  th  eci  um)  (Fig.  442).  Das  Archespor 
entsteht  nur  bei  den  Sphagnales  als  innerste  Zellschicht  des  Amphitheciums,  bei  allen 
übrigen  Laubmoosen  dagegen  als  äußerste  Zellschicht  aus  dem  Endothecium.  Es  liefert 
ausschließlich  Sporen,  aber  keine  sterilen  Zellen  (Fig.  443). 

Die  Moose  sind  bis  auf  wenige,  sekundär  zum  Leben  im  Wasser  übergegangene 
Formen  Landpflanzen  im  Gegensatz  zu  den  Algen  und  zeigen  dementsprechende  An- 
passungen in  ihrer  anatomischen  Struktur. 
So  sind  alle  ihre  oberirdischen  Teile  von 
einer  Kutikula  überzogen.  Die  bemerkens- 
werte Kleinheit  der  Moose  im  Vergleich 
zu  den  Farnpflanzen  steht  in  Zusammen- 
hang mit  ihrem  einfachen  zelligen  Auf- 
bau, mit  dem  Mangel  echter  Gefäße  und 
echter  Wurzeln.  Manche  Arten  sind 
winzige  Pflänzchen,  die  größten  Laub- 
moose sind  die  neuseeländischen  Daw- 
sonien,  deren  einfache  beblätterte  Stämm- 
chen bis  50  cm  Höhe  erreichen. 

Viele  Moose  besitzen  rötliche, 
bräunliche,  einige  sogar  fast  schwarze 
Färbung,  die  in  den  meisten  Fällen  durch 
besondere  Membranfarbstoffe  ( Anthocyane 
und  Phlobaphene),  seltener  durch  gefärbten 
Zellsaft  bedingt  istO^Ta). 

Die  Moose  weisen  eine  ungemeine  Regenerationsfähigkeit  aus  abgeschnit- 
tenen Stücken  aller  ihrer  Organe  auf;  ferner  ist  bei  ihnen  vegetative  Vermehrung  durch 
Brutkörper  und  Brutknospen  sehr  verbreitet,  die  am  Thallus,  an  den  Stämmchen,  an  den 
Blättern,  am  Protonema  in  verschiedener  Art  entstehen  und  sich  loslösen  (^"b). 

Die  phylogenetische  Ableitung  der  Bryophyten  von  einer  bestimmten 
Algengruppe  begegnet  Schwierigkeiten.  Zwischen  den  Moosen  einerseits,  den  höherstehenden 
Grünalgen  und  den  Characeen  andererseits  sind  keine  einen  Übergang  vermittelnde  Formen 
bekannt.  Der  morphologische  Vergleich  ergibt  vielmehr  eher  eine  Anknüpfung  der  Moose 
an  Braunalgen,  deren  vielfächerige,  bei  einigen  Gattungen  bereits  in  Antheridien  und 
Oogonien  differenzierte  Gametangien  als  homologe  Vorläufer  der  Anthe- 
ridien und  Archegonien  der  Archegoniaten  gelten  dürfen.  So  zeigt  das  Antheridium 
der  niederen  Lebermoose  noch  ganz  übereinstimmenden  Zellenaufbau  mit  Braunalgen- 
gametangien  (vgl.  Fig.  436,  355,  357);  es  unterscheidet  sich  von  ihnen  durch  den  Besitz 
einer  sterilen,  schützenden  Wandschicht,  deren  Differenzierung  als  eine  Anpassung  an 
terrestrische  Lebensweise  angesehen  werden  kann.  Ferner  zeigt  sich  unter  den  Braun- 
algen, z.  B.  bei  Dictyota,  ein  mit  dem  der  Moose  übereinstimmender  Generationswechsel. 
Gametophyt  und  Sporophyt  haben  allerdings  dort  in  ihrem  vegetativen  Bau  gleiche  Form. 
Den  Tetrasporangien  des  Dictyotasporophyten  entsprechen  die  Sporenmutter- 
z  eilen  des  Moossporophyten,  deren  endogene  Anlage  in  zusammenhängenden  Schichten 
auf  den  Einfluß  terrestrischer  Lebensweise  sich  zurückführen  ließe.  Der  Sporophyt  der 
Moose  geht  frühzeitig  zur  Entwicklung  seiner  Sporen  über,  beschließt  damit  sein  Wachstum, 
ohne  erst  eine  Gliederung  in  vegetative  Organe  zu  erfahren,  und  wird  so  wesentlich  ver- 
schieden von  dem  Gametophyten,  dessen  Gestaltung  bei  den  thallösen  Lebermoosen  mit 
dem  Thallus  gewisser  Braunalgen  manche  Analogien  aufweist  (^^). 

Die  beiden  scharf  geschiedenen  Klassen  der  Bryophyten  charakterisieren 
sich  kurz  folgendermaßen: 

1.  Hepaticae,  Lebermoose.  Geschlechtliche  Generation  mit  schwach  ent- 
wickeltem und  meist  nicht  scharf  abgesetztem  Protonema,  ihr  Thallus  ent- 
weder flächenförmig  und  gabelteilig  oder  in  Stämmchen  mit  dorsiventral 
angeordneten  Blättchen  gegliedert.  Der  Sporenbehälter  erzeugt  bei  den 
meisten  außer  Sporen  auch  Elateren.  Nur  bei  einer  Ordnung,  den  Antho- 
cerotales,  wird  in  der  Kapsel  eine  Columclla  ausgebildet. 


422 


Schenck: 


2.  Musci,  Laubmoose.  Vorkeim  der  geschlechtlichen  Generation  meist 
kräftig  entwickelt,  scharf  abgesetzt,  Thallus  stets  in  Stämmchen  und  Blättchen 
gegliedert.  Die  Blätter  in  spiraliger,  mehrzelliger,  seltener  in  zweizeiliger 
Anordnung,  Stämmchen  also  poly-  oder  seltener  bisymmetrisch  beblättert. 
Sporenbehälter  stets  ohne  Elateren,  aber  mit  Columella, 

Fossile  Moose.  Die  Lebermoose  sind  primitiver  organisiert  als  die  Laubmoose, 
scheinen  auch  älter  zu  sein,  da  ihre  fossilen  Reste  vereinzelt  bis  zum  Karbon  hinab,  mit 
einiger  Sicherheit  aber  erst  im  Mesozoikum  gefunden  werden,  während  die  ersten  Laub- 
moose aus  der  oberen  Kreide  bekannt  wurden.  Die  meisten  fossilen  Moosreste  entstammen 
dem  Tertiär  und  zeigen  größte  Ähnlichkeit  mit  heutigen  Gattungen. 


Klasse  I. 


Hepaticae,  Lebermoose  (^'  ^"' 


')• 


Die  Mehrzahl  der  Lebermoose  bewohnt  feuchte  Standorte  und  besitzt  dementsprechend 
hygrophile  Struktur.  Echte  Wasserpflanzen  sind  unter  ihnen  nur  spärlich  vertreten. 
Manche  zarte  Jungermanniaceen  leben  versteckt  in  Laubmoosfilzen.  Weniger  zahlreich 
sind  P'ormen,  die  extrem  trockene  Standorte  auf  Baumrinden  und  Felsen  oder  auf  dem 
Boden  bewohnen  und  xerophilen  Bau  sowie  Einrichtungen  zum  Wasserspeichern  besitzen. 
Unter  den  epiphytischen  Arten  sind  die  kleinen,  epiphyllen,  d.  h.  auf  Blättern  lebenden 
Lebermoose  feuchter  Tropenwälder  bemerkenswert.  Im  allgemeinen  spielen  die  Leber- 
moose keine  bedeutende  Rolle  in  der  Zusammensetzung  kryptogamer  Pflanzenformationen. 

Die  Rhizoiden  vieler  Lebermoose,  namentlich  der  Jungermanniaceen,  sowie  auch 
die  chlorophyllfreien  Thallusgewebe  bei  Marchantiaceen  werden  häufig  von  endophytischen 
Pilzfäden  (u.  a.  des  Mucor  rhizophilus)  besiedelt,  die  den  Moosen  keinen  besonderen  Nutzen, 
aber  auch  keinen  bedeutenden  Schaden  bringen  (i"'). 

Die  Lebermoose  zerfallen  nach  dem  Bau  der  Sporogone  und  der  Gliede- 
rung der  geschlechtlichen  Generation  in  drei  Ordnungen,  von  denen  die 
Anthocerotales  und  Marchantiales  ausscliließlich  Thalluspflanzen,  die  Junger- 
manniales  teils  ebensolche,  teils  aber  Formen  mit  dorsiventral  beblättertem, 
seltener,  und  zwar  nur  in  der  Gruppe  der  Haplomitrieen,  mit  radiär  gebautem, 
beblättertem  Stämmchen  umfassen. 

/.  Ordnung.  Die  Anthocerotales  i^^"^)^  eine  isoliert  stehende  Gruppe, 
die  nur  wenige  Formen  umfaßt,  können  als  eine  primitive  Moosordnung  gelten.  Ihr 
Sporogon  zeichnet  sich  durch  einen  reicheren  inneren  Bau  aus,  als  das  der  übrigen  Leber- 
moose, bei  denen  es  eine  fortschreitende  Vereinfachung  erfahren  hat. 

Der  Gametophyt  hat  die  Gestalt  eines 
gelappten,  am  Boden  mittels  Rhizoiden  fest- 
gewachsenen Thallus.  Seine  Zellen  ent- 
halten zum  Unterschied  von  allen  anderen 
Moosen  nur  einen  einzigen  großen  pyrenoid- 
führenden  Chlorophyllkörper.  Auf  der  Unter- 
seite, seltener  auf  der 
Oberseite  finden  sich 
Spaltöffnungen.  Die 
Antheridien  ste- 
hen einzeln  oder  zu 
vier  im  Innern  ge- 
schlossener Höhlun- 
gen unter  der  Ober- 
seite des  Thallus  (Fig. 
445).  Die  Höhlung 
wird  erst  bei  der  Reife 
der  Antheridien  ver- 
mittels Schleimbil- 
dung in   den  Deck- 


Fig.  444.  Anthoceros 
laevis.  sp  Sporogon, 
c  Columella.  Nat.  Gr. 


Fig.    445.     Anthoceros    Pearsoni.     Entwick- 
lung des  endogenen  Antheridiums.    d  Deck- 
zellen, st  Stielzellen,  a  Anlage  des  Antheri- 
diums.   Nach  D.  Campbell. 


Bryophyten. 


423 


Zellen  geöffnet.  Die  Anlage  der  männlichen  Organe  ist  also  hier  abweichend  von  allen 
übrigen  Archegoniaten  sekundär  zu  einer  endogenen  geworden,  indem  eine  Oberflächen- 
zelle sich  zunächst  in  eine  die  Decke  liefernde  äußere  (d)  und  eine  innere  (a),  die 
Mutterzelle  der  Antheridien,  teilt.  Die  Archeg  oni  en  sind  in  die  Oberseite  des  Thallus 
eingesenkt  und  werden  nach  der  Befruchtung  von  einer  durch  Wucherung  des  Thallus- 
gewebes  entstehenden,  mehrschichtigen  Hülle  (Marsupium)  überwölbt,  die  später  von  der 
Kapsel frucht  durchbrochen  wird  und  eine  Scheide  an  deren  Basis  bildet.  Die  befruchtete 
Eizelle  teilt  sich  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Moosen  zunächst  durch  eine  Längs  wand 
in  zwei  Zellen,  diese  dann  weiter  durch  Querwände.  Das  aus  dem  Embryo  hervorgehende 
Sporogon  besitzt  einen  angeschwollenen,  mit  rhizo'idähnlichen  Schläuchen  im  Thallus 
befestigten  Fuß  und  eine  ungestielte,  lang  schotenförmige,  mit  zwei  Längsklappen  auf- 
springende Kapsel,  in  deren  Längsachse  eine  aus  wenigen  Zellreihen  bestehende  Colu- 
mella  sich  befindet  (Fig.  444).  Diese  wird  kappenförmig  von  der  schmalen  sporenbildenden 
Zellschicht  bedeckt.  Außer  Sporen  erzeugt  letztere  auch  Schleudern;  sie  sind  hier  mehr- 
zellig, vielgestaltig,  oft  gegabelt.  Im  Gegensatz  zu  allen  übrigen  Lebermoosen  reift  der 
Kapselteil  dieses  Sporogons  nicht  gleichzeitig  heran,  sondern  von  der  Spitze  ausgehend 
unter  andauernder  Fortentwicklung  an  seiner  Basis.  Auch  enthält  die  Sporogonwand  Chlo- 
rophyll und  besitzt  Spaltöffnungen,  die  sonst  bei  Lebermoosen  nicht  auftreten. 

An  der  Unterseite  des  Thallus  der  Anthocerotaceen  werden  durch  Auseinander- 
weichen benachbarter  Zellen  Spalten  erzeugt,  die  in  Höhlungen  führen,  welche  Schleim 
enthalten.  In  diese  dringen  häufig  Nostoctäden  ein,  um  sich  dort  zu  endophytischen 
Kolonien  zu  entwickeln  (lOia). 

2.  Ordnung.  Die  Marchantialesi^^-)  besitzen  zum  Teil  recht  kompli- 
zierten Aufbau.  Als  Typus  sei  die  an  Quellen  häufige  Marchantia  polymorpha  geschildert. 
Sie  bildet  bis  2  cm  breite,  sich  gabelig  verzweigende  Thalluslappen  (Fig.  447  A,  Fig.  448  ..4) 
mit  schwachen  Mittelrippen.  An  der  Unterseite  entspringen  einschichtige  Zellamellen  oder 
Ventralschuppen  und  die  Rhizoiden,  die  den  Thallus  befestigen  und  ihm  Wasser 
zuführen;  sie  sind  zum  Teil  glattwandig,  zum  Teil  aber   mit   zapfenförmigen,    nach   innen 


Fig.  446.  Marchantia  polymorpha.  A  —  C 
Brutkörperentwicklung,  si  Stielzelle,  B  Brut- 
körper von  der  Fläche,  ^im  Querschnitt,  x  Ab- 
lösungsstelle, o  Öl  Zellen,  r  Rhizoidanlagen.  A—  C 
Vergr.  275.    D—E  Vergr.  65.   Nach  Kny. 


Fig.  447.  A  Männliche  Pflanze  von  Mar- 
chantia polymorpha,  b  Brutkörbchen.  Nat. 
Gr.  B  Antheridiumstand  mit  den  ein- 
gesenkten Antheridien  a,  ;*  Thallus,  .f  Ven- 
tralschuppen.    ;■  Rhizoiden.     Etwas  vergr. 


vorragenden  Wandverdickungen  versehen  (Fig.  31).  Diese  Zäpfchenrhizoiden  verflechten 
sich  längs  der  Mittelrippe  zu  einem  Strange.  Die  Dorsiventralität  des  Thallus  macht  sich 
auch  im  anatomischen  Aufbau  geltend.  Auf  der  Oberfläche  des  Thallus  bemerkt  man 
schon  mit  bloßem  Auge  eine  rhombische  Felderung.  Jedes  Feld  entspricht  einer  unter 
der  obersten  Zellschicht  befindlichen,  von  geschlossenen  seitlichen  Wänden'  abgegrenzten 
Luftkammer,  die  durch  eine  Atemöffnung  in  der  Mitte  des  Feldes  nach  außen  führt 
(Fig.  95  A,  B).  Die  Öffnung  besteht  aus  einem  kurzen  Kanal  mit  einer  aus  mehreren 
ringförmigen  Stockwerken  von  je  vier  Zellen  gebildeten  Wandung.  Vom  Boden  der 
Kammer  erheben  sich  zahlreiche  kurze,  aus  rundlichen  Zellen  bestehende  Fäden,  die 
Chlorophyllkörner  enthalten  und  das  Assi  m  i  1  ati  on  sge  webe  vorstellen.     Auch  in  den 


424 


Schenck : 


Kammerwänden  und  in  der  Epidermis  befindet  sich  Chlorophyll,  aber  in  geringerer  Menge. 
Im  übrigen  besteht  der  Thallus  aus  großen  chlorophyllarmen,  als  Speicherzellen 
dienenden  Parenchymzellen,  die  an  der  Unterseite  von  einer  einschichtigen  geschlossenen 
Zellschicht  bedeckt  werden.  Auf  die  Ausbildung  der  Luftkammern  ist  die  Belichtung  von 
großem  Einfluß.     Bei    sehr   schwacher   Belichtung   kann   ihre  Bildung   ganz    unterbleiben. 

Auf  den  Mittelrippen  der 
Oberseite  des  Thallus  treten  in  der 
Regel  becherförmige  Auswüchse 
mit  gezähntem  Rand,  die  Brut- 
becher oder  Brutkörbchen 
(Fig.  447  (^)  auf,  in  denen  eine 
Anzahl  von  flachen  Brutkörperchen 
sich  befinden.  Sie  entstehen,  wie 
Fig.  446  zeigt,  durch  Hervorwöl- 
bung und  weitere  Teilung  ein- 
zelner Oberflächenzellen  und  sitzen 
mit  einer  Stielzelle  (si)  fest,  von 
der  sie  sich  (Z>  bei  x)  ablösen. 
Sie  haben  an  den  beiden  Ein- 
schnürungsstellen zwei  Vegetations- 
punkte und  bestehen  aus  mehreren 
Schichten  von  Zellen,  von  denen 
eine  Anzahl  mit  Ölkörpern  erfüllt 
ist  (D,  o),  andere,  farblose,  als 
Anlagen  der  späteren  Rhizo'iden 
dienen.  Ölhaltige  Zellen  treten 
auch  im  fertigen  Thallus  zerstreut 
auf  und  sind  überhaupt  bei  Leber- 
moosen sehr  verbreitet.  Mit  Hilfe 
der  Brutkörperchen  kann  sich 
Marchantia  in  reichlichem  Maße 
vegetativ  vermehren.  Die  Dorsi- 
ventralität  des  aus  dem  isolate- 
ralen Brutkörper  hervorgehenden 
Thallus  wird  durch  den  Einfluß 
des  Lichtes  bedingt. 

Die  Sexualorgane,  An- 
theridien  und  Archegonien,  werden 
von  besonderen  aufstrebenden 
Zweigen  des  Thallus  getragen.  Im 
unteren  Teile  sind  diese  Zweige 
stielartig  zusammengerollt,  im 
oberen  Teile  verzweigen  sie  sich 
sternförmig.  Antheridien  und 
Archegonien  sind  diözisch  ver- 
teilt. Die  männlichen  Zweige 
schließen  mit  einer  lappig  geran- 
deten  Scheibe  ab,  an  deren  Ober- 
seite die  Antheridien  eingesenkt 
sind,  und  zwar  ein  jedes  in  einen 
flaschenförmigen  Hohlraum,  der 
mit  einer  engen  Öffnung  nach 
außen  mündet  (Fig.  447^  u.  435). 
Diese  Höhlungen  werden  von  Luft- 
kammern führendem  Gewebe  ge- 
trennt. Die  Spermien  sammein 
durch    den   welligen    Hutrand   ge- 


Fig.  448.  Marchantia  polymorpha.  A  Weibliche  Pflanze 
mit  vier  verschiedenalterigen  Archegoniumständen, 
b  Brutkörbchen.  Nat.  Gr.  ß  Archegoniumstand  von 
unten,  st  Strahlen,  k  Hülle,  spo  vortretende  Sporogone. 
Vergr.  3.  C  Derselbe  halb  durchschnitten.  Vergr.  5. 
D  Junges  Sporogon  im  Längsschnitt,  mit  dem  Fuß  sp/, 
dem  sporenbildenden  Gewebe  sp^,  der  Kapselwandung 
iw,  der  Archegoniumwandung  aw,  dem  Archegonium- 
hals  ha,  dem  Perianth/.  Vergr.  70.  ^Aufgesprungenes 
Sporogon,  Sporen  mit  Eiateren  e.  Vergr.  10.  F  Ein 
einzelner  Elater.  6^  Reife  Sporen.  Vergr.  315.  v^  Ge- 
keimte  Spore  mit  Keimschlauch  vk  und  Keimscheibe 
i,  letztere  mit  der  Scheitelzelle  v  und  dem  Rhizoid  rk. 
Vergr.  100.  C,  E  nach  Bischoff.  B,  D,  i^— /fnach  Kny. 


einem  Wassertropfen,   der 


sich  oben  auf  dem  Hut 
halten  wird. 

Die  weiblichen  Zweige  (Fig.  448^)  schließen  mit  einem  meist  neunstrahligen 
Schirm  ab.     Die  Oberseite  des  Schirmes  ist  zwischen  den  Strahlen  umgeschlagen  und  trägt 


Bryophyten. 


425 


hier  die  Archegonien,  die  somit  der  Unterseite  des  Schirmes  zu  entspringen  scheinen. 
Sie  bilden  radiale  Reihen  zwischen  den  Strahlen.  Jede  dieser  Reihen  wird  von  einer 
zierlich  gezähnten  Hülle  (Perichaetium)  (B,  C,  h)  umgeben.  Die  Gestalt  der  Archegonien 
ist  aus  Fig.  438  ersichtlich. 

Die  Befruchtung  erfolgt  bei  Regenwetter,  indem  Regentropfen  die  Samenfäden 
enthaltende  Flüssigkeit  von  den  männlichen  Hüten  auf  die  weiblichen  Schirme  spritzen, 
deren  Epidermiszellen  papillenförmig  vorspringen  und  ein  oberflächliches  Kapillarsystem 
darstellen,  in  welchem  die  Samenfäden  zu  den  Archegonien  hinabgeleitet  werden. 

Nach  der  Befruchtung  entwickelt  sich  die  Eizelle  zu  einem  vielzelligen  Embryo 
(Fig.  438 C),  dieser  zu  einem  gestielten  ovalen  Sporogon.  Seine  Kapsel  hat  eine 
einschichtige  Wandung,  deren  Zellen  Ringfaserverdickungen  aufweisen.  Nur  am  Scheitel 
ist  die  Wandung  zweischichtig,  hier  beginnt  auch  das  Einreißen  der  Kapsel,  indem  das 
Deckelstück  zerfällt  und  die  Wandung  in  Form  mehrerer  Zähne  sich  zurückkrümmt.  Die 
reife  Kapselfrucht  ist  anfangs  noch  bedeckt  von  der  eine  Zeitlang  mitwachsenden  Archegonium- 
wandung  (Fig.  448  Z)^,  a7u),  die  aber  bei  der  Streckung  des  Stieles  durchbrochen  wird 
und  an  der  Basis  als  Scheide  zurückbleibt.  Außerdem  wird  die  Kapsel  von  einer  vier- 
bis  fünfspaltigen,  dünnhäutigen  Hülle,  dem  Perianth,  umgeben,  das  schon  vor  der 
Befruchtung  aus  dem  kurzen  Stiel  des  Archegoniums  ringsum  als  sackartige  Hülle  hervor- 
zusprossen  beginnt  (Fig.  438  C,  pr,  448 Z»,  E,  p).  Die  Kapsel  entläßt  Sporen  und 
Elateren  (Fig.  US F,  G). 

Marchantia  war  früher  als  Mittel  gegen  Leberkrankheiten  offizinell,  daher  auch  die 
Bezeichnung  Lebermoose. 

Die  Ricciaceeti{^^'^)  weisen  zwar  eine  weitgehende  Vereinfachung  ihrer  Sporogone 
auf,  schließen  sich  aber  an  einfacher  gebaute  Marchantiaceen  als  reduzierte  Formen  an. 
Ihr  dichotomisch  gelappter  Thallus 
bildet  auf  Schlammboden  am  Ufer 
der  Gewässer  oder  auf  feuchten  Äckern 
kleine  Rosetten.  R/ccia  «ö'/a;w  schwimmt 
mit  ihren  breiten  Thalluslappen  auf 
der  Oberfläche  des  Wassers  nach  Art 
der  Lemnaceen  (Fig.  449  C).  Riccia 
fluitans  (Fig.  449 /i),  vielleicht  eine 
Sammelart  von  submersen  Formen 
verschiedener  terrestrischer  Arten,  hat 
dagegen  schmale,  reicher  verästelte 
Thalluslappen.  Diese  beiden  wasser- 
bewohnenden Arten  können  aber  auch 
auf  Schlammboden  niederliegende  Ro- 
setten bilden  (Fig.  449  B).  Der  Thallus 
besteht  an  der  Oberseite  ähnlich  wie 
bei  Marchantia  aus  einem  von  schizogen 

entstandenen  Luftkammern  durchzogenen,  assimilierenden  Gewebe;  an  seiner  Unterseite 
trägt  er  feine  Rhizoiden  und  außerdem  eine  Reihe  von  quergestellten  Ventralschuppen, 
die  wie  erstere  sich  an  der  Nährstoff  auf  nähme  beteiligen.  Beide  Organe  fehlen  vollständig 
der  submersen  Form  von  Riccia  fluitans. 

Antheridien  und  Archegonien  sind  auf  der  Oberseite  eingesenkt.  Aus  der  Eizelle 
entwickelt  sich  nach  der  Befruchtung  ein  ungestieltes  kugeliges  Sporogon  mit  einschichtiger 
Wandung.  Die  Wandung  wird  vor  der  Sporenreife  aufgelöst,  und  die  Sporen  werden  durch 
Verwitterung  der  sie  umgebenden  Zellen  des  Thallus  frei.     Elateren  fehlen. 

3.  Ordnung.  Die  Jungermanniates,  meist  kleine,  auf  Erde  oder  an 
Baumstämmen,  in  den  Tropen  auch  auf  Blättern  von  Waldpflanzen  lebende  Lebermoose, 
weisen. in  ihren  einfacheren  Formen  einen  breitlappigen  Thallus  wie  Marchantia  auf,  z.  B. 
die  auf  feuchtem  Erdboden  häufige  Pellia  epiphylla,  oder  einen  schmal  bandförmigen, 
dichotom  verzweigten,  ähnlich  wie  Riccia  fluitans,  so  die  an  Baumstämmen  oder  Felsen 
lebende  Metzgeria  furcata  (vgl.  Fig.  94).  Sodann  gibt  es  Formen,  deren  breitlappiger,  mit 
Mittelrippe  versehener  Thallus  bereits  eine  schwache  Ausbildung  von  blattähnlichen  Gliedern 
an  seinem  Rande  aufweist,  so  die  erdbewohnende  Blasia  pusilla  (Fig.  450).  Die  Mehr- 
zahl  aber    besitzt  eine  deutliche   Gliederung   in   ein   niederliegendes   oder   aufstrebendes, 


Fig.  449.  A  Riccia  fluitans,  untergetaucht  schwim- 
mende Form.  B  Riccia  natans,  Landform.  Nat.  Gr. 
C  Riccia  natans.  Schwimmform  mit  langen  Ventral- 
schuppen.   Vergr.    2.     B   Nach    Goebel,    C  nach 

BiSCHOFP. 


426 


Schenck : 


^ 


,-C^r 


h  s^ 


reichverzweigtes,  dorsiventrales  Stämmchen  und  in  einschichtige  Blättchen  ohne  Mittelnerv, 

die  in  zwei  Zeilen   an    den  Flanken   des  Stämmchens   mit  schiefer  Stellung  ihrer  Spreite 

angeordnet  sind   (Fig.  451).     Bei    gewissen    Gattungen    tritt    zu    diesen    zwei    Zeilen    von 

Flankenblättern  auch  noch  eine  bauchständige  Reihe  von 

kleineren    und    anders    beschaffenen    Blättchen,    Amphi- 

gastrien  oder  Bauchblättern,  hinzu,  so  bei  Frtdlania  Ta- 

marisci  (Fig.  452),  einem  zierlich  verzweigten,  an  Felsen 
und  Baumstämmen  häufigen 
Lebermoos  von  bräunlicher 
Farbe.  Die  Flankenblätter 
gliedern  sich  häufig  in  einen 
Oberlappen  und  einenünter- 
lappen.  Der  letztere  er- 
scheint bei  gewissen  Arten, 
die  an  ihren  Standorten  zeit- 
weise der  Gefahr  des  \er- 
trocknens  ausgesetzt  sind, 
sackartig  ausgebildet  und 
dient  als  kapillarer  Wasser- 
behälter, so  bei  Frullain'a 
Tatnarüci.  Die  Flanken- 
blätter sind  entweder  o  b  e  r  - 
schlächtig,  wenn  der 
Hinterrand  eines  Blattes 
von    dem    Vorderrand    des 

nächstunteren  überdeckt  wird  (Fig.  452  Frullania),   ode 


Fig.  450.     Blasia  pusilla  mit 

Sporogon  s,   r  Rhizoiden. 

Vergr.  2. 


Fig.  451.  Plagiochila  asplenioi- 
des  mit  Sporogon  s.     Nat.  Gr. 


unterschlächtig,   wenn 


.ä~^i 


Hinterrand  eines  Blattes  über  dem  Vorderrand  des  nächstunteren 

Das  Sporogon  besitzt  einen  langen  zarten  und  weichen 
Stiel;  es  ist  schon  fertig  ausgebildet,  ehe  es  bei  der  rasch 
erfolgenden  Streckung  des  Stiels  die  Archegoniumwand  durch- 
bricht und  als  häutige  Scheide  an  seinem  Grunde  zurückläßt; 
es  weist  eine  kugelige,  meist  in  vier  Klappen  sich  öffnende 
Kapsel  auf,  bildet  keine  Columella  aus  und  erzeugt  Sporen  und 
Elateren.  Bei  einigen  Gattungen  fPellia,  Aneura)  sind  in  der 
Kapsel  Elateren  träger  vorhanden,  die  aus  Gruppen  steriler  ela- 
terenähnlicher  Zellen  bestehen.  Die  Kapselwandzellen  sind  mit 
ringförmigen  oder  leistenartigen  Ver- 
dickungen versehen  oder  gleichmäßig 
verdickt  bis  auf  die  dünnen  Außen- 
wände. Das  Aufspringen  erfolgt  durch 
die  Kohäsion  des  schwindenden  Füll- 
wassers unter  Einbiegung  der  dünnen 
Außenwände. 

Nach  der  Stellung  der  Sporo- 
gone  gliedert  sich  die  Mehrzahl  der 
Jungermanniales  in  zwei  Gruppen. 
1.  Bei  den  Anacrogynae  wird  der 
Scheitel  zur  Archegoniumbildung  nicht 
mit  verwendet,  die  Sporogone  stehen 
rückenständig  und  sind  an  ihrer  Basis 
von  einem  scheidenartigen  Auswuchs 
des  Thallus,  einem  Perichaetium,  um- 
geben. Hierher  gehören  die  thallösen 
Formen  (Pellia,  Metzgeria)  und  die 
Übergangsformen  zu  den  beblätterten 
Formen  (Blasia).  2.  Bei  den  Acro- 
gynae^  dagegen  stehen  die  Archegonien  und  somit  auch  die  Sporogone  am  Ende  des  Stengels 
oder  seiner  Aste  und  sind  von  einem  aus  besonders  gestalteten  Blättchen  gebildeten,  nach  der 
Befruchtung  heranwachsenden  Perianth  umhüllt.  Hierher  die  dorsi ventral  beblätterten  Formen 
(z.  B.  Plagiochila,  Frullania  und  die  artenreiche  Q.&\X\m%  Jungermannia).  3.  Eine  vorgerückte 


Fig.  452.  Frullania  Ta- 
marisci,  von  unten,  o 
Flankenblatt ,  7vs  als 
Wassersack  ausgebilde- 
ter Unterlappen  des  Flan- 
kenblattes, a  Amphi- 
gastrien.  Vergr.  35. 


Fig.  453.  Haplomitrium 
Hookeri.  a  Anlagen 
neuerSprosse,  rRhizome. 
o  untere  Grenze  des  ober- 
irdischen Sprosses.  Nach 

GOTTSCHE. 


Bryophten.  427 

Stellung  nehmen  die  Haplomürieae  ein,  die  noch  gewisse  Beziehungen  zu  den  Anacrogynen 
aufweisen.  Sie  werden  nur  durch  zwei  Gattungen  vertreten,  von  denen  Calobrynim  in  den  Tropen, 
Haplojtütrium  Hookeri  (Fig.  453)  als  einzige  Art  in  Europa,  vielleicht  als  Überbleibsel  prä- 
glazialer Lebermoose,  vorkommt.  Sie  weichen  von  allen  übrigen  Lebermoosen  ab  durch  radiären 
Bau  ihrer  dreizeilig  oder  ringsum  beblätterten  Sprosse.  Die  Sexualorgane  sind  bei  ersterer 
Gattung  in  terminalen  Ständen  vereinigt,  bei  letzterer  zwischen  den  oberen  Blättern  verteilt. 

Klasse    IL 
Musci,  Laubmoose  (^' '-  ''' '''-''% 

Die  Laubmoose  sind  in  ungemeiner  Formenfülle  in  allen  Zonen  verbreitet,  sie 
wachsen  auf  trockenem  Erdboden,  in  Sümpfen,  an  Felsen,  an  Baumstämmen,  in  tropischen 
Wäldern  auch  als  Epiphyten  auf  den  Baumästen,  seltener  im  Wasser,  und  zeigen  dem- 
entsprechend sehr  verschiedene  Strukturen.  Für  sehr  trockene  Standorte  sind  besonders 
dichte  Polster  oder  Rasen  charakteristisch,  während  die  typischen  Bodenbewohner  unserer 
Wälder  in  ausgebreiteten  lockeren  oder  dichteren  F'ilzen  vegetieren.  In  feuchten  Berg- 
wäldern der  Tropen  und  Subtropen  besiedeln  Laubmoose  oft  in  unglaublichen  Mengen 
die  Äste  in  Form  schwellender  Polster  oder  in  Form  lang  herabhängender  Schleier  ('"^). 
Ausgedehnte  Bestände  bilden  die  Torfmoose  in  Mooren,  ferner  rasenbildende  Arten  (besonders 
Polytrichtivi)  auf  feuchtem  Boden  in  den  arktischen  Moostundren. 

Das  reich  verzweigte  Protoneraa  der  Laubmoose  erscheint  dem  bloßen 
Auge  als  ein  feiner  grüner  Filz  (Fig.  434).  Es  entsendet  in  den  Boden  Rhi- 
zoiden,  chlorophyllfreie  verzweigte  Fäden,  die  sich  durch  schräge  Stellung 
ihrer  Querwände  auszeichnen.  Am  Protonema  entstehen  die  Knospen  der 
Moospflänzchen  als  seitliche  Ausstülpungen  einzelner  Zellen  des  Haupt- 
fadens, meistens  aber  der  Anfangszellen  der  Protonemazweige.  Diese  Aus- 
stülpungen werden  durch  eine  Querwand  abgetrennt,  teilen  sich  weiter  in 
eine  oder  auch  in  zwei  Stielzellen  und  eine  anschwellende  Endzelle,  die  bei 
ihrer  weiteren  Teilung  die  dreiseitig  pyramidale  Scheitelzelle  des  Moos- 
pflänzchens  liefert (i"^-').  Letzteres  ist  stets  in  Stengel  und  Blättchen  ge- 
gliedert. Die  Laubmoose  unterscheiden  sich  leicht  von  den  beblätterten  Junger- 
manniaceen  durch  die  spiralige  Anordnung  ihrer  Blättchen,  die  nur  selten 
zweizeilig  gestellt  sind.  Bei  solchen  Laubmoosen,  die  niederliegende  Stengel 
haben,  sind  die  Blättchen  bei  spiraliger  Anordnung  häufig  einseitswendig 
oder  gescheitelt,  so  daß  zwar  ein  Gegensatz  von  Ober-  und  Unterseite,  aber 
in  anderer  Weise  als  bei  den  Lebermoosen,  zustande  kommt. 

Der  Moosstengel  wird  von  Zellen  aufgebaut,  die  nach  der  Oberfläche  zu  enger 
und  dickwandiger  werden.  Bei  verschiedenen  Gattungen,  z.  B.  bei  Polytn'chtim,  bei  Mnium 
(Fig.  96),  findet  sich  in  der  Achse  des  Stengels  ein  zentrales  Leitbündel  aus  lang- 
gestreckten Zellen  vor.  Diese  Wasser  und  organische  Substanzen  leitenden  Bündel  stehen 
auf  niederer  Stufe  der  Differenzierung:  sie  führen  weder  echte  Siebröhren  noch  echte 
Gefäße,  enthalten  aber  neben  lebendigen  Elementen  auch  plasmaleere  wasserhaltige  Zellen. 
Sie  fehlen  ganz  den  Sphagnaceen  oder  Torfmoosen,  die  an  sumpfigen  Standorten  leben. 
Der  Stengel  dieser  Formen  zeigt  eine  eigentümliche  Ausbildung  der  peripherischen  Zell- 
schichten, die  plasmaleer  sind,  mit  großen  offenen  Poren  untereinander  und  mit  der 
Atmosphäre  in  Verbindung  stehen  und  spiralige  Verdickungsleisten  als  Aussteifungen  an 
ihren  Wandungen  besitzen,  somit  einen  Bau  aufweisen,  der  sie  befähigt,  Wasser  mit 
Leichtigkeit  aufzusaugen  und  als  kapillare  Wasserbehälter  und  Leitungsbahnen  zu  dienen. 

Die  Blätter  mancher  Moose  bestehen  nur  aus  einer  Schicht  von  polygonalen 
chlorophyllführenden  Zellen;  meist  aber  sind  sie  in  der  Mittellinie  mehrschichtig  und  von 
einem  aus  dem  Zentralstrang  des  Stengels  entspringenden  Bündel  langgestreckter  Zellen 
durchzogen.  Den  Torfmoosblättern  geht  letzteres  ab,  dagegen  sind  sie  eigenartig  differenziert, 
indem  ihre  einschichtige  Blattfläche  ähnliche  plasmaleere  wasserspeichernde  Zellen  führt 
wie  die  Stengelperipherie.  Diese  Zellen  sind  hier  groß,  langgestreckt  und  ebenfalls  mit 
queren  Verdickungsleisten  und  offenen  Poren  versehen.  Zwischen  ihnen  bilden  die 
chlorophyllhaltigen,  schmalen  Zellen  ein  zusammenhängendes  Netz.  Außer  den  Torf- 
moosen zeigt  auch  noch  die  Familie  der  Leucobryaceen  eine  ähnliche  Differenzierung  der 
Blattzellen  (z.   B.   Leiuobrvutn  s^/aumm). 


428  Schenck : 

Eigenartigen  Blattbau,  der  sich  als  Anpassung  an  die  Wasseraufnabme  und  Schutz 
gegen  Trockenheit  darstellt,  besitzt  unter  den  Laubmoosen  u.  a.  Polytrichum  comtfiutie, 
der  gemeine  Widerton,  dessen  mehrschichtige  Blätter  auf  der  Oberseite  zahlreiche  ein- 
schichtige, dichtstehende  Längslamellen  aus  chlorophyllhaltigen  Zellen  tragen,  die  das 
assimilierende  Gewebe  vorstellen  und  in  den  Zwischenräumen  Wasser  leiten  und  fest- 
halten. Bei  Trockenheit  faltet  sich  das  Blatt  mittels  Kohäsionsmechanismus  zusammen 
und  legt  sich  dicht  dem  Stamm  an,  wodurch  die  zarten  Lamellen  in  eine  vor  übermäßiger 
Transpiration  ges^chützte  Lage  gebracht  werden  (106  bj.  Überhaupt  können  viele  Laubmoose 
unbeschadet  große  Trockenheit  vertragen. 

Am  Grunde  des  Stengels  entspringen  die  fadenförmigen,  verzweigten  Rhizoiden 
(Fig.  456,  458),  die  chlorophyllfrei  sind,  sonst  aber  den  gleichen  Bau  aufweisen  wie  das 
Protonema  und  auch  gelegentlich  zu  solchem  auswachsen  und  neue  Moospflänzchen  in 
derselben  Weise  wie  dieses  erzeugen  können. 

Die  Sexualorgane  stehen  bei  den  Laubmoosen  in  Gruppen  an  den  Enden 
der  Hauptachsen  oder  kleiner  Seitenzweiglein,  umgeben  von  den  obersten 
Blättchen,  die  oft  als  besondere  Hüllblättchen,  Perichaetium,  ausgestaltet 
sind  (Fig.  458).  Zwischen  den  Sexualorganen  steht  gewöhnlich  eine  Anzahl 
von  mehrzelligen,  oft  mit  kugeligen  Endzellen  versehenen  Safthaaren  oder 
Paraphysen.  Die  Stände  sind  entweder  zwitterig  oder  einhäusig  oder  zwei- 
häusig.  Bei  gewissen  getrenntgeschlechtlichen  Laubmoosen  erscheinen  die 
aus  besonderen  Sporen  hervorgehenden  männlichen  Pflanzen  im  Vergleich 
zu  den  weiblichen  als  winzige  Zwergpflänzchen,  die  nach  Bildung  einiger 
weniger  Blättchen  bereits  zur  Erzeugung  der  Antheridien  übergehen  (i°').  Die 
Antheridien  und  Archegonien  der  Laubmoose  unterscheiden  sich  entwick- 
lungsgeschichtlich von  denen  aller  übrigen  Archegoniaten  durch  den  Aufbau 
ihres  Körpers  aus  Segmenten  einer  bei  ersteren  Organen  zweischneidigen, 
bei  letzteren  aber  dreischneidigen  Scheitelzelle. 

Das  Sporogon  der  Laubmoose  (i"^)  weist  in  seiner  Kapsel  ein  zentrales 
Säulchen  aus  sterilem  Gewebe,  die  Columella,  auf,  in  deren  Umkreis  der 
Sporensack  mit  den  Sporen  liegt  (Fig.  460),  Die  Columella  fungiert  als  Nähr- 
stoffzuleiter  und  Wasserspeicher  für  die  sich  bildenden  Sporen,  denen  die 
plasmareichen  Zellen  der  Sporensackwandung  die  Nährstoffe  zuführen.  Ela- 
teren  werden  nie  gebildet.  Im  jungen  Sporogon  liegt  außerhalb  des  Sporen- 
sackes ein  wohlentwickeltes  Assimilationsgewebe,  das  von  einer  Epidermis 
bedeckt  wird.  Bei  den  meisten  Laubmoosen  sind  im  unteren  Teile  der  Kapsel- 
wandung Spaltöffnungen  ausgebildet.  Die  reife  Kapsel  zeigt  eine  Fülle 
eigenartiger  Strukturen,  die  zu  ihrer  Öffnung  dienen  und  das  Ausstreuen 
der  Sporen  vermitteln.  Der  Kapselstiel,  die  Seta,  hebt  die  Kapsel  empor, 
so  daß  der  Wind  die  Sporen  leicht  weithin  verbreiten  kann.  Im  einzelnen 
weist  die  Gestaltung  des  Sporogons  bei  den  drei  Ordnungen  der  Laubmoose, 
nämlich  den  Sphagnales,  den  Andreaeales  und  den  Bryales,  mancherlei  Ver- 
schiedenheiten auf. 


/.  Ordnung'.  Sphagnales  (^^'^^,  Sie  umfassen  nur  die  Familie  der 
naceen  oder  Torfmoose  mit  der  einzigen,  allerdings  sehr  formenreichen  Gattung  Sphagniun. 
Sie  leben  an  sumpfigen  Orten  und  bilden  große  Polster,  die  an  ihrer  Oberfläche  von  Jahr 
zu  Jahr  weiterwachsen,  während  die  tieferen  Schichten  absterben  und  schließlich  in  Torf 
übergehen.  Die  Stämmchen  verzweigen  sich  reichlich;  ein  Teil  ihrer  Zweige  wächst  auf- 
wärts und  bildet  das  gipfelständige  Köpfchen,  ein  anderer  abwärts  und  umhüllt  den  unteren 
Teil  des  Stämmchens  (Fig.  454^).  Diese  abwärtswachsenden  Zweige  sind  peitschenförmig 
gestreckt.  Ein  Zweig  unter  dem  Gipfel  entwickelt  sich  alljährlich  ebenso  stark  wie  der 
Muttersproß,  der  damit  eine  falsche  Gabelung  erhält.  Indem  nun  die  Stämmchen  von 
untenher  allmählich  absterben,  werden  die  nacheinander  erzeugten  Tochtersprosse  zu 
selbständigen  Pflanzen.  Einzelne  Zweige  des  Köpfchens  fallen  durch  ihre  besondere 
Gestalt  und  Färbung  auf;  sie  erzeugen  die  Geschlechtsorgane.  Die  männlichen  Zweige 
tragen  neben  den   Blättern   die  runden   gestielten   Antheridien,  die  weiblichen  Zweige  an 


ßryophyten. 


429 


ihrer  Spitze  die  Archegonien.  Die  Sporogone  entwickeln  nur  einen  kurzen  Stiel  mit 
angeschwollenem  Fuß,  sind  längere  Zeit  von  der  Archegoniumwand  oder  Kalyptra  ein- 
geschlossen und  sprengen  diese  an  der  Spitze,  lassen  sie  also  an  ihrer  Basis  als  Scheide 
zurück  (^,  C).  In  der  kugeligen  Kapsel  wird  die  hier  halbkugelige  Columella  von  dem  sporen- 
bildenden Gewebe  {sj>o)  kuppeiförmig  überlagert.  Die  Kapsel  öffnet  sich  mittels  eines 
abspringenden  Deckels.  Das  reife  Sporogon  ist  mit  seinem  erweiterten  Fuß  in  das 
angeschwollene  obere  Ende  einer  nach  der  Befruchtung  des  Archegoniums  sich  empor- 
streckenden stielförmigen  Verlängerung  der  Stengelspitze,  des  Pseudopodiums  {J>s),  ein- 
gesenkt. Auf  den  eigentümlichen  Bau  der  Blätter  und  der  Stengelrinde  ist  bereits  oben 
hingewiesen.  Eigenartig  sind  die  Vorkeime  der  Torfmoose  gestaltet.  Die  Spore  keimt  zu 
einem  kurzen  Faden  aus,  der  dann  in  eine  Zellfläche  übergeht,  auf  der  die  Stammknospen 
entstehen. 


Fig.  454.  A  Sphagnum  fimbriatum.  Mit  vier  reifen  Sporogonen. 
Nat.  Gr.  —  B  Sphagnum  squarrosum.  Reifes  Sporogon  am  Ende 
eines  kleines  Zweiges,  ca  durchrissene  Kalyptra,  d  Deckel.  Vergr. 
—  C  Sphagnum  acutifolium.  Junges  Sporogon  im  Längsschnitt, 
J>s  Pseudopodium,  ca  Archegoniumwand  oder  Kalyptra,  ak  Arche- 
goniumhals,  spf  Sporogonfuß,  k  Kapsel,  co  Columella,  spo  Sporen- 
sack mit  Sporen.     B,  C  nach  W^.  P.   Schimper. 


Fig.  455.  Andreaea 
petrophila./^  Pseudo- 
podium, Spf  Sporo- 
gonfuß, k  Kapsel,  c 
Kalyptra.  Vergr.  12. 


2.  Ordnung,  Ändreaeales.  Sie  umfassen  nur  die  Gattung  Andreaea,  deren 
Arten  kleine  bräunliche  Moospolster  an  Felsen  vorstellen.  Die  Sporogone  stehen  an  der 
Spitze  des  Stengels.  Die  anfangs  von  einer  mützenförmigen  Kalyptra  bedeckte  Kapsel 
öffnet  sich  in  eigentümlicher  Weise  mittels  vier  an  der  Spitze  und  Basis  verbundener 
Klappen  (Fig.  455);  der  Stiel  bleibt  kurz  und  besitzt  an  seiner  Basis  einen  erweiterten 
Fuß  (Spf),  welcher,  wie  bei  Sphagnum,  in  ein  Pseudopodium  (ps)  eingesenkt  ist.  Die 
Columella  ist  wie  bei  Sphagnum  von  dem  Sporensack  kuppeiförmig  überlagert.  Das  Proto- 
nema  ist  anfangs  ein  kleiner  Zellkörper,  der  zu  einem  verzweigten  bandförmigen  Gebilde 
auswächst. 

3.  Ordnung.  ßryales{^^^).  Hierzu  gehört  die  Mehrzahl  der  Familien.  Die 
Moosfrucht  erreicht  bei  ihnen  höchste  Differenzierung.  Das  Sporogon  besteht  aus  einem 
elastischen  Stiel,  der  Seta  (Fig.  456 j),  die  am  Grunde  mit  ihrem  Fuß  in  das  Gewebe 
der  Mutterpflanze  eingesenkt  ist,  und  aus  der  Kapsel,  die  anfangs  von  der  später  ab- 
fallenden Haube  oder  Kalyptra  bedeckt  wird.  Die  Haube  geht  aus  dem  den  oberen 
Teil  des  Sporogonembryos  umschließenden  Archegoniumbauch  hervor,  während  der  Hals 
vertrocknet  und  als  Spitze  noch  auf  ihr  sitzen  bleibt.     Die  Bauchwand  löst  sich  an  ihrer 


430 


Schenck : 


Basis  an  einer  vorgebildeten  Trennungslinie  mit  dem  Beginn  der  Sporogonstreckung  los 
und  dient  als  Schutz  für  die  heranreifende  Kapsel.  Sie  besteht  aus  mehreren  Schichten 
von  Zellen,  erzeugt  bei  manchen  Moosen,  namentlich  trockenen  Standortes,  Haare,  die 
ihrem  Bau  nach  Protonemafäden  begrenzten  Wachstums  entsprechen.  Bei  gewissen  Moosen 
(z.  B.  Funarid)  erweitert  sich  die  junge  Haube  bauchig  und  dient  als  Wasserspeicher  für 
die  junge  Kapsel  (HOa).  Der  oberste  Teil  der  Seta  unter  der  Kapsel  wird  als  Apophyse 
bezeichnet.  Sie  ist  bei  Mnnim 
klein  und  nur  durch  eine  ganz 
schwache  Einschnürung  von  der 
Kapsel  abgesetzt  (Fig.  462^,  af), 
dagegen   bei  Polytrichum  commune 

in  Form  eines  Ringwulstes  (Fig. 
456  a/)  und  am  auffälligsten,  als 
rot  oder  gelb  gefärbter  Kragen, 
bei  den  nordischen  Splachnum- 
Arten  entwickelt,  bei  denen  sie 
durch  ihre  Färbung  und  zugleich 
auch  durch  Abscheidung  aasartig 
riechender  Duftstoffe  im  Dienste 
der  Anlockung  von  sporenverbrei- 
tenden Fliegen  steht  (HOb),  Die 
Kapsel  wird  der  Länge  nach  von 
der  Columella  durchzogen,  in  deren 
Umkreis  der  Sporensack  liegt.  Der 
obere  Teil  der  Kapselwandung  ist 
in  Form  eines  Deckels  mit  oder 
ohne  schnabelartige  Spitze  aus- 
gebildet. Unterhalb  des  Deckel- 
randes ist  eine  schmale  Zone  der 
Kapselwandungszellen  als  sog.  Ring 
differenziert.  Der  Ring,  dessen 
Z  e  1 1  en  aufquellenden  Schleim  ent- 
halten, vermittelt  das  Absprengen 
des  Deckels  bei  der  Reife.  Am 
Rande  der  Kapsel  Öffnung,  zunächst 
von  dem  Deckel  bedeckt,  befindet 
sich  bei  den  meisten  Laubmoosen 
ein  in  der  Regel  von  Zähnen  ge- 
bildeter Mundbesatz,  das  Peri- 
stom,  das  den  übrigen  Moosen 
iehlt. 


Fig.  458.  Mnium  undulatum.  Ortho- 
troper  Sproß  mit  endständigem,  von 
Hüllblättchen  umgebenem  Antheri- 
diumstand.  Seitensprosse  plagiotrop. 
Nach  GoEBEL. 


'/ 


/.  L. 


\ii/ 


Fig.  456.  Polytrichum  com- 
mune, verzweigtes  Exemplar 
(Stengel  in  der  Regel  ein- 
fach), rh  Rhizoiden,  j  Seta, 
c  Kalyptra,  ap  Apophyse, 
d  Deckel.     Nat.  Gr. 


Fig.  457.    Schistostega  osmundacea.  A  Sterile,  B  fertile 
Pflanze.  Vergr.5.  CProtonema.  Vergr.90.  CNachNoLL. 


Fig.    459. 


Scleropodium    purum. 
Nat.  Gr. 


Bryophyten.j 


431 


Das  Peristom  von  Mnium  hornum  (Fig.  462)  möge  als  Beispiel  dienen;  es  ist 
doppelt.  Das  äußere  besteht  aus  16  am  Innenrande  der  Kapsel wandung  inserierten,  quer- 
gestreiften Zähnen.  Das  innere  Peristom  liegt  dem  äußeren  dicht  an  und  setzt  sich  zu- 
sammen aus  schmalen  Lamellen  und  Fäden,  die  mit  Querleisten  an  der  Innenflächebe- 
setzt  und  in  ihrem  unteren 
Teile  zu  einer  gemeinsamen 
Membran  verschmolzen  sind. 
Zwischen  zwei  äußeren  Peri- 
stomzähnen  stehen  jedesmal 
zwei  Wimpern  des  inneren 
Peristoms. 

Die  Entwicklungs- 
geschichte ergibt,  daß  die 
Zähne  und  Wimpern  aus 
einer  der  an  die  Innenseite 
des  Deckels  anschließenden 
Zellschichten  durch  stellen- 
weise Verdickung  der  gegen- 
überstehenden Wände  an- 
gelegt werden  (Fig.  461), 
und  zwar  die  Zähne  aus 
den  Außenwänden,  die  Wim- 
pern aus  den  inneren  Wän- 
den dieser  Zellschicht.  Die 
Querleisten  entsprechen  den 
Ansatzstellen  der  Quer- 
wände. Bei  dem  Öffnen 
der  Kapsel  trennen  sich 
die  Zähne  und  Wimpern 
in  den  dünnbleibendenWan- 
dungsstellen. 

Bei  den  Polytrichaceen 
entstehen  die  Peristomzähne 
nach  einem  besonderen 
Typus;  sie  bauen  sich  hier 
aus  langgestreckten  ver- 
dickten ganzen  Zellen  auf. 

Im  Bau  des  Peristoms 
herrschtgroßeMannigfaltig- 


Fig.460.  Mnium  hornum.  Me- 
dianer Längsschnitt  durch 
ein  halbreifes  Sporogon.  o 
Deckel,  p  Peristom,  an  Ring, 
c  Columella,  s  Sporensack 
mit  Sporen ,  i  ringförmiger 
Hohlraum,  ap  Apophyse, 
st  Spaltöffnung.  Vergr.  18. 
Nach  Strasburger. 


Fig.  461.  Mnium  hornum. 
Querschnitt  durch  den  Kapsel- 
rand, a  Zellen  des  Ringes, 
/ — 4  aufeinanderfolgende 
Zellschichten,  d'  die  in  der 
dritten,  d"  die  in  der  vierten 
Zellschicht  entstandene  Ver- 
dickungsmasse der  Zähne,  d'" 
vorspringende  Querleisten, 
c  verschmolzene  Wimpern. 
Vgr.  240.  Nach  Strasburger. 


3 


'^'1-^ 


Fig."  462.     Mnium  hoinum      A  Kapsel  mit  einem  Stück  der  Seta,  ap  Apophyse,  p  Peristom, 

(/abgesprengter  Deckel.    B  Diei  Zahne  des  äußeren  Peristoms  von  außen  gesehen,  an  Ring. 

C  Inneres  Peristom,    ?*'   die   breiteren,    h   die   schmäleren   Wimpern,    von   innen   gesehen. 

A  Vergr.  ca.  4.     B,  C  Vergr.  60. 


432 


Schenck : 


keit.     Seine    Zähne   führen    hygroskopische   Bewegungen    einwärts    und   auswärts   aus  und 
bewirken  so  ein  allmähliches  Ausstreuen  der  Sporen  aus  der  Kapsel. 

Gestalt  der  Kapsel,  des  Peristoms,  des  Deckels  und  der  Haube  geben  die  wichtigsten 
Gattungsunterschiede  ab.  Die  Bryales  teilt  man  bislang  in  zwei  übrigens  kaum  natürliche, 
große  Unterordnungen  nach  der  Stellung  der  Archegonien  oder  der  Kapseln  ein. 

a)  Bei  den  Acrocarpi  stehen  die  Archegonien  und  somit  auch  die  Sporogone 
am  Ende  des  Hauptstengels.  Von  häufigeren  Arten  gehören  hierher  Mm'ufn  undulatum 
(Fig.  458)  und  hormim,  Polytrichum  commune  (Fig.  456),  Funaria  hygrometrica.  Eine  sehr 
eigentümliche  Ausbildung  des  Protonemas  treffen  wir  bei  dem  in  Erdlöchern  oder  in 
Höhlen  lebenden  Leuchtmoos  Schistostega  osmundacea  (Fig.  457).  Die  fertilen  Sprosse 
dieses  Mooses  sind  einfach  oder  verzweigt,  spiralig  beblättert  und  tragen  auf  langer  Seta 
eine  peristomlose  Kapsel ;  die  sterilen  Sprosse  dagegen  sind  zweizeilig  beblättert.  Der 
Vorkeim  allein  leuchtet  smaragdgrün,  indem  seine  nach  unten  linsenförmig  ausgebauchten 
Zellen  die  durch  die  Chlorophyllkörner  hindurch  gehenden  Lichtstrahlen  reflektieren.  Bei 
einigen  winzigen  Moosen  (Archidium,  Phasctim,  Ephemerum)  erfährt  das  Sporogon  be- 
deutende Vereinfachung  seiner  Struktur;  Deckel-,  Ring-  und  Peristombildungen  unter- 
bleiben, und  die  Kapselwand  öffnet  sich  unregelmäßig  durch  Verwesen. 

b)  Bei  den  Pleurocarpi  wachsen  die  Hauptachsen  unbegrenzt  weiter,  und  die 
Archegonien,  somit  auch  die  Sporogone,  stehen  auf  besonderen,  kurzen  Seitenzweigen 
(Fig.  459).  Hierher  gehören  zahlreiche,  meist  reich  verzweigte,  Rasen  oder  Filze  bildende 
Arten,  darunter  unsere  größten  Waldmoose,  die  den  Familien  der  Necker aceen  und 
Hypnaceen  entstammen,  ferner  auch  die  in  Bächen  und  Flüssen  flutende  Fontinalis  anti- 
pyretica. 


III.  Pteridophyta,  Farnpflanzen  C  ^- ^^^-^^0. 

Die  Pteridophyten  umfassen  die  Farne  nebst  den  Wasserfarnen,  die 
Schachtelhalme  und  die  Bärlappgewächse  und  stellen  die  am  höchsten  ent- 
wickelten Kryptogamen  vor.  Wie  bei  den  Bryophyten  vollzieht  sich  auch 
hier  der  Entwicklungsgang  in  zwei  miteinander  abwechselnden  Generationen. 
Die  geschlechtliche  Generation  trägt  Antheridien  und  Archegonien,  die  un- 
geschlechtliche geht  aus  der 
befruchteten  Eizelle  hervor  und 
erzeugt  ungeschlechtliche  ein- 
zellige Sporen.  Aus  der  Kei- 
mung der  letzteren  entsteht 
wieder  die  geschlechtliche  Ge- 
neration. Da  die  Reduktions- 
teilung bei  der  Sporenbildung 
eintritt,  so  ist  die  geschlecht- 
liche Generation  haploid,  die 
ungeschlechtliche  diploid. 

Die  geschlechtliche 
Generation,  der  Gameto- 
phyt,  wird  als  Prothallium 
bezeichnet.  Dieses  erreicht 
keine  bedeutende  Größe,  bei 
einzelnen  Farnen  höchstens 
einige  Zentimeter  Länge,  und 
gleicht  dann  in  seinem  Aus- 
sehen einem  einfachen  thal- 
lösen Lebermoos;  es  besteht 
aus  einem  grünen  blattartigen,  auf  der  Unterseite  mit  Rhizoiden  am  Boden 
befestigten  Thallus  (Fig.  463.4).  In  einigen  Fällen  ist  das  Prothallium  ver- 
zweigt fadenförmig  ausgebildet,  in  anderen  Fällen  halb  oder  ganz  unter- 
irdisch in  Form  von  knollenförmigen,    farblosen  Gewebekörpern   mit   sapro- 


B 

Fig.  463.  Dryopteris  (Aspidium)  filix  mas.  A  Pro- 
thallium von  der  Unterseite  mit  Archegonien  ar, 
Antheridien  an,  Rhizoiden  rh.  B  Prothallium  mit 
jungem,  aus  einer  befruchteten  Eizelle  entstandenem 
Farnpflänzchen,  b  erstes  Blatt,  tv  Wurzel.  Vergr.  ca.  8. 


Pteridophyten. 


433 


phytischer  Lebensweise  und  mit  endopliytischen  Fadenpilzen  nach  Art  der 
Mykorrhizen;  in  gewissen  Abteilungen  der  Pteridophyten  endlich  erleidet 
es  eine  Rückbildung  und  bleibt  in  der  Spore  mehr  oder  weniger  eingeschlossen. 
An  dem  Prothallium  entstehen  die  Geschlechtsorgane,  Antheri  dien  (Fig.  470, 
477),  in  denen  zahlreiche,  meist  schraubig  gewundene,  vielzilige  oder  nur  zwei- 
zilige  Spermien  erzeugt  werden,  und  Archegonien  (Fig.  471,  478),  die  je 
eine  Eizelle  ausbilden.  Die  Befruchtung  ist  wie  bei  den  Moosen  nur  in  Wasser, 
also  bei  Benetzung  der  Prothallien  möglich.  Eine  aus  dem  Archegonium  in  das 
umgebende  Wasser  ausgeschiedene  Substanz  induziert  den  Spermien  die  Be- 
wegungsrichtung nach  der  Eizelle.  Das  spezifische  Reizmittel  der  Samen- 
fäden ist  für  Farne,  Salvinia,  Equisetum,  Selaginella  und  Isoetes  Äpfelsäure 
oder  deren  Salze,  für  Lycopodium  Zitronensäure.    Aber  auch  andere  Dikarbon- 

säuren,  gewisse  Metallsalze,  sogar  auch  einige  Alkaloide  vermögen  als  Lockmittel  zu  dienen, 
und  die  einzelnen  Gattungen  zeigen  dabei  verschiedenes  Verhalten.  Die  chemotaktischen 
Sensibilitäten  der  Samenfäden  können  sich  auf  mehrere  Stoffe  erstrecken  (^'^). 

Nach  der  Befruchtung  der  Eizelle  durch  ein  Spermium  entwickelt  sich 
aus  ihr,  wie  bei  den  Bryophyten,  die  ungeschlechtliche  Generation,  hier  das 
kormophy tische  Farnkraut. 

Die  ungeschlechtliche  Generation,  der  Sporophyt,  ist  bei  den  Pte- 
ridophyten eine  in  äußerer  Gliederung  und  innerer  Struktur  hochdifferenzierte 
Pflanze  mit  Stengel,  Blättern 
und  Wurzeln.  Bei  der  Mehrzahl 
der  Pteridophyten,  so  bei  den 
Farnen  und  Schachtelhalmen, 
teilt  sich  die  befruchtete  Eizelle, 
nachdem  sie  sich  mit  einer  Zellu- 
losemembran umgeben  hat,  zu- 
nächst durch  eine  Basalwand  in 
zwei  Zellen  und  jede  dieser  dann 
durch  zwei  zur  Basalwand  senk- 
recht stehende,  sich  kreuzende 
Wände  in  Oktanten.  Unter  wei- 
terer Teilung  dieser  acht  Zellen 
entsteht  ein  noch  im  Aixhe- 
gonium  eingeschlossener  Gewebe- 
körper, an  welchem  der  Stamm- 
scheitel, das  erste  Blatt,  die  erste 
Wurzel  und  neben  dieser  ein  der 
Keimpflanze  der  Pteridophyten 
eigentümliches  Organ,  der  sog. 
Fuß,  angelegt  werden  (Fig.  464/). 
Der  Fuß  ist  ein  höckerartig  vorspringender  Gewebekörper,  mit  welchem  die 
junge  Keimpflanze  in  dem  durch  Wachstum  sich  erweiternden  Archegonium- 
bauch  eingefügt  bleibt;  er  sorgt  als  Saugorgan  für  ihre  Ernährung,  bis  die  Wurzel 
in  den  Boden  gedrungen  ist,  die  ersten  Blätter  sich  entfaltet  haben  und  die  Keim- 
pflanze somit  selbständig  sich  ernähren  kann.  Bei  manchen  Bärlappgewächsen 
(Lycopodium,  Selaginella)  wird  in  verschiedener  Weise  ein  ein-  oder  wenigzelpger 
Embryo  träger  oder  Suspensor  gebildet.  Das  Prothallium  geht  nach  Ent- 
wicklung der  Keimpflanze  in  der  Regel  bald  zugrunde.  iVus  dem  Stammscheitel 
des  Embryo  entwickelt  sich  ein  einfacher  oder  sich  gabelig,  ohne  Beziehung  zu 
den  Blättern  verzweigender,  aufrechter,  radiärer  oder  niederliegender,  dorsi- 
ventraler  Stamm,  der  in  schraubiger  oder  quirliger  Anordnung  die  Blätter 
trägt.    Die  Farnpflanzen  bilden  echte,  aus  verschiedenartigen  Geweben  auf- 


Fig.  464.  A  Pteris  serrulata.  Aus  dem  Archegonium 
befreiter  Embryo  im  Längsschnitt.  /  Basalwand, 
//  senkrecht  zu  dieser  stehende  Quadrantenwand, 
f  Anlage  des  Fußes,  s  des  Stammscheitels,  b  des 
ersten  Blattes,  w  der  Wurzel.  Nach  Kienitz-Ger- 
LOFF.  B  Pteridium  aquilinum.  Weiter  entwickelter 
Embryo,  mit  dem  Fuß  /  im  erweiterten  Arche- 
goniumbauch,  aw,  steckend,  pr  Prothallium.  Vergr. 
Nach  Hofmeister. 


strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl. 


28 


434 


Schenck : 


gebaute  Wurzeln,  wie  wir  sie  auch  bei  den  Samenpflanzen  vorfinden.  Auch  die 
Blätter  stimmen  im  wesentlichen  in  ihrer  Struktur  mit  denen  der  Phanerogamen 
überein.  Die  drei  Grundorgane  wachsen  bei  den  meisten  Pteridophyten  mittels 
Scheitelzellen  heran  (Fig.  100, 101  153);  bei  Lycopodium  und  Isoetes  läßt  sich 

im  Vegetationskegel  keine  solche  mehr  er- 
s         ^  kennen,  während  Selaginella  Scheitelzell- 

^^^     \^^^^m^  Wachstum  und  Übergänge  zu  Wachstum 

mittels  zahlreicher  Initialzellen  zeigt. 
Stämme,  Wurzeln  und  Blätter  werden  von 
wohl  differenzierten  Leitbündeln  durch- 
■  zogen,  die  hier  zum  ersten  Male  im  Pf  lanzen- 
reich  erscheinen  und   als    wasserleitende 


Fig.  465.  Querschnitt  durch  das  Rhi- 
zom  von  Pteridium  (Pteris)  aquilinum. 
g  Leitbündel,  ^  Sklerenchymplatten,  sp 
peripherischer  Sklerenchymfaserring,  r 
Rinde,  e  Epidermis.     Vergr.  7. 


Fig.  466.  Querschnitt  durch  den  Stengel  von  Lyco- 
podium complanatum.  ep  Epidermis,  ve,  vi  und  pp 
äußere,  innere  und  innerste  Partie  der  primären 
Rinde.  Diese  umgibt  das  aus  mehreren  Holzteilen 
und  Siebteilen  zusammengesetzte  zentrale  Leitbündel, 
in  welchem  sc  Treppentrachelden ,  sp  Ring-  und 
Schrauben tracheiden,  v  Siebteile  sind.  Vergr.  26. 
Nach  Strasburger. 


Fig.  467.  Blattaderung  bei  Farnen. 
A  Adiantum  capillus  veneris  (Venatio 
Cyclopteridis).  B  Asplenium  adian- 
tum nigrum  (V.  Sphenopieridis). 
C  Asplenium  esculentum  (V.  Gonio- 
pteridis).  D  Polypodium  serpens 
(V.  Marginariae).  E  Polypodium 
nereifolium  (V.  Goniophlebii).  i^Ono- 
clea  sensibilis  (V.  Sageniae). 


Elemente  vorwiegend  Treppentracheiden  führen.  Die  Leitbündel  im  Stamm 
und  im  Blatt  der  Pteridophyten  sind  nach  verschiedenen  Typen,  über- 
wiegend aber  nach  dem  konzentrischen  und  nach  dem  radialen,  gebaut  (vgl. 
S.  85 ff.,  Fig.  465,  466).  Sekundäres  Dickenwachstum  durch  Kambium- 
tätigkeit kommt  bei  den  jetzt  lebenden  Familien  nur  ganz  vereinzelt  vor, 
zeichnete  aber  die  Stämme  von  gewissen  fossilen  Pteridophytengruppen  aus. 


Pteridophyten. 


435 


Der  Leitbündelverlauf  in  den  Blättern,  die  Venation,  liefert  wichtige  Merkmale 
für  die  systematische  Gruppierung  namentlich  bei  den  Farnen  (Fig.  467).  Während  in 
den  einfachen  Blättern  der  Schachtelhalme  und  Bärlappe  nur  ein  Mittelnerv  vorhanden 
ist,  verzweigen  sich  in  den  Farnblättern  die  Nerven  in  mannigfaltigster  Weise,  entweder 
gabelig  oder  fiederig  und  mit  freien  Ästen,  oder  sie  anastomosieren  zum  Teil  zu  einem 
System  von  Maschen.  In  diesen  polygonalen  Maschen  können  die  letzten  Auszweigungen 
blind  endigen. 

An  den  Blättern,  in  einzelnen  Fällen  in  den  Blattachseln,  werden  auf 
ungeschlechtlichem  Wege  die  Sporen  in  besonderen  Behältern  oder  Spo- 
rangien  erzeugt  (Fig.  468).  Die  sporangientragenden  Blätter  heißen  Sporo- 
phylle.  Die  Sporangicn  umschließen  das  sporogene  Gewebe,  dessen  Zellen 
sich  abrunden,  voneinander  loslösen  und  die  Sporenmutterzellen  dar- 
stellen, die  eine  Reduktionsteilung  ihrer  Kerne  ausführen  und  je  vier  oft  tetra- 
edrisch  angeordnete  Sporen  (Sporentetraden)  liefern.  Im  Umkreis  des  sporo- 
genen  Gewebes  befinden  sich  plasmareiche, 
die  Ernährung  der  Sporen  vermittelnde  Zellen, 
sog.  Tapetenzellen,  die  bei  den  Lycopo- 
dinen  erhalten  bleiben,  bei  Farnen  und 
Schachtelhalmen  aber  ihre  Membranen  auf- 
lösen und  sich  zu  einem  die  Sporenmutter- 
zellen umgebenden  Periplasmodium  ver- 
einigen, dessen  Zellkerne  eine  Vermehrung 
durch  amitotische  Teilungen  erfahren.  Es 
wandert  dann  zwischen  die  sich  aus  dem 
Tetradenverband  lösenden  jungen  Sporen 
ein,  ernährt  sie,  beteiligt  sich  an  der  Bildung 
der  Sporenhäute  und  wird  dabei  aufge- 
braucht (^i^).  Die  Wand  der  reifen  Spo- 
rangien  ist  entweder  einschichtig  oder  mehr- 
schichtig. Die  jungen  Sporenzellen  umgeben 
sich  bei  ihrer  Lösung  aus  dem  Tetraden- 
verband zunächst  mit  einer  kutinisierten 
Membran,  dem  Exospor,  innerhalb  dessen 
eine  dünne  Zellulosehaut,  das  Endospor, 
abgeschieden  wird.  In  vielen  Fällen  wird 
dem  Exospor  von  dem  Periplasmodium  noch 
ein  Perispor  aufgelagert,  so  bei  den  Schach- 
telhalmen, Wasserfarnen  und  gewissen  Farn- 
kräutern. 

Bei  der  Mehrzahl  der  Pteridophyten  sind  die  Sporen  von  gleicher  Be- 
schaffenheit, und  bei  der  Keimung  geht  aus  ihnen  ein  Prothallium  hervor, 
an  dem  sowohl  Antheridien  als  auch  Ai'chegonien  entstehen.  In  gewissen 
Fällen  können  aber  auch  die  Prothallien  diözisch  sein.  Diese  Trennung  der 
Geschlechter  erstreckt  sich  bei  einigen  Pteridophytengruppen  auch  schon 
auf  die  Sporen  und  führt  zur  Ausbildung  von  zweierlei  Formen  von  Sporen, 
Makrosporen,  die  in  Makrosporangien  entstehen  und  bei  der  Keimung 
nur  weibhche  Prothallien  liefern,  und  Mikrosporen,  die  in  Mikro- 
sporangien  erzeugt  werden  und  männlichen  Prothallien  den  Ursprung  geben. 
Danach  hat  man  also  zwischen  gleichsporigen  oder  isosporen  (oder  homo- 
sporen)  und  verschiedensporigen  oder  heterosporen  Ordnungen  zu  unter- 
scheiden, ein  Unterschied,  der  aber  nicht  zur  Gesamteinteilung  verwertet 
werden  kann,  da  er  sich  in  gleicher  Weise  in  systematisch  getrennten  Klassen, 
also  mehrmals,  herausgebildet  hat. 

28* 


Fig.  468.  Entwicklung  des  Sporan- 
giums  von  Asplenium.  A  Erste  Tei- 
lungen der  aus  einer  Oberflächen- 
zelle hervorgehenden  Anlage.  B 
Teilung  in  peripherische  Wand- 
anlage w  und  zentrale  Zelle  ar 
(Archespor),  die  bereits  eine  Tapeten- 
zelle t  abgeteilt  hat.  C  Älteres 
Stadium.  Das  Archespor  hat  sich 
in  Tapetenzellen  und  sporogenes 
Gewebe  sp  geteilt.  Vergr.  300.  Nach 
Sadebeck. 


436  Schenck : 

Die  Übereinstimmungen  in  der  Struktur  der  Antheridien,  der  Archegonien  und 
der  Sporenmutterzellen  sprechen  für  Verwandtschaft  der  Farnpflanzen  mit  den 
Moosen.  Obwohl  beide  Gruppen  ihren  phylogenetischen  Ausgang  aus  einer  gemein- 
samen Algengruppe  (vgl.  S.  421)  genommen  haben  mögen,  müssen  wir  getrennte  Weiter- 
entwicklung annehmen.  Vor  allem  kann  der  Farnsporophyt  nicht  von  dem  ihm  ent- 
sprechenden Moossporophyten,  dem  Sporogon,  abgeleitet  werden.  Während  dieses,  ohne 
vegetative  Ausgliederungen,  frühzeitig  mit  der  Sporenbildung  seinen  Abschluß  erreicht 
gliedert  sich  der  Farnembryo  in  Stamm,  Blatt  und  Wurzel.  Als  eine  ganz  neue  Struktur 
erscheinen  in  den  Geweben  der  Farnpflanze  die  Tracheiden,  deren  Besitz  sie  befähigte,  zu 
größeren,  reich  gegliederten  und  sogar  zu  baumartigen  Landpflanzen  sich  weiter  zu  ent- 
wickeln, im  Gegensatz  zu  den  Moosen,  die  infolge  ihres  einfachen  zelligen  Aufbaus  und 
des  Mangels  an  ausgiebigen  Wasserbahnen  keine  großen  Dimensionen  erreichen  können 
Die  Farnpflanze  geht  erst  in  einem  späteren  Stadium  zur  Erzeugung  der  Sporen  über. 
Die  Sporenmutterzellen  werden  im  Innern  besonderer  ßlattausgliederungen  angelegt;  diese 
heißen  zwar  allgemein  noch  „Sporangien",  sind  aber  den  Thallophyten-Sporangien  nicht 
homolog.  Daher  würde  es  sich  empfehlen,  für  die  sog.  Farnsporangien  eine  neue  Be- 
zeichnung (Sporotheken)  zu  wählen.  Den  Thallophytensporangien  entsprechen  vielmehr 
bei  den  Farnen  und  Moosen  die  Sporenmutterzellen,  die  am  ehesten  mit  den  Tetra- 
sporangien  der  Braunalgen  und  Rotalgen  verglichen  werden  können. 

Der  Gametophyt  der  Farnpflanzen  schließt  seine  Entwicklung  frühzeitig  mit  der 
Bildung  von  Geschlechtsorganen  ab.  Die  typischen  Farnprothallien  erheben  sich  nicht 
über  das  Jugendstadium  eines  Thallus,  während  umgekehrt  bei  den  Moosen  gerade  die 
geschlechtliche  Generation  eine  fortschreitende  Entwicklung  aufweist  (^^). 

Die  Pteridophyten  gliedern  sich  in  folgende  Klassen: 

1.  Filicinae,  Farne.  Stengel  einfach  oder  verzweigt,  mit  wohlent- 
wickelten, abwechselnden,  meist  reichgegliederten  Blättern,  die  hier  als  Wedel 
bezeichnet  werden.  Sporophylle  mit  zahlreichen,  der  Unterseite  entspringen- 
den Sporangien,  die  entweder  frei  oder  zu  mehreren  in  Soris  vereinigt  oder 
in  besonderen  Blattabschnitten  eingeschlossen  sind.  Spermien  mit  vielen 
Zilien. 

1.  Unterklasse  Filicinae  eusporangiatae.    Reife  Sporangien  mit  derber  mehr- 
schichtiger Wandung  ohne  Ring.    Isospor. 

2.  Unterklasse  Filicinae   leptosporangiatae.      Reife    Sporangien     mit    ein- 
schichtiger Wandung. 

1.  Ordnung.  Filices,  Farne  im  engeren  Sinne.  Isospor.  Sporangien 
mit  Ring. 

2.  Ordnung.  Hydropterides,  Wasserfarne,  Heterospor.  Sporangien 
ohne  Ring. 

2.  Equisetinae,  Schachtelhalme.  Stengel  einfach  oder  quiriig  ver- 
zweigt, mit  quirhg  gestellten,  einfachen,  selten  gabelig  geteilten,  oder  schuppen- 
artigen, zu  geschlossenen  Scheiden  verwachsenen  Blättern.  Sporophylle 
am  Ende  der  Zweige  zu  einem  ährenförmigen  Sporangienstand  vereinigt, 
schildförmig,  auf  der  Unterseite  mit  mehreren  Sporangien.  Spermien  mit 
vielen  ZiHen. 

1.  Ordnung.  Equisetaceae.  Schachtelhalme.  Isospor.  Krautige 
Pflanzen. 

2.  Ordnung.  Calamariaceae.  Schachtelhalmbäume.  Isospor  oder 
Heterospor,    Baumartige  Pflanzen.    Ausgestorben. 

3.  Sphenophyllinae.     Keilblattgewächse. 

1.  Ordnung.  Sphenophyllaceae.  Stengel  schlank,  quirhg  beblättert. 
Sporophylle  mit  1 — 4  Sporangien,  in  ährenförmigen  Ständen. 
Isospor,  vereinzelt  heterospor.     Ausgestorben, 

4.  Lycopodinae.  Bärlappartige  Gewächse.  Stengel  einfach  oder  gabelig 
verzweigt,    Wurzeln  gabelig  verzweigt,    Blätter  einfach,  meist   abwechselnd 


Pteridophyten.  437 

gestellt.   Sporangien  derbwandige  Kapseln,  stets  einzeln  in  den  Achseln  oder 
am  Grunde  der  Oberseite  der  Sporophylle. 

1.  Ordnung.  Lycopodiaceae.  Bärlappe.  Isospor.  Spermien  zwei- 
zilig.     Kräuter  mit  gegabelten  Stengeln. 

2.  Ordnung.  Selaginellaceae.  Selaginellen.  Heterospor.  Spermien 
zweizilig.  Kräuter  mit  gegabelten  Stengeln  und  kleinen  Blätt- 
chen. 

3.  Ordnung.  Psilotaceae.  Homospor.  Spermien  vielzilig.  Stengel 
krautig,"  gegabelt,  mit  abwechselnden  einfachen  oder  schuppen- 
förmigen  Blättern.  Statt  Wurzeln  Rhizome  mit  Wurzelhaaren. 
Sporophylle  gegabelt,  auf  der  Oberseite  nahe  der  Basis  je  ein 
2-  oder  3-fächeriges  Sporangium  tragend.     Isospor. 

4.  Ordnung.  Isoeiaceae.  Brachsenkräuter.  Heterospor.  Spermien 
vielzihg.  Stengel  knollig,  mit  Dickenzuwachs,  einfach,  Blätter 
pfriemlich. 

5.  Ordnung.  SigiUariaceae.  Siegelbäume,  Heterospor.  Baumartig. 
Stamm  einfach  oder  wenig  gegabelt.    Ausgestorben. 

6.  Ordnung.  Lepidodendraceae.  Schuppenbäume.  Heterospor.  Reich 
gabelig  verzweigte  Bäume.     Ausgestorben. 

5.  Pteridospermeae.  Samenfarne.  Pflanzen  vom  Habitus  großer  Farne, 
heterospor,  mit  Miki-osporangien  und  mit  samenartigen  Makrosporangien.  Aus 
eusporangiaten  Farnen  hervorgegangen.     Ausgestorben. 

Klasse  I. 
Filicinae,  Farne  C' ^-' ^i-- "^). 

Zu  den  Farnen  im  weiteren  Sinne  gehört  die  Hauptmasse  der  heute 
lebenden  Pteridophyten.  Nach  dem  Bau  ihrer  Sporangien  werden  sie  in  zwei 
Unterklassen  unterschieden.  Bei  den  Eusporangiaten  besteht  die  derbe 
Sporangienwand  aus  mehreren  Zellschichten  und  öffnet  sich  mittels  eines 
Längsrisses,  bei  den  Leptosporangiaten  dagegen  ist  sie  im  reifen  Zustand 
nur  einschichtig  und  reißt  quer  oder  längs  auf.  Erstere  haben  am  Grunde 
der  Wedel  Nebenblätter  oder  Scheiden,  die  den  letzteren  fehlen.  Auch  in 
der  Beschaffenheit  der  Prothallien  und  im  Bau  der  Sexualorgane  zeigen  sich 
Unterschiede.  Die  Sporen  besitzen  nur  bei  einigen  Gruppen  der  Lepto- 
sporangiaten eine  dem  Exospor  aufgelagerte  äußere  Hülle,  das  Perispor. 

In  früheren  Erdperioden  waren  die  Eusporangiaten  reich  vertreten;  heute  umfassen 
sie  nur  zwei  Familien  mit  wenigen  Gattungen.  Allem  Anschein  nach  stellen  sie  ältere 
Farntypen  dar,  die  den  Ausgangsformen  der  Filicinen  noch  am  nächsten  zu  stehen  scheinen. 
Neben  ihnen  erscheinen  bereits  in  paläozoischer  Zeit  die  Leptosporangiaten,  von  denen 
später,  in  der  Kreideperiode  und  im  Tertiär,  die  Hydropterides  als  kleine  Gruppe  sumpf- 
und  wasserbewohnender  Farne  sich  abzweigten.  Bei  diesen  haben  sich  die  bei  allen 
übrigen  Farnen  noch  gleichartigen  Sporen  in  Mikro-  und  Makrosporen  differenziert. 

1.  Unterklasse.    Eusporangiatae. 

Die  /.  Ordnung,  die  Marattiaceen  ("'^),  vielleicht  die  primitivsten  aller  heutigen  Farne, 
umfaßt  etwa  20  stattliche  tropische  Farne  mit  dicken  Stammknollen  und  meist  sehr  großen. 
an  der  Basis  mit  je  zwei  Nebenblättern  versehenen  Wedeln.  Die  Sporangien  stehen  an 
der  Wedelunterseite  in  Gruppen,  Sori,  entweder  frei  {Angiopteris)  oder  zu  einem  in 
Fächern  aufspringenden,  kapselartigen,  ovalen  Gebilde  verwachsen.  Das  Prothallium  hat 
die  Form  eines  lebermoosähnlichen,  grünen,  herzförmigen,  zuweilen  gegabelten,  mehr- 
schichtigen und  langlebigen  Thallus,  dessen  unterseits  entspringende,  fast  ganz  ein- 
gesenkte Sexualorgane  wie  bei]  folgender  Ordnung  beschaffen  sind;  seine  Zellen  beher- 
bergen endophytische  Fadenpilze. 


438 


Schenck: 


Die  2.  Ordnung,  die  Ophioglossaceen  ("'),  enthält  ebenfalls  nur  wenige  Arten. 
Bei  uns  heimisch  sind  die  Natterzunge,  Ophioglossum  vulgatum  (Fig.  469  E)  und  ver- 
schiedene Arten  der  Mondraute,  Botrychium  (Fig.  469  .<4).  Beide  haben  einen  kurzen 
Stamm,  an  dem  jährlich  meist  nur  ein  einziges,  mit  Blattscheide  versehenes  Blatt  sich 
entfaltet,  das  bei  ersterer  Gattung  zungenförmig,  bei  letzterer  gefiedert  ist.  Diese  Blätter 
tragen  an  ihrer  Oberseite  einen  im  oberen  Teile  des  Stieles  entspringenden  fertilen  Blatt- 
abschnitt, der  bei  Ophioglossum  einfach  zylindrisch  ist  und  die  Sporangien  in  zwei  Reihen 
in  das  Gewebe  eingesenkt  trägt,  bei  Botrychium  dagegen  fiederartig  verzweigt  und  mit 
großen  rundlichen  Sporangien  auf  seiner  Innenseite  dicht  besetzt  ist.  Aus  dem  Verlauf 
der  Leitbündel  und  gelegentlichen  Rückschlagsbildungen  läßt  sich  schließen,  daß  der  fertile 
Blattabschnitt  aus  der  Vereinigung  zweier  basaler  Blattfiedern  hervorgegangen  ist. 


^^^! 


7^^ 


D 
A  Sporophyt. 


E  F 

nat.  Gr.     B  Prothalliumquerschnitt  mit 


Fig.  469.    Botrychium  Lunaria.    A  Sporophyt.     ^ 

Antheridium  ati,  Archegonium  ar,  Embryo  em,  Pilzfäden  en.  Vergr.  45.  C  Prothallium 
mit  zwei  Embryonen,  deren  Wurzeln  hervortreten.  Vergr.  16.  D  Embryo  mit  Wurzel 
/  und  2  und  Fuß.  Vergr.  16.  —  Ophioglossum  vulgatum.  E  Sporophyt  mit  Knospe  für 
das  nächste  Jahr.  %  nat.  Gr.  F  Prothallium,  an  Antheridien,  ar  Archegonien,  k  junge 
Keimpflanze    mit   erster  Wurzel,  ad  Adventivsproß,  h  Pilzhyphen.     Vergr.    15.     B — Z),  F 

nach  Bruchmann. 


Sehr  eigenartige  und  von  den  Marattiaceen  abweichende  Beschaffenheit  zeigen  die 
besonders  durch  Bruchmann  bekannt  gewordenen  monözischen  ProthaUien,  unter- 
irdische, chlorophyllfreie,  saprophytische,  wie  die  Mykorrhizen  gewisser  Samenpflanzen 
von  Pilzfäden  durchzogene,  langlebige  KnöUchen,  bei  Ophioglossum  (Fig.  469  F)  zylin- 
drisch einfach  oder  verzweigt  und  radiär  gebaut,  bei  Botrychium  oval  oder  herzförmig 
und  dorsiventral  (Fig.  469^,  C).  Antheridien  (Fig.  470)  und  Archegonien  (Fig.  471)  sind 
in  das  Gewebe  eingesenkt;  erstere  umschließen  einen  großen  Komplex  von  Samenzellen 
und   öffnen   sich    bei    der  Reife    dadurch,    daß    eine    mittlere  Deckzelle  wohl   infolge  Ver- 


Pteridophyten. 


439 


schleimung  ihrer  Wände  abgeworfen  wird.  Das  Spermium  besteht  aus  einem  schraubig 
gewundenen  Körper  mit  anhaftendem  Bläschen  und  zahlreichen  Zilien  (Fig.  470^). 
Die  Antheridien  gehen  aus  oberflächlich  gelegenen  Zellen  (Fig.  i70  A—C)  hervor,  ebenso 
auch  die  Archegonien  (Fig.  All  A—C).  derea  kurzer  Halsteil  sich  etwas  hervorstreckt 
und  nach  Verquellung  der  Halskanalzelle  (M-)  sich  öffnet,  während  der  Bauchteil  ein- 
gesenkt bleibt  und  die  Eizelle  (o)  umschließt.  Der  Embryo  führt  bei  manchen  Arten 
eine  Reihe  von  Jahren  hindurch  ein  unterirdisches  Dasein;  seine  erste  Wurzel  wird  zu- 
nächst angelegt  und  tritt  bald  aus  dem  Archegonium  hervor  (Fig.  469  C,  F,  k),  während 
erst  viel  später  das  erste  Blatt  und  die  Scheitelzelle  des  Stammes  zur  Differenzierung 
kommen.  Bei  einigen  Botrychium-Arten  liefert  die  sich  teilende  Eizelle  einen  langen 
mehrzelligen  Embryoträger  oder  Suspensor,  an  dessen  Spitze  erst  der  eigentliche  Embryo- 
körper gebildet  wird.  In  dieser  Eigentümlichkeit  zeigt  sich  eine  Übereinstimmung  mit  den 
Lycopodinen  (vgl.  Fig.  49,ö  u.  500),  die  mit  den  Eusporangiaten  im  übrigen  in  keiner 
engeren  Verwandtschaft  stehen. 


Fig.  470.  Ophioglossum  vulgatum.  ^  —  6"  Ent- 
wicklung des  Antheridiums  aus  einer  ober- 
flächlichen Zelle,  die  obere  Zelle  in  C  liefert 
die  Deckzellen,  die  untere  die  Spermienzellen. 
B  Antheridium  noch  geschlossen,  d  Deck- 
zellen.   E  Spermium.     Nach    Bruchmann. 


Fig.  471.  Ophioglossum  vulgatum.  A  —  C 
Entwicklung  des  Archegoniums.  Z>  Reifes 
Archegonium  geöffnet  mit  zwei  Spermien 
j  vor  der  Mündung.  /?  Halszellen,  M  Hals 
kanalzellen,  o  Eizelle,  d  Basalzelle.  Nach 
Bruchmann. 


2.  Unterklasse.    Leptosporangiatae. 
/.    Ordnung.     Pili c es. 

Die  Filices  sind  in  außerordentlicher  Fülle  von  Arten  in  allen  Erdteilen 
verbreitet;  ihre  Hauptentwicklung  erreichen  sie  in  den  Tropen.  Hier  treffen 
wir  auch  die  stattlichsten  Vertreter  an,  die  Baumfarne  {Cyathea,  Alsophüa, 
Dicksonia),  welche  die  besondere  Familie  der  Cyatheaceen  bilden.  Der  holzige, 
meist  etwa  armdicke  Stamm  der  Baumfarne  (Fig.  472)  ist  unverzweigt  und 
trägt  an  seinem  Ende  eine  Rosette  von  sehr  großen,  mehrfach  gefiederten 
Blättern  oder  Wedeln,  die  nach  dem  Absterben  große  Blattstielnarben  hinter- 
lassen. Der  Stamm  ist  mittels  zahlreicher  Adventivwurzeln  im  Boden  befestigt 
und  ist  auch  von  solchen  dicht  umhüllt.  Die  meisten  Farne  leben  als  kraut- 
artige bodenständige  Pflanzen,  besitzen  ein  wagerechtes  oder  aufsteigendes, 
wenig  verzweigtes  Rhizom  und  meist  an  seinem  Ende  eine  Rosette  reich- 
gefiederter Blätter.  So  verhält  sich  u.  a.  der  in  Wäldern  sehr  häufige  Wurm- 
farn Dryopteris  (Aspidium)  filix  inas,  dessen  Rhizom  als  wurmtreibendes 
Mittel  offizineil  ist  (Fig.  473).  Bei  dem  gewöhnlichsten  einheimischen  Farn- 
kraut, dem  Engelsüß,  Polypodium  vulgare,  sind  die  Blätter  einfach  gefiedert 
und  entspringen  einzeln  auf  der  Oberseite  des  kriechenden,  verzweigten  Rhi- 
zoms.  Auch  gibt  es  manche  Farne,  welche  ungeteilte  Blätter  aufweisen,  so  die 
Hirschzunge,  Scolopendrium  vulgare  (Fig.  474).  In  den  Tropen  wachsen  zahl- 
reiche krautartige  Farne  als  Epiphyten  auf  den  Bäumen. 


440 


Schenck: 


,^ 


Wie  Fig.  472  zeigt,  sind  die  Blätter  in  der  Knospe  eingerollt,  eine 
Eigentümlichkeit,  die  sämtlichen  Farnen  und  auch  den  Wasserfarnen  zu- 
kommt. Im  Gegensatz  zu  der  Mehrzahl  der  Phanerogamenblätter  bleibt  bei 
den  Farnblättern  der  an  ihrer  Spitze  befindliche  Vegetationspunkt  länger  tätig. 
Die  meisten  Farne  sind  an  ihren  Stämmen,  Blattstielen  und  zum  Teil  auch 
den  Blättern  mit  bräunlichen,  einschichtigen,  oft  gefransten  Spreuschuppen 
(Schuppenhaaren  oder  Paleae)  bekleidet. 

Die  Sporangien  werden  in  großer  Zahl  auf  der  Unterseite  der  Blätter 
erzeugt.  Die  Sporophylle  sind  in  der  Regel  nicht  von  den  sterilen  Laubblättern 
in  ihrer  äußeren  Form  verschieden.  Nur  bei  einigen  Gattungen  sind  sie  wesent- 
lich anders  gestaltet.  Als 
einheimische  Vertreter  sind 
hier  der  Straußfarn,  Stru- 
thiopteris  germanica,  ferner 
Blechnum  Spicant  zu  nen- 
nen, bei  denen  gedrungene, 
dunkelbraune  Sporophylle 
zu  mehreren  im  Innern  der 
Rosette  grüner  Wedel  stehen. 
Im  Bau  der  Sporan- 
gien zeigen  die  einzelnen 
Familien  Unterschiede. 

Es  sei  zunächst  das 
Verhalten  der  Mehrzahl 
unserer  einheimischen  Farne 
dargestellt,  die  zu  der  um- 
fangreichen Familie  der 
Polypodiaceen  gehören. 
Die  Sporangien  erscheinen 
hier  in  verschieden  gestal- 
teten Häufchen,  sog.  Sori, 
vereinigt.  Sie  entspringen 
auf  einem  hervortretenden 
Blattgewebepolster,  demRe- 
ceptaculum  (Fig.  473^), 
und  werden  bei  vielen  Ai'ten 
vor  der  Reife  von  einem  häu- 
tigen Auswuchs  der  Blatt- 
fläche, dem  sog.  Schleier, 
Indusium,  bedeckt  und 
geschützt  (Fig.  473 ß,  C). 
Das  einzelne  Sporangium 
(Fig.  475)  geht  aus  einer  einzigen  Epidermiszelle  durch  Teilung  hervor  (Fig.  468), 
besteht  im  reifen  Zustande  aus  einer  kleinen  Kapsel  mit  mehrzelligem,  dünnem 
Stiel  und  mit  einschichtiger  Wandung  und  enthält  eine  größere  Anzahl  von 
Sporen,  die  nur  bei  einigen  Gattungen  {Asplenium,  Aspidium,  Acrostichum 
und  Verwandte)  ein  sackartiges  Perispor  aufweisen.  Sehr  charakteristisch 
für  die  Polypodiaceen  ist  der  Ring,  Annulus,  der  über  den  Rücken  und 
Scheitel  des  Sporangiums  bis  zur  Mitte  der  Bauchseite  als  vortretende  Zellen- 
reihe mit  stark  verdickten  Radial-  und  Innenwänden  verläuft. 

Beim  Austrocknen  der  Kapselwand  werden  durch  den  Kohäsionszug  des  schwindenden 
Wassers  in  den  Annuluszellen  die  dünnen  Außenwände  nach  innen  eingestülpt,  der  Ring 
also  an  seiner    Außenseite    verkürzt  und    dadurch    das  Aufreißen  der  Sporangien  in  einer 


Fig.  472.  Alsophila  crinita,  Baumfarn  von  Ceylon.  Verkl- 


Pteridophyten. 


441 


Querspalte  zwischen  den  l)reiten  Endzellen  des  Ringes  verursacht.  Ist  der  Kohäsionszug 
des  Wasserrestes  schließlich  überwunden,  so  erfolgt  ein  elastisches,  die  Sporenausstreuung 
beförderndes  Zurückschnellen  des  Ringes,  worauf  das  Sporangium  infolge  Austrocknens 
und  Kontraktion    der   dünnen    Membranteile    dauernd   geöffnet   bleibt  (vgl.    Fig.  277)  ("*). 


Fig.  473.  Dryopteris  (Aspidium)  filix  mas.  -/s  ^^^-  Gr.  A  Sorus,  quer  durchschnitten. 
Vergr.  20.  Nach  Kny.  B  Fiederchen  mit  jungen,  noch  vom  Schleier  bedeckten  Soris. 
C  Desgleichen   in   älterem  Stadium    mit   geschrumpftem  Schleier.     Schwach  vergrößert.  — 

Offizineil. 


Die  Form  und  Insertion  der  Sori,  das  Vorhandensein  und  die  Gestalt  oder  das 
Fehlen  der  Indusien  geben  die  wichtigsten  Gattungsunterschiede  ab.  Bei  Scolopendriutn 
(Fig.  474)  sind  die  Sori  strichförmig,  bestehen  aus  zwei  parallel  über  je  einen  Blattnerven 
laufenden  Streifen  und  werden  an  beiden  Seiten  von  einem  lippenförmigen,  einschichtigen 


442 


Schenck : 


Indusium  bedeckt,  das  bei  der  Reife  zurückklappt.  Bei  Dryopteris  {Aspidiuvi)  (Fig.  473) 
dagegen  treffen  wir  zahlreiche  rundliche  Sori,  bedeckt  mit  einem  weißlichen,  nierenförmigen, 
dem  Receptaculumscheitel  eingefügten  Indusium,  und  die  Sporangien  tragen  öfters  an 
ihrem  Stiel  ein  gestieltes,  köpfchenförmiges  Drüsenhaar.  Bei  Polypodium  vulgare  sind  die 
rundlichen  Sori  ganz  ohne  Schleier.  Bei  dem  Adlerfarn,  Pteridium  aqzuUnum,  stehen  die 
Sporangien  an  den  Rändern  der  Blattfiedern  in  ununterbrochener  Linie  und  werden  von 
dem  nach  unten  eingeschlagenen  Blattrande  bedeckt. 


E 

Fig.  475.  Sporangien.  A  Von  Dryopteris  (Aspidium)  Filix  mas.  Am  Stiel  ein  Drüsen - 
haar.  B  und  C  von  Alsophila  armata,  von  zwei  entgegengesetzten  Seiten  gesehen.  D  Von 
Aneimia  caudata.    E  Von  Osmunda  regalis.    A—D  Vergr.  70,  nach  der  Natur.    E  Vergr,  40. 

Nach  LÜRSSEN. 


Außer  den  Polypodiaceen  umfassen  die  Farne  noch  andere,  vorwiegend  tropische 
Familien,  deren  Sporangien  in  der  Ringbildung  und  dementsprechend  auch  im  Öffnungs- 
mechanismus Verschiedenheiten  zeigen.  So  besitzen  die  Cyatheaceen  oder  Baumfarne 
Sporangien  mit  vollständigem,  in  schiefem  Verlauf  über  den  Scheitel  ziehendem  Ring 
(Fig.  475 B,  C);  die  Hy menophy llaceen ^  die  aus- 
gezeichnet sind  durch  zierliche  dünnhäutige  Wedel  von 
einfachster  anatomischer  Struktur  und  überwiegend  als 
Epiphyten  in  tropischen  Wäldern,  in  wenigen  Vertretern 
auch  noch  im  atlantischen  Europa,  Hyme7iophyllu7n  tun- 
bridgense  sogar  noch  in  Luxemburg  und  in  der  sächsischen 
Schweiz  an  feuchten  Sandstein f eisen,  vorkommen,  haben 
einen  vollständigen,  schief  über  das  Sporangium  laufenden 
Ring;  die  tropischen  Schizaeaceen  und  Gleiche nia- 
ceen  dagegen  einen  quer  gestellten  Ring,  der  bei  ersteren 
nahe  der  Spitze  (Fig.  475  Z>),  bei  letzteren  etwa  in  der 
Mitte  des  Sporangiums  verläuft,  während  die  Osmun- 
daceen,  die  bei  uns  durch  den  Königsfarn,  Osmunda 
regalis,  vertreten  werden,  auf  dem  Rücken  unter  dem 
Scheitel  des  Sporangiums  nur  eine  kleine  Gruppe  dick- 
wandiger Zellen  aufweisen  (Fig.  475^).  Bei  den  drei 
zuletzt  genannten  Familien  öffnen  sich  die  Sporangien 
mittels  Längsspalte,  bei  den  drei  ersten  Familien  dagegen 
mittels  quergestellter  oder  schiefer  Spalte.  So  ergeben 
sich  zwei  Hauptgruppen,  die  longiciden  und  bre vi- 
el den  Leptospoi-angiaten,  von  denen  erstere  den  Euspo- 
rangiaten  näher  stehen  {^'^^). 

Alle  Filices  sind  homospor.  Ilir  Prothal- 
lium  hat  meist  die  Gestalt  eines  flachen,  herz- 
förmigen, kleinen  Thallus  von  der  für  Dryopteris 
in  Fig.  463  dargestellten  Form.  Antheridien  und 
Aixhegonien  entstehen  an  der  dem  einfallenden 
Licht  abgewandten  Seite,  normal  also  an  der  Unterseite. 

Bei   gewissen    Hymenophyllaceen    {Trichofnatits)    aber    ist    das  Prothallium   fädig  ver- 
zweigt und  trägt  an  seinen  Ästen  die  Antheridien  und  auf  besonderen  mehrzelligen  Seiten - 


Fig.  476.  Trichomanes  rigidum. 
Teil  eines  Prothalliums  mit 
Archegonienträgern  A,  davon 
einer  mit  Keimpflanze.     Nach 

GOEBEL. 


Pteridophyteii. 


443 


ästen  die  Archegonien  (Fig.  476).    Im  Aufbau  erinnern  diese  Protliallien  an  das  Protonema 
der  Laubmoose. 

Die  Antheridien  und  Archogoiiieii(i"^o)  zeigen  denjenigen  der  Eii- 
sporangiaten  gegenüber  einige  Unterschiede.  Die  Antheridien  (Fig.  477)  werden 
an  jungen  Prothallien  angelegt  und  sind  kugelig  vorgewölbte  Gebilde,  die  ohne 
Stiel  mitten  auf  einer  Prothalliumzelle  sitzen  und  aus  dieser  durch  papillenartige 
Vorwölbung,  Abgrenzung  durch  eine  Querwand  und  weitere  Teilung  hervor- 
gegangen sind.  Ihre  Wand  besteht  aus  zwei  ringförmigen  Zellen  und  einer 
Deckelzelle,  die  bei  einigen  Familien  in  zwei  oder  mehr  Zellen  sich  teilt,  bei 
den  Polypodiaceen  aber  meist  einfach  bleibt. 
Die  Spermie nzellen  gehen  aus  der  zentralen 
Zelle  durch  Teilung  hervor.  Die  Entleerung 
der  Antheridien  geschieht  durch  den  Druck  der 
schleimerfüllten  und  aufquellenden  Ringzellen, 
welche  die  ebenfalls  aufquellende  Deckelzelle 
absprengen.  So  gelangen  die  rundlichen  Sper- 
mienzellen  ins  Wasser  und  entlassen  nach  einiger 
Zeit  je  ein  pfropf enzieherartig  gewundenes,  mit 
zahlreichen  Zilien  an  den  vorderen  Windungen 
besetztes  Spermium,  an  dessen  Hinterende  ein 
Bläschen  befestigt  ist,  das  einige  kleine  Körn- 
chen enthält  und  einen  unverbrauchten  Rest  des 
Inhaltes  der  Mutterzelle  darstellt. 


Fig.  477.  A  Reifes  Antheridium 
von  Woodsia  ilvensis.  Die  Ku- 
tikula  c  ist  geplatzt.  B  Ge- 
öffnetes Antheridium,  d  Deckel- 
zelle, r  aufgequollene  Ringzelle. 
Nach  ScHLUMBERGER.  —  C  Sper- 
mium von  Struthiopteris  germa- 
nica, k  Zellkern,  cl  Geißeln, 
d  Blase  aus  einer  Vakuole  hervor- 
gegangen, c  Plasma.  Vergr.  850. 
Nach  Shaw. 


Fig.  478.  Polypodium  vulgare.  A  Junges  Archegonium. 
Ä"  Halskanalzelle,  X"  Bauchkanalzelle,  o  Ei.  B  Ge- 
öffnetes Archegonium.   Vergr.  240.   Nach  Strasburger. 


Die  Archegonien  (Fig.  478)  entstehen  in  dem  mehrschichtigen  mittleren 
Teile  älterer  Prothallien  durch  Teilung  einzelner  Zellen.  Ihr  Halsteil  ist  länger 
als  bei  den  Eusporangiaten,  besteht  aus  vier  Zellreihen  und  schließt  eine  zen- 
trale langgestreckte  Halskanalzelle  ein.  Im  Bauchteile  befindet  sich  die  große 
Eizelle,  über  ihr  die  Bauchkanalzelle.  Die  Kanalzellen  werden  aufgelöst  und 
erfüllen  den  Kanal  mit  einer  stark  lichtbrechenden  Substanz,  die  bei  Wasser- 
zutritt stark  aufquillt;  das  Ai'chegonium  öffnet  sich  an  seiner  Spitze.  Die 
Embryoentwicklung  ist  aus  Fig.  464  zu  ersehen. 

Ausnahmsweise  kann  bei  gewissen  Farnkräutern  der  Sporophyt  auf  dem  Prothallium 
durch  vegetative  Knospung  sich  entwickeln,  ohne  daß  Sexualorgane  mitwirken  oder  aus- 
gebildet werden  (Apogamie),  und  umgekehrt  kommt  es  auch  vor,  daß  an  den  Farnwedeln 
keine  Sporen,  sondern  direkt  Prothallien  erzeugt  werden  (Aposporie). 

Giftig:  Pteridium  aquih'num,  der  Adlerfarn,  enthält  einen  Giftstoff,  der  bei  Pferden 
Erkrankungen  und  selbst  den  Tod  herbeiführt. 


444 


Schenck : 


0 f f  i z i n e  1 1  ist  Dryopteris  (Aspidium)  filix  mas,  Rhizoma  Filicis  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.),  ferner  das  südeuropäische  Adiantum  Capillus  Veneris,  Frauenhaar,  dessen  Blätter 
benutzt  werden:  Folium  Adianti  seu  Herba  Capilli  Veneris  (Pharm,  helv.). 
Auch  das  nordamerikanische  Adiantn?n  pedatum  liefert  Folium  Adianti  (Pharm,  helv.). 
Die  seidenähnlichen,  glänzendbraunen  Gliederhaare  am  Grunde  der  Blattstiele  verschiedener 
Baumfarne,  besonders  von  dbotinmBaranetz,  im  tropischen  Asien  und  auf  den  pazifischen  Inseln, 
liefern  die  als  Wundwatte  und  auch  als  Polstermaterial  benutzten  Paleae  haemostaticae 
(Pennawar  Djambi  auf  Sumatra,  Pakoe-Kidang  auf  Java,  Pulu  in  Amerika)  (Pharm,  austr.). 
2.  Ordnung.  Hydropterides,  Wasserfarne  (121  J23j^ 
Zu  den  Wasserfarnen  gehören  nur  wenige  Gattungen  wasser-  oder  sumpfbewohnender 
Kräuter.  Sie  sind  sämtlich  heterospor.  Die  Makro-  und  Mikrosporangien  werden  in  beson- 
deren, an  der  Basis  der  Blätter  sitzenden  Behältern,  sog.  Sporangienfrüchten  oder  Sporo- 

karpien,  eingeschlossen. 
Auch  besitzt  ihre  ein- 
schichtige Wandung  kei- 
nen Ring.  Die  Sporen 
sind  von  eigenartigen  Peri- 
sporien  umgeben. 

Die  Wasserfarne 
umfassen  die  beiden  Fa- 
milien der  Marsüiaceen 
(mit  drei  Gattungen)  und 
der  Salviniaceen  (mit 
zwei  Gattungen)-  Zu 
ersterer  gehört  die  Gattung 
Marsilia,  die  bei  uns  durch 
M.  qiiadrifolia  vertreten 
ist  (Fig.  479^).  Sie  hat 
eine  kriechende,  ver- 
zweigte Achse  mit  ein- 
zeln stehenden,  langge- 
stielten Blättern,  deren 
Spreite  aus  zwei  nahe  bei- 
einander stehendenFieder- 
blattpaaren  sich  zusam- 
mensetzt. Über  der  Basis 
des  Blattstiels  entspringen 
paarweise,  bei  anderen 
Arten  in  noch  größerer 
Anzahl ,  die  gestielten 
ovalen  Sporokarpien,  von  denen  ein  jedes  seiner  Anlage  nach  dem  assimilierenden  sterilen, 
hier  aber  ungegliedert  bleibenden  Blatteil  entspricht.  Die  jungen  Blätter  sind,  wie  bei  den 
Farnen,  an  der  Spitze  schneckenförmig  eingerollt. 

Die  Gattung  Pilularia,  zu  der  als  einheimische  Art  P.  globulifera,  ebenfalls  auf 
sumpfigen  Wiesen  wachsend,  gehört,  unterscheidet  sich  von  Marsilia  durch  einfache  lineale 
Blätter,  an  deren  Grunde  die  kugeligen,  in  der  Anlage  dem  sterilen  Blattstiel  entsprechenden 
Sporokarpien  einzeln  entspringen  (Fig.  479). 

Die  zweite  Familie,  Salviniaceen^  enthält  frei  schwimmende  Wasserpflanzen.  Die 
erste  Gattung  Salvmia  ist  in  unserer  Flora  durch  .S.  natans  vertreten,  deren  wenig  ver- 
zweigter Stengel  an  jedem  Knoten  drei  Blätter  trägt;  die  beiden  oberen  sind  als  ovale 
Schwimmblätter  ausgebildet,  das  untere  dagegen  ist  in  zahlreiche,  in  das  Wasser  herab- 
hängende, fadenförmige,  behaarte  Zipfel  geteilt  und  übernimmt  die  Funktion  der  fehlenden 
Wurzeln.  An  diesen  Wasserblättern  sitzen  am  Grunde  der  basalen  Zipfel  zu  mehreren 
die  kugeligen  Sporokarpien  (Fig.  480^4),  die  bei  den  Salviniaceen  eine  andere  Entwicklungs- 
geschichte zeigen  als  bei  den  Marsüiaceen.  Die  Sporangien  entspringen  auf  einem  säulen- 
förmigen Receptaculum,  das  seiner  Anlage  nach  einem  modifizierten  Wasserblattzipfel 
entspricht.  Die  Hülle  dagegen  ist  als  Indusium  aufzufassen;  sie  entsteht  als  Neubildung 
in  Form  eines  Ringwalles,  der  krugförmig  und  schließlich  hohlkugelförmig  über  das 
Receptaculum  und  seinen  Sporangiensorus  emporwächst,  am  Scheitel  aber  dicht  zusammen- 


Fig.  479.     Wasserfarne.      A    Marsilia   quadrifolia.     a   Junges 

Blatt,  j  Sporokarpien.    B  Pilularia  globulifera.    s  Sporokarpien. 

Verkleinert.     Nach  Bischoff. 


Pteridophyten. 


445 


schließt.  Die  zweite  Gattung  Azolla  ist  vorwiegend  tropisch  und  stellt  zierliche,  reich- 
verzweigte  Schwimmpflänzchen  vor  mit  dicht  aufeinanderfolgenden  Blättchen  in  zweizeiliger 
Anordnung.  Jedes  Blatt  hat  zwei  Lappen,  von  denen  der  ohere  schwimmt  und  assimiliert, 
der  untere  ins  Wasser  taucht  und  an  der  Wasseraufnahme  sich  heteiligt.  Der  obere  Lappen 
enthält  eine  Höhlung,  die  mit  enger  Öffnung  nach  außen  mündet  und  stets  Fäden  der 
blaugrünen  Alge  Anabaena  AzoUae  beherbergt.  Zwischen  diesen  wachsen  aus  der  Wand 
der  Höhlung  Haare  hinein,   eine  Er-  ^ 

scheinung,  die  auf  das  Bestehen  eines  ^^f 
symbiotischen  Verhältnisses  zwischen  "'" 
Azolla  und  Anabaena  hindeutet.  Azolla 
besitzt  zarte  lange  Würzelchen  an  der 
Unterseite  des  Stengels  und  Sporen- 
früchte, die  meist  zu  zweien  am  Unter- 
lappen des  Blattes  einzelner  Seiten- 
zweige entspringen.  ' 

Der  Bau  der  Sporangien  und 
Sporen  und  die  Entwicklung  der  Pro- 
thallien  zeigen  manche  Unterschiede 
den  Filices  gegenüber.  Sie  mögen 
zunächst  für  die  Salviniaceen  an  dem 
Beispiel  von  Salvinia  natans(^'^^)  er- 
läutert werden.  Die  Sporokarpien 
enthalten  entweder  Mikrosporangien 
in  größerer  Zahl  oder  Makrosporan- 
gien  in  geringerer  Zahl  (Fig.  481  A, 
ma,  mi).  Beiderlei  Sporangien  er- 
innern in  ihrem  Aufbau  und  ihrer 
Entwicklung   an  die   Sporangien   der 

leptosporangiaten  Farnkräuter;  sie  sind  gestielt,  besitzen  im  reifen  Zustande  eine  ein- 
schichtige dünne  Wandung,  aber  keinen  Ring  (^,  D).  Die  Mikrosporangien  um- 
schließen 64  Mikrospuren,  die  in  einer  schaumigen,  erhärteten  Zwischensubstanz  ein- 
gebettet liegen,  und  zwar,  ihrer  Entstehung  in  Tetraden  aus  den  Sporenmutterzellen 
entsprechend,  zu  je  vier  genähert  (C).  Die  schaumige  Zwischensubstanz  geht  aus  dem  Plasma 
der  in  einschichtiger  Lage  gebildeten  Tapetenzellen  hervor. 

Die  Mikrosporangien  platzen  nicht  auf;  die  Mikrosporen  entwickeln  nur  je  ein  kurzes 
schlauchförmiges    männliches    Prothallium,    das    nach   außen 
durch  die  Sporangienwand  hervortritt,  nur  aus  wenigen  Zellen  sich 
aufbaut  und  nur  zwei  Antheridien   enthält  (Fig.  482).     Jedes  An- 
theridium  erzeugt  im  ganzen  vier  Spermien,  die  durch  Aufbrechen 

B 
J 


Fig.  480.  Salvinia  natans.  A  von  der  Seite.  B  Von 
oben.  Verkleinert.  Nach  Bischoff.  C  Keim- 
pflanze, ynsp  Makrospore,  p  Prothallium,  a  Stengel, 
b^  b.,  b.^  die  drei  ersten  Blätter,  b^  das  sog.  Schild- 
"  chen.     Vergr.  15.    Nach  N.  Pringsheim. 


Fig.  48L     Salvinia  natans.     A,    ma  Makrosporokarp,    mi  Mikrosporokarp  im  Längsschnitt. 
Vergr.  8.     B    Ein    Mikrosporangiura    von   außen.     Vergr.  55.     C  In    schaumige  Zwischen- 
substanz   eingebettete    Mikrosporen.      Vergr.  250.     D   Makrosporangium    und    Makrospore, 
im  Längsschnitt.     Vergr.  55.     Nach  Strasbürger. 

der  Zell  wände  nach  außen  gelangen.     Obwohl  somit   dieses  Prothallium   sehr  vereinfacht 
erscheint,  läßt  es  sich  unschwer  auf  die  Prothallien  der  Filices  zurückführen. 

Die  Makros i)orangien  sind  größer  als  die  Mikrosporangien  und  besitzen  eben- 
falls  eine   einschichtige   Wandung    (Fig.  481  Z>),   enthalten   aber    nur    eine   einzige  große 


446 


Schenck : 


Makrospore,  da  nur  eine  der  32  angelegten  Sporen  auf  Kosten  der  übrigen  sich  weiter 
entwickelt.  Die  Makrospore  ist  mit  eckigen  Proteinkörnern,  mit  ÖltröpfcLen  und  Stärke- 
körnern dicht  erfüllt;  an  ihrem  Scheitel  liegt  dichteres  Plasma  und  der  Kern.  Ihre 
braune  Sporenwand  (Exospor)  ist  von  einer  dicken  schaumigen  Hülle,  dem  Perispor,  über- 
lagert, die  der  Zwischensubstanz  des  Mikrosporangiums  entspricht  und  wie  diese  aus  dem 
Tapetenzellplasma  hervorgeht.  Die  Makrospore  bleibt  von  der  Sporangiumwand  umschlossen, 
wird  mit  dieser  von  der  Mutterpflanze  frei  und  schwimmt  an  der  Wasseroberfläche.  Bei 
ihrer  Keimung  teilt  sie  sich  in  eine  scheitelständige  kleinere  Zelle,  aus  der  ein  klein- 
zelliges weibliches  Prothallium  hervorgeht,  und  in  eine  darunter  liegende  große  Zelle, 
die  mit  ihrem  Reichtum  an  Reservestoffen  zu  dessen  Ernährung  dient  und  sich  nicht 
weiter  teilt,  obwohl  ihr  Kern  durch  freie  Kernteilung  zahlreiche,  wandständige  Tochter- 
kerne liefert.  Die  Sporenhaut  platzt  in  drei  Klappen  auf,  ebenso  springt  die  Sporangien- 
wand  auf,  und  das    grüne   Prothallium  ragt   nun   als  kleines   sattelförmiges   Gebilde  etwas 


Fig.  482.  Salvinia  natans.  Männliche 
Prothallien.  A  Teilung  der  Mikrosporen 
in  die  drei  Zellen  /—///.  Vergr.  860. 
B  Fertiges  Prothallium  von  der  Flanke. 
C  Von  der  Bauchseite.  Vergr.  640. 
Zelle  /  hat  sich  in  die  Prothalliumzellen 
a  und  p  geteilt,  p  ist  als  Rhizoidzelle 
zu  deuten;  Zelle  //  in  die  sterilen 
Zellen  c,  b  und  die  beiden  spermato- 
genen  Zellen  5i,  von  denen  jede  zwei 
Spermien  bildet;  Zelle  ///  in  die  ste- 
rilen e,  d  und  die  beiden  spermatogenen 
Zellen  s^.  Die  Zellen  ^i  s^  und  .?,  s^ 
stellen  zwei  Antheridien  vor,  die  Zellen 
b,  c,  d,  e  deren  Wandungszellen.  Nach 
Belajeff. 


Fig.  483.  Salvinia  natans.  Embryo  im  Längs- 
schnitt, Prothallium  pr,  s  Sporenzelle,  e  Exo- 
spor, p  Perispor,  spw  Sporangiumwand,  embr 
Embryo,  /  Kuß,  bl^  bl^  bl^  die  drei  ersten  Blätter, 
ii?  Stammscheitel.  Vergr.  100.  Nach  Pkingsheim. 


hervor.  Es  entwickelt  drei  bis  fünf  Archegonien;  aber  nur  die  befruchtete  Eizelle  eines 
von  ihnen  kommt  zur  Weiterentwicklung  und  zur  Bildung  eines  Embryo,  der  mit  seinem 
Fuß  im  erweiterten  und  schließlich  gesprengten  Archegoniumbauch  steckt  (Fig.  483).  Das 
erste  Blatt  der  Keimpflanze  (Fig.  480 C)  hat  schildförmige  Gestalt,  es  schwimmt  auf  der 
Oberfläche  des  Wassers. 

Bei  Azolla  ('21a)  verläuft  der  Entwicklungsgang  in  ähnlicher  Weise,  aber  die  Sporangien 
und  Sporen  zeigen  einige  Besonderheiten.  Die  Mikro-  und  Makrosporocarpien  entwickeln 
sich  anfangs  in  gleicher  Weise;  ein  jedes  legt  ein  einziges  Makrosporangium  an,  das  von 
der  Hülle  umwallt  wird,  und  aus  dessen  Stiel  dann  innerhalb  der  Hülle  die  Mikrosporangien 
hervorsprossen.  Im  Mikrosporokarp  schrumpft  die  Anlage  des  Makrosporangiums, 
und  nur  die  Mikrosporangien  entwickeln  sich  weiter;  im  Mak  rosporokarp  gelangt 
dagegen  nur   das  Makrosporangium    zur  Ausbildung.     In  den  Mikrosporangien  werden  die 


Pteridophyten. 


447 


64  Sporen  durch  eine  schaumige  Zwischensubstanz,  die  von  dem  Periplasmodium  geliefert 
wird,  zu  5 — 8  rundlichen  Ballen,  den  Massulae,  vereinigt.  Jede  Massula  ist  an  der 
Oberfläche  mit  gestielten  Widerhäkchen,  G loch  i den,  Auswüchsen  der  Zwischensubstanz 
besetzt.  Die  Sporangiumwand  platzt  auf  und  entläßt  die  Massulae,  die  im  Wasser  zu  den 
Makrosporen  gelangen.  In  den  Makrosporangien  werden  32  Makrosporen  angelegt,  aber 
nur  eine  Spore  wächst  weiter,  verdrängt  alle  anderen  und  preßt  schließlich  auch  die 
Wandung  des  Makrosporangiums  zusammen,  so  daß  diese  dicht  an  die  eiförmige  Sporen- 
fruchtwandung  zu  liegen  kommt.  Das  Perispor  umgibt  die  Makrospore  als  schaumige, 
mit  Vertiefungen  und  fadenförmigen  Verlängerungen  versehene  Haut  und  bildet  an  ihrem 
Scheitel  einen  Aufsatz  von  drei  birnförmig  gestalteten  Gebilden,  den  Schwimmkörper. 
Die  Massulae  haken  sich  in  das  Perispor  fest.  Die  Sporenfrucht  reißt  am  unteren  Teile 
auf,  ihr  Scheitel  verbleibt  an  der  freigewordenen  Makrospore  in  Form  eines  Schirmes. 
Die  Prothalliumbildung  stimmt  im  wesentlichen  mit  Salvinia  überein,  an  den  wenig- 
zelligen  männlichen  Prothallien,  die  aus  den  Massulae  hervorwachsen,  entsteht  aber  nur 
je  ein  einziges  Antheridium  mit  acht  Spermien. 

Die  Sporokarpien  der  Marsiliaceen{^^^)  sind  komplizierter  gebaut,  enthalten  bei 
Pilularia glob-idifera  vier  Fächer,  jedes  mit  einem  Sorus,  bei  Marsilia  zahlreiche  Fächer 
(14—18)  mit  je  einem  Sorus,  in  zwei  Reihen  nebeneinander  gelagert.  Die  Sori  beider 
Gattungen  führen  zugleich  Makro-  und  Mikrosporangien.  Sie  entstehen  wie  bei  manchen 
Farnen  am  ßlattrande  der  Sporophyll- 
anlage  aus  Oberflächenzellen,  die  dann 
nachträglich  vom  umgebenden  Gewebe 
überwallt  werden.  So  liegen  sie  schließ- 
lich eingebettet  im  Sporophyllgewebe, 
dessen  äußere  Wandschichten  zu  einer 
harten  Schale  sich  differenzieren.     Nach 


Fig.  484.  Marsilia  salvatrix.  A 
Sporokarp  in  nat.  Gr.,  st  Stiel. 
B  In  Wasser  aufgesprungenes 
Sporokarp  mit  dem  hervortretenden 
Gallertring.  C  Dieser  (,;,'•)  zerrissen 
und  gestreckt  mit  den  Sorusfächern 
sr,  Sporokarpschale  seh.  D  Un- 
reifer Sorus.  7n  Makrosporangien, 
/«/"Mikrosporangien.  Nach  J.Sachs 
und  J.  Haxstein. 


Fig.  485.  Marsilia  quadrifolia.  Entwicklung  des  männ- 
lichen Prothalliums  aus  der  Spore  A.  In  B  durch 
Wand  /  eine  kleine  Prolhalliumzelle  (rudimentäre 
Rhizoldzelle)  p  abgeteilt,  C  und  B  weitere  Teilungen, 
j,  und  i-j  die  Mutterzellen  der  spermatogenen  Zellen 
in  beiden  Antheridien.  E  Reifes  Stadium,  die  beiden 
Gruppen  von  je  16  Spermienzellen,  aus  s^  und  s.,  her- 
vorgegangen, liegen  in  dem  durch  Auflösung  derperi- 
l)heren  sterilen  Zellen  gebildeten  Plasma.  F  Em  Sper- 
mium stark  vergrößert,  die  Zilien  entspringen  einem 
bandförmigen,  dem  schraubig  gewundenen  Kerne  an- 
liegenden Blepharoblasten.    Nach  Lester  W.  Sharp. 


448 


Schenck: 


einer  Ruhezeit  keimen  die  Sporokarpien  in  Wasser.  Bei  Püularia  quillt  das  die 
Sori  umgebende  Gewebe  stark  auf,  sprengt  die  Schale  am  Scheitel  vierklappig  auf  und  tritt 
als  Schleimmasse  mit  den  Sporangien  hervor,  aus  denen  ebenfalls  durch  Verquellung  der 
Wandungen  die  Sporen  frei  werden.  Prothalliumentwicklung  und  Befruchtung  erfolgen 
in    dieser    mehrere    Tage  lang    sich    haltenden    Schleimmasse.      Die    Sporokarpschale   von 

Marsilia  dagegen  wird  zweiklappig  auf- 
gesprengt. Eine  den  Sorusfcächern  an 
Rücken-  und  Bauchnaht  des  Sporokarps 
ringförmig  anliegende  knorpelige  Gewebe- 
masse quillt  stark  gallertig  auf,  sprengt 
die  Bauchnaht,  tritt  hier  hervor,  zieht 
die  Sori,  die  von  häutigen  Hüllen  um- 
geben sind,  mit  heraus,  verlängert  sich 
wurmförmig  und  reißt  schließlich  durch 
(Fig.  484). 

Aus  der  Mikrospore  geht  inner- 
halb der  Sporenhülle  ein  reduziertes  männ- 
liches Prothallium  hervor,  das  im  fertigen 
Zustand  nur  zwei  Antheridien  mit  je 
16  Spermienzellen  umschließt  und  nach 
dem  Aufplatzen  der  Hülle  die  korkzieher- 
artig gewundenen,  mit  zahlreichen  Zilien 
versehenen  Samenfäden  entläßt  (Fig.  485). 
Die  dickwandige  Makrospore 
entwickelt  in  ähnlicher  Weise  wie  bei 
Salvinia  an  ihrem  aufspringenden  Scheitel 
aus  dem  hier  befindlichen  dichteren 
Plasma,  das  von  der  großen,  in  der  Hülle 
verbleibenden  Sporenzelle  durch  eine  Zell- 
wand abgeteilt  wird,  ein  kleines,  wenig- 
zelliges,  im  Längsschnitt  sattelförmiges, 
ergrünendes  Prothallium,  das  nur  ein  ein- 
ziges Archegonium  erzeugt,  also  weitest- 
gehende Vereinfachung  aufweist  (Fig.  486). 
Die  Entwicklung  des  Embryos  folgt  dem  Typus  der  leptosporangiaten  Farne, 
indem  die  Eizelle  sich  erst  durch  eine  längsgerichtete  Basalwand,  dann  durch  eine  Quer- 
wand in  Quadranten  teilt,  die  darauf  in  Oktanten  zerlegt  werden.  Aus  den  beiden  oberen 
Oktantenpaaren  geht  die  Wurzel  und  das  erste  Blatt,  aus  den  unteren  der  Fuß  und  der 
Stammscheitel  hervor  (Fig.  486  CZ)).  Das  Prothallium  wächst  eine  Zeitlang  mit  und  um- 
hüllt den  Embryo;  es  treibt  aus  seinen  unteren  Zellen  einige  farblose  Rhizo'iden.  Findet 
keine  Befruchtung  statt,  so  entwickelt  sich  aus  ihm  ein  kleiner,  längere  Zeit  lebender 
Thallus,  der  keine  neuen  Archegonien  mehr  erzeugt. 

Für  gewisse  neuholländische  Marsilien  der  Gruppe  Drummondi  ist  parthenogenetische 
Keimbildung  nachgewiesen  worden  (^"). 


Fig.  486.  Marsilia  vestita.  A  Makrospore, 
am  Scheitel  der  Kern  und  das  Plasma,  aus 
dem  das  in  B  dargestellte  weibliche  Prothal- 
lium hervorgeht;  o  Eizelle  des  Archegoniums, 
darüber  Bauchkanal-  und  Halskanalzelle ; 
k  Kern  der  in  der  Sporenhülle  verbleibenden 
großen  Sporenzelle.  C  Junger  Embryo  im 
Archegonium  nach  den  ersten  Teilungen, 
/  Basalwand,  2  Quadrantenwand.  D  Späteres 
Stadium,  w  Wurzelanlage,  b  erstes  Blatt, 
st  Stamm,  /  Fuß.  A  Vergr.  60,  B  860.  C  525, 
D  260.    Nach  D.  Campbell. 


Klasse  IL 
Equisetinae,  Schachtelhalme  (^'  ^■'  ^^^'  "^'  ^^*). 

1»  Ordnung,  ECfUisetaceae.  Die  Schachtelhalme  umfassen  nur  die  Gattung 
Equisetum,  die  in  vergangenen  Erdperioden  bis  in  die  Trias  zurückreicht  und  heute  nur 
noch  in  20  weit  verbreiteten  Arten  vertreten  ist.  Diese  sind  teils  Land-,  teils  Sumpf- 
pflanzen. Sie  zeigen  einen  sehr  charakteristischen  Aufbau  ihrer  ungeschlechtlichen 
Generation.  Aus  einem  im  Boden  kriechenden  Rhizom  entspringen  aufrechte  Halme  von 
meist  nur  einjähriger  Lebensdauer.  Bei  Equisetum  arvense  (Fig.  488),  dem  Ackerschachtel- 
halm, sowie  auch  bei  anderen  Arten  werden  seitliche  kurze  Rhizomäste  in  Form  von  rund- 
lichen Knollen  als  Reservestoffbehälter  und  Überwinterungsorgane  ausgebildet.  Die  ober- 
irdischen Halme  bleiben  entweder  einfach,  oder  sie  verzweigen  sich  in  quirlig  gestellte 
Äste  zweiter,    dritter  usw.  Ordnung.     Alle   Achsen   sind    aus   gestreckten   Internodien    zu- 


Pteridophyten. 


449 


sammengesetzt,  innen  von  einem  zentralen   und   von  peripherischen  Luftgängen  sowie  von 
einem  Kreis  von  kollateralen  Leitbündeln  durchzogen  (Fig.  487). 

An  den  Knoten  sitzen  abwechselnde  Quirle  von  zugespitzten,  unterwärts  in  eine 
den  Stengel  umschließende  Scheide  verwachsenen  Schuppenblättern.  Die  Internodien  sind 
mit  ihrer  Basis  in  diese  Scheiden  eingeschachtelt.  Die  Seitenzweige  werden  in  den  Blatt- 
achseln angelegt  und  brechen  quer  durch  die  Scheiden  nach  außen  hervor.  Entsprechend 
der  geringen  Größe  und  ungeeigneten  Beschaffenheit  der  Blaltspreiten  übernehmen  die 
Halme  die  Funktion  der  Assimilation  und  bilden  das  chlorophyllführende  Gewebe  aus. 

Die  Sporangien  werden  von  besonders  gestalteten  Blättern,  Sporophyllen,  erzeugt. 
Diese  sind  in  mehreren  Quirlen  an  den  Enden  der  Sprosse  angeordnet  und  bilden  somit 
zapfenförmige  Sporophyllstände  (Fig.  488),  die  in  ihrem 
Aufbau  den  männlichen  Blüten  der  Koniferen  gleichen 
und  auch  als  Blüten  zu  bezeichnen  sind.  Der  unterste 
Quirl  ist  steril,  bildet  einen  kurzen  Kragen.  Die  Sporo- 
phylle  selbst  haben  die  Form  eines  gestielten  Schildes, 
an  dessen  Unterseite  5  —  10  sackförmige,  mit  Längsriß 
aufspringende  Sporangien  sitzen  (Fig.  438 i?,  C).  Das 
sporenbildende  Gewebe  ist  im  jüngeren  Sporangium 
von  einer  mehrschichtigen  Wandung  umgeben.  Wäh- 
rend die  inneren  Lagen  als  Tapetenzellen  ihre  Wan- 
dung auflösen  und  ihr  Plasma  zum  Periplasmodium 
wird,  das  zwischen  die  sich  abrundenden  Sporen  ein- 
dringt und  bei  der  Bildung  der  Sporenwand  aufge- 
braucht wird,  bleibt  bei  der  Reife  nur  die  äußerste 
Zellschicht  als  definitive  Wandung  erhalten;  ihre 
Zellen  erhalten  Spiral-  und  Ringfaserverdickungen; 
die  Sporangien  gleichen  darin  den  ihnen  homologen 
Pollensäcken  der  Phanerogamen.  Das  Aufspringen 
geschieht  durch  Kohäsionszug  des  schwindenden  Füll- 
wassers und  durch  die  Kontraktion  der  dünnen  Mem- 
branteile beim  Austrocknen.  Das  geöffnete  Sporan- 
gium entleert  zahlreiche  grüne  Sporen  mit  eigenartig 
gebauter  Wand.  Der  aus  Endospor  und  Exospor  zu- 
sammengesetzten eigentlichen  Sporenwand  wird  von 
dem  Periplasmodium  ein  Perispor  aufgelagert.  Diese 
äußere  Schicht  besteht  aus  zwei  schraubig  gewundenen, 
parallel  laufenden,  an  ihren  Enden  löffeiförmigen  Bändern  (Elateren),  die  sich  beim 
Austrocknen  der  Sporen  ablösen,  aber  an  einer  Stelle  in  ihrer  Mitte  miteinander  und  mit 
dem  Exospor  verbunden  bleiben;  sie  breiten  sich  aus,  legen  sich  bei  Zutritt  von  Feuchtig- 
keit aber  wieder  zusammen  und  mögen  durch  ihre  hygroskopischen  Bewegungen  dazu 
dienen,  die  Sporen,  die  meist  diözische  Prothallien  bilden,  gruppenweise  zu  verketten  und 
zu  verbreiten  (Fig.  488  B,  E). 

Bei  gewissen  Schachtelhalmen  hat  sich  ein  Unterschied  in  der  Ausgestaltung  der 
oberirdischen  Halme  herausgebildet.  Teils  bleiben  sie  steril  und  verzweigen  sich  reichlich, 
teils  tragen  sie  an  ihrem  Ende  die  Blüten  und  verzweigen  sich  dann  später  sparsamer 
oder  überhaupt  nicht  in  unfruchtbare  Seitenzweige.  Am  ausgeprägtesten  ist  dieser  Unter- 
schied bei  Equisetiim  arvense  und  E.  Telmateja,  bei  denen  die  fertilen  Halme  ganz  ein- 
fach sind,  an  ihrem  Ende  mit  einer  einzigen  Blüte  abschließen  (Fig.  488)  und  sich  auch 
durch  den  Mangel  des  Chlorophylls  und  ihre  blaßrötliche  Färbung  von  den  vegetativen 
Halmen  unterscheiden.  Sie  verhalten  sich  also  gleichsam  wäe  parasitische  Sprosse,  die  aus 
dem  Rhizom  ihre  Nahrung  beziehen. 

Das  im  tropischen  Amerika  einheimische  Equisetum  giganteum  ist  die  größte  Art 
der  Gattung,  sie  erhebt  sich  kletternd  im  Gesträuch  mit  ihren  2  cm  dicken,  quirlig  ver- 
zweigten Halmen  bis  über  12  m  Höhe. 

Die  Sporen  sind  sämtlich  von  gleicher  Beschaffenheit  und  keimen  zu  thallösen 
Prothallien  aus.  Diese  sind  meist  diözisch  (Fig.  489);  weibliche  bedürfen  zu  ihrer 
Entwicklung  guter  Ernährung,  bei  schlechter  bilden  sie  Antheridien.  Die  weiblichen  Pro- 
thallien sind  bedeutend  größer  als  die  männlichen  und  verzweigen  sich  reichlicher  in 
dorsiventrale  krause  Lappen,   an  deren  Grunde   die  Archegonien   sitzen.     Diese  sind  ganz 

Strasbiirger,   Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  29 


Fig.  487.  Equisetum  arvense. 
Stengel  quer,  m  lysigene  MaiK- 
höhle,  e  Endoderniis,  ci  Karinal- 
höhlen  in  den  kollateralen  Leit- 
bündeln, vi  Vallekularhöhlen,  hp 
Sklerenchymstränge  in  den  Riefen 
und  Rippen,  ch  chlorophyllführen- 
des Gewebe  der  Rinde,  st  Spalt- 
öffnungsreihen. Vergr.  11.  Nach 
Strasburger. 


450 


Schenck : 


ähnlich  wie  bei  den  Farnen  beschaffen,  nur  sind  die  obersten  Zellen  des  aus  vier  Zell- 
reihen bestehenden  Halses  stark  verlängert  und  biegen  sich  bei  der  Öffnung  des  Arche- 
goniums  stark  nach  außen  um.  Die  Spermien  besitzen  wie  bei  den  Farnen  zahlreiche 
Zilien  (Fig.  489///).  Am  Embryo  treten  die  ersten  Blätter  gleich  in  einem  Quirl  an- 
geordnet auf  und  umwallen  ringförmig  den  Stammscheite],  der  mit  dreiseitiger  Scheitel- 
zelle weiterwächst  (Fig.  489 IF,  100,  101). 


I 


Flg.  488.  Equisetum  arvense.  A  Fertile  Halme,  dem  knollentragenden  Rhizom  ent- 
springend, mit  vegetativem  Halm  noch  in  der  Knospe.  F  unfruchtbarer  vegetativer  Halm. 
B  und  C  Sporophylle  mit  Sporangien,  in  C  aufgesprungen.  £>  Spore  mit  den  beiden 
Spiralbändern  (Elateren)  des  Perispors.  E  Sporen  mit  den  in  trockenem  Zustand  aus- 
gebreiteten Spiralbändern.     A,  F  '/,  nat.  Gr.     B,  C,  B,  E  Vergr. 

Die  äußeren  Membranen  der  Stengelepidermis  sind  bei  den  Schachtelhalmen  mehr 
oder  weniger  stark  mit  Kieselsäure  imprägniert,  in  besonderem  Maße  bei  Equhetum  hiemale, 
das  ebenso  wie  auch  E.  arvense  infolgedessen  zum  Scheuern  von  metallenen  Gefäßen,  zum 
Polieren  von  Holz  und  zu  ähnlichen  Zwecken  Verwendung  findet. 


Pteridophyten. 


451 


Giftig:  In  einigen  Equisetum- Arten  sind  giftig  wirkende  Stoffe  nachgewiesen.   Heu 
mit  viel  Schachtellialmen  untermischt  ist, für  das  Vieh  schädlich. 


Fig.  489.  /.//Equisetum  pratense.  2/  Weibliches  Prothallium  von  der  Unterseite,  mit 
Archegonien  A.  II  Männliches  Prothallium  mit  Antheridien  A,  d  deren  Deckzellen. 
/  Vergr.  17.  //  Vergr.  12.  Nach  Goebel.  ///  Equisetum  arvense.  Spermium,  k  Kern, 
bl  Blepharoplast  (Zilienbildner)  und  Zilien,  zyt  Zytoplasma.  Vergr.  ca.  1250.  Nach  Sharp. 
IV  Equisetum  arvense.  Embryo.  /,  2  Oktantenwände.  Aus  der  über  der  Basalwand 
/  liegenden  Hälfte  entsteht  der  Stamm  st  und  der  erste  Blattquirl  h,  aus  der  unteren 
Hälfte  die  Wurzel  w  und  der  Fuß.      Vergr.  165.     Nach  Sadebeck. 


Die  sterilen  Halme  von  Equisetum  or-misr  liefern  Herba  Equiseti 
Die  ausgestorbenen,  im  Paläozoikum 


Offizineil 
(Pharm,  austr,). 

2.  Ordnung.  Calamariaceae  (^^2). 
sehr  reich  entwickelten,  besonders  im 
Karbon  sehr  häufigen  Calamariaceen 
waren  habituell  den  Schachtelhalmen 
ähnliche,  in  einzelnen  Arten  wohl  bis 
30  m  hohe,  baumartige  Gewächse,  deren 
mit  Periderm  bedeckte,  hohle,  mono- 
podiale,  quirlig  verzweigte  Stämme 
( Calamites)  sekundäres  Dickenwachstum 
aufwiesen.  Ihre  Blätter  {Anmilaria, 
Fig.  490)  standen  in  abwechselnden 
Quirlen,  waren  schmal-lanzettlich,  an- 
fangs zu  einer  Scheide  verbunden,  später 
sich  trennend  und  in  dem  ältesten  Typus 
Asterocalanntes  (Fig.  490)  noch  dicho- 
tom  geteilt,  also  farnblattähnlich.  Die 
Sporangienstände  hatten  bei  dieser  Gat- 
tung ähnlichen  Bau  wie  bei  Equisetum, 
bei  den  übrigen  Vertretern  aber  waren 
sie  zusammengesetzt  aus  abwechselnden 
Quirlen  von  Schuppenblättern,  zwischen 
denen  superponierte  Quirle  von  beson- 
deren Sporangienträgern  standen.  Jeder 
solcher  Träger  hatte  die  Form  eines 
.  gestielten  Schildes  und  trug  unter  diesem 


Fig.  490.    /  Asterocalamites  radiatus,  nach  Stur. 
2  Annularia  stellata,  nach  Seward.    Aus  Lotsy, 
Botan.  Stammesgeschichte. 
29* 


452 


Schenck : 


Fig.  491.  /  Calamobtach}  s  Binnejana.  Sporangien- 
stand  im  Längsschnitt,  2  im  Querschnitt.  3  Calamo- 
stachys  Casheana.  Querschnitt  durch  den  Stiel  eines 
Sporangienträgers,  das  drei  Makrosporangien  und  ein 
Mikrosporangium  trägt.  4  Palaeostachya.  Sporangien- 
stand  mit  axillären  Sporangienträgern,  Längsschnitt. 
Nach  Scott  und  Hickling.  Aus  Lotsy,  Botanische 
Stammesgeschichte. 


Fig.  492.  1  Sphenophyllum,  verzweigte 
Stengel  mit  linearen  und  keilförmigen 
wirteligen  Blättern,  der  rechte  Zweig  mit 
längerem  Sporangiumstand.  Nach  Scott. 
2  S.  emarginatum.  Nach  Seward.  Aus 
Lotsy,  Bot.  Stammesgeschichte. 


vier  Sporangien  (Fig.  491).  Bei 
Calamostachys  waren  die  Spo- 
rangienträger  ein  Stück  über  die 
zugehörigen  Sporophylle  in  die 
Höhe  gerückt,  bei  Palaeostachya 
standen  sie  in  den  Achseln  dieser; 
sie  können  morphologisch  als  be- 
sondere Auswüchse  der  schuppen- 
förmigen  Sporophylle  angesehen 
werden.  Interessant  ist  die  Tat- 
sache, daß  unter  den  Calamarien 
neben  isosporen  bereits  hetero- 
spore  Arten  vertreten  waren. 

Klasse    III. 
Sphenophyllinae,   Keil- 
blattgewächse (^^'). 

Diese  kleine  ausschließlich 
paläozoische  Klasse  nimmt  eine 
vermittelnde  Stellung  zwischen 
Equisetinen  und  Lycopodinen  ein, 
schließt  sich  aber  im  vegetativen 
Aufbau  an  erstere  näher  an. 

Die  Sphenophyllinen  waren 
durch  zwei  Gattungen  vertreten. 
Cheirostrobus  aus  dem  untersten 
Karbon  besaß  reich  gegliederte 
Blüten  von  ähnlichem  Bau  wie 
bei  den  Calamarien.  Die  vom  Devon  bis 
Perm  verbreiteten  Sphenophy dum-kxi^xv  waren 
krautige  Landpflanzen,  anscheinend  Kletter- 
pflanzen, deren  langgliedrige  verzweigte  Stengel 
ein  axiles  dreistrahliges  markloses  Leitbündel 
mit  sekundärem  Zuwachs  aufwiesen.  Sie 
waren  mit  übereinander  stehenden,  meist 
sechszähligen  Quirlen  keilförmiger  oder 
gabelig  geteilter  Blätter,  und  mit  ährenför- 
migen  Equisetum-ähnlichen  Blüten,  deren 
Sporophylle  ein  bis  vier  Sporangien  trugen, 
ausgestattet  (Fig.  492). 

Klasse  IV. 

Lycopodinae, 
Bärlappgewächse  ('  '"  ^^^-  ^^% 

Die  Lycopodinen  unterscheiden 
sich  durch  den  Habitus  ihrer  Sporo- 
phyten  und  ihre  Sporangienentwick- 
lung  scharf  von  den  übrigen  Pterido- 
phyten. 

Sie  waren  bereits  in  der  paläo- 
zoischen Periode  reich  vertreten  und 
umfaßten    auch   baumartige    Vertreter 


Pteridophyten.  453 

hauptsächlich  in  den  ausgestorbenen  Ordnungen  der  Sigillariaceae  und  Lepi- 
dodendraceae. 

Die  heute  noch  lebenden  zahlreichen  Arten  sind  sämtlich  krautige  Ge- 
wächse und  gehören  den  Gattungen  Lycopodium,  Selaginella,  Psilotum  und 
Tmesipteris,  Isoetes  an,  die  sich  auf  vier  Ordnungen  verteilen. 

Charakteristisch  für  die  Sporophyten  ist  die  gabelige  Verzweigung  ihrer 
Wurzeln  und  Stengel  (Fig.  144  u.  146),  ferner  die  einfache  Form  ihrer  Blätter. 
Die  beiden  erstgenannten  Gattungen  besitzen  gestreckte  Stengel  und  kleine 
Blättchen,  Isoetes  dagegen  gestauchte  knollige  Stengel  und  lange  pfriemliche 
Blätter.  Während  bei  Filicinen  und  Equisetinen  die  Sporophylle  stets  zahl- 
reiche Sporangien  erzeugen,  tragen  sie  hier  diese  Organe  stets  in  Einzahl  am 
Grunde  der  Blattoberseite  oder  in  der  Blattachsel.  Bei  manchen  Lycopodinen 
sind  die  Sporophylle  von  den  sterilen  Blättern  kaum  verschieden,  bei  den  meisten 
aber  anders  gestaltet  und  an  den  Sproßenden  zu  ährenförmigen  Sporophyll- 
ständen  oder  Blüten,  ähnlich  wie  bei  Equisetum,  vereinigt.  Die  Sporangien 
sind  im  Verhältnis  zu  den  Blättern  relativ  groß  und  besitzen  eine  derbe  mehr- 
schichtige Wand  ohne  Ring.  Die  innerste  Schicht  .der  Wandung,  die  Tapeten- 
scliicht,  wird  nicht  aufgelöst.  Daher  weist  auch  die  Membran  der  Sporen  kein 
ihr  aufgelagertes  Perispor  auf.  Der  Raum  zwischen  den  sich  entwickelnden 
Sporenzellen  ist  nur  mit  schleimiger,  ihre  Ernährung  vermittelnder  Flüssig- 
keit erfüllt.  Die  Sporangien  öffnen  sich  meist  mit  zwei  Klappen,  die  in  einer 
über  den  Scheitel  laufenden  Spalte  sich  voneinander  trennen.  Die  Spalten 
sind  durch  zwei  Reihen  dünn  bleibender  Zellen  vorgebildet.  Nur  bei  Isoetes 
werden  die  Sporen  durch  Verwesung  der  Sporangiumwand  frei.  Während  Lyco- 
podium und  Psilotum  isospor  sind,  treffen  wir  bei  Selaginella  und  Isoetes 
Heterosporie  an  und  zugleich  eine  weitgehende  Reduktion  und  sehr  eigenartige 
Ausbildung  der  Prothallien;  bei  Lycopodium  und  Psilotum  dagegen  sind  die 
Prothallien  wohl  entwickelt  und  zeigen  gewisse  Ähnlichkeiten  mit  denen  der 
Ophioglossaceen.  Man  kann  die  vereinfachten  Prothallien  der  Selaginellen  und 
Isoeten  mit  Jugendzuständen  der  Lycopodium-Prothallien  vergleichen,  die 
dann  keine  vegetative  Weiterentwicklung  erfahren  hätten,  sondern  frühzeitig 
zur  Gametenbildung  gelangt  wären. 

Lycopodiaceeji  und  Selaginellaceen  stehen  einander  näher  in  der  Gliederung  des 
Embryos,  der  sich  bei  beiden  durch  den  Besitz  eines  Embryoträgers  auszeichnet,  und  in 
der  primitiveren  Struktur  ihrer  nur  zwei  Zilien  tragenden  Spermien.  Die  hoetaceen  da- 
gegen zeichnen  sich  durch  trägerlosen  Embryo  und  ebenso  wie  die  Psilotaceen  durch  viel- 
zilige  Spermien  aus.  Danach  unterscheiden  wir  Lycopodinae  biciUatae  und  pluriciliatae. 
Schon  im  Karbon  waren  krautige  Lycopodinen  vorhanden,  die  Vorläufer  von  Lycopodium 
und  Selaginella,  während  Isoetes  erst  aus  der  unteren  Kreide  sicher  bekannt  ist,  die  Psilo- 
taceen reichen  bis  in  das  Devon  zurück. 

/.  Ordnung.  Lycopodiaceaei}'^'').  Die  zahlreichen  Arten  der  Gattung 
Lycopodium,  Bärlapp,  sind  Icrautige,  meist  erdbewohnende  Gewächse;  in  den  Tropen  gibt 
es  auch  viele  epiphytische  Formen  mit  schlaff  herabhängenden  Sproßbüscbeln.  Eine  der 
häufigsten  Arten  unserer  Flora  ist  Lycopodium  davatum  (Fig.  493).  Der  Stengel  dieser 
wie  auch  anderer  Arten  kriecht  weit  über  den  Boden  hin,  gabelt  sich  in  aufsteigende 
Äste  und  ist  dicht  mit  linealpfriemlichen  kleinen  Blättchen  besetzt.  Auf  der  Unterseite 
der  Stengel  entspringen  dichotom  verzweigte  Wurzeln.  Die  ährenförmigen  Blüten  stehen 
zu  zwei  oder  mehreren  an  den  Enden  von  aufrechten,  dichotom  verzweigten  Stengeln 
und  tragen  breit  schuppenförmige,  lang  zugespitzte  Sporophylle,  die  am  Grunde  ihrer 
Oberseite  je  ein  großes  nierenförmiges,  zweiklappig  aufspringendes  Sporangium  mit  zahl- 
reichen winzigen  Sporen  erzeugen  (Fig.  493  ä^).  Das  einheimische  Lycopodium  Selago 
weicht  in  seinem  Habitus  von  den  übrigen  Arten  ab;  seine  gegabelten  Stengel  stehen 
alle  aufrecht,  und  die  Sporophyllstände  sind  von  der  vegetativen  Eegion  der  Zweige  nicht 


454 


Schenck : 


Die  Sporangien  sind  isospor.  Da  die  Sporen  bis  zu  ihrer  Reife  in  Tetraden 
verbunden  bleiben,  behalten  sie  ihre  kugeltetraedrische  Gestalt  bei.  Ihr  Exospor  ist 
mit  netzförmigen  Verdickungsleisten  versehen  oder  mit  rundlichen  Grübchen  getüpfelt 
(Fig.  493/,  K). 

Während  die  Sporophyten  der  Lycopodien  im  wesentlichen  übereinstimmenden  Bau 
aufweisen,  zeigen  dagegen  die  aus  den  Sporen  hervorgehenden  Prothallien  bemerkens- 
werte Verschiedenheiten.  Bei  L.  clavatum  (Fig.  493.^4,  B)  und  dem  nahe  verwandten  L. 
annotinum  stellen  sie  unterirdische,  saprophytisch  lebende,  weißliche  KnöUchen  dar,  die 
anfangs  kreiseiförmig  gestaltet,  später  durch  Auswachsen  der  Randpartien  zu  vielgestaltigen, 
becherförmigen,  wulstig  gelappten,  bis  etwa  2  cm  großen  Gewebekörpern  werden,  die  mit 
langen,  der  Wasseraufnahme  dienenden  Haaren  oder  Rhizoiden  besetzt  sind  und  auf  ihrer 
oberen  Fläche  zahlreiche  Antheridien  und  Archegonien  tragen.     Die  Sporen   keimen   erst 


Fig.  493.  Lycopodium  clavatum.  A  Älteres  Prothallium.  B  Prothallium  mit  junger 
Pflanze.  C  Äntheridium.  noch  geschlossen,  Längsschnitt.  D  Spermien.  E  Jüngeres,  noch 
geschlossenes,  /^  befruchtungsreifes  geöffnetes  Archegonium.  G  Sporangientragende  Pflanze. 
Va  nat.  Gr.  H  Ein  Sporophyll  mit  aufgesprungenem  Sporangium.  /  und  K  Sporen  in 
zwei  Ansichten.  L  Junge  unterirdische  chlorophyllfreie  Keimpflanze,  mit  Fußy,  Wurzel  w 
und  Schuppenblättern  b.     Vergr.  10.     A — F,  L  nach  Bruchmann. 


nach  6 — 7  Jahren  und  liefern  auf  Kosten  ihrer  Reservestoffe  zunächst  einen  fünfzelligen 
Keimling,  der  nach  einer  Ruhezeit  erst  dann  sich  weiterentwickelt,  wenn  Pilzfäden  in 
seine  unteren  Zellen  eintreten  (Fig.  494  A,  B).  Die  endophytischen  Pilzfäden  bewohnen 
auch  in  älteren  Prothallien  nur  die  peripheren  Gewebe,  zum  Teil  treten  sie  aber  wieder 
ins  Freie  aus  den  als  Durchlaßzellen  dienenden  Fußzellen  der  Wurzelhaare  und  um- 
spinnen diese  (I25a).  Nach  12—15  Jahren  tritt  erst  die  Geschlechtsreife  ein,  und  die  ge- 
samte Lebensdauer  der  Prothallien  mag  etwa  20  Jahre  betragen.  Bei  L.  complanatum 
(Fig.  494  C)  sind  diese  Gewebekörper  rübenförmige,  bei  Z.  Selago  an  der  Basis  kegel- 
förmige,   dann    zylindrische    dorsiventrale  Knöllchen,  die    bei    letzterer   Art   auch   an    der 


Pteridophyten. 


455 


Oberfläche  des  Erdbodens  sich  entwickeln  können  und  dann  ergrünen.  Anders  dagegen 
verhält  sich  das  auf  feuchtem  Torfboden  lebende  kleine  L.  inundahim  unserer  Flora  und 
das  tropische  mit  aufrechten,  reichverzweigten  Sprossen  versehene  L.  cermaim,  deren  Pro- 
thallien  kleine,  im  Boden  steckende  und  mit  Rhizo'iden  befestigte  chlorophyllarme  Gewebe- 
körper vorstellen,  die  am  oberen  Ende  grüne,  oberirdische  Thalluslappen  entsenden.  Die 
Archegonien  entspringen  am  Grunde  dieser  Thalluslappen,  die  Antheridien  auch  auf  den 
Lappen  selbst.  Alle  Lycopodiumprothallien  enthalten  in  ihren  peripheren  Geweben  endo- 
phytische  Pilzfäden  nach  Art  der  Mykorrhizen. 

Die  Prothallien  sind  sämtlich  monözisch.     Die  Antheridien  (Fig.  493  C)  sind  in 
das    Gewebe    etwas    eingesenkt    und    umschließen    zahlreiche    Spermienzellen;   jede    Zelle 


Fig.  494.  Lycopodium  annotinum.  A  Fünfzelliger 
farbloser  Sporenkeimling,  mit  Rhizoidzelle  /-,  Basal- 
zelle b,  Scheitelzelle  s,  Sporenhaut  sp.  Vergr.  580. 
B  Junger  Keimling,  in  dessen  unteren  Zellen  der 
endophytische  Pilz  p  wohnt.  Die  Scheitelzelle  in 
drei  Scheitelmeristemzellen  geteilt.  Vergr.  470. 
—  Lyc.  complanatum.  C  Reifes  Prothallium  mit 
Antheridien  an.  Archegonien  ar,  -t  junger  Embryo. 
Vergr.  26.     Nach  Bruchmann. 


Fig.  495.  Lycopodium  complanatum. 
Embryoentwicklung.  A  Embryo  mit 
den  ersten  Teilungen;  dieBasalwand/ 
teilt  die  Anlage  des  Embryoträgers  «t 
von  der  Anlage  des  Embryokörpers  ab, 
die  Transversal  wände  //  und  ///(letz- 
tere in  der  Ebene  des  Schnittes)  so- 
yi\e  die  Querwand  /^liefern  zwei  vier- 
zellige  Stockwerke,  von  denen  das 
zwischen  /  und  IV  gelegene  den  Fuß 
liefert,  das  unterste  den  Sproßteil. 
Vergr.  112.  B  Mittleres  Stadium, 
s  Stammscheitel,  b  Blattanlage, /Fuß. 
Vergr.  112.  C  Embryo  kurz  vor  dem 
Herauswachsen  aus  dem  Prothallium. 
bb  die  beiden  ersten,  den  Stammscheitel 
bedeckenden  Blätter,  7v  die  erste 
Wurzel.  Vergr.  40.  Nach  Brüchmann. 


entläßt  ein  ovales,  unter  seiner  Spitze  zwei  Zilien  tragendes  Spermium  (Fig.  493  D).  Die 
Archegonien  (Fig.  493  i?, /')  sind  ähnlich  wie  bei  den  Farnen  beschaffen,  an  ihrem 
Halsteil  gehen  die  obersten  Zellen  beim  Öffnen  zugrunde.  Die  Zahl  der  Halskanalzellen 
ist  bei  den  einzelnen  Arten  verschieden  (1,  3  bis  5,  oder  6  bis  10,  sogar  bis  20). 

Der  Embryo  bleibt  während  seiner  Entwicklung  (Fig.  495)  im  Prothallium  ein- 
geschlossen. Er  besitzt  einen  kugeligen,  bei  /.  complafiatmn  keulenförmigen  und  warzigen 
Fuß  als  Saugorgan  für  die  Keimpflanze;  unter  dem  Fuße  differenziert  sich  die  Anlage 
des  Sprosses,  dessen  erste  Blätter  schuppenartig  sind  und  aus  dessen  basalem  Teile  die 
erste    Wurzel    hervorkommt.      Zwischen    Sproß    und  Fuß    befindet    sich    der  Embryoträger 


456 


Schenck: 


oder  Suspensor,  ein  Gebilde,    das   als  anfängliches  Saug-   und  Ernährungsorgan    des  Em- 
bryos dient. 

Offiziuell  sind  die  Sporen  von  Lycopodium  clavatum  und  anderen  Arten 
(Lycopodium,   Pharm,  germ.,  austr.,  helv,).      Sie  werden  als  Hexenmehl 
bezeichnet. 

2.  Ordnung,  Selaginellaceae{}-%  Die  Gat- 
tung Selaginella  ist  bei  uns  nur  durch  wenige,  in  den  Tropen 
dagegen  durch  zahlreiche  Formen  vertreten.  Diese  besitzen  teils 
niederliegende,  teils  aufrechte,  reich  gabelig,  mit  sympodialer 
Ausbildung  verzweigte  Stengel;  einige  sind  rasenbildend,  andere 
klettern  sogar  mit  mehrere  Meter  langem  Stengel  im  Gesträuch 
empor.  Gewisse  xerophile  Arten  (.S.  lepidophylla  im  tropischen 
Amerika  u.  a.)  können  monatelang,  ja  mehrere  Jahre  lang  Trocken- 
heit ertragen,  wobei  sie  ihre  rosettig  angeordneten  Sprosse  mittels 
Kohäsionsmechanismus  zusammenschließen ;  bei  Eintritt  von  Regen 
breiten  sie  sich  wieder  aus  (*-').  Im  allgemeinen  haben  die  Sela- 
ginellen  ähnlichen  Habitus  wie  die  Lycopodien.  Der  Stengel  ist 
mit  kleinen,  schraubig  oder  dekussiert  in  vier  Zeilen  stehenden, 
schuppenartigen  Blättchen,  und  zwar  meist  in  dorsiventraler  Aus- 
bildung besetzt,  so  bei  der  in  den  Alpen  heimischen  Selaginella 
Helvetica  (Fig.  496),  deren  Stengel  zwei  Reiben  kleiner,  sog.  Ober- 
blätter und  zwei  Reihen  diesen  gegenüberstehender  größerer  Unter- 
blätter trägt  (vgl.  auch  Fig.  141).  Eigentümlich  ist  den  Sela- 
ginellen,  daß  ihre  Wurzeln  nicht  unmittelbar  dem  beblätterten 
Stengel,  sondern  zu  je  einer  oder  mehreren  an  den  Enden  von 
kürzeren  oder  längeren,  verzweigten  oder  unverzweigten  Wur- 
zel träger  n  (^-®)  endogen  entspringen.  Diese  sind  zylindrische, 
blattlose  nach  unten  wachsende,  wurzelähnliche  Sprosse,  eigen- 
artige Organe,  die  paarweise  stets  an  Gabelungsstellen  der  Stengel, 
gekreuzt  mit  dessen  Gabelästen  exogen  entstehen;  sie  sind  be- 
fähigt, zu  beblätterten  Sprossen  weiterzuwachsen,  wenn  die  nor- 
malen Sprosse  zurückgeschnitten  werden.  Schon  an  dem  Keim- 
ling entstehen  ganz  kurze  Wurzelträger,   aus  deren  Spitzen  die 


Fig.  496.  A  Selaginella 
helvetica.  Nat.  Gr.  Nach 
der  Natur.  B  S.  Kraus- 
siana, Keimpflänzchen 
mit  der  Makrospore. 
Vgr.     Nach  Bischoff. 


Fig.  497.  Selaginella  helvetica. 
A  Makrosporangium  von  oben  mit 
Dehiszenzlinie  d.  B  Geöffnet  von 
der  Seite,  die  vier  Makrosporen  C 
ausgeschleudert.  D  Mikrosporan- 
gium  in  der  Achsel  des  Schuppen- 
blattes von  innen.  E  Geöffnet, 
i'  Mikrosporen.    Vergr.  ca.  15. 


Fig.  498.  A—E  Selaginella  stolonifera.  Vergr.  640. 
Keimung  der  Mikrosporen.  aufeinander  folgende  Sta- 
dien, p  Prothalliumzelle,  als  Rhizo'idzelle  aufzufassen, 
w  Antheridiumwandzellen,  s  spermatogene  Zellen,  A, 
B,  D  von  der  Seite,  C  vom  Rücken.  In  E  die  Pro- 
thalliumzelle nicht  sichtbar,  die  Wandzellen,  auf- 
gelöst, umgeben  die  Spermienzellen.  F  Sei.  cuspidata. 
Spermien.     Vergr.  780.     Nach  Belajeff. 


Pteridophyten. 


457 


erfiten  Wurzeln  endogen  sich  bilden.  Die  Blätter  der  Selaginellen  sind  ausgezeichnet 
durch  eine  am  Grunde  der  Blattoberseite  entspringende  kleine  häutige  Ligula,  die  als 
Organ  der  Wasseraufnahme  ein  sehr  rasches  Aufsaugen  von  Regentropfen  durch  die  be- 
blätterten Sprosse  vermittelt  (1-9).  Die  epidermalen  Assimilationszellen  der  Blätter  führen 
bei  manchen  Arten,  ähnlich  wie  bei  Antho- 
ceros,  nur  je  einen  großen  muldenförmigen 
Chloroplasten  (t29a). 


A  B 

Fig.  499.     Selaginella  Martensii.     A   Aufgesprungene  Makrospore    von   oben.     Prothallium 

mit  drei  ßhizoidhöckern  und   mehreren  Archegonien.     Vergr.  112.     B  Längsschnitt,    zwei 

Archegonien  mit  sich  entwickelnden  Embryonen.     Vergr.  112.     Nach  Bruchmann. 


Die  endständigen  Sporophyllstände  oder  Blüten  sind  einfach  oder  verzweigt, 
vierkantig  radiär,  seltener  dorsiventral.  Jedes  Sporophyll  trägt  nur  e  i  n  über  der  Blatt- 
achsel aus  dem  Stengel  entspringendes  Sporangium.  In  ein  und  derselben  Blüte  treten 
sowohl  Makro-  als  auch  Mikrosporangien  auf.  In  den  ersteren  (Fig.  497  A—C)  gehen 
die  angelegten  Sporenmutterzellen  alle 
zugrunde  bis  auf  eine,  welche  die  vier 
großen,  paarweise  gekreuzten  und  die 
Sporangienwand  buckelig  vorwölbenden 
Sporen  liefert.  Das  durch  einen  Kohäsions- 
mechanismus  erfolgende  Aufspringen  voll- 
zieht sich  auf  vorbezeichneter  Dehiszenz- 
linie  mit  zwei  auf  einem  basalen,  kahn- 
förmigen  Teile  stehenden,  sich  zurück- 
krümmenden Klappen;  durch  den  Druck 
des  sich  verengenden  Kahnteils  werden 
die  Sporen  dann  herausgeschleudert.  In 
den  flachen  Mikrosporangien  sind  zahl- 
reiche kleine  Sporen  vorhanden.  Die 
Öffnung  geschieht  hier  in  ähnlicher  Weise, 
nur  ist  der  kahnförmige  Teil  viel  kürzer, 
die  Klappen   reichen   fast  bis  zur  Basis. 

Die  Mikrosporen  beginnen  ihre 
Weiterentwicklung  schon  innerhalb  des 
Sporangiums.  Die  Sporenzelle  teilt  sich 
zunächst  in  eine  kleine  linsenförmige,  der 
Rhizo'idzelle  von   Salvinia  entsprechende 

Zelle,  und  in  eine  große  Zelle,  die  nacheinander  in  acht  sterile  Prothallien-  oder  Wand- 
zellen und  zwei  oder  vier  zentrale  spermatogene  Zellen  zerlegt  wird  (Fig.  498  A).  Durch 
weitere  Teilung  der  letzteren  Zellen,  die  ein  einziges  Antheridium  vorstellen,  entstehen 
die  sich  abrundenden  Spermienmutterzellen  in  größerer  Anzahl  (ß—D).  Die  Wandzellen 
lösen  alsdann  ihre  Wände  auf  und  werden  zu  einer  Schleimschicht,  in  welcher  die  zentrale 


Fig.  500.  Selaginella  Martensii.  Embryo  vor 
dem  Hervorbrechen  aus  dem  Prothallium  im 
Längsschnitt.  /Fuß,  t.-^  Wurzelträger,  <•/ Embryo- 
träger, k  Keimblätter  mit  Ligula.  Vergr.  150. 
Nach  Bruchmänx. 


458  Schenck : 

Masse  der  Spermienzellen  eingebettet  liegt  {E).  Die  kleine  Prothalliumzelle  (/)  bleibt 
hingegen  erhaltep.  Das  ganze  männliche  Prothallium  ist  bis  zu  diesem  Stadium  von  der 
Mikrosporenhaut  noch  umschlossen;  schließlich  bricht  diese  auf  und  die  Spermienzellen 
werden  frei,  um  die  keulenförmigen,  an  der  Spitze  mit  zwei  langen  Zilien  versehenen 
Samenfäden  zu  entlassen. 

Auch  die  Makrosporen  beginnen,  allerdings  nicht  bei  allen  Arten,  ihre  Weiter- 
entwicklung schon,  wenn  sie  noch  im  Sporangium  eingeschlossen  liegen.  Der  Zellkern 
teilt  sich  in  Tochterkerne,  die  in  dem  Wandplasma  am  Scheitel  sich  verteilen,  und  nun 
erfolgt  hier  die  Ausbildung  von  Zellwänden.  So  wird  vom  Scheitel  bis  zur  Basis  fort- 
schreitend die  Spore  mit  großen  Prothalliumzellen  angefüllt;  zugleich  beginnt  aber  auch 
in  derselben  Richtung  die  weitere  Teilung  dieser  Zellen  in  kleinzelliges  Gewebe.  Bei 
einigen  Arten  wird  zunächst  nur  am  Scheitel  eine  kleinzellige  Scheibe  von  Zellen  angelegt, 
die  durch  verdickte  getüpfelte  Innenwände  (Diaphragma)  sich  von  der  großen  unteren 
Zelle  abgrenzen,  und  diese  teilt  sich  erst  später  in  großzelliges  Gewebe.  In  dem  klein- 
zelligen Gewebe  am  Scheitel  werden  einige  wenige  Archegonien  angelegt,  und  zwar  manch- 
mal bereits,  wenn  die  Spore  noch  nicht  vom  Prothalliumgewebe  ganz  ausgefüllt  ist.  Meist 
werden  die  Archegonien  erst  gebildet,  wenn  die  Sporen  aus  dem  Sporangium  entleert  sind; 
öfters  findet  aber  die  Befruchtung  auch  noch  auf  der  Mutterpflanze  statt. 

Die  Sporen  wand  springt  am  Scheitel  in  den  drei  Sporenkanten  auf;  das  kleinzellige 
farblose  Prothallium  tritt  etwas  hervor  und  bildet  auch  einige  RhizoTden  auf  drei  Gewebe- 
höckern, die  zum  Sprengen  und  Aufsperren  der  Wand  wie  zum  Festhalten  von  Wasser 
dienen.  Es  erfolgt  dann  die  Befruchtung  von  einem  oder  wenigen  Archegonien  und  die 
direkte  Weiterentwicklung  der  befruchteten  Eizellen  zum  Embryo  (Fig.  499). 

Die  Entwicklung  des  Embryos,  an  dem  wir  den  ein-  oder  mehrzelligen  Embryo- 
träger, den  Sproß  Vegetationskegel  mit  den  ersten  Blattanlagen,  die  ersten  Wurzelträger 
und  den  Fuß  unterscheiden,  verläuft  in  auffallend  verschiedener  Weise  innerhalb  der 
Galtung.  Die  befruchtete  Eizelle  teilt  sich  zunächst  quer;  aus  der  oberen,  hypobasalen 
Zelle  geht  bei  .S".  Martemü  und  Verwandten  der  Embryoträger  allein  hervor,  aus  der 
unteren,  epibasalen  Zelle  dagegen  der  Hauptkörper  des  Embryos  (Fig.  500);  bei  S.  denti- 
culata,  helvetica  und  den  meisten  anderen  Arten  aber  liefert  die  obere  Zelle  außer  dem 
Embryoträger  auch  noch  den  Fuß  und  Wurzelträger.  Der  Sproßscheitel  mit  dem  ersten 
Blattpaar  wächst  nach  oben,  die  Wurzel  abwärts;  die  junge  Keimpflanze  bleibt  mit  ihrem 
Fuß  in  dem  Prothalliumgewebe  der  Makrospore  stecken  (Fig.  496 i?).  Bei  einigen  Arten 
{S.  rubricaulis,  spinulosa,  helvetica)  bleiben  die  Archegonien  geschlossen,  und  die  Eizelle 
entwickelt  sich  parthenogenetisch  zum  Embryo.  Bei  S.  Kraussiana  und  Verwandten  ist 
der  Embryoträger  nach  Bruchmänn  rückgebildet,  aber  in  seiner  Funktion  ersetzt  durch 
einen  eigenartigen  Embryoschlauch,  der  aus  der  Membran  der  Eimutterzelle  hervorgehen 
soll;  in  diesem  soll  sich  die  Anlage  des  Embryos  abgrenzen  und  dann  in  das  Nährgewebe 
hinabwandern. 

3.  Ordnung.  Psilotaceaei^^^).  Von  jetzt  lebenden  Formen  gehören  zu 
dieser  anscheinend  sehr  primitiven  Ordnung  nur  Psilotum  mit  zwei  tropischen  Arten  und 
Tmesipteris  mit  einer  australischen  Art.  Bemerkenswert  ist  das  gänzliche  Fehlen  von 
Wurzeln.  Die  gabelig  verzweigten  Sprosse  tragen  in  schraubiger  Anordnung  kleine  einfache 
Blätter  und  in  ihren  oberen  Teilen  die  Sporophylle,  die  stets  tief  gegabelt  sind  und  auf 
ihrer  Innenseite  am  Grunde  je  ein  derbwandiges  zwei-  oder  drei  fächeriges  Sporangium 
besitzen. 

Die  in  neuerer  Zeit  erst  bekannt  gewordenen  Prothallien  beider  Gattungen  sind  im 
Substrat  verborgene,  zylindrische,  verzweigte,  farblose,  von  einem  Phykomycetenmyzel 
nach  Art  der  Mykorrhizen  durchzogene,  nur  einige  Millimeter  große  Thalli,  die  auf  ihrer 
Oberfläche  zahlreiche  Antheridien  und  Archegonien  entwickeln.  Die  Spermien  haben 
zahlreiche  Zilien. 

Die  im  Devon  vertretenen  Rhyniaceen  scheinen  zu  den  Anfangsformen  der  Psilo- 
taceen  zu  gehören  und  sind  insofern  besonders  bemerkenswert,  als  ihr  wurzelloser,  gabelig 
verzweigter  Stengel  noch  keine  blattartigen  Ausgliederungen  zeigte,  äußerlich  also  noch 
einem  Algenthallus  glich,  und  an  seinen  Enden  Sporangien  trug,  die  bei  Horttea  eine 
Columella,  ähnlich  wie  die  Laubmoossporogone,  aufwiesen  (I30a) 

4'  Ordnung,  Isoetaceaei^^),  Hierher  gehört  nur  die  Gattung  Isoetes, 
Brachsenkraut,  (Fig.  501),  die  als  selbständiger  Zweig  der  in  früheren  Erdperioden  viel 
formenreicheren   Klasse   anzusehen   ist.     Die  Isoetes-Arten  sind  teils  untergetauchte,   teils 


Pteridophyten. 


459 


auf  feuchtem  Boden  lebende,  perennierende  Kräuter  mit  knolliger,  gestauchter,  selten 
dichotom  gegabelter  Achse,  die  nach  unten  ein  Büschel  von  dichotom  verzweigten  Wurzeln, 
nach  oben  eine  dichte  Rosette  von  langen  pfriemförmigen,  von  vier  Luftkanälen  durch- 
zogenen Blättern  trägt.  Die  Stammknolle  zeichnet  sich  aus  durch  sekundäres  Dicken- 
wachstura  mittels  eines  Kambiums,  das  nach  außen  Rinde, 
nach  innen  Tracheiden  und  aus  Prismenzellen  bestehendes 
Parenchym,  das  das  hier  fehlende  Phloöm  vertritt,  ab- 
scheidet. Die  Blätter  verbreitern  sich  am  Grunde  zu 
einer  breiten  Scheide  und  sind  an  der  Innenseite  über 


Fig.  501.     Isoi'tes  lacustris. 
''o  nat.  Gr. 


Fig.  502.  A—F  Isoetes  setacea.  Vergr.  640.  A  Mikro- 
spore  von  der  Seite.  B — D  Teilung  der  Spore,  /  Pro- 
thalliumzelle, m  die  vier  Wandzellen,  5  spermatogene 
Zellen.  £  Die  Wandzellen  aufgelöst,  umgeben  die  vier 
Spermienzellen,  Flächenansicht.  F  Desgleichen,  Seiten- 
ansicht. G  Isoetes  Malinverniana,  Spermium.  Vergr.  780. 
Nach  Belajeff. 


ihrer  Basis  mit  einer  länglichen  grubenartigen  Vertiefung,  der  Fovea,  versehen.  Die 
Sporophylle  tragen  im  Grunde  der  Fovea  je  ein  Sporangium;  im  übrigen  gleichen  sie  den 
Ijaubblättern,  die  den  innersten  Teil  der  Rosette  einnehmen.  Über  der  Fovea  ist  die 
Ligula,  die  hier  als  schleimbildendes  Organ  dient,  als  dreieckiges  Häutchen  mit  einge- 
senkter Basis  eingefügt.  Im  Habitus  weicht  also  Isoetes  von  den  übrigen  Ordnungen  be- 
deutend ab,  mit  Selaginella  ist  ihr  die  Ligula  gemeinsam;  daher  werden  auch  Isoetes  und 

Selaginella  als  Ligulatae  bezeichnet,  zu 
®    i~>^  denen    auch    die    fossilen    Sigillariaceen 

und  Lepidodendracoen  gehören. 


Fig.  503.  Isoetes  echinospora.  A  Weibliches 
Prothallium  mit  Archegonium  ar,  Eizelle  o. 
B,  C  Entwicklung  des  Archegoniums  aus 
einer  oberflächlichen  Zelle,  k  Halszellen, 
/li-  Halskanalzelle,  d  Bauchkanalzelle,  o  Ei- 
zelle.    Vergr.  250.     Nach  Campbell. 


Fig.  504.  Isoetes  echinospora.  Embryo  vor 
dem  Herauswachsen  aus  dem  Prothallium; 
Längsschnitt.  cot  Keimblatt,  /  Ligula, 
7'  Scheide  an  der  Basis  des  Keimblattes,  in 
dessen  Achsel  der  Stammscheitel  sich  bildet, 
Tc  Wurzel,/ Fuß.  Vergr.200.  Nach  Campbell. 


Die  Makros  porangien,  die  hier  im  Unterschied  zu  Selaginella  noch  zahlreiche 
Makrosporen  ausbilden,  sitzen  an  den  äußeren  Blättern  der  Rosette,  die  ihnen  ähnlichen 
Mikrosporangien    an  den  auf  diesen    folgenden  Blättern.     Beide  sind  hier  von  quer- 


460 


Schenck : 


verlaufenden    sterilen    Gewebesträngen,    Trabeculae    genannt,    durchsetzt    und    unvoll- 
ständig gefächert.     Die  Sporen  werden  erst  durch  Verwesung  der  Behälter  frei. 

Die  Entwicklung  der  geschlechtlichen  Generation  geschieht  in  ähnlicher  Weise  wie 
bei  Selaginella.  Das  reduzierte  männliche  Prothallium  entwickelt  sich  bereits  in 
der  Spore  (Fig.  502).  Auch  hier  wird  die  Sporenzelle  in  eine  kleine  linsenförmige  Pro- 
thalliumzelle [p)  und  eine  größere,  die  Anlage  eines  einzigen  Antheridiums,  zerlegt.  Die 
große  Zelle  teilt  sich  weiter  in  vier  sterile  Wandzellen  (w),  welche  allseitig  zwei  zentrale 
spermatogene  Zellen  umschließen.  Aus  beiden  entstehen  je  zwei  Spermienzellen  (^),  im 
ganzen  also  vier,  die  nach  dem  Auflösen  der  Wandzellen  und  Aufplatzen  der  Sporenhülle 
nach  außen  gelangen;  eine  jede  entläßt  nun  ihren  schraubig  gewundenen  und  am  vorderen 
Ende  mit  einem  Zilienbüschel  besetzten  Samenfaden  (G). 


Fig.  .505.  /  Lepidodendron,  Rekonstruktion,  entworfen  von  Potoxie.  2  L.  aculeatum. 
Schaftstück,  Hohldruck  nach  Sternberg.  3  und  4  Lepidodendron,  Blattpolster,  nach 
PoTONiE.      5    Rindenstück,    nach    Seward.     Aus    Lotsy,    Botanische    Stammesgeschichte. 


Wie  bei  Selaginella  bleibt  auch  hier  das  einfach  gebaute  weibliche  Prothallium 
(Fig.  503)  in  der  Makrospore  eingeschlossen  und  ist  nicht  zu  selbständigem  Wachstum 
befähigt.  In  seiner  Bildung  zeigt  es  wie  bei  Selaginella  Annäherung  an  die  Koniferen, 
indem  zunächst  der  Kern  der  Makrospore  in  zahlreiche,  freie,  wandständige  Tochterkerne 
sich  teilt,  bevor  die  Zellwände,  vom  Scheitel  der  Spore  zur  Basis  längs  der  Wandung  fort- 
schreitend, angelegt  werden.  Die  ganze  Spore  wird  so  mit  einem  Prothallium  gefüllt,  an 
dessen  Scheitel  einige  wenige  Archegonien  zur  Entwicklung  kommen.  Der  Embryo 
(Fig.  504)  besitzt  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Lycopodinen  keinen  Embryoträger. 

5,  Ordnung.  Sigillariaceaei}^'^),  Die  Siegelbäume  sind  vom  Kulm  ab 
nachgewiesen,    waren    im    Karbon    am    artenreichsten    und   scheinen   im  Rotliegenden  aus- 


Pteridopbyten. 


461 


gestorben  zu  sein.  Sie  waren  stattliche  Gewächse  mit  mächtigen,  in  die  Dieke  wachsenden, 
säulenförmigen,  einfachen  oder  nur  wenig  gegabelten  Stämmen,  oben  mit  langen  pfriem- 
lichen,  einfachen,  oberseits  am  Grunde  mit  Ligula  versehenen  Blättern  besetzt  und  am 
Schafte  bedeckt  mit  den  Längszeilen  sechseckiger  Blattnarben,  mit  stammbürtigen,  lang- 
gestielten, zapfenförmigen  Blüten,  deren  Sporangien  in  Einzahl  auf  jedem  Sporophyll  ge- 
bildet wurden  und  heterospor  waren. 

6.  Ordnung.  Lepidodendraceae^^^'-  ^^^).  Die  Schuppenbäume,  vom 
Oberdevon  bis  in  das  Rotliegende,  besonders  aber  im  Karbon  verbreitet,  waren  ebenfalls 
baumartige  bis  etwa  30  m  hohe  Pflanzen,  aber  mit  dichotom  verzweigten,  rhombisch  ge- 
felderten,  in  die  Dicke  wachsenden  Stämmen,  an  denen  oben  die  meist  schraubig  an- 
geordneten, schmalen,  bis  15  cm  langen,  mit  Ligula  versehenen  Blätter  auf  rhombischen 
Blattkissen  saßen  (Fig.  505).  Die  zapfenförmigen  Blüten  {Lepidostrohus,  Fig.  506)  entsprangen 
endständig  oder  am  Stamme  selbst  und  enthielten  Makro-  und  Mikrosporangien,  je  eins 
auf  jedem  Sporophyll.  Die  Zahl  der  Sporen  im  Makrosporangium  war  eine  größere  als 
bei  Selaginella.  In  der  Makrospore  entwickelte  sich  ein  Prothallium  von  ähnlichem  Bau 
wie  bei  dieser  Gattung. 


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Fig.  506.  Lepidostrobus  Veltheimianus.  /  Mikrosporangien,  Querschliff,  rechts  Tetraden 
von  Mikrosporen.  2  Sporangienstand,  Längsschliff,  oben  mit  Mikro-,  unten  mit  Makro- 
sporangien.  3  Makrosporangien,  Querschliff.  4  Makrospore  im  Längsschliff.  5  Makro- 
spore, wahrscheinlich  infolge  der  Keimung  aufgesprungen.  / — 5  nach  Scott,  Kidston, 
BiNNEY.     Aus  LoTSY,  Bot.  Stammesgeschichte. 

Von  hohem  Interesse  ist  die  Auffindung  samenähnlicher  Gebilde  bei  einigen 
paläozoischen  Lycopodinen  (Lepidocarpon,  MiadesmiaJ,  die  daher  auch  als  Lepidospermeae 
von  den  übrigen  Ordnungen  abgesondert  werden  können.  Das  Makrosporangium  war  bei 
ihnen  bis  auf  eine  enge  Furche  von  einem  Integument  umhüllt  und  zum  Teil  auch  von 
dem  Sporophyll  bedeckt.  Nur  eine  einzige  Makrospore  kam  in  ihm  zur  Entwicklung ; 
das  Prothallium  blieb  wie  bei  Isoetes  in  der  Spore  eingeschlossen.  Die  Mikrosporen 
wurden  in  Lepidostrobus- ähnlichen  Blüten  erzeugt.  Wahrscheinlich  gelangten  die  aus- 
stäubenden Mikrosporen  zu  den  Makrosporangien  bereits  auf  der  Mutterpflanze,  von  der 
sich  später  die  Makrosporophylle  samt  ihren  Sporangien  loslösten. 


Klasse  V. 

Pteridospermeae.     Samenfarne  (^^-'  ^^'). 

Soweit  unsere  Kenntnisse  reicluni,  stellen  die  Equisetmae  und  SpJieiw- 
phyllinae  Seitenzweige  des  Pteridophytenstanimes  dar,  die  keine  Weiterent- 


462 


Schenck : 


Fig.  507.    Lyginodendron.    Wedel  (Sphenopteris  Hoeninghausii).  Verkl.  ^s-  Nach  Potonie 


Fig.  508.     Lyginodendron  oldhamium.     Stammquerschliff.     Vergr.  2^1^.     Nach  Scott 


Pteridophyten. 


463 


Wicklung  zu  höheren  Pflanzen  erfuhren.  Aus  den  Lycopodinen  aber  scheinen 
die  Koniferen  sich  entwickelt  zu  haben,  während  aus  den  Filicinae  bereits  im 
Paläozoicum  die  ersten  Samenpflanzen,  die  Ptcridospenneae  [Cycadojüices) 
hervorgegangen  sind,  die,  auf  einer  höheren  Stufe  der  Organisation  als  sämtliche 
übrigen  Pteridophyten  stehend,  ein  verbindendes  Glied  zwischen  den  Farn- 
kräutern einerseits  und  den  Cycadeen  andererseits  vorstellen.  Sie  sind  bereits 
im  Perm  wieder  ausgestorben. 

In  ihren  stattlichen  vegetativen  Organen  trugen  sie  den  Charakter  von  eusporangiaten 
Farnen,  im  besonderen  von  Marattiaceen.  zur  Schau.  Ihre  Wedel  {Sphenoptens  Fig.  507, 
Neuropteris)  waren  reich  gefiedert,  der  Blattstiel  über  der  Basis  gegabelt.  Die  axillär 
verzweigten  Stämme  {Lyginodejidroti)  zeichneten  sich  durch  sekundäres  Dickenwachstum 
mittels  eines  Kambiums  aus,  das  nach 
innen  im  Umkreis  des  großen  zentralen 
Marks  einen  aus  radial  gereihten  Ele- 
menten bestehenden  Holzkörper,  nach 
außen  eine  Phloemzone  abschied  (Fig.  508). 
In  der  Rinde  verliefen  Blattspurbündel, 
die  den  Holzkörper  durchsetzten  und  an 
die  primären  Gefäßstränge  in  der  Mark- 
peripherie anschlössen.  Auch  die  Wurzeln 
wurden  sekundär  verdickt. 

Die  Samenfarne  waren  heterospor. 
Ihre  Sporangien  entsprangen  an  Wedeln, 
die  kaum  von  gewöhnlichen  Farnwedeln 
verschieden  waren.  Mikrosporangien  sind 
noch  nicht  bekannt;  die  als  Crossotheca 
bezeichneten  und  hierher  gerechneten 
Sporangien  scheinen  nicht  zu  Lygino- 
dendron  zu  gehören.  Die  Makrosporan- 
gien  {Lagenostoma ,  Fig.  509),  bis  zur 
Anheftungsstelle  an   der  Basis   frei,    mit 

einem  Integument  versehen,  waren  von  einer  Cupula  umhüllt  und  hatten  ähnlichen 
Bau  wie  die  Samenanlagen  der  Cycadeen;  die  Makrosporophylle  waren  aber 
noch  nicht  wie  bei  diesen  zu  zapfenartigen  Blüten  angeordnet. 


Fig.  509.    Lyginodendron  oldhamium.    Makro- 

sporangium  (Lagenostoma).    Die  offene  Cupula 

mit  gestielten  Drüsen   besetzt,    Rekonstruktion. 

Nach  Scott. 


464 


Karsten : 


Zweite  Abteilung. 
Spermatophyta  oder  Samenpflanzen. 

Übergang  von  den  Farnpflanzen  zu  den  Samenpflanzen(i). 

Der  scharf  ausgeprägte  Generationswechsel  ist  eines  der  wesentlichen  Merk- 
male der  Pteridophyten:  Aus  der  Spore  entsteht  der  selbständig  lebende 
haploide  Gametophyt,  das  meist  nur  kurzlebige  Prothallium,  aus  dessen  be- 
fruchteter Eizelle  der  ebenso  selbständige  diploide  Sporophyt,  das  Farnkraut, 
der  Schachtelhalm  oder  Bärlapp  hervorgeht.  Das  Auftreten  der  Heterosporie 
führte  zu  weiterer  Reduktion  der  Prothalliumpflanze,  welche  damit  der  Auf- 
gabe, beiderlei  Sexualorgane  hervorzubringen,  überhoben  ward  und  nur  ver- 
minderter Ausbildung  bedurfte.  So  hatte  das  männliche  Prothallium,  in  der 
Mikrospore  entwickelt,  nur  noch  Antheridien  zu  bilden,  welche  die  Spermien 
lieferten;  daneben  blieb  ledigHch  eine  kleine  funktionslose  vegetative  Zelle 
des  Prothalliums  erhalten.  Auch  das  weibliche,  in  der  Makrospore  sich  aus- 
bildende Prothallium,  bei  Salvinia  noch  ergrünend  und  aus  der  Makrospore 
hervortretend,  hat  bei  Selaginella  und  Isoetes  die  Fähigkeit  selbsttätiger  Er- 
nährung bereits  verloren.  Es  beginnt  seine  Entwicklung  schon  innerhalb 
des  mütterüchen  Makrosporangiums,  und  die  frei  gewordenen  Makrosporen 
öffnen  sich  schheßlich  nur,  um  den  Spermien  Zugang  zu  den  scheitelständigen 
Ai'chegonien  zu  gewähren.  Aus  der  befruchteten  Eizelle  wächst  ohne  Ruhe- 
pause der  Embryo  zu  dem  jungen  Sporophyten  heran. 

Von  diesen  am  höchsten  differenzierten  Ai-chegoniaten  unterscheiden 
sich  die  einfachsten  Samenpflanzen  (Spermatophyten)  nur  unwesentlich. 

Die  Makrospore,  hier  von  altersher  als  Embryosack  bezeichnet, 
bleibt  stets  im  Makrosporangium,  der  Samenanlage  (Fig.  510),  ein- 
geschlossen. Diese  besteht  aus  dem  Nucellus  (n)  und  einer  oder  zwei  von 
seinem  Grunde,  der  Chalaza  (ch),  aus  rings  emporwachsenden  Hüllen,  den 

I  n  t  e  g  u  m  e  n  t  e  n  (n ,  f  a), 
welche  nur  über  dem 
Nucellusscheitel  einen 
schmalen  Zugang,  die 
Mikropyle  (m),  frei- 
lassen. Mit  einem  oft 
sehr  kurzen  Stiele,  dem 
Funiculus  (/),  ist  ein 
solches  Makrosporan- 
gium dem  Sporophyll, 
hier  Makrosporo- 
phyll  oder  Frucht- 
blatt genannt,  ange- 
fügt. Die  Ansatzstelle 
einer  oder  mehrerer 
Samenanlagen  trägt 
den  Namen  Placenta.  Ist  der  Nucellus  die  geradlinige  Fortsetzung  des  Funi- 
culus, so  nennt  man  die  Samenanlage  gerade,  atrop.  Sehr  viel  häufiger  er- 
leidet der  Funiculus  unterhalb  der  Chalaza  eine  scharfe  Krümmung,  so  daß 
die  Samenanlage  mit  dem  äußeren  Integumente  an  ihm  entlang  zurückläuft; 
sie  ist  dann  umgewendet,  anatrop.  Die  in  solchem  Falle  noch  am  reifen 
Samen    kenntliche   Verwachsungslinie    von    Funiculus    und    äußerem    Inte- 


/ia 


Fig.  510.    ^  atrope,  ß  anatrope,  Ckampylotrope  Samenanlage. 

Schematiscli  und  vergrößert.   Modifiziert  nach  A.  F.  W.  Schim- 

PER.     Erklärung  im  Text. 


I 


Spermatophj'ta.  465 

gument  heißt  die  Samen  naht  oder  Raphe.  Endlich  kann  der  Nucellus 
selbst  gekrümmt  sein,  man  spricht  dann  von  einer  kampylotropen  Samen- 
anlage (Fig.  510 C). 

Innerhalb  einer  solchen  Samenanlage  findet  sich  in  der  Regel  nur  ein 
einziger  Embryosack  vor.  Wie  im  Makrosporangium  (von  Selaginella  z.  B.) 
durch  Tetradenteilung  vier  Makrosporen  entstehen,  so  werden  auch  in 
den  Samenanlagen  von  der  Embryosackmutterzelle  vier  Tochterzellen  ge- 
bildet, von  denen  aber  drei  zugrunde  gehen,  während  die  vierte  sich  zur  Makro- 
spore, dem  Embryosacke,  entwickelt.  Der  Embryosack  der  einfachsten  Samen- 
pflanzen gleicht  der  Makrospore  auch  darin,  daß  er  mit  Prothalliumgewebe, 
hier  Endosperm  genannt,  ausgefüllt  ist,  an  dessen  Scheitel  ein  oder  mehrere 
Archegonien  stehen,  deren  Eizelle  besondere  Größe  besitzt.  Die  befruchtete 
Eizelle  wächst  zum  Keim  oder  Embryo  noch  innerhalb  der  Makrospore 
und  auf  Kosten  der  Mutterpflanze  heran.  Erst  nachdem  der  Embryo  eine 
bei  den  verschiedenen  Pflanzen  verschieden  hohe,  aber  für  die  betreffende  Art 
charakteristische  Stufe  der  Entwicklung  erreicht  hat,  stellt  er  das  Wachstum 
ein  und  geht  nach  Ti'ennung  von  der  Mutterpflanze  einer  Ruheperiode  ent- 
gegen. Er  ist  von  den  entsprechend  weiter  entwickelten  und  in  ihrer  Aus- 
bildung ihm  angepaßten  übrigen  Teilen  des  Makrosporangiuras  umge])en, 
nämlich  dem  Prothallium  oder  Endosperm,  dem  Nucellus  und  der  aus  den 
Integumenten  hervorgegangenen  Schale.  Das  ganze  aus  der  Samen- 
anlage entstandene  Gebilde  wird  Samen  genannt.  Diese  Weiter- 
entwicklung des  geschlossenen  Makrosporangiums  zum  Samen 
ist  das  charakteristische  Merkmal  der  Samenpflanzen  oder 
Spermatophyten. 

Die  Mikrosporen  der  Samenpflanzen  heißen  seit  altersher  Pollen- 
körner. Sie  entstehen  in  großer  Anzahl  in  den  Mikrosporangien  oder 
Pollensäcken,  die  einzeln  oder  in  Mehrzahl  von  den  Mikrosporophyllen, 
den  Staubblättern  (Stamina),  erzeugt  werden.  Der  die  Pollensäcke  füh- 
rende Teil  der  Staubblätter  heißt  Anthere. 

Die  Bildung  der  Pollensäcke  wird  durch  eine  Teilung  der  auf  die  Epi- 
dermis folgenden  Zellschicht  der  Anthere  eingeleitet,  die  parallel  zu  der  Ober- 
fläche erfolgt  und  das  primäre  Archespor  von  den  Schichtzellen  trennt. 
Diese  zerfallen  in  drei  verschiedene  Zellagen  (Fig.  511),  deren  direkt  unter 
der  Epidermis  liegende  äußerste  Lage  bei  den  Angiospermen  die  Faserschicht 
gibt,  die  sich  bei  den  Gymnospermen  aus  der  Epidermis  selbst  bildet.  Die 
mittlere  Zellschicht  geht  später  zugrunde,  während  die  innerste  die  Tapeten- 
schicht liefert,  und  das  Ai'chespor  in  weiteren  Teilungen  die  Pollenmutter- 
zellen  gibt,  deren  jede,  wie  bei  den  Bryo-  und  Pteridophytcn  durch  eine 
Tetradenteilung  in  vier  Tochterzellen,  die  Pollenkörner,  zerfällt.  Diese  sind 
kugelige  bis  ellipsoidische  Körper;  sie  werden  von  einer  Membran  umhüllt, 
die  eine  äußere  kutinisierte  Exine  und  eine  aus  pektinreicher  Zellulose  be- 
stehende Intine  erkennen  läßt. 

Für  die  Beförderung  der  Pollcnkörner  zu  den  Samenanlagen  wird  bei 
den  Samenpflanzen  der  Wind  oder  Beihilfe  von  Tieren  in  Anspruch  genommen, 
während  alle  Farnpflanzen  sich  des  Wassers  als  Transportmittel  ihrer  männ- 
lichen Sexualzellen  bedienen.  Die  fortschreitende  Rückbildung  des  männlichen 
Prothalliums,  das  schon  bei  den  heterosporen  Pteridophytcn  auf  einzelne 
Zellen  beschränkt  war,  führt  bei  den  Samenpflanzen  dahin,  daß  bei  der  Kei- 
mung des  Pollenkornes,  wenn  von  den  bei  vielen  Gymnospermen  noch  ge- 
bildeten, sehr  vergänglichen  Prothalliumzellen  (Fig.  512)  abgesehen  wird, 
nur  noch  zwei  Zellen  zu  beobachten  sind:  eine  vegetative  und  eine  An- 
theridiumzelle.     Die  crstere    wächst    zu    einem    langen   Schlauch, 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  jO 


466 


Karsten : 


dem  Polleiischlauche,  aus,  der  durch  chemotropische  Reizbarkeit  (vgl. 
S.  311)  zu  den  Eizellen  geleitet  wird;  letztere,  die  Antheridium-Mutter- 
zelle,  wandert  in  den  Pollenschlauch  ein  und  bildet  dort  früher  oder  später 
zwei  generative  oder  Spermazellen,  welche  im  Schlauche  (daher  die 
Bezeichnung  Siphonogamen)  vorwärtsgleitend  in  den  Embryosack  eindringen 
und  zur  Eizelle  gelangen. 

Das  Ergebnis  dieser  Übersicht  läßt  sich  also  dahin  zusammenfassen, 
daß  die  Samenpflanzen  die  Reihe  der  Pteridophyten  fortsetzen  und  ihnen 
im  Besitze  eines  Generationswechsels  gleichen.  (Vgl.  Schema  S.  467.)  Die 
immer  reicher  und  mannigfaltiger  werdende  Gestaltung  und  Aus- 
gliederung des  Sporophyten  ist  aber  von  einer  fortschreitenden 
Rückbildung  des  Gametophyten  begleitet.  Der  Sporophyt  hält  die 
weibliche  Geschlechtsgeneration  während  ihrer  ganzen  Entwicklung  ein- 
geschlossen; erst  in  und  mit  dem  fertigen  Samen,  der  den  Beginn  der  nächsten 
ungeschlechtlichen  Generation  als  Embryo  in  sich  birgt,  wird  sie  von  dem 
Sporophyten  getrennt. 


Fig.  511.  Hemerocallis  fulva.  .4  Querschnitt  durch  eine  fast  reife  Anthere,  mit  ihren 
durch  den  Schnitt  geöffneten  Fächern,  p  die  Scheidewand  zwischen  den  Fächern, 
a  Furche  am  Konnektiv,  /  Leitbündel.  Vergr.  14.  B  Querschnitt  durch  eine  junge 
Anthere.  Vergr.  28.  C  Teil  des  Querschnittes  aus  einem  Fache,  e  Epidermis,  /  die 
spätere  Faserschicht,  c  später  verdrängte  Wandschicht,  t  die  sich  später  auflösende 
Tapetenschicht,  pm  Pollenmutterzellen.  Vergr.  240.  D,  E  Pollenmutterzelle  von  Alchi- 
milla  speciosa  in  Teilung  begriffen.  Vergr.  1125.  F  fertige  Pollentetrade  von  Bryonia 
dioica.     Vergr.  800.     Nach  E.  Strasburger. 


In  voller  Übereinstimmung  mit  dieser  Darlegung  des  innerhalb  der 
Samenpflanzen  weiter  zu  verfolgenden  Generationswechsels  stehen  die  Er- 
gebnisse der  Untersuchungen  über  die  Reduktionsteilung (2)  der  Sporen- 
mutterzellen  (vgl.  S.  173).  Die  einer  Pflanze  zukommende  Zahl  von  Chromo- 
somen verringert  sich  bei  den  zur  Bildung  der  Sexualgeneration  führenden 
Teilungen  auf  die  Hälfte,  und  erst  der  Befruchtungsakt  stellt  für  den  Embryo 
die  volle  Chromosomenzahl  wieder  her.  So  verfügt  der  Sporophyt  stets 
über  die  diploide,  der  Gametophyt  über  die  haploide  Zahl  der  Kernfaden- 
segmente. 

Die  Samenpflanzen  zerfallen  in  zwei  Klassen,  die  ihrem  ganzen  Aufbau 
nach   erheblich    verschieden   sind:    1.    die    Gymnospermen   oder   nackt- 


Spermatopliyta. 


467 


Diploide  ungeschlechtliche 
Oeiie  ation  =   Sporophyt. 


Haploide  GeNchlechts^feneration 
=  (iaiiietophyt. 


ll 

tj 

11  |; 

B       SSSS"" 


•liudoieiuufj   = 
aoi!}«j9D3Ss)q3a[i{i>NOo  9pioid«ii 


30* 


468 


Karsten : 


sämige  Pflanzen,  und  2.  die  Angiospermen  oder  bedecktsamige 
Pflanzen.  Die  Fruchtblätter  der  Angiospermen  treten  zur  Bildung 
geschlossener  Hohlräume,  der  Fruchtknoten,  zusammen,  in  denen 
die  Samenanlagen  sich  entwickeln;  die  Fruchtblätter  der  Gymno- 
spermen bleiben  offen,  sie  tragen  die  Samenanlagen  frei  auf 
ihrer  Oberseite   oder  an  ihren  Rändern. 

Die  Gymnospermen  sind  die  phylogenetisch  älteren  Pflanzenformen; 
sie  sind  einfacher  gebaut  und  schließen  im  Verhalten  ihrer  Geschlechtsgene- 
ration unmittelbar  an  heterospore  Farnpflanzen  an. 

Die  Angiospermen  zeigen  eine  viel  größere  Mannigfaltigkeit  im  mor- 
phologischen wie  anatomischen  Aufbau.  Ihre  Entwicklung  weicht  von  jener 
der  Gymnospermen  erheblich  ab  und  läßt  die  Beziehung  zu  den  Archegoniaten 
nicht  mehr  so  deutlich  erkennen. 

Paläontologische  Befunde  zeigen  uns  dementsprechend  Gymnospermen- 
ähnliche oder  ihnen  gleichende  Formen  neben  Übergängen  von  den  Farn- 
pflanzen in  den  Gesteinsschichten  des  Devon,  in  der  Steinkohlenformation 
und  im  Perm,  während  die  Angiospermen  erst  viel  später,  in  der  Kreide- 
formation, sicher  nachweisbar  werden. 


Morphologie  und  Ökologie  der  Blüte  f). 

1.  Morphologie.     Die  Oyimiospermeii bluten  sind  stets  eingeschlechtig 
diklin,    Mikro-    und   Makrosporophylle    bleiben    getrennt    und   bilden   die 

männlichen    oder 


>^v 


^-^^ 


^' 


'''^J.»J 


D 


Fig.  512.  Pinus  montana.  A  Längsschnitt  durch  eine  fast  reife 
männliche  Blüte.  Vergr.  10.  B  Längsschnitt  durch  ein  einzelnes 
Staubblatt.  "Vergr.  20.  C  Querschnitt  durch  ein  Staubblatt. 
Vergr.  27.  D  Ein  reifes  Pollenkorn  von  Pinus  silvestris.  Vergr.  400. 
Nach  E.  Strasburger. 


die  wei  Wichen 
Blüten.  Beide  Ge- 
schlechter finden 
sich  entweder  auf 
einem  Indivi- 
duum :  die  Pflanze 
ist  einhäusig, 
mono  zisch, oder 
sie  sind  auf  ver- 
schiedene ver- 
teilt: dann  ist 
die  Art  zwei- 
häusig,  diö- 
zisch.  Gymno- 
spermenblüten 
haben  außer  den 

Sporophyllen, 
also  den  Staub- 
blättern und  den 
Fruchtblättern, 
nur  bei  den  Gne- 
taceena  ndere,  als 
Hülle  dienende 
Blattgebilde  auf- 
zuweisen. 


Die  männlichen  Blüten  der  Gymnospermen  stellen  Sprosse  begrenzten 
Längenwachstums  dar,  deren  Achse  mit  Sporophyllen  in  meist  schraubiger 
Anordnung  dicht  besetzt  ist.  Ihre  Knospenschuppen  bleiben  oft  noch  an  der 
Basis  der  entfalteten  Blüte  erhalten  (Fig.  512). 


i 


Spermatophyta. 


469 


Die  Mikrosporangien  stehen  in  Zwei-  oder  Mehrzahl  auf  der  Unterseite 
der  Sporophylle.  Ihre  Öffnung  wird,  wie  bei  den  Sporangien  der  Pteridophyten, 
durch  eigenartige  Ausbildung  meist  der  äußersten,  als  ,,Exotheciuni" 
bezeichneten  Zellage  der  Wandung  herbeigeführt.  Die  Pollenkörner  sind  rund- 
lich, häufig  mit  zwei  Luftsäcken  versehen,  welche  die  Verbreitung  durch  den 
Wind  erleichtern  (Fig.  512/1 — D).  Bei  der  Keimung  entledigen  sie  sich  ihrer 
äußeren  derben  Wandschicht,  der  Exine,  vollständig;  diese  wird  durch  Dehnung 
des  Plasmakörpers  zum  Platzen  gebracht. 

Die  weiblichen  Blüten  sind  bei  zahlreichen  Gymnospermen  den 
männhchen  ähnlich,  insofern  auch  sie  aus  einer  Achse  und  zahlreichen,  in 
schraubiger  Anordnung  daran  sitzenden  Sporophyllen  bestehen,  also  Zapfen 
darstellen.  In  anderen  Fällen  weichen  sie  aber  erheblich  von  ihnen  ab  und 
sind  überhaupt  von  einer  weit  größeren  Mannigfaltigkeit;  so  kann  über  die 
Einzelheiten  erst  im  speziellen  Teil  berichtet  werden  (S.  511  ff.). 

Die  Angiospermen  zeigen  dagegen  in  der  Regel  die  Vereinigung  von 
Mikro-  und  Makrosporophyllen  inj  einer  Blüte,  die  danach  zwittrig  oder 
hermaphroditisch  heißt.     (Ausnahrae^z.  B.   Querciflorae.)     Daneben  sind 

in  den  Angiospermenblüten  meist 
__^''^ *  ~'^~\  farbige,  d.  h.  vom  grünen  Laub- 

,^  blatt  verschiedene  Hüllblätter,  ins- 

gesamt Perianth  genannt,  vor- 
handen (Fig.  513,  514).  (Ausnahme 
z.  B.  Querciflorae.)  Der  schrau- 
bigen  Anordnung    gymnospermer 


>PÜ 


/ 


Fig.  513.     Blüte  von  Paeonia  peregrina.    k  Kelch, 

c  Krone,    zusammen    das    Perianth,    a  Andröceum, 

g   Gynäceum,    vorderer   Teil    der   Blüte    entfernt. 

V-,  nat.  Gr.     Nach  H.  Schenck. 


'^C^ 


.9 


Fig.  514.  Blüte  von  Acorus  Cala- 
mus  nach  A.  Engler.  pg  Perigon. 
a  Andröceum,  g  Gynäceum.    Vgr. 


Sporophylle  an  den  langgestreckten  Achsen  ihrer  Blüten  gegenüber  fällt 
die  meist  wirtelige  Stellung  der  Hüllblätter  wie  der  Sporophylle  um  sehr 
verkürzte  Achsen  in  den  meisten  angiospermen  Blüten  auf.  (Ausnahme  z.  B. 
Polycarpicae.)  Wirtelige  Stellung  der  verschiedenen  Blütenblätter, 
farbiges  Perianth  und  Zwittrigkeit  sind  also  charakteristisch 
für  Angiospermenblüten,  ohne  aber  allen  Angiospermenblüten  eigen  zu 
sein.  Der  wichtige  Faktor  der  Pollenübertragung  ist  für  diese  Verschieden- 
heiten verantwortlich  zu  machen.  Wo  der  Wind  diese  Funktion  übernommen 
hat,  bietet  die  Streckung  der  Achse,  die  freie  Stellung  der  weiblichen  Emp- 
fängnisorgane nur  Vorteile.  Sind  aber  Tiere,  Insekten  oder  Vögel,  für  die  Be- 
stäubung in  Anspruch  genommen,  so  ist  Ausbildung  des  Perianths  als  eines 
weithin  sichtbaren  Schauapparates  oder  anderer  Lockmittel  notwendig,  die 
etwa  auf  Formgefühl  oder  Geruchsinn  wirken,  und  die  Form  der  Blüte,  An- 
ordnung ihrer  Sporophylle  wie  der  Orte  für  Absonderung  süß  schmeckenden 
Nektars  müssen  sich  den  Körperformen  oder  den  Gewohnheiten  der  betreffen- 
den Tiere  anbequemen.  Diesem  Umstände  ist  der  unendliche  Farben-  und 
Formenreichtum  angiospermer  Blüten  zum  großen  Teil  zuzuschreiben. 

Bei    gewissen    Angiospermen    findet    man    hermaphrodite    und    einge- 
schlechtige   Blüten    an    demselben    Individuum,    man    nennt    diese    Erscheinung 


470 


Karsten : 


Polygamie;  und  zwar  liegt  Andro-  oder  Gynomonözie  vor,  je  nachdem  männliche 
oder  weibliche  Blüten  neben  Zwitterblüten  vorkommen.  Sind  verschiedene  Individuen 
einer  Art  teils  mit  Zwitterblüten,  teils  mit  eingeschlechtigen  Blüten  versehen,  so  ist 
Andro-  (bzw.  Gyno-)diözie  vorhanden. 

Das  Perianth  angiospermer  Blüten  besteht  aus  meist  zwei  Wirteln, 
welche  gleich  geformt  und  gefärbt  sein  können  (z.  B.  Lilium)  und  dann  als 
Perigon  bezeichnet  werden,  oder  sie  gliedern  sich  in  einen  äußeren  grünen 
Kelchblattkreis  und  einen  inneren  gefärbten  Kreis,  die  Krone  oder  Kor  olle 
(z.  B.  Rosa).  Der  äußere  Wirtel  umhüllt  und  schützt  die  Blütenknospe.  In 
jeder  vollzähligen  Blüte  folgen  zwei  Kreise  von  Mikrosporophyllen  oder 
Staubblättern  auf  das  Perianth,  und  ein  Wirtel  von  Fruchtblättern,  Makro- 
sporophyllen,  schließt  die  Blüte.  Die  Wirtel  alternieren  der  Regel  nach. 
Die  gesamten  Staub- 
blätter pflegt  man 
als  Andröceum, 
die  Fruchtblätter  als 
Gynäceum  zusam- 
menzufassen. 

Jedes  Staubblatt 
besteht  aus  einem 
fadenförmigen  Trä- 
ger, dem  Fila- 
ment, und  der  An- 
there,  welche  aus 
den  beiden  Thecae 

zusammengesetzt 
ist;  sie  werden  durch 
dasKonnektiv  mit- 
einander und  dem 
Filament  verbunden 
(Fig.  515).  Jede  Theca  umfaßt  ein  Paar  von  Pollensäcken.  Die  Anthere 
kann  ihre  Thecae  der  Innenseite  der  Blüte,  also  dem  Fruchtblattkreise,  zu- 
wenden oder  sie  nach  außen  kehren;  sie  heißt  danach  intrors  oder  extrors. 
Dem  Öffnen  einer  reifen  Theca  dient  meist  (Ausnahme  Ericaceae)  die  eigenartige 
Ausbildung  der  hypodermalen  Faserschicht  (Fig.  511  C  /),  ,, fibröse 
Schicht"  oder  Endothecium  genannt,  während  die  Gymnospermen,  bis 
auf  Gingko  (vgl.  S.  511),  gleich  den  Farnen  ein  ,,Exothecium"  besitzen.  In 
der  Regel  wird  die  Scheidewand  zwischen  den  beiden  Pollensäcken  beim 
Öffnen  zerrissen,  so  daß  sie  dann  nur  ein  Fach  bilden  (Fig.  511  A).  Die  Mikro- 
sporen  selbst  sind  in  ihrer  Ausrüstung  verschieden;  bei  anemophilen  Pflanzen 
auf  die  Verbreitung  durch  Wind  angewiesen,  sind  sie  glatt,  trocken  und  leicht. 
Bei  den  von  Tieren  besuchten  Blüten  dagegen  pflegen  sie  klebrig  oder  mit 
Stacheln  und  Vorragungen  der  Exine  versehen  zu  sein,  die  ein  besseres  Haften 
am  Haarkleid  der  bestäubenden  Tiere  ermöghchen.  Sie  unterscheiden  sich 
von  denen  der  Gymnospermen  auch  dadurch,  daß  bei  ihrer  Keimung  die 
Exine  nicht  völlig  abgeworfen  zu  werden  braucht,  weil  sie  von  vornherein  mit 
mehr  oder  weniger  zahlreichen  Durchtrittstellen  für  die  Pollenschläuche  aus- 
gerüstet wird  (Fig.  516).  Sterile  Staubblätter,  welche  keinen  fruchtbaren  Pollen 
hervorbringen,  werden  Staminodien  (vgl.  z.  B.  Scitamineen)  genannt. 

Den  Abschluß  der  Blüte  bildet  stets  das  Gynäceum.  Seine  Frucht- 
blätter, oder  Karpelle,  können  frei  bleiben  und  jedes  für  sich  eine  Frucht 
bilden  (Fig.  517,  520^),  man  spricht  dann  von  einem  apokarpen  Frucht- 
knoten, oder  sie  verwachsen  miteinander  und  stellen  ein  synkarpes  Gynä- 


Fig.  515.  Staubblätter  von 
Hyoscyamus  niger.  A  Von 
vorn,  B  von  hinten. 
f  Filament,    c  Konnektiv, 

p  eine  Theca.     Vergr. 
Nach  A.  F.  W.  Schimpek. 


Fig.  516.  Pollenkorn  von  Malva 
silvestris.  S  Stacheln  der  Exine, 
s  Stäbchenschicht  der  Exine, 
a  Austrittstellen  der  Pollen- 
schläuche, p  Stäbchen  von  oben. 
Nach  A.  Meyer. 


Spermatophyta. 


471 


ceum  (Fig.  518)  dar.  Die  Fruchtblätter  tragen  ihre  Samenanlagen  meist  am 
Rande  auf  mehr  oder  weniger  deutlichen  Wucherungen,  den  Placenten 
(Fig.  517  p).  Apokarpe  Fruchtknoten  werden  demnach  an  ihren  beiden  zu- 
samnienscliließenden  Rändern,  an  der  sog.  Bauchnaht,  je  eine  Reihe  von 
Samenanlagen  führen;  die  ihr 
gegenüberstehende  Rückennaht 
wird  von  der  Mittelrippe  des 
Blattes  gebildet.  In  synkarpen 
Fruchtknoten  treten  die  Samenan- 
lagen ebenfalls  meist  an  den  Rän- 
dern der  miteinander  verwachsenen 
Fruchtblätter  auf  (Fig.  519  pl). 


Fig.  517.  Delphiniura  consolida.  Querschnitt 
durch  den  Fruchtknoten  mit  Samenanlagen 
an  der  Plazenta  p.    Nach  Engler-Prantl 


Fig.    518.     Sambucus  nigra.     Blütenlängs- 
schnitt,    s    Samenanlage,  n  Narbe.      Nach 

TSCHIRCH-  ÖSTERLE. 


Die  Samen  werden  parietal  genannt,  wenn  die  Placenten  der  Wandinnenseite  als 
flache  Wülste  entspringen  (Fig.  519  D).  Tritt  durch  weiteres  Eindringen  der  Karpellränder 
eine  Fächerung  des  Fruchtknotens  ein,  so  rücken  die  Placenten  und  ihre  Samenanlagen 
gleichfalls  nach  innen  vor;  sie  werden  zentralwinkelständig,  wie  Fig.  519-5  zeigt. 
Nur  die  aus  den   Kar  pell  rändern  selbst  gebildeten   Scheidewände  pflegt 


Fig.  519.     Querschnitt    von    Fruchtknoten.     A   Lobelia.     B  Diapensia.     C  Rhododendron. 
D  Passiflora,    pl  Plazenta,  sa  Samenanlagen.     Nach  Le  Maout  et  Decaisne. 


man  als  echte  zu  bezeichnen  gegenüber  den  z.  B.  bei  den  Cruciferen  vorhandenen 
falschen  (Fig.  701),  die  aus  Wucherungen  der  Fruchtblätter  oder  ihrer  Nähte  hervor- 
gehen. Durch  Beteiligung  der  Blütenachse,  welche  im  Zentrum  zwischen  den  Frucht- 
blättern emporwächst  und  sich  von  dem  Karpellgewebe  nicht  scharf  trennen  läßt,  kommt 
eine  sog.  Z  en  tr  al  p  lacen  ta  zustande  (z.  B.  Primulaceen).  Die  ursprünglich  vor- 
handenen Scheidewände  bleiben  schon  in  früherem  Alter  im  Wachstum  zurück  oder  werden 
aufgelöst,  so  daß  die  mit  dem  Karpellgewebe  emporgehobenen  Samenanlagen  an  einer 
zentralen,  von  den  Fruchtblättern  überkleideten  Achse  sitzen,  während  die  Außenteile 
der  Fruchtblätter  sie  als  einheitliche  Wand  umgeben. 


472 


Karsten : 


Jedes  einzelne  Fruchtblatt  im  apokarpen  Gynäceum  setzt  sich  nach 
oben  in  einen  stielartigen  Griffel  (Stylus)  fort  und  endet  in  einer  sehr  ver- 
schieden gestalteten  Narbe  (Stigma),  die  als  Empfängni sapparat  dient  und 
dementsprechend  papillös, 
feucht  und  klebrig  zu 
sein  pflegt  (Fig.  520  D). 
In  einem  völlig  synkarpen 
Fruchtknoten  ist  nur  ein 
einheitlicher  Griffel 
und  eine  Narbe  vor- 
handen. Fig.  520  stellt 
ein  apokarpes  Gynäceum 
(A),  ein  synkarpes  (C) 
und  einen  nur  im  unte- 
ren    Teil     verwachsenen  ^    TT  ^  D 

Fruchtknoten    mit    freien       Fig.  520.     Verschiedene  P'ormen  des  Gynäceuras.    A  Von 

Griffeln  {B\  dar  Aconitum  Napellus.    B  Von  Linum  nsitatissimum.    C  Von 

^    '  '  Nicotiana   rustica.      Z)   Griffel    und    Narbe    von   Achillea 

Mülefolium.    /  Fruchtknoten,  g-  Griffel,  n  Narbe.   Vergr. 

Nach  Berg  und  Schmidt. 


Fig.  521.  Fruchtknoten  von  Co- 
nium  maculatum  mit  hängenden 
Samenanlagen  im  Längsschnitte. 
Raphe  ventral.     Nach  Tschirch- 

ÖSTERLE. 


A    % 


Fig.    522.      Fruchtknoten    mit    aufrechter     Samen- 
anlage,   im    Längsschnitte.      A   Von    Fagopyrum 
esculentum     (atrop).      B   Von    Armeria    maritima 
(anatrop).     Vergr.  20.     Nach  Duchartre. 


A  B  S'  € 

Fig.  523.     A  Oberständiger  Fruchtknoten  (hypogyne  Blüte).     B,  B'  Mittelständiger  Frucht- 
knoten (perigyne  Blüten).     C  Ünterständiger  Fruchtknoten  (epigyne  Blüte). 
Nach  A.  F.  W.  Schtmper. 


Die  Lage  der  Samenanlagen  im  Fruchtknoten  kann  aufrecht, 
hängend,  wagerecht  oder  schräg  zur  Achse  sein  (Fig.  521,  522).  Bei  ana- 
tropen  Samenanlagen  ist  die  Raphe  ventral  gelegen,  wenn  sie  der  Bauch- 
seite des  Fruchtblattes  zugekehrt  ist,  dorsal,  wenn  sie  gegen  die  Rücken- 
seite sieht. 

Eine  große  Mannigfaltigkeit  der  Blütenformen  wird  ferner  durch  ver- 
schiedene Gestaltung  der  Blütenachse  und  entsprechend  geänderte  Lage 


Spermatophyta. 


473 


des  Gynäceums  bedingt.  Die  schematischen  Figuren  (Fig.  523^ — C)  geben 
einige  der  häufigeren  Fälle  wieder.  Eine  Vordickung  des  Achsenendes 
gegenüber  dem  Tragstielc  ist  meist  vorhanden,  häufig  eine  Verbreiterung 
und  Vorwölbung  oder  Aushöhlung  und  Vertiefung.  Stehen  an  einfach  kegel- 
förmiger Achse  die  alternierenden  Quirle  der  Blüte  übereinander,  so  ist  das 
Gynäceum  als  Abschluß  der  oberste  Kreis,  es  ist  oberständig, 
die  übrige  Blüte  selbst  wird  also  unterständig  oder  hypogyn 
(Fig.  524  J).  Wird  aber  durch  starke  Verbreiterung  des  Achsenendes  zu  einem 
flachen  Blütenboden,  Keceptaculum  (Hypanthium),  oder  zu  einem  aus- 
gehöhlten Blütenbechcr   (Fig.  b23B,Bl),  ein  breiter  Rand  zwischen  An- 


Fig.  524.  Blütenlängsschnitte.  /  Raniinculus  sceleratus  mit  zahlreichen  oberständigen 
apokarpen  Fruchtblättern  auf  kegelförmiger  Blütenachse  (hypogyne  Blüte).  Vergr. 
(Nach  H.  Baillon).  2  Alchimilla  alpina,  mittelständiger  Fruchtknoten  (perigyne  Blüte). 
3  Pirus  Malus,  unterständiger  Fruchtknoten  (epigyne  Blüte).     Vergr.     Nach  "W.  0.  Focke. 


dröceum  und  Gynäceum  eingeschoben,  so  spricht  man  von  einer  perigynen 
Blüte,  einem  mittelständigen  Fruchtknoten  (Fig.  524  2).  Schließt 
sich  endlich  die  ausgehöhlte  Blütenachse  mit  ihren  Kelch,  Krone  und  An- 
dröceum  tragenden  Rändern  oben  wieder  zusammen,  so  daß  die  Fruchtblätter 
mit  ihr  verwachsen,  so  ist  das  Gynäceum  unterständig,  die  Blüte  ober- 
ständig  oder  epigyn  (Fig.  524  j).  Der  Deutlichkeit  halber  soll  im  folgenden 
stets  die  Bezeichnung  von  der  Stellung  des  Gynäceums  hergeleitet  werden, 
also  nur  vom  oberständigen,  mittelständigen  oder  unterständigen 
Fruchtknoten  die  Rede  sein. 

Ökologisch  wichtige  Gebilde  der  Blüte  sind  endlich  die  Nektarien, 
bestimmte  Stellen  der  Achse  oder  anderer  Blütenteile,  die  zuckerreiche  Flüssig- 
keit (Nektar,  Honig)  zur  Anlockung  der  bestäubenden  Tiere  ausscheiden. 

Eine  typische  Angiospermenblüte  führt  ihre  Organe  also  in  fünf  mit- 
einander alternierenden  Wirtein,  von  denen  zwei  auf  das  Perianth,  zwei  auf 
das  Andröceum,  einer  auf  das  Gynäceum  entfallen.  Sie  ist  fünfwirtelig, 
penta zyklisch.  Die  Zahl  der  Glieder  ist  entweder  für  alle  Wirtel  dieselbe, 
so  z.  B.  für  eine  regelmäßige  Monokotylenblüte  drei,  eine  Dikotylenblüte 
fünf,  oder  es  tritt  besonders  innerhalb  der  zum  Andröceum  und  Gynäceum 
gehörenden  Wirtel  eine  Vermehrung  oder  Verminderung  der  Zahl  ein.  Auch 
kann  z.  B.  im  Andröceum  ein  Wirtel  ganz  ausfallen  oder  die  Wirtelzahl  ver- 
mehrt werden.  Blüten  mit  nur  einem  Andröceumwirtcl  heißen  haplostemon, 
solche  mit  zwei  Wirtein  diplostemon.  Steht  der  äußere  Andröceumwirtcl 
(und  dementsprechend  derjenige  der  Fruchtblätter)  nicht  alternierend  mit 
dem  Kronblattwirtel,  sondern  direkt  vor  ihm,  so  ist  das  Andröceum  ob  diplo- 
stemon. 

Das  Diagramm  (S.  77)  einer  fünfwirteligon  Monokotylenblüte,  derart 
orientiert,    daß   der    Querschnitt   der   Infloreszenzachse   oben,    derjenige    des 


474 


Karsten : 


PMg.  525.    Diagramm    Fig.  526.    Diagramm 
einer  pentazykli-         einer  pentazykli- 
schen  Monokoty-         sehen  Dikotylen- 
lenblüte  (Lilium).  blute  (Viscaria) 

NachA.W.EiCHi.ER. 


Fig.  527.  Theoretisches 
Diagramm  einer  Irisblüte. 
Der  fehlende  Staubblatt- 
quirl ist  durch  Kreuze 
bezeichnet. 


Deckblattes  (vgl.  S.  106)  sich  unten  befindet,  ergibt  Fig.  525,  dasjenige  einer 
ebensolchen  Blüte  dikotyler  Art  Fig.  526. 

Beide  Diagramme  sind  sog.  empirische  Diagramme.     Von  einem  theoreti- 
schen Diagramm  spricht  man  dagegen,  wenn  nicht  nur  die  tatsächlich  vorhandenen  Organe 

eingetragen    werden, 
•  sondern  auch  solche, 

deren  früheres  Vor- 
handensein man  aus 

phylogenetischen 
Gründen    annehmen 
muß;    so    ist    z.    B. 
bei     den     mit     den 
Liliaceen  nahe  ver- 
wandten      Iridaceen 
nur  einer,  und  zwar 
der    äußere     Staub- 
blattwirtel      vorhan- 
den,     der      innere, 
dessen  Gegenwart  der 
Verwandtschaft  nach 
zu  erwarten  wäre,  ist 
ausgefallen.      Somit   erhalten   wir,   wenn    die  Stellung  der  fehlenden  Glieder  mit  Kreuzen 
in  das  empirische  Diagramm  eingetragen  wird,  das  beistehende  theoretische  Diagramm  der 
Iridaceen   (Fig.    527).     Gelegentlich    kommen    derartige    dem  theoretischen  Diagramm  ent- 
sprechende „vollständige"  Iris- 

bluten    vor,  und   es  ist  Hein- 

RiCHER(ia) gelungen,  eine  solche 
Blütenform  durch  Generationen 
hindurch  aus  Samen  weiter  zu 
ziehen.  Ein  derartiges  auf  Merk- 
male der  Vorfahren  weisendes 
Rückschlagen  wird  als  „Atavis- 
mus" bezeichnet  (vgl.  S.  178). 
Zu  einem  kurzen  Aus- 
druck eines  solchen  Diagramms 
bedient  man  sich  der  sog. 
Blütenformeln,  d.  h.  man 
setzt  für  jeden  Wirtel  ein  Buch- 
stabenzeichen, etwa  Kelch  =  K 
CoroUe  =  C,  oder  aber  Peri- 
gon  =  P,  Andröceum  =  A, 
Gynäceum  =  G  und  die  Zahl 
der  Glieder  im  Wirtel  dahinter. 
Bei  starker  Vermehrung  der 
Glieder  kann  das  Zeichen  oo 
gesetzt  werden.  Verwachsung 
der  Glieder  eines  Wirteis  wird 
durch  eine  Klammer  um  die 
betreffende  Zahl,  die  Stellung 
des  Fruchtknotens  durch  einen 
unter  (oberständig)  oder  über 
•  (unterständig)  der  Zahl  an- 
gebrachten Strich  angedeutet. 
Die  Blütendiagramme  (Fig.  525. 
526)  wären  also  zu  schreiben:  PS  +  S,  A3-j-.'},  G  (3)  für  Monokotylen  und  K5,  C5, 
A5  +  5,  G(5)  für  Dikotylenblüten,  für  eine  Ranunkel  K5,  C5,  Aoo,  ^2^,  für  den 
Schierling:   K5,   Co,  A5,  G  (^,  für  Artemisia  endlich:  KO,  C  (5),  A  (5),  G  (2). 


Fig.  528.    Atavistische  Form  von  Iris  pallida  Lam.  abavia. 
Nach  E.  Heinricher. 


Sperniatophyts 


475 


Fig.  529.  A  Radiäre  (actinomorphe)  Blüte  von  Geranium 
sanguineum.  B  Dorsiventrale  (zygomorphe)  Blüte  von  Viola 
tricolor.  Nach  A.  F.  W.  Schimper.  C  Asymmetrische  Blüte 
von  Canna  iridiflora.  /  Fruchtknoten,  k  Kelch,  c  Krone, 
/  Labellum,  st  i — j  die  übrigen  Staminodien,  «  fertile  Anthere, 
g-  Griffel.     V»  nat.  Gr.     Nach   H.  Schenck. 


Fig.  531.  Blütenähre  von  Plantago 
lanceolata.     Nach   Düchartre. 


Fig.  530.      Schemata  razemöser  Blütenstände.    A  Traube. 
B  Ähre.    C  Dolde.   D  Köpfchen.    E  Rispe.   7'  Zusammen- 
gesetzte Dolde  oder  Doppeldolde. 


Fig.  532.    Blütenkätzchen  von 
Corylus  americana.    Nach  Du- 

CHARTRE, 


476 


Karsten : 


Durch  Verschiebung  der  Blütenglieder,  ungleiche  Größe  oder  Unter- 
drückung einzelner  sind  aus  dem  ursprünglich  strahligen,  radiären  (aktino- 
morphen)  Bau  (Fig.  529^)  abweichende  Gestalten  hervorgegangen  (vgl. 
S.  65f.),  die  entweder  dorsiventral  (zygomorph)  (Fig.  529 -ß),  oder  aber 
völlig  asymmetrisch  geworden  sind  (Fig.  529  C).  In 
den  Blütenformeln  werden  radiäre  Blüten  mit  ®,  dorsi- 
ventrale  mit  4-  gekennzeichnet,  z.  B. :  für  den  Gold- 
regen: ^  K(5),  C  5  A(5  +  5),  Gl.  Dorsiventrale  Blüten 
pflegen  immer  eine  ganz  bestimmte  Lage  zur  Richtung 
der  Schwerkraft  anzunehmen.  Unter  Pelorien  versteht 
man  radiäre  Bildungsabweichungen  sonst  dorsiventraler 
Blüten. 

Blütenstände  (Infloreszenzen). 
Die  im  vorstehenden  beschriebenen  Blüten  der 
Angiospermen  stehen  in  verhältnismäßig  seltenen  Fällen 
einzeln,  viel  häufiger  sind  sie  zu  mehreren  oder  vielen  auf 
Verzweigungssysteme  verteilt,  die  man  als  Blütenstände 
oder  Infloreszenzen  bezeichnet.  Von  den  vegeta- 
tiven Verzweigungen 
unterscheiden  sich 
die  Blütenstände 
durch  die  gedrängte, 
dichte  Stellung  ihrer 
Seitenzweige,  durch 
die  meist  schuppen- 
förmige  Ausbildung 
der  Deckblätter  oder 
Fig.  533.  Traube  Brakteen  und  der 
von  Linaria  striata.  Vorblätter,  in  deren 
Blüten  mit  Deck-  Achseln  die  Seiten- 
blattern ,  d.  Nach  .  1  TT«-  1 
A.  F.  W.  ScHiMPER.      zweige    oder   Einzel- 


Fig.  534.     Doldiger  Blütenstand  der 
Kirsche.     Nach  Duchartke. 


Fig.  535.    Blütenrispe  von  Yucca  filamen- 
tosa.     Verkl.     Nach  A.  F.  W.  Schimpek. 


bluten  stehen,  und  durch  das  Austreiben  aller  Achselknospen,  wenigstens 
in  vielen  Fällen,  In  den  Infloreszenzen  der  Cruciferen  fehlen  die  Hochblätter 
vollko  mmen. 


A.  Die  Hauptachse  wächst  stärker  als  die  Seitensprosse. 
I.  Die  Blutenstände  können,  wie   die  vegetativen  Verzweigungen,  Monopodien  (vgl. 
S.    110)  sein,  so  daß   die   Hauptachse   dem  Wachstum   ihrer   Seitenzweige   stets  überlegen 


Spermatophyta. 


477 


bleibt    (oder    die    Seitensprosse    waclisen    ebenso    stark);    solche    razemösen    Blüten- 
stände treten  in  verschiedenen  Formen  auf  (Schemata  Fig.  530): 
a)  Seite naehsen  unverzweigt. 

1.  Traube,   gestielte   Einzelblüten  an   der  verlängerten  Hauptachse,  Schema  530^. 
Fig.  533. 

2.  Ähre,    sitzende    Einzelblüten   an    der  verlängerten    Hauptachse,    Schema    530^. 
Fig.  531. 

Ist  die  Achse  fleischig  verdickt,  so  heißt  die  Ähre  Kolben  wie  bei  den 
Araceen.     Fällt  die  Ähre   nach   dem  Verblühen    (der  Fruchtreife)  als  Ganzes 
ab,  so  heißt  sie  Kätzchen  Fig.  532. 
ß)  Seitenachsen  verzweigt. 

3.  Rispe,  eine  verlängerte  Hauptachse,  deren  Seitenachsen  Trauben  sind.  Schema  530.£'. 
Fig.  535. 

B.  Die  Haupt-  und  Seite  naehsen  wachsen  gleich  stark. 

4.  Dolde,    eine    Anzahl   von    Seitenachsen,    die   alle  gleichmäßig   mit    der    in    eine 
Einzelblüte  ausgehenden  Hauptachse  wachsen.     Schema  530  C.     Fig.  534. 

5.  Zusammengesetzte  Dolde,  eine  Dolde,  die  an  Stelle  der  Einzelblüten  wiederum 
Dolden  trägt.     Schema  530 i^.     Fig.  666. 

6.  Köpfchen,   sitzende   Einzelblüten   an   einer   verkürzten   und   oben   verbreiterten 

Hauptachse.    Schema  530 D  (Compositae). 
Fig.  799. 


Fig.  536.     Zymöser    Blütenstand    (Dichasiura)    von 
Cerastium  collinum.    t — /"  "  die  aufeinanderfolgen- 
den Achsen.     Nach  Düchartre. 


Fig.  537.     Blütenwickel   von  He- 

liotropiura     curassavicum.       Nach 

Engler-Prantl. 


n.  Oder  die  jeweilige  Hauptachse  wird  jedesmal  von  ihren  Seitenachsen  überholt; 
dann  liegen  zymöse  Blütenstände  vor,  die  sich  nach  Zahl  und  Stellung  der  Seiten- 
sprosse  in  Pleiochasium,  Dichasium  und  Monochasium  unterscheiden.  Diese  Verzweigungen 
sind  S.  111  bereits  ausführlich  beschrieben  und  im  Grundriß  dargestellt  (Fig.  152).  Auch 
sind  dort  die  monochasialen  Verzweigungssysteme,  Sichel  und  Fächel,  wie  die  aus  dem 
Dichasium  ableitbaren  Schraubel  und  Wickel  behandelt,  so  daß  hier  nur  auf  die  Abbildung 
eines  typischen  Dichasiums  (Fig.  536)  und  diejenige  des  Wickels  (Fig.  537)  hingewiesen 
zu  werden  braucht. 

2.  Ökologie.  Die  Blütenbestäubung (*)  (vgl.  S.  170).  Viele  sonst  rätsel- 
haft bleibende  Unterschiede  im  Bau  der  Blüten  und  in  der  Anordnung  ihrer 


478 


Karsten ; 


Organe  werden  verständlich,  wenn  man  sie  ökologisch  betrachtet.  Gemein- 
sam ist  es  allen  Blüten,  Nachkommenschaft  auf  sexuelle  Weise  hervor- 
zubringen; die  "Wege,  die  zu  diesem  Ergebnisse  führen,  sind  aber  sehr  ver 
schieden.  Gegenüber  den  Bryophyten  und  Pteridophyten,  bei  welchen 
die  Vereinigung  der  Geschlechtszellen  unter  Zuhilfenahme  des  Wassers 
sich  vollzieht,  sind  die  Samenpflanzen,  die  keine  freibeweglichen  männlichen 
Geschlechtszellen  entlassen,  und  deren  Eizellen  dauernd  im  Gewebe  der  Mutter- 
pflanze eingeschlossen  bleiben,  gezwungen,  andere  Wege  einzuschlagen.  Eine 
besondere  Art  der  Zuführung  der  Pollenkörner  zu  den  von  ihren  Makro- 
sporangien  umschlossenen  Makrosporen  und  der  darin  befindlichen  Eizelle  wird 
notwendig.  Es  müssen  die  zum  Empfange  des  Pollens  bereiten  Narben  (oder 
Mikropylen)  bestäubt  werden. 

Eine  sehr  große  Zahl  von  Samenpflanzen  bedient  sich  der  bewegten 
Luft,  des  Windes,  als  Übermittler  des  Pollens,  wie  z.  B.  unsere  gesamten 

Koniferen    und    auch    die 
Mehrzahl  der  einheimischen 

Laubbäume:  die  Ulme, 
Eiche,  Buche,  Hainbuche, 
ferner  unsere  Gräser,  beson- 
ders die  Getreidearten.  So 
einfach  die  Verhältnisse  in 
diesem  Falle  zu  liegen  schei- 
nen, so  bedarf  es  doch  man- 
cherlei notwendiger  Voraus- 
setzungen für  einen  sicheren 
Erfolg  dieser  Übertragungs- 
art. 

Vor  allem  müssen  sol- 
che windblütigen  oder  ane- 
mophilen  Pflanzen  eine 
ungeheuere  Masse  von  Pollen 
erzeugen,  da  naturgemäß 
nur  ein  geringer  Bruchteil 
den  Ort  seiner  Bestimmung 
erreichen  kann.  So  sieht 
man  wohl  zur  Zeit,  da  unsere 
Nadelwälder  in  Blüte  stehen, 
ungezählte  Mengen  des  in 
die  Luft  entführten  Pollen- 
staubes bei  eintretendem 
Regenwetter  als  dichten 
gelben  ,,  Schwefelregen" 
niederfallen. 

Die  anemophilen  Pflanzen  und  Blüten  haben  nun  einige  Charakterzüge 
gemein,  die  in  Beziehung  zu  der  Windbestäubung  stehen  und  keineswegs 
als  bloße  Zufälligkeiten  gelten  können.  Das  gilt  in  erster  Linie  für  den  Bau 
der  männlichen  Blütenstände.  Sie  haben  oft  die  Form  mehr  oder  minder 
lang  herabhängender  Kätzchen  (Fig.  538)  angenommen,  die  eine  große  Zahl 
von  Mikrosporophyllen  vereinigen  und  so  orientiert  sind,  daß  der  Wind  nach 
Öffnung  der  Sporangien  alle  Sporen  ausfegen  oder  ausschütteln  kann;  z.  B. 
Eichen  (Fig.  690),  Birken  (Fig.  683),  Erlen  (Fig.  538),  Haselnuß,  Hainbuchen 
(Fig.  684),  die  auffallend  langen  Walnußkätzchen  (Fig.  679),  dasselbe  gilt  für  die 
aufrechten  Koniferenblüten  (Fig.  604).  Gleiche  Bedeutung  kommt  der  Befestigung 


P'ig.  538.  Alnus  glutinosa.  /  Blühender  Zweig  mit  klei- 
nen aufrechten  weiblichen  und  hängenden  männlichen 
Kätzchen  und  Blatt.  2  Eine  Deckschuppe  mit  männ- 
lichen Blüten.  3  Weibliches  Kätzchen.  4  2  weibliche 
Blüten  mit  Deckschuppe.  5  Fruchtstand.  6  Frucht. 
^4  nat.   Gr.,  2 — 6  vergr. 


Spermatophyta. 


479 


/k  \f 


der  Gramineen-Antheren  auf  langen  schwanken  Filamenten  zu  (Fig.  539). 
Einige  Urticaceen  (Pilea-Arten,  Brennesseln  usw.)  schleudern  ihren  Pollen 
bei  Öffnung  der  Fächer  mit  Hilfe  der  elastisch  gespannten  Filamente  als  leichte 
Staubwölkchen  in  die  Luft.  Wie  die  Infloreszenzen  und  Blüten,  so  haben  auch 
die  Pollenkörner  der  Aneraophilen  charakteristische  Merkmale.  Sie  sind  leicht 
und  glatt,  bei  einigen  Nadelhölzern  sogar  mit  zwei  lufthaltigen  Flugblasen 
(Fig.  512  D)  versehen,  die  ein  längeres  Schweben  in  der  Luft  ermöglichen. 

Die  weiblichen  Blüten  pflegen  der  lebhaften  Farben  zu  entbehren  und 
besitzen  keine  Nektarien.  Ihre  Narben,  die  den  Pollen  auffangen,  sind  jedoch 
besonders  mächtig  entwickelt  und  mit 
langen  Federhaaren  versehen  (Fig.  539) 
oder  pinselförmig,  federförmig  oder  lang 
fadenförmig  ausgezogen.  Bei  vielen  Gym- 
nospermen, besonders  deutlich  bei  Taxus, 
scheidet  die  Mikropyle  des  Makrosporan- 
gium  zur  Blütezeit  einen  Flüssigkeits- 
tropfen aus,  an  dem  die  Pollenkörner  hän- 
gen bleiben  und  beim  Eintrocknen  des 
Tropfens  auf  den  Scheitel  des  Nucellus 
niedergesogen  werden;  in  anderen  Fällen 
gleiten  die  Pollenkörnerzwischen  den  aus- 
einander gespreizten  Sporophyllschuppen 
der  zapfenf  örmigen,  aufgerichteten  Blüten 
hinab,  bis  sie  am  Grunde  zwischen  die 
Integumentfortsätze  gelangen  und  an  den 
feuchten  Mikropylenöffnungen  haften. 

Endlich  ist  aber  auch  der  Zeitpunkt 
des  Blühens  nicht  bedeutungslos.  Die 
Ulme  blüht  lange  vor  ihrer  Belaubung 
bereits  im  Februar  oder  März,  die  Hasel- 
nuß, Pappel  und  Erle  (Fig.  538)  machen 
es  ebenso,  und  bei  Walnuß,  Eiche,  Hain- 
buche und  Birke,  ja  auch  bei  der  Rot- 
buche   sieht    man  die  Blüten   mit  den 

ersten  Blättern  hervorbrechen  und  ihre  Blütezeit  vollenden,  bevor  die  Be- 
laubung voll  entwickelt  ist.  Es  würde  im  anderen  Falle  eine  ungeheuere 
Menge  von  Pollenkörnern  an  der  Behaarung  und  in  den  Falten  der  großen  Laub- 
blätter hängen  bleiben  und  damit  noch  mehr  Blütenstaub,  als  so  schon  der 
Fall  ist,  seiner  eigentUchen  Bestimmung  entzogen  werden.  Bei  den  Nadel- 
hölzern ist  die  Blattform  viel  weniger  hinderlich,  und  außerdem  sehen  wir 
bei  ihnen  die  weibHchen  Blütenzapfen  in  den  Spitzen  ihrer  Kronen  (Abies) 
oder  am  Gipfel  der  Baumpyramiden  (Picea)  hervorsprossen,  während  die 
männlichen  Blüten  sich  mehr  an  den  unteren  Zweigen  entwickeln.  Der  bei 
trockenem,  warmem  Wetter  entleerte  Pollen  wird  von  der  bei  Sonnenschein 
sich  erwärmenden  und  an  den  Bäumen  entlang  aufsteigenden  Luft  mit  empor- 
geführt und  erreicht  so  die  hoch  über  seiner  Bildungsstätte  stehenden  weiblichen 
Zapfen  mit  ihren  zahlreichen  Samenanlagen. 

Sehr  gering  ist  die  Zahl  derjenigen  Samenpflanzen,  bei  denen  das  Wasser 
eine  Rolle  bei  der  Pollenübertragung  zu  spielen  hat;  es  handelt  sich  ausschließ- 
lich um  submerse  Wasserpflanzen,  die  sich  ihrem  Medium  nicht  entziehen 
können  und  als  wasserblütige  oder  hydrophile  Gewächse  neben  die  anemo- 
philen  treten  (z.  B.  Zostera,  das  Seegras  Vallisneria  spiralis  und  Helodea, 
die  Wasserpest). 


Fig.  539.    Anemophile  Blüte  von  Festuca 
elatior.     Nach  H.  Schenck. 


480  Karsten : 

Für  die  große  Mehrzahl  der  Samenpflanzen  jedoch  kommen  weder  Wind 
noch  Wasser,  sondern  Tiere,  und  zwar  in  erster  Linie  Insekten  als  Pollenüber- 
träger in  Betracht.  Auf  Insekten  zur  Pollenübertragung  angewiesene  Pflanzen 
heißen  entomophil. 

Seit  Konrad  Sprengel  in  seiner  berühmten  Schrift  ,,Das  entdeckte 
Geheimnis  der  Natur  im  Bau  und  in  der  Befruchtung  der  Blumen  1793"  die 
Wechselbeziehungen  zwischen  den  die  Blumen  besuchenden  Insekten  und 
den  Formen  und  Farben  der  Blumen  aufgedeckt  hatte,  ist  kein  anderes  Ge- 
biet der  Biologie  so  eifrig  durchforscht  worden  wie  die  Blütenökologie,  die 
man  schon  begann  mit  dem  Begriff  der  Pflanzenbiologie  überhaupt  zu  ver- 
wechseln. Um  so  merkwürdiger  ist  es,  daß  sich  niemand  die  Frage  vorgelegt 
hatte,  ob  denn  die  unserem  Auge  sich  darbietenden  Farben  auch  von  den 
Insekten  in  gleicher  Art  wahrgenommen  werden  könnten?  Freilich  erschien 
es  schwer,  sich  das  Auftreten  der  ganzen  Farbenpracht  unserer  Wiesen  und 
Obstbäume  anders  zu  denken,  denn  als  ,, Schauapparat"  für  die  Nahrung 
suchende  Insektenwelt,  deren  Hunger  zu  befriedigen  die  Blumen  eigene  Vor- 
kehrungen in  ihren  Nektarien  besitzen,  obwohl  ja  auch  nicht  entomophile 
Blüten,  wie  diejenigen  unserer  Koniferen,  die  Narben  von  Corylus  u.  a.,  intensive 
Farben  entwickeln. 

Es  ist  das  Verdienst  von  C.  Hess(ö),  dieser  Frage  nachgegangen  zu  sein. 
Auf  Grund  seines  Nachweises,  daß  die  Bienen,  die  wichtigsten  Blütenbestäuber, 
in  einem  Merkmal  mit  farbenblinden  Menschen  übereinstimmen,  darf  man 
eine  Rot- Grün-Farbenblindheit  bei  Bienen  im  allgemeinen  annehmen,  wäh- 
rend Hess  für  völlige  Farbenbhndheit  eintrat. 

Durch  eine  Reihe  sorgfältiger,  experimenteller  Arbeiten  hat  v.  Frisch  (5a)  diese 
Meinung  zu  entkräften  gewußt  und  höchst  interessante  innigere  Beziehungen  zwischen 
Bienen  und  ßlütenbesuch  festgestellt.  Er  unterscheidet  bei  den  Blütenbesuchen  der  Bienen 
zwischen  „Suchern"  und  „Sammlern".  Die  Sucher  finden  neue  ergiebige  Nektarquellen 
mittels  der  Farben  (es  wurde  mit  gelb  und  blau  experimentiert)  aus  beträchtlicher  Ent- 
fernung auf  und  erkennen  in  der  Nähe  an  dem  Blütendufte  mit  großer  Genauigkeit  die 
für  sie  geeigneten  Blüten  heraus.  Sie  übermitteln  ihre  Befunde  den  Stockgenossen  mittels 
einer  charakteristischen  Zeichensprache  und  kehren  mit  einem  oder  mehr  Sammlern  zu 
der  Fundstelle  zurück,  die  nun  stetig  weiter  ausgebeutet  wird. 

Unzweifelhaft  bleibt  also  die  Wechselwirkung  zwischen  Blumen  und 
Insekten  bezüglich  des  Farben-,  Geruch-  und  Formensinns  bestehen.  Wenn 
eine  Fernwirkung  des  Duftes  für  Bienen  im  allgemeinen  nicht  nachzuweisen 
war,  so  scheinen  Falter,  Sphingiden  und  Eulen  darin  abzuweichen.  Denn 
welche  Vorstellung  sollte  man  sich  von  dem  starken,  gegen  Abend  sich  steigern- 
den Duft  von  Lonicera,  Philadelphus  usw.  machen,  wenn  nicht  die  eines  An- 
lockungsmittels für  Nachtfalter,  die  dem  Dufte  entgegenfliegen  und  damit 
ihre  Nahrungs quelle  zu  finden  vermögen?  Wie  wollte  man  sich  die  Nektarien 
und  die  Ausgabe  von  großen  Mengen  eines  so  wichtigen  Pflanzenreservestoffes 
wie  Zucker  erklären,  wenn  die  Gäste,  die  ihn  gierig  aufsuchen,  den  Blüten 
nicht  unentbehrlich  wären?  Wie  endlich  kann  man  den  Blütenbau  einer 
Salvia,  einer  Orchis,  ja  irgendeiner  dorsiventral  gebauten  Blüte  verstehen 
wollen,  wenn  man  ihn  nicht  in  Beziehung  bringt  zu  den  sie  aufsuchenden,  ihren 
Nektar  saugenden  und  sie  dabei  bestäubenden  Insekten?  Die  wechselseitigen 
Anpassungen  der  Blütenformen  und  der  Insektenkörper  sind  so  zahlreich,  und 
die  Erfahrung,  daß  sonst  wohlgedeihende  Pflanzen  fern  ihrer  Heimat  aus  Mangel 
an  den  ihnen  angepaßten  Blütenbestäubern  unfruchtbar  bleiben  —  wie  es 
z.  B.  bei  der  Vanille  der  Fall  war,  bis  man  die  Blüten  durch  Menschenhand 
bestäubte  — ,  nachgerade  so  häufig  gemacht  worden,  daß  man  an  dem  Angepaßt- 
sein von  Blüten  an  bestimmte  Insekten  und  umgekehrt  nicht  zweifeln  kann. 


Spermalophyta. 


481 


540.     Blütenbestäubung    bei  Salvia   pratensis. 
(Erklärung  im  Text.)     Nach  F.  NoLL. 


Meist  ist  die  Lage  der  vom  Insekt  aufgesuchten  Nektarien  derart,  daß  das  Haar- 
kleid der  Tiere  an  ganz  bestimmten  Stellen  Pollenkörner  mitnehmen  muß,  die  beim 
Besuche  anderer  Blüten  auf  die  Narbe  übertragen  werden.  Da  ist  es  denn  wichtig,  daß 
solche  entomophilen  Pflanzen  ihre  Pollenkörner  ganz  anders  ausrüsten  als  die  vorher 
betrachteten  anemophilen.  Viele  stachlichte  Hervorragungen,  rauhe  oder  klebrige  Ober- 
flächen oder  das  Zusammenbleiben  in  Tetraden,  ja  in  ganzen  Pollenfächern  wie  bei  Orchis 
(P'ig,  842)  und  Asclepias  sind  für  den  Pollen  entomophiler  Pflanzen  charakteristisch.  Daß 
solcher  Pollen  neben  dem  Nektar  für 
manche  Insekten  ein  besonders  wert- 
volles, weil  stickstoffhaltiges  Nahrungs- 
mittel bildet,  wie  für  die  Bienen,  die 
ihn  zum  „Bienenbrot'-  verkneten,  ist 
ebenfalls  von  Bedeutung. 

Ein  sehr  inniges  Zusammen- 
wirken von  Blütenbau  und  Insekten- 
körper bietet  die  Bestäubung  von 
Salvia  pratensis  durch  Hummeln. 
Fig.  540/  zeigt  eine  Salviablüte  mit 
einer  Nektar  suchenden  Hummel  auf 
der  Unterlippe.  Salvia  hat  nur  zwei 
Staubblätter,  deren  Antherenhälften 
ganz    verschieden     entwickelt     sind: 

die  eine  ist  steril  und  bildet  eine  Verschlußklappe  in  der  Blumenkronröhre  jFig.  540.^), 
die  andere  sitzt  am  Ende  eines  langgestreckten  Konnektivs,  das  diese  fertile  Hälfte  unter 
die  Wölbung  der  Oberlippe  hinaufhebt.  So  ist  ein  ungleichseitiger  Hebel  gebildet,  der 
drehbar  an  der  Filamentspitze  befestigt  ist.  Bei  Einführung  des  Rüssels  übt  die  Hummel 
einen  Druck  auf  den  kürzeren  Arm,  die  fertile  Antherenhälfte  wird  damit  durch  die 
Hebelwirkung  des  Konnektivs  (c)  um  den 
Ansatzpunkt  am  Filament  f/J  gedreht  und 
fest  auf  dem  Haarkleid  des  Hummelhinter- 
leibes abgestreift; (Fig.  540/,  j).  Beim  Be- 
suche einer  älteren  ^Blüte  findet  sie  den 
Griffel  weiter  unter  der  Oberlippe  hervor- 
gewachsen (vgl.  S.  483  Dichogamie)  und 
seine  Narbe  genau  an  der  Stelle  jener 
Antherenhälfte,  so  daß  von  dort  mit- 
genommene Pollenkörner  auf  dem  sichersten 
Wege  der  Narbe  übermittelt  werden  müssen. 

Jedoch  nicht  die  Nahrung  allein  zieht 
die  Insekten  zu  den  Blüten  hin,  auch  der 
Fortpflanzungsinstinkt  führt  sie  in 
einigen  Fällen  zum  Blütenbesuch.  Das  miß- 
farbige Aussehen  und  der  Aasgeruch  mancher 
Araceen,  Asclepiadaceen-  und  Aristolochia- 
ceenblüten  veranlassen  Aasfliegen  zum  Be- 
such der  Blüten,  in  denen  sie  ihre  Eier 
ablegen  und  gleichzeitig  Pollen  anderer 
vorher  besuchter  Blüten  übertragen.  Die 
Bestäubung  der  Feigenblüten  (Fig.  541) 
wird  durch  eine    Gallwespe  besorgt,  welche 

in  die  krugförmigen  Blütenstände  einkriecht,  ihre  Eier  in  die  kurzgriffeligen  Gallblüten 
ablegt  und  dabei  den  vom  „Caprificus",  den  männlichen  Blütenpflanzen,  mitgebrachten 
Pollen  den  langgriffeligen  weiblichen  Samenblüten  zuführt  (Fig.  541).  Yucca  filamentosa 
endlich  ist  für  ihre  Fortpflanzung  gänzlich  auf  eine  Motte  (Pronuba)  angewiesen,  welche 
ihre  Eier  in  die  Yucca-Fruchtknoten  ablegt  und  die  Narbe  gleichzeitig  bestäubt.  Wenn 
auch  die  Raupen  einen  großen  Teil  der  Samenanlagen  fressen,  so  bleiben  doch  stets  Samen 
übrig,  während  ohne  Bestäubungsvermittler,  wie  die  bei  uns  kultivierten  Exemplare  zeigen, 
überhaupt  kein  Samenansatz  erfolgen  kann. 

Strasburg  er,  Lehrbuch  der  Botanik.     16,  Aufl.  31 


Fig.  541.  Ficus  carica.  A  Längsschnitt  durch 
einen  Blütenstand.  B  Samenblüte.  C  Gallen- 
blüte. D  Männliche  Blüte.  B—D  vergr. 
D  nach  Kerner.  B,  C  nach  H.  Graf  Solms- 
Laubach. 


482. 


Karsten : 


Neben  der  Entomophilie  spielt  die  auf  amerikanische  Kolibris  und  die  Honigvögel 
der  alten  Welt  sich  beziehend  Ornithophilie  eine  weit  bescheidenere  Rolle.  Einen 
besonders  merkwürdigen  Fall  von  Anpassung  zwischen  einer  Blüte  und  ihrem  Bestäuber 
stellt  die  in  unseren  Gewächshäusern  häutig  kultivierte  Strelitzia  reginae  dar  (Fig.  542). 
Ihre  drei  äußeren  Perigonblätter  (^)  sind  lebhaft  orangerot  gefärbt;  das  große  azurblaue 
Labellum  {p)  entspricht  einem  der  inneren  Perigonblätter,  während  die  beiden  übrigen 
(/)  unscheinbar  bleiben  und  den  Zugang  zum  Nektarium  überdachen,  das  reichlich  Nektar 

austräufeln  läßt.  Staubblätter 
{st)  und  Griffel  {g)  liegen  in 
einer  das  Labellum  der  Länge 
nach  durchziehenden  Rinne, 
deren  Ränder  leicht  ausein- 
anderklappen; die  Narbe  (g) 
ragt  frei  über  das  Labellum 
hinaus.  Der  in  den  gleichen 
Farben  prangende  Vogel,  Nec- 
tarinia  Afra,  fliegt  zuerst  die 
Narbe  an  und  streift  nachher, 
auf  dem  Labellum  weiter  vor- 
dringend, den  Pollen  der 
Staubblätter  ab,  den  er  auf 
eine  nächste  Narbe  übei'tragen 
kann.  Ebenso  eigenartig  ist 
der  Bau  der  hängenden  Marc- 
gravia  -  Infloreszenzen  mit 
Deckblättern,  die  zu  Nektar 
haltenden  Kannen  umgewan- 
delt sind;  doch  steht  dieser 
nach  neueren  Beobachtungen 
nicht  mit  der  Entomophilie 
in  Beziehung  (ob).  Durch  die 
angeführten  Untersuchungen 
von  Hess  (S.  480)  wird  es  er- 
klärlich, daß  die  meisten  orni- 
thophilen  Blüten  intensiv  rot 
gefärbt  sind  (Aloe,  Clianthus, 
epiphytiscbe  Loranthaceen 
usw.),  da  die  Empfindlichkeit 
für  Rot  beim  Tagvogel  jener 
für  unser  Auge  ähnlich  ist. 
Der  Vollständigkeit 
halber  seien  auch  noch  die 
chiropterophilen  Blüten 
erwähnt,  z.  B.  diejenigen  der 
PandanaceeFreycinetia,  deren 
innere  Deckblätter  den  großen 
Fledermäusen  des  Malay- 
ischen  Archipels,  den  be- 
kannten „fliegenden  Hun- 
den", ein  beliebter  Lecker- 
bissen sind,  wofür  sie  sich 
durch  die  Pollenübermitte- 
lung dieser  diözischen  Pflanze  nützlich  erweisen.  Endlich  sollen  Calla  palustris,  Chrysos- 
plenium  und  Aspidistra  durch  Schnecken  bestäubt  werden,  sie  wären  demnach  als  malako- 
phile  Pflanzen  zu  bezeichnen. 

Da  die  Mehrzahl  angiospernier  Pflanzen  hermaphrodite  Blüten  besitzt, 
könnte  es  merkwürdig  erscheinen,  daß  so  mannigfache  und  verwickelte  An- 
passungen der  Übertragung  des  Pollens  auf  andere  Blüten,  also  der  Kreuzung 


Fig.  542.     Ornithophile    Blüte   von  Strelitzia   reginae   und 

Querschnitt  durch  das  große  Labellum^.   t  Äußere, ^ innere 

Perigonblätter,  g  Griffel  bzw.  Narbe,  st  Staubblätter.     Aus 

A.  F.  W.  SCHIMPER,  Pflanzengeographie. 


Spermatophyta. 


483 


dienen  müssen.  Zunächst  aber  liefert  oft  die  Bestäubung  mit  eigenem  Pollen, 
die  Selbstbestäubung  oder  Autogamie,  minder  guten  Samenansatz,  z.  B. 
bei   dem   Roggen,   oder  bleibt  ganz   ohne   Erfolg.      Derartige   „selbststerile" 


Fig.  543.     Blüte  von  Anthriscus  silvestris. 
liehen  Stadium. 


Schwach  vergr.     / 
Nach  H.  Müller. 


2. 


männlichen,  2  im  weib- 


Pflanzen  sind  z.  B.  Lobelia  fulgens,  Corydalis  cava,  Cardamine  pratensis. 
Ebenso  wird  Fremdbestäubung,  Allogamie,  eintreten  müssen,  wenn  der 
Pollen  nur  nach  Verwundung  der  Narbe  zu  keimen  vermag,  wie  bei  Laburnum 
vulgare;  hier  erfüllt  nur  Insektenbesuch,  der  in  der  Regel 
fremden  Pollen  mitbringen  dürfte,  die  Keimungsbedingung 
und  sclüießt  damit  blüteneigenen  Pollen  aus.  Bai  Orchi- 
deen aber  wirkt  der  eigene  Pollen  vielfach  direkt  schädi- 
gend und  läßt  die  damit  belegte  Blüte  alsbald  absterben. 

Aber  auch  wo  keine  Sslbststerilität  besteht,  gibt  es 
zahlreiche  und  sehr  mannigfaltige  Einrichtungen,  die  eine 
Selbstbestäubung  hermaphroditer  Blüten  völlig  unmög- 
lich machen  und  Fremdbestäubung  begünstigen.  Daß 
Diözie  die  Selbstbestäubung  ausschließt,  daß  monözische 
Blütenverteilung  wenigstens  die  Bestäubung  mit  blüten- 
eigenem Pollen  verhindern  muß,  bedarf  ja  keiner  Erörte- 
rung. Ein  gleiches  Verhältnis  wird  dort  vorliegen,  wo 
die  beiden  Geschlechter  einer  hermaphroditen  Blüte  un- 
gleichzeitig reifen.  Dieser  sehr  häufige  Fall  wird  als 
Dichogamie  bezeichnet.  Naturgemäß  sind  bei  dichoga- 
men  Pflanzen  zwei  verschiedene  Möglichkeiten  vorhanden; 
entweder  reifen  die  Staubblätter  zuerst,  und  der  Pollen 
wird  entleert,  bevor  die  Narben  derselben  Blüte  belegungs- 
fähig sind,  die  Pflanze  ist  prot andrisch,  oder  um- 
gekehrt der  Griffel  mit  seinen  Narben  ist  reif,  bevor  der 
Pollen  verbreitet  werden  kann,  die  Pflanze  ist  protogyn. 

Die  Protandrie  ist  der  weitaus  häufigere  Fall  der 
Dichogamie.  So  sind  bei  den  Blüten  der  Kompositen, 
Campanulaceen,  Lobeliaceen,  Umbelliferen  (Fig.  543), 
Geraniaceen,  Malvaceen  (Fig.  709)  u.  a.  die  Narben  noch 
unentwickelt,  wenn  die  Staubblätter  ihre  Pollenmassen 
entlassen.  Auch  bei  Salvia  (Fig.  540)  ist  Protandrie  not- 
wendige Voraussetzung  der  Fremdbestäubung.  Bei  der 
Protogynie  dagegen  wird  die  Bestäubung  nur  von 
Seiten  älterer  Blüten  möglich  sein,  deren  Pollen  nach  Abblühen  des  Griffels 
und  seiner   Narben  freigoworden  ist.     Hierher  gehören   die  Plantaginaceen 

31* 


Fig.  544.  Blüten- 
stand von  Plantago 
media  mit  protogy- 
nen  Blüten.  Aus  den 
mittleren  noch  ge- 
schlossenen Blüten 
ragt  der  bestäubungs- 
fähige Griffel  hervor 
(5).  Die  unteren 
Blüten  haben  den 
Griffel  bereits  ver- 
loren, dafür  aber  die 
langen  Staubblätter 
entfaltet  (J).  Nach 
F.  NOLL. 


484 


Karsten . 


(Fig.  544),  Scrophularia  nodosa,   Aristolochia  Clematitis,   Arum  maculatum, 
Helleborus,  Magnolia. 

In  gleichem  Sinne  wirkt  die  von  Darwin  zuerst  aufgedeckte  Hetero- 
stylie,  die  freilich  Tischler  zufolge  durch  Ernährungseinflüsse  verändert 


Fig.  545.    Primula  sinensis.    Zwei  heterostyle  Blüten  von  verschiedenen  Stöcken.    Schwach 

vergrößert.      L    Langgriffel  ige,    K  kurzgriffelige    Blütenform,    G   Griffel,    S   Staubbeutel. 

P  Pollenkörner   und   N  Narbenpapillen    der   langgriffeligen,  p   und    n   Pollenkörner   und 

Narbenpapillen  der  kurzgriffeligen  Form.     P,  N,  p,  w   bei  llOfacher  Vergrößerung. 

Nach  F.  NoLL. 


werden  kann.  Halten  wir  uns  an  das  abgebildete  Beispiel  (Fig.  545)  von  Pri- 
mula sinensis,  so  zeigt  sich  beim  Vergleich  von  Blüten  verschiedener  Individuen, 
daß  sie  sich  in  der  Länge  ihrer  Staubblätter  und  Narben  unterscheiden.  Man 
findet  ,,langgrif feiige"  Blüten,  deren  Narben  den  Eingang  der  Kronröhre  ver- 
engern, deren  Antheren  dagegen  tief  unten 
in  der  Röhre  sitzen;  ein  anderes  ,, kurz- 
griffeliges"  Individuum  zeigt  die  Antheren 
in  Höhe  der  Narbe  jener  erstbetrachteten 
Blüte,  die  Narbe  in  Höhe  ihrer  Antheren. 
Ein  und  dasselbe  Insekt  kann  natürlich 
nur  gleich  hochstehende  Blütenorgane  mit 
derselben  Körperstelle  berühren,  also  nur 
die  sich  ihrer  Lage  nach  entsprechenden 
Blütenteile  bestäuben,  so  daß  Fremd- 
bestäubung gesichert  ist.  Die  Betrach- 
tung der  Pollenkörner  und  der  Narben- 
papillen läßt  leicht  erkennen,  daß 
ihre  Größenverhältnisse  wechselseitige  Be- 
stäubung bedingen. 

Derartige  ,, dimorphe"  Heterostylie 
finden  wir  noch  bei  Hottonia,  Pulmonaria, 
Linum,  Menyanthes ;  dagegen  besitzen  Ly- 
thrum  salicaria  und  Oxahs-Arten  dreierlei 
verschiedene  Stellungen  für  Narben  und 
Antheren,  sie  sind  ,,trimorph  heterostyle" 
Pflanzen. 

Bei   zahlreichen   Blüten  ist   endlich 

die  Anordnung  derartig,   daß   der  Pollen 

durch  seine  Lage  vollkommen  verhindert  wird,  überhaupt  mit  der  eigenen  Narbe 

in  Verbindung  zu  kommen.   Dies  Verhalten  heißt  Herkogamie.    So  trägt  Iris 

ihre  drei  Antheren  unter  den  Griffelwölbungen,  Orchis  heftet  die  beiden  Pol- 


I 


Fig.  546.  Blüten  von  Aristolochia  Cle- 
matitis, längs  durchschnitten.  /  Junge 
Blüte.  iV  Narben,  S  Staubbeutel. 
//Ältere  Blüte,  vgl.  den  Text.  2/1. 
Nach  F.  NoLL. 


Sperrnatophyta.  485 

linien  über  der  Narbe  fest,  Asclepias  schließt  die  fünf  Pollinien   an  Griffel- 
schwellungen  mit   Klemmkörperchen   paarweise   zusammen    (vgl.   Fig.   755). 

Bisweilen  wirken  Herkogamie  und  Dichogamie  zusammen:  Die  protogyne  Blüte  von 
Aristolochia  Clematitis  (Fig.  546)  steht  im  ersten  Blütenstadium  mit  geöffnetem  Schlünde 
aufgerichtet.  Kleine  Insekten  vermitteln  die  Bestäubung.  Beim  Einkriechen  in  den  auf- 
recht stehenden  Trichter  können  sie  zwischen  abwärts  gerichteten  Reusenhaaren  hindurch 
in  den  Kessel  vordringen.  Ihrer  Flucht  aus  diesem  Gefängnis  stehen  aber  eben  jene 
Haare  so  lange  entgegen,  bis  im  zweiten  Blütenstadium  die  Bestäubung  der  Narbe  durch 
aus  älteren  Blüten  mitgebrachten  Pollen  vollzogen  ist.  Dann  öffnen  sich  die  unter  dem 
säulenförmigen  Griffel  befindlichen  Antheren,  die  Blüte  sinkt  schlaff  herab  und  die  In- 
sekten können  mit  frischem  Pollen  versehen  über  die  gleichzeitig  vertrocknenden  Reusen- 
haare hinweg  ins  Freie  gelangen  und  neue,  jüngere  Blüten  aufsuchen.  Alle  diese  mannig- 
faltigen und  zum  Teil  direkt  raffinierten  Einrichtungen  zur  Erzielung  der  Kreuzung 
weisen  darauf  hin,  daß  es  bei  der  Befruchtung  darauf  ankommen  dürfte,  derartige  Ge- 
schlechtszellen zu  vereinigen,  die  in  ihren  vererbbaren  Eigenschaften  weiter  voneinander 
differieren,  als  es  bei  Abkömmlingen  derselben  Blüte  der  Fall  sein  könnte.  Auch  pflegen 
allogam  erzeugte  Nachkommen  kräftiger  zu  sein  als  autogam  entstandene. 

Wenn  nun  trotzdem  bei  gewissen  Pflanzen  neben  den  für  Wind-  oder  Insekten- 
bestäubung eingerichteten  großen  chasmogamen  Blüten  kleine  unscheinbare  Blüten 
vorkommen,  die  sich  niemals  öffnen  und  nur  der  Selbstbestäubung  dienen  können,  so 
lassen  sich  solche  kleistogamen  Blüten  (')  wohl  damit  verständlich  machen,  daß 
diesen  Pflanzen  ein  weiteres  Propagationsmittel  gegeben  ist,  das  ihren  Nachkommen 
wieder  zu  gelegentlicher  Kreuzung  mit  Hilfe  der  großen  chasmogamen  Blüten  verhelfen 
kann.  Kleistogamie  ist  häufig  oder  regelmäßig  vorhanden  bei  Impatiens-,  Viola-,  Lamium-, 
Stellaria-Arten,  bei  Specularia  perfoliata,  den  unterirdischen  Infloreszenzen  von  Lathraea 
squamaria,  Juncus  bufonius  u.  a.;  Polycarpon  tetraphyllum  besitzt  nur  kleistogame  Blüten. 

Entwicklung  der  Geschlechtsgeneration   bei   den   Samenpflanzen. 

A.  Bei  den  Gymnospermen (')  enthalten  die  Mikrospuren  ein  wenig- 
zelliges  Prothallium,  das  sich  innerhalb  der  großen,  später  zum  Pollenschlauch 
auswachsenden  Zelle,  deren  Kern  in  Fig.  547  mit  k  bezeich- 
net ist,  der  Außenwand  anlegt.  Die  ältesten  {p)  stellen  den 
Rest  vegetativer  Prothalliumzellen  dar.  Auf  sie 
folgt,  als  letzte  abgegebene  Zelle,  die  spermatogene 
Zelle  {sp).  Diese  zerfällt  früher  oder  später  in  die  Mutter-  _^ 

zelle  des  Antheridiums  (Fig.  548 5[7w])  und  eine  sterile  jrj„547  Poiienkorn 
Schwesterzelle,  die  jene  an  die  übrigen  Zellen  des  Pro-  von  Ginkgo  biloba 
thalliums  anheftet  (s).  Nur  durch  Ab-  oder  Auflösung  der  noch  innerhalb  des 
sterilen  Schwesterzelle,  die  Goebel  daher  Dislokatorzelle  Mikrosporangiums. 
nennt,  kann  also  die  Antheridium-Mutterzelle  frei  werden  e  "^^trasburger 
und  in  den  Pollenschlauch  einwandern.  Sie  bildet  dabei, 
oder  schon  solange  sie  noch  festsitzt,  zwei  Tochterzellen,  die  generativen 
Zellen,   Spermazellen  oder  männlichen  Geschlechtszellen. 

a)  Cycadeen. 

Bei  den  Cycadeen  und  bei  Ginkgo  erhalten  diese  Zellen  noch  die  Form 
von  Spermien,  so  daß  sie  sich  hierin  direkt  an  die  spermiumbildenden  hetero- 
sporen  Archegoniatcn  anschließen.  Die  Entwicklung  ist  in  Fig.  548  an  Zamia 
dargestellt,  und  die  Figurenerklärung  gibt  über  die  Einzelheiten  Auskunft. 
Wie  die  Fig.  549  {a)  weiter  zeigt,  bleiben  die  beiden  Rücken  an  Rücken  aus- 
gebildeten Spermien  eine  Zeitlang  an  der  sterilen  Schwesterzelle  des  Anthe- 
ridiums haften,  nach  ihrer  Ablösung  (6)  runden  sie  sich  ab  und  zeigen  ihr  ver- 
jüngtes Vorderende  mit  einem  schraubig  den  Körper  umlaufenden  Zilien- 
kranze  versehen,  der  ihre  Schwimmbewegung  ermöglicht  (Fig.  552). 


486 


Karsten 


Weibliche  Zapfen  von  Zaniia  tragen  eine  Anzahl  von  Sporophyllen, 
deren  sechseckige  Oberflächenbilder  genau  aneinander  passen.  Jedes  Sporo- 
phyll  führt  zwei  Makrosporangien.  Sie  bestehen  aus  einem  Nucellus  und  einem 
Integument.      Zwischen  den   Integumenträndern  bleibt  über  dem  Nucellus- 


'^4 


Fig.  548.  Zamia  floridana.  Spermienbildung  nach  H.  J.  Webber.  A  Reifes  Pollenkorn, 
800.  B,  C,  D  Verschiedene  Stadien  der  Antheridiumentwicklung,  B,  C  400,  D  200.  k  Kern 
des  Pollenschlauches,  sp  spermatogene  Zelle,  p  erhaltene  vegetative  Prothalliumzelle,  die 
[B)  in  die  sterile  Schwesterzelle  j  des  Antheridiums  hineinwächst,  m  Antheridium-Mutter- 
zelle,  d.  h.  Mutterzelle  der  Spermien,  e  Exine.  In  der  Mutterzelle  sind  die  großen 
sternförmigen  Blepharoplasten  bl  sichtbar,  welche  die  Zilien  bilden  werden,  die  in  D  als 
kleine  Körnchen  die  Querschnitte  des  Zilienbandes  zeigen.  Stärkekörner  sind  im  Pollen- 
schlauch vorhanden,  in  C  treten  sie  auch  in  der  vegetativen  Zelle  und  in  der  sterilen 
Schwesterzelle  auf,  in  D  erscheinen  beide  mit  Stärke  vollgepfropft,  D  zeigt  die  beiden  aus 
der  Spermienmutterzelle  hervorgehenden  Spermien  i/ durch  eine  Wand  voneinander  getrennt. 


Fig.  549.  Oberes  Ende  des  Pollenschlauches  von 
Zamia  floridana  mit  vegetativer  Prothalliumzelle  p. 
steriler  Schwesterzelle  s  und  den  beiden  Spermien, 
a  Vor  Beginn  der  Bewegung,  b  nach  Eintritt  der 
Zilienbewegung.  Die  Prothalliumzellen  sind  zer- 
rissen, die  Trennung  der  beiden  Spermien  ist  fort- 
geschritten.    Nach  H.  J.  Webber.     Vergr.  ca.  75. 


Fig.    550.      Zamia    floridana.       Frei 

schwimmendes  reifes  Spermium.  Nach 

H.  J.  Webber.     Vergr.  150. 


Scheitel  die  Miki'opyle  als  offener  Kanal  erhalten.  Zur  Zeit  des  Stäubens  der 
männlichen  Zapfen  weichen  die  einzelnen  sechseckigen  Makrosporophyll- 
schilder  auseinander,  so  daß  der  vom  Winde  herbeigeführte  Pollen  freien  Zu- 
tritt findet.   Auf  dem  Scheitel  des  Nucellus  bildet  sich  zu  dieser  Zeit  eine  mehr 


Spermatophyta. 


487 


Q^ 


oder  minder  tiefe  Höhlung  —  die  sog,  Pollenkamnier  (Fig.  551)  — ,  während 
die  dabei  aufgelösten  Zellen,  vielleicht  in  Gemeinschaft  mit  flüssiger  Ausschei- 
dung der  angrenzenden  Nucelluszellen,  eine  schlei- 
mige Masse  darstellen,  welche  den  Mikropylenkanal 
füllt  und  als  Tropfen  aus  ihm  hervorquillt.  In 
diesen  Tropfen  gelangen  die  zwischen  die  Sporo- 
phylle  eingedrungenen  Pollenkörner  und  werden 
mit  der  eintrocknenden  Flüssigkeit  durch  den  Mikro- 
pylenkanal auf  den  Nucellus  und  in  die  Pollen- 
kammer niedergesogen. 

Während  der  geschilderten  Entwicklung  der 
Mikrosporen  zu  Pollenschläuchen  und  der  Bildwng 
ihrer  Spermien  (Fig.  550)  wächst  der  im  Grunde 
des  Nucellus  liegende,  mit  Prothalliumgewebe  be- 
reits gefüllte  Embryosack  mächtig  heran.  Wie  bei 
den  Koniferen  (Fig.  558)  geht  er  aus  der  Tetraden- 
teilung  einer  Embryosackmutterzelle  hervor,  die 
meist  wie  im  Makrosporangium  von  Selaginella  alle 
übrigen  gleichen  Anlagen  verdrängt  hat,  und  von 
deren  vier  Tochterzellen  nur  eine  Makrospore,  der 
Embryosack  übrig  bleibt.  Der  Nucellus  schwindet 
fast  bis  zum  Gipfel,  und  der  Embryosack  gelangt  so 


VCP  : 


Fig.  551.  Längsschnitt  durch 
einjunges  Makrosporangium 
von  Ginkgo  biloba  nach 
CouLTEK  und  Chamber- 
LAIN.  Vergr.  35.  ?n  Mikro- 
pyle,  t  Integument,  p  Pollen- 
kammer ,  e  Embryosack, 
7.'  Wucherung  des  Sporo- 
phylls. 


\,',.jx^.^^.^».^5^.:y>,. 


Fig.  552.  Dioon  edule.  Oherer  Teil  eines  Nucellus  zur  Zelt  der  Befruchtung.  Die  Pollen- 
schläuche haben  sich  zunächst  durch  seitliche  Auszweigungen  im  Nucellusgewebe  fest 
verankert  und  sind  dann  aus  der  bereits  zugewachsenen  Pollenkamnier  heraus  in  den 
Nucellus  tiefer  eingedrungen.  Sie  haben  die  Archegonienkammer  erreicht,  und  aus  zweien 
ist  der  Inhalt  bereits  entlassen.  Zwei  große  Archegonien  ragen  mit  ihren  Halszellen  in 
die  Archegonienkammer  vor.     Nach  Ch.  J.  Chamberlain. 


488 


Karsten : 


A 


\ 


in  die  Nähe  der  Pollenkammer,  Am  Scheitel  des  Embryosackes  sind  die  großen 
Archegonien  meist  in  Vierzahl  vorhanden,  je  durch  einige  Gewebelagen  von- 
einander getrennt.  Jedes  Archegonium  besitzt  einen  Halsteil  und  gibt  schließ- 
lich auch  eine  Kanalzelle  ab.  Gerade  über  den  Archegonien  findet  sich  eine 
Einsenkung  im  Prothallium,  die  Ar chegonien kämme r  (vgl.  Fig.  552),  bei 
Dioon  z.  B.  von  2  mm  Durchmesser  und  1  mm  Tiefe.  In  diese  Höhlung  wachsen 
die  Pollenschläuche  hinein  und  entlassen  hier,  sich  vielleicht  unter  Mitwirkung 
der  mit  Keservestoffen  gefüllten  Prothallium-  und  Dislokatorzelle  apikal  öff- 
nend, ihre  Spermien  zugleich  mit  einem  Tropfen  wäßriger  Flüssigkeit,  der 
ihnen  einige  Bewegung  gestattet.  Sie  müssen  beim  Eindringen  in  das  Arche- 
gonium ihre  breite  Form  erheblich  zusammenpressen, 
um  die  schmale  Pforte  zwischen  den  aufgebrochenen 
Halszellen  hindurch  zu  passieren.  Das  Spermium  streift 
im  Eiplasma  vordi'ingend  das  Zilienband  ab  und  ver- 
einigt sich  mit  dem  Eikern,  womit  die  Befruchtung 
vollzogen  ist.  (Vgl.  jedoch 
S.  491.)  Aus  der  Vereini- 
gung der  Kerne  entsteht 
der  Keimkern  (Fig.  553), 
der  alsbald  in  Teilung  ein- 
tritt. In  seinen  Tochter- 
kernen werden  in  rascher 
Folge  stets  gleichzeitig  ver- 
laufende "Weiterteilungen 
durchgeführt,  bis  nach  der 
achten  Teilung  etwa  256 
freie  Kerne  den  Zellraum 
füllen.  Sie  drängen  ins 
untere  Ende  des  befruch- 
teten Eies,  wo  Zellwand- 
bildung zwischen  ihnen 
eintritt. 

Damit  ist  ein  sog. 
Proembryo  entstanden 
(Fig.  554),  dessen  fort- 
wachsender Scheitel  von  dem  zunächst  aus  nur  wenig  Zellen  bestehenden 
Embryo  gebildet  wird.  Die  weiter  zurückliegenden  Zellen  strecken  sich  stark 
und  schieben  als  Embryoträger  oder  Suspensor  den  Embryo  in  das  Pro- 
thallium hinein,  das  bei  den  Spermatophyten  Endosperm  genannt  wird 
und  als  Nährgewebe  für  den  heranwachsenden  Embryo  dient.  Dieser  besitzt 
schließlich  an  seinem  in  das  Prothallium  vorgeschobenen  Ende  zwei  mächtige 
Keimblätter  oder  Kotyledonen,  zwischen  denen  sich  die  Anlage  der 
Stammknospe,  die  Plumula,  birgt.  Der  unterhalb  der  Kotyledonen  be- 
findliche Teil  des  Stammes  heißt  Hypokotyl;  ergeht  allmählich  in  die  Haupt- 
wurzel oder  Radicula  über,  die  stets  gegen  die  Mikropyle  gekehrt  ist. 

b)  Koniferen  ('^). 

Die  Koniferen  zeigen  eine  vom  geschilderten  Entwicklungsgange  ab- 
weichende Ausbildung  ihrer  keimenden  Mikrosporen.  Der  Pollenschlauch 
entwickelt  sich  an  der  morphologischen  Basis  der  Mikrospore.  Die  Prothallium- 
zellen, deren  Zahl  bei  der  sehr  alten  Gattung  Ai'aucaria  (Fig.  555)  größer  als  bei 
den  übrigen  Koniferen  und  Cycadeen  ist,  vergehen  sehr  bald  (Fig.  556.^),  und 
die  generativen  Zellen  sind  niemals  mehr  in  Form  von  Spermien  ausgebildet. 


Fig.  553.  Zamia  llori 
dana.  Eizelle  unmittel- 
bar nach  der  Verschmel- 
zung des  eingedrungenen 
Spermakernes  mit  dem 
Eikern.  Das  abgeworfene 
Zilienband  in  der  Spitze 
des  Eies.  Ein  zweites 
Spermium  versucht  ins 
Ei  einzutreten.  Nach 
H.  Webber.    Vergr.  18. 


Fig.  554.  Zwei  junge  Pro- 
embryonen von  Dioon  edule  in 
ihrer  Lage  an  der  Archegon- 
kammer, s  Suspensor.  e  Em- 
bryo. Nach  Ch.  Chamberlain. 


Spermatophyta. 


489 


Die  Teilung  der  spermatogenen  Zelle  ergibt  bei  Araucaria  neben  der 
sterilen  Zelle,   dem   Dislokator   Goebels,   die   Antheridium-Mutterzelle,    die 


Fig.  555.  Pollenkorn  von 
Araucaria  brasiliensis  mit 
mehrzelligem  Prothallium 
pc,  pc'  und  sich  teilender 
Antheridium-Mutterzelle  <.p. 
k  Pollenschlauchkern.    616. 

Nach   L.  BURLINGAME. 


\j  r^ 


Fig.  557.  Torreya  taxifolia.  Längsschnitt  durch 
ein  weibliches  Prothallium  mit  großer  Eizelle 
und  Eikern  (o«);  abgegebene  Bauchkanalzelle 
{cl')  und  ein  aufliegender  Pollenschlauch  mit 
Pollenschlauchkern  (/•)  ,  Kern  der  sterilen 
Schwesterzelle  (5)  und  zwei  Spermazellen  (i/^), 
(j/*),  von  denen  die  größere  {sp'^')  allein  funk- 
tionsfähig ist.    Nach  Coultkr  und  Land. 


Fig.  556.  Entwicklung  des  Pollenschlau- 
ches. ^,^PinusLaricio.  300.  Nach  CoUL- 
TER  und  Chamberlain.  C  Picea  excelsa. 
250.  Nach  K.  Miyake.  /  Reste  der 
Prothalliumzellen,  sp  Spermatogene  Zelle. 
m  Antheridium-Mutterzelle,  s  deren  sterile 
Schwesterzelle,  g  Generative  Kerne  von 
ungleicher  Größe  in  gemeinsamer  Plasma- 
hülle,    k  Pollenschlauchkern. 


durch  eventuelles  Platzen  des  Dis- 
lokators  losgelöst  wird.  Sie  liefert 
zwei  zunächst  gleichgroße  Sperma- 
kerne in  gemeinsamer  Plasmahülle, 
doch  scheint  einer  von  ihnen  häufig 
nach  und  nach  zu  schwinden.  Das 
ist  bei  den  Taxaceen  zur  Regel  ge- 
worden. Fig.  557  von  Torreya  taxi- 
folia, einer  nordamerikanischen 
Taxacee,  zeigt  im  Pollenschlauch- 
ende neben  den  Kernen  des  Schlau- 
ches {k)  und  der  sterilen  Schwester- 
zelle (s)  einen  sehr  großen  funk- 
tionsfähigen {sp})  und  einen  um 
mehr  als  die  Hälfte  kleineren,  nicht 
fertilen  Spermakern  {sp^),  jeder 
von  eigener  Plasmamasse  umhüllt. 
Die  Größendifferenz  ist  bei  Taxus 
selbst  noch  erheblicher.  Während 
nun  die  Cupressineen  durchweg 
zwei  gleiche  Spermazellen  besitzen, 
haben  die  Abietineen,  ähnlich  den 
Ai'aucarien  und  Taxaceen  zwei 
ungleich  große  generative  Kerne  in 


490 


Karsten : 


gemeinsamer  Plasmamasse  (Fig.  556). 
Der  vorangehende  größere  allein  ist 
fruchtbar. 

Die  M a k r  0  s  p  0  r  0  p  h  y  11  e  tragen 
in  der  Regel  zwei  M  a  k  r  o  s  p  o  r  a  n  g  i  e  n. 
Die  meist  nur  in  Einzahl  vorhandene 
Makrosporenmutterzelle  geht  eine  Te- 
tr ade nt eilung  ein  (Fig.  558);  doch 
entwickelt  sich  von  ihren  vier  Tochter- 
zellen nur  eine  zum  Embryosacke, 
der  Makrospore.  Sie  verdrängt  die 
Schwesterzellen  und  nach  und  nach 
den  gesamten  sporogenen  Zellkomplex. 


/^ 


Fig.    558. 
durch     das 


Taxus    baccata.      Längsschnitt 
sporogene    Gewebe    mit    einer 
Embryosack-Mutterzelle,    nach  stattgehabter 
Tetradenteilung.  Vergr.  250.  Nach  E.  Stras- 
burger. 


Fig.  559.  Medianer  Längsschnitt  durch  die 
empfängnisreife  Samenanlage  von  Picea 
excelsa.  Vergr.  9.  e  Embryosack  mit  dem 
Prothallium  gefüllt,  a  Bauchteil,  c  Halsteil 
eines  Archegoniums,  o  Eizelle,  n  Eikern, 
nc  Nucellus,  p  Pollenkörner  auf  und  in  der 
Knospenwarze,  t  Pollenschläuche,  i  Integu- 
ment, .?  Samenflügel.   Nach  E.  Strasburger. 


Fig.  560.  Längsschnitt  durch  den  Scheitel  eines  Embryo- 
sackes von  Picea  excelsa  mit  zwei  Archegonien,  deren 
Bauchkanalzelle  bkz  bereits  abgeteilt  ist,  on  Eikern,  v  Zahl- 
reiche  Eiweiß-Vakuolen.     Nach  E.   Strasburger.     80. 


Die  Makrospore  füllt  sich 
unterdessen  mit  Prothal- 
liumgewebe, das  aus  wie- 
derholten Teilungen  ihres 
Zellkernes  und  zugehörigen 
Zellplasmas  hervorgeht 
und  den  ganzen  Innen- 
raum einnimmt  (Fig.  559). 
Am  Scheitel  des  Prothal- 
liums werden  Archego- 
nien angelegt,  die  aus 
einer  mächtigen  Eizelle 
und  einem  kurzen  Hals- 
teil bestehen  und  denen 
der  Pteridophyten  und 
Cycadeen  auch  darin  glei- 
chen, daß  kurz  vor  der 
Befruchtung  eine  kleine 
Bauchkanalzelle  von  der 
Eizelle  abgegeben  wird 
(Fig.  560),  die  bald  zu- 
grunde geht. 


Spermatophyta. 


491 


Die  Befruchtung  selbst  sei  bei  Torreya  taxifülia  dargestellt.  Der  Pollen - 
schlauch  ist  nach  Durchbrechung  der  oberen  Abschlußwandung  in  die  Eizelle 
eingebrochen,  und  der  fertile  Spcrmakern  hat  sich  auf  den  Eikern  gelegt,  wäh- 
rend das  Plasma  der  Spermazelle  beide  Kerne  umhüllt.  Der  übrige  Inhalt 
des  Pollenschlauches,  wie  er  in  Fig.  557  vorhanden 
war,  findet  sich  in  einer  oberen  Ecke  der  Eizelle 
zusammengedrängt. 

Die  weitere  Verschmelzung  der  Kerne  zum 
Keimkern  zeigt  Fig.  562  A  für  Picea  excelsa. 
In  einigen  Fällen  (vielleicht  aber  bei  allen  Cycadeen  und 
Koniferen)  ist  die  Kernvereinigung  weit  komplizierter  als 
bisher  angenommen.  So  schildert  Hutchinson  für  Abies 
balsamea  den  Vorgang  der  Verschmelzung  derart,  daß  die 
beiden  miteinander  vereinigten  Kerne  sich  jeder  für  sich 
teilen  und  dabei  die  haploide  Chromosomenzahl  erkennen 
lassen.  Die  Chromosomen  treten  dabei  aber  paarweise 
zusammen,  was  der  eigentlichen  Verschmelzung  entsprechen 
dürfte,  gerade  wie  es  im  Diakinesestadium  der  hetero- 
typischen Teilung  zu  sehen  ist.  Dann  wird  durch  Quer- 
teilung der  Paare  und  Auseinanderweichen  der  beiden 
Längshälften  die  zu  fordernde  diploide  Zahl  hergestellt. 
Chamberlain  schließt  sich  dieser  Darstellung  für  die 
Cycadee  Stangeria  an. 

Nach  doppelter  Teilung  des   Keimkernes  wandern  die  vier   Kerne  ins 
untere  Ende  des  Eies  und  ordnen  sich  in  einer  Ebene  nebeneinander  an  (Fig. 


Fig.  561.  Befruchtung  bei  Tor- 
reya taxifola.     Nach  Coülter 
und  Land.     Beschreibung    im 
Text. 


ß-r.- 


B 

M 


c 


V-- 


// 


Fig.  562.    .4.  B  Picea  excelsa.    Vergr.  73.    Nach  K.  Miyake.    C— /  Pinus  Laricio.    C—G 
Vergr.  ca.  200.    Nach  N.  I.  Kilpahi^.     //,  /  Vergr.  104.    Nach  Cour/rER  und  Chamber- 
lain.    on  Eikern,  sp^,  sp"  Spermakerne,  s  Suspensor.     Beschreibung  im  Text. 


492 


Karsten : 


562  5);  da  die  weitere  Entwicklung  des  Embryos  nicht  für  alle  Gattungen  die 
gleiche  ist,  so  sei  sie  hier  zunächst  für  Pinus  dargestellt. 

Bei  Pinus  Laricio  (Fig.  562)  wandern  die  aus  der  zweifachen  Teilung 
des  Keimkernes  entstandenen  vier  Kerne  ebenfalls  in  die  Basis  der  Keim- 
zelle, ordnen  sich  in  einer  Fläche  nebeneinander  an  und  teilen  sich  wieder  (C). 
Zwischen  diesen  acht  Kernen,  die  in  zwei  Stockwerken  übereinander  liegen, 
bilden  sich  zunächst  Querwände,  dann  Längs  wände  aus;  so  entsteht  ein 
achtzelliger  ,, Proembryo"  {DE).  Die  vier  oberen  Zellen  bleiben  jedoch 
gegen  die  Keimzelle  hin  offen,  so  daß  ihr  Plasma  mit 
dem  Keimzellplasma  in  Verbindung  steht.  Diese  vier 
oberen  Zellen  treten  zunächst  in  Teilung  ein  (F). 
Darauf  folgt  Teilung  der  unteren  vier  Zellen  {G).  Der 
Proembryo  besteht  demnach  jetzt  aus  vier  Etagen  von 
je  vier  Zellen.  Das  oberste  Stockwerk  bildet  den  Ab- 
schluß der  Keimzelle.  Die  drei  übrigen  beteiligen  sich 
an  der  weiteren  Entwicklung  in  der  Art,  daß  das  obere, 
wohl  als  Rosette  bezeichnete,  durch  eine  stärkere  Wand, 
die  Basalplatte,  völlig  gegen  das  Ei  abgeschlossen  wird 
(Fig.  563^).  Das  mittlere  wächst  zum  Embryo- 
träger oder  Suspensor  (Fig.  662 /s)  aus  und  schiebt 
die  letzte,  zur  Embryo bildung  bestimmte  Etage  vor 
sich  her  in  das  mit  Nährstoffen  gefüllte  Prothallium- 
gewebe hinein. 

Nach  neueren  Untersuchungen  von  Buchholz 
spalten  sich  die  Suspensorzellen  mit  den  jungen  Embryo- 
anlagen bei  Pinus  ausnahmslos  auseinander  (Fig.  563), 
so  daß  jedes  befruchtete  Archegonium  vier  Embryonen 
liefert  und  bei  der  durchweg  erfolgenden  Befruchtung 
von  mehreren  Archegonien  eine  außergewöhnlich  starke 
Polyembryonie  die  Regel  ist.  Eine  Querteilung  der 
Suspensorzellen  findet  nicht  statt,  doch  nehmen 
die  an  den  Suspensor  stoßenden  oberen  1 — 3  Reihen 
von  Embryozellen  als  ,,Embryonalscliläuche"  an  der 
weiteren  Verlängerung  lebhaften  Anteil,  was  insofern 
von  Bedeutung  ist,  als  nur  der  am  weitesten  ins  nähr- 
stoffreiche Prothallium  eingedrungene  Embryo  Aus- 
sicht hat,  im  Konkurrenzkampfe  obzusiegen  und  als 
alleiniger  Embryo  erhalten  zu  bleiben. 

Die  Verschiedenheiten  in  der  Embryobildung  der 
Abietineen  sind  derart,  daß  Pinus  und  Cedrus  etwa 
gleichaltrig,  Tsuga  erst  in  etwas  späterem  Alter  ihre 
Embryoanlage  spalten;  bei  Abies,  Picea,  Larix  und 
Pseudotsuga  unterbleibt  eine  Spaltung,  und  es  wird 
stets  nur  ein  einheitlicher  Embryo  aus  jedem  be- 
fruchteten Archegonium  entwickelt.  Er  besitzt  dann 
die  vorher  für  Cycadeen  geschilderte  Gliederung,  nur 
ist  die  Zahl  der  Keimblätter  bei  den  Koniferen,  be- 
sonders den  Abietineen,  oft  höher  als  zwei. 


Flg.  563.  Weiter  ent- 
wickelter Embryo  von 
Pinus  Banksiana.  j  Sus- 
pensor, e^  erster  Em- 
bryonalschlauch, r  Ro- 
sette, p  Basalwand.  80. 
Nach  J.  T.  Büchholz. 


c)  Gnetineen  ('*'). 

Die  letzte  Ordnung  der  Gymnospermen,  die  Gnetineen,  zeigt  eine  abweichende 
und  eigenai'tige  Entwicklung.  Zwar  ist  die  Mikrosporenbildung  und  -keimung  nicht  er- 
heblich   von    derjenigen    der   anderen    Gymnospermen   verschieden,   wenn   auch    die   Ab- 


Spermatophyta. 


493 


grenzung  der  generativen  Zellen  minder  deutlich  zu  werden,  ja  teilweise  zu  fehlen 
scheint,  so  daß  zwei  gleich  große  Kerne  in  gemeinsamer  Plasmahülle  vorliegen.  Aber  bei 
den  Makrosporen  zeigen  sich  größere  Abweichungen.  Die  Makrosporen  von  Ephedra 
und  Welwitschia  besitzen  ein  wohlausgebildetes  Prothallium.  Ephedra  entwickelt 
am  Scheitel  Archegonien,  die  etwa 
denen  der  Koniferen  gleichen.  Wel- 
witschia läßt  2— 5  kernige  Schläuche 
vom  Prothalliumscheitel  aus  in  das 
Nucellusgewebe  hinein  den  eindrin- 
genden Pollenschläuchen  entgegen- 
wachsen; ihre  Deutung  als  Arche- 
gonien wird  durch  die  bauchige  Er- 
weiterung der  Basis  wahrscheinlicher. 
Gnetum  endlich  bildet  kein  Prothal- 
liumgewebe, sondern  zeigt  den  Em- 
bryosack (Fig.  564)  lediglich  mit  zahl- 
reichen im  Plasma  verteilten  Eikernen 
gefüllt.  Die  beiden  generativen  Kerne 
des  Pollenschlauches  verschmelzen  mit 
je  einem  weiblichen  Kern,  dann  erst 
beginnt  die  Endospermbildung.  Auf 
die  Verwendung  beider  Spermakerne 
im  Embryosack  sei  mit  Rücksicht 
auf  die  „doppelte  Befruchtung"  der 
Angiospermen  hingewiesen.  Von  allen 
beim  Eindringen  mehrerer  Pollen- 
schläuche in  größerer  Zahl  entstan- 
denen Keimzellen  kommt  nur  ein 
Embryo  zu  voller  Entwicklung. 

B.  Angiospermen (8).  a)  Die 

Mikrospuren  der  Angio- 
spermen bilden  noch  vor 
ihrem  Verstäuben  eine  Anthe- 
ridiummutterzelle  (Fig. 
bQbAm),  die  sich  uhrglasförmig 
von  der  großen  vegetativen 
Püllenzelle  abtrennt,  ohne  eine 
Zellulosehaut  auszuscheiden.  Sie 

löst  sich  allmählich  von  der  Außen wandung  und  liegt  zur  Zeit  der  Pollen- 
verbreitung als  spindelförmiges  Gebilde  in  der  Mitte  der  Mikrospore  neben 
dem  vegetativen  Pollenkern  (k).  Bei  der  Keimung  auf  der  Narbe  wandert 
der  vegetative  Kern  und  hinter  ihm  die  Antheridiummutterzelle  in  den 
Pollenschlauch  ein.  Diese  tritt  in  Teilung,  und  die  beiden  generativen 
Tochterkerne  (g)  bleiben  ohne  besondere  Abgrenzung  einer  zugehörigen 
Plasmamasse  frei  im  Pollenschlauch.  Sie  sind  von  länglich  ovaler  oder 
ellipsoidischer  Form  und  wandern  hintereinander  im  Schlauch  abwärts. 
Den  Gymnospermen  gegenüber  ist  also  das  Fehlen  sowohl  der  Pro- 
thalliumzellen und  der  sterilen  Schwesterzelle  des  Antheridiums,  wie 
einer  Zellulosemembran  für  dieses,  endlich  das  Auftreten  nackter  gene- 
rativer Kerne  statt  generativer  Zellen  im  Pollenschlauch  hervor- 
zuheben. Die  Rückbildung  des  männlichen  Prothalliums  ist  demnach  so 
weit  gegangen,  daß  nur  die  unumgänglich  notwendigen  Teile  erhalten  ge- 
blieben sind.  Ob  das  von  Herrig  beobachtete  Auftreten  zweier  Spermazellen  bei 
künstlicher  Keimung  von  monokotylen  Pollenkörnern  sich  bei  normaler  Keimung  ebenfalls 
zeigt,  wäre  zu  untersuchen. 


Fig.  564.     Embryosackscheitel    von  Gnetum   Rum- 
phianum.  Kurz  vor  der  Keimzellenbildung,  w/^  Weib- 
liche   Kerne,    /nk   männliche   Kerne,    pA   Pollen- 
schlauchkern, ps  Pollenschlauch.    Vergr.   500. 


494 


Karsten : 


b)  Makrosporeii.  Die  für  die  Angiospermen  charakteristische 
Abweichung  von  dem  vorher  geschilderten  Entwicklungsgange 
des  gymnospermen  Makrosporangiums  beginnt  erst,  wenn  nach  der 
Tetradenteilung  der  Makrosporenmutterzelle  der  allein  zur  Ausbildung  ge- 
langende Embryosack  seinen  Kern  wiederum  teilt  (Fig.  566  1—5).  Der  „pri- 
märe Embryosackkern"  teilt  sich,  die  Tochterkerne  weichen  auseinander 
und  teilen  sich  abermals  und  zum  dritten  Male.  Hierauf  erst  tritt  teilweise 
Zellbildung  um  diese  Kerne  ein  (Fig.  566  6—5).  Im  oberen,  der  Mikropyle 
zugekehrten,  wie  im  unteren  Ende  des  Embryosackes  entstehen  drei  nackte 
nur  von  Plasmahaut  umgebene  Zellen;  die  beiden  übrigbleibenden  ,, Pol- 
kerne" wandern  gegen- 
einander in  die  Mitte  der 
Zelle  und  vereinigen  sich 
zum  ,, sekundären  Em- 
bryosackkern". Die 
Zellen  des  unteren  Zell- 
endes heißen  Antipoden 
oder  Gegenfüßlerin- 
nen;  sie  entsprechenden 
vegetativen  Prothallium- 
zellen, wie  solche  bei  den 
Gymnospermen  bis  auf 
Gnetum  die  ganze  Makro- 
spore füllen. 

Bei  Peperomia  hispi- 
dula  und  Pandanus  u.  a.  ist 
die  Zahl  der  Antipoden  eine 
erheblich  größere;  ob  dieses 
Verhalten  vielleicht  als  pri- 
mitives Merkmal  zu  deuten 
ist,  muß  bis  auf  weiteres 
dahingestellt  bleiben. 

Die  drei  oberen 
Zellen  dagegen  stel- 
len den  ,,Eiapparat" 
dar  (Fig.  568).  Zwei 
einander  gleichende  seit- 
liche werden  als  Syner- 
giden oder  Gehilfin- 
nen bezeichnet,  die  dritte, 
tiefer  in  den  Embryosack 
hineinragende  ist  die  Ei- 
zelle selbst.  Die  Gehilfinnen  vermitteln  den  Übertritt  des  Pollenschlauch- 
inhaltes in  den  Embryosack.  Auch  hier  ist  also  die  Reduktion  fast  bis  an 
die  Grenze  des  Möglichen  gegangen;  an  Stelle  der  mehr  oder  minder 
zahlreichen  Archegonien  in  der  gymnospermen  Makrospore  ist 
nur  eine  Eizelle  vorhanden.  Die  Synergiden  kann  man  entweder  als 
steril  gewordene  Archegonien  oder  mit  Treub  und  Forsch  als  Halszellen 
des  zum  Eiapparat  gewordenen  Archegoniums  ansprechen  (Fig.  568). 

In  manchen  Fällen  erfährt  die  Embryosackmutterzelle  keine  Tetradenteilung  mehr, 
sondern  liefert  nur  drei  oder  zwei  Tochterzellen,  oder  sie  wird  ohne  Teilung  direkt  zum 
Embryosack,  der  bei  Cypripedium  und  Plumbagella  seinen  Inhalt  unter  Ausfall  der  letzten 
Teilung  auf  Eizelle,  zwei  Polkerne  und  einen  Antipodenkern,  oder  bei  Cypripedium  in 
anderer  Verteilung   auf  Eizelle,    zwei    Synergiden    und    einen    Polkern,    also  jedesmal    auf 


Fig.  565.  Pollenkorn  von  Lilium  Martagon  und  seine  Kei- 
mung. Vergr.  400.  i  Pollenkornkern,  m  Mutterzelle  des 
Antheridiums,  ^  generative  Kerne.    Nach  E.  Strasburger. 


Spermatophyta. 


495 


vier  Kerne  beschr<änkt,  während  bei  den  sich  sonst  ebenso  verhaltenden  Lilium- Arten  die 
normale  Achtzahl  erreicht  wird.  Die  Reduktionsteilung  findet  dann  im  Embryosack  statt, 
ist  also  vom  Ende  der  Sporophytengeneration  in  den  Anfang  der  Gametophytengeneration 
verschoben.  Für  weiter  sich  findende  Abänderungen  der  Embryosackbildung  und  -aus- 
stattung  vgl.  (8a.) 

Da  ein  direkter  Zutritt  der  Mikrosporen  zu  den  im  Fruchtknoten  ein- 
geschlossenen Makrosporen  hier  ausgeschlossen  ist,  müssen  sie  auf  der  Narbe 
keimen  (Fig.  567).  Ihre  Pollenschiäuche  durchwachsen  die  ganze 
i.änge  des  Griffeis,  und  in  der  Regel  dringt  dann  ein  Schlauchende  durch 
die  Mikropyle  zum  Nucellusscheitel  vor.  Dieser  häufigste  Fall  des  Pollen- 
schlauchzutrittes wird  als  Porogamie  bezeichnet.  Doch  sind  neuerdings 
zahlreiche  Abweichungen  davon  bekannt  geworden. 


Fig.  566.  Embryosackentwicklung  von  Polygonum  divaricatum.   /— 7  Vergr.  320,  8  Vergr.  135. 

m  Embryosackmutterzelle,  emb  Embryosack,  st  sterile  Schwesterzellen,  <r  Eizelle,  s  Synergiden, 

/  Polkerne,  a  Antipoden,  k  sekundärer  Embryosackkern,  cha  Chalaza,  mi  Mikropyle,  ai,  n 

äußeres  und  inneres  Integument,  fun  Funiculus.     Nach  E.  Strasburger. 


Nachdem  M.  Treub  zuerst  für  Casuarina  nachgewiesen  hatte,  daß  die  Pollenschläuche 
hier  von  der  Chalaza  her  zu  dem  höchst  eigenartig  entwickelten,  zahlreiche  Makrosporen 
bergenden  sporogenen  Gewebe  gelangen,  ist  eine  größere  Zahl  derartiger,  als  Chalazo- 
g  a  m  e  n  den  normalen  Porogamen  gegenübergestellter  Formen  bekannt  geworden.  Es  ge- 
hören hierher  vor  allem  die  Casuarinaceen,  dann  die  Juglandaceen,  Betulaceen,  Ulmaceen, 
Celtoideen,  Urticaceen,  Cannabinaceen,  Euphorbiaceen,  die  alle  das  gemeinsame  Merkmal 
haben,  daß  sie  ihre  Pollenschläuche  innerhalb  der  Gewebe  der  Samenanlage  verlaufen 
lassen.  Sie  verschmähen  also  den  Durchtritt  durch  die  Mikropyle,  die  in  einigen  Fällen 
auch  geschlossen  wird  (bei  den  Urticaceen)  oder  die  bei  den  Euphorbiaceen  durch  den 
Obturator  gedeckt  ist,  —  und  bahnen  sich  den  Weg  zum  Embryosack  teils  von  seinem 
Chalazaende  (Fig.  569),  teils  von  der  Seite  her  zum  Eiapparate,  indem  sie  das  zwischen- 
liegende Gewebe  durchbrechen.  Da  die  genannten  Familien  nach  der  Auffassung  vieler 
Autoren  am  unteren  Ende  der  Dikotylenreihe  stehen  sollen,  hat  man  in  dieser  Art  des 
Pollenschlauchwachstums  innerhalb  der  Gewebe  eine  Annäherung  an  die  ursprünglicheren 
Verhältnisse  bei  den  Gymnospermen  erblicken  wollen,  wo  ebenfalls  zur  Erreichung  des 
Embryosackes  das  ganze  darüberliegende  Gewebe  des  Nucellus  vom  Pollenschlauche  durch- 


496 


Karsten : 


wachsen  werden  muß  (Fig.  559).  Weiter  findet  nun  Nawaschin,  daß  auch  bei  der  Ent- 
wicklung des  Pollen  Schlauchinhaltes  dieser  Pflanzen  deutliche  Anzeichen  einer 
gegenüber  der  Mehrzahl  der  Angiospermen  niedrigeren  Entwicklungsstufe  vorhanden  sind, 
indem  die  beiden  generativen  Kerne  (bei  Jugians),  von  einer  gemeinsamen  Plasmahülle  um- 
geben, in  den  Embryosack  eintreten,  um  hier  erst  allmählich  nackt  hervorzutreten  und 
ihre  Funktionen  zu  erfüllen.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  handelt  es  sich  in  den  ge- 
nannten Familien  aber  um  stark  reduzierte  Formenkreise,  nicht,  wie  der  genannte  Autor 
meint,  um  aufsteigende;  dem  Aussehen 
nach   können  ja  beide    übereinstimmen. 


Fig.  567.  Fruchtknoten  von  Polygo- 
num  Convolvulus  mit  atroper  Samen- 
anlage (schematisiert),  fs  Stielartige 
Basis,  fu  Funiculus,  cha  Chalaza, 
nu  Nucellus,  ;«/Mikropyle,  ?>' inneres, 
ie  äußeres  Integument,  <?  Embryo- 
sack, ek  Embryosackkern,  <?/ Eiapparat, 
an  Antipoden,  g  Griffel,  n  Narbe, 
p  Pollenkörner,  ps  Pollenschläuche. 
Vergr.  48.     Nach  H,  Schenck. 


Fig.  568.     Funkia  ovata.    Nucellusscheitel  mit  Ei- 

apparat  vor  der  Befruchtung,  o  Eizelle,  s  Synergide. 

Vergr.  390.    Nach  E.  Strasburger. 


Fig.  569.     Längsschnitt  durch  einen  Fruchtknoten 

von  Jugians  regia  zur  Darstellung  der  Chalazogamie. 

Vergr.    6.     ps   Pollenschlauch,   e   Embryosack,    cha 

Chalaza   (schematisiert). 


So  gelangt  der  Pollenschlauch  mit  den  beiden  generativen  Kernen  an 
den  Embryosack.  Er  entläßt  seinen  Inhalt,  welcher  durch  eine  der  Syner- 
giden zur  Eizelle  vordringt.  Die  betreffende  Synergide  stirbt  ab.  Einer 
der  beiden  generativen  Kerne  dringt  in  die  Eizelle  ein  und  ver- 
schmilzt mit  dem  Eikerne:  die  befruchtete  Eizelle  umgibt  sich 
mit  einer  Zellulosemembran.  Der  zweite  generative  Kern  ist  am 
Ei  vorbeigewandert  und  vereinigt  sich  mit  dem  großen  ,, se- 
kundären Embryosackkern"  zum  ,,Endospermkern"  (Fig.  570,  571). 
Beide  männlichen  Kerne  haben  oft  pfropfenzieherartig  gewundene  Form,  so 
daß  Nawaschin,  der  das  Eindringen  und  Verbleiben  des  zweiten  genera- 
tiven Kernes  zuerst  beobachtet  hatte,  sie  direkt  mit  den  Spermien  der  Sporen- 
pflanzen vergleicht.     Die  Weiterentwicklung  pflegt  sodann  mit  der  Teilung 


Spermatophyfa. 


497 


des  Endospermkcnies  einzusetzen,  der  zunächst  eine  große  Zahl  im  plasma- 
tischen Wandbelag  verteilter  Kerne  liefert.  Durch  Ausbildung  der  Quer- 
wände zwischen  den  einzelnen  von  je  einem  Kern  beherrschten  Plasmabezirken 
und  weitere  Vermehrung  dieser  Zellen  zu  einem  massiven  Gewebekörper  ent- 
steht das  Endosperm  (Fig.  579^). 


Fig.  570.  Befruchtung  von  Lilium  Mar- 
tagon.  Einer  der  männlichen  Kerne  ist 
neben  dem  Eikern,  der  andere  neben 
den  gerade  verschmelzenden  Polkernen 
sichtbar.  Schematisiert.  (Bezeichnung 
wie  Fig.  571.) 


Fig.  571.  A  Embryosack  von  Helianthus  annuus 
nach  S.  Nawaschin.  B  Die  männlichen  Kerne 
daraus  stärker  vergrößert,  ps  Pollenschlauch, 
jj  s^  Synergiden,  sp^  sp^  männliche  Kerne,  ov 
Eizelle,  ek  Embryosackkern,  a  Antipoden. 


Fig.  572.    Entwicklung  des  Keims  von  Capsella  bursa  pastoris. 

h  Hypophyse,   et  Embryoträger,   c  Kotyledonen,  p  Plumula. 

Vergr.     Nach  J.  Hanstein. 


Fig.  573.  Junger  Keim  von 
Alisma  Plantago.  c  Kotyle- 
don,  V  Vegetationspunkt. 
Vergr.    Nach  J.  Hanstein. 


Übrigens  ist  bei  zahlreichen  Kompositen,  ebenso  bei  Aponogeton,  Potamogeton  usw.. 
das  Endosperm  von  der  ersten  Teilung  des  sekundären  Embryosackkernes  an  zellulär 
ausgebildet.  Das  Stadium  der  frei  im  Wandbelag  verteilten  Kerne  fällt  hier  aus,  wie  übrigens 
auch  schon  W.  Hofmeister  es  für  verschiedene  Familien  angegeben  hatte. 

Strasburger,   Lehrbuch  der  Botanik,     16.  Aufl.  32 


498 


Karsten 


Das  unterscheidende  Merkmal  im  Entwicklungsgange  des  Angiospermen- 
Endosperms  gegenüber  dem  Gymnospermen-Prothallium  liegt  demnach  in 
der  Unterbrechung  seiner  Bildung,  in  der  „fraktionierten  Endosperm- 
bildung".  Zunächst  wird  in  dem  der  Befruchtung  harrenden  Embryosack 
nur  eine  Andeutung  des  Prothalhums,  die  Antipoden,  gegeben.  Die  eigent- 
liche Endospermbildung  dagegen  ist  von  der  Weiterentwicklung  des  be- 
treffenden Embryosackes 
abhängig  gemacht  und 
damit  jeder  Material- 
vergeudung vorgebeugt. 
Den  Ausgangspunkt  dazu 
bildet  der  sekundäre  Em- 
bryosackkern ,  welcher 
einer  Anregung  zur  Weiter- 
entwicklung durch  Ver- 
eim'gung  mit  dem  zweiten 
generativen  Kern  des  Pol- 
lenschlauches zum  Endo- 
spermkern  bedarf.  (Vgl. 
dazu  das  bei  den  Gneta- 
ceen  Gesagte.) 

Aus  der  befruch- 
teten, alsbald  mit  fester 
Zellulosehaut  bekleideten 
Eizelle,  der  Keimzelle,  geht 
eine  Zellreihe,  der  Vor- 
keim,  hervor,  welcher 
aus  seiner  Gipfelzelle  die 
Hauptmasse  des  Em- 
bryos (^)  entwickelt.  Der 
Rest  des  Vorkeimes  bildet 
den  Embryoträger  oder 
Suspenso  r.  An  der  Grenze 
von  Embryo  und  Suspen- 
sor  liegt  eine  als  Hypo- 
physe (Fig.  bl2Dh)  be- 
zeichnete Zelle,  die  an  dem 
Aufbau  des  unteren  Em- 
bryoendes, der  Radi  cula, 
in  geringem  Maße  beteihgt 
zu  sein  pflegt.  Je  nach 
der  Zugehörigkeit  der  be- 
treffenden Pflanze  zu  der 
Unterklasse  der  Mono- 
kotyledonen  oder  Dikotyle- 
donen  ist  die  Ghederung 
des  Embryokörpers  ver- 
schieden. Die  Dikotyledonen  lassen  zwei  Keimblätter,  Kotyle- 
donen, am  Scheitel  des  heranwachsenden  Embryos  hervorsprossen 
(Fig.  572)  und  bilden  am  Grunde  des  Spaltes  zwischen  beiden 
den  Sproßvegetationspunkt,  die  Plumula;  die  Monokotyledonen 
dagegen  besitzen  der  Regel  nach  einen  scheitelständigen  großen 
Kotyledon  und  einen  seitlich  gelegenen  Vegetationspunkt  (Fig. 573). 


Fig.  574.  Haustorien  des  befrucliteten  Embryosackes 
von  Melampyrum  nemorosum  nach  Balicka-Iwanowska. 
b  Haustorien  des  Chalazaendes,  c  Nährgewebe,  d  Leit- 
bündelzweig, e  Funiculus,  /  Embryo,  £  sein  Suspensor, 
a,  a,,  a„  am  Mikropylenende  schon  früh  entstandene 
Haustorienschläuche,  deren  innere  sich  im  Funiculus  weit 
ausbreiten,  zum  Teil  die  Epidermis  durchbrechen,  /i  ihre 
Ansatzstellen,  z  Querwände  im  Schlauche. 


Spermatophyta.  499 

Die  Wurzel,  Radicula,  geht  in  beiden  Fällen  aus  dem  der  Mikropyle  zu- 
gekehrten Teile  des  Embryokörpers  hervor;  ihre  Abgrenzung  wird  an  älteren 
Embryonen  deutlich. 

Da  der  Embryosack  nach  eingetretener  Befruchtung  für  den  Aufbau  des  Keimlings, 
wie  zur  Füllung  der  Reservestoffbehälter  im  jungen  Samen  sehr  erheblicher  Zufuhr  von 
Nährstoffen  bedarf,  so  ist  es  verständlich,  daß  besondere  Wege  dafür  eingeschlagen  werden. 
Während  im  einfachsten  Falle  das  Endosperm  sich  mächtig  vergrößert  und  den  ganzen 
Nucellus  nach  und  nach  verdrängt,  sind  häufig  die  Antipodenzellen,  als  der  Chalaza  nächst 
gelegene  Teile,  mit  der  Funktion  der  Embryosackernährung  betraut.  Sie  erfahren  dann 
starke  Vermehrung  und  bisweilen  eine  mächtige  Entwicklung.  Aber  auch  andere  Teile 
des  Embryosackes  selbst  können  zu  langen  Saugorganen,  Haustorien,  auswachsen,  die  bald 
aus  der  Mikropyle  hervordringen,  bald  in  der  Chalazaregion  das  umliegende  Gewebe  weit 
durchziehen  und  das  in  vielen  Fällen,  besonders  bei  insektivoren  und  halbparasitisch 
lebenden  Pflanzen,  an  diesem  Orte  vorher  angehäufte,  reiche  Reservestoffmaterial  der 
Makrospore  zuführen  (Fig.  .574). 

Völlig  abweichende  Entwicklung  des  Embryosackes  und  Embryos  ist  endlich  bei 
Pflanzen  zu  finden,  die  unter  ganz  besonderen  Lebensbedingungen  vorkommen,  wie  die 
nur  in  reißenden  Gebirgswässern  tropischer  und  subtropischer  Gebiete  lebenden  Podoste- 
maceen.  Hier  kommt  alles  darauf  an,  daß  während  der  kurzen  Trockenzeit  die  Blüten- 
anlage und  -entwicklung  auf  Kosten  vorher  angesammelten  Ernährungsmaterials  vor  sich 
gehe,  und  daß  Bestäubung,  Befruchtung  und  Samenentwicklung  in  abgekürztem  Verfahren 
rasch  durchlaufen  werden,  damit  bei  Wiederkehr  des  Wassers  die  reifen  Samen  ihre 
Keimungsbedingungen  finden  und  der  Vermehrung  und  Ausbreitung  der  Pflanzen  dienen 
können.  , 


S, 


Fig.    575.     Vegetative    Sprossung    aus    dem    Nucellus    von    Funkia    ovata.      (Apogamie.) 

n  Nucellus,  dessen  Zellen  am  Scheitel  Adventivkeime  (ae)  bilden,  s  Synergide,  o  aus  der 

Eizelle  entstandener  Embryo  mit  Eikern  und  Spermakern,  ü  inneres  Integument. 

Nach  E.  Strasburger. 

In  einzelnen  Fällen  ist  Pflanzen  die  Fähigkeit  sexueller  Fortpflanzung 
mehr  oder  minder  verloren  gegangen  (i*')  und  durch  eine  oft  nur  bei  genauerer 
Untersuchung  als  davon  verschieden  festzustellende  anderweitige  Vermehrung 
ersetzt  worden.  So  unterlassen  einige  Pflanzen,  wie  Alchimilla,  Thahctrum, 
Taraxacum,  einige  Urticaceen  u.  a.  eine  Reduktionsteilung  bei  der  Anlage 
ihres  Embryosackes.  Daraus  ergibt  sich,  daß  die  ,, Eizellen"  nicht  be- 
fruchtungsfähig sind,  sie  sind  keine  normalen  Geschlechtszellen,  sondern 
besitzen  vegetativen  Zellcharakter.  Derartige  diploide  ,, Eizellen"  sind  nun 
ohne  weitere  Kernverschmelzung  zur  Fortentwicklung  befähigt,  und  in  Ver- 
bindung damit  —  oder  als  Ursache  davon  ?  —  ist  meist  auch  der  Pollen 
unfruchtbar.  Um  die  Übereinstimmung  mit  der  zoologischen  Terminologie 
zu  bewahren,  soll  dies  Verhalten,  d.  h.  die  Weiterentwicklung  einer  Eizelle 
ohne  Befruchtung  als  ,,Parthenogenesis"  oder  ,, jungfräuliche  Zeugung"  be- 
zeichnet werden. 

Da  nun  neben  der  Weiterentwicklung  solcher  an  Stelle  von  Eizellen 
stehender  diploider  Zollen  auch  Verdrängung  normaler,  haploider  Eizellen 
durch  vegetative  Sprossungen,  sog.  ,, Adventivembryonen"  aus  Nucelluszellen 
bekannt  geworden  ist,   so   mag   diese   Vortäuschung    einer    sexuellen   Fort- 

32* 


500 


Karsten: 


Pflanzung  die  Bezeichnung  „Apogamie"  erhalten.  In  einzelnen  Fällen 
solcher  Apogamie  ist  die  Bestäubung  der  Narbe  als  Vorbedingung  nach- 
gewiesen worden,  so  bei  Funkia  (Fig.  575)  und  Citrus  aurantium,  während 

bei  Caelebogyne  ilicifolia  und  den  Caly- 
canthaceen  ohne  derartige  in  ihrer  Be- 
ziehung nicht  aufgeklärte  Mitwirkung 
des  Pollens  die  Adventivembryonen  zu- 
stande kommen. 

Unter  „Aposporie"  endlich  ver- 
steht man  den  völligen  Ausfall  der 
Sporenbildung  oder  aber  Ausschaltung 
der  Makrospore  aus  dem  Entwicklungs- 
gang; wenn  z.  B.  bei  Farnen  aus  di- 
ploiden  Zellen  des  Blattrandes  diploide 
Prothallien  direkt  hervorsprossen,  oder 
bei  Samenpflanzen Makrosporangien nicht 
entwickelt  werden,  sondern  beliebige 
vegetative  Zellen  an  ihre  Stelle  treten 
(Fig.  576). 

Besonderes  Interesse  verdient  nach 
den  Untersuchungen  von  Ostenfeld  und 
Rosenberg  die  Gattung Hieracium,  deren 
Samenanlagen  die  verschiedenartigsten 
Wege  zur  Embryobildung  einschlagen 
können.  Die  Mehrzahl  führt  Tetraden- 
teilung  mit  Chromosomenreduktion  aus, 
aber  nur  einige  solcher  Samenanlagen 
gelangen  in  den  Besitz  eines  normalen 
befruchtungsfähigen  Embryosackes,  weil 
dieser  meist  durch  eine  vegetative  Zelle 
verdrängt  wird.  Eine  derartige  Verdrän- 
gung der  Sporen  —  hier  der  Makrospore 
—  wäre  also  Aposporie  (Fig.  576). 
Außerdem  werden  auch  Embryosäcke  mit 
parthenogenetischer  Eizelle  ausgebildet. 


Fig.  576.  Apospore  Entstehung  des  Em- 
bryosackes von  Hieracium  flageilare. 
a  Normale  Makrosporentetrade,  b  und  c 
ihre  Desorganisation.  Der  diploide  Em- 
bryosack   geht    aus    einer    bereits    in    a 

kenntlichen  Integumentzelle  hervor. 
Nach  0.  Rosenberg  aus  A.  Ernst  1918. 


Der  Samen. 

Das  ganze  aus  der  Samenanlage 
nach  stattgehabter  Befruchtung  ent- 
stehende Gebilde  heißt  Samen.  Jeder  Samen  besteht  aus  dem  mehr  oder 
minder  entwickelten  Embryo,  dem  umgebenden  Nährgewebe  und  der 
schützenden  Schale.  Diese  geht  in  der  Regel  aus  dem  oder  den  Integumenten 
hervor,  deren  Zellen  sich  durch  Verdickung,  Verkorkung,  Verholzung  ihrer 
Wände  zu  einem  wirksamen  Schutzorgan  gegen  Austrocknen  und  Verletzungen 
für  die  darin  schlummernde  junge  Pflanzenanlage  umgestaltet  haben.  Aus- 
bildung der  Samenepidermis  als  Schleimzellen  findet  sich  recht  häufig,  z.  B. 
bei  Quitten,  Linum,  zahlreichen  Cruciferen  u.  a.  Der  Schleim  dient  den  Samen 
als  erstes  Befestigungsmittel  und  gleichzeitig  zum  Festhalten  einer  bei  der 
Keimung  nötigen  Wassermenge.  Sonstige  Strukturen  der  Oberfläche  wie 
Haare,  Stacheln  usw.  haben  ebenfalls  die  Bedeutung,  das  Festhaften  zu  sichern, 
wenn  sie  nicht  zur  Samenverbreitung  in  Beziehung  stehen. 

Besondere  morphologisch  bemerkenswerte  Stellen  der  Schale  sind:  1.  Mikropyle. 
2.  Nabel    oder    Hilum,   d.  h.    Funiculusabbruchstelle,    endlich    3.  die  Raphe. 


Spermatophyta. 


501 


S.  464  ist  gezeigt  worden,  daß  Mikropyle  und  Nabel  an  den  beiden  Polen  einander  gegen- 
über liegen,  falls  die  Samenanlage  atrop  war,  daß  sie  nebeneinander  sich  befinden  bei 
Samen,  die  aus  anatropen  Samenanlagen  hervorgegangen  sind,  und  daß  nur  diese  letzteren 
eine  Raphe,  also  eine  die  Chalaza  mit  dem  Hilum  verbindende,  bei  der  Trennung  des 
Samens  vom  Funiculus  entstehende  Narbstelle  besitzen  können.  Kampylotrope  Samen- 
anlagen ergeben  den  anatropen  ähnliche  Samen,  doch  ist  der  Embryo  hier  gekrümmt. 

In  gewissen  Fällen  ist  die  Funktion  der  Samenschale  dadurch  verändert,  daß  die 
Fruchtschale  selbst  den  Schutz  des  oder  der  Samen  übernimmt,  indem  sie  ihre  Wand 
oder  deren  innerste  Schicht  zu  Steinzellen  umbildet,  also  zu  einer  Nuß  oder  Steinfrucht 
wird.  In  solchen  Fällen,  wie  Mandel,  Lorbeer,  Kirsche,  Pfeffer  u.  a.,  i)flegt  die  Samen- 
schale reduziert  zu  sein;  ihre  verschiedenen  Zellschichten  werden  zusammengedrückt, 
und  eine  Verstärkung  oder  Veränderung  der  Wandungen  unterbleibt,  da  die  schützende 
Fruchtwand  eine  besondere  Ausrüstung  der  Samenschale  unnötig  macht. 

Das  Nährgewebe  ist  bei  den  Gymnospermen,  abgesehen  von  Gnetum, 
schon  zur  Zeit  der  Befruchtung  als  Prothallium  ausgebildet  (vgl.  S.  487). 
Es  füllt  den  Embryosack  aus  und  dient  der  Ernährung  des  hineinwachsenden 
Embryo;  die  umgebenden  Reste  des  Nucellus  werden  verdrängt,  so  daß  das 
Prothallium  bis  an  die  Samenschale  reicht.  Seine  Zellen  sind  mit  Stärke, 
Fett  und  Eiweiß  als  Reservestoffen  vollgepfropft,  die  zur  Entwicklung  des 
Embryo  bei  der  nach  Ablauf  einer  Ruheperiode  eintretenden  Keimung  Ver- 
wenduno- finden. 


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Fig.  577.    Zellen  der  Erbsenkeimblätter  mit 

Reservestoffen,  am  Stärkekörner,  a/ Aleuron- 

körner,/  Protoplasma,  n  Zellkern.  Vergr.  160. 

Nach  E.  Strasburger. 


Fig.  578.  Querschnitt  des  Colchicum-Samens. 

Innerhalb  der  Samenschale  Reservezellulose 

des  Endosperms. 


Das  Nährgewebe  der  Angiospermen  (und  von  Gnetum)  entsteht  da- 
gegen erst  nach  der  Befruchtung  der  Eizelle  aus  der  Vereinigung  der  beiden 
Polkerne  zum  sekundären  Embryosackkern,  der  durch  Aufnahme  des 
zweiten  Spermakernes  den  Anreiz  zu  weiterer  Teilung  erhält  (vgl.  S.  498). 
Seine  Tochterkerne  verteilen  sich  in  der  Regel  rings  im  wandständigen  Plasma- 
schlauch, und  wenn  die  Zahl  der  Kerne  eine  hinreichend  große  geworden  ist, 
zerfällt  dieser  Plasmakörper  in  zahlreiche  Zellen,  die  für  weitere  x\usfülluug 
des  ganzen  Embryosackes  mit  En  dos  per  mge  webe  sorgen. 

Auch  bei  den  Angiospermen  verdrängt  das  Endosperm  meist  den 
ganzen  Rest  des  Nucellus  und  häuft  Reservestoffe,  wie  Stärke,  fettes  Öl, 
Aleuronkörner,  in  den  Zellen  an  (Fig.  577)  oder  speichert  in  den  sich  stark 
verdickenden  Wänden  Zellulose  als  Reservezellulose  (Fig.  578).  In  selteneren 
Fällen,  so  bei  Piperaceen,  Scitamineen  usw.,  bleibt  ein  Rest  des  Nucellus  vor- 
handen, der  dann  ebenfalls  als  Nährgewebe  fungiert  und  den  Namen  Peri- 
sperm  führt  (Fig.  579 Z?).     AVenn  Lamellen  des  Perisperms  oder  auch  der 


5Q2 


Karsten : 


Samenschale  in  das  Endosperm  einwachsen,  von  dem  sie  in  Farbe  und  In- 
halt abweichen,  so  spricht  man  von  ruminiertem  Endosperm  (Myristica 
Fig.  617,  Ai-eca). 

In  sehr  zahlreichen  Fällen  aber,  so  bei  den  Leguminosen,  Cruciferen  u.  a., 
wird  nicht  nur  der  Nucellus  vom  Endosperm,  sondern  auch  dieses  bereits 
vom  Embryo  völlig  verdrängt,  die  Reservestoffe  werden  dann  in  den  Keim- 
blättern allein  oder  im  ganzen  Körper  des  Embryos  aufgespeichert  (Fig.  580). 

Endlich  ist  noch  eine  meist  wohl  zur  Samen  Verbreitung  in  Beziehung 
stehende  Bildung,  der  Arillus,  zu  erwähnen,  auch  Samenmantel  genannt. 
Er  entsteht  als  fleischiger  (Taxus)  oder  auch  trockener  (Pahudia  javanica, 
Strelitzia  reginae),  meist  lebhaft  gefärbter  Wulst  am  Funiculus  und  wächst  an 
der  Samenanlage  bereits  in  ziemlich  frühem  Alter  empor,  indem  er  sie  endlich 
mehr  oder  minder  umhüllt  (Fig. 
581 Z),  582).  —  Einen  der  Mikro- 
pyle  benachbarten  Auswuchs,  der 
unter  anderem  besonders  den  Eu- 
phorbiaceen  eigen  ist,  nennt  man 
Caruncula  (Fig.  581 C,  B. 


Fig.  579.  A  Samen  von  Hyoscyamus 
niger.  Der  dikotyle  Keim  in  Endosperm 
eingebettet.  B  Samen  von  Elettaria  Car- 
damomum.  Innerhalb  der  dunklen,  von 
einem  dünnen  Arillus  umhüllten  Samen- 
schale liegt  zunächst  weißes  mehliges 
Perisperm,  dann  (schraffiert)  ein  öliges 
Endosperm  und  in  der  Mitte  der  mono- 
kotyle Keim.    Nach  Berg  und  Schmidt. 


Fig.  580.  Capsella  bursa  pastoris.  A  Längsschnitt 
durch  den  reifen  Samen,  k  hypokotyles  Glied, 
6-  Kotyledonen,  v  Leitbündel  des  Funiculus. 
Vergr.  26.  B  Partie  aus  dem  Längsschnitt  durch 
die  Samenschale,  e  die  gequollene  Epidermis, 
c  braune,  stark  verdickte  Schicht,  *  zerdrückte 
Zellagen,  a  Aleuronschicht,  einzige  erhaltene 
Zellage  des  Endosperms.  Vergr.  250.  Nach 
E.  Strasbueger. 


Fig.  581.  A  Samen  von  Papaver  Rhoeas, 
k  Hilum.  B  Samen  von  Corydalis  ochro- 
leuca,  w  Mikropyle,  c  Caruncula.  C  Samen 
von  Chelidonium  majus.  D  Samen  von 
Nymphaea  alba  mit  Samenmantel  (Arillus). 

Nach   DUCHARTRE. 


/i  li 

Fig.  582.  A  Myristica  fragrans.  Samen  mit 
abgelöstem  Arillus  ar.  B  Myristica  argentea. 
Samen  nach  Entfernung  des  Arillus.  Ch  Cha- 
laza,  r  Raphe,  h  Hilum  (Nabel).  74  ^^^t.  Gr. 
Nach  0.  Warburg. 


Die  Frucht  (H). 

Doch  nicht  auf  die  Mäkrosporangien  allein  erstrecken  sich  die  Folgen 
der  Befruchtung,  auch  die  Makrosporophylle,  die  Fruchtblätter,  werden  in 
Mitleidenschaft  gezogen.    Das  aus  ihnen,  oft  unter  Mitwirkung  des  noch  er- 


Spermatophyta. 


503 


haltenen  Kelches  und  der  Blütenachse  hervorgehende,  außerordentlich  ver- 
schieden gestaltete  Gebilde,  welches  die  Bedeutung  hat,  den  in  Entwicklung 
begriffenen  Samen  Schutz  zu  gewähren,  nennt  man  die  Frucht.  Bei  den 
Gymnospermen  freilich,  wo  die  Samen- 
anlagen nackt  auf  den  Fruchtblättern 
sitzen,  hat  man  Früchte  im  eigentlichen 
Sinne  nicht,  da  ja  ein  Fruchtknoten  fehlt. 
So  kann  man  bei  Cycas,  Ginkgo,  Taxus, 
Podocarpus,  Gnetum,  Ephedra  nur  von 
Samen,  nicht  von  Früchten  sprechen.  Wenn 
aber  die  Fruchtblätter  nach  der  Befruch- 
tung zusammenschließen,  wie  bei  den  ver- 
holzende Zapfen  tragenden  Gymnospermen 
und  den  Beerenzapfen  von  Juniperus,  so 
ist  ein  der  Angiospermenfrucht  entsprechen- 
des Gebilde  gegeben,  auf  das  man  auch  die 
Bezeichnung  Frucht  wird  anwenden  dürfen. 
Eine  große  Mannigfaltigkeit  in  der 
Entwicklung  der  Angiospermenfrüchte  läßt 
ja  schon  die  verschiedenartige  Ausbildung 
des  Gynäceums  erwarten.  Denn  die  ein- 
fachste Definition  der  Frucht  ist:  der  reife 
Fruchtknoten.  Schwierigkeiten  bereiten  dabei  die  apokarpen  Gynäceen. 

Die  zu  vielen  beisammenstehenden,  aus  apokarpen  Gynäceen  hervorgegangenen 
Einzelgebilde,  z.  B.  der  Rosaceen,  sollen  hier  als  Früchtchen,  das  ganze  Gynäceum 
als  Frucht  (eventuell  als  Sammelfrucht)  bezeichnet  werden.  So  ist  z.  B.  die  Erd- 
beere eine  durch  Pleischigwerden  des  Blütenbodens  entstandene  Sammelfrucht,  deren  ein- 
zelne Körnchen  je  einem  Früchtchen,  und  zwar  einer  Nuß,  entsprechen;  ebenso  wäre  beim 
Apfel  nur  das  Kerngehäuse  die  Frucht,  das  fleischige  Gewebe  um  das  Gehäuse  entstammt 
der  um  die  Fruchtblätter  ausgehöhlten  und  mit  ihnen  verwachsenen  Blütenachse.  Be 
den  Hagebutten  hat  man  ebenso  Sammelfrüchte  vor  sich;  die  Früchtchen  sind  die  von 
dem  fleischig  gewordenen  Blütenboden  umhüllten  harten  Nüßchen  (Fig.  583).  Bei  den 
aus  synkarpen  Gynäceen  entstandenen  Früchten  kommt  weiter  die  Ausbildung  der  Frucht- 
wand, des  Perikarps,  besonders  in  Betracht.  Ihre  äußere,  mittlere  und  innerste 
Schicht  werden  als  Exo-,  Meso-  und  Endokarp  unterschieden. 

Nach  der  Beschaffenheit  dieses  Perikarps  ist  folgende  Einteilung  der 
Fruchtformen  aufgestellt : 

1.  Eine  Frucht  mit  meist  trockenem,  bei  der  Reife  sich  öffnendem  Peri- 
karp  heißt  Kapsel  (capsula)  (Fig.  584).  Geschieht  die  Öffnung  durch  Trennung 
der  Karpelle  in  den  Nähten,  so  ist  die  Kapsel  septicid  wie  bei  Colchicum  {Fig.  812), 
tritt  ein   Längsspalt   im   einzelnen   Fache   ein,    so   heißt   sie  loculicid,   z.  B. 


I'ig.  583.  Sammelfrucht  von  Rosa  alba. 
Auf  dem  fleischigen  Blütenboden  s' 
sitzen  die  erhaltenen  Kelchblätter  und 
die  als  Nüßchen  ausgebildeten  Einzel- 
früchte /r.  e  Vertrocknete  Staub- 
blätter.     Nach   DUCHARTRE. 


(t     4,^!^^^ 


^^^^  — 


JE 

Fig.  584.  Aufspringen  der  Kapselfrüchte.  A  Kapsel  von  Viola  tricolor,  vor  dem  Auf- 
springen. B  Dieselbe  nach  dem  Aufspringen.  C  Poricide  Kapsel  von  Antirrhinum  majus. 
Vergr.     Z»  Deckelkapsel   von  Anagallis  arvensis,   geschlossen.     £  Dieselbe  geöffnet.     Nach 

A.    F.    W.    SCHIMPER. 


504 


Karsten: 


Ornithogalum  (Fig.  814),  und  werden  bestimmt  umschriebene  Löcher  dabei  gebildet,  so 
haben  wir  die  poricide  Kapsel,  wie  bei  Papaver.  Spezialfälle  der  Kapsel  sind  die 
Balgfrucht  (springt  an  der  Naht  des  einblätterigen  Fruchtknotens  auf  [z.  B.  Aconitum, 
Fig.  520]),  die  Hülse  (springt  an  der  Naht  und  in  der  Mittelrippe  auf),  z.  B.  die  Erbse, 
endlich  die  Schote  der  Cruciferen  (öffnet  sich  durch  Abspringen  der  Fruchtblätter  von  der 

falschen  Scheidewand,  an  der  die  Samen  hängen 
bleiben),  wie  bei  Cheiranthus  (Fig.  701  A). 


9 


Fig.  585.    Schließfrüchte.    A  Nuß  von  Fumaria  offi- 

cinalis.     Vergr.    6.     B  Von    Fagopyrura    esculentum. 

Vergr.  2.    Nach  Duchartre. 


Fig.   586.     Spaltfrucht   von   Galium 
Mollugo.      Vergr.    6.      Nach    Du- 
chartre. 


2,  Alle  andersgearteten  Früchte,  die  sich  bei  der  Reife  nicht  öffnen, 
kann  man  als  Schließfrüchte  der  Kapsel  gegenüberstellen.  Nach  der 
Ausbildung  des  Perikarps  unterscheidet  man  dann: 

a)  Die  Nuß  (nux),  eine  Schließfrucht  mit  trockenem,  hartem  Perikarp, 
wie  z.  B.  Haselnuß,  Linde,  Helianthus,  Fumaria,  Fagopyrum  (Fig.  585). 

b)  Zerfällt  eine  trockene,  aus  mehreren  Fruchtblättern  bestehende  Frucht 
bei  der  Reife  in  ihre  Teilfrüchtchen,  ohne  daß  diese  sich  öffnen,  so 
wird  sie  Spaltfrucht  (schizocarpium)  genannt.  Solche  besitzen  die  Uni- 
belhferen,  auch  Malva,  Galium  (Fig.  586). 

c)  Wird  das  Perikarp  völlig  und  in  allen  Schichten  fleischig,  so 
ist  die  Frucht  eine  Beere  (bacca),  wie  bei  Vaccinium,  Vitis,  Physalis  (Fig.  587). 

d)Ist  unter  einem  fleischigen  Exokarp  ein  hartes,  geschlossen 

bleibendes  Endokarp  vorhanden,  so 
haben  wir  eine  Steinfrucht  (drupa). 
Prunus  (Fig.  641)  und  Juglans  (Fig.  671) 
sind  bekannte  Beispiele. 


P'ig.  587.  Frucht  von  Physalis  Alkekengi. 
Sie  besteht  aus  der  aus  dem  Fruchtknoten 
hervorgegangenen  Beere /r,  die  vom  heran- 
gewachsenen Kelch  s  umhüllt  wird. 
Duchartre. 


Nach 


Fig.  588.     A  Sammelfrucht  von  Rubus  fruti- 
cosus  (Brombeere).     B  Scheinfrucht  (Frucht- 
stand)   von   Morus  nigra  (Maulbeere).     Nach 
Duchartre. 


Nimmt  dagegen  ein  ganzer,  aus  einer  Infloreszenz  hervorgegangener 
Fruchtstand  das  Aussehen  einer  Einzelfrucht  an,  so  spricht  man  von  einer 
Scheinfrucht.  Die  Feige  ist  das  bekannteste  Beispiel  einer  solchen,  wie 
sie  überhaupt  bei  den  Urticaceen  und  Moraceen  besonders  häufig  sich  findet. 
Der  Vergleich  einer  Brombeere,  die  als  Sammelfrucht  aus  einer  Blüte 
hervorgeht,  und  einer  Maulbeeren- Scheinfrucht  wird  die  sehr  große 
äußere  Ähnhchkeit  beider  Gebilde  erkennen  lassen  (Fig.  588). 


Spermatophyta.  505 

Verbreitung  der  Samen  (^^j. 

Das  wichtigste  Mittel  der  Speiiiiatopliyten,  ilire  Art  den  unter  gleichen 
Bedingungen  mit  ihnen  zusammenlebenden  Gewächsen  gegenüber  zu  er- 
halten, ist  möglichst  reichliche  Samenerzeugung;  denn  mit  der  Masse 
der  Nachkommen  steigt  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  wenigstens  einige  davon 
ans  Ziel  gelangen.  Aber  die  Zahl  allein  würde  nur  geringen  Einfluß  haben 
können,  wenn  alle  Samen  an  den  Ort  ihrer  Entstehung  gebunden  blieben; 
so  ist  neben  der  Zahl  auch  eine  die  Verbreitung  begünstigende 
Ausrüstung  von  der  größten  Bedeutung,  und  Form  wie  Beschaffenheit  von 
Frucht  und  Samen  zeugen  zur  Genüge  von  dem  tiefgreifenden  Einfluß  dieses 
Faktors  auf  ihre  Ausgestaltung. 

Als  Verbreitungsmittel  stehen  den  Samen  der  Pflanzen  dieselben  Agenzien 
zur  Verfügung  wie  für  die  Pollenübertragung,  also  neben  Luft-  und  Wasser- 
strömungen die  Tiere,  und  endlich  menschliche  Verkehrseinrichtungen;  doch 
ist  insofern  ein  Unterschied  zu  beachten,  als  die  Pollenkörner  fast  durchweg 
von  überaus  geringem  Gewicht  und  von  minimaler  Größe  sind,  während  im 
Samen  doch  meist  eine  verhältnismäßig  größere  Menge  von  Reservestoffen 
abgelagert  sein  muß,  die  ihm  ein  höheres  Gewicht  und  größere  Masse  ver- 
leihen. Trotzdem  ist  Samentransport  durch  Wind  die  alle  anderen  Mög- 
lichkeiten weitaus  überwiegende  Verbreitungsart. 


Fig.  589.     Geflügelter  Samen  von  Pithecoctenium  echinatum  in  natürlicher  Größe. 
Nach  F.  NoLL. 

Die  Ausrüstung  der  Samen  für  die  Aussäung  durch  den  Wind  besteht  vielfach  nur 
in  ihrem  außerordentlich  geringen  Ausmaß  an  Größe  und  Gewicht;  so  zählen  sie  z.  B. 
bei  Stanhopea  gewiß  nach  Millionen  in  jeder  Kapsel,  und  ihr  Gewicht  ist  für  Dendro- 
bium  attenuaium  auf  etwa  \/,o(,  mg  bestimmt  worden.  So  können  diese  Orchideen  ver- 
möge der  Leichtigkeit  und  Menge  ihrer  Samen  eine  so  hervorragende,  nur  von  den  mit 
ebenso  leichten  Sporen  versehenen  Farnen  erreichte  Rolle  unter  den  epiphytischen  Be- 
wohnern feuchter  Tropenwaldungen  spielen.  Weit  häufiger  ist  eine  Oberflächenvergrößerung 
und  Darbietung  einer  Angriffsfläche  für  den  Wind  bei  nicht  ganz  so  leichten  Samen  zu 
beobachten,  indem  entweder  die  ganze  Samenoberfläche  kürzere  oder  längere  Haare  trägt, 
wie  bei  den  Weiden  (Fig.  691),  Pappeln  (Fig.  692)  und  der  Baumwolle  (Fig.  712),  oder 
ein  längerer  Haarschopf  dem  Samen  an  einem  Ende  aufgesetzt  ist,  wie  bei  den  Ascle- 
piadaceen  und  Apocynaceen  (Strophanthus,  Fig.  7.54),  vielen  Gesneriaceen  und  Brome- 
liaceen.  Ebenso  häufig  findet  sich  bei  anderen  Familien  die  Ausbildung  einer  richtigen 
Segelfläche  aus  einer  äußerst  dünnen  und  leichten  Membran,  wie  sie  bei  unseren  Fichten 
(Fig.  605)  und  Kiefern  (Fig.  606)  von  der  Fruchtschuppe  abgespalten  wird,  bei  Rhodo- 
dendron, Bignoniaceen  und  bei  Rubiaceen  (Cinchona,  Fig.  774)  sich  an  jedem  Samen 
ausbildet;  nirgends  wohl  schöner  als  bei  der  Cucurbitacee  Zanonia  und  der  ihr  fast  gleich- 
kommenden Bignoniacee  Pithecoctenium  echinatum,  deren  leichte  seidig  glänzende  Flügel 
den  fallenden  Samen  eine  fast  wagerechte  Stellung  einzunehmen  erlauben  und  damit  ein 
Hinschweben  über  weite  Strecken  bei  dem  leichtesten  Luftzuge  ermöglichen  (Fig.  589). 


506 


Karsten : 


Mannigfaltige  andere  Blüten-  bzw.  Fruchtorgane  sind  besonders  in  solchen  Fällen, 
wo  es  sich  um  einsamige  Früchte  handelt,  zu  Flügeln  oder  Windsegeln  umgestaltet  worden, 
so  die  Kelchblätter  bei  Dipterocarpeen,  das  große  Hochblatt  der  Lindeninfloreszenz  (Fig.  714), 
das  Deckblatt  mit  den  Vorblättern  bei  Carpinus  (Fig.  684),  meist  aber  die  Fruchtknoten- 
wandung, wie  bei  Betula  (Fig.  683),  Alnus,  Ulmus  (Fig.  693),  Polygonaceen  (Fig.  677  D). 
Acer  (Fig.  736),  Fraxinus  (Fig.  749)  oder  den  Früchtchen  der  Typhaceen,  Eriophorum 
(P'ig.  824),  Dryas  und  Anemone  (Fig.  630).  Gleiche  Bedeutung  hat  endlich  ein  Haarkelch 
(Pappus),  der  am  oberen  Rande  der  einsamigen  Frucht  entwickelt  ist,  wie  bei  Valeriana- 
ceen  (Fig.  777)  und  Kompositen  (Fig.  793^9,  791),  besonders  wenn  er  durch  nachträgliche 
Verlängerung  des  Fruchtendes  fallschirmähnlich  wirken  kann,  wie  bei  Taraxacum  (Fig.  794), 
Tragopogon  u.  a.  Nach  Dingler  beträgt  die  Fallverzögerung  z.  B.  für  die  mit  Haar- 
schuppen versehenen  Früchte  von  Cynara  Scolymus  bereits  in  der  ersten  Sekunde  das 
Sechsfache  im  Vergleich  zum  freien  Fall  im  luftleeren  Räume,  für  Pinus  silvestris  das 
Siebenfache,  für  Pithecoctenium  das  Dreißigfache. 

Weit  beschränkter,  aber  für  viele  Gewächse  von  ganz  hervorragender  Bedeutung 
ist  die  Samen-  oder  Fruchtbeförderung  durch  Meeresströmungen.    Die  ganze  Strand- 

und  Küstenflora  z.  B.  im  Malayischen  Ar- 
chipel besteht  nach  Schimpers  Unter- 
suchungen ausschließlich  aus  Pflanzen  mit 
schwimmfähigen  Früchten  oder  Samen,  deren 
Ausrüstung  dann  stets  mehr  oder  minder 
derjenigen  der  überall  an  Tropenküsten  ver- 
breiteten Kokosnuß  (Fig.  806)  entspricht. 
Ein  dickes,  aus  grobem  Fasergewebe  be- 
stehendes, von  pergamentartigem  Exokarp  be- 
decktes Mesokarp  erhält  die  Frucht  schwimm- 
fähig und  schützt  das  spröde  steinharte  Endo- 
karp  vor  dem  Zertrümmertwerden  beim  An- 
prall an  Felswände  und  Ufersteine.  Der- 
selbe oder  doch  ein  sehr  ähnlicher  Bau  findet 
sich  bei  Barringtonia  speciosa  und  anderen 
Arten,  bei  Cerbera  OdoUam  (Fig.  590),  Ter- 
minalia  Catappa,  Nipa  fruticans,  den  Panda- 
nusarten  und  zahlreichen  weiteren  Vertretern 
auch  der  strauchigen  und  krautigen  Dünen- 
und  Strandflora;  bei  allen  aber  ist  lange 
Schwimmfähigkeit  ohne  Beeinträchtigung 
ihrer  Keimfähigkeit  Bedingung  für  Verbrei- 
tung und  Erhaltung  der  Art.  Die  Notwendig- 
keit beider  Bedingungen  zeigt  z.  B.  die  an 
allen  Küsten  des  indischen  Ozeans  gelegent- 
lich angespülte  große  Doppelfrucht  von 
Lodoicea  Seychellarum,  die  zwar  schwimm- 
fähig ist,  aber  den  Transport  auf  dem  salzigen 
Meere  nicht  zu  ertragen  vermag  und  so 
auf  das  geringe  Verbreitungsgebiet  einer  kleinen  Inselgruppe  beschränkt  bleiben  mußte. 
Die  Verbreitung  von  Früchten  oder  Samen  durch  Tiere  beruht  in 
der  Regel  darauf,  daß  fleischige  Früchte  Vögeln  als  Nahrung  dienen,  von  denen  die 
Samen  unverdaut  wieder  abgegeben  werden.  In  Mitteleuropa  ist  besonders  der  Holunder, 
Sambucus  nigra,  ein  bekanntes  Beispiel;  für  manche  Samen  scheint  die  Wanderung  durch 
den  Darm  von  Tieren  die  Keimfähigkeit  zu  bedingen.  Besondere  Anpassungen  an  die 
Samenverbreitung  durch  Tiere  dürften  in  vielen  Fällen  die  Ar  i  11  u  sbildungen  (vgl.  S.  .502) 
darstellen.  Der  Arillus  von  Taxus  mit  seiner  intensiv  roten  Farbe,  der  einzige  nicht 
giftige  Teil  des  Baumes,  wird  von  Amseln  mit  Vorliebe  verzehrt,  die  roten  Früchte  von 
Evonymus  europaea  lassen  geöffnet  ihre  mit  hochrotem  Arillus  versehenen  vier  Samen 
hervorschauen,  die  von  Rotkelchen  aufgesucht  werden.  Die  Verbreitung  der  Muskatnüsse 
wird  von  einer  großen  Taubenart,  die  dem  Arillus  eifrig  nachstellt,  über  die  ganzen  Mo- 
lukken  vermittelt.  Endlich  werden  unsere  Misteln  im  Winter,  wenn  wenig  andere  Nahrung 
zu  finden  ist,  von  Amseln  und  anderen  Vögeln  gern  aufgesucht;    die   Samen   der  Misteln 


Fig.  590.  Frucht  von  Cerbera  Odollara  aus 
der  Drift.  Nach  A.  F.  W.  Schimper.  Haut- 
artiges Exokarp  und  das  Fleisch  des  Meso- 
karps  fehlen,  so  daß  das  von  groben  Faser- 
strängen durchzogene,  etwas  abgeriebene 
Schwimmgewebe  frei  liegt. 


Spermatophyta. 


507 


bleiben,  vermöge  ihres  Viscinklebstoffes,  beim  Abwetzen  des  Schnabels  an  Zweigen  haften 
und  können  dort  zur  Keimung  gelangen.  Die  Verbreitung  der  Klettpflanzen  Galium 
aparine,  Lappa-Arten  (vgl.  Fig.  798a),  Bidens,  Xanthium  usw.  durch  das  Wollkleid  unserer 
Vierfüßler,  die  allgemeine  Verbreitung  der  Wasserpflanzen  von  einem  See  oder  Tümpel 
zu  weit  entfernten  anderen  durch  die  Wasservügel,  die  Verstreuung  der  Haselnüsse  usw. 
durch  Eichhörnchen  bedürfen  keiner  weiteren  Erklärung.  Schließlich  sei  noch  auf  die 
Samenverbreitung  durch  Ameisen  hingewiesen;  diese  Tiere  werden  durch  ölreiche  Anhängsel 
gewisser  Samen  und  Früchte,  wie  die  Caruncula.  veranlaßt,  sie  in  ihre  Behausungen  zu 
verschleppen. 

Daß  der  Mensch  durch  Handel  und  Erwerbstätigkeit  gewaltigen  Ein- 
fluß auf  die  Verbreitung  der  Nahrungs-  und  Nutzpflanzen  gewonnen  hat,  und  daß  mit 
diesen  zugleich  eine  Menge  der  als  Unkraut  dazwischen  lebenden  Gewächse  in  ihren 
Samen  über  die  bewohnten  Teile  der  Erde  verbreitet  sind,  ist  durch  zahlreiche  Beispiele 
belegt  und  allgemein  bekannt. 


Die  Keimung  ('^). 

Samen,  die  alle  Fährlichkeiten  der  Reise  gut  überstanden  haben,  bedürfen  zur 
Keimung  eines  geeigneten  Standortes.  Kleinen  Samen  ist  es  nicht  schwer,  in  Ritzen 
oder  Rillen  des  Bodens  Unterkunft  zu  finden,  wo  sie  häufig,  durch  besondere  Eigen- 
schaften ihrer  Oberfläche  unterstützt,  leicht  festhaften  bleiben.  Größere  Samen  werden 
durch  das  fallende  Laub  die  genügende  Bedeckung  erhalten.  Die  Früchtchen  von  Ero- 
dium  und  anderen  Geraniaceen,  von  Avena  sterllis,  Stipa-Arten  und  sonstigen  Gramineen 
gelangen  mit  Hilfe  ihrer  h3'groskopischen  Krüm- 
mungen in  den  Boden  (vgl.  S.  295,  Fig.  276);  rück- 
wärts gerichtete  Haare  ihrer  Oberfläche  verhindern, 
daß  sie  wieder  hinausgedrängt  werden.  Geotropisch 
abwärts  wachsende  Fruchtstiele  (vgl.  S.  304)  sorgen 
für  hinreichend  tiefes  Eingraben  der  Früchte  bei 
Arachis  hypogaea,  Trifolium  subterraneum,  Okenia 
hypogaea  u.  a.,  negativer  Phototropismus  führt  die- 
jenigen von  Linaria  cymbalaria  in  die  Ritzen  der  von 
der  Pflanze  bewohnten  Mauern  ein  (vgl.  S.  310). 


Fig.  591.  Thuja  occidentalis.  Bei  A  medianer 
Längsschnitt  durch  den  reifen  Samen.  In  B  bis 
£  Keimungsstadien,  h  Hypokotyl,  c  Kotyledonen, 
r  Radicula,  ?■  Stammvegetationskegel,  A  5 mal, 
B  und  C  2  mal  vergr.  D  und  E  nat.  Größe. 
Nach  H.  ScHENCK. 


Fig.  592.  Pinus  Pinea.  Keimung 
nach  J.  Sachs.  /  Samenlängsschnitt. 
r  Mikropylenende.  //  Keimungs- 
beginn, j  Samenschale,  e  Endo- 
sperm,  -c  Hauptwurzel,  .v  der  von 
ihr  ausgestül])te  Embryosack  (zer- 
rissen), /•  rote  Samenhaut  in  der 
Schale.  ///  Kotyledonen  c-  verlassen 
den  ausgesogenen  Samen,  /rc  Hypo- 
kotyl, 7v'  Nebenwurzeln. 


Finden  die  so  geborgenen  Samen  dann  hinreichend  Feuchtigkeit,  so  quellen  sie 
zunächst  stark  auf.  Damit  geht  ihnen  freilich  bereits  ein  Teil  ihrer  großen  Unempfind- 
lichkeit   gegen    alle  Fährlichkeiten,    speziell  Temperaturextreme    und    Trockenheit,    wieder 


508 


Karsten : 


verloren,  die  sie  nur  ihrem  sehr  geringen  Wassergehalt  verdankten.  Die  nächste  Auf- 
gabe für  den  Samen  ist  alsdann  die  Sprengung  der  Samenschale,  die  meist  von  der 
Wurzel  besorgt  wird.  Da  die  Orientierung  der  Wurzelspitze  stets  gegen  die  Mikropyle 
gerichtet  ist,  wird  diese  Stelle  geringeren  Widerstandes  von  der  Wurzelspitze  durchbohrt 
und  durch  Herauswachsen  der  stärkeren  Teile  des  Hypokotyls  auseinandergesprengt 
(Fig.  591,  592).  Die  aus  dem  Samen  austretende  Wurzel  wendet  sich  alsbald  geotropisch 
abwärts  und  sorgt  durch  Wurzelhaare,  die  am  Wurzelhals,  d.  h.  der  Grenze  von 
Wurzelanlage  und  Hypokotyl,  besonders  lang  und  zahlreich  hervorbrechen,  für  schleunige 
Befestigung  des  Keimlings  im  Boden.  Inzwischen  wächst  das  Hypokotyl  nach  und  nach 
aus  der  Samenschale  heraus,  während  die  Kotyledonen  zum  großen  Teil  noch  darin 
stecken  und  die  Reste  der  Reservestoffe  aufsaugen  (Fig.  591,  593a).  So  ist  eine  mehr  und 
mehr  bis  an  die  Insertionsstelle  der  Keimblätter  sich  hinaufziehende  scharfe  Krümmung 
des  Hypokotyls  unausbleiblich,  und  die  bei  weiterem  Aufwärtswachsen  sich  steigernde 
Spannung  muß  schließlich  die  Kotyledonen  aus  der  Samenschale  herausziehen,  worauf 
der  Keimling  eine  aufrechte  Lage  einnimmt  und  die  Blätter  zur  Assimilation  ausbreitet, 
um  ein  selbständiges  Leben  zu  beginnen.  Die  Zahl  der  Keimblätter  ist  meist  2,  bei 
einigen  Gattungen  der  Koniferen  aber  wechselt  sie  von  3— oo  (Fig.  592). 

Die  häufigste  Form  der  Keimung  ist  charakterisiert  durch  die  oberirdische  Aus- 
breitung der  Kotyledonen,  sie  heißt  epigäische  Keimung.  Man  findet  sie  bei  den 
kleineren  Samen  fast  ausschließlich. 

Die  hypogäische  Keimung  findet  sich  hauptsächlich  bei  großsamigen  Dikotyledonen, 
deren  Keimblätter  als  Reservestoffbehälter  dienen,  wie  Vicia  Faba,  Pisum,  Aesculus,  Juglans, 
Quercus  u.  a.  Ihr  Charakteristikum  besteht  darin,  daß  die  Kotyledonen,  nachdem  die 
Wurzel  sich  im  Boden  befestigt  hat,  in  der  Samenschale  verbleiben,  während  das  epikotyle 
Stammende  sich  zwischen  den  Keimblättern  emporrichtet  und  die  Folgeblätter  entwickelt. 
So  scharf  morphologisch  die  Trennung  beider  Keimungsformen  ist,  so  wenig  ist  dieser 
Unterschied  systematisch  verwertbar;  schon  innerhalb  der  Papilionaceen  z.  B.  finden  sich 
mannigfache  Übergangsstufen;  Phaseolus  vulgaris  keimt  epigäisch,  Phaseolus  multiflorus 
hypogäisch. 

Die  Keimung  monokotyler  Samen  weicht  von  den  beschriebenen  Fällen 
dadurch  ab,  daß  nach  der  Hauptwurzel  der  Kotyledon  mit  seinem  Scheidenteil  aus  dem 
Samen  austritt  (Fig.  593^-),  während  das  andere  Ende  des  Keim- 
blattes sehr  lange  im  Samen  ver- 
bleibt und  als  Saugorgan  die  im 
EndospermaufgespeichertenReserve- 
stoffe  dem  Keimling  zuführt,  dessen 
erstes  Blatt  alsbald  aus  dem  Schei- 
denteil des  Kotyledons  hervortritt. 
Sehr  harte  Samenschalen  weisen 
besondere  Vorkehrungen  auf,  welche 
das  Austreten  der  Wurzel  erleich- 
tern. So  finden  sich  an  der  Kokos- 
nuß drei  Keimlöcher  vor,  den  drei 
Fruchtblättern  entsprechend.  Das- 
jenige, vor  welchem  der  einzige  zur 
Entwicklung  gelangende  Keimling 
mit  seinem  Wurzelende  liegt,  ist 
von  nur  sehr  dünner  Schale  über- 
deckt, die  beiden  anderen  dagegen 
sind  fest  verschlossen.  Die  harte  Steinscbale  der  Palme  Acrocomia  sclerocarpa  (Fig.  594) 
besitzt  an  der  der  Wurzel  vorgelagerten  Stelle  einen  leicht  herausschiebbaren  Pfropf;  in 
der  ganzen  Familie  der  Scitamineen  sind  ähnliche  Deckel  vorhanden. 

Ganz  abweichende  Verhältnisse,  die  hier  nur  kurz  erwähnt  werden  können,  zeigen 
die  sog.  ,,viviparen"  Pflanzen  (Fig.  659).  Die  Viviparie  stellt  eine  zum  Standort  in  Be- 
ziehung stehende  ökologische  Anpassung  der  tropischen  Mangrovepflanzen  dar.  Sie  lassen 
ihre  einsamigen  Früchte  bereits  an  der  Mutterpflanze  keimen,  d.  h.  die  Fruchtwandung 
wird  vom  mächtig  heranwachsenden  Keimling,  der  zunächst  mit  dem  Radikularende 
aus  der  Mikropyle  der  Samenschale  hervordringt,  ebenfalls  durchbrochen,  und  das  ins 
Freie    tretende    Hypokotyl    erreicht   z.    B.    bei  Rhizophora  mucronata  und  Rh.  mangle  bis 


Fig.  593.  Keimlinge  von  a 
Scorzonera  humilis.  b  Iris 
Pseudacorus.  Nach  G.  Klebs. 


Fig.  594.  Schnitt 
durch  den  oberen 
Teil  der  P'rucht  von 
Acrocomia  sclero- 
carpa. 6"  Steinschale, 
P  Pfropf,  K  Keim- 
ling, E  Endosperm. 
Nach     E.     Pfitzer. 


Gymnospermae. 


509 


über  1  m  Länge  (vgl.  Fig.  187  u.  659),  so  daß  die  vom  Baum  fallenden  Keimlinge  mit 
dem  zugeschärften  Wurzelende  bei  ihrem  ansehnlichen  Gewicht  tief  in  den  Schlamm  ein- 
dringen, dort  festen  Fuß  fassen  und  sich  sogleich  weiterentwickeln  können. 


Anordnung  der  Klassen,  Ordnungen  und  Familien. 

I.  Klasse.     Gymnospermae  (^^). 

Die  Gymnospermen  sind  nach  morphologischen  Gesichtspunkten  (wie  nach  den  Ergeb- 
nissen der  Serodiagnostik  (S.  524)  nicht  einheitlicher  Abstammung.  Vielmehr  gehen  die 
Gycadeen  zwar  auf  die  Cycadofilices  (vgl.  S.  461  Pteridospermeae)  zurück,  wohl  vermittelst 
der  Benettitaceae  (vgl.  S.  522,  Cycadeoidea),  aber  die  Coniferae  würden  auf  die  Lycopodinae 
ligulatae  zurückzuführen  sein,  wobei  die  Deckschuppe  dem  Blatte,  die  Fruchtschuppe  viel- 
leicht der  Ligula?  entsprechen  könnte.  Die  Abietineenzapfen  bestehen  demnach  aus  zahl- 
reichen Makrosporophyllen,  und  jeder  Zapfen  entspricht  einer  Blüte,  nicht  einem  Blüten- 
stand, so  daß  sich  ein  direkter  Anschluß  an  die  spiralig  aufgebauten  Magnoliaceenblüten  ergibt. 


Fig.    595.     Cycas   revoluta- Gruppe    aus    einem    Tempeigarten    in   Japan. 
Stämme   in  Japan  von  8  m  Höhe  und  2  m  Umfang.     Nach  G.  R. 


Die   mächtigsten 
Wieland. 


Die   1.   Ordnung,    Cycadinae,    enthält    als    einzige    Familie    die    Cycadaceae. 

Die  Gycadeen  sind  den  Tropen  und  Subtropen  angehörige  Ilolzgewächse.  Und  zwar  ist 
Cycas  in  Asien  heimisch,  Macrozamia  und  Boivema  in  Australien,  Encephalartos  und 
Stangeria  gehören  Afrika  an;  dagegen  besitzt  Amerika  die  Gattungen  Dioon,  Zamta, 
Ceratozamia  und  Microcycas.  Den  Habitus  eines  Cycadeenhaines  gibt  Fig.  595  wieder, 
wo  zahlreiche  ansehnliche  Exemplare  von  Cycas  revoluta,  darunter  auch  verzweigte, 
beisammenstehen. 

Der  Stamm  ist  mit  Dickenwachstum  begabt,  er  bleibt  entweder  unverzweigt  oder 
stellt  ein  Sympodium  dar  und  bringt  große,  gefiederte  Laubblätter  von  mehrjähriger  Dauer 
und  lederiger  Beschaffenheit  in  gipfelständiger  Rosette  abwechselnd  mit  schuppenförmigen 
Niederblättern  hervor.  Diese  bekleiden  gemeinsam  mit  den  Basen  der  abgeworfenen  Laub- 
blätter die  Oberfläche  des  säulenartigen  oder  knollenförmigen  Stammes.  In  allen  Teilen 
der  Pflanzen  finden  sich  Schleimgänge.  Die  Leitbündel  sind  kollateral,  führen  jedoch  im 
Gefäßteil  nur  Tracheiden. 


510 


Karsten : 


Die  Blüten  der  Cycadaceae  sind  diözisch  verteilt.  Fig.  596  stellt  eine  blühende 
weibliche  Pflanze  von  Cvcas  revoluta  dar.  Der  Vegetationskegel  des  Stammes  bildet  hier 
abwechselnd  Laubblätter  und  Makrosporophylle.  Die  Laubblätter  sind  in  der  Jugend 
gleich  denen  der  Farne  eingerollt.  Ein  Sporophyll  ist  in  Fig.  596«  genauer  wieder- 
gegeben. Es  zeigt  noch  die  gefiederte  Form  der  Laubblätter,  entbehrt  aber  des  Chloro- 
phylls und  ist  dicht  mit  braunen  Haaren  bedeckt.  Der  Basis  genähert  trägt  es  zwei 
bis  acht  randständige    Makrosporangien    an    Stelle   von  Fiedern.     Jede  blühbare  weibliche 


Fig.  596.     Cycas  revoluta,  weiblich,   blühend.     Nach  einer  Photographie. 

a  Makrosporophyll  (Fruchtblatt)  von  Cycas  revoluta  (nach  Sachs). 

b  Mikrosporophyll  (Staubblatt)  von  Cycas  circinalis  (nach  Richard). 


Cycaspflanze  durchläuft  also  in  regelmäßigem  Wechsel  eine  vegetative  und  eine  Blüten- 
periode; die  Blüte,  von  der  Gesamtheit  der  Sporophylle  dargestellt,  wird  stets  durch- 
wachsen, da  dem  Stamme  die  Fähigkeit  sich  zu  verzweigen  im  allgemeinen  fehlt.  Da- 
gegen vereinigen  die  männliche  Cycaspflanze  und  die  übrigen  Cycadaceae  ihre  Sporo- 
phylle in  terminalen  Zapfenblüten  von  oft  riesigen  Dimensionen;  eine  Seitenknospe  des 
Stammes  schiebt  sodann  diese  terminalen  Blüten  beiseite  und  setzt  in  sympodialem  Aufbau 
das  Wachstum  in  ursprünglicher  Richtung  fort. 

Derartige  Zapfen  bestehen  aus  zahlreichen  Sporophyllen,    die  in  spiraliger  Stellung 
an  der  Achse  aufeinander   folgen.     Mikrosporophylle   sind   auf  ihrer  Unterseite  mit  zahl- 


Gymnospermae. 


511 


losen  Mikrosporangien  übersät,  wie  Fig.  596  6  für  Cycas  darstellt.  Makrosporophylle  der 
übrigen  zapfenblütigen  Cycadaceae  beschränken  die  Zahl  der  Makrosporangien  auf  je 
zwei,  welche  dem  Cycas  gegenüber  erheblich  abgeänderten  Sporophyll  am  Rande  eingefügt 
werden,    wie   Fig.    597    für  Ceratozamia  robusta   zeigt;  Entwicklungsgeschichte  vgl.  S.  485- 

Der  einzige  Vertreter  der  2.  Ordnung,  Ginkgoinae, 
die  auf  die  Familie  der  Ginkgoaceae  beschränkt  ist,  ist 
der  aus  Japan  stammende,  bei  uns  jetzt  vielfach  angepflanzte 
Baum  Ginkgo  biloba.  Ginkgo  biloba  verliert  jährlich  seine 
langgestielten,  ein-  bis  mehrfach  zweilappigen,  Adiantum 
ähnliehen  Blätter.  Bei  diözischer  Blütenverteilung  sind 
die  hüllblattlosen  Staubblätter  zahlreich  an  einer  gestreckten 
Achse  vereinigt,  ihre  Mikrosporangien  besitzen  ein  „Endo- 
thecium"  (S.  470).  Die  Makrosporangien  stehen  zu 
zweien  auf  dem  Gipfel  kurzer  Sprosse  in  einer  kragen- 
artig die  Sporangien  umgebenden  Wucherung,  dem  Sporo- 
phyll (Fig.  598).     Entwicklungsgeschichte  vgl.  S.  485. 

In  der  3.  Ordnung  Coiiiferae,  den  Koniferen, 
sind  die  unter  dem  Kamen  der  ,, Nadelhölzer" 
bekannten  Pflanzen  vereinigt.  Stattliche  Ge- 
wächse von  baumförmigem  oder  strauchartigem 
Habitus,  mit  holzigen  Stämmen  versehen,  zeich- 
nen sie  sich  durch  den  gemeinsamen  Charakter 
Meiner,  ungeteilter,  fester,  flacher  oder  kantiger, 

meist  xerophil  gebauter  Nadelblätter  von  meist  mehrjähriger  Dauer  aus,  so 
daß  Nadelhölzer,  bis  auf  wenige  Vertreter,  wie  die  Lärche,  zu  der  ,,immer- 
grünen"  Vegetation  zählen.  Eine  reiche  Verzweigung  in  Lang-  und  Kurz- 
triebe typischer  Form  findet  sich  bei  den  Gattungen  Pinus,  Larix  und  Cedrus. 
In  allen  Fällen  aber  sind  Hauptstamm  und  Seitenzweige  durch  Wachstums- 
richtung und  -stärke  scharf  unterschieden,  wenigstens  an  jüngeren  Indivi- 
duen.   Im  Alter  nehmen  die  Bäume  oft  Schirmform  an. 


Fig.  597.    Ceratozamia  robusta. 
Ein  Makrosporophyll  mit  zwei 

Makrosporangien. 

Nach  K.  GoEBEL. 


Fig.  598.  Ginkgo  biloba.  Männlicher  Kurztrieb  mit  Blüte  und  jungen  Blättern,  a,  b 
Staubblätter,  c  weibliche  Blüte,  d  Frucht,  e  Steinkern  daraus,  /  derselbe  im  Querschnitt, 
g  im  Längsschnitt  nach  Ausbildung  des  Embryo,  h  weibliche  Blüte  mit  ausnahmsweise 
zahlreichen  gestielten  Samenanlagen.  —  Männliche  Blüte  und  c  in  nat.  Gr.,  d  ein  wenig 
verkleinert,  die  übrige  Figur  vergrößert.     Nach  L.  C.  Richard,  a—d  nach  A.  W.  Eichler. 


512 


Karsten ; 


Der  Mangel  an  Tracneen  im  Holz,  wie  in  den  Gefäßteilen  der  jungen 
Pflänzchen,  ist  in  anatomischer  Hinsicht  charakteristisch.  Große  Tracheiden 
mit  eigenartigen  Hof  tupf  ein  besonders  auf  den  rachalen  Längswänden  ver- 
treten ihre  Stelle  und  bilden  Holzkörper  von  außerordentlicher  Gleichmäßig- 
keit, Der  Mehrzahl  der  Koniferen  ist  reicher  Harzgehalt  in  allen  Teilen  eigen. 
Die  Nadelhölzer  sind  im  Gegensatz  zu  den  Cycadinae  meist  Bewohner 
gemäßigter  Zonen,  auch  gehören  sie  mit  zu  den  am  weitesten  gegen  den  Pol 

vordringenden  Baum- 
formen. Wo  sie  inner- 
halb der  Wendekreise 
auftreten,  handelt  es  sich 
meist  um  Arten,  die  hoch 
ins  Gebirge  hinaufsteigen. 
Nach  den  Verschie- 
denheiten ihrer  Blüten- 
bildung werden  die  Koni- 
feren auf  zwei  Familien 
verteilt. 

Die  Taxaceae  sind 
charakterisiert  durch 
weibliche  Blüten  mit 
einem  oder  wenigen  Ma- 
krosporangien,  die  in  der 
Regel  mit  einem  Arillus 
versehen  sind.  Diese 
Blüten  pflegen  nicht 
zapfenförmig  zu  sein. 
Die  Mehrzahl  der  Ver- 
treter hat  diözische  Ge- 
schlechtsverteilung. 

Die  Pinaceae  da- 
gegen führen  mehrere 
Samenanlagen  in  jeder 
weiblichen  Blüte,  welche 
aus  zahlreichen,  an  einer 
Spindel  zu  Zapfen  ver- 
einigten Sporophyllen  ge- 
bildet wird.  Ein  Arillus 
fehlt,  und  die  Geschlechts- 
verteilung ist  meist  mo- 
nözisch. 

Familie  Taxaceae.  Die  Angehörigen  der  Taxaceen  sind  in  verschiedenen  kleinen 
Gattungen  teils  auf  der  nördlichen  Hemisphäre,  wie  Taxus,  Torreya,  Cephalotaxus,  vor- 
wiegend aber  in  zahlreichen  Gattungen  auf  der  südlichen  Hemisphäre  verbreitet.  Als 
wichtigste  von  diesen  ist  die  Gattung  Podocarpus  zu  nennen,  deren  zahlreiche  Arten  sich 
als  stattliche  Bäume  in  den  Bergwaldungen  meist  der  asiatischen  Tropen  finden  und  in 
den  gemäßigten  Zonen  Ostasiens  und  der  australisch-neuseeländischen  Inselwelt  eine 
weite  Verbreitung  besitzen.  Ihre  weiblichen  Blüten  sind  kleine  Sprosse,  deren  Sporo- 
phylle  fleischig  anschwellen;  1  oder  2  davon  tragen  je  eine  anatrope,  von  fleischig  werden- 
dem Arillus  umhüllte  Samenanlage  auf  dem  Gipfel.  Die  auf  demselben  oder  auf  einem 
anderen  Individuum  vorhandenen  männlichen  Blüten  stellen  kleine  aufgerichtete  Zäpfchen 
dar,  die  mit  zahlreichen  Mikrosporophyllen  besetzt  sind.  Jedes  Sporophyll  trägt  unter- 
seits  zwei  Sporangien,  deren  Mikrosporen  mit  Flugblasen  versehen  sind. 

Die  Eibe,  Taxus  baccata,  ist  die  einzige  in  Europa  vorhandene  Art  der  Familie 
(Fig.   599,   600).     Jetzt  vielfach   in   Anlagen   gepflanzt,   hat   sie   früher   eine   große  Ver- 


Fig.  599.  Taxus  baccata.  A  Habitusbild  eines  Zweiges 
mit  weiblichen  Blüten,  ^ei  *  zwei  Samenanlagen  an  dem- 
selben Primansprößcherl.  Nat.  Gr.  B  Ein  Blatt  mit  achsel- 
ständiger Samenanlage.  Vergr.  2.  C  Längsschnitt  durch 
die  gemeinsame  Mediane  des  Priman-  und  Sekundanspröß- 
chens,  v  Vegetationskegel  des  Primansprößchens,  a  Arillus- 
anlage,  e  Embryosackanlage,  n  Nucellus,  /  Integument, 
m  Mikropyle.  Vergr.  48.  —  Nach  E.  Strasburger.  Giftig. 


Gymnosperi 


513 


breitung  als  immergrünes  Unterholz  unserer  Wälder  besessen.  Einzelne  mächtige  Exem- 
plare finden  sich  in  Nord-  und  Mitteldeutschland  noch  vor,  größere  Bestände  sind  wohl 
nur  spärlich  erhalten  geblieben.  Der  Baum  erreicht  eine  Höhe  von  etwa  10  m.  Seine 
Zweige  sind  sämtlich  als  Langtriebe  ausgebildet  und  tragen  an  den  aufstrebenden  Haupt- 
ästen allseitig,  an  den  wagerecht  ausgebreiteten  Seitenzweigen  nach  rechts  und  links  ge- 
scheitelt flache  Nadelblätter  von  mehrjähriger  Dauer.  Der  Baum  ist  diözisch.  Die  Blüten 
sitzen  auf  der  Unterseite  der  Zweige  und  entstehen  als  Achselsprosse  vorjähriger  Nadeln.  Männ- 
liche Blüten  werden  von  einer  Anzahl  Schuppenblätter  am  Grunde  umhüllt  und  enthalten 
etwa  10  schildförmige  Staubblätter,  mit  je  5—9  Pollensäcken  (Fig.  600^).  Bei  ihrer  Öffnung 
wird  die  Außenwand 
nach  Lösung  an  der 
Basis  und  den  Seiten 
zurückgeschlagen;  so 
ähnelt  das  Staubblatt 
einem  nach  unten  auf- 
gespannten Schirm, 
in    dessen    Höhlung 

die  ausgefallenen 
Pollenmassen  liegen 
bleiben,  bis  der  Wind 
sie  entführt.  Die  Pol- 
lenkörner von  Taxus 
entbehren  der  Flug- 
blasen. Weibliche 
Blüten  (Fig.  599)  ent- 
stehen meist  einzeln 
als  sekundärer  Ach- 
selsproß der  obersten 
Schuppe  eines  pri- 
märenTriebes,  dessen 
zur  Seite  gedrängter 
Vegetationskegel  sich 
nicht  weiter  ent- 
wickelt. Sie  bestehen 
aus  einer  einzigen 
atropenSamenanlage, 
die  von  einem  Inte- 
gument  umhüllt  wird. 
Die  den  Gymnosper- 
men eigene  Tropfen- 
ausscheidung aus  der  Mikropyle  ist  hier  besonders  gut  zu  beobachten.  Während  der 
Samenentwicklung  bildet  sich  ein  fleischiger  Arillus  aus,  der  als  hochroter  Becher  den 
reifen  Samen  umgibt.  Das  Laub  und  der  Samen,  nicht  aber  der  ihrer  Verbreitung  durch 
Vögel  dienende  süße  Arillus,  sind  giftig. 

Familie  Pinaceae.  In  der  Familie  der  Pinaceen  sind  die  wichtigsten  Nadelholz- 
bäume enthalten,  die  sich  nach  Verschiedenheiten  der  Blattstellung  und  Lage  der  Samen- 
anlagen auf  zwei  Unterfamilien  verteilen  lassen.  Alle  Formen  mit  gegenständigen  oder 
quirlständigen  Blättern  fassen  wir  als  Cupressineae  zusammen.  Diesen  kommt  auch  eine 
aufrechte  Stellung  ihrer  Samenanlagen  zu. 

Alle  Formen  mit  wechselständigen  Blättern  bilden  die  Unterfamilie  der  Abietineae, 
welche  fast  ausnahmslos  umgewendete  Samenanlagen  besitzen. 

Unterfamilie  Cupressineae.  Die  Cupressineen  haben  teils  quirlständige  Nadeln, 
wie  unser  Wachholder  (Fig.  601),  teils  schuppenförmige  und  dann  dekussiert  stehende 
Blätter  wie  Thuja-Arten  wx^A ßmiperjis  Sahina  (Fig.  602).  Doch  zeigen  die  Keimpflanzen 
von  Thuja  noch  nadeiförmige  Blätter,  und  einzelne  Zweige  der  schuppig  beblätterten 
Juniperus- Arten  fallen  ebenfalls  häufig  auf  Nadelblätter  und  dreizählige  Blattquirle  zurück, 
so  daß  man  diese  als  ältere  Blattform  aller  Cupressineen  zu  betrachten  berechtigt  ist. 
Taxodium  distichuvi  trägt  zweizeilig  beblätterte  hinfällige  Kurztriebe. 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  «J"5 


Fig.  600.    Taxus  baccata  mit  Früchten.    V^  nat.  Gr.     A  Männlich« 
Blüte  nach  Richard.  —  Giftig. 


514 


Karsten ; 


Die  Blüten  der  Cupressineen  sind  monöziscb,  nur  bei  Juniperus  meist  diözisch 
verteilt.  Die  männlichen  sind  bei  Juniperus  communis  blattacbselständig.  Der  kleine 
Sproß  beginnt  mit  einer  Anzahl  anliegender  Schuppenblätter  (Fig.  601  ^ß)  und  endet 
mit  einigen  Wirtein  von  schildförmigen  Sporophyllen  c,  die  auf  der  Unterseite  je  2  bis 
4  Mikrosporangien  (d)  tragen,  welch  letztere  sich  mit  einem  vertikalen,  in  Längsrichtung 
des  Sporophylls  verlaufenden  Riß  öffnen.  Die  Stellung  der  weiblichen  Blüten  ist  die 
gleiche.  Auf  die  Hülle  der  Schuppenblätter  (Fig.  601  £)  folgt  ein  Quirl  Fruchtblätter 
(Fig.  601  Cl>);  jedes  trägt  schräg  vor  der  Mittellinie  eine  aufrechte  Samenanlage  c  Nach 
der  Befruchtung  geht  hauptsächlich  aus  dem  Grunde  der  Sporophylle  fleischiges  Parenchym 
hervor,  welches  die  drei  Makrosporangien  emporhebt  und  sich  zwischen  sie  eindrängt, 
ohne  jedoch  den  freien  Raum  ganz  auszufüllen.  Die  drei  Fruchtblätter  wachsen  dann 
über    den    Samenanlagen    völlig    zusammen.      Eine   Verwachsungsnarbe    auf    dem    Scheitel 


Fig.  601.  Juniperus  communis.  %  nat.  Gr.  —  Zweig  mit  Früchten  und  Zweig  mit  männ- 
lichen Blüten.  —  Offizineil.  A  Männliche  Blüte,  B  fertiler  Zweig  mit  weiblicher  Blüte. 
C  weibliche  Blüte,  ein  Fruchtblatt  zurückgeschlagen,  D  Frucht  nach  Berg  und  Schmidt. 


kennzeichnet  noch  an  der  reifen  Beerenfrucht  die  Grenzen  der  Fruchtblätter.  Übrigens 
ist  Juniperus  die  einzige  Gattung  der  Cupressineen  mit  Beerenfrüchten;  die  anderen 
wie  Citpressus,  Thuja,  Taxodium  tragen  Zäpfchen  und  führen  ihre  Samenanlage  auf  einer 
kaum  abgegliederten  Wucherung  der  Zapfenschuppen. 

Juniperus  communis,  der  Wachholder,  ist  ein  auf  der  ganzen  nördlichen  Hemisphäre 
verbreiteter,  stellenweise  sehr  häufiger  Strauch.  JtLfiiperus  Sabina,  der  Sadebaura  (Fig.  602), 
findet  sich  in  den  Alpen  und  sonstigen  mittel-  und  südeuropäischen  Gebirgen  als  nieder- 
liegender Strauch.  Die  Zypresse,  Cupressus  sempervirens,  ist  im  Mittelmeergebiet  zu 
Hause.  T'Az^/a- Arten,  Lebensbäume  genannt,  werden  als  Ziersträucher  und  Bäume  bei 
uns  angepflanzt.  Das  sommergrüne  Taxodinm  distichum  bildet  ausgedehnte  Sumpfwälder 
an  den  Nordküsten  des  mexikanischen  Golfes  von  Florida  bis  Galveston,  während  das 
immergrüne  Taxodiwn  mexicamun  auf  dem  mexikanischen  Hochplateau  weit  verbreitet  ist,  in 
zum  Teil  mächtigen  Exemplaren,  wie  „dem  großen  Baum  von  Tule-',  der  von  Humboldt 
auf  4000  Jahre  geschätzt,  bei  50  m  Höhe  44  m  Stammumfang  besitzt  (Fig.  603). 


GymnosperniE 


515 


Unterfamilie  Abietineae.  Die  männlichen  Blüten  (vgl.  S.  479)  bestehen  lediglich 
aus  einer  am  Grunde  mit  Schuppenblättern  besetzten  Achse,  an  der  zahlreiche  Staub- 
blätter sich  finden,  die  auf  ihrer  Unterseite 


Pollensäcke  tragen.  Ihre  Zahl  ist  bei  den 
Abietinee7t  im  engeren  Sinne  auf  zwei 
beschränkt,  sie  steigt  bei  Agathis  und 
Araticana  auf  5—15.  Die  Mikrospuren 
haben  meist  Flugblasen.  Weibliche 
Blüten  stellen  durchweg  Zapfen  dar, 
sie  bestehen  also  aus  einer  Achse  und 
Zapfenschuppen,  den  Makrosporophyllen. 
Bei  Agathis  und  Araucaria  trägt  jede 
Schuppe  eine  anatrope  Samenanlage  an 
der  Basis.  —  Ähnlich  liegen  die  Verhält- 
nisse bei  Sequoia  und  Sciadopüys,  deren 
Schuppen  aber  stets  mehrere  (4—9) 
anatrope  Samenanlagen  auf  einem  sich 
schärfer  abhebenden  Auswuchs  tragen.  Bei 
den  Abietineen  im  engeren  Sinne  ist 
die  Trennung  dieses  Auswuchses  von 
der  Schuppe  weiter  durchgeführt;  man 
findet  eine  zweite,  mit  der  Zapfen- 
schuppe am  Grunde  verbundene  innere 
Schuppe,  welche  die  beiden,  stets 
anatropen  Samenanlagen  trägt.  D  i e 
äußere  Schuppe  heißt  Deck- 
schuppe, die  in  nereFruchtschu  ppe 
(Fig.  604  C,  605  5).  Die  Fruchtschuppe 
wird  erheblich  stärker  ausgebildet.  Sie 
ist  der  verholzende,  die  Samenanlage 
schützende  Teil.  Schon  zur  Zeit  der 
Blüte  wird    meist   die  Deckschuppe   von 


a 


Fig.  602.      Zweig    von    Juniperus    Sabina  mit 
Früchten.  —  Offizineil  und  giftig. 

Gez.    H.    SCHENCK. 


r^m^^^^^i^mm^^m^^^m^^^ 


Fig.  603.     Taxodiuiii   im 
große    Baum    von  Tule, 


vW-^^ 


^icuiuin  auf  ilcin   Kirclihofe  Sa.  Maria  de  Tule  bei  Oaxaka.     Der 
einer    der    ältesten  Bäume    der  Erde.     Nach    einer  Photographie. 

33* 


516 


Karsten : 


der  Fruchtschuppe  überdeckt  und  erst  bei  genauer  Untersuchung  kenntlich.  Doch  gibt  es 
einige  Arten,  z.  B.  Abüs- Arten  (Fig.  604),  Pseudotsuga  Douglasi  usw.,  weiche  die  Deck- 
schuppe stets  und  in  jedem  Alter  des  Zapfens  zwischen  den  Fruchtschuppen  deutlich  her- 
vortreten lassen. 

Wichtige  Gattungen  und  Arten:  Agathis  {Datmnara)  ist  im  Malayischen 
Archipel  und  bis  nach  Neuseeland  hinüber  verbreitet.  Agathis  australis  und  A.  Dafttmara 
liefern  Kauri-Kopal,  jedoch  nicht  das  Dammaraharz.  Araucaria  brasiliana  und  A.  ünbricata 
sind  stattliche  Waldbäume  Südamerikas.  Zur  Gattung  Sequoia  gehören  die  gewaltigen 
Baumgestalten  der  Mammutbäume  aus  der  kalifornischen  Sierra  nevada,  Sequoia  gigantea, 
deren  Stämme  über  100  m  Höhe  und  12  m  Durchmesser  erreichen,  und  die  schöne,  jener 
an  Höhe  und  Dicke  kaum  nachstehende  3".  sempervirens  der  Küstengebirge. 


Fig.  604.     Abies  pectinata.     A  Männliche  Blüte,/  Schuppen,  h  Sporophylle.     B  Deck-  d 
und   Fruchtschuppe  fr  von  oben,    C  dieselben  von  unten.     Sa  Geflügelte   Samen.     Nach 
Berg   und   Schmidt.     Offizineil.     D  Abies  Nordmanniana   mit   reifen,   zum    Teil    zer- 
fallenen Zapfen,  verkl.  aus  Engler-Prantl. 


Heimische  Waldbäume:  Die  Edeltanne  (Fig.  604^— C),  Abies  pectinata, 
ihrer  hellen  Rinde  wegen  auch  Weißtanne  genannt,  ist  in  den  mittel-  und  südeuro- 
päischen Gebirgen  zu  Hause.  Der  Baum  führt  in  der  vegetativen  Region  nur  Langtriebe. 
Flache,  unterseits  mit  zwei  weißen  Streifen  versehene  Nadeln,  deren  Spitze  ausgerandet 
ist,  stehen  mehr  oder  weniger  allseitig  an  dem  Zweige,  werden  aber  an  den  wagerechten, 
von  oben  belichteten  Seitenästen  durch  Drehung  ihres  Grundes  gescheitelt.  Sie  bleiben 
6—8  Jahre  erhalten,  sollen  bisweilen  sogar  15  Jahre  alt  werden.  Männliche  Blüten  ent- 
stehen achselständig  auf  der  Unterseite  oder  den  Flanken  des  Sprosses.  Sie  wachsen  ab- 
wärts, so  daß  ihre  der  Sporophyll-Unterseite  eingesenkten  Pollensäcke  aufwärts  schauen. 
Durch  eine  schräge  Längsspalte  geöffnet,  klafft  die  Wandung  weit  auseinander,  und  die 
Mikrosporen  können  leicht  herausfallen.  Weibliche  Blüten  entspringen  oberseits  und  sind 
steil  aufgerichtet.  Die  Deckschuppe  ist  hier  etwas  länger  als  die  viel  breitere  Frucht- 
schuppe.      Befruchtete    Zapfen    behalten    ihre    aufrechte    Stellung;     die 


Gymnospermae. 


517 


Schuppen  fallen  bei  der  Reife  von  der  Spindel  ab,  wobei  die  Samen  frei  werden.  Ihre 
Ausbildung  erfordert  ein  Jahr.  Abies  Nordmauniana  aus  dem  Kaukasus  (Fig.  604  Z)),  A. 
concolor,  A.  bahamea,  A.  tiobtlis,  alle  drei  aus  Nordamerika,  sind  in  Parkanlagen  an- 
zutreffen. 

Picea  exceha,  die  Fichte  (oder  Rottanne)  (Fig.  605),  eine  stattliche  pyramidale 
Baumgostalt  unserer  Wälder.  Kurztriebe  fehlen.  Langtriebe  allseitig  mit  vierkantigen 
spitzen  Nadeln  besetzt,  die  5 — 7  Jahre,  an  Haupttrieben  bis  12  Jahre  alt  werden.  Männ- 
liche Blüten  meist  an  den  Flanken  vorjähriger  Triebe.  Sie  krümmen  sich  zur  Blütezeit 
aufwärts.  Beide  Pollensäcke  öffnen  sich  durch  einen  Längsriß.  Weibliche  Zapfen  stehen 
endständig  an  vorjähiigen  Trieben  desselben  Individuums,  meist  dem  Gipfel  genähert;  sie 
sind  zur  Blütezeit  gerade  axifge richtet.  Die  reifen  Zapfen  hängen  und 
entlassen  die  Samen  zwischen  den  geöffneten  Schuppen  hindurch,  fallen  dann  als  Ganzes 
ab;  ebenso  verhält  sich 
Tsuga  canadensis,  die  „Hem- 
lokstanne".  Die  Samen- 
entwicklung ist  einjährig. 
Picea  Orientalis  aus  Klein - 
asien,  die  serbische  Picea 
omorica  und  Picea  alba  aus 
Nordamerika,  ferner  Picea 
Engelmani  und  Picea  pun- 
gens;  beide  als  „Blautannen" 
bekannt,  werden  häufig  an- 
gepflanzt. 

Larix  europaea,  die 
Lärche  (Fig.  607),  gehört 
zu  den  wenigen  laubab- 
werfenden Koniferen.  Sie 
erneuert  ihre  zarten,  kaum 
xerophilen  Nadeln  jährlich. 
Ihre  Triebe  sind  in  Lang- 
triebe und  Kurztriebe  ge- 
gliedert. Erstere,  allseitig 
mit  schmalen,  linealen  Laub- 
blättern bestanden,  setzen 
die  Verzweigung  des  pyra- 
midenförmigen Baumes, 
dessen  Seitenzweige  oft  tief 
herabhängen,  fort.  Kurz- 
triebe entstehen  in  den 
Blattachseln  an  vorjährigen 
Langtrieben;  sie  bestehen 
aus  einer  Rosette  von  30 
bis  40  Blättern,  denen  der 
Langtriebe  ähnlich,  nur 
etwas  kürzer.  Die  Blüten 
entsprechen  in  ihrer  Stel- 
lung einem  Kurztriebe. 
Männliche  Blüten  sind  nach 

völliger  Entwicklung  abwärts  gekrümmt,  sie  öffnen  ihre  aufwärts  schauenden  Pollensäcke 
wie  bei  Abies.  Die  weiblichen  Zapfen  stehen  aufgerichtet,  sie  reifen  in  einem  Jahr. 
Cedr-its-kxiQXi,  immergrüne  Waldbäume  des  Atlas,  Libanon  und  Himalaya,  sind  in  West- 
und  Süddeutschland  in  Anlagen  anzutreffen. 

Die  höchste  Differenzierung  der  vegetativen  Organe  ist  in  der  Gattung  Pinus  zu 
finden.  Pinus  silvestris,  unsere  gewöhnliche  Kiefer  (Fig.  606),  mag  als  Beispiel  dienen. 
Junge,  1  bis  2jährige  Keimpflanzen  führen  nach  Verlust  der  zahlreichen  Keimblätter 
(Fig.  592)  regelmäßig  benadelte  Langtriebe.  An  den  älteren  Exemplaren  geht  diese  Be- 
nadelung völlig  verloren  und  wird  durch  bräunliche  Schuppenblätter  ersetzt,  in  deren 
Achseln   die  von  häutigen   Niederblättern   umscheideten   zweinadeligen   Kurztriebe   stehen 


Fig.  605.  Picea  excelsa.  72  "^t-  Grr.  /  Zweig  mit  männ- 
lichen Blüten.  2  Endständige  weibliche  Blüte,  j  Hängen- 
der Fruchtzapfen.  4  Mikrosporophyll.  5  Makrosporophyll, 
Deckschuppe  d  von  der  nach  außen  umgeschlagenen  größeren 
Fruchtschuppe  //■  überdeckt,  eine  Samenanlage  am  Grunde 
der  letzteren.  6  Reifer  Samen  mit  Flughaut  aus  einer  ab- 
gelösten Lamelle  der  Fruchtschuppe  gebildet.  4  —  6  vergr.  — 
Offizineil. 


518 


Karsten : 


Fig.  606.  Pinus  silvestris.  V3  "at.  Gr.  /  Neuer  Jahrestrieb  am  Gipfel  eines  mit  zahl- 
reichen Kurztrieben  besetzten'  Langtriebes.  Am  Grunde  des  jungen  Langtriebes  viele 
männliche  Blüten  je  an  Stelle  eines  Kurztriebes;  weiter  oben  bräunliche  Schuppenblätter 
mit  je  einer  Kurztriebanlage  in  der  Achsel.  2  Ebenso,  jedoch  eine  weibliche  aufgerichtete 
Blüte  am  Gipfel  an  Stelle  eines  Langtriebes.  Zwei  vorjährige,  unreife,  grüne  Zapfen,  um- 
gebogen, am  Gipfel  des  vorjährigen  Langtriebes.  3  Zapfen  des  vorvorigen  Jahres  auf- 
gesprungen, um  die  reifen  Samen  zu  entlassen.  4  Ein  Mikrosporophyll.  5  Makrosporo- 
phyll  von  der  Oberseite,  zeigt  Fruchtschuppe  mit  zwei  Samenanlagen  am  Grunde.  6  Das- 
selbe von  der  Unterseite,  die  kleine  Deckschuppe  unter  der  Kruchtschuppe  freigelegt. 
7  Reifer  Samen  mit  dem  von  den  Oberflächenschichten  der  Fruchtschuppe  abgespaltenen 
Flügel.     4  —  7  vergr.     Offizinell. 


Gynospermae. 


519 


(vgl.  Figurenerkl.  606).  Die  Nadeln  fallen  im  3.  Jahre  ab.  Die  Samen  reifen  im  2.  Jahre. 
Sie  werden  durch  Öffnung  ihrer  bis  dahin  fest  aufeinander  gepreßten  Fruchtschuppen 
frei.  Der  Zapfen  fällt  dann  als  Ganzes  vom  Baume.  Puiiis  montana,  Zwergkiefer  unserer 
Gebirge.  P.  Laricio,  die  Schwarzkiefer,  aus  Niederösterreich.  P.  Pmea,  Pinie,  und  P. 
Cembra,  Arve,  beide,  wie  auch  P.  Laynberhana,  Zuckerkiefer  aus  Nordamerika  mit  eßbaren 
Samen.  Arve,  Zuckerkiefer  und  die  amerikanische  P.  Strobus,  Weymouthskiefer  mit  fünf- 
blätterigen Kurzirieben. 

Giiiig:  Jiiniperiis  sabina,  der  Sadebaum  und    Taxus  baccata,  die  Eibe. 

Offizin  eil:  Jimiperus  communis:  Fructus  Juni'peri  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.).  Oleum  Juniperi  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  und  Lignum  Juniperi 
(Pharm,  austr.,  helv.),  Juniperus  oxycedrus :  Oleum  cadinum  (Pharm,  helv.).  —  Juni- 
perus  Sabina:  Herba  Sabinae  (Pharm,  austr.,  helv.).  —  Larix  europaea:  Terebinthina 
veneta  (Pharm,  helv.).  —  Larix  sibirica  (Nordrußland,  Sibirien):  Pix  1  i  q  u  i  d  a  (Pharm, 
germ.).  Verschiedene  Pinus-KxXßVi,  wie 
P.  silvestris.  Laricio,  Pinaster,  Taeda, 
australis,  cubensis  USW.,  wie  auch  Abies 
pectinata  und  Picea  excelsa  liefern  T  e  r  e  - 
binthina,  Kolophonium,  Ol.  Tere- 
binthina, Pix  liquida  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.);  Pinus  montana  liefert  Ol. 
Pini  Pumilionis  (Pharm,  austr.,  helv.). 
—  Pinus  silvestris:  T  u  r  i  0  Pini  (Pharm, 
helv.).  —  Callitris  quadrivalvis :  San- 
daraca  (Pharm,  austr.). 

Die  einzige  Familie  der  4.  Ord- 
nung, Gnetinae,  ist  die  der  Gnetaceae. 
Nur  drei  Gattungen  gehören  ihr  an:  Ephe- 
dra  (Fig.  608),  blattlose  Sträucher  wärmerer, 
trockener  Gegenden,  vorwiegend  der  nörd- 
lichen Hemisphäre,  Welwitschia  (Fig.  609) 
mit  der  einzigen  Art  W.  mirahiUs  aus  den 
Wüsten  Südwestafrikas,  welche  außer  den 
hinfälligen  Kotyledonen  zeitlebens  nur  ein 
einziges  Paar  meterlanger,  am  Grunde  fort- 
während nachwachsender  Blätter  an  dem 
nur  gerade  über  die  Erdoberfläche  ragen- 
den, keulig  angeschwollenen  Stammscheitel 
hervorbringt,  und  Gnetum  (Fig.  611)  mit 
paarig  gestellten,  breiten,  netzadrigen  Laub- 
blättern versehene  Bäume  und  Lianen  der 
Tropen.  Diese  so  verschieden  aussehenden 
Gattungen  stimmen  überein  in  dem  Besitze 
gegenständiger  Blätter  (bei  Ephedra  auf 
Schuppen  beschränkt),  in  der  Entwicklung 

echter  Tracheen  im  sekundären  Holz  und  Fehlen  der  Harzgänge,  endlich  in  dem  Auf- 
treten einer  Hülle  in  den  meist  diözisch  verteilten  Blüten  (Fig.  610).  Der  Besitz  dieser 
Blütenhülle  verbietet  es,  die  Gnetaceenzapfen  als  Blüten  anzusprechen;  es  liegen  hier  also 
Infloreszenzen  vor,  und  die  Gnetaceenzapfen  wären  den  Koniferenzapfen  nicht  homolog  zu 
setzen.  Wegen  naher  Beziehungen  ihrer  Entwicklung  sowohl  zu  den  Gymnospermen  wie 
zu  den  Angiospermen  ist  die  Familie  geeignet,  den  Übergang  zu  vermitteln.  Auch  ist  bei 
allen  drei  Gattungen  Insektenbesuch  der  Blüten  beobachtet  worden,  der  zur  Zeit  freilich 
nur  bei  Ephedra  catnpylopoda  zur  Bestäubung  zu  führen  scheint.  Über  die  Entwicklung 
der  Geschlechtsgeneration  vgl.  S.  492. 


Fig.  607.  Larix  europaea.  Vorjährige  Lang- 
triebe, rechts  vegetative  Kurztriebe  tragend, 
links  männliche  und  weibliche  Blüten  an  ihrer 
Stelle.     Offizineil.     Aus  Exgler-Prantl. 


Die  fossilen  Gymnospermen  {}% 

Reste  von  Gymnospermen  sind,  im  Gegensatz  zu  Pteridophyten,  in  den  ältesten 
paläozoischen  Schichten,  dem  Kambrium  und  Silur,  bisher  nicht  gefunden ;  sie  treten  zuerst 
im  Devon  auf,  jedoch  nur  spurenweise,  und  erreichen  erst  in  der  Steinkohlenflora  größere 
Bedeutung.     Von  den    Cycadofilices,   Stämmen  mit  sekundärem  Dickenwachstum  und  farn- 


520 


Karsten : 


ähnlicher  Belaubung,  welche  bisher  immer  den  Pteridophyten  zugerechnet  wurden,  trennen 
Oltver  und  Scott  neuerdings  die  Pteridospermeae  ab,  die  sie  kurz  als  farnähnliche  Samen- 
pflanzen charakterisieren.  Diese  sind  im  Anschluß  an  die  Pteridophyten  S.  461  behandelt. 
Cordaitaceae.  Ein  auf  die  paläozoischen  Epochen  beschränkter,  höchst  eigenartiger 
Typus  ist  Cordaites.  Dank  der  vorzüglichen  Erhaltung  ist  Cordaites  morphologisch  fast 
ebenso  genau  bekannt,  wie  die  jetzt  lebenden  Gymnospermen.  Es  waren  hohe  verzweigte 
Bäume  mit  bandförmig  schmalen  oder  breiteren,  ganzrandigen  oder  wenig  gelappten  parallel- 
nervigen   Blättern,    die   am    Zweigende  schopfig   gehäuft  stehen,   und  mit  Blüten,  die  von 


Fig.  609.     Welwitschia  mirabilis.     Jüngere  Pflanze  nach 
Engler-Prantl,  stark  verkleinert. 


Fig.  608.  Ephedra  altis- 
sima.  I  Habitus  eines 
männlichen  Blütenstandes 
und  2  eines  unreifen  Frucht- 
standes,    '/g  nat.  Gr. 


Fig.  610.  A  Ephedra  altissima. 
Männliche  Blüte.  Vergr.  16. 
pg  Perigon,  b  Blatt.  Nach  E. 
Strasburger.  —  B  Längs- 
schnitt durch  eine  weibliche 
Blüte  von  Gnetum  Gnemon. 
Nach  J.  P.  LoTSY.  Vergr.  32. 
n  Nucellus,  ?y  inneres,  a^' äußeres 
Integument,  pg  eine  weitere 
integumentartige  Hülle,  die  als 
Perigon   gedeutet    worden    ist. 


Fig.  611.  Gnetum  Gnemon.  Zweig  mit  männlichen  Blüten- 
ständen aus  zahlreichen  akropetal  aufsteigenden  Wirtein 
bestehend,  deren  jeder  über  den  in  Spiralen  angeordneten 
männlichen  Blüten  eine  Reihe  steriler  weiblicher  Blüten 
trägt.     Vz  n^t.  Gr. 


Gymnospermae. 


521 


denen  der  jetzigen  Gymnospermen  sehr  abweichen.  Männliche  wie  weibliche  Blüten  sind 
je  in  ährenförmigen,  achselständigen  Blütenständen  zu  mehreren  vereinigt.  Die  weiblichen 
Blüten  bestehen  lediglich  aus  einer  atropen  Samenanlage,  die  das  in  der  Achsel  eines 
Hochblattes  befindliche  Fruchtblatt  aufbraucht.  Die  Hochblätter  gleichen  den  vegetativen 
Laubblättern  (Fig.  612,  3,  4).  Am  Scheitel  des  Nucellus  ist  eine  tiefe  Pollenkammer 
eingesenkt,  in  der  vielfach  Pollenkörner  angetroffen  werden.  Die  männlichen  Blüten 
schließen  kleine  Sprosse  ab,  die  von  zahlreichen  sterilen  Hochblättern  umhüllt  sind  und 
am  Vegetationspunkt  nacheinander  zahlreiche  mit  2 — 4  Antheren  gekrönte  Staubblätter 
hervorbringen  (Fig.  692,  1,  2).  Phylogenetisch  wichtig  ist  der  Umstand,  daß  das  männ- 
liche Prothallium  einen  mehrzelligen  Gewebekörper  darstellt.  Die 
Struktur  der  Samenanlagen  und  der  Samen  zeigt  ebenfalls  große  Ähnlichkeit  mit  Cycas. 
Neben  wenig  zahlreichen  Resten  {Cycadites,  Dicrattophylhun)^  welche  man  in  dieselbe  Ver- 
wandtschaft rechnen  mag,  stellt  Cordaites  im  ganzen  Karbon  den  am  reichsten  entwickelten 
Gymnospermentypus  dar.    Erst  im  unteren  Rotliegenden  zeigen  sich  z-vfQiieWo'S.Q  Cycadophyten. 

I,   [_/ — t     ., 


r>  r\ 


Fig.  612.  1.  Cordaites  subglomeratus.  Längsschliff  einer  männlichen  Blütenknospe. 
■b  Hüllblätter,  a  Staubblätter  mit  mehreren  Antheren.  2.  Ein  Pollenkorn.  Die  Prothallium- 
zelle durch  gebogene  Wand   abgeteilt;    der  Rest  des  Kornes    in  zahlreiche  Zellen  zerlegt. 

3.  G.    Williamsoni.      Längsschliff    eines    Fruchtsprosses,      b   Blätter,    .y    Samenlängsschliff. 

4.  C.    Grand'Euryi.      Längsschliff    durch    eine    Samenanlage    mit   tiefer    Pollenkammer    im 

Nucellus,  die  mehrere  Pollenkörner  enthält.     Nach  B.  Renault. 


Mit  dem  Beginn  der  mesozoischen  Schichten  schwinden  die  Cordaiten.  Die  Gymno- 
spermenflora geht  mit  Cycadophyten,  Ginkgoinen  und  Koniferen  erloschener  Typen  durch 
die  Trias  hindurch  und  findet  im  Jura  eine  mächtige  Entwicklung.  Die  Ginkgoinen  und 
die  Cycadophyten  erreichen  hier  ihren  Höhepunkt. 

Bennettitaceae.  Über  das  Aussehen  und  die  hohe  Entwicklungsstufe  mesozoischer 
Cycadophyten  berichtet  auf  Grund  reichen,  in  Nordamerika  gefundenen  und  von  Wieland 


522 


Karsten : 


bearbeiteten  Materiales  Scott.  Es  handelt  sich  um  Betiettites-AT\er\,  deren  aus  Europa 
früher  bekannt  gewordene  Früchte  hermaphrodite  Blüten  bereits  hatten  vermuten  lassen; 
die  von  dem  amerikanischen  Autor  angewandte  Benennung  Cycadeoidea  ist  also  mit  Bennettites 
synonym.  Niedrige,  zum  Teil  verzweigte  Stämme,  im  Aussehen  und  der  Beblätterung 
den  lebenden    Cycadaceen    ähnlich,    tragen   12  cm    lange   hermaphrodite  Blüten.     Hundert 


Fig.  613.     Rekonstruierter  Blütenlängsschnitt  von  Cycadeoidea   (Bennettites)   ingens   nach 
G.  R.  WiELAND  aus  D.  H.  Scott. 

oder  mehr  spiralig  angeordnete  Perianthblätter  umschließen  einen  Wirtel  von  18—20  Mikro- 
sporophyllen,  die  am  Grunde  zu  einer  tief  ausgehöhlten  Schüssel  verwachsen  sind,  in  deren 
Mitte  sich  das  Gynäceum  erhebt  (Fig.  613).  Die  gefiederten,  10  cm  langen  Mikrosporophylle 
erinnern  an  Farnblätter,  ebenso  ihre  Mikrosporangien  an  die 
Sporangien  der  Marattiaceen.  Das  Gynäceum  besteht  aus 
zahlreichen,  langgestielten,  atropen  Samenanlagen,  die  von 
Schuppenblättern  umhüllt  und  durch  nach  oben  stark  ver- 
dickte Wände  voneinander  getrennt  werden,  jedoch  die  Mikro- 
pyle  frei  nach  außen  münden  lassen.  Die  reifen  Samen  ent- 
halten einen  hochentwickelten  dikotylen  Embryo  und  ent- 
behren des  Endosperms;  sie  werden  von  den  an  ihren  äußeren 
Enden  sich  zusammenfügenden  Schuppen  wie  von  einem 
Fruchtknoten  eingeschlossen  (Fig.  614).  Wie  die  paläo- 
zoischen Pteridospermeen  Charaktere  der  Farne  und  Gymno- 
spermen in  sich  vereinigen,  so  finden  sich  in  den  mesozoischen 
Bennettites-  bzw.  Cycadeoidea-^XvX^xi  solche  der  Angiospermen 
mit  denen  von  Gymnospermen  und  Farnen  zugleich  verbunden. 
Im  Jura  zeigen  sich  echte  Armicarien,  welche  zu  den 
älteren  Koniferen  gehören.  Im  Wealden  herrschen  unter  den 
Gymnospermen  noch  die  Cycadophyten  und  Ginkgoinen  mit 
einigen  Koniferen;  in  der  eigentlichen  Kreide  treten  die 
altertümlichen  Typen  immer  mehr  zurück,  während  die 
Koniferen  immer  zahlreicher  werden.  Unter  ihnen  zeigen 
sich  bereits  jetzt  noch  lebende  Gattungen,  wie  Dammara, 
Sequoia,  Pmiis,  Cednts,  Abi'es,  Callitris  USW.  Auch  die  Taxa- 
ceen  scheinen  vertreten  zu  sein,  doch  ist  die  Zugehörigkeit  der  Reste  zweifelhaft. 

Die  Gymnospermen  des  Tertiärs  gehören  durchaus  noch  lebenden  Typen,  zum  großen 
Teil  noch  lebenden  Arten  an.  Koniferen  sind  vorherrschend;  von  Ginkgoineyi  ist  nur 
Ginkgo  biloba   vorhanden,    und    zwar   auch    in    Europa,    zusammen    mit   anderen   jetzt    auf 


Fig.  614.  Längsschliff  durch 
eine    Frucht    von    Bennet- 
tites Gibsonianus  nach 
D.  H.  Scott. 


Angiosperraae. 


523 


Ostasien  oder  Nordamerika  beschränkten  Arten,  wie  Cryptomeria  japonica,  Taxodium 
dütichum,  Sequoia  gigantca  und  sempervirens,  Pinus  Strohus  USW.  Auch  eine  Angehörige 
der  Cycadaceae  [Encephalartos)  ist  gefunden. 

II.  Klasse.     Angiospermae  0®). 

Bei  den  Angiospermen  ist  die  lange  strittige  Frage,  ob  die  Monokoty- 
ledonen  oder  die  Dikotyledonen  voranzustellen  seien,  zur  Zeit  wohl  dahin 
entschieden,  daß  man  die  Monokotyledonen  von  den  Polycarpicae  unter  den 
Dikotyledonen  ableitet,  die  in  Blütenorganisation,  anatomischem  Aufbau  und 
verschiedenen  morphologischen  Merkmalen  mit  monokotylen  Gewächsen  über- 
einstimmen. So  wird  man  jetzt  die  Dikotylen  in  der  systematischen  Reihen- 
folge voranstellen  und  die  Monokotylen  ihnen  folgen  lassen. 

Dafür  ist  außerdem  entscheidend,  daß  ein  Übergang  von  den  Gymno- 
spermen direkt  zu  den  Monokotylen  völlig  ausgeschlossen  erscheint,  daß  da- 
gegen eine  Anknüpfung  dikotyler  Pflanzen  an  die  Gymnospermen  nicht  ganz 
aussichtslos  sein  dürfte.  Wie  sich  in  der  Entwicklung  der  männlichen  und 
weiblichen  Organe  Parallelen  und  Weiterbildungen  zwischen  Gymnospermen 
und  Angiospermen  erkennen  lassen,  ist  vorher  S.  486 f.  dargestellt;  doch  auch 
in  der  Ausgestaltung  der  ganzen  Blüten  ergeben  sich  Ableitungsmöghchkeiten. 

Der  Versuch  Wettsteins,  die  einfachsten  Angiospermenblüten,  etwa  die- 
jenigen der  Gattung  Casuarina,  von  den  ebenso  einfachen  Infloreszenzen  von 
Ephedra  abzuleiten,  leidet  daran,  daß,  wie  wohl  immer  mehr  die  Überzeugung 
durchdringt,  in  den  ,, einfachen"  Angiospermenblüten  durchweg  reduzierte, 
nicht  aufsteigende  Reihen  vorliegen.  So  kann  daran  nicht  mehr  angeknüpft 
werden,  trotz  mancher  verlockend  erschei- 
nenden Einzelheiten,  wie  Insektenbestäubung 
bei  Ephedra. 

Nach  Ablehnung  dieses  Ableitungs- 
versuches wird  man  sich  an  die  Polycarpicae 
erinnern  müssen,  von  denen  ja  zweifelsohne 
die  Reihe  der  Monokotyledonen  abgeleitet 
werden  konnte.  Zunächst  ist  der  spiralige 
Blütenaufbau  der  typischen  Polycarpicae  ein 
starker  Hinweis  darauf,  daß  hier  die  Verbin- 
dung zu  den  spirahgen  Zapfenblüten  der 
Koniferen  liegen  müsse.  Die  stets  monö- 
zische  Koniferenblüte  könnte  man  sich  mit 
Hilfe  der  androgynen  Blütenstände  von 
Gnetum  etwa  in  die  hermaphrodite  Anord- 
nung der  angiospermen  Polycarpicaeblüte 
übergeführt  denken,  wie  Fig.  615  dies  zu 
veranschaulichen  sucht.  Sie  bietet  direkt 
das  Vorbild  einer  Polycarpicaeblüte  mit 
zahlreichen  spiralig  stehenden  Staubblättern 
und  einigen  apokarpen  Fruchtblättern,  ohne 
daß  daraus  auf  die  phylogenetischen  Be- 
ziehungen geschlossen  werden  soll.  Eine 
wesentliche  Stütze  dieser  Anschauung  wurde 
durch  blütenbiologische  Befunde  vonDiELs(^'') 
gegeben,  der  nachweisen  konnte,  daß  ebenso  wie  gewisse  südafrikanische 
Encephalartos-Arten  auch  einige  zu  den  Polycarpicae  gehörige  Pflanzen 
durch  Käfer  bestäubt  werden.  Da  nun  die  Coleopteren  die  phylogenetisch 
ältesten  blütenbesuchenden  Insekten,  an  der  ältesten  lebenden  Gymnospermen- 


Fig.  615.  Androgyne  Infloreszenz 
von  Gnetum  hypothetisch  auf  einen 
Wirtel  beschränkt  (vgl,  Fig.  Gll, 
S.  520).  Seitenansicht  halb  von 
oben.  Sie  beginnt  mit  einem  sterilen 
Brakteenpaar  ?/,  zu  dem  das  einzige 
fertile  Paar  /  dekussiert  steht.  Gez. 
von  N.  Patschovsky. 


524 


Karsten : 


Sympetalae 


oasaceae 

Cruciferae 


<Papaveraceae 


Myrtaceae 


familie  als  Bestäuber  auftreten,  läßt   sich  auf  ähnliches  Alter  einiger   eben- 
falls von  Käfern  bestäubter  Polycarpicae  schließen. 

1.  Unterklasse.     Dicotylae. 

Die  Dikotylen  sind  bis  auf  vereinzelte  Ausnahmen  mit  zwei  Keimblättern 
versehen.  Die  Unterschiede  epigäischer  und  hypogäer  Keimung  sind  S,  507  f. 
besprochen. 

Der  Stamm  besitzt  in  der  Regel  kreisförmig  angeordnete  offene  Leit- 
bündel (vgl.  S.  123  u.  Fig.  165).,  die  Wurzel  abwechselnd  gelagerte  Gefäß- 
und  Siebteile  auf  dem  Querschnitte.  Das  in  den  Leitbündeln  des  Stammes 
und    auf    der  Innenseite  der  Siebteile  der  Wurzel  enthaltene  Meristem  wird 

bald  zu  einem  geschlossenen  Ringe 
ergänzt,  der  als  Kambium  ein 
regelrechtes  Dickenwachstum  der 
Stämme  und  Wurzeln  vermittelt. 
Das  typische  Dikotylenblatt 
ist  mit  mehr  oder  minder  langem 
Stiel  versehen,  es  besitzt  häufig 
Nebenblätter  als  Auszweigungen 
des  Blattgrundes,  entbehrt  aber 
meist  einer  Scheide  (Ausnahme 
Umbelliferen).  Seine  Spreite  ist 
einfach  oder  zusammengesetzt; 
ihre  Gliederung  kommt  nur  durch 
seitliche  Verzweigung  der  Blatt- 
anlage zustande.  Der  Blattrand 
ist  von  sehr  verschiedenartiger 
Form,  die  Nervatur  in  der  Regel 
netzartig  (Fig.  128,  S.  95). 

Die  Dikotylenblüten  sind  in 
den  typischen  Fällen  fünfzählig 
und  fünfwirtelig,  doch  finden  sich 
abweichende  Formen  in  großer 
Menge.  Sie  entsprechen  in  regel- 
mäßig gebauten  Vertretern  der 
Formel  K  5  C  5  A5  +  5  G  5. 

Neben  diesen  morphologi- 
schen und  biologischen  Gesichts- 
punkten erfordert  aber  auch  die 
von  der  Königsberger  Schule 
durchgeführte  serodiagnostische 
Methode  (1^^)  eine  Berücksichtigung,  die  von  sich  behauptet,  daß  sie  sich 
,, nicht  auf  unsichere  und  den  Einflüssen  der  Außenwelt  direkt  ausgesetzte, 
deshalb  eventuell  konvergent  ausgebildete  Eigenschaften  der  Lebewesen  be- 
zieht, sondern  auf  wirkliche  Verwandtschaftsverhältnisse,  nämlich  auf  die 
chemischen  Verwandtschaften  der  Eiweißstoffe".  Diese  Methode  beruht  auf  den 
Erfahrungen  der  Immunitätslehre.  Wenn  im  tierischen  Blut,  oder  besser  Serum, 
durch  gewisse  eingeführte  giftige  Eiweißstoffe  automatisch  antitoxisch  wirkende  Eiweiß- 
verbindungen oder  Antigene  gebildet  werden  und  diese  Antigene  innerhalb  größerer 
Verwandtschaftsreihen  bei  gleichem  Eingriff  die  gleichen  sind,  so  wird  man  auch  umgekehrt  aus 
einer  Antigengleichheit  auf  eine  Verwandtschaft  der  betreffenden  eingeführten  Eiweißkörper 
zurückschließen  dürfen.  Und  wenn  es  auf  diese  Weise  gelungen  ist,  die  Eiweißstoffe 
verschiedener  Vogeleier  voneinander  zu  unterscheiden  und  die  Blutsverwandtschaft  der 
Menschen  mit  den  Menschenaffen   serodiagnostisch   festgestellt  werden   konnte,   so   müßte 


Gentrospermae 


Ranunculaceae 


Menispermaceae 
Nymphaeaceae*-- 


Magnollaceae 


iLardizabalaccac      oenotheraceae^ 


Berberidaceae 


Rosaceae. 


Grassulaceae 

Saxifragaceae 
Monocotylae    N-Legumlnosae 
Anona_ceae_  _Myristicaceac 
^Arlstolochlaceae 


Lauraceae 


Galycantha- 
ceae 


Monimia- 
ceae 


Stammbaum  der  Dikotylen,  besonders  der  Poly- 
carpicae und  Verwandten,  nach  serodiagnostischen 
Untersuchungen    von    Carl    Mez    (modifiziert). 


Angiospermae.  525 

es  auch  möglich  sein,  auf  gleichem  Wege  (durch  Tierversuche)  die  Beziehungen  verschie- 
dener Pflanzeneiweiße  zu  bestimmen.  Wenn  dann  die  Vorsicht  beobachtet  wird,  daß  stets 
erst  beim  Gelingen  auch  des  reziproken  Versuches  das  Resultat  als  gültig  angenommen 
wird,  so  ist  damit  ein  gewisser  Grad  von  Sicherheit  erreicht;  d.  h.  also,  wenn  etwa  die 
Antigene  von  Pinus  und  den  Magnoliaceen  eine  Eiweißgleichheit  ergeben,  so  muß  ver- 
langt werden,  daß  ebenso  das  Magnoliaceen-Serum  die  Abietineen  oder  Pinusarten  als 
verwandte  Gruppen  anzeigt.  Wegen  aller  Einzelheiten  muß  auf  die  einschlägige  Literatur 
verwiesen  werden.  Wenn  wir  also  den  Versuch  machen,  die  Ergebnisse  dieser 
serodiagnostischen  Untersuchungen  in  der  Form  von  Stammbäumen  dem 
System  unterzulegen,  so  wird  das  um  so  unbedenklicher  dort  geschehen 
können,  wo  die  Morphologie  schon  vorher  dieselbe  Richtung  eingeschlagen 
hatte,  während  dort,  wo  das  nicht  der  Fall  ist,  die  nötige  Reserve  beobachtet 
werden  muß.  Da  der  Plan  dieses  Buches  eine  Berücksichtigung  nur  der  offizinell 
und  wissenschaftlich  wichtigen  Familien  vorsieht,  so  sollen  die  vollständig 
mitgeteilten  serodiagnostischen  Stammbäume  nur  dazu  dienen,  das  vorliegende 
Material  gleichsam  als  Gerippe  zu  geben,  das  der  fraglichen  Famihe  ihren  Stand- 
platz anweist. 

A.   Choripetalae  (getrennt  blättrige  Blumenkrone). 
1.  Ordnung.    Polycarpicae. 

Hermaphrodite,  meist  lebhaft  gefärbte  Blüten.  Eine  starke  Verlängerung 
der  Blütenachse  mit  spirahg  daran  aufgereihten  freien  einzelnen  Blütenteilen 
des  Perianths,  der  Staubblätter  und  der  apokarpen  Fruchtblätter,  deren 
Zahl  unbestimmt  und  sehr  erheblich  sein  kann,  zeichnet  die  typischen  Ver- 
treter der  Polycarpicae  aus.  Die  Sonderung  von  Kelch  und  Krone  ist  viel- 
fach nicht  durchgeführt,  und  in  einzelnen  Fällen,  wie  bei  Calycanthus,  schließen 
sogar  die  Laubblätter  mit  spiraliger  Stellung  direkt  an  die  Blütenhochblätter 
an.  Die  Form  der  St-aubblätter  ist  häufig  blattartig  mit  einem  die  Antheren 
überragenden  Konnektiv  oder  blattartiger  Verbreiterung  des  Filaments  ober- 
halb der  Anthere.  Die  Narben  bilden  das  Ende  der  Fruchtblätter  ohne  stiel- 
artigen Griffel,  Insektenbestäubung  (und  zwar  in  einigen  primitiveren  Formen 
durch  Käfer)  ist  allgemein  verbreitet.  Auch  der  Aufbau  des  Holzkörpers  ist 
primitiv  und  kommt  in  einzelnen  Fällen  dem  Koniferenholze  nahe. 

Zu  dieser  Ordnung  zeigen  die  einfachsten  Formen  der  Monokotyledonen, 
die  Helobiae,  unverkennbare  Verwandtschaft,  da  sie  mit  ihnen  in  der  Ver- 
mehrung der  Staubblätter  und  der  apokarpen  Fruchtblätter  gut  überein- 
stimmen. Außerdem  lassen  sich  zahlreiche  Familien  unter  die  Polycarpicae 
einreihen,  welche  in  vielen  der  oben  als  typisch  angeführten  Eigenschaften 
abweichen  können,  in  anderen  aber  sich  trotzdem  als  Angehörige  der  Reihe 
erkennen  lassen.    Hier  muß  es  genügen,  die  wichtigsten  anzuführen: 

1.  Familie  Magnoliaceae,  Die  Magnoliaceae  sind  durchweg  Holzgewächse  mit  großen 
endständigen  Blüten,  deren  Perianth,  ohne  Scheidung  in  Kelch-  und  Kronblätter,  ebenso 
wie  die  zahlreichen  Staubblätter  und  apokarpen  Fruchtblätter  an  einer  langen  Blütenachse 
Spiral  ig  aufsteigen.  Die  Narbe  ist  direkt  den  Fruchtblättern  ohne  Griffel  aufgesetzt. 
Ölzellen  in  Stamm  und  Blättern,  Pollenkörner  mit  einer  Austrittstelle  charakterisieren  die 
Familie  innerhalb  der  Reihe.  Drhnys  und  Zygogymim  besitzen  koniferenartiges  tracheen- 
loses Holz.  Magnolia  und  der  Tulpenbaum,  Liriodendron  sind  vielfach  angepflanzt. 
Offizinell:  Fructns  Anisi  stellati  (Pharm,  austr.,  helv.)  von  IlUcinm  anisatimt,  Früclite  von 
Illiciwn  religiösem  sind  giftig.  2.  Anonaceae.  Durch  spiralige  Anordnung  der  Staubblätter 
und  apokarpe  Fruchtblätter  hierher  gehörige  tropische  Holzgewächse,  deren  Samen  durch- 
weg ruminiertes  Nährgewebe  besitzen.  Darin  gleicht  ihnen  die  3.  Familie  Aer  Myrisiicaceae, 
deren  diözisch  verteilte  Blüten  wesentlich  einfacher  gebaut  sind.  Offizinell:  Semen 
Myristicae,  Oleum  Nticistae,  Oleum  Macidis  (Pharm,  germ.,  aust.,  helv.)  und  Macis  (Pharm, 
austr.),  alles  abstammend  von  dem  Saraenkerne  von  Myristica  fragrans  (Fig.  616,  617). 
4.    Calycanthaceae    zeigen    direkten    Anschluß    der    Laubblätter  an  die  durchaus  spiralig 


526 


Karsten: 


gebaute  Blüte  mit  zahlreichen  freien  Perianth-,  Staub-  und  Fruchtblättern  im  vertieften 
Blütenboden.  Hier  und  bei  Familie  10  ist  die  Abzweigung  der  Rosaceae  zu  vermuten. 
Weitere  Familien  der  Polycarpicae  zeigen  eine  Beschränkung  auf  dreizählige  ein- 
fach oder  doppelt  vorhandene  Perianth-  und  Staubblattkreise,  wobei  die  5.  Familie  der 
ßerberidaceae  nur  e  i  n  Fruchtblatt  besitzt,  während  die  6.  der  Alenispermaceae  deren 
drei  führt.  An  die  Berberidaceen  soll  nach  den  Resultaten  der  serodiagnostischen  Unter- 
suchungen der  Centrospermenast  Anschluß  finden. 

Die  dornblättrige  Berberis  vulgaris  ist  der  einheimische  Vertreter  der  weit  ver- 
breiteten Gattung.  Offizineil  ist  Podophyllinum  (Pharm,  germ.,  helv.)  von  der  nord- 
amerikanischen Berberideenstaude  Podophyllum  peltatum    (Fig.   618)   und    Radix    Colombo 

(Pharm,  gei-m.,  austr.,  helv.)  von 
der  schlingenden  Menispermacee 
/atrorrhiza  palmata. 

Ebenfalls  aus  dreizähligen 
Doppelkreisen  der  Perianth-  und 
Staubblätter  besteht  die  Blüte  der 
7.  Familie  der  Lauraceae,  deren 
einzelnes  einsamiges  Fruchtblatt 
der  dreizähligen  Narbe  nach  als 
ein  aus  drei  Blättern  verwachsener 
Fruchtknoten  gedeutet  wird.  Die 
Frucht  wird  beerenförmig  oder  zur 
Steinfrucht.  Die  Lauraceen  sind 
aromatische  immergrüne  Bäume 
oder  Sträucher  mit  lederigen,  ganz- 
randigen  Blättern,  die  nur  bei 
dem  nordamerikanischen  blatt- 
wechselnden Sassafras  bisweilen 
dreizählig  sind  (Fig.  619).  Cha- 
rakteristisch sind  klappig  sich  öff- 
nende Antheren. 


sa.sch, 
end. 


Fig.  616.  Myristica  fragrans.  /  Blühender  männ- 
licher Zweig.  Ys  "^t.  Gr.  2  Reife  Frucht  hängend, 
aufgesprungen.  3  Dieselbe  Frucht  nach  Entfernung 
der  halben  Fruchtschale,  zeigt  den  dunkelbraunen 
Samen  vom  durchbrochenen  Arillus  (Macis)  umhüllt. 
4  Samenkern  (Droge)  von  der  Samenschale  befreit.  — 
Offizineil. 


Fig.  617.    Myristica.    Samenquer- 
schnitt,    sa  seh  Samenschale,     end 
Endosperm.      pe     Perisperm.     — 
Offizineil 


Laurus  nobüis,  der  Lorbeer,  diözischer  immergrüner  Baum  der  Mittelmeerländer 
(Fig.  621,  622),  wird  bei  uns  vielfach  als  Kalthauspflanze  kultiviert.  Größere  Pflanzungen 
zur  ölgewinnung  finden  sich  schon  am  Gardasee,  wo  der  Baum  vom  Oktober  ab  seine 
länglich -ovalen,  schwarzblauen  Steinfrüchte  reift.  Cinnamovium  umfaßt  eine  Anzahl  wich- 
tiger Nutzbäume,  so  den  japanisch-chinesischen  Kampferbaum,  den  chinesischen  und  den 
Ceylon-Zimtbaum,  stattliche  immergrüne  Bäume,  mit  lederig-glänzenden  Blättern,  aber 
unansehnlichen  grünlichen  Blüten  in  blattachselständigen  Infloreszenzen.  Persea  gratissima 
(Fig.  620),  Baum  des  tropischen  Mexiko,  liefert  als  Frucht  die  wohlschmeckende  Agua- 
cate  oder  Avocatobirne.  Arten  von  Cassytha,  einzige  Gattung  mit  krautigen  Vertretern 
sind  überall  in  den  Tropen  häufige,  CMi-c?</ß-ähnliche  Parasiten. 

Offizinell:  FructusLauri  (Pharm,  germ.,  austr.)  und  Oleum  Lauri  (Pharm, 
germ.,  austr.,  helv.)  von  L.  nohilis.  Camphora.  Kampfer  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.), 
von  Cinnamontuyn  Ca?nphora\  Cortex  Cinnamomi  und  Oleum  Cinnamomi  Ceylon- 
Zimt  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  C.  Cassia  und  C.  Zeylanicwn.  Lignum  Sassa- 
fras (Pharm,  germ.,  austr.),  Gort.  Sassafras  (Pharm,  helv.)  von  Sassafras  officinale. 


Angiospermae. 


527 


Fig.  618.  Podophyllum  peltatum.    '/^  "'^t.  Gr.  Aus  Natürl.  Pflanzenfamilien.[—  Offizinell. 


Fig.  620.  Blütendia- 
gramm von  Persea. 
Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  619.  Sassafras 
officinale.Nach  Berg 
und  Schmidt.  V,  nat. 
Gr.  /  Männliche  In- 
floreszenzen am  noch 
unbelaubten  Zweig. 
2  Früchte  am  beblät- 
terten Zweig.  3  Männ- 
liche Blüte.  4  Weib- 
liche Blüte.  5,  6 
Geschlossene  Staub- 
blätter der  beiden 
äußeren  Kreise.  7  Ge- 
öffnetes Staubblatt 
des  inneren  Wirteis. 
8  Fruchtknoten  mit 
Griffel  und  Samen- 
anlage. —  Offi- 
zinell. 


528 


Karsten : 


8.  Familie 
Äristolochia- 
ceae.  Die  zygo- 
morphen  Blüten 
(Fig.  546)  haben 
ein  einfaches  ver- 
wachsenes Peri- 
anth  und  ein  zum 
Gynostemium 
vereinigtes  An- 
d  r  ö  c  e  u  m  und 
Gynäceum. 

Die  parasiti- 
schen Raffle- 
siaceae  und  die 
insektivoren  Fa- 
milien der  Ce- 
phalotaceae, 
Sarracenia- 
ceae,  Nepen- 
thaceae  und 
auch  der  Drose- 
raceae  schließen 
sich  am  besten 
an  die  Polycar- 
picae  an. 


Fig.  622.    Laurus  nobilis  mit  Früchten.    72  '^^t- 
Gr.  —  Offizinen. 


Fig.  621.     Laurus  nobilis  mit 

männlichen    Blüten.      V-.    nat. 

Gr.  —  Offizinell. 


Die  9.  Familie  der  Nymphaea- 
ceae  enthält  durchweg  Wasserpflanzen 
mit  untergetauchten  oder  schwimmenden 
Blättern  von  oft  riesiger  Größe.  Die 
vegetativen  Organe  führen  Milchsaft 
(Fig.  623,  625).  In  der  Nähe  der  Nym- 
phaeaceen  ist  der  Anschluß  der  Mono- 
kotyledonen  zu  suchen. 

Nynnphaea  alba,  unsere  heimi- 
sche Seerose  (Fig.  623,  624),  breitet 
zwischen  ihren  großen  schwimmenden 
Blättern  die  weißen,  von  vier  starken 
grünen  Kelchblättern  geschützten  Blüten 
aus,  deren  vielzähliges  weißes  Perianth 
und  leuchtend  gelbe  Staubblätter  spiralig 
an  dem  unterständigen,  aus  zahlreichen 
Fruchtblättern  verwachsenenFruchtknoten 
angeordnet  sind.  Bei  Nuphar  mit  ober- 
ständigem Fruchtknoten  und  unschein- 
baren, Nektarien  tragenden  Kronblättem 
dient  der  Kelch  als  Schauapparat. 

Freie  apokarpe  Fruchtblätter  be- 
sitzen dagegen  die  amerikanische  Gattung 
Cabomba  (Fig.  625),  durch  untergetauchte. 


Angiospermae. 


529 


vielfach  zerteilte  Blätter  neben  den  ganzrandigen  Schwimmblättern  ausgezeichnet,  und 
Nelumbium,  dessen  schildförmiges 
Laub  sich  gleich  den  Blüten  über 
das  Wasser  erhebt.  Die  käfer- 
blütige  Victoria  regia  und  die  auto- 
game  Euryale  ferox  sind  ihrer 
Riesenschwimmblätter  wegen  be- 
kannt und  werden  in  unseren 
Warmhäusern  viel  kultiviert;  diese 
ist  in  den  asiatischen  Tropen,  jene 
im  Amazonas  heimisch. 

10.  Familie  Ranun- 
culaceae.  Die  Aiigehürigen 
der  Kanuiiculaceen  sind  ein- 
jährige Kräuter  {l^lyosuYus), 
häufiger  Stauden  {Caltha)  oder 
ganz  selten  Holzgewächse 
(Paßowm- Arten),  mit  wechsel- 
ständigen, nebenblattlosen 
Blättern.  Die  spiralige  An- 
ordnung der  Teile  ihrer 
Zwitterblüten  tritt  an  der 
langen  Blütenachse  von  Myo- 
surus,  Mäuseschwänzchen,  am 
deuthchsten  in  Erscheinung, 
ist  aber  fast  überall  da  zu 
beobachten,  wo  Staub-  oder 
Fruchtblätter  in  großer  Zahl 
auftreten  (Fig.  626, 627).   Das 


Fig.    623.      Nymphaea    alba.     ^^    ^i^t.   Gr.     Der   ent- 
blätterte Fruchtknoten  zeigt  die  spiralige  Stellung  der 
Staubblätter  und  Kronblätter. 


Fig.  624.     Nymphaea. 
Diagramm.     Nach  ¥.  Noll, 


Fig.  625.     A  Diagramm.     B  Frucht  von  Cabomba    aqua- 
tica.     Nach  H.  Bah.lon.     Vergr.  4. 


Fig.    626.      Blütendiagramme   von    Ranunculaceen.      A    Adonis    autumnalis.      B  Aconitum 
Napellus.     C  Aquilegia  vulgaris.     D  Cimicifuga  racemosa.     Nach  A.  W.  EichleR. 
Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  34 


530 


Karsten : 


Perianth  ist  einfach  oder  doppelt,  perigonartig  (Aconitum)  oder  in  Kelch  und 
Krone  gesondert  (Ranunculus);  das  vielgliedrige  Andröceum  birgt  Pollenkörner 
mit  mindestens  drei  Austrittstellen.  Die  Fruchtblätter  sind  oberständig,  frei; 
sie  stehen  auf  der  gewölbten 

Blütenachse    (Fig.    627)    zu  -^    'X'tf'^'^  ^^ 

drei  bis  vielen  beisammen, 
enden  in  eine  griffellose 
Narbe  und  tragen  die  Sa- 
menanlagen an  der  Bauch- 
naht (Fig.  626  Z>>)  einzeln  oder 
in  Mehrzahl.  Früchtchen  der 
Sammelfrucht  sind  Balg- 
früchte (Paeonia),  Nüßchen 


Fig.  627.    a  Blüte  von  Ranunculus 

sceleratus.       b     im     Längsschnitt, 

vergr.     Nach    H.  Baillon. 


Fig.    628.      Ranunculus    arvensis. 

Nach  H.  Baillon.    Fruchtblatt  im 

Längsschnitt,  vergr. 


wmm 


Fig.  629.     Ranunculus  sceleratus.    Vs  "^t-  ^^^ 
Giftig. 


(Anemone)  oder  Beeren  (Hydrastis),  deren  Samen  den  kleinen  Embryo 
in  großem,  ölhaltigem  Endosperm  führen  (Fig.  628).  An  die  Ranunculaceen 
schließen  sich  nach  den  serodiagnostischen  Untersuchungen  die  ihnen  auch 
morphologisch  nahestehenden  Rosifloren  an. 


Angiosperraae.  531 

Die  Ranunculaceen  liefern  zahlreiche  unserer  häufigsten  Wald-  und  Wiesenpflanzen. 
Sie  sind  alle  in  mehr  oder  minder  hohem  Grade  giftig.  Die  Gattung  Rammculus,  an  ihren 
meist  gelben  glänzenden  Blüten  und  hochgewölbten  Blütenachsen  mit  zahlreichen  Nüßchen 
kenntlich,  ist  in  vielen  Arten  bei  uns  verbreitet.  Ihre  Kronblätter  sind  mit  einem  Honig- 
grübchen am  Grunde  versehen.     R.  sceleraüis  ist   eine   gefährliche   Giftpflanze    (Fig.  629, 


Fig.  630.     Anemone  Pulsatilla.     V,  nat.  Gr.  —  Giftig. 

627),  R.  arvetisis  durch  die  Größe  der  stacheligen  Nüßchen  auffallend  (Fig.  628).  Im 
Wasser  lebende  ^.-Arten  {Batrachium)  sind  vielfach  heterophyll  (Fig.  139);  die  Schwimm- 
blätter dienen,  wie  bei  Gabomba,  den  sich  über  den  Wasserspiegel  erhebenden  Blüten 
als  Stütze. 

34* 


532 


Karsten: 


In  allen  Laubwäldern  bildet  Aiiemone  nemorosa  mit  den  ersten  Schmuck  des  Wald- 
bodens im  Frühjahr.  Die  Pflanze  besitzt  ein  flach  im  Boden  kriechendes  Rhizom,  das 
mit  einer  terminalen  Blüte  abschließt  und  durch  einen  Seitensproß  fortgesetzt  wird.  Das 
Perianth  der  Blüte  ist  einfach,  kronartig  gefärbt;  doch  kommt  allen  Anemonen  ein  mehr 
oder  minder  tief  darunter  sitzender,  meist  dreiblättriger  Wirtel  von  grünen  Hüllblättern 
zu,  der  bei  A.  Hepatica,  der  Leberblume,  unmittelbar  an  das  Perianth  heranrückt  und  da- 
durch einem  Kelche  ähnlich  sieht.  Alle  Arten  sind  etwas  giftig,  besonders  A.  Puhatilla 
(Fig.  630^,  die  Küchenschelle.  Die  Gattung  Clematis  enthält  meist  Sträucher  und  stellt  in 
Cl.  Vitalba  eine  der  wenigen  einheimischen  Lianen;  sie  liefert  zahlreiche  Zierpflanzen  und 
weicht  durch  gegenständige  Blätter  von  allen  übrigen  R.  ab.  Cle}natis-kx\.QXv  und  viele 
Anemonen  versehen  ihre  kleinen  Nüßchen  mit  Haar-  oder  Federanhängen,  welche  der  Ver- 
breitung durch  den  Wind  dienen.  Caltha 
palustris  (Fig.  631),  ein  als  Butter- 
oder  Dotterblume  bekannter  Früh- 
jahrsblüher,  hat  einfaches,  intensiv  gelbes 
Perianth  und  glänzende  herz-  odernieren- 
förmige,  kurzgestielte  Blätter.  Die  Früchte 
entwickeln  sich,  ebenso  wie  bei  den  im 
Winter  blühenden  giftigen  Helleborus- 
Arten,  zu  Balgfrüchtchen.  Der  Eisenhut, 
Aconitum  Napellus  (Fig.  632,  633),  eine 
stattliche,  mit  jährlich  sich  erneuernden 
Knollen  ausdauernde,  stark  giftige  Staude, 
ist  besonders  auf  Gebirgswiesen  häufig. 
Seine  Blätter  sind  bandförmig  geteilt,  die 
einzelnen  Zipfel  tief  fiederspaltig  ein- 
geschnitten, der  Blütenstand  dicht  traubig 
mit  dorsiventralen  Blüten.  Eines  der 
fünf  dunkelblauen  Kelchblätter  ist  helm- 
förmig  emporgewölbt,  es  birgt  zwei  lang- 
gestielte, röhrig-zweilappige  Nektarien, 
die,  wie  bei  Helleborus  und  Eranthis, 
Kronblättern  entsprechen.  Die  übrigen 
Kronblätter  fehlen  oder  sind  zu  unschein- 
baren Fädchen  verkümmert.  Aconitum 
Lycoctonum  besitzt  kleinere  gelbe  Blüten 
desselben   Baues.      Aquilegia,   Delphinimn 

und  Paeonia  (Fig.  513)  liefern  beliebte 
Zierpflanzen  mit  lebhaft  gefärbten,  zum 
Teil  eigenartig  geformten  Blüten.  Actaea 
und  Hydrastis  haben  Beerenfrüchte. 

Offizinell:  Tubera  Aco- 
nit! von  Aconitum  Napellus  (Pharm, 
germ.,  helv.).  Folia  Aconit!  von  der- 
selben Pflanze  (Pharm,  helv.).  Rhi- 
zomaHydrastis  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.)  von  der  nordamerikanischen  Staude 
Hydrastis  canadensis  (Fig.  634),  die  jedes 
Jahr  ihre  mit  scharf  gekielten,  zweizeilig  stehenden  Xiederblättern  beginnenden  Zweige 
über  die  Erde  emporsendet  und  einzelne  gipfelständige  Blüten  auf  den  zweiblättrigen 
Sprossen  bringt.  Das  einfache  weiße  Perianth  fällt  nach  Öffnung  ab,  wie  das  auch  bei 
Thalictrum-Arten  geschieht.  Sammelfrucht  aus  zahlreichen  kleinen  Beeren  mit  je  1—2 
Samen.  Aus  dem  Rhizom  wird  Hydrastin  dargestellt.  Herba  Adonidis  von  Adonis 
vernalis  (Pharm,  austr.). 

Die  2.  Ordnung  umfaßt  die  beiden  Familien  der  Hamamelidi^iae,  Fam.  Hamame- 
lidaceae  und  Platanaceae.  Beide  Familien  enthalten  Holzpflanzen  mit  unansehnlichen 
anemophilen  Blüten  und  einfachem  Perianth,  seltener  entomophile  Blüten  mit  gefärbtem, 
eventuell  doppeltem  Perianth.    Zwei  Fruchtblätter.    Offizinell:  Styrax  liquidus  (?\iavm. 


Fig.  631.  Caltha  palustris.  V,  nat.  Gr. 


Angiospermae. 


533 


germ.,   austr.,   helv.)    von    Liqiädamhar    orientalis.     Folia    Hamantelidis    von    Hamamelis  vir- 
gmiana  (Pharm,  austr.).     PJatanen  sind  beliebte  Alleebäume. 

Beide  Familien  sollen  nach  den  Ergebnissen  der  serodiagnostischen  Untersuchungen 
nähere  Beziehungen  zu  den  verschiedenen  Familien  der  Rosifloren  besitzen. 


3.  Ordnung.    Rosiflorae. 

Die  wirtelig  gebauten  Blüten  sind 
im  übrigen  denen  der  Polycarpicae  ähn- 
lich: besonders  eng  ist  der  Anschluß  der 
Rosaceen    an   die   Calycanthaceen   und 


Fig.  633.  Aconitum  Napellus,  nat.  Gr.  j  Einzel- 
blüte schräg  von  vorn.  2  Einzelblüte  längs- 
durchschnitten. 5  Die  zu  Nektarien  umge- 
bildeten Kronblätter  und  das  Andröceum  nach 
Entfernung  des  Perigons.  4.  Frucht  aus  drei 
apokarpen  Fruchtblättern.  5  Frucht,  aufge- 
sprungen. 


Fig.  632.     Aconitum  Napellus.     '/.,  nat.  Gr.  —  Offizinell  und  gifti 


534 


Karsten : 


Ranunculaceen.     Einzahl  der  Fruchtblätter  bei  den  Pruneen  und  dorsiven- 
trale  Blüten  der  Chrysobalaneen  leiten  zu  den  Leguminosen  über. 

Die  Ordnung  umfaßt  Pflanzen  mit  wechselständigen  Blättern  von  sehr 
verschiedener  Form  und  Ausbildung.  Ihre  fast  immer  strahligen  Blüten 
sind  wirtelig  angeordnet,  haben  5,  10  oder  viele  Staubblätter  und  Frucht- 
blätter, die  Neigung  zu  apokarper 
Fruchtbildung  zeigen.  Charakte- 
ristisch ist  die  starke  Beteiligung 
der  Blütenachse  an  der  Blüten-  und 
Fruchtbildung.  K5,  C5,  A5— oo, 
Gl— oo. 

Sukkulente  Kräuter  (vgl.  S.  149) 
oder  Halbsträucher  mit  vielgliedrigen 
cymösen  Blütenständen  enthält  die  1.  Fa- 
milie Crassulaceae.  Sedian,  die  Fett- 
henne (Fig.  635),  mit  fünfzähligen  und 
Sempervivutn  mit  6—00 zähligen  Blüten 
sind  häufige  und  artenreiche  einheimische 
Gattungen.  Bryophy llum-kriQU  mit  vier- 
zähligen  Blüten  sind  ausgezeichnet  durch 
die  regelmäßige  Bildung  von  Adventiv- 
knospen in  allen  Kerbstellen  des  Blatt- 
randes. Crassula,  Südafrika,  bildet  Mimi- 
kryformen (*^),  die  in  ihrer  klobigen  Form 
Steine  nachahmen. 

Die  2.  Familie  Saxifragaceae  ent- 
hält Kräuter   neben    Holzgewächsen   mit 
zwitterigen  obdiplostemonen  Blüten.    Die 
Kapsel-    oder   Beerenfrüchte    der    Saxi- 
fragaceen  werden  in  der  Regel  aus  zwei 
Fruchtblättern    gebildet    und     enthalten 
viele  endospermhaltige  Samen.  Die  Saxi- 
fraga-     (Steinbrech-)Arten    sind     kleine 
Rosettenpflanzen,    die   im   Gebirge    ihre 
Hauptverbreitung  finden.     Ihre   oft   an- 
sehnlichen Infloreszenzen  tragen  lebhaft 
gefärbte  Einzelblüten  mit  stets  zwei,  im 
oberen  Teile  freien  Fruchtblättern.    Par- 
nassia  pahtstris  tritt  im  Hochsommer  auf 
unsern  Wiesen  auf,  ihre  fünfzählige  Blüte 
hat  vier  Fruchtblätter  und  zu  bandförmig 
zerschlitzten     Staminodien     umgebildete 
Kronstaubblätter,  die  als  Nektarien  fun- 
gieren.   Ä<5«-Arten,  mit  unterständigem 
Fruchtknoten,  liefern  Beerenfrüchte. 
R.    rubnim    (Fig.    t)36),    Johannis- 
beere, R.  nigrum,   schwarze  Johan- 
nisbeere,   R.   grossularia,    Stachel- 
beere.    Andere    Saxifragaceen    sind 
als  Zierpflanzen  beliebt,   wie  Ri'bes 
aureum    und    R.    sanguineum,    Hy- 
drangea,     Hortensie,     Philadelphus, 
Deutzia.     OffizineU:  Syrupus 
ribium  (Pharm,  austr.)   von  Ribes 
rubrum. 

3.  Familie  Rosaceaei^^). 
Die   charakteristischen  Merk- 


Fig.   634.     Hydrastis   canadensis.     Vj   i^^t.   Gr. 
Apokarpe    Sammelfrucht    daneben.     —    Offi- 
zineil. 


M^_ 


^>^ 


j/\ 


V 


Fig.  635.     Sedum    Telephium.     Vergr.   4.     alBlüte, 
b  Blüte  im  Längsschnitt.     Gez.  H.  Schenck. 


Angiospermae. 


535 


Fig.  636.  Ribes  rubrum.  %  nat.  Gr.  — Offizinell. 


male  der  Rosaceen  sind  der  stete  Besitz  von  Nebenblättern;  ferner  die  Endo- 
spermlosigkeit  der  meisten  i^osacß^n-Samen,  endlich  die  apokarpen  Früchte 
und  meist  auch  die  Violzähligkeit  des  Andröceums  (Fig.  637).  Letztere  beiden 
Eigenschaften  kommen  auch  den 
Polycarpicae  zu  und  sprechen  für 
engere  verwandtschaftliche  Be- 
ziehungen, doch  sind  die  Blüten- 
glieder bei  den  Rosaceen  streng 
wirtelig  und  perigyn  gestellt. 

In  vielen  Fällen  geht  die  Ver- 
mehrung der  Andröceum-  und  Gynä- 
ceumglieder  von  einer  an  der  schüsse- 
ligen Vertiefung  der  Achse  interkalar 
gelegenen,  gürtelförmigen  Vegetations- 
zone aus  längere  Zeit  nebeneinander 
her.  Über  die  Einschiebung  neuer 
Glieder  entscheiden  räumliche  Verhält- 
nisse, so  daß  bei  verschiedenen  Indi- 
viduen derselben  Art  Differenzen  in 
den  Zahlen  vorkommen. 

Zahlreiche  Arten  der  Gattung 
Spiraea  mit  typisch  fünfzähligen  Blüten 
und  oberständigen  Fruchtknoten  finden 
als  Ziersträucher  Verwendung  (Fig. 
637  E).  QuiUaja  Saßonarm  (Fig.  638), 
der  Seifenrindenbaum  Chiles,  ist  ein  immergrüner  Baum  mit  kurzgestielten,  wechsel- 
ständigen, lederartigen  Blättern  und  gipfelständigen,  meist  dreiblütigen  Dichasien.  Die 
Blüten  sind  denen  von  Spiraea  ähnlich,  aber  durch  ihre  fünfzackige,  auf  die  großen  Kelch- 
blätter hinaustretende,  honigabsondernde  Scheibe  charakterisiert,  an  deren  eingekerbten  Vor- 
sprüngen die  fünf  Kelch- 
staubblätter stehen,  wäh- 
rend  sich  die  Kronstaub- 
blätter am  inneren  Rande 
befinden.  Die  schmalen 
Kronblätter  sind  weiß.  Nur 
die  Mittelblüte  des  Dicha- 
siums  ist  zwittrig  und 
fruchtbar,  die  seitlichen 
mit  verkümmertem  Frucht- 
knoten sind  männlich.  Der 
oberständige  Fruchtkno- 
ten liefert  eine  sternför- 
mige Sammelfrucht.  Jedes 
Fruchtblatt  springt  in  zwei 
Klappen  auf  und  entläßt 
seine   geflügelten   Samen. 

Durch  den  unter- 
ständigen, meist  aus  fünf 
Fruchtblättern  bestehen- 
den, rings  mit  der  aus- 
gehöhlten fleischig  an- 
schwellenden Blütenachse 
verwachsenen,gefächerten, 
pergamentenen  Frucht- 
knoten  und   freie  Griffel 

von  den  sonstigen  Rosaceen  unterschieden  sind  die  Gattungen  Pirus,  Cydotn'a  u.  a.  Pir7{s 
malus,  Apfelbaum  (Fig.  524  j),  Pirus  comnmnis,  Birnbaum,  unsere  wichtigsten  ein- 
heimischen Obstbäume,  alte  Kulturpflanzen  in  zahlreichen   Varietäten.      Cydonia  vulgaris. 


Fig.  637.    Blütendiagramme  von  Rosaceen.    A  Sorbus  domestica. 

B  Prunus  Padus.     C  Rosa  tomentosa.     D   Sanguisorba   offici- 

nalis.     E  Spiraea  hypericifolia.     Nach  A.  W.  Eichler. 


536 


Karsten: 


Fig.  638.     Quillaja  Saponaria.     Vs  "^t- 
Nach  A.  Meyer  und  Schumann.  - 
Offiziuell. 


Gr. 


die  Quitte,  mit  einzeln  stehenden  großen 
hellrosa  Blüten.  Ihre  apfel-  oder  birnför- 
migen,  wollig-filzig  behaarten  Früchte  sind 
roh  ungenießbar,  doch  von  höchst  angeneh- 
mem Aroma.  Mespilus  germanica,  der  M  i  s  - 
pelbaum;  seine  Früchte  haben  eine  tiefe 
Grube  am  Scheitel,  die  rings  von  den  Über- 
resten der  Kelchblätter  umgeben  ist.  Die 
immergrüne  japanische  Mispel,  Erio- 
botrya  japonica,  wird  im  Mittelmeergebiete 
häufig  angepflanzt.  Sorbits  aucvparia,  der 
Vogelbeer  bäum,  und  Crataegus- kvien, 
Rotdorn,  Weißdorn,  sind  teils  als 
Alleebäume,  teils  in  Hecken  und  als  Zier- 
bäume verbreitet  (vgl.  S.  262). 

Eine  krugförmig  vertiefte  Blü- 
tenachse, auf  der  ein  bis  viele  freie  Frucht- 
blätter stehen,  die  zu  nußartigen,  vom  Blüten- 
becher umschlossenen  Früchtchen  werden, 
eignet  der  Gattung  Rosa  (Fig.  637  C).  Ihr 
Blütenbecher  wird  fleischig  (Fig.  .583),  und 
die  kronblattartige  Ausbildung  zahlreicher 
Staubblätter  gibt  staminodial  gefüllte  Formen. 


Fig.     639.        Hagenia 
abyssinica.      /    Weib- 
liche Blüte,  e  Außen- 
kelch, /  Kelch,  g  Ko- 
rolle.    Vergr.  4. 
2  Frucht   mit   vergrö- 
ßertem     Außenkelch. 
Nat.  Gr.     Nach  Berg 
und  Schmidt.  — 
Offiizinell. 


Fig.  640.  Hagenia  abys- 
sinica. Zweigstück  mit 
Blütenstand.  ^/^  nat. 
Gr.  Nach; Berg  und 
Schmidt.  —  0  f  f  i  - 
zinell. 


Angiospermae. 


537 


Dagegen  ist  bei  Agrimonia  und  Hagenia  abyssinica  der  Blütenbecher  hart.  Hagenm,  ein 
diözischer  Baum  Abessyniens,  mit  unpaarig  gefiederten  Blättern,  deren  Blattstiel  durch 
Nebenblätter  rinnig  geflügelt  wird,  trägt  reichverzweigte  Blütenrispen.  Die  Einzelblüten 
mit  zwei  Vorblättern  und  Außenkelch  werden  durch  Fehlschlagen  eingeschlechtig;  ihre 
Krone  ist  nach  der  Blüte  hinfällig,  der  Kelch  eingerollt,  der  Außenkelch  vergrößert.  Aus 
den  zwei  freien  Fruchtblättern  mit  je  einer  Samenanlage  wird  eine  einsamige  Frucht 
(Fig.  639,  640).  Die  kronblattlose  Alchimilla  (Fig.  524,  2)  und  Sanguisorba  offidnalis  mit 
köpfchenförmig  gehäuften,  polygamen,  vierzähligen  Einzelblüten  ohne  Außenkelch  und 
Krone  mit  ein  bis  zwei  Fruchtblättern  (Fig.  637  D)  sind  stark  reduzierte  Formen. 

Potentilla  mit  flachem  Blütenboden,  apokarpen  Fruchtblättern  und  Außenkelch   hat 
zahlreiche    einheimische    Arten.     Getan   und   Dryas   verbreiten    ihre    weichhaarigen,    lang- 
auswachsenden  Früchtchen  durch  den  Wind.    Fragarw,  die  Erdbeere,  trägt  kleine  Nüßchen 
auf  der  fleischig  geschwollenen 
Achse.    Riibus,  die  Brombeere, 
ist   in  zahlreichen    meist  klet- 
ternden Arten  verbreitet.    Ihre 
Blätter    sind    stets    dreizählig, 
ihre  Früchte  kleine  Steinfrücht- 
chen,   die    in    Sammelfrüchten 
beisammenbleiben.      Eine    der 
wenigen  nicht  kletternden  Arten 
ist  die  Himbeere  R.  Idaeics. 

Ein  einziges  Frucht- 
blatt, mittelständig  auf  flach- 
schüsseiförmig vertieftem  Blü- 
tenbecher (Fig.  637^)  haben 
die  Steinobstbäume :  Prumis 
Cerasus,  Sauerkirsche  (Fig. 
641).  Prumis  avi'um^  Süß- 
kirsche, Pr.  domestica, 
Pflaume  (Zwetsche) ;  Pr. 
armejiiaca,  Aprikose,  chi- 
nesischen Ursprungs,  ebenso 
wie  Pr.  persica,  Pfirsich;  Pr. 
Amygdalus,  Mandel,  aus  dem 
östlichen  Mittelmeergebiete.  Das 
fleischige  Exokarp  der  Mandel 
trocknet  beim  Reifen  und  platzt 
auf,  so  daß  das  steinige  Endo- 
karp  freigelegt  wird. 

Giftig:  Die  Samen 
vieler  Rosaceen  sind  amyg- 
dalinhaltig;  durch  die  ent- 
stehende Blausäure  wirken 
Preßrückstände,  z.  B,  von  bit- 
teren Mandeln,  häufig  giftig. 
Die  Blätter  des  Kirschlorbeers, 
Prunus  Laurocerasus,   können   aus  gleichem   Grunde   ebenfalls   Vergiftungen   hervorrufen. 

Offizineil:  Firus  Malus:  Extractum  ferri  p om ati  (Pharm,  germ.,  helv.).  — 
Cydonia  vulgaris  liefert  Semen  Cydoniae  (Pharm,  helv.).  —  Hagenia  abyssinica: 
Flores  Koso  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Rosa  centifoUa  nnd  R.  gallica:  Flor  es 
Rosae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.);  dieselben  und  andere  Arten:  Ol.  Rosae  (ibid.).  — 
Rubus  Idaens:  Syrupus  R.  Idaei  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Prunus  Amygdalus: 
Amygdalae  dulces  und  A.  amarae,  Oleum  Amygdalarura  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.).  —  Pr.  dornestica:  Pulpa  prunorum  (Pharm,  austr.).  —  Pr.  Latirocerasus:  Aqua 
Laurocerasi  (Pharm,  austr.,  helv.).  —  Pr.  Cerastis:  Syrupus  Cerasorum  (Pharm- 
germ.).  —  Quillaja  Saponaria:  Cortex  Quillajae  (Pharm,  germ.,  austr.),  —  Spiraea 
Ulmaria:  Flos  Spiraeae  Pharm,  helv.).  —  Rubus  fruticosus:  Folium  Rubi  fruticosi 
(Pharm,  helv.).  —  Potentilla  Tormentilla:  Rhizoma  Tormentillae  (Pharm,  helv.). 


Fig.  641.     Prunus    Cerasus       %    "^t.  Gr. 
/  Blühender  Zweig.    2  Einzelblüte  halbiert 
(etwas  vergr.).     3  Fruchtstand.     4  Einzel- 
frucht halbiert.  —  Offizinell. 


538 


Karsten : 


4.  Ordnung.    Leguminosae. 

Das  gemeinsame  Kennzeichen  aller  Leguminosen  ist  in  der  Beschaffen- 
heit ihres  Fruchtknotens  gegeben,  der  die  Ordnung  von  den  sonst  nahe  ver- 
wandten Rosifloren  scharf  unterscheidet.     Er  geht  stets  aus  einem  einzigen 
Fruchtblatt  hervor,  ist  einfächerig  und  trägt  die  Samenanlagen  in  einer  oder 
zwei  Reihen  an  der  nach  hinten  gekehrten  Bauch- 
^  ^  naht  (Fig.  642,  645,  650).    Meist  wird  die  Frucht 

eine  Hülse  (Legumen),  die  an  der  Bauchnaht  und 
in  der  Rückenlinie  in  zwei  Klappen  aufspringt 
(wie  die  Erbsen).  Wechselständige,  zusammen- 
gesetzte Blätter  mit  Nebenblättern  sind  fast  allen 
Leguminosen  eigen.  Sehr  viele  besitzen  Blatt- 
gelenke (Fig.  643),  welche  Variationsbewegungen 
ermöglichen. 

Die  1.  Familie  Mimosaceae  enthält  Bäume 
und  aufrechte  oder  kletternde  Sträucher  mit 
paarig  doppeltgefiederten  Blättern  und  strahligen, 
fünf-  oder  vierzähligen  Blüten  (Fig.  642).  Die 
Knospenlage  von  Kelch  und  Krone  ist  klappig.  Die  freien,  halb-,  voll- 
oder  meist  überzählig  vorhandenen  Staubblätter  bedingen  durch  ihre  bedeutende 
Länge  oder  große  Zahl  die  Blütenfarbe.  Ihre  Pollenkörner  bleiben  häufig  in 
Tetraden  oder  zu  mehreren  vereinigt.  Die  Blüten  stehen  in  Ähren  oder  Köpf- 
chen zu  vielen  beisammen,   ihre  Krone  ist  unscheinbar,  der  Embryo  gerade. 


Y\g.  642.  Blütendiagramme  von 

Mimosaceen.     A    Von   Mimosa 

pudica.  B  Von  Acacia  lophantha. 

Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  643.  Acacia  nicoyensis  aus  Costa  Rica.  /  Stammstiick  mit  Dornen  (D)  und  einem 
Blatte.  Die  hohlen  Dornen  werden  von  Ameisen  angebohrt  und  bewohnt.  L  Eingangs- 
öffnungen. An  den  basalen  Blattfiederchen  die  Futterkörper  F.  Auf  dem  Blattstiel  bei 
N  ein  Nektarium.  Verkleinert.  //  Einzelnes  Blattfiederchen  mit  dem  Futterkörper  F, 
etwas  vergrößert.     Nach  F.  Noll. 

Die  in  den  Tropenwaldungen  reich  entwickelte  P'amilie  besitzt  in  Europa  keinen 
einheimischen  Vertreter.  Mimosa  pudica^  die  Sinnpflanze  (Fig.  292),  mit  hochgradiger 
Empfindlichkeit  gegen  Berührung,  ist  ein  pantropisches  Unkraut.  Die  Gattung  Acacia 
ist  in  zahllosen  Arten  in  den  Tropen  und  Subtropen  der  alten  und  neuen  Welt  ver- 
breitet. Ihre  australischen  Formen  sind  durch  den  Besitz  von  Phyllodien  ausgezeichnet 
deren  vertikale  Stellung  wesentlich  zum  eigenartigen  Habitus  der  australischen  Wälder 
mit  beiträgt  (vgl.  Fig.  190).  Einige  amerikanische  Akazien- kxt%\i  werden  von  Ameisen 
bewohnt  (Fig.  643),  denen  sie  in  großen  Nebenblattdornen  Wohnung,  in  den  BELTschen 
Körperchen  (2")  an  den  Enden  der  Fiederblättchen  Nahrung  bieten,  ohne  daß  ein  sym- 
biotisches  Gegenseitigkeitsverhältnis  nachweisbar  ist.  Durch  Lieferung  von  Gummi  und 
reichen  Gehalt  an  Gerbstoffen,  teils  in  der  Rinde,  teils  im  Extrakt  des  Kernholzes,  teils 
in  den  Hülsen,  gewähren  zahlreiche  Acacia- kx\.QVi  einen  erheblichen  Nutzen. 


Angiospermae. 


539 


Offizinell:  Durch  Desorganisation  des  Stammparenchyms  liefern  Acaaa  Senegal 
(Nilländer  und  Senegambien)  und  andere  Arten:  Gummi  arabicum  (Pharm,  germ., 
austr.  helv.),  das  aus  Wunden  als  dicke  Flüssigkeit  herausfließt  und  erhärtet.  —  Cate- 
chu  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  ist  ein  Dekokt  aus  dem  Kernholze  der  ostindischen 
Acaa'ü   Caiecku  (Fig.   644)  und  Ac.  Su?na. 

Die  2.  Familie  Caesalpiniaceae  umfaßt  Bäume  oder  Sträucher  mit  ein- 
fach oder  doppelt  paarig  gefiederten  Blättern.  Ihre  Blüten  sind  meist  etwas 
dorsi ventral  mit  dachig  aufsteigender  Knospendeckung  der  Krone,  deren 


Fig.  644.   Acacia  Catechu.    -/j,  nat.  Gr. 

Nach  A.  Meyer  und  Schümann.  — 

Offizinell. 


Fig.  645.  Blütendiagramme  von  Gaes- 

alpiniaceen.     A    Cercis    siliquastrum. 

B  Tamarindus  indica.     Nach 

A.  W.  Eichler. 


Blattzahl  ebenso  wie  die  der  freien  Staubblätter  häufig  unvollzählig  ist  (Fig.  645). 
Typisch:  K5,  C5,  A5  +5,  Gj..  Auch  hier  ist  der  Embryo  gerade.  In  den 
Tropen  und  Subtropen  ist  die  Familie  reich  ausgebildet. 

Bei  Cassia  angttsti/olia  sind  Kelch  und  Kronblätter  frei  und  in  Fünfzahl  vorhanden 
(Fig.  646),    die   unteren    deckenden    Kronblätter   etwas   größer  als   die  oberen.     Von  zehn 


540 


Karsten: 


Staubblättern  sind  die  drei  oberen  kurz  und  unfruchtbar,  sieben  nach  unten  bogig 
gestreckte  nehmen  von  oben  nach  unten  an  Länge  zu.  Ihre  Antheren  öffnen  sich  mit 
endständigen  Poren.  Der  Fruchtknoten  ist  eine  breite  und  flach  zusammengedrückte 
Hülse.  Derartige  Blüten  stehen  in  blattachselständigen  Trauben  beisammen  an  dem  etwa 
meterhohen,  mit  lebhaft  grünen,  paarig  gefiederten  Blättern  besetzten  Strauche.  Am 
Grunde  des  Blattstieles  stehen  zwei  kleine  Nebenblättchen.  Tamarindus  indica  (Fig.  647), 
ein  schöner  Baum  des  tropischen  Afrika,  wird  in  den  gesamten  Tropen  jetzt  vielfach  an- 
gepflanzt. Mit  einfach  paarig  gefiederten  Blättchen  besetzte  Seitenzweige  bringen  die 
Blütentrauben  endständig.     Aus  den  stark  dorsiventralen  Einzelblüten  geht  eine  vom  Typus 


abweichende  Frucht  hervor.     Ihre  Wandung   differenziert   sich 


ein  äußeres  brüchiges 
Exokarp,  ein  flei- 
schiges musartiges 
Mesokarp  M  und 
ein  festes,  die  ein- 
zelnen mehr  oder 
minder  zahlreichen 
Samen  umhüllendes, 
aus  Steinzellen  be- 
stehendes Endokarp 
(Fig.  648).  Kaum 
merklich  dorsiventral 
sind  die  kronblatt- 
losen Blüten  von  Co- 
paifera,  in  denen  auf 
4  Kelchblätter  so- 
gleich 8 — 10  freie 
Staubblätter  folgen. 
Die  einsamige  Frucht 
öffnet  sich  bei  der 
Pieife.  Ein  fleischi- 
ger, unregelmäßig  be- 
grenzter Arillus  um- 
hüllt den  Samen  ein- 
seitig. Einheimische 
Caesalpiniaceae  feh- 
len; der  im  Mittel - 
meer  beheimatete 
Johannisbrotbaum 
Ceratonia  Siliqiia, 
wird  im  Kalthause, 
die  kauliflore  (vgl. 
S.  573)  Cercis  sili- 
quastrwn  (Fig.  645^) 
und  Gleditschia   tria- 

canthos  (N.-Am.) 
(Fig.  198)  werden  als 
Zierpflanzen  bei  uns 
kultiviert. 
Offizin  eil:  Folia  Sennae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  Fiederblättchen  von 
Cassia  angustifolia ;  Pharm,  helv.  läßt  auch  Fol.  S.  Alexandrinae  von  C.  actitifoUa  zu. 
—  Cassia  ohovata  und  C.  acutifolia:  Fructus  Sennae  (Pharm,  austr.,  helv.).  —  Cassia 
Fistula  (tropisches  Amerika):  Fructus  Cassiae  Fistulae  (Pharm,  austr.,  helv.).  — 
Copatfera-krtQn  (Bäume  des  tropischen  Amerika)  enthalten  in  Balsamgängen  des  Holzes: 
Balsamum  Copaivae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Rad.  Ratanhiae  (Pharm, 
germ.,  austr.,  helv.)  von  Krameria  triandra,  einem  Strauch  der  Kordilleren  mit  silber- 
weißen, einfachen  Blättern,  dessen  Blüten  völlig  abweichen;  sie  haben  innen  lebhaft  ge- 
färbte Kelchblätter,  eine  kleine  Krone  und  drei  Staubblätter  mit  Porenöffnung  am  Scheitel. 
Ihre  Früchte  sind  kugelig  und  mit  Stacheln  besetzt  (Fig.  649).  —  Lignum  Haematoxyli 
(Pharm,  austr.),  Kernholz  von  Haematoxylon  campechiamun  (tropisches  Amerika).  —  Pulpa 


Cassia  angustifolia.     */«  "^^t. 
Schumann.  —  Offi 


Nach  A.  Meyer 


Angiospermae. 


541 


Fig.  647.     Tamarindus  indica. 
A.  Meyer  und  Schümann. 


r-^y^^ 


7^  nat.  Gr.     Nach 
-  Offilzinell. 


Fig.  648.  Tamarindus  indica. 
Frucht  im  Längsschnitt,  ikf  Das 
fleischige  Mesokarp.  Nach  Berg 
und  Schmidt.   —   Offizinell. 


Tamarind  orum  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  das 
musartige  Mesokarp  der  Frucht  von  Tamarzndtis  indica 
(Fig.  648). 

Die  Angehörigen  der  3.  Familie  Papiliona- 
ceae  haben  in  der  Regel  unpaarig  gefiederte 
Blätter  und  stets  stark  dorsiventrale  Blüten  mit 
absteigender  Knospendeckung  (Fig.  650).  Auf 


Fig.  649.  Krameria  triandra. 
*/5  nat.  Gr.  Nach  A.  Meyer 
u.  Schümann. —Offizinell. 


Fig.  650.    Blütendiagramme  von  Papilionaceen.    A   Von 

Vicia  Faba.     B  Von  Laburnum  vulgare. 

Nach  A.  W.  Eichler. 


542 


Karsten : 


den  fünfblättrigeu  Kelch  folgt  die  dorsi  ventrale  fünf  blättrige  Krone  und 
10  Staubblätter,  deren  Filamente  alle  mit- 
einander zu  einer,  den  Fruchtknoten  um- 
hüllenden Röhre  verwachsen  sind  (Lupinus), 
oder  die  neun  vorderen  sind  verwachsen 
und  das  hintere  Staubblatt  bleibt  frei  (Lotus) 
oder  alle  sind  frei  (Myroxylon,  Fig.  653).  .i) 

Der  Keimling  ist  im  Samen  stets  gekrümmt 


Fig.  G51.    Lotus  corniculatus.    V?  nat. 
Gr.    Blühender  Sproß.    Blüte.    Schiff- 
chen, Staubblätter.     Fruchtblatt  (nat. 
Gr.)  und  Frucht,  7-2  "^t.  Gr. 


Fig.  652.    Myroxylon  Pereirae. 

'/g  nat.  Gr..     Nach  Berg   und 

Schmidt.  —  Offizineil. 


Fig  653.    Myroxylon  Pereirae  (vgl.  Text).    Vergr. 
Nach  Berg  und  Schmidt.  —  Offizineil. 


Fig.    654.      Frucht     von     Myroxylon 

Pereirae.      ^Ig   nat.    Gr.     Nach    Berg 

und  Schmidt.  —  Offizineil. 


Angiospermae. 


543 


eingelagert.      Die    Familie    ist    weniger   in    den    Tropen    als    in    den    gemäßigten   Zonen 
reich  vertreten. 

Die  Bestandteile  einer  Schmetterlingsblüte  sind  in  Fig.  651  einzeln  auseinander- 
gelegt. Das  hintere,  in  der  Knospenlage  (Fig.  650)  beiderseits  übergreifende  Kronblatt 
heißt  Fahne  (vexillum),  zwei  darauffolgende  seitliche  die  Flügel  (alae),  und  die  mit  ihren 
abwärts  gekehrten  Rändern  in  der  Regel  verwachsenen  beiden  unteren  bilden  das  Schiffchen 
oder  den  Kiel  (carina).  Die  Staubblätter  sind  an  ihren  oberen  Enden  frei  und  aufwärts 
gekrümmt,  ebenso  der  Griffel  mit  seiner  Narbe. 

Myroxylon  balsamum  var.  Pereirae,  ein  Baum  von  mäßiger  Höhe,  besitzt  unpaarig 
gefiederte  Blätter  (Fig.  652)  in  wechselständiger  Anordnung.  Die  Blüten,  in  endständigen 
Trauben  stehend,  sind  nur  mit  einem  großen  Vexillum  versehen,  alle  übrigen  Blätter  der 
Krone  bleiben  unansehnlich  und  schmal.  Die  Staubblätter,  nur  am  Grunde  miteinander 
verwachsen  (Fig.  653),  tragen  ansehnliche 
rot-gelbe  Antheren.  Der  langgestielte  Frucht- 
knoten enthält  zwei  Samenanlagen,  eine  davon 
wird  zum  Samen  der  geschlossen  bleibenden, 
zusammengedrückten  Hülse,  deren  Form 
durch  eine  an  der  oberen  Naht  breite,  an 
der  unteren  schmale  Flügelung,  wie  durch 
zwei  seitliche  Balsamblasen  sehr  charakte- 
ristisch ist  (Fig.  654).  Oben  am  Stiel  bleibt 
der  glockige  Kelch  erhalten.  Amicia,  Gat- 
tung der  Anden  für  nyctinastische  Unter- 
suchungen bevorzugt,  hat  paarig  gefiederte 
Blätter.  —  Gents ta,  Sarothammis,  Lnpinus, 
Cytistis  zeigen  alle  10  Staubblätter  ver- 
wachsen (Fig.  650^).  Ihre  Blätter  sind 
ganzrandig,  gefiedert  oder  einfach.  Der 
Goldregen  (Fig.  266)  Labtirmim  vulgare, 
einer  der  häufigsten  und  beliebtesten  Zier- 
bäume unserer  Gärten  mit  dreiteilig  gefie- 
derten Blättern  und  lang  herabhängenden 
gelben  Blütentrauben,  wächst  in  den  Alpen 
wild.  Ulex  ist  eine  Charakterpflanze  Eng- 
lands, Spartium  im  Mittelmeergebiet  ver- 
breitet. —  Trifolhim,  der  Klee,  hat  blei- 
benden Kelch  und  Krone,  dreiteilige  Blätter, 
kopfig  gehäufte  Blüten  mit  (9)  -f  1  Staub- 
blättern und  Schließfrüchten.  Medirago, 
Schneckenklee,  hat  hinfällige  Krone  und 
sichelförmige  oder  schraubig  gekrümmte 
Früchte.  Meh'lotus,  Steinklee,  mit  traubigen 
Blütenständen.  Trigonella,  der  Bockshorn- 
klee, bringt  lang  auswachsende  Hülsenfrüchte. 
Ononis,  Hauhechel,  mit  10  verwachsenen 
Staubblättern.  Bei  den  im  großen  ange- 
bauten Trifolium-^  Medicago-  und  Lupinus- 
Arten  (wie  der  unten  genannten  Seradella) 
kommt  die  Stickstoffanreicherung  des  Bodens 
durch     die     „LeguminosenknöUchen"     (vgl. 

S.  224,  Fig.  249,  250)  für  europäische  Verhältnisse  am  meisten  zur  praktischen  Ver- 
wertung. —  Lotus,  der  Hornklee  (Fig.  G51),  trägt  die  üblichen  unpaarig  gefiederten 
Blätter,  doch  wird  das  unterste  Fiederpaar  durch  Fehlen  des  Blattstieles  nebenblatt- 
ähnlich. Anthyllis,  Wundklee.  —  Bei  Astragalus-kxiQW,  den  Traganthsträuchern,  niedrigen 
Sträuchern  des  östlichen  Mittelmeergebietes  und  westlichen  Asiens,  fallen  die  Fiederchen 
der  Blätter  ab,  und  die  Blattspindeln  bleiben  lange  Jahre  als  scharf  stechende  Dornen 
erhalten  und  dienen  zum  Schutz  der  jungen  Triebe.  Blätter  und  Blüten  (Fig.  655).  Ein- 
heimische Arten  sind  krautig.  Rohinia  (Fig.  181),  rasch  wachsender  Baum  Nordamerikas 
mit  sehr  sprödem,  windbrüchigem  Holz,  wird  vielfach  angepflanzt  als  ,, Akazie".   Glycyrrhita, 


Fig.  655.    Astragalus  gummifer.    ■* 
Nach  A.  Meyer  und  Schumann. 
zinell. 


544 


Karsten : 


Süßholz,  Stauden  des  südlichen  Europa.  Wistaria  sinensis  (Glycine),  eine  schön  blau  blühende 
Schlingpflanze,  findet  sich  häufig  an  Häusern  u.  dgl.  —  An  Gliederhülsen  kenntlich 
sind  Coronilla,  Ornithopics  sativics,  Seradella,  A rachis  hypogaea,  Erdnuß,  eine  wichtige 
Ölfrucht  der  Tropen  und  Subtropen.  Ihre  Blütenstiele  dringen  nach  der  Befruchtung 
geotropisch  in  den  Boden  ein;  dort  reifen  die  Früchte.  —  Endranken,  an  Stelle  der  un- 
paaren  Fiederblättchen  und  hypogäische  Keimung  besitzen  Pisum,  Erbse  (Fig.  206),  Lens, 
Linse,  Lathyrus,  Platterbse  (Fig.  207),  Vicia,  Wicke,  und  als  aufrechte,  rankenlose 
Pflanze  Vicia  Faba,  Saubohne,  deren  Endblättchen  zu  einem  borstenförmigen  Stummel 
verkümmert.  —  Windende  Pflanzen  mit  dreiteilig  gefiederten  Blättern  sind  Fliaseolus, 
Bohne;  Physostigma,  die  Kalabarbohne. 

Giftig:  Durch  hochgradige  Giftigkeit  ausgezeichnet  ist  unter  den  einheimischen 
Papilionaceen  nur  Labumum  vulgare  und  die  verwandten  Arten  der  Gattung  Cytisus.  — 
Als  giftig  gelten  auch  Coronilla  varia,  ein  wildwachsendes  Kraut  mit  rosaroten  Blüten- 
dolden, und  die  windende   Wistaria  sinensis  unserer  Gärten. 

Offizineil:  Astragalus-kxi&a.  liefern  Tragacantha  (Pharm,  germ.,  helv.).  — 
Glycyrrhiza  glabra  in  ihren  Wurzeln  und  Ausläufern :  Rad.  Liquiritiae  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.)  — Meliiotus  officinalis:  Herba  Meliloti,  Steinklee  (Pharm,  germ.,  austr.). 
—  Trigonella  Foenum  graecum:  Semen  Foenugraeci,  Bockshornsamen  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.).  —  Ononis  spinosa:  Rad.  Ononidis  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Spar- 
tium  scoparium:  Sparte  inum  (Pharm,  helv.).  —  Physostigma  venenosum  (bohnenähnliche 
Schlingpflanze  Westafrikas):  das  aus  den  Samen  (Semen  Calabar)  dargestellte  Alkaloid 
Physostigminum  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  A?idira  Araroba,  ein  brasilianischer 
Baum,  enthält  in  seinem  Stamm  eine  pulverige  Exkretmasse:  Ghrysarobinum  oder 
Araroba  genannt  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Pterocarpus  santalinus,  ein  ostindischer 
Baum,  liefert  in  seinem  Kernholze  Lignum  Santali  rubrum  (Pharm,  aust.).  —  Ptero- 
corpus  marsupium,  ein  ostindischer  Baum,  in  seinem  eingetrockneten  Safte:  Kino  (Pharm, 
helv.).  —  Myroxyton  balsamum  var.  genuinum,  ein  südamerikanischer  Baum,  Balsam  um 

tolutanum  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.); 
M.  balsamum  var.  Pereirae  (San  Salvador) : 
Balsamum  peruvianum  (ibid.). 

5.  Ordnung.    Myrtillorae. 

Die  Ordnung  weicht  durch  unter- 
ständigen Fruchtknoten  und  Fehlen 
der  Nebenblätter  von  den  Kosifloren  ab. 

1.  Familie  Thymelaeaceae,  Daphne 
Mezer eum  (Fig.  656).  Giftiger  Strauch 
unserer  Wälder,  blüht  im  Februar  bis  April 
vor  Entfaltung  der  Blätter  aus  den  vorjährigen 
Knospen.  Die  rosenroten  stark  duftenden 
Blüten  sind  kronenlos,  im  übrigen  vierzählig, 
haben  aber  nur  ein  Fruchtblatt  und  eine 
hängende  Samenanlage  im  Fruchtknoten,  der 
sich  zu  einer  hochroten  Beere  entwickelt. 
Die  Blätter  stehen  zunächst  schopfförmig, 
bis  die  Achse  sich  streckt.  In  den  Alpen 
und  im  Mittelmeergebiet  mehrere  Daphtte- 
Arten,  die  alle  giftig  sind. 


Fig.   656.     Daphne  Mezereum.     ^/^  nat.  Gr. 
Offizinell  und  giftig. 


Fig.  657.    Diagramm  von  Oenothera  (Onagra- 
ceae).     Nach  F.  Noli.. 


Angiospermae. 


545 


Offizineil:  Cortex  Mezerei  (Pharm,  helv.)  von  D.  Mezerum. 

Zu  der  2.  Familie  Elaeagnaceae,  die  durch  aufrechten  Stand  ihrer  Samenanlage 
unterschieden  ist,  gehören  der  Sanddorn,  Hippophar\  und  die  Ölweide,  Elaeagmis.  Blätter 
und  junge  Zweige  sind  bei  beiden  Pflanzen  mit  glänzenden  Schildhaaren  bedeckt,  ebenso 
bei  Shepherdia  (S.  47). 

3.  Familie  Lythraceae,  Der  einheimische  Weiderich,  Lythrwn  Salicaria,  hat  eine 
typisch  sechszählige,  durch  trimorphe  Heterostylie  (S,  484)  ausgezeichnete  Blüte  mit  zwei 
bis  sechs  Fruchtblättern. 

Die  Angehörigen  der  4.  P\amilie  Onagraceae  haben  stets  vierzählige  Blüten  und 
obdiplostemones  Andröceum.  Epilobhcm,  das  Weidenröschen,  ist  in  mehreren  Arten  bei 
uns  verbreitet,  seine  Kapselfrüchte  enthalten  Samen  mit  Flughaaren.  Oenothera-kxi^xv 
(Fig.  657)  sind  be- 
kannt als  Versuchs- 
pflanzen zur  experi- 
mentellen Begrün- 
dung der  Mutations- 
theorie durch  DE 
Vries.  Einheimisch 
sind    ferner  d'rcaea, 

Hexenkraut,  und 
Trapa,  Wassernuß. 
Die  in  Amerika  be- 
heimateten Fiichsia- 
Arten  werden  ihrer 
auch  durch petaloiden 
Kelch  lebhaft  gefärb- 
ten Blüten  wegen  viel 
kultiviert.  Sie  tragen 
Beerenfrüchte. 


^ 


Fig.  658.    Blütendiagramme  von 
Myrtaceen.     A  Von  Myrtus  com- 
munis.    B  Von  Eugenia  aroma- 
tica.    Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  659.    Rhizophora  conjugata. 
V4  nat.  Gr. 


Die  5.  Familie  Rhizophoraceae  umfaßt  tropische  Küsten- 
pflanzen der  Mangroveformation,  die  durch  ihre,  den  Standorts- 
eigentümlichkeiten angepaßte  Viviparie,  wie  durch  Atemwurzeln  und 
Stelzwurzeln  eigenartigen  Habitus  aufweisen  (Fig.  187).    Rhizophora 

(Fig.  659),  Britginera,  Ceriops,  Kandelia  sind  alle  an   den  Küsten   des  Indischen  Ozeans, 
Rhtzophora-Axien  auch  sonst  an  tropischen  Meeresküsten  verbreitet. 

Die  6.  Familie  der  Mjrtaceae  i^nthAlt  durchweg  immergrüne  Pflanzen  mit 
gegenständigen,  lederartigen,  oft  aromatischen  Blättern  und  strahligen,  vier-  oder 
fünfzähligen  Blüten,  die  im  Andröceum  vielzählig  sind  und  deren  Staubblätter 
häufig  in  Bündeln  stehen,  die  durch  Spaltung  entstanden  sind.  Fruchtblätter 
sind  zwei  bis  viele  vorhanden  (Fig.  658),  die  mit  der  Blütenachse  zum  unter- 
ständigen Fruchtknoten  verwachsen,  der  sich  zur  Beere  oder  Kapsel  entwickelt. 

Ihre    Hauptverbreitung    finden    die    Myrtaceen    im    tropischen    Amerika    und    in 

Australien. 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.    IG.  Aufl.  35 


546 


Karsten : 


Myrtus  commtmis, 
die  Myrte,  ist  im  Mittel- 
meergebiet zu  Hause 
und  bildet  die  einzige 
europäische  Art.  Häufig 
angepflanzt  finden  sich 
in  wärmeren  Ländern 
die  EucalypUis-kxXßiW  (-^) 
Australiens,  besonders 
E.  Globiihts,  welche  ihres 
schnellen  Wachstums 
und  brauchbaren  Nutz- 
holzes halber  von  Wert 
ist.  Junge  Exemplare 
haben  sitzende  gegen- 
ständige Blätter,  ältere 
Bäume  dagegen  gestielte 
wechselständige,  sichel- 
artig gebogene,  die  ver- 
tikal herabhängen.  In 
ihrer  australischen  Hei- 
mat rührt  die  Schatten- 
losigkeit  derWälder  teils 
von  dieser  eigenartigen 
Stellung  der  Blätter,  teils 
von  dem  weiten  Abstände 
der  einzelnen  Baum- 
individuen her.  E.  ajuyg- 
dalina  ist  bei  150  m 
gemessener  Höhe  und 
30  m  Umfang  am  Grunde 
der  gewaltigste  Baum- 
riese, den  man  kennt; 
Psidium  Guayava  und 
einige  Jambosa  -  Arten 
liefern  eßbare  Früchte. 
Jambosa  caryophy  Ulis,  der 
Gewürznelkenbaum  der 
Molukken  (Fig.  660), 
gibt  in  den  ungeöffneten 
Blütenknospen  die  „Nä- 
gelchen" oder  „Nelken". 
Der  Baum  wird  in  den 
Tropen  vielfach  kulti- 
viert, p'ig.  660  zeigt 
auch  den  unterständigen 
zweifächerigen  P'rucht- 
knoten  im  Längsschnitt. 


Fig.  661.    Punica  granatum.  Vj  nat.  Gr.    i  Zweig  mit  Blüte  und 
Knospe.   2  Blütenlängsschnitt,  j  Frucht  (vgl.  Text).  Offizinell. 


Fig.  662. 

-  Blütendiagramm  von 

Punica  granatum.    Nach 

A.  W.  Eichler. 


Angiospermae. 


547 


Sonneratia- Arten  sind  vielfach  die  am  weitesten  ins  Meer  vordringenden  Angehörigen  der 
Mangrovevegetation,  so  daß  ihre  Pneumatophoren  besondere  Höhe  erreichen  müssen 
(Fig.  186,  S.  143). 

Offizineil:  Caryophylli,  Oleum  Gary  ophy  Herum  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.)  yOTL  Jambosa  caryophylhis,  Folia  Eucalypti  (Pharm,  helv.)  von  Eucalyptus  Glo- 
buhis,  Oleum  Cajeputi  (Pharm,  austr.,  helv.)   von  Melaleuca  Leucadendron. 

Die  einzige  Gattung  der  7.  Familie  der  Piinicaceae'\%\.  Punica.  Punica granatiun,  ein 
aus  dem  Orient  stammendes  Bäumchen,  das  seiner  säuerlichen,  äußerst  erfrischenden  P'rüchte 
wegen  vielfach  im  Mittelmeergebiet  gezogen  wird  (Fig.  661),  bat  kleine  Blätter  und  ansehnliche 
Blüten  mit  steifem,  rotem  Kelch,  der  unbestimmt  viele  Krön-  und  zahlreiche  Staubblätter  um- 
schließt. 7—14  Fruchtblätter  sind  in  zwei  Stockwerken  angeordnet,  deren  oberes  der  vollen 
Kelchblattzahl,  das  untere  ihrer  Hälfte  entspricht  (Fig.  661  2,  662).  Die  Frucht  wird  von 
lederiger  Wand  umhüllt,  mit  zahllosen  Samen  in  den  Fächern  beider  Etagen.  Die  äußeren, 
fleischigen  Schichten   der  Samenschale   stellen  den  genießbaren  Teil  der  Frucht  dar. 

Offizinell:  Cortex  Granati  (Pharm,  germ.,  austr  ,  helv.),  Stamm-  oder  Wurzel - 
rinde  des  Bäumchens. 

6.  Ordnung.    UmbelMorae. 

Das  gemeinsame  Merkmal  der  in  dieser  Ordnung  vereinigten  Pflanzen 
sind  die  doldenförmigen  Blütenstände,  aus  zwittrigen,  strahligen  Einzelblüten, 
mit  nur  einem  Staubblattwirtel 
und  unterständigem,  zweifäclie- 
rigem,  aus  zwei  Fruchtblättern  ge- 
bildeten Fruchtknoten,  dessen  obere 
Diskusfläche  als  Nektarium  dient; 
jedes  Fach  enthält  eine  hängende 
Samenanlage. 

[Nach  den  neuesten  sero-diagnosti- 
schen  Untersuchungen  sollen  die  Um- 
bellifloren  den  Abschluß  des  Rosifloren- 
astes  bilden.  Morphologisch  wäre  ihre 
nächste  Verwandtschaft  unter  den  Rubia- 
ceen-Caprifoliaceen  zu  suchen.] 

1.  Familie  Cornaceae.  Cornus 
mos.  Die  Kornelkirsche  (Fig.  662) 
entwickelt  ihre  kleinen  Dolden  vierzäh - 
liger  gelber  Blüten  bereits  vor  Erscheinen 
der  einfachen  Blätter;  jede  Dolde  von 
vier  Hochblättern  gestützt.  Ihre  Stein- 
früchte von  säuerlich-herbem  Geschmack 
werden  besonders  in  den  Balkanländern 
vielfach  verwendet.  Nächstjährige  Blüten - 
stände,  schon  zur  Zeit  der  Fruchtreife  in 
den  Blattachseln  ausgebildet,  überdauern 
den  Winter  unter  dem  Schutze  ihrer  als 
Knospenschuppen  ausgebildeten  Hoch- 
blätter. C.  sangiiinea,  häufiger  Strauch. 
C.  siiecica,  nordische  Staude,  die  in  Nord- 
deutschland    ihre     Südgrenze     erreicht. 

Von    der   2.    Familie,    Araliaceae, 
Hedera  Helix {-),  in  Deutschland  heimisch. 


Fig.  662.    Cornus  mas.  »/a  "'it.  Gr.    /  Blühender, 

2  fruchttragender   Zweig.     3   Blüte   von'^oben. 

4  Blütenlängsschnitt.     3,  4  vergr. 


ist  nur  der  bekannte  wurzelkletternde  Efeu, 
Seine  elliptisch  zugespitzte  Blattform  tritt  erst 
an  den  orthotropen  Trieben  älterer  Pflanzen  auf,  welche  alsdann  auch  (im  Spätsommer 
oder  Herbst)  zur  Blüte  gelangen.  Die  jugendlichen  Blätter  der  kriechenden  oder  kletternden 
plagiotropen  Triebe  sind  gelappt  und  wenigstens  bei  wildwachsenden  Individuen  sehr  kurz 
gestielt.  Ein  fünfzipfeliger  Kelch  entspricht  den  fünf  Rippen  des  Fruchtknotens.  Die 
Krone  ist  von  grünlicher  Färbung;  ihr  großer  Diskus  auf  der  Fruchtknotenoberfläche  lockt 
reichlichen  Besuch  von  Fliegen  und  Bienen  herbei.  Die  Früchte  reifen  während  des 
Winters  oder  Frühjahrs  zu  blauschwarzen  Beeren;  die  Samen  werden  durch  Amseln  und 
andere  Vögel,  die  den  Früchten  eifrig  nachstellen,  verbreitet. 

3.5* 


548 


Karsten : 


Die  3.  Familie,  Unibelliferae,  ist  bei  weitem  die  umfangreichste  und 
^.Nichtigste  der  Ordnung.  Sie  enthält  ausschließlich  Kräuter  oder  Stauden 
von  bisweilen  mächtiger  Größe.  Der  Stengel  trägt  wechselständige  Blätter, 
welche  ihn  mit  ihren  oft  stark  entwickelten  Scheiden  völUg  umfassen;  er 
ist  in  massive  Knoten  und  hohle  Internodien  gegUedert  und  trägt  meist  reich 
zusammengesetzte,  nur  in  wenigen  Fällen  einfache  Blätter.  Seine  Inflores- 
zenzen sind  gipfelständige  Dolden  oder  häufiger  Doppeldolden  mit  Stütz- 
blättern, die  eine  „Hülle"  bzw.  „Hüllchen"  bilden;  die  Enddolden  werden 
vielfach  durch  nächst] üngere  Achselsprosse  übergipfelt.  Ihre  Einzelblüten 
sind  weiß,  grünlich  oder  gelb,  andere  Farben  sind  sehr  selten.     (Fig.  663.) 


Fig.  663.     Umbelliferae,   Diagramm   (Siler).     Nach 
F.   NOLL. 


Fig.    664.       Umbelliferenfrüchte    im    Querschnitt.  Fig.  665.     Carum  Carvi.     i/^  nat.  Gr. 

/  Foeniculum  capillaceum.     2  Pimpinella  Anisum.  Fruchtstand,    Einzelblüte    und    Teil- 

3  Conium  maculatum.  4  Coriandrum  sativum.  fruchte  am  Karpophor.  Vergr.  — 
{4    mit   Benutzung    einer    Figur   von    0.    Deude.)  Offizineil. 

Vergr.  —  Offizinell. 

K5  (meist  nur  in  Form  kurzer  Spitzen),  G5,  A5,  G(2).  Die  Samenanlage 
hängt  an  der  medianen  Scheidewand  (Fugenfläche)  herab  und  kehrt  ihre  Mikro- 
pyle  aufwärts  und  auswärts.  Die  Scheitelfläche  der  Fruchtblätter  wird  von 
einem  geschwollenen  Diskus,  dem  Nektariumpolster,  eingenommen,  das  in 
den  Griffeln  mit  kugeligen  Narben  endet.  Durch  Trennung  in  der  Fugen- 
fläche zerfällt  die  Spaltfrucht  in  zwei  Teilfrüchtchen,  die  in  vielen  Fällen 
nach  ihrer  Trennung  noch  eine  Zeitlang  von  dem  in  der  Mittellinie  der  Scheide- 
wand befindlichen,  aus  mechanisch  wirksamem  Gewebe  bestehenden  Karpo- 
phor, dem  Fruchtträger,  festgehalten  werden.  Hauptverbreitungsgebiete  der 
UmbelUferen  sind  das  westasiatische  Steppengebiet,  das  mittlere  Nordamerika, 
Chile  und  Australien. 

Für  die  systematische  Unterscheidung  sind   vor  allem   die  Früchte  von  Bedeutung. 
Jede  Teilfrucht  ist   mit   fünf  Rippen  ausgestattet,   welche   die  Leitbündel  führen.     An 


Angiospermae. 


549 


der  Fugenfläche  liegen  die  Rand  ri  pp  en  der  beiden  Teilfrüchte,  die  häufig  von  den 
übrigen  drei  Rücke nrippen  verschieden  sind.  Zwischen  den  fünf  Hauptrippen  finden 
sich  bisweilen  noch  vier  Nebenrippen  (Coriandrum).  In  der  Regel  folgt  jedoch  ein 
Tälchen  auf  eine  Rippe,  und  in  jedem  Tälchen  verläuft  ein  großer,  die  Frucht  der 
Länge  nach  durchziehender,  als  Ölstrieme  bezeichneter  Sekretgang.  Die  Fugenfläche 
führt  beiderseits  des  Karpophors  je  eine  Ölstrieme,  so  daß  sechs  davon  jeder  Teilfrucht 
zukommen  (Fig.  664,  /).  Daneben  finden  sich  bei  einzelnen  Formen  noch  anderweitige 
Sekretbehälter  (Fig.  664,  2,  3).  Verschiedene  Querschnittsform  der  Früchte,  je  nachdem 
der  quer  zur  Fugenfläche  genommene  oder  der  in  ihr  liegende  Durchmesser  größer  ist, 
Form  von  Rand-  und  Rückenrippen,  Fehlen  oder  Vorhandensein  von  Ölstriemen  oder 
Nebenrippen  ermöglichen  eine 
gute  und  sichere  Erkennung 
der  Früchte;  diese  sind  für  die 
Bestimmung  der  Arten  unent- 
behrlich. Da  zahh-eiche  Umbelli- 
ferenfrüchte  als  Arzneimittel 
und  Gifte,  andere  als  Gewürze 
usw.  benutzt  werden,  ist  ihre 
Unterscheidung  von  erheblicher 
Bedeutung.  Das  Endosperm 
der  Umbelliferensamen  hat  fet- 
tes Öl  als  Reservestoff  ge- 
speichert. 

Bei  Pimpinella,  Biber- 
neil, und  den  folgenden  Gat- 
tungen ist  das  Endosperm  an 
der  Fugenseite  flach  oder 
schwach  konvex  (Fig.  664,  /,  2). 
Pimpinella  Anisum,  der  ein- 
jährige Anis.  Carum  Carvi, 
Kümmel,  eine  alte  Kultur- 
pflanze (Fig.  665),  deren  Blätter 
doppelt  gefiedert -fiederspaltig 
sind,  mit  nebenblattartigen 
untersten  Fiederchen;  die  fol- 
genden größeren  werden  an  der 
vertikal  aufsteigenden  Haupt- 
spindel horizontal  gestellt.  Die 
letzten  Fiederchen  endlich  sind 
einfach  lineal.  Jede  gipfel- 
siändige,  erstblühende  Dolde 
wird  von  den  aus  oberen  Blatt- 
achseln entwickelten  seitlichen 
ül)ergipfelt.  Die  Pflanze  ist 
zweijährig.  Foeniculum,  Fen- 
chel, Pastinaca,  Pastinak  und 
Levisticum,  Liebstöckl,  blühen 
gelb ;  Petroselinum,  Petersilie, 
Daticus,   Möhre    oder    Karotte, 

Apium,  Sellerie,  Anethiun,  Dill,  sind  Gemüsepflanzen.  Die  Wasser-  oder  Sumpfpflanzen: 
Cicuta,  Wasserschierling  (Fig.  666),  Sium,  Merk,  Oenanthe,  Pferdekümmel,  Berula,  Berle, 
ebenso  die  sog.  Hundspetersilie  Aethusa  Cynapium  (Fig.  667),  ein  Gartenunkraut  mit  ge- 
kielten Fruchtrippen  und  drei  langlinealen  außenwendigen  Hüllblättchen  am  Döldchen. 
sind  sämtlich  giftig.  Archongelica  ofßcinalis,  Engelswurz,  eine  bis  etwa  2  m  hohe  statt- 
liche Pflanze,  hat  doppelt  gefiederte  große  Blätter  mit  sackförmigen  Scheiden;  ihre  grün- 
lichen Blüten  sind  auffallend  stark  protandrisch;  die  Pflanze  dient  im  hohen  Norden  als 
Nahrungsmittel. 

Bei   Scandix  und   Anthrisais,   dem    Kerbel,  sind  die  Früchte  geschnäbelt,   und   die 
Fugenseite  des  Endosperms  wird,  wie  bei  den  folgenden  Gattungen,  von  einer  Längsrinne 


Fig.  666. 


Cicuta  virosa.     Vo   nat. 
schnitt.     Frucht  vergr.  - 


Gr.     Rhizom-Längs- 
Giftig. 


550 


Karsten : 


durchzogen.  Chaerophyllum,  Kälberkropf.  Conium  maculatum  (Fig.  668),  der  Schierling, 
ist  eine  häufige  zweijährige  Pflanze,  oft  von  stattlicher  Höhe.  Diese  bekannte  Giftpflanze 
ist  völlig  unbehaart,  die  roten  Flecken  am  Stengel  wie  den  Blattstielen  rechtfertigen  den 
Artnamen.  Die  mattgrünen  Blätter  sind  doppelt  bis  dreifach  gefiedert-fiederteiiig,  und 
ihre  äußersten  Spitzen  laufen  stets  in  einen  farblosen  stachelartigen  Fortsatz  aus.  Diese 
Blattform  und  die  wellig  gekerbten  Längsrippen  des  der  Ölstriemen  in  den  Tälchen  ent- 
behrenden Fruchtknotens  sind  neben  dem  eigenartigen  unangenehmen  Geruch  die  Haupt- 
kennzeichen der  Pflanze  (Fig.  664,  j). 

Bei  Coriatidrum  sattvtitn  ist  die  Fugenseite  des  Endosperms  ausgehöhlt  (Fig.  664,  4). 
Der  einjährige  Koriander  hat  durch  starke  Verlängerung  der  nach  außen  gekehrten  Kron- 
blätter dorsiventrale  Blüten.  Durch  feste  Verwachsung  der  an  der  Fugenseite  tief  aus- 
gehöhlten zwei  Teilfrüchte  wird  die  Gesamtfrucht  kugelig  mit  geschlängelten,  kaum  vor- 
tretenden  Hauptrippen   und   dazwischen   etwas   schärfer  markierten  geraden  Nebenrippen 


Fig.  667.    Aethusa  Cynapiur 


Vg  nat.  Gr.     B  Einzeldolde.    C  Frucht.     Vergr.  —  Giftig. 


Offizinell:  Archatigelica  officinalis  liefert  Rad.  Angelicae  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.).  —  Levisticum  ofßcinale:  Rad.  Levistici  (Pharm,  germ.,  helv.),  Pimpitiella 
magna  und  P.  Saxifraga:  Rad.  Pimpinellae  (ibid.).  — Imperatoria  Ostr^ithiitm :  Rhi- 
zoma  Imperatoriae  (Pharm,  helv.).  —  Pimpinel/a  Anistim :  Fructus  Anisi,  Oleum 
Anisi  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Foeniculum  capillaceum:  Fruct.  Foeniculi 
(ibid.).  Carnm  Carvi:  Fruct.  Garvi  (ibid.).  —  Coriandrtim  sativum:  Fruct.  Cori- 
andri  (Pharm,  austr.).  —  Petroselinufn  sativum:  Fruct.  Petroselini  (Pharm,  helv) 
und  Rad.  Petroselini  (Pharm,  austr.).  —  Conium  maculatum:  Herba  Conii  (Pharm, 
germ.,  austr.),  Fructus  Conii  (Pharm,  helv.).  —  Dorema  Ammoniacum  (Persien): 
Ammoniacum  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Ferula  galbaniflua  und  andere  Arten 
(Persien):  Galbanum  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Fettda  Narthex  (Tibet)  und  F. 
Asa  foetida  (Persien):  Asa  foetida  (ibid.). 


Angiospermae. 


551 


Fig.  668.     Coniiim  raaculatum.     V2  "at.  Gr.  —  Offizineil  und  giftig. 


7.  Ordnung.    Centrospermae. 

Pflanzen  meist  mit  Zwitterblüten  von  dem  fünfzähligen  Dikotylentypus. 

An  die  Polycarpicae,  und  zwar  die  Berberidaceae,  sollen  nach  den  sero- 
diagnostischen Untersuchungen  die  Centrospermae  anschließen,  denen  nach 
ihrer  zentralen  Placenta  auch  die  Primulinae  angehören  würden.  Während 
ich  die  hierher  zugewiesenen  Lentibulariaceae  am  alten  Platze  bei  den  Scro- 
phulariaceae  belasse,  weise  ich  den  Cactaceae  die  ihnen  von  jeher  angewiesene 
Stelle  neben  den  Aizoaceae  zu,  da  ihr  Hinaufrücken  fast  bis  an  den  Sympetalen- 
ast kaum  morphologisch  zu  rechtfertigen  ist. 

1.  Fa,m\\ie  Aizoaceüe.  Gsittung  Mesejnbryanthemuni.  Perenierende,. meist 
krautige,  stark  xerophile  und  blattsukkulente  Pflanzen  Südafrikas.  Die  herma- 
phroditen  Blüten  haben  eine  vielblättrige,  aus  Staubblättern  umgebildete 
Krone,  zahlreiche  Staubblätter  und  2— 00  Fruchtblätter,  die  hygroskopische 
Kapselfrüchte  liefern.  Die  Gattung  enthält  stoinähnliche  ,,Mimicry"-Arten 
wie  M.  truncaiellum,  pseudotruncatellum,  Bolusii  und  calcareum{^^). 

2.  Familie  Cactaceae.  Diese  auf  Amerika  beschränkte  Familie  umfaßt  blattlose 
Stammsukkulenten  von  sehr  geringen  bis  zu  gewaltigen  Dimensionen,  deren  Zwitterblüten 
strahlig,  seltener  dorsiventral  sind  mit  vielzählig  spiraligem,  langsam  von  Kelch    in  Krone 


552 


Karsten : 


übergehendem  Perianth  und  vermehrtem  Andröceum  und  Gynäceum.  Der  unterständige 
Fruchtknoten  ist  einfächerig  und  enthält  zahlreiche  wandständige  Plazenten  mit  lang- 
gestielten Samenanlagen.  Die  Früchte  werden  zu  Beeren,  deren  Fleisch  wesentlich  aus 
diesen  Samenstielen  hervorgeht. 


Piperaceae 

Casuannaceae 
Fagaceae 

Betuiaceae 

Gannabinaceae 


Santalaceae 


Myrica 
ceae 

Juglanda- 
^     ceae 


BalanopsJdaceae 


olygonaceae 
MoraceaeX'        Garryageae  ^'--^Plumbaginaceae?. 


barryacc 


Lentibuiariaceae 
Proteaceae  JMyrsinaceae 

TheoDhrastaceae\|/^ 

Primulaceae 

Resedaceae 


lllmarpaß       /        Ghen  opodiaceag^''-,,,,^   Aizoa 
Uimaceae       /  Amarantaceae^-^ceae 

Urticaceae  /salicaceae      Pq.,.  .  ^^ 

/  ""^ccacea-^   Nyctagin^ 

*  Parunnhullaroac.-*^        f  0636  cjo;o, 


Lardizabaiaceae 


„  ,         .  Garyophyliaceae-i^      i  r- 

ßalanophoraceae  '  "^  '  i  vS?',«!''' Berberidaceac 

Basellaceae     j^  ^ 


Ranunculaceae:: 


Stammbaum   des   Astes   der   Centrospermen   und    der  anschließenden   Familien   nach   den 
sero-diagnostischen   Untersuchungen  von  F.  Malligson. 


Nur  Peireskia  und  einzelne  Opimtia-Kxien  haben  noch  Blätter,  andere  Opuntien  nur 
flache    Sproßglieder   (Fig.  195).     Ccre7is  (Fig.  199),  Echinocactus  u.  a.  haben  Längsrippen, 

Majjiillarta  freie  Höcker  (Mamillen) ;  die  zahl- 


Lr^K 


Fig.  669.  Cereus  geometrizans.  Zwei  Rippen 

eines  fünfrippigen  Stammes  mit  Blüten  und 

Früchten.    ^4  ^i^t.  Gr. 


reichen  Dornbüschel  auf  den  Gliedersprossen, 
den  Rippen  oder  den  einzelnen  Mamillen  ent- 
sprechen je  einem  Achselsproß,  dessen  Trag- 
blatt verkümmert  ist,  während  die  Blattanlagen 
der  verbreiterten  Sproßachse  in  Dornen  um- 
gebildet werden  (Fig.  669). 

Cactaceae  bilden  einen  Hauptbestand- 
teil der  Vegetation  im  regenarmen  Südwesten 
der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika, 
Mexiko  und  den  Anden  Südamerikas.  Ihre 
eigenartige  Gestaltung  kehrt  bei  Euphorbia- 
ceen  und  Asclepiadaceen  unter  ähnlichen 
klimatischen  Bedingungen  wieder  (vgl.  S.  149). 
(Konvergenzerscheinung.)  Die  Gattungen  Rhip- 
salis,  Epiphyllum  und  Phyllocactus  enthalten 
zahlreiche  epiphytische  Formen.  Im  Mittel- 
meergebiet verwildert:  Opimtia  Ficus  indica, 
deren  Früchte  genießbar  sind,  wie  auch  zahl- 
reiche andere  Arten  der  Familie  in  ihrer 
Heimat  als  Obstbäume  geschätzt  werden.  Einige 
Cactaceae,  wie  Anhalonium  u.  a.,  führen  stark 
giftige  Alkaloide  und  Saponine.  Opjtntia  und 
A^opalea-kvien  {Nopalea  coccinelUfera)  dienen 
zur  Kultur  der  Cochenille-Schildlaus,  die  den 
Karminfarbstoff  liefert. 

3.  Familie  Caiyophyllaceae. 
Hierher    gehören     Kräuter    mit    ein- 


Angiospermae. 


553 


fachen,  lineal-länglichen,  in  der  Regel  gegenständigen  Blättern  und  ponta- 
zyklisclien  fimfzähllgon  Blüten  mit  Kelch  und  Krone;  die  Andröceumkrcise 
sind  obdiplostemon,  und  der  einfächerige  Fruchtknoten  ist  oft  unvollständig 
gefächert.  K5,  C5,  A5  +5,  G(5)  (Fig.  671).  Die  Kapselfrüchtc  bergen  zahl- 
reiche Samen,  die  einen  um  das  mehlige 
^'v        ^    ^  Perisperm  herumliegenden  gekrümmten 

'  '  Embryo  enthalten. 

0  Cerastmm-   und  Siellarm- Arten  gehören 

zu  dem  Frühjahrsschmuck  unserer  Fluren  und 
Wälder  mit  iliren  zierlichen  weißen  Blüten  und 
gespaltenen  Kronblättern.  Dianthns-kvi&n,  Nel- 
ken, sind  an  Wegrändern,  sonnigen  Hügeln,  im 
"^       (^\  r^^M  Mittel-  und  Hochgebirge  durch  ihre  leuchtenden 

^ '^-J/X  I^^^^  Farben  oder  ihren  Geruch  auffallend.  Als  Acker- 

unkraut ist  die  filzig-behaarte  Kornrade,  Agro- 


Fig.  670.     Saponaria  officinalis.    7-  ^i^*' 
Gr.  -  Giftig. 


Fig.    671.      Diagramme    von    Caryophyllaceen. 
A  Viscaria,  Scheidewände  im  unteren  Teile  des 
Fruchtknotens    vorhanden.     B  Silene,  Scheide- 
wände fehlen.     Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  672.  AgrostemmaGithago.  Blühender 
Zweig   und    Frucht.      '/,   nat.   Größe.  — 
-    Giftig.- 


554 


Karsten : 


stemma  Githago  (Fig.  672),  mit  blauroten  Blüten  häufig,  ihre  Samen  sind  giftig.  Sapo- 
naria  offidnalis,  ein  meterhohes  Kraut  mit  gegenständigen  breiten  Blättern,  ist  saponin- 
haltig  und  darum  giftig  (Fig.  670). 

Offizinell:  Herba  Herniariae  (Pharm,  austr.)  von  Herniaria  glabra  und 
H.  hirsuta. 

4.  Familie  Chenopodiaceae  enthält  Kräuter  mit  wechselständigen 
Blättern  und  typisch  fünfzähligen  Blüten  mit  einem  Perigon-  und  Andrö- 
ceumkreis:  P5,  A5,  G(2— 5).  Die  Staubblätter  stehen  vor  den  Perianth- 
blättern,  Reduktionen  zu  eingeschlechtigen  Blüten  sind  nicht  selten.  Eine 
grundständige,  kampylotrope  Samenanlage  ist  im  einfächerigen  Fruchtknoten 
enthalten,  der  zu  einer  Nuß  wird.  Der  Samen  birgt  einen  gekrümmten  Embryo, 
der  das  mehlige  Perisperm  rings  umlagert. 


Fig.  674.  Anagallis  arvensis. 
^/j   nat.    Gr.      Längsdurch- 
schnittene Blüte   und    auf- 
gesprungene Kapsel. 
Vergr.  —  Giftig. 


Fig.  675.  Cj'clamen  europaeum.  Verkl.  A  Blühende 
Pflanze.  B  Frucht  mit  sich  schraubig  in  die  Erde  einrollen- 
dem   Fruchtstiel.     Nach   H.   G.   Reichenbach.    —   Giftig. 


Chenopodiaceen  sind  vielfach  Bewohner  des  Meeresstrandes  und  überhaupt  auf  salz- 
haltigem Boden  verbreitet,  so  in  den  großen  asiatischen  Salzsteppen  und  Wüsten.  Sah- 
cornia  am  Meeresstrande  und  sonst  auf  Salzboden  (vgl.  S.  147).  —  Neben  dem  als  Ge- 
müsepflanze zu  erwähnenden  Spinat  {Spinacm  oleracea  Winter-,  Sp.  globra  Sommerspinat) 
ist  vor  allem  die  Zuckerrübe,  Beta  -vtilgaris  var.  Rapa,  von  Wichtigkeit.  Sie  liefert 
den  offizinellen  Zucker  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  Die  Pflanze  ist  zweijährig.  Im 
ersten  Jahre  bildet  sie  eine  dick    anschwellende,    fleischige  Wurzel,    die    von    der  Knospe 


Angiospermae. 


555 


und  einer  Anzahl  saftiger,  dickstieliger,  ganzrandiger,  oft  etwas  gekrauster  Blätter  gekrönt 
wird.  Aus  dieser  Blattrosette  treibt  im  zweiten  Jahre  ein  reich  verzweigter  rispenförmiger 
Blütenstand  hervor,  mit  unscheinbaren,  grünlichen  Einzelblüten  reich  besetzt,  deren  P'rucht- 
knoten  dreikarpellig  ist.  Am  Schluß  des  ersten  Jahres  geerntet,  liefert  die  Wurzel  Rohr- 
zucker, welcher  die  gespeicherte  Reservenahrung  darstellt.  Durch  stete  Zuchtwahl  ist 
der  Zuckergehalt  von  7—8%  auf  etwa  15%  durchschnittlich  gebracht,  steigt  jedoch  bis 
21%,  ja2fi%.  Die  Stammpflanze  der  Zuckerrübe  ist  Beta  patula.  Chenopodmm  und 
Atriplex  sind  häufige  Unkräuter  in  der  Nähe  menschlicher  Wohnungen.  Von  Che7iopodium 
amhrosioides  stammt  die  offizinelle  Herba  Chenopodii  (Pharm,  austr.). 

8.  Ordnung.    Primulinae. 

Familie  Agy  Pn'imilaceen.  Das  Diagramm  (Fig.  673)  zeigt  nur  einen  Staubblattkreis,  der 
aber  nicht  alterniert,  sondern  vor  den  Sympetalen  Kronblättern  steht.  Die  zentrale  Placenta  ist 
charakteristisch.  Die  Gattung  Primula  ist  weit  verbreitet;  einheimisch  sind  zahlreiche  Arten, 
die  mit  dem  der  Familie  eigenen  einfächerigen  oberständigen  Fruchtknoten  und  einfachem 
Griffel  ausgerüstet  sind.  Primula  besitzt  sehr  ausgeprägte  dimorphe  Heterostylie  (Fig.  .545). 
Anagaliis  mit  seiner  Deckelkapsel  (Fig.  674)  und  Cyclamen  (Fig.  675)  sind  bekannte 
Primulaceen-G^?i.\Xwx\g'&,Vi.  Die  frischen  Knollen  von  Cyclamen,  das  Kraut  \or\  Anagallis  wxxA  die 
Drüsenhaare  verschiedener  Primula- krien  [Pr.  obconica,  Corthtisa  Mathioli  Q^)\  sind  giftig. 

9.  Ordnung.    Polygoninae. 

Die  einzige  Familie,  Polygonaceae,  enthält  meist  perennierende  Kräuter  mit  hohlen, 
knotig  gegliederten  Stengeln  und  einfachen  wechselständigen  Blättern.  Ihre  häutigen  Neben- 
blätter sind  zu  einer  die  Stammknospe  überziehenden  Tüte,  Ochrea,  verwachsen  die  vom 
Stamme  durchbrochen  wird  und  als  röhrenartiges  Organ  an  der  Internodiumbasis  erhalten 
bleibt  (Fig.  676).    Die  Familie  ist  vorwiegend  in  der  nördlichen  gemäßigten  Zone  heimisch. 

Gattungen:    Die  Gattung  Rheum,  Rhabarber,    stammt    aus  Ostasien  und  trägt 
mächtige,    grundständige,    einfache,    bandförmig    geäderte   Blätter    und    aufstrebende,    sehr 
große,    rispige  Blütenstände.     Die 
Einzelblüten    besitzen    zwei  Peri- 
gonkreise  von  gleichartiger  Ausbil-  ''^ft^ 

düng,  zwei  Staubblattkreise,  deren 
äußerer  durch  Spaltung  verdoppelt 


Fig.  676.      Blatt    von   Polygonum 

amplexicaule   mit   der   Ochrea   st. 

Ve  nat.  Gr. 


Fig.  677.      Rheum    officinale.      A    Blüte.      B  Blüten- 
längsschnitt.     C   Gynäceum    mit    Diskus.      D    Rheum 
compactum,  Frucht.     Vergr.     Nach  Lürssen. 


556 


Karsten: 


ist,  also  P3  +  3)  A6-|-3,  G  (3).  —  Große  drüsige  Diskusschuppen  deuten  auf  Insekten- 
besuch hin.  Der  dreikantige  Fruchtknoten  ist  in  der  Reife  dreiflügelig  (Fig.  677  D). 
Rheum-Arten  werden  vielfach  als  Zierpflanzen,  mehr  noch  als  Gemüse  gebaut.  Rumex 
acetosa,  Sauerampfer,  einheimische  Gemüsepflanze  mit  spießförmigen  Blättern.  Ihr 
Blütenbau  gleicht  demjenigen  von  Rheiim.  doch  fehlt  der  innere  Staubblattkreis.  Polygonum- 
Arten  mit  gefärbtem,  fünfblätterigem  Perigon  und  wechselnder  Zahl  im  Andröceum;  Fago- 
pyrum  esculenUivi  liefert  in  seinen  dreikantigen  Früchten  Buchweizen  (Fig.  585.5). 

Offizineil:  Rhizoma  Rhei  von  Rheum  officinale,  Rh.  palmatum  und  wohl 
noch  anderen  Arten.  (Pharm,  germ.,  aust.,  helv.)  Herba  Polygoni  von  Polygonum  aviculare 
(Pharm,  austr.). 

10.  Ordnung.    Loranthiflorae. 

1.  Familie  Santalaceae.  Grüne,  im  Boden  wurzelnde  Halbparasiten,  die  den 
Wurzeln  anderer  Pflanzen  durch  Haustorien  Nährstoffe  entziehen.  Theshim-kxien  ein- 
heimisch. Offizin  eil: 
Oleum  Santali  (Pharm, 
germ.,  austr.,  helv.)  aus 
dem  Holze  von  Santalum 
albutn,  das  für  Kunst- 
tischlerei geschätzt  ist. 
2.  Familie  Lorantbaceae. 
Auf  Baumästen  lebende, 
belaubte,  halbparasitische 
Sträucher,  die  besonders 
in  den  Tropen  häufig  sind 
und  z.  B.  im  tropischen 
Amerika  durch  die  Farben- 
pracht ihrer  Blüten  zu 
Zeiten  auffallen.  Ein- 
heimisch: Der  seltene 
Loranthus  europaeus  lebt 
auf  Eichen;  Visctttn  album 
(Fig.  678),  die  Mistel, 
ein  häufiger  immergrüner 
Halbparasit  auf  den  ver- 
schiedenstenBäumen,  trägt 
gegenständige,  am  Ende 
verbreiterte,  ganzrandige 
Blätter  am  knotig  geglie- 
derten Stamm.  Die  weißen 
Beerenfrüchte  werden  von 
Vögeln  verbreitet.  Aus 
den  Samen  treibt  ein  der 
Wurzelhaube  entbehrender  „Senker"  durch  die  Rinde  bis  ans  Holz,  in  das  er  nicht  ein- 
dringen kann.  Sein  Scheitel  wird  vom  Jahreszuwachs  des  Holzes  umwallt;  die  dem 
jeweiligen  Kambium  des  Wirtes  entsprechende  Region  vermittelt  weiteren  Zuwachs. 


Fig.  678.    Viscum  album.    ^2  "^t*  Gfr.    Mit  Blüten  und  Früchten. 


11.  Ordnung.    Juglandiflorae. 

Die  Familie  Juglandaceae  enthält  stattliche,  monözische  Bäume  der  nördlichen 
Hemisphäre  mit  unpaarig  gefiederten,  aromatischen  Blättern  in  wechselständiger  Anordnung 
ohne  Nebenblätter  und  mit  stark  reduzierten  Blüten. 

Der  Walnußbaum , /w^/öwi  regia  (Fig.  679),  ist  in  Westasien  und  im  östlichen 
Mittelmeergebiet  einheimisch  und  wird  jetzt  in  ganz  Europa  viel  kultiviert.  Im  Frühjahr 
strecken  sich  aus  vorjährigen  Achselknospen  lang  herabhängende,  dicke  (^  Kätzchen  hervor, 
deren  Achse  mit  zahlreichen  Einzelblüten  bedeckt  ist.  Jede  besteht  aus  8—5  Perianth- 
blättern,  welche  mit  zwei  Vorblättern  zusammen  dem  Deckblatt  angewachsen  sind  und 
zahlreiche  Staubblätter  umhüllen.  Sie  sind  gegen  die  Infloreszenzspitze  gekehrt.  Weib- 
liche Blüten  stehen   in  geringer  Zahl  am  Gipfel   der  jungen  Sprosse.     Ihre   zwei   Frucht- 


Angiospermae. 


557 


blätter  enden  in  großen,  federigen,  auseinanderspreizenden  Narben,  und  das  Perigon  ist 
ebenfalls  mit  Deckblatt  und  Vorblättern  verwachsen.  Der  unterständige,  einfächerige 
Fruchtknoten  entwickelt  seine  grundständige  atrope  Samenanlage  zur  Steinfrucht.  In  der 
Fruchtschale  liegt  ein  von  dünner  Samenschale  umschlossener  Embryo  mit  großen,  ölreichen 


Fig.  679.    Juglans    regia.    7,  nat.  Gr.    /  Zweig  mit  jungem  Laub,  männlichen  Kätzchen  und 

weiblichen  Blüten  am  Gipfel.  2  Männliche,  3  weibliche  Einzelblüte.    4  Frucht,  deren  äußere 

Schale  zum  Teil  entfernt  ist.   —  Offizinel 

Kotyledonen,  die  durch  unvollkommene,  falsche  Scheidewände  mannigfach  gelappt  sind; 
ein  Endosperm  fehlt.  Auch  andere  Juglans-  und  Carya-krien  liefern  eßbare  Samen  und 
geschätztes  Nutzholz. 

Offizineil:  Folia  Juglandis  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  y  on  ßiglans  regia. 


12.  Ordnung.    Piperinae. 

Einzige  Familie  Piperaceae.  Wichtig  ist  die  Gattung  Piper  mit  dreizähligen, 
meist  aber  reduzierten  Blüten,  einfächerigem  Fruchtknoten,  der  eine  Steinfrucht  mit 
Perisperm  ergibt,  welches  den  von  spärlichem  Endosperm  umhüllten  Embryo  einschließt. 
Zerstreute  Leitbündel  auf  dem  Stammquerschnitt  erinnern  an  die  Monokotylen,  doch  ist 
Dickenwachstum  vorhanden.  Die  Stammpflanze  des  Pfeffers  Piper  nigrnm,  ist  ein  im 
malayischen  Gebiete  heimischer,  jetzt  überall  in  den  Tropen  angebauter  Wurzelkletterer 
(Fig.  680).  Seine  unreifen  Früchte  geben  den  schwarzen  Pfeffer,  nach  der  Reife 
und  Entfernung  der  fleischigen  äußeren  Fruchtschale  den  weißen  Pfeffer. 


558 


Karsten : 


Of  f  iz  inel  l: 
Cubebae(Pharm.genn., 
austr. ,  helv.),  Früchte 
von  Piper  Ctibeba  (Fig. 
681),  durch  stielartigen 
Fortsatz  der  Fruchtbasis 
vom  schwarzen  Pfeffer 
unterschieden.  Fructus 
piperis  nigri  (Pharm, 
austr.),  Früchte  von  P. 
nigrum. 


Piper  nigrura.     •/.,  nat.  Gr 


Fig.  681.  Piper  Cubeba.  a  Fruchtstand,  nat. 
Gr.,  ö  männliche  Blüte,  vergr.,  c  weibliche  Blüte, 
Längsschnitt,  vergr.,  d  Frucht.  Längsschnitt, 
vergr.  Nach  Berg  und  Schmidt.  Offizin  eil. 


13.  Ordnung.    Querciflorae(24). 

Diese  Ordnung  umfaßt  unsere  wichtigsten  Laubbäume,  deren  ungeteilte 
Blätter  hinfällige  Nebenblätter  besitzen.  Die  Blüten  sind  sehr  stark  reduziert, 
stets  monözisch  verteilt  und  stehen  in  Kätzchen  oder  Köpfchen.  Der  Frucht- 
knoten ist  unterständig  mit  hängenden  Samenanlagen,  welche  einsamige, 
endospermlose  Nüsse  bringen. 

1.  Familie  ßetulaceae.  Die  männlichen  Blüten  sind  der  Deckschuppe  angewachsen. 
Der  zweifächerige  Fruchtknoten  hat  zwei  lange  Narben  und  eine  hängende  anatrope 
Samenanlage  in  jedem  Fache.  Die  Pflanzen  sind  vorzugsweise  auf  der  Nordhemisphäre 
verbreitet. 

Wichtige  deutsche  Gattungen:  Almts  glntinosa,  unsere  Schwarzerle, 
ist  ein  stattlicher  Baum  feuchter  Wälder,  er  wächst  auch  an  Sümpfen  und  P'lußufern  der 
Ebene.  Seine  Blütenstände  erscheinen  bereits  im  Herbste  des  Vorjahres  als  gestielte 
Kätzchen;  die  männlichen  hängen  lang  herab,  die  kurzen  weiblichen  sind  aufgerichtet. 
Männliche  Blüten  P4,  A4  stehen  in  dreizähligen  Dichasien  (Fig.  538,  682).  Weibliche 
sind  in  Zweizahl  vorhanden;  ihr  Deckblättchen  verwächst  mit  den  vier  Vorblättern  zu  einer 
dauernden,  holzigen,  fünflappigen  Schuppe  des  Zäpfchens.  Almis  incana  ist  durch  unter- 
seits  graufilzige  Blätter  verschieden.  BeUda  verrucosa  (Fig.  683),  unsere  weißrindige 
Birke,  trägt  langgestielte  dreieckige  Blätter;  auf  allen  jugendlichen  Teilen  stehen  zahl- 
reiche Drüsenhaare,  denen  der  harzig-aromatische  Geruch  entströmt.  Männliche  Blüten- 
stände werden  einzeln  oder  zu  wenigen  im  Herbst  des  Vorjahres  am  Gipfel  von  Lang- 
trieben gebildet.  Die  Blüten  (P2,  A2  in  dreizähligen  Dichasien)  haben  tief  zweispaltige 
Antheren  (Fig.  683  5,  4).    Weibliche  Infloreszenzen  stehen  einzeln  am  Gipfel  kleiner  dies- 


Angiospermae. 


559 


jähriger  Kurztriebe,  ihre  Blüten 
zeigen  dreizählige  Dichasien  unter 
jeder  der  dreilappigen,  aus  Deck- 
blättchen und  den  beiden  Vor- 
blättern verwachsenen  Schuppen. 
Der  Fruchtstand  hängt;  nach  dem 
Ausfallen  der  geflügelten  Früchte 
zerfällt  der  Zapfen  durch  Ab- 
lösung der  Schuppen.  —  Carpinus 
Betulus.  Hainbuche,  Weiß- 
buche (Fig.  684).    Ein  wichtiger 


Fig.  ö82.     Alnuö  glutinosa, 
o-ramme  der  männlichen  und  weib- 
lichen Blüten  (nach  A.  W.  EiCH- 
LER^.  Deckblatt  *,  die  zugehörigen 
Vorblätter  a  ß,  a   ß  . 


Dia-  Fig.  683.  Betula  verrucosa,  i  Blütenzweig,  männliche 
Infloreszenzen  gipfelständig,  weibliche  an  kleineren 
Seitenzweigen.  2  Dichasium  aus  drei  weiblichen 
Blüten.  3  Männliche  Einzelblüte.  4  Ein  Staubblatt. 
5  Ein  Fruchtsproß.  6  Frucht,  i  und  5  ^/^  nat.  Gr., 
2—4  und  6  vergr.  —  Offizinell. 


Waldbaum.  Seine  In- 
floreszenzen erscheinen 
erst  im  Frühjahre,  die 
männlichen  aus  vor- 
jährigen Achselknospen 
ohne  Blätter  oder  von 
nur  wenigen  begleitet, 
weibliche  aber  meist 
gipfelständig.  Die  Deck- 
blättchen der  männlichen 
Kätzchen  tragen  4 — 10 
bis  zum  Grunde  gespal- 
tene Staubblätter,  aber 
ohne     Vorblätter     oder 


Fig.  684.  Carpinus  Betu- 
lus. /  Blühender  Zweig, 
männliche  Kätzchen  aus 
vorjährigen  Knospen, 
weibliche  am  jungen 
neuen  Jahrestriebe.  2 
Fruchtstand.  3  Männ- 
liche Einzelblüte.  4  Ein 
Staubblatt.  5  Deckblatt 
mit  zwei  weiblichen 
Blüten.  6  Weibliche 
Einzelblüte  (nach  Büs- 
gen).  7  Frucht.  /,  2,  7 
-/g  nat.  Gr.,  3 — 6  vergr. 


560 


Karsten : 


Perigon.  Weibliche  Blüten  stehen  in  Zweizahl  unter  jedem  Deckblatt,  jede  von  besonderem 
Deckblättchen  und  zwei  Yorblättern  begleitet.  Diese  drei  verwachsen  zu  der  dreilappigen 
Hülle,  welche  als  Flugorgan  der  Verbreitung  dient.  —  Corylus  Avellana,  der  stattliche  Hasel  - 
Strauch  unserer  Wälder,  entwickelt  seine  Infloreszenzen  bereits  im  Vorjahre;  männliche 
Kätzchen  hängen  während  des  Winters  nackt  herab;  die  weiblichen  bleiben  von  den 
Knospenschuppen  umhüllt  und  strecken  nur  zur  Zeit  der  Blüte  ihre  langen  roten  Narben 
zwischen  jenen  hindurch  ins 
Freie.  Den  männlichen  Deck- 
blättchen ist  nur  eine  peri- 
anthlose,  doch  mit  zwei  Vor- 
blättern versehene  Blüte  mit 
vier  bis  zum  Grunde  gespal- 
tenen Antheren  angewachsen. 
In  den  weiblichen,  sehr  ge- 
stauchten Kätzchen  findet  sich 
ebenso  wie  bei  Carpinus  ein 
zweiblütiges  Dichasium  unter 
jedem  Deckblatte  vor;  die  ge- 
schlitzte Fruchthülle  ;!^ent8teht 
auch  hier  aus  den^Vorblättern 
und  dem  besonderen  Deckblatt 
jeder  Einzelblüte.  Corylus 
tubulosa,  die  Lambertsnuß, 
aus  Südeuropa. 


Fig.  685.  Frucht  mit  Cupula 
von  Quercus  Aegilops,  nach 

DUCHARTRE.        cp      Cupula, 

gl  Frucht. 


Fig.  686.  Fagus  silvatica.  Vs  i^at.  Gr.  i  Zweig  mit  männlichen 
und  weiblichen  Blütenständen.  2  Männliche,  3  weibliche  Einzei- 
blüte.  4  Cupula,  geöffnet,  mit  zwei  Früchten.  5  Frucht, 
isoliert.  6  Querschnitt  durch  eine  Frucht,  zeigt  die  gefalteten 
Kotyledonen  des   Embryo.     2,   j,  6  vergr.   —   Offizineil. 


Fig.  687.     Diagramme  weiblicher  Dichasien  von:  A   Castanea  vulgaris,  Fig.  688,  B  Fagus 

silvatica  und  C  der  Einzelblüte  von  Quercus  pedunculata,  nach  A.  W.  Eichler.  Deckblatt  b. 

Vorblätter  a  ß.     Vorblätter  der  Sekundanblüten  zur  Cupula  verwachsen  a,  y3,  a',  ß'. 


Angiospermae : 


561 


Offizinell:  Oleum  Betulae  empy  reum  aticum,  Birkenteer  (Pharm,  austr., 
helv.),   von  Bettila  verrucosa. 

2.  Familie  Cupuliferae.  Ihre  blattachselständigen  Infloreszenzen  tragen 
teils  männliche,  mit  Perianth  versehene  Blüten,  teils  weibliche,  die  einzeln 
oder  zu  mehreren  von  einer  Cupula  (Fig.  685  cp)  umhüllt  werden,  d.  h.  einem 
aus  verwachsenen  Vorblättern  entstandenen  Gebilde.  Der  dreifächerige 
Fruchtknoten  trägt  je  zwei  hängende  anatrope  Samenanlagen  im  Fache  und 
endet  in  drei  Narben. 

Die  Cupuliferen  sind  hauptsächlich  in  der  gemäßigten  Zone  der  nördlichen  Hemi- 
sphäre verbreitet,  außerdem  im  tropischen  Asien.  Wichtige  einheimische  Arten: 
Fap-ies  silvatica.  Buche,  Rotbuche  ~, 


(Fig.  686),  einer  der  wichtigsten  Laub- 
bäume Deutschlands,  in  schönen 
Waldungen  besonders  an  der  Ost- 
seeküste vertreten,  wo  seine  Ost- 
grenze jedoch  Königsberg  nicht  er- 
reicht. Die  zweizeilig  stehenden 
Blätter  sind  ganzrandig,  elliptisch, 
kurzgestielt  und  besonders  in  der 
Jugend  ringsum  fein  bewimpert. 
Blütenstände  finden  sich  durchweg 
an  diesjährigen  Trieben.  Die  männ- 
lichen sind  seitenständig,  kopfförmig 
und  hängend,  ihre  Einzelblüten  mit 
schief  glockenförmigem  Perianth 
haben  meist  8 — 12  Staubblätter. 
Weibliche  Infloreszenzen  sind  gipfel- 
ständige,     zweiblütige      Dichasien, 


'? 


Fig.  689.  Quercus  pedunculata. 
Längsschnitt  durch  den  jungen 
Fruchtknoten,  b  Becher,  e  Sa- 
menanlagen, d  Fruchtknoten, 
c  Perigon,  /  Griffel,  g  Narbe. 
Vergr.  Nach  Berg  u.  Schmidt. 


Fig.  690.     Quercus  pedunculata.    A  Blühender  Zweig. 

B  Männliche  Blüte.  C  Staubblätter.  D  Weibliche  Blüte. 

ß—r>  vergr.  ^  Fruchtstand.  T^Cupula.  <?—Ä" Samen. — 

Offizinell.     Nach  A.  F.  W.  Schimper. 


welche  die  Cupula  (Fig.  688  S)  bis  zur  Reife  der  zu  dreieckigen  Nüssen  heranwachsenden 
Früchte  völlig  einschließt,  um  alsdann  in  vier  Nähten  aufzuspringen.  Castanea  vtdgaris, 
Edelkastanie,  im  Mittelmeergebiet  zu  Hause,  reift  ihre  Früchte  noch  in  Süddeutschland. 
Ihre  Infloreszenzen  stehen  an  diesjährigen  Trieben  aufrecht;  sie  führen  teils  nur  männ- 
liche Blüten,  teils  unten  weibliche,  oben  männliche,  in  dichasialer  Anordnung.  Die  weib- 
lichen dreiblütigen  Dichasien  (Fig.  687  Ä)  liefern  drei  v-on  der  scharf  stachlichten  Cupula 
völlig  umschlossene  Nüsse.  Die  Cupula  öffnet  sich  mit  vier  Klappen.  Quercus  pedunculata, 
Stieleiche  (Fig.  689  und  690)  und  Querctis  sessilißora,  Tra  u  ben  ei  che ,  die  mäch- 
tigsten Laubbäume  der  europäischen  Wälder,  haben  ovale,  rings  mehrfach  stumpf  aus- 
gebuchtete  Blätter.     Die   männlichen   Infloreszenzen   brechen   zugleich   mit   dem   frischen 

Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  36 


562 


Karsten: 


Laube  aus  vorjährigen  Blattachselknospen  hervor,  ihre  Blüten  stehen  einzeln  mit  5—7 
Perianth-  und  6—12  Staubblättern  an  der  hängenden  Achse.  Weibliche  Infloreszenzen 
finden  sich  am  Gipfel  diesjähriger  Sprosse  blattachselständig,  aufrecht,  wenigblütig  mit 
einzelnen  Blüten,  die  bei  der  Stieleiche  langgestielt,  bei  der  Traubeneiche  ungestielt 
sitzend  sind.  Jede  Blüte  wird  von  ihrer  (Fig.  688  C)  erst  an  der  reifen  Frucht  voll  ent- 
wickelten Cupula  umhüllt. 

Die  Buche  liefert  Brennholz,  Teer,  Holzessig;  Quercus  technisch  verwertetes  Holz, 
gerbstoffreiche  Rinde  für  die  Gerberei.     Kork  von  der  Korkeiche. 

Offizinell:  Gortex  Quercus  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  und  Semen 
Quercus  (Pharm,  austr.).  Die  im  Orient  heimische  Q.  infectoria  erzeugt  an  jungen 
Zweigen,  wenn  von  der  Gallwespe,  Cynips  tinctoria  Hart.,  gestochen,  die  offizinellen  Gall- 
äpfel, Gallae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  Fagtis  süvatüa  gibt  Pix  liquida 
(Pharm,  austr.). 


14.  Ordnung.     Saliciflorae. 

Familie  Salicaceae.    Diözische  Bäume  und  Sträucher  mit  einfachen  wechselständigen 
Blättern    und    Nebenblättern,    die    vor   der   Beblätterung   blühen.     Ihr  einfächeriger    zwei- 
karpelliger    Fruchtknoten    ergibt    eine    Kapselfrucht    mit    zahlreichen   wandständigen,    be- 
schopften  und  endospermfreien  Samen. 

Salix,  Weide,  und  Populus,  Pappel,  sind  die 
einzigen  Gattungen  der  Familie.  Salix,  mit  aufrechten 
Kätzchen  versehen,  ist  an  Insektenbestäubung  angepaßt  und 
besitzt  daher  männliche  wohlriechende  Blüten,  klebrigen 
Pollen  und  Nektarien  in  Gestalt  kleiner  Diskusschuppen. 
Die  Zahl  der  Staubblätter  wechselt  in  den  verschiedenen 
Arten  von  2—5.  Deckschuppen  sind  ganzrandig  (Fig.  691). 
Bei  uns  an  Flußufern  weit  verbreitet.  Als  unterirdische 
niedrige  Stämmchen,  die  nur  ihre  jedesmaligen  jungen 
Triebe  über  den  Boden  emporsenden,  gehören  Salix-Artevi 
im    hohen    Norden    und    Hochgebirge    zu    den    häufigeren 


Fig.  691.  Salix  viminalis. 
A  Blühender,  männlicher  Zweig. 
Nat.  Gr.  B  Männliche  Blüte, 
mit^Deckblatt,  vergr.  C  Weib- 
liches Kätzchen.  jD  und  £  Weib- 
liche Blüten,  vergr.  F  Frucht. 
Nat.  Gr.  G  Dieselbe,  vergr. 
H  Samen,  vergr. 
Nach  A.  F.  W.  Schimper. 


Fig.    692.     Populus   nigra. 

2  Weiblicher   Blütenstand. 

Einzelblüle.    5  Früchte.    6 

3-6 


I   Männliche   Infloreszenz. 

3  Männliche,  4  weibliche 
Samen.  /  und  2  ^/^  nat.  Gr. 
vergr. 


Angiospermae. 


563 


Pflanzenformen.  Populns  mit  anemopbilen  Blüten.  Der  Diskus  ist  hier  mehr  krug-  bis 
schüsseiförmig  ausgebildet  und  Ilonigabsonderung  fehlt.  Durch  langgestielte,  pfeilförmige 
Blätter  unterscheiden  sich  die  einheimischen  Pappelarten  habituell  erheblich  von  den 
Salices.  Die  Blüten  stimmen  bis  auf  die  zerschlitzten  Deckblättchen  mit  denen  von  Salix 
überein.     Kätzchen  hängend  (Fig.  692). 

Offizineil:  Cortex  Salicis  von  Salix  alba,  Salix fragilis  usw.  (Pharm,  helv.). 

15.  Ordnung.    Urticinae. 

Die  Ordnung  enthält  Pflanzen  mit  unscheinbaren,  kleinen  Blüten  in 
dichten  Blütenständen.  Staubblätter  sind  den  Perigonblättern.  gleichzählig 
und  stehen  vor  ihnen.  Der  oberständige,  ein-  oder  zweikarpellige  Fruchtknoten 
ist  meist  einfächerig  mit  einer  hängenden  Samenanlage,  die  Nüsse  oder  Stein- 
früchte ergibt.    Samen  in  der  Regel  endospermhaltig. 


Fig.  693.     Ulmus  campestris.     -/a  "at.  Gr.     /  Blütenzweig. 
3  Einzelblüte,  vergr. 


Zweig  mit  Früchten. 


1.  Familie  Ulmaceae.  Ulmus  campestris  (Fig.  693),  Rüster,  ein  häufiger  Baum 
Mitteleuropas.  Bei  ausgesprochen  zweizeiliger  Beblätterung  und  dorsiventraler  Verzweigung 
aller  Triebe  kommt  die  regelmäßige  Rundung  der  Krone  älterer  Exemplare  nur  dadurch 
zustande,  daß  die  Blattflächen  eines  jeden  Nebenzweiges  um  einen  gewissen  Winkel  von 
denen  des  Hauptzweiges  abweichen.  Die  Blätter  sind  stets  asymmetrisch.  Blüten  stehen 
geknäuelt  in  den  Achseln  vorjähriger  Blätter,  sie  sind  zwitterig  oder  durch  Fehlschlagen 
eingeschlechtig,  ihre  Staubblätter  in  der  Knospe  gerade.  Die  Früchte  reifen  meist  vor 
der  Beblätterung   des  Baumes,    der   bereits  im  Februar   oder  März    blüht.     Sie   sind   breit 

36* 


564 


Karsten 


geflügelt  und  werden   durch  den  Wind  verbreitet.     U.  montana,   U.  effusa  nahe  verwandte 
Formen.     Celtis,  mit  Steinfrüchten,  wird  in  verschiedenen  Arten  häufig  angepflanzt. 

2.  Familie  Moraceae,  Hierher  gehören  meist  Bäume  oder  Sträucher 
mit  reichem  Milchsaftgehalt,  deren  Blätter  wechselständig  stehen  und  hin- 
fällige Nebenblätter  haben.  Ihre  Blüten  sind  eingeschlechtig,  in  köpfchen- 
ähnlichen oder  schüsseiförmigen  Infloreszenzen  vereinigt  und  meist  vierzähhg. 

Wichtige  Vertreter:  Außer  den  Maulbeerbäumen,  die  zur  Seidenraupen- 
zucht {Monis  alba)  oder  als  Fruchtbäume  {Monis  7iigra)  (Fig.  588^)  vielfach  gezogen 
werden,  ist  vor  allem  die  Gattung  Ficus  zu  nennen.  Der  nördlichste  Vertreter  ist  der 
gewöhnliche  Feigenbaum,  Ficus  carica{^^)  (Fig.  541),  im  Mittelmeergebiet  einheimisch  und 
seit  langer  Zeit  kultiviert;  ein  niedriger  Baum  mit  großen,  fingerförmig  eingeschnittenen 
Blättern,  der  seine  Nebenblätter  als  Schutzkappe  über  der  Knospe  geschlossen  behält. 
Blütenstände  in  Form  krugförmiger  Gebilde  mit  enger  Mündung  tragen  ihre  Einzelblüten 
auf  der  inneren  Oberfläche  dicht  beisammen.  Die  flach  scheibenförmigen  Infloreszenzen 
von  Dorstem'a-kriery,   welche  auf  der  Oberseite   mit  Einzelblüten   besetzt   sind,    stellen   in 


Fig. 


Ficus   bengalensis   im   botanischen   Garten   von   Buitenzorg. 
auf  den  wagerecht  abspreizenden  Ästen. 


Einige  Epiphyten 


mancher  Beziehung  ähnliche  Bildungen  dar,  über  das  Fortschleudern  ihrer  Fruchtstein- 
kerne vgl,  GoEBEL  (25a).  Über  die  Bestäubung  der  Feigen  vgl.  S.  481,  Fig.  541.  Die  ver- 
breiterte Blütenstandsachse  mit  dem  Perigon  der  Einzelblüten  bildet  den  fleischigen,  süß- 
schmeckenden Teil  der  Eßfeigen.  Die  kleinen  harten  Kernchen  sind  aus  dem  Frucht- 
knoten hervorgegangene  Einzelfrüchtchen,  Nüsse.  —  Fictis-krien  gehören  mit  zu  den  ge- 
waltigsten Baumgestalten  tropischer  Wälder.  Vor  allem  merkwürdig  ist  der  Banyan,  Fictis 
bengalensis  in  Ostindien.  Auf  Baumästen  keimend  aus  Samen,  der  von  fruchtfressenden 
Vögeln  dorthin  gebracht  war,  entwickelt  er  sich  zu  einem  stattlichen  Epiphyten.  Aber  erst 
wenn  seine  Wurzeln  den  Boden  erreicht  haben  und  die  Pflanze  nicht  mehr  auf  die  karge 
Epiphytenernährung  angewiesen  ist,  zeigt  sie  ihre  Eigenart.  Der  Wirtsbaum,  auf  dem  sie 
sitzt,  wird  nach  und  nach  erdrosselt,  immer  neue  Wurzeln  erreichen  den  Boden  und  bilden 
säulengleiche  Stämme,  so  daß  schließlich  ein  ganzer  Wald  aus  dem  kleinen  Keimling 
hervorgeht,  und  in  dem  Schatten  der  Krone  ein  Dorf  Raum  genug  findet  (Fig.  694).  Milch- 
saft von  Ficus  elastica  wird  zur  Gewinnung  von  Kautschuk  den  Bäumen  durch  Ein- 
schnitte entzogen.  Castilloa  elastica  ist  ein  wichtiger  Kautschuk  liefernder  Baum  Zentral - 
amerikas.  Artocarpus-kxiQVi,  Brotbäume,  sind  bekannte  P'ruchtbäume  der  Tropen,  deren 
riesige  Fruchtstände  roh  oder  geröstet  genossen  werden. 


Aiigiosperrnae. 


565 


Offizinell:  Morus  nigra  liefert  Syriipus  mororum  (Pharm,  helv.);  Ficus 
elastica  (Ostindien),  CastiUoa  elastica  (Mexiko)  und  andere  tropische  Moraceen  liefern  in 
ihrem  Milchsafte  Kautschuk  (25b)  (Pharm,  germ.). 

3.  Familie  Cannabinaceae.  Humulus  Lnpidus,  Hopfen,  ist  in  Mitteleuropa  ein- 
heimisch, sein  ausdauerndes  Rhizom  bringt  jedes  Jahr  neue  schlingende  Triebe  (Fig.  695). 
Der  Stamm  und  seine  gegenständigen  handnervigen  Blätter  sind  rauhhaarig;  ersterer  trägt 
eigenartige  Widerhaken,  die  ein  Herabgleiten  von  einer  einmal  gefaßten  Stütze  hindern. 
Die  männlichen  Blüten  der  diözischen  Pflanze  sind  fünfzählig,  mit  geraden  Staubblättern 
versehen  und  in  Dichasien  angeordnet  mit  mittelständigem  Bereicherungssproß.  Die  weib- 
lichen Teilblütenstände  sind  kätzchenförmig;  an  ihrer  Achse  sitzen  spreitenlose  Hochblätter 
die  auf  ihre  Nebenblattpaare  reduziert  sind.  Der  Achselsproß  dieses  Hochblattes  ist  unter- 
drückt; jedes  Nebenblatt  trägt  zwei  Blüten,  je  von  einem  eigenen  Deckbiatte  umhüllt,  in 
der  Achsel.  Diese  Deck- 
blätter wachsen  bei  der  Reife 
über  die  Nebenblätter  hin- 
aus und  bedingen  das  zäpf- 
chenähnliche Aussehen  des 
Fruchtstandes.  Sie  tragen 
die  Hopfendrüsen,  deren- 
wegen  die  Pflanze  kulti- 
viert wird. 

Cannabis sativa,  Hanf. 
Einjähriges,  in  Indien  hei- 
misches Kraut,  mit  finger- 
förmig zerteilten  rauhen 
Blättern,  die  unten  gegen- 
ständig, in  der  Blütenregion 
wechselständig  angeordnet 
sind.  Blütenstände  wie  beim 
Hopfen,  doch  ist  der  bei 
den  weiblichen  unter- 
drückte Mitteltrieb  hier  zu 
einem  laubigen  Sproß  aus- 
gewachsen. Die  Deckblätt- 
chen tragen  nur  je  eine 
Blüte  in  der  Achsel.  In  den 
Laubblattachseln  des  Mittel- 
triebes wiederholt  sich  das- 
selbe, und  so  kommt  die 
dichtbuschige  Infloreszenz 
des  weiblichen  Hanfes  zu- 
stande. Die  Pflanze  wird  in  Europa  ihrer  ein  bis  einige  Zentimeter  langen  Bastfasern 
wegen  gebaut.  Weibliche  Blütenstände  indischer  Herkunft  sind  auf  allen  Teilen  mit  einer 
Menge  von  Drüsenhaaren  bedeckt,  die  eine  harzige,  klebrige  Masse  absondern;  sie  werden  für 
medizinische  Zwecke  benutzt  und  dienen  im  Orient  zur  Bereitung  eines  narkotisch  wirkenden 
Genußmittels  ,,Haschisch". 

Offizinell:  Canfiabn  saliva  liefert  Fructus  Cannabis  (Pharm,  hei v) ;  Camiahis 
sativa  var.  iiidica  lief.ert  Herba  Cannabis  indicae  (Pharm,  austr.,  helv.).  —  Die 
Drüsen  der  Zapfenschuppen  von  Humulus  Lupiilus  sind  als  L  u  p  u  1  i  n  u  m  ,  s.  Glandulae 
Lupuli  (Pharm,  austr.,  helv.),  gebräuchlich,  der  ganze  Zapfen  als  Strobilus  Lupuli 
(Pharm,  helv.). 

4.  Familie  Urticaceae.  Hierher  gehören  meist  perennierende  Kräuter  mit  einfachen 
Blättern  und  Nebenblättern,  deren  zweizählige  anemophile  Blüten  durch  Fehlschlag  ein- 
geschlechtig geworden  sind,  also  Blütenformel  P  2  -f  2,  A  2  -|-  2.  Die  Staubblätter  in  der 
Knospenlage  durch  Einwärtskrümmung  gespannt,  schlagen  beim  Aufblühen  elastisch  zurück 
und  verstäuben  dabei  ihren  Pollen.  Weibliche  Blüten  besitzen  ein  verwachsenes  Perianth 
und  nur  ein  Fruchtblatt,  mit  einer  grundständigen  atropen  Samenanlage.  Die  reifen  Früchte 
von  Pilea-  und  Elatosinnma-kxien  werden  durch  aus  Staminodien  entwickelte  Schleuder- 
organe fortgeschnellt.     In  den  Tropen  reicher  als  bei  uns  verbreitete  Pflanzenfamilie. 


Fig.    69.").      Humulus    Lupulus.      /    Männlicher    Blütenstand. 

2  Weibliche  Infloreszenz.     3  Zwei  weibliche  Blüten    in    der 

Deckblattachsel.     4  Fruchtzäpfchen.     7-2  "<it-  Gr. 


566 


Karsten : 


Manche  Urticaceen  sind  durch  den  Besitz  von  Brennhaaren  (vgl.  Fig.  52)  aus- 
gezeichnet, wie  unsere  Brennesseln,  Urtica  dioica  und  Urtica  urens,  und  die  gefährlichen 
tropischen  Laj>ortea- Arten.  Einige  Urticaceen  sind  wichtige  Faserpflanzen,  wie  Boehmeria 
nivea,  Ramie.  Unsere  einheimischen  Nesselarten  lieferten  vor  Bekanntwerden  der  Baum- 
wolle Gespinstfasern  und  kamen  infolge  des  Krieges   und  seiner  Folgen  wieder  zu  Ehren. 

Greifen  wir  hier  vor  Einschiebung  des  Columniferenastes  auf  den  Stamm- 
baum der  Hauptreihe  (S.  524)  zurück,  so  würden  sich  zunächst  die  Rhoea- 
dinae,  denen  morphologische  Beziehungen  zu  den  Polycarpicae  nicht  wohl 
abgesprochen  werden  können,  anreihen,  denen  sich  die  Cistiflorac  anschließen, 
worauf  dann  auf  die  Resedaceae  die  Columniferae  folgen.  Da  die  Resedaceae 
von  jeher  in  Beziehung  zu  den  Capparidaceen  einerseits,  den  Cistiflorae  (Parie- 
tales pro  parte)  andererseits  gebracht  sind,  so  wird  diese  Anordnung,  die  sich 
nicht  anders  als  durch  Anreihung  ausführen  läßt,  den  morphologischen  wie 
den  serodiagnostischen  Beziehungen  am  besten  entsprechen. 

Die  16.  Ordnung  Rboeadinae  ent- 
hält meist  Kräuter  mit  wechselstän- 
digen Blättern.  Ihre  zwittrigen  Blüten 
sind  aus  meist  zweigliedrigen  Quirlen  auf- 
gebaut; sie  besitzen  einen  oberständigen 
einfächerigen  Fruchtknoten,  der  die 
Samenanlagen  an  den  verwachsenen  Rän- 
dern der  Karpelle,  den  Plazenten,  trägt 
(Fig.  696).  Die  Narben  stehen  über  den 
Nähten  der  Fruchtblätter,  und  die  Öff- 
nung der  Frucht  erfolgt  durch  Abspringen 
der  Fruchtblätter  von  den  Plazenten. 

Den  Anschluß  der  Ordnung  an  die  Poly- 
carpicae stellt  die  1.  Familie  ^er  Papaveraceen{^^) 
her  durch  gewisse  Merkmale,  wie  Gehalt  an 
Milchsaftschläuchen  (Nymphaeaceen),  Vorkom- 
men dreizähliger  Blüten  bei  Bocconia  (Berbe- 
ridaceen),  Anordnung  der  Narben  direkt  auf 
den  Fruchtblättern  und  das,  wenn  auch  seltene 
Vorkommen  apokarper  Gynäceen  wie  bei  typi- 
schen Vertretern  der  Polycarpicae  (z.  B.  Pla- 
tystemon).  Die  große  Vermehrung  der  Staub- 
blätter, die  zyklisch  stehen,  wird  auf  Spaltung 
zurückgeführt.  Die  Samen  haben  reichliches 
Endosperm. 

Chelidonium  tnajiis,  Schöllkraut,  hat  gel- 
ben Milchsaft  und  zweikarpelligen  Frucht- 
knoten. Als  Zierpflanzen  dienen  verschiedene 
Arten  von  Escholtzia,  Arge?}ioiie  unA  Papaver.  Pa- 
faver  Rhoeas,  Mohn,  als  Unkraut  in  Kornfeldern 
oder  auf  trockenen  Wiesen  verbreitet  (Fig.  697). 


Fig.  696.     Blütendiagramm    der   Papaveraceei 
Glaucium.     Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  697.  Papaver  Rhoeas.  ^j    nat.  Gr.  — 
Offizineil 


Angiosperinae. 


567 


Charakteristisch  ist  die  scharf  abwärts  gekrümmte  Lage  der  Blütenknospen.  Papaver  somni- 
ferum stammt  aus  dem  Orient  und  ist  in  allen  Teilen  reich  an  weißem  Milchsafte.  Die 
mit  Wachs  hellblau  bereifte,  völlig  glatte  Pflanze,  deren  Blütenstiel  allein  vereinzelte  grobe 
Borsten  trägt,  hat  sitzende,  am  Rande  unregelmäßig  gesägte  bis  gekerbte  Blätter  und  eine 
violette  oder  weiße  Blumenkrone  mit  dunklen  Flecken  am  Grunde.  Der  einfächerige 
Fruchtknoten  springt  bei  der  Reife  nur  an  den  Fruchtblattspitzen  von  den  zahlreichen, 
tief  einschneidenden  Plazenten  ab,  die  Fruchtblätter  biegen  sich  unter  dem  überstehenden, 
flachen  narbentragenden  Deckel  weg  nach  außen,  und  ihre  nierenförmigen  Samen  werden 
aus  den  Löchern  vom  Winde  herausgeschleudert. 

Offizineil:  Semen  Papaver is  (Pharm,  germ.,  helv.),  Fructus  Papaveris 
immaturi  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  Opium  (aus  dem  Milchsafte)  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.),  Morphium  (ibid.)  alles  von  Papaver  sovinifertim.  Flores  Rhoeados 
(Pharm,  austr.,  helv.)  von   Papaver  Rhoeas. 

Die  2.  kleine  Familie  der  Fumarioceen  ist  interessant  durch  das  Vorkommen 
transversal  zygomorpher  Blüten  bei  Corydalis  (Fig.  698)  und  zwei- 
sporniger  bisymmetrischer  Krone  bei  Dkejitra  spectabiUs.  Die  Früchte 
sind  bei  Fumaria  Nüßchen,  bei  Corydalis  und  Dicentra  Kapseln- 
Die  Samen  haben  Endosperm. 

3.  Familie  Cruciferoe(^-'^%  Die 
Familie  der  Kreuzblüher  ist  besonders 
auf  der  Nordhemisphäre  zu  Hause 
und  zählt  bei  uns  und  im  Mittelmeer- 
gebiet zu  den  arten-  und  individuen- 
reichsten, der  man  überall  begegnet. 
Es  sind  meist  ein-  oder  zweijährige 
Kräuter  oder  Stauden  mit  wechsel- 
ständigen Blättern,  traubigen,  meist 
deck-  und  vorblattlosen  Blütenständen 
und  radiären,  stets  seithch  stehenden 
Einzelblüten.  K2  +2,  C4,  A2  +4,  G(2)  (Fig.  699).  Der  Kelch  beginnt  mit 
einem  median  stehenden  Wirtel,  vier  Kronblätter  alternieren  mit  dem  Kelche. 


Fig.  698.  Diagramm 
von  Corydalis  cava, 
nach  A.  W.  Eiohi.er. 
Am  Grunde  des  Staub- 
blattes, über  dem 
Sporn,  eine  Nektar- 
drüse. 


P'ig.  699.   Crueiferae. 

Diagramm  (Brassica). 

Nach  F.  Null. 


Fig.  700.    Cardamine  pratensis. 

Blüte  ohne  Perianth.    Vergr.  4. 

Nach  H.  Baillon. 


A  '  C 

Fig.  701.    Früchte  der  Crueiferae.    A  Cheiranthus  Cheiri. 

^Lepidium  sativum.  C  Capsella  Bursa  pastoris.  D  Lunaria 

biennis.     E  Crambe  maritima.     Nach  H.  Baillon. 


Zwei  äußere  Staubblätter  sind  kürzer  als  die  vier  (bzw.  zwei  bis  auf  den 
Grund  gespaltenen)  medianen  (S.  107)  inneren  (Fig.  700).  Die  Fruchtblätter 
bilden  einen  oborständigen,  miMst  schotenförmigen  Fruchtknoten,  der  durch 
eine  falsche  (S.  471),  zwischen  den  parietalen  Plazenten  ausgespannte  Scheide- 
wand (Fig.  701^,  C,L>)  zweifächerig  wird  und  sich  durch  Abheben  der  Frucht- 


568 


Karsten : 


blattmittelstücke  Idappig  öffnet.  Die  Samen  bleiben  dabei  mit  der  falschen 
Scheidewand  und  den  Plazenten  am  Tragstiele  erhalten.  Bisweilen,  z,  B. 
bei  Tsatis,  finden  sich  Schließfrüchte.     Der   gekrümmte  Keimling  liegt  von 

einer  einzigen  Zellschicht  Endosperm 
umgeben  in  der  Samenschale  (Fig.  702, 
^c  A  '''\  703). 


Fig.  702.    Querschnitt  durch  den  Samen  des 
schwarzen  Senfs,  Brassica  nigra,     rad  Radi- 
cula,    cot    Kotyledonen,    proc     Leitbündel- 
anlagen.    Nach  A.  MÖLLER. 


Fig.  703.  Samen,  quer  durchschnitten; 
Würzelchen  und  Keimblätter  in  verschie- 
dener Lagerung  sichtbar.  A  Cheiranthus 
Cheiri.  Vergr.  8.  B  Sisymbrium  Alliaria. 
Vergr.  7.     Nach  H.  Baillon. 


Nicht  nur  ihrer  Häufigkeit  und  Arten- 
zahl nach  zählen  die  Cruciferen  zu  den  wich- 
tigeren heimischen  Familien,  sondern  auch  die 
große  Zahl  der  ihnen  entstammenden  Nutz-  und 
Gartenpflanzen  verleiht  ihnen  größere  Bedeutung; 
auch  zählen  manche  Cruciferen  zu  den  ertrag- 
reicheren Honigblumen  vermöge  der  am  Grunde  der 


Fig.  704.     Brassica  nigra.    '/■>  nat.  Gr. 
Offizineil. 


Fig.    705.      Capparis    spinosa,  blühender  Zweig 

und  junge  Frucht  auf  ihrem  Gynophor. 

7„  nat.  Gr. 


Angiospermae. 


569 


Staubblätter  aus  der  Blütenachse  hervorgehenden  Honigdrüsen.  Cheiranthus  Cheiri  (Fig.  701 A). 
Goldlack,  Matthwla,  Levkoje,  beliebte  Zierpflanzen.  Brassica  oleracea  liefert  den  Kohl  in 
seinen  verschiedenen  Formen:  a)  silvestris,  an  den  nordeuropäischen  Küsten  ist  als  wilde 
Form  anzusehen,  b)  acephala,  Blätterkohl,  c)  gongylodes,  Kohlrübe,  d)  gemmifera,  Rosenkohl, 
e)  sabauda,  Wirsing ,  f)  capitata,  Kopfkohl ,  g)  botrytis,  Blumenkohl,  Brassica  campestris^ 
Rübsen  mit  den  Kulturformen:  a)  annna,  Sommerrübsen,  b)  oleifera,  Winterrübsen,  c)  rapi- 
fera,  Teltower  Rübchen.  Br.  napus,  Raps:  a)  amma,  Sommerraps,  b)  oleifera,  Winterraps 
c)  Napobrassica,  Wruke.  Brassica  nigra,  Senf  (Fig.  704),  eine  einjährige,  bereits  im  Alter- 
tume  vielfach  angebaute  Pflanze.  Ihre  grundständigen  Blätter  sind  fiederteilig  mit  stumpfen 
Endlappen,  völlig  unbehaart  bis  auf  einige  grobe  Borsten  der  Blattoberseite.  Die  dotter- 
gelben Einzelblüten  stehen  von  der  Spindel  ab,  die  abgeblühten,  glatten  Fruchtknoten  und 
Früchte  dagegen  sind  ihr  angedrückt  und  ragen  gerade  aufwärts.  Sinapis  alba.  Weißer 
Senf,  ist  eine  rauhbehaarte  Pflanze  und  durch  weit  von  der  Spindel  abspreizende,  lang  und 
flach  geschnäbelte  Früchte,  deren  Klappen  grob  borstenhaarig  sind,  wie  durch  doppelt  so 
große,  weiß-gelbe  Samen,  leicht  vom  schwarzen  Senf  zu  unterscheiden.  Anastatica  hiero- 
chuntica,  die  Jerichorose,  eine  durch  hygroskopische  Bewegung  (S.  295)  ihrer  Zweige  be- 
kannte einjährige  Wüstenpflanze  Nordafrikas.  Crambe  (Fig.  701  E),  mit  im  unteren  Teil 
unfruchtbaren  Schoten,  und  Cakile  sind  dickblättrige  Strandpflanzen,  Raphanus  sativus, 
ist  der  Rettich  und  das  Radieschen.  Cochlearia,  Löffelkraut.  Vesicaria,  Anbrietia,  Draba, 
Lunaria  (Fig.  701  D),  Erophila-krien,  das  Hungerblümchen.  Iberis  mit  etwas  dorsiventralen 
Blüten,  Capsella  bursa  pastoris,  das  Hirtentäschl  (Fig.  701  C)  sind  bekannte  Cruciferen. 
Isatis  tinctoria,  der  Waid,  früher  als  Farbstoff  liefernde  Pflanze  benutzt. 

Offizineil:  Semen  Erucae  (Pharm,  helv.)  von  Sinapis  alba.  Semen  Sinapis 
(Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Brassica  7iigra.  Oleum  Sinapis  (ibid.)  von  beiden 
Pflanzen. 

Zur  4.  Familie  Capparidaceae  gehört  Capparis  spinosa,  ein  kleiner  Felsenstrauch 
der  Mittelmeerländer,  mit  einfachen  Blättern,  kurzdornigen  Nebenblättern  und  blattwinkel- 
ständigen,  radiären  Einzelblüten,  die  sich  von  denen  der  Cruciferen  durch  Spaltung  der 
Staubblätter  in  unbestimmt  viele,  und  durch  Einschiebung  eines  Gynophors,  unterscheiden, 
welches  den  Fruchtknoten  hoch  über  die  Blüte  emporhebt  (Fig.  705).  Die  Frucht  ist  eine 
Beere  von  etwa  Pflauraengröße  mit  zahlreichen  Samen.  Junge  Blütenknospen  liefern  die 
„Kappern". 

17.  Ordnung.    Cistiflorae. 

Regelmäßig  fünfzählige  Blüten  mit  vermehrten,  gespaltenen  oder  bündelig  ver- 
wachsenen Staubblättern  und  einem  dreizähligen  oberständigen  Fruchtknoten  kennzeichnen 
die  Mehrzahl  der  Cistifloren. 

Die  1.  Familie  der  Cistaceen  ist  charakterisiert  durch  strahlige,  fünfzählige  Blüten 
mit  zahlreichen  Staubblättern   und   drei   oder   fünf   zu  einem  Fruchtknoten  verwachsenen 

Fruchtblättern  mit  parietalen  Plazenten. 
Das  einheimische  kleine  Sonnenröschen  Heli- 
_,^«(tinN>,_  anthemum  vulgare  (Fig.  706)  und  die  Cistus- 

Arten    des    Mittelmeergebietes    entsprechen 


Fig.  706.     Blütendiagramra  von  Helianthemum 
vulgare  (Cistaceae).     Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  707.     Diagramm    von   Viola. 

F.    NOLL. 


Nach 


normalen  Cistaceen.  Angehörige  der  2.  Familie  der  Violaceen  unterscheiden  sich  durch 
ihre  meist  dorsiventralen  Blüten,  die  nur  fünf  Staubgefäße  und  einen  einfächerigen  Frucht- 
knoten besitzen  (Fig.  707).  In  das  gespornte  vordere  Kronblatt  ragen  die  beiden  vorderen 
Staubblätter  mit  Nektar  absondernden  Fortsätzen  hinein.  Offizineil  ist  Herba  violae 
tricoloris  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.). 


570 


Karsten : 


In  der  3.  Familie  der  Ternstroemiaccen,  zu  der  die  Teepflanze  und  die  Kamelie 
gehören,    fällt    der    allmähliche    Übergang    von    Kelch-    in  Kronblätter   auf,    wie   ihn    die 

Magnoliaceen  zeigen,  zahlreiche  Staubblätter 
und  ein  dreifächeriger  Fruchtknoten  mit 
zentralwinkelständigen  Plazenten  vervollstän- 
digen das  Bild.  Offizineil:  Folia 
Theae  (Pharm,  austr.)  von  Thea  chi- 
nensis  (Fig.  708).  Durch  bündelweise 
Vereinigung  der  Staubblätter  und  schizogene 
Sekretbehälter  ist  die  4.  Familie  der  Gutti- 
ferae  unterschieden.  Die  Gattung  Hypericum 
ist  ein  einheimischer  Vertreter.  Offizi- 
neil: Gummigutt  oder  Gutti,  der 
eingetrocknete  Sekretsaft  von  G  a  r  c  i  n  i  a 
Hanburyi  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.). 
Als  5.  Familie  schließen  sich  die  Diptero- 
carpaceen  an;  sie  sind  durch  starke  Ver- 
größerung aller  oder  einzelner  Kelchblätter 
nach  der  Befruchtung  charakterisiert.  D  r  y  o  - 
balanops  Camphora  liefert  den  Borneo- 
kampfer. Offizineil:  Dammar  (Pharm, 
germ.  austr.)  von  Shorea  Wiesner i. 

18.  Ordnung.    Coliimniferae. 

Die  Allgehörigen  dieser  Ordnung 
besitzen  fünfzählige,  stralilige  Zwitter- 
Fig.  708.  Thea  chinensis.  Blühender  Zweig,  bluten,  in  denen  einer,  meist  der 
Vguat.Gr.  Frucht undSamen.  — Offizineil.      äußere,   der   beiden   Staubblattwirtel 

unterdrückt  oder  nur  staminodial 
vorhanden  ist,  während  der  andere  eine  mehr  oder  minder  große  Vermeh- 
rung seiner  Glieder  durch  Spaltung  erfährt.  Vielfach  geht  eine  Verwachsung 
der  Filamente  daneben  her.  Auch  die  Fruchtblätter  sind  bisweilen  durch 
Verzweigung  vermehrt.  Der  oberständige  Fruchtknoten  ist  entsprechend 
gefächert. 

1.  Familie  Malvaceae.  Charakteristisch  für  die  Familie  sind  in  der  Knospe 
gedrehte  protandrische  Blüten,  deren  Staubblätter  zu  einer  der  Krone  an- 
gewachsenen Röhre  verbunden  sind,  welche  die  Griffel  umhüllt  (Fig.  709,  710) 
und  nur  oben  in  zahlreiche  freie  Enden  mit  je  einer  nierenförmigen  Theca 
gespalten  ist.  K5,  C5,  A  (oo),  G(3)  oder  oo.  Die  Pollenkörner  sind  mit  stachliger 
Exine  versehen,  so  daß  sie  leicht  am  Haarkleid  der  bestäubenden  Insekten 
haften  (Fig.  516). 

Die  einheimische  Gattung  Malva  umfaßt  ausdauernde  Kräuter  mit  langgestielten, 
handnervigen  Blättern.  Die  Blüten  sind  einzeln  oder  in  kleinen  Wickeln  blattachsel- 
ständig  verteilt;  sie  besitzen  drei  freie  Außenkelchblätter  und  tief  ausgerandete,  meist 
rosa  gefärbte  Kronblätter  (Fig.  711).  Die  Vegetationsorgane  der  nahe  verwandten  Gattung 
Althaea  sind  dicht  mit  Büschelhaaren  bekleidet,  sammetig  weich.  Ihr  Außenkelch  zählt 
sechs  bis  neun  am  Grunde  verwachsene  Blätter.  Die  Früchte  sind  Spaltfrüchte,  den  zahl- 
reichen, kreisförmig  angeordneten  Fruchtblättern  entsprechend.  Hibiscus  und  Gossypium- 
Arten  sind  Sträucher  oder  Bäume  mit  drei-  bis  fünfzipfligen,  langgestielten  Blättern,  deren 
Blüten  mit  drei  großen,  die  Knospen  völlig  verdeckenden  Außenkelchblättern  versehen 
sind;  ihre  Früchte  sind  drei-  bis  fünfkarpellige,  fachspaltige  Kapseln.  Der  dichte  Filz 
langer  Flughaare  auf  den  Gossypiumsamen  dient  ihrer  Verbreitung  und  liefert,  durch 
Kultur  und  Auslese  verfeinert,  die  Baumwolle  (Fig.  712). 

Offizineil:  Folia  Malvae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Malva  neglecta  und 
M.  silvestris.    Flores  Malvae  (ibidem)  von  vi/,  silvesiris.    Folia  Althaeae  und  Radix 


Staphyleaceae 
Cneoraceae 


Rutaceae 

Balsaminaceae 
MalpighiaceaeV  trythroxy 


Angiospermae. 
:Aquifoliaceae 


571 


Ericaceae"'PP°*^%'*""''''^ 


Zygophyllaceae 


Tropaeolaceae 


Aceraceae 

apindaceae 
Anacardiaceae 
eliaceae 


Cucurbitaceae 


Geraniaceae 

Oxalidaceae 


Euphorbiaceae 


Stammbaum  des  Columniferenastes  und  der  anschließenden)  Familien 
nach  serodiagnostischen  Untersuchungen  von  F.  Hoeffgen. 


Elaeocarpaceae? 


m^r^^ 


Fig.  709.  Althaea  officinalis. 
Längsdurchschnittene  Blüte  mit 
teilweise  entfernten  Kronblät- 
tern, a  Der  Außenkelch,  ö  der 
Innenkelch,  <;■  die  Kronblätter, 
d  das  Andröceum.  /  der  Griffel, 
^dieSamenanhigen.  Nach  Berg 
und  Schmidt.  —  Offizineil. 


Fig.  710.    Malva- 

ceae.     Diagramm 

(Malva). 


6 

Fig.  711.  I Malva  silvestris.  a  Blüte. 
b  Blütenknospe,  c  Frucht.  Nat.  Gr. 
Nach  H.  ScHENCK.  —  Offizinell. 


572 


Karsten : 


Althaeae  (ibidem)   von  Althaea  officinalis\  Gossypium  (ibidem)  von  Gossypmtn  arho- 

reum,   G.  barbadense,   G.  herbaceutn. 

Die  2.  Familie,   Tiliaceae^  enthält  Pflanzen  mit  einfachen  Blättern  und  hinfälligen 

Nebenblättern.     Der  freiblätlrige  Kelch  und  die  Krone  haben  klappige  Knospenlage.     Die 

Staubblätter  besitzen  in- 
trorse  Antheren ;  dem 
Charakter  der  Ordnung 
gemäß  ist  meist  nur  der 
innere  Kreis  vorhanden 
und  gespalten  (Fig.  713). 
Der  Griffel  ist  einfach. 
Hierher  gehören  meist 
tropische  Gattungen,  dar- 
unter die  krautigen, 
Jute  liefernden  Cor- 
chorus  -  Arten.  Einhei- 
misch ist  nur  Tüia,  die 
Linde,  in  zwei  Arten. 
Die  Blätter  sind  asym- 
metrisch und  ihr  Rand 
ist  gesägt.  Die  Blüten- 
stände (Fig.  714  yi)  sind 
mit  einem  als  Flugblatt 
ausgebildeten  Vorblatte 
bis  zur  halben  Länge  ver- 
wachsen und  aus  Dicha- 
sien     zusammengesetzt. 


Fig.  712.  Blütenzweig  und  aufgesprungene  Frucht 

von   Gossypium  herbaceum.     72  "^t.  Gr.  — 

Offizineil. 


713.      Tiliaceae, 
Diagramm  (Tilia). 
Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  715.  Sterculiaceae. 
Diagramm  (Tbeobroma). 
Nach   A.    W.  Eichler. 


»; 


%Äy  '^'° 


^ 


Fig.  714.  Tilia  ulmifolia.  A  Blütenstand, 
nat.  Gr.  a  Infloreszenzstiel,  b  das  Hochblatt. 
B  Frucht,  längsdurchschnitten  und  ver- 
größert, o  Perikarp,/>  verkümmerte  Scheide- 
wände und  Samenanlagen,  q  Samen,  ;-  Endo- 
sperm,  s  Keim,  /  Würzelchen  des  letzteren. 
Nach  Berg  und  Schmidt.  —  0  f  f  i  z  i  n  e  1 1. 


Angiospermae. 


573 


Die  breitblättrige  Linde  hat  3—7,  die  ulmenblättrige  dagegen  5—15  Einzelblüten  im 
Blutenstände.  Der  behaarte  Fruchtknoten  enthält  zwei  Samenanlagen  in  jedem  seiner  fünf 
Fächer,  eine  davon  verdrängt  alle  übrigen  (Fig.  714  B). 

Offizineil:  Flores  Tiliae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  T.  piatyp ky Hos 
und    T.  ulmifolia. 

3.  Familie  Sterculiaceae,  Den  Tiliaceen  ähnlich  weicht  diese  in  den  Tropen  ver- 
breitete Familie  ab  durch  verwachsenblättrigen  Kelch,  gedrehte  Knospenlage  und  zu  einer 
Röhre  verwachsene  Staubblätter,  von  denen  die  kelchständigen  staminodial  bleiben, 
während  die  Kronstaubblätter  oft  durch  Spaltung  vermehrt  werden  (Fig.  715).  Die  An- 
theren  sind  extrors. 


Fig.  716.     Theobroma    Cacao.     ;    Fruchttragender    Stamm.      2   Blühender   Ast.     3  Einzel- 
blüte.   4  Staubblattring.    5  Staubblatt  von  vorn,    j,  4  Etwa  nat.  Gr.     5  Vergr.     /,  2  Stark 
verkleinert.  —  Offizineil.     Stamm  nach  einer  Photographie. 


Iheobroma  Cacao,  der  Kakaobaum  (Fig.  716),  ist  im  tropischen  Zentral-  und  Süd- 
amerika einheimisch,  dort  auch  seit  langer  Zeit  in  Kultur.  Der  niedrige  Baum  trägt 
kurzgestielte,  steife,  brüchig-harte,  einfache  Blätter  von  erheblicher  Größe,  ovaler  Form 
und  dunkelgrüner  Farbe,  die  in  der  Jugend  mehr  hellrötlich  sind  und  wie  bei  zahlreichen 
tropischen  Bäumen  schlaff  herabhängen.  Die  Blüten  brechen  am  Stamme  oder  an  älteren 
Ästen  aus  früher  blattachselständigen,  erhaltenen  Knospen  hervor;  der  Baum  ist  cau- 
liflor.     Jedes   am  Grunde   bauchige    Kronblatt   verschmälert   sich   nach   außen  erheblich 


574 


Karsten : 


und  endet  mit  verbreitertem  Zipfel.  So  ist  die  Gesamtform  der  rötlichen  Blüten  etwa 
urnenförmig,  mit  fünf  auseinander  strahlenden  Zipfeln.  Der  fünffächerige  Fruchtknoten 
enthält  zahlreiche  Samenanlagen  in  jedem  Fache;  bei  dem  Heranwachsen  der  Frucht 
drängen  sich  die  erweichenden  Gewebemassen  der  Scheidewände  zwischen  die  einzelnen 
Samen  ein  und  so  wird  die  reife  Frucht  einfächerig,  vielsamig.  Zwei  mächtige  gefaltete, 
brüchige  Kotyledonen  des  kleinen  Embryos  füllen  die  Samenschale  aus.  —  Cola  ac7iminata 
und  C.  Vera  im  tropischen  Afrika  liefern  die  Kolanüsse.  Offizineil:  Oleum  Cacao 
(Pharm,  germ.,  aust.,  helv.)  und  Theobromin  (Pharm,  germ.,  helv.)  von  Theobroma  Cacao 
Semen  Colae  von  Cola  acuminata  und  C.  vera  (Pharm,  austr.). 


19.  Ordnung.  Tricoccae(2'). 
Euphorbiaceae.  Gewächse  von  außergewöhnlich  verschiedenartigem 
Habitus  wie  Kräuter,  Sträucher,  blattlose  Stammsukkulenten,  Bäume  mit 
normalen  Blättern  oder  auch  mit  Blattschuppen  und  assimilierenden  Phyllo- 
kladien,  stimmen  die  Euphorbiaceen  darin  überein,  daß  sie  eingeschlechtige, 
radiäre  Blüten  mit  meist  einfacher 
Blütenhülle  oder  ganz  ohne  solche 
besitzen.  Das  Andröceum  ist  di- 
plostemon  oder  vielzählig.  Die 
weiblichen  Blüten  sind  durch  einen 
oberständigen,  dreikarpelligen  und 
dreifächerigen  Fruchtknoten  cha- 
rakterisiert, der  in  jedem  Fache 
1 — 2  hängende  Samenanlagen  ent- 


Fig.    717.      Obturator    an    der    Samen- 
anlage von  Euphorbia  dioica.     Nach  Pax 
in  Engler- PRANTL. 


Fig.  718.   Mercurialis'annua.  ^/j  nat.  Gr.    Männ- 
liche blühende  Pflanze  und  Einzelblüte.    Stück 
einer    weiblichen    Pflanze,    Einzelblüten     und 
Frucht.  —  Giftig. 


hält  mit  ventraler  Raphe,  Mikropyle  also  aufwärts  und  auswärts   gekehrt. 

Sie  wird  von  einem  plazentaren  Auswuchs,  dem  Obturator,  gedeckt  (Fig.  717); 
dieser  vermittelt  Leitung  und  Ernährung  der  Pollenschläuche  und  schwindet  nach  der 
Befruchtung  (vgl.  S.  495).  Die  von  dem  äußeren  Integument  ausgebildete  Canmcula 
(Fig.  719  £))  bleibt  dagegen  an  dem  reifen  Samen  noch  vorhanden,  dessen  Ablösung  von 
der  Plazenta  ihrer  Mitwirkung  zu  danken  ist.  Früchte  sind  Kapseln,  deren  Außenwände 
elastisch  von  einer  Mittelsäule  zurückschnellen  und  so  die  Fächer  öffnen.  Die  Familie 
ist  über  die  ganze  Erde  verbreitet. 

Wichtige  Gattungen:  Zahlreiche  Euphorbiaceen  zeigen  bei  diözischer  oder 
monözischer  Blütenverteilung  einen  sehr  einfachen  ßlütenbau,  so  Mercurialis  (Fig.  718), 
durch  zweikarpelligen  Fruchtknoten  abweichend;  die  Gattung  Crotoru  männliche  Blüten 
mit  doppeltem,  weibliche  mit  einfachem  Perianth,  enthält  die  wichtigen  offizinellen  Arten: 
C.  Eliiteria  und  C.  l^iglmni.  Dagegen  ist  die  in  vielen  einheimischen  Arten  vertretene 
Gattung  Euphorbia,  Wolfsmilch,  neben  anderen  ausgezeichnet  durch  Vereinigung  zahl- 
reicher, einfachst  gebauter  Blüten  in  sehr  komplizierten  Blütenständen,  Cyathium  ge- 
nannt (Fig.  719,  720,  721),  die  besonders  in  zygomorpher  Ausbildung  wie  bei  Pedilanthvs, 
ganz  den  Eindruck  einer  Einzelblüte  machen.     Das  Cyathium  besteht  aus   einer   nackten, 


Angioapermae. 


bib 


langgestielten  und  nach  unten    umgewendeten   weiblichen   Gipfelblüte,    die   von   mehreren 
Gruppen  ebenfalls  gestielter,   auf  je  ein  vom  Stiel    abgegliedertes  Staubblatt    beschränkter, 

männlicher  Blüten  um- 
geben wird.  In  einigen 
Fällen  ist  die  weibliche 
Einzelblüte  und  jede 
männliche  Blüte  mit 
eigenem,  kleinem  Peri- 
anth  versehen.  Stets  aber 
wird  der  ganze  Blüten- 
stand, das  Cyathium, 
durch  fünf  Hüllblätter 
umschlossen,  mit  denen 
vier  große  elliptische 
oder   zweihörnige   Nek- 


Fig.  719.  Euphorbia  Lathyris.  A  Cyathium. 
Vergr.4.  i5Cyathium  längsdurchschnitten.  Vergr.  7. 
C  Frucht  aufgesprungen  zeigt  das  Mittelsäulchen 
(c).  D  Saraenlängsschnitt,  Keimling  im  Endosperm, 
ca  Garuncula,  Vergr.  4.  (A — D  nach  H.  Baillon.) 


Fig.    720.     [Diagramm    eines    Dichasial- 

zweiges  von  Euphorbia,  fertile  weibliche 

Blüte    nur    im    Mittelcyathium.       Nach 

A.  W.  Eichler. 


tardrüsen  alternieren,  welche  den  Eindruck  der  Einzelblüte  erhöhen.  Dort,  wo  die  über- 
gebogene weibliche  Blüte  herabhängt,  fehlt  die  fünfte  Drüse.  Zwischen  den  vor  je 
einem  Hüllblatte  (Fig.  720)  stehenden  Gruppen  männlicher  Blüten  sind  zerschlitzte  Haar- 
bildungen  auf  der  Infloreszenzachse  vorhanden,  die  im  Längsschnitte  (Fig.  719  .B)  sichtbar 
werden.  Solche  Blütenstände  pflegen  nun,  in  dicha- 
sialen  Zweigen  zu  mehreren  angeordnet,  sich  zu 
drei-  bis  vielstrahlig-trugdoldigen  Gesamtinfloreszen- 
zen zu  vereinigen.  Häufig  ist  die  weibliche  Blüte 
nur  in  einzelnen  von  ihnen  entwickelt,  in  den  an- 
deren rudimentär  geblieben.  Zahlreiche,  besonders 
afrikanische  Euphorbia- Arten  haben  die  Gestalt  von 
kaktusähnlichen  Stauuiisukkulenten  (Fig.  721). 

Etiphorbia  und  andere,  aber  durchaus  nicht 
alle  Angehörigen  der  Familie,  enthalten  einen  bei 
jeder  Verletzung  aus  den  ungegliederten  (bisweilen 
auch  gegliederten  wie  bei  Hevea)  Schläuchen  reich- 
lich ausfließenden  Milchsaft,  der  in  vielen  Fällen 
giftig  ist. 

Ein  wichtiger  Bestandteil  des  Milchsaftes  von 
Hevea -Kxi^W.  (H.  Sieben,  discolor,  rigidifolia,  panci- 
folia,  lutea,  guyanensis,  Spruceana)  ist  der  Kaut- 
schuk (vgl.  26 b)^  welcher  als  Parakautschuk  in 
den  Tropen  Südamerikas,  speziell  im  Gebiet  des 
Amazonas,  gewonnen,  lange  Zeit  etwa  50%  der  Ge- 
samtkautschukproduktion der  Erde  deckte,  jetzt  aber 

durch  den  in  Kolonien  gewonnenen  Hevea-,  Ficus-  Fig.  721.  Euphorbia  resinifera.  Nat. 
und  Castilloa-Kautschuk  weit  überholt  ist.  Daneben  Gr.  Nach  Berg  und  Schmidt.  — 
ist  der  von  Manihot   GlaziovH,  einer   ebenfalls  süd-  Offizineil. 


576 


Karsten : 


amerikanischen  Eiiphorbiacee,  erhaltene  C  e  a r a  kautschuk  zu  erwähnen.  Eine  nahe  ver- 
wandte Pflanze,  Manihot  utilissima,  gibt  in  ihren  Wurzelknollen  ein  außerordentlich  wich- 
tiges Nahrungsmittel  der  Tropen  ab:    Maniok   oder  Cassave,   ein    Stärkemehl,    dessen 

feinste  Sorten  als  T a  p  i  o  k  a 
oder  brasilianisches  Arrow- 
root  eine  Rolle  im  Welt- 
handel    spielen.       Der     in 

Brasilien  einheimische 
Strauch   wird  jetzt  überall 
in    den    Tropen    kultiviert. 


Fig.   722.     Ricinus    communis.      Stark    verkl.      Nach 
Baillon.  —  Giftig  und  offizinell. 

Ricinus  comtminis  (Fig.  722)  ist  ein  hoher 
Strauch  des  tropischen  Afrika,  der  als  Zierpflanze 
gezogen,  in  unserem  Klima  alljährlich  erfriert.  Der 
hohle  Stamm  ist  an  den  massiven  Knotenstellen  mit 
langgestielten  schildförmigen,  bandförmig  eingeschnit- 
tenen Blättern  besetzt.  Infloreszenzen  (Fig.  723) 
stehen  terminal,  werden  jedoch  durch  vegetative  Seiten- 
sprosse überholt.  Sie  tragen  unten  männliche  Blüten 
mit  häutigem,  4-  bis  5  blättrigem  Kelch  und  bäum- 
chenartig  verzweigten  Staubblättern;  jede  letzte  Endi- 
gung trägt  eine  Theca.  Darüber  weibliche  Blüten  mit 
3 — 5  Kelchblättern,  einem  großen  dreiteiligen  Frucht- 
knoten, der  außen  mit  warzigen  Stacheln  übersät  ist 
und  in  drei  große  gegabelte,  rote  Narben  ausläuft. 
Bei  der  Reife  liegt  ein  gefleckter  Samen  mit  weißer 
Caruncula  in  jedem  Fache. 

Offizinell:  Euphorbium  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Euphorbia  resinifera 
(Marokko).  Cortex  Cascarillae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Croton  Lluteria 
(Bahama-Inseln).  Oleum  Crotonis  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Croton  TigUum 
(Ostindien).     Kamala    (Pharm,  germ.,  austr.,    helv.),    Drüsenhaare   der  Fruchtkapsel   von 


Fig.     723.       Ricinus     communis. 

Blütenstand.     V,  nat.    Gr.     Junge 

Frucht     längsdurchschnitten.     — 

Offizinell. 


Angiospermae. 


577 


Mallotus  phtlipptnensis  (ostasiatische  Tropen),  Oleum  Ricini  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.)  von  Ricinus  communis.  Kautschuk  (Pharm,  germ.)  von  Hevea- Avten  und  Manihot 
Glaziovii. 

20.  Ordnung.    Gruinales. 

Zwittrige,  durchaus  fünfgliodrige,  strahlige  Blüten  mit  oberständigem, 
gefächertem  Fruchtknoten  [also  K5,  C5,  A5  +5,  G(5)]  finden  sich  bei  den 
meisten  Angehörigen  der  Ordnung.  Sind  die  Blüten  dorsi ventral,  so  tritt 
häufig  Reduktion  ein  (Polygalaceen).  Die  Staubblätter  sind  am  Grunde  ver- 
wachsen, obdiplostemon  oder  haplostemon  und  führen  an  ihrer  Außenseite 
Nektarien  oder  solche  sind  als  ringförmiger  intrastaminaler  Diskus  vor- 
handen (Rutaceen).  Die  Samenanlagen  sind  meist  hängend  orientiert,  mit 
aufwärts  gerichteter  Mikropyle  und  ventraler  Raphe  oder  haben  bei  abwärts 
gerichteter  Mikropyle  eine  dorsale  Raphe. 

Zu  der  1.  Familie  Gerania- 

ceae  gehören  die  Gattungen  Gera- 

nium  mit  radiären  und  Pelargonium 

mit    dorsiventralen    Blüten    (Fig. 

Kc»>    m;   r\    IM    AT-o-N'^    I- I    •  724)';    beide    haben    handnervige 


Fig.  724.    Blütendiagramme  von  Geraniaceen.   A  Geranium 
pratense.     £  Pelargonium  zonale.     Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  725.      Frucht  von    Pelar- 
gonium  inquinans.      Vergr.    3. 
Nach  H.  Baillon. 


Fig. 727.  Erythroxylon  Coca.  7,  nat.  Gr  —  Offizinel  I. 

Strasburger,  T/ehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl. 


Fig.    726.      Linum   usitatissimum. 
A   Nat   Gr.    ß  und  C  Ver^r.  3.  — 
Offizineil.     Gez.    FI.  Schexck. 
37 


578 


Karsten : 


Blätter.  Die  fünf  geschnäbelten  Fruchtblätter  führen  zwei  Samenanlagen  in  jedem  Fache ; 
sie  lösen  sich  bei  der  Reife  von  einem  Mittelsäulchen  ab,  öffnen  sich  dabei  und  entlassen 
den  Samen  oder  bleiben  geschlossen  und  können  sich  durch  hygroskopische  Krümmungen 
der  Grannen  in  die  Erde  einbohren  (Fig.  725,  vgl.  Fig.  295,  S.  276). 

2.  Familie  Linaceae.  Liman  tisitatissimnm  (Fig.  726).  Der  Lein  ist  eine  alte, 
einjährige  Kulturpflanze.  Ihre  zahlreichen  radiären,  blauen,  kurzlebigen  Blüten  mit  am 
Grunde  verwachsenen  Staubblättern  und  fünf  freien  Griffeln  beschließen,  in  traubigen 
Wickeln  stehend,  den  mit  kleinen  schmalen  Blättern  reich  besetzten  Stengel,  dessen  Bast- 
fasern nach  geeigneter  Zubereitung  zu  Leinwand  verwebt  werden.  Die  Samen  der  fünf- 
.m  fächerigen  Kapsel  dienen   zur  Ölgewinnung  Oleurn 

Lmi  und  sind  auch  ihrer  Schleimepidermis  wegen 
offizineil:  Semen  Lini  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.)  von  Linum  usitaU'ssimum. 

Zu  der  kleinen  3.  Familie  der  Erythroxy- 
laceae  gehört  der  o  f  f  i  z  i  n  e  1 1  e  kleine  Strauch 
Erythroxylon  Coca  aus  Peru  mit  ungeteilten  ganz- 
randigen  lebhaft  grünen  Blättern  und  blattachsel- 
ständigen  Gruppen  kleiner  weißer  Blüten  (Fig.  727). 
Er  liefert:  Cocain  um  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.) 
und  Folia  Coca  (Pharm,  germ.,  helv.). 

Guajacum  officinale,  ein  Bäumchen  West- 
indiens mit  gegenständigen,  paarig  gefiederten 
Blättern  gehört  zu  der  4.  Familie  Zygoyhyllaceae 
und  liefert  das  offizinelle  Guajakholz  und  Gua- 
jakharz:  Lignum  Guajaci  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.).     Resina  Guajaci  (Pharm,  austr.,  helv.). 


Fig.  728.  Ruta  graveolens.   7,  nat  Gr.  — 
Offizinen. 


Fig.    729.     Blütendiagramm    von   Citrus 
vulgaris.    Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.    730.      Citrus    vulgaris. 
Offizineil. 


V2    nat.    Gr.   — 


Wichtige  Gattungen  enthält  die  5.  Familie  Rutaceae.  Ruta  graveolens 
(Fig.  728),  die  Raute,  eine  ausdauernde,  halbstrauchige  Pflanze  mit  doppelt  gefiederten 
bis  fiederteiligen  Blättern.  Die  Endblüten  ihrer  dichasialen  Blütenstände  sind  bei  kräf- 
tigen Exemplaren  fünfzählig,  alle  anderen  vierzählig,  strahlig,  mit  großem  intrastaminalem 
Diskus.  Dictammis  fraxinella,  der  einheimische  Diptam,  besitzt  ansehnliche,  dorsiventrale 
Blüten  in  rispigen  Infloreszenzen  mit  oben  freien  Fruchtblättern.  Die  wichtigste  Nutz- 
pflanzen-Gattung ist  Citrus  (^^).  Abweichend  vom  Typus  zeigen  ihre  Blüten  (Fig.  729,  730) 
zahlreiche  Staubblätter  in  einem  Kreise  bündelweise  vereinigt  und  eine  Vermehrung  der 
Beerenfrüchte  liefernden  Fruchtblätter.  Das  Fruchtfleisch  besteht  aus  Zotten  von  saft- 
reichen   Zellen,    welche   in    die    Fächer    einwachsen:    ihre    Samen    sind    durch    Adventiv- 


Angiospermae. 


579 


embryonen  oft  mehrkeimig  (vgl.  S.  500).     Viele  Arten    haben  einfache  Blätter    mit    mehr 
oder  minder  geflügeltem  Blattstiel;  diejenigen  anderer  Arten  jedoch    sind  dreizählig,    und 
das  Gelenk  an  der  Einfügungsstelle    der   Spreite    zeigt,    daß 
jene  scheinbar   einfachen  Blätter   unpaarig  gefiederten    ent- 
sprechen, deren  Endfiederchen  allein  erhalten  blieb.    Dornen  /  /  ms, 
an  der  Blattansatzstelle  entsprechen  den  ersten  Blättchen  der  / i n  O d  ^h\ 
Achselknospe.     Citrus   ist  ostasiatischen  Ursprungs;  mehrere  /       [Ij  (0) 
Arten  haben  in  den  wärmeren  Himalayatälern  ihre  Heimat,  \  \\  [  ^^    m 


Fig.  732.     Blütendiagramm 

von     Polygala     myrtifolia. 

Nach  A.  W.  Eichler. 


Fig.  731. 


Quassia    amara. 
Schmidt. 


'/.,   nat.    Gr.     Nach   Berg   und 
-  "Offizinen. 


Fig.  733.  Polygala  Senega.  A  Blüte,  a  kleine  Kelchblätter, 
c  große  Kelchblätter,  c  Kahn,  e  seitliche  Kronblätter,  d  An- 
hängsel des  medianen  Kronblattes.  B  Andröceum,  k  An- 
theren,  vergr.  —  Nach  Berg  und  Schmidt.  —  Offizineil. 


M 


Fig.  734.   Polygala  Senega. 
Vj  nat.  Gr.  —  Offizinell. 
37* 


580 


Karsten ; 


und  wohl  alle  wichtigen  Kulturformen  sind  von  den  Chinesen  zuerst  gezogen  worden.  Citrus 
decumana,  Pompelmus,  tropisch;  Citrus  medica,  diejenige  Form,  welche  den  Griechen  beim 
Zuge  Alexanders  als  „medischer  Apfel"  bekannt  wurde,  ist  jetzt  in  verschiedenen  Varie- 
täten verbreitet,  von  denen  Citrus  {medica)  Limonum  unserer  Z  i  trone  entspricht.  Dieser 
Baum  dürfte  vom  3.  oder  4.  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  ab  im  Mittelmeergebiet 
gezogen  worden  sein.  Citrus  {medica)  Bajoura  (Cedro  ital.,  Cedratier  franz.),  die  Cedrate 
liefert  aus  ihren  dickschaligen  Früchten  das  Zitronat.  Citrits 
Aurantium  kommt  in  zwei  verschiedenen  Formen  vor,  als  Citrus  q 

(Aurantinm)  vulgaris,  Fig.  730,  Pomeranze,  und  C.  {Anra»- 
tijtm)  5?«f«^w  Apfelsine;  Citrus  nobilis,  Mandarine,  eben- 
falls chinesischer  Abstammung.  Durch  Pfropfung  erhaltene  Chi- 
mären von   Citrus   ojirantium   und   C.   limonum  heißen   Bizzaria. 


Fig.  735.     Blütendiagramm 

von  Hex  Aquifolium.  Nach 

A.  W.  Eichler. 


Fig.  736.     Acer  Pseudoplatanus.     V»  "^t.  Gr. 
rispe.    2  Männliche,  j  weibliche  Einzelblüte. 


I  Zweig  mit  terminaler,  hängender  Blüten- 
Früchte.  5  Diagramm  nach  A.  W.  Eichler. 


Offizineil:  Citrus  vulgaris  liefert:  Fructus  Aurantii  immaturi,  Cortex 
Aurantii  fruct.  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  Oleum  Aurantii  florum  und  Folia 
Aurantii  (Pharm,  austr.,  helv.),  Oleum  Aurantii  Pericarpii  (Pharm,  austr.).  — 
Citrus    limonum:   Cortex    Citri    fructus   und   Oleum   Citri   (Pharm,   germ.,  austr., 


Angiospermae.  531 

helv.).  —  Citrus  Bergamia:  Oleum  Bergamottae  (Pharm,  helv.).  —  Ruta  graveolens: 
Herba  Rutae  (Pharm,  helv.)-  —  Pilocarpus  pennatifoUus  und  P.  Jaboratidi,  baumförmige 
Sträucher  des  östlichen  Brasiliens  mit  großen,  unpaarig  gefiederten  Blättern :  F  o  i  i  a 
Jaborandi  und  Pilocarpin  um  {Pharm,  germ.,  austr.,  helv.). 

Wichtige  offizineile  Pflanzen  enthalten  die  6.  P^amilie  der  Simarubaceae, 
nämlich  Quassm  amara  (Fig.  731),  Surinam,  und  Picrasma  excelsa,  westindische  Inseln, 
die  Bitterholz  liefern:  Lignum  Quassiae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  außerdem 
Gort  ex    Simarubae    Wurzelrinde    von    Sünaruba    amara    (Pharm,    germ.),    und    die 

7.  Familie  Burseraceae,  die  offizineile  Harze  ausscheidende  Pflanzen  umfaßt:  Co7n- 
miphora  ahyssinica  und  C.  Sckiniperi,  arabisch-ostafrikanische  Bäumchen,  geben  Myrrha 
(Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  BoswelUa  Carteri  und  B.  Bhau  dajia?jae,  Bäumchen  derselben 
Heimat  wie  die  Commiphora-KxiQw,  liefern  Olibanum,  Weihrauch  (Pharm,  austr.). 
Canarium- KxiQxv  der  Philippinen  endlich  Elemi  (Pharm,  austr.,  helv.). 

Zwei    seitliche    kronblattähnliche    Kelchblätter    sind    das    beste    Kennzeichen    der 

8.  Familie  Polygalaceae^  daneben  das  kahnförmige  untere  Kronblatt  und  die  röhrig  ver- 
wachsenen acht  Staubblätter.  (Fig.  732,  733,  734)  K  5,  C  3,  A  (8),  G  (2).  Einheimische 
Arten  sind:  Polygala  vulgaris  und  P.  atnara,  auf  Wiesen  häufig;  P.  Chamaebuxus,  kleiner 
Halbstrauch  der  Alpen.  Offizin  eil:  Polygala  Senega,  Nordamerika,  liefert  Rad.  Senegae 
(Pharm,  germ.,  austr.,  helv.). 

9.  Familie  der  Sapindaceae.  Meist  in  tropischen  Gebieten  heimische  Pflanzen. 
Offizinell:  Guarana  (Pharm,  austr.,  helv.)  aus  dem  zerquetschten  Samen  von  Pajtllinia 
cttpana,  einer  Liane.  Brasiliens.  Ebenso  sind  die  Vertreter  der  10.  Familie  Änacardiaceae 
meist  Tropenbewohner  wie  Mangifera  indica.  Rhus  toxicodendron,  der  Giftstrauch  Nord- 
amerikas und  die  Pistacia-Kxi&n  gehören  hierher.  Offizinell:  Mastix  (Pharm,  austr.) 
von  Pistacia  Lentisciis.  Zur  11.  Familie,  den  Äquifoliaceae^  gehören  die  //«■.r- Arten : 
(Fig.  735)  Hex  aquifolium  die  einheimische  sog.  Stechpalme,  /.  paraguariensis,  die  Mate- 
pflanze, die  den  Paraguaytee  liefert.  Endlich  als  12.  Familie  sind  die  Aceraceae  zu 
nennen,  denen  die  Ahorn -Arten  angehören  mit  den  charakteristischen  geflügelten  Spalt- 
früchten (Fig.  736),  und  13.  Familie  die  Hippocastanaceae  mit  der  Roßkastanie  Aesculus 
hippocastamim. 

31.  Ordnung.    Frangulinae. 

Die  Ordnung  wird  charakterisiert  durch  nur  einen  Staubblattki-eis  vor 
den  Kronblättern  und  einen  intrastaminalen  Diskus. 

Die  einzige  einheimische  Gattung  der  sonst  in  den  Tropen  verbreiteten 
1.  Famihe  Rhaninaceae  ist  Rhamnus.  Rh.  Franguia,  Faulbaum  (Fig.  737^, 
738,  739),  ist  ein  in  Wäldern  und  an  Wegen  häufiger  Strauch  mit  wechselständigen  ganz- 
randigen  Blättern  und  kleinen  Nebenblättchen,  dessen  Blüten  in  Gruppen  oder  einzeln 
blattachselständig  stehen  und  bis  auf  das  Gynäceum  fünfzählig  sind;  die  schüsseiförmige 
Blütenachse  wird  als  Diskus  ausgebildet.  Zwei  bis  drei  Fruchtblätter  mit  ungeteilter  Narbe 
liefern  Steinfrüchte  mit  ebensoviel  Samen.  Rh.  cathartica,  Kreuzdorn,  ist  die  zweite 
einheimische  Art.  Die  Zweige  sind  meist  dornig  mit  gegenständigen  gesägten  Blättern. 
Die  durchweg  vierzähligen  Blüten  (Fig.  737^)  werden  durch  Fehlschlagen  diözisch;  weib- 
liche enthalten  vier  freie  Griffel  und  bringen  viersamige  Steinfrüchte,  die  Samen  mit 
dorsaler  Raphe.  Colletia  spinosa  und  C.  cruciata  sind  xerophile,  blattlose  Sträucher  Süd- 
amerikas. Offizinell:  Cortex  Frangulae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Rh. 
Franguia.  Cortex  Rhamni  Purshianae  (Pharm,  austr.,  helv.)  =  Cascara  sagrada 
von  Rh.  Piirslnaiia  aus  Nordamerika.  Syrupus  Rhamni  catharticae  (Pharm,  germ.) 
von  Rh.  cathartica. 

Die  nordhemisphärischen  Gattungen  Vitis,  Ampelopsis,  Parthenocissus  und  die  tro- 
pische Gattung  Cissus  gehören  zur  2.  Familie  Vitaceae  (Fig.  740,  741).  Vitis  vinifera,  die 
Weinrebe,  ist  als  alte  Kulturpflanze  in  zahlreichen  Rassen  und  Varietäten  verbreitet. 
Die  Blätter  sind  bandförmig  gelappt,  die  blattgegenständigen  Rankensprosse  sind  ur- 
sprünglich endständig,  aber  durch  einen  Achselsproß  zur  Seite  gedrängt.  Oft  stehen 
die  rispigen  Blütenstände  an  Stelle  von  Ranken,  und  Zwischenbildungen  beider  sind 
häufig.  Der  Kelch  ist  nur  in  Form  eines  kurzen  Randes  vorhanden,  und  die  am  Scheitel 
verwachsene  fünfzählige  Krone  wird  beim  Öffnen  der  Blüten  abgeworfen.  Korinthen 
sind  die  samenlosen  Früchte  der  Vitis  vinifera  var.  apyrena.  Die  in  Nordamerika  und 
Asien    verbreiteten    Parthenocissus- kxiQW.,    wilder   Wein,    haben    geteilte    Blätter    und 


582 


Karsten ; 


klettern  zum  Teil  mit  Haftscheiben  tragenden  Ranken  (Fig.  208).    Offizineil:  Vinum 
(Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)- 


Fig.  737.  Biütendiagramme.  A  Von 
Rhamnus  cathartica  (hermaphrodit  ge- 
dacht).     B   Von    Rh.    Frangula.      Nach 

A.    W.    ElCHI.ER. 


Fig.    739.      Rhamnus    Frangula.      Blüte 

rÄ*fSk.t,%Sb£;      Fi?,'f     Bha.„„.    Frangula      .,,    „at.    Gr 
.    Fruchtknoten.      Ve^gr.     Nach    Berg      Blühender    Zweig    und     Zwe.gstnckchen    m,t 
und  Schmidt. 


Früchten. 


Fig.  740.     Vitis  vinifera.     Öffnung  der 

Blüte.      a    Kelch,    b   Krone,    c    Diskus, 

d  Staubblätter,  e  Fruchtknoten.     Vergr. 

Nach  Berg  und  Schmidt. 


Fig. 


741.      Blütendiagramm    von    Ampelopsis 
hederacea.    Nach  A.  W.  Eichler. 


[Die  im  Vorhergehenden  gegebene  Reihefolgen  ist  im  wesentlichen  der- 
jenigen des  sero-diagnostischen  Stammbaumes  gefolgt;  daß  die  Aquifoliaceen 
zu  den  Sapindaceen  gestellt  sind,  ist  wohl  eine  kleine  Vereinfachung  für  die 
Aufzählung  der  Familien.  Nun  sollen  auch  die  Ericaceen  in  diesen  Zweig  ein- 
gegliedert werden.  Wenn  es  auch  seit  langem  klar  war,  daß  sie  nicht  zu  den 
typischen  Sympetalen  gehören,  so  hätte  man  nach  morphologischen  Gesichts- 
punkten eine  Anreihung  an  die  Guttiferen  oder  die  Ternstroemiaceen  erwarten 
können,  wohin  teilweise  Sympetalie,  apikale  Poren  der  Antheren  und  Eigen- 
tümlichkeiten im  Bau  der  Fruchtknoten  zu  weisen  scheinen.  Somit  reihe  ich 
die  Ericaceen  nur  mit  allem  Vorbehalt  vorläufig  als  letztes  Glied  demColumni- 
ferenaste  ein.] 


Angiospermae. 


583 


22.  Ordnung.    Ericinae 

mit  der  Familie  der  Ericaceae.  Es  sind  hier  immergrüne,  kleinblättrige,  häufig 
nadeiförmig  belaubte  Sträucher  oder  Halbsträucher  vereinigt,  deren  Blüten 
Antheren  besitzen,  die  einmal  durch  ein  ,,Exothecium"  (S.  470)  ausgezeichnet 
sind,  die  sich  andererseits  in  Poren  oder  Spalten  öffnen  und  hornförmig  ab- 
stehende Anhänge  tragen,  daher  auch  wohl  Bicornes  genannt  werden. 

Fünfzählige  Blüten  in  allen  fünf  Kreisen  tragen  die  Rhododendron-Arten,  die  Alpen- 
rosen, deren  wir  drei  einheimische  Arten  besitzen.  Ebenso  sind  die  Blüten  des  Porst, 
Ledum  palustre,  und  der  Gattung  Andiomeda  fünf  blättrig,  und  alle  genannten  besitzen 
einen  oberständigen  Fruchtknoten,  der  zu  einer  Kapselfrucht  wird.  Ebenso  verhält  sich 
Arctostaphylos  uva  ursi  (Fig.  742),  mit  dem  einzigen  Unterschiede,  daß  hier  Steinfrüchte 
entstehen.  Fünfzählige  Blüten  mit  unterständigem  Fruchtknoten  finden  wir  bei  mehreren 
Beerensträuchern    aus    der   Gattung    Vaccimum    (Fig.    743):    der    Heidelbeere,     Vacciumm 


Fig.  742.    Arctostaphylos  uva  ursi.    i  Blühender  Zweig.    2  Blüte 

im  Längsschnitt.    3  Pollentetrade.    4  Frucht.   5  Fruchtquerschnitt. 

2—s  vergr.     Nach  Berg  und  Schmidt.  —  Offizinell. 


Fig.  743.  Diagramm  von 

Vaccinium     (Ericaceae). 

Nach  F.  NoLL. 


MyrMlus,  und  Preißolbeere,  V,  Vitis  idaea,  welche  dementsprechend  die  Reste  des  Kelches 
auf  jeder  Beere  tragen.  —  Eine  Reduktion  der  Gliederzahlen  auf  vier  findet  sich  in  der 
Gattung  Erica,  die  besonders  im  trockenen  Mittelmeer-  und  Kapgebiet  verbreitet  ist;  dabei 
hat  Ertca  oberständigen  Fruchtknoten.  Verbreitet  ist  bei  uns  außer  Erica  Tetralix  be- 
sonders das  nahe  verwandte  Heidekraut,  Calluna  vulgaris  (*'*),  von  Erica  durch  den  die 
Krone  überragenden  Kelch  unterschieden. 

Offizinell  sind  Folia  uvae  ursi  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  A  rctostaphylos 
uva  ursi  und  Fructus  Myrtilli   (Pharm,   austr.,   helv.)   von    Vaccinium  Myrtillus. 


Borraginaceae 


Styracaceae 
Sapotaceae 


Symplocaceae 


Noianaceae 
.f -eucurb„3ceae  /  GesnerlaSeae  Orobancha^fa?"'"" 


Stammbaum  der  Sympetalen  nach  den  sero- diagnostischen  Untersuchungen  von  W.  Alexnat. 


584 


Karsten : 


ß.  Sympetalae. 

Das  einzige  den  Sympetalen  gemeinsame  Merkmal  ist  die  verwachsen- 
blättrige Krone.  Die  Mehrzahl  der  nach  Ausschluß  der  Primulinae  und  Eri- 
cinae  verbliebenen  Sympetalen  haben  nur  einen  Staubblattkreis,  da  der  innere 
Kreis  ausgefallen  ist.  Sie  werden  daher  als  Tetracyclicae  bezeichnet.  Nur  die 
einzige  Ordnung  der  Diospyrinae  besitzt  auch  diesen  inneren  Staubblatt- 
kreis, sie  werden  daher  als  Pentacyclicae  jenen  Vierkreisi gen  gegenübergestellt. 

Die  1.  Ordnung  der  Diospyrinae, 

zu  der  die  tropischen  Familien  der  Ebeiiaceae,  Sapotaceae  und  Styracaceae  zu  zählen  sind, 
ist    von    Bedeutung    wegen    der    den    Sapotaceen    angehörigen   Palaquiwn-   (Fig.  744)    und 


Fig.  744.  Palaquium  Gutta.     7«  "^t-  Gr.    Nach  A.  Meyer  und  Schumann.  —  Offizineil. 

Payena-KxiQW  des  Malayischen  Archipels,  welche  Guttapercha  (Pharm,  germ.)  liefern; 
Mimusops-Kvien  (Sapotaceae)  geben  einen  ähnlichen  Körper,  Bai  ata,  und  von  den  Styra- 
caceeti  leitet  man  das  Benzoeharz  (Pharm,  germ.,  aust.,  helv.)  ab,  doch  ist  seine  Her- 
kunft von  Styrax  Benzoin  zweifelhaft  geworden. 

B.  Tetracyclicae. 

1.  Fruchtknoten  oberständig. 
Die   Tetracyclicae  haben  also  nur  vier  regelmäßig  miteinander  alter- 
nierende Blütenwirtel  aufzuweisen.  Sie  lassen  sich  nach  der  Stellung  des  Frucht- 


Angiospermae. 


585 


knotens  in  zwei  Gruppen  von  Ordnungen  zerlegen,  entweder  ist  der  Frucht- 
knoten oberständig,  hierher  gehören  die  Ordnungen  der  Contortae,  Tubi- 
florae  und  Personatae.  Alle  diese  Ordnungen  stimmen  auch  darin  überein, 
daß  der  Fruchtknoten  aus  zw^ei  Fruchtblättern  besteht.  Die  Ordnungen  mit 
unterständigem  Fruchtknoten  sind  die  Kubiinae  und  die  den  Rubiinae  nahe- 
stehenden Dipsacaceae,  die  von  den  Synandrae  (Campanulaceae-Compositae) 
getrennt  werden.  Diese  bleiben  in  der  Hauptreihe;  die  mit  den  Kubiinae 
endende  Abzweigung  setzt  ebenso  wie  die  einzige  pentazyklische  Ordnung 
der  Diospyrinae  an  die  Cucurbitaceae  als  Abzweigung  an.    Die  Zahl  der  durch- 


weg unterständigen  Fruchtblätter  ist  bei   der  Mehrzahl  der 
Cucurbitaceae,  Cuprifoliaceae  und  Valerianaceae  besitzen  drei, 

ceae  zwei  oder  fünf 

^  und  Dipsaeaceae  und 

^ä  Compositae  nur  ein 

^V  Fruchtblatt. 

L^V  Nachdem  so  ein- 

1         j^V  zelne      gemeinsame 

\        ^^m  Merkmale  herausge- 

M       ^K  funden   sind,    sollen 

^    Hy                 y  die  Ordnungen  nach 

^.  ^H  ^ ^^^^  ihren  Familien    be 

^W/     J0f  sprechen  werden. 


Rubiinae  zwei, 
die  Campanula- 


Fig.   745.     Oleaceae. 

Diagramm  (Syringa). 

Nach  F.  NoLL. 


Fig.   747.      Olea   europaea.     A    Ausgebreitete 
Krone.    B  Kelch  und  Fruchtknoten  im  Längs- 
schnitt.-  Vergr.    Nach  Engler-Prantl. 


Fig.  746.     Olea  europaea   mit  Früchten. 
Vo  nat.  Gr.  —  Offizinell. 


Fig.  748.     Olea  europaea.     Steinfrucht. 


Die  2.  Ordiiimg,  Coutortae, 

umfaßt  Pflanzen  mit  dekussierten,  meist  einfachen  Blättern,  durchweg  strah- 
ligen Blüten,  deren  Krone  in  der  Knospenlage  häufig  gedreht  und  deren 
Andröceum  der  Krone  angewachsen  ist. 

Die  1.  Familie  der  Cleaceen  ist  an  der  Zweizahl  des  Andröceums  leicht  zu  er- 
kennen; die  Krone  ist  meist  vierzipfelig,  wie  das  Diagramm  von  Syringa  zeigt  (Fig.  745). 
Neben  Ligustr^im,  Jasminum,  Forsythia  und  Syringa  ist  Olea  europaea,  der  Ölbaum  oder  die 
Olive,  die  wichtigste  Pflanze  der  Familie  (Fig.  746).  Im  Mittelmeergebiete  heimisch,  wird 
sie  hier  auch  vorzugsweise  kultiviert.    Blüten  und  Früchte  entsprechen  dem  Familientypus 


586 


Karsten : 


(Fig.  747).  Die  Steinfrucht  enthält  sowohl  im  Fruchtfleisch  wie  im  Endosperm  des  Samens 
fettes  Öl  (Fig.  748).  Vom  Familientypus  weicht  durch  gefiederte  Blätter  die  Esche, 
Fraxmtis,  ab.  Fraximis  excehior  mit  anemophilen  Blüten  blüht  vor  der  Belaubung, 
Fr.  Ornus,  die  in  Sizilien  zur  Mannagewinnung  kultivierte  Bergesche  oder  Mannaesche, 
hat  ansehnliche  gipfelständige  Infloreszenzen,    deren  Einzelblüten    doppeltes  Perianth    mit 


Fig.  749.     Fraxinus  Ornus.    Einzelblüte 
und  Frucht.  —  Offizineil. 


Fig.    750.      Strychnos   nux   vomica.      ^/.^    nat.    Gr. 

Frucht  und  Samen,  Querschnitte    durch   beide.  — 

Offizineil  und  giftig. 


Fig.  751.     Gentiana  lutea,    a  und  b  Blütenknospe 

mit  Kelch  faj  und  der  gedrehten  Krone  (bj.    Nat.  Gr. 

c  Fruchtknoten  im  Querschnitte,  vergr.    Nach  Berg 

und  Schmidt.  —  Offizineil. 


Fig.  752.     Vinca  minor,     '/s  "**•  ^^* 


tiefgespaltener  weißer  Krone  besitzen.    Es  sind  neben  Zwitterblüten  (Fig.  749)  rein  weib- 
liche schwarze  Blüten  vorhanden;  die  Pflanze  ist  polygam. 

Offizineil  ist  Oleum  Olivarum    (Pharm,    germ.,  austr.,  helv.)    von  der  Olive 
und  Manna  (ibidem)  von  der  Mannaesche. 


Angiosperniae. 


587 


Die  2.  kleine  Familie  der  Contortae,  die  Loganiaceae  (3"),  ist  nur  wegen  der  wich- 
tigen Gift-  und  offizineilen  Pflanze  Strychnos  mix  vomica  (Fig.  750)  zu  erwähnen,  die 
auch  das  Pfeilgift  der  Malayen  liefert;  aus  anderen  Strychnos- kx\.^x\.  wird  das  Curare 
Südamerikas  gewonnen;  ruminiertes  Endosperm  bei  Spigelia. 

Offizineil:  Semen  Strychni  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  und  Radix  Gel- 
se mii  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von   Gelsemmm  nitidum. 

"Wichtiger  ist  die  3.  Familie  der  Ordr.ur.g,  die  Gentianaceae,  durch  einfächerigen 
Fruchtknoten  kenntlich,  mit  deutlich   gedrehter  Krone   in   der   Knospe   (Fig.  751).     Ein- 


Fig.  753.     Nerium  Oleander 


heimisch  ist  die  Gattung  Gentiana  mit  zahlreichen  Arten,  deren  lebhaft,  meist  blau  ge- 
färbte große  Blüten  ein  Schmuck  der  Alpenwiesen  sind.  Der  umstrittene  Saisondimorphis- 
mus soll  durch  Entwicklung  nahe  verwandter  Formen,  deren  eine  vor  dem  ersten  Wiesen- 
schnitt blüht  und  fruchtet,  während  die  andere  ihre  Blütezeit  nach  dem  Schnitt  hat,  an 
Gentiana- kx\.&i\{^^'^^)  gute  Bestätigung  finden. 

Erythraea,  Tausendgüldenkraut,  Menyanthes,  Bitterklee,  Limnanthemum, 
eine  westdeutsche  Wasserpflanze  mit  Schwimmblättern,  sind  bekannte  Gentianaceen. 

Offizinell:  Radix  Gentianae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  G.  lutea,  pan- 
nonica,  punctata,  pur purea,   den  größten  ö^d-w/Za^a- Arten  unserer   Gebirge,    Herba   Cen- 


588 


Karsten : 


Fig.  754.    Strophanthus  hispidus.    '/,  nat.  Gr.    Nach  E.  Gilg 

kombiniert   mit  Meyer  und  Schümann.     Fruchtknoten  im 

Längsschnitt  ^«/i,    Frucht   ca.  V,,    Samen   Vs  "at.  Gr.     Nach 

Schumann  in  Engler-Prantl.  —  Offizineil. 


Fig.  755.    Asclepias  curassavica.    A  Blüte,  a?t  Andröceum. 

Vergr.  4.  B  Kelch  und  Gynäceum,/«  Fruchtknoten,  k  Klemm- 

körperchen.    Vergr.  6.    C  Zwei  Poliinien.    Stärker  vergr. 

Nach  11.  Baillon. 


Fig.  756.     Vincetoxicum 

officinale.    V«  "»*•  ^r-  — 

Giftig. 

Nach  H.  SCHENCK. 


Angiosperniae.  589 

taurii  (ibidem)  \o\\  Erythrara  Centajirmm  und  Folia  Trifolii  fibrini  (ibidem)  von 
Menya?ithes  trifoliata. 

Die  4.  Familie  &Qr  Apocynaceae,  hauptsächlich  in  den  Tropen  verbreitet, 
umfaßt  nur  immergrüne  Pflanzen  mit  Milchsaft.  Die  beiden  Fruchtblätter 
sind  unterwärts  frei,  oben  hält  der  gemeinsame  Griffel  sie  mit 
ringförmiger  Narbe  zusammen;  so  streben  sie  nach  der  Befruchtung  aus- 
einander und  bilden  zwei  große  Balgfrüchte  mit  zahlreichen,  meist  durch  Besitz 
eines  Haarschopfes  ausgezeichneten  Samen  (Fig.  754). 

Einheimisch  ist  nur  Vitien  minor,  das  kleine  Immergrün  der  Wälder  in  West-  und 
Süddeutschland  (Fig.  752).  Im  Mittelmeergebiet  heimisch,  bei  uns  vielfach  in  Kultur,  ist 
der  giftige  Oleander,  Nerium  Oleander  (Fig.  753).  Cerbera  Odollam  (Fig.  590),  Schwimm- 
frucht der  Mangrove,  ist  eine  Apocynacee. 

Offizin  eil  ist  Semen  Strophanti  (Fig.  754)  ('")  von  der  afrikanischen  Liane 
Str.  Kombi  (Pharm,  germ.,  austr.,  lielv.),  Kautschuk  ("-;  (Pharm,  germ.)  von  Kickxia 
elastica,  Latuiolphia-kvien,  Carj>odirnis-Arten,  alle  im  tropischen  Afrika  beheimatet,  ferner 
von  dem  brasilianischen  Baum  Hancornia  speciosa  und  der  malayischen  Lianengattung 
Willoughbeia;  Guttapercha  (Pharm,  germ.)  von  Tabemaemontana  Donneil  Snüthii  Qk\\X^\- 
amerika)  und  endlich  Cortex  Quebracho    von  Aspidosperma  Qiiebracho  (Pharm,   helv.). 

Die  5.  Famihe  der  Äsclepiadaceae  gleicht  in  allen  Punkten  der 
vorigen,  besitzt  aber  freie,  nur  durch  die  prismatische  (Fig.  755)  Narbe 
zusammengehaltene  Fruchtblätter.  Ihre  Staubblätter  sind  an  der  Basis 
vereinigt  und  tragen  dorsale  nektarführende  Anhängsel,  welche  eine  Neben- 
krone bilden.  Die  Pollenmassen  bleiben  fachweise  zu  Pollinien  verklebt, 
deren  Stiele  an  drüsigen  Schwellungen  des  kantigen  Narbenkopfes,  den  Klemm- 
körperchen,  festsitzen.  Diese  alternieren  mit  den  Staubblättern,  so  daß  von 
den  an  einem  Klemmkörperchen  hängenden  Pollinienpaaren  je  eines  dem 
rechten  und  dem  linken  Nachbarstaubblatte  entstammen.  Besuchende  In- 
sekten nehmen,  ähnlich  wie  bei  den  Orchidaceen,  die  ganzen  Pollinien  mit 
fort  und  übertragen  sie  auf  andere  Blüten  (Fig.  755). 

Einheimisch  ist  nur  Vincetoxicum  officinale  (Fig.  756),  eine  unscheinbare,  aber  giftige 
Staude  mit  kleinen  weißen  Blüten  und  langbehaarten  Samen  in  den  Balgfrüchten.  Die 
übrigen  Asclepiadaceen  sind  meist  Bewohner  der  Tropen  und  Subtropen.  Besondere  Er- 
wähnung verdienen  die  sukkulenten  Stapelia-,  Hoodia-,  Trichocatilon-  usw.  Arten,  kaktus- 
ähnliche (Konvergenz)  Pflanzengestalten  der  südafrikanischen  Wüsten,  und  die  eigenartige 
Kannenpflanze  des  Malayischen  Gebietes,  Dischidia  Rafßesiana{^^)  {¥\g.2\\),  deren  Kannen 
als  Wasserkondensatoren  dienen.  Vielfach  kultiviert  wird  Hoya  camosa,  die  Wachsblume, 
und  zahlreiche  Ceropegia- Arten  mit  eigenartig  überdachten  Blüten.  Offizineil:  Cortex 
Condurango  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Marsdetiia  Cundurango,  einer  in  Ecuador 
und  Columbien  heimischen  Liane. 

Die  3.  Ordnung  der  Sympetalen  sind 

die  Tubifloi-ae, 
denen  man  Beziehungen  zu  den  Gruinales  und  Rosifloren  zuschreibt.  Fünf- 
zähUge,  oft  dorsiventrale  Blüten  mit  zweifächerigem  Fruchtknoten,  der  in 
jedem  Fache  zwei  durch  falsche  Scheidewände  getrennte  Samenanlagen  führt. 
Die  normale  Zahl  der  Staubblätter  wird  bei  den  dorsiventralen  Blüten  auf 
vier,  bisweilen  auf  zwei  reduziert. 

An  den  Anfang  sei  die  strahlblütige  1.  Familie  der  Convolvulaceae,  der  Winden - 
gewächse,  gesetzt,  deren  Angehörige  vielfach  Schlingpflanzen  sind  mit  wechselständigen, 
pfeilförmigen  Blättern  und  weiten  trichterförmigen,  in  der  Knospenlage  längsgefalteten 
Blumenkronen.  Die  Frucht  wird  zu  einer  Kapsel  mit  aufrechten  Samenanlagen.  Unsere 
häufige  Ackerwinde,  Convolimlus  arvensis,  an  allen  Wegrainen,  in  Getreidefeldern  usw. 
verbreitet,  trägt  blattachselständige  langgestielte  Einzelblüten.  Die  großblütige  Zaunwinde, 
Calystegia  sepium,  hat  zwei  große  Vorblätter  unter  dem  Kelche.  Auch  die  auf  Weiden, 
Urticaceen  und  sonst  parasitierenden  Cusmta-Kvien  mit  ihren  bleichen  Stengeln  und  ge- 
knäuelten  kleinen  Blüten  gehören  hierher  (Fig.  219).     Ipovioea,  als  schönfarbige   Sommer- 


590 


Karsten : 


blume  bebannt,  liefert  das  pantropische  Strandgewächs  /.  pes  caprae.  Nabe  verwandt  ist 
Pharbitis  (Fig.  303,  S.  282).  Offizin  eil  sind  Tubera  Jalapae  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.)  von  Exogonmm  Purga  (Fig.  757),  ferner  Scammonium  (Pharm,  helv.)  von 
Convohnihis  Scanunonia  (Kleinasien). 


1 


/-^ 


Fig.  757.     Exogonium    Purga.     V?  nat.  Gr.     Nach 
Berg  und  Schmidt.  —  Offizinell. 


Fig.  759.    Blütendiagramme.    A  Verbena  officinalis. 

Nach    A.    W.    Eichler.      B    Lamium    (Labiatae). 

Nach  F.  NoLE. 


In  der  2.  Familie  der  ßorragina- 
ceae,  der  Rauhblättrigen,  sind  borstig 
behaarte  Stauden,  wie  das  Ochsenauge 
Anchusa,  die  Natternzunge  Echium,  die 
Wallwurz  Symphytum,  das  Vergißmeinnicht 
Myosotis  vereinigt,  deren  radiäre,  in  ein- 
zelnen Fällen  bereits  ein  wenig  zygomorphe 
Blüten  {Echium)  in  Wickeln  oder  meist 
Doppelwickeln  vereinigt  sind.  Durch  die 
andersfarbigen  Schlundschuppen  und  den 
mittels  der  tief  einschneidenden  falschen 
Scheidewand   in    vier    einsamige    Klausen 


^h 


Fig.  758.   Borrago  officinalis.  a  Blüte, 
b  und  c  Frucht.     Nat,  Gr. 


\\/ 


Fig.  760.  Galpopsisochroleuca  a  Blüte, 
nat.  Gr..  b  dieselbe  ohne  Kelch,  nat  Gr., 
c  Korolle,  aufgeschnitten,  mit  den  Staub- 
blättern und  dem  Griffel,  d  Kelch  mit 
dem  Gyiiäceum.  e  Frucht,  c—e\er^r.  2. 
—  Offizinell.     Nach  H.  Schenck. 


Angiospermae. 


591 


zerteilten  Fruchtknoten,  in  deren  Mitte  der  Griffel  aufragt  (Fig.  758),  ist 
die  Familie  scharf  charakterisiert.  Deutlich  dorsiventrale  Blüten  mit  nur 
vier  Staubblättern  und  einem  auf  den  ebenfalls  vier  Samen  beherbergenden 
Fruchtknoten  (Fig.  759)  endständig  aufgesetzten  Griffe]  unterscheiden  die 
3.  Familie  der    Yerbeuaceac,  zu  der    der  wertvolle   Teakholzbaum   Tectona 

grandis  gehört;  außerdem  ist  der  vivipare 
Mangrovebaum  Avicennia{^^)  eine  Verbe- 
nacee. 


Fig.  761.    Lavandula  vera.    7-  "«'it.  Gi 
Offizinen. 


Fig.  762.    Salvia  officinalis.    Blühender  Sproß. 

V,  nat.  Gr.     Der    Länge   nach   aufgeschnittene 

Kronröhre   mit   den    Staubblättern.      Vergr.   — 

Offizineil. 


592 


Karsten : 


Wichtiger  ist  die  4.  große  Familie  Labiatae,  die  typischen  Lippen- 
blütler, die  durch  vierkantigen  Stengel,  dekussierte  Blattstellung  und  aro- 
matische Drüsenhaare  schon  in  ihren  vegetativen  Organen  scharf  hervor- 
treten. Die  in  achselständigen  Dichasien  oder  Doppelwickeln  vereinigten 
Blüten  sind  stets  dorsiventral  gebaut;  sie  bestehen  aus  verwachsenem  Kelch, 
zweilippiger  Krone,  deren  Oberlippe  zwei,  die  Unterlippe  drei  Zipfel  besitzt. 
Ihre  vier  Staubblätter  sind  ungleich  lang.  Salvia,  der  Salbei  und  Rosmarinus 
haben  deren  nur  zwei.  Der  Fruchtknoten  (Fig.  759)  entspricht  genau  dem- 
jenigen der  Borraginaceen;  in  seinem  Grunde  liegt  ein  ringförmiges  Nectariuni. 

Ein  großer  Teil  unserer  Flora  bestellt  aus  Lippenblütlern.  Lamium,  die  Taub- 
nessel, Stachys,  der  Ziest,  Galeopsis  (Fig.  760)  mit  helmförmiger,  Ajuga  mit  sehr  kurzer, 
Tencrium  mit  tiefgespaltener  Oberlippe  zeigen  einige  Formverschiedenheiten.  Bei  Glechoma 
und  Nepeta  sind  die  hinteren  Staubblätter  die  längeren,  umgekehrt  wie  bei  den  übrigen 
Labiaten.  Bei  Salvia,  dem  Salbei,  sind  die  beiden  allein  vorhandenen  Staubblätter  für 
Bestäubungszwecke  eigenartig  gebaut  (vgl.  S.  481,  Fig.  540).  Ihrer  aromatischen  Eigen- 
schaften wegen  sind  zahlreiche  Lippenblütler  für  offizineile  Zwecke  herbeigezogen. 
Einen  besonders  reichen  Beitrag  dafür  stellen  auch  die  trockenen  Gesträuche  der  Mittel- 
meerländer, die  Macchien.  So  liefern  Lavaudula  vera  (Fig.  761)  Flores  Lavandulae 
und  Oleum  Lavandulae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  Salvia  officinalis  (Fig.  762)  Fol. 
Salviae  (ibid.),  Melissa  officijialis  Fol.  Melissae  (ibid.),  Thyimis  Serpyllum  Herba 
Serpylli  (ibid.),  Thymus  vulgaris  Herba  Thymi,  Oleum  Thymi  und  Thymolum 
(ibid.),  Rosmarinus  officiiialis  Folia  und  Oleum  Rosmarini  (ibid.),  Mentha  piperita 
Folia  und  Oleum  Menthae  piperitae  wie  Mentholum  (ibid.),  Galeopsis  ochro- 
leuca  Herba  Galeopsidis  (Pharm,  austr.),  Origannm  vulgare  Herba  Origani  (ibid.), 
Origamim  Majorana  Herba  Majoranae  (Pharm,  helv.). 


4.   Ordnimg.     Personatae. 


Gemeinsamen 
Ursprung  mit  den 

Tubifloren 
scheinen  die  Per- 
sonatae zu  haben. 

Sie   umfassen 
ebenfalls    radiäre 
und  dorsiventrale 

Blütenformen, 
doch  fehlen  die 
falschen  Scheide- 
wände, und  die 
Zahl  der  Samen- 
anlagen ist  erheb- 
hch  größer.  Die 
1.    wichtige    Fa- 


Fig.  763.  Solanaceae. 

Diagramm  (Petunia). 

Nach  F.  NoLL. 


Fig.  764.     Solanum  Dulcamara.    Vs  "^t-  Gr. 
Offizineil  und  giftig. 


Angiospermae. 


593 


milic,  Solanaceae,  besitzt  meist  radiäre  Blüten,  deren  Kronblätter  in  der 
Knospenlage  gefaltet  sind.  Der  Fruchtknoten  wird  durch  eine  schräg  zur 
Mediane  stehende  Wand  geteilt  (Fig.  763).  Die  verschiedenartigen  Früchte 
umschließen  Samen  mit  stark  gekrümmtem  Embryo  im  Endosperm.  Anato- 
misch ist  der  Besitz  bikollateraler  Leitbündel  hervorzuheben. 

Radiäre  Blüten  und  Beerenfrüchte  zeichnen  die  Gattung  Solanum  aus.  Solanuin 
tuberosum  ist  die  Kartoffel  (Fig.  201),  S.  nigr^im  der  Nachtschatten,  S.  Dulcainara 
(Fig.  764),  der  Bittersüß,  und 
Lycopersicum  die  Tomate,  sind 
weitere  bekannte  Solanuin-A.rten. 
Über  Pfropfbastarde,  Periklinal- 
chiaiiiren  und  Gigasformen  der 
Solanion-kvien  vgl.  S.  2ö2  und 
H.  Winkler  (ä^).  Atropa  Bella- 
donna, die  Tollkirsche  (Fig.  765), 
eine  sehr  giftige  Staude  Europas, 
ist  an  der  radiären,  röhrig  auf- 
gedunsenen Blüte  von  trüb  pur- 
purner oder  auch  gelber  Färbung, 
wie  an  den  schwarzglänzenden 
Beerenfrüchten     auf     stark     ver- 


größertem Kelche  zu  erkennen. 
Der  zunächst  radiäre  Hauptsproß 
verzweigt  sich  unter  der  Endblüte 
in  meist  drei  gleich  starke,  plagio- 
trope  Zweige,  die  sich  wickelartig 
weiter  verzweigen;  durch  Hinauf- 
wachsen des  Tragblattes  an  dem 
Achselsproß  wird  der  Anschein 
gepaarter  Blätter  erweckt  (Fig.  765). 
Caps/cum  a?inuiim  hat  ähnliche 
Verzweigung;  seine  trockenen 
Beerenfrüchte  liefern  den  spani- 
schen Pfeffer.  Datura  Stramonhim, 
der  Stechapfel,  ist  ebenfalls  eine 
Atropa  -  ähnlich  verzweigte  ein- 
jährige Pflanze,  die  mit  ihren  aus- 
geschweiften Blättern,  den  großen, 

in  der  Knospe  gefalteten  weißen  Blüten  und  den  charakteristischen  scharf  bewehrten  Kapsel- 
früchten leicht  kenntlich  ist  (Fig.  766).  Nicotiana  tabacum,  die  Tabakpflanze  (Fig.  767), 
ist  in  zahlreichen  Kulturformen  verbreitet;  die  großen,  wechselständigen,  stark  drüsig  be- 
haarten Blätter  liefern  nach  Trocknung  und  Fermentation  den  Tabak;  die  Früchte  der 
Gattung  sind  kapseiförmig.  Hyoscyanms  niger,  das  Bilsenkraut,  eine  einjährige  Gift])flanze 
strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.    16.  Aufl.  3b 


Fig.  765.     Atropa  Belladonna.     ^  ,  nat.  Gr. 
Offizineil  und  giftig. 


594 


Karsten : 


der  alten  Welt;  die  mit  stark  drüsig  behaarten,  sitzenden,  wechselständigen  Blättern  besetzte 
Achse  endigt  in  einem  Wickel  etwas  zygomorpher  Einzelblüten  von  trübgelber  Farbe  mit 
blauer  Aderung  (Fig.  768);  die  Frucht  ist  eine  Deckelkapsel. 

Infolge   ihres    Gehaltes   an   giftigen   Alkaloiden,    die    in    der   Medizin   Verwendung 
finden,  zählen  viele  Solanaceen  zu  den  offizinellen  Gewächsen,  so  liefert  Atropa  Bella- 


Fig.  766.     Datura  Stramonium.    V,  nat.  Gr.    Reife  Frucht  aufgesprungen.  —  Offizineil 

und  giftig. 


donna  Folia  Belladonnae,  Radix  Belladonnae  und  Atropin  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.),  Datura  Stramonium  Semen  und  Folia  Stramonii  (ibid.),  Hyoscyamus 
niger  Folia  Hyoscyami  (ibid.),  Capsicum  annuum  Fructus  Gapsici  (Pharm,  germ., 
he\\.),Mcotiana  tabacum  Folia  Nicotianae  (Pharm,  helv.),  Solanum  Dulcamara  Gaules 
Dulcamarae  (Pharm,  austr.,  helv.) ;  Scopolia  carnioUca  Scopolaminum  (Pharm,  germ.). 


Angiospermae. 


595 


Durch  dorsiventralc  Blüten,  nicht  gefaltete  Knospenlage  der  Krone  und 
UnVollständigkeit  des  Andröceums  ist  die  2.  Familie  Scrophulariaceae 
von  den  Solanaceen  unterschieden.  Außerdem  hat  die  zweifächerige  Kapsel- 
frucht keine  schrägstchende   Scheidewand. 

"Von  den  bekannten  Gattungen  hat  nur  Verbascum  (Fig.  769,  770^),  die  Königs- 
kerze, fünf  Staubblätter,  doch  sind  die  drei  hinteren  mit  wollig  behaarten  Filamenten 
und  quergestellten  Antheren  abweichend  und  nur  zwei  vordere  normal  ausgebildet.  Die 
Pflanzen  sind  zweijährig  und  durch  stark  wollige  Behaarung  der  mächtigen  Blattrosette 
kenntlich.      Scrophularia,   Linaria   und  Antirrhimim,  Löwenmaul,  haben  nur    vier    Staub- 


Fig.  767.  Nicotiana  Tabacum.  \'.,  nat.  Gr.  —  Offizinell  und  giftig,  a  Blüte,  nat.  Gr., 
b  Krone  aufgeschnitten,  nat  Gr.,  c  Fruchtknoten,  nat.  Gr.,  d  und  e  junge  Frucht.    Vergr.  2. 

blätter  bei  einer  zweilippigen  Krone,  bei  Gratiola  (Fig.  770^5)  und  Veronica,  Männer- 
treu, sinkt  die  Zahl  der  Staubblätter  auf  zwei  herab.  Mimulus,  Torenia  mit  reizbarer 
Narbe  vgl.  S.  321,  Äfaitrandia  Blattstielkletterer.  Digitalis  purpurea  (Fig.  771),  der  Finger- 
hut, mit  einseits  gewendeten  Blüten  am  Schaft  des  im  zweiten  Jahre  aus  der  Blattrosette 
aufschießenden  Blütenstandes,  ist  giftig,  und  seine  Blätter  sind  als  Folia  Digitalis 
offizinell  (Pharm,  germ.,  austr.,  heiv.).  Ebendort  die  Blüten  von  Verbascum  thapsi- 
forme  und    V.  phlojtioides  als  Flores  Verbasci. 

Einen  besonderen  Verwandtenkreis  innerhalb  der  Scrophulariaceen  bilden  die  Para- 
siten  und   Hemiparasiten   wie   die   völlig  chlorophyllfreie   Lathraeai^^)  und  die  grün  be- 

38* 


596 


Karsten : 


blätterten    aber   mit  Wurzelhaustorien   auf   anderen   Pflanzen   parasitierenden   Arten   von 

Tozzia,  Bartschta,  Pediciilaris,  Etiphrasia,    Odontites,  Mela7npyrum  und  Alectorolophus. 

Ebenso  sind  die  Angehörigen  der  3.  Familie  Crobanchaceae  mit  der  durch  einfächerigen 
Fruchtknoten  ausgezeichneten  Gattung  Orobanche,  Würger,  rein  parasitisch  (Fig.  772). 


Fig.  768.     Hyoscyamus  niger,  blühender  Sproß   und  Frucht.     V,  nat.  Gr.  —  Offizin  eil 

und  giftig. 


Fig.  769.  Verbascum  thapsiforme.  a  Blüte. 

b  Kelch  und  Griffel.    Nat.  Gr.  —  Offi- 

zinell.     Nach  H.  Schenck. 


Fig.  770.    Scrophulariaceae.    Blütendiagramme. 
Nach  A.  W.  Eichler.  A  Verbascum.  B  Gratiola. 


In  der  Lebensweise  bieten  auch  die  Angehörigen  der  4.  Familie  Lentibulariaceae 
Besonderheiten,  so  sind  die  Sumpf-  und  Wasserpflanzen  der  Gattungen  Utricularia  (^*') 
und   Pinguicula  insektivor. 

In  der  reduzierten  5.  Familie  der  Plantaginaceae,  sind  anemophile  Gattungen  wie 
Litorella  lacustris  und  Stark  dichogame,    wie  der  protogyne  Plantago,  Wegerich,  vereinigt. 


Angiospermae. 


597 


2.  Fruchtknoten  unterständig. 

Die  5.  Ordnung,  Rubiinae, 

soll   ihre   Verwandten  in   der  ebenfalls    durch   unterständigen  Fruchtknoten 

ausgezeichneten    Ordnung   der   Umbellifloren   besitzen,    an   die   sie   also   an- 


Fig.  771.  Digitalis  purpurea.  ^  ,  '^^t,  Gr.  a  Corolle,  l>  Kelch  und  Fruchtknoten,  c  Frucht 
aufgesprungen,  d  Fruchtquerschnitt,     a— a' nach  H.  Schenck.  —  Offizinell  und  giftig. 

schließen  würde.  Die  Blüten  sind  vier-  oder  fünfzälilig,  bei  den  verwandten 
Familien  mit  zygomorphen  (Caprifoliaceen)  und  asymmetrischen  (Valeriana- 
ceen)  Blüten  ändern  sich  die  Zahlen  im  Andröceum  und  Gynäceum. 


598 


Karsten ; 


■rr  "^4^. 


Die  erste  Familie  der  Rubiaceaei^'^)  besitzt  radiäre  Blüten  und  in  den 
vegetativen  Teilen  einfache  Blätter  mit  Nebenblättern.  Einheimische  Rubiaceen 
gibt  es  nur  wenige,  die  alle  dem  Formenkreis  von  Asperula,  Waldmeister, 

Galium  und  Rubia  angehören,  da- 
ij^  ^(^^  durch  ausgezeichnet,  daß  die  Neben- 

blätter den  Blättern  gleichgestaltet 
sind  und  scheinbare  Blattquirle 
darstellen,  die  normal  sechszähhg 
sein  müßten,  durch  Verwachsung 
der  benachbarten  Nebenblätter 
vierzälüig  werden,  aber  in  den 
Zahlen  etwas  variieren. 

In  den  Tropen  sind  Rubia- 
ceen reich  vertreten  als  Bäume, 
Sträucher ,  Kletterpflanzen  und 
Epiphyten. 

Eine  der  wichtigsten  Rubiaceen- 
Gattungen  i st  C?wr/!owö (Fig.  773);  sie  lief ert 
in  verschiedenen  kultivierten  Arten  die 
Chinarinde  und  die  daraus  gewonnenen  fie- 
berwidngen  Alkaloide.  Stattliche  Bäume 
der  Südamerikanischen  Anden,  werden  die 
Cinchon-Arten  jetzt  in  allen  tropischen 
Kolonien  angebaut.  Ihre  Kapselfrüchte 
beherbergen  zahlreiche  geflügelte  Samen 
(Fig.  774).  Ebenso  wichtig  aber  als  mensch- 
liches Genuß-  und  Nahrungsmittel  ist 
der  Kaffeestrauch,  Cofea  arahka  (Fig.  775), 
Gebirgsbewohner  Afrikas,  und  daneben 
die  im  tropischen  Tieflande  fortkom- 
mende Coffea  liberica.  Die  Früchte  sind 
zweisaniige  Steinfrüchte.  Das  Exokarp 
wird  fleischig;  das  Endokarp  besteht  aus 
einer  dünnen  Lage  Steinzellen,  welche 
die  von  ihrer  Silberhaut,  der  Samenschale, 
eingehüllten  zwei  Samen,  die  Kaffee- 
bohnen, umschließt.  Zu  den  beeren- 
früchtigen  Formen  gehören  die  bekannten 
merkwürdigen  Knollenepiphyten  Hydno- 
phyttim  und  Myrmecodia  (^"),  die  nach 
den  neuesten  Untersuchungen  aus  den 
Exkrementen  der  sie  bewohnenden  Amei- 
senkolonien Nutzen  ziehen.  Ebenso  sind 
ernährungsphysiologisch  Psychotria  und 
PaTetta-kx\.QX\.  von  Interesse  (3"  a),  die  in 
ihren  Blättern  Stickstoff  assimilierende 
Bakterien  beherbergen;  sie  sind  insofern 
höher  organisiert  als  die  Leguminosen 
mit  ihren  Wurzelknöllchen,  als  sie  die 
Bakterien  auch  mit  in  ihre  Samen  ein- 
schließen und  so  gleich  Vorsorge  für  die 
nächste  Generation  treffen. 
Von  offizineller  Bedeutung  sind  außer  dem  C  h  i  n  i  n  u  m  und  Gortex  Chinae 
(Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Cinchona  succimbra  und  C.  Ledgeriana  die  Radix  Ipeca- 
cuanhae  (ibid.)  von  dem  kleinen  beerenfrüchtigen  Halbstrauch  Brasiliens  Uragoga  Ipeca- 
cuanha  (Fig.  776)  und  Gatechu  (Gambir),  der  aus  den  Blättern  der  Liane  Onronparia 
Gambir  gewonnene  Extrakt. 


Fig.  772.   Orobanche  minor  auf  Trifolium  repens 
schmarotzend.     V2  "^t-  Grr.     Einzelblüte   vergr. 


Angiospermue. 


599 


Die  2.  Familie  der  Rubänae  ist  die  der  Caprifoliaceae.  Sie  enthält  Holzgewächse, 
deren  verschieden  gestalteten  Blättern  die  Nebenblätter  meist  fehlen.  Mit  radiären  Blüten 
und  dreifächerigem  Fruchtknoten  ist  Vthnrmun,  der  Schneeball,  ausgestattet.  Die  Früchte 
enthalten  nur  einen  Samen,  die  unfruchtbaren  Randblüten  dienen  als  Schauapparat;  in  der 
Zierpflanze  sind  nur  diese  unfruchtbaren  Blüten  in  den  kugeligen  Trugdolueninfloreszenzen 
vorhanden.  Sambnctts,  Holunder,  hat  uni)aarige  Fiederblätter,  drüsige  Nebenblätter  und 
radiäre  Blüten.  Die  Frucht  enthält  drei  Samen.  Dorsiventrale  Blüten  finden  sich  beim 
Gaisblatt,  Lonicera  periclymenum,  einem  schlingenden  Strauch  unserer  Haine,  dessen  lang- 
röhrige  stark  duftende  Blüten  durch  langrüsselige  Sphingiden  besucht  werden.  DierviUa 
(IVeigelia)  beliebter  Zierstrauch. 


Fig.  773.  Cinchona  succirubra.  '/.,  nat.  Gr.  Nach  A.  Meyer  und  Schumann.  —  Offizineil. 


Offizinell  sind  Fl  eres  Sambuci  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.)  von  Sambiicus 
nigra  und  Cortex  Viburni   (Pharm,  austr.)   von    Viburnum  prnnifolüim. 

In  der  8.  Familie  Valerianaceae  finden  sich  Stauden  mit  asymmetrischen  Blüten, 
deren  Kelch  sich  erst  an  den  Früchten  als  „Pappus'"  entwickelt,  d.  h.  zu  einer  als  Flug- 
apparat dienenden  Federkrone.  Valeriana,  der  Baldrian,  besitzt  eine  gespornte  fünfzählige 
asymmetrische  Krone  (Fig.  777,  778),  drei  Staubblätter  und  drei  Fruchtblätter,  von  diesen 
ist  aber  nur  eines  ferlil.  Andere  Valerianaceen  haben  nur  zwei  (Fedia)  oder  ein  (Ccn- 
tranthns)  Staubblatt  in  der  Blüte. 

Valeriana  ofßcinalis  liefert  das  offizinelle  Oleum  Valerianae  und  die 
Radix  Valerianae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.). 


600 


Karsten : 


Fig.  774.     Cinchona  succirubra.    A  Blüte.     B  Korolle 
aufgeschnitten.  C  Fruchtknoten- Längsschnitt.  D  Früchte. 
E    Samen.      A — C   und  E  vergr.      D   nat.  Gr.      Nach 
A.  Meyer  und  Schumann. 


Als  4.  Familie  sei  angefügt 
die  der  Dipsacaceae,  die  als  krau- 
tige Pflanzen  mit  gegenständigen 
Blättern  und  vier-  bis  fünfzähligen, 
teils  radiären,  teils  zygomorphen 
Einzelblüten  sich  hier  gut  einfügen. 
Die  Blüten  stehen  jede  von  einem 
Außenkelch  umgeben,  der  als  Ver- 
breitungsmittel dient,  in  Köpfchen 
zusammen,  die  von  sterilen  Hüll- 
blättern eingeschlossen  werden. 

Dipsactis,  die  Weberkarde, 
mit  stechenden  Hüll-  und  Spreu- 
blättern, hat  vierteilige  radiäre 
Krone,  vier  Staubblätter  und  ein 
Fruchtblatt,  das  eine  hängende 
anatrope  Samenanlage  enthält;  im 
Samen  findet  sich  Endosperm 
(Fig.  779).  Ebenfalls  vierteilig  ist 
Succisa  (Fig.  780) ;  fünfteilige 
Krone  und  größere  dorsiventrale 
Randblüten  führt  Scaö/osa;  vier- 
teilig und  einzige  Gattung  ohne 
Spreublätter  ist  Ktiautia. 

Der  gemeinsame  Cha- 
rakterzug der 

Synandrae 

als  6.  Ordnung  ist  darin  zu 
finden,  daß  ihre  Antheren, 
seltener  die  ganzen 
Staubblätter,  in  irgend- 
einer Weise  miteinander 
verwachsen  oder  ver- 
klebt sind.  Im  übrigen 
kann  die  Blüte  radiär 
oder  zygomorph  sein. 
Als  1.  Familie  sei 
diejenige  der  Cucurbita- 
ceae  angeführt,  welche  am 
besten  schon  durch  die 
häufig  bei  ihr  nicht  durch- 
geführte Sympetalie  die 
Verbindung  zu  den  Chori- 
petalen,  wenn  auch  zu 
Gruppen,  die  in  unserem 
kurzen  Auszuge  keine  Er- 
wähnung finden  konnten, 
aufrecht  erhält.  An  die  Cu- 
curbitaceen sind  daher  auch 
die  übrigen  Sympetalen  an- 


Fig.  775.  Coffea  aiabica. 
Va  nat.  Gr.  Einzelblüte. 
Frucht,  Samen  im  Endo- 
karp  und  daraus  befreit. 
Etwa  nat.  Gr. 


Angiospermae. 


601 


gegliedert  (vgl.  Stammbaum  S.  583).  DieP^-irailie  umfaßt  krautige,  rauhhaarige,  großblättrige 
Pflanzen  mit  meist  monözisch  verteilten  diklinen  Blüten.  Kelch  und  Krone  verwachsen  unter- 
wärts, und  die  Antheren  vereinigen  sich  paarweise,  in  anderen  Phallen  sämtlich  miteinander,  wobei 
sie  eine  o»  förmige  Krümmung  annehmen  (Fig.  781).  Der  dreifächerige  Fruchtknoten  wird  zu 
einer  derbschaligen  Beerenfrucht.  Die  Ranken  sind  verzweigt  oder  unverzweigt  und  entsprechen 

in  ihrer  seitlichen  Stellung  einem  Vor- 
blatte, Cucumis  sativ7is,  die  Gurke,  und 
Ciicianis  Melo,  die  Melone,  werden  viel- 
fach kultiviert.  Die  Gurkenpflanze 
ist  parthenokarp  (''^),  d.  h.  Bestäubung 
der  Narbe  ist  zum  Fruchtansatz 
nicht  nötig.  Cttcurbita  Pepo,  der 
Kürbis,  Bryonia,  die  Zaunrübe. 


Fig. 


776.      Uragoga    Ipecacuanha.      ^2 
Fruchtstand  daneben.   —  Offizin« 


nat. 

:11. 


Gr. 


»^ 


■#■ 


Fig.  777.   Valeriana  officinalis. 
5 Frucht.  Vergr.  — Offizineil. 


1^' 


Fig.     778.       Valeriana.       Diagramm. 
Nach  F.  NoLL. 


Fig.   779.    Frucht  von  Dipsacus  ful- 

lonura  im  Längsschnitt,  hk  Hüllkelch, 

end  Endoeperm,   em   Embryo.     Nach 

H.  Baillon. 


a  Blüte.    Vergr.  8. 
Nach  H.  ScHENCK. 


Fig.  780.    Succisa  pratensis,    a  Blüte 
mit  Außenkelch,  b  ohne  Außeiikelch, 
c  Frucht  im   Längsschnitt,  /  Frucht- 
knoten, hk  Außenkelch.     Nach 

H.    SCHICNCK. 


602 


Karsten : 


Fig.  781  u 
Diagramm. 


Weiblich. 


Ecballium  (Cucurbitaceae). 
781    Männlich.     Fig    782 
Nach  A.  W.  Eichler. 


Offizineil  ist  CitrJillns  Colocynthü, 
die  Koloquinte,  eine  ausdauernde  Pflanze  der 
asiatischen  und  afrikanischen  Wüsten  nörd- 
lich des  Äquators;  in  den  .\chseln  ihrer  tief 
dreilappig  fiederschnittigen  Blätter  stehen 
einzeln  männliche  Blüten  mit  drei  Antheren, 
von  denen  zwei  paarig  verwachsene  die 
doppelte  Zahl  von  Windungen  haben  wie 
die  fünfte  unpaare,  die  weiblichen  Blüten 
in  gleicher  Stellung.  Die  Früchte  werden 
zu  trockenen  Beeren,  die  Pflanze  liefert 
Fructus  Colocynthidis  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.)  (Fig.  783). 


Fig.  783.  Citrullus  Colocynthis.  V?  "at.  Gr.  j  Sproß  mit  männlicher  und  weiblicher 
Blüte.  2  Sproßgipfel  mit  männlichen  Blütenknospen  und  Ranken,  j  Männliche  Blüte 
ausgebreitet.    4  Weibliche  Blüte  längsdurchschnitten.    5  Junge  Frucht  querdurchschnitten.  — 

Offizinell. 


Angiospermae. 


603 


Die  Zusammenfügung  der  folgenden  Familien  mit  den  Cucurbitaceen  ist  lediglich 
auf  Grund  des  morphologischen  Merkmals  der  verwachsenen  Antheren  möglich.  Eine 
wirkliche  Verwandtschaft  erscheint,  vom  morphologischen  Standpunkte  aus,  unwahrschein- 
lich,   nachdem    durch    die   Untersuchungen   von    Kratzer   die    sehr  verschiedenartig  ver- 


Fig.  784.  Blütendiagramm 
von  Campanula  medium. 
Nach    A.    W.    Eichler. 


Fig.  785.   Campanula  rotundifolia. 

Blüte.      Nat.   Gr.     a  Ganz,   b  im 

Längsschnitte.     H.  Schenck. 


Fig.  786.  Blütendiagramm 

von  Lobelia  fulgens.  Nach 

A.  W.  Eichler. 


laufende  Samenentwicklung  dargelegt  ist.  Immerhin  soll 
Plasmaverwandtschaft  nach  dem  serodiagnostischen  Stamm- 
baum vorhanden  sein. 

Die  2.  Familie,  die  der  Campanulaceae,  enthält 
milchsaftführende  Kräuter  mit  radiären  Blüten  und  drei- 
oder  fünfzähligen  Fruchtknoten.  Die  Staubblätter  sind 
der  Blütenachse  eingefügt  und  mit  ihren  Antheren  ver- 
klebt oder  verwachsen.  Die  Gattung  Campanula  (Fig.  784, 
785)  ist  bei  uns  vielfach  vertreten  und  bildet  mit  ihren 
blauen  Glocken  einen  Schmuck  der  sommerlichen  Vege- 
tation. Phyteuma  hat  ährenförmige  Blütenstände,  deren 
Blüten  ihre  Kronblätter  nur  an  der  Basis  öffnen.  Erst 
wenn  der  in  der  Knospe  entleerte  Pollen  von  den  Griffel- 
feghaaren (^^)  hinausgefegt  ist,  öffnen  sich  die  Kronblätter 
und  spreizen  die  Narbenschenkel  auseinander.  Jasione  hat 
kopfige,  an  Kompositen  erinnernde  Infloreszenzen. 

Die  3.  Familie  der  Lobeliaceen  unterscheidet  sich 
nur  durch  dorsiventrale  Blüten  und  zwei  Fruchtblätter 
von  den  Campanulaceen.  Das  mediane  Kelchblatt  steht 
auf  der  Vorderseite  vor  einem  tiefen  Schlitz  der  Krone; 
durch  Drehung  oder  Übernicken  der  ganzen  Blüte  wird 
die  normale  Stellung  hergestellt  (Fig.  786).  Lobelia  Dort- 
manna hat  als  nordische  Wasserpflanze  Interesse,  da  sie 
völlig  den  Habitus  einer  Läorella  angenommen  hat. 

Of  fizineU  ist  Herba  Lobeliae  von  Z.  inflata, 
Nordamerika  (Fig.  787). 

3.  Familie  Compositae  (*°).  Über  die  ganze 
Erdoberfläche  verbreitete  große  Familie  mit  meist 
krautigen  Angehörigen  —  baumförmig  ist  z.  B. 
Senecio  Johnstoni.  Die  Blüten  stehen  in  Köpfchen 
beisammen.  Die  Einzelbliiten  sind  radiär  oder 
dorsiventral,  und  es  finden  sich  entweder  nur 
gleiche  oder  auch  verschiedene  im  Köpfchen  ver- 
einigt. Staubblätter  sind  fünf  vorhanden,  der 
Kronröhrc  angewachsen ;  ihre  Antheren  sind  intrors 
und  bilden  durch  Verwachsung  ihrer  Kutikulaeine 
Röhre  (Fig.  788),  welche  vom  noch  unentwickelten 
Griffel  unten  geschlossen  wird.    Die  Blüten  sind 


Fig.  787.  Lobelia  inflata.  Spitze 
einer  blühenden  und  fruchten- 
den Pflanze. 


604 


Karsten : 


Fig.  788.  Compo- 
sitae.  Diagramm 
(Carduus).     Nach 

F.   NOLL. 


prot andrisch,  so  daß  der  frühzeitig  entleerte  Pollen  bei  der 
Streckung  des  Griffels  von  den  Feghaaren  nach  oben  hinaus- 
gedrängt wird.  Der  fertig  entwickelte  Griffel  ist  oben  stets 
in  zwei  Narben  gegabelt.  Die  einzige  Samenanlage  des  ein- 
fächerigen Fruchtknotens  ist  stets  anatrop  und  aufrecht 
(Fig.  791),  die  Samen  sind  endospermlos.  Die  Früchte  sind 
vielfach  von  einem  als  Kelch  anzusehenden  Haarkranze,  dem 
Pappus  (Fig.  789),  gekrönt,  der  ihrer  Verbreitung  du/ch  den 
Wind  dient.  Als  Keservestoff  findet  sich  in  Wurzeln  und 
Knollen  (Fig.  203)  meist  Inuhn,  in  den  Samen  Aleuron  und 
fettes  Öl. 


Fig.  789.    Arnica  montana.    a  Rand- 
blüte,   b    Scheibenblüte,    c    diese    im 
Längsschnitt.   Vergr.   Nach  Berg  und 
Schmidt. 


Fig.  790.  a  Lappa  major.  Köpfchen  im  Längs- 
schnitt mit  hakenförmigem  Hüllkelch  und  mit  Spreu- 
blättchen  auf  dem  Blütenboden,  b  Malricaria  Cha- 
momilla,  ohne  Spreublättchen.  Vergr.  Nach  Berg 
und  Schmidt.  —  Offizinell. 


Die  Einzelblüten  sind  entweder  radiär  mit  fünflappiger  Krone, 
sie  heißen  Röhrenblüten  (Fig.  789,  b,  c),  oder  es  kommen  durch 
Unterdrückung  der  Oberlippe  ein  lippige  Blüten  zustande,  deren 
Unterlippe  drei  Zipfel  zeigt  (Fig.  789a).  Sehr  ähnlich  sind 
diesen  letzteren  die  zungenförmigen  Blüten,  wie  Taraxacum 
sie  führt:  einseitig  tief  gespalten,  am  Rande  mit  fünf  Zipfeln. 
Häufig  sind  neben  solchen  Kompositen,  die  nur  Röhrenblüten  oder 
nur  Zungenblüten  in  ihren  Köpfchen  besitzen,  andere,  die  in  der 
Mitte    Röhrenblüten    (Scheibenblüten),    am    Rande     einlippige    Blüten 


Fig.  791.     Arnica  montana.    a  Köpfchenachse,  nach  Entfernung 
der    Früchte.     Vergr.     b  Frucht  im    Längsschnitt,    vom  Pappus 
ist  nur  der  untere  Teil  gezeichnet.     Nach  Berg  und  Schmidt. 
Offizinell. 


Fig.  792.  Andröceum 
von  Carduus  crispus. 

Vergr.  10. 
Nach    H.    Baillon. 


Angiospermae. 


605 


Fig.  793.  Kompositenfrüchte.   A  Ilelianthus  annuus.  B  Hiera- 
cium   virosum.      C  Cichorium    Intybus.      Nach  H.  Baillon. 


(Randblüten)  tragen.  Meist  tritt  dann  zu  einer  etwa  vorhandenen  Differenz  der  Färbung 
eine  solche  des  Geschlechts  hinzu,  indem  die  röhrenförmigen  Scheibenblüten  zwittrig,  die 
einlippigen  Randblüten  rein  weiblich  sind,  d.  h.  die  Köpfchen  sind  heterogam  {Matri- 
caria,  Arnicd).  Endlich  finden  sich  bisweilen  am  Rande  völlig  steril  gewordene  Blüten 
(Centaurea  Cyanus),  die  nur  als  Schauapparat  zur  Anlockung  von  Insekten  dienen  können. 

Eine  Reihe  von 
Gattungen  führt  nur 
Röhrenblüten  im  Köpf- 
chen, m  Carduus  (Fxg.'Väi), 
die  Distel,  durch  haarför- 
mige  Pappusborsten  aus- 
gezeichnet, Cirsnim  an  fede- 
rigen Pappushaaren  kennt- 
lich, Echinops,  mit  einblü- 
tigen Köpfchen,  die  zu 
vielen  vereinigt  sind.  Lappa, 
die  Klette  (Fig.  790«),  hat 
Hüllkelchblätter  mit  haken- 
förmig gekrümmter  Spitze. 

Cynara  Scolymus,  die  Artischocke.  Cnicus  benedictus,  das  Benediktenkraut  (Fig.  795),  besitzt 
einzelne,  endständige  Köpfchen,  deren  Hüllkelchblätter  mit  großem,  zum  Teil  gefiedertem 
Endstachel  versehen  und  spinnwebig  behaart  sind.  Centaurea,  die  Kornblume,  hat  einen 
trockenhäutigen  Hüllkelch  und  größere,  aber  sterile  Randblüten.  —  Andere  Gattungen 
haben  nur  zwittrige  Zungenblüten  im  Köpfchen  und  führen  gleichzeitig 
Milchsaftgefäße  in  allen  Teilen.  Taraxacum  officinale,  der  überall  verbreitete  Löwenzahn; 
aus  einer  Rosette  grob  schrotsägeförmiger  Blätter 
erheben  sich  die  Blütenköpfchen,  jedes  einzeln 
auf  hohlem  Stiele,  der  nach  der  Blüte  eine  zweite 
Wachstumsperiode  durchläuft  (S.  244,  Fig.  261)- 
Die  Früchte  sind  schnabelförmig  verlängert,  so 
daß  der  haarige  Pappus  zu  einer  fallschirmartigen, 
gestielten  Krone  wird  (Fig.  794).  Lactuca  sativa 
liefert  den  Kopfsalat.  L.  virosa  ist  der  Giftlattich. 
Z.  Scariola,  als  Kompaßpflanze  durch  ihre  vertikal 
und  meridional  stehenden  Blattflächen  bekannt 
(vgl.  S.  310).  Cichorium  Intybzis,  die  Zichorie 
(Fig.  793  C)  hat  blaublütige  Köpfchen  und  einen 
Pappus  in  Form  kurzer  aufgerichteter  Schüpp- 
chen. C.  Etidivia,  Endivie,  Tragopogon  und  Scor- 
zonera  mit  federigem  Pappus.  Sc.  hispanica,  die 
als  Gemüse  dienende  Schwarzwurzel,  Crepis- 
Arten  haben  einen  haarförmigen  Pappus,  der 
weich,  biegsam  und  bräunlich  ist.  Sonckns,  mit 
vielreihigen  Pappusborsten.  Hieracium,  eine  un- 
geheuer formenreiche  europäische  Gattung,  hat 
einen  weißen,  steifen,  zerbrechlichen  Pappus 
(Fig.793i9).  —  Meist  aber  sind  zweierlei  Blü- 
tenformen im  Köpfchen  vereinigt.  Aster, 
Solidago,  Erigeron  sind  drei  in  zahlreichen  Arten  in 
Europa,  Amerika,  Asien  weitverbreitete  Gattungen, 
von  denen  besonders  die  Aster-kr\.Q\\  als  Zierpflan- 
zen beliebt  sind.  Haastia-  und  Rao7ilia-Kx{.Q\v  Neu- 
seelands (Fig.  189),  polsterförmige,  wollig  be- 
haarte Pflanzen,  täuschen  durch  ihre  weiße  Farbe 
und  ihre  Form  das  wichtigste  Heerdenvieh  des 
Landes  vor,  daher  „vegetable  sheep"  genannt. 
hitila,  eine  Gattung  einheimischer  Kräuter  mit 
trockenhäutigen   Hüllblättern.     Bei    Gnaplialiitm, 

Antennaria,  Helichrysiun  (Immortellen),  Leontopodium  (Edelweiß)  u.  a.  ist  der  trockene 
Hüllkelch   blumenkronartig   gefärbt.     Helianthtis   a7inuus   (die    Sonnenblume)    (Fig.    793^) 


Fig.  794.  Fruchtköpfchen  von  Taraxa- 
cum officinale.  Haarkelch  auf  den  er- 
haltenen P'rüchtchen  durch  einen  stiel- 
förmigen  Schnabel  emporgehoben;  In- 
floreszenzboden umgeschlagen.  Etwa 
nat.  Gr.  —  Nach  K.  Goebel. 


606 


Karsten : 


wird  wegen  ihrer  ölreichen  Früchte  vielfach  angebaut,  ebenso  H.  tuberosus,  der  Topi- 
nambur, wegen  seiner  eßbaren  Knollen.  Silphium  lacmiatut>i,  nordamerikanische  Kompaß- 
pfianze.  Dahlia,  die  Georgine,  stammt  aus  Amerika,  ebenso  Bidens\  dieser  ist  auch  in 
einheimischen  Arten  verbreitet,  die  durch  ihre  gegenständigen,  bei  Wasserformen  zum 
Teil  heteromorphen  Blätter  auffallen.  Achillea,  die  Schafgarbe,  ist  eine  überall  verbreitete 
Staude.  A.  moschata  und  A.  atrata,  hochalpine,  vikariierende  Arten,  diese  auf  Kalk-, 
jene  auf  Schieferboden.  Anthemis  nobilis,  die  römische  Kamille,  hat  entweder  nur  Scheiben- 
blüten im  Köpfchen,  oder  diese  können  mehr  oder  minder  durch  Lippenblüten  ersetzt 
sein.  Matricaria  Chamomilla  (Fig.  7906  und  796),  die  echte  Kamille,  ist  ein  einjähriges, 
vielfach  verästeltes  Kraut  mit  kegelförmig  emporwachsendem,  hohlem  ßlütenboden,  gelben 
Scheibenblüten  und  zurückgeschlagenen  weißen  weiblichen  Randblüten  in  den  endstän- 
digen   einzelnen    Köpfchen.     Tanacetnm   hat   nur   röhrige    Blüten,    seine    Randblüten   sind 


Fig.  795.     Cnicus  benedictus.     Nach  H.  Baillon.     Offizin  eil. 


rein  weiblich.  Auch  bei  Artemisia  sind  die  Blüten  alle  röhrenförmig  und  die  Rand- 
blüten meist  weiblich,  so  A.  Absinthium  (Wermut);  dagegen  sind  in  dem  armblütigen 
Köpfchen  von  A.  Cina  (Fig.  797)  alle  Blüten  zwittrig.  Tussilago  Farfara,  der  Huf- 
lattich blüht  vor  Erscheinen  der  Blätter.  Der  einköpfige  Blütenstiel  ist  nur  mit 
Schuppenblättern  besetzt,  die  Einzelblüten  stehen  auf  kahlem  Blütenboden  und  haben 
einen  haarförmigen,  feinen  weißen  Pappus;  die  Randblüten  sind  weiblich.  Das  Köpfchen 
wird  von  ein-  bis  zweireihigen  Hüllblättern  umgeben  (Fig.  798).  Die  großen,  später  er- 
scheinenden Blätter  sind  herzförmig,  unten  weißfilzig.  Petasües  officinalis  ist  eine  als 
Pestwurz  bekannte  großblättrige  Staude.  Senecio  vulgaris  führt  nur  zwittrige  Röhren- 
blüten und  keine  Randblüten.  Doronicum,  Cineraria  sind  verbreitete  Zierpflanzen.  Amica 
montana  (Wohlverleih)  (Fig.  789,  791,  799)  hat  eine  grundständige  Rosette  aus  zwei  bis 
vier  Paaren  gegenständiger  Blätter  und  eine  endständige,  einköpfige  Blütenachse,  deren 
gegenständige  Vorblätter   meist  noch  je   einen   einköpfigen   Blütenstand  aus    den  Achsel- 


Angiospermae. 


601 


knospen   entwickeln.      Calendula,   die   Ringelblume,   und   Dimorphotheca    zeigen   unregel- 
mäßige und  verschieden  gestaltete  Früchte. 

Offjzinell:  Amica  montana  liefert:  Rad.  Arnicae  (Pharm,  austr.),  Flores 
Arnicae  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  —  Artemisia  Ahsinthmm:  Herba  Abs^inthii 
(ibid.).    —    Artemisia    Cüia,   Turkestan :    Flores    Cinaeund  Santoninum  (ibid.).    — 


Fig.    796.      Matricaria    Chamoniilla.      V,    nat.    Gr. 
Offizineil. 


Fig.  797.     Artemisia  Cina.     Nach 

A.   Meyer   und  Schumaxx     — 

Offizinen. 


Matricaria  Chamomilla:  Flores  Chamomillae  (ibid.)  und  Oleum  Chamomillae 
(Pharm,  helv.).  —  Cniciis  benidictus  (S  ü  d  europa) :  11  erb  a  Cardui  benedicti  (Pharm. 
germ.,  helv.).   —   Tussilago  Farfara:  Folia  Farfarae  (Pharm,  germ.,  ün'iiv.).  —  Achillea 


608 


Karsten : 


Millefolhan:  Herba  Millefoli 
momillae  romanae  ( Pharm, 
austr.,  helv.)-  —  Lappa  vulgaris: 
Rad.  Bardanae  (ibid.).  Ana- 
cyclus  Pyrethrum  (Südeuropa): 
Rad.  Pyrethri  (ibid.).  —  Tara- 
xacum  officinale:  Rad.  et  herba 
Taraxaci  (Pharm,  germ.,  austr., 
helv.)  und  Folia  Taraxaci 
(Pharm,  austr.).  —  Vorderasien 
und  Kaukasus  liefern  das  per- 
sische Insektenpulver  von 
Pyrethrum  roseum.  Das  dalma- 
tinische stammt  ab  von  [dem 
dort  heimischen  Chrysanthemum 
cinerariaefo  Ihi  in . 


(Pharm,    austr.). 


Anthemis  nobilis:    Flor  es    Cha- 


ii^MfJI^^ 


rJÄ^? 


Fig.  798.     Tussilago   Farfara.     Nach 
H.  Baillon.  —  Offizinell. 


/.,  nat.  Gr.   —  Offizinell. 


Angiospermae. 


609 


2.  Unterklasse.    Monokotylae. 

Die  mit  einem  Keimblatt  versehenen  Angiospermen,  die  Monokotylen, 
sind  ihrem  Gesamtaufbau  nach  meist  Ki'äuter  oder  Stauden,  seltener  Sträucher 
oder  Bäume. 

Ihr  kleiner  Embryo  streckt  bei  der  Keimung  sein  Würzelchen  und  Hypo- 
kotyl  aus  der  Samenschale,  während  der  scheidenförmige  Kotyledon  häufig 
mit  seinem  oberen  Ende  darin  stecken  bleibt  und  die  Aufsaugung  des  meist 
reiclilich  vorhandenen  Nährgewebes  besorgt.  Die  Hauptwurzel  stellt  ihr 
Wachstum  früher  oder  später  ein  und  wird  durch  zahlreiche  Adventivwurzeln, 
die  aus  dem  Stamm  entspringen,  ersetzt.  Bei  den  Gräsern  sind  solche  be- 
reits am  Embryo  angelegt.  So  fehlt  den  Monokotylen  durchweg  ein  einheit- 
liches, auf  eine  Hauptwurzel  und  ihre  Verzweigung  zurückführbares  Wurzel- 
system, wie  die  Gymnospermen  und  Dikotylen  es  meist  besitzen. 


Bromeliaceae 
Araceae 


•Amaryllidaceae 


Lardizabalaceae 


Gramineae 


Gommelinaceae/Gyperaceae 

Zingiberaceae 
Gannaceae 


Palmae 

Typhaceae 
Sparganiaceae 


Berberidaceaef      ßutomaceae 
Ranunculaceae 

Menispermaceae 
Nymphaeaceae 


Magnoliaceae 


^  Jridaceae? 


-•Myristicaceae 


iristolochiaceae 


Monimiaceae 


Lauraceae 


Galycanthaceae 
Stammbaum  der  Monokotylen  nach  den  serodiagnostischen  Untersuchungen  von  E.  Worseck. 


Der  Stammvegetationspunkt  bleibt  mehr  oder  minder  lange  von  dem 
Scheidenteil  des  Kotyledons  umschlossen.  Er  bringt  auch  weiterhin  lang- 
scheidige,  am  Grunde  längere  Zeit  fortwachsende  Blätter  in  zweizeiliger  oder 
wechselständiger  Anordnung  hervor.  Das  Stammwachstum  ist  häufig  be- 
schränkt, Verzweigung  fehlt  in  vielen  Fällen  ganz  oder  führt  doch  nur  selten 
z\xr  Bildung  einer  reich  verzweigten  lüone.  Die  Blätter  pflegen  ungestielt 
und  parallelnervig,  von  schmaler  langgestreckter,  linearer  oder  elliptischer 
Form  zu  sein  (Fig.  800).    Durch  frühzeitiges  Absterben  bestimmter  Teile  der 


Strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl, 


39 


610 


Karsten : 


Blattspreite  kommen  die  gefiederten  oder  gefächerten  Palmblätter  wie  die 

durchlöcherten  Blätter  einiger  Ai'aceen  zustande. 

In  anatomischer  Hinsicht  sind  die  Monokotylen  durch  geschlossene, 

über  den  ganzen   Stammquerschnitt  verteilte  Leitbündel  (vgl.   Fig.   164, 

S.  123)  ausgezeichnet,  welche  kein  Kambium 
zu  entwickeln  vermögen.  Infolgedessen  fehlt 
den  Monokotylen  das  Dicken  Wachstum  ent- 
weder gänzlich,  oder  es  tritt  in  den  seltenen 
Fällen,  wo  es  sich  findet,  in  der  Weise  auf, 
daß  am  Außenrande  des  Zentralzylinders  voll- 
kommen neue,  geschlossene  Bündel  und  zwi- 
schen ihnen  Grundgewebe  gebildet  werden. 


Fig.  800.     Blatt  mit   streifiger  Nervatur 
(Polygonatum  multiflorum).     ^4  "^t.  Gr. 


Fig.  801.    Diagramm  einer  typischen  Mono- 
kotylenblüte. 


Monokotylenblüten  sind  in  der  Regel  pentazykhsch  gebaut,  besitzen  also 
zwei  Perianthkreise,  zwei  Andröceum-  und  einen  Gynäceumwirtel.  Die  typische 
Zahl  der  Glieder  eines  jeden  Wirteis  ist  drei.  Beide  Perianthkreise  sind  meist 
gleichartig  ausgebildet,  somit  als  Perigon  zu  bezeichnen  (Fig.  801).  Demnach 
entspricht  die  Blütenformel  P  3  +  3,  A  3  +  3,  G(3)  der  typischen  Mono- 
kotylenblüte. 

a)  Blüten  radiär. 
1.  Ordnung.    Helobiae. 

Die  Ordnung  begreift  in  sich  nur  Wasser-  oder  Sumpfpflanzen.  Ihre 
radiären  Blüten  haben  ein  in  zwei  Kreisen  angeordnetes,  häufig  apokarpes 
Gynäceum,  das  Schließ-  oder  Balgfrüchtchen  entwickelt,  deren  Samen  kein 
Nährgewebe  um  den  großen  Embryo  ausbilden.  Die  Ordnung  vermittelt 
durch  ihren  Blütenbau  den  Anschluß  der  Monokotylen  an  die  Polycarpicae, 
vgl.  S.  523(1^)  und  den  Stammbaum. 

Die  1.  Familie  Alismaceae  ist  in  der  warmen  und  gemäßigten  Zone  weit  ver- 
breitet. Einheimische  Arten:  Alistna  Plantago,  Sagütaria  sagittifolia  und  Buiomus  umbel- 
latus  sind  häufige  deutsche  Sumpfpflanzen  mit  langgestielten,  rispigen  oder  doldenartigen 
Blütenständen.  Ihre  Einzelblüten  sind  durch  Besitz  von  Kelch  und  weißer,  bei  Butomus 
rötlicher  Krone  ausgezeichnet.  Das  Andröceum  ist  sechs-  oder  mehrzählig,  das  Gynäceum 
ist  apokarp,  sechs-  oder  vielzählig,  wirtelige  und  spiralige  Stellung  kommt  vor  (Fig.  802). 
Sagütaria  dagegen  ist  monözisch,  ihre  Blüten  werden  eingeschlechtig  durch  Fehlschlagen 
des  anderen  Geschlechtes;  die  männlichen  enthalten  zahlreiche  Staubblätter  und  unfrucht- 
bare Fruchtblätter,  die  weiblichen  nur  Staminodien  und  zahlreiche  freie  Fruchtblätter  auf 
stark  gewölbter  Blütenachse  (Fig.  803).  Die  Blätter  sind  bei  Biito7mis  lang  lineal,  gerinnt 
dreikantig;  bei  Alistna  und  Sagütaria  langgestielt  mit  löffeiförmiger  bzw.  pfeilförmiger 
Spreite.     Individuen  beider  Gattungen,  die  tief  in  flutendem  Wasser   stehen,    zeigen   lang 


Angiospermae. 


611 


bandförmige   Blätter,   wie   sie   bei   der   Keimung   als   Übergangsformen    auftreten;    solche 
Pflanzen  kommen  nicht  zur  Blüte. 


Fig.  802.  Blütendiagramm  von 
Echinodorus  parvulus,  einer  Alis- 
macee.     Nach    A.   W.    Eichler. 


Fig.  803.     Sagittaria  sagittifolia.    a  Blüten,    b  Frucht, 

nach  Entfernung   eines   Teiles  der  Karpelle.     Vergr. 

b  nach  Engler  und  Prantl. 


2.  Familie  Potamogetonaceae.  Potamogeton  ist  in  vielen  verschiedenen  Arten  in 
«tehenden  wie  fließenden  Gewässern  auf  der  ganzen  Erde  verbreitet.  Seine  Blätter  sind 
meist  untergetaucht  mit  langen,  einseitig  geschlitzten  Axillarstipeln.  Die  zwittrigen,  vier- 
zähligen  Blüten  mit  apokarpem  Gynäceum  sind  in  einem  über  das  Wasser  emporragenden 
ährenförmigen  Blütenstand  vereinigt.  P.  natans  unserer  Tümpel  führt  zur  Blütezeit  meist 
nur  Schwimmblätter,  da  die  untergetauchten  stielrunden  Wasserblätter  bereits  vergangen 
sind  (Fig.  804).  Ruppia  maritima,  Zanichellia  palustris  sind  Brackwasserformen;  Zostera 
marina  ist  das  an  allen  nördlich  temperierten  Meeresküsten  häufige  Seegras,  vielfach 
4il8  Polstermaterial  verwendet. 


Fig.  804.     Potamogeton  natans.     Blühender  Sproß.     V'.,  nat.  Gr. 


3.  Familie  Najadaceae.     Najas  marina    diözisch.     $   Blüte   mit   einem    Staubblatt. 
5  mit  einem  Fruchtblatt  in  becherförmigen  Hüllen. 

39* 


612  Karsten: 

4.  Familie  Hydrocharitaceae.  Hydrocharis  morsus  ranae  und  Stratiotes  aloides  sind 
schwimmende  einheimische  Wasserpflanzen,  die  sich  besonders  durch  Ausläuferbildung 
vermehren  und  ganz  oder  in  Form  von  Winterknospen  überwintern.  Ihre  Blüten  sind 
diözisch  und  entomophil.  In  den  männlichen  Blüten  finden  sich  mehrere  dreizählige 
Wirtel  von  Staubblättern;  die  weiblichen  haben  Staminodien  und  zwei  dreizählige  Kreise 
von  Fruchtblättern.  ValUs^ieria  sptralis,  eine  Süßwasserpflanze  der  Tropen,  ist  bis  in  die 
oberitalienischen  Seen  verbreitet;  Helodea  canadensis,  die  Wasserpest  aus  Nordamerika,  ist 
in  jedem  Wasserloch  zu  finden;  beide  sind  hydrophil  (vgl.  S.  479). 

2.  Ordnung.    Spadicülorae. 

Der  gemeinsame  Charakter  dieser  Ordnung  wird  bedingt  durch  den 
eigenartigen  Blütenstand:  er  ist  ährenartig,  besitzt  aber  eine  angeschwollene 
dicke,  oft  fleischige  Achse,  stellt  also  einen  Kolben,  Spadix,  dar.  Die  Einzel- 
blüten sind  meist  diklin,  monözisch  oder  seltener  diözischj 

Die  1.  Familie  lyphaceae  umfaßt  einheimische  Sumpfpflanzen  mit  langen  linealen 
Blättern  und  langgestielten  Blütenkolben,  die  oben  die  männlichen,  darunter  die  weiblichen 
Blüten  tragen,  beide  sind  in  großer  Zahl  ohne  Blütenhülle  zusammengedrängt.  Daran 
schließt  unmittelbar  die  zweite  Familie  Sparganiaceae  an,  deren  Kolben  kugelig  sind 
und  deren  Einzelblüten  ein  Perigon  besitzen. 

3.  Familie  Pandanaceae.  Eigenartige,  auf  Stützwurzeln  stehende  Bäume  oder 
kletternde  Sträucher,  die  in  allen  den  Indischen  Ozean  umlagernden  Tropenländern  und 
pazifischen  Inseln  heimisch  sind  und  auch  wohl  als  Schraubenpalmen  bezeichnet  werden, 
weil  ihre  langen,  scharf  bewehrten,  rinnenförmigen  Blätter  in  dreizeiliger  Schraube  lücken- 
los den  Stamm  umlaufen.  Ihre  männlichen  und  weiblichen  diklinen  Blütenstände  sind 
endständige  Kolben,  die  perianthlose  Einzelblüten  tragen  und  in  der  Achsel  scheidiger 
Deckblätter  stehen.     Pandanus   (vgl.  Fig.  807  vor  den   Palmen),   Freycinetia   (vgl.  S.  482). 

4.  Familie  Palniae{^^).  Die  Palmen  sind  eine  ausschließlich  tropische 
und  subtropische  Familie  von  meist  baumförmigen  Angehörigen.  Ihr  schlanker, 
fast  immer  einfacher,  nur  bei  den  afrikanischen  Hyphaene- Arten  gabelig 
verzweigter  Stamm  besitzt  meist  auf  seiner  ganzen  Länge  denselben  Durch- 
messer. Einzelne  Formen  weisen  jedoch  eine  deutliche  Dickenzunahme  gegen 
die  Basis  hin,  bisweilen  auch  in  der  halben  Stammhöhe,  auf,  die  nur  auf  Ver- 
größerung der  vorhandenen  Elemente  und  eventuell  örtlich  beschränkten 
Neubildungen  beruht.  Genau  so  verhalten  sich  übrigens  auch  die  Panda- 
naceen.  Die  Blätter  bilden  eine  gipfelständige  Krone  und  erreichen  oft  ge- 
waltige Dimensionen.  Es  sind  entweder  Fieder-  oder  Fächerblätter,  meist 
langgestielt,  deren  Zerteilung  durch  Einreißen  der  ursprünglich  einfachen, 
in  der  Knospenlage  gefalteten  Spreiten  an  den  absterbenden  Faltungsstellen 
zustande  kommt.  Der  Blütenstand  ist  in  einigen  Fällen  terminal,  wie  bei  der 
Sagopalme,  Metroxylon\  das  Individuum  stirbt  dann  mit  der  Fruchtbildung 
ab.  Häufiger  jedoch  stehen  die  Infloreszenzen  blattachselständig.  Sie  sind 
während  der  Entwicklung  von  einer  mächtigen,  sehr  widerstandsfähigen 
Scheide,  der  Spatha,  umhüllt,  die  zur  Zeit  der  Blüte  aufplatzt  und  den  ein- 
fachen oder  meist  verzweigten  Blütenstand  ins  Freie  treten  läßt  (Fig.  805). 

Die  Einzelblüten  sind  in  der  Regel  eingeschlechtig  und  nach  dem  regelmäßigen 
Monokotylentypus  gebaut,  also  P  3  +  3,  A  3  +  3  für  die  männlichen,  P  3  -1-  3,  G  (3)  für 
die  weiblichen.  Fig.  805  zeigt  den  Blütenstand  von  Cocos  nucifera  mit  der  Spatha,  die 
ihn  am  Grunde  noch  umgibt.  Man  bemerkt  neben  zahlreichen,  nach  den  Infloreszenz- 
enden hin  in  dicht  gedrängten  Ähren  stehenden  männlichen  Blüten  einzelne  am  Grunde 
befindliche,  noch  ungeöffnete  weibliche  von  erheblich  größeren  Dimensionen ;  Cocos  ist 
also  monözisch.  Der  einfächerige  Fruchtknoten  besteht  aus  drei  miteinander  verwachsenen 
Fruchtblättern,  in  denen  sich  jedoch  nur  ein  Fruchtfach  entwickelt.  Die  reifen  Früchte 
hängen  zu  mehreren  an  einem  Fruchtstande.  Jede  Frucht  ist  von  einem  glatten  Exokarp, 
einem  grobfaserigen  Mesokarp  und  einem  steinharten  Endokarp  umhüllt.  Das  lufthaltige 
Mesokarp  (Kokosfaser)   bedingt   die  Schwimmfähigkeit    und    damit   die   große   Verbreitung 


Angiospermae. 


613 


der  Palme  über  alle  Tropenküsten.  An  der  Basis  zeigt  jedes  Karpell  „ein  Keimloch" 
(Fig.  806)  im  Endokarp,  das  zuwächst;  am  wenigsten  Widerstand  bietet  dasjenige,  dem 
der  Keimling  anliegt.  Endosperm  wird  in  dicker  Lage  rings  an  der  Wandung  abgelagert; 
es  ist  sehr  fettreich  und  bildet  die  Kopra  des  Handels.     Der  Innenraum   wird  zum  Teil 


Fig.  805.     Cocos  nucifera.     Blütenstand  der  Kokospalme.     Stark  verkleinert. 

von  einer  Flüssigkeit,  der  sog.  Kokosmilch,  ausgefüllt,  die  für  die  Keimung  von  Bedeutung 
sein  dürfte.  Der  keimende  Embryo  entwickelt  in  den  Hohlraum  hinein  ein  mächtiges 
Saugorgan,  welches  dem  Keimling  Reservestoffe  zuführt  und  ihn  schließlich  ganz  ausfüllt. 
Fig.  807  gibt  den  Habitus  eines  Kokoswäldchens  wieder. 


614 


Karsten : 


Doch  nicht  überall  sind  die  Verhältnisse  die  gleichen.  Bei  Areca  Catechu  (Fig.  833) 
ergibt  die  aus  ähnlichem  Fruchtknoten  entwickelte  Frucht  eine  Beere,  indem  das  Meso- 
karp  grobfaserig-fleischige  Konsistenz  annimmt.  Das  weiße,  durch  einwachsende  dunkle 
Zellstreifen  der  Samenschale  ruminierte  Endosperm  wird  hier  steinhart,  weil  Zellulose 
als  Reservestoff  abgelagert  ist.  Ebenso  ist  die  Frucht  der  diö- 
zischen  Dattelpalme,  Phoenix  dactylifera,  eine  Beere,  die  aber 
aus  einem  apokarpen  Gynäceum  hervorgeht;  von  den  drei  freien 
Fruchtblättern  wird  nur  eines  völlig  ausgebildet.  Sonstige  wich- 
tige Nutzpflanzen  unter  den  Palmen  sind:  Elaeis  g^äneensis,  die 
afrikanische  Ölpalme.  Ca /ß/;««- Arten  liefern  das  Stuhl- 
rohr,  Metroxylon-kv\,Q\\  Sago,  beide  im  asiatisch -australischen 
Tropengebiet  zu  Hause:  Phytelephas  macrocarpa,  eine  ameri- 
kanische stammlose  Palme,  liefert  vegetabilischesElfen- 
i)ein  im  harten  Endosperm  ihrer  Samen.  Verschiedene  Arten 
lassen  nach  Abschneiden  der  Infloreszenzanlagen  eine  Menge 
zuckerhaltigen  Saftes  ausfließen,  der  bald  zu  Palmwein  ver- 
goren, bald  (Arenga  saccharifera)  zur  Gewinnung  von  Rohr- 
Fig.     806.       Kokosnuß,       zucker  eingedickt  wird. 

nach      teilweiser     Ent-  Offizineil:  Areca  Catechu  (trop.  Asien)  liefert  Semen 

fernung     des    fasengen        .  ,„.  i    i    \ 

Mesokarps,    verkleinert.       ^''^cae  (Pharm,  gorm.,  helv  ). 

Nach  E.  Warmixg. 


Fig.    807.      Kokosinseln    bei    Hilo,    Hawaii.      Pandanus   odoratissimus    vor    den    Palmen. 


Angiospermae. 


615 


5.  Familie  Araceae.  Die  Araccen  sind  meist  Kräuter  oder  Stauden;  im 
feuchten  Walde  der  Tropen  treten  sie  als  Wurzelkletterer  auf  (Fig.  808)  und 
spielen  dort  eine  hervorragende  KoUe.  Einige  Arten,  wie  Monstera,  zeigen 
Zerteilung  und  Durchlöcherung  ihrer  mächtigen  Blattspreiten  durch  Absterben 
genau  umschriebener  Stellen  (vergl.  Palmae).  Die  Araceenblüten  sind  sehr 
reduziert  und  meist  dikhn  an  einer  unverzweigten,  fleischig-kolbigen  Achse, 
Spadix,  angeordnet,  die  an  der  Basis  eine  Spatha  von  oft  lebhafter  Färbung 
als  Schauapparat  besitzt,  z.  B.  hei  Anthurimn  Scherzerianum ,, Krebsschere''''  und 
Richardia  aethiopica  ,, Kalla"  genannt,  zwei  in  unseren  Gewächshäusern  häufig 
kultivierten  Araceen.    Die  Früchte  sind  meist  Beeren,  die  häufig  lebhaft  rote, 


Fig.  808.     Wurzelkletternde  Arnceen   im   feudi t- tropischen  Walde  von   Chiapas.     (Cafetal 

Trionfo.)     Von   den   hoch   oben   befindlichen   Exemplaren  werden  Wurzeltaue   zum  Boden 

■  entsandt,  die  ihnen  nach  Absterben  des  Stammes  zur  Ernährung  dienen. 


bläuliche  oder  weiße  Farben  zeigen.  Colocasia  (s.  S.  200)  und  Caladium  viel- 
fach ihrer  riesigen  und  zum  Teil  Blumenblatt-ähnlich  schön  gefärbten  Blätter 
wegen  in  Kultur.  Ariopsis  und  Spathicarpa  mit  charakteristischen  Inflores- 
zenzen. 

Deutsche  Vertreter:  Acorus  Calamus,  der  Kalmus,  ist  erst  im  Laufe  der  letzten 
2  bis  3  Jahrhunderte  aus  dem  wärmeren  Asien  zu  uns  gewandert.  Seine  Blüten  sind 
vollständige,  zwittrige  Monokotylenblüten,  die  an  einem  kurzen  Kolben  sitzen,  der  end- 
ständig ist,  aber  von  seiner  blattartigen  Spatha  zur  Seite  gedrängt  wird  (Fig.  809).  Die 
in  unseren  Torfsümpfen  verbreitete  Calla  palustris  und  Amm  maculatum  (Fig.  810),   eine 


616 


Karsten : 


mit  knolligem  Rhizom  ausdauernde  Staude  unserer  Laubwälder,  sind  wie  viele  andere 
Araceen  giftig.  Arum  entwickelt  eine  Anzahl  langgestielter,  pfeilförmiger  Blätter,  deren 
braune  Flecken  der  Pflanze  den  Beinamen  gegeben  haben.  Die  monözischen,  perianth- 
losen  Blüten  sind  an  einem  endständigen  Kolben,  dem  Aronstab,  angeordnet  und  werden 
von  einer  oben  weit  geöffneten  grünlichen  Spatha  völlig  umhüllt.  An  der  Basis  des 
Kolbens  tief  im  Grunde  der  Spatha  sitzen  die  weiblichen  Blüten,  in  geringem  Abstand 
darüber  die  männlichen   und   weiter  oben,   gerade  der  Einschnürung  und  Verengung  der 


Fig.    809.     Acorus    Calamus,   blühende    Pflanze.      Einzelblüte  von    oben    und  im    Profil. 
V2  nat.  Gr.  —  Offizinell. 


Spatha  entsprechend,  einige  steril  gewordene  Blüten  von  haarförmiger  Gestalt.  Sie  sind 
wie  Reusenhaare  abwärts  gebogen  und  gestatten  kleinen,  durch  den  eigenartigen  Geruch 
und  die  angenehme  Wärme  in  den  kalten  Frühjahrsnächten  angelockten  Insekten  wohl 
den  Eintritt  in  den  unteren  erweiterten  Kessel,  hindern  aber  ihren  Wiederaustritt,  bis  die 
weiblichen  Blüten  durch  von  anderen  Blüten  mitgebrachten  Pollen  bestäubt  sind,  worauf 
die  Haare  schrumpfen  und  den  Ausgang  freigeben.  Beim  Verlassen  des  Gefängnisses 
müssen  die  Insekten  an  den  inzwischen  geöffneten  männlichen  Blüten  vorbeikriechen,  mit 
deren  Pollen  bedeckt  sie  andere  Blüten  aufsuchen. 


Angiogpermae. 


617 


Offizin  eil:   Acorus   Calartius:   Rhizoma  Calami   (Pharm,   germ.,   austr.,  helv.) 
und  Oleum  Calami  (Pharm,  germ.). 


Fig.  810.     Arum    maculatum,    V,    nat.  Gr.      Blutenstand   und   Fruchtstand,  -L  nat.  Gr. 

Giftig. 


3.  Ordnung.    Liliiflorae. 

Strahligc  fünfwirtolige  Monokotylenblüten  mit  oberständigcni  oder 
unterständigem  Fruchtknoten  sind  das  Charakteristikum  der  Ordnung 
(Fig.  801).  Das  Perianth  ist  in  beiden  Kreisen  gleichartig  als  Perigon  aus- 
gebildet.   Im  Andröccum  wird  nur  bei  den  Iridaceen  ein  Wlrtel  unterdrückt. 


618 


Karsten ; 


Das  Gynäceum  wechselt  in  der  Stellung,  doch  ist  stets  ein  aus  drei  Karpellen 
zusammengesetzter,  meist  dreifächeriger  Fruchtknoten  vorhanden. 

In  der  1.  Familie  Juncaceae  sind  grasähnliche  Gewächse  mit  vollständiger  Lilii- 
florenblüte  vereinigt,  deren  Perigon  spelzenähnlich  ist,  so  daß  auf  Windbestäubung  zu 
schließen  ist.  Der  Pollen  bleibt  in  Tetraden  vereinigt.  Der  oberständige  Fruchtknoten 
ist  ein-  oder  dreifächerig  und  wird  von  drei  langen  papillösen  Narben  gekrönt.  Ein 
mehliges  Endosperm  umgibt  den  in  Kapselfrüchten  entwickelten  Samen.  Die  Familie  ist 
in  der  gemäßigten  Zone  beider  Hemispliären  verbreitet. 

Die  Gattung //m««,  Binse,  ist  in  zahlreichen  Arten  bei  uns  vertreten.  Ihre  stiel- 
runden, mit  Luftkammern  versehenen  Halme  und  Blätter  finden  sich  überall  an  Wasser- 
tümpeln und  Flußläufen.  Die  auf  Windbestäubung  eingerich- 
teten Blüten  (Fig.  811)  sitzen  knäuelig  am  Gipfel  der  Sprosse, 
oft  durch  das  in  der  Richtung  der  Achse  gestellte  Stützblatt 
zur  Seite  gedrängt.  Ihre  Früchte  sind  vielsamig.  Luzula 
mit  flachen  Blättern  und  dreisamigen  Früchtchen  ist  in 
mehreren  im  Frühling  blühenden  Arten  verbreitet. 

Die  Blüte  der  2.  Familie  Liliaceae  entspricht 
vollkommen  einer  typischen  Liliifiorenblüte  mit  ge- 
färbtem Perigon  und  zumeist  entomophiler  Bestäu- 
bung. Der  Fruchtknoten  ist  oberständig  und  ent- 
hält zahlreiche  Samen,  deren  Endosperm  hornig 
oder  fleischig  sein  kann.  Die  Früchte  sind  septi- 
cide  oder  loculicide  Kapseln,  in  anderen  Fällen 
Beeren. 

Die  Mehrzahl  der  Liliaceen  sind  mit  Zwiebeln,  Knollen 
oder  sonstwie  gestalteten  Rhizomen  perennierende  kraut- 
artige Gewächse,  die  vorzugsweise  in  den  warm  temperierten 
Gebieten  beheimatet  sind.  Colchicum  auUnmiak,  Herbstzeit- 
lose (Fig.  812),  ist  eine  häufige,  sehr  giftige,  ausdauernde 
Staude  unserer  Wiesen;  untersucht  man  die  Pflanze  im 
Herbst,  wenn  sie  ihre  Blüten  öffnet,  so  findet  sich  eine 
braune  feste  Hülle,  die  eine  Knolle  und  den  ihr  an  der 
Basis  angewachsenen,  blühenden  Seitentrieb  umgibt.  Dieser 
bringt  drei  kurze  ringförmige  Scheidenblätter,  und  in  der  Achsel  des  dritten  befindet  sich 
eine  Knospe,  die  Anlage  des  nächstjährigen  Blütensprosses,  dessen  basales  Ende  zur  Tochter- 
knolle wird.  Im  Frühjahr  ist  die  Knolle  ausgesogen  und  von  der  Tochterknolle  verdrängt. 
Die  drei  Laubblätter  erheben  sich  mit  ihrer  dunkelgrünen,  langen,  rinnenförmigen  Spreite 
über  den  Boden  und  umscheiden  die  gestreckte  Achse,  die  am  Gipfel  die  septiciden  Kapsel- 
früchte trägt  (Fig.  812/),  deren  Samen  als  Semen  Colchici  offizinell  sind.  —  Der  giftige 
Germer,  Veratmm  albiun,  ist  eine  ansehnliche  Staude  unserer  Bergwiesen;  die  großen,  ellip- 
tischen, längsgefalteten  Blätter  bilden  eine  buschige  Rosette.  Eine  endständige,  stattliche, 
pyramidale  Rispe  trägt  die  grünlich-weißen,  polygamen  Blüten.  Ebenfalls  septicide  Kapseln 
hat  Schoenocmdon  (Sabadilla)  o/ßcniale,  ein  grasbiättriges  Zwiebelgewächs  der  mittel- 
amerikanischen und  venezolanischen  Anden,  das  offizinelle  Bedeutung  besitzt.  Hierher 
gehört  auch  die  windende  Bounea  (Südafrika),  die  schön  blühende  Gloriosa  und  Litionia, 
beides  Blattspitzenranker. 

Dagegen  hal)en  unsere  beliebten  Ziergewächse  wie  TuUpa  (Fig.  202),  Hyacinthns 
Liliwn  (Fig.  205)  Muscari,  Scilla,  die  Küchengewächse  liefernde  Gattung  Allmm,  Lauch 
ferner  Urginea  (Fig.  813),  die  Meerzwiebel  der  Mittelmeerküsten  und  Galtonia,  Südafrika, 
ausnahmslos  loculicide  Kapseln.  Omithogalum  umbellahim  (Fig.  814)  mag  als  Beispiel 
der  Lebensweise  dienen.  Im  Herbst  untersucht,  zeigt  die  Pflanze  eine  Zwiebel  aus 
fleischigen  Schuppen,  deren  Narben  den  vergangenen  Blattspreiten  entsprechen.  In  der 
Achsel  der  innersten  Zwiebelschuppe  neben  dem  abgeblühten  Infloreszenzstiel  steht  ein 
junges,  aus  einer  Anzahl  von  Blättern  gebildetes  Knöspchen,  seinen  Schluß  bildet  die 
Blütenstandsanlage.  Im  Frühjahr  wachsen  die  Blätter  zu  linealen  langgestreckten  Ge- 
bilden heran  und  erheben  sich  mit  der  Infloreszenz  über  den  Boden.  Ihre  weißen  Einzel- 
blüten enden  in  einem  dreifächerigen  Fruchtknoten,  den  ein  gemeinsamer  Griffel  krönt. 
Die  Blattbasen,   die   inzwischen   fleischig   angeschwollen   und   mit   Rerservestoffen   gefüllt 


Fig.  811.  Juncus  lampro- 
carpus.  a  Teil  der  Inflo- 
reszenz, b  Blüte,  vergr., 
c  Gynäceum,    vergr.     Nach 

A.    F.    W.    SCHIMPER. 


Angiospermae. 


619 


sind,  bilden  die  Zwiebelschuppen,  während  ihre  oderirdischen  Teile  zugrunde  gehen.  In 
ähnlicher  Weise  verläuft  bei  allen  genannten  Zwiebelpflanzen  der  jährliche  Entwicklungs- 
gang.    Sie  können  nach  der  kurzen  Vegetationszeit   allen  Unbilden  der   Kälte    oder  der 


Fig.  812. 


Colchicum    autumnale.      i/.,    nat.    Gr.     /  Frucht  im    Querschnitt, 
Embryo,  vergrößeVt.  —  Offizinell  und  giftig. 


Samen  mit 


Trockenheit  trotzen,  indem  sie  sich  unter  den  Erdboden  zurückziehen.  Von  baumförmigen 
Liliaceen  ist  Aloe  mit  fleischigen,  häufig  am  Rande  bewehrten  Blättern  (Fig.  815,  816) 
zu  nennen,  artenreiche  Gattung  Afrikas.  Hierher  gehört  auch  der  „Neuseeländische  Flachs" 
Phorinnim   tenax. 


620 


Karsten ; 


Die  durch  hohes  Alter  ausgezeichnete  und  durch  eigenartigen  Habitus  auffallende 
Dracaena  (Fig.  817)  trägt,  wie  die  ähnlichen  Gattungen  Cordyline  und  Yticca^  Beeren- 
früchte. Ebenso  Stnilax,  Sarsaparille,  mit  Hilfe  rankenartiger  Emergenzen  ihrer  Blatt- 
stiele kletternde  Sträucher  wärmerer  Länder.  Hierher  ferner  Asparagtis,  Spargel,  mit 
büschelig  gehäuften  Phyllokladien  anstatt  der  Blätter,  ebenso 
Rjiscus  mit  breiteren,  blattartigen  Phyllokladien  und  Myrsi- 
phyllum;  Convallaria  (Fig.  125),  Majanthe?nut7i ,  Polygonatuvi 
(Fig.  143);  Paris  guadrifolm,  Einbeere  (Fig.  818);  meist  vier-, 
doch  auch  drei-  bis  sechsblättrig  in  allen  Wirtein  (*-).  Alle 
diese  Pflanzen  haben  kriechende  Rhizome,  die  mit  Schuppen- 
blättern besetzt  sind  und  jährlich  entweder  die  Spitze  ihres 
Hauptsprosses  als  Laub-  und  Blütensproß  über  den  Boden 
senden,  dann  ihr  unterirdisches  Rhizom  durch  einen  Seiten - 
zweig  fortsetzen  [Polygonattim),  oder  eine  unterirdisch  fort- 
wachsende Hauptachse  besitzen,  die  jährlich  einen  Achselsproß 
als  Laub-  und  Blütensproß  ausbildet  {Paris). 

Giftig:  Zahlreiche  Liliaceen  sind  mehr  oder  minder  giftig, 
€0  das  Maiglöckchen,  Tulpen-  und  Kai  serkronzwiebeln 
{Fritillaria),  besonders  aber  von  einheimischen  Pflanzen:  Col- 
chicum und    Veratru7n\  auch  Paris  gilt  für  giftig. 

Offizineil:  Colchicum  autumnale:  Semen  Coleb  ici 
(Pharm,  germ.,  aust,  helv.);  Veratrum  album:  Rhiz.  Veratri 
(Pharm,     germ.,     helv.)';     Schoenocaulon     (Sdbadilla)     ofßcinale: 


•  L 


Fig.  813.  Urginea  mari-  Fig.  814.      a—e   Ornithogalum    umbellatura.      a   Ganze  Pflanze, 

tima,  ca.  V,o  nat.  Gr.  —  verkleinert,    b    Blüte    in    nat.    Gr.,    c    Blüte    im    Längsschnitt, 
Offizinell.  NachBERG  ^  Frucht,  e  Querschnitt  durch  die  Frucht, 

und  Schmidt.  Nach  A.  F.  W.  Schimper. 


Angiospermae. 


621 


Semen  Sabadillae  (Pharm, 
germ.,  austr.,  helv.)  und  Vera- 
trinum  (ibid.),  Aloe  ferox  ist 
die  Hauptlieferantin  der  Kap- 
Aloe,  wie  A.  vera  für  Barba- 
dos-Aloe (ibid.),  Urgi7iea  mari- 
tima: Bulbus  Scillae  (ibid.), 
Smilax -  kxi^Xi:  Rad.  Sarsa- 
parillae  (ibid.),  Convallaria 
ftiajalis:  Herba  Convallariae 
(Pharm,  austr.,  helv.). 


Fig.   815.      Aloe    speciosa  und    Aloe   ferox,  diese   mit 

verzweigten  Blütenständen  nach  R.  Marloth.    A.  ferox 

of  fizinell. 


Fig.  816.     Aloe  succotrina.     A  In- 
floreszenz. B  Einzelblüte.  C  Frucht- 
knoten-Querschnitt. 


Fig.  817.     Dracaena  draco.     Drachenbaum  von  Laguna,  Kanarische  Inseln.     Nach  C.  Chün, 


622 


Karsten : 


Die  3.  Familie  Ämoryllidaceae  unterscheidet  sich  von  den  Liliaceen  nur  durch 
unterständigen  Fruchtknoten.  Die  einheimischen  Amaryllidaceen  Leucojum  (Fig.  819), 
Galanthtis  (Schneeglöckchen)  und  Narcissus  sind  Zwiebelgewächse  und  im  Habitus  den 
Zwiebeln  besitzenden  Liliaceen  ähnlich.  Die  Mehrzahl  der  Gattungen  gehört  aber  den 
Tropen   und    Subtropen    an,    wie   z.    B.    die   häufig   in  Warmhäusern  kultivierten  Alstroe- 

i}ieria-,  Haemanthns-,  Clivia-  und 
Crzwww?- Arten.  Wichtiger  ist 
die  Gattung  ^j^ßz'^.  Diese  mäch- 
tigste aller  Blattsukkulenten 
ist  in  zahlreichen  Arten  im 
wärmeren  Amerika  zu  Hause. 
Zur  Zeit  ist  Agave  Sisalana  aus 
Yucatan  eine  der  wichtigsten 
Faserpflanzen,  die  in  großem 
Maßstabe  z.  B.  in  Ostafrika 
und  anderen  Kolonien  mit 
trockenem  und  doch  warmem 
Klima  angebaut  wird.  A.  Sal- 
miana  liefert  in  ihrem  nach 
_^  Abschneiden  der  Infloreszenz- 
i/  '  /  knospe    überreichlich    ausflie- 

ßenden, alsdann  vergorenen 
Safte:  Pulque,  das  National- 
getränk der  Mexikaner.  An- 
spruchslosere Agave- Arten  sind 
vielfach  im  Mittelmeergebiet 
akklimatisiert. 


Fig.    818.      Paris   quadrifolia.      "g    nat.   Gr. 


Giftig. 


Fig.  819.  Leucojum  aestivum. 
a  Blütenschaft  (verkleinert), 
h   Gynäceum    und    Andröceum 

(nat.  Gr.). 
Nach    F.    A.    W.    Schimper. 


Die  4.  Familie  Iridaceae  gleicht  den  Amaryllidaceen  im  Besitze  eines 
unterständigen  Fruchtknotens,  unterscheidet  sich  aber  von  ihnen  und  dem 
Liliaceentypus  durch  das  Fehlen  des  inneren  Andröceumwirtels  (Fig.  820) 
(vergl.  die  atavistische  Form  L'is  pallida,  Lam.  forma  abavia  Heinricher  S.  474, 
Fig.  528).    Die  beiden  Perigonkreise  sind  nicht  immer  gleichförmig.    Die  L'ida- 


Angiospermae. 


623 


ceen  zeigen  stets  ungestielte  Blätter  und  überwiegend  knollenförmige  oder 
gestreckte  Rhizomc,  während  Zwiebeln  minder  häufig  sind.  Die  Früchte 
werden  zu  loculiciden  Kapseln.  Die  Familie  ist  vorzugsweise  im  Kapland 
und  den  wärmeren  Teilen  Amerikas  heimisch. 

Crocus  sathnis,  der  Safran,  ist  eine  alte  Kulturpflanze  des  Orients  mit  schmal- 
grasartigen Blättern  und  knollenförmigem  Rhizom.  Die  Blüten  sind  steril,  wenn  sie  nicht 
mit  Pollen  wilder  Formen  bestäubt 
werden.  Ihre  großen  Narben  liefern 
den  „Crocus"  oder  Safran  (Fig.  821). 
Andere  Arten  werden  häufig  als  Zier- 
pflanzen kultiviert.  Iris,  eine  auch 
in  Deutschland  mit  der  Sumpfpflanze 
/.  Psemiacorus  einheimische  Gattung, 
ist  durch  zweizeilige  reitende 
Blätter  ausgezeichnet,  d.  h.  die  Blätter 
umfassen  das  dickfleischige  Rhizom 
mit  ihrer  Scheide,  steigen  vertikal 
empor  und  zeigen  zwei  gleiche  Flanken 
bei  schwertförmigem  Umriß  (Fig.  822). 
Die  ansehnliche  Blüte  schlägt  ihren 
äußeren  Perigonkreis  abwärts,  wölbt 
dagegen  den  inneren  empor,  ihre 
drei  Antheren  werden  von  den  drei 
großen,  kronartig  entwickelten  Griffel - 
ästen  völlig  überdeckt,  die  auf  ihrer 
Außenseite  einen  kleinen  dreieckigen 
Narbenlappen  tragen.  In  der  Gattung 
Gladwhis  ist  die  Gleichartigkeit  der 
Perigonblätter  noch  weiter  gestört, 
die  Blüten  werden  dorsiventral. 

0  f  f  i  z  i  n  e  1 1 :  Croais  satitms : 
Crocus  (Pharm,  germ.,  austr,,  helv.). 
Iris  florentina,  pallida,  germanica  des 
Mittelmeergebietes:  Rhizoma  Iri- 
dis (ibid.). 


Fig.   820.      Diagramm    der   Iridaceae 
(Iris). 


Fig.  821. 
Narbe. 


Crocus  sativus.     Griffel  mit  dreiteiliger 
Nach  H.  Baillon.  —  Offizinell. 


5.  Familie  ßroineliaceae.  Diese  große,  fast  ausschließlich  amerikanisch-tropische 
Familie  mit  typisch  xerophilen  Blättern  von  rosettenförmiger  Anordnung  enthält  zahlreiche 
meist  epiphytisch  lebende  Pflanzen  (Gattung  Tillandsia)  mit  zwittrigen  Blüten.  Bei  erd- 
bewohnenden Formen  sind  alle  Blätter  scharf  bewehrt.  Ananassa  sativa  liefert  in  ihrem 
Fruchtstande  die  Ananas. 

Die  4.  Ordnung  der  EnanÜoblastae  ist  durch  atrope  Samenanlagen  aus- 
gezeichnet,  die    sich   sonst   nur   selten   finden.     Es    liegt    also    der  Keimling  dem   Nabel 


624 


Karsten : 


gegenüber  an  der  Spitze  des  Endosperms.  Familie  Commelinaceae.  Eine  nur  in  den 
Tropen  und  Subtropen  verbreitete  Familie,  deren  Periantb  in  Kelch  und  Krone  differen- 
ziert ist.  Coinmelina,  die  Haare  der  Staubblätter  von  Tradescantia  bilden  ein  für  Plasma- 
strömung und  Kernteilungsfiguren  bekanntes  und  geeignetes  Objekt.  Rhoeo  discolor, 
Mexiko,  vielfach  in  Kultur. 


%A\^ 


Fig.  822.     Iris  germanica.     72  "^^-  Gr.  —  Offizin  eil. 


Angiospermae. 


625 


b)  Blütoii  mehr  odor  minder  reduziert. 
5.  Ordnung.    GlumUlorae. 

Die  Ordnung  der  Spelzenblüher  umfaßt  ausschließlich  Gewächse  von 
grasartigem  Habitus  und  ein-  bis  mehrjähriger  Dauer.  Sie  ist  in  ihren  beiden 
Famihen  über  die  ganze  Erdoberfläche  verbreitet.  Holziger  Schaft  eignet 
nur  der  Gattung  Bambusa.  Das  allen  gemeinsame  Merkmal  liegt  in  der  Ver- 
einigung zahlreicher  Einzelblüten,  die  eines  ausgebildeten  Perianthes  ent- 
behren, dagegen  von  trockenhäutigen  Hochblättern,  den  Spelzen,  gestützt 
werden,  zu  mehr  oder  minder  reich  zusammengesetzten  Blütenständen.  Ebenso 
wie  das  Perianth,  das  entweder  vollständig  ausfällt  oder  zu  Borsten  oder 
Schüppchen   verkümmert,   fehlt   häufig   der  innere   Andröceumwirtel.      Der 


Fig.  823.  Scirpus  setaceus.  Nat.  Gr.  /  Blühende 
Pflanze.  2  Gipfel  eines  fertilen  Halmes. 
3  Einzelblüte.  4  Dieselbe  vom  Rücken. 
5  Dieselbe  ohne  Deckspelze.  6  Früchte. 
2—6  vergr.     Nach  G.  F.  Hoffmann. 


Fig.  824.  Eriophorum  augustifolium.  Etwa 
nat.  Gr.  /  Fruchtender  Halm.  2  Ein  blühendes 
Ährchen,  j  Einzelblüte.  4  Dieselbe  ohne 
Spelze.  5  Früchtchen.  3 — 5  vergr.  Nach 
G.  F.  Hoffmann. 


oberständige  Fruchtknoten  ist  stets  einfächerig  und  enthält  nur  eine  Samen- 
anlage; er  entspricht  bald  drei  Fruchtblättern  (Cyperaceen),  bald  zweien 
(einige  Carices),  bald  nur  einem  (Gramineen).  Die  Narben  sind  von  erheb- 
licher Größe,  papillös  fadenförmig  oder  federig,  wie  es  die  Windbestäubung 
verlangt.    Die  Früchte  sind  Schließfrüchte. 

1.  Famihe  Cypetaceae.  Die  Riedgräser  sind  durch  ihren  meist  drei- 
kantigen, in  der  Regel  weder  knotig  gegliederten  noch  hohlen  Halm  und  die 
geschlossenen  Scheiden  ihrer  Blätter  kenntlich.  Ihre  Blüten  sind  entweder 
eingeschlechtig,  und  dann  meist  monözisch  (Carex),  oder  zwittrig,  wie  bei 
der  Mehrzahl  der  Gattungen.    Der  Fruchtknoten  ist  zwei-  oder  dreikarpellig 


Strasburger,  Lelirbuch  der  Botanik.    IR.  Aufl. 


40 


626 


Karsten : 


Fig.  825.  A  Diagramm  einer  J  Carex- 
blüte,  B  einer  dreinarbigen,  C  einer  zwei- 
narbigen 5  Carexblüte.  D  Aufriß  einer 
5  Carexblüte,  E  des  zwittrigen  Ährchens 
von  Eiyna.  a  Sekundansproß,  utr  Utri- 
culus  oder  Vorblatt  des  Sekundansprosses. 
Nach  A.  W.  EiCHLER. 


mit  grundständiger,  aufrechter,  anatroper  Samenanlage.  Die  Fruchtschale  ist 
nicht  mit  der  Samenschale  verwachsen,  die  einen  kleinen,  rings  von  Endo- 
sperm  umschlossenen  Embryo  enthält. 

Wichtige  Gattungen:  Cyperus,  Scirpus  und  Eriophomtn  haben  zwittrige  Blüten, 
Fig.  823   zeigt   eine   blühende  Pflanze   des   einjährigen  Scirpits  setaceus,   mit  steifen,  ober- 

seitfi  gerinnten  BLättern.  Fertile  Halme  mit 
langem  oberstem  Internodium  tragen  die  1—3 
Ährchen  endständig;  sie  werden  durch  das  in 
der  Richtung  des  Halmes  aufstrebende  Hüll- 
blättchen zur  Seite  gedrückt  und  sind  mit  zahl- 
reichen dachziegeligen  Spelzen  bedeckt.  Nur 
die  untersten  größeren  bleiben  steril,  alle  anderen 
decken  je  eine  nackte  Zwitterblüte.  Eriopho- 
r7i7n  a7igustifoUu7n,  das  zur  Blütezeit  wenig  auf- 
fallende Wollgras,  bringt  am  Gipfel  des 
fertilen  Halmes  drei  bis  sieben  langgestielte 
Ährchen  mit  zahlreichen  dachziegelig  deckenden 
Spelzen.  Die  Einzelblüten  sind  am  Grunde  von 
vielen  Haaren  umgeben,  die  von  Staubblättern 
und  Griffeln  überragt  werden.  Zur  Fruchtzeit 
dagegen  sind  die  Haare  bis  etwa  3  cm  lang  ge- 
worden und  ragen  weit  über  die  Spelzen  heivor. 
Sie  bilden  ein  für  die  Verbreitung  der  Früchtchen 
wichtiges  Flugorgan.  Durch  ihre  weiße  Farbe 
machen  sie  die  Pflanze  und  ihre  dann  herab- 
hängenden Ähren  zu  einem  auffälligen  Bestand- 
teil unserer  torfigen  Wiesen  (Fig.  824).  Cyperus 
papyrus  in  Ägypten  lieferte  in  den  Längsscheiben  seiner  schenkeldick  werdenden  Halme 
das  „Papier"  des  Altertums,  die  Papyri.  Carex  hat  nackte  eingeschlechtige  Blüten,  welche 
in  der  Regel  monözisch  verteilt  sind.  Die  männlichen  Ähren  sind  einfach;  in  der  Achsel 
eines  jeden  Deckblättchens  sitzt  eine  männliche  Blüte,  aus  drei  Staubblättern  gebildet 
(Fig.  825^).  Die  weiblichen  Ährchen  tragen  in  der  Deckblattachsel  je  ein  Seitensprößchen, 
aus  einer  vom  schlauchförmigen  Vorblatt,  dem  Utriculus,  umgebenen  Spindel  a  und  dem  in 
seiner  Achsei  sitzenden,  bald  zwei-  bald  dreikarpell igen  Fruchtknoten  bestehend  (Fig.  825^—^). 

2.  Famihe  Gramineaei^).  Die  echten  Gräser  besitzen  stielrunde  hohle 
(Ausnahme:  Mais  und  Zuckerrohr),  durch  massive  Knotenstellen  gegliederte 
Halme,  zweizeilige  Blattstellung  und  eine  meist  offene  Scheide,  die  an  der 
Basis  knotig  verdickt  zu  sein  pflegt.  An  der  Grenze 
der  Blattscheide  und  -spreite  ragt  fast  ausnahmslos 
ein  erhabener  häutiger  Rand  über  das  Blatt  hervor: 
die  Ligula  (vgl.  Fig.  138).  Gramineenblüten  finden 
sich  in  ähren-,  trauben-  oder  rispenartigen  Gesamt- 
blütenständen  vereinigt,  die  jedesmal  aus  ährenartigen 
Teilinfloreszenzen,  den  ,,Ährchen",  zusammengesetzt 
sind.  Meist  ist  das  Ährchen  mehrblütig.  Es  beginnt 
in  der  Regel  (Fig.  826,  827)  mit  zwei  (in  einzelnen 
Fällen  einer,  oder  3—4)  sterilen  Hüllspelzen  (gluma); 
in  zweizeihger  Anordnung  wie  diese  folgen  die  fertilen 
Deckspelzen  (palea  inferior)  mit  je  einer  Blüte 
in  ihren  Achseln.  Die  Deckspelzen  sind  oft  begrannt, 
d.  h.  sie  tragen  eine  steife  widerhaarige  Borste  auf  dem 
Rücken  oder  an  ihrer  Spitze,  die  Granne.  Jedem 
Einzelblütchen  geht  eine  Vorspelze  (palea  superior) 
vorauf.  Es  folgen  zwei  kleine  Schüppchen,  die  als 
Schwellkörper  zur  Öffnung  der  Blüte  beitragen  (Fig. 
828  .5,  C)  und  Lodiculae  heißen;  endlich  das  meist 


Fig.  826.  Schema  des 
Gras  ährchens.  g  Die 
Hüllspelzen,  p.^  und 
/j  palea  inferior  und 
superior.  B  Die  Blüte, 
e  Die  Lodiculae.  Sämt- 
liche Achsenteile  ver- 
längert gedacht. 


Angiospermae. 


627 


aus  einem  dreigliedrigen  Wirtel  bestehende  Andi*öceum  und  der 
federartig  verzweigten  papillüsen  Narben  gekrönte  Fruchtknoten, 
schließt  eine  anatrope  oder  schwach  kampylotrope  Samenanlage. 

Nicht   immer    ist    der   Bau    so    stark 
reduziert;    so  hat  die  Reisblüte   (Fig.  832)  ^ 

ein  vollzähliges  Andröceum,  ebenso  die  Bam-  ^H^ 

buseen,  welche  daneben  drei  Griffel  besitzen  ^^ß 

und  auch  drei  Lodiculae  aufweisen.  Strepto- 
chaeta  endlich  hat  eine  normale  pentazykli- 
sche  Monokotylenblüte,  deren  Gynäceum  der 
Anlage  nach  dreizählig  ist.  Man  ist  daher 
berechtigt,    die  Lodiculae   als    dem  inneren 


mit  zwei 
Er  um- 


Fig.  828.  Festuca  elatior.  A  Ährchen 
(vgl.  Fig.  826)  mit  zwei  offenen  Blüten, 
unten  die  beiden  sterilen  Plüllspelzen. 
Vergr.  3.  B  Die  Blüte;  vorn  die  beiden 
Lodiculae,  hinten  die  Vorspelze  (palea 
superior),  Fruchtknoten  mit  federartigen 
Narben.  C  Eine  Lodicula.  D  Frucht- 
knoten, von  der  Seite,  mit  dem  Stiel  einer 
abgeschnittenen  Narbe.  B—T)  Vergr.  12. 
Nach  H.  SCHENCK. 


Fig.  827.  Diagramm  der  Grasblüte.  Die 
fehlenden  Teile  matt  punktiert,  ax  Achsen- 
ende der  Ährchenachse,  pi  palea  inferior,  ps 
palea  superior  (äußeres  Perigon),  /  Lodiculae 
(inneres  Perigon),  st  äußerer,  st'  innerer 
Staubblattkreis,  c  laterale  Fruchtblätter 
c'  dorsales  Fruchtblatt.     Nach  J.  Schuster 


f 


Fig.  829.  Medianer  Längsschnitt  durch  den 
unteren  Teil  eines  Weizenkorns.  Links 
unten  der  Keim  mit  dem  Scutellum  sc, 
l'  Ligula,  vs  Leitbündel  des  Scutellum,  ce 
sein  Zylinderepithel,  c  Scheidenteil  des 
Kotyledons,  pv  Stammvegetationskegel,  /// 
Hypokotyi,  /  Epiblast,  r  Radicula,  cl  Wurzel- 
scheide, 711  Austrittsstelle  der  Radicula, 
/  Fruchtstiel,  vp  sein  Leitbündel,  /  Seiten- 
wandung der  Furche.  Vergr.  14.  Nach 
E.  Strasburg  ER. 


Perianthkreis  entsprechend  anzusehen,   während   die  Vorspelze   zwei   verwachsene   Blätter 
des  äußeren  Perianthkreises,  dessen  drittes  fehlt,  darstellen  könnte.    Im  Gynäceum  ist  von 

40* 


628 


Karsten : 


den  ursprünglichen  drei  Karpellen  meist  nur  ein,  aus  den  zwei  lateralen  Fruchtblättern 
gebildetes,  Doppelblatt  übrig  geblieben.  Nach  dieser  Auffassung,  die  z.  ß.  von  Goebel 
vertreten  wird,  gelangt  man  zu  dem  umstehenden  Diagramm  (Fig.  827). 

Über  die  Windblütigkeit  der  Gräser  vgl.  S.  479.  Die  Frucht  zeigt  eine  innige  Ver- 
wachsung von  Frucht-  und  Samenschale,  sie  wird  Karyopse  genannt.  Der  Embryo  liegt 
dem  stärkereichen  Endosperm  seitlich  mit  seinem  Kotyiedon,  dem  Scutellum,  an, 
welches  bei  der  Keimung  als  Saugorgan  die  Aufnahme  der  gespeicherten  Reservestoffe 
bewirkt  (Fig.  829). 


Fig.  830.     Getreidearten.     A  Roggen.     Seeale  cereale.    B  Spelt,  Triticum  Spelta.    C  Zwei- 
zeilige Gerste.     Hordeum    distichum.     D    Weizen,    Triticum    vulgare.    —    D    Offizineil 


Zu  den  Gräsern  zählen  als  wichtige  Nutzpflanzen  vor  allem  die  eigentlichen  Brot- 
pflanzen: Der  Weizen,  Trüictim  (Fig.  830^  und  Z»),  mit  einzelstehenden  zwei-  bis 
vielblütigen  Ährchen,  deren  Hüllspelzen  breiteiförmig  sind  (Fig.  831^).  Von  Weizen- 
arten unterscheidet  F.  Koernicke  1.  Tr.  vulgare,  Saatweizen  mit  verschiedenen  Unter- 
arten; 2.  Tr.  poloniciim.  Polnischer  Weizen;  3.  Tr.  monococmm,  Einkorn.  Der 
Roggen,  Seeale  cereale  (Fig.  830^).  Die  Ährchen  stehen  einzeln  und  sind  zweiblütig, 
ihre  Hüllspelzen  pfriemlich  (Fig.  831^).  Die  Gerste,  Hordetim  vulgare  (Fig.  830 C). 
Die  einblütigen  Ährchen  stehen  zu  dreien,  bei  den  Unterarten  H.  hexastkhum  und  H.  tetra- 


Angiospermae. 


629 


sU'chum  sind  alle  Reihen,  bei  //.  distichum  ist  nur  die  Mittelreihe  fruchtbar.  Der 
Hafer,  Avena  sativa,  und  der  Mais,  Zea  Mays.  Alle  diese  sind  der  Kultur  in  ge- 
mäßigtem Klima  zugänglich.  Ihre  Heimat  ist,  bis  auf  die  des  amerikanischen  Mais,  voraiis- 
sichtlich  Westasien   oder   Südosteuropa;    in   wildem   Zustand   bekannt   sind   nur   Triticum 


Fig.  831.     A    Ährchen   des   Roggens,    zweiblütig.     B   Ahrchen   des   Weizens,    mehrblütig. 

monococcum  var.  aegilopodioides  als  Stammform  des  Einkorns,  Tr.  dicoccoides  als  wahrschein- 
liche Stammform  des  Weizens,  Seeale  montanwn  als  Stammform  des  Roggens,  Hordeiivt 
spontaneum,  dem  H.  distichum  nahestehend,  Stammform  der  Gerste.  Diese  wilden  Formen 
sind  durch  Auseinanderfallen  ihrer  Spindel  bei  der  Fruchtreife  gekennzeichnet,  eine  Eigen- 
schaft, die  für  Kulturformen  höchst  unvor- 
teilhaft wirken  müßte. 

Das  wichtigste  tropische  Getreide 
ist  der  Reis,  Oryza  sativa  (Fig.  832),  bis 
in  die  warm  temperierten  Länder  hinein 
in  größtem  Maßstabe  kultiviert  (Fig.  833) 
und  bei  hinreichender  Feuchtigkeit  von 
unerreichter  Fruchtbarkeit.  Speziell  in 
Afrika  ist  die  Mohrhirse,  Andropogon 
Sorghum,  in  mehreren  Varietäten  zu  Hause. 
Sie  bildet  als  Durrha  die  wichtigste  Brot- 
pflanze für  diesen  ganzen  Kontinent; 
schließlich  bleiben  die  im  Mittelmeergebiet 
und  in  Asien  kultivierten  Paniciun  milia- 
ceum,  echte  Hirse,  und  P.  italicum, 
Kolbenhirse,  zu  erwähnen,  beide  asia- 
tischen Ursprungs.  Als  Nahrungsmittel 
nimmt  ferner  das  Zuckerrohr,  Saccha- 
rum  offuinarum,  ein  übermannshohes,  im 
tropischen  Asien,  Vorder-  und  Hinterindien 
beheimatetes  perennierendes  Gras,  eine 
wichtige  Stelle  ein.  Es  wird  zur  Zeit  überall 
in  den  Tropen  kultiviert,  um  aus  dem 
fleischigen  Mark  des  hier  nicht  hohlen 
Stengels  durch  Auspressen  und  Ein- 
dicken des  Saftes  Rohrzucker  zu  ge- 
winnen. 

Als  wichtige  heimische  Futter- 
gräser unserer  Wiesen  mögen  genannt 
sein: 

Agrostis  alba,  Alopecurus  pratensis, 
Anthoxanthum  odoratum ,  Arrhenatherutn 
elatius,  Avena  flavescens  un^puuescens,  Briza 


Fig.  832.  Oryza  sativa.  Blütenrispe,  '  ,  nat.  Gr. 
Einzelnes  Ährchen,  vergr.  —  Offizineil. 


630 


Karsten : 


media,  Dactylis  glomerata,  Holcus  lanatus,  Lolmm  perenne,  Phleum.  pratense,  Poa  pratensis; 
außerdem  sind  zu  beachten  Aira-,  Bromus-,  Calamagrostis-,  Festuca-,  Melica-  usw.  Arten.  Eine 
außerordentlich  mannigfaltige  Anwendung  finden  endlich  die  baumförmigen  tropischen 
Bambus -Arten  in  ihren  stattlicheren  Vertretern:  Häuser,  Wände,  Fußböden,  Leitern, 
Brücken,  Stricke,  Wasserkrüge,  Kochgefäße,  Wasserleitungsröhren  usw.  werden  aus  den 
Stämmen  angefertigt,  so  daß  diese  Pflanzen  für  die  dortigen  "Verhältnisse  geradezu  unent- 
behrlich genannt  werden  müssen. 

Giftig:  Der  einjährige  Taumellolch,  Loliiim  tejmdentum  (Fig.  834),  hat  in  der 
Regel  von  Pilzhyphen  umsponnene  und  dann  durch  Alkaloidgehalt  giftige  Früchte;  pilz- 
freie Früchte  der  Pflanze  sind  unschädlich  (^*).  Die  Pflanze  ist  einjährig,  entbehrt  der 
sterilen  Triebe  und  kann  dadurch  leicht  von  den  häufigen  Lolintn-krten,  perenne  und 
tnultißortcvi,  unterschieden  werden.     Der  Taumellolch  ist  das  einzige  giftige  Gras, 


Fig.  833.    Für  Reiskulturen  hergerichtetes  Terrassenland  in  Ceylon.    Das  für  den  jungen, 

einzeln  zu  pflanzenden    Reis   notwendige  Wasser   läuft   von  Terrasse   zu    Terrasse,    deren 

erhöhte   Ränder   eine   Abflußstelle   besitzen.     Im   Vordergrunde   Bananen   (Musa),   in   der 

Mitte  eine  Arecapalme,  vorn  rechts  eine  Kaffeeplantage.     Nach  einer  Photographie. 

Offizin  eil:  Saccharum  officinarum:  Saccharum  (Pharm,  germ,,  austr.,  helv.). 
Agropyrum  repens :  Rhizoma  Graminis  (Pharm,  austr.,  helv.).  Triticum -vulgare:  Amylum 
Tritici  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).     Oryza  sativa:  Amylum  Oryzae  (ibid.). 


c)  Blüten  zygomorph. 
6.  Ordnung.    Scitamineae. 

Tropische  Stauden  von  zum  Teil  gewaltigen  Dimensionen,  in  einzelnen 
Fällen  baumartig  mit  dorsiventralen  oder  asymmetrischen  Blüten  entsprechen 
dem  Typus  dieser  Ordnung.  Das  Perianth  ist  in  Kelch  und  Krone  gesondert 
und  das  Andröceum  stark  reduziert,  zum  Teil  staminodial,  kronblattähnlich. 
Der  unterständige,  dreifächerige  Fruchtknoten  enthält  Perisperm  führende 
Samen. 


Angiospermae. 


631 


1.  Familie  Musaceae.  Die  Banane, 
Miisa  (Fig.  8B5),  ist  eine  der  wichtigsten 
Fruchtpflanzen  aller  tropischen  Gegenden. 
Einander  dicht  umschließende  Scheiden 
der  mächtigen  Blätter  bilden  ein  stamm- 
artig aussehendes  Gebilde,  aus  dem  die 
endständige  Infloreszenz  ihre  großenteils 
parthenokarpen  (••■')  dichtgedrängten  Beeren- 
früchte herabhängen  läßt.  Mtisa  textilis 
liefert  Manilahanf;  Ravenala  besitzt  einen 
Holzstamm,  Strelitzia  rfginae  (Fig.  542) 
vom  Kap  wird  ihrer  prächtigen,  ornitho- 
philen  Blüten  halber  häufig  kultiviert. 

2.  Familie  Zingiberaceae.  Die  dorsi- 
ventralen  Einzelblüten  stehen  in  Ähren 
von  bisweilen  köpfchenartigem  Habitus. 
Eine  dreizipfelige  Krone  ragt  aus  dem 
unscheinbaren  röhrigen  Kelch  hervor.  Wenn 
der  äußere  Staubblattkreis  nicht  gänzlich 
fehlt,  ist  er  in  zwei  seitlichen  Staminodien 
vertreten  (F'ig.  836  sst^,  sst.^.  Im  inneren 
Staubblattkreis  ist  das  hintere  Staubblatt 
allein  fertil  [si),  die  beiden  übrigen  sind 
vereinigt  und  in  Form  petaloider  Stami- 
nodien ausgebildet;  sie  stellen  als  Labe  1- 
1  u  m  (/)  durch  ihre  Größe  und  hervor- 
tretende Lage,  wie  durch  lebhafte  Färbung 
den  Schauapparat  der  Zingiberaceenblüte 
dar.  Der  Griffel  verläuft  in  dem  röhren- 
artigen Einschnitt  zwischen  den  beiden 
T  h  e  c  a  e  des  Staubblattes.  Aus  dem  Frucht- 
knoten wird  eine  Kapsel.  Die  Zingibera- 
ceen  gehören  meist  dem  tropischen  Asien  an. 

Zingiber  ofßcinale,  der  Ingwer,  eine 
alte  Kulturpflanze  Südostasiens,  wird  jetzt 


Lolium   temulentum. 
Nach  H.  SCHENCK. 


Giftig. 


P'ig.  835.    Gruppe  von  Mii>,i  sipu  iiiiiiu  mit  Manihot  utilissiraa. 
Ceylon,  nach  einer  rhütogra])hie. 


63^ 


Karsten : 


Fig.  836.  Diagramm  der  Zingibera- 
ceenblüte  nach  A.  W.  Eichler. 
b  Deckblatt,  v  Vorblatt,  k  Kelch, 
^1—3 Kronblätter,  sst^  und  ^  Stami- 
nodien  des  äußeren  Andröceum- 
wirtels,  *  fehlendes  Staubblatt 
desselben  Wirteis,  st  einziges 
fertiles  Staubblatt,  /  kronblatt- 
artige  Staminodien  des  inneren 
Andröceumwirtels,  hier  Labellum 
genannt. 


überall  in  den  Tropen  kultiviert  (Fig.  837).  Das  flache, 
geweihartig  verzweigte  Rhizom  steht  auf  seiner  hohen 
Kante  im  Boden.  Es  ist  mit  zweizeilig  stehenden  Blät- 
tern besetzt,  nur  die  Achselknospen  der  Rhizomunter- 
seite  werden  gefördert  und  setzen  den  Haupteproß  fort. 
Die  Laubzweige  bestehen  trotz  ihrer  Länge  fast  nur 
aus  den  Scheiden  der  großen,  ungeteilten  ganzrandigen 
Blätter,  ihre  Achse  bleibt  außerordentlich  kurz.  Nur 
die  Blütensprosse  sind  massiv,  sie  bleiben  niedriger  und 
sind  nur  mit  den  langscheidigen  Schuppenblättern  ohne 
eigentliche  Spreite  bekleidet.  Die  hellgelben,  durch 
ihr  violettes,  heller  geflecktes  Labellum  auffallenden 
Blüten  stehen  in  der  Achsel  großer  Hochblätter,  die 
besonders  an  ihrem  Rande  lebhaft  gefärbt  sind.  Elet- 
taria  Cardamomuin  und  Ciircuma  haben  ebenfalls  nur  mit 
Schuppenblättern  bestandene  Infloreszenzstiele,  Alpinia 
dagegen,  wie  die  häufig  kultivierten  Hedychium-Axien 
tragen  die  Blütenstände  terminal  an  normal  belaubten 
Sprossen. 

0  f  f  i  z  i  n  e  1 1 :  Zingiber  officinale :  Rhiz.  Zingi- 
beris  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.).  Elettaria  Carda- 
momuin: Fructus  Cardamomi  (ibid.),  Cardamomen, 


Fig.  837.     Zingiber   officinale.     7?  "^t.  Gr.     Nach   Berg   und   Schmidt.  —  Offizinell. 


Angiospermae. 


633 


Curcuma    Zedoaria,    Zittwer :    Rhiz.    Zedoariae    (ibid.),    Alpinia    officinarum,    Galgant 
Rhiz.  Galan gae  (Pharm,  germ.,  helv.). 

Großblättrige  häufig  kultivierte   Stauden  mit   asymmetrischen  Blüten  (Fig.  838)  ge 
hören   zu   den    Cannaceae,   die   nur  eine  halbe,    also 

monothezische,  Anthere  haben,  die  andere  Hälfte   ist  ^^f  ,yf^ 

blumenblattartig. 

Den  gleichen  Habitus  und  ebenso  gebaute,  aber 
minder  große  Blüten  besitzen  die  Marantaceae,  deren 
Blätter  am  Ansatz  der  Spreite  mit  Gelenkpolstern  ver- 
sehen sind. 

Das  Rhizom  von  Maranta  arundinacea  liefert 
westindisches  Arrowroot. 


^ 


7.  Ordnung.    Gynandrae. 

Die  Familie  Oi-cbidaceae  enthält  peren- 
nierende, krautige,  erdbewohnende  oder  epi- 
phytische  Gewächse  mit  zwittrigen,  stark 
dorsiventralen  Blüten,  deren  Perianth  kron- 
artig ist;  das  hintere  Blatt  des  inneren  Kreises 
wird  als  Lippe,  Labellum  ausgebildet  und 
läuft  häufig  in  einen  Sporn  aus. 

Das  bei  den  Scitamineen  erwähnte  „Labellum" 
ist  morphologisch  ganz  anderer  Natur,  da  es  stami- 
nodialen  und  petaloid  gewordenen  Staubblättern  ent- 
spricht. 

Das  Andröceum  wird  auf  die  drei  vor- 
deren Glieder  beschränkt,  von  denen  meist 
das  mittlere,  dem  äußeren  Kreise  angehörige 
allein  fertil  ist,  während  die  anderen  fehlen 
oder  Staminodien  darstellen.  Das  einfächerige,  unterständige  Gynäceum 
ist  aus  drei  Fruchtblättern  verwachsen,  die  eine  Kapselfrucht  liefern  mit 
äußerst  zahlreichen  an  den  randständigen,  d.  h.  parietalen  Plazenten  sitzenden 
Samen  (Fig.  839  u.  842).  Das  fertile  Staubblatt  verwächst  mit  dem  Griffel  zu 
einem  Säulchen,  Gynostemium,  welches  in  der  Mitte  der  Blüte  mehr  oder 
minder  emporragt.  Durch  Drehung  der  ganzen  Blüte  um  180*^  (vgl.  Fig.  839 
u.  842)  oder  Übernicken  gelangt  die  als  Anflugstelle  für  Insekten  cüenende 
Lippe  auf  die  Vorderseite. 

Die  Orchidaceen  erreichen  ihre  reichste  Entwicklung  in  den  Tropen  aller  Erdteile, 
wo  sie  meist  unter  den  Epiphyten  eine  wichtige  Rolle  spielen. 


Fig.  838.  Blüte  von  Canna  iridi- 
flora.  /  Fruchtknoten,  k  ^Kelch, 
c  Krone,  /  Labellum,  st  i — j  die 
übrigen  Staminodien,  a  fertile 
Antherenhälfte,^Griffel.  7..  nat.  Gr. 
Nach  H.  ScHENCK^ 


Fig.  839.    Orchidaceen- 

Diagramm  (Orchis). 
Nach  F.  NoLL  verändert. 


Fig.  840.  Orchis  militaris. 
Längsschnitt  durch  Mutter- 
und  Tochterknolle.  Nach 
LüRSSEN.   —    Offizinell. 


Fig.  841.  Wurzelsystem  von 
Orchis  latifolia.  b  Basis  des 
Stengels,  j  Niederblatt,  t'  alte, 
t"  junge  Knolle,  k  Knospe, 
r  Wurzeln.    Nach  H.  Schenck. 


634 


Karsten 


Orchis,  Knabenkraut,  Ophrys,  Gymnadenia,  Piatanthera  sind  alle  mit  Knollen  ver- 
sehen. Epipactis,  Cephalanthera,  Listera  haben  ein  verzweigtes  Rhizom.  Neottia,  Nestwurz, 
Coralliorrhiza,  Eppogon,  Limodoriuyi  leben  saprophytisch  oder  richtiger  parasitisch  auf 
Kosten  ihrer  Mykorrhizen  i^'^)  und  sind  daher  fast  oder  ganz  chlorophyllfrei.  Cypripedium, 
der  Frauenschuh,  hat  zwei  fertile  seitliche  Staubblätter  des  inneren  Wirteis. 

Zu  genauerer  Darstellung  mag  eine  unserer  häufigeren  einheimischen  Orchis- kxteü., 
Orchis  militaris,  dienen,  die  in  Fig.  842,  844  wiedergegeben  ist.  Untersucht  man  eine 
solche  Pflanze  zur  Zeit  ihrer  Blüte,  so  findet  sich  ein  Paar  fleischiger  Knollen  als  Aus- 
gangspunkt. Beide  sind  mit  einem  Flaum  von  Wurzelhaaren  überdeckt.  Die  größere 
braune  Knolle,  von  mehr  schwammiger  Beschaffenheit,  setzt  sich  nach  oben  in  den  von 
ein  paar  Niederblättern  und  den  Scheiden  der  2—4  Laubblätter  länglich-elliptischer  Form 
umhüllten  Infloreszenzstiel    fort,  welcher   mit   einer   pyramidalen  Blütentraube   abschließt. 


Fig.  842.  Orchis  militaris.  A  Eine  von  der 
kleinen  Braktee  {a)  gestützte  Blüte,  b  Frucht- 
knoten, c  die  äußeren,  d  die  beiden  oberen  inneren 
Perigonblätter,  e  Labellum  mit  dem  Sporn,  /,  g 
Gynostemium.  — ■  B  Dieselbe  nach  Entfernung 
des  Perigons  mit  Ausnahme  des  oberen  Teils  des 
Labellum,  h  Narbe,  /  Rostellum,  k  zahnartiger 
Fortsatz  des  Rostellum,  w  Fach  der  Anthere, 
n  Konnektiv,  o  Pollinium,  q  Klebmasse,  p  Stami- 
nodium,  vergr.  —  C  Einzelnes  Pollinium,  r  Kaudi- 
kula,  JT  Pollen,  stärker  vergr.  —  D  Frucht  im 
Querschnitt,  schwach  vergr.  Nach  Berg  und 
Schmidt. 


Fig.  843.  Vanilla  planifolia  (nach  Berg 
und  Schmidt  aus  Engler-Prantl),  ver- 
kleinert. A  Lippe  und  Gynostemium. 
B  Gynostemium  von  der  Seite.  C  Gyno- 
stemiumspitze  von  vorn.  D  Anthere. 
E  Samen,  vergr.  —  Offizinell. 


Die  kleinere  Knolle  ist  von  weißer  Farbe  und  fester  Konsistenz;  sie  trägt,  wie  der 
Längsschnitt  (Fig.  840)  zeigt,  eine  Knospe  auf  dem  Scheitel,  die  bereits  ein  paar  Scheiden- 
blätter entwickelt  hat.  Es  handelt  sich  um  den  in  der  Achsel  eines  der  ersten  Scheiden- 
blätter der  Pflanze,  dicht  über  der  älteren  braunen  Knolle  gebildeten  Achselsproß, 
welcher  mit  seiner  als  Reservestoffbehälter  knollig  anschwellenden  Wurzelanlage  das 
Scheidenblatt  durchbrochen  hat  (Fig.  844)  und  die  Mutterpflanze  im  nächsten  Jahre  er- 
setzen wird. 

Bei  Betrachtung  der  Blüten  fällt  sogleich  die  schraubige  Drehung  des  Frucht- 
knotens auf,  der  hier  die  Abwärtskehrung  der  „Unterlippe"  zu  danken  ist.  Diese  ist 
dreizipflig,  und  ihr  Mittellappen  teilt  sich  am  Ende  abermals  in  zwei  gabelig  auseinander- 
stehende Läppchen.  Ganz  an  der  Basis  dieses  Labellums  ist  ein  Sporn  als  Aussackung 
zu  erkennen.  Er  dient  als  Nektarium,  und  seine  Öffnung  findet  sich  direkt  unter  dem 
Gynostemium    (Fig.    842/1,  B).     Dieses    trägt    auf    seiner    der   Unterlippe    und    den    sich 


Physiologie. 


635 


darauf  niederlassenden  Insekten  zugekehrten  Seite  eine  große  Narbenfläche  (h),  welche 
zwei  vereinigten  Narben  entspricht.  Die  dritte  Narbe  ist  zu  einem  als  Res  teil  um  be- 
zeichneten Gebilde  (/,  i)  umgeformt  und  dient  der  Ausrüstung  der  männlichen  Organe. 
Die  eine  fruchtbare  Anthere  besitzt  zwei 
Thecae,  durch  das  als  Abschluß  des  Gyno- 
stemiums  sichtbare  Konnektiv  (n)  ver- 
bunden. Die  ganze  Pollenmasse  jedes  der 
beiden  Fächer  wird  durch  eine  Binde- 
substanz zusammengehalten,  welche  gleich- 
zeitig nach  unten  in  einen  Stiel  ausläuft. 
Dieser  heißt  Kaudikula;  das  gesamte, 
Pollinium  genannte  Gebilde  ist  von 
wachsartiger  Konsistenz.  Die  Kaudiculae 
enden  nun  an  jenem  R  o  s  t  e  1 1  u  m  ,  welches 
eine  Klebmasse  von  zäher  Beschaffenheit 
enthält,  die  geeignet  ist,  einmal  die  Pol- 
linien, welche  frei  im  Fache  liegen,  an 
Ort  und  Stelle  festzuhalten,  andererseits 
aber  auch  sie  an  andere  damit  in  Berüh- 
rung gelangende  Körper  anzukleben.  Ver- 
sucht nun  ein  auf  der  Unterlippe  sitzendes 
Insekt  den  im  Sporn  ausgeschiedenen 
Nektar  zu  erreichen,  so  muß  es  mit  Kopf 
oder  Rüssel  das  Rostellum  berühren  und 
die  Pollinien  mitnehmen.  Beim  Eintrocknen 
der  Kaudiculae  biegen  die  Pollinien  sich 
nach  vorn  und  werden  daher  bei  einer 
nächst  besuchten  Blüte  genau  auf  die 
Narbenfläche  gelangen  müssen. 

In  ähnlicher,  vielfach  aber  noch 
weit  komplizierterer  Art  sind  alle  Orchi- 
daceen  auf  Insektenbesuch  angepaßt,  dessen 
sie  zur  Bestäubung  ihrer  Blüten  nicht 
entbehren  können  C*^).  In  vielen  Fällen 
ist  die  Anpassung  so  speziell  auf  den  Bau 
eines  bestimmten  Insektes  gerichtet,  daß 
kein  anderes  dieselbe  Leistung  zu  voll- 
ziehen vermag;  so  blieb  z.  B.  die  aus  ihrer 
amerikanischen  Heimat  in  andere  tropische 
Länder  gebrachte  Vanilla  (Fig.  843)  stets 
unfruchtbar,  da  das  bestäubende  Insekt 
fehlte.  Nachdem  dies  erkannt  war,  wird 
sie  jetzt  durch  Menschenhand  einzeln  be- 
stäubt und  setzt  daraufhin  regelmäßig 
Früchte  an.  Zur  Vervollständigung  ist 
noch  hinzuzufügen,  daß  bei  manchen 
Formen,  so  auch  bei  Vanilla,  der  Pollen 
körnig  bleibt.  Zahlreiche  tropische  Orchi- 
daceen  werden  ihrer  herrlich  duftenden 
und  schön  geformten,  farbenprächtigen 
Blüten  wegen  bei  uns  in  Gewächshäusern 
kultiviert,  so  CattUya,  Laelia,  Vanda, 
Dendrobiinn^   Stanhopea  u.  v.  a. 

Offizin  eil:  OrcA/j  -  Arten  und 
verwandte  Formen  mit  eiförmigen,  nicht 
bandförmig  zerteilten  (vgl.  Fig.  840  u.  844) 
Knollen:  Tubera  Salep  (Pharm,  germ., 
austr.,  helv.).  —  Vanilla  plani/olia,  ein  in  Mexiko  einheimischer,  vielfach  in  den  Tropen 
kultivierter  Wurzelkletterer  (Fig.  843):  Fructus  Vanillae  (Pharm,  austr.,  helv.). 


Fig.  844. 


Orchis   militaris.     '/s    "^t-   ^'■• 
Offizinell. 


636  Karsten:   Die  fossilen  Angiospermen. 

Die  fossilen  Angiospermen  (^3^. 

Die  ersten  zweifellosen  Angiospermen  zeigen  sich  in  der  oberen  Kreide,  und  zwar 
gleich  in  mannigfachen  Formen,  die  ungefähr  in  gleichem  Verhältnis  wie  jetzt  zu  Mono- 
kotylen und  Dikotylen  gehören.  Gefunden  sind  zunächst  nur  Blätter,  die  große  Ähnlichkeit 
mit  denen  jetzt  lebender  Angiospermen  zeigen,  hingegen  gar  keine  mit  solchen  von 
Gymnospermen  oder  gar  Pteridophyten.  Die  hier  vorhandene  Kluft  kann  also  durch  die 
paläontologischen  Funde  nicht  überbrückt  werden. 

Im  Eozän  und  Oligozän  werden  die  Angiospermen  sicher  bestimmbar;  es  sind  An- 
gehörige noch  existierender  Familien,  und  zwar,  sogar  im  nördlichen  Europa,  teilweise 
von  tropischem  Charakter,  nämlich  Fahnen,  Dracaena,  Smilax  usw.  unter  den  Monoko- 
tylen, zahlreiche  Quercifloren  (namentlich  Querais),  Laiiraceae  {Cinna7iiomum  u.  dgl.), 
Legtiminosae  usw.  von  Dikotylen.  Vom  Miozän  an  werden  die  Arten  teilweise  mit  leben- 
den identisch;  im  Quarternär  fehlen  eigene,  von  den  jetzt  lebenden  erheblich  abweichende 
Formen.  Der  Florencharakter  war  zur  Tertiärzeit  in  Europa  ganz  wesentlich  von  dem 
gegenwärtigen  verschieden;  er  trug  das  Gepräge  eines  viel  wärmeren  Klimas  und  wies, 
wie  für  die  Gymnospermen,  Typen  auf,  die  gegenwärtig  nur  noch  in  fernen  Ländern 
existieren. 


Literaturnachweise. 

Literatur  zur  Einleitung  und  Morphologie  von  H.  Fitting. 

Einleitung. 

(1)  Charles  Darwin,  On  the  origin  of  species  by  raeans  of  natural  selcction  1859; 
auch  deutsch  von  V.  Carus.  (2)  E.  Haeckel,  Generelle  Morphologie  der  Organismen  1866, 
S.  52.  (3)  C.  Mez,  Schrift,  physik.  ökon.  Gesellsch.  Königsberg  i.  Pr.,  59.  Bd.  1918,  S.  43. 
(4)  H.  Fitting,  Die  Pflanze  als  lebender  Organismus.  Jena  1917.  (5)  C.  v.  Nägeli,  Theorie 
der  Abstammungslehre  1884,  S.  326.  F.  A.  Went,  Biol.  Zentralbl.,  27.  Bd.  1907,  S.  257. 
K.  GoEBEL,  Organographie,  2.  Aufl.,  1.  Bd.  1913,  S.  39ff.  Ders.,  Entfaltungsbewegune:en 
d.  Pflanzen.    Jena  1920. 

Erster  Abschnitt.    Zytologie. 

Der  lebende  Inhalt  der  Zellen.  (6)  E.  Strasburger,  Progressus  rei  botanicae,  1.  Bd. 
1906,  S.  1.  E.  Küster.  Zelle,  Handb.  d.  Naturwiss.,  Jena,  10.  Bd.  1914,  S.  748.  A. 
Meyer,  Morphol.  u.  physiol.  Analyse  d.  Zelle  d.  Pflanzen  u.  Tiere.  I.  Jena  1920.  G.  Tischler, 
Allgemeine  Pflanzenkaryologie.  Handwörterb.  d.  Pflanzenanatomie.  I.  Berlin  1921.  H.  Lunde- 
GARDH,  Zelle  u.  Cytopiasma,  ebenda.  I.  1921.  (7)  Die  Literatur  zusammengestellt  zu- 
letzt durch  R.  Lieske,  Bakterien  u.  Strahlenpilze,  Handb.  d.  Pflanzenanatomie.  VI.  Berlin 
1922.  (8)  A.  J.  EwART,  Physics  and  physiology  of  protoplasm  Streaming  in  plants,  Oxford 
1903.  Paul  Kretzschmar,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  39.  Bd.  1904,  S.  273.  A.  Meyer,  Morphol. 
u.  physiol.  Analyse  d.  Zelle.  I.  S.  631.  Jena  1921.  (9)  J.  W.  Moll,  Progress.  rei  botan., 
2.  Bd.  1908,  S.  227.  E.  Strasburger,  Das  kleine  bot.  Praktikum,  9.  Aufl.  1921  und  Das 
bot.  Praktikum,  7.  Aufl.  1923.  H.  Sieben,  Einführung  in  die  bot.  Mikrotechnik,  2.  Aufl., 
Jena  1920.  (10)  E.  Zacharias,  Progress.  rei  botan.,  3.  Bd.  1910,  S.  67.  A.  Meyer,  vgl.  unter 
<6).  A.  Pratje,  Biol.  Zentralbl.,  40.  Bd.  1920,  S.  88.   H.  Walter,  Biochem.  Ztschr.,  122.  Bd. 

1921.  S.  86.  (11)  A.  Fischer,  Fixierung,  Färbung  und  Bau  des  Protoplasma  1899  und  A. 
Degen,  Bot.  Ztg.  1905,  I.Abt.,  S.  202.  (12)  H.  Freundlich,  Kapillarchemie,  2.  Aufl.,  Leipzig 

1922.  (13)  E.  W.  Schmidt,  Progress.  rei  botan.,  4.  Bd.  1912,  S.  163  u.  Ztschr.  f.  Bot.,  4.  Bd. 
1912,  S.  707.  J.  DuESBERG,  Sammelreferat  in  Ergebn.  d.  Anatom,  u.  Entwicklungsgeschichte, 
20.  Bd.  1912,  S.  567.  K.  Rudolph,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  30.  Bd.  1912,  S.  605.  G. 
Lewitsky,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  31.  Bd.  1913,  S.  517.  A.  Scherrer,  Festschr. 
z.  Einweihung  d.  Inst.  f.  allg.  Bot.  Zürich,  Jena  1914.  A.  Guilliermond,  Rev.  z^n.  de  bot., 
25  bis  Bd.  1914,  S.  295;  26.  Bd.  1914,  S.  295;  31.  Bd.  1919,  S.  372;  33.  Bd.  1921,  S.  401. 
Ann.  sc.  nat.  Bot.  s6r.  10.,  1.  Bd.  1919,  S.  225.  Fr.  Meves,  Arch.  f.  mikr.  Anatomie,  89.  Bd. 
Abt.  1 1917,  S.  249.  D.  M.  Mottier,  Ann.  of  Bot.,  32.  Bd.  1918,  S.  91.  S.  Alvarado,  Trabaj. 
d.  mus.  nacion.  d.  cienc.  nat.  Madrid,  ser.  Bot.  No.  13,  1918.  Ders.,  Ber.  deutsch,  bot.  Ge- 
sellsch., 41.  Bd.  1923,  S.  85.  Konrad  L.  Noack,  Ztschr.  f.  Bot.,  13.  Bd.  1921,  S.  1.  G. 
Friedrichs,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  61.  Bd.  1922,  S.  430.  (14)  Vgl.  G.  Tischler,  Allgemeine 
Pflan-enkaryologie,  Handb.  f.  Pflanzenanatomie.  I.  Berlin  1921.  (15)  A.  Guilliermond, 
Progress.  rei  botan.,  4.  Bd.  1913,  S.  389.  H.  v.  Neuenstein,  Arch.  f.  Zellforsch.,  13.  Bd. 
1914,  S.  1.  (16)  A.  F.  W.  Schimper,  Bot.  Ztg.  1880,  S.  886  und  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  16.  Bd. 
1885,  S.  1.  Arthur  Meyer,  Das  Chlorophyllkorn  1883  und  Bot.  Ztg.  1888,  S.  489.  J.  H. 
Priestley  u.  A.  A.  Irving,  Ann.  of  Bot.,  21.  Bd.  1907,  S.  407.  A.  Sapehin,  Untersuchungen 
über  die  Individualität  d.  Plastide,  Odessa  1913.  Ders.,  Archiv  f.  Ztdlforsch.,  13.  Bd.  1915 
S.  319.  (17)  Besonders  von  L.  Marchlewski,  E.  Schunk,  N.  A.  Monteverde,  M.  Tswett, 
R.  AViLLSTÄTTER.  Vgl.  R.  WiLLSTÄTTER  u.  A.  Stoll,  Untersuchungen  über  Clilorophvll, 
Berlin  1913.  C.  v.  Wisselingh,  Flora,  107.  Bd.  1915,  S.  371.  (18)  K.  Stern,  Ztschr.  f.  Bot., 
13.  Bd.  1921,  S.  193.  (19)  Th.  W.  Engelmann,  Bot.  Zt-r.,  40.  Bd.  1882,  S.  663;  41.  Bd.  1883, 

5.  1.    H.  Molisch,  Bot.  Ztg.,  63.  Bd.  1905,  I.  Abt.,  S.131.   H.  Kylin,  Svensk.  bot.  tidskr., 

6.  Bd.  1912,  S.  531.  K.  Boresch,  Biochem.  Ztschr.,  119.  Bd.  1921,  S.  167.  N.  Wille,  Ber. 
deutsch,  bot.  Gesellsch.,  40.  Bd.  1922,  S.  192.  (20)  H.  Kylin,  Ztschr.  f.  phvsiol.  Chemie, 
.^^2.  Bd.  1912,  S.  221.    R.  Willstätter  u.  H.  J.  Page,  Ann.  d.  Chemie,  404^  Bd.,  S.  237. 


638  Fitting: 

(21)  E.  GoERRiG,  Beih.  Bot.  Zentralb].,  35.  Bd.,  I.,  1918,  S.  1.  (22)  W.  Rothert,  Bull,  intern, 
ac.  sc.  de  Cracovie  s6r.  B.  1914,  S.  1.  (23)  G.  Tischler,  zit.  in  (14),  S.  232.  ("24)  G.  Tischler, 
Progr.  rei  botan.,  5.  Bd.  1915,  S.  164.  H.  Winkler,  Ztschr.  f.  Bot.,  8.  Bd.,  S.  417.  M.  Is- 
HIKAWA,  Botanical  Masrazine,  30.  Bd.  1916,  S.  404.  T.  Sakamura,  Journ.  coli,  of  science 
Tokyo,  39.  Bd.  1920.  (25)  E.  Strasburger,  in  d.  WiESNER-Festschrift  1908,  S.  24.  J.  Kisser, 
Österr.  Bot.  Ztschr.,  71.  Bd.  1922,  S.  198.  Fr.  Smith,  Ann.  of  bot.,  37.  Bd.  1923,  S.  63. 
(26)  J.  W.  Bailey,  Proceed.  nat.  acad.  of  science,  5.  Bd.  1919,  S.  283;  6.  Bd.  1920,  S.  197. 
Journ.  of  gen.  physiolog.,  2.  Bd.  1920,  S.  519.  (27)  R.  A.  Harper,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  80.  Bd. 
1897,  S.  249.    P.  N.  Schürhoff,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  57.  Bd.  1917,  S.  363. 

Gröbere  leblose  Einschlüsse  der  Protoplasten.  (28)  H.  Molisch,  Mikrochemie  der 
Pflanze,  3.  Aufl.,  Jena  1923.  0.  Tunmann,  Pflanzenmikrochcmie,  Berlin  1913.  A.  Meyer, 
vgl.  unter  (6).  (29)  J.  Dekker,  Die  Gerbstoffe,  Berlin  1913.  K.  Freudenberg,  Die  Chemie 
der  natürlichen  Gerbstoffe,  Berlin  1920.  Ders.,  Naturwissenschaften,  8.  Bd.  1920,  S.  903. 
(30)  R.  WiLLSTÄTTER,  Sitzungsber.  preuß.  Akad.  d.  Wiss.  1914,  S.  402,  769.  H.  Schroeder, 
Ztschr.  f.  Bot.,  9.  Bd.  1917,  S.  546.  Siehe  auch  H.  Molisch,  Bot.  Ztg.  1905,  I.  Abt.,  S.  161; 
ferner  B.  L.  Buscalioni  u.  G.  Pollacci,  Atti  istit.  bot.  Univ.  Pavia.  N.  S.,  8.  Bd.  1903, 
S.  135ff.  0.  Gertz,  Studier  öfver  Anthocyan  Lund  1906.  (31)  G.  Klein,  Sitzungsber.  Akad. 
Wiss.  Wien,  math.  nat.  Kl.  I,  129.  Bd.  1920,  S.  341;  130.  Bd.  1921,  S.  237.  (32)  A.  Tschirch, 
Die  Harze  und  die  Harzbehälter  1900.  (33)  Literatur  bei  A.  Guilliermond  u.  J.  Beauverie, 
Ann.  des  sc.  nat.  Bot.,  IX.  S^r.,  8.  Bd.  1908,  S.  173.  S.  Posternack,  Compt.  rend.  Acad. 
scienc,  Paris,  169.  Bd.  1919,  S.  138.  (34)  C.  Nägeli,  Die  Stärkekörner  1858.  A.  F.  W.  Schim- 
per.  Bot.  Ztg.  1881,  S.  223.  E.  T.  Reichert,  The  Differentiation  and  specificity  of  starches 
etc.  Carneg.  Inst.  Washington  Publ.  No.  173,  I,  II,  1913.  0.  L.  Sponsler,  i^meric.  journ.  of 
bot.,  9.  Bd.  1922,  S.  471.  A.  Meyer,  Unters,  über  die  Stärkekörner  1895.  H.  Pringsheim, 
Landwirtsch.  Versuchsstationen,  84.  Bd.  1914,  S.  267.  J.  J.  Lynst-Zwikker,  Rec.  trav. 
bot.  n^erland,  18.  Bd.  1921,  S.  1.  (35)  G.  Mangenot,  Compt.  rend.  soc.  biol.,  84.  Bd.  1921,  S. 406. 

Die  Zellmembranen.  (36)  Literatur  bis  1914  bei  L.  Gaucher,  fitude  g^n^rale  sur 
la  membrane  cellulaire  chez  les  vög^taux  1904;  seitdem  Fr.  Czapek,  Biochemie  der  Pflanze, 

2.  Aufl.,  1.  Bd.  1913,  S.  629.  0.  Richter,  Ztschr.  f.  wiss.  Mikr.,  22.  Bd.  1905,  S.  194.  Zur 
Membranstreifung  W.  Krieg,  Beih.  z.  bot.  Zentralbl.,  21.  Bd.  1907,  S.  245.  H.  Prings- 
heim, Die  Polysaccharide,  Berlin  1919.  (37)  E.  Hannig,  Flora.  102.  Bd.  1911,  S.  209.  (38) 
Fr.  Czapek,  Biochemie  d.  Pflanzen,  2.  Aufl..  1.  Bd.  1913,  S.  629.  Peter  Klason,  Schriften 
des  Vereins  der  Zellstoff-  und  Papier-Chemiker,   2.  Bd.  1911.    Fr.  Czapek,  Ztschr.  f.  Bot., 

3.  Bd.  1911,  S.  500.  J.  König  u.  E.  Rump,  Chemie  und  Struktur  der  Pflanzen-Zellmembran. 
Berlin  1914.  C.  G.  Schwalbe,  Die  Chemie  der  Zellulose,  II.  Aufl.,  Berlin  1918.  (39)  Vgl. 
F.  Czapek  in  (36),  1.  Bd.,  S.  634ff.  A.  Viehoever,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  30.  Bd. 
1912,  S.  443.    F.  V.  Wettstein,  Sitzungsber.  Akad  Wiss.  Wien,  math.  nat.  Kl.  I,  130.  Bd. 

1921,  S.  3.  (40)  F.  Ehrlich,  Chemiker-Ztg.,  41.  Bd.  1917,  S.  197.  Th.  v.  Fellenbero, 
Biochem.  Ztschr.,  85.  Bd.  1918.  S.  118.  (41)  van  Wisselingh,  Aixhives  N^erland,  26.  Bd. 
1892,  S.  305  u.  28.  Bd.  1898,  S.  373.  (42)  Ormond  Butler,  Ann.  of  Bot.,  25.  Bd.  1911,  S.  107. 
Dort  die  Literatur  S.  150;  J.  Grüss,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  47.  Bd.  1910,  S.  391.  (43)  R.  0.  Her- 
zog, Ber.  deutsch,  ehem.  Gesellsch.,  53.  Bd.  1920,  S.  2162.  Ders.  u.  W.  Jancke,  Naturwissen- 
schaften, 9.  Bd.  1921,  S.  320.    M.  Polanyi,  ebenda,  S.  337. 

Zweiter  Abschnitt.    Histologie. 

(44)  A.  DE  Bary,  Vergl.  Anat.  d.  Vegetationsorgane  1877.  G.  Haberlandt,  Physio- 
logische Pflanzenanat.,  V.  Aufl.  1918.  H.  Solereder,  Syst.  Anat.  d.  Dikotyledonen  1899; 
W.  Rothert,  Gewebe,  Handw.  d.  Naturwiss.  IV.  Jena  1913,  S.  1144.  E.  Strasburger, 
zit.  in  (9).  A.  Meyer,  Erstes  mikroskop.  Praktikum,  3.  Aufl.,  Jena  1915.  (45)  Die  reichhaltige 
Literatur  dazu  vgl.  in  (6).  (46)  G.  Krabbe,  Das  gleitende  Wachstum  bei  der  Gewebebildung 
der  Gefäßpflanzen,  Berlin  1886.  F.  Neef,  Ztschr.  f.  Bot.,  6.  Bd.  1914,  S.  465.  (47)  L.  Diels, 
Flora,  111./112.  Bd.  1918,  S.  490.  (48)  Zu  Luftspaltcn:  E.  Strasburger,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot., 
5.  Bd.  1866,  S.  297.  S.  Schwendener,  Monatsber.  d.  Berl.  Akad.  d.  Wiss.  1881,  S.  883  und 
andere.  Zuletzt  S.  H.  Eckerson,  Bot.  Gaz.,  46.  Bd.  1908,  S.  221.  (49)  G.  Haberlandt, 
Die  Sinnesorgane  im  Pflanzenreich,  2.  Aufl.  1906.  (50)  G.  Mylius,  Biblioth.  botan.,  Heft  79, 
1912.  H.  Ziegenspeck,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  39.  Bd.  1921,  S.  302.  (51)  S.  Schwen- 
dener, Das  mechanische  Prinzip  im  Bau  der  Monokotylen  1874.  H.  Ambronn,  Jahrb.  f.  wiss. 
Bot.,  12.  Bd.  1879.  H.  Puchinger,  Sitzungsber.  Akad.  Wiss.  Wien,  math.  nat.  Kl.  I,  131.  Bd. 

1922,  S.  47.  (52)  A.  W.  Hill,  Ann.  of  Bot.,  15.  Bd.  1901,  S.  575  u.  22.  Bd.  1908,  S.  245. 
A.  F.  Hemenway,  Bot.  Gazette,  55.  Bd.  1913,  S.  236.  E.  W.  Schmidt,  Bau  u.  Funktion  der 
Siebröhre  usw.,  Jena  1917.  C.  T.  Popescu,  Ann.  scientif.  Univ.  Jassy,  XI,  S.  135.  (53)  W. 
Rothert,  Abhandlungen  d.  Akad.  d.  Wiss.  Krakau  1899,  S.  433.  R.  Baecker,  Sitzungsber. 
Akad.  Wiss.  Wien,  math.  nat.  Kl.  I,  131.  Bd.  1922,  S.139.  (54)  H.  Molisch,  Studien  über 
Milchsaft  u.  Schleimsaft  der  Pflanzen  1901.  (55)  M.  Nieuwenhuis-v.  Uexküll- Gülden- 
band, Rec.  trav.  bot.  N6erland,  11.  Bd.  1914,  S.  291. 


Literatur  zur  Morphologie.  639 

Dritter  Abschnitt.    Organographie. 

(56)  K.  GoEBEL,  Vergleichende  Entwickluiiijsgesihichte  der  Pflanzenorgane  1883; 
und  Organographie  der  Pflanzen  1898—1901,  II.  Aufl.,  1.  Bd.  1913;  2.  Bd.  1915/18;  3.  Bd. 
1922/23.  J.  Velenovsky,  Vergleichende  Morphologie  der  Pflanzen,  4  Bde.,  Prag  1905 — 1914. 
Kerner  von  Marilaun-Hansen,  Pflanzenleben,  III.  Aufl.,  2.  Bei.  1913.  F.  Pax,  Allgemeine 
Morphologie  der  Pflanzen  1890.  (57)  W.  Sandt,  Flora,  114.  Bd.  1921,  S.  329. 

Bau  des  Thallus.  (58)  F.  Oltmanns,  Morphologie  u.  Biologie  der  Algen,  2.  Aufl.  1922. 
A.  de  Bary,  Vergl.  Morphologie  u.  Biologie  der  Pilze  1884.  (59)"  F.  Schutt,  Das  Pflanzen- 
leben d.  Hochsee  1893.  (60)  E.  de  Wildeman,  M6m.  couronn^s  et  publi^s  par  l'Acad.  des 
sciences  de  Belgique,  53.  Bd.  ]893.  (61)  H.  Leitgeb,  Untersuchungen  über  die  Lebermoose, 
1.— 6.  Bd.  1874—1879.  K.  Goebel,  Organographie,  II.  Aufl.,  2.  Bd.,  Jena  1915.  D.  H.  Camp- 
bell, The  structure  and  development  of  Mosses  and  Ferns,  III.  Aufl.  1918. 

Bau  des  typischen  Kormus.  (62)  Vgl.  die  unter  (56)  zitierten  Werke.  (63)  M.  Raci- 
BORSKi,  Sproß,  Handw.  d.  Naturwiss.,  9.  Bd.,  S.  345.  Jena  1913.  (64)  F.  Herrig,  Flora, 
107.  Bd.  1914,  S.  327.  Konr.  L.  Noack,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  61.  Bd.  1922,  S.  459.  (6.5)  W. 
Hofmeister,  Allgemeine  Morphologie  der  Gewächse,  Leipzig  1868.  M.  Hirmer,  Zur  Lösung 
des  Problems  der  Blattstellungen,  Jena  1922.  (66)  S.  Schwendener,  Mechanische  Theorie 
der  Blattstellungen  1878,  sowie  zahlreiche  Aufsätze  in  den  Sitzungsber.  d.  Akad.  d.  Wiss. 
Berlin.  Hans  Winkler,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  36.  Bd.  1901,  S.  1  und  38.  Bd.  1903,  S.  501. 
Dort  die  übrige  Literatur.  (67)  Siehe  die  unter  (44)  genannten  Werke.  (68)  E.  Strasburger, 
Über  den  Bau  und  die  Verrichtung  der  Leitungsbahnen  in  den  Pflanzen  1891,  S.  98,  297. 
G.  Ghauveaud,  Ann.  d.  scienc.  nat.,  Bot.  IX.  s^r.,  13.  Bd.  1911,  S.  113.  F.  J.  Meyer,  Progr. 
rei  bot.,  5.  Bd.  1917,  S.  521.  (69)  M.  Buohholz,  Flora,  114.  Bd.  1921,  S.  119.  (70)  J.  C. 
Schoute,  Die  Stelärtheorie  1902.  H.  Solms-Laubach,  Bot.  Ztg.  1903,  II.  Abt.,  Sp.  37, 
147.  A.  G.  Tansley,  New  phytologist  Nr.  2,  1908.  F.  J.  Meyer,  Beih.  bot.  Zentralbl., 
33.  Bd.,  I.  Abt.  1917.  (71)  K.  Giesenhagen,  Blatt,  Handw.  d.  Naturwiss.,  2.  Bd.  1912, 
S.  1.  (72)  V.  Deinega,  Flora,  85.  Bd.  1898,  S.  439.  M.  Hirmer,  Flora,  113  Bd.  1920,  S.  178. 
(73)  M.  Nordhausen,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  30.  Bd.  1912,  S.  483.  (74)  E.  Neumann- 
Reichardt,  Beitr.  z.  Allg.  Bot.,  1.  Bd.  1917,  Heft  3.  (75)  K.  Domin,  Ann.  d.  jard.  bot.  Buiten- 
zorg,  24.  Bd.  1911,  S.  117.  H.  Glück,  Blatt-  u.  Blütenmorphol.  Studien,  Jena  1919.  (76) 
E.  Brick,  Beih.  z.  Bot.  Zentralbl.,  31.  Bd.,  I,  1913,  S.  209.  P.  Neese,  Flora,  109.  Bd.  1917, 
S.  144.  (77)  M.  Raciborski,  Handw.  d.  Naturwiss.,  9.  Bd.  1913,  Jena,  S.  352.  (78)  K.  Goebel, 
Einleitung  in  die  experimentelle  Morphologie  d.  Pflanzen  1908,  S.  165.  (79)  E.  Rüter,  Flora, 
110.  Bd.  1918,  S.  195.  (80)  K.  Giesenhagen,  Wurzel,  Handw.  d.  Naturwiss.,  10.  Bd.,  S.  646. 
Jena  1915.   (81)  M.  Plaut,  Festschr.  z.  100 jähr.  Bestehen  d.  Landw.  Hochschule  Hohenheim 

1919,  S.  129.  (82)  F.  Schwarz,  Unters,  a.  d.  bot.  Inst,  in  Tübingen,  1.  Bd.  1883,  S.  135. 
(83)  K.  Kroemer,  Biblioth.  botan.,  Heft  59,  103.  H.  Müller,  Bot.  Ztg.,  64.  Bd.  1906,  S.  53. 
M.  Plaut,  Die  physiol.  Scheiden  d.  Gymnospermen,  Equisetaceen  u.  Bryophyten,  Diss. 
Marburg  1909;  Mitteil.  d.  Kais.  Wilh.-Inst.  f.  Landw.  Bromberg  I9l0,  3.  Bd.,  S.  63;  Jahrb. 
f.  wiss.  Bot.,  28.  Bd.  1910,  S.  143.  (84)  G.  Rumpf,  Bibl.  botan.,  Heft  42, 1904.  (85)  G.  Ghau- 
veaud, Ann.  d.  Scienc.  nat.  Bot.  IX.  s6r.,  13.  Bd.  1911,  S.  113.  A.  Gravis,  Bull.  acad.  roy. 
Belgique,  Glass.  scienc.  1919,  4,  S.  227.   M.  Lenoive,  Ann.  scienc.  nat.  Bot.,  s6r.  X,  2.  Bd. 

1920,  S.  1.  (86)  Ph.  van  Tieghem,  Traitö  de  Bot.,  II.  Aufl.  1891,  S.  700.  Dort  die  Literatur 
(87)  Fr.  Wettstein,  Beih.  z.  bot.  Zentralbl.,  20.  Bd.,  II,  1906,  S.l.  (88)  Goebel,  zit.  in  (78). 
(89)  M.  BüSGEN,  Bau  u.  Leben  unserer  Waldbäume,  IL  Aufl.,  Jena  1917.  H.  Lundegardh, 
Kungl.  Svensk.  Vet.  Akad.  Handl.,  56.  Bd.  1916,  Nr.  3.  (90)  Fr.  Hildebrand,  Engl.  Bot. 
Jahrb.  f.  Syst.  usw.,  2.  Bd.  1882,  S.  51.  (91)  J.  C.  Schoute,  Ann.  jard.  bot.  Buitenzorg, 
2.  s^r.,  11.  Bd.  1912,  S.  1.  A.  Borzi  et  G.  Catalano,  Reale  acad.  d.  Lincei,  309.  Bd.  1912, 
S.  167.  (92)  Vgl.  die  Werke  unter  (56)  und  Strasburger  unter  (68).  E.  C.  Jeffrey,  The 
anatomy  of  woody  plants.  Chicago  1917.  (93)  J.  Klinken,  Bibl.  bot.,  Heft  84, 1914.  F.  Neeff, 
Ztschr.  f.  Bot.,  12.  Bd.  1920,  S.  225.  (94)  S.  Kostytschew,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch., 
40.  Bd.  1922,  S.  297.  (95)  E.  Antevs,  Progr.  rei  bot.,  5.  Bd.  1917,  S.  285.  (96)  0.  Gertz, 
Lund's  univers.  arsskrift  N.  F.  IL,  12.  Bd.  1916.  (97)  H.  Janssonius,  De  tangentiale  groei 
van  eenige  pharm.  Basten.  Diss.  Groningen  1918.  (98)  P.  Bäsicke,  Bot.  Ztg.  1908,  S.  55. 
(99)  E.  Küster,  Pathologische  Pflanzenanatomie,  2.  Aufl.  1916. 

Anpassungen  des  Kormus  an  die  Lebensweise  und  an  die  Umwelt.  (100)  K.  Goebel, 
Pflanzenbiologische  Schilderungen,  Marburg  1889/1893.  F.  A.  W.  Schimper,  Pflanzen- 
geographie auf  physiol.  Grundlage,  Jena  1898.  Fr.  W.  Neger,  Biologie  d.  Pflanzen,  Stutt- 
gart 1913.  G.  Karsten  usw.,  Lehrb.  d.  Biol.,  II.  Aufl.,  Leipzig  1914.  E.  Warming-P.  Graeb- 
ner,  Lehrb.  d,  ökolog.  Pflanzengeographie,  III.  Aufl.,  Berlin  1918  und  die  unter  (56)  ge- 
nannten Werke.  (101)  H.  Schenck,  Biologie  der  Wassergewächse,  Bonn  1886.  K.  Goebel, 
Pflanzenbiolog.  Schilderungen  1891,  2.  Bd.,  S.  215.  H.  Glück,  Untersuchungen  über  Wasser- 
gewächse, 3.,  Jena  1905/11.  H.  Schenck,  Wasserpflanzen,  Handw.  d.  Naturwiss.,  10.  Bd., 
S.  511,  Jena  1915.  (102)  E.  Schreiber,  Östcrr.  bot.  Ztschr.,  71.  Bd.  1922,  S.  87.  (103)  J. 
Shreve,  Journ.  of  ecology,  2.  Bd.  1914,  S.  82.   (104)  K.  Goebel,  vgl.  (100).    R.  Marloth, 


g40  Fitting:  Literatur  zur  Morphologie. 

Das  Kapland,  Wiss.  Ergebn.  d.  deutsch.  Tiefseeexpedit.,  Bd.  II,  Teil  3.  Jena  1908.  0.  Ren- 
ker, Flora,  100.  Bd.  1910,  S.  451.  Marloth,  Flora  des  Kaplandes.  H.  Fitting,  Ztschr.  f.  Bot., 
3.  Bd.  1911,  S.  109.  A. Engler,  Sitzungsber.kgl.preuß.  Akad.  d.  Wiss.]9l4,  S.564.  O.Renner, 
Xerophyten.  liandw.  d.  Naturwiss.,  10.  Bd.,  S.  664.  Jena  l9l5.  Ferner  zafclreiche  Arbeiten 
über  amerikanische  Wüstenxerophyten  in  den  Publicat.  of  the  Carnegie  Inst.  Washington. 
A.  Burgerstein,  Die  Transpiration  der  Pflanzen.  II.  Jena  1920,  S.  181ff.  (105)  E.  War- 
MiNG,  Möm.  acad.  royal  d.  scienc.  de  Danemark,  8.  s6r.,  2.  Bd.  1918,  S.  297.  (106)  H.  Schenck, 
Beitr.  z.  Biol.  u.  Anatomie  d.  Lianen,  Jena  1892/93.  H.  Schenck,  Lianen.  Handw.  d.  Natur- 
wiss., 6.  Bd.,  S.  176.  Jena  1912.  (107)  K.  Goebel,  Pflanzenbiologische  Schilderungen,  1.  Bd., 
S.  147.  A.  F.  W.  Schimper,  Die  epiphvtische  Vegetation  Amerikas,  Jena  1888.  G.  Karsten, 
Epiphvten,  Handw.  d.  Naturwiss.,  3.  Bd.,  S.  673,  Jena  1913.  (108)  Ch.  Darwin,  Insekten- 
fressende Pflanzen  1876,  Deutsch  v.  V.  Carus,  Stuttgart.  K.  Goebel,  Pflanzenbiologische 
Schilderungen  1893,  2.  Bd.  Clautriau,  M^m.  publ.  par  l'acad.  de  Belgique,  59.  Bd.  1900. 
G  ScHMiD,  Flora,  4.  Bd.  1912,  S.  335.  F.  W.  Neger,  Insektivoren,  Handw.  d.  Naturwiss., 
5.  Bd.,  S.  518.  Jena  1914.  (109)  E.  M.  Merl,  Flora,  115.  Bd.  1922,  S.  59.  A.  Th.  Czaja, 
Ztschr.  f.  Bot.,  14.  Bd.  1922,  S.  705.  (110)  L.  Koch,  Die  Klee-  u.  Flachsseide,  Heidelberg 
1880.  Peirce,  Annais  of  Botany,  8.  Bd.,  1894.  Koch,  Entwicklungsgesch.  d.  Orobanchen, 
Heidelbere  1887.  H.  Solms-Laubach,  Rafflesiaceen  in  Engler,  Das  Pflanzenreich,  Leipzig 
1901.  Wr  Benecke,  Parasiten,  Handw.  d.  Naturwiss.,  7.  Bd.  S.  497,  Jena  1912.  Ders., 
Saprophyten,  ebenda,  8.  Bd.  1913,  S.  559.  K.  Frhr.  v.  Tubeuf,  Monographie  der  Mistel. 
München  u.  Berlin  1923. 

Fortpflanzungsorgane.  (111)  Die  unter  (56,  58,  61)  genannten  Werke,  ferner  Handw. 
d.  Naturwiss.,  4.  Bd.,  S.  171,  Jena  1913.  (112)  H.  Winkler,  Verbreitung  u.  Ursache  d. 
Parthenogenesis  im  Pflanzen-  u.  Tierreich,  Jena  1920.  W.  N.  Steil,  Bot.  Gazette,  59.  Bd. 
1915,  S.  254.  (113)  H.  Winkler,  Progr.  rei  bot.,  2.  Bd.  1908,  S.  293.  A.  Ernst,  Ztschr.  f. 
indukt.  Abstammungslehre,  17.  Bd.  1917,  S.  203.  Ders.,  Bastardierung  als  Ursache  der 
Apogamie  im  Pflanzenreiche,  Jena  1918.  (114)  Ch.  J.  Chamberlain  u.  J.  M.  Coulter, 
Morphology  of  Gymnosperms  1910  und  Morpbology  of  Angiosperms  1903.  R.  v.  Wettstein, 
Blüte,  Handw.  d.  Naturwiss.,  2.  Bd.,  S.  71.  Jena  1912.  (115)  W.  Eichler,  Blütendiagramme 
1875 — 78.  (116)  H.  Müller,  Die  Befruchtung  der  Blumen  d.  Insekten,  Leipzig  1873  und 
Alpenblumen  1881.  0.  Kirchner,  Blumen  u.  Insekten  1911.  Ders.,  Bestäubung,  Handw. 
d.  Naturwiss.,  1.  Bd.  S.  996,  Jena  1912.  0.  Forsch,  Handb.  d.  biol.  Arbeitsmethoden,  XI, 
1,  Berlin  1922,  S.  395.  (117)  A.  Kerner  von  Marilaun,  Pflanzenleben,  2.  Aufl.,  2.  Bd.  1905. 
d.  Kirchner,  Verbreitungsmittel  d.  Pflanzen,  Handw.  d.  Naturwiss.,  10.  Bd.,  S.  209,  Jena 
1915.  (118)  G.  Klebs,  Untersuch,  aus  dem  bot.  Inst.  Tübingen,  1.  Bd.  1885.  (119)  E.  Stras- 
burger in  Aufsätzen,  die  in  den  Bänden  42,  44  u.  45  der  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  von  1906  bis 
1908  und  im  VII.  Hefte  der  Histol.  Beitr.  1909  veröffentlicht  wurden.  (120)  G.  Tischler, 
zit.  in  (14),  S.  356,  393.  (121)  Th.  H.  Morgan,  Die  stoffliche  Grundlage  der  Vererbung, 
Berlin  1921.  S.  66.  (122)  H.  Kylin.  Ztschr.  f.  Bot.,  8.  Bd.  1916,  S.  545.  0.  Renner,  Biolog. 
Zentralbl.,  36.  Bd.  1916,  S.  337.  J.  Buder,  Ber.  deutsch,  bot.  Ges.,  34.  Bd.  1916,  S.  559. 
N.  Svedelius,  Ber.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  39.  Bd.  1921,  S.  178. 

Vierter  Abschnitt. 
Die  Deszendenzlehre  und  die  Entstehung  der  Anpassungen. 

(123)  Ch.  Darwin,  On  the  origin  of  species  by  means  of  natural  selection  1859;  auch 
deutsch  von  V.  Carus.  Ch.  Darwin,  Das  Variieren  der  Tiere  und  Pflanzen  im  Zustand  der 
Domestikation,  deutsch  von  V.  Carus.  Ch.  Darwin,  Die  Abstammung  des  Menschen, 
deutsch  von  V.  Carus.  E.  Haeckel,  Generelle  Morphologie.  Neudruck  Berlin  1906. 
Ders.,  Natürliche  Schöpfungsgeschichte,  10.  Aufl.  A.  Weismann,  Vorträge  über  die 
Deszendenztheorie,  3.  Aufl.,  Jena  1913.  J.  P.  Lotsy.  Vorlesungen  über  Deszendenztheorien, 
Jena  1906.  L.  Plate,  Der  gegenwärtige  Stand  der  Abstammungslehre,  Leipzig  1909.  Abel, 
Brauer  usw.,  Abstammungslehre,  12  Vorträge,  Jena  1911.  K.  C.  Schneider,  Einführung 
in  die  Deszendenztheorie,  2.  Aufl.,  Jena  1911.  R.  Hesse,  Abstammungslehre  und  Darwinis- 
mus (Aus  Natur  und  Geisteswelt,  Bd.  39),  5.  Aufl.,  1918.  L.  Plate,  Deszendenztheorie, 
Handw.  d.  Naturwiss.,  2.  Bd.,  S.  897ff,  Jena  1912.  J.  Reinke,  Kritik  d.  Abstammungslehre, 
Leipzig  1920.  (124)  J.  Lamarck,  Philosophie  zoologique  1809.  H.  Spencer,  Die  Prinzipien 
der  Biologie,  deutsch  v.  Vetter  1876.  C.  v.  Nägeli,  Mechanisch-physiologische  Theorie 
der  Abstammungslehre,  München  1884.  R.  Semon,  Die  Mneme,  3.  Aufl.  1911.  A.  Pauly, 
Darwinismus  und  Lamarekismus,  München  1905.  R.  v.  Wettstein,  Der  Neo-Lamarckismus, 
Jena  1903.  R.  v.  Wettstein,  Handb.  d.  system.  Botanik.  Leipzig  u.  Wien,  2.  Aufl.  1911, 
S.  32.  0.  Hertwig,  Das  Werden  der  Organismen,  2.  Aufl.,  Jena  1918.  C.  Detto,  Die  Theorie 
der  direkten  Anpassung,  Jena  1904.  (125)  G.  Romanes,  Darwin  und  nach  Darwin,  Leipzig 
1892 — 1897.  L.  Plate,  Selektionsprinzip  und  Probleme  der  Artbildung,  3.  Aufl.,  Leipzig 
1908.  A.  Weismann,  Die  Selektionstheorie,  Jena  1909.  C.  Detto,  Die  Theorie  der  direkten 
Anpassung,  Jena  1904.  


Jost:  Literatur  zur  Physiologie.  641 

Literatur  zur  Physiologie  von   L.  Jost. 

Einleitung. 

(1)  Die  ausführlicliste  Darstellung  der  Physiologie  iindet  man  in  W.  Pfeffers  Werk: 
Pflanzenphysiologie,  2.  Aufl.,  Leipzig  1897 — 1904,  2.  Bde.  Hier  auch  eingehende 
Literaturangaben  bis  1897  bzw.  1904.  Im  folgenden  wird  nur  die  wichtigste  neuere  Lite- 
ratur aufgeführt.  Als  Einführung  in  das  Gebiet  sei  noch  genannt:  Jost,  Vorlesungen  über 
Pflanzenphysiologie,  3.  Aufl.,  Jena  1913.  Anleitung  zur  Ausführung  .von  Versuchen 
findet  man  bei  Detmer  (1912).  Das  kleine  pflanzenphysiologische  Praktikum,  4.  Aufl., 
Jena.  Claussen  (1910),  Pflanzenphys.  Versuche  und  Demonstrationen  für  die  Schule, 
2.  Aufl.,  Leipzig  und  Berlin.  (2)  Bernard  (1878),  Lecons  sur  les  ph6nom6nes  de  la  vie, 
Paris.  Sachs  (1882),  Vorlesungen  über  Pflanzcnphysiologie,  Leipzig.  Vorlesung  12.  —  Klebs 
(1904),  Biol.  Cbl.  24  unterscheidet  dreierlei  Ursachen:  1.  äußere,  2.  innere,  3.  die  spe- 
zifische Struktur.  Unter  letzterer  versteht  er  dasselbe,  was  hier  S.  277  ,, Anlagen"  genannt 
wird:  die  Ursachen  der  spezifischen  Gestaltung.  Als  innere  Ursachen  bezeichnet  er  alles, 
was  im  Innern  der  Pflanze  auf  diese  Anlagen  einwirkt.  (3)  Molisch  (1897).  Das  Erfrieren 
der  Pflanzen,  Jena.  Mez  (1905),  Flora  94.  Winkler  (1913),  Jahrb.  wiss.  Bot.  52.  Maxi- 
Mow  (1914),  ebenda  53.  Kylin  (1917),  Ber.  bot.  Ges.  35.  —  Die  Bedeutung  der  Tempera- 
tur für  die  geographische  Verteilung  der  Pflanzen  ist  ausführlicher  behandelt  bei  Schimper 
(1898),  Pflanzengeographie,  Jena.  Solms-Laubach  (1905),  Gesichtspunkte  der  Pflanzen- 
geographie, Leipzig.  Auch  Ihnes  phänologische  Karte  des  Frühlingseinzugs  in  Mitteleuropa 
(Petermanns  Mitt.  1905.  Heft  5)  verdient  hier  Erwähnung.  (4)  Schimper  s.  Anm.  3.  (5)  Bec- 
querel  (1909  u.  1910),  Compt.  rend  Paris  148  u.  150.  Neuberger  (1914),  Bot.  Centralbl. 
126,   S.  665  (Ref.).     Estreicher-Kiersnowska,  Ebenda  134,   S.  244  (Ref.). 

Stoffwechsel. 

(6)  Czapek  (1905),  Biochemie  der  Pflanzen,  Jena  [2.  Aufl.  1913—1921].  Euler 
(1908),  Grundlagen  und  Ergebnisse  der  Pflanzenchemie,  Braunschweig.  Nathansohn  (1910), 
Stoffwechsel  der  Pflanzen,  Leipzig. 

Chemische  Zusammensetzung,  Stoffaufnahme.  (7)  E.  AVoLF  (1871,  1880),  Aschen- 
analysen von  land-  und  forstwirtschaftlichen  Produkten,  Berlin.  König  (1882),  Zusammen- 
setzung der  menschlichen  Nahrungs-  und  Genußmittel,  Berlin.  Wehmer  (1911).  Die 
Pflanzenstoffe,  Jona.  (8)  Nägeli  (1858),  Pflanzenphys.  Unters.  3.  Katz  (1916),  Kol- 
loidchem.  Beihefte  9.  Freundlich  (1922),  Kapillarchemie,  2.  Aufl.  (9)  Pfeffer 
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s.  (11).  (12a')  Eine  Tabelle  der  osmotischen  Drucke  verschiedener  Zuckerkonzentrationen 
bei  Ursprung  1916.  Ber.  bot.  Ges.  34.  S.  533.  (13)  Blum  (1916),  Beih.  bot.  Cbl.  (I)  33. 
(14)  Eschenhagen  (1889),  Diss.  Leipzig.  Lepeschkin  (1910),  Ber.  bot.  Ges.  28.  Tröndle 
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sprung (1915,  1916),  Ber.  bot.  Ges.  33  u.  34.  (22a)  Holle  (1915),  Flora  108.  (23)  Knop 
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Strasbiirger,   Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl.  41 


642  Jost: 

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Beitr.  z.  Biologie  13. 

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über  Assimilation  der  Kohlensäure.  Wislicenus  (1918),  Ber.  ehem.  Ges.  51.  Schröder,  H. 
(1917),  Die  Hypothesen  über  die  ehem.  Vorgänge  bei  der  Kohlensäureassimilation  (1918), 
Ber.  d.  bot.  Ges.  36.  (33)  Kniep  u.  Minder  (1909),  Ztschr.  f.  Bot.  3.  Ursprung  (1918),  Ber. 
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in  Anm.  32.  (37)  Schröder  (1919),  Die  Naturwissenschaften.  Ders.  (1920),  Die  Stellung  der 
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bakterien, Diss.  Halle,  (40a)  Warburg  u.  Negelein  (1920),  Biochem.  Ztschr.  110,  haben 
die  Assimilation  der  Salpetersäure  mit  neuen  Methoden  studiert.  Es  erregt  Bedenken,  daß 
sie  ihre  Versuchspflanzen  in  eine  Lösung  von  n/10  NaNOg  +  n/100  HNO3  gebracht  haben, 
die  man  im  allgemeinen  als  giftig  betrachten  wird.  (41)  Boas  (1918),  Biochem.  Ztschr.  86. 
Treboux  (1912),  Ber.  bot.  Ges.  30.  (42)  Darwin  (1876),  Insektenfressende  Pflanzen,  Deutsch 
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Ber.  bot.  Ges.  31.  (55)  Wieland  (1913),  Ber.  ehem.  Ges.  46.  3.  Palladin  (1914),  Biochem. 
Ztschr.  60.  Wieland  (1922),  s.  (53a).  Auf  ganz  anderer  Grundlage  steht  die  Atmungs- 
theorie, die  Nathansohn  1919  (Kolloidchem.  Beiheft  11)  vertritt.  Auch  die  0-Aktivierungs- 
hypothese  zählt  noch  Anhänger:  Warburg  (1921),  Naturwissenschaften.  (56)  Winogradski 


Literatur  zur  Physiologie.  643 

(1887),  Bot.  Ztg.  45;  (1890/91),  Ann.  Inst.  Pasteur  4.  6.  Niklewski  (1907),  Bull.  acad. 
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hof, Pflügers  Archiv  f.  Phys.  164—166.  Ruhland  (1922),  Ber.  bot.  Ges.  40.  (57)  Vgl.  Cza- 
pek, Euler  u.  Nathansohn  in  (6).  Kruse  (1910),  Mikrobiologie.  Benecke  (1912),  Bau 
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Vorbemerkungen.  (64)  VöcHTiNG  (1878),  Organbildung,  Bonn.  Goebel  (1902), 
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Denkschr.  d.  Akad.  Wien.  93.  Ungerer  (1919),  (Die  Regulationen  der  Pflanzen,  Berlin.) 
[Rouxs  Vorträge  22]  weist  mit  Recht  darauf  hin,  daß  in  der  Bezeichnungsweise  der  verschie- 
denen Formen  der  Restitution  große  Verwirrung  herrscht.  Die  früher  gebrauchten  Aus- 
drücke: Reparation  und  Regeneration  habe  ich  deshalb  lieber  vermieden. 

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merkung über  Alter  und  Größe  einer  Adansonia  auf  ,,den  Capverdeii"  dürfte  irrtümlich 
sein.  Wahrscheinlich  liegt  eine  Verwechslung  mit  Cap  Verde  vor.  Stbuck  (brieflich;  vgl. 
auch  Ztschr.  f.  Ges.  f.  Erdkunde  1923)  gibt  als  absolut  zuverlässig  gemessene  Adansonia 
einen  Baum  von  14,6  m  Durchmesser  von  der  britisch-ostafr.  Küste  an;  er  soll  3000  Jahre 
alt  sein.  —  Die  Altersangabe  über  den  Drachenbaum  von  Orotava,  die  früher  hier  gemacht 
wurde,  dürfte  auch  stark  übertrieben  sein.  (87)  Klebs  (1903),  Willkürliche  Entwicklungs- 
änderungen, Jena.  Ders.  (1896),  Fortpflanzungsphysiologie  nied.  Organismen,  Jena.  (88) 
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1909,  S.  341.  (103)  Garber,  Bot.  Gaz.,  37.  Bd.  1904,  S.  161.  Lewis,  Bot.  Gaz.,  41.  Bd.  1906, 
S.  110.  PiETSCH,  Flora,  103.  Bd.  1911,  S.  347.  Black,  Ann.  of  bot.,  27.  Bd.  1913,  S.  511. 
V.  Gaisberg,  Flora,  114.  Bd.  1921,  S.  262.  (104)  Haberlandt,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  17.  Bd. 
1886,  S.  359.  Tansley  and  Chick,  Annais  of  bot.,  15.  Bd.  1901,  S.  1.  Correns,  Vermehrung 
der  Laubmoose  1899.  Vaupel,  Flora  1903,  S.  346.  Strunk,  Diss.  Bonn  1914.  Grebe,  Stu- 
dien zur  Biol.  u.  Geogr.  d.  Laubmoose.  Hedwigia,  59.  Bd.  1917.  von  Dankenschweil,  Hed- 
wi£;ia,  67.  Bd.  1915,  S.  14.  (105)  K.  Giesenhagen,  Annais  jard.  Buitenzorü,  Suppl.  3«  1910, 
S.  711.  (106a)  Zederbauer,  Österr.  bot.  Ztschr.  1902.  Merl,  Flora,  109.  Bd.  1917,  S.  189. 
(106b)  Steinbrinck,  Ber.  D.  bot.  Ges.,  Bd.  26a  1908,  S.  410;  27.  Bd.  1909,  S.  169  u.  28.  Bd. 

1910,  S.  19  u.  549.  (107)  Schellenberg,  Beih.  bot.  Ztrbl.,  37.  Bd.  1.  1919/20,  S.  115.  Flei- 
scher, Bit.  D.  bot.  Ges.,  38.  Bd.  1920,  S.  84.  (108)  Haberlandt,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  17.  Bd. 
1880,  S.  357.  Forsch,  Der  Spaltöffnungsapparat  im  Lichte  der  Phylogenie  1905,  S.  33. 
(109)  Bryan,  Bot.  Gaz.,  59.  Bd.  1915,  S.  40.  Melin,  Svensk.  bot.  Tidskr  ,  10.  Bd.  1916, 
S.  289.  (110)  DiHM,  Flora,  Erszbd.  1894,  S.  286.  Goebel,  Flora  1895,  S.  459.  Steinbrinck, 
Flora,  Ergzbd.  1897,  S.  I3l  u^  Biol.  Ztrbl.  1906,  S.  727.  Kuntzen,  Diss.  Berlin  19l2.(110a) 
Zielinski,  Flora,  100.  Bd.  1909,  S.  6.  (110b)  F.  v.  Wettstein,  Vgl.  Nat.  Wochenschr.  1922, 
S.  327.    (111)  K.  von  der  Dunk,  Schistostega,  Diss.  Frankfurt  a.  M.  1921. 

Pteridophyta.  (112)  BowER,  The  origin  of  a  Land  Flora,  London  1908.  (113)  Pfefferj 
Unters,  bot.  Inst.  Tübingen,  1.  Bd.,  S.  363  (Farne,  Solaginella).  Shibata,  Bot.  Mag.  Tokvo. 
19.  Bd.  1905,  S.  39  (Salvinia);  ibid.  S.  79  u.  126  (Equisetum) ;  Ber.  d.  bot.  Ges.  1904,  S.  478 
u.  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  51.  Bd.  1905,  S.  661  (Isoetes).  Lidfors,  Ber.  D.  bot.  Ges.  1905,  S.  314 
(Equisetum).  Bruchmann,  Flora,  99.  Bd.  1909,  S.  193  (Lycopodium).  Buller,  Annais  of 
bot.,  14.  Bd.  1900,  S.  543  (Farne).  Shibata,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  49.  Bd.  1911,  S.  1  (Equi- 
setum, Farne,  Salvinia,  Isoetes).    (114)  Hannig,  Flora,  102.  Bd.  1911,  S.  209  u.  103.  Bd. 

1911,  S.  321.  (115)  Hooker,  Synopsis  filicum  1883.  Baker,  Fern  Allies  1887.  Christ,  Farn- 
kräuter der  Erde  1897  und  Die  Geographie  der  Farne,  Jena  1910.  Christensen,  Index  Fili- 
cum 1906.  (116)  Campbell,  Annal.  Buitenzorg,  22.  Bd.  1908,  S.  99  u.  Suppl.  3^  1910,  S.  69. 
(117)  Jeffrey,  Univers,  of  Toronto,  biol.  series  Nr.  1  1898  (Botrychium).  Burlingham, 
Bot.  Gaz.,  44.  Bd.  1907,  S.  34  (OphiogL).  Chrysler,  Annais  of  bot..  24.  Bd.  1910,  S.  1.  Lyon, 
Bot.  Gaz.,  40.  Bd.  1905,  S.  455  (Botrychium).  Bruchmann,  Flora,  96.  Bd.  1906,  S.  203 
(Botrvchium).  (118)  Steinbrinck,  Biol.  Ztrbl.  1906,  S.  674  u.  Monatsh.  f.  d.  naturw.  Unt., 
11.  Bd.  1918,  S.  131.  (119)  Goebel,  Flora,  105.  Bd.,  S.  49.  (120)  Schlumberger,  Flora, 
102.  Bd.  1911,  S.  383.  (121)  Arnoldi,  Flora,  100.  Bd.  1909,  S.  121.  Kundt,  Beih.  bot.  Ztrbl., 
Bd.  371  1911,  S.  26.  Zawidski,  Beih.  bot.  Ztrbl.,  28.  Bd.  1912,  S.  17.  Yasui,  Annais  of  bot., 
25.  B.I.  1911,  S.  469.  (121a)  Pfeiffer,  Bot  Gaz.,  54.  Bd.  1907,  S.  445.  Oes,  Ztschr.  f.  Bot., 
5.  Bd.  1913,  S.  145.  (122)  F.  Schneider,  Beitr.  z.  Entw.  der  Marsiliaceen.  Diss.  Berlin  1912. 
Sharp,  Bot.  Gaz.,  58.  Bd.  1914,  S.  419.  F.  Schneider,  Flora,  105.  Bd.  1913,  S.  347.  (123) 
Strasburger,  Flora,  97. 'Bd.  1907,  S.  123.  (124)  Steinbrinck,  Biol.  Ztrbl.  1906,  S.  724. 
Hannig,  Flora,  102.  Bd.  1911,  S.  209.  Ludwigs,  Flora,  103.  Bd.  1911,  S.  385.  Sharp,  Bot. 
Gaz.,  54.  Bd.  19l2,  S.  89.  Vidal,  Ann.  sc.  nat.,  9.  sör.,  15.  Bd.  1912,  S.  1.  (125)  Bruchmann, 
Flora,  101.  Bd.  1910,  S.  220.  (125a)  Haberlandt,  Beitr.  z.  allg.  Bot.,  1.  Bd.,  S.  293.  (126) 
Bruchmann,  Flora,  104.  Bd.  1912,  S.  180;  105.  Bd.  1913,  S.  237;  111.  Bd.  I9l9,  S.  168  u. 
Ztschr.  f.  Bot.,  11.  Bd.  1919,  S.  39.  Lyon,  Bot.  Gaz.,  40.  Bd.  1905,  S.  285.  Campbell,  Annais 
of  bot.,  16.  Bd.  1902,  S.  419.  Denke,  Beih.  bot.  Ztrbl.,  12.  Bd.  1902,  S.  182.  Steinbrinck, 
Ber.  D.  bot.  Ges.,  1902,  S.  117  u.  Biol.  Ztrbl.  1906,  S.  737.  Mitchell,  Annais  of  bot.,  24.  Bd. 
1910,  S.  19.  Sykes  and  Styles,  ibid.,  S.  623.  Wand,  Flora,  106.  Bd.  1914,  S.  237.  (127) 
Steinbrinck,  Ber.  D.  bot.  Ges.,  28.  Bd.  1910,  S.  651  u.  29.  Bd.  1911,  S.  334.   (128)  Bruch- 


650  Karsten: 

MANN,  Flora  1905,  S.  150.  Goebel,  Flora  1905,  S.  195.  (129)  W.  Seyd,  Zur  Biol.  von  Selag., 
Dissert.  Jena  1910.  Neger,  Flora,  103.  Bd.  1911,  S.  74.  (129a)  Haberlandt,  Ber.  D.  bot. 
Ges.  1905,  S.  441.  (130)  Lawson  u.  Darnell-Smith  Vgl.  Ref.  Ztschr.  f.  Bot.,  12.  Bd.  1920, 
S.  89.  (130a)  Kidston  u.  Lang,  Vgl.  Ref.  Ztschr.  f.  Bot.,  12.  Bd.  1920,  S.  583  ii.  14.  Bd. 
1922,  S.  555;  Bot.  Ztrbl.  1923,  S.  121.  R.  Potonie,  Nat.  Wochenschr.  1920,  S.  822.  Gothan, 
ibid.  1921,  S.  399.  (131)  Stocket,  Bot.  Gaz.,  47.  Bd.  1909,  S.  311.  Weber,  Hedwigia,  63.  Bd. 
1922,  S.  219. 

Fossile  Kryptogamen.  (132)  Vgl.  die  Palaeophytologischen  Handbücher  von  W.  Ph. 
ScHiMPER,  A.  Schenk,  B.  Renault,  G.  Saporta  et  Marion,  Solms-Laubach,  D.  H.  Scott, 
R.  Zeiller,  A.  C.  Seward,  W.  Jongmans.  R.  Zeiller.  Progr.  rei  bot.,  2.  Bd.  1907,  S.  171. 
Gothan,  Potoni^s  Lehrb.  d.  Paläobotanik,  2.  Aufl.  1920.  (133)  Gordon,  Annais  of  bot., 
24.  Bd.  1910,  S.  821.  (134)  Oliver,  Biol.  Ztrbl.  1905,  25.  Bd.,  S.  401  u.  Annais  of  bot.,  23.  Bd. 
1909,  S.  73.  Scott,  Wiss.  Ergebn.  Wiener  bot.  Kongr.  1905,  S.  279;  ferner  Progr.  rei  bot., 
1.  Bd.  1907,  S.  139  u.  Smithsonian  Report  1907,  S.  371.  Chodat,  Archives  sc.  phys.  et  nat. 
4.  p^r.,  26.  Bd.  Genßve  1908.   Oliver  and  Salisbury,  Annais  of  bot.,  26.  Bd.  1911,  S.  1. 


Literatur  von  Spermatophyta  von  G.  Karsten. 

Übergang  von  den  Farnpflanzen  zu  den  Samenpflanzen.  (1)  W.  HOFMEISTER, 
Vergleich.  Unters,  der  Keim.,  Entfalt.  u.  Fruchtbildung  höherer  Kryptogamen  und  der 
Samenbild,  der  Koniferen.  Leipzig  1851.  E.  Strasburger,  Koniferen  u.  Gnetaceen.  Jena 
1872.  Ders.,  Angiospermen  und  Gymnospermen.  Jena  1879  und  die  zusammenfassenden 
Werke:  R.  von  Wettstein,  Handbuch  der  systematischen  Botanik.  2.  Aufl.,  Leipzig  und 
Wien  1911.  K.  Goebel,  Organographie  der  Pflanzen.  Jena,  2.  Aufl.  L  u.  IL  1.  2.  1913, 
1918  u.  in.  1.  1922,  III.  2.  1923.  J.  M.  Coulter  and  Ch.  J.  Chamberlain,  Morphology 
of  Gymnosperms,  Chicago  1910.  Dieselben,  Morphology  of  Angiosperms.  Chicago  1909. 
Einzelliteratur  ist  hier  zu  vergleichen  und  wird  weiterhin  nur  insoweit  angeführt,  wie  sie  historisch 
wichtig  und  grundlegend  geworden  oder  jüngeren  Datums  als  obige  Zusammenfassungen  ist. 
(la)  Die  noch  nicht  publizierte  Abbildung  verdanke  ich  Herrn  Kollegen  Heinricher.  Vgl. 
dazu  E.  Heinricher,  Versuche  über  Vererbung  von  Rückschlagserscheinungen  bei  Pflanzen. 
Pringsh.  Jahrb.  XXIV.  52.  1892.  Ders.,  Iris  pallida  Lam.,  abavia.  Biol.  Zentralbl.  XVI.  13. 
1896.  (2)  Overton,  Reduktion  der  Chromosomen,  Vierteljahrsschr.  d.  naturf.  Ges.,  Zürich 
1893.  E.  Strasburger,  Reduktionsteilung,  Sitzber.  K.  A.  d.  W.,  Berlin  18.  Bd.  1904. 
Ders.,  Chromosomenzahlen  und  Reduktionsteilung.     Pringsh.  Jahrb.  45.  Bd.  1908. 

Morphologie  und  Ökologie  der  Blüte.  (3)  Payer,  Organog^nie  de  la  fleur  1857. 
Baillon,  Histoire  des  plantes  1. — 13.  Bd.  1867 — 1894.  Eichler,  Blütendiagramme  1.  u. 
2.  Bd.,  Leipzig  1875  u.  1878.  A.  Engler  u.  Prantl,  Natürl.  Pflanzenfamilien  2.-4.  Bd. 
ab  1889.  Ders.,  Das  Pflanzenreich  ab  1900.  Berg  u.  Schmidt,  Atlas  der  offizineilen  Pflanzen 
1863  und  2.  Aufl.  von  A.  Meyer  u.  Schumann,  1891^1902  und  unter  (1)  genannte  Literatur. 
(4)  Chr.  K.  Sprengel,  Das  entdeckte  Geheimnis  der  Natur  1793  (Ostwalds  Klassiker 
Nr.  48—51).  Ch.  Darwin,  Ges.  Werke.  Übersetzung  von  Carus,  1877,  9.  u.  10.  Bd.  Knuth, 
Handbuch  der  Blütenbiologie  1898.  0.  Kirchner,  Blumen  und  Insekten,  Leipzig  1911. 
G.  Tischler,  Das  Heterostylie-Problem,  Biol.  Zentralbl.  38.  11.  1918.  Ders.,  Lythrum 
Salicaria  mit  Beziehung  auf  das  Illegimitätsproblem  in  Festschrift  Stahl,  Flora.  1918.  Ders., 
Festschrift  Hohenheim,  254,  1918.  G.  Kostka,  Farbenwechsel  u.  Insektenbesuch  bei  Pul- 
monaria. Österr.  Bot.  Ztschr.  71.  Bd.  246.  1922.  (5)  C.  Hess,  Exper.  Unters,  über  den  angeb- 
lichen Farbensinn  der  Bienen.  Zoolog.  Jahrb.  34.  Bd.  1913.  Ders.,  Münch.  med.  Wochenschr. 
1914,  Nr.  27.  Ders.,  Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  163.  Bd.  1916.  Ders.,  ibidem  170.  Bd.  1918. 
A.  Kühn  u.  R.  Pohl,  Dressurfähigkeit  der  Bienen  auf  Spektrallinien.  Die  Natmwissen- 
schaften  IX.  1921.  738.  fanden  dagegen  „Wellen  m  der  Umgebung  von  365  fifi  (ultra- 
violett) werden  .  .  .  von  spektralunzerlegtem  Licht,  sowie  von  dem  Spektralbereich  ca. 
400 — 440  fifi  und  auch  von  dem  Bereich  ca.  540 — 680  ^</t  qualitativ  unterschieden". 
,, Weitere  Versuche  zeigten,  daß  auch  die  Linie  492  ft/j.  (blaugrün)  von  den  übrigen 
Linien  des  Hg- Spektrums  und  von  spekral  unzerlegtem  Licht  unterschieden  wird." 
(5a)  K.  VON  Frisch,  Der  Farbensinn  und  Formensinn  der  Biene^,  Zoolog.  Jahrb.  35,  1914. 
Ders.,  Über  den  Geruchssinn  der  Biene,  Zoolog.  Jahrb.  37.  Bd.  1919.  Ders.,  Zur  Streit- 
frage nach  dem  Farbensinn  der  Bienen,  Biol.  Zentralbl.  39,  3, 1919.  Ders.,  Über  die  Sprache 
der  Bienen,  Zoolog.  Jahrb.  40.  1923.  (5b)  Bailay,  Pollination  of  Marcgravia.  Am.  Journ. 
of  bot.  IX.  371.  1922.  (6)  K.  Goebel,  Kleistogame  Blüten,  Biol.  Zentralbl.  24.  Bd.  1904. 
H.  RiTZEROw,  Flora  1907.  H.  Cammerloher,  Kleistopetalie  bei  Aristolochia  arborea.  Ber.  D. 
Bot.  Ges.  XL.  1923.    F.  Kirchner,  Isnardia,  Flora  in  Festschrift  Stahl  1918. 

Entwicklung  der  Geschlechtsgeneralion.  (7)  Vgl.  Literatur  unter  (1),  ferner:  Saku- 
goro  Hirase,  Gingko  biloba,  Journ.  of  the  College  of  science,  Univ.  imp.  Tokio  8.  Bd.  1895 
und  12.  Bd.  1898.  Jeffrey  and  Torrey,  Gingko,  Bot.  Gaz.  62. 1916.  S.  Ikeno,  Cycas  revoluta, 


Literatur  von  Spermatophyta.  651 

Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  27.  Bd.  1898.  H.  J.  Webber,  Spermatogcncsis  and  fccondation  of  Zaniia. 
U.  S  Dep.  of  agricult.  Washington  1901.  Ch.  J.  Chamberlain,  Fcrtilization  and  Embryo- 
geny  in  Dioon  edule,  Bot.  Gaz.  60.  Bd.  1910.  Dcrs.,  Stangeria  paradoxa,  Bot.  Gaz.  61. 
353.  1916.  (7a)  Vgl.  Literatur  unter  (1),  ferner:  A.  H.  Hutchinson,  Fertilization  in  Abics 
balsamca,  Bot.  Gaz.  60,  457.  5  Taf.  1915.  Lancelot  Burlinghame,  Araucaria  brasiliensis, 
Bot.  Gaz.  55.  Bd.  1913.  57, 1914.  69, 1915.  A.  Dupler,  Taxus  canadensis,  Bot.  Gaz.  64.  116. 
1917.  68.  345.  1919.  69.  492.  1920.  J.  Buchholz,  Suspensor  and  early  embryo  of  Pinus, 
Bot.  Gaz.  66.  185.  1918.  Ders.,  Polyembryony  among  Abietineae,  ibidem,  Febr.  1920. 
(7b)  W.  J.  G.  Land,  Ephedra  trifurca,  Bot.  Gaz.  44.  1907.  Ders.,  Veget.  Reproduktion  in  an 
Ephedra,  ibidem  55.  1913.  J.  M.  Coulter,  Gnetum  Gnemon,  Bot.  Gaz.  46.  1908.  Forsch, 
Ephedra  campylopoda  entomophil,  Ber.  D.  Bot.  Ges.  XXVIIL  1910.  Ders.,  Nektar  von 
Ephedra,  ibidem  XXXIV.  1916.  0.  Lignier  et  A.  TisoN,  Les  Gn^tales  sont  des  Angiosperms 
ap6tales,  Compt.  rend.  1911.  Dies.,  Les  Gn^tales,  Ann.  d.  sc  IX.  S6r.  XVL  M.  G.  Tho- 
DAY  (Sykes),  Gnetum  africanum,  Ann,  of  Bot,  XXV.  1911.  Pearson,  Microspore  of  Gnetum, 
Ann.  of  Bot.  XXVI.  1912.  Ders.,  Welwitschia  mirabilis,  Phil.  Transact.  R.  soc.  193.  1906 
u.  200.' 1909.  Steph.  Herzfeld,  Ephedra  campylopoda,  Denkschrift  Akad.  d.  Wiss. 
Wien  98.  Bd.  1922.  (8)  Literatur  unter  (1),  ferner:  S.  Nawaschin,  Lilium  Martagon.,  Bull, 
acad.  imp.  St.  P6tersbourg  1898.  E.  Strasburger,  Doppelte  Befruchtung,  Bot.  Ztg.  II.  Abt. 
1900.  M.  Treub,  Casuarina,  Ann,  Buitenzorg  10.  Bd.  1891.  F.  Herrig,  Spermazellen  im 
Pollenschlauch  der  Angiospermen,  Ber.  D.  Bot.  Ges.  37.  456.  1919,  J.  Peter,  Calycantha- 
ceen,  Diss.  Halle  1920.  Cohns  Beitr.  XIV.  P.  N.  Schürhoff,  Zur  Apogamie  von  Calycanthus. 
Flora  116.  Bd.  73. 1922.  S.  Nawaschin,  Birke,  M^m.  acad.  imp.  St.  P^tersbourg,  7.  s6r.  42.  Bd. 
Nr.  12.  1894.  Ders.,  Ulme,  Bull,  de  l'acad.  imp.  d.  sc.  de  St.  Pötersbourg,  s^r.  V.  8.  Bd. 
Nr.  6. 1898.  Ders.,  Corylus,  ibidem  10.  Bd.  Nr.  4. 1899.  Ders.,  Entw.  d.  Chalazogamen,  M6m, 
acad.  usw.  8.  s6r.  31.  Bd.  Nr.  9.  1913.  M.  Benson,  Amentiferae,  Transact.  Linn.  Soc.  2.  ^^r. 
Bot,  3.  Bd.  pt.  10,  1894.  N.  Zinger,  Cannabinaceen,  Flora  86.  Bd.  1898.  Modilewski, 
Urticifloren,  Flora  98.  Bd.  1908.  J.  Schweiger,  Euphorbiaceen,  Flora  94.  Bd.  1905.  J.  Wol- 
pert,  Alnus  u.  Betula,  Flora  100.  Bd.  1910.  O.Dahlgren,  Plumbagella,  Arkivf.  Bot.  14. Bd.  8. 
1916 u.  Kg.  Svensk.  Vetensk.  Hand!.  56.  Bd.  4. 1916.  Ders.,  Zur  Embryologie  der  Kompositen 
mit  bes.  Berücksichtigung  der  Endospermbildung.  Ztschr.  f.  Bot.  XII.  1920.  481.  (8a)  Eine 
Zusammenstellung  aller  bisher  bekannten  von  der  Norm  abweichenden  Embryosackent- 
wicklung und  Ausstattung  gibt  F.  L.  Rutgers,  The  Female  gametophyte  of  Angiosperms, 

E.  J.  Brill,  Leyden  1923.  (9)  J.  Hanstein,  Entwicklung  des  Keimes,  Bot.  Abhandl.  1.  Bd., 
1. 1870.  M.  Treub,  Notes  sur  l'embryo  usw.  (Avicennia),  Ann.  Buitenzorg  3.  Bd.  1883.  M.  Merz, 
Utricularien,  Flora  84.  Bd.  1897.    Balicka-Iwanowska,  Gamopetales,  Flora  86.  Bd.  1899. 

F.  Billings  Beiträge  zur  Samenentwicklung,  Flora  88.  Bd.  1901.  F.  X.  Lang,  Polypompholyx 
u.  Biblis,  Flora  88.  Bd,  1901.  0.  Porsch,  Phylogen.  Erkl,  d.  Embryosackes  u.  d.  dopp.  Befr., 
Jena  1907.  F.  N.  Schürhoff,  Zur  Phylogenie  des  angiospermen  Embryosackes,  Ber.  D. 
Bot.  Ges.  37.  161.  1919.  Ders.,  Zur  Polyembryonie  von  Allium  odorum.  Ber.  D.  Bot. 
Ges.  XL.  1923.  F.  A.  F.  C.  Went,  Podostemaceen  I.  u.  II,  Verh,  K.  Akad.  v.  Wetensch. 
Amsterdam  1910 — 12.  Ders.,  Development  of  Podostemaceae,  Extr.,  du  recueil  des  travaux 
bot.  Nöerlandais.  5.  Bd.  1908.  W.  Magnus,  Atypische  Embryosackentw.  der  Podostemaceen, 
Flora  105.  Bd.  1913.  (10)  E.  Strasburger,  Chromosomenzahlen,  Vererbungsträger  usw., 
Pringsh.  Jahrb.  45.  Bd.  1908.  Ders.,  Apogamie,  Parthenogenesis  und  Reduktionsteilung, 
Histolog.  Beitr.  7.  Bd.  1909.  Hans  Winkler,  Parthenogenese  u.  Apogamie,  Progr.  rei  bot. 
2.  Bd.  1908.  C.  H.  Ostenfeld  u.  0.  Rosenberg,  Hieracia,  III.  0.  Rosenberg,  Apogamy 
in  Hieracium,  Bot.  Tidsskr.  28.  Bd.  1907  (vgl.  40a).  A.  Ernst,  Bastardierung  als  Ursache 
der  Apogamie.  Jena,  G.  Fischer,  1918.  H.  Winkler,  Verbreitung  und  Ursache  der  Partheno- 
genesis im  Pflanzen-  und  Tierreiche.  Jena  1920.  (11)  J.  Gaertner,  De  fructibus  et  seminibus 
plantarum,  1.  u.  2.  Bd.  Stuttgart  1789 — 91.  (12)  A.  P.  de  Candolle,  Pflanzenphysiologie, 
übers,  von  Roeper,  2,  Bd.  212.  F.  Hildebrandt,  Verbreitungsmittel  der  Pflanzen  1873. 
A,  F,  W.  ScHiMPER,  Pflanzengeographie,  Jena  1898.  W.  Schmidt,  Verbreitung  von  Samen- 
und  Blütenstaub  durch  die  Luftbewegung.  Österr.  Bot,  Ztschr,  67.  313.  1918.  Rutger 
Sernander,  Myrmekochoren,  Kg.  Svensk.  Vetensk.  Handl,  41.  Bd.  1906.  F.  Morton, 
Ameisen  usw.,  Mitt.  Naturw.  Ver,  Univ.  Wien  1912.  (13)  G.  Klebs,  Keimung,  Unters,  bot. 
Inst.  Tübingen  1,  Bd.  636,  J.  Lubbock,  Seedlings  1.  u.  2.  Bd,  1892.  E.  Theune,  Biologie 
geokarper  Pflanzen.    F.  Cohns  Beitr,  13,  Bd.  1916. 

Gymnospermae.  (14)  Literatur  unter  (1),  (3)  und  (7),  K,  Goebel,  Pollenentleerung, 
Flora,  Ergzbd,  1902.  237,  K.  Kirstein,  Serodiagnostische  Untersuchungen  der  Gymnosper- 
men, Bot,  Archiv  II,  57.  1922.  (15)  D.  H.  Scott,  Palaeozoic  botany  in  Progressus  rei  bot., 
1.  Bd.  Jena  1907.  Hier  die  ältere  Literatur,  Newell,  Arber,  Origin  of  Angiosperms,  Journ. 
Linn.  Soc.  38.  Bd.,  263.  1907.  G.  R.  Wieland.  American  fossil  Cycads,  1906,  Carnegie  Inst. 
Washington.  F.  W.  Oliver,  Physostoma  elegans,  Ann.  of  bot.  23.  Bd.  1909.  Ders.  and  E.  J. 
Salisbury,  Palaeozoic  Seeds  of  the  Conostoma  group.  Ann.  of  bot.  25.  Bd.  1911.  D.  H. 
Scott,  The  evolution  of  plants  1911,  London.  Fernand  Pelourde,  Les  progiös  r6alis6s 
dans  l'ötude  des  Cycadophytcs   de   l'^poque  secondaire,      Progressus  rei  botanicae  5  Bd 


g52  Karsten : 

2.  1916.  H.  PoTONiE  u.  W.  GoTHAN,  Lehrb.  d.  Paläobotanik,  II.  Aiifl.,  1921.  W.  Go- 
THAN,  Neuere  Arten  d.  Braunkohlenunters.  „Braunkohle"  XX.  H.  27.  47.  1921.  u.  XXI. 
H.  22.  1922.  R.  Potonie,  Braunkohle  XXI.  H.  3/4.  1922.  W.  Eckhold,  Der  Hoftüpfel 
bei  rezenten  und  fossilen  Koniferen.  Diss.  Breslau  1921.  R.  Zander,  Tertiäre  Braun- 
kohlenhölzer des  Geiseltales.     Diss.  Halle  1923. 

Angiospermae  Dikotylae.  (16)  Literatur  (1)  und  (3),  ferner:  H.  Hallier,  Verwandt- 
schaftsverhältnisse bei  Englers  Rosalen,  Parietalen,  Myrtifloren  usw.,  Abh.  d.  Naturw. 
Vereins  Hamburg  1903,  hier  Angaben  früherer  Veröffentlichungen  desselben  Verf.  E.  Sar- 
gant, Origin  of  monocotyledons,  Ann.  of  bot.  17.  Bd.  1903  und  Bot.  Gaz.  37.  Bd.  1904. 
K.  Fritsch,  Stellung  der  Monokotyledonen,  Beibl.  79  zu  Englers  Bot.  Jahrb.  34.  Bd.  1905. 

E.  Strasburger,  Drimys,  Flora,  Ergzbd.  1905.  J.  Nitzschke,  Beitr.  z.  Phylogenie  d.  Mono- 
kotyledonen 1914.  CoHNS  Beitr.  12.  Bd.  0.  Liehr,  Ist  die  angenommene  Verwandtschaft 
der  Helobiae  und  der  Polycarpicae  auch  in  ihrer  Zytologie  zu  erkennen?  Cohns  Beitr.  XIII. 
1916.  (17)  L.  DiELS,  Käferblumen  bei  den  Ranales  und  ihre  Bedeutung  für  die  Phylogenie 
der  Angiospermen,  Ber.  D.  Bot.  Ges.  34.  1916.  G.  Karsten,  Zur  Phylogenie  der  Angiosper- 
men, Ztschr.  f.  Bot.  X.  369.  1918.  (17a)  K.  Gohlke,  Die  Fruchtbarkeit  der  Serumdiagnostik 
für  den  Nachweis  zweifelhafter  Verwandtschaftsverhältnisse  im  Pflanzenreich.  Diss.  Königs- 
berg 1913.  L.  Lange,  Serodiagn.  Unters,  über  die  Ranales,  Diss.  Königsberg  1914.  C.  Mez 
u.  K.  Gohlke,  Physiol.-system.  Unters,  über  die  Verwandtschaften  der  Angiospermen.  F. 
Cohns  Beitr.  XII.  155.  1914.  Mez-Lange,  Serodiagn.  Unters,  über  die  Verwandtschaft  der 
Ranales,  ibidem  218.  Mez  u.  Preuss,  S3rodiagn.  Unters,  innerhalb  der  Parietales,  ibidem 
347.  A.  Preuss,  Serodiagn.  Unters,  innerhalb  der  Parietal  >s,  ibidem  XIII.  1917.  Weitere 
serodiagn.  Unters,  im  Archiv  d.  Bot.,  herausgeg.  von  Carl  Mez,  Königsberg.  1.  Bd.  1922, 
Heft  1  usw.  bis  3.  Bd.  1923,  Heft  1.  Arbeiten  von:  F.  Malligson,  Centrospermae,  F.  Hoeff- 
GEN,  Columniferae,  W.  Alexnat,  Sympetalae.  C.  Mez,  Anleitung  zu  serodiagn.  Unters,  f. 
Botaniker,  E.  Worseck,  Monocotylae,  K.  Kohz,  Rosales.  (18)  Marloth,  Kapland,  Val- 
vidia-Exped.  Bd.  23.  1908.  Ders.,  Mimicry  among  Plants,  Transact,  S.  Afr.  Philos.  Soc. 
15.  u.  16.  Bd.  1904 — 05.  (19)  Gunnar  Täkholm,  On  the  Cytology  of  the  Genus  Rosa.  Svensk. 
Bot.  Tidskr.  14.  300.  1920.  K.  Goebel,  Bot.  Ztg.  353.  1882.  A.  de  Candolle,  Ursprung  der 
Kulturpflanzen,  1884.    H.  Graf  zu  Solms-Laubach,  Erdbeeren,  Bot.  Ztg.  1.  Bd.  45.  1907. 

F.  NoLL,  Pfropfbastarde  von  Bronveaux,  Sitzber.  Niederrh.  Ges.  Bonn  1906.  (20)  Th.  Belt, 
Naturalist  in  Nicaragua  218.  1888.  (21)  L.  Diels,  Südwest-Australien,  Veg.  d.  Erde.  7.  Bd. 
1906.  (22)  F.  ToBLER,  Die  Gattung  Hedera  1912.  Hillary,  Stanislaus,  Jurica,  Morph, 
study  of  the  Umbelliferae,  Bot.  Gaz.  LXXIV.  292.  1922.  (23)  A.  Nestler,  Cortusa  Matthioli, 
Ber.  D.  Bot.  Ges.  330.  1912.  Ossian  Dahlgren,  Selbsterilität  von  Lysimachia  nummu- 
laria.  Hereditas  III.  1922.  (24)  Büsgen,  Fagales  in  Kirchner,  Loew,  Schroeter,  Lebens- 
gesch.  d.  Blütenpfl.'  2.  Bd.  1.  1913.  (25)  H.  Graf  zu  Solms-Laubach,  Herkunft  usw.  des  gew. 
Feigenbaumes,  Abh.  d.  K.  Ges.  d.  Wiss.,  Göttingen  1882.  Fritz  Müller,  Caprificus  u. 
Feigenbaum,  Kosmos,  6.  Bd.  1882.  (25a)  K.  Goebel,  Schleuderfrüchte  bei  Urticifloren, 
Flora  108.  Bd.  1915.  Ders.,  Entfaltungsbewogungen  333.  Jena  1920  A.  Reiff,  Rechter, 
Floral  anatomy  of  the  Urticales,  Am.  Journ.  of  bot.  VIII.  386.  1921.  (25b)  0.  Warburg, 
Kautschukpflanzen,  Berlin  1900.  E.  Ule,  Kautschukpflanzen  der  Amazonasexped.,  Eng- 
lers Jahrb.  35.  Bd.  1905.  (26)  Hildur  Ljungdahl,  Zur  Zytologie  der  Gattung  Papaver. 
(26a)  H.  Graf  zu  Solms-Laubach,  Cruciferenstudien  1.— 4.  Bd.  Bot.  Ztg.  1900—1906. 
(27)  J.  Schweiger,  Euphorbiaceen,  Flora  94.  Bd.  1905.  A.  Markowski,  Gattung  Pedilauthus, 
Diss.  Halle  1912.  (28)  A.  de  Candolle,  Ursprung  der  Kulturpflanzen  1884.  V.  Hehn,  Kultur- 
pflanzen u.  Haustiere,  VII.  Aufl.  1902.  Über  Bizarrien  vgl.  E.  Strasburger.  Pfropfhvbriden. 
Pringsh.  Jahrb.  54.  Bd.  538.  1907.  (29)  P.  Graebner,  Heide,  Veget.  d.  Erde  5.  Bd.  1901. 
A.  Artopoeus,  Ericaceen,  Flora  1903.  (30)  0.  Dahlgren,  Embryologie  der  Loganiaceen- 
Gattung  Spigelia.  Svensk.  Bot.  Tidskrift  16.  77.  1922.  (30a)  R.  von  Wettstein,  Ber.  D.  Bot. 
Ges.  13.  Bd.  303.  Ders.,  Deszendenztheorie.  Unters.  I.  Denkschr.  k.  k.  Akad.  d.  Wiss.  Wien 
1900.  (31)  E.  Gilg,  Strophanthus,  Tropenpfl.  1902.  Ders.,  H.  Thoms,  H.  Schedel,  Ber.  D. 
Pharmaz.  Ges.  1904.  (32)  Vgl.  unter  (25b),  dazu  P.  Preuss,  Exp.  nach' Zentral-  u.  Südamerika, 
Berlin  1901.  Warburg,  Kunene-Sambesi-Exped.,  Berlin  1903.  (33)  M.  Treub,  Ann.' de 
Buitenzorg  3.  Bd.  1883.  13.  (34)  Hans  Winkler,  Unters,  über  Pfropfbastarde  1.  Bd.  1912. 
Ders.,  Über  experimentelle  Erzeugung  von  Pflanzen  mit  abweichenden  Chromosomen- 
zahlen, Ztschr.  f.  Bot.  8.  Bd.  417.  1916.  (35)  E.  Heinricher,  Lathraea,  Ber.  D.  Bot.  Ges. 
1893.  Ders.,  Grüne  Halbschmarotzer  1.— 4.  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  1897,  1898.  1901,  1902. 
1909,  1910.  R.  von  Wettstein,  Monogr.  Euphrasia  1896.  Sterneck,  Aleciorolophus  1901. 
(36)  K.  Goebel,  Morph,  u.  biol.  Studien  5.  Ann.  de  Buitenzorg  9.  Bd.  Ders.,  Flora  98.  Bd. 
1904.  E.  Merl,  Utricularien,  Flora  108.  Bd.  1915.  A.  Th.  Czaja,  Fancjvorrichtung  der  Utri- 
culariablase.  Ztschr.  f.  Botanik  XIV.  705.  1922.  (37)  M.  Treub,  Myrmecodia,  Ann,  de 
Buitenzorg  3.  1883.  129.  H.  Miehe,  Javanische  Studien,  Abh.  Kgl.  Sachs.  Ak.  d.  Wiss, 
32.  Bd.  Nr.  IV,  Leipzig  1911.  (37a)  F.  C.  von  Faber,  Das  erbliche  Zusammenleben  von  Bak- 
terien u.  trop.  Pflanzen,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  51.  Bd.  285.  Leipzig  1912.  Ders.,  Die  Bakterien- 
symbiose der  Rubiaceen,  ibidem  54.  Bd.  243.  1914.    (38)  F.  Noll,  Cucurbitaceen,  Landw. 


Literatur  von  Spermatophyta.  653 

Jahrb.  30.  Ergzbd.  P.  1901.  Ders.,  Parthenokarpie,  Sitzber.  Niedcrrh.  Ges.  Bonn.  1902. 
Vgl.  auch  (45).  G.  Bitter,  Bryonia,  Abh.  Nat.  Ver.  Bremen  1904.  C.  Correns,  Bestimmung 
u.  Vererbung  des  Geschleclits,  Berlin  1907.  J.  Kratzer,  Verwandtschaftliche  Beziehungen 
der  Cucurbitaceen,  Flora  110.  275.  1918.  (39)  L.  Jost,  Griffelhaare  der  Campanulaceen, 
Flora.  Festschrift  Stahl  111.  Bd.  1918.  (40)  K.  Miyake,  Wachstum  dos  Bliitcnschaftos  von 
Taraxacum.  Beih.  Bot.  Zentralbl.  16.  Bd.  3.  1904.  (40a)  0.  Rosenberg,  Unters,  über  d. 
Chromosomcnverh.  in  Crepis.    Svonsk.  Bot.  Tidskrift  14.  319.  1920. 

Monokotylae.  (41)  E.  Strasburger,  Verdickungswelsc  von  Palmen,  Jahrb.  f.  wiss. 
Bot.  34.  Bd.  1906.  Gr.  Kraus,  Ann.  de  Buitenzorg  24.  Bd.  1911.  J.  C.  Schoute,  Dickenwachst, 
der  Palmen,  Ann.  de  Buitenzorg  26.  Bd.,  Leiden  1912.  (42)  Peter  Stark,  Variabilität  des 
Laubblattquirls  bei  Paris  quadrifolia,  Ztschr.  f.  Bot.  1.  Bd.  1915.  Ders.,  Blütenvariationen 
der  Einbeere,  Ztschr.  f.  Abstammungs-  u.  Vererbungslehre  XIX.  1918.  (43)  K.  Goebel, 
Streptochaeta,  Flora  1895,  Ergzbd.  J.  Schuster,  Grasblüte,  Flora  100.  Bd.  1910.  F.  Koer- 
NiCKE,  Handb.  d.  Getreidebaues  1.  Bd.  Bonn  1885.  Alph  de  Candolle,  Kulturpflanzen, 
Leipzig  1884.  G.  Schneider,  Vegetationsvers,  mit  88  Hafersorten  (bei  2  Sorten  fehlt  die  Ligula), 
Landwirtsch.  Jahrb.  42.  Bd.  767ff.  1913.  Aug.  Schulz,  Geschichte  des  Weizens,  Ztschr. 
f.  Naturw.  1911.  Ders.,  Geschichte  des  Spelzweizens,  Abh.  Naturf.  Ges.  Halle  1917—18. 
(44)  E.  Hannig,  Pilzfreies  Lolium.  Bot.  Ztg.  1907.  (45)  G.  Tischler,  Parthenokarpe  Angiosp.- 
Früchte,  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  52.  Bd.  1912.  A.  d'Angremond,  Parthenokarpie  bei  Bananen, 
Ber,  D.  Bot.  Ges.  30.  Bd.  1913.  W.  Herrmann,  Blattbewegung  der  Marantacecn,  Flora 
109.  Bd.  1916,  Diss.  Jena.  J.  C.  Costerus,  Bau  der  Blumen  von  Canna  und  derjenigen  der 
Marantaceen,  Ann.  de  Buitenzorg  2.  sör.  15.  1916.  (46)  H.  Burgeff,  Zur  Biologie  der  Orchi- 
deen-Mykorrhiza,  Diss.  Jena  1909.  (47)  H.  Fitting,  Beeinflussung  der  Orchideenblüte  durch 
die  Bestäubung  usw.  Ztschr.  f.  Bot.  1.  Bd.  1909,  Ders.,  Eutwicklungsphysiolog.  Unters, 
an  Orchideenblüten,  Ztschr.  f.  Bot.  2.  Bd.  1910.  M.  Hirmer,  Organographie  der  Orchideen- 
blüte, Flora,  N.  F.   XIIL  213.  1919. 


Systematisches  Verzeichnis 


der 


offizinellen  und  wichtigsten  giftigen  Gewächse. 


O  bedeutet  offizinell  in  Deutschland,  Österreich  oder  Schweiz; 

+  bedeutet  giftig; 

0  bedeutet  offizinell  und  giftig; 

*  vor  den  Seitenzahlen  bedeutet  Abbildung. 


Thallophyta. 

O  Laminaria  digitata,    Cloustoni  361.  *362. 

*366.  368. 
O  Chondrus  crispus,    Garrageen   *372.    376. 
O  Gigartina  mamillosa,  Garrageen  *372.  376. 
O  Elaphomyces    granulatus,    Boletus    cer- 

vinus,  Hirschtrüffel  388. 
0  Claviceps    purpurea,     Seeale    cornutum, 

Mutterkorn  389.  *390. 
O  Fomes  fomentarius,  Feuerschwamm  407. 

409. 
O  Polyporus    officinalis,     Agaricus    albus, 

Lärchen  schwamm  407.  409. 
-|-  Boletus  Satanas,  Satanspilz  *406. 
-)-  Amanita  muscaria.  Fliegenschwamm  *408. 
-j-  —  phalloides,     Grüner     KnoUenblätter- 

schwamm  *408. 
-j-  —  verna.  Weißer  Knollenblätterschwamm 

408. 
-| mappa,  Gelber  Knollenblätterschwamm 

*408. 
-|-  Lactaria  torminosa,  Giftreizker  408. 
-|-  Russula  emetica,  Speiteufel  408. 
4-  Scleroderma  vulgare,  Hartbovist  409. 
O  Cetraria  islandica.  Isländisches  Moos  *412. 

415. 

Pteridophyta. 

O  Dryopteris  (Aspidium")  filix  mas,  Wurm- 
farn 432.  *439.  *441.  *442.  444. 

O  Adiantum  Gapillus  Veneris,  Frauenhaar 
*484.  444. 

O  Adiantum  pedatum  444. 

O  Cibotium  Baranetz,  Pennawar  Djambi444. 

+  Pteridium  aquilinum,  Adlerfarn  *57.  *86. 
*433.  *434.  442.  443. 

0  Equisetum,  Schachtelhalm  448.  *449.  *450. 
451. 

O  Lycopodium  clavatum,  Bärlapp  453.  *454. 
456. 


Gymnospermae. 

+  Taxus  baccata,  Eibe  *512.  513. 

O  Juniperus   communis,    Wachholder   *514. 

519. 

0  —  Sabina,  Sadebaum  *515.  519. 

O  —  Oxycedrus  519. 

O  Picea  excelsa,  Fichte  *517. 

O  Abies  pectinata,  Weißtanne  *516. 

O  Larix  europaea,  Lärche  *519. 

O  —  sibirica  519. 

O  Pinus  silvestris,  Kiefer  *518.  519. 

O  —  montana,  Zwergkiefer  519. 

O  —  Laricio,  Schwarzkiefer  519. 

O  —  Pinaster,  Seestrandskiefer  519. 

O  —  Taeda,  Weihrauchkiefer  519. 

Polycarpicae. 

+  Ranunculus  sceleratus,  Hahnenfuß  *530. 

+  —  arvensis  und  andere  Arten  *530. 

+  Caltha  palustris,  Butterblume  *532. 

+  Anemone  pulsatilla,  Küchenschelle  *531. 

+   —  nemorosa,  Windröschen  532. 

+   Glematis-Arten  532. 

+  Delphinium-Arten  532. 

+  Adonis  autumnalis  532. 

0  Helleborus-Arten,  Nießwurz  532. 

0  Aconitum  Napellus,  blauer  Eisenhut  532. 

533. 
4-   —  Lycoctonum  und  andere  Arten  532. 
O  Hydrastis  canadensis  532.  *534. 
O  Illicium  anisatum,  Sternanis  525. 
+  —  religiosum  525. 
O  Myristica  fragrans,  Muskatnuß  *526. 
0  Pcdophyllum  peltatum  526.  *527. 
O  Jatrorrhiza  palmata  526. 
O  Cinnamomum  Camphora,  Kampfer  526. 
O  —  zeylanicum,  Geylonzimt  526. 
O  Laurus  nobilis,  Lorbeer  526.  *528. 
O  Sassafras  officinale  526.  *5-7. 


Systematisches  Verzeichnis. 


655 


Hamamelidinae. 

O  Liquidambar  orientalis,  Styraxbaum  533. 
O  Hamamelis  virginiana  533. 

Rosiflorae. 

O  Ribes  rubrum,  Johannisbeere  534.  *535. 

O  Pirus  malus,  Apfel  535. 

O  Cydonia  vulgaris,  Quitte  536. 

0  Quillaja  Saponana  *536.  537. 

O  l'otentilla  Tormentilla  537. 

O  Spiraea  Ulmaria  537. 

O  Rubus  Idaeus,  Himbeere  537. 

O  —  fruticosus  537. 

O  Hagenia  abyssinica  *536.  537. 

O  Rosa  centifolia  537. 

0   Prunus  Laurocerasus,  Kirschlorbeer  537. 

O  —  Cerasus,  Kirsche  *537. 

O  —  Amygdalus,   Mandel  537. 

O  —  domestica,  Pflaume  537. 

Leguminösae. 

O  Acacia  Catechu  *539. 

O  —  Suma  539. 

O  —  Senegal  539. 

O  Cassia  angustifolia,    Sennesstrauch   *540. 

O  —  acutifolia  540. 

O  —  obovota  540. 

O  —  Fistula  540. 

O  Copaifera  Langsdorffii  und  andere  Arten 

540. 
O  Krameria  triandra  540.  *541. 
O  Tamarindus  indica,  Tamarinde  540.  *541. 
O  Haematoxylon   campechianum ,    Blauholz 

540. 
O  Myroxylon  balsamum  var.  Pereirae,  Peru- 

balsambaum  *542.  544. 
O  —  balsamum  var.  genuinum  544. 
+   Laburnum  vulgare,  Goldregen  544. 
+  Cytisus-Arten  544. 
O  Astragalus  gummifer  Tranganthsträucher 

*543  und  andere  Arten  544. 
O  Glycyrrhiza  glabra,  Süßholz  546. 
O  Melilotus  officinalis,  Steinklee  544. 
O  Trigonella  foenum  graecum,    Bockshorn- 

samen  544. 
O   Spartium  scoparium  544. 
O  Ononis  spinosa,  Hauhechel  544. 
+  Wistaria  sinensis,  Glycine  544. 
0  Physostigma    venenosum,     Kalabarbohne 

544. 
O  Arachis  hypogaea  544. 
O  Andira  Araroba  544. 
O  Pterocarpus  santalinus  544. 
O  —  Marsupium  544. 
+   Goronilla  varia,  bunte  Kronwicke  544. 


Myrtiflorae. 

0   Daphne  Mezereum,  Seidelbast  *544.  545. 
O  Jambosa  caryophyllus,  Nelkenbaum  *546. 

547. 
O  Eucalyptus  globulus  547. 
O  Melaleuca  Leucadendron  547. 
O  Punica  Granatum,  Granatbaum  *546.  547. 


Umbelliflorae. 

O  Carum    Carvi,  Kümmel  *548.  550. 
O  Pimpinella  Anisum,  Anis  *548.  550. 

8  =  mlg^r^l  •"^-"'"'  ''"■ 

O  Foeniculum   capillaceum,    Fenchel  *548. 

550. 
O  Levisticum  officinale,  Liebstöckel  550. 
O  Petroselinum  sativum,  Petersilie  550. 
+   Cicuta  virosa,  Wasserschierling  *549. 
+   Sium  latifolium.  Merk  549. 
-r    Berula  angustifolia,  Berle  549. 
+   Aethusa  Cynapium,  Hundspetersilie  *550. 
+   Oenanthe-Arten,  Pferdesaat  549. 
O  Archangelica  officin.,  Engelwurz  550. 
O  Imperatoria  Ostruthium,  Meisterwurz  550. 
0  Conium  maculatum,  Schierling  550.  *551. 
O  Coriandrum  sativ.,  Koriander  *549.  550. 
O  Dorema  Ammoniacum  550. 
O  Ferula  galbaniflua  550. 
O  —  Narthex  550. 
O  —  Asa  foetida  550. 

Centrospermae. 

O  Beta  vulgaris,  Zuckerrübe  554. 

O  Chenopodium  ambrosioides  555. 

+  Agrostemma  Githago,  Kornrade  *553. 

+  Saponaria  officinalis,  Seifenkraut  *553. 

O  Herniaria  glabra  554. 

O  —  hirsuta  554. 

+   Anhalonium-Arten  552. 

Primulinae. 

+  Cyclamen  europaeum,  Alpenveilchen  *554. 

555. 
+  Anagallis  arvensis,  Gauchheil  *554.  555. 
+  Primula  obconica  555. 
+   —  sinensis  555. 
+  Corthusa  Matthioli  555. 

Polygoninae. 

O  Rheum-Arten,  Rhabarber  *555.  556. 

Loranthiflorae. 

O  Santalum  album,  Santelholz  556. 
+   Viscum  album,  Mistel  *556. 

Juglandiflorae. 

O  Juglans  regia,  Walnuß  *557. 

Piperinae. 

O  Piper  Cubeba,  Cubebenpfeffer  »558. 
O  —  nigrum  *558. 

Querciflorae. 

O  Betula  verrucosa,  Birke  *559.  561. 

O  Quercus  pedunculata,  Stieleiche  *561.  562. 

O  —  sessiliflora,  Traubeneiche  562. 

O  —  infectoria  562. 

O  Fagus  silvatica,  Buche  *560,  562. 


656 


Systematisches  Verzeichnis. 


Saliciflorae. 

O  Salix  alba  usw.,  Weide  *562.  563. 

Urticinae. 

O  Morus  nigra,  Maulbeere  565. 

O  Ficus  elastica  565. 

O  Castilloa  elastica  565. 

O  Cannabis  sativa,  Hanf  565. 

O  —  sativa  var.  indica  565. 

O  Humulus  Lupulus.  Hopfen  *565. 

Rhoeadinae. 

0  Papaver  somniferum,  Mohn  567, 
O  —  Rhoeas  *566.  567. 
O  Brassica  nigra,  schwarzer  Senf  *568. 
O  Sinapis  alba,  weißer  Senf  569. 

Cistiflorae. 

O  Thea  chinensis,  Teestrauch  *570. 

0  Garcinia  Hanburyi,  Guttibaum  570. 

O  Shorea  Wiesneri,  Danimarbaum  570. 

O  Viola  tricolor,  Stiefmütterchen  569. 

Columniferae. 

Q  Malva  silvestris,  Malve  *571. 

O  —  neglecta  570. 

O  Althaea  officinalis,  Eibisch  *571. 

O  Gossypium  herbaceum,   Baumwolle  *570. 

und  andere  Arten  572. 

O  Tilia  ulmifolia,  Winterlinde  *572.  573. 

O  —  platyphyllos,  Sommerlinde  573. 

O  Theobroma  Gacao,  Kakaobaum  *573.  574. 

O  Cola  acuminata  574. 

O  Cola  vera  574. 

Tncoccae. 

+  Mercurialis  annua,  Bingelkraut  *574. 

O  Croton  Tiglium  576. 

O  —  Eluteria  576. 

0  Euphorbia  resinifera  *575.  576. 

O  Hevea- Arten,    Parakautschukbäume  577. 

0  Ricinus    communis,    Wunderbaum    *576. 

577. 
O  Mallotus  philippinensis  576. 
O  Manihot  Glaziovii,  Ceara  Kautschukbaum 
577. 

Gruinales. 

O  Linum  usitatissimum,  Lein  *577.   578. 

O  Erythroxylon  Coca,  Cocastrauch  *577. 578. 

O  Guajacum  officinale  Pockholz  578. 

O  Ruta  graveolens,  Raute  *578. 

0  Citrus  vulgaris,  Pomeranze  *578. 

Q  —  Limonum,  Zitrone  580. 

O  —  Bergamia,  Bergamotte  580. 

O  Pilocarpus  pennatifolius  581. 

O  —  Jaborandi  581. 

O  Picrasma   excelsa,   Jamalsches  Bitterholz 

581. 
O  Quassia  amara,  Surinam  Bitterholz  *579. 

581. 
O  Simaruba  amara  581, 


O  Commiphora  abyssinica  581. 

O  —  Schimperi  581. 

O  Boswellia  Carteri  581. 

O  —  Bhau  Dajianae  581. 

O  Canarium-Arten  581. 

O  Polygala  Senega,  Senegastaude  *579.  581. 

Sapindinae. 

O  Pistacia  Lentiscus,  Mastixstrauch  581. 
+  Rhus    toxicodendron   und   andere    Arten 

581. 
O  Paullinia  cupana  581. 

Frangulinae. 

O  Rhamnus  Frangula,  Faulbaum  581.  *582. 
O  —  cathartica,  Kreuzdorn  581.  *582. 
O  —  Purshiana  581. 
O  Vitis  vinifera,  Weinstock  *582. 

Ericinae. 

O  Arctostaphylos  uva  ursi,  Bärentraube  *583. 

O  Vaccinium  Myrtillus,  Heidelbeere  583. 

+  Rhododendron- Arten  583. 

-f  Azalea-Arten  588. 

+  Ledum  palustre,  Porst  583. 

Diospyrinae. 

O  Palaquium-Arten  *584. 
O  Payena-Arten  584. 
O  Styrax  Benzoin  584. 
O  Mimusops  584. 

Contortae. 

O  Fraxinus  Ornus,  Manna-Esche  *586. 

O  Olea  europaea,  Ölbaum  *585.  586. 

0  Strychnos   nux   vomica,    Brechnuß    *586. 
587. 

O  Gelsemium  nitidum  587. 

O  Gentiana  lutea,  gelber  Enzian  *586.  587. 

O  —  pannonica  587. 

O  —  punctata  587. 

O  —  purpurea  587. 

O  Erythraea    centaurium,    Tausendgülden- 
kraut 589. 

0  Menyanthes  trifoliata,  Bitterklee  589. 

+  Nerium  Oleander,  Oleander  *587.  589. 
{    0  Strophantus    Kombe    und    Str.    hispidus 
'  *588.  589. 

O  Kickxia  elastica   und  andere  Arten  589. 

O  Landolphia-Arten  589. 

O  Hancornia-Arten  589. 

O  Willoughbeia-Arten  589. 

O  Tabernaemontana    Donnell    Smithii    589. 

O  Aspidosperma  Quebracho  589. 

+  Vincetoxicum  officinale  *588.  589. 

O  Marsdenia  Condurango  589. 

Tubiflorae. 

O  Exogonium  Purga  *590. 

O  Convoivulus  Scammonia  590. 

O  Galeopsis  ochroleuca  *590.  592. 

O  Lavandula  vera,  Lavendel  *591.  592, 


Systematisches  Verzeichnis. 


657 


O  Salvia  officinalis,  Salbei  *591.  592. 
O  Mentha  piperita,  Pfefferminze  592. 
O  —  crispa,  Krauseminze  592. 
Q  Melissa  officinalis,  Melissa  592. 
O  Thymus  Serpylhim,  Quendel   592. 
O  —  vulgaris,  Thymian  592. 
O  Rosmarinus  officinalis,  Kosmarin  592. 
O  Origanum  vulgare,  Dost  592. 
O  —  Majorana,  Majoran  592. 


Personatae. 

Nicotiana  Tabacum,  Tabak  594.  *595. 
Lycopersicum  esculentum,  Tomate  593. 
Solanum  Dulcaniara,  Bittersüß  *592.  594. 

—  tuberosum,  Kartoffel  593. 
nigrum,  Nachtschatten  593. 
Hyoscyamus  niger,  Bilsenkraut  594.  *596. 
Datura  Stramonium,  Stechapfel  ^594. 
Scopolia  carniolica  594. 

Atropa    Belladonna,     Tollkirsche     *593. 

594. 
Capsicum  annuum,  Spanischer  Pfeffer  594. 
Digitalis  purpurea,   Fingerhut  595.  *597. 
Verbascum  phlomoides,  Wollkraut  595. 

—  thapsiforme  595.  *596. 


Rubünae. 

O  Uragoga  Ipecacuanha.    Brechwurzel  598. 

*601. 
O  Cinchona    succirubra,     Chinabadm    598. 
*599. 
—  Ledgeriana  598. 
O  Ououparia  Gambir  598. 
O  Sambucus  nigra,  Holunder  599. 
Q  Valeriana  officinalis,  Baldrian  599.  *601. 


Synandrae. 

O  Lobelia  inflata  *603. 

O  Citrullus  Colocynthis,   Bittergurke  *602. 

+  Bryonia  dioica,  Zaunrübe  601. 

O  Arnica  montana  606.  *608. 

O  Artemisia  Cina  *607. 

O  Artemisia  Absinthium,  Wermut  607. 

O  Matricaria    Chamomilla,    Kamille    *607. 

608. 
O  Cnicus  benedictus,  Kardobenediktenkraut 

*606.  608. 


O  Tussilago  Farfara,  Huflattich  *608. 

O  Achillea  millefolium,  Schafgarbe  608. 

O  Anthemis  nobilis,  röm.  Kamille  608. 

O  Lappa  vulgaris,  Klette  608. 

O  Anacyclus  Pyrethrum  608. 

O  Taraxaeum  officinale,   Löwenzahn   *605. 

608. 

+  Lactuca  virosa,  Giftlattich  605. 

Spadiciflorae. 

O  Areca  Catechu  614. 

+  Arum  maculatum,  Aronstab  *617. 

+   Calla  palustris  615. 

O  Acorus  Calamus,  Kalmus  *616. 

Ltlüflorae. 

0  Veratrum  album,  Nießwurz  620. 

0  Schoenocaulon  officinale  620. 

0  Colchicum  autumnale,  Herbstzeitlose  *619. 

620. 

O  Aloe-Arten  *621. 

O  Urginea  maritima,  Meerzwiebel  620.  *621. 

O  Smilax-Arten  621. 

+  Paris  quadrifolia,  Einbeere  620.  *622. 

0  Convallaria  majalis,  Maiglöckchen  621. 

O  Crocus  sativus,  Safran  *623. 

O  Iris  florentina,  Schwertlilie  623. 

O  —  germanica  *624. 

O  —  pallida  623. 

Glumiflorae. 

+  Lolium  temulentum,  Taumelloch  630.  *631. 
O  Saccharum  officinarum,   Zuckerrohr  630. 
O  Agropyrum  repens,  Quecke  630. 
O  Triticum  vulgare,  Weizen  *628.  630. 
O  Oryza  sativa.  Reis  *629.  630. 

Scitamineae. 

O  Zingiber  officinale,  Ingwer  *632. 

O  Elettaria  Cardamomum,  Kardamome  632. 

O  Curcuma  Zedoaria  Zittwer  633. 

ü  Alpinia  officinarum,  Galgant  633. 

O  Maranta  arundinacea,  Arrowroot  633. 

Gynandrae. 

O  Orchis -Arten,  Knabenkraut  *634.  *635. 
O   Vanilla  planifolia,  Vanille  *634.  635. 


ger,   Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl. 


42 


Register. 

vor  den  Seitenzahlen  bedeutet  Abbildung. 


Abies  *516.  519. 
Abietineae  513.  515. 
Abkürzung  der  Ruhe  267. 
Abschlußgewebe   42ff. 
Absorption  im  Boden  208. 
Abstoßung  292. 
Abstammungslehre  1.  176ff. 
Acacia    *102.     *146.     *538. 

*539. 
Acer,  Aceraceae  *93.   *580. 
Acetabularia  *359. 
Acetaldehyd  239. 
Achillea  606.  607. 
Achnanthes  347. 
Achlya  *379. 
Achse  73. 
Achselknospen,  -sprossel06ff. 

—  Anschluß  ihrer  Blattstel- 
lung 108. 

Acidum  agaricinum  409. 

Ackerwinde  589. 

Aconitum  532.  *533. 

Acontae  348. 

Acorus  *116.  276.  *616. 

Acrocarpi  432. 

Acrocomia,  Austrittsstelle  d. 

Keimlings  *506. 
Acrogynae  426. 
Acrostichum  440. 
Actaea  532. 
Actinomyces  395. 
Adern  95. 

Adiantum  268.  *434.  444. 
Adlerfarn  *57.  443. 
Adonis  316. 

Adossiertes  Vorblatt  108. 
Adoxa  304. 
Adventiv- Keime  171. 

■ Knospen  166. 

Sprosse  107.  265. 

—  -Wurzeln  199. 
Äcidiosporen  400. 
Äeidium  258.  400. 
Ährchen  (Gramincae)  *627. 
Ähre  477. 

Äpfelsäure  23.  240.  293. 
Äquationsteilung  *174. 
Äquatorialplatte  18. 
Äquifazial  96. 
äquimolekular  191. 
Aerenchym  42.  142ff. 


Aerobe,  Aerobionten  238. 

290.  293.  331. 
Aerotaxis  293. 
Aerotropismus  311. 
Aesculus  581. 
Ästivation  75. 
Aethalium   341. 
Äther  206.  267.  318. 
Ätherische  Öle  25.  58.  61.  232. 
Aethusa  *550. 

Ätzfiguren  der  Wurzeln  208. 
Äußere  Bedingungen  185. 

—  Faktoren  250. 

—  Ursachen  185. 
Agar-Agar  220.  376. 
Agaricaceae  407. 
Agaricinum  409. 
Agaricus  409. 

—  albus  409. 
Agathis  515. 
Agave  201.  242.  622. 
Aglaozonia  365. 
Agrimonia  537, 
Agropyrum  630. 
Agrostemma  *553. 
Agrostis  629. 
Ahnenmerkmale  284. 
Ahorn  *580. 

Aira  630. 

Aizoaceae  551. 

Ajuga  592. 

Akropetal  66.  73. 

Aktinomorph  61.  186.  *475. 

Aktives  Leben  186.  266. 

Albizzia  186. 

Albugo  380.  *381. 

Albumosen  231. 

Alchimilla    200.    277.    *473. 

537. 
Aldrovanda,  Tierfang  160. 
Alectorolophus  596. 
Aleurodiscus  405. 
Aleuron  *26.  230. 
Algen  (Algae)  221.  257.  276. 

309.  327. 

—  Bauvariationen  des  Thal- 
lus  63ff. 

—  Gewebedifferenzierung 
68ff. 

Algenpilze  376. 


Alisma,  Alismaceae  610. 
Alkalisalze  207. 
Alkaloide  12.  24.  58.  222.  232. 
Alkohol  206.  236.  238ff. 
Allium  *ll6ff.  303.  618. 
Allogamie  170.  483. 
Allseitsempfindlich  313. 
Alnus  226.  *478.  *559. 
Aloe  122.  *145.  *621. 
Alopecurus  629. 
Alpenpflanzen  251.  253.  285. 
Alpenrose  583. 
Alpenveilchen  *554. 
Alpinia  632. 

Alsophila  439.  *440.  *442. 
Alstroemeria  303.  622. 
Alter  272.  273. 
Alternieren  77. 
Althaea  *571. 
Aluminium  206. 
Amanita  407.  *408. 
Amarantus  *]19.  222.  267. 
Amaryllidaceae  622. 
Ameisensäure  220. 
Amicia  *3]7. 
Amide  12.  24.  231. 
Amine  221. 

Aminosäuren  221.  231. 
Amitose  20. 
Ammoniacum   550. 
Ammoniak  187.  231.  240. 

Assimilation  222ff. 

Bildung  187.  231. 

Düngung  209.  221. 

Oxydation  238. 

Ammonium  bicarb.  210. 
Ammoniumphosphat  318. 
Ammoniumsulfat  209.  221. 
Amöben  337.  340. 
Amöboid  289. 
Ampelopsis  582. 
Amphibisch  180.  257.  285. 
Amphigastrien  426. 
Amphithecium  421. 
Amygdaleae  261.  537. 
Amylodextrin  28. 
Amylose  28. 
Amylum  Tritici  630. 
—  Oryzae  630. 
Anabaena  336.  445. 
Anacardiaceae  581. 


Register. 


659 


Anaerobe,  Anaerobionten  238. 
257.  290.  293.  331. 

Auagallis  655. 

Anacrogynae  426. 

Analog  7. 

Analogien  im  Bau  der   Kor- 
muspflanzen 141. 

Ananassa  623. 

Anaphase  19. 

Anaptychia  *414. 

Anastatica  295.  569. 

Anastomosen  96.  202. 

Anatomie  7. 

Anatrope    Samenanlagen 
*464. 

Anchusa  590. 

Andira  544. 

Andreaea  420.   *429. 

Andröceum  470. 

Androdiözie  470. 

Andromeda  583. 

Andromonözie  470. 

Andropogon  629. 

Aneimia  *442. 

Anemone  *531.  532. 

Anemophile     Pflanzen     170. 
478. 

Anethum  549. 

Aneura  426, 

Angiopteris  437. 

Angiospermen  523. 

—  fossile  636. 

—  sexuelle  Generation  493 f. 

—  Befruchtung  171.  497. 
Anhalonium  552. 
Anhomogen  323. 

Anis  550. 

Anisophyllie   *101ff. 
Anlagen  259.  277 ff. 
Anlockende   Stoffe  292. 
Annuelle  Pflanzen  121.  154ff. 
Annularia  *451. 
Annulus  *296.  407.  440. 
Anomalien  des  Dickenwachs- 
tums 127ff. 

—  bei  Lianen  *156. 
Anonaceen  525. 
Anpassungen  3.  5.  141ff.  257. 

—  Entstehung  179ff. 
Anpassungsmerkmale  6. 
Anschluß  der  Achselknospen 

107  ff. 
Antennaria  605. 
Anthemis  606. 
Anthere  470. 
Antheridien   *169.  329.   417. 

433. 
Antheridium-Mutterzelle 

*486.  *493. 
Anthoceros  417.  420.  *422. 
Anthochlore  24. 
Anthophaein  24. 
Anthoxanthum  629. 
Anthozyane  24. 
Anthriscus  649. 
Anthurium  615. 


Anthyllis  643. 

Antidrome  Grundspirale  108. 
Anti-Enzyme  229. 
Antigene  524. 
Antiklinen  40.  75.  269. 
Antikörper  258. 
Antipoden  495. 
Antirrhinum  287.  595. 
Apfelbaum  261.  266.  275.  535. 
Apfelsine  276.  580. 
Apikaler  Vegetationspunkt 

73. 
Apikales   Wachstum  39.   64. 
Apikaiöffnungen  99.  200. 
Apium  649. 
Aplanogameten  328. 
Aplanosporen  328. 
Apocynaceae  689. 
Apogamie  172.  443.  *499. 
Apokarp  470. 
Apophyse  430. 
Aposporie  175.  443.  *500. 
Apothecium  386.  412. 
Appositionswachstum  30.248. 
Aprikose  261.  537. 
Aqua  Laurocerasi  637. 
Aquifoliaceae  581. 
Aquilegia  532. 
Araceen  200.  235.  241.  246. 

*616. 
Arachis  244.  304.  644. 
Araliaceae  547. 
Araroba  544. 
Araucaria  *489.  515. 
Archangelica  549.  650. 
Archegoniaten  327. 
Archegonium  *169.  418.  433. 

487. 
Archegoniumkammer  487. 
Archespor  420. 
Archidium  432. 
Archimycetes  377. 
Arctostaphylos   583. 
Arcyria  *340. 
Areca  614. 
Arenga  614. 
Argemone  666. 
Arginin  231. 
Arillus  602. 
Ariopsis  *2l8.   615. 
Aristolochia  *82.  *r23ff. 

*124.  528. 

—  Clematitis,   Bestäubungs- 
einrichtung 484. 

—  Stengelquerschnitt  *82. 
Armilla  407. 

Armillaria   241.    *396.    *404. 

408. 
Armleuchteralgen  369. 
Arnica  603.  604.  608. 
Arrhenatherum  629. 
Arrowroot   633. 
Arsenpilz  388. 
Artbildung   189.   288. 
Artemisia  *607. 
Arten,  elementare  286. 


Arten, Wesen  derselben  176ff. 

Artischocke  606. 

Artocarpus  664. 

Arum  616.  *617. 

Arve  619. 

Asa  foetida  560. 

Aschenbestandteile   187  ff. 

203ff.  220. 
Asclepias  688. 
Ascodesmis  386. 
Ascolichenes  412. 
Ascomycetes  384. 
Askogon  384. 
Askolichenen  412. 
Askomyceten  384. 
Askosporen  *22.  385. 
Askus  386. 

Asparagin  201.  222.  231.  311. 
Asparagus  620. 
Aspergillaceae  388. 
Aspergillus  220.  385.  *388. 
Asperula  598. 
Aspidistra  234. 
Aspidium  432.  439.  440.  441. 

442.  444. 
Aspidosperma  689. 
Asplenium  *434.  *435.  440. 

—  nidus  158. 
Assimilate  218ff.,  227 ff. 
Assimilation  212. 

—  des    Kohlenstoffs   212. 
*213ff.  219ff. 

—  der  Nährsalze  226. 

—  des  Stickstoffs  221ff. 
Assimilationsparenchym    41. 

98. 
Assimilationsstärke    15.    27. 

217. 
Assimilatoren  68. 
Aster  605. 
Asterfigur  18. 
Asterocalamites  *451. 
Astragalus   *543. 
Asymmetrisch  63.  *475. 
Atavismus  178.  284. 
Atemhöhle  44. 
Atemöffnungen  *70. 
Atemwurzeln  *143.  211.  301. 
Atmung  233ff.  *234.  236. 

—  Chemismus  236. 

—  intramolekulare  236. 
Atmungsenzyme  237. 
Atmungspigmente  237. 
Atmungsquotient  234. 

—  fettreicher  Samen  236. 

—  von  Sukkulenten  235. 
Atmungs versuch  *234. 
Atriplex  555. 

Atropa  *593. 

Atrope  Samenanlagen  *464. 

Atropin  694. 

Aubrietia  569. 

Auferstehungssterne  295. 

Aufnahme  von  Gasen  211. 

Nährsalzen  206. 

Wasser  189.  194. 

42* 


660 


Register. 


Auge  s.  Knospe. 
Augenfleck  17. 
Augen,  schlafende  109. 
Augentrost  (Euphrasia)  696. 
Auricularia,  403. 
Ausbildung,  innere  250. 
Ausdauernde    Pflanzen    121. 

151  ff. 
Ausläufer  165. 
Auslese  181. 

Auslösungen  184.  305.  322. 
Aussäung  171. 
Ausschleudern  295.  *296.  564. 
Außenwelt  185. 
Austern,  grüne  347. 
Austrocknung  186.  189. 
Autogam,  Autogamie  170.483. 
Autonome  Bewegungen  296. 
Autonomie  d.  Merkmale  282. 
Autotroph  220.  223. 
Autotrophe    Kormophyten, 

Bau  141ff. 
Autotropismus  301.  315. 
Auxanometer  *242. 
Auxiliarzellen  374. 
Auxosporen  345, 
Avena  *27.   251.    *254.   295. 

629. 
Avicennia  591. 
Axillarstipein  101. 
Azetylen  267. 
AzoUa  445.  446. 
Azotobacter  224.  332. 
Azygosporen  383. 

Bacca  504. 

Bacillus    *330,    *33l.    *332. 
*333. 

—  calfactor  241. 

—  coli  241. 

—  radicicola  *224. 
Bacillariaceae  343. 
Bacteria  329. 
Bacterium  330.  332. 

—  phosphoreum  241. 
Bärlapp  452. 
Bärlappgewächse   452. 
Bäume  121.  271. 
Bakterien  *63.  208.  213.  215. 

217.  2l9ff.  241.  288.  290. 
292.  329. 

—  autotrophe  219. 

—  stickstoffbindende  224. 
Bakterienknöllchen  *224. 543. 
Bakteriochlorin  332. 
Bakteriopurpurin  332. 
Bakteriosen  332. 
Bakteroiden   *224. 

Balata  584. 
Baldrian  599.   *601. 
Balgfrucht  504. 
Balsamum  Copaivae  540. 

—  peruvianum  544. 

—  tolutanum  544. 
Bambus  242.  243.  244.  630. 

—  -blute   627. 


Banane  97.  243.  275.  *63l. 
Banyan  564. 
Barringtonia  506. 
Bartschia  163.  596. 
Bartflechte  413. 
Basen,  organische  222. 
Basidien  396. 
Basidiobolus  383. 
Basidiolichenes  415. 
Basidiomyceten  396. 
Basidiosporen  396. 

—  Entstehung  22. 
Basis  61. 

Bast  68.  125.  136ff. 
Bastarde  *278ff.  *279.  *280. 

*281. 
Bastardendosperm  278. 
Bastfasern  51.  136. 
Bastparenchym  136. 
Baststränge  136. 
Bastteil  58. 
Batrachium  *102.  531. 
Batracbo'^permum  371.  *373. 

374.  376. 
Bauchpilze  409. 
Baumfarne  439.  442. 
Baumwolle  46.  *47.  204.  *572. 
Bazillus  330. 
Becherflechte  413. 
Becherrost  402. 
Beere  604. 
Befruchtung    165.    168  ff. 

171ff.    267.     275.     *49l. 

*497. 
Beggiatoa  *334. 
Begonia  62.  *246.  *247.  248. 

267.  308. 
Beiknospen,  Beisprosse  106. 
Bennettitaceae  521. 
Bennettites  522. 
Benthos  64. 
Benzoe  584. 
Berberis  321.  526. 
Bereicherungssprosse  109. 
Bergmehl  348. 
Berle,  Berula  549. 
Berührungsreize  256.   312 
Bestäubung  170.  477. 
Beta  654. 
ßetriebskraft  237. 
Betriebsstoffe  227. 
Betula  *559. 
Betulin  140. 
Bewegung  der  Gase  2l2. 

—  lokomotorische  289. 

—  des  Protoplasmas  10. 

—  des  Wassers  l95. 
Bewegiineserscheinungen 

183.  288. 
Biberneil  549. 
Bicornes  683. 
Bidens  606. 
Biddulphia  *34fi. 
Biegungsfeste     Konstruktion 

*80. 
Biegungsfestigkeit  52.  80  ff. 


Bienensprache   480. 

ßienne  121.  151. 

Bier   238. 

Bierhefe  *22.  238.  394. 

Bifazial    96. 

Bignonia,  Stammquerschnitt 

*156. 
Bikarbonate  217. 
Bikollaterale  I.eitbündel  87. 
Bilateral  62.  254.  268. 
Bildungsgewebe   39ff. 
Bilsenkraut  *596. 
Binse   618. 
Biogenetisches  Grundgesetz 

178. 
Biologie   1. 

Birke  198.  201.  *659. 
Birkenharz  140. 
Birkenteer   561. 
Birkenwein  201. 
Birnbaum  261.  266.  275.  535. 
Bitterklee  587. 
Bitterstoffe   24. 
Bittersüß   592. 
Blätterschwämme    407. 
Blasenausscheidung   *2l3. 
Blasentang  363. 
Blasia   *69.  425.   *426. 
Blatt   92 ff. 

—  Assimilationsorgan   215. 

—  Lebensdauer    I04ff. 

—  Lichtstellung  310. 

—  Transpirationsnrgan    198. 

—  Wachstum   244. 
Blattachsel  105. 
Blattaderung  *95ff.  524.*6l0. 

*610. 
Blattanlage  *73ff.  *92. 
Blattausgestaltung   93 ff. 
Blattdornen  148. 
Blattentwicklung  92 ff.  94. 
Blattfall  104.  150. 
Blattfolge  93. 
Blattgelenke  *100.  *298. 
Blattgrund  94.  lOOff. 
Blatthälftenmethode  219. 
Blattkissen  94.  *100. 
Blattläuse  258. 
Blattmosaik    100. 
Blattnarbe   104. 
Blattnervatur  95ff .  434.  *610. 
Blattpolster  94.   *100.   *298. 

310.  317.  319. 
Blattprimordien   92. 
Blattquirle  76. 
Blattrand  94. 
Blactranken    *155. 
Blattrippen  95ff. 
Blattscheide  94.  *102. 
Blattspitze  92. 
Blattspreite  94ff. 

—  Funktionen  99  ff. 
Blattspuren  83.  *84ff. 
Blattstellung  *76ff. 
Blattstiel  94.  100. 

—  -Ranker  *289 


Register. 


661' 


Blattstruktur  96«. 
Blattsukkulenten  149. 
Blauerüne  Algen  335. 
Blauholz  136. 
Blausäure  537. 
Blechnum  440. 
Blendlinge   278. 
Blepharoplast  447.  451.  486. 
Blühreife    274. 
Blüte  167.   *168. 

—  Pteridophyten    449.    453. 

—  Angiospermen  469. 

—  Gymnospermen  468. 
Blütenachse  469. 
Blütenbecher  473. 
Blütenbestäubung  477. 
Blütenbildung  273. 
Blütenblätter    *168. 
Blütenboden  473. 
Blütendiagramme  *168.  *474. 
Blütendüfte  480. 
Blütenfarbstoffe   24. 
Blütenformel   474. 
Blütenhülle  469. 
Blütennektarien  60.  473. 
Blüten-Ökologie   477. 
Blütensproß  167.  *168.  262. 
Blütenstand  110. 
Blütensymmetrie    *476. 
Bluten  201. 

Blutfarbige   Laubblätter   24. 
Blutsverwandtschaft   2. 
Blutungsdruck  *201.  202. 
Blutungssaft   201. 
Bocconia  566. 
Bockshornklee,    Bockshorn- 
samen 543. 
Boden,    Aufschließung     208. 

—  und     Pflanzenverteilung 
210. 

Bodenabsorption  208. 
Bodenbakterien  208. 224.  238. 

340. 
Boden-Impfung    226. 
Bodenwurzel    il2ff. 
Boehmeria  566. 
Bohne  *286.  *298.  544. 
Boletus  384.  *400. 

—  cervinus  388. 
Borke  50.  *139ff. 
Borrago,  Borretsch  272,  275. 

590. 
Borstenhaare  46. 
Boswellia  581. 
Botanik,  allgemeine  4. 

—  angewandte  4. 

—  reine  4. 

—  spezielle  4. 

—  theoretische    4. 
Botrychium  *438. 
Botrydium  *352. 
Botrys  =  Traube. 
Botrytis  248  ff. 
Boudiera  385.  *392. 
Boussingaultia  271. 
Bovista   409. 


Bowenia  509. 
Bowiea  618. 
Brachsenkraut  458. 
Bratling   407. 
Brakteen  103. 
Brandpilze  397. 
Brandsporen  397. 
Branntwein    238. 
Brassica  187.  *568.  569. 
Braunalgen  67  ff.  361. 
Braunkohle  215. 
Brennessel   566. 
Brennhaare  *46ff. 
Brenztraubensäure  239. 
Brettwurzeln  120. 
Briza  630. 

Brombeere   285.   537. 
Bromeliaceen  623. 

—  als  Epiphyten  158. 
Bromus  630. 
Bronveauxhybriden  262. 
Brotbaum   564. 
Brotschimmel   388. 
Bruguiera  545. 
Brunnenfaden  334. 
Brutbecher  424. 
Brutknospen  165.   273.   424. 
Brutkörper  165ff.  424. 
Brutzwiebeln  165. 

Bryales  420.  429. 
Bryonia  284.  33  2.  601. 
Bryophyllum  248.  267.  534. 

—  Adventivknospen    auf 
Blättern  166. 

Bryophyten  70 ff.  415. 

Bryopsis  357.  360. 

Buche    *97.  *150.  198.   266. 

*660. 
Buchweizen  *205.  556. 
Bündelscheide  89. 
Bulbillcn  *166. 
Bulbochaete  357.  *358. 
Bulbus  Scillae  621. 
Burseraceae  581. 
Butomus   610. 
Butterblume  532. 
Butterpilz  406. 
Buttersäurebakterien  239. 

331. 

C  vgl.  auch  K  rcsp.  Z. 
Cabomba  529. 
Cactaceae  *149.  316.  552. 
Caeoma  403. 
Caesalpiniaceae  539. 
Cakile  569. 
Calabarbohne  544. 
Caladium   615. 
Calamagrostis  630. 
Calamariaccen  451. 
Calamites  451. 
Calamostachys  *452. 
Calamus  614. 
Calendula  607. 
Calla  615. 
Callithamnion  371.   *373. 


Callitris  519. 
Calluna  583. 
Calobryum  427. 
Caltha  532. 
Calycanthaceae  525. 
Calyptra  419. 
Calyptrosphaera   *338. 
Calystegia  589. 
Campanula    230.    253.    270. 

*603. 
Campecheholz  136. 
Camphora  526.  570. 
Campylotrope     Samenanlage 

*464. 
Canarium  581. 
Canna,  Cannaceae  *633. 
Cannabis  565. 
Cantharellus  407. 
Capillitium  340.  409. 
Capparis  568. 
Caprifoliaceae  599. 
Capsella  567. 

—  Keim  497. 
Capsicum  594. 
Capsula  504. 
Cardamine  567. 

—  Adventivknospen  166. 
Cardamome  632. 
Carduus  604. 

Carex  626. 

Carnivore     Pflanzen    s.     In- 

sektivoren. 
Carpinus  559. 

—  Keimpflanze    *115. 
Carpodinus  589. 
Carrageen  376. 
Carum  *548. 
Caruncula  575. 
Caryophyllaceae     278.     317. 

552. 

Caryophylli  547. 

Cascara  sagrada  581. 

Cassave  576. 

CASPARYScher   Punkt  (Strei- 
fen) *49.  116. 

Cassia  540. 

Cassytha  626. 

Castanea  566. 

Castilloa  565. 

Casuarina  226. 

Catechu  539.  598. 

Caulerpa  359.  *360. 

Caules  Dulcamarae  594. 

Cauliflor  573. 

Cecidien  258. 

Cecidomyia  rosaria  258. 

Cedrate  580. 

Cedrus  517. 

Celtis  564. 

Centaurea  *321.  605. 

Centranthus  599. 

Centricae  345. 

Centrospermae  551. 

Cephalanthera  634. 

Ccphalotaceen  528. 

Cephalotus,  Tiorfang  16U. 


662 


Register. 


Cephaelis  s.  Uragoga  *601. 
Ceramiaceae  373. 
Cerastium  553. 
Ceratiomyxa  340.  341. 
Ceratium  *343. 
Ceratocorys  *343. 
Ceratonia  540. 
Ceratozamia  *511. 
Cerbera  *506. 
Cercis  *539.  540. 
Cereus  *149.  *552. 
Ceiiops  545. 
Ceropegia,  Milchröhre  *58. 

589. 
Cetraria  *411.  *412.  413.  415. 
Ceylonzimt  626. 
Chaerophyllum  550. 
Chaetocladiura  383. 
Chalaza   464. 
Chalazogamie  *496. 
Champignon  407. 
Chara  277.  *369.  *370.  371. 
Characeen   238,   290,   369. 
Charophyten  369. 
Chasmogam  485. 
Cheiranthus   *567. 
Cheirostrobus  452. 
Cholidonium  *287.  566. 
Chemische    Reize    267.    311. 

318. 
Chemonastie  318. 
Chemosynthese  219. 
Chemotaxis  292. 
Chemotropismus  311. 
Chenopodiaceae,       Chenopo- 

dium  222.  317.  554. 
Chilisalpeter   209. 
Chimaere  262ff.  *263.   *264. 
Chinarindenbaum  598.  *599. 

*600. 
Chininum  598. 
Chiropterophil  482. 
Chitin  31  ff. 
Chlamydomonas    291.    *353. 

354. 
Chlamydosporen  396. 
Chlamydothrix  334. 
Chlor  187.   206. 
Chloralhydrat   206. 
Chloramoeba   *351. 
Chlorella    *355. 
Chlorococcum   *355. 
Chlorophyceae  352. 
Chlorophyll  14ff.  *214.  215. 

227.    252. 
Chlorophyllkörner,    -körper 

*14.  *20.  214.  291.  *292. 
—  mit     Assimilationsstärke, 

in  Teilung  *20. 
Chloroplasten  *14.  216. 
Chlorose  205.  227. 
Chlorosphaera   *355. 
Chlorotisch   215. 
Choanephora  383. 
Choiromyces  393. 
Choleravibrio  *333. 


Cholesterin    207. 
Cholin  222.  ' 
Chondrioderma    *10.    340. 

*341. 
Chondriosomen  13. 
Chondromyces  *336. 
Chondrus  371.  *372.  376. 
Chorda    *364. 
Choripetalae   525. 
Chromatin  14.  17. 
Chromatophoren  9.  14. 

—  Einschlüsse    27ff. 

—  Teilung  *20. 
Chromoplasten   *16. 
Chromosomen   17.   *18.   276. 

277.  285.  288. 

—  Paare   *19. 
Chromosome  als  Vererbungs- 
träger 19.  285. 

—  Reduktion  172ff. 

—  Verdoppelung  172. 
--  Zahl   19.   172ff. 
Chroococcus  335. 
Chroolepus  356. 
Chrysamoeba  *337. 
Chrysarobinum   544. 
Chrysidella  338. 
Chrysomonadinen  337. 
Chrysophyta  338. 
Chrysophlyctis  378. 
Chrysosplenium  482. 
Chytridiaceae  377. 
Cibotium  444. 
Cichorie,   Cichorium  *605. 
Cicuta  *549. 
Cimicifuga  *529. 
Cinchona  *599.   *600. 
Cincinnus  =  Wickel. 
Cineraria  606. 
Cinnamomum  526. 
Circaea  545. 

Cirsium  278.   605. 

Cissus  313. 

Cistus,   Cistiflorae  569. 

Citronat  580. 

Citrullus  602. 

Citrus  *578.  580. 

Cladonia  *413.  415. 

Cladophora    *13.    *14.    *21. 

*66.  247.  *359. 
Cladostephus   *69.   361. 
Cladothrix  *330.  334. 
Ciavaria  405.  *406. 
Claviceps  *34.  389.  *390. 
Clematis  *35.  *85.   632. 
Closterium   *349. 
Clostridium  224.  *332. 
Cnicus  *607, 
Cobaea  187.  313. 
Cocain  678. 

Coccolithophorideen  338. 
Cocconeis  *347. 
Cochenillekultur  552. 
Cochlearia  186.  569. 
Cocos  *613.   *614. 
Coenobien  354. 


Coenogameten  377.  385. 
Coffea  698.  *600. 
Cola  574. 

Colchicum  316.  618.  *619. 
Colcochaete   *358. 
CoUetia  581. 
Collema  411.   *414. 
Colocasia  200.  615. 
Columella  382.  420.  428. 
Columniferae  570. 
Commelinaceae  624. 
Commiphora  581. 
Compositae   230.   277.    *316. 

*321.    604. 
Conferva  351.  *352. 
Coniferae  278.  511. 
Conium  *551. 
Conjugatae  348. 
Contortae  585. 
Convallaria  *93.  620. 
Convolvulus  278.  589. 
Copaifera  540. 
Copra  613. 
Coprinus  404.  405. 
Cora  412.   *415. 
Corallinaceen  372. 
Corallorrhiza  *163.  226.  634. 
Corchorus  572. 
Cordaites   *521. 
Cordyline  *123.  620. 
Corethron  *345. 
Coriandrum  *548.  550. 
Cornaceae,   Cornus   *547. 
Cornelkirsche  547. 
Coronilla  644. 
Corsinia  *420. 
Cortex  Cascarillae  576. 

—  Chinae  698. 

—  Cinnamomi  zeylanici  526. 

—  Condurango  589. 

—  Frangulae  581. 

—  Fruct.  Aurant.  580. 

—  Fruct.   Citri  580. 

—  Granati   647. 

—  Mezerei  545. 

—  Quebracho  689. 

—  Quercus  662. 

—  Quillajae  537. 

—  Rhamni   Purshianae  681. 

—  Salicis  563. 

—  Sassafras  526. 

—  Simarubae  681. 

—  Viburni  699. 
Corthusa  555. 
Corydalis  314.   *567. 
Corylus  560. 
Coscinodiscus  *346. 
Cosmarium  *349. 
Crambe    *567. 
Crassula  235.  534. 
Crataegomespilus   262. 
Crataegus  *95.  262.  536. 
Craterellus  405. 
Crenothrix  334. 

Crepis  606. 
Cribraria  *340.  342. 


Register. 


663 


Crocus  152ff.  316.  623. 
Crossotheca  463. 
Croton  574. 
Cruciferae  567. 
Cryptomonas  *338. 
Cryptospora  *389. 
Cubebae   *558. 
Cucumis  601. 

Cucurbita  *30.  *53.  *54.  *55. 
313. 

—  Ranken  601. 
Cucurbitaceae   600. 
Cupliea,     Verschiebung     der 

Achselknospc  *106. 
Cupressus  513. 
Cupula  *561. 
Cupuliferae  561. 
Curare  587. 
Curcuma  632. 

Cuscuta*  162.  256.  315.  589. 
Cutleria  *364.  365. 
Cyanoplivceen  185.  221.  33^1. 
Cyathea  439.  442. 
Cyathium  575. 
Cycadaceae,  Cycas  297.  *509. 

*510. 
Cycadeen,  Entwicklung  485. 
Cycadeoidea  522. 
Cycadinae  509. 
Cycadofilices  463. 
Cycadophyta  522. 
Cyclamen  554. 
Cydonia  535. 
Cylindrocystis   *348. 
Cymöse   Verzweigung   llOff. 

—  Blütenstände  *112.  488. 
Cynara  605. 

Cynips  258. 

Cyperaceae,   Cyperus  625. 
Cypresse  5i4. 
Cypripedium  634. 
Cystococcus  *411. 
Cystodinium  *342.  343. 
Cystopus  380. 
Cytisus  262.  *263.  544. 

Dactylis  630. 

Dahlia  *153.  606. 

Dammar  570. 

Daphne  544. 

Darlingtonia,    Tierfang    160. 

Darwin,  Ch.  1. 

Darwinismus  1.  181. 

Dattelpalme  614. 

Datura  594. 

Daucus  *16.  549. 

Dauer  des  Wachstums  245. 

Dauergewebe  39.  40ff.  250. 

—  primäre,  sekundäre  40. 
Dauerzellen  9. 
Dauerzustände  186. 
Dawsonia  421. 
Dockblatt  106.   *107. 
Deckelkapsel  *603. 
Dockschuppen  in   Winter- 
knospen 151. 


Deckspelzen  626. 
Deformation  257. 
Degeneration  276. 
Dehnbarkeit  der   Sklercn- 

chymfasern  52. 
Dehydrierung  237. 
Dekussierte  Blattstellung*77. 
Delesseria  *67.  371.  376. 
Delphinium  532. 
Dendrobium  505.  634. 
Denitrifikation  240.  332. 
Denken  323. 

Dentaria,  Brutzwiebeln  *166. 
Dermatogen  42.  74.  114. 
Desamidasen  231. 
Desmidiaceen  290.  348. 
Desmodium  298. 
Deszendenztheorie    1.    176ff. 

288. 
Determination  269. 
Deutzia  534. 
Dewargefäße  241. 
Dextrin,  technisches  28. 
Dextrose  32.  230. 
Diageotropismus  302. 
Diagonal  108. 
Diagramm  *76ff.  *107.  *168. 

474. 
Diakinese  173. 
Dianthus  278.  553. 
Diarch  117. 
Diastase  28.  229. 
Diasterfigur  18. 
Diatomeen  *63. 186.  206.  290. 

343. 
Dicentra  567. 
Dichasium  *111.  *1]2. 
Dichogamie  483. 
Dichotome   Verzweigung   65. 

—  bei   Sproß  *105. 
— ■  bei  Wurzeln  119. 
Dichotomie  *65. 

—  falsche  109. 
Dichotomosiphon  360. 
Dickenwachstum  120 ff.  248. 

—  Anomalien  *127.  *156. 

—  der  Dikotylen  123ff. 

—  der  Farnstämme  122  ff. 

—  der    Monokotylen    l22ff. 
*123.   *125. 

—  primäres,  sekundäres 
121  ff. 

—  des  Stammes  123ff. 

—  der  Wurzel  123. 127.  *156. 
Dickenzunahme,  primäre,  des 

Urmeristems  121. 
Dicksonia  439. 
Dicotylae  624. 
Dietamnus  578. 
Dictyonema  415. 
Dictyophora  243. 
Dictyota  *65.  *69.  361.  365. 

*366. 
Diervilla  599. 
Differenzierung  269, 
Diffuse  Reize  315.  323. 


Diffusion  190.  208.  211.  232. 
293. 

Digene  Fortpflanzung  165. 
276. 

Digestionsdrüsen    *60.    *159. 

Digitalis  274.  *597. 

Dihybriden   283. 

Diklin  468. 

Dilatation  137. 

Dill  549. 

Dimorpha  *339. 

Dimorphe    Heterostylie   484. 

Dimorphothcca  607. 

Dinobryon  *337. 

Dinoflagellatae  342. 

Diözisch  468. 

Dionaea  *160.  318.  326. 

Dioon  *487.  509. 

Dioscoreaceae  276. 

Diospyrinae  584. 

Diphtheriebazillus  333. 

Diploide  Phase  172.  283.  329. 

Diplokaulisch  109. 

Diplococcus  338. 

Diplostemon   473. 

Dipsacaceae,  Dipsacus  600. 
*601. 

Diptam  578. 

Dipterocarpaceae   570. 

Disaccharide  23. 

Dischidia  Rafflesiana  *157. 
589. 

Discomycetes  390. 

Diskus  578. 

Dislokator  485. 

Dispirem  19. 

Dissimilation  233. 

Distel  605. 

Distephanus  *338. 

Distomatinen  339. 

Divergenzwinkel    77. 

Doassansia  398. 

Dolde  476. 

Dominieren  280.  28i. 

Doppelchromosomen  19.  173. 

Dorema  550. 

Dornen,  Dornsproß  *148. 

Doronicum  606. 

Dorsal  472. 

Dorsiventral  62.  254.  268. 
302.  476. 

Dorsiventralität,  ihre  Ausbil- 
dung 66. 

Dorstenia  564. 

Dotterblume  532. 

Draba  285.  569. 

Dracaena  *25.  *123.  621. 

Drachenbäume  621. 

Dreiachsig  109. 

Drepanium  =  Sichel. 

Drimys,  Holzbau  129.  525. 

Drosera,  Tierfang  158ff .  *159. 
628. 

—  Chemonastie  319. 

Druck,  negativer  203;  osmo- 
tischer I90ff. 


664 


Register. 


Druckfestigung  62.  *117. 
Drüsen  *60ff.  *61. 
Drüsenepithel  60. 
Drüsenflächen  60. 
Drüsengewebe  60. 
Drüsenhaare  48.   *60. 
Drüsenschuppen  *48.  *60. 
Drüsenzellen  60. 
Drüsenzotten  *48. 
Drupa  604. 
Drusen  25. 
Dryas  537. 
Dryobalanops  670. 
Dryopteris  432.   *439.   *441. 

*442.  444. 
Dudresnaya  374.  *375. 
Dün£;une  209.   217. 
Dunkelheit  *252.  *254.  267. 

*292.  *316.  *317. 
Duiikelkeimer  267. 
Dunkelstarre  297.  320. 
Durchlässigkeit  191.  207. 
Durchlaßstreifen  89. 
Durchlaßzellen  49. 116.  *118. 
Durchlüftung  212. 
Durchlüftungsgewebe  42. 
Durrha  629. 


Ebenaceae  684. 
Ebenenform  286. 
Ebenholz  135. 
Ecballium  602. 
Eccremocarpus  313. 
Echinocactus  552, 
Echii;odermcn  277. 
Echinodorus  611. 
Echinops  605. 
Echium  690. 
Ectocarpus   292.   361.    *364. 

365. 
Edelreis  260.  *261. 
Edeltanne  *516. 
Edelweiß  605. 
Efeu  102.  254.  274.  647. 
Egerling  407. 
Ei  169.  266.  292.  337. 
Eiapparat  494. 
Eibe  *512.  *513. 
Eibefruchtung  169. 
Eiche   *139.  ^261.   266.   272. 

*561. 
Eichenmehltau  387. 
Eierschwamm  407. 
Eikern  171. 

Einachsig  108.  488.  491.  • 
Einbeere  *622. 
Eingeschlechtige  Blüten  468. 
Eingraben  der   Früchte  und 

Samen  507. 
Einhäusig  468. 
Einheiten,    systematische 

176ff. 
Einjährige  Pflanzen  121.' 154. 

271. 
Einkorn  628. 


i  Einschlüsse  der  Chromato- 
phoren  27ff.;  des  Proto- 
plasmas 23. 

Eingipsen  260. 

Einseitig  empfindlich  313. 

Einseitiger  Reiz  323. 

Einwirkungen,  äußere  185. 
258.  299. 

Eisbildung   185. 

Eisen  187.  205ff.  227. 

Eisenbakterien  219.  236.  334. 

Eisenhut  *533. 

Eisenmangel  205. 

Eiterkokken  *333. 

Eiweiß,  Abbau  220.  221.  230. 
240. 

—  Synthese  221. 

—  Vergärung  240. 
Eiweißkörper  11.  26. 
Eiweißkristalle  16.  *26.  230. 
Eiweißstoffe  11.  26.  201.  220. 

227.  293    311. 
Eizelle*  *169.  254.  266.   267. 
277.  292.  329.  495. 

—  diploide  172. 
Ektotroph  226. 
Elaeagnaceae  226.   645. 
Elaeis  614. 
Elaphomyces  388. 
Elateren  420.  425.  449. 
Elektion  d.   Nährstoffe   220. 
Elektrischer  Schlag  320. 
Elementarart  285. 
Elemente  188. 

Elemi  681. 

Eiettaria,   Samen  *502.  632. 

Elfenbeinpalme  *37.  230.  614. 

Elyna   *626. 

Embryo  170.  171.  276.  492. 

*497 
Embryonal  9.  245.  250. 

—  Schläuche  492. 
Embryonale  Zelle  9. 
Embryosack  *22.  *487.  *490. 

*493.  *495. 

—  Entwicklungsabweichun- 
gen 496.  499. 

Embryosackkern,  primärer 
494. 

—  sekundärer  *495. 
Embryoträger  433.   *488. 

*492.  *497. 
Emergenzen   *48.   *159. 
Empfindlichkeit   293. 
Empfindung  323. 
Empusa  *383. 
Emulsoid  12. 
Enantioblastae   623. 
Encephalartos  609. 
Endarch  90. 
Endemismen,        progressive, 

Relikt-  178  ff. 
Endivie  605. 
Endocarpon  412. 
Endodermis  *49. 

—  des  Stengels  81. 


Endospermie  der  Wurzel  116. 

Endogene    Entstehung    von 
Adventivknospen  107. 

Endogene   Wurzelentstehung 
119. 

Endokarp  603. 

Endophyllum    *403. 

Endosperm   228.   230.   488. 
*502. 

Endospermkern  496. 

Endospor  435. 

Endosporen  166.  331. 

Eudothecium  421.  470. 

Endotroph  226. 

Endprodukte  des  Stoffwech- 
sels 23. 

Energie  233.  237. 

Engelsüß  439. 

Engelswurz  649. 

Engholz  131. 

Enteromorpha  *356. 

Entfaltung  297. 

Entomophilie   480. 

Entomophthoraceae  383. 

Entwicklung  183.  242.  277. 

Entwicklungsbeginn  266. 

—  -gang  265ff. 

Physiologie   7.   183.  242. 

Enzian  s.  Gentiana. 
Enzyme  12.  28.  32.  216.  220. 

229ff.   237. 
Ephebe  411. 
Ephedra  519.  *620. 
Ephemerum  432. 
Epidermis  *42ff.  115.  *246. 

*313. 

—  des  Blattes  97. 

—  des  Stengels  79. 

—  mehrschichtige  97. 

—  mehrschichtige  als  Wasser- 

speicher 149. 

—  bei  Xerophyten  144ff. 
Epigäische  Keimung  103.  608. 
Epigyn  *473. 

Epikotyl  *115. 
Epilobium  280.  545. 
Epinastie  297. 
Epipactis  *20.  634. 
Epiphvllum  652. 
Epiphyten  167ff.  195. 
Epipogon  163.  226.  634. 
Epithel  60. 
Epitheme  98ff. 
Equisetinae   448. 
Equisetum  *74.  254.  295.  448. 

*449.  *450.  *451. 
Eranthis  632. 
Erbse  *155.  204.  257.  544. 
Erdbeere  166.  276.  278.  637. 
Erdbrot  415. 
Erdnuß  544. 
Erdsproß  73.  I51ff. 
Erdstern  409.  410. 
Erd  Wurzel  112ff. 
Erepsin  231. 
Erfrieren   186. 


Register. 


665 


Erhaltungsfähigkeit  181. 

Ericaceae,   Erica  683. 

Erigeron  605. 

Eriobotrya  536. 

Eriophorum  *625. 

Erle  *478.  *659. 

Erneuerungsknospen  151. 

Erneuerungssproß  109. 

Ernolith  394. 

Erodium  *295.  577. 

Erophila  569. 

Ersatzbildung   246. 

Ersatzfasern  129.  *128. 

Erschütterung  319. 

Erstarkung  121.  271. 

Erstlinge  90. 

Ervsibe  (Ervsiphe)  *22.  386, 
387. 

Erysipelkokken  333. 

Erythraea  587. 

Erythroxylum  *577. 

Esche  *586. 

Escholtzia  566. 

Essigbakterien  240.  331. 

Etagenkork  138. 

Etiolement  215.  *252.  259. 

Eucalyptus  202.  546. 

Eucheuma  376. 

Eudorina  354. 

Euglena,   Eugleninae  338. 
*339. 

Euraycetes  383. 

Euphorbia  258.  295.  575. 

Euphorbiaceae  als  Sukkulen- 
ten *149.  575. 

Euphorbium  576. 

Euphrasia     als    Halbschma- 
rotzer 163.  696. 

Eiirotium  388. 

Euryale  529. 

Eusporangiatae  437. 

Evonymus,   Vegetations- 
scheitel *73. 

Exarch  90. 

Exiue  416. 

Exkrete  227. 

Exkretion  200. 

Exoascus  393. 

Exobasidium  *403. 

Exodermis  116. 

Exogen  73. 

Exogene  Entstehung  von  Sei- 
tenknospen lOöff. 

Exogonium  *590. 

Exokarp  503. 

Exospor  435. 

Exosporen  166. 

Exüthecium  470. 

Experiment   182. 

Extraaxilläre    Seitenknospen 
105. 

Extractum  ferri  pomati  537. 

Extranuptiale  Nektarieu  60. 

Extrors  470. 


Fadenbakterien  334. 
Fadenpilze  383. 
Fächel  111.  *112. 
Färbungsverfahren  12. 
Fäulnis  240. 
Fäulnisbakterien  331. 
Fagopyrum  *204.  *504.  556. 
Fagus  *97.  *150.  *560. 
Faktoren,  äußere  250. 

—  der  Entwicklung  250. 

—  innere  259. 
Fallverzögerung   der    Samen 

505. 
Faltenparenchym    *98. 
Farbhölzer  136. 
Farbkörper  *14.   *16. 
Farbstoffe  in  Pflanzen  I4ff. 

24.  232. 

—  der  Farbhölzer  33. 
Farne    252.    254.    276.    293. 

*296.  297.  309.  437. 
Farnpflanzen  432. 
FasertracheWen  *128. 
Faser  Schicht  *468. 
Faszikularkambium  124. 
Faulbaum  581. 
Federharze  232. 
Fedia  599. 
Fogatella   *417. 
Feige  275.  *48l.  564. 
Feigengallwespe  481. 
Feldspat  208. 
Fenchel  *548.  550. 
Ferrozyankupfer  190. 
Ferula  550. 
Festigung  des  Blattes  *97. 

—  im  Holz  128. 
Festigung    der    Pflanze    29. 

51  ff.  121. 
Festigungsgewebe  51ff. 
Festuca  *627.  629. 
Fette  12.  25.  218.  220.  230. 

236. 
Fettpflanzen  149. 
Fettsäure  222.  230. 
Feuerschwamm  407. 
Fibröse  Schicht  470. 
Fibrovasalbündel  68. 
Fichte  204.  *517. 
Fichtenzapfen,    Blattstellung 

*78. 
Ficus  *30. 277. 308.  *481.  564. 
Filament  *470. 
Filices  439. 
Filicinae  437. 
Fingerhut  *597. 
Fixe  Lichtlage  310. 
Fixierung  11.  12. 
Flachs  vgl.  Lein. 
Flachsprosse    *147. 
Flächen  minimae  areae  269. 
Flächenstellung   *292. 
Flächenwachstum  248. 
Flasellaria  314. 
Flagellata  337. 
Flaschenkork  *8.  *49.  139. 


Flavone  24. 

Flechten  208.  221.  226.  268. 

327.  410. 
Flechtgewebe   *34.   384. 
Fleisch extrakt  292. 
Fleischfressende    Pflanzen 

158ff.  222.  318. 
Fliegenschimmel  383. 
Fliegenschwamm  *408. 
Flores  Arnicae  607. 

—  ChamomilJae   607. 

—  Ch.  romanae  608. 

—  Cinae  607. 

—  Koso  637. 

—  Lavandulae  592. 

—  Malvae  570. 

—  Rhoeados  567. 

—  Rosae  537. 

—  Sambuci  599. 

—  Spiraeae  537. 

—  Tiliae  573. 

—  Verbasci  595. 
Florideen  314.  371. 

—  „Stärke"  29.  218.  372. 
Flügelsamen    und    -Früchte 

*505. 
Flugblasen  468. 
Flughaare  505. 
Fluoreszenz  des  Chlorophylls 

16. 
Foeniculum  *648.  650. 
Folgeblätter  102.  253.  270. 
Folgemeristeme  40. 
Folia  Aconiti  532. 

—  Adianti  404. 

—  Althaeae  670. 

—  Aurantii  580. 

—  Belladonnae  694. 

—  Coca  678. 

—  Digitalis  695. 

—  Eucalypti  547. 

—  Farfarae  607. 

—  Hamamelidis  533. 

—  Hyoscyami  594. 

—  Jaborandi  581. 

—  Juglandis  657. 

—  Malvae  670. 

—  Mclissae  692. 

—  Menthae  crispae  698. 

—  M.  piperitae  592. 
— •  Nicotianae  594. 

—  Rosmarini  592. 

—  Rubi  fruticosi  537. 

—  Salviae  592. 

—  Sennae  540. 

—  Stramonii  594. 

—  Taraxaci  608. 

—  Theae  570. 

—  Trifolii  fibrini  589. 

—  Uvae  ursi  583. 
Fomes  *407.  409. 
Fontinalis  432. 
Formaldehyd  213. 
Formative  Wirkung  250.  252. 
Formwechsel  183. 
Forsythia  586. 


666 


Register. 


Fortpflanzung  62.  163 ff.  183. 

272ff.   282. 
Fortpflanzungsorgane  62. 163. 
Fortschleudern  der  Samen  u. 

Sporen  295.  564. 
Fovea  459. 
Fragaria  165.  537. 

—  monophylla  287. 
Fragmentation  20. 
Fraktionierte  Endospermbil- 

dung  498. 
Frangulinae  681. 
Frauenhaar  444. 
Frauenschuh  634. 
Fraxinus  *586. 
Freie  Kernteilung  21. 
Freie  Zellbildung  *22. 
Fremdbestäubung  170.  286. 

483. 
Freycinetia  482.  612. 
Fritillaria  620. 
Froschlaichpilz  332. 
Frost  267. 
Frucht   171.    187.    232.    275. 

*502. 
Fruchtbarkeit  280. 
Fruchtblätter  167.  464. 
Fruchtfarben  24. 
Fruchtknoten  167.  470. 
Fruchtkörper  von  Pilzen  170. 
Fruchtstand  504. 
Fructus  Anisi  550. 

—  Anisi  stellati  525. 

—  Aurantii  immaturi  580. 

—  Cannabis  565. 
— -  Capsici  594. 

—  Cardamomi  632. 

—  Carvi  550. 

—  Cassiae  fistulae  540. 

—  Colocynthidis  602. 

—  Conii  550. 

—  Coriandri  550, 

—  Foeniculi  560. 

—  Juniperi  519. 

—  Lauri  526. 

—  Myrtilli  583. 

—  Papaveris  567. 

—  Petroselini  550. 

—  Piperis  nigri  558. 

—  Rhamni  catbart.  58J. 

—  Sennae  540. 

—  Vanillae  635. 
Frühholz  131. 
Frühjahrspflanzen   251. 
Frühiingsholz   131. 
Frühtreiberei  267. 
Frullania  *426. 
Fucaceae  367. 
Fuchsia  247.  545. 
Fucosan  363. 
Fucoxanthin  362. 

Fueus  *362.  363.  *367.  *368. 

—  amylaceus  376. 
Fühl-Borsten,    -Haare,    -Pa- 
pillen, -Tüpfel  48. 

Füllungen  *80. 


Füllzellen  51. 

Fuligo  289.  341. 

Fumaria  314.  567. 

Funaria  *14.  *20.  *416.  *418. 

*420.  *421.  430.  432. 
Fungi  327. 

—  imperfecti  386. 
Fungus  Chirurgorum  409. 

—  Laricis  409. 
Funiculus  464. 

Funkia,  Adventivkeime  *499. 
Fusionen  53. 
Fußstück  der  Haare  46. 
Futtergräser  629. 

Gabelung  *65. 

—  beim   Kormus   *105. 
Gärung  233.  238.  241.  394. 
Gärungsbakterien  331. 
Gaisblatt  303.  599. 
Galanthus  612. 
Galbanum  550. 
Galeopsis  *592. 

Galgant  633. 
Galium  101.  598. 
Gallae  562. 
Gallen  257. 
Gallenröhrling  407. 
Gallmücken  258. 
Gallwespen  258. 
Galtonia  618. 

—  Kernplatte  *19. 
Galvanotaxis  299. 
Galvanotropismus  312. 
Gambir  598. 
Gametangien  168.  328. 
Gameten  168ff.  328. 
Gametophyt  72.  175.  329. 
Garcinia  570. 
Gasblasenmethode   *213. 
Gasdiffusionsmethode  199. 
Gase  188.  2l0ff.  311. 
Gasteromyceten   409. 
Gasvacuolen  336. 
Geaster  *409.  410. 
Gefäßbündel  58. 

Gefäße  *55ff.  *88.  201. 

—  im  Holz  *128. 
Gefäßglieder  55. 
Gefäßstränge,  Bau  58ff.  87. 

—  im  Dikotylenholz  133. 
Gefäßpflanzen  326. 
Gefäßteil  58.  84. 
Gegenfüßlerinnen  494. 
Gehilfinnen  494. 
Geißelbewegung  11.  64. 
Geißelnll.64. 166.  *169.289. 
Geitonogamie  170. 
Geleitzellen    *54.    87  ff.    136. 
Gelenke  *i00.  297.  *298.  310. 

*317.   *319. 
Gel  189. 
Gelatine  220. 
Gelidium  376. 
Gelsemium  587. 
Gemini  173. 


Gene  277 ff.  285. 
Generatio  spontanea  3. 
Generation  175. 
Generationswechsel  175.  329. 

—  Übersicht  467. 

—  und      Kernphasenwechsel 
j         175. 

Generative  Kerne  493.  *489. 

—  Zellen  *585. 
Genista  543. 

Gentiana,  Gentianaceae  210. 
j       587. 
I   Geogranh.   Verbreitung   210. 

Geophii  151. 

Geophvten  151  ff. 

Georgine  *153.  606. 

Geotropismus     299ff.     *S01. 
302. 

Geradzeilen  77. 

Geranium  295  *577. 

Gerbstoffe   24.   32.   58.   207. 
232. 

—  in  Borke  140. 

—  im  Kernholz  135. 
Gerinnungsmittel  11. 
Gerste  *114.  *628. 
Geschlechtsbestimmung  275. 

284. 

Organe  168. 

Verlust  165. 

—  -Zellen  165. 
männliche  (cj)  168. 
weibliche  (?)  168. 

Geschwindigkeit  des  Wachs- 
tums 244. 
Gesteinlösung  208. 
Gesetz  des  Minimums  217. 
Getreidebrand   397. 
Getreiderost  402. 
Geum  278.  537. 
Gewebe  33 ff. 
Arten  38ff. 

—  -Differenzierung  39. 
Entstehung  34. 

--  primäre  40. 

—  sekundäre  40.  122.  128ff. 
Gewebelehre  7.  33. 
Gewebemutterzellen  40. 

—  im  Kambium  125. 
Gewebespannung   248.    *249. 
Gewebesysteme  38. 
Gewürznelken  546. 
Gießkannenschimmel  *166. 

388. 
Gifte  185.  232.  254.  257.  288. 

297.  318. 
Giftlattich  s.  Lactuca  virosa 

605. 
Giftreizker  408. 
Gigartina  371.  *372.  376. 
Gigasformen  593. 
Ginkgo,   Ginkgoinae  *511. 
Gladiolus  623. 
Glandulae  Lupuli  565. 
Glanzlichter  155. 
Glaucium  *666. 


Register. 


667 


Gleba  409. 
Glechoma  275.  592. 
Gleditschia  *148.  540. 
Gleiclicniaceae  442. 
Gleitendes  Wachstum  40.125. 

*128. 
Glieder  der  Gefäße  55. 

—  eines  Wirteis  76. 
Glimmer  208. 
Globoide  *26.  230. 
Globuline  26. 
Glochiden  447. 
Glockenblume   *ß03. 
Gloeocapsa  *34.  335. 
Gloriosa  314.  618. 
Gluma  626. 
Glumiflorae  625. 
Glutamin  231. 
Glycine  s.  Wistaria  544. 
Glycyrrhiza  544. 
Glykogen  23 ff.  384. 
Glvkokoll  221. 
Glykose  23.  237.  248. 
Glykoside  12.  24,  232. 
Glyzerin  220.  222.  230. 
Gnadenkraut  s.  Gratiola  595. 
Gnaplialium  605. 
Gnetinae,  Gnetum  519.  *520. 
Goldfussia  321. 

Goldlack  *667. 
Goldregen  543. 
Gonimoblast  374. 
Gossypium  *572. 
Gracilaria  376. 
Gräser  200. 206.  243.  249.  275. 
Gramineae  *102.  626. 
Grana  17. 
Granatbaum  *546. 
Granne  626. 
Graphis  413. 
Grasknoten  *102. 

—  gootropisch  *302. 
Gratiola  *595. 
Grenzhäutchen    d.    Zellhaut 

35. 
Grenzwert,  plasmolytischer 

193 
Griffel '*472. 
Griffithia  376. 
Größe  von  Pflanzen  202.  245. 

254.  268.  275. 
Grünalgen  352. 
Grünling  407. 
Gruinales  577. 
Grundform  6.  72. 
Grundgesetz,    biogenetisches 

178. 
Grundgewebesystem  41. 
Grundorgane  des  Kormus  72. 
Grundspirale  78. 

—  antidrome  108. 

—  homodrome  108. 
Grundstoffe  387. 
Guajacum  578. 
Guano  209. 
Guarana  581. 


Guayava  546. 
Gummi  33.  58. 

—  in  Kernholz  135. 

—  in  Winterknospen  151. 

—  in   Wundholz  140. 
Gummi  arabicum  539. 
Gummigänge  61. 
Gummigutt  570. 
Gummiharze  58.  232. 
Gummosis  33.   140. 
Gurke  601. 

—  parthenokarp  275.  601. 
Gurtungen  *80. 
Guttapercha  58ff.  232,  577. 

584.  589. 
Guttation  144.  *200. 
Gutti  570. 
Guttiferae  570. 
Gymnadcnia  634. 
Gymnodiniaccae  343. 
Gymnospermae  509. 

—  fossile  519. 
Gymnospermenblüte    *468. 

509  ff. 
Gymnosporangiiim  400. 
Gymnostomum  272. 
Gynäceum  470. 
Gynandrae  633. 
Gynodiözisch  470. 
Gynomonözisch  470. 
Gynophor  569. 
Gynostemium  276.  528.  *634. 
Gyromitra  392. 
Gyrophora  416. 

Haare  *46ff.  145. 
Haastia  605. 
Habichtsschwamm  406. 
Habitus  108. 
Hadrom  58. 
Haematococcus  *353. 
Haematochrom  17.  353. 
Haematoxylin  136. 
Haematoxylon  540. 
Haemoglobin  273. 
Hafer  *37.  629. 
Haftdruck  207. 
Haftorgane  64. 
Haftscheiben  64. 

—  an  Eanken  *156.  314. 
Haftwurzeln   bei    Epiphyten 

158. 
Hagenia  *536. 
Hahnenkamm   405. 
Hainbuche  *559. 
Halbschmarotzer  163. 
Halimeda  359. 
Hallimasch  408. 
Halophyten  144.   *147.   200. 

206. 
Halosphaera  351. 
Hamamelidinae  532. 
Hancornia  589. 
Hanf  565. 
Haplobacteria  331. 
Haploide  Phase  172.  337. 


Haplokaulisch   108. 

Haplomitrium  *426.  427. 

Haplostemon  473. 

Hapteren  64. 

Haptotropismus  312. 

Harnstoff  210.  231. 

Hartbovist  *409. 

Hartlaubgewächse  145. 

Hartschaligkeit   267. 

Harveyella  376. 

Harz  25.  58.  61. 129.  151.  232. 

Harzdrüsen  61.  129.  151. 

Harzgänge  61.  *98.  *130. 

Harzkanäle  *130. 

Haschisch  565. 

Haselstrauch  560. 

Hauhechel  543. 

Hauptachse  *65.  66.  110  ff. 

Hauptreihe  b.  wechseJständ. 
Blattstellungen   79. 

Hauptwurzel   120. 

Haussehwamm   407. 

Haustcrien    *67.    *162.    163. 
223. 

Hautgelenke  45. 

Hautgewebesystem  42. 

Hautschicht  12.  207. 

Hedera  102.  156.  547. 

Hedychium  632. 

Hefepilze  238.  394. 

Hefesprossung   394. 

Hefezellen   *22. 

Heidekraut  583. 

Heidelbeere  583. 

Heilung  256. 

Helianthemum    *569. 

Helianthus    218.    249.    308. 
*497.   *605. 

Helichrysum  605. 

Heliotropismus   s,   Phototro- 
pismus. 

Heliotropium   *477. 

Helleborus   *44.  *103.  n97. 
532. 

Helobiae  611. 

Helodea  *213.  612. 

Helvellaceen  392. 

Helwingia,   Blattständige 
Blüten  *106. 

Hemicellulosen  31  ff. 

Hepaticae  422. 

Herba  Absinthii  607. 

—  Adonidis  532. 

—  Cannabis  565. 

—  Capilli  Veneris  444. 

—  Cardui  benedicti  607. 

—  Centaurii  587. 

—  Chenopodii  555. 

—  Conii  660. 

—  Convallariae   621. 

—  Equiseti  451. 

—  Galeopsidis  592. 
— ■  Herniariae   554. 

—  Lobeliae  604. 

—  Majoranae  592. 

—  Meliloti  544. 


668 


Register. 


Herba  Millefolii  608. 

—  Oiigani  592. 

—  Polygoni  556. 

—  Rutae  681. 

—  Sabinae  519. 

—  Serpylli  592. 

—  Thymi  592. 

—  Violae  tricoloris  569. 
Herbstfärbung  der  Laub- 
blätter 16.  24.  232. 

Herbstzeitlose  *618.     Knolle 

152ff. 
Herkogamie  484. 
Hermaphrodit  469. 
Herniaria  554. 
Heterocontae  351. 
Heterogamie  168.  828.  605. 
Heteromer  411. 
HeteroDhyllie     101  ff.     *102. 

270! 
Heterospor  435. 
Heterostylie  484. 
Heterothallisch  382.  405. 
Heterotroph  219. 
Heterotropho   Kormophyten, 

Bau  161ff. 
Heterozygoten  278. 
Heterozysten  336. 
Heu,  Selbsterhitzung  241. 
Heubazillus  331. 
Hevea  577. 
Hexenbesen  393. 
Hexenei   410. 
Hexenkraut  545. 
Hexenmehl  456. 
Hexenringe  405. 
Hibernakeln  166. 
Hibiscus  570. 
Hieracium    278.    280.    *500. 

605. 
Hilum  500. 
Himbeere  537. 
Hinterhof  44. 
Hippoeastanaceae  581. 
Hippophae  545. 
Hippuris  *74.  257. 
Hirschtrüffel  388. 
Hirschzunge  439. 
Hirse  629. 
Histoid  258. 
Histologie  7.  33. 
Hitzetod  185. 

Hochblätter   93.    *103.    270. 
Hochgebirgspflanzen   144. 

285. 
Hoftüpfel  56.  *57. 
Holcus  630. 
Holunder  599. 
Holunderschwamm  403. 
Holz  58.  125. 128  ff.  217. 
Holzbau  bei  Dikotylen  132ff. 

—  bei    Gymnospermen   129. 
Holzelemente  *128. 
Holzfarbstoffe  136. 
Holzfaser  *128. 


Holzfaserstränge    im    Diko- 
tylenholz 134. 
Holzgewächse  121. 

—  immergrüne  104.  160. 

—  sommergrüne  104.  150. 

—  als  Tropophyten  150. 
Holzparenchym  *128. 

—  Anordnung  im  Dikotylen- 
holz  I33ff. 

—  im       Gymnospermenholz 
129. 

Holzstoff  32. 

Holzteil  58. 

Homodrome        Grundspirale 

108. 
Homoeomer  411. 
Homogener  Reiz  323. 
Homolog    7. 
Homologien     im     Bau     der 

Kormusorgane  141. 
Homospor  435. 
homothallisch  383.  405. 
Homozygoten  278. 
Honigtau  389. 
Hoodia  589. 
Hopfen  *60.  303.  566. 
Hordeum  *114.  628. 
Hormogonien  336. 
Kornea  458. 
Hornklee   643. 
Hortensie  634. 
Hoya  589. 

Huflattich  606.  *608. 
Hüllspelzen  626. 
Hülse  504. 
Kumulus  *60.  *565. 
Humussammelnde  Epiphy- 

ten  158. 
Kundspetersilie  *650. 
Hungerzustand   241. 
Hyacinthus  618. 
Hyaloplasma  12. 
Hybride  278. 
Hydathoden  60.  144.  200. 
Hydnophytum  698. 
Hydnum  *406. 
Hydrangea  634. 
Hydrastin  532. 
Hydrastis  534. 
Hydrierung   237. 
Hydrocharis  612. 
Kydrodictyon  366. 
Hydrolapathum   371. 
Hydrolyse  228 ff. 
Hydrophil  170.  479. 
Hydrophyten  141ff. 
Hydropteriden  444. 
Hydrotaxis  293. 
Hydrotropismus  311. 
Hydrurus  337.  *338. 
Hygrochasie  295. 
Hygrometer  296. 
Hygromorphie  143. 
Hygrophil  143. 
Hygrophyten  143  ff.  169. 


Hygroskopische    Bewegun- 
gen 294.  296ff. 

Hymenium  385.  403. 

Hymenogastreen  409. 

Kymenolichenen  415. 

Hymenomyceten  403. 

Hymenophyllum  442. 

— •  Wasseraufnahme  durch 
den  Sproß  143. 

Hyoscyamus  *696. 

Hypanthium  473. 

Hypericum  670. 

Hyphaene  612. 

Kyphen  *13.  *67.  376.  384. 

Hypholoma   *396.  ■ 

Kypnaceae  432. 

Kypnodinium  343. 

Hypochnus  406. 

Hypogäische  Keimung  103. 
608. 

Hypogyn  *473. 

Hypokotyl  93.  *115. 

Hyponastie  297. 

Hypophyse    *498. 

Iberis  569. 

Idioblasten  38. 

Hex  *680. 

lUicium  525. 

Immergrün   586. 

Immortellen  606. 

Immunität  258. 

Impatiens  *96.  198. 

Imperatoria  550. 

Indigkarmin  240. 

Individualität  der  Chromo- 
somen 19. 

Indol  240. 

Indusium  440. 

induziert  298ff. 

Infloreszenz  110. 

Influenzabazillus   333. 

Iniiltrationsmethode  198. 

Ingwer  632. 

Initialschichten  im  Kambium 
123. 

—  Zellen  der  Haare  46,  im 
Kambium  39.  40. 

Innere    Ursachen    185.    250. 

259.   266. 
Innovationssproß  109, 
Insekten-Bestäubung  480. 

—  als  Gallbildner  258. 
Insektenblütige  480. 
Insektenpulver  608. 
Insektivoren  *159ff.  200.  222. 

318.  528. 
Integumente  464. 
Interfaszikularkambium  124. 
Interkalares    Wachstum    40. 

64.  76.  244. 
Intermediär  280. 
Internodien   76. 
Interpetiolarstipeln  102. 
Interzellularräume  *35.  *36. 

37.    211. 


669 


Intine  416.  466. 
Intramolekular  236. 
Intrors   470. 
Intumeszenz   256. 
Intussuszeptionswachstum 

29.  31.  248. 
Inula  605. 
Iniilin  23.  228.  230. 
Inversstellung   255. 
Invertin  230. 
Ionen  205. 
Ipomoea  589. 
Iridaceae,  Iris  278.  622.  *624. 

—  Diagramm  474, 
Irländisches  Moos  376. 
Isatis  569. 

Isländisches  Moos  413. 
Isocontae  353. 
Isoetes  189.  458.  *459. 
Isogamie  168.  328. 
Isolateral  96. 
Isosmotisch  191. 
Isospor  435. 
Ithyphallus  *410. 

Jahresperiode   149. 
Jahresringe  130.  *132.  202. 
Jambosa  *546. 
Jasione  604. 
Jasminum  685. 
Jatrorrhiza  526. 
Jerichorose  295. 
Jod,  in  Meeresalgen  206.  207. 

368. 
Jodprobe  *218. 
Johannisbeere    *535. 
Johannisbrotbaum  540. 
Judasohr  403. 
Jugendblätter  102.  270. 
Juglandiflorae,  Juglans  556. 

*557. 
Juncaceae,  Juncus  *618. 
Jungermannia  426. 
Jungermanniales    417.    420. 

425. 
Juniperus  *84,  *514. 
Jute  672. 

K  vgl.  auch  C. 
Kälberkropf  650. 
Kälte-Starre  290.  297.  320. 
Perioden  266. 

—  Widerstandsfähigkeit  186. 
Käse  239. 

Kaffee  186.  *600. 
Kaffernhirse  s.  Mohrhirse  629. 
Kahmhaut  331. 
Kaiserkrone  620. 
Kaiserling  407. 
Kakao  186.  *573. 
Kalabarbohne   544. 
Kalium  187.  205.  209.  223. 

227.  232. 
Kalkalgen  359.  372. 
Kalk.    Giftwirkung  207.  210. 
Kalkschüppchen  200. 


Kailose  55. 

Kallus  63.  246.  261. 

—  im  Bast  136. 

—  Wundgewebe  140. 
Kallusplatten  *54. 
Kalmus  276.  *616. 
Kalyptra  *113ff.  429. 
Kalyptrogen   114. 
Kalzium  187.  205ff.  227. 
Kalziumcyanamid  210. 
Kalziumkarbonat  32. 

— •  im  Kernholz  136. 

—  in  Membranen  33. 

—  im  Sekret  von  Wasser- 
spalten  99. 

Kalziummalat  69. 
Kalziumoxalat  *25.  32.  238. 
Kalziumoxalatkristalle  26. 
26. 

—  in  Membranen  33. 
Kamala  676. 

Kambium  40. 122ff.  302.  309. 

—  faszikulares  124. 

— •  im  Gymnosperm.  u.  Diko- 
tylenstamm 123ff. 

—  interfaszikulares  123. 

—  in  offenen  Leitbündeln  87. 

—  in  Monokotylenwurzeln 
123. 

—  Periodizität  130. 

—  beim   sekundären   Zu- 
wachs 122. 

Kambiumbildung  in  Gymno- 
spermen- und  Dikotylen- 
stengeln 123  ff. 

—  in  Monokotylenstengeln 
122. 

—  wiederholte  in  Stämmen 
u.  Wurzeln  127. 

Kambiummantel  bei  Dikoty- 
len und  Gymnospermen 
im  Stamm  123ff. 

—  bei  Monokotylen  122. 

—  desgl.  Wurzel  127. 

—  Typen  seiner  Entstehung 
126. 

Kambiumzellen   *125. 
Kamelie  670. 
Kamille  606. 
Kampf  ums  Dasein  181. 
Kampfer  526.  570. 
Kampylotrop  *464, 
Kandelia  645. 
Kannenpflanzen,       Tierfang 

160. 
Kantenkollenchym  53. 
Kappern  569. 
Kapsel  604. 

Kapuzinerkresse  *16.  *99. 
Karde  600. 

Kardinalpunktc  186.  217.261. 
Karnallit  210. 
Karnivore  168  ff.  222. 
Karotine  16. 
Karotte  549. 
Karpell  470. 


Karpogon  374.  384.  414. 
Karpophor  648. 
Karposporen  373.  374. 
Kartoffel  *27.  *162.  204.  228. 
270.  693. 

—  Krebs  378. 

—  Schwarzbeinigkeit  332. 

—  Pilz  380. 

—  Schorf  395. 
Karyokinese  17.  *18. 
Karyosomkerne  14. 
Kastanie  561. 
Katalysator  229. 
Kätzchen  568. 
Kaudikula  634. 
Kausal  182. 

Kautschuk  59.  232.  565.  577. 

589. 
Kefir  239. 

Keilblattgewächse  452. 
Keim  164.  277. 
Keimblätter  93.  102  ff.  498. 
Keimkern  *488. 
Keimlinge  164. 
Keimpflanze  *115.  607. 
Keimung  103.  164.  171.  267. 
Keimzelle  164. 
Kelch  470. 

Kelchblätter  167.  470. 
Kelp   368. 
Kerbel  549. 
Kern  *9. 
Kerngerüst  14. 
Kerngröße   13. 
Kerngummi  136. 
Kernhöhle  14. 
Kernholz  135ff.  202.  272. 
Kernkörperchen   14. 
Keruphasenwechsel   172. 

—  und   Generationswechsel 
175. 

Kernpilze  388. 
Kernplatte  18.  *19. 
Kernsaft  14. 
Kernspindel  18. 
Kernteilung   17  ff.   *18.   268. 

—  Äquationsteilung  174. 

—  direkte,  amitotische  20. 

—  freie  21. 

—  heterotypische  172. 

—  homöotypische   174. 

—  indirekte,  mitotische  17. 
*18. 

—  typische  17.  *18.  172. 
Kernwand  14. 
Kickxia  589. 

Kiefer  *67.  *98.  *130ff.  *618. 

619. 
Kieselalgen   343. 
Kieselgur  206.  348. 
Kieselkörper   26. 
Kieselsäure  32.  207. 

—  Einlagerung  in  Epidermis 
43. 

—  im  Kernholz  136. 

—  in  Membranen  33. 


670 


Register. 


Kino  544. 
Kirsche  274.   *537. 
Kirschgummi  33.  140. 
Kirschlorbeer  537. 
Kladodien  *147. 
Klappertopf     s.     Alectorclo- 

plius. 
Klausen   590. 
Kleber    *26. 
Klee  543. 

Kleeseide  s.  Cuscuta  589. 
Kleie  26. 
Kleinarten  176. 
Kleinkörner  28. 
Kleistogame      Blüten      274. 

485. 
Klemmkörperchen        (Ascle- 

piadaceen)  *588. 
Kletterhaken  314. 
Kletterpflanzen  155ff.  312ff. 
Kletterwurzeln  156,  254.  308. 
Klimaperiodizität  149ff. 
Klimate,  trockene  149  ff. 

—  wechselfeuchte  150. 
Klimmhaare   156. 
Klinostat  301.  309. 
Knautia   600. 

Knights    geotropische    Ver- 
suche 300. 

Knoblauch  276.    Vgl.  Lauch. 

Knöterich  (Polygonum)  555. 

Knollen  151  ff.  228.  270. 

Knollenblätterschwamm 
*408. 

KNOPsche    Nährlösung    205. 

Knospen  75.  266. 

—  schlafende  109. 
Knospendeckung  75. 
Knospenentfaltung  297. 
Knospenlage  *75. 
Knospenscbuppen  *93.  *160. 

—  in    Winterknospen   150ff. 
Knoten  76.  *302. 
Kobaltprobe  195. 
Kochsalz  207.  210. 
Königsfarn  442. 
Köpfchen  477. 
Köpfchenhaare  60. 
Körnerplasma  12. 
Kohäsionsmechanismen  *296. 

426.   428.   440.  449.   456. 
Kohäsionstheorie  203. 
Kohl   198.   569. 
Kohle  204.  215. 
Kohlehydrate    12.    23.    201. 

218.  220.  228.  240. 
Kohlenoxyd    216. 
Kohlensäure  187.  240. 

—  Assimilation  212.  219. 
— •  Aufnahme  210. 

—  Bildung  233ff.  238ff. 

—  in  der  Luft  216. 

—  im  Wasser  2l7. 
Kohlenstoff  187.  188. 
Kohlenstoffassimilation     der 

autotrophen  Pflanze  212. 


I  Kohlenstoffassimilation     gc- 
!         wisser  Bakterien  219. 
j  —  und  Blütenbildung  273. 

—  der  Heterotrophen  219. 
Kohlenwasserstoff  220. 
Kohlhernie  342. 
Kohlrabi,  Knolle  153. 
Kokken  330. 

Kokos  *613.  *614. 

Kolanuß    574. 

Kolben  612. 

Kollaterale  Beiknospen  *106. 

—  Leitbündel    *88ff.    *90. 
*124. 

Kollenchym  51.  *53. 
Kolieteren    151. 
Kolloidale  Lösung  12.  189. 
Kolonbazillus    *333. 
Kombinationen  285ff. 
Kompaßpflanzen  145.  310. 
Kompensationen  260. 
Konidien  *166.  383.  386.  396. 

—  Entstehung   22. 
Koniferen  511. 
Konjugaten  348. 
Konnektiv  470. 
Konsortium  410. 
Konstanz  der  Arten  176. 
Kontaktreize   256.   313. 
Kontraktion      der       Wurzel 

115.  *154.  249. 
Konvergenz  149.  555. 
Konvergentes  Licht  291. 
Konzentrische        Leitbündel 

*86.  123. 
Kopfschimmel    381. 
Kopra  613. 
Koppelung    285. 
Kopulation  168. 
Kopulieren  168.  *261. 
Korallenschwamm  405. 
Koriander  *548.  550. 
Korinthe  581. 
Kork49ff.  *50. 138ff.  246. 
Korkeiche  50.  139.  562. 
Korkhaut  49ff.  138. 
Korkkambium  49.   138. 
Korkkrusten  49ff.  138. 
Korkrinde  138. 
Korkstoff  33. 
Kormophyten  63. 
Kormus  62.  72ff. 

—  Anpassungen      an      Um- 
welt 141  ff. 

Kornelkirsche    *547. 
Kornrade    *553. 
Korolle   470. 
Korrelationen  259.  269.  272. 

275. 
Korrosion  der   Stärke   *229, 
Kotyledonen  102ff.   *115. 

228.     497. 
lüäuter  121. 
Krameria  541. 
Krausblättrigkeit  287. 
Kreisende  Bewegung  297. 


I{jeislauf  der  Stoffe  240. 

Kreuzdorn  581. 

Kreuzung  285. 

Kribralteil  58. 

Kriechen  289. 

Kristalle  182. 

Kristalldrusen  25. 

Kristallsand  25. 

Kristallschläuche  im  Bast  136. 

Kristallzellen  25ff.  58. 

Krone  470. 

Kronblätter  168. 

Kjümmungsarten  *294. 

Krümmungsbewegungen 
*294.  296. 

Krummholzkiefer    s.    Zwerg- 
kiefer 519. 

Ivi-yptogamen  325. 

Küchenschelle   *531. 

Küchenzwiebel    vgl.    A  Hin  in 
618. 

Kümmel   *549. 

Künstliche  Pflanze  183. 

Kürbis  *53.*54.  *.56. 196.  245. 
600. 

Kumys  239. 

Kupfervitriol  257. 

Kurztriebe  66.  109.  110.  255. 

Kutikula  42.  194.  211. 

Kutikulär  196.  197. 

Kutin  33. 

Kutinisierung  33.  42. 

Kutisgewebe  48. 

Kutiszellen   48. 

Labellum  631.  633. 
Labiatae  592. 
Laboulbenieae  395. 
Laburnum   262  *263.   543. 
Lachnea  385.  *390. 
Lackmus  415. 
Lactaria  407.  408. 
Lactuca  145.  310.  605. 
Längenwachstum  242ff. 
Längsachse  61. 
Längsschnitt,  radialer  62. 
— •  tangentialer  62. 
Lärche  110.  *519. 
Lärchenschwamm    407.    409. 
Lävulose  230. 
Lagenostoma   *463. 
Lamarck  1. 
Lamarekismus  ISOff. 
Lambertsnuß    560. 
Lamina  94. 

Laminaria,  Laminariaccen  69. 
361.  *362.  *366.  367.  368. 
Laminarin   363. 
Lamium   *592. 
Landform  285. 
Landolphia  589. 
Landpflanzen  143  ff.  194. 
Langtriebe  66. 
—  beim  Kormus  109. 
Laportea  666. 
Lappa  *604.  605. 


Register. 


671 


Larix  *619. 

Latentes    Leben     186.     189. 
266. 

Lathraea  257. 

Lathyrus  *155.  544. 

Laubabwerfende    Holzge- 
wächse 150. 

Laubblatt  *93ff.  270. 

funktion  198.  215. 

—  Innerer  Bau  96ff. 

—  Reduktion   bei    Parasiten 
161;  bei  Xerophytenl46ff. 

— ■  Stoffauswanderung  232. 
Laubfall  104.  271. 
Laubknospe  75. 
Laubmoose  254.  293.  427. 
Laubsproß  73,  270. 
Lauch  618. 
Laudatea  415. 
Lauraceae  526. 
Laurus  *528. 

Lavandula,  Lavendel  *591. 
Lebensbaum  514. 
Lebensbedingungen  184,  185. 

250.  290. 
Lebensdauer  121.  261.  271. 
Lebenserscheimingen  182. 
Lebenstätigkeit  184.  186. 
Lebenszustände  186.  266. 
Lebermoose  254.  309.  422. 

—  Thallusbau  69 ff. 
Lecanora   415. 
Ledum  583. 
Legumen  538. 
Lesuminosae  224.  297.  317. 

538. 
Leguminosenknöllchen   *224. 

332.  543. 
Leimzotten  in  Winterknospen 

151. 
Lcitbündel    58.    *86ff.    *88. 

89.96ff.  *97.  *116ff.*124. 

—  bikollaterale  87. 

—  blatteigene  83. 

—  endarche  90. 

—  oxarche  90. 

—  gemeinsame  83. 

—  geschlossene  87.  *88. 

—  im  Blatt  96ff. 

—  im  Stengel  81ff.  *84ff. 

—  kollaterale  87.  *88.  *90. 

—  kollaterale,  offene  *124. 

—  konzentrische  *86.  87.123. 

—  der  Laubmoose  *71. 

—  raesarche  90. 

—  offene  87.  *89. 

—  Ontogenie  89ff. 

—  Phylogenie  *91. 

—  primanen  90. 

—  primäre  68.  84ff. 

—  radiale  *86.  *116ff. 

—  Reduktion   bei    Parasiten 
161. 

—  sekundäre  68ff. 

—  stammeigene  83. 


Leitbündel,  Übergang  der 
Wurzel  in  die  Stengel- 
bündel *117ff. 

—  unvollständige  58. 

—  vollständige   58. 

—  der  Wurzeln  *ll6ff. 
Leitbündelanordnung     im 

Blatt  96ff. 

—  in   Sproßachsen   82ff. 
Leitbündelendigung   *96. 
Lcitbüiulelseheiden  89. 
L'itbümlclsystem  57.  82ff. 
Jii'itbündcltypen    der    Farii- 

pflanzen  *91. 
Leitbündelverlauf  82ff.  *84if. 
Leitergefäß  *56. 
Leitgewebe   53ff. 
Leitparenchym  41. 
Leitung  des   Wassers  201. 

—  von  Peizen  306.  310.  320. 
Lemna  *292. 

Lens  644. 

Lentibulariaceae  596. 
Lentizellen  *50ff.  139.  212. 
Leocarpus  *430. 
Leontodon   *316. 
Leontopodium    605. 
Lepidium  *567. 
Lepidocarpon  461. 
Lepidodendron  *460.  461. 
Lepidospermeae   461. 
T,epidostrobus   *461. 
Lepiota  407. 
Leptom  58. 
Leptomitus  380. 
Leptosporansiate  Farne  439. 
Leptothrix  *63.  238.  334. 
Lessonia  362. 
Leuchtbakterien  241.  332. 
Leuchten  der  Pflanzen  241. 
Leuchtende  Peridineen  343. 
Leuchtmoos  432. 
Leuchtpilze  241.  408. 
Leucin  222.  273. 
Leucobryum  427. 
Leucojum  *622. 
Leuconostoc  332. 
Leucosin  337. 
!  Leukoplasten  *16.   *28.  216. 
Levisticum  549. 
Levkoje  569. 
Lezithin   12.   207.   222.   227. 

230. 
Lianen  155ff. 

—  Gefäße  55. 
Liehen  islandicus  415. 
Lichenes  327.  410. 

Licht,  Lebensbedingung  186. 

—  Absorption  214. 

—  Bedingung  der  Assimila- 
tion 214.  *218. 

Bildung  von  Chlo- 
rophyll 216. 

"-  Blütenbildung  274. 

Entwicklung  251. 

des  Wachstums  251. 


Licht,  Bedingung  von  Photo- 

taxis  291. 
■ von  Phototropismus 

307. 

—  Menge  310. 

—  Richtung  254.  309. 

—  Wellenlänge     *214.     254. 
273. 

Lichtbedürfnis  186. 
Lichtblätter  98.  253. 
Lichtenergie  215. 
Lichtfalle  291. 
Lichtkeimer  267. 
Lichtlage,  fixe  310. 
Lichtperzeption  310. 
Lichtwachstumsreaktion  252. 

309. 
Lichtwechsel  252.  *316.  *317. 
Licmophora   *344. 
Liebstöckel  549. 
Lignine  32. 
Lignum   Guajaci  578. 
— •  Haematoxyli  540. 

—  Juniperi   519. 
— ■   Quassiae  581. 

—  Santaü  rubrum  544. 

—  Sassafras  526. 

Ligula  der  Gräser  *102.  626. 

—  der  Selaginellen  457. 

—  von  Isoetes  459. 
Ligulatae  459. 
Ligustrum  585. 
Liliaceae  302.  618. 

—  Diagramm  *168. 
Liliiflorae  301.  617. 
Lilium  *154.  *173.  276.  617. 
Limnanthemum  587. 
Limodorum  634. 

Limone  vgl.  Citrus  579. 
Linaceae  578. 
Linaria  278.  595. 

—  cymbalaria  244.  310. 
Linde  *133ff.  272.  572. 
Linie,  reine  285.  286. 
Linin  14.  17. 
Linkswinder  *303. 
Linse  544. 

Linum  *578. 

Lipase  230. 

Lipoide  12.  207, 

Liquidambar  533. 

Liriodendron  525. 

Listera  634. 

Lithium  205. 

Littonia  314.  618. 

Loasa  303. 

Lobaria  415. 

Lobelia  *603. 

Loculicid  503. 

Lodiculae   *626. 

Löcherschwämme   406. 

Löffelkraut    vgl.    Cochlearia 

569. 
Lösungen  189. 
Lösung  von  Gestein  208. 
Lodoicea  606. 


672 


Register. 


Löwenmau]    s.    Antirrhinum 

595. 
Löwenzahn,    Milchsaftgefäße 

69. 
Loganiaceae  687. 
Lohblüte  341. 

Lokalisierte  Empfindung  310. 
Lokomotion  289 ff. 
Lolium  630.  *631. 
Lonicera  303.   599. 
Lorant hiflorae,   Loranthus 

163.  223.  556. 
Lorbeer  526, 
Lorchel  392. 
Lotus  *542.  643. 
Lotosblume  vgl.  Nelumbium 

529. 
Lücken  (Sekret-)  61. 
Luftgewebe  42.   142ff. 
Luftspalten    *44ff. 
Luftsproß  73. 
Lufttrocken  187.  189. 
Luftstickstoff   221.   224ff. 
Luftverdünnung     im     Holz- 
körper 203. 
Luftwurzeln    112.    120.    158. 

249. 
Lumen  8. 
Lunaria  *569. 
Lungenflechte   415. 
Lupine,   Lupinus  225.   *256. 

643. 
Lupulinum  565. 
LuxurierendesWachstum  280. 
Luzula  618. 
Lycoperdon   *409. 
Lycopersicum  *264.  693. 
Lycopodiaceen  453. 
—  Verzweigung    *105. 
Lvcopodinen   452. 
Lycopodium  206.  293.  *434. 

453.  *454.  *455.  456. 
Lyginodendron  *462.  463. 
Lysigene  Interzellularen  38. 
Lythraceae,     Lythrum    267. 

646. 

Macchia  592. 
Macis  525. 

Macrocystis  361.  *362. 
Macrozamia  609. 
Magnesium  187.  206.  227. 
Magnolia,  Magnoliaceae  266. 

525. 
Maiblume  *93. 
Maiglöckchen  *93.  620. 
Mairan  s,  Origanum  692. 
Mais  *80.  *88.  283.  629. 
Majanthemum   620. 
Makrosporangium  435.  464. 
Makrospore  435.  464. 
Makrosporophyll  464. 
Malakophil  482. 
Mallotus  677. 

Maltose  (Malzzucker)  23.  229. 
Malva,  Malvaceae  *570. 


Mamillaria  662. 
Mandarine  276.  680. 
Mandel  266.  637. 
Mangifera  681. 
Mangrove  *143.  *646. 

—  Atemwurzeln  *143.  211. 

—  Aussaat  508. 

—  Xerophytenstruktur   144. 
Manihot,   Maniok  676. 
Manna,  Mannaesche  *586. 
Mannaflechte    415. 
Mannit  363.  368. 
Mantelblätter  bei  Epiphvten 

168. 
Mantelchimäre  263. 
Maranta,  Marantaceae  633. 
Marattiaceen  437. 
Marcgravia  482. 
Marchantia    *70.    254.    293. 

*417.  *418.  *423.  *424. 
Marchantia^es  417.  420. 
Marennin  347. 
Mark  des  Stengels  82. 
Markbündel  82. 
Markkrone  127. 
Markstrahlen  82.  125.  129  ff. 

*130ff,   136ff. 

—  primäre  *125. 

—  sekundäre  126. 
Markstrahlparenchym     im 

Bast  136. 
Markstrahltracheiden  *131. 
Markstrahlzellen  134. 

—  liegende  134. 

—  stehende  134. 
Maronenpilz  406. 
Marsdenia  589. 
Marmor  208. 

Marsilia  277.  297.  *444.  *447. 

*448. 
Marsupium  419. 
Martensia  373. 
Martynia  321. 
Maschine  184. 
Maser,  Maserbilduns'  im  Holz 

135. 
Massenströmung  208. 
Massula  447. 
Mastigamoeba   *339. 
Mastix  581. 
Mate  580. 
Matricaria   *607. 
Matthiola  569. 
Maulbeerbaum  664. 
Maurandia  *314. 
Maximum  185.  186.  243.  260. 

290. 
Mazeration  36.  128. 
Mechanismus  184. 
Mechanische  Einflüsse  266. 
Mechanische  Elemente  *62ff. 

—  Gewebe  *51ff. 

—  im  Blatt  *97. 

—  im  Holz  128. 

—  im  Stengel  *80ff. 

—  in  Wurzeln  *117. 


Mechanische  Reize  266.  3l3. 

318. 
Mediane  62.  106.   *107. 
Median,     vorn,     hinten     an 

Seitenknospen  107. 
Medicago  186.  .543. 
Meeresleuchten  241.  343. 
Meerespflanzen  194. 
Meersalat  366. 
Meerstrandpflanzen   144. 
Meerzwiebel  *620.  621. 
Mehl  27. 
Mehllau  386. 

—  falscher  380. 
Meiosis  172. 

Meiotische  Teilung  20.  172. 
Melaleuca  547. 
Melampyrum  163.  *696. 
Melandrium  284. 
Melica  630. 
Melilotus  643. 
Melissa  692. 
Melone  601. 
Melosira  346. 
Membranstoffe  31  ff. 
MENDELsche  Regeln  280ff. 
Menispermaceae  626. 
Mentha  592. 
Mentholum  692. 
Menyanthes  689. 
Mercurialis  *547. 
Meringosphaera  351. 
Meristeme  39  ff. 

—  sekundäre  40. 
Meristemzelle  *9. 
Merk  549. 

Merkmale,  Autonomie  282. 
Merkmalspaare  282. 
Merulius  407. 
Mesarch  90. 
Mesembrvanthemum   149. 

295.  661. 
Mesocarpus  292.  310.  3.50. 
Mesokarp  603. 
Mesophyll  97. 
Mesophyllscheiden  96. 
Mesotaenium  348. 
Mespilus  262.  536. 
Mestom  58. 
Metalle  227. 
Metamorphose  6. 
Metaphase  19. 
Metasyndese  174. 
Methan  240. 
Methanbaktcrien    219.     238. 

331. 
Methylenblau  207.   240. 
Methylglyoxal  239. 
Metroxvlon  612. 
Metzgeria  *70.  426.  42G. 
Miadesmia  461. 
Micrasterias  *349. 
Micrococcus  *63.  240.   *333. 
Microcycas  609. 
Microphasen  387. 
Mikropyle  464. 


Register. 


673 


Mikroskop  242. 
Mikrosomen  12. 
Mikrosporangiura  435. 
Mikrospuren  435.  465. 
M'krosporophyll  465. 
Mikrozystc  341. 
Milfhröliren  *58ff. 

—  im  Bast  136. 

—  gegliederte   *59. 

—  ungegliederte   *ö8. 
Milchgefäße  *69. 
Milchsaft  58ff. 
Milchsäurebazillus  331. 

gärung  239. 

Milzbrandbazilhis   *333. 
Mimosa  *538. 

—  Bewegurgen  *319. 
Mimulus  274.  321.  595. 
Mimusops  684. 
Mineralisierung  240. 
Minerahtoffe  im  Plasma  12. 

—  in  Pflanzen  188.  203.  226, 
Minimalflächen  269. 
Minimum  185.  186.  250.  290. 

—  Gesetz  217. 
Minze  s.  Mentha  592. 
Mirabelle  261. 
Mirabilis  *280. 
Mischlinge  277. 
Mispel  263.  536. 
Mißbildungen  259. 
Mist  209.  241. 

Mistel  *37. 163.  223.  258.  308. 
556. 

Mitochondrien  13. 

Mitose  17. 

Mittelbildung  262.  280. 

Mittellamelle  35. 

Mittelständiger  Fruchtknoten 
483. 

Mnium  *71.  427.  *430.  *431. 
432. 

Mobilisierung  der  Reserve- 
stoffe 228. 

Modifikation  258.  285. 

Modifikationsfähigkeit  180. 

Möhre  *16.  549. 

Mohn  566. 

Mohrhirse  629. 

Monascus  385.  386. 

Mondraute  438. 

Monoblepharis  *378, 

Monochasium  *111.  *477. 

Monogene  Fortpflanzung  165. 
276. 

Monohybriden  282. 

Monokarpisch   271. 

Monokotylen  218.  609. 

—  Dickenwachstum    *122ff. 
Monopodium  66.  106.  110. 
Monosaccharide  23. 
Monosporen  373. 
Monostelie  92. 
Monotropa   163.   225. 
monözisch  470. 

Monstera  246.  615. 


Mooskapsel  295. 

—  als  Sporophyt  175. 
Moospflanzen  292.  415. 

—  Bauvariationen  des  Thal- 
lus  69ff. 

—  Gewebesonderung  70ff. 
Moraceae  664. 
Morchella  *386.  *392. 
Morchelpilze  392. 
Morphium  667. 
Morphologie  3.  5. 

—  äußere  7.  innere  7. 
Morphologischer  Wert  7. 
Morus  *5Ö4.  564. 
Mosaikbastarde  278. 
Mucor  312.  381.   *382.   383. 

422. 
Mucorineae  312.  381. 
Mucuna,     Stammquerschnitt 

*127. 
Musa,  Musaceae  186.  *631. 
Muscari  618. 
Musci  427. 

Muscus  pulmonarius  415. 
Muskatnuß  *526. 
Mutation  286ff. 
Mutterachse  66. 
Mutterkorn  389. 

—  Sklerotium  *34. 
Mycetozoa  339. 
Mycobaktcrium  *333. 
Mykorrhiza   163.    *228.   229. 

384.  433. 
Myosotis  590. 
Myosurus  529. 
Myristica  *525.  *626. 
Myrmecodia  148.  598. 
Myroxylon  *542. 
Myrrha  581. 
Myrsinaceae  226. 
Myrsiphyllum   *303.  *620. 
Myrte,  Myrtus  646. 
Myrtiflorae  544. 
Myxamöben  340. 
Myxobacteriaceae  336. 
Myxococcus  *336. 
Myxogasteres  340. 
Myxomyceten  *10.  289.  293. 

339. 
Myzelium  *67.  377.  384. 
Myzelschnallen  404. 
Myzetozoa  340. 

Nabel  600. 
Nachreife  267. 
Nachruhe  267. 
Nachtblüher  316. 
Nachtstellung  *292.   *317. 
Nadelhölzer  511. 
Nägelchen  547. 
Nährgewebe  *501. 
Nährlösung  204.  206. 
Nährsalze  203ff.  226.  274. 
Nährstoffe  188. 
Nährwurzeln   bei   Epiphyten 
158. 


Strasburger,   Lehrbuch  der  Botanik.     16.  Aufl. 


Najas  611. 

Narbe  170.  200.  276.  321 . 

Narcissus  622. 

Narkotika  322. 

Nastie  299.  316. 

Natrium  187.  206.  206.  227. 

—  -Selenit  240. 

Thiosulfat  240. 

Natterzunge  438. 
Navicula  346.  *347. 
Nebenblätter  94.  lOOff. 
Nebenprodukte  232. 
Nebenwurzeln  119. 

—  an    Konvexseite    *256. 
Nebenzellen  *44.  46. 
Neckeraceae  432. 
Nectria  388.  389. 
Negative  Reaktion  291.  299. 

301.  308.  310.  311.  312. 
Nektarien  60.  99.  200.  473. 
Nektarspalten  99. 
Nelke  553. 
Nelumbium  529. 
Nemalion  373.  374.  376. 
Neottia  163.  *225.  268.  634. 
Nepenthaceen   628. 
Nepenthes  314. 

—  Tierfang  *160.  223. 
Nepeta  592. 
Nephromium  414. 
Nerium  *587. 

Nervatur  95ff.*408.  423.  524. 

*610. 
Nerven  320. 
Nessel  666. 
Nestwurz  634. 
Netzgefäß  *55. 
Neubildung  245. 
Ncuropteris  463. 
Nicotiana  278.  287.  316.  596. 
Niederblätter   93,    103.    162. 

270. 
Niederschlagsmembran  190. 
Nischenblätter  bei  Epiphvten 

158. 
Nitella  290.  369.  370. 

—  Tursfordehnung  *192. 
Nirophvllum  373.  376. 
Nitratbakterien   219.   238. 

*334. 

Nitrate  23.  221. 

Nitrifikation  219.  236.  332. 

Nitritbakterien  219.  238.  334. 

Nitrobakter   *334. 

Nitrosomonas  *334. 

Nitzschia  347. 

Nodi  76. 

Nopalea  652. 

Nostoc  *335.  336. 

Nucellus  464. 

Nützlichkeit,    Zustandekom- 
men 181. 

Nukleoalbumin  227. 

Nukleolon  13.  18. 

Nuklooprotoide  12.  227. 

Nukleus  (Zellkern)  9.  13. 
43 


674 


Register. 


Nuphar  528. 

Nuptiale  Nektarien  60. 

Nuß  504. 

Nutationen  294.  297. 

Nux  504. 

Nyktinastische    Bewegungen 

*316.  *317. 
Nymphaea  257.  316.   *529. 

Obdiplostemon   473. 
Oberblatt  94. 
Oberfläche,  freie  63. 
Oberflächenspannung    289. 
Oberhaut  (Epidermis)  42ff. 
Oberständiger    Fruchtknoten 

*473. 
Obst  266. 
Obstbau  255. 
Obturator  *574. 
Ochrea  101.  *555. 
Ochrolechia  415. 
Ochsenauge  590. 
Octarch  117. 
Odontites  596. 
Odontospermum   295. 
Oedogonium  *357. 
Ökologie  3. 

—  der  Bestäubung  170.  477. 
Ölbaum  230.  *585. 
Öldrüsen  *60, 

Öle,  ätherische  25.  58ff.  232. 

—  fette  25.  218.  230. 
Ölgänge  61. 

körper  bei  Lebermoosen 

*70. 
Ölpalme  230.  614. 
Ölräume  60ff. 
Ölweide  546. 
ölstriemen  549. 
Oenanthe  *549. 
Oenothera  288.  *545. 
Oidium  387. 
Okenia  507. 
Okulieren   *26l. 
Olea,  Oleaceae  *585. 
Oleander  145.  247.  587. 
Oleum  Anisi  550. 

—  Amygdalarum  537. 

—  Arachidis  644. 

—  Aurantii  corticis  580. 

—  Aurantii  florum  580. 

—  Bergamottae   681. 

—  Betulae,  empyreumati- 

um  661. 

—  Cacao  574. 

—  cadinum  619. 

—  Cajuputi  547. 

—  Calami  617. 

—  Carvi  660. 

—  Caryophyllorum  547. 

—  Chamomillae   607. 

—  Cinnamomi  526. 

—  Citri  580. 

—  Grotonis  676. 

—  Foeniculi  650. 

—  Juniperi  6l9. 


Oleum  Lauri  626. 

—  Lavandulae  592. 

—  Lini  578. 

—  Macidis  625. 

—  Menthae  692. 

—  Nucistae  525. 

—  Olivarum  586. 

—  Pini  Pumilionis  519. 

—  Ricini  677. 

—  Rosae  637. 

—  Rosmarini  592. 

—  Santali  556. 

—  Sinapis  661. 

—  Terebinthinae  519. 

—  Thymi  592. 

—  Valerianae  599. 
Oiibanum  581. 
Olive  s.  Ölbaum  585. 
Olpidiopsis  378. 
Olpidium  *377.  378. 
Omnivor  220. 
Onagraceae  545. 
Onoelea  *434. 
Ononis  543. 
Ontogenie  2.  6. 
Oogamie  169.  329. 
Oogonien  *169.  327. 
Oomyceten  378. 
Oosphäre  329. 
Oospore  170.  275.  329. 
Ophiocytium  350. 
Ophioglossum   268.    *438. 

*439. 
Ophrys  634. 
Opium  667. 
Opponierte  Stipel  101. 
Optimum  185.  217.  250.  291. 
Opuntia  *147.  552. 
Orchidaceae    226.    276.    303. 

633. 
Orchis  *153.  *634.  *635. 
Organe  6. 
Ürganbildung   245. 
Organische    Säuren   23.   204. 

220.  232.  235. 
Organische  Substanz  187.208. 
Organismus  5. 
Organosraphie  7.  61ff. 
Organoid   258. 
Origanum  692. 
Ornithogalum  *36.  316.  618. 

*620. 
Ornithophilie  *482. 
Ornithopus  544. 
Orobanche    163.     267.     267. 

*598. 
Orseille  415. 
Orthostichen  77. 
Orthotrop  62.  299.  307. 
Ortsveränderung  288. 
Oryza  *629.  *630. 
Oscillaria  *335.  336. 
Osmometer  *190. 
Osmose  190. 
Osmotaxis  293. 
Osmotischer  Druck  I90ff. 


Osmotischer  Druck,  Wert  193. 
198. 

Osmunda  *442. 

Osterluzei,  Bestäubungsein- 
richtung *484. 

Ourouparia  698. 

Ovium  168.  329. 

Oxalis  297.  298.  317. 

Oxalsäure  220.  235.  240.  248. 

Oxydase  237. 

Oxydation  236.  238. 

Oxydationsgärung  240. 

Padina  365. 

Paeonia  529. 

Pahudia  592. 

Pakoe-Kidang  444. 

Palaeostachya  *452. 

Paläontologie    2. 

Paläophytologie   3. 

Palaquium  *584. 

Palea  440. 

Paleae  haemostaticae  444. 

Palisadenzellen  98.  253. 

Palmae,  Palmen  211.  235. 
301.    612. 

Palmella  354. 

Palmentypus  des  Leitbündel- 
verlaufes *85. 

—  des  Stammes  121. 
Palmöl  614. 
Palmwein  201.  614. 
Panaschierung  15.  215.  218. 
Pandanaceae,    Pandanus 

*612. 
Pandorina  354. 
Paniceen  306.  311. 
Panicula  =  Rispe. 
Panicum  629. 
Pantostomatinen  339. 
Papaver  *566. 
Papilionaceae  586.   278. 
Papillenhaare  *46. 
Pappel    *562. 
Pappus  *601.  *603. 
Papyrus  626. 
Paraffinöl  256. 
Paraguaytee  681. 
Parallelotrop  299. 
Paraphysen    367.    403.    385. 

428. 
Parasiten  67.   *161ff.  220ff. 

223.  257.  271. 

—  Haustorien  *67.  *162. 
Parasolschwamm   407. 
Parastichen  *78. 
Parasyndese  174. 
Paratonisch  297.  298. 
Parenchym  38.  40ff. 
Parenehymsystem  41. 
Parenchymzelle  41. 
Parietal  479. 

Paris  620.  *622. 

Parmelia    *411.    412.    *413. 

414. 
Parnassia  534. 


Register. 


675 


Parthenocissus*  156. 256. 297. 

314.  581. 
Parthenogenesis     165.     172. 

277.  499. 
Parthenokarpe  Früchte  275. 

601.  631. 
Passiflora  187.  312. 
Pastinaca,  Pastinak  549. 
Pathologie  4. 
Paullinia  581. 
Pavetta  598. 
Payena  584. 
Pcdiastrum  *355. 
Pedicularis  163.  596. 
Peireskia  552. 
Pektiiiase  35. 
Pektinstoffe  31  ff. 

—  in   Mittellamellen  35. 
Pelargonium  246.  247.  *577. 
Pellia  425.  426. 

Pelorie  476. 
Pcltigera   414. 
Penicillium  *67.  220.  *388. 
Pennatae  346. 
Pennawar  Djambi  444. 
Pentazyklisch   473. 
Pentacyclicae  584. 
Pentarch  ll7. 
Pentosane  31ff. 
Pepsine  231. 
Pepton  231.  292.  311. 
Peptonisierende  Enzyme  59. 

^»231. 
Perennierend   121.  lölff. 
Perianth  425.  469. 
Periblem  74.  114. 
Perichaetium  428. 
Periderm  138  ff. 
Peridineae,  Peridinium  *342. 

343. 
Peridium  340.  409. 
Perigon  470. 
Perisjyn  473. 
Perikarp  503. 
Periklinalchimäre  262. 
Periklinen  40.  75.  269. 
Periode,    große    Wachstums- 
r  243. 

Periodische  Bewegung  317. 
Periodizität    149.    201.    266, 

270. 

—  der   Kambiumtätigkeit 
I30ff. 

Periphysen  388. 
Periplasma  22.  31.  381.  385. 
Periplasmodium  31.  435. 
Perisperm  501. 
Perispor  435. 
Peristom  295.  430. 
Perithecium  386. 
Perizykel  im  Stengel  82. 

—  in  Wurzeln  116. 
Permeabilität  190.  207. 
Peronospora,  Peronosporeen 

*67.  *380.  *381. 
Persea  *527. 


Persio  415. 
Personatae  592. 
Perzeption  306.  311.  323. 

—  Organe  311. 
Pestbazillus  333. 
Petasites,  Pestwurz  606. 
Petiolus  94. 

Petroselinum,  Petersilie  549. 
Petunia  *592. 

Peziza  *390. 

Pfahlwurzel   120. 

Pfeffer  *558. 

Pferdekiimmel  549. 

Pfifferling  407. 

Pfirsich  261.  537. 

Pflanze  und  Tier  1.  2ff.  182. 

321  ff. 
Pflanzendrogen  4. 
Pflanzengeographie  3.  210. 
Pflanzenpathologie  4. 
Pflanzenverteilung   210. 
Pflanzenwachs  *43. 
Pflaume  261.  537. 
Pfropfbastarde  262ff. 
Pfropfen  *261. 
Pf r-opf hybride  262ff. 
Pfropfreis  260. 
Phaeocystis  338. 
Phaeophyceen  361. 
Phaeosporeen  364. 
Phaeothamnium  338. 
Phallaceae  410. 
Phanerogamen   325. 

—  Blüte  167ff.  468. 
Pharbitis  *303.\590. 
Pharmakognosie  4. 
Phascum  432. 

Phasen  des  Wachstums  245. 
Phasenwechsel  172. 
Phaseolus    *27.     *298.    318. 

544. 
Phelloderm   138. 
Phellogen  138. 
Phelloid  60.  140. 
Phellonsäure  33. 
Philadelphus  534. 
Phleum  630. 
Phloem  68.  85. 
Phloemparenchym  87. 

—  primanen  90. 
Phoenix  614. 
Phobisch  291  ff. 
Phormium,    Blattquerschnitt 

*97.  619. 
Phosphate  23.  205.  227.  275. 

292    311    318. 
Phosphor  187.  205.  223.  227. 

232.  275. 
Phosphorsäure  209,  227. 
Photogene     Bakterien     241. 

332 

—  Pflanzen  241. 

—  Pilze  408. 
Photonastie  316. 
Photosynthese  219. 
Phototaxis  291. 


Phototropismus    254.     *307, 

*308, 
Phragmidium  400.  *40l. 
Phycomyces  382.  383. 
Phycomycetes  376. 
Phykoerythrin  15.  335.  372. 
Phykoxanthin  16.  344.  362. 
Phykozyan  15.  335.  372. 
Phyllactinia  387. 
Phyllocactus  552. 
Phyllodium  145.  *146. 
Phyllokladien   *147. 
Phylogenie  2.  6. 
Physalis   *504. 
Physarum  *341. 
Physcia  414. 
Physiologie  3.  182. 
Physiognomie   141. 
Physostigma  544. 
Phytelephas  *37.  614. 
Phyteuma  603. 
Phytin  26.  227. 
Phytol  15. 
Phytophthora  *380. 
Phytosterine  12. 
Picea  *490.  *491.  *518.  519. 
Picrasma  581. 
Pigmentbakterien  332. 
Pilobolus  *308.  382. 
Pilocarpus,  Pilokarpin  581. 
Pilostyles,     Schmarotzertum 

*161. 
Pilularia  *444.  447.  448. 
Pilze  *67. 166. 194.  208.  220ff. 

226.  235,  238.  240.  246, 

252.  258.   268.  276.  311. 

327. 
Pimpinella  *545.  649.  550. 
Pinaceae  512. 
Pinguicula  158.  318.  614. 
Pinie  5l9. 
Pinnularia  *63. 
Pinselschimmel  388. 
Pinus  *57.  *98.  *130ff.  *13  8. 

*225.    230.    *468.    *489. 
If*491.    *492.    *518.    619. 
Piper,  Piperaceae  *558. 
Pirus  *138.  535. 
Pistacia  681. 
Pisum  *155.  544. 
Pithecoctenium,    Flügelsame 

*606. 
Pix  liquida  619.  562. 
Placenta  475. 
Plagiochila  *70,  *426. 
Plagiogeotropismus  302. 
Plagiotrop  62.  299.  302. 
Plankton  64.  342.  345. 
Planktoniella  *344. 
Planogameten  328. 
Plantagos,*475.  696. 
Plasma  9.  12. 
Plasmabelag  10. 
Plasmabewegung  10  ff. 
Plasmahaut  12. 
Plasmaverbindungen  36. 
43* 


676 


Register. 


Plasmodesmen  *36.  209. 
Plasmodiophora   342. 
Plasmodium    *10.    289.   293. 

340. 
Plasmolyse  10. 192.  *193.  206. 

298. 
Plasmolytische  Grenzkonzen- 
tration 193. 
Plasmopara  380. 
Piastiden  9. 

Plastische  Dehnung  248.    . 
Platanaceae,  Platanus  533. 
Platanthera  634. 
Platin  204. 

Plattenkollenchym  53. 
Platterbse  544. 
Platycerium  158.  268. 
Platystemon  566. 
Plectascineae  388. 
Plectridium  *332. 
Pleiochasium  111.  477. 
Plektenchym  34.  384. 
Plerom  74.  114. 
Pleurocarpi  432. 
Pleurocladia  *364. 
Pleurosigma  346.  348. 
Plumula  171.  *497. 
Pneumathoden  143. 
Pneumatophoren  *143.  211. 
Poa  630. 
Poaeoideen  306. 
Podetien  413. 
Podocarpus  225.  512. 
Podophyllnm  *527. 
Podospora  *389. 
Polarität   61.    64.    247.    254. 

255.  261.  267. 
Polarpflanze  251. 
Polioplasma  12. 
Polkappen  18. 
Pollenkammer  *487. 
Pollenkörner   *30.   167.   257. 

276.    *468.    *470.     *485. 

*489. 
Pollenmutterzelle  *466. 
Pollensack  167.   *466.   *468. 
Pollenschlauch  171.  245.  311. 

*487.  *489.  *493.  *494. 
Pollenübertragung  170.  478. 
Pollinium  *588.  *634. 
Polstergewächse   *145. 
Polyangideae  336. 
Polyangium  *336. 
Polyarch  117. 
Polycarpicae  525. 
Polyembryonie  171.   *504. 
Polygala  *579.  581. 
Polygam  470. 
Polygonatnm   *103.   *305. 

*610.  620. 
Polygonnm  303.  555. 
—  Embryosackentwicklung 

*495.  *496. 
Polypeptide  221. 
Polypodiaceae  440. 


Polypodium  296.   *434.  439. 

442.  *443. 
Polyporaceae    406. 
Polyporus  407.  409. 
Polysaccharide  23.  31. 
Polysiphonia  376. 
Polysporangium  373. 
Polystelie  92. 
Polytoma  *353.  354. 
Polytrichum  *419.  427.  428. 

*430.  432. 
Pomeranze  580. 
Pompelmus  580. 
Populus  *75.  *562. 
Porenkork  50. 
Poricid  504. 
Porogamie  495. 
Porometer  199. 
Porst  583. 
Porus  43. 
Positive  Keaktion  291.  299. 

302. 
Potamogeton  213.  *611. 
Potentilla  278.   537. 
Prähaustorien    von    Cuscuta 

162. 
Präsentationszeit  307.  310. 
Prävalieren  281. 
Preißelbeere  583. 
Primärblatt  102. 
Primäre    Verdickungsschich- 

ten  35. 
Primanen  90. 
Primordialblatt  92.  94. 
Primordium  92. 
Primula  *60.  *484.  *554.  555. 
Proembryo  *488. 
Profilstellung  *292.  310. 
Promycel  397.  400. 
Propeller  289. 
Prophase  19. 
Prosenchyme  40. 
Protandrie  483. 
Proteasen  231. 
Proteide  12. 
Proteine  11. 
Proteinkörner  *26.  59. 
Proteinsubstanzen  311.   s. 

auch  Eiweiß. 
Proteolytische  Enzyme  231. 
Prothallienzellen,    vegetative 

*485.  *489. 
Prothallium    *72.    175.    252. 

309.  432. 

—  von  Samenpflanzen  175. 
Protococcales  354. 
Protogynie  483. 
Protomastiginen  339. 
Protonema  416.  427. 
Protophloem  90. 
Protoplasma  1.  9.  183.  184. 

189.  191  ff.  206.  248. 

—  Aggregatzustand   10. 

—  Chemische   Eigenschaften 
11. 

—  Färbung  12. 


Protoplasma,     Fixierung  12, 

—  physikalische  Eigen- 
schaften 10. 

—  Reaktionen  12. 
Protoplasmabewegung  10. 

209.  290. 
Protoplasmaeinschlüsse   23. 
Protoplasmaströmung     lOff. 

209.  290. 
Protoplasmaverbindungen36. 
Protoplast  8.  9. 
Protosiphon  277.  356. 
Protoxylem  90. 
Prunus  *93.  *535.  537. 
Psalliota  *407. 
Pseudomonas  241. 
Pseudoparcncbym  384. 
Pseudopodium   337. 
Pseudotsuga  516. 
Psidium  546. 
Psilotum  458. 
Psyche  323. 
Psychotria  598. 
Pteridium    *57.    *86.    *113. 

*433.  *434.  442.  443. 
Pteridophyten  432. 
Pteridospermen  461. 
Pteris  *433. 
Pterocarpus  644. 
Puccinia  *399.  *400.  401.  402. 
Pulpa  prunorum  537. 

—  Tamarindorum  540. 
Pulque  201.  622. 
Pulsierende  Vakuole  11. 
Pulu  444. 

Punica,  Punicaceae  *546. 
Purpurbakterien  215.  332. 
Pykniden  *389. 
Pyknosporen  389. 
Pyknokonidien    389. 
Pyramidenwuchs^287. 
Pyrenoide  *14. 
Pyrenomyceten  388. 
Pyronema    386.    386.    *391. 

*392. 
Pythium  380. 

Quarz  204. 

Quassia  *68l. 

Quellstifte  368. 

Quellung  189.  295. 

Quellungsmechanismus    295. 

Quercus  *139.  *560.  *56l. 

Querschnitt  61. 

Quillaja  *536. 

Quirl  76. 

Quitte  261.  536. 


Radiär  61.  268.  *475. 
Radiale  Leitbündel  *' 
Radieschen  153.  569. 
Radikula  171.  498. 
Radiumstrahlen  264. 
Radix  Althaeae  670. 

—  Angelicae  550. 

—  Arnicae  607. 


117. 


Register. 


677 


Radix,  Bardanae  608. 

—  Belladonnae  594. 

—  Colombo  526. 

—  Gentianae  587. 

—  Gelsemii  587. 

—  Ipecacuanhae  598. 

—  Levistici  550. 

—  Liquiritiac   544. 

—  Ononidis  644. 

—  Petroselini  550. 

—  Pimpinellae  550. 

—  Pyrethri  608. 

—  Ratanhiae   540. 

— •  Rhei    s.     Rhizoma    Rhei 
556. 

—  Sarsaparillae  621. 

—  Senegae  581. 

—  Taraxaci  608. 

—  Valerianae  699. 
Rafflesia,  Rafflesiaceae   162. 

528. 
Ramalina  413. 
Ramie  666. 
Randwachstum  74. 
Ranken    *165ff.,    256.    297. 

303.  308.  312.  *313.  318. 
Rankenpflanzen   156. 
Rankenplatterbse  *155.  544. 
Ranunculus  *89.  276  *530. 
Raoulia  *145.  605. 
Raphanus  569. 
Raphe  466. 
Raps  569. 
Rasse  277.  286. 
Raute  *678. 
Ravenala  631. 
Razemös  66.  110. 
Reaktion  306. 
Reaktionszeit  307. 
Rebe  201.  276. 
Rebenzucht  266. 
Rechtswinder  *303. 
Reduktion     der     Oberfläche 

bei  Xerophyten  *146ff. 
Reduktionsgärung    240. 
Reduktionsteilung  20.  172ff. 

*174.  276.  285. 
Reduzierte  Organe  7. 

—  u,  Abstammungslehre  178. 
Regenwald  155.  157.  186. 
Regulationen  183.  184.  194. 

197.  248.  260. 
Reif  (aus  Wachs)  43. 
Reifen  der  Früchte  232. 
Reis  *629.  *630. 
Reiz  184.  257.  267.  275.  290. 

291.  297.  298. ff.  321. 
Reizanlaß  323. 

mittel   323. 

schwelle  293.  322. 

Reizbarkeit  183.  321. 
Reizbewegungen  298  ff. 
Reizempfänglichkeit  322. 
Reizerscheinungen  184. 
Reizker  407. 
Reizleitung  306.  310.  323. 


Reizmengengesetz   306,   310. 

324. 
Reizperzeption  306.  310. 
Reizreaktion  306.  310.  323. 
Reizschwelle  293.  322. 
Reliktendemismen  179. 
Renntierflechte  413.  416. 
Reservestärke  27. 
Reservestoffe   23.   24.   227  ff. 

231. 
Reservezellulose  32.  36.  230. 

*501. 
Resina  Guajaci  578. 
Restitution    107.    245.    250. 

261.  267.  278. 
Resultante  291.  305.  306.  308. 

316.  324. 
Rettich,  Knolle  153.  569. 
Rezessiv  281. 
Rhabarber  666. 
Rhabdonema  347. 
Rhamnaceae,  Rhamnus  *581. 
Rhaphiden   *25. 
Rheotaxis  294. 
Rheotropismus  312. 
Rheum  *555. 
Rhexigene      Interzellularen 

38. 
Rhinantheae  163.  223. 
Rhipidium  =  Fächel. 
Rhipsalis  552. 
Rhizinen  411. 
Rhizoiden  70.  427. 
Rhizom  73.  *103.  lölff.  270. 

302.  304. 
Rhizoma  Calami  6l7. 

—  Filicis  444. 

— •  Galangae  633. 

—  Graminis  630. 

—  Hydrastis  632. 

—  Imperatoriae  550. 

—  Iridis  623. 

—  Rhei  666. 

—  Tormentillae  537. 

—  Veratri  620. 

—  Zedoariae  633. 

—  Zingiberis  632. 
Rhizomorpha  241.  408. 
Rhizophora  *143.  *545. 
Rhizopodien  337. 
Rhizopus  *381.  383. 
Rhododendron  280.  683. 
Rhodomela  376. 
Rhodophyceen  *67.  371. 
Rhoeadinae  566. 
Rhoeo  624. 

Rhus  681. 
Rhyniaceae  458. 
Ribes  *535. 
Riccia  *69.  420.  *425. 
Richardia  615. 
Richtende  Reize  291.  299. 
Richtung  der  Zellwand  269. 
Richtungsbewegungen  299. 
Ricinus  *26.  230.  *576. 
Riedgras  626. 


Rinde  der  Luftwurzeln  116. 

—  sekundäre  125. 

—  des  Stengels  79  ff. 

—  der  Erdwurzeln  116. 
Rindenbündel  82. 
Rindengrenze    in    Stengeln 

81. 

—  in  Wurzeln  116. 
Ringelborke  140. 
Ringelblume  607. 
Ringelung  202. 
Ringgefäß  *56. 
Ringtrach( ide    *55. 
Rippen  95. 

Rispe  *476. 

Rizinusöl  26.  577. 

Robinia  *135.  *148.  317.  320. 

543. 
Roccella  *413.  416. 
Röhrling  406. 
Röntgenstrahlen  264. 
Roggen  204.  *628.  *629. 
Rohr  (Stuhl-)  614. 
Rohrzucker  23.  230.  293.  654. 

614.  630. 
Rosa  285.  *535.  637. 
Rosiflorae  633. 
Rose  von  Jericho  295.  569. 
Rosettenpflanzen    161.    249. 

270. 
Rosine  275. 
Rosmarinus  592. 
Roßkastanie  251.  681. 
Rostellum  634. 
Rostpilze  399. 
Rotation    des    Protoplasmas 

11.  290. 
Rotalgen  216.  371. 
Rotbuche  *560. 
Rotdorn  636. 
Rotierende  Nutation  297. 
Rottanne  617. 
Rozites  408. 
Rubia  698. 
Rubidium  205. 
Rubiinae  226.  697. 
Rubus  278.  537.  *604. 
Rübe  163.  193.  228.  274. 

—  Dickenwachstum  127. 

—  Teltower  669. 
Rübsen  669. 
Rückkreuzung  283. 
Rückschlag  262.  *263. 
Rüster  *663. 
Ruhelage  302. 
Ruheperioden  149.  266. 

—  der   Keime  164. 

—  der  Samen  466. 
Ruhezustände  266. 
Rumex  566. 
Ruminiertes    Endosperm 

*626.  614. 
Runkelrübe  127.  664. 
Ruppia  611. 
Ruscus  *147.  620. 
Russula  *404. 


678 


Register. 


Ruta,  Rutaceae  578. 
Rutengewächse  146. 

Sabadilla  618. 
Saccharomyces  *22.  *394. 
Saccharum  *43.554.614.  630. 
Sachs  sehe  Jodprobe  *218. 
Sadebaum   *515. 
Säulenwurzeln  *120. 
Säureausscheidung  208. 
Säuren   201.   208.   220.   232. 

267.  292.  311. 
Safran  *623. 

Saftfäden  367.  403.  428.  385. 
Saftraum  *9.  10.  248. 
Sagittaria  *611. 
Sago  614. 

Saison-Dimorphismus  587. 
Salat  605. 
Salbei  *59l. 
Salep  635. 
Salicornia  *147.  554. 
Salix  *255.  278.  *562. 
Salpeterbakterien    219.    238. 

334. 
Salpetersäure  222.  227.  238. 
Salpetersaurer  Kalk  209. 
Salpeterpflanzen  222. 
Salpeterwert  193. 
Salpetrige  Säure  221.  238. 
Salvia  *592. 

—  Bestäubung  *481. 
Salvinia  444.  *445.  *446. 
Salzdrüsen  60. 

Salze  188.  204.  206. 
Salzpflanzen  144. 
Salzsäure  227. 
Sambucus  *50.  599. 
Samen   165.    171.   228.   266. 
267.  326.  465. 

—  Ausschleuderung  295.  664. 

—  Keimung   171.   235.   507. 

—  Ruhe  266.  465. 

—  Verbreitung  171.  295.  505. 
Samenanlage  167.  464. 

—  -dorsal,  —  ventral  472. 
Samenfarne  461. 
Samenlose  Früchte  275. 
Samenmantel  502. 
Samennaht  465. 
Samenpflanzen  334.  464. 
Samenschale  171.  500. 
Sammelart  285. 
Sammelfrucht  504. 
Samolus  *106. 
Sandaraca  619. 
Sandelholz  556.  544. 
Sanguisorba  *535. 
Santalaceae.    Santalum  223. 

666. 
Santoninum  607. 
Sapindaceae  156ff.  581. 
Saponaria  *553. 
Sapotaceae  584. 
Saprolegnia  *166.  273.  *379. 
Saprophyten  220ff. 


Sarcina  334. 
Sargassum  363. 
Sarothamnus  543. 
Sarraceniaceen  160.  528. 
Sassafras  526.  *527. 
Satanspilz  406. 
Saubohne  544. 
Sauerampfer  556. 
Sauerkraut  240. 
Sauermilch  239. 
Sauerstoff  187. 188.  208.  210. 

211.  212.  233ff.  235.  257. 

267.  283.  290.  320. 

—  als   Nebenprodukt   der 
Assimilation   *213.   236. 

—  bei    Atmung    verbraucht 
233  ff. 

—  Bedeutung  für  Wachstum 
257. 

—  Bindung  236.  240. 

—  Gewinn  240. 
Saugfortsätze  *67.  163. 
Saugkraft  192ff.  196. 

— ■  transpirierender   Sprosse 

202. 
Saugnäpfe  256. 
Saugung,  osmotische  203. 
Saugvermögen  192.  195.  196. 

203. 
Saugwürzelchen   120. 
Savanne  186. 

Saxifraga,  Saxifragaceae  534. 
Scabiosa  600. 
Scammonium  590. 
Scandix  649. 
Scenedesmus   *355. 
Schachtelhalme  206.  296.  448. 
Schafgarbe  606. 
Schattenblätter  98.  263.  257. 

270. 
Schattenpflanzen    165.    185. 

195.  234.  251. 
Schauapparate   480. 
Scheibenpilze  390. 
Scheide  *102. 

—  des  Blattes  101. 

—  Gewebe-  42. 

—  Leitbündel-   89. 
Scheinachse  *105.  110.  *111. 
Scheinfrucht  604. 
Scheitel  64.  73. 
Scheitelwachstum  64.  73. 
Scheitelzellen   39.    *69.    *70. 

73.  *74.  *113. 

—  dreischneidige   70. 

—  zweischneidige  70. 
Schichtung    d.    Zellmembra- 
nen im  Gewebe  34ff. 

Schichtzellen  465. 
Schierling  550. 
Schistostega  *430.  432. 
Schizaeaceen  442. 
Schizocarpium  504. 
Schizogene  Interzellularen  37. 
Schizomycetes  329. 
Schizonema  344. 


Schizophyceen  335. 

Schizophyta  335. 

Schizosaccharomyces  394. 

Schlafstellung  *317. 

Schläuche  68. 

Schlauchalgen  33.  67ff.  369. 

Schlauchpilze   384. 

Schleim  24.  68.  60ff. 

Schleimdrüsen  60. 

Schlehe  261. 

Schleimgänge  61. 

Schleimpilze  291.  339. 

Schleimröhren  69. 

Schleimsaft  61. 

Schleudern  420.  449. 

Schließfrucht  504. 

Schließhaut  von  Tüpfeln  30. 
36. 

Schließzellen  *44ff.  *197.316. 

Schlingpflanzen  166.  *197. 
*303.  315. 

Schmarotzer  *161. 

Schmarotzerpilze  *67. 

Schmetterlingsblüte   *642. 

Schnecken  als  Befruchtungs- 
vermittler 482. 

Schneckenklee  648. 

Schneeball  699. 

Schneeglöckchen  622. 

Schnittlauch  vgl,  Lauch  618. 

Schöllkraut  666. 

Schöpfungstheorie  176. 

Schoenocaulon  618. 

Schote  604. 

Schrägzeilen  78. 

Schraubel  111.  *112. 

Schraubengefäß  *55. 

Schraubenstellung  78. 

Schraubentracheide  *66. 

Schreckfarben  232. 

Schriftflechte  413. 

Schrumpfung  295. 

Schubfestigkeit   *97. 

Schuppen  103. 

—  in   Winterknospen  160ff. 
Schuppenbäume   461. 
Schuppenborke  140. 
Schuppenhaare  46.  *47. 
Schuppennarben  161. 
Schuppenwurz  696. 
Schutzgummi  140. 
Schutzmittel  gegen  Bestrah- 
lung 165. 

—  gegen  Erwärmung  144  ff, 

—  gegen  Kälte  160 ff. 

—  gegen  Licht  145  ff. 

—  gegen  Transpiration  144ff. 
196. 

—  gegen  Vertrocknung  160ff 
Schutzwirkung  227. 
Schwämme  405. 
Schwammparenchym  98. 
Schwärmsporen    166.     *169. 

290.  328. 
Schwarzkiefer  619. 
Schwarzwurzel  605. 


Register. 


679 


Schwebeeinrichtungen  64. 
Schweber  64. 
Schwefel  187.  205.  226. 
Schwefelbakterien   219.   238. 

334. 
Schwefelregen  478. 
Schwefelsäure    226.    227. 
Schwefelwasserstoff  238.  240. 
Schwellkürper  626. 
Schwellwasser   248. 
Schwerkraft  255.  300.  305. 
Schwertlilie  s.  Iris  *624. 
Schwimmblätter    *102.    270. 
Schwimmen  289. 
Schwimmer  64. 
Scilla  618. 
Sciadium  352. 
Sciadopitys  615. 
Scinaia  376. 
Scirpus  *625. 
Scitamineae  630. 
Scleroderma    *409. 
Scleropodium  *430. 
Sclerospora  380. 
Scolopendrium  439.  *441. 
Scopolaminum  594. 
Scorzonera  *508.  605. 
Scrophularia  696. 
Scutellum  *627. 
Scytonema  415. 
Seeale  *628.  *629. 
Seeale  comutum  389. 
Sedum  *534. 
Seegras  611. 
Seele  323. 
Seerose  *529. 
Segmente  68. 

Seidelbast   s.    Daphne    *544. 
Seifenkraut   s.    Saponaria 

*553. 
Seismonastie  318. 
Seitenachse  65  ff. 
Seitenwurzeln  65.  *115.  *119. 

194. 
Seitliche  Verzweigung  65. 

—  bei  Wurzeln  119. 
Sekret  58ff.  227. 
Sekretbehälter  ö8ff. 
Sekretgewebe  58. 
Sekretlücken  61. 
Sekretschläuche  58. 
Sekrotzellen  58. 

—  im  Bast  136. 
Sektorialchimäre  262. 
Sekundäres  Dickenwachstum 

des   Kormus  120ff. 

—  bei  Laminaria  69. 

—  bei  Wurzeln  *126ff. 
Sekundäre   Gewebe  122  ff. 

—  Rinde   125. 

—  Verdickungsschichten  35. 
Sekundärzuwachs  122ff. 
Selaginella  *103.   189.   *456. 

*457. 
Selbstbestäubung    170.    286. 
483. 


Selbsterhitzung   241. 
Selbststerile  Blüten  483. 
Selbststeuerung  184. 
Selektion  181.  286. 
Sellerie  649. 
Semen  Arecae  6l4. 

—  Calabar  644. 

—  Colae  674. 

—  Colchici  620. 

—  Cydoniae  537. 

—  Erucae  569. 

—  Foenu  graeci  544. 

—  Lini  578. 

—  Myristicae   526. 

—  Papaveris  567. 

—  Quercus  662. 

—  Sabadillae   621. 

—  Sinapis  669. 

—  Stramonii  594. 

—  Strophanthi  689. 

—  Strychni  587. 
Semipermeabel  12.  190.  206. 
Sempervivum  273.  274.  275. 

584. 

Senecio  266.  271. 

Senf  *307.  669. 

Septicid  604. 

Sequoia  201.  272.  615. 

Seriale  Beiknospen  106. 

Serjania,  Dickenwaehstum 
*166. 

Serodiagnostik  624. 

Serodiagnostische  Stamm- 
bäume: 

—  bei  Centrospermae  652. 

—  bei  Columniferae  671. 

—  bei  Dikotylen  624. 

—  bei  Monokotylen  609. 

—  bei  Polycarpicae  624. 

—  bei  Sympetalae  683. 
Serradella  226.  544. 
Seta  428. 

Sexualität    166.    168ff.    171. 

273  ff. 
Sexualorgane  168  ff. 
Sexualsystem   333. 
Sexualzellen,   Vereinigung 

*169. 
Sexuelle   Fortpflanzung  165. 

168ff.  243 ff. 
Shepherdia  *47.  545. 
Shorea  670. 
Sichel  111.  *112. 
Sicyos,  Ranke  312.  *313. 
Siebparenchym  87. 
Siebplatten  63.  *54. 
Siebröhren  54 ff.  232. 

—  im  Bast  136. 
Siebstränge  57ff.  87. 

—  im  Bast  136. 
Siebteil  58.  85. 
Siebtüpfel  *54. 
Siegelbäume  460. 
Sigillariaceen  460. 
Silene  278.  316.  *553. 
Siler  649. 


Silicium  187.  206. 
Silicoflagellatac    338. 
Silphium  310.  606. 
Simarubaceae   581. 
Sinapis  *307.  308.  *569. 
Sinne  324. 
Sinnpflanze  *319. 
Sinus  305.  306.  324. 
Siphonales  34.  67ff.  290.  359. 
Siphonocladus  359. 
Siphonogamen  466. 
Sisymbrium  *668. 
Sium  549. 
Skat  Ol  240. 
Skiereiden  *29.  30. 
Sklerenchym  51ff.  148. 
Sklerenchymfasern  *52.  128. 
Sklerenchymstränge  52.  80ff. 

97.  117ff. 
Sklerenchymzellen  52. 
Sklerokaulen  146. 
Sklerophyllen   146. 
Sklerotien^*34.  341.  380.  389. 
Smilax  312.  620. 
Solanum',*27.  *152.  262.  278. 

314.  *592. 

—  Chimären  262.  *264.  609. 
Sole  12.  189. 

Solidago  605. 
Solorina  414. 
Somatisch  250. 
Sommergrüne  150.  186. 
Sommerholz  131. 
Sonchus  605. 
Sonnenblätter  98.  253. 
Sonnenblume  197.  *249.  605. 
Sonnenröschen   *569. 
Sonnentau,   Tentakeln  *159. 
Soral  412. 

Sonneratia  *143.  301.  547. 
Sorbus  278.  *279.  536. 
Soredien  411. 
Sorghum  629. 
Sorus  365.  440. 
Spadiciflorae,  Spadix  612. 
Spätholz  131. 
Spaltalgen  335. 
Spaltfrucht  604. 
Spaltöffnungen  43ff.  *44.  71. 
196.  *197.  316. 

—  Funktion  43ff.  196.  *197. 
211  ff. 

—  bei  Moosen  71.  411.  417. 
419. 

Spaltöffnungsapparate    43ff. 

*46. 
Spaltöffnungszahl  in  Blättern 

97.  197. 
Spaltpflanzen  336. 
Spaltpilze  329. 
Spaltung  der  Bastarde  281. 
Spanischer  Pfeffer  693. 
Spannungen  192.  *249.  *266. 
Sparassis  405. 
Sparganiaceae  61 2. 
Spargel  620. 


680 


Register. 


Sparteinum  544. 

Spartium  544. 

Spatha  612. 

Spathicarpa  615. 

Speichergewebe  41. 

Speichern  207. 

Speicher  Organe  lölff.  *152ff. 

Speichertracheiden  55.  58. 

Speicherung    von    Stoffen 
lölff.  207. 

Speiteufel  408. 

Spektrum  *214. 

Spelt  *628. 

Spelzen  626. 

Spermakern  171.  *489. 

Spermatangium  373. 

Spermatien    373.    384.    400. 
414. 

Spermatochnus  369. 

Spermatogene  Zelle  489. 

Spermatogenes   Gewebe  169. 

Spermatophyten  326.  464. 

Spermatozoen  329. 

Spermatozoid  329. 

Spermazelle  *466. 

Spermien  168.  290.  292  ff .  329. 
*486. 

Spermogonien  400.  414. 

Spezielle  Botanik  4. 

Sphacelaria  *364. 

Sphaeria  388. 

Sphärite  23.  28. 

Sphaerococcus  376. 

Sphärokristalle  23.  28. 

Sphaeroplea  359. 

Sphaerotheca  *387. 

Sphagnum  71.  272.*420.  428. 

Sphagnales  420.  427. 

Sphenophyllum  *452. 

Sphenopteris  *462.  463. 

Spezifische   Eigenschaften 
262. 

Spica  =  Ähre. 

Spielarten  287. 

Spinacia,   Spinat  554. 

Spindelfasern  18. 

Spiraea,    Spiraeaceae   *535. 

Spiralstellung  78. 

Spiremstadinm   17. 

Spirillum  *63.  289.  *330. 

Spirochäte  *63. 

Spirodinium  343. 

Spirogyra  *21.  257.  *350. 

Spirophyllum  334. 

Spirotaenia  348. 

Spitze  61. 

Spitzenwachstum  64. 

Splachnum  430. 

Splint,  Splinthölzer  135. 

Spontane  Bewegungen  s.  au- 
tonome B. 

Sporangien  166.  296.  328. 

Sporangiensporen  166. 

Sporen  164.  I66ff.  186.  254. 
266.  276.  326.  328. 

Sporenpflanzen  326. 


Sporenschlauch  385. 
Sporenverbreitung  166.  295. 
Sporidien  397.  400. 
Sporodinia  *382. 
Sporogenes  Geweba  166. 
Sporogon   419. 
Sporokarpien  444. 
Sporophyll  167.  435.  475. 
Sporophyt  72.  175.  329.  464. 
Sporotheca  436. 
Spreizklimmer  156. 
Spreuschuppen  46.  440. 
Sproß  62.  73ff. 
Sproßachse  73. 

—  äußerer  Bau  75ff. 

—  innerer  Bau  79ff. 
Sproßanlagen  *73.  *105. 
Sproßentwicklung  73ff. 
Sproßdornen   *148. 
Sproßfolge  lOSff. 
Sproßknollen  *152. 

—  bei   epiphytischen   Orchi- 
deen 157, 

—  bei  Sukkulenten  149. 
Sproßpilze  394. 
Sproßranken   *156. 
Sproßreduktion  bei  Parasiten 

161. 

—  bei  Xerophyten  147. 
Sproßscheitel   *73ff. 
Sproßvegetationspunkt  *73f  f. 
Stachelbeere  534. 
Stacheln  48. 
Stachelschwämme  406. 
Stachys  592. 

Stärke  *27ff.  217.  220.  228. 
232. 

—  korrodierte  *229. 
Stärkebildner  16.  27. 
Stärkeherde  *14. 
Stärkekörner  *27.  305. 
Stärkemehl  27. 
Stärkescheide    des    Stengels 

81.  89. 
Stäubling  409. 
Stamen,  Stamina  470. 
Staminodien   470. 
Stamm,   Dickenwachstuni 

120ff. 

—  Palmentypus  122. 
Stammbaum  177. 
Stammbäume     der     Centro- 

spermae  552. 

—  der  Golumniferae  571. 

—  der  Dikotylen  524. 

—  der  Monokotylen  609. 

—  der  Polycarpicae  524. 

—  der  Sympetalae  583. 
Stammesgeschichtc    2. 
Stammglieder   76. 
Stammsukkulenten  149. 
Stangeria  509. 
Stanhopea  605. 
Stapelia  *149.  589. 
Staphylococcus   *333. 
Starrezustände  290.  297.  320. 


Starrkrampfbazillus  333. 
Stationäre  Reize  322. 
Statolithen  305. 
Staubbeutel  296. 
Staubblatt  *168.  243.   *321. 

470. 
Stauden  121.  151ff. 
Stechapfel  *594. 
Stechpalme  581. 
Stecklinge  107.  247.  277. 
Steinbrand  398. 
Steinbrech  200.  534. 
Steineiche,  Borke  *139. 
Steinfrucht  504. 
Steinklee  544. 
Steinkohle  216. 
Steinkork  50. 
Steinpilz  *34.  406. 
Steinzellen  *29.  30.  51. 
Stelärtheorie  91. 
Stele  91. 
Stellaria  553. 
Stelzwurzeln  *143. 
Stemonitis  *340.  342. 
Stempel  s.   Fruchtknoten. 
Stengel  73. 

—  innerer  Bau  79  ff. 

—  -Wachstum  244. 
Stengelglieder  76. 
Stengelstruktur   79  ff. 
Steppengräser   146. 
Sterculiaceae  573. 
Stereome  51. 
Stereum  405. 
Sterigmen  396. 
Stern-Anis  525. 
Sternhaare  46.  *47. 
Stickstoff     187.     205.     209. 

221ff.  232.  240.  275. 
Stickstoffbinder  *224.  332. 
Stiefmütterchen     *46.     *48. 

*569. 
Sticta  414. 
Stigma  472. 
Stigmatomyces  *395. 
Stilophora  370. 
Stimmung  299.  304.  310.  324. 
Stimmungswechsel  310. 
Stinkbrand  398. 
Stinkmorchel  410. 
Stipa  pennata  295.  520. 
Stipelu  101. 

Stipites  Laminariae  368. 
Stipulae  94.  lOOff. 
Stockausschlag   107. 
Stoff  auf  nähme  188ff. 
Stoffe,   Herkunft  188  ff. 

—  Speicherung  207. 
Stoffliche  Einflüsse  186.  256. 

258. 
Stoff  Umwandlung   227  ff. 
Stoff  Wanderung   227ff. 
Stoffwechsel   182.    187.    188. 
Stoff  Wechselprodukte  232. 
Stolonen  165. 
Stomata  *44ff. 


Register. 


681 


Stomatär  197. 
Stoppelschwamm   40G. 
Stoßreize  319  ff. 
Sträucher  121.  150. 
Strahlenarten    254. 
Strahlenpilze  395. 
Strahlige  Blüten  *475. 
Strandpflanzen  194. 
Stratiotes  612. 
Straußfarn  440. 
Streckung  der  Organe  248. 
Streifung   der   Zellhaut   *31. 
Strelitzia  *482.  631. 
Streptochaeta   *627. 
Streptococcus  332.  *333. 
Strickeria,   Pyknide   *389. 
Strobilus  Lupuli  *565. 
Strömung  des  Plasmas  10. 
Strohblume  605. 
Stroma  17.  398. 
Strophanthus  *588.  589. 
Struthiopteris  440.   *443. 
Strychnos  *586.  587. 
Stützblatt  106. 
Stützfasern  20. 
Stützwurzeln  120. 
Stylus  *472. 

Styracaceac,  Styrax  589. 
Styrax  liquidus  532. 
Suberin  32. 

lamellen  48. 

Suberinsäure  33. 
Succisa  *600. 

Sukkulente   *149.   187.   189. 
235.  534.   551.  552.  589. 
621.  622. 
Sulfate  23.  205.  226.  240. 
Sulfatreduktion  240. 
Sultanine  275. 
Summierung  unterschwelli- 
ger Reize  307.  310. 
Sumpfpflanzen,  Luftkanäle 
142ff. 

Superphosphat   210. 

SurirellaI347. 

Suspensor   433.    *488.   *492. 
*497. 

Symbiose  225.  258.  336.  410. 
422.  423.  437.  438.  445. 

Symmetrisch  61. 

Symmetrieverhältnisse  61. 
245.   254.   268. 

Sympetalae  584. 

Symphytum  590. 

Sympodial  110.  *lllff. 

Sympodium  105.  110.  *lllff. 

Synandrae  600. 

Synapsis  172. 

Synchytrium  378. 

Synkarp  470. 

Synedra  347. 

Synergiden  *496.  *497. 

Syringa  *585. 

Syrupus  Cerasorum  537. 

—  Mororum  565. 

—  Ribium  534. 


Syrupus  Rhamni  catharticae 

681. 
—  Rubi  idaei  537. 
Systematik  3. 
Systeme  325. 

Tabak  204.   241.   260.   *595. 

Tabakfermentation  241. 

Tabakrauch  267. 

Tabernaemontana  589. 

Taeniophyllum    Zollingeri 
*148._ 

Tagesperiode  318. 

Tagesschlaf  317. 

Tagesstellung  *317. 

TALBOTsches  Gesetz  310. 

Tamarindus  540.  *541. 

Tanacetum  606. 

Tanne  110.  260. 

Tannin  24. 

Tapetenzellen   31.   435.   465. 

Taphrina  393.  *394. 

Tapioka  576. 

Taraxacum  *59.  244.  248. 
*249.  *253.  605.  608. 

Taubnessel  s.  Lamium  592. 

Taumellolch  631. 

Tausendgüldenkraut  587. 

Taxis  291  ff. 

Taxodium  272.   *515. 

Taxus  *84.  272.  *512.  *513. 

Tectona,  Teakholz  591. 

Tee  *570. 

Teilung  der  Zelle  17ff.  268. 

Teleutosporen   400. 

Telophase  19. 

Temperatur,  Lebensbedin- 
gung 185. 

—  Einfluß  auf  Assimilation 
217. 

—  Einfluß  auf  Atmung  235. 

—  Einfluß  auf  Wachstum 
250.  *251.  267. 

—  Einfluß  auf  Blütenbiklung 
274. 

Temperaturwechsel  als  Be- 
wegungsreiz 316. 

Tentakeln  *159.  318. 

Terebinthina  519. 

Terfezia  388. 

Terminalia  506. 

Ternstroemiaceae   570. 

Tertiäre  Verdickungsschich- 
ten  35. 

Testobjekte  348. 

Tetanusbazillus  333. 

Tetraden  419.  435. 

Tetrarch  117. 

Tetracyclicae  584. 

Tetragonolobus  544. 

Tetraploidie  bei  Moosen  176. 

Tetrasporangien,  Tetrasporen 
365.  379. 

Teucrium  592. 

Teufelsei  410. 

Teufelszwirn  s.  Cuscuta  589. 


Thalictrum  277. 
Thallöse  Pflanzen  63. 
Thallophyta  327. 
Thallus  63ff. 
Thamnidium  383. 
Thea  *570. 
Theca  470. 
Thecotheus  386. 
Thelephora  405.  412.  415. 
Theobroma  *573. 
Thermonastie  316.  318. 
Thermotropismus  312. 
Thermotaxis  294. 
Thermophile  241. 
Thesium  163.  223.  556. 
Thigmonastie  318. 
Thigmotropismus  312. 
Thomasmehl  210. 
Thomasschlacke   210. 
Thuja  514. 
Thyllen   *135. 
Thymelaeaceae   544. 
Thymolum  392. 
Thymus,  Thymian  592. 
Tiefenlage  153ff.  304.  *305. 
Tiere  und  Pflanzen  1.  2.  3. 
182. 

—  als    Bestäubungsvermitt- 
ler 170.  491ff. 

—  Samenverbreiter  171.  520. 
Tier223.  232.  235.  248.322ff. 

—  Ernährung  220. 

—  Stoffaufnahme  188. 
Tierfangende  Pflanzen  158ff. 

528. 
Tilia  *133ff.  572. 
Tilletia  *398. 
Tilopteris  365. 
Tmesipteris  458. 
Tochterachse  *65.  66. 
Tochterchromosomen  18. 
Tod  186.  272. 
Tollkirsche   *593. 
Toluifera  s.  Myroxylon  544. 
Tolypellopsis  371. 
Tomate  *264.  593. 
Tonsille  190. 
Topinambur  605. 
Topisch  291. 
Torenia  247.  321.  595. 
Torreva  *489.  *491. 
Torf  215. 

Torfmoose  71.  428. 
Torsion  294.  295.  303.  309. 

—  hygroskopische  *295. 

—  der  Schlingpflanzen  304. 
Torus  *57. 
Totentrompete  405. 
Tozzia  163.  223.  267.  596. 
Trabeculae  460. 
Tracheale    Gewebeart   *55ff. 
Tracheen  *55ff.  *r28.  209.^ 
Tracheiden    55.    *57.    *128. 

129.  209. 
Tradescantia   *11.   *16.   ^^44. 
247.  624. 


682 


Register. 


Träger  81. 
Tränen  s.  Bluten. 
Träufelspitze  144. 
Tragacantha  *543.  544. 
Tragblatt  106. 
Tragmodul  d.   Sklerenchym- 

fasern  52. 
Tragopogon  605. 
Transfusionsgewebe  in  Coni- 

ferennadeln   96. 
Transpiration    143ff.    I95ff. 

256. 
Transpirationsschutz   259. 
Transpirationsstrom  I96ff. 

199  ff.  202.  209. 
Transplantation   260. 
Transversal,  rechts,  links  108. 
Transversale  108. 
Transversalgeotropismus  302, 
Transversalphototropismus 

309. 
Trapa  545. 
Traube  476. 

Traubenzucker  23.  217.  228. 
Trauerwuchs  287. 
Traumatonastie  318ff. 
Traumatotropismus  312. 
Tremella  *396.  403. 
Trennungsphelloide  140. 
Trennungsschicht  bei   Blatt' 

fall  104. 
Trentepohlia  356.  411. 
Treppentracheide  *57. 
Triarch  117. 
Tribonema  351. 
Trichia  *340. 
Trichobakterien  334. 
Trichocaulon  589. 
Trichogyn  374.  414. 
Tricholoma  407. 
Trichomanes   *442. 
Trichome  46ff. 
Trichterzellen  98. 
Tricoccae  574. 
Trifolium  298.  304.  589. 
'Trigonella  544. 
Triplokaulisch  109. 
Tripperkokken   333. 
Triticum*26.  243.  *627.  *628. 

*629.  630. 
Trockenperioden  266. 
Trockenstarre   297. 
Trockensubstanz  187.  212. 
Tropaeolaceae,     Tropaeolum 

*16.  *99.  200.  244.  314. 
—  Tropfenausscheidung 

*200. 
Tropen  266. 
Tropismus  299  ff. 
Tropophyten   149ff. 
Trüffeln  393. 
Trypanosoma  *339. 
Trypsin  231. 
Tsetse  339. 
Tsuga  517. 
Tuber  *393. 


Tubera  =  Wurzelknollen. 
Tubera  Aconiti  532. 

—  Jalapae  690. 

—  Salep  635. 
Tuberkelbazillus   *333. 
Tubiflorae  689. 

Tüpfel  30.  36.  209.  *313. 

—  Schließhaut  30. 

—  verzweigte  30. 
Tüpfelgefäß  *56ff. 
Tüpfelkanäle  30. 

Tüte  beim  Ficusblatt  101. 
Tulipa,  Tulpe  316.  618. 
Tulpenbaum   525. 
Turgor  29.  I91ff.  248.  294. 

—  Aufhebung   *192. 

Schwankungen  als  Be- 
wegungsursache 197.  294. 
298.  317.  319. 

Turio  Pini  519. 

Tussilago  606  *608. 

Typhaceae  612. 

Typhusbazillus   *333. 

Tyrosin  222. 

Übergang  der  Wurzel-  in  die 
Stengelbündel  117ff. 

Übergangszellen  96. 

Überwallung  140. 

Ulex  643. 

Ulmus.  Ulme  *563. 

Ulothrix  *169.  356.  *357. 

Ulotrichales  356. 

Ultrafilter  207. 

Ultraviolettes  Licht  254. 

Ulva  *64.  289.  356. 

Umbella  =  Dolde  476. 

Umbelliflorae  547. 

Umbildungen  6. 

Umstimmung  291.  304.  310. 

Uncaria  s.  Ourouparia  698. 

Uncinula  *387. 

Ungeschlechtliche  Fortpflan- 
zung 165ff. 

Uniformität  280. 

Unterschwellig  310.  322.    . 

Unterlage  260. 

Unterständiger  Fruchtknoten 
*473. 

Uragoga  698.  *601. 

Uredineen  399. 

Uredosporen   401. 

Urginea  620.  621. 

Urmeristeme  39. 

Urnenblätter  *157.  589. 

Ursachen  des  Lebens  182. 
185. 

Urtica  *46.  222.  565. 

—  Bastarde  *28l. 

Urticinae  663. 

Urwälder,  tropische  156. 

Urzeugung  3. 

Usnea  *412.  413. 

Ustilago,  Ustijagineen  *397. 
398.  *399. 

Utricularia  *169.  596. 


Vaccinium  *583. 
Vagina  94. 
Vaginalstipein  101. 
Vakuolen  *9.  10.  189.  248. 

—  pulsierende  11. 
Vakuolenwand  12.  207. 
Valeriana.    Valerianaceae 

*699.   *601. 
Vallisneria  612. 
Vanilla  *634.  636. 
Varec  368. 

Variabilität  277.  280.  285. 
Variation  280. 
Variationsbewegungen  294. 

297.  303.  310.  317. 
Variationskurve  *386. 
Varietäten  176. 
Vasalteil  68. 

Vaucberia  268.  *360.  *361. 
Vegetabilisches  Elfenbein  36. 

614. 
Vegetationskegel   *73ff.  #76, 

*85.  *ll3ff. 
Vegetationsorgane  62ff. 
Vegetationsperiode  149  ff. 
Vegetationspunkt      64.      68. 

*73ff.  *85.  245.  *260.  269. 

—  apikaler  64. 

—  interkalarer  64. 

—  der  Wurzel  *113ff. 
Vegetationsruhe  149ff. 
Vegetationsscheitel  64.  73, 
Vegetative   Fortpflanzung 

166  ff.  276  ff. 

Veilchen  569. 

Veilchenstein  366. 

Velamen  radicum  158. 

Velum  407. 

Venation  bei  Farnen  435. 

Ventral  472. 

Venusfliegenfalle  *160. 

Veratrinum  621. 

Veratrum  618.  620. 

Verbascum  *595.   *696. 

Verbena  *590.  591. 

Verbindungsfäden  20. 

Verbreitung,  Samen  171.  606. 

Verdauungsdrüsen  *60.  *159. 
200. 

Verdickungsring   122. 

Verdickungsschichten   der 
Zellmembran  35. 

Verdunstung  =  Transpira- 
tion. 

Veredelung  *260.  *261. 

Vererbung  277  ff. 

Vergeilung   *262. 

Vergiftung  186. 

Vergilbung  232. 

Vergißmeinnicht  590. 

Vergrünung  258. 

Verholzung  32.  121. 

Verjüngung  17. 

Verkalkung  43. 

Verkieselung  32.  43. 

Verkorkte  Zellen  42. 


Register. 


683 


Verkorkte  Zellgewebe  48  ff. 

Verkorkung  32ff. 

Verkürzung  der  Ruheperiode 
267. 

Verlängerung  242. 

Vermehrung  169.  künstliche 
247. 

Vernatio  75. 

Veronica  274.  595. 

Verrucaria  412. 

Verschiebung  der  Achsel- 
knospen 106ff. 

Verteilung  des  Wachstums 
243. 

Vertrocknen  185. 

Verwachsung,     künstliche 
260ff. 

Verwandtschaft  2. 

Verwesung  240. 

Verwundung   241.   256.   267. 
290.  320. 

Verzweigung  65.  104ff.  119. 

—  dichotome  66. 

—  echte  66. 

—  gabelige  65. 

—  bei  Moosen  70ff. 

—  razemöse  66. 

—  seitliche  66. 

—  der  Sprosse  104ff. 

—  bei  Thallophyten  66ff. 

—  unechte  *66. 

—  der  Wurzel  119. 
Verzweigungssysteme  *65. 

*108ff. 
Vesicaria  569. 
Vibrio  289.  *330.  *333. 
Viburnum  599. 
Vicia  *244.  *302.  *541.  544. 
Victoria  241.  316.  529. 
Vielkernige  Zellen  *13. 
Vielzellbildung  21.  *22. 
Vinca  *586.  589. 
Vincetoxicum  *588.  589. 
Vinum  582. 

Viola  *46.  *48.  *516.  569. 
Viscaria   *553. 
Viscum   *37.   163.   223.   258. 

*558. 
Vitis  312.  581. 
Viviparie  508.  *545. 
Vogelbeerbaum  536. 
Vollruhe  267. 
Volva  407. 

Volvocineen  291.  353. 
Volvox  *354. 

VON  DER  CRONE-LöSUng'205. 

Vorblatt  *107.  108. 
Vorhof  44. 
Vorläuferspitze  93. 
Vorruhe  267. 
Vorspelze  626. 

Wacholder   *514. 
Wachs  *43. 
Wachsblume  589. 
Wachstum  182.  242ff.  297. 


Wachstum,  apikales  39. 

—  der  Erdwurzeln  115. 

—  gleitendes  40. 

—  interkalares  40, 

—  der  Luftwurzeln  115. 
Wachstumsänderungen,  stoß- 
weise 243. 

bewegungen   289.   297  ff. 

—  -dauer  246. 

geschwindigkeit  244, 

—  -korrelationen  s.  Korrela- 
tion. 

krümmungen  294  ff. 

messung  242.  243. 

Perioden   243. 

■ Verteilung   243. 

im  Blatt  92. 

—  —  in    Sproßachsen    75ff. 

in  Wurzeln  116. 

Wahlvermögen   207. 

Wald,  Regen-  186. 

—  sommergrüner   186. 
Waldmeister  598. 
Wallwurz  s.  Symphytum  590.  | 
Walnuß  *557.  j 
Wandbelag  des  Plasmas  10. 
Wanderstoffe  228. 
Wanderung     der    Assimilate  ! 

231 

—  der  Nährstoffe  208. 
Wärme,  Bedingung  zum  Le- 
ben 185. 

—  bei  Atmung  241. 

—  bei  Gärung  241. 
Wärmestarre   290.   297.   320. 
Wärmeverlust  241. 
Wasser  186ff.  240.  267. 

—  Assimilation  227. 

—  Atmungsprodukt  234. 

—  Aufnahme  durch  Pflanzen 
116.  186.  189ff. 

—  Aufnahme  bei  Epiphyten 
158. 

—  Aufnahme  durch   Sprosse 
143. 

—  Ausscheidung  60. 144.200. 

—  Funktion  in  der   Pflanze 
188. 

—  Lebensbedingung  186. 

—  Leitung  201  ff. 

—  Menge  187. 

— •  Verbrauch   bei    Assimila- 
tion 212. 

—  Schwell-  248. 

—  bei    Pollenübortraguns; 
170.  479. 

—  bei  Samenverbreitungl71. 
506. 

—  bei  Wachstum  256. 
Wasserhähnen  55ff.  202. 
Wasserbehälter  43. 

—  bei  Epiphyten  157  ff. 

—  bei  Xerophyten  149. 
Wasserbewegung  201  ff.  209. 
Wasserblätter   270. 
Wasserblüte   336.  338. 


Wasserblütige  Pflanzen  170. 

479. 
Wasserdampf  311. 
Wasserdrüsen  60. 
Wasserfarne  444. 
Wassergehalt  (Boden  u.  Luft) 

266. 
Wassergewebe  42.  149, 

—  epidermales  43. 

—  im  Mesophyll  98. 

—  bei  Xerophyten  149. 
Wasserhahnenfuß  *102.  531. 
Wasserkultur    *204ff. 
Wassernetz  366. 
Wassernuß  545. 
Wasserpest  s.  Helodea  612. 
Wasserpflanzen    141  ff.    187. 

208.  213,  263.  269.   267. 
276. 

—  amphibische  180.  269. 

—  Sauerstoffausscheidung 
im  Licht  *213. 

—  Luftkanäle   142ff. 
Wasserreservoir  *149. 
Wassersättigung   190. 
Wasserschierling   *649. 
Wasserschwankung  294. 
Wasserspalten     98ff.     *100. 

144.  200. 
Wasserspeicher  97.  *149. 
Wasserstoff  187.  206.  238. 

—  akzeptor  237.  240. 

—  bakterien  219.  238. 

—  entzug  237. 
Wasserversorgung    bei    Epi- 
phyten 167  ff. 

Watte  46.  *47. 
WEBERsches  Gesetz  293.  315. 

324. 
Wechselfeuchte  Klimate  150. 
Wegerich  s.  Plantago  596. 
Weide  247.  *255.  *562. 
Weidenröschen  545. 
W^eidenrosen  258. 
Weiderich  546. 
Weihrauch  681. 
Wein  238.  581. 
Weinranken  581. 
Weinsäure  23.  220. 
Weinstock  *64.  581. 

—  Falscher  Mehltau  380. 

—  Mehltau  387. 
Weißbuche  *559. 
Weißbunte  Pflanzen  16. 
Weißdorn  261.  636. 
Weißtanne   *616. 
Weitholz  131. 

Weizen  *26.  228.  *627.  *628. 

*629. 
Welken  185.  195. 
Welwitschia  519.  *620. 
Wermut  605. 
Weymouthskiefer  519. 
Wicke  544. 
Wickel  *112.  477. 
Wickstroemia  277. 


684 


Register. 


Widerstände,    Wachstum 

gegen  255. 
Widerstand  gegen  Hitze  185. 

—  Kälte  185. 
Widerton  428. 
Wilder  Wein  581. 
Willoughbeia  589. 
Windblütig  170.  478. 
Winde  589. 
Windepflanzen   156.   270. 

*303. 

Wind  als  Pollen-  und  Samen- 
Transportmittel  170  ff. 
478.  505. 

Windung  *294. 

Winterknospen   *150. 

Winterruhe  149.  266. 

Wirt  162.  221. 

Wirtel  76. 

Wistaria  544. 

Wohlverleih  s.  Arnica  606. 

Wolfsmilch  574. 

Wollen  323. 

Wollgras  626. 

Wollhaare  *47. 

Wollkraut  =  Verbascum595. 

Woodsia  *443. 

Würger  596.  *598. 

Würmer  258. 

Wüste  186. 

Wüstenpflanzen    144ff.    196. 

Wundenheilung  140. 

Wundgummi  140. 

Wundholz   140. 

Wundklee  543. 

Wundkork  140. 

Wundreiz  319. 

Wundstoffe  269. 

Wundverschluß    140ff.    232. 

Wurfmaschine   296. 

Wurmfarn  439. 

Wurzel  112ff. 

—  Äußerer  Bau  114ff. 

—  blattbürtige  119. 

—  Dickenwachstum  *126. 

—  fleischige,  ihr  Bau  127. 

—  Geotropismus  *302. 

—  Gesamtlänge  120. 

—  Innerer  Bau  115. 

—  kontraktile   *154.   249. 

—  Restitution  245. 

—  Säureausscheidung  208. 

—  sproßbürtige   119. 

—  stengelbürtige   319. 

—  Struktur  115ff. 

—  Vegetationsscheitel 
*113ff. 

—  Verkürzung  249. 

—  Wachstumsverteilung243. 
*244. 

Wurzelanlagen  *119. 
Wurzeldornen  148. 
Wurzeldruck  *20l.  202. 
Wurzelhaare   *46.   47.    *115. 

*194.  208. 
Wurzelhaube  *113ff.  208. 


Wurzelbülle,  Epiphyten  158. 

Wurzelkletterer  156.   254. 

WurzelknöUchen  *224.  332. 

Wurzelknollen  *153. 

Wurzelkontraktion  115.  *154. 
249. 

Wurzelmetamorphosen  153. 

Wurzelreduktion  bei  Para- 
siten 161  ff. 

Wurzelstock  73.  *103.  *152. 

Wurzelsystem  120. 

Wurzeltasche  113. 

Wurzelträger  456. 

Wurzelverkürzung    *154. 

Wurzelverzweigung  *119. 

Xanthophylle  15. 
Xenien  278. 
Xenogamie  170. 
Xerochasie  295. 
Xeromorphie  144. 
Xerophile  144. 
Xerophyten  144ff.  199. 
Xylem  58.  84. 
Xylemparenchym  87. 
Xylemprimanen  90. 

Yucca  122.  620. 

—  Motte  481. 

Z  vgl.  auch  C. 
Zahnschleimbakterien  *63. 
Zahnwurz,  Bulbillen  *166. 
Zamia  *486.  509. 
Zanardinia  365. 
Zanichellia  611. 
Zaunrübe  601. 
Zaunwinde  589. 
Zea  *80.  *88.  629. 
Zeiger  am  Bogen  *242. 
Zellarten  38. 
Zellbildung,  freie  *22. 
Zelle  8.  *9ff. 

—  in  Befruchtung  171  ff. 

—  Dauer-  9. 

—  embryonale    *9. 

—  künstliche  183. 

—  nackte  8. 

—  Ontogenie   17ff. 

—  somatische  250. 

—  vielkernig  *13. 
Zellengestalt  8. 
Zellenlehre  8. 
Zellenleib^S. 
Zellenpflanzen  326. 
Zellfäden  68. 
Zellfamilien  34. 
Zellflächen  68. 
Zellfusionen  37.  53.  59. 
Zellgewebe  33. 
Zellgröße  8.  268. 

Zellhaut   8.   29ff.    189.    209. 

248. 
Zellkern  9.'13.  292. 

—  Funktionen  14. 
Zellkolonien  34. 


Zellumen  8. 
Zellmembran  29ff. 

—  Chemie  31. 

—  Dickenwachstum   29,   35. 

—  Flächenwachstum  29. 

—  Schichtung  30. 

—  Streifung  *31. 

—  im  Zellgewebe  34ff. 
Zellobiose  32. 
Zellplasma  9.  12. 
Zellplatte  20. 
Zellräume  8. 
Zellsaft  10.  23.  190. 
Zellsprossung  *22. 
Zellteilung    *l8ff.    *21.   252. 

268. 
Zellulase  32.  230. 
Zcdlulose  31ff.  220.  230.  239. 
Zellverjüngung   17. 
Zellverschmelzungen  37. 
Z.dlwand  29 ff.  189.  269. 
Z^Uwandbildung,     simultane 

20. 

—  succedane  20. 

Zell  wand  verdickungen  29ff. 
Zentralkörper  343. 
Zentralplacenta  *471. 
Zentralspalte  45. 
Zentralwinkelständig  471. 
Zentralzylinder    im    Stengel 
79.  82ff. 

—  der  Wurzeln  116. 
Zentrifugale  Wandverdick- 
ungen 31. 

Zentripetale  Wandverdick- 
ungen 30ff. 

Zentrifugalkraft,       Wirkung 
auf  Pflanzen  300. 

Zentriolen  9. 

Zentrische  Blätter  96. 

Zerteilung  67. 

Ziegenbart  405. 

Zilien  11.  64.  166.  *169.  289. 

Zimt  526. 

Zingiber  *632. 

Zirbelkiefer  s.  Arve  619. 

Zirkulation  des  Protoplasmas 
*11.  290. 

Zirkumnutation  297. 

Zisternenepiphyten  158. 

Zitrone  580. 

Zitronensäure    293. 

Zitterpilze  403. 

Zittwer  632. 

Zoidiophil  170. 

Zoogloea  330. 

Zoosporen  166.  328. 

Zooxanthella  338. 

Zostera  611. 

Zotten  *48. 

Zuchtwahl  181. 

Zucker28.  201.  212.  217.  218. 
232,  234.  236.  293.  311. 

Zuckerahorn  201. 

Zuckerkiefer  519. 

Zuckerrohr   *43.  629. 


Register. 


685 


Zuckerrübe  554. 
Zuckertang  361. 
Zuckerwert  193. 
Zufallkurve  286. 
Zugfasern  20, 
Zugfestigung  52.  *117. 
Zugwurzeln  *154. 
Zunderschwamm  407. 
Zusammensetzung,  chemische 

187. 
Zuwachsgröße  242. 
Zweiachsig  109. 
Zweihäusig  485. 
Zweijährige     Pflanzen     121. 

151. 
Zweizeilige  Blattstellung  *77. 

78. 


Zwerge  256. 
Zwergmännchen  358. 
Zwergkiefer  519. 
Zw'etsche  543. 
Zwickel  35. 

Zwiebel  *152.  297.  618. 
Zwischenformen  278. 
Zwischenzellräume  *35. 

37. 
Zwittrig  170.  469. 
Zyanidine  24. 
Zygnema  350. 
Zygogynum  525. 
Zygomorph  62.   *475. 
Zygomycetes  381. 
Zygophyceae  348. 
Zygophyllaceae  578. 


^36. 


Zygosaccharomyces   394. 

Zygospore  168.  276.  328. 

Zygote  168.  328. 

Zyklus  78.  168. 

Zymase  239. 

Zymöse   Verzweigung   llOff. 

—  Blütenstände  *112.  477. 

Zymogene  Bakterien  331. 

Zypresse  514. 

Zvtase  36.  230. 

Zysten  343. 

Zvstiden  403. 

Zystokarp  374. 

Zystolithen  *30. 

Zytologie  7.  8. 

Zytoplasma  9.  12. 

— •  Bewegung   lOff. 


Druckfehler: 

S.  32  Zeile  1  von  unten  lies  statt  teilweise:  technisch. 

S.  67  stelle  Zeile  9  von  oben  hinter  Zeile  5. 

S.   102  bei   Fig.  139  lies  Batrachium  aquatile  statt  B.  aquatiles. 


PKOFERTT  UBKAKT 
N.  C.  State  Collegt 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


Der  Preis  für    die    angezeigten  Bücher    ergibt   sich    durch  Vervielfältigung  der    hinter  dem  Titel 

stehenden  Grundzahl  (  Gz)  mit  der  vom  Börsenverein  der  Deutschen  Buchhändler  jeweils  festgesetzten 

Schlüsselzahl.     Die  für  gebundene  Bücher  sich  ergebenden  Preise  sind  nicht  verbindlich.  —  Bei 

Lieferung  nach  dem  Ausland  erfolgt  Berechnung  m  der  Währung  des  betr.  Landes. 

Eduard  Strasburger 

Das  botanische  Praktikum.  Anleitung  zum  Selbststudium  der  mikroskopischen 
Botanik  für  Anfänger  und  Geübtere,  zugleich  ein  Handbuch  der  mikroskopischen 
Technik.  Siebente  Auflage,  bearbeitet  von  Dr.  Max  Koernicke,  Prof. 
d.  Botanik  a.  d.  landwirtschaftl.  Hochschule  Bonn-Poppelsdorf  und  d.  Univers. 
Bonn.     Mit  260  Abbild,  im  Text.     XXIV,  883  S.  gr.  8«     1923 

Gz.  1.5.—  geb.  17.  — 
Die  Bearbeitung  des  „Botanischen  Praktikums"  durch  Professor  Koernicke  hat 
allgemeinen  Beifall  gefunden,  wie  der  Erfolg  der  letzten  Auflagen  beweist.  Die  neue 
Auflage  vpird  den  jüngsten  wissenschaftlichen  Errungenschaften  ebenfalls  in  hohem 
Maße  gerecht,  so  d^  auch  sie  ein  unentbehrlicher  Begleiter  beim  botanischen 
Studium  sein  wird. 

Süddeutsche  Apotheker  Zeitung  1922,  Nr.  14:  Das  wohl  jedem  Mikro- 
skopiker  längst  bekannte  große  botanische  Praktikum  .  .  .  stellt  sich  die  Aufgabe,  den 
Anfänger  in  die  mikroskopische  Botanik  einzuführen  und  den  Geübteren  im  Studium  zu 
fördern.  Beiden  wird  Gelegenheit  geboten,  nicht  nur  beobachten  zu  lernen,  sondern 
sich  auch  mit  der  ganzen  modernen  mikroskopischen  Technik  bekannt  zu  machen. 

Auch  Anfänger,  die  mit  dem  Gebrauch  moderner  optischer  Instrumente  nicht  ver- 
traut sind,  die  sich  also  ohne  fremde  Hilfe  in  die  mikroskopische  Technik  einarbeiten 
wollen,  erreichen  ihr  Ziel  sicher,  da  das  Buch  zunächst  möglichst  wenig  voraussetzt  und 
ganz  allmählich  zum  Schwierigeren  übergeht  .  .  .  Am  Schluß  finden  wir  einige  sehr  aus- 
führliche und  mit  großer  Sorgfalt  bearbeitete  Register,  die  das  Buch  zu  einem  idealen 
Nachschlagewerk  und  Ratgeber  in  allen  Fragen  der  mikroskopischen  Technik  machen.  .  .  . 
Das  Praktikum  wird  in  der  neuen  Auflage  noch  mehr  als  früher  ein  unentbehr- 
liches Nachschlagewerk  bei  mikroskopischen  Studien  sein  und  sollte 
in  keinem  Laboratorium  und  in  keiner  Apotheke  fehlen. 

Das  kleine  botanische  Praktikum  für  Anfänger.    Anleitung  zum  Selbst- 
studium  der  mikroskopischen  Botanik  und  Einführung  in  die  mikroskopische 
Technik.    Zehnte,  verbesserte  Auflage,  bearbeitet  von  Dr.  Max  Koer- 
nicke, Prof.  d.  Botanik,  Bonn.  Mit  etwa  140  Abbild,  im  Text.  1923     Im  Druck. 
Naturwissenschaf tl.    Wochenschrift   1922,    Nr.    14:    Das   kleine    botanische 
Praktikum  ist  im   wesentlichen  ein  Auszug  des  großen  Praktikums.      Es  führt  deshalb   nicht 
nur  wie    manche   ähnliche    Werke    in    die    Anatomie    der    höheren  Pflanzen,    sondern    auch 
in  den  Bau  und  die  Fortpflanzungsverhältnisse  der  Algen  und  Pilze  ein.     Auch  die  Grund- 
lagen der  Fixierungs-,  Mikrotom-    und  Färbetechnik    werden  dargestellt.     Seine   Benutzung 
empfiehlt  sich  für  jeden,  der  eine  möglichst  umfassende  praktische  Einführung  in  die  Botanik 
erfahren  will,  also  nicht  nur  für  den  diese  als  Hauptfach  wählenden  Studierenden,  sondern 
vor  allem  auch  für  den  zukünftigen   Lehrer    an  höheren  Schulen.     Daß    sich    das    Buch  in 
dieser  Beziehung  bewährt  hat,  beweist  die  rasche  Folge  der  Auflagen.  Nienburg. 

Streifzüge  an  der  Riviera.  Dritte,  gänzlich  umgearbeitete  Auflage.  Illustriert 
von  Louis  Reu  seh.  Mit  85  farbigen  Abbild,  im  Text.  XXVI,  582  S. 
1913  Eleg.  brosch.  10.—,  geb.  13.— 

Frankfurter  Zeitung,  Nr.  130,  v.  11.  Mai  1913:  Strasburger  tritt  hier  einem 
größeren  Leserkreise  nicht  nur  als  Gelehrter,  sondern  auch  als  glänzender  Naturbeobachter 
imd  feinsinniger  Landschaftsschilderer  entgegen.  Das  Buch  enthält  weit  mehr,  als  der 
Titel  vermuten  läßt.  Sind  es  auch  zunächst  botanische  Streifzüge,  die  der  Verfasser  mit 
uns  durch  die  zauberische  Frühlingsvegetation  der  Riviera  unternimmt,  so  können  wir  doch 
auch  eine  Fülle  von  allgemeiner  Belehrung  daraus  schöpfen.  Wir  verfolgen  die  Geschichte 
der  einzelnen  Pflanzen,  ihre  wirtschaftliche  Bedeutung,  lernen  z.  B.  die  Parfümbereitung  in 
Grasse  kennen  und  lassen  uns  über  pflanzliche  Genuß-  und  Heilmittel  im  allgemeinen  be- 
lehren. Daneben  macht  uns  Strasburger  in  angenehmem  Plauderton  mit  dem  Klima,  dem 
Boden,  der  Geschichte  und  den  Bewohnern  der  Riviera  bekannt,  und  einzelne  seiner  Land- 
schaftsschilderungen (z.  B.  Mondschein  am  Cap  Martin)  sind  in  ihrer  anschaulichen  Natur- 
treue reine  Kabinettstücke.  Einen  herrlichen  Schmuck  des  Buches  bilden  die  85  farbigen 
Pflanzen-  und  Landschaftsabbildungen. 


Botanik/ Zoologie 

Lehr-  und  Hllfsbücher  aus  dem  Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 

Der  Preis  für  die  angezeigten  Bücher  ergibt  sich  durch  Vervielfältigung  der  hinter  dem  Titel 
stehenden  Grundzahl  {Gz.)  mit  der  vom  Börsenverein  der  deutschen  Buchhändler  jeweils  fest- 
gesetzten Schlüsselzanl.  Die  für  geb  u  ndene  Bücher  sich  ergebenden  Preise  sind  nicht  verbind- 
lich.   —    Bei  Lieferung  nach  dem  Ausland  erfolgt  Berechnung  in  der   Währung  des  betr.  Landes. 

Einführung  in  die  botanische  Mikrotechnik.  Von  Hubert  Sieben,  Techniker 

am  Botan.  Institut  der  Univers.  Bonn.  Zweite,  verm.  und  verbesserte  Auflage. 
Mit  22  Abbild,  im  Text.     IX,  114  S.  kl.  8»  1920  Gz.  1,75,  geb.  3,75 

Die  botanische  Mikrotechnik.  Ei»  Handbuch  der  mikroskopischen  Arbeits- 
verfahren. Von  Dr.  Hans  Schneider.  Zweite  Autlage  des  gleich- 
namigen Werkes  von  Prof.  Dr.  A.  Zimmermann.  Mit  220  Abbild,  im  Text. 
XII,  458  S.  gr  8»  1922  Gz.  7.50,  geb.  10.— 

Inhalt:  i.  Das  Mikroskop  und  sein  Gebrauch.  Allgemeine  Mikrotechnik.  Die 
Freihandtechnik.  Das  Töten  und  Aufbewahren  pflanzlicher  Objekte.  Die  Mikrotomarbeit. 
Das  Färben  der  Präparate.  Das  Einschließen  der  Präparate.  Allgemeine  Methoden  der 
Verwertung  von  Präparaten.  —  2.  Die  wichtigsten  qualitativ  mikrochemischen  Verfahren 
zum  Nachweis  von  Pflanzenstoffen.  —  3.  Die  Zellwand:  Allgemeines.  Die  einzelnen 
Zellwandstoffe.  —  4.  Der  Protoplast  und  seine  Einschlüsse.  Allgemeines.  Der  Zellkern 
und  seine  Einschlüsse.  Zentriolen.  Das  Plasma.  Die  Chromatophoren  und  ihre  Einschlüsse. 
Andere  eiweißartige  Plasmaeinschlüsse.  Ölige  und  gerbstoffhaltige  Plasmaeinschlüsse.  Einige 
andere  Plasmaeinschlüsse  bei  niederen  Pflanzen.  —  5.  Besondere  Methoden  zur  Unter- 
suchung von  Vertretern  der  verschiedenen  Pflanzengruppen ;  die  wichtigsten  Kulturverfahren, 
—   Allgemeines   Register.     Register  der  Objekte. 

Erstes  mikroskopisches  Praktikum.  Eine  Einführung  in  den  Gebrauch  des 
Miicrosicopes  und  in  die  Anatomie  der  höheren  Pflanzen.  Zum  Gebrauch  in  den 
botanischen  Laboratorien  und  zum  Selbstunterrichte.  Für  Botaniker,  Zoologen, 
Studierende  des  höheren  Lehramtes,  Pharmazeuten  und  Chemiker.  Von 
Dr.  Arthur  Meyer,  o.  ö.  Prof.  d.  Botanik  u.  Direktor  d.  botan.  Gartens  a.  d. 
Univers.  Marburg.  Dritte,  vervollständigte  Auflage.  Mit  110  Abbild,  im 
Text.     V,  255  S.  gr.  8"     1915  Gz.  6.50,  geb.  8.50 

Praktikum  für  morphologische  und  systematische  Botanik.   Hilfsbuch  bei 

praktischen  Übungen  und  Anleitung  zu  selbständigen  Studien  in  der  Morphologie 
und  Systematik  der  Pflanzenwelt.  Von  Prof.  Dr.  Karl  Schumann,  weil. 
Kustos  am  botan.  Museum  und  Privatdoz.  a.  d.  Univers,  zu  Berlin.  Mit 
154  Abbild,  im  Text.     VIII,  610  S.  gr.  8»     1904  Gz.  13.— 

Anatomie  der  Pflanze.  Von  Dr.  Hans  Molisch,  o.  Ö.  Prof.  und  Direktor 
des  pflanzenphysiologischen  Institutes  an  der  Univers.  Wien.  Zweite,  neu- 
bearbeitete  Auflage.     Mit    139   Abbild,   im   Text.     VI,   153  S.  gr.  8"     1922 

Gz.  2.70,  geb.  420. 
Neue  Weltanschauung,  1920,  Heft  8:  .  .  .  .  Das  Buch  faßt  in  drei  Abschnitten 
die  wichtigsten  Tatsachen  übersichtlich  und  in  leicht  versländlicher  Sprache  zusammen, 
die  die  Wissenschaft  über  die  Anatomie  der  Pflanzen  angesammelt  hat.  .  .  .  Wer  sich 
über  den  Bau  der  Pflanzen  schnell  unterrichten  will,  ohne  zu  den  größeren  Lehr-  und 
Handbüchern  zu  greifen,  findet  in  dem  vorliegenden  kleinen  Buche  das  Wissenswerteste 
zusammengefaßt.  Naturgeschichtslehrern  an  höheren  Schulen  wird  es  im  Unterricht  gute  Dienste 
leisten  können.  Die  beigegebenen  Abbildungen  sind  fast  sämtlich  neu  gezeichnet  und  durch- 
weg vortrefflich.  Freunden  der  Botanik  sei  das  Buch  angelegentlich  empfohlen.      Dr.  W.  B. 

Pathologische  Pflanzenanatomie,  in  ihren  Gmndzügen  dargestellt  von  Dr. 
Ernst  Küster,  Prof.  der  Botanik  a.  d.  Univers,  zu  Bonn  a.  Rh.  Mit  209  Abbild, 
im  Text.     Zweite,    vöUig  umgearbeitete  Auflage.     XI,  447  S.  gr.  8»     1916 

Gz.  12.—,  geb.  15.— 
Inhalt:  Einleitung.  —  Spezieller  Teil:  i.  Panaschierung.  2.  Etiolement  und 
verwandte  Erscheinungen.  3.  Hyperhydrische  Gewebe.  4.  Wundgewebe  und  Regeneration. 
5.  Gallen.  —  Allgemeiner  Teil :  i.  Histogenese  der  pathologischen  Gewebe.  2.  Entwicklungs- 
mechanik der  pathologischen  Gewebe.  3.  Ökologie  der  pathologischen  Gewebe.  —  Sachregister. 
Naturwissensch.  Zeitschr.  für  Forst-  und  Landwirtschaft  1916,  Heft  5: 
....  Es  befriedigt  besonders,  nicht  nur  die  sichtende  Hand,  sondern  auch  den  klaren, 
kritischen  Geist  walten  zu  sehen  und  überall  die  reiche  eigene  Erfahrung  und  Anschauung 
des  Verf.  zu  fühlen.  Ref.  kann  getrost  sagen,  daß  es  für  den  Pathologen  und  Anatomen 
das  Nachschlagebuch  der  pathologischen  Anatomie  ist  und  für  lange  bleiben  wird,  was 
allein  ausführliche  und  zuverlässige  Auskunft  gibt.  .  .  .  Tubeuf. 


Vorlesungen  über  Pflanzenphysiologie.    Von  Dr.  Ludwig  jost,  o.  0.  Prof. 

an    der   Univers.    Straßburg.      Dritte   Auflage.      Mit    194    Abbild,   im   Text. 
XVI,  760  S.  gr.  8«    1913  Vierte  Auflage  in  Vorbereitung. 

Pflanzenphysiologie  als  Theorie  der  Gärtnerei.    Von  Dr.  Hans  Molisch, 

o.  ö.  Prof.  und  Direktor  des  pflanzenphysiolog.  Instituts  an  der  Universität  Wien. 
Für  Botaniker,   Gärtner,   Landwirte,   Forstleute   und   Pflanzenfreunde.     Fünfte, 
neubearb.  Auflage.  Mit  151  Abb.  i.  Text.  X,  337  S.  gr.  8«  1922  Gz.  6.—,  geb.  S.- 
Inhalt:  I.   Ernährung.       I.    Die    Wasserlmltur.      2./3.    Die  unentbehrlichen  und 
die  entbehrlichen    Aschenbestandteile.      4.    Stickstoff.       5.   Der    Boden.      6.   Die    Düngung. 
7.   Die  Kohlensäureassimilation.    8.  Das  Wasser  und  seine  Bewegung.    9.  Die  Transpiration 
und  der  Transpirationsstrom  in   Beziehung  zu  gärtnerischen   Arbeiten.     10.  Die  Wanderung 
der  Assimilate.      Ii.   Die  Ernährung  der  Pilze.      12.   Ernährungsweisen  besonderer  Art.  — 
II.  Atmung.  —  III.  Wachstum,     i.  Allgemeines.    2.  Wachstum  und  Außenbedingungen. 
3.   Wachstumsbewegungen.     4.   Organbildung.    5.   Ruheperiode,  Treiberei  und  Laubfall.  — 
IV.   Vom    Erfrieren    und    Gefrieren    der    Pflanzen.    —    V.   Die    ungeschlecht- 
liche   und    die    geschlechtliche    Fortpflanzung,    —     VI.    Die    Keimung    der 
Samen.  —  VII.  Variabilität,  Vererbung  und  Pflanzenzüchtung.  —  Sachregister. 
Das  Erscheinen  von  fünf  Auflagen  innerhalb  7  Jahren  (die   i.  Aufl.  erschien  1916) 
ist  wohl  die  beste  Empfehlung    für  dieses  Buch;  es  nimmt  bereits  einen  ehrenvollen  Platz 
in  der  gärtnerischen  und  in   der  botanisch-fachwissenschaftlichen   Literatur  ein. 

Pflanzenphysiologie.  Von  Prof.  Dr.  R.  Kolkwitz,  Dahlem-Steglitz.  Versuche 
und  Beobachtungen  an  höheren  und  niederen  Pflanzen  einschließlich  Bakteriologie 
und  Hydrobiologie  mit  Planktonkunde.  Zweite,  verbesserte  und  vermehrte 
Auflage.      Mit   153    Abbild,    im    Text    und    12    zum    Teil    farbigen    Tafeln. 

VI,  304  S.  gr.  8"     1922  Gz.  5.50,  geb.  8..50 

Aufgaben  und  Ziele  einer  vergleichenden  Physiologie  auf  geographischer 

Grundlage.      Von   Dr.    Hans    Fitting,    o.   ö.   Professor   der  Botanik.     42  S. 
gr.  8»     1922  Gz.  —.90 

Die  Pflanze  als  lebender  Organismus.    Von  Dr.  Hans  Fitting,  o.  0.  Prof. 

der  Botanik  an  der  Universität  Bonn.     44  S.  gr.  8«     1917  Gz.  —.90 

Lehrbuch  der  Pharmakognosie.    Von  Dr.  George  Karsten,  o.  0.  Prof.  a.  d. 

Univers.  Halle  a.  S.,  und   Dr.  Wilhelm  Benecke,   o.  ö.  Prof.  a.  d.  Univers. 

Münster  i.  W.     Dritte,  vollständig  umgearbeitete  Auflage  von  G.  Karstens 

Lehrbuch  der  Pharmakognosie.     Mit  544  zum  Teil  farbigen  Abbild,   im  Text. 

VI,  398  S.  gr.  8»     1920  Gz.  7.—,  geb.  9.— 

Pharmazeut.   Zeitung,    192 1,   Nr.    16:  .  .  .   Das  Werk  ist  schon  längst  zu  einem 

unentbehrlichen  Handbuch  geworden,    so  daß  es  Eulen  nach  Athen  tragen  hieße,  darüber 

noch    ein    Wort    des    Lobes  zu  verlieren.      Es    ist    für  diesen  Teil  der  Wissenschaft  eben 

das  grundlegende  Werk.  Dr.   R.  M. 

Mikroskopisches  Drogenpraktikum.  in  Anlehnung  an  die  5.  Ausgabe  des 
deutschen  Arzneibuches.  Von  Wilhelm  Benecke,  a.  o.  Prof.  a.  d.  Univers. 
Berlin.    Mit  102  vom  Verf.  gezeichneten  Abbild,  im  Text.    VI,  95  S.  gr.  8°  1912 

Gz.  3.—,  geb.  5.— 
Aus  pharmazeutischer  Unterrichtstätigkeit  entstanden,  verfolgt  das  vorliegende  neue 
Praktikum  ein  durchaus  prakdsches  Ziel:  es  gibt  eine  kurze  und  übersichtliche  Darstellung 
der  mikroskopischen  Charaktere  der  wichtigsten  Drogen  in  Wort  und  Bild,  welche  den 
Studenten  orientieren  soll  über  die  mikroskopischen  Merkmale  der  Drogen,  zu  deren 
genauerer  Durcharbeitung  die  Zeit  im  Kolleg  nicht  reichte.  Darüber  hinaus  wird  es  aber 
auch   von  Apothekern  gewiß  gern  als  ein  Atlas   zum   deutschen  Arzneibuch  benutzt  werden. 

Mikrochemie  der  Pflanze.  Von  Dr.  Hans  Molisch,  o.  Ö.  Prof.  und  Direktor 
des  pflanzenphysioiogischen  Instituts  a.  d.  Univers.  Wien.  Dritte,  neu- 
bearbeitete   Auflage.     Mit   135  Abbild,    im   Text.     XII,   438  S.  gr.  8°    1923 

Gz.  8.—,  geb.  11.— 
Mikrokosmos,  1921/22,  Heft  5:  Ein  glänzendes  Zeugnis  deutscher  Forscher- 
tätigkeit. Zwar  sagt  der  Name  Molisch  schon  alles,  aber  die  peinliche  Arbeit,  die  zahl- 
reichen vorzüglichen  Abbildungen,  die  erschöpfende  Behandlung  des  Riesenstoffes,  die 
mehr  als  ausführlichen  Literaturnachweise  nach  jedem  Abschnitt,  die  große  Übersicht  und 
der  ganz  wundervolle  Stil,  der  hier  ein  so  schwieriges  Kapitel  des  Wissens  in  geradezu 
genußreicher,  lesenswerter  Form  bringt,  das  muß  alles  betont  werden,  wenn  man  dieser 
Neuauflage  gerecht  werden  will.  Ein  Meisterwerk.  Wir  können  das  Buch,  das  für 
den  ernsten  mikroskopierenden  Botaniker    unentbehrlich  ist,    nur    angelegentlich  empfehlen. 

Dr.  Stehli. 


Allgemeine  Biologie.  Von  Oscar  Hertwig.  Sechste  und  siebente,  verbesserte 
und  erweiterte  Auflage,  bearbeitet  von  Oscar  Hertwig  f,  o.  Prof.  der 
Anatomie  in  Berlin  und  Günther  Hertwig,  a.  o.  Prof.  der  Anatomie  in 
Rostock  i.  M.  Mit  406  teils  farbigen  Abbild,  im  Text.  XVH,  822  S.  gr.  8" 
1923  Gz.  10.—,  geb.  13.— 

Naturwissenschaft!.  Wochenschrift  1920,  Nr.  30:  Hertwigs  „Allgemeine 
Biologie"  bedarf  einer  besonderen  Empfehlung  nicht  mehr.  Es  wird  nicht  viele  Biologen 
geben,  seien  es  nun  Naturwissenschaftler  im  engeren  Sinne,  oder  seien  es  über  ihr  Fach- 
gebiet hinaus  interessierte  Mediziner,  denen  das  Buch  unbekannt  geblieben  ist.  Wer  sich 
über  Morphologie  und  Biologie  der  Zelle,  dieses  Thema  im  weitesten  Sinne  gefaßt,  unter- 
richten will,  der  findet  in  der  „Allgemeinen  Biologie"  ein  außerordentlich  reiches  Tat- 
sachenmaterial zusammengetragen  und  wohlverarbeitet,  und  auch  der  Spezialist  auf  dem 
Gebiete  kann  manche  Anregung  aus  dem  Buche  schöpfen.  .   .   .  Nachtsheim. 

Das  Werden  der  Organismen.  Zur  Widerlegung  von  Darwins  Zufallstheorie 
durch  das  Gesetz  in  der  Entwicklung.  Von  Prof.  Dr.  Oscar  Hertwig,  Berlin. 
Dritte,  verbesserte  Auflage.  Mit  115  Abbild,  im  Text.  XX,  686  S. 
gr.  8»     1922  Gz.  10.50,  geb.  14.50 

Inhalt:  I.  Die  älteren  Zeugungstheorien.  2.  Die  Stellung  der  Biologie  zur 
vitalistischen  und  mechanistischen  Lehre  vom  Leben.  3.  Die  Lehre  von  der  Artzelle 
als  Grundlage  für  das  Werden  der  Organismen.  4.  Die  allgemeinen  Prinzipien,  nach 
denen  aus  den  Artzellen  die  vielzelligen  Organismen  entstehen.  5.  Die  Umwertung 
des  biogenetischen  Grundgesetzes.  6.  Die  Erhaltung  des  Lebensprozesses  durch  die 
Generationsfolge.  7.  Das  System  der  Organismen.  8.  und  9.  Die  Frage  nach  der  Kon- 
stanz der  Arten.  10.,  II.,  12.  Die  Stellung  der  Organismen  im  Mechanismus  der  Natur. 
13.  Das  Problem  der  Vererbung.  14.  Der  gegenwärtige  Stand  des  Vererbungsproblems. 
15.  Lamarekismus  und  Darwinismus.  16.  Kritik  der  Selektions-  und  Zufallstheorie. 
17.   Zusammenfassung.      Nachwort  zur  ersten   bis  dritten  Auflage.    —   Register. 

Lehrbuch  der  Zoologie.  Von  Dr.  Richard  Hertwig,  o.  ö.  Prof.  der  Zoologie 
und  vergleichenden  Anatomie  an  der  Universität  München.  Dreizehnte, 
vermehrte  und  verbesserte  Auflage.  Mit  588  Abbild,  im  Text.  XVI;  682  S. 
gr.  8"     1922  Gz.  10.-,  geb.  12.— 

Lehrbuch  der  Zoologie  für  studierende.  Von  Dr.  J.  B.  V.  Boas,  Prof.  der 
Zoologie  an  der  Kgl.  landwirtschaftlichen  Hochschule  in  Kopenhagen.  Neunte 
Auflage.  Mit 683  Abbild,  im  Text.  XI,  735  S.  gr.  8«   1922     Gz.  14.—,  geb.  17.— 

Vorlesungen  über  allgemeine  Histologie.   Gehalten  an  der  Hochschule  für 

Frauen  in  St.  Petersburg.  Von  Prof.  Dr.  Alexander  Gurwitsch,  St.  Peters- 
burg.    Mit  204  Abbild,  im  Text.    VI,  345  S.  gr.  8"    1913    Gz.  11.—,  geb.  13.— 

Anleitung  zu  makroskopisch-zoologischen  Übungen.     Von  Dr.  H.  F.  Nier- 

strasz,  Prof.  an  der  Reichsuniversität  zu  Utrecht,   und  Dr.  G.  Chr.  Hirsch, 

Privatdozent  an  der  Universität  zu  Utrecht. 
Heft  1:  Wirbellose  Tiere.    VII,  103  S.  gr.  8°    1922  Gz.  1.50,  geb.  3.50 

Leitfaden  für  das  zoologische  Praktikum.     Von   Dr.   Willy  Kükenthal, 

o.  ö.  Prof.  der  Zoologie  und  vergleich.  Anatomie  an  der  Universität  Breslau. 
Achte,  umgearbeitete  Auflage.  Mit  174  Abbild,  im  Text.  VIII,  322  S. 
gr.  8"     1920  Z,  Zt.  vergriffen.    9.  Auflage  in  Vorbereitung. 

Leitfaden  für  das  mikroskopisch-zoologische  Praktikum.    Von  Dr.  Walter 

Stempell,  Prof.  d.  Zoologie  u.  vergleich.  Anatomie  an  der  Westfäl.  Wilhelms- 
Universität  zu  Münster  i.  W.  Zweite,  vermehrte  und  verbesserte  Auflage. 
Mit  86  Abbild,  im  Text.     VI,  105  S.  gr.  8«     1919  Gz.  2.75,  geb.  4.75 

Elemente  der  Tierphysiologie.  Ein  Hilfsbuch  für  Vorlesungen  und  praktische 
Übungen 'an  Universitäten  imd  höheren  Schulen,  sowie  zum  Selbststudium  für 
Zoologen  und  Mediziner.  Von  Dr.  Walter  Stempell,  o.  ö.  Prof.  der  Zoologie, 
vergleich.  Anatomie  u.  Physiologie,  Direktor  d.  zoolog.  Instituts  d.  Universität 
Münster  i.  W.,  und  Dr.  Albert  Koch,  Privatdoz.  d.  Zool.  a.  d.  Univers., 
Vorst.  d.  zool.  Abtlg.  d.  Anstalt  f.  Pflanzen.schutz  d.  Landwirtschaftskammer 
Westfalen  zu  Münster  i.  W.  Zweite,  neubearbeitete  und  erweiterte  Au  flage. 
Mit  373  Abbild,  im  Text.     XXIX,  758  S.  gr.  8"     1923  Im  Druck. 

Praktikum  der  Insektenkunde     nach     biologisch -ökologischen     Gesichtspunkten. 

Von  Prof.  Dr.  Walter  Schoenichen.  Zweite,  vermehrte  und  verbesserte 
Auflage.    Mit261  Abbild,  im  Text.    X,  227  S.  gr.  8«    1921     Gz.  4.—,  geb.  6.— 


Grundzüge  der  Hydrobiologie.    Von  Prof.  Dr.  Ernst  Hentschel,  Leiter  der 

hydrobiolog.  Abteil,  d.  Zooi.  Staatsinstituts  zu  Hamburg,  Privatdozent  an  der 
Hamburg.  Universität.      Mit    100   Abbild,  im  Text.     VII,  221  S.  gr.  8°     1923 

Gz.  4. — ,  geb.  6.— 

Die  Vererbungslehre  in  gemeinverständlicher  Darstellung  ihres  Inhalts.  Von 
Dr.  Johannes  Meisenheimer,  ord.  Prof.  der  Zoologie  an  d.  Universität  Leipzig. 
Mit  49  Abbild,  im  Text.     V,  131  S,  gr.  8°     1923  Im  Druck. 

Erblichkeit   und   Chromosomen.      Eine    gemeinverständliche    Darstellung.      Von 
Dr.  Theo.  J.  Stomps,   Prof.    d.    Bot.   an   d.   Univers.   Amsterdam.     Aus  dem 
Holländischen    ins  Deutsche   übersetzt   von  Dr.  Paul    von  Dall'Armi.     Mit 
24  Abbild,  im  Text  (nach  Zeichnungen  des  Verf.).  VIII,  158  S.  gr.  8»  1923    Gz.  3.50 
Inhalt:   Einleitung.    —    I.   Chromosomen.      i.   Der  Bau    des  Protoplasten.      2.  Die 
Zell-   und  Kernteilung.      3.  Die  Reduktionsteilung.    —   II.  Erblichkeit.      I.   Die  stofflichen 
Träger  der  erblichen  Eigenschaften.      2.   Die  Lokalisation    der    erblichen   Eigenschaften.   — 
III.  Die  Chromosomen,  die   stoffliche  Basis    der  Erblichkeit,      i.  Beobachtungen   über  die 
Bedeutung  des  Kernes    im  Leben    der  Zelle.      2.  Die    Untersuchungen    von    Th.    Boveri 
über  Bastardierung  und  Merogonie    bei  Seeigeln.      3.  Die  Versuche    von  C.   Herbst    über 
künstliche  Parthenogenese,  gepaart  mit  Bastardierung.   4.  Die  Untersuchungen  von  Th.  Boveri 
über    doppelte  Befruchtung  bei  Seeigeln.     5.  Chromosomen    und    Geschlecht.     6.  Chromo- 
somen und  Mendels  Regeln.  —  Schlußwort.     Register. 

Vorträge   über    Deszendenztheorie.    Gehalten  an  der  Universität  Freiburg  i.  Br. 

Von  Prof.  August  Weismann.    Dritte,  verbesserte  Auflage.   Mit  141  Abbild. 

im  Text  und  3  färb.  Taf.     XXIV,  697  S.     1913  Gz.  11.—,  geb.  14.50 

Zentralblatt  f.  Zoologie,  allg.  u.  exper.  Biologie,  Bd.  6:  .  .  .  Verf.  ist 
wie  kein  anderer  vor  ihm  tief  und  erfolgreich  in  die  schwierigsten  Probleme  der  Ab- 
stammungslehre eingedrungen,  mit  genialem  Blick  das  Ganze  überschauend,  imd  hat  uns 
dabei  nicht  nur  mit  neuen  grundlegenden  Einsichten  beschenkt,  sondern  auch  der  bio- 
logischen Forschung  Richtung  gebend  neue  Wege  gewiesen  .  .  .  Was  auch  immer  das 
Schicksal  dieses,  die  Ergebnisse  eines  arbeitsreichen  und  arbeitsfreudigen  Forscherlebens 
zusammenfassenden  Werkes  sein  möge,  eines  steht  schon  heute  fest:  Weismanns  ,, Vor- 
träge über  Deszendenztheorie  sind  ein  klassisches  Werk,  dessen  ebenso  weit- 
spannende, wie  tiefgründige  Gedankenwelt  noch  auf  lange  Jahre  hinaus  in  der  wissen- 
schaftlichen Biologie  befruchtend  nachwirken  wird.  F.  v.  Wagner. 

Einführung  in  die  Deszendenztheorie.     Sechs  Vorträge,    gehalten  von 

Karl  Camillo  Schneider,  a.  o.  Prof.  der  Zoologie  an  der  Universität  Wien. 
Zweite,  erweiterte  Auflage.  Mit  einer  Karte,  182  teils  farbigen  Abbild, 
im  Text  u.  3  Tafeln.     XII,  386  S.  gr.  8°     1911  Gz.  9.50,  geb.  12.50 

Der  biologische  Lehrausflug.  Ein  Handbuch  für  studierende  und  Lehrer  aller 
Schulgattungen.  Unter  Mitwirkung  von  hervorragenden  Fachmännern  heraus- 
gegeben von  Prof.  Dr.  Walther  Schoenichen.  Mit  37  Abbild,  im  Text. 
XI,  269  S.  gr.  8"     1922  Gz.   6.—,  geb.  8.— 

Inhalt:  I.  Botanik,  i.  Botanische  Lehrausflüge.  Von  Dr.  Eberh.  Ulbrich, 
Kustos  am  Botan.  Museum  Berlin-Dahlem.  2.  Führungen  im  botanischen  Garten.  Von 
Prof.  Dr.  Ludw.  Diels,  Direktor  d.  Botan.  Gartens  zu  Berlin-Dahlem.  —  IL  Zoologie. 

3.  Der  zoologische  Lehrausflug.     Von  Dr.  Paul  Deegener,  Prof.  a.  d.  Univers.    Berlin. 

4.  Der  ornithologische  Lehrausflug.  Von  Prof.  Dr.  Bernh.  Hoffmann-Dresden.  5.  Der 
entomologische  Lehrausflug.  Von  Prof.  Dr.  Rieh.  Vogel,  Privatdoz.  d.  Zoologie  a.  d. 
Univers.  Tübingen.  6.  Führungen  im  zoologischen  Garten.  Von  Prof.  Dr.  Walther 
Schoenichen-Berlin.  —  III.  Allgemeine  Biologie.  7.  Der  hydrobiologische  Lehr- 
ausflug: I.  Binnengewässer.  Von  Prof.  Dr.  August  Th ienemann-Plön.  (Mit  37  Abb.) 
IL  Die  Meeresküste.  Von  Dr.  Arthur  Hagmeier,  Kustos  a.  d.  Staatl.  Biolog.  Anstalt 
auf  Helgoland.  9.  Die  Untersuchung  von  Lebensgemeinschaften.  Von  Oberstudiendir. 
Prof.  Dr.  Karl  Matzdorf f -Berlin.  10.  Botanische  und  zoologische  Naturdenkmäler. 
Von  Prof.  Carl  Schulz-Berlin.  —  IV.  Angewandte  Biologie.  11.  Der  landwirtschaft- 
liche Lehrausflug.  Von  Prof.  Dr.  Wilh.  Seedorf -Göttingen.  12.  Ausflüge  in  Baum- 
schulen und  Gärtnereien.  Von  Prof.  Dr.  Paul  Graeber-Berlin.  13.  Volkstümliche  und 
künstlerische  Gartengestaltung.  Von  Prof.  Dr.  Ernst  Küster- Gießen.  14.  Der  forst- 
wirtschaftlich-biologische Lehrausflug.  Von  Geh.  Reg.-Rat  Dr.  Karl  Eckstein,  Prof. 
a.  d.  forstl.  Hochschule  Eberswalde.  15.  Der  fischereiwirtschaftliche  Lehrausflug.  Von 
Geh.  Reg.-Rat  Dr.  Karl  Eckstein,  Prof.  a.  d.  forstl.  Hochschule  Eberswalde.  —  Sachregister. 

Ein  Lehrjahr  in  der  Natur,  Anregungen  zu  biologischen  Spaziergängen  für 
Wanderer  und  Naturfreunde.  Von  Prof.  Dr.  Paul  Deegener.  Zwei  Teile. 
VIII,  204  und  298  S.  gr.  8«     1922  Gz.  7.50,  geb.  11.50 


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