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JAHRBUCH
DER
PRACTISCHEN MEDICIN.
BEGRÜNDET VON DR. PAUL BÖRNER.
UNTER MITWIRKUNG TON
Or. Heinrich Adler in Wien, Prof. Dr. A. Baginsky in Berlin, Prof. Dr. Karl
T. Bardeleben in Jena, Dr. Felix Beetz in München, Privatdocent Dr. A. Buchwald
in Breslau, Dr. A. Czempin in Berlin, Dr. Frey ha n, Assistenzarzt am stä dt Krankenhause
Friedrichshain in Berlin, Medicinalrath Prof. Dr. Fürhringer, Director am stidt Kranken-
haoM Priedrichshain in Berlin, Prof. Dr. P. Grützner in Tübingen, Prof. Dr. Horstmann
in Berlin, Dr. M. Joseph in Berlin, Dr. H. Koch in Braunschweig, Prof. Dr. Kolaczek in
Breslau, Dr. Lewald in Liebenburg (Bann.), Dr. J.Michael in Hamburg, Reg.- u. Medicinal-
rath Dr. A. Pfeiffer in Wiesbaden, Prof. Dr. Bibbert in Zürich, Privatdocent Dr. Th.
Roaenheim, Assistenzarzt an der mediciniscben UniversitSts-Poliklinik In Berlin, Stabsarzt
Dr. Schill in Dresden, Dr. Schwalbe in Berlin, Prof. Dr. Seeligmüller in Halle a. S.,
Dr. E. Strelitz in Berlin, Kreisphysicus Geh. Sanititsrath Dr. Wiener in Graudenz
HERAUSGEGEBEN VON
D» S. GUTTMANN,
GEH. SANITÄTSRATH IN BERLIN.
Jahrgang 1893.
=*^
STUTTGART.
VERLAG VON FERDINAND ENKE.
1893.
Druck der Union Deutsche Verlapsfzesellschaft in Stuttgart.
Vorwort.
Der neue Jahrgang des Jahrbuches für practische Medicin
bildet, wie seine Vorgänger, einen Sammelpunkt derjenigen Ar-
beiten des verflossenen Jahres, welche den Endzielen der prac-
tischen Medicin auf ihren verschiedenen Gebieten und Wegen
zustreben. Je riesenhafter der Umfang des Materials ist, — und
gerade in der Medicin wächst es von Tag zu Tag, — eine um so
genauere und bessere Organisation .und Anordnung gehört dazu,
um sich nicht in dem Labyrinth dieser Publicationen zu verlaufen.
Der EntwickeluDgsgang und das Gedeihen dieses Jahrbuches ist
seinen bekannten und berufenen Mitarbeitern zu danken, welche
durch strengste, kritische Auswahl der zu referirenden Arbeiten
den Arzt vor solchen Irrwegen zu schützen suchen.
Von Tag zu Tag verbessern und erweitern sich die Methoden
der Forschung und Untersuchung. Die Fortschritte in der Chemie
werden immer mehr den Interessen der Medicin dienstbar; die
physiologische Chemie hat die Anschauungen über die krankhaften
Vorgänge des Stoffwechsels bei zahlreichen Krankheiten geklärt;
Symptomencomplexe, welche bei den Erkrankungen des Central-
nervensystems unentwirrbar erschienen, sind durch pathologisch-
anatomische Untersuchungen zu wohlumschriebenen Krankheits-
bildem und der Diagnose immer mehr zugänglich geworden ; die
Chirurgie, die Gynäkologie und die anderen Specialfacher vervoll-
kommnen nicht weniger ihre Methoden und arbeiten mit an der
neugewonnenen Richtung der wissenschaftlichen Forschung, welche
IV
Vorwort.
der raediciBischen Wissenschaft wie der ärztliclien Praxis
anderes Gesieht aufgedrückt hat Während die Äetiologie i
die auf sie begründete Prophylaxe in der Krankheitslehre,
auf dem Gebiete der üffeiitlicheii Gesundheitspflege Eingang
funden haben, kann man nicht sagen, dass die Therapie geg
tiber den Infectionskrankheiten. so der Cholera, frischen Ai
denkens, nennenswerthc Erfolge aufzuweisen hat. Wohl ist
Förderung der wissenschaftlichen Therapie durch die Darstell
neuer Körper auf synthetischem Wege, die als Heilmittel erkf
sind, erkennbar, allein es kann nicht geleugnet werden, dass
diesem Gebiete etwas zu viel des Guten gethan, und eine 1
grenz utig nach den verschiedensten Richtungen hin nothwe]
geworden ist. Die durch die Koch'schen und Pasteursc
Forschungen erschlossenen Wege haben 2U einer weiteren R
von Arbeiten geführt, welche die Therapie der Infectionskn
heiten in eine ganz andere Bahn geleitet haben, und zwai
der sogenannten Serumtherapie, sowie zur Imnmnisirung gi
Infectionskrankheiten. Es steht zu erwarten, dass auf die
Wege den Erfolgen am Thierexperimente sich auch solche
Menschen anschli essen werden.
Die Gliederung des Jahrbuches ist, weil sie sich als
bewährte gezeigt hat, unverändert geblieben. Für die Bcarbei
des Capitels „Infectionskrankheiten'' und „Laryngo-RhinoU
sind die Herren Frey hau und Michael, zwei auf ihrem
biete wohl bewanderte Fachmänner, eingetreten,
Berlin, im April 1893.
Dr, S. Guttmaa
Iihalt
Ij. Tp|Kg3mjffiiiitrriif I maiHiiit. £. 1
c. Tfiwui'tf^riP. mämKigDHäkf: Aanzimit. £. !:
c. Tcf^ieääieiiäe JLiaiBaBDe. S. ^
^ AI^CBvözieE. S. 4.
Z&Iie- S. 4.
^ <9cüfsik& SusfeehiL Bmriit. S. a^.
^ B«t. 's. 1^
7. AiiiTMiT^saigifcut. 5. ^
S*. Hsm- lad GcK^jec^üiccfKie. S. ^^
iQ. 35ö"*^eiifTFÄBL 5- 27-
a. Gratrajcf Star^nsTSSEm. S. ^I.
11. SizLsesoTfizie. 5. 2i*.
a. G«rDcii«org«iL S. "2?.
b. A:i^. S. 30.
12. Emtwkkd«x:g9g«s)däc3itCL 5. 31.
VI Inhalt.
IL
Physiologie. Von Professor Dr. P. Grützner in Tübingen. S. 33—84
I. Blat. S. 33.
IL Blutbewegung. S. 39.
IIL Athmung. S. 43.
IV. Verdauung. S. 49.
V. Resorption. S. 56.
VL Stoffwechsel und thierlsche Wärme. S. 57.
VIT. Harn und Harnbildang. Schweiss. S. 62.
VIII. Muskeln und Nerven. S. 65.
IX. Centralorgane. S. 70.
X. Sinnesorgane. S. 76.
XL Zeugung. S. 82.
IIL
Allgemeine Pathologie and pathologische Anatomie. Von Prof. Dr. H u g o
Ribbert in Zürich. S. 85—123.
I. Allgemeine Aetiologie, Infectionskrankheiten und pflanzliche Para-
siten. S. 85.
1. Allgemeines. S. 85.
2. Einzelne Infectionskrankheiten. S. 93.
a. Septikämie etc. S. 93.
b. Tuberculose. S. 94.
c. Pneumonie. S. 97.
d. Typhus. S. 98.
e. Cholera. S. 99.
f. Diphtheritis. S. 100.
g. Tetanus. S. 100.
h. Influenza. S. 101.
i. Scharlach. S. 101.
k. Actinomykose. S. 102.
1. Malaria. S. 102.
m. Thierische Parasiten. S. 103.
IL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. S. 104.
1. Blut. S. 104.
2. Entzündung. S. 104.
3. Pigment. S. 107.
4. Regeneration. S. 107.
5. Regressive Processe. S. 108.
6. Neubildung. S. 110.
7. Missbildung. S. 112.
III. Pathologische Anatomie der Organe. S. 114.
1. Verdauungsorgane. S. 114.
a. Leber. S. 115.
b. Pankreas. S. 116.
c. Peritoneum. S. 116.
Inhalt VII
2. Circulationsorganc. S. 116.
3. RespiratioDSorgane. S. 118.
Schilddrüse. S. 119.
4. Hamorgane. S. 119
Nebenniere. S. 121.
5. Geschlechtsorgane. S. 121.
6. BewegUQgsorgane. S. 122.
IV.
€]lirmr^ie. Von Prof. Dr. Kolaczek in Breslau. S. 124—162.
I. Allgemeine Chirurgie. S. 124.
1. Wuuden und deren Behandlung. S. 124.
2. Entzündungen. S. 130.
3. Instrumente und Apparate. S. 133.
II. Spedelle Chirurgie. S. 137.
1. Krankheiten des Kopfes. S. 137.
2. Krankheiten des Halses und der Brust. S. 142.
3. Krankheiten des Unterleibes. S. 146.
4. Krankheiten der Extremitäten. S. 156.
V.
Imnere Mediein. S. 163-365.
1. Krankheiten des Nervensystems. Von Professor Dr. Seelig-
m aller in Halle. S. 163.
A. Krankheiten der Centralorgane. 8. 163.
1. Gehirn. S. 163.
Allgemeines. S. 163.
Localisation. S. 165.
a. In der Hirnrinde. S. 165.
Aphasie. S. 165.
b. Im übrigen Gehirn. S. 169.
2. Krankheiten des yerlängerten Marks. S« 175.
3. Rückenmark. S. 177.
Allgemeines. S. 177.
Höhlenbildung und Syringomyelie. S. 180.
Multiple Sklerose. S. 182.
Tabes. S. 183.
Land ry 'sehe Paralyse. S. 185.
4. Krankheiten der Muskeln. S. 186.
B. Krankheiten der peripheren Nerven. S. 187.
1. Allgemeines. S. 187.
2. Krankheiten der Himnerven. S. 189.
3. Krankheiten der spinalen Nerven. S. 191.
vm
Inhalt.
C. Neurosen. S. lt)3.
1. Hysterie. S, 193,
2. Epilepsie. S. 19Ö,
3. Die übrigen Neiiroaen. S. 198,
D. Aügemeinea, S. 202.
ünfallflnervt^nkrarjkbeiten, S. 208.
E. Therapie. B. 210.
2. Psychiatrie. Von Dr. Lewald^ Arzt der Privat-lrrenanstalt
Lieben bürg (Hftiinover). S, 211,
3. Refipiratioiifäkrankbeiten. Von Dr. J. Schwalbe inBerlin. S.Ti
4. Herzkrankheiten. Von Dr. J. Schwalbe in Berlin, S. 2i
5. Krankheiten des Digea tinn sapparatea. Von Dr. Th, Rose
heim, Privatdocenten und AsBistenten an der medicinischen üniver
tÄtfi-Pnliklinik in Berlin. S. 263.
6. Nierenkrank heiten. Von Mediciniilrath Prof, Dr. Fiirbringi
Director am Krankenhanse Friedrichehain in Berlin. S. 2ü8.
7. Con s ti tnii o n skr an k heilen. Von Dr. J. Schwalbe in Berlin. S.3:
8. Infection »krank heiten. Von Dr. Frey h an, Asaistenzarzt i
Krankenhauße Fried ric ha hain in Berlin. S. 331.
VI.
Oclmrtshülfe und Gynäkologie, Von iir. A. Czemp in, Frauenarzt
Berlin. S. 366—405.
I. Allgemeines. S» 366.
_ IL Geburfcshülfe. S. 370,
1. Schwangerschaftsstörungen ^ künstliche Fnihgebnrt; Eklarapi
S. 370.
2. OvariO' und Myomotoinie in der Schwangerscbaft. SymphyB
Ujmie. S. 375.
3. KaiserßchnitL Osleomaiade. S, 380.
4. Erkrankungen der Neugeboreneo, S. 383.
III, Gynäkologie. S. 385.
1. Aligemeine gynäkologißche Pathologie und Therapie. S. 3
2. Vaginale Operationen, Ejtstirpation des Uterus. S. 391.
3. Allgemeines über Laparotomien i Ovariotomie; Myomoton
S. 39t>.
4. ExtrauteriDgravidität. S. 401,
IV, Neue Bacher. S. 405.
Vll.
Kinderlieilkiutdp. Von Dr. Adolf Baginsky, Prof. der Kinderheilkui
in Berlin, und Dr. Ernst StrelitÄ, Assißtenten an der Baginflky'*cJ
Poliklinik eu Berlin. S, 406-^460.
Krankheiten des Nervensystems. S. 407.
Krankheiten der Respirationsorgane. S. 4t 1.
Inhalt IX
Krankheiten der Clrculationsorgane. S. 413.
Krankheiten der Verdanungsorgane. S. 414.
Krankheiten des Urogenitalapparates. S. 422.
Acute Infectionskrankheiten. S. 424.
Diphtherie. S. 424.
Tossis convulsiva. S. 431.
Acute Exantheme. S. 432.
Scarlatina. S. 432.
Morbillen. S. 433.
Rubeolen. S. 434.
Vaccine und Variola. S. 435.
Typhus abdominalis. S. 436.
Inflaenza. S. 437.
Constitutionsanomalien und chronische Infectionskrankheiten. S. 438.
Tuberculose. S. 438.
Syphilis. S. 442.
Allgemeink rankheiten. S. 442.
Rhachitis. S. 442.
Hämorrhagische Diathese. S. 444.
Diabetes. S. 450.
Krankheiten der Neugeborenen. S. 451.
Hantkrankheiten. S. 455.
Therapie. 8. 456.
Physiologie, Diätetik, Hygiene. S. 457.
VIII.
Harnt- ud venerische Krankheiten. Von Dr. Max Joseph in Berlin.
S. 461—496.
A. Hautkrankheiten. S. 461.
I. Lehrbücher, Anatomie, Physiologie. 8. 461.
II. Entzündliche Dermatosen. 8. 463.
III. Circulationsstörangen der Haut. 8. 470.
IV. Progressive Ernährnngsstörungen der Haut 8. 4'72.
V. Regressive Ernährnngsstörungen der Haut 8. 475.
VI. Neuritische Dermatosen. 8. 476.
VII. Parasitäre Dermatosen. 8. 478.
VIIL Chronische Infection.skrankheiten der Haut. 8. 479.
IX Therapie. 8. 483.
B. Venerische Krankheiten. 8. 485.
I. Gonorrhoe und deren Complicationen. 8. 485.
II. Venerische Helkosen. 8. 489.
III. 8yphilis. 8. 489.
a. Allgemeiner Theil. 8. 489.
b. Haut und 8chleimhaut. 8. 491.
X Inhalt.
c. Visceral lues. S. 492.
d. Hereditäre Lues. S. 494.
e. Therapie der Syphilis. S. 495.
IX.
Aagenheilkunde. Von Prof. Dr. C. Horstmann in Berlin. S. 497-
jL Allgemeines, Lehrbücher, Heilmittel, Instrumente. S. 497
2. Anatomie und Physiologie. S. 501.
3. Refractions- und Accommodationsanomalien. S. 506.
4. Anomalien der Muskeln und Nerven. 8. 508.
5. Erkrankungen der Lider, des Thränenapparates u. der Orbita. {
6. Erkrankungen der Conjunctiva, Cornea und Sclera. S. 5
7. Erkrankungen der Iris, des Ciliarkörpers, der Chorioidea (ei
sympathischer Ophthalmie) und des Glaskörpers. S. 522
8. Glaukom. S. 525.
9. Erkrankungen der Linse. S. 527.
10. Krankheiten der Netzhaut und des Sehnerven. S. 529.
11. Augenerkrankungen bei Allgemeinleiden. S. 531.
Ohrenheilkunde. Von Dr. H. Koch in Braunschweig. S. 536—576.
L Lehrbücher, grössere Schriften und Atlanten. S. 536.
IL Anatomie. S. 537.
HL Physiologie. S. 538.
IV. üntersuchungsmethoden und Diagnostik. S. 540.
V. Pathologie. S. 546.
VI. Therapie. S. 555.
VII. Casuistik. S. 564.
a. Aeusseres Ohr. S. 564.
b. Mittelohr. S. 505.
c. Inneres Ohr. S. 573.
d. Diverses. S. 574.
XL
Krankheiten der Nase, des Rachens, des Nasenrachenraumes, des*Mii
des Kehlkopfes und der Luftröhre. Von Dr. J. Michael in Harn
S. 577-601.
ArzneimitteL S. 577.
Durchleuchtung. S. 578.
Instramente. S. 578.
Krankheiten der Nase, des Nasenrachenraumes und Mundes. S.
Allgemeines. S. 579.
Verbiegung der Nasenscheidewand. S. 579.
Nase und Morbus Basedowii. S. 580.
Rachenpolyp. S. 580.
Inhalt XI
Rhinolithen. S. 580.
Highmorshöhle. S. 580.
Sieb- und Keilbeinhöhle. S. 581.
Fremdkörper der Mandeln. S. 582.
Tumoren des Mundes. S. 582.
Pemphigus. S. 582.
Pharyngomykosis. 8. 582.
Prodromale Angina. S. 583.
Insufficientia velo-palatina. S. 583.
Leukoplakia. 8. 583.
Zungenmandel. S. 584.
Diphtheritis. S. 584.
Diphtheritisbehandlang. S. 585.
Tracheotomie und Intubation. S. 587.
Larynx und Trachea. 8. 589.
Anatomie und Physiologie. 8. 589.
Allgemeines. 8. 590.
Entzündungen. 8. 592.
Lues, Phthisis, Pachydermie. 8. 592.
Neubildungen. 8. 593.
Neurosen. 8. 595.
Fremdkörper in der Trachea. S. 596.
Schilddrüse. 8. 598.
Neue Bücher. 8. 600.
xn.
Ameiiüttellehre und Toxikologie. Von Dr. Alfred Buchwald, Privat-
dooenten und Primärarzt am Allerheiligenhospital in Breslau. 8. 602—659.
Natrium chloratum. S. 602.
Alumnol. S. 605.
Kalium hypermanganicnm. 8. 607.
Eisen. 8. 608.
Strontiumsalze. S. 609.
Quecksilber. S. 610.
Quecksilberchlorid. 8. 612.
Hydrargyrum sozojodolicum. 8. 613.
Asparagin-Quecksilber. 8. 614.
Arsenik. S. 614.
Basisch gallussaures Wismuth (Dermatol). 8. 616.
Antimon. 8. 618.
Bromoform. 8. 619.
Bromäthyl (Aetlier bromatus purissimus Merck). 8. 621.
Brom Präparate. 8. 623.
Jodoform. 8. 625.
XII Inhalt.
Arifltol. S. 626.
Europhen (Isobutylorthocreosoljodid). S. 626.
Thiophendijodid. S. 627.
Thiophensulfosaures Natron. S. 627.
Thilanin (braunes geschwefeltes Lanolin). S. 628.
Thiol. S. 628.
Ichthyol. S. 629.
Natrium biboracicum. S. 631.
Natrium chloro-borosnm. S. 632.
Chloräthyl (Aethylchlorid). S. 632.
Chloroform. S. 633.
Peutal (Trimethyläther). S. 636.
Sulfonal. S. 638.
Trional und Tetronal. S. 638.
Creolin. S. 639.
Lysol. S. 639.
Solveol. S. 641.
Solutöl. S. 641.
Saprol. S. 641.
Asaprol. S. 642.
Creosot. S. 642.
Gaajacol. S. 644.
PyokUnin. S. 645.
Euphorin (Phenylurethan). S. 645.
Agathin (Salicyl-methyl-phenylhydrazon). S. Ü4G
Anaigen. S. 646.
Exalgin. S. 647.
Phenocollum hydrochloricam. S. 647.
Salophen. S. 648.
Salipyrin (Riedel). S. 649.
Salol. S. 650.
Gerbsäure. S. 651.
Heidelbeerblätter. S. 651.
Zimmtsäuro. S. 652.
Digitalin. S. 653.
Strychnin. S. 654.
Hydrastininum hydrochloricam. S. 654.
Theobromin (Diuretin Knoll). S. 655.
Sparteinum sulfuricum. S. 656.
Cocain. S. 657.
Cantharidin. S. 657.
Piperazin. S. 658.
Tubercnlin und Tubercalocidin. S. 659.
Inhali. XIII
XUI.
KliMfttologie nnd Balneologie. Von Dr. Felix Beetz in Mönchen. S. 660
bis 678.
Allgemeines. S. 660.
Klimatologie. S. 663.
Balneologie. S. 668.
Hydrotherapie. S. 676.
XIV.
€eriektliehe Medicin. Von Kreisphysicus Geh. Sanitätsrath Dr. Wiener
iB Graudenz. S. 679—719.
A. Allgemeiner Theil. S. 679.
Leichenverfärbungen. 8. 679,
Den Blutnachweis störende Einflüsse. S. 681.
Werth des Hämatoporpbyrinspectrums für den Blutnachweis. 8. 682.
Gerichtsärztl. Beurtheilung der Fussspuren des Menschen. 8. 683.
Können frische Leichen schwimmen? 8. 684.
La Suggestion hypnotiqne. 8. 685.
B. Specieller Theil. 8. 686.
I. Mechanische Verletzungen. 8. 686.
Blutgerinnung bei tödtlichen Verletzungen. 8. 686.
Durch äussere Gewalt auf den 8chädel entstehende Verletzungen
und Erkrankungen des Gehirns und seiner Häute. 8. 687.
Verlust des erkrankten Augapfels. 8. 688.
Stichverletzungen des Bauches. 8. 689.
Penetrirende 8chu88verletzungen des Unterleibes. 8. 690.
Nichtpenetrirende Schussverletznngen des Bauches. 8. 692.
Eingeweideverletzungen ohne äussere Wunde. 8. 692.
Tod durch Einwirkung des elektrischen 8tromes. 8. 694.
II. Erstickung. 8. 695.
Scheinbar gewaltsame Erstickungen — natürlicher Tod, 8. 695.
Tod durch Ertrinken. 8. 696.
Aspiration von Speisebrei. 8. 697.
Erection und Samenerguss bei Erhängten. 8. 698.
III. Vergiftungen. 8. 699.
Physostygmin. 8. 699.
Strychnin. 8. 700.
Wurmfarnextract ?. 701.
Mnskatnuss. 8. 702.
Wurstvergiftung. 8. 703.
Salzsäure. 8. 703.
Quecksilber. 8. 704.
Kohlendunst. 8. 704.
Benzin. 8. 706.
XIV Inhalt.
IV, Sexnelles. S. 706.
äpermatozoiden. S. 706.
FärbuDg von Spermatozoen. S. 707.
Zeit der Wirkung der Abortiva. S. 707.
Frachtabtreibung durch Injection heissen Wassers. S. 710.
Abort 10 Wochen nach dem Tode des Fötus. S. 712.
Läset sich an der abgegangenen Frucht die Abtreibung erweis
S. 712.
V. Neugeborene. S. 713.
Einfluss der Bewegungen einer Kindesleiche auf den Respiratic
und Digestionstractus. S. 713.
Zweifelhaftes Leben eines Neugeborenen. 8. 714.
Obliteration der Nabelgefässe. S. 715.
Kindsmord am 10. Tage nach der Geburt — Zurechnungsfähig
der Mutter. S. 716.
Strangfurche bei Nabelschnurumschlingung. S. 718.
Sarggeburt. S. 718.
XV.
Nedicinalwesen im engeren Sinne. Von Kreisphyslcus Geh. Sanitätsi
Dr. Wiener in Graudenz und Dr. Heinrich Adler in Wien. S. 720 — '
A. Deutschland. Von Kreisphysicus Geh. Sanitätsrath Dr. Wie
in Graudenz. S. 7*^0.
Medicinalbeamte. S. 720.
Aenderung des preussischen Physikats (Stellung des Phys
in amtlicher und ökonomischer Beziehung). S. 720.
Gehaltsaufbesserung in Bayern. S. 721.
Ausstellung von Physi katsattesten für Staatsbeamte. S. 1a
Pauschalsumme für Postporto- und Gebührenbetiäge. S. 7
Gewerbeaufsichtsbeamte und Physiker. S. 722.
Anlage und Erweiterung von Begräbnissplätzen. S. 722.
General-Sanitätsberichte der Regierungsmedicinalräthe. ß.
Tagegelder für Termins Wahrnehmung. S. 724.
Gutachten bei Feststellung von Unfall-, Invaliden- und AI
reuten der badischen Medicinalbeamten. S. 725.
Constatirung von Typhus in Mecklenburg-Schwerin. S. 71
Leichenschauberichte in Biaunschweig. S. 726.
Leichenbesichtigungen im Gn>ssherzogthum Darmstadt. S.
Aerzte. S. 726.
Statistik S. 726.
Erlass einer neuen Medicinaltaxe in Preussen. S. 727.
Aerztliche Standesverlretung bei den Provinzialcollegien und
Wissenschaftlichen Deputation. S. 727.
Disciplinarbefugnisse der Aerztekammern. S. 728.
Gesetzliche Berechtigungen der ärztl. Vereine in Sachsen. S.
Inhalt. XV
Novelle zum Krankcnkassenversiclierungsgesetz. S. 728.
„Aerztliche Behandlung^ im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 1 des
Krankenversicherungsgesetzes. S. 729.
Gebührenfestsetzung für Aerzte in ünfallssachen. S. 729.
Apotheker. S. 730.
Verstaatlichung des Apothekenwesens. S. 730.
Standesvertretung der preussischen Apotheker. S. 730.
Verlegung von Apotheken. S. 730.
Normalgewichtssatz in Apotheken. S. 731.
Verwendung ovaler Gläser für innere Arzneien. S. 731.
Verbandstoffe mit Sublimat oder Jodoform getränkt. S. 731.
Preussische Arzneitaxe für 1893. S. 731.
Hebammen. S. 731.
Preussisches Hebammenlehrbuch. S. 731.
Zurücknahme des Prüfungszeugnisses. S. 732.
Droguisten. S. 732.
Berechtigung, sich geprüfte Apotheker zu nennen. S. 732.
Bezeichnung „alle freigegebenen Arzneimittel u. dergl." S. 732.
Verkauf von Thierheilmitteln. S. 733.
Zerlegung des Brustthees in seine Bestandtheile ist unter Um-
ständen ein „Gemenge" und Einzelverkauf strafbar. S. 733.
Restitutionsfluid ist „Arznei". S. 734.
Verkauf von Mercurial salbe. S. 734.
Uebertretungen der Droguisten und deren Ahndang. S. 734.
Geheimmittelhandel, Curpfuscherei. S. 734.
Bezeichnung „geprüfter Vertreter der arzneilosen Heil weise". S.735.
B. Oesterreich. Von Dr. Heinrich Adler in Wien. 8. 735.
I. Organisation. S. 735.
II. Apotheken, Geheimmittel, Curpfuscherei. S. 785.
III. Wohnungshygiene. S. 73G.
IV. Zahntechniker. S. 737.
V. Prophylaxis der Infectionskrankheiten. S. 737.
VL Nahrungsmittelhygiene. S. 739.
VII. Gewerbehygiene. S. 741.
VIII. Leichen wesen. S. 741.
XVJ.
Oeffentliche Gesundheitspflefe. Von Regierungs- und Medicinalrath Dr.
A. Pfeiffer in Wiesbaden. S. 742—782.
A. Hygiene. S. 742.
I. Allgemeines. S. 742.
Luft. S. 742,
Licht. S. 743.
Wasser. S. 743.
Boden. S. 744.
XVI Inhalt.
II. Specielles. S. 745.
Beseitigung der anreinen Abgänge aus Städten. S. 745.
Baupolizei. S. 748.
Desinfection. S. 749.
Leichenschau und Begräbnisswesen. S. 749.
Prostitution und Alkoholmissbrauch. S. 750.
Geisteskrankheiten und Irrenhäuser, S. 751.
SterbUchkeit. S. 752.
Bewegung der Bevölkerung. S. 755.
Fürsorge für Kranke, Genesende und Kinder. S. 756.
Krankenkassen und Unfallversicherung. S. 759.
Bäder und Badeanstalten. S. 760.
Impfung. S. 761.
Gewerbliches. S. 763.
Gebrauchsgegenstände. S. 764.
Fleischbeschau. S. 766.
Kahrungs- und Genussmittel, S. 769.
Beaufsichtigung des Marktverkehrs mit Nahrungsmitteln. S. 771.
Verfälschung von Nahrungsmitteln. S. 772.
B. Epidemiologie. S. 773.
Cholera. S. 773.
Influenza. S. 775.
Typhus und verwandte Krankheitserscheinungen. S. 776.
Pocken. S.* 779.
Scharlach, Dichtherie uud Masern. S. 780.
Flecktyphus. S. 780.
Genickstarre. S. 780.
Pest. S. 781.
Gelbfieber. S. 780.
ToUwuth. S. 781.
Trichinose. S. 782.
XVII.
Militännedicin. Von Stabsarzt Dr. Schill in Dresden. S. 783-812.
1. Gesundheitsberichte. S. 783.
2. Militärgesundheitapflege. S. 786.
3. Militärkrankenpflege. S. 792.
Anatomie
(einaoldiesslicli der Zellen- und Gewebelehre, sowie der
EntwickeluDg^sgeschichte)*
Von Professor Dn Karl von BurdGlebeu in Jena.
1. Lehr- und Handbücher. Bililerwerke.
a. Systematische Anatomie.
Von dem im vorjährigen Berichte besprochenen Qaain-Hoff-
maDD-Hauber^schen Ltjhrbuche der Anatomie des Manschen
sind drei neue Lieferungen erschienen^ welche die Bänder und Muskehi^
Eingeweide und Gefässe entbaiten. Der Schlnss des Werkes (Bd. II,
Theü 2: Nervensystem nnd Sinnesorgane) soll Ostern 1893 erfolgen*
Von Brösike^s Cursus der normalen Anatomie erschien die
dritte Aoilage. (Mit 2 Taf, und 88 Holzschnitten. Berlin , Fischer^s
medic. Bnchandlg. 16 M.)
Ein neues ^Oompendium der normalen Anatomie^*| welches
Itlr den Präp&rirsaal und das Staatsexamen berechnet ist, hat A. Voll
geschrieben. Die HaupteigeuBchaften dieses Compendiums sind Kürze
des Textes und geringe Anzahl von Abbildungen (26).
h. Topographische Anatomie«
Von JoesaeTs grossem Lehrbaoh dar topographisch-chi-
rurgischen Anatomie ist die zweite Abtheilung des II. Bandes
erschienen^ enthaltend den Bauch, (Mit 40 grösstentheils in Farben-
druck ausgeführten Holzschnitten und 2 iithogr. färb. Tafeln. Bonn,
Fr, Cohen. Preis 8 M.) Diese Lieferung schliesst sich würdig den früheren
Jahrbuch d. pract. Medicin. 1S90. t
V, Cardeleben.
(Bd. 1: Extremitäten; Bd. 11, Lief. 1: ßmst) an und wir
Aerzten, welche practiacb mit dem Abdomen au tiiun haben
vom Standpunkt der inneren Medicin oder der Obirorgie, eit
zuverJäeeiger , wie brauchbarer Führer sein, ^ Leider ist di
im December 1B92, vor Vollendung der Liefernn^^: Beck*
storben. Jedoch ist zu hoffen, dass das Werk im Sinne d
storbenen fortgesetzt und vollendet werde.
Löbker's Operationslehre, welche aucb die cbirur
Anatomie berücksichtigt^ erlebte die dritte Auflage, währ
V, Bergmann und Eoche' Anleitenden Vorlesungen t
Operationscursuö die zweite Auflage erschien.
Schliesslich sei noch ein hervorragendes französische
erwähnt: P. Poirier, Trait^ d'anatomie medico-chirur
von dem das 1- Heft (Paris, Bab^, 1892. 151 Fig., 204 I
gröBSten Theil des Küpfes (Schädel, Gehirn, Ohr) enthaltend^
c» Histologie, m i k roekup ii^f lie Anatomie.
Vor Allem ist hier ein Werk von OskarHortwig zu
Die Zelle und die Gewebe, Grundztige der allgemeinen ^
und Physiologie. (Mit 168 Abbildungen. Jena «^1893'*, G. '
Das vorliegende erste Buch enthält die allgemeine Anato:
Physiologie der Zelle in neun Kapiteln, deren Inhalt ku
geben Ref* nicht umhin kann. Kapitel 1 : Geschichte dei
und Protoplasma-Theorie. — Kapitel 2: Die chemisch^physil-
und morphologischen Eigenschaften der Zelle, des Ze'
die Central- oder Polkörperchen der Zelle. — Kapitel 3-
Lebenseigenschaften der Zelle, — Kapitel 3 : Die Bewegung
nungen (Protoplasma-^ Geissei- und Flimmerbewegung, ^
passive Bewegung). — Kapitel 4: Die Reizerscheinunge
mische, Licht-, elektrische, mechanische^ chemische Reize],
pitel 5: StoflPwechsel und forraative Thätigkeit (Aufnahme,
Umsetzung von Stoffen)* — Kapitel ii: Die Fortpflanzung <
auf dem Wege der Theilung. Die öeacbiohte der Zellenent
der Process der Kerntheilung und die verschiedenen Ar
selben; Kemsegmentirung (Mitose, Karyokinese), Kernzerst
(Fragmentirung, Amitose); verschiedene Arten der Zellver
(ilquale, inäquale Theilung^ Knospung, p»Ttielle Theilung,
bildungf ReduotioDstheilung); Beeinflussung der Zelltheilu)
iaroere Facioren, abnorme Kerntheilung. — Kapitel 7: Die
nungen und das Wesen der Befruchtung. Die Morphologie
fruchtungsproceesos (Befruchtimg das thierischen Eies, der
Anatomie^ Zellen- und Gewebelehre, Entwickelungfigesehichte.
3
gamen, der iDfuaorien); die verschiedene Form der Geschlechtszellen,
die Aeqiiivalenz der beim Zeugungsacte betheiligten Stoffe und die
Begriffe „männliche und weibliche GeschlechtazeUen*'. Die Ur- und
Grundformen der geßchlechtlichen Zeugting. Die Physiologie des
Befrucbtangsprocesses. Die Befruchtungsbedürftigkeit der Zellen
(Parthenogenese, Apogamie), die sexuelle Afdnität. — Kapitel 8:
Wechselbeziehungen zwischen Protoplasma, Kern und Zellprodoct.
— Kapitel 9: Die Zelle als Anlage eines Organismus (Vererbungs-
iheorieo). Schon aus dieser sehr knappen und unvollständigen
Wiedergabe des Inhalts dürfte zu entnehmen sein, welcher Reich-
thum an Thatsachen und Gedanken in diesem Werke Hertwig's
enthalten ist» Selbst den theoretischen Fächern femer stehende
Aerzte werden das Buch mit loteresse und Gewinn flQr ihre allge-
meine Fortbildung lesen.
Einen recht brauchbaren „Grundrias der Gewebelehre"
hat J, Disse in Göttingen verfasst. (Mit 57 Holzschnitten. Stutt-
gart, Ferd. Enke, 18t>i. lU S. 8'». Preis 3 M.) Es ist ein für den
Studirenden berechnetes Compendium der Zellen- und Gewebe-
lehre, welches neben grösseren Büchern vielen Nutzen stiften
dürfte.
Ph. Stöhr^s Lehrbuch der Histologie (nud der mikro-
akopischen Anatomie des Menschen mit Einschlnss der mikro-
skopischen Technik. 5. verbesserte Auflage. Mit 216 Holzschnitten.
Jena, G, Fischer^ 1892) ist schon wieder neu aufgelegt worden, ein
Beweis f dass sich dieses ^ wesentlich für den Gebrauch bei mikro-
skopischen Cursen bestimmte, aber auch sonst gute Buch schnell
und fest eingebürgert hat.
Von Landois^ Lehrbuch der Physiologie, welches auch die
Histologie und die mikroskopische Anatomie enthält, er-
schien bereits die achte Auflage (1. Hälfte^ 4S<) 8,).
d. Vergleicheode Anatomie.
Ein hübsches kleines Buch, in dem sich der Mediciner schnell in
der vergleichenden Anatomie und Zoologie orientiren kann, ist das
^Compendium der vergleichenden Anatomie'Won Bernhard
Rawitz, (Zum Gebrauche für Studirende der Medicin. Mit 9(J Ab-
bildungen im Texte. Leipzig „1893^^ Härtung Ä Sohn. 272 8.
kL 8^.) .^Es soll den angehenden Arzt, der fleissig die Vor-
lesungen seines Lehrers besucht hat, dazu befähigen, seine erwor-
benen Kenntnisse in der so überaus wichtigen, aber leider zu
eehr von unseren gegenwärtigen Studentengenerationen
V. Barde leben.
vernachiäBBigten WisseiiBchaft der vergleichende
toMie leicht und bei^aem aufzufrisclieD. Zu diesem Behufe a
dfts Büchlein wirklich sehr geeignet zu seiD, wenn es auch ft
Geachmaek des Bef.^ quoad Yertebrata, ein bischen sehr ku
fasst ist.
d
2, AUi^emeines.
^Grundlagen der theoretischbn Anatomie" neniit b
Von P. Lesshaft, Professor der Anatomie in St. Petersburg, 1
gegebenes eigenartiges Werk, (Erster Theil. Mit 52 Holzsch
Leipzig, Hiorichg, 1892. 3S3 S. gr. 8^^. 5 M.) Der vorli
erste Theil enthält die theoreti sehen Grundlagen der Anatom
Bewegungsorgan 6, im zweiten, der bald folgen soll, werc
allgemeioen Grundlagen des Baues der vegetativen Orgaue dm
psychischen Thätigkeit ansei nandergesetzt werden, worauf dai
historische Uebersicht der biologischen Theorien und die B
lung der Yererbungsfragen folgen soll. Der erste Theil eat
Kapitel I die allgemeine Aimtomie der Stützsubstanzen (Kl
Knorpel, Bindegewebe, elastisches Gewebe, Fett, Blut), un
zunächst die Histologie, Hiatochemie und Histophysik dei
Kapitel II bringt dann die EiDtheilung, Architektur und En
long der Knocheu^ Kapitel III die allgemeine Anatomie der Ki
Verbindungen (Nähte, Synchondrose, Synostose, Gelenke). K&)
bdfasst sich mit der allgemeinen Anatomie des Muskelsystg
Kapitel V werden Schwerpunkt, Länge, Gewicht und Fr*
nalität des menschlichen Körpers abgehandelt.
Von höchstem allgemeinen Interesse sind grosse Abgch
dam Werke von Julius Wolff, Das Gesetz der Tri
mation der Knochen, (Berlin, Hirschwald, 1892. Mit
152 8, gr» Fol) Da die allgemeinen Folgerungen sich a
Verhältnisse des Knochdns, seine innere Architektur und
Form stützen, soll das Referat in dem Kapitel „Knochensyäte
wegungsapparat) Platz Enden«
3. Zellei' und (Mewebelekre.
Zelle,
Wie schon im vorigen Berichte hervorgehoben war de,
Lehre vod der Zelle immer mehr in den Vordergrund; die i
welche sich ausschliesslich mit der Zelle, ihren morphologtsc
physiologischen Verhältnissen beschäftigen, werden immer z&^
Anatomk^ Zellen- und Q^webelehre^ Entwickelungegeschicbte. 5
and wichtiger, während die Gewebe mehr in den Hintergrund treten ^
da man zunächst hier nicht viel weiter wird kommen können , ehe
nicht die ganze Zellenlehre aufs Neue durchgearbeitet ist. im Ka-
pitel 1 (i?. o,) ist schon des Werkes von O. Hertwig Erwähnung
gethan worden, welches sich in seinem ersten Theile ausschliesslich
der Zelle widmet. Nochmals sei auch an dieser Stelle aof dis
vorzügliche Buch hingewiesen.
Ein zusammenfassendes Resum^ der neuen Arbeiten überZell-
theilung gibt ein Vortrag von Richard Zander aus Königsberg,
der im ßiolog. Centralblatt (Bd, 12, 1892, Nr. 9 u, 10) veröffentlicht
ist (Ueher den gegenwärtigen Stand der Liehre von der Zelltheilung.
Vortrag^ gehalten in der Biolog. Gesellsch. zu Königsberg tn Pr.,
L c. S. 281—309), wo auch die ganze neuere Litte ratur (94 Nam-
mern) aufgeltihrt ist. Der Vortrag Zander^s kann gleichzeitig zur
Ergänzung bezw. Fortsetzung für die Darstellungen des Ref. in
Eulen bnrg's encyktopädischen Jahrbüchern and Flemming's Refe-
rat auf der Münchener Anatomen Versammlung (s. vorigen Bericht)
dienen.
Die viel ventilirte wichtige Frage, ob die Unsichtbar keit von
St ructur Verhältnissen, besonders im Zellkerne, die Nichtexistenz
solcher Structuren beweise, hat Flemming, veranlasst durch eine
Aeusserung von L. Anerbach (Breslau), von Neuem besprochen (Ueher
Unsichttarkeit lebendiger Kernstructuren. Anat. Anzeiger Jahrg. 7,
1892, 8, 75&— 764). Während Auerbach (Sitzungsbericht© d. Kgl.
Preusa. Akad. der Wiss. Berlin 1890, 8. 735 ff) die Gerüst- und
Netzstracturen als unbeständige und nebensächliche (accidentelle)
Bildungen auffasst^ die durch Umformung der Grundstructur eot*
stehen, theilweise allerdings schon im Leben sich einfinden, ,^aber
auch da, wo dies nicht der FaD ist, ausserhalb des Körpers
durch verschiedene Behandlungsweise herbeizuführen
sind^i weist Flemming nach, dass viele Stracturtheile des Zell-
kerne im wirklich lebenden Zustande völlig oder beinahe ansicbibar
sind und erst mit dem Absterben oder der künstlichen Abtödtting
kenntlich werden. Die Fäden- oder Stranganordnung tritt bei be-
stimmter Behandlung (Essigsäure) unter dem Mikroskop mit einem
Schlage auf, ohne dass Körnchen oder Fäden eine Bewegung zeigten.
Diese Anordnung muss daher hier lebendig präformirt sein in Ge-
stalt von zarten Fäden, welche die Ohromatinkörper enthalten, und
kann nicht auf einer zufälligen Aneinanderreihung vorher frei
schwimmender Körnchen beruhen, — Abgesehen von solchen Kernen,
wo man die Strnctur durch Reagentien plötzlich sichtbar machen
6
V. Bsurdeleben.
kaun, gibt 6B aber auch noch andere, bei denen diese Bildm
im sicher lebendeo Zustande ohne Weiteres sehr wohl s
bar siud.
Sehr merkwürdige Thatsachen , welche vor Allem die Moi
legie der Zelle betreffen, abgesehen von dem epeciellen Intel
welches die Bildung der männlichen Zeugungaatotfe bietet, erg
eich bei dem näheren Studium der Spermatogeneso für Sj
paiden (Reptilien^ Vögel) nind Säogethiere. Bei ersteren u
suchte C, Benda in Berlin (Ueber die Histiogenese der B
psidenspermatozoen. Verhandlungen der Anatom. Ges. a. d, i\
in Wien, 1892, S. 195-^199), — bei letzteren, speciell beim
sehen Ref. (Ueber Bp er matogeneae bei Säuge thiereu, besonders
Menschen* Verli and langen der Anatom. Ges, a. d. 6. Vers, in A
1892, S. *J02-'208), Ret" hatte die seltene Gelegenheit, ganz Iri
Material von drei Hingerichteten, unmittelbar nach der Exec^
zu erbHken, — und zwar standen diese Männer in den drei
vor Allem in Betracht kommenden Decennien des Lebens, ii
20er j SOer und 40er Jahren. Ausserdem wurden noch S
und M e e r 8 c b w e i n c h e n untersucht. Die theilweise sehr
raschenden Ergebnisse betreffen erstens die näheren Vorgang
der Bildung des Samenkörpers, zweitens die allgemeine 2
lehre, besonders die Beziehungen zwischen Mitose und An
Auf Durch seh aitten menschlicher Hodenkanälchen von gesi
zeugungstllhigen Männern, sowohl Längs- wie Quer- oder S«
achnitten, sieht man die verschiedenartigsten Formen von Zelle
Kernen. Der Mao gel an Uebereinstimmung oder Gleichar*
oder auch nur Aehnlichkeit nahe henachbarter Elemente un
gionen des Kanälchens, die Anwesenheit vieler, oft weit ausein
liegender Stadien von in Bildung begriffenen Spermatozoon ad
selben Querschnitt oder in derselben Gegend eines Lan gaset
daa Fehlen jeglicher regelmässigen Reihenfolge auf Quer-
Längaacbnitten , machen bekanntlich das Studium der Spermato
gerade beim Menschen so ausserordentlich schwierig. Da nun
wie die Formen des fertigen Samenkörpers auch schon d
EntwickelnngfjStadien, abgesehen von den frühesten^ bei den 1
erheblich von denen beim Menseben abweichen, hat das
gleichende Studium in dieser Richtung bisher noch oicl
Erfolg gehabt. Ausser den bisher beschriebenen zwei Zell
fand Ref. im menschlichen Hoden noch solche, die entweder i
Menachen oder überhaupt noch nicht bekannt zu sein sc
Anatomie, Zellen- nud Gewebelehre, Entwickehingsgepcbichte,
Erstens Zellen von 15 // Durchmesser^ die Aehnlichkeit mit Lympli-
zellen besitzen, mit grossem, oft wurstförmigem Kern von 7,5 — 10 /i.
Sie liegen meist niclit weit von der Kanäleben wand ung. Zweitens
finden sieb in der Nähe der Wandung Zellen (10— 12jü), deren
gleichfalls sehr grosser, öfters gelappter Kern eine oder mehrere
EiDbtichtangen zeigt, in deren blindem Ende ein sehr kleines Kör-
perchen (Central körperchen?) liegt, oder deren Kern durch einen
engen, wohl aus jener Einbuchtung entstandenen Kanal vollständig
in zwei Theile bezw, durch zwei Kanäle in drei Abschnitte zerlegt
ist. Es scheint so, als wenn ein Centralkörperchen , statt um den
Kern herumzugehen und die iür den Gegenpol bestimmte Spitze der
achromatischen 8pindel zu fähren, durch den Kern wandere, ohne
dass eine Spindel auftritt ^ oder dass die beiden Centralkörper an
einander vorbei marachiren. Das Kemkörperchen dieser Zellen mit
gelapptem, zerklü^'tetem oder kanaliüirtem Kern erscheint öfters
viereckig oder polygonal, an seinen Ecken liegen feine dunkle Punkte
(mehrfache Centraikörperchen?). Vielfach sieht der Kern auch so aus,
als wenn er im Begriffe wäre, in viele einzelne Theilchen zu zerfallen.
Die am Rande der Kanäleben liegenden Zellen (wandständigen),
etwa 10 /i gross, besitzen einen bei Färbung meist donklen, häufig
belle, glänzende Körper einschliessenden Kern von 6 — 7 ß.
Auf die Handzellen folgen solche mit höchst charakteristischem
Kern, Auf den ersten Blick scheißt es, als wenn man lauter be-
ginnende Karyokinesen vor sich habe. Die chromatische Substanz
ist in Form des lockeren Knäuels , man kann die chromatischen
Fäden oder Schleifen, sowie ihre einzelnen Elemente (Mikrosomen)
zählen, da die Zwischensubstanz des Kerns ganz hell ist. Höchst
auffallend ist nun, dass man überall ^ in ganzen (nicht dtirchschnittenen)
Kernen (5 — 6 ^ j ein oder zwei Kemkörperchen als kreisrunde in der
Mitte vertiefte, mit einem hellen Hofe umgebene Scheibe, einem
rothen Säugethier* Blutkörperchen ähnlich, sieht; die Grösse beträgt
1,5 — 2 ju. Neben diesen scheinbaren — oder beginnenden — Karyo-
kinesen sieht man wirkliche ^ mit achromatischen Spindeln, in ver-
schiedenen Stadien. Es gelang mir nun, die Zahl der chromatischen
Elemente beim Menschen, Stier und Meerschweinehen festzustellen.
Sie beträgt abereinstimmend 16 oder 8, letzteres nach der letzten
karyokinetischen Theihmg. Die Ohromosomeo sind entweder Stäb-
chen- (Stier) oder länglich-eiförmig (Mensch). Die Centralkörperchen,
sowie das ^Archoplasma^, entweder in der Einbuchtung zwischen
den beiden neuen Kernen oder Zellen — oder der einen als Kappe
aufsitzend, wurden beobachtet. Die Karyokinesen sind nicht häofig,
8
▼. B&rdeleben,
in vielen, ja den meisten Kandlchen fanden sich, und zwar beS
veröchiedensten Arten der Behandlung, specteli auch mit Flemni
scher Fixirung und Färbung , gar keine Mitosen , äberhaupt
mehrere hundert Zellen einea GesicbtBfeldes aetten mehr ak i
Dies Verhältnisö erscheint doppelt auftauend btii der in jedem Kt
eben vorhandenen grossen Anzahl in Bildung begriöener Spem
zoen. Deutet dieser Umstand schon darauf hin, dass die w€
Zerlegung der samenbildeuden Zellen nicht gut auf dem Wege
mitotischen Zelltheilung vor sich gehen köone, so eprechen g
diese auch die positiven Beobachtungen. Man sieht, wie eine
mit grossem, hellem ^ im lockeren Knäueistadium begriffenen l
durch Abschnürung in vier Zellen zerfällt^ und dass in den Kl
der vier Tochterzellen das Chromatin aiob wiederum zusammen
um dann eine eigen thüm liehe Gruppirung um helle Stellen
Körper herum einzugehen, Jn besonders deutlichen^ typischen 1
siebt man einen kreierunden oder ovalen Zellkörper mit gr<
gefärbtem Kern^ und in der Mitte dieses einen hellen Kl
um eine kurze, nicht prajudicirende Bezeichnung für diese
weisse^ glänzende Substanz zu haben, die schon in frühen St
beobachtet wird und welche schliesslich den oder die 1
glänzenden (Central-) Körper im Kopf des fertigen Spermato
bildet, nennt Ref. dieselbe „Argin^ (von apyog, bell gläB
achnell). Die naheliegende Verwechslung mit Vacuolen ist
ifftändig ausgeschlossen. Auch um Feltkörper handelt es sich
Das nächste Stadium ist nun der direcfee Zerfall der
Abachnürung entstandenen Zellen in erst zwei und dann in
oder auch gleich in vier Th eile. Es bandelt sich hier wohl um 8r
auf einander folgenden Zerfall in zwei Hälften^ von denen jedi
nochmals halbirt, so dasti man ausser dem Stadium der Zweithi
des Ganzen (a) eine (b) oder beide (c) Zweitbeilungeo der B
zu beobachten Gelegenheit hat. In dem Falle b siebt man
Theile, der Fall c charakteriairt sich durch die Form des Tetr
Jedes der so neu entstandenen vier Elemente hat vorn (der frt
Mitte entsprechend) einen ovoiden oder kugeligen Argink
darauf folgt Chromat in^ dann der protoplasmatische Zellleib,
umwächst dimn den Arginkörper, oder letzterer tritt etwas in
zurück. Wir haben jetzt ein Spermatozoon in primitiver Form v<
Die weiteren Veränderungen betreffen die Form des Ganzen u:
einzelnen Tbeile, sowie Umlagerungeo und Theilungen im I
Modellirung des Ganzen und der eitizeinen Kiemente* Die Z<
Ganzen wird eiförmig, dann kometen- und spindelförmig.
AfUttomie^ ZelJen- und Gewebelehre^ Entwickelungf^geschiolite.
''Chrotnatixk wächst nach vom und hioten atid, zur Anläge des Spiesses
oöd als Oentralfadeti des SchwanzeSp Ferner entsteht um das Chro-
znatin beram eiD Ring (Saturn form) ; dieser wandert ^ indem er sich
SU einer Spirale umwandelt , nach b inten und bildet scbliesslich
don Spiraliaden, Die hier schnell auf einander folgenden Formen
lusen sich etwa vergleichen mit einem Napoleonsbutj der Glaos
penis mit Präputium (in verschiedenen Stadien der Bedeckung und
Sotblössang der Glans), Schraube oder Korkzieher, Der Ärgin-
kdrper theilt sich in zwei und mehr Theile (bis vier beobachtet)«
W&hrend so Kopf mit vorderer und hinterer Hälfte, Spiess^ Oentral-
köfper immer deutlicher werden, streckt sich der ZelUeib mehr und
mehr Die Spermatozoen stehen nicht alle oder immer mit der Spitze
nach dar Kanälchenwand zu, sondern nehmen ^ entsprechend der
obao angegebenen urspränglichen, einander zugewandten Lage einer
Gruppe von vier, jene bisher allgemein angegebene Lage erst später
an und auch dann nicht tiberall. In vielen wesentlichen Punkten
atioiniao die genauer untersuchten Säugethiere mit dem Menschen
ftbeittDf der Stier sogar betreffs der primitiven Form des Kopfes,
Wikr^id das Spermatozoon des Meerschweinchens schon sehr früh
die spitze, langgestreckte Form zeigt Uebereinstimmend verhält sich
Palgaudes: die Zahl (nicht die Form) der Chromosomen in den
EBjyokineaen , das relativ seltene Vorkommen derselben im Ver-
gleich SU den massenhaft sichtbaren Samenkorpern^ die amitotischen
ThailoBgeD und der Zerfall bei der letzten Theilung, dds Vorhanden-
aeill des Arginkörpers und seine späteren Theilungen, das Anwachsen
det Chromatiiis nach vorn und hinten, das Auftreten des Ringes
and die Bildung der Spirale. Nachdem Ref. so die Bildung des
Spertnatosoona von Anfang bis zu Ende beobachtet hat, betont er
wiedefhoU, dass es ein Zellderivat und demnach ein Zelläquivaient,
w^un nicht quantitativ, so doch qualitativ darstellt, Man kann ja
dariher streiten, ob es einer ganzen oder einem Theile, etwa Vi«
Zelle entspreche, aber das würde schliesslich auch bei jeder
»uf indirectem Wege, durch wiederholte Zweitheilung, ent-
ilUKteiieD Ururenkelzelle der Fall sein. Die Hälfte, das Viertel, Achtel
1* s* w« einer ursprünglichen Zelle wird doch wieder zu einer ganzen
Seile. In dieser Hinsicht siebt Ref. keinen wesentlichen Unterschied
iwiM^heii einer auf mitotischem oder auf amitotischem Wege ent*
•undtDen Zelle« Die Idee der Copulation erscheint nicht mehr
ItehinU'. Dase die Spermatozoon eine Zeit lang in dem Protoplasma*
oeti der rerfifitelten Zellen stecken, ist ja richtig, aber es dürfte
cicli doch wohl nur um ein mechanisches Festhalten, eine Auf*
3
bewahrung oder vielleicht atich um eine Zufuhr \'oa Nahrang ha
dein. Durch den Nachweis einer amitotiscben Theiluog der samei
bildeDdeu Zellen erhalten wir nun eine nicht zu unterschätzend
üebereinstimmting zwischen den höcbsteii Wirbeithieren und niedere
Wirbellosen; war ja doch, wie das Waldejer in der ihm eigene
klaren Weise 1887 aussprach, eine solche Uebereinstimmung a prio
als Postulat zu erachten. Trotzdem nun könnten Verschiedenheite
in diesem Punkte kaum überraschen, wenn wir die verschiedene A
der Hamenbildung bei verschiedenen Thieren als Anpassung an äuBsej
Lebensbed in gangen betrachten , wie sie ja gerade im Geschlechfei
leben bekaontlich auch ianerhalb der Säugethierej so häutig vorkomm
Wichtiger erscheint vom theoretischen Gesichtspunkte aus für d
allgemeine Zellenlehre die Thatsache, dass mitotische und amitotiscl
Theilung neben einander, oder besser hinter einander , vorkomm<
und dass sie darch eine Zwischenstufe, die Abschniinmg, verbuudi
werden.
Schliesslich sei noch erwähnt eine monographisch angelegte A
heit von M, Heidenhain (Sohn, Prosector in Würzburg), ^Ueb<
Kern und Protoplasma^ (Festschrift zum 50jährigen Docto
Jubiläum von GeL-R. v. KöUiker, Leipzig 1892, S, 111—16
5 Taf* gr. 4^)^ welche sich hauptsächlich mit den feineren imd feinsti
Structuren in den Leukocyten de^ Salamanders beschäftigt und, t
mal auch wegen der Technik der Untersuchung sowie der se
schönen Abbildungen^ als ein erheblicher Fortschritt für die Zelle
lehre hegrüsst zu werden verdient.
Attf dem Gebiete der eigentlichen Gewebelehre sind diesu
keine Arbeiten vorhanden^ welche an dieser Stelle interessir
dürften.
a. K II oc h e n sy 3 te Dl. ^
Vor Allem soll hier des bereits oben (S. 4) erwähnten gross
Werkes von Julias Wolff über das Transformationsgese
der Knochen gedacht werden, ßereita vor bald 25 Jahren 1
Wolff an dem theoretischen Ausbau der Entdeckungen Her mal
v. Meyer's und Culmann^s von der Gesetzmässigkeit in c
Arcbitektnr der Spoogiosa hervorragenden Antheil genommen n
die hier gef an denen höchst ioteresisanten Tbatsachen wie ihre g:
phiach^Btatische Begründung weiteren mediciniscben Kreisen in eiui
•Itel in Virchow*s Archiv zogängig gemacht. Nachdem dt
rveit«re üntersuehuDgeD von H. v. Meyer, Wolff selber, dem
Ref. tWirbelaäale) u. A« gefolgt waren, hat diese gan^e Frage
«ine Zeit lang scheinbar geschlnrnmert , bis Wolff jetzt abermals
mil emem theoretisch wie prac tisch gleich wtchtigeD Werke zu«
Mannen fassender Natur hervorgetreten ist Wolff ^i Aibeit zerfallt
fn etBen theoretischen und einen practischen ThelL Die normale
isittere Architektur des Knochens entsteht — wovon sich auch Ref«
in tifter Reihe bisher nicht veröffentlichter Untersuchungen über*
Mögt hat — intrauterin^ ist sonach an geerbt. Die OsäiEcabion erfolgt
an be^immten Stellen, in bestimmter Weise und Richtung. Dagegen
tat das Fortbestehen der normalen Architektur bei fertigen Knochen
und ihre Transformation bei Aeuderung der Inanspruchnahme oder
der ftnaaeren Form des Knochens von dem Gebrauche, der Function
— abo von statischen und mechanischen Bedingungen abhängig,
Efl handelt sich also hier^ wie der Ref. in einem allgemein gehaltenen
Artikel im 14, Heft der Leopoldina — der sehr wenig bekannt zu
•ein scheint — ausgeführt bat^ um eine Anpassung des KnocheuB
an inasere Einwirkungen, um die Bildung von Knochenbälkcbeu an
deajanigen Stellen und in denjenigen Richtungen, und zwar nur in
. dieeeOf wo Druck und Zug wirken^ — kurz gesagt um eine „func-
llioaelle Anpasaung^^, wie Wilhelm Roux dies kurz und treffend
[httttehnet hat. — Die hier wirkende Naturkraft nennt Wolff ^Trans-
foraatioiiakraft'^^ deren practische, therapeutische Bedeutung er er-
drtart. Wo Knochenbäikchen — infolge einer Verkrümmung oder
dergL — nicht mehr in Anspruch genommen werden, verschwinden
de; wo eine neue, anders gerichtete Inanspruchnahme des Knochens
I eintritt, werden Knochenbäikchen neu gebildet Kurs Bio haben
I Mel0 das Bestreben, sei es unter normalen, sei es unter patho-
logischen Verhaltnissen, sich in den gesetzmässigen Richtuo^en der
Druck- und Zugeurven auszubilden und zu erhalten. Auf die Nutz-
anweikduiigen , welche Wolff für die Pathologie des Knochen-
Sf^lems und vor Allem die Therapie aus seinen UnterBuchuogen
imd Experimenten zieht, kann hier nicht eingegangen werden
(8. Ghirurgie)*
Bekanntlich sind wir in der groben Anatomie und besonders in
der £otwickelung8gesnhtchte des menschlicben Schädels noch immer
VBft zurück. Da ist es denn mit Freude zu begrüssen, dass Zucker-
kaadJ die Entwickelang und spätere Ausbildung des Sieb-
hsioas bei Embryonen and Erwachsenen genau studirt hat, Seine
Srgeblllsfle, über welche er auf der Anatomen Versammlung in Wien
la
V. Bardeleb^n.
bericlitete (VerhaDdliingeii d. Anat Gep. 1882, S. 263) sind folgend
Drei Siebbeinmuaclieln repräsentiren die tjpiscbe FaltuDgsweise d
Siebbeiaes^ denn me finden sich in W^j^^ beim Erwacbaenenj welch«
Verbalten in den Lehrbüchern Reclinong getragen werden sollte, ^
man immer noch v€»n ^wei Muscheln lieBf. Id einzelnen Fäll
tritt über der Fiasura ethmoidaliß superior noch eine Siebbeinfa
auf, in welchem Falle wir es mit vier Muscheln und drei Siebbe
spalten zu thuo haben. Die oberste Muschel (Ooncha suprema)
nicht immer durch eine tiefe Fissur von der oberen geschied
Es kommt vor, dasa bei Gegenwart von vier Muscheln nur d
oberflächlich liegen; diesfalls lagert die mittlere Siebbeinmuschel
der Tiefe der Fißsnra etfemoidalia inferior. Die geschilderten Th
Sachen ötelien die anatomische Gleichheit zwischen dem Siebbeine i
Menseben und dem vieler Thiere her, insofern als bei den meia
Tbieren fünf Biechwülste in der medialen Reihe aufzutreten pfleg
Von Tbieren hat Zuckerkandt an Kaninchen- und Katz
embryonen die Entwickelring des Siebbeine;^ studirt ; sie stimmt
Grossen und Ganzen, was die Entwickelnngaweiae der Muacl:
anbelangt, mit der des Menschen überein. Die Muscheln t
Mußchelderivate begrenzen vier bezw. fünf S i ebbein spalten , t
zwar eine zwischen Processus uncinatus und Bulla etbmoidaUSj f
zweite zwischen dieser und der unteren Si ebbein muschel, eine di
zwischen letzterer und der mittleren Siebbeinmuschel, eine vi'
zwischen dieser und der oberen Muschel, eventuell eine fünfte s
sehen Concha superior und snprema. Mit der Anlage der Fiss!
ethmoidales ist der Beginn zur Bildung der Siebbeinzellen gege
deren Hauptmasse sich dem Wesen nach aus den au
weiteten und von den breiten Mnachelflächen verdeckten i
stücken der Nasengänge zusammengesetzt. Bei den oamatisc
Thieren stellen diese Räume wegen der dicht an einander gedrän.
Riech Wülste enge und mehr regelmässig verzweigte Spalten
Die Variabilität^ die hinsichtlich des Hauptcomplexes der IE
beinzellen beim Menschen beobachtet wird , kann aof der unn
massigen Stellung der Ursprungelamellen , auf ihrer mangelhf
Entwickelung, oder auf beiden beruhen. Es ach Hessen sich zuwi
die Ursprungslamellen zweier Muscheln eng an einander oder
wachsen gar unter einander, wodurch eine der Siebbeinspalten
nichtet wird , während eine andere steh wesentlich ausgew
hat« Bei defecter Ausbildung oder beim Fehlen von Urspn:
lamellen gerathen die Hohlräume nachbarlicher Muscheln in (
munication.
Diier dk Üa^si bekumte^ in ikrea UiBMbdB ab«r oodi imoMir
nm weibiiclieii Beek^at mMkk C. flasae (Broilaa) lßith«fäi&Bg
^1 AbbUdan^eci yod der Lage der laoereii Or^fene: UtoffiMi
TWjtmn, Eierstock, Eileiter^ Infandiboltuo (SpoUa efiatomice.
'ArctÖT mr AiiaU and FhystoL, AoaL Abtbg. ^1891-, S. 380—384.
2 Tal. MArz 1892 ersciiieiiea). Naob Hasse lassen sieb die Un-
Äteo der betdeo Beckenbalfteu auf drei Ersob ein äugen surüok-
L Die Settw&rtaoeigiiiig der Wirbelsäule (Skoliose),
li. Dia Drebong der Wirbel^ule um ibre L&ngsajce (8|)iral-
drehuDg).
III. Das Ueberwiegen der rechten Hälfte an Masse.
Bei der Seitwärtsneigang der Wirbelsäule naob rechts ist die
üm/irbelsäald nach links gedreht , umgekehrt dagegen nach
i, wenn die Wirbelsftale seitliche Neigung naob links seigt*
welchem Sinne auch immer die Wirbelsäule seitwärts geneigt
gedreht ist^ in der Regel überwiegt die rechte Beckenhälfte
an Masse und Ausdehnong. Welche Ursache oder welche Ursachen
allmählich im Laufe der körperlichen Entwicküluug nach der
des Menschen zu Tage tretenden Grunderscht^inungen haben,
ist an bekannt,
Vtelleiebt kommen wir auf dem von Lesshaft eingeschlageßen
^ in diesen Fragen weiter. Der Genannte stellte Untersuchungen
die Architektur des Beckens an, Über deren Ergebnisse
auf dem Anatomencongress in Wien (Verhandlungen der Anat.
a. d, 6. Vers-, 1892, S. 175-^177) berichtete. Lesshaft kam
folgenden Schliissen:
1) Das Becken ist ein sphärisches oder öfters eio elliptisches
, welches aus drei Theilen besteht und durch einen complicirten
von nnten befestigt wird. Die drei Tb eile des Gewölbes sind
darel» awei Geknke (Articulationes sacro-iliacae) verbunden^ liber und
OliflT walelieo jederseits swet Bindegewebs Verbindungen (Hyndesmosis
■MTMliac» att|ierior et inferior) gelagert sind. Der BchlusH wird in
dar Mitte dorcb eine Knorpelverwachsung verbunden.
Z) Oieaes 6ew5lbe ist als das stärkste Gewolbti ansuseheu^
vekbaa in der Architektur des thierischen Organismus vorkommt^
; di^ Gelenke. Bindegewebs- und Knorpelverwachsiingen werden
m gl 6— iMögl icJMrter Stärke die Stdsse und Erschütterungen vor*
gwildert.
14
Barddeben.
3) Bei nonn&ler, verticaler StelluDg des Menschen ist das Gewöl
verdcal gelagert, auf seine Mitte wirkt die Belastung des Obc
kOrpers, nnd mittels seiner Schenkel wird diese Belastung auf c
Sitzl>eiiihöcker übertragen.
4) Bei verticaler Lage des Gewölbes dringt eine frontale Sa^
däche durch folgende Theile: in der Mitte durch die vorderen The
der Gelenkfortsätze des fünften Lumbalwirbeis, durch die Basis d
Kreuzbeins und den unteren Theil des Körpers der ersten falsch
Kreuzwirbel; seitlich geht sie durch die Kreuz-Hüftbeingelenke, c
Hüftbeine und die Centren der Huftgelenkspfannen; unten streift c
Sägefläche die Mitte des unteren Kaodea des Ligamentum arcuatx
pubis und die absteigenden Schambeinäste, gleich aber ihrer V<
schmeUung mit den aufsteigenden Sitzbein ästen,
5) Die verbreiteten Hüftbeine und der Körper des Kreuz- u
Steissbeins sind als Wände der grossen und kleinen Beckenhdl
anzusehen, die dem Gewichte der Eingeweide und ihrem seitlicl:
und sagittalen Ausweichen entgegenwirken*
6) Der Neigungswinkel des Becken eingangs ist grosser,
es gewöhnlich nach N a e g e I e angenommen wird : dieser Win
kann nur im Verhältniss zu einer bestimmten Stellung gemeai
werden und durchaus nicht ohne jedes Verhältniss zu einer solcl
Stellung.
7) Am Leichnam künn durch Befestigung am Kopfende die
eignetste Stellung erlangt werden, eine Stellung, welche der 8
^bequemen Haltung^ von W. Braune und 0, Fischer entsprit
wobei die Senkbleie beiderseits in eine Frontalfläche fallen, wel*
vor das äussere Ohr, die Mitte des Acromialfortsatses , die Spi
des Trochanter major und *| oder 1'' (18— 25 mm) vor die 8p
des Melleolus extemus fäiiU
8) lo dieser Haltung ist der Winkel der Beckeneinganganeigi
im Mittel ^ TP 24^, und der Winkel der Ausg^ngsneigung im Mi
= 22 0 SB', so dass die mittlere Beckenneigung =^ 49 ^^ ist. Bei dii
Beckenneigung ist dss Beokengewölbe ^t vertical gestellt, so c
aetae Schenkel der Mitte der beiden Hüftgelenke enteprech^i^
Mine Mitte mit der Mitte des Körpers der ersten falschen Kn
Wirbel zusammenfallt.
9) Bei dieser Haltung des Beckens lagern sich die beiden 8pj
anieriores soperiores ilium fast in einer Frontalfläche mit den 8ob
heiahdekiem beider 8eit«n. Die Spitze des Steissbeins liegt über
flicke des ant^^n Randes der Scbambeinsynchondrose.
10) In einem normal gebauten Körper, bei vollständiger Haim
AiBiWwwie. Zeücn- «nd G««ciiei«ärc. EacuiAä^iipgamieäLie.
i'>
BeckjHinägwi^ sräz . di<t bä W^ob^ra woisl izl AH^GnöneEL sfcii.*
Keiler iäc eis bä Männeni, und dck bei der A&> ssd AcdiccctL in
Häftgelenke . eb^i^^o wie b<i der RocauiciL nor 'iüo' isti-33. kamt.
veC dieäe BewegTni^en cur bei Beogu^ im H±r^gfei>nk Toilfzitr?
werdcc können.
1! Die Widerstaniäkrmfc dss Beeksxs kann ziaccL icr Fane&.
P = 2 Q sin* i^ bereciuicc w&den zmd durcc. ConTQubeiaäCsnj^ Toi-
rcirt wwdoi. In an^efunrcer FiKinel bedeicec P die Xiaf^ der Be-
latfCnng. welche in der Bickson^ der Mine de;» Gewclxses wirke Do-
Winkelf welcner durch die Bichcon^ dieser Kran mh der Rächmijg
der Widerscandädäche der beiden Seirensheile des Becken^ewÖLOes
gebildet wird, iac mit ff bezeichnec Q iac die Wicerscand^kraft. die
i:irch (Ee qoere Schni*i^ache der Scösae mohiplicfr: mis dem Co^i-
ciencen der Druckfesdgka: des Knochens besdmm? wir^. Es erwies
sich AUS der Berechnang^ daas die Wid^scand^kiar: d^s Beckois
im Mittel = 15ö5 kg Lr.
12 Dieee Widerscaodskr^ des Berkwift ist aber groägen indiri-
daellen Verschiedenheiten nnterworfo, und die Untersochangen hab^en
erwiesen, daas sie in geradem Vghältriiw zor Entwickehzng der Mas-
culütor stehe Das Beck«i eines Arbeöers mit stark entwkkeoB^
Moacolarary der durch Brandwanden eines sehr schnetloi Todes
§tarb, wurde erst b^ Belastung von 2ä&^6 kg aas::ört. der CceiS,'
cient der Druckfestigkeit des Kncchens war tbZgüch bei ihm = S.*I6 kg.
wahrend das Becken einer alten Bettlerin, die an einem chronfschen
Lnngenleiden starb and eine sehr schwache Moscolasar aufwies, nizr
eine Last von 578,51 kg anshiek Der Coe&cient der Drncktesdg-
keit des Knochens war im letztoi Falle ^ 0.744 kg. Im Mitsei er-
wies das Becken einen Widerstand Ton 1S22L3 kg, wobei der Cc-
eficient der Druckfestigkeit des Knochens = 1,70 kg ist.
13» Von einer bestimmten Lage des Schwerponktes des mensch-
lichen Korpers kann nor in ideal normalen Verhältnissen, bei einer
bestimmten Haltung nnd Lagerang des gans^n Körpers and seiner
»•i>«^)ti<*ti Theile und b^ normalem Verhiltniss des Moskelantago ni-
sten die Bede sein.
b. Gelenke. Mafkeln. M<e':haaik.
Eine sehr hübsche Arbeit von L. Testat Lyon, aus dem Ge-
biete der angewandten, practischen oder topographischen Anatomie
— einer wie es acheint im Aassterben begriäTenec EHsciplin — be-
mei*: Las anomalies moscolaires considerees ati point de vne de !a
16
T, ßardeleben.
ligBtare des art^res (avec dorne planches en ckromolitJiogrÄpk
Paris 1892, ^% knno leider im Rahmen dieses Berichtes» oder dai
nicht im diesjährigeo, ausführlicher refenrt werden. Vielleicht fiad
eich näciiates Jahr Platz. Verf. beschreibt die an oder io der Nä]
der Unterbinduiigsstellen vorkommenden Muekelvarietäten, weld
manchmal höchst störend auf den Operateur an der Leiche oder a
Lebenden wirken, zumal auf solche, deren anatomische Kenntnis
sich kaum auf das gewöhnliche regelmässige Verhalten aller Factor
(Muskeln, Arterien, Nerven), geaohweige denn auf Varietäten die£
letzteren erstrecken. Nach den Erfahrungen des Ref. und der Pn
tiker soll dies doch öfter vorkommen, als man von der „bekannte
dentachen Gründlichkeit, Gewisseohaftigkeit und deutschem FJeii
erwarten sollte. In diesen Dingen sind uns die Frau^sosen &
schieden ^.über*\ In Frankreich ist die Trennung zwischen ^wiss*
schaftlich er ^^ Anatomie und den practischen Fäcbern^ besonders i
Chirurgie, auch noch nicht so scharf durchgefübrt, wie hei uns.
Ob eine allzu scharfe Trennung für die practischen Fächer o
für die Anatomie den grösseren Schaden bringen durfte, wagt I
nicht vorherzusagen, Wahrscbeinlich werden ihn beide Richtung
Theorie wie Praxis, tragen, wenn sie sich nicht wieder etwas m
gegenseitig auf einander besinnen.
Ueber die Arbeitsleistung der an den Fussgelenl
(oberes, unteres Sprunggelenk, „queres Tarsalgelenk^^ = Chop
sches Gelenk, Zi^hengelenke) wirkenden, d. h. über diesel
hinweggeb enden Muskeln bat R, F i c k Untersuchungen angest
fiher welche er in der Festschrift für v. Kölliker, sowie im
tract auf der 6. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft in \
(Verhandlungen derselben 1892, S. 227—234) berichtet hat.
Danach ist der M. gastroenemins ein sehr kräftiger Stre
des oberen und Supinator des unteren Sprunggelenkes; er stehl
beiden Gelenken nur dem Kolens an Wirksamkeit nach. Ein Ui
schied zwischen lateralem und medialem Kopf konnte nicht i
gewiesen werden, Dass der Muskel auch auf das Kniegelenk ^
ist trotz der gegentheil igen Angabe Ducbenne^s nicht zu hezwe
DerM. soleua ist der kräftigste aller Fussgelen km uskeln i
haupt, er vermag bei einer Contraction allein 4,4 Kilogrami
Arbeit zu leisten, er steht obenan unter den Streckern und
Supinatoren des Fasses, dabei fällt dem fibularen Kopf der grö
Antheil zu.
Der M. flexor digitorum communis longus hat sich.
AnAtomie^ Zmiieu' und Gewebelehre. Enlwick^langsgedchtchte. 17
4i» Qwammt&rbeit betri^'t, als einer der schwächsten herausgestellt,
miub fijiQptwirkuDg besteht in der Beugnog der Zehen, doch ateht
Sm •spbuFende Wirkung desselben aaf das unfere Sprunggelenk nur
wm^ liiiiter dieser zurück (0^18 bezw. 0,12 Ki log ramme ter)^ als
Scf^eker dee oberen Sprunggeleokes und Supinator des queren Tarsal*
gctaUies (Chopart) steht er an vorletzter Stelle.
Der M. tibialis postieus gebort zu den schwächeren Muskeln^
£a weniger als *2 K.ilogramineter leisten können; ganz überwiegend
in seiiie Wirkung auf die Supination des Fasses im Talocalcaneua-
f«lisDkf wo er gleich nach den dicken Wadenmuskeln kommt und
ftit kaib 80 viel Arbeit dabei leisten kann, wie der mächtige Gastro-
ta^&nins; der Solans freilich überwiegt ihn selbst an diesem Gelenk
um mehr als das Dreifache.
0er M. flexor halluois longus kann im Ganzen circa doppelt
40 Tiel lotsten als der vorige; Hauptwirkung ist wieder bei ihm die
Zellenbewegung, dann folgt die Fussstreckang, wobei er nur vom
Trieeps surae übertrofifen wird, doch ist er auch im Talooalcaneus*
gelesk Doch ein respectabler Supioator; sehr schwach ist seine
' . iQAtioo im queren Tarsalgelenk, An Gesammtleiötuogsfähigkeit
«Ulli der
IL peronena longus ziemlich auf gleicher Stufe mit dem
Ttbialis postieus. Er ist der Hauptpronator des Fasses , bei beiden
PrvßiTioiiB-Süpinationsgelenken steht seine Wirkung an erster
^Ttrlle; an absolutem Werth überwiegt natürlich bei Weitem die
AHi^it mm unteren Sprunggelenk wegen der grösseren Spiel weite des-
»e(bc^ Unter den acht Streckern des Fasses nimmt er die vierte
:^Udi^ ein.
Der M* peroneus brevts ist der zweitschwächste Muäkei
ObeHiaupt, eine relativ bedeutende Wirkung übt er auf die Pro-
QfttkMi im unteren Sprunggelenk aus, erheblich schwacher ist dieselbe
^af d^^ quere Tarsalgelenk, äusserst schwach die auf das obere
rjjirutrfggrjjenk*
U*fr iLperoneus tertius besitzt zwar eine sehr bedeutende
Verkurzangs grosse an beiden Sprunggelenken^ aber bei seinem kleinen
Q^orschnitc ist die Spannung so gering^ dass er, was die Gesammt«
tfk'itj^Lidtung betrifft, hinter allen übrigen Muskeln zurücktritt.
Der M* c^xtensor digitorum communis longus kann an Ge-
«4iDmtarbeitskraft <itwa dem M. Üqxqt Lalhicis longus zur Seite gestellt
vsrd^n; femer zt^igte sich, d aas keineswegs die Zehengelenke
«•in HAQptarbeitsfeld darstellen^ sondern dass er fast
dtt doppelte Arbeit als M, flexor pedis zu leisten im
Mrteeli d. pract MedIciD. 1893. 2
18
V, Bardekben.
Stande ist, ja, dass auch aeine Wirkung als Pronator im unter
Sprunggelenk an Grösse fast die an den Zehengelenken erreiol
auch auf da« quere Tarsalgelenk wirkt er stark pronirend.
Bei der UntersuchuDg des M. extensor hallucis longus l
sich ergeben, dass seine Gesammtarbeit nicht viel grüsser als die c
langen Zehenbeugers ist. Auch er iät in erster Linie Fai
beuger, in zweiter erst Strecker der grossen Zehe^ de
ist hier der Unterschied nicht so gross wie beim vorigen Mual
(Ojlö gegen 0,14 Kilogramm et er). Ferner stellte sich also bei seil
Untersuchung heraus, dass er auf das untere Sprunggele
in entgegengesetztem Sinne wirkt, wie auf das qvn
Tarsalgelenk, auf das arstere pronirend, auf das letzt«
supinirend, und zwar auf beide ziemlich gleich stark.
Der M, tibialis anticus zeigte uich als der stärkste n
dem Triceps surae. Seine Wirkung erstreckt sich fast nur auf
obere Sprung- und amf das quere Tarsalgelenk, während er von
Norm als tellung aus fast gar keinen Einfluas auf das untere Sprt
gelenk bat, da seine Sehne gerade Über die aus dem Talusl
auetretende Axe hinzieht. Von dieser Mittelstellung aus kanr
ziemlich gleich viel proniren^ wie supinirenj es scheinen übri^
individuelk Verschiedenheiten in der Lage seiner Sehne vorzukomr
5. OefässsjHtom.
Die mit schöneo Tafeln ausgestattete Arbeit von Eichler
die Abflosswege des Blutes ans dem inneren Ohr soll unter ^Sin:
Organ e** referirt werden.
Wegen der Unterbindungaötelleu der Arterien (Testut) s. c
G. Haut.
Bef. hat seine Untersuchungen über die Häuügkeit über zähl
Brustwarzen ( Hyperthelie) beim Manne (s. vorigen Bericht, ^
fortgesetzt, sowie die Anregung zu solchen an grosserem Ma
beim Militär gegeben, die bereits sehr auffallende Ergebnisse gel
haben. Unter 192 Bekruten des B. Baiaillong Ü4. Begiments h
27 Mann im Ganzen 56 überzählige Brustwarzen, nur rechts
nur links je 8, beiderseits 11 Mann. 27 auf 192 ergibt 14^!^, I
AuflbilduDg der .„Warzen" zeigte alle Abstufungen von einer wij
erectilen Warze mit pigmentirtem Warzen hof und Haaren —
einer Mamma virilis — bis zum „Pigmeulüeck'*, dessen Bede*
nur aus der Lage (s, u.) and auch nicht immer sicher sich
gibt. — Die Lage der aceessorischen Mammillae bietet höchst
Aaatoniir^ ZeUtsn- und Gewebelehre^ Entwickelimgsgeschichte.
19
Irdige Verhältnisse. Von 56 Warzen saasen nicht weniger als 21
tber, Bo unter der normalen^ die oberen fast ausnahmslos auch
htevmli die unteren medial von der Mammillarlinie. Distansiuessungen
«pj>eiii, daas die Entfernungen der überzähligen Brustwarzen von
der normalen stetes ein Vielfaches einer Grunddistans — etwa vier
nitmeter — betragen. Ferner stellte sich heraus, dass die Än-
von mindestens zehn Papillen vorhanden sein müssen, wovon
drei ftber, sechs unter der normalen liegen^ und dass unsere normale
rille die vierte von oben ist. Wiederholt wurden drei, ja vier
Alge Warben beobachtet. Die anf Anregung des Ref. im
eben (XIL) Armeecorps angestellten Untersuchungen ergaben
einzelne Regimenter gjeichfalls hohe Zahlen, so il auf 634 beim
Inianterie-Beg. 102; 50 anf 445 beim Artillerie- Reg. 12^ in Procenten
6^% — beaw. ll,20f^.
Noch erheblich höhere Procents ätze haben sich bei der durch
r»t Dr. Overweg (Jena) bewirkten Untersuch ung von Militär-
btigen in der hessischen Rheinpfalz ergeben (K, v. Barde-
lebeo, üeber GOO neue Fälle von Hyperthelie. Verhandlungen der
Anatom. Ges. a, d. 6. Vers, in Wien, Juni 1892, S. 199 ff.). Auf
Geaammt^ahl von 2736 Gemusterten kamen G3T Individuen mit
liUgen Brustwarzen, — oder 23,3 ^*|,1 Die Procentsätze waren
in den verschiedenen Bezirken etwas verschieden, so z. B. in Worms
ad lt*,l, in Worms Stadt 28,7. Die Differenzen zwischen den
Jen AUS verschiedenen Bezirken ( Ob er 1 ahn stein, Rheinpfalz, Thä-
rifigeo, Sachsen) sind sehr erliebliche. Wahrscheinlich sind die ersten
alle zu klein gewesen, weil viele „Pigmentflecke*' u. dergl.
Hyperthelie erkannt wurden. Aber trotzdem liegt die Ver-
duthung nahe, dass sich innerhalb Deutschlands sehr beträchtliche
■anthro|iolog]8che Differenzen auch auf diesem Gebiete finden
Weitere Untersuchungen sind theils schon ausgeführt,
iila — und zwar in ganz grossem Massstabe — für die ganze
de Armee geplant.
Inswischen hat Oscar Schultse (Ueber die erste Anlage des
Bbdrftaenapparates. Anat. Anzeiger Jahrg. 7^ 1892, Nr. 9 u. 10)
Varhältnisse bei Säugethierembryonen studirt und bei frühen
lien eine von vom nach hinten laufende Epidermisleiste gefunden,
die gemeinsame epitheliale Anlage des Milchdrüsenapparates
li und welche er ^Mi Ichlinie** nennt. Später tritt eine Ab-
EilLrung der primitiven Zitzen von der linien förmigen Anlage auf.
Dtt trsi folgen die bekannten, bisher als Anfangsstadien angesehenen
bcisttogen.
ao
V. Bardelebeii.
7. AtliiiiungEurgauo.
Die von Aeby Ende der 70er Jahre aufgestellte Theorie ü
die Beziehungen jiwischen der Arteria pulmonalis und c
Bronchien, die Unterscheidung von j^ep arteriellen*^ und nhypa
riellen" Bronchien, die von Aeby gelehrte Asymmetrie zwischen
rechten und linken Lunge, welch^ letzterer der ,veparterielle" Bronc
fehle und deren „oberer^ Lappen deshalb von Aeby dem mittleren I
pen der rechten Lunge homologisirt wurde^ — das alles scheint n
neueren auf dem Wiener Anatomencongress (Juni 1892) vorgetrage
sehr umfangreichen vergleichend- anatomigchen Untersuchungen
Narath (Verhandlungen der Anatom. Qtes. a, d, 6. Versammlung
Wien. Jena, O. Fischer, 18i)2, S. 168) nicht mehr haltbar zu e
Von 300 Thierlungen (100 Species) zeigte keine die Ueberkreua
des Stammbronchns durch die Arterie, keine einen durchgahi
dorsalen Verlauf derselben. Narath geht so weit, den bestimi
den Einüuas der Arterie auf die Gestaltnug des Brunchialbai;
überhaupt in Abrede zu stellen. — Der ,,üparterielle" Bron
Aeby's ist nach Narath, der ihn aU ,vapicaleß'^ bezeichnet,
Seitenast des ersten Ventralbronchua, welcher sich von seinem Mu
aste losldsen und auf den Stammbronchus hinaufwandern kann,
durch werde dann beim Menschen z. B. die scheinbar asymmetrj
Anordnung der Bronchien herbeigeführt. Nach Narath sind
die Lungenspitzen der beiden Seiten homologe Theile. Nan
Aaefttbrungen haben viel Bestechendes für sich, Ob damit
Ae besehe Theorie vollständig beseitigt ist, muss allerdings
gewartet werden.
* 8. Darmtraetns*
Wie Kaszander (Oamerino, Italien) im Anat* Anz. (Jahi
Nr. 23 u* 24) mittheilt, zeigen die Palten (Valvulae conniv
Kerkringii) des menao blichen Dünndarmes drei verschi
Formen. Ein Theil nimmt nur einen mehr oder weniger gr
Bruchtheil des inneren Umkreises ein ; sie aind senkrecht oder g
zur Darmaxe angeordnet oder bilden Spiralen ^ enden eiufacb
gabelförmig, ^ oder legen eich an eine benaohbarte Falte f
Andere Falten bilden vollständige Einge. — Schliesslich
spiralförmige Falten vorhanden^ welche gewöhn Heb bin
seltener mehrere (bis zu drei) Male um die Peripherie deö D
ununterbrochen herumlaufec* — H. 8 L John Brooks in Dubl
diese früher, wie es scheint, unbekannt gewesenen Spirallalten \
Jl«»tomie, Zellen- and Gewebcilehre^ EntwickelungBgeediicbte, ^i
i8B0 beobachtet unü demonstrirt (Brit. Med. Journal 1890, p. 300
and Anaf, Ans. Jahrg. B, Nr. 2 n, 3), was wenig beachtet worden
m wma acheint,
Daas die feineren bistologiscben Verbäitnisse vieler menscliliGher
Organe noch immer nicht genügend bekannt sind, zeigen aufs Neue die
• BeitrlLge zur Histologie menschlicher Organe^^ von Joseph
Sabaffer (Wien), welche sieb auf das Duodenum, den übrigen Dunn-
dniii^ besonders Jejunum, und den Mastdarm beziehen (Sitzungtiber. d.
Kas* Akad. d. Wiss. in Wien, math.-nat, Cl. Bd. IOC», Abthlg. III,
Dec 1891), Seh äff er stellte auch in den menschlichen Dünndarm*
drfteeii eioa lebhafte Zellnenbildang durch Mitose fest, während diese
in ZoUeDepftbel gänzlich zu fehlen scheint. Der mitotische Kern rückt
gegen daa Druaenlumen empor, aber auch der Zellleib scheint
Terbindung mit der BasaJmeuibran zu lösen, — Das Zotten-
i|iiUial beaiU^t beim Menschen kerne längeren Ausläufer, sondern sitzt
dar BiMsItiiembran glatt auf. Diese ist ein endothekrtiges Häutchen
imd eine Fortsetzung der Membrana propria der Krypten. — Die
I^jthelJiBllen können &ich in Becherzellen umwandeln ^ wobei ein
Dieil ihres Protoplasma erhalten bleibt; dieser Rest kann sich wieder
gar Bpilbebelle regeneriren. Das Epithel steht nach Seh äff er in
katoer genetischen Beziehung zu den Leukocyten (wie dies neuer-
dingß vielfach behaapict wurde, s. unten), welche sich je nach dem
Vfrdaaungsiettafand aparlich oder zahlreich, und zwar hauptsächlich
rapitbeli&l in demselben finden. Die Leukocyten vermehren sich
Mitose Qberall im Zwischeogewebe der Krypten, im Stroma
der Zolten, sowie im Epithel selbst. — Ausserdem finden sich im
Daandarsa noch f^eosioophile'' Zellen, ferner Paneth'sche Köm-
«bafneOeo (becherzellenartige Gebilde Ton unbekannter Beden long),
«»wie, beeondera im submucösen Bindegewebe, plasmareicbe Zellen
mX reielilicbeii Granulationen^ die sich mit Kemfärbemitteln intensiv
ArbetL
Vergleichend^anatomische und eatwickelungsgeschichtliche Be-
^Btfe beben in den letzten Jahren der AuFchauung immer mehr
Sernm gegeben, dass die Milz ursprünglich in die Kategorie der
Dumdröeea gehöre, dass sie genetische Beziehungen zum Darm-
cfilbely aar Leber und zum Pankreas habe. Diese Auffassung wird
ilbr trbrbliob geetQtst durch die Untersuchungen von C. v. Kupffer«
nCeber die Entwickelung von Milz und Pankreas^ (Münch.
«id. Abbendlaogen^ 7. Reihe. Arbeiten a. d. anat. Institute, 4. Heft,
lÄL 171 S, 7 Abbildungen). Die Wirbelthiere besitzen ein za-
n
V. Bardeleben.
aammenbäQgendsä, aber in Rückbüdang begrififeueSf aus dors&Ien u
ventralen Danndivertikelti hervorgeheßdes Drüsenbystem, welcl
mit seinen Schläneheu den Mitteldarm umzieht Eg entsteht dari
eineraeits das Pankreas, andererseits die Milz und autsgedehn
subchordaleö Lympbgewebe, Die Lymphocyten dieser letzte
Organe sind also endudermaler Herkunft und entstehen unter
ErBcheiüuiig regressiver Metamorphose epithelialer Schläuche,
steigt hiernach, ho fährt v. Kupffer fort, die Wahrsche
lichkeit für die Aai^ahme, daes auch im postembryona
Leben dieBildong der Ly mphfollikel dea Darmes und ^
Zerfall von Darmdrüsen Hand in Hand gehen, dass a
auch hier die Lymphocytüu rub den Drüsenz eilen e
ätehen. Es dürfte ferner keine Schwierigkeit sich
gegen erheben, so achliesst v. Kupffer diesen hoch interessai
Aufsatz, auch die gleichen Elemente anderer, vom l>£
abgelegener iymphoider Organe, wie des Knochenmari
vom Endoderm herzuleiten.
Mehr von theoretischem Interesse sind Hermann End
„Beiträge zur Entwickelungageschichte und Anatomie
Darmes, des DarmgekrÖaes und der Bauchspeicheldrüse^^, we
den ersten Theil darstellen von ,H,anatomiscli-ent\vickeluugsgesch
liehen Studien über die formbildende Bedeutung de^ Biutge
apparates unter besonderer Berücksichtigung der damit verbünd
mechanischen Einflüsse'*, (Archiv f. mikroskop, Anatomie Bd
S. 435—483. a Taf,)
il. Harn' und GescMeclitüorgaa«,
a. Hartiorgane.
Soweit bekannt, findet die Absonderung der Harnbestandt
in den gewundenen Rindenkanälchen und in den weiten Schei
der He nie' sehen Schleife statt. In beiden AbschnitteD sine
Epithelzellen übereinstimmend gebaut, sie sehen trübe und k
aus und sind sehr undeutlich gegen einander abgegrenzt. J, I
in Qöttingen hat nun die Veränderungen derNierenep:
lien bei der Harnsecration (Anatomische Hefte, hersttsgei
von Merkel und Bonnet, 1. Ahtheilg., Heft V, 8. 143—170. 1
Wiesbaden 1892) studirt und die Ansammlung des Secre
den Epithelzellen, bis zu deren vollständigen Füllung, an
loe erhaltenen Nieren mit dem Mikroskop verfolgt. Das E
Afkatomk^ Zellen- tind Gewebelehre, Entwickehingsgescliichlev
Ji3
ier Ttibali contorti erscheiut Dicht gleichartig, sondern in ver-
adenen Kanälchen, sowie in yerschiedenen Abschnitten des-
Kanälohens verschieden. Man findet 1) niedriges Epithel,
ae sichtbare Zellgrenzen, mit einem Besatz dicker, starrer Här-
and dicht unter dem Stäbchenaaum gelegenen Kernen; 2) gibt
gewundene Kaoälchen mit höherem, cylindrischem ^ fieckig aus-
bendem Epithel. Das Lumen ist ziemlich eng, ein Stäbchenäaum
Hiebt zu sehen. Die Zellen sind der ganzen Länge nach un-
idmitlich Htreifig, gegen das Lumen wie gegen die Nacbbarzellea
|#eiiarf abgegrenzt. Der Kern liegt in der Mitte der Zelle; nur die
BiHts derselben ist dunkel und gestreift. 3) Endlich findet man
Abachoitte von gewundenen Kauälchen, deren Epithel ganz und gar
aoa derartig veränderten Epithelzellen besteht Jede Zelle hat einen
dllDiidD ßaaalabschnitt mit Stäbchenstructur und einen grossen,
I selten dem Lumen zugekehrten becherförmigen Abschnitt , der den
Kern enthält. Das Lumen der Kanälchen ist dort eng und uuregel-
niflsi^ — Dieselben Veränderungen beobachtete Disse an den Epi-
tBeUeo der weiten Schenkel der Henle'schen Schleifen. — Die
E^KitheUen der engen Scbleifenschenkel, der Schaltstücke, Verbin-
diQtgakaxiälchen and Sammelröhren zeigen immer ein gleichartiges
Aiiaselien- Das Secret der Niere sammelt sich also in den Epithelzellen
der gewundenen Kauälchen und der weiten Schielten Schenkel an;
6» tritt zuerst tu der Nähe des Kerns auf, nimmt an Bienge zu und
AUt den dem Lumen zugekehrten Abschnitt der Zellen an. Dar
Kern Hegt im secrethaltigen Abschnitt der Zelle. Während das
Seeret sich ansammelt, bekommt die Zelle scharf© Grenzen. Die
Entleerung de« Secrets f^hrt zu einer beträchtlichen Verkleinerung
der Zellen ; dabei werden die Zellgrenzen undeutlich, und bei einigen
Speeies, so beim Menschen, bildet sich auf der freien Fläche der
ZcUen ein Besata kurzer Härchen aus.
b. Männliche Ge^chlecli tsorgone.
^JToe. Schaff er (Wien) fand bidher übersehene oder nicht be-
rtebeue Drösen in den Kanälchen des Nebenhodenkopfes
^Va^a e0erentia teatis) (Sitzungsber. d. mathem.-naturwissenschaftl.
^L d. Kais. Akad. d. Wissensch. Wien, Juli 1892. — Anatom. Anz.
Jahrg, 7, Nr. 21 u, 22), Diese kleinen Drüsen sind beereuförmig
(alreolftr) oder kurz schlauchförmig. Ihr Epithel ist polygonal, mit
gromon^ runden Kernen, und unterscheidet sich sehr auffallend von
__ hoben cylindrischen Flimmerepithel der Umgebung. Die Drüsen
i faden aich sowohl vereinzelt als in grosser Anzahl bei einander.
24
Bardeleben.
(Kef. hatte sie bei seinen Unters udiungeu über Spermatozoen am
beobachtet)
Ueber den Muacultts cremaster (externus) machte C. Tol<
(Wien) unter Vorzeigung von Prü paraten eine Mittheilung auf d
Wiener Anatomen Versammlung (Verhandlungen der Anat. GesöUsc]
6. Vers,, 1892, S. 243). Im Allgemeinen bilden die groben Bund
des Cremaster allerdioga Schlingen oder Schleifen an der vorder
Fläche des Hodens; doch sind diese nicht so aufzufassen, als
einzelne Muskelfasern oder feinere Bündel von solchen wah
Schleifen mit einem ab- und aufsteigenden Schenkel darstell
würden. In dem Scheitel der leicht darstellbaren gröberen Schleif
verflechten sich vielmehr die Muskelfasern netzartig und treten,
mikroskopisch feine Bündel und einzelne Fasern aufgelöst, aus (?
oonvexen Seite der Schleife hervor, um in dem benachbarten Binc
gewebe zu endigen. Im Verein mit diesem Bindegewebe stellt c
Cremaster eine besondere, von der Tunica vaginalis communis iei<
ablösbare Schicht dar; die Auffassnng dieses Muskels als selbständi
Hülle des Hodens und Samenstranges (Tunica erjthroides) ersehe
daher berechtigt. — Es gibt zwei Hauptzüge der Muakelbündel, (
eine, stets vorhandene, lost sich in der Umgebung des Nebenhod«
kopfes in ein mehr oder weniger dichtes Flechtwerk auf, der \
dere, häufig fehlende oder nur spärlich aus^gebildete zieht sich
der dorsalen Seite des Nebenhodens herab und durchsetzt das b
aufsteigende Venengeflecht. Auf Grnnd dieser Anordnung lässt s
die functionelie Bedeutung des Cremaster externus dabin definir
d&88 derselbe nicht nur geeignet ist, den Hoden au heben, send
dass er auch befähigt ist, einen Druck auf den Kopf dea Neb
hodens auszuüben und so die Fortbewegung des Inhaltes der Duci
efferentes zu befördern, überdies aber unter Umständen einen
günstigenden Einfluss auf den venösen Blutstrom zu üben*
e. Weibliche Geschlechtsorgane.
Trotz aller Bemühungen^ welche in den letzten beiden Jahrzehn
seitens der Gynäkologen wie der Anatomen stattgefunden haben,
die normale Lage der weiblichen Becken organe zu
gründen, sind wir hier doch noch über eine gansse Eeihe von Fr«
nicht vollständig im Reinen, und ist deshalb jeder neue sorgfl
nntersuohte und beschriebene Fall, zumal wenn ihm Abbildun
beigegeben werden, von hohem Wertbe. Waldeyer hat nun
AaftUMnte, Z^Ueti- und Gevvebelcbre^ Entwickeltiiigsgeßchlchte, 25
aaltüie Gelegenheit, eine gegnnde, jange, 17jälirige Virgo (Suicidiiim)
iBKlanQcheii zu können, benutzt und eine genaue Beschreibung nebst
gmtter, schöner Abbildung gegeben. Dasselbe Werk bringt ferner
lue Beecbreibung eines bieher überhaupt noch nicht angefertigten
frontalen Oefrierachnittes des Abdomens und Beckeng einer
«ehwangeren NuUipara am Ende des tauften Monate^ gleiciifaUs mit
AbbilduBgen (Beitrage zur Kenntniss der Lage der weibHeheu
Beekenorgane , nebst Beschreibung eines frontalen Gef rierschnittes
dai Uterus gravidus in situ* Mit 5 Tafeln. Bonn, Fr. Cohen, 1892.
gr, 4^. 29 8,). Ausserdem gibt Waldeyer in dem citirten Werke
Doch die Beschreibung und Abbildung von zwei Medianächnittea,
fon eiaer Gravida nuUipara und einer Fuerpera mit vorgescbrittener
Eückbildang der Gebärmutter, Waldeyer bestätigt in der neuen
Arbeit im Allgemeinen die früher von ihm selbst, wie vor Allem
foa B. Schultze, ferner von W, His, dem Ref. u. A. gemachten
Angabeo über die Lage der weiblicben Beckenorgane» In einzelnen
PcQkiaii weicht er jedoch von der bisherigen, etwas schroff formu-
Urlen Liebre von der „normalen'' Lage des Uterus ab (s. u,). Ausser-
dem therlt er neue Einzelheiten mit, die ohne die dazu gehörigen
Abbildungen nicht gut referirbar sind. Die Ergebnisse der neuen
Befknde und der Vergleiche derselben mit den Li tteraturan gaben
fiBit Waldeyer selbst in folgenden Sätzen zusammen:
1] Bei normalen Beckenorganen und Beckenverhältnisseu hat der
ütents nicht in allen Fällen dieselbe Lage.
2) Die Lage des Uterus wird beeinilusst: a. durch den intra-
aMoioinalen Druck ^ b. durch die Füllungszustände der Harnblase
Qttd des Rectum.
d) Am bäußgBten findet sich hei NuUiparen und bei leerer Blase
eme starke Anteversio und Anteflexio; der Knick iiagswinkel ent-
^ricbt dem inneren Muttermunde. Diese Lage kommt ebenso häu£g
bei Fmaeii, die geboren haben, vor; sie findet sich auch bei der
pnerpermlefi Involution der Gebärmutter, sowie bei Schwangeren in
den ersten Monaten.
4) Abweichungen von dieser Lage kommen vor: a. dui'ch Ver-
nuideruiig der Anteflexio (auch bei leerer Blase) — dies ist das
hiofigere — ; b. durch Verminderung der Anteversio (auch bei
I leerer Bleee), so dass der Uterus — bei aufrechtem Stehen — in
ae »elir verticale Lage kommt, und sich dann Dilnndarmschlingen
der Excavatio vesico- uterina finden. Diese Abweichung ist selten.
teide noter 4) auigeführten Uteruslagen kommen jedoch
bei gern normalen Verhältnissen des UteruSf sowie der
m
Y, Bardeleben.
übrigon Beckenorgane vor and können deshalb nichi
schlechthin als abnorme bezeichnet werden.
5) Mit Rücksicht auf diese Befunde dürfte es sich empfehlen zi
unterscheiden: 1) die für das Genus Homo typische Lage, 2) di<
normalen Lagen, 3) die aboormen Lagen des Uterus,
Als typische Lage bezeichnet Waldeyer — bei aufrechte
Stellung und leerer Blase — die antevertirte und zugleich aoteflec
tirte. «^ Normal^ können nach Waldeyer auch die beiden anderei
(s, Nr, 4) Lagen genannt werden. Bezüglich der Gründe für di
physiologische Anteveraio uteri schliesat sich Waldeyer der
von K. V. Bardeleben (s. dieses Jahrb< 1889) vorgebrachten an. -
Eine Erklärung der Anteflexio musa gesucht werden: 1) in Bau
verhÄltnisaen des Uterus selbst, 2) in dem Umstände, dass die Porti
vaginalis ein fast allseitig befestigter , das Corpus dagegen ein frei
liegender Theil des Uterus ist; hierzu kommen die Wirkungen de
Ligamenia rotunda tind sacro-uterina.
G) Häutiger als eine genaue Medianstellung des Uterus ist eic
Extra med ianstellung desselben, Waldeyer findet diese häi
figer nach links, die meisten Autoren (auch ReiJ nach rechts.
7) Auch für den Tube- Ovaria lapparat unterscheidet Wald eye
zwischen einer typischen und mehrfach möglichen normalen Lage^
Als typische bezeichnet er die von His angegebene unmittelbare Ai
lagernnK an die seitliche Beckenwand (Fossa ovarü), Längsaxe senl
recht, Hilusrand nach vorn, der freie Rand nacli hinten etc,
8) Abweichungen von dieser Lage sind gegeben durch eii
grössere oder geringere Schrägstellang de;^ Eierstockes, durch höhe
oder tiefere Lage desselben j grösser© oder geringere Bedeckung de
selben durch die Tube, durch grössere oder geringere Ueberlagerm
des Uterus seitens der Eierstöcke. Das sind aber keine ,,abtiormei
Lagen, sondern gewissennasseo Varietäten (RetV).
y) Die Lage der Ureter en findet Waldeyer im Wesentlich'
80, wie sie von Freund ^ Luschka und Hell angegeben ist, E
typischer Lage des Eierstocks umkreisen siu den unteren Rand d
Fossa ovariii berühren somit den convexen Rand des Ei«
Stocks. Bei tieferer Lage des Ovarium berührt auch die Wan
fläche des letzteren den Harnleiter, der dann also lateral vom 0\
rmm liegt und von diesem bedeckt wird. Der Ureter zieht W6it<
hin am Kniokungswinkel der Gebärmutter vorbei, deckt hier v
aussen her die Arteria uterina und liegt zwischen Venengeüeohf
(Plexus vesicjilis und Plexus utero- vaginalis). Hier beginnt das
der vorderen Vaginalwand gelagerte Endstück des Harnleit€
All*tomi<s Zellen und Gewebelehre, Entwickdangi«geflcliicble, 37
v^cher bis Kiir Eiamundiiag in die Blase von einer starken beeon-
deren Scheide, der von Waldeyer so genanntem Ureterscheide
üiBgelieQ ist.
Ueber die eben erwähnte „üreteracheide'- hat Waldeyer
auf dem Anatomencongress in Wien (Verhandlangen d, Acat. Ges.,
6, Vers,, 1832, S. 259) eine besondere Mittheilung gemacht. Die von
dar Bt&8d auf die Ureter en übergebende longitudin&Ie Masketschicht
— nebet dem diese zusammenhaltenden Bindegewebe — ist durch
einen icjicirbaren Zwiächeoraum vom Ureter getrennt. Die Ofi bis
QJh mm dicke „Scheide** lässt sich etwa 3—4 cm weit leicht vom
Ureter abprapariren. Der Zwischenraum ist wohl als Lymphscheide
SD^nfiiAseQ.
W
Id einer von der Dorpater medicinischen Facultät mit der goi-
MedaOJe prämiirten Freissch rift behandelt Alexander Keil-
mann, ein Schüler Küstner'S} die seit Jahr^hnten ventilirte
^Cervix frage-, (Mit 2 Taf. und U Holzschnitten. Sep.-Abdr, aus:
Zeitschrift f. Geburtehulfe u. Gynäkologie Bd. 22, H. 1, 74 S.j Nach
tinem Referat der Litteratur geht Verf, zu der Beschreibung von acht
firiedipoerperalen Uteri über, um sich sodann der vergleichenden
Anatomie des Uterus, wesentlich an Vesperugo Nilssonii Blas, zu-
mwenden. Von dieser Fledermaus, also einem anatomisch dem Men-
ecken sehr nahe stehenden Thiere werden der virginale resp. der
nieblgrnvide, der hochschwangere und der frischpuerperale Uterus
beeohrieben, Bas Ergebniss der Beobachtungen an Mensch und
Fledermauua ist im Wesentlichen die Bestätigung der bekannten An-
Bebauungen Ktistner's über die Cervixj insbesondere das „untere
üteriuaegment^. Die feste Anheftung des Bauchfells gibt die
Sieile «»1 an der sich am Ende der Schwangerschaft die wesentlichen
TbeOe des inneren Muttermundes finden; sie fällt stets mit der
oberen Grenze des ^unteren Uterinsegments^^ zusammen, während sie
«a nichtgraviden Organ der oberen Grenze des Gervicalkanals ent-
epricbt.
r
10, Nervensystem.
Centrales Nervensystem.
Ein sehr hervorragendes Werk ist in England erschienen über
die Oberfl&cbe des Grossbirns und die cranio-cerebrale
Topographie: Contributions to the Surface Anatomy of the Cere-
farml Hemispheres, by D. J. Oanningham (Dublin), with a Chapter
npon craoio- cerebral Topography by Victor Horsley (London).
(Royal Irish Academy. CuiiniDgham Memoirs. N, YU, Dubliß 1892.
8 Tafeln. 358 S, 40, Preis 15 sli.) Ein Eeferat ist hier leider
Eicht gut möglich.
Ueher den feineren Bau «Jes Bulbus ol facto rius hat
A.v.Koelliker in der Würzburger Phjs.- med. Ges» (1892, I, Sitzung,
11, Dec. 1801, Sep.-Abdr. 5 S.) berichtet. Vor Allem interessant
sind dieallgomeioen Folgerungeo, welche v, Koeliiker aus eeinen
Beobachtangen zieht. — Der feinere Bau der „Glomernli 0 Ifacto rii"
beweist mit Beatimmtheit , dass auch ProtoplasmafortsäUe die
Eolle von leitenden nervöseo Apparaten übernehmen
können. — Femer zeigt dieser Bau, dasa nervöse Uebertra-
gangen auch direct von Faser auf Faser stattfinden
können, und dass deren Zustandekommen nicbt nothwendig eine
Einwirkung von Zellen auf Fasern oder von Fasern auf Zellen vor-
aussetzt. — Aebnlicbe Uebertragurigen fanden sich in der Netz-
haut, — ferner (Betz ins) in den Ganglien von Wirbellosen, sowie
in der Kleinhirn rinde (Ramön y Cajal).
A. V. Koelliker beschäftigte sich ferner mit dem Ursprung
des Oculomotorius heim Menschen (Sitzungsber* der Würz-
burger Phys.-med. Ges. 1802, 13. Sitzung, Juli), v. Koeliike]
leugnet den von Duval beschriebenen gekreuzten Ursprung
aus dem Abducenskern e. Dagegen ergab sich (achtmonatliche]
Embryo) eine theilweise Kreuzung der im Oculomotorius
kerne selbst entspringenden Fasern (Gudden). v. Koeliike'
beschreibt dann des Genaueren den Verlauf der gekreuzten Fasen
und erwähnt schliesslich den sog. ,,oberen Kern'* des Oculoma
torius (Da rksc he witsch), der nach v. Koelliker's Untersuchungei
gar nicht dem Oculomotorius, sondern der Commissuraposterio
angehört.
Recht practisch für solche, welche sich mit den feineren Ver
hältnissen des Oentralnervensystems beschäftigen, dürften sein di
Umrisse zum Einzeichnen des Faserverlaufs im Central
nervensystem (Zürich, Ebeü, 1892. 30 Fig. und 0 Windungi
Schemata).
k Peripheres Nervensyeleüi.
•Vergleichend-anatomische Studien aber die Nerven des Arme
und der Hand bei den Affen und dem Menschen'^ (Mit 5 Tafieh
MiXnchener medicin. Abhandlungen, 7. Reihe, 3. Heft, 1892» Müncber
ADAtomie^ ZaUen- and Gewebelehre, Entwickelungageschichte, 2Ö
i
1 M.) führen Wilhelm Höfer zu folgenden ^wahrschem-
»** Ergebnissen:
1) D^T N. ultiaris und N. masculo-cataneus kdnneo ak
FA^erbündel üiifgefasst werden, welche ursprünglich in der
Uedianasbfthn gelagert waren und erst im Laufe der (phylo-
geDeliBohen) Entwickelung sich vom Medianus ablösten und jetzt
acbeinbar selbständige Nerven darstellen,
2) Die für die Beugeseite der oberen Extremität bestimmte
Harvanfiifiersumme kann bei verschiedenen Individuen und Gattungen
m Tanabler Weise bald mehr auf der Hauptbahn, dem N, me-
^acms^ bald mehr auf den eben genanDten Nebenbahnen vertheüt
Mfi. I>iQ Zusammensetzung der drei Stämme ist also wechselnd,
ebenso der periphere Verlauf einzelner Nervenfasern innerhalb dieser
r
3) Es können also sonst übereinstimmende Beugemuskeln der
ob«reD Extemität, auch wenn ihre Nervenfasern in verschiedenen
bahnen gelagert sind^ trotzdem homolog sein, vorausgesetzt^ dass
die^ Nervenfasern von den gleichen Spinalnerven stammen.
4) Da die Nervenfasern für die nämlichen Muskeln oicht in
allüH F&llen denselben Spinalnerven angehören, so ist es
iB2^6h| daes solche Muskeln , trotzdem ihre Nerven gauz gleich
gelagert siod, dennoch nicht vollständig homolog sind.
Sonach eigneu sich die bisher fast ausschliesglicb zur Homo-
logisirung verwandten Nervenbahnen der Beugemusculatur des
Annes (abgesehen von den Schultermuskeln) nicht mehr hierzu,
wemgatens geben die Nerven keinen sicheren Anhalt mehr. iDer
Vert mehrfach eitirte Ref. ist gleichfalls dieser Ansicht,)
11. Sinneiiorgane.
e. Geruchsorgan,
Im vorigen Berichte wurden Mi ttheüungen von v* Brunn (Bestock)
äher die menschliche Biechschleimhaut erwähut. Inzwischen
igt die ausführlichere Arbeit (Archiv f mikroskop. Anatomie Bd. 39,
S. 6^2 — 651. 2 Taf.) erschienen, welche die vorländgeu Mittheilungen
bestätagtr weiter ausführt und mit Abbildungen belegt In dem ersten
der geoftQ untersuchten und gemesseoen Fälle (Hiogerichtete) betrug
die Aoedehnang des Hieebepithels 257 qmm in der rechten Nasen-
ll5Ua; davon kommen 124 qmm atif die Seiten wand, 133 qmm auf
dae Sefitam. Die Regio olfactoria ist auf den mittleren Theil der
oherm Ifitseliel und den gegenüber liegenden Theil des Septum be*
30
V. Bardeleben.
scbräDkt; ihr Band bleibt von der biDteren Wand der Nasenhöhle
etwa 5 mm, von der vorderen ca* 10 mm entfernt, — Im zweiteE
Falle beträgt die Ausdehnung des Smnesepitbels (auf einer Seite]
238 rimm, 99 am Septum, 139 an der lateralen Wand. Auch hier
ist die obere Muschel allein Sitz der Riech Schleimhaut^ welche den
unteren Rand dieser Muschel nirgends erreicht,
b* Auge.
Von dem Auge des Nougeboren en, welches in Form unc
Grösse, sowie verschiedenen Einaelheiten von dem des Erwach
senen erheblich abweicht, haben Merkel (Göttingen) und Ori
(Dablio) genaue Beschreibung und Abbild nng gegeben (Das Aogt
des Neugeborenen an einem scbematiBchen Durchschnitt erläutert
Anatomische Hefte, herauageg. von Merkel u. Bonnet^ III, S, 27;
bis *^09. 1 Taf\ (Muss im Original studirt werden wegen der Tafel.
c. Gehörorgan.
Für dieses schwierigste all' unserer Organe hat G. Sandmani
eine grosse, eventuell auch an die Wand zu bangende, auf Leinwan<
aufgezogene Tafel (bei Boas u. Hesse in Berlin, Preis 12 M.) i
Farbendruck herausgegeben, der ein erlänternder Text und seh
ausführliche Ziffern- und Buchetabenerklfirung beigegeben sind* Bi
sonders für die Ohrenärzte dürfte sich diese Tafel sehr empfehlei
Aber auch dem nicht specialistischen Arzt wird dieselbe von Nutze
enr Orientirung in diesem compiicirtesten Sinnesorgane sein.
Die verwickelten Gefässverhältnisee der Schnecke sin
im Physiologischen Institut zu Leipzig von Oswald Eich 1er vo
Neuem untersucht worden (Anatomische UnterBUcbungen über di
Wege des Blutstromes im menschlichen Olirlabyrinth. I. Theil D\
Schnecke. Abhandlung, d. matb.-pbys» CL d. XgU Sachs, Ges. d, Wi»
Bd. 18, Nr. V, Leipzig 1S92, ö. 311'-H49. Mit 4 Taf. ii. 3 Holzsch?
Preis 3 M.), Jede Schnecken windung besitzt ein zuführendes (A
terie) und ein abführendes Gefass. Zwischen beiden be£ndet sie
Knochenmasae und der RosentbaTsche Nervenkanal, welcher d(
Schneekennerven und das Ganglion spirale enthält. Die Arterie tbei
sich in zwei Aeste, der eine steigt nach der Lamina ^piralii^ binunte
I&uft auf deren vestibulären (oberen) Fläche und geht in ein Capilla
netx über. Aus diesem entsteht der obere Ast der Vene, welcb
aoi' der tympanalen Fläche des Spiralblattes läuft, um. dann zu
Venenstamm abzusteigen. Dies ist der kleinere innere oder d
Kreislauf der Lamina spiralis. — Der andere Äst der Arterie stei
Anatomie, Zellen- und Gewebelehre, Eutwickelangegescliielite. gj
zur Scaia vesübuli hioauf, läuft in der unteren Fläche der Zwischen-
wand zweier Windungen und wendet sich im Bogen nach der Aussen-
wand, um sich hier zunächst in ein oberes Gapillarnetz aufzulösen,
das dann in ein mittleres, an der Aussenwand des Ductus
cochlearis, und ein unteres, lateral am Boden des Ductus coch*
learis gelegenes sich fortsetzt. Aus diesen Capillarnetzen geht dann
der laterale oder untere Venenaat hervur, der an der äusseren, so*
dann an der unteren Wand der Scala tympani nach dem Stamme hin
verläuft. Der zuletzt beschriebene Kreislauf konnte als der äussere
oder grosse bezeichnet werden. Ein Zusammenhang zwischen beiden
Kreisläufen besieht nur an dem Ausgangs- oder Endpunkte, d. h.
an der Theüung der Arterie in die beiden Hauptäste bezw. dem Zu-
samtnenüuss der Vene aus den beiden Aesten. Insofern kann man
nnn beide Ströme, den des Spiralblattes und der Scalenw&nde,
zusammen als einen in sich gescblossenen Strom zusammenfassen,
wie dies Verf. thut; dabei ist aber die Einschiebung von zwei oder,
nach der obigen Darstellung, von vier Capillarnetzen zu beachten.
Zum Schlüsse dieses Abschnittes sei des grossen Handbuches
der Ohrenheilkunde gedacht, welches Herrn. Schwartze (Halle)
(Verlag von F, C. W. Vogel in Leipzig) herausgegeben bat. Die
Anatomie des Obres wird darin von verschiedenen Forschern be-
handelt: die Entwickelungsgeschicbte von 0. Hertwig, die ver-
gleichende Anatomie von A. Kuhn, makroskopische Anatomie von
E. Zuckerkandl^ die Histologie des äusseren und mittleren Ohres
von Kessel, die Histologie des inneren Ohres nnd dt^s Acusticus
von Steinbrügge, die Missbildungen von Moldenhauer*
1 2. Eatwiekelungs^egeliii^litP.
Eine am 2. August 1892 bei der Feier des Stiftungstages der
militärärztlichen Bildungsanstalten in Berlin gehaltene Rede 0. Hert-
wig*6 (Berlin, Otto Lange. 30 S. 8<') behandelt in allgemein ver-
ständlicher Weise „ältere und neuere Entwickelungstheorien". Wir
verweisen Interessenten auf das ja leicht zugängige Original*
Auf Grund von Untersuchungen an sehr jungen menschlichen
Embryonen konunt Franz Keibel (Freiburg) (üeber den Schwanz
der menschlichen Embryonen* Archiv f. An at. u. PhysioL, Anat.
Abthlg, „18in", S. 356—389. 2 Taf. 1892 erschienen) zu folgendem
Ergebnise: Der menschliche Embryo bat in ^üben Entwickelungs-
stufen einen äusserlich sichtbaren and einen höher entwickelten
Schwanz, als es dem ausgebildeten Menschen zukommt. Die Ver-
32
V. ßardeleben.
bältniflse des embryonalen Schwanzes gestatten feroer den Schluß
das6 der Mensch von Vorfahren abstammt, die mit einem stäFki
eotwickelten Schwänze auegerüstet waren. Hierfür sprechen no<
andere Gründe: 1) das Steiasbem des erwachBeneu Menschen m
seinen 3 — 6 Wirbeln; 2) die zwei caudalen Spinalnerven; B) d
Schwanzmuscnlatur ; 4J der Steisshaarwirbel (nebst Fovea und Gl
bella cocej'gea, Ecker); 5) die Variabilität im Schwanzgebiet u. j
Kurz vor Abschlusa dieses Berichtes^ zu spät, um noch genüget
gewürdigt zu werden, erschien ein neues grosses Werk über mensoi
liehe Eotwickelungsgeschichte: Charles Sedgwick Minot, Humi
Embryology (New York, 1892: 463 Illustrationen, 8^ 815 S.), Rc
wird das Buch auf Wunsch des Verf. in einer deutschen medicir
sehen Zeitschrift besprechen.
Auf die interessanten Versuche von W. R o u x und m
H, Driesch, welche durch Zeratörußg von einzelnen Tbedleo thie;
8cher Eier, bezw. durch künstliche Trennung der ersten beidi
FurchuDgskugeln die normale Entwickelting störten, soll diesn
noch nicht näher eingegangen werden, weil sich die Ergebnisse u
vor AHem die Detitung derselben bisher noch diametral gegenüb
stehen. O. Hertwig bat sich gegen die Roux'sche Deutung frühei
Versuche ausgesprochen. Inzwischen hat Roux aber auf der Ar
tomenversammlung in Wien (Ueber das entwickelungsmechanisc
Vermögen jeder der beiden ersten Furchungszellen des Eies, V<
handlungen der Anat. Ges., G, Vers., 1892, S, 22—62) eine Rei
neuer Thatsacheu vorgebracht und seine Anschauungen auch theo
, tisch gestützt.
Weiteres in dieser Angelegenheit, welche geradezu fnndament
sn sein oder zu werden scheint^ muss noch abgewartet werden.
Ein f&r den Arzt, wie wir glauben, ungemein werthvollea In-
ttnimeiit, welches in wenigen Miouten einen genauen und sicheren
Sehluaa gestattet auf die Menge der rothen Blutkörperchen
ita Blot» ist der nach dem Prinoip von Blix und Hedin (Skandinftv.
ArcL L Physiol. Bd. 2, S. 134 und Jahrbuch 1891) construirte und
iofi Girtner (Berl klin. Wochenschr. 1892 ^ Nr* 36) verbesserte
HifflStokrit. Er besteht aus einer kleinen Pipette^ die eine genau
Ipttnaeaesie Blatmenge (0,02 com) fasst, sowie einer kleinen in
1(0 g^che Theile getheilten engen Glasröhre^ welche genau die
gleksbe Meiige Flüssigkeit aufnimmt und an einem Ende eine trichter-
förmige Erweiterung trägt* Füllt man die Pipette mit Blut und
mächt dasselbe in der Trichterröhre mit MöUer'scher Flüssigkeit
oder einer Lösung von Kalibichromat von 2 ^i^ % « so senken sich
■Um&liUch die Blutkörperchen, die vollkommen ihre Gestalt und
GrOflse behalten, zu Boden. Gentrifugirt man aber auf einer hdcbst
cm&cben Kreiselcentrifuge^ die wie ein Kreisel einigemal aufgezogen
wird^ dieses Blatgemisch, so haben sich die Blutkörperchen in dem
graduirtan Röhrchen in einigen Minuten scharf abgesetzt, die rothen
Qsteo, die weissen als zarter grauer Saum oben. Bei normalem Blut
rbclieii sie etwa bis zum TheiLstrich 40 oder 50 j die Menge der
Blutkörperchen betrüge hiernach ihrem Volumen nach 40—50 ^Jq vom
fitiwmmthlTit Bei krankhaft verändertem Blut weisen sie ent-
spfttcbend kleinere Zahlen auf,
[ d, iir«Ot. Il«dlcin. i9Sß* ^
34
Grütiuer.
Dieselbe Aufgabe löstan mit complicirteren, wenn auch vielleicht
genau eren Methoden M. und L. Bleibtren (Pflüger's Ärcb. Bd» 51
S, lol)^ indem sie auf hier nicht näher zu achildernde Weise nach dei
KjeldahrHcheD Methode den Stickstoffgehalt des BlutplaBinas, bezw
Serums und der Blutkörperchen bestinimten. Für Pferde- und Haude
blut schwankte das Volumen der körperlichen Elemente zwischei
23— 450 ^j, wobei aber nicht zu vergessen, dasa die Tödtungsart dei
Thiere, je nachdem sie mit starken Kreislaufsatörnngen verknüpf
war oder nicht, wie Aehnlicbes schon Zantz und Gohnsteii
fanden I die Blutkörpercbenmenge in dem aufgefangenen Blate ver
mehrte bessw. verminderte. Der Eiweisagehalt der Blutkörperche!
war indessen auffällig constant nnd betrug rund 46 ^\q» Weiter habej
dann Wendelstadt und L* Bleibtreu (ebenda Bd. 52, S, 323
nnd Lange (ebenda S. 427) ähnliche Versuche angestelh und da
Volumen eines einzigen Blutkörperchens berechnet
Ueber das specifische Gewicht des Blutes machte weiter
ünteraucbungen (a* Jabrk 1888) Lloyd Jones (Journal of physio
Bd, 12j S, 209) nach der Methode von Roy, indem er kleine Menge
Blut in Giycerinmischungen von verschiedenem bekanntem spec
ßfichem Gewicht tropfte und, je nachdem das Blut untersank odt
nichts ohne Weiteres das speci fische Gewicht des Blutes kannt
Aus seinen umfangreichen Untersuchungen heben wir hervor, da!
das Blut verschiedener Körpertheile verschiedenes specihsches G
wicht hat. Es scheint dies mit der Schnelligkeit des Blutaustritt<
zusammen zu hangen, indem langsam austretendes Blut (wie ai
kalten erstarrten Fingern) schwerer ist, als solobea, welches achn<
aus der Wunde rinnt Das Blut ändert (wie schon früher erwähn
sein apecihscbes Gewicht utid^ was ziemlich auf dasselbe binau
kommt ^ seinen Gebalt an rotben Blutkörperchen bezw. Hamoglob
mit dem Alter des Lidividuums. Die Schwankungen des Häm
globingeb altes gehen mit denjenigen des speci fischen Gewi et
parallel. Bemerkens%v6rtb ist nach, dass das Blut von Mädchen
dem Alter der Pubertät gewöhn lieb ziemlich leicht ist und bei d
Chlorose nocb leichter wird. Auch bei Leuten in den Tropen wur
von G logner (Virchow's Arch. Bd, 128, S. 160) das Blut specifis
leichter gefunden^ ohne dass sich die Zahl der Blutkörperchen |
ändert hätte. Höchst wahrscheinlich war ihr Eiweisagehalt gesunki
und wurde so der Organismus geschädigt.
Im vorigen Jahrbuch wiesen wir auf die Fähigkeit des Blu
bin, den in ihm befindlichen Zucker 2u zersetsen (Glykolyee). Neu
Physiologie.
35
liiag« i«t nun auch ein diastatiscbea Ferment im Blut, von
oiftn 2war schon früher einige Kenntniss hatte, des Genatieren
liitdirt worden. Röhmann und Bial (Pflöger's Archiv Bd. 52,
S. 137 und S. 157, und Bd. 53, S. 156) stellten in üiren Unter-
«ttchuiigen im Wesentlichen Folgendes fest« Auch wenn man das
Blal aseptifioh auffangt, und sich in ihm keine Mikroben entwickeb,
eutltili es das besagte Ferment, welches aber von dem diasta lisch eii
Fenoesit der Speicheldrüsen und de^ Pankreas insofern verschieden
Mf als es aus Stärke nicht Dextrin und Maltose^ wie diese beiden,
MMiderD Traubenzucker (Dextrose) bildet. Die Blutkörperchen haben
att dem Ferment, wie frühere Forscher annahmen, nichts zu than;
et findet sich vielmehr in dem Serum. Eine weitere Frage, ob diese
fermentative Eigenschaft des Blutes, wie Artbus (ö. oben) für die
Glykolyse annahm, ebenfalls eine postmortale ist, ist schwierig zu
entecheiden. Wohl aber kann sie entschieden werden für die
Ljmphe. Injicirte Eöhmann z. B. Glykogen in ein Lympbgefäss
der Pfote eines Hundes, so erhielt er aus dem Ductus thoracicus eine
nickenreiche Lymphe* lojection von physiologischer Kochsaklösung
lutte eine derartige Wirkung nicht, sondern eher die entgegengeaetste.
Hiernach ist es sicher, dass die lebende Lymphe diastatiaches Fer-
mmkt enthält, und es ist höchst wahrscheinlich, dasä dasselbe auch
fir das lebende Blnt gilt. Es enthält also schon das lebende^ nicht
«f»! das abgestorbene thierische Blut diastatisches Ferment. Auch
dem menschlichen Blut kommt, wie Bial zeigt, diese Wirkung zu^
in bei Weitem geringerem Grade, als dem Blute des Hundes
oder Rindes. G^nz frei von diastatischem Ferment ist das Blut
Nettgeborener, deren Gewebe aber, wie bekannt, grosse Mengen von
Qkfhogen enthalten. Dieses Glykogen kann also von keinem diastati-
tehen Ferment in Zucker umgewandelt werden, da auch die ver-
Drüsen der Föten oder Neugeborenen noch keine dia-
Fermente bilden*
Die vielfach verbreitete Annahme, als könne man durch Dar-
Limbimg von Medicaujunten die Beschaffenheit des Blutes
D Haasse verändern, wird durch eine sorgfältige Untersuchung
VOL Freodberg (VirchoVs Arch. Bd, 125, S. 566) insofern wider-
legt, als In derselben gezeigt wird, dass dergleichen Aenderungen,
venu wirklich vorhanden, nur äusserst geringfügige sind. 10 — 30 g
msw. Weinsäure pro die setzten allerdings die Alkalescenz
\im BIttloe ein wenig herab, 5—15 g Natron bicarbonicum erhöhten
im ein weai^. Ganz anders verhält sich der Harn, der durch die
36
Grützner.
g8Baniiten MedicatioEen stark sauer, bezw. stark alkalisch gemacht
werden kaon.
lieber die GeriDDung des Blutes handelt eio umfangreiches
Werk von Ä. Schmidt (Zur Blutlehre, Lbipzig bei Vogel, 1892),
in welchem dte ungeheure Menge der von Schmidt und seinen
Schülorn angestellten Uatersuchuiigeo znsamuiengefasst ist. Das
wesentlich Neue darin dürfte wohl die Thatsache sein, dass sowohl
die Gerinnung wie die Nichtgerinniing des Blutes Zellenfun et ioneii
ßind| indem die Züllen bestimmte Stoffe bilden, welche die Gerinnung
einleiten oder verhindern. Was das für Stoffe sind und woher sie
Btammeni darüber geben uns Arbeiten von Gürber (Sitz.-Ber. der
Würzburger phys.-med. Ges. 1892) und von Lilienfeld (Du Bois-
Beymood'ö Archiv 1891, S. 636 und 1892, S. 115 und 167) näheren
Aufschluss. Gürber stellt durch Zählungen der weissen Blutkörper-
chen im frischen und im defibrinirten Kaninchenblut die vielfach
bestrittene ThatsacJie fest, dass die Zahl der weissen BlutkÖrpereiien
in letzterer Flüssigkeit nur etwa halb so gross ist, als im frischen
Blatf und zwar zeigte sich, dass hauptsächlich die vielkernigen
Leukocyten bei der Gerinnung zu Grunde gehen. Erhält man das
Blut durch Kälte oder durch Zusatz von einprooentiger Kaliumoxalafe-
lösung flüssig, so gehen die Leukocyten nicht zu Grunde, Ebenso
bleiben sie bestehen, wenn man gekühltes Blut nachträglich gerinnen
lässt. Wohl aber zeigte sich hierbei, dass, wenn die vielkarnigen
weissen Blutkörperchen sich an Zahl nicht verringert, sie doch viel-
fach ihre Kerne eiugebüsst hatten,
Diiös nun geradezu die Kerne der Leukocyten bei der Ge-
rinnung des Blutes die allergrösste Rolle spielen, behauptet Lilien-
feld, welcher ehenfaÜB durch vereinigte mikroskopische und chemi-
sche Untersuchung feststellt, dass die Bizzozero^schen Blutplättchen,
welche er deshalb Nucleinplätlchen zu nennen vorschlagt, keine
selbständigen Elemente, sondern Derivate des Zellkernes der Leuko-
cyten sind und ferner, dass ein in diesen Kernen beßndliche
phosphorreiches Protein, Leukonuclein genannt, die Geriiinun|
auslöst; denn von den Kernen der weissen Blutkörperchen ode
ihren Derivaten gehen bei der Blutgerinnung die feinen gierliches
Fibrinfäden aus, die man bei der Gerinnung eines Blutstropfen
unter dem Mikroskop nach Auflösung und Abwaschung der rothe
Blutkörperohen zu Gesicht bekommt.
Die Ursache, warum Peptonblut nicht gerinnt, findet
Pdkelharing (Festschrift lür Yirchow) darin, dass das Pepton di«
Physiologie,
37
Kalksalse fest bindet (äbülicli wie ja auch oxalfiaures Kali Dach den
üntersiichuDgen von Arthus und Pages), also dem Blute Sab«
stanxen entzieht, die durchaua zur Bildung des Faserataffee notii-
ireüdig sind. Spritzt man daher einem Thier ein mit Kalksalzen
gea&Uigtea Pepton ein, ao hemmt diesea die Gerinnuug nicht und iät
aadk, was höchst interessant, nicht giftig. Ja wenn sich schon die
Vergütungssjrmptome infolge Peptoneinapritzung entwickelt haben^
gniifrfi sie dnrch Einspritzung von Chlorcalcium ins Blut wieder
sarbck.
An der Blutbild ang betheiligen sich nach allgemeiner An-
i»cbAnisng die sog. Geiussdrüsen ohne Auefübrungsgangf wie Milz,
L^fibdrüsen, Schilddrüse o* s, w. Die Litteratur über die letztere
in» Horsley, Internationale Beiträge n, 8. w,^ Berlin 1891) nimmt
iminer grössere DimeuBionen an, und es zeigt sich mehr und mehr,
tTots einiger gegentheiliger Behauptungen, ein wie wichtiges Organ
dieses Gebilde ist. Hofmeister, der hierüber in meinem nnd in
Ebertb's Laboratorium gearbeitet und immer junge Kaninchen
etiles Wnries operirte und dann mit ihren Altersgenoseen aufwachsen
lieBS, beschreibt seine hauptsitchlichstön Erfahrungen in den Fort-
sdiritten der Medicin, 1892 Nr. 3, Er findet, dass die operirten
Tbiere giegenüber den normalen viel dicker und plumper sind und
insbesondere einen aufgetriebenen Bauch haben. Die Milz und
Tbjmns zeigen keine vicariirende Hypertrophie^ wohl aber in hohem
Missse, wie schon früher in meinem Laboratorium festgestellt, die
fijppopbvsis cerebri. Im höchsten Grade auffallend ist nun bei den
0|>6rirten Tbieren das Zurückbleiben des KnochenwachBthums, das
nsmentlich an üen langen E xtremi täte ukno eben aufs Deutlichste zu
Tage tritt. Nebenher sei hier bemerkt, dass auch beim waciiseßden
Menschen von chirurgischer Seite Aehnliches nach vollständiger Ex-
siirpfitioD de« Kropfes beobachtet worden ist. Die Epiphysen ver-
kideberi] auffallig spät. Bei weiblichen Thieren hnden steh in den
Ovarien ungemein viel reife Follikel^ so dass ein Schnitt dnrch solch
isiii Ovsrium wie ein Sieb aussieht. An den Hoden Hess sich nichts
Abnonnes nachweisen.
Anch öley (Compt rend. de la soc* de bioL 1B91, Nr. 37 und
|Arcbiv. de physioL Bd. 4^ S. BI and 1B5) bat zahlreiche Unter-
adbungen über die Entfernung der Schilddrüse angestellt und
tt. A, behauptet^ dass das Kaninchen noch schneller als der Hund
der Operation unterliegt, wenn man ihm alle, d. h. auch noch ein
pssr kleine Nebenschilddrüsen entfernt, die man bisher gar nioht
38
Grützner.
beachtet hat. Alles weist also darauf kin, dass die Drüaen einei
Stoff bereiten und ins Blut übertreten laasen^ der für die Ernäbnini
des Ceutralnerveneyetems von der gröasten Bedeutung ist, oder eine
Stoff im Körper zerstören^ der genanntes System scbädigt. Dafö
Bpricbt auch die Aogabe, dase Einlieilung von Schüddrüsengeweb
oder Einspritzung vog Schild drösensaft die durch die Exstirpatio
gesetaten Symptome beseitigt oder abschwächt (Gley, Compt renr
de la soc, etc. 1891, S. 841 und Eiseisberg, Wiener klin. Wochet
ßchrift 1892, 8. 81).
Diese innige Beziehung der Schilddrüse zum Nerver
System geht dann weiter aus wichtigen Untersuchungen vo
Lang h ans und seinem Schüler Kopp hervor (Virchow's Arol
Bd, 128, S. 290, 318 u, 369). Kurz gesagt, fanden eich iofolge d<
Operation bei Menschen, Hunden und Äffen^ sowie bei Cretins, gai
eigenthümliche herdförmige Veränderungen peripherer Nervenstämm
in welchen eigenartige, ein- oder mehrkammerige Blasenzellen aufträte
Auch zeigten die Nervenfasern von centralen BahDen im Bücke
mark (in den Pyramidenseiteügtrangbahneo) und io der Medul
obloDgata eine pathologische Schwellung ihrer Axenoylinder»
Auch tlie Nebennieren^ an denen experimentell bisher wen
festgestellt werden konnte, sollen in ähnlicher Weise auf das Nerve
System wirken ^ iodem üire Zergtöriing bei Fröschen und Met
echweinchen unter lahmungsartigen Erscheinungen zum Tode füb
ähnlich einer Vorgifluog mit Curare (Abelouis und Langlo
ebenda 1891, S. 792 u. 855, u. 1892, S, 1Ö5). Namentlich soll i
müdung auf derartig operirte Thiere scbnelldeletär wirken (Albaner
Arch, ital. de biol. Bd. 17, S. 239).
Höchst beachte nswerth ist die Angabe von Römer (Berl kl
Wochenachr. 1891 Nr. 36 und Virchow's Archiv Bd, 128, S. 98), di
eine ganze Reihe von Proteinen, die von Bactenen, pflanzlichen o<
thierischen Zeilen stammen , die Zahl der weissen Blutkörp
chen im Blute ausserordentlich vermehren, wenn man sie d
kreisenden Blute zuführt. Mehrfache Injectionen steigern di
„Leukocytose" ins Enorme. Zu gleicher Zeit steigt die Menge
gebildeten und aus dem Ductus thoracicus aufgefangenen Lymp
Diese Stoffe sind auch Lymphagoga im Sinne H e i d e n h a i
(s. Jahrb, 1892). Nach 1^2 Tagen zerfallen die im Blute gebilde
Lym|)hzellen wieder, und zwar in Kömerbaufen.
Phjsiologi«?.
39
Deber die ErntliruDg desHersens, &eiUch Dar dea Frosoh-
beruDfl, macht Heffter (Archiv f, exper. PathoL u* s. w. Bd* 29,
& 41) die bemerkeoswerthe Angabe, ä&ss entgegen früheren An-
Mhaausgen, nach denen nur ein bestimmter Eiweisskörper (Serum-
ilbiiniiii) für die Emäbrung nothweudig ist, hierzu wesentlich die
rotheii Blutkdrperchen erforderlich sind. Und zwar müssen die-
selben in einer Flüssigkeit suspendirt sein, die sich dem Blutserum,
Sttmeotüch was sein spect^sches Gewicht anlangt, ähnlich verhält,
wie 0twa eine 2<^Qige Lösung von Gummi arabicum oder Hühner-
etweifiSi ab^r z* B« nicht physiologische Kochsalzlösung^ die bekannt-
Heb ein rtel kleioeres specifisches Gewicht hat«
Nicht ohne Interesse ist in dieser Beziehung eine Angabe von
Bosenthal in San Francisco (The rotatory motion etc. of the circu-
btang blöod), nach welcher das Blut in den grösseren Arterien »ich
m Kreide am eine durch die Mitte der Arterie gehende Axe be-
Wigt, was für die EmähruDg und den Mechanismus der Oirculation
(ScUnae der SemÜunarklappen) von grosser Bedeutung sein soll«
Da das Leben sofort erlischt, wenn das Herz nur kurze Zeit
Mine Tfoätigkeit einstellt, so ist es ungemein zweckmässig, wenn das
HefE auch höherer Geschöpfe sich mögbebst widerstandsfähig gegen-
Qber den verschiedenen Schädlichkeiten erweist. Ein gesundes Herz
Ibat dies bekanntlich auch in hohem Maasse und pa^st sich in be-
wunderungswürdiger Weise den verschiedensten an dasselbe gestellten
Anforderungen an, Tigeratedt (Skaod. Arch. für Physiol. Bd, 2,
6* 394j und andere schwedische Forscher, machen hierüber eine Reihe
wichtiger Mittheilaugen. Selbst bei hochgradiger Erstickung, wie
Kono w und Stenbeck (ebenda Bd. 1, S» 403) angeben, sowie bei voll*
konuDeDer Abklemmung der Vorhöfe von den Ventrikeln, so dass
alao das Herz leer arbeiten muss, bleibt es doch trotz dieser Schä-
dignngeii verhftltnissm&ssig lange Zeit (etwa 5 Minuten) leistungs-
fikhig tLod arbeitet, wieder unter normalet Bedingungen versetzt, mit
alter Kraft weiter. Freilich ist seine Ausdauer bäu£g deshalb er-
fo%lo8y und der Tod der Thiere (es handelte sich um Kamncbeu)
trtit ein, weil die nervösen Centralorgane, die der Gefässinnervation
TOfStaben, eine derartige langdauemde Schädigung nicht ertragen
k6iiaeii* Die Gefäsae bleiben schlaff^ und trotz grösster Anstren-
gung ▼on Seite des Herzens geht der Blutdruck nicht in die Höhe,
Modafii bleibt so niedrig, dass dabei kein Leben bestehen kann.
Tut ernährenden Gef&sse des Herzens höherer Thiere sind
40
Grütaaer.
bekanntlich die sog. Kranzarterien , die dasselbe reichlich mit BIqi
versorgen, Abklemmung einer derartigen Artene oder Schädigniij
derselben durch pathologische Processe {Verkalkung, VerengemDg"
schädigen auch das Herz in Eohem Maasse und haben unter eigen
thümlicben, namentlich von Cohnheim studirten Erscheinungen dei
Tod des Thieres bezw. Menschen zur Folge. Es ist nun Kolstei
(Skand. Archiv f. Physiol. Bd. 4, S. 1) gelungen^ Hunde, denen e:
AeBte einer Kranzarterie unterbunden hatte, längere Zeit am Lebet
zu erhalten und die dann eintretenden anatomiseiieD Veränderungei
genau zu verfolgen, Da nach Cohnheim die Kranzarterien End
arterien sind, d. h. also nicht unter einander anaatomosiren, sonden
ein Arterienast allein immer nur ein bestimmtes Gebiet versorgt, B(
ist es begreiflich, dass nach Unterbindung eines derartigen Gei^sei
der von ihm vordem ernährte Gewebebezirk wegen Mangels an jeg
lieber arteriellen Zufuhr zu Grunde gehen muss. Kolater unter
Bucht nun diese allmählich sich einstellenden Veränderungen vo
Tag zu Tage und findet, ohne dass wir uns hier auf histologisch
Einzelheiten einlassen können, dass zunächst eine typische Coaguls
tionsnekrose mit Kernschwund, so wie sie Weigert beschrieben hai
auftritt. Um dießen Bezirk absterbenden Gewebes herum, abc
heirscht lebhafteste Zellwucherung, wie die zahlreichen Kemthe:
lungsfiguren aufweisen. Das Muskelgewebe geht zu Verlust, und c
entsteht ein derbes Bindegewebe (sog, Schwielen) , die , weil vh
weniger widerstandsfähig als die Muskeln, bei starkem intracardii
lern Druck ausgebaucht und sogar gesprengt werden, d, h, zu Her.
aneurysina und Herzruptur führen können,
Die Arbeit des Herzens wird bekanntlich der Hauptsact:
nach bestimmt (wie nicht zuerst R. Mayer, sondern vor et^
100 Jahren Passavant, der anter Dan, Bernoulli^a Leitung a
beitete [Heidenhain, Pflüger's Archiv Bd. 52, S. 415], fand
1) durch die Menge von Blut , welche dasselbe bei jeder Systole
die arteiiellen Gefässe wirft und 2) durch den Druck, unter welche
das in den grossen Arterien (Aorta und Arteria pulmonalis) befin^
liehe Blut steht. Mit der Zunahme des Productes jener beid<
Factoren nimmt die physikalische Arbeit des Herzens zu, mit ihr
Abnahme ab. Ueber die in den grossen Arterien herrschenden Druc
grossen bestehen wesentliche Di^erenzen zur Zeit kaum (Drur
in der Aorta etwa 166 mm Hg, in der Pulmonalis ^/^ davon). Wo
aber über die andere Grösse, nämlich über die systolisch ausg
worfene Blutmenge, das von Ludwig so genannte Schlagvoiume
L die AnBichteo weit aus einaDder. Nacli älteren Berechnungen und
Sck&tsimgeo von Tierordt und Volkmann nahm man dasselbe
iiii>d za 180 g an. Verschiedene neuere Untersucher, wie Fick
■Bf!! Hoorweg (s, Jahrb. 1890), sowie unter den älteren Tb. Young,
nahmen zwar viel kleinere Mengen, etwa nur 50 g an ; indessen er-
hiah sich jene ältere grössere Zahl mit ziemlicbor Beharrlich*
JmL Gegen diese tritt nun auch Tigers tedt in mehreren zum
Tbaü in OemeinschafD mit Johansson angestellten Untersuchiangen
(Skaad, Archiv f. Physiol. Bd. 1, S, 331, Bd, 2, S. 409 u. Bd, 3,
8. 145) auf, indem er vermittels sinDreicher Methoden sich tbeils
iniUalbttr, theils unmittelbar von der Grösse des Schlag voiamens
KeimtiiisB verscbafifte. Er tindet es [vorausgesetzt natürlich ^ dass
»dl die beim Kaninchen gefundenen Werthe matatig mutandis auf
dm Menschen tibertragen lassen) zu etwa 51 ccm. Im Uehrigen
idiwukt selbstverständlich diese Grösse auch bei ein und dem-
felbea Geschöpf innerhalb erheblicher Grenzen, und zwar zeigt
ttdi im Allgemeinen, dass bei zunehmendem Widerstände die in
d&t Zeiteinheit ausgetriebene Blutmenge (das Secundenvoiumen)
cilEiaclist dtmlicb leständig bleibt und erst später abnimmt. Be-
sonders beachtenswerth aber scheint uns die Angabe, dass das
Herz sich keineswegs immer, ja vielleicht nur ansnehmsweise
oder gar nicht, vollständig entleert, sondern auch auf dem
Höhepunkt der Systole noch Blut in seinem Innern enthält. Dies
schlief sen Johansson und Tiger ste dt einmal aus der anatomi-
ichea Thatsache, dass selbst das durch Alkohol oder Wärme voll-
kraumen erstarrte Herz noch kleine Hohlräume in seinem Innern auf-
weist, sowie aus physiologischen Versuchen. Chauveau und Faivre
ftb^rxeugten sich unmittelbar hiervon am schlagenden Herzen des
Flerdes, in dessen Ventrikel sie einen Finger einschoben, Roy und
Adsmi am Herzen des Hundes, und die oben genannten Forseher
an demjenigen des Kaninchens. Wird z. B. die Blutmenge dieser
Thiare durch Transfusion vermehrt, so vermehrt sich allerdings das
Sdltagvolumen y trotzdem aber bleibt immer etwas Blut im Herzen
snrQek, und es kann schliesslich das Herz infolge übergrosser An*
«trf-ogung so ermüden, dass der Blutdruck bedeutend sinkt, und der
eintritt Ein kräftiger, rechtzeitig vorgenommener Aderlass
iC d&A Herz und wirkt lebensrettend. Wird den Thieren
^ts ßlut entzogen, so kann das Herz in einer Systole oft
wahr Blut hinaustreiben, als es von den Venun bekommen hat, was
BStftrtich nicht möglich wäre, wenn es sich regelmässig vollkommen
flllleeirte* Im Uebrigen wird bei künstlicher Vermehrung des Blutes
42
Grützner.
oder^ was viel besser ertragea wird, bei Vermebrung der Blatäüssigk«
durch physiologiBcbe KochBalzlöBiingf die überacküssige Flüssigkeit
menge im Xörper untergebracht, wo es nur immer möglich ißt:
den verschiedenen Geweben , den naohgiebigen öefässen, vor alb
Dingen aber in der Leber, die geradezu die grossen VeneD uod d
rechte Herz von ihrer Blutfülle befreit. Durch die Darmscbleimha
und durch die Nieren wird ferner aus dem Körper so viel Plössigke
wie nur immer möglichj entfernt und das Gefösssystem entlastet, I
der Blutentziehung hingegen entleert sich ^ was natürlich ungeme
zweckmässig ist — das Herz so vollständig wie möglieh und trei
stets eine möglichst grosse Blutmenge in die Gef^lsse. Indem 81
die Gefasse contrahiren, die Gewebe auch von ihrer Flüssigkeit h<
geben, wird der Zustand moglichBt zur Norm zurück geführt^ ab
wie man siebt, hier wie dort, neben den genannten Hülfsvorric
tungen, wesentlich mit durch die regulirende Thätigkeit d
Herzens.
Ueber die Menge von Material, welche das Herz für sich 1
seiner Arbeit verwendet, macht Zuntz (Deutsche med. Wochensc
1892) beachtenswerthe Mittheilungen. Die Arbeitsleistung des /
eamcnten Herzens^ die neaerdings pro Minute auf etwa 12 Xilogram
tneter veranschlagt wird, wird von irgend einem beliebigen andei
Muskel unter normalen Bedingungen geleistet durch den Verbrai
von etwa 15^18 com Sauerstoff; 1 Kilogrammeter gebraucht 1,3
1,5 cm Sauerstoff, Daraus ergibt sich dann bei Vergleichung ■
gesammten von den Muskeln verbrauchten Sauerstoffmenge und
von ihnen geleisteten Arbeit, dass das etwa 1 ^Jq von der gesamm
Mußcu!atur betragende Herz 3 — lOmal so viel braucht, als die Dur
schnittsmuBcutatur des Körpers, offenbar weil es der thätigste a
Muskeln ist.
Ueber die vielfach umstrittene Herzstosscurve (s, die frühe
Jahrbücher) I heilen wir nur Folgendes mit. Hürthle (Pflüg
Archiv Bd. 53, 8. 286) überzeugte sich durch genaueste und s<
f<igste Prüfung der für die Aufzeicbnuog der Curven nöthi
Apparate, daes dieselben vielfach höchst unzuverlässig, undanfd
Weise vielfache Fehler entstanden sind. Gerade die ^^scbö
Curven ^^ mit recht ausgiebigen Ausschl&gen erwiesen sich als
fehlerhaftesten. Hürthle zeigt mit seinen neuen verbessei
Apparaten, dass die Systole des Ventrikels nicht von dem nied
eten Punkte der ansteigenden Curve, sondern von einem zwei
höheren, ebenfalls in dem Anstieg gelegenen kleinen Knick begi
b
Physiologie. 43
den die meisten früheren Apparate gar nicht gezeichnet haben.
SchlieBslich ist es ihm gelnogen, durch ein auf den Thorax aufgesetztes
Mikrophon die Herztöne in genau gleichzeitige elektri^ohe 8chwan>
kuDgen bezw. Reize umzuwandeln ^ die den Nerven eines empfind-
lichen Froschmuekela treffen. Die Zuckungen deaeelben geben una
uniüittelbar Kunde von den zeitlichen Momenten der Herztöne und
zeigen beispielsweise^ dass der erste Herzton thatsächlich nicht in
den Anfang des aufsteigenden GiirvenscheDkeiB, BODdem etwa in die
Mitte seines Verlaufes zu liegen kommt.
Die sog. cardiopueumatische Bewegung, welche in einer
pulsatorischen Bewegung der Lungen luft besteht und auf die pulaa-
torisch wechselnde Füllung der Lungengefäsae bezogen wurde, ent-
steht nach Hay kraft und Edie (Journ. of phyeiol. Bd. 12, S. 426)
durch die unmittelbaren AustÖsse des Herzens an die Lunge. Die
genannte Bewegung hört auf, wenn man durch Hebung des Herzens
seine Berührung mit den Lungen verhindert.
III. Athmang.
Eine für den Arzt und den Fhy&iologen in gleichem Maasse
wichtige und interessante Arbeit lieferte Einthoven (Pflüger^s
Archiv Bd. 51, S. 367) über die Wirkung der Bronchialmuskeln
und im Zusammenhang damit über das Asthma nervosa m. Wie
bekannt, ist dies ein ziemlich umstrittenes und schwieriges Gebiet,
weil die Methode der Unteröuchung grosse Schwierigkeiten darbietet.
Zwar haben kürzlich mehrere Forscher (s. Jahrb. 1B92) diese Frage
bearbeitet, sie aber wohl methodisch nicht in dem Maasse gefördert,
wie Einthoven, welcher den betreffenden TMereu ( curarisirten
Hunden), deren Thorax eröffnet ist, stets eine bestimmte Menge
Luft in die Lungen bläst und den Erfolg dieser Einblasung fest-
stellt. Nehmen wir an, dass wir La einem leicht dehnbaren, dünn-
wandigen Kautschukballon eine bestimmte Menge Luft einblasen , so
wird der in ihm befindliche Druck, indem der Ballon sich stark
ausdehnt, nur wenig erhöht werden. Blasen wir aber dieselbe Luft-
menge unter sonst gleichen Bedingungen in einen ebenso grossen
dickwandigen Kautschukballon, so wird sich derselbe nur wenig
ausdehnen und die in ihm befindliche Luft unter starken Druck
setzen. So ähnlich verhält es sich mit den Lungen curarisirter
Thiere; sind ihre Bronchialmuskeln schlaff, so werden sie durch
eine bestimmte eingeblasene Luftmenge leicht gedehnt, und der in
u
Ürützner.
den Bronchien» Bronchiolen u. s, w, herrschende aog. intrapi
nale Druck ist gering; sind dagegen die Bronchialmuskeln zu
sam mengezogen , so dehnt sich die LuDge schwerer ans, und de'
intrapulmonale Druck ist natürlich grösser. Wie aber misst mai
diesen Druck? Nun, Einthoven verfährt so, dass er wahrem
jeder Einblaöung der Luit auf ganz kurze Zeit eine Commiinicatioi
herstellt zwischen dem Bronohialbaum der Langen und einem re
giatrirenden Manometer. So findet er, zum Theil io ü eberein Stimmung
mit früheren Forschern, unter Anderem Folgendes- Der motorisch
Nerv für die Bronchialmuskeln ist der Vagu:*, dessen Reizung nacl
einem kurzen Stadium der Latenz den intrapulmonalen Druck be
deutend in die Höhe treibt. Ungemein lehrreich sind die zahlreicl
der Arbeit beigegebenen Cur von, in denen z, B. zu gleicher Zeit de
Blutdruck und der intrapulmonala Druck über einander gezeichne
sind. Der letztere erweist sich von erste rem als nahezu unabbängi|
ja sogar noch nach dem Tode, wenn also jegliche Circulation vorübe:
bringt Vagiisreizuug die ja langsam absterbenden glatten Muskel
zu starker Contraction. Im Leben aber tritt bei Vagusreizung ein
massige Lungenblähung auf. Indem die contrahirten Bronchia
ringe der austretenden Luft einen relativ grossen Widerstand en
gegensetzen, während inspiratoriBch ja stets die gleiche Luftmeng
eingebiasen wird, stellt sich ein anderer^ und zwar mehr inspirj
torischer Oleich gewichte zustand der Longe ein, wie der unmittelbai
Versuch lehrt, Aehnlich der Vagusreizung wü-kt die Einblasun
von Kohlensäuregemischeo in die Lunge, während andere GasOj w
Sauerstoff, Stickstoff and selbst schweflige Säure derartige Bronchia
krämpfe nicht oder kaum veranlassen. Interessant ist noch d
Wirkung des Atropins, welches nicht bloss, wie allbekannt, d
hemmende Wirkung des Vagus auf das Herz^ sondern auch d
Wirkung auf die Bronchialmnskeln aufhebt.
Hieran schlieast sich nun die Besprechung des Asthma nervosa]
über das wir kurz Folgendes mittheilen. Die Einen erklären diesi
Zustand f^r einen Zwerchfellkrampf (natürlich nur für einen partiellei
der hin nnd wieder vorkommen mag, aber sicher nicht wesentli<
ist; Andere, wie v. Basch und Grossmann, sind der Meinun
dass eine Hyperämie der Lunge und die unter verhältnissmäss
hohem Blutdruck stehenden Lungencapillaren das Lungengewe
starr machen. Gegen beide Auffassungen wendet sich Einthove
weicher im Wesentlichen im Einverständniss mit Biermer in de
ÄBthma nervosam einen Krampf der Bronchialmuskäln sieht und a
Grund seiner Versuche an Thieren Atropin gegen denselben ei
Physiologie. 45
Oass aber auch eine venöse Hyperämie in der Lunge, wobei
li^^ke Vorbof ungemein erweitert und prall mit Blut erfüllt ist,
iitlimadsche Zustände and Lungenodem erzeugt, wie v. Basch und
Gros 8 mann (ebenda Bd. 52, S. 417 u. 567) behaupten, dürfte
wohl ebenfalls eicher stehen* Auch die Anwesenheit von Zellen in
4eai Auswurf von Aathmatikern, die zersetzten Blutfarbstoff ent*
hatten, von sog* Hämosiderinzellen (s. v. Noorden, Zeitschr. für
kHm M&d. Bd. 20, S. Ij spricht für die Thatsache, dass Blutstauungen
qod damit verbundene Blutaustritte bei dieser Krankheit eine grosse
BoDe BpteleD,
Litten (Deutsche med. Wochenschr, 1892^ Nr, 13) beschreibt
bei jeder Athmung, namentlich an Männern deutlich sichtbare
Bewegung des Zwerchfells. Zu diesem Behufe muss sich die
VersQ dispers on horizontal hinlegen und mit dem Gesicht gegen ein
keOaB grosses Fenster gerichtet sein, während der Beobachter vorn
vnd etwas seitlich steht. ^Die Erscheinung läuft ab in Form einer
WeÜenbewegnng, welche beiderseits etwa in der Höhe des 6. inter-
ooitalraams beginnt und als gerade Linie oder seichte Furche
(«alchb mit den Rippen einen spitzen Winkel bildet) bei tiefster
Iiwpiration mehrere Intercos talräume weit, zuweilen bis an den
Et|»peiib<>gen herabsteigt, um bei der Exspiration um das gleiche
wieder in die Höhe zu steigen." Bei oberflächlicher Athmung
fKe Bewegung 1 — IV^ Intercostalräume.
Ueber die Grösse des interpleuralen Druckes beim
laoscheni der, weil die selbst exspiratorisch ad minimum ver-
■erian Lungen immer noch nicht in ihrer elastischen Gleich*
iehtalage sich beflnden, sondern, wenn innen und aussen derselbe
ack auf ihnen lastet, sich noch weiter zusammenziehen, der also
diesem Grande immer negativ in Beziehung zum Atmo Sphären -
ist, macht Arou (Virchow'a Arch. Bd. 126, 8. Uli) Mittheilung,
er bei einer 38jährigen Frau, deren Thorax infolge von
flieht tuberculöseii Empyem punctirt war, diesen Druck maass
anfaeiohnete. Der luftdicht eingesetzte Drain, der in dem
Dm lag, ging nach aussen in einen Gummischlauch über,
Bf auf den Boden eines mit desinficirender Sperrflüsaigkeit
jten Ge^ses reichte und seitlich an einem T-Stück einen Mano-
' trog* Dieser gab die Höhe des Druckes zu — 4,5 bis — 6,85 mm
Iber an. Donders hatte Ihn an Leichen etwa —6 mm ge*
40
Grötzner.
Dass der Chemismus derAthmung ein noch nicht völlig
klarer Vorgacgf sicherlich ein solcher ist, über welchen sich zwe
verschiedene Anschauungen geradezu gegenüber stehen, dürfte am
früheren Berichten, sowie aus den nachfolgenden Arbeiten dentlicl
hervorgehen. Pflüger und seine Schule sehen bekanatlich in de:
Abscheid ung und Aufnahme der Gase in den Lungen einen wesent
lieh physikalischen Process, der sich also etwa so abspielt, wie ii
einem Reagenzglas, oder wie in einer Flasche mit Selterwasser, auj
der die Kohlensäure entweicht, weil sie in dem Wasser unter starke;
Spannung steht, in der darüber befindlichen Luft aber unter äussere
geringer. Wenn diese Annahme schon deshalb etwas verdächtig ist
(siehe namentlich die Arbeiten von Bohr, Jahrb. 1888 n« Centralbl
f. PhysioL 1892, Bd. 0, S. 225), weil bei allen Processen, bei denei
es sich um die Aufnahme oder Ausscheidung von Flüssigkeita ]
handelt, die einfache physikalische Diffusion nach den Unteraucbunge
Heidenhain's und seiner Schüler keineswegs als ausreichend bc
funden worden ist, so dürften folgende Thatsachen direct darai:
hinweisen, dass vielleicht auch die Lungeu nicht einfach Apparat
sind, in denen Gase eintreten bezw. aus ihnen austreten^ wie au
einer Selterfiasche, sondern eben Drüsen darstellen^ die bestimmt
Oase aufnehmen und andere ausscheiden ^ gerade so , wie es di
EpithelzeMen des Darmes oder die Endothekellen der Blut- un
Lymphcapillaren mit festen uod llössigen Stoffen thun.
Hüfner (Du Bois-Reymond'a Archiv 1892 j S. 64) untersucht
die Gase der Schwimmblase verschiedener Fische und fac
eine ältere Angabe bestätigt, nach welcher sich unter gewissen B^
dingungen, z. B. wenn man die Blase künstlich entleert bat^ pr
oentiBch mehr Sauerstoff in der Blase befindet, als in der Luft, bezi
Jm Wasser, in welchem die Fische leben. Wenn dies aber dt
Fall , so kann es sich hier um keine einfache Düfusion handel
sondern es muss sich eine Arbeit dazwischen schieben ^ wenn m
einem Raum, in welchem der Sauerstoff unter niedriger Spannui
steht, er in einen Raum übergeht, in welchem er nnter höher
Spannung steht. Gewisse Apparate müssen Sauerstoffmoleküle ai
dem Blut herausnehmen und im Innern der Blase aahäufen. Die
Apparate, die man mit kleinen Pumpwerken vergleichen kann, sii
offenbar besondere, die Schwimmblase anskleidende Zellen, welc
den Sauerstoff secerniren.
Ein Stoff, der bekanntlich die verschiedensten Drüsen zu le
hafter Thätigkeit anregt, ist das Pilocarpin, Es lag die V<
mutbung nahe, dass es a ir*h diese Sauerstoff secemirenden Appart
Physiologie,
47
in ähnlicher Weise beeinflusste. Thatsächlicb findet D res er (Archiv
für experiment. PathoL etc. Bd, 30, 8. 159), dass Hechte, deoen
man mehrere Tage hinter eioander kleioe Meogen von Pilocarpin
einspritzt, viel mehr Sauerstoff in ihrer Schwimmblase enthalten, als
nicht injicirte Hechte, die ersterea etwa 40^'(}t ^^^ letzteren 25*);,|*
Holmgren behauptete vor längerer Zeit, dasa der Sauerstoff
im Stande sei, Kohlensäure aus dem Blute auszutreiben. Wenn man
daher dieselheu Blutmengen unter gleichen Bedingungen mit Gas-
gemengen schüttelt, die Sauerstoff enthalten, so gibt das Blut mehr
Kohlensäure ab, als wenn dies uicbt der Fall ist. Diese freilich an-
gezweifelte Angabe sucht Werigo (Pflüger's Archiv Bd. 51, S. 321)
in der Weise zu erhärten, dass er nicht das (mehr oder weniger
veränderte) Blut ausserhalb des Körpers, sondern das circuürende
Blut selbst auf diese Eigenschaften hiu in ungemein sinnreicher Art
untersucht. Er lässt nämlich die verschiedenen Lungenhälften eines
Tbieres verschiedene Gase eiuathmen , also z. B. die rechte Lunge
gewöhnliche Luft, die linke Lunge Wasserstoff und später Sauer-
stoff und findet in der That, dass, wenn Sauerstoff geathmet wird,
die Lungen mehr Kohlensäure abgeben^ als wenn dies nicht der
Fall ist. Es kann sich also hier auch nicht um eine einfache
Diffusion handeln, falls eben die Schlüsse richtig sind, und in den
ungemein complicirten VersuchsbedingUDgen nicht etwa irgendwo
Fehlerquellen versteckt liegen, was Zuntz (ebenda Bd. 52, S. 191)
allerdingH behauptet, Werigo aber bestreitet.
Bekannt sind die ei gen th timlichen, zum Theil giftigen Eigen-
schaften der Peptone, sobald sie unmittelbar ins Blut gebracht
werden; neu und wichtig die Thatsache, die in Ludwig^s Institut über
das Verhalten der Kohlensäure im Peptonbtut gefunden und von
Blachstein (Du Bois-Reymond's Archiv 1891, S.394) und Grandia
(ebenda S. 499) bearbeitet wurde. Beim Hunde, wie beim Kanin-
chen wird nämlich durch Peptoninjection, obwohl nur bei ersterem,
nicht bei letzterem Thier das Blut hierdurch seine Gerinnbarkeit
verliert, die Kohlensäuremenge des Blutes bedeutend herabgesetzt.
Die Ursache hiervon liegt nach genannten Forschern zunächst nicht
in der herabgesetzten Oxydation der Gewebe, welche dem Blute
wenig Kohlensäure liefern; denn die Lymphe, welche diese Gewebe
durchspült, behält ihren normalen Kohiensäuregehalt bei. Sie muss
vielmehr in der Fähigkeit des Peptons gesucht werden, die Kohlen-
säure aus dem Blute geradezu auszutreiben oder, wie man sich ge-
wöhnlich ausdrückt, ihre Spannung im Blute zu erhöhen. Dies be-
wiesen einmal Athem versuche, welche ergaben, dass, wenn bei Spiels-
48
Grützoer,
weise das Pepton blut pro cen tisch viel weniger Kolüensäure enthiel
als das normale <, es doch au die Lungenluft mehr Koblensäure ab
gab, als das normale. Der Koklensäuregelialt der Alveolarlaft be
trug bei normalen Hnnden^ wie schon durch Pflüger'e Unter
sucliungen bekannt, etwa 3,75 O'qJ bei Peptonthieren 7 — 80q^ und dies
Eigen thiimlichkeit des Peptona, die Koiilenaaurespannutig zu erhöhei
ist nun nicht — woran man ja im Anschluss an obige MittbeiliiQge
denken konnte — eine besondere Eigenschaft des Luugengewabei
sondern sie kommt dem Blute selbst, ja sogar seinem Serum et
Wird feraer Peptonblut durch Miaskeln hio durchgeleitet, so erlisch
binnen Kurzem deren Erregbarkeit: offenbar lauter höchst merli
würdige und wichtige Thatsachen, welche darauf hinweisen, wie ei
normal im Körper gebildeter Stoff den ganzen Mechanismus der Atl
mung verändern und selbst verderblich wirken kann, wenn er au
den ihm vorgeschriebenen Grenzen heraustritt.
Die n er vöse Regulation der Athmung besorgt der Yagu
dessen centrale Reizung den Mechanismus der Athmung in hohe;
Maasse verändert tind namentlich zu stärkerer Inspiration und ii
apiratoriBchen Stillständen fiibrt, während der Laryngeus superh
der antflgonistische Nerv des Vagus ist Meltzer (Du Bois-Re,
mond's Archiv 1892, S. 340) untersucht nun in eingehender Wei
die Wirkungen gleichzeitiger Reizung der beiden Nerven und find
im Allgemeinen, dase der Vagus, der Actionsnerv, DamentEch h
stärkerer Reizung den LaryngeuSi den Hemmungsnerv nberwind
und nicht zur Geltung kommen lässt.
Durchechneidung beider Vagi hat bekanntlich den Ti
der Thiere zur Folge, die, wie man gemeiniglich annimmt, an sc
Verschluckungspneumonie zu Grunde gehen sollen. Ganz kürzH
zeigte nun Krehl (Du Bois-Rejmond's Arohiv 1892, SuppL S. 21
in Ludwig*ö Institut, dass die Thiere (Hunde) auch hei ganz tu
malen Lungen zu Grunde gehen, falls nur die Vagi oberhalb r
Lunge durohschnitten sind. (Durchschneidet man sie in der Mi
der Brusthöhle oder unter dem Zwerchfell, so bleiben die Thi«
am Leben.) Das rührt nach Krehl daher, dasa die den Oei
phagus und Magen versorgenden Aeste schon zeitig oben abgeb
und nur bei hoher Durchschneiduog getroffen werden. Gescbii
dies aber , so leidet die Thätigkeit des Magens , wie Versuche
Magen fi Stelhunden lehren, in so hohem Maasse, dass Krehl sich ;
diese Weise den verhältnisamässig frühen Tod der Thiere erkll
denn der Mageninhalt reagirt nicht mehr in normaler Weise sar
Physiologie.
49
Er stinkt» fault und wimmelt von BacterieOt Die AufDahme der
giftigen Fäulaiaaproducste hebt zunäcbat den Appetit auf and tödtet
dann geradezu das Tiiier.
Dass die Verbrennungeprocesse , insonderheit die Aufnahme
des Sauerstoff« in den Geweben selbst und nicht im Blute
stattfindet, zeigt neuerdings Giirber (Sitzun gaber* d, Würzb. pkys.-
mddic. Ges, 1892), indem er Kaninchen eine grosse Menge Blut ent-
zieht und es durch phyöiologiöche Kochsalzlösung (genauer 7 g Koch-
salz, 35 g Rohrzucker, 0,2 g Natriumbydrat im Liter Wasser) er-
setzt. Dabei findet er, dass derartig blutleere Kaninchen keinen
geringeren respiratorischen Stoffwechsel haben, ala diejenigen mit
normalem Blutgehalt, Auch Bernstein (Vers, deutscher Naturf.
in Halle 1891) kommt auf ganz anderem Wege zu der gleichen, ja
schon von Pfluger vertreteneu Anschauung, indem er überlebende
Oewebe selbst wie Muskeln, Nieren u. s. w, oder deren ausgepresste
Säfte mit Oxyhämoglobinlösungen bei Luftabschlnss zusammenbringt.
Nur die erateren raduciren das Oxyhämoglobin , die letzteren nicht.
IV. Terdaaojig.
Auf eine interessante Eigenschaft aller Fermente weist Tarn-
mann hin (Zeitschr. L phys. Ohem, Bd. 16, S. 271), die darin be-
steht, dass ihre Wirkungen stets unvollständig sind und niemals,
mag Wenig oder viel Ferment in Thätigkeit sein, die gesammte
Masse der ihnen unterliegenden Stoffe yotlkommen umgesetzt wird.
Er begründet dies damit, dass sich ^ wie ich das zuerst für das
Pepsin nachwies — ein Theil des Fermentes bei seiner Thätigkeit
in eine unwirksame Modificatlon umwandelt oder, wie ich sagte, ein-
fach zerstört wird.
Art h US und Hub er (Arch. de physiol» Bd. 4, S. 651) finden,
dass eine l^ioige Fluornatriumlöaung die durch Lebewesen (Mikroben)
erzeugten Fermentationen vollständig verhindert, während sie die-
jenigen, die einfach chemischer Natur sind und den sog. ungoformten
Fermenten (Ptyalin, Pepsin etc.) zugesckrieben werden, nicht stört.
£s gliche hiernach also dem Chloroform.
Der gröaste Theil der Magenschleimhaut enthält in seinen
Drusenschläuchen, abgesehen von den oberBächlichen Cylinderepithel-
zellen, nach den bekannten Arbeiten von Heidenhain und RoUett
zweierlei Zellen, die dem Binnenraum der schlauchförmigen Drüsen
zugewendeten Hauptzellen und die uussen aufliegenden Belegzellen.
Den eri^teren wurde von Keidenhain, Ebstein, mir, Langley u. A.
50
6rilUi\er,
die BiidaDg des Pepsins, den letzteren mit böchster Wabracheinlick-
kelt diejenige der Säure des Magensaftes zugeschrieben. Neuer-
dings sind nun gegen diese Dehaaptungen wieder Zweifel laut ge-
worden, Swiecicki machte unter meiner Leitung diö merkwürdige^
übrigens allseitig bestätigte Beobachtung, dass der untere Theil der
Speiseröhre bei Fröschen eigenthüinliche Drüsen trägt, welche alka*
lisch reagiren und Pepsin bereiten. Wenigstens kann man aus diesen
Sühleimhaiitstücken ausserordentlicli viel Pöpsiu extrahiren , bedeu-
tenil viel mehr als aus der eigentlichen Magenschleimhaut, in welcher
aber unzweifelhaft Säure gebildet wird. Hier im Magen finden sich
nun Zellen, welche mit den Belegzellen anderer Thiere einige Aehn*
lichkeit haben. Die von ans offen gelassene Frage, ob der Mager
des Froöches auch Pepsin bildet, wird nun nenerdiogs von Pranke
(Pflügfr's Archiv Bd. 48, S, 63 und Bd. 50, S. 293) und Oonte
jean (Journal de physiol Bd. 4^ S, 250) bearbeitet, obwohl sie schoi
von Langley in bejahend ein Sinne gelöst war. Beide Forsche
kommen zu der auch von Langley vertretenen Anschauung, das
auch Pepsinabsonderang im Magen der Frösche stattiindet, wa
princiidell insofern von Bedeutung ist, als den Belegzellen ähnlich
Gebilde dann nicht bloss Säure ^ sondern auch Pepsin bereiteter
aber auch deshalb wieder an Bedeutung verliert, weil dem Frosch
verwandte Thiere (z, B. Salamander) überhaupt nur eine Zellart i
ihrem Magen besitzen, welche, wie längst bekannt, sowohl Säure wi
Ferment liefert. Ein nn mittelbarer Schluss auf die physiologisch
Bedeutung der Haupt- und Belegzellen höherer Thiere dürfte hieran
noch lange nicht gezogen werden, Cootejeau macht weiter dj
mir allerdings ungemein zweifelhafte Angabe, daes das isolirte Seor«
der Pylorusschleimhaut des Magens, die keine Belegzellen enthäl
sauer reagiren soll, während Heidenhain und ich es stets alkaliso!
aber pep sin halt ig fanden.
Des Weiteren vertritt er die schon oft geäusserte Ansicht, dm
sich im Magensaft der verschiedenen höheren und niederen Thiei
zwar Salzsäure vorlindet, aber nicht in freiem Zustand
Versetzt man nämlich Magensaft, z. B. den vom Hund, mit frisch g
ftült4^m kohlensaurem Kobaltiixydhydrat im Ueber.Hchuss., so löst sii
dasselbe theilweise unter Hu:^afärbang auf. Die gebildete rosa g
färbte Substanz, welche in der Wärme blau wird, ist Kobaltchlort
das man durch Alkohol extrahiren und nach Verjagung des Alkoh*
in Wasser lösen kann. Es krystallisirt dann in charakteristisch
„rectangulären^ Kry stallen. Milch saures Kobaltoxyd ist in I
kohol vullkommen uatöslich. Die Methode eignet sich auch i
Fhyaiologie.
51
gßBM kleine Mengeii von Magensaft, wie man sie beispielsweise vou
kleineii Thieren ( Fröschen u. s, w.) erhält, Baas diese Saksäure aber
nkiki frei im Magen itst, scbliesst Contejean aus folgenden Tbat-
sacken. Salzsäure von I ^1^,^^ lost dat^ fri.soh gefällte, feuchte kohlen-
More KobaltoxydhyJrat ungemein Jeicht und Bcbnell, Magensaft da-
I^Bgm BAlur l&ngsani* Wird Magensaft destülirt^ so liefert er nie Salx*
Mva, während schwache Salzsäure destüMn immer deutlich Dämpfe
tbeftreten liess, welche Silbemitrat trübten. Dass die Salzsäure
isi dem Chloriden des Blutes gebildet werden muss, ist klar (s. Jahr*
bttdi 1892). Contejean ersetzt nun das Blut eines Frosches durch
pli;»iologiaohe Kochsalzlösung und ändet, dass auch diese ,,Salz-
frteobe^ Salzsäure bis zum Tode abscheiden^ and, was höchst be-
Qierkeoiiwerth, dass, wenn man statt des Kochsalzes salpetersaures
Na^^sn (7^00^ verwendet, die Frösche jetzt Salpetersäure in ihrer
Ifagenschteimhaut bilden. Der Magensaft enthält ferner nach Cunte-
jean 0l«td Miloh£^äure, nicht bloss wenn dieselbe durch Gähfung
ft» AMjlaeeen im Magen entstanden isr, sondern anch bei hungern -
dfla ThieiBD. Die Milchsäure ist also für ihn ein Product der Magen-
Wettere Unters uchun;;en über den Nachweis der Salzsäure
ta Megeoaafty sowie über ihre Bildung unter verschiedenen Be*
fliaguogen liegen vielfach von Wir beschränken uns auf die Mit-
IlMihmg folgender. Leubuscher und Ziehen stellten ausgedehnte
UtnMcbe Untersuchungen über die Salzsäureabscheldung des
Mageae bei Geisteskranken (Jena 1892) an und landen unter
raovgfikhigdr Berücksichtigung des ^ch ^> vorliegenden wie des von
geeanunelten Materials^ dass im Allgemeinen mit Verfall ein-
bende P^ohosen zu d^r Abscbeidung eines säurearme», ja sogar
' liiirefreitm Magensaftes führen, während bei den meisten anderen
tVjcboMiiy anch unabhäugig von dem motorischen Verhalten der
.Kmiketi^ bestimmte Gesetzlichkeiten nicht 2u erkennen waren. Der
ifroeeiittBche Gehalt an Salzsäure schwankt unter normalen Be-
fdingaiigeii rtwa awischen 1,5 — 2,5 o/^^^, unter krankhaften zwischen
Etaeo grossen Fortschritt jr .ler Methode erkennen wir in der
«k;ga]iteo Arbeit von Mizerski und Kencki (Archives de scienoes
Uolog, eto, Bd 1, S. 235, Petersburg 1892). Genannte Forscher
and vergleichen unter einander folgende drei Methoden:
If Die Methode von Sjöquist, nach welcher der Magensafi mit
Baf^ntsktarbonat im Ueberschuss versetzt, dann bis zur vollständigen
Zetildrsikg der organischen Substanzen erhitzt^ und die Menge des
52
Grütziier.
so gebildete»^ in Wasser leicht loslichejD Chlorbaryams beatimmt
wird. 2} Die Metbode von Sehmann; man versetzt Magensaft mit
einer bestimmten reicblicben Menge Sodalösung, trocknet^ erbitzt
wie oben und versetzt die weisse Asche mit einer bestimmten Menge
Salzsäure^ aus welcher man die von Anfang an vorhandene Salz-
ßäuremenge berechnen kann. Hierbei fanden nun Mizerski und
Nencki die wichtige Thatsache, daas reines in Wasser gelöstes
Pepton (welches kein Chlor und keine Albumose enthält) sich in
dem bestimmten Verhältniss von 10(3 ; 16 mit Salzsäure verbinde!;, und
diese Verbindung bei 100^ sich nicht zersetzt. Biu hat alle Eigen-
schaften der freieu Salzsäure, solange nicht mehr Pepton zu ihr hin-
ÄUgefügt wird, und dürfte sich als 8oIcbe, sowie in diesen verschie-
denen^ noch nicht genau gekannten Onmbinationen mit mehr odei
weniger Pepton im Magensaft verenden. Die Salzsäure des Magen-
saftes^ die Irei wohl nar znll^üig im Magensaft angetroffen wird
ist auf einfach ti tri metrischem Wege nach genannten Forschen
demnach nicht genau zu bestimmen. 3j Die Methode von Prout
Winter, welche zu bestimmen gestattet 1) die freie , 2) die mi
Pepton verbundene und 3} die an mineralische Basen gebunden»
Balzsäure. Der gesammte filtrirte Magensaft wird in drei gleiohi
Theile a^ b und c zu je 5 — 10 ccm getheiltj und in der ersten Portio:
das gesammte Chlor, in der zweiten die freie Balzsäure und in de
dritten die an Basen gebundene Salzsäure bestimmt. Zu a fügt ma:
Sodalösung im Ueberschuss, trocknet auf dem Wasserbad ein, vei
ascht, extrahirt mit Wasser, ueutralisirt mit Salpetersäure und titrii
das Ohlor mit Silbernitrat. Fortion b verdunstet man auf dei
Wasserbad zur Trockne, hält sie darauf etwa eine halbe Stunde, m
alle freie Salzsäure zu verjagen^ versetzt sie mit einem Ueberschuf
von Soda und verfäbrt dann wie mit a. Die Differenz der Sab
üäuremengen a — b gibt die freie Salzsäure an. Portion c ver dunst
man in gleicher Weise, verascht ohne Soda und erhält so die e
Basen gebundene Salzsäure, Auf Grund ihrer Untersuchung«
kommen die Forscher zu dem Ergebniss, dass die zahlreichen M
thoden, welche vermittels Aenderung von Farbstoffen die Säur
menge zu bestimmen suchen, durchweg unzuverlässig sind. A
meldten auoh für den Arst zu empfehlen ist die P r o u
W in ter's che Methode; sie ist ^^genau und eini^oh, ihre Anwenduj
ist leicht".
So wie ein voller Bauch nicht gern studirt und, wie wir hi
zufügen, sich auch nicht gern lebhaft bewegt, so zeigt sich au
«ader erseits, dass Btarke Ermüduog die Lust zum Essen bedeutend
benftaetzt oder aufhebt. SalvioU (Archiven ital, de bioL Bd. 17,
8, 248) tindet dementsprechend an Hunden mit Magenfisteln, welche
kiige Zeit durch Arbeit in einem Tretrad sich ermüdet hatten^ einen
Miigeiisait, der au Menge, Säuregehalt und Yerdauungskraft weit
hxBter dem normalen surücksteht und überreich an Schleim iät. Der
HAg<Bii des ermüdeten Thieres entleert sich aber schneller seines In-
Ute« als ein normaler und kehrt erst in etwa swei Stunden zu
fräen normalen Verhältnissen zurück.
Zo einem wohl nur scheinbar entgegengesetzten Ergeh niss ge-
li>e Rosenberg (Pflügers Arch. Bd 52^ S. 401), der die Aus»
nutsting der Nahrung unter dem Einflu^s körperlicher
AnatreDgung an einem Hunde untersuchte und fand, dass beim
ferdftuungagejiunden Hunde die Ausnutzung der Nahrung, berechnet
ms der Menge des verlotterten Ei weiss es und Fettes und der Menge
des durah den Koth ausgeschiedenen, ganz unabbäogig davon ist,
ob das Thkr sich während der Verdauung in Ruhe befindet oder
etce sehr energische Arbeit leistet.
Deber die Barmverdaoung am Mensclieii berichten Mac-
fmdjmn^ Nencki und Sieber (Archiv f. exper. PathoL Bd. 28,
& 3U>, An einer d^jährigen, 40 kg schweren Frau war wegen
«^geklemmter Hernie ein Stück des in das Oocum eiomüDdenden
Andes vom Ueum excidirt, und ein Anus praeternaturalis angelegt
word^j). Nachdem sich nach Verheilung der Wunde eine Fistel ge-
bildoe hatte, sammelte man bei bestimmter Diät, die aus Brod, Fleisch^
QrieBlirei, Pepton, Zucker, Eiern, Milch und Bouillon bestand, den
Msfliesseilden , stets sauer reagirenden Chymas, der pro Tag etwa
660 g betrug und 4,9 ^f;^ feste Stoffe enthielt. Es fanden sich in ihm
gmlmibareB Eiweiss, Mucin, Peptone^ Dextrin, Zucker, verschiedene
Mileb* und Fettsäuren^ hauptsächlich Essigsäure^ Oallensäuren und
Bütmbifi) das sich an der Luft zu Biliverdin oxydirte. Niemals
bodeo sich dagegen die Zersetzungs- oder Fäulüissproducte der Ei-
^rpe^ (Indol, Scatol, Leucin, Tyrosio), die sich also er&t im
idarm unter EinwirkuDg von Fäulnissbacterien bilden, während
10 Dtoodarm auch unter Einwirkung von Bacterien die Kohlen-
kjdimte sich versetzen und Milch- und Fettsäuren erzeugen^ welche
feradexo die Fauhiiss der Eiweisskörper verhindern. Im üebrigen
wurdeo etwa *^l^ das als Nahrung eingeführten Eiweisses verdaut, das
leiste Siebentel wird also sonst wohl noch vom Dickdarm resorbirt.
ich vertreten Verff. die Anschauung^ dass die im Darm be*
54
ürützner.
findlicben Bacterien keineswegs zur Verdauung nöthig seien, sondern
die für den Körper verwerthbareo Stoffe in werthlose, zum TJieil
scbädlicbe und für den Dann lästige Producte nmwandeln.
Schuf (Arcli. de pbysiol Bd. 4, S. 703) macht an Hunden mit
tief sitzender Magen fiatel, deren Pankreas durch ausgiebige Paraflin-
injection in den Auelührungsgang verödet war, interessante V^r-
dauungsversucbe, indem er die in Säcke von thierisclier Membran
eingeschlossene Nahrung in den Dünndarm der openrten Thiere ein-
schiebt und nach einiger Zeit auf den Orad ihrer Verdauung unter-
sucht. Trotzdem der die Nahrung eiuschliessende Sack nicht ver-
daut wird, falls er nicht in den Magen kommt, verschwinden au£
ihm doch Eiweias, Fett und Küblehydrate ^ die^ wie Schiff meint
durcb den in den Sack auf osmotischem Wege eintretenden Darm
saft in ähnlicher Weise aufgelöst werden, wie vom Pankreasönft
Interessante Mittbeilungeo über das Glykogen in den Qewebei
macht Fränkel (Pfliiger^ä Archiv Bd. 52, S. 125). Er empfiehl
für die einfache und bö*[ueme Darstellung desselbeu eine 2— 4% ige
wässerige Trioblor essigsaure (250 ccm auf 100 g Substanz) und findet
dass wenn glykogenbaltige Leber frisch oder nach vorheriger Ei
härtung in Alkohol mit Wasser oder physiologisch er Kochsalzlösun
extrahirt wird, sie fast kein Glykogen abgibt ^ dieses aber sofoi
thul, wenn man verschiedene Eiweiss fällende Mittel wie Kochei
Sublimat, Küliumtiuecksilber Jodid u. a. f, anwendet, Wahrscheinlic
ist alöo das Glykogen in irgend einer Art ao das Eiweiss der Zelle
fixiit oder existirt ähnlich wie die Fermente in einer Vorstufe in de
Leberzellen und wird durch die genannten Stoffe erst in eigentlichi
Glykogen umgewandelt.
Durch neue Versuche von Wertbeimer (Arch, de physic
Bd. 4j S. 724) wird die zuerst von Schiff aufgestellte Behauptuu
dass die Leber im Blute kreisende Galleufarbötoffe unmittelbi
durch die Galle tuv Ausscheidung bringt, von Neuem erhärtet, inde
ein bestimmter io der Rindergalle spectroskopisch nacbweisbar
Gallen farbstoff (Cholobamatin) thatsäcblicb in die Hundegalle übe
geht, wenn man Rindergalle den Hunden einverleibt.
Ueber Magen- und Darmbewegung und deren Abhängigb
vom Nervensystem bemerken wir^ dass Jacobj (Archiv f. exp-
Pathol u. ». w. Hd. 29, S. 171) an hungernden, nicht narkotisirt
Kaninchen, die in körperwarmes physiologisches Wasser getauc
Physiologie,
55
i^erden, eioan völlig rahigen Darm vorüodet, der auch bei Vagus-
reizung in seiner Rtihe verbleibt, aber darcb diese Reizuug in Be-
wegung geräth| wenn vorher der SplanchnicuB durchschnitten iat.
Aehnlich wirkt auch (wohl auf nervösem Wege) die Entfernung der
NebenniereUi nur dass bei Durchs ebne iduug des Splanchnicus sich die
Därme röthen, bei Entfernung der Nebennieren dies aber nicht thun.
Auch Oser (Zeitschr. f. klin. Med. Bd, 20, S. 285) zeigt ^ wie bei
Bewegung des Pylorus Vagus und SplanchDicus in einem ge-
wissen antagoniötischen Verhäitnias stehen, indem in der Regel
Vagusreizung den Fylorus schliesst, Splanchnicusreizung ihn erweitert
oder eröffnet.
Wie früher (s. Jahrb. 1890) mitgetheilt, wird Morphium, welches
man dem Organismus subcutan einverleibt, durch die Magen-
schleimhaut ausgeschieden, und kann durch Erbrechen oder
Ausspülung des Mngens grossen theils aus dem Körper entfernt, eine
sonst eingetretene Vergiftung hiermit verhindert werden. Alt
(Münchener med* Wochenschr. 1892, Nr. 41), der diese interessant«
Thataache fand, erweitert sie nun dahin ^ dasa auch andere Gifte,
sog. Toxalbumine, namentlich das Gift unserer Kreuzotter
(sowie der Puflfotter) in gleicher Weise aus dem Körper geschafft
werden können. Lässt man eine Schlange, die längere Zeit nicht
gebissen^ in einen Schwamm beissen und injicirt diesen Geifer sub-
cutan einem Hunde, so treten je nach der Menge des injicirten
Giftes mehr oder wem*ger heftige Vergiftungserscheinungen, die im
Wesentlichen in Apathie und Lähmung der hinteren Extremitäten
bestehen, bessw. der Tod ein. Bringt man nun einem Thier mehr
als die tödtiiche Gabe bei, spült aber unmittelbar nach der Vergif-
tung eine Stunde lang seinen Magen aus, so sind die Vergiftungs-
. Symptome ausserordentlich geringfügig, das Thter ist nach kurzer
Zeit wieder ganz gesund. Dass thatsächlich von der Magen seh leim*
haut das Gift ausgeschieden wird^ davon überzeugte sich Alt, indem
er 68 aus dem Erbrochenen bezw. Ausgepumpten darstellen konnte.
Hieraus ergibt sich die wichtige Nutzanwendung^ dass man einem
von einer Schlange gebissenen Menschen sofort und ausgiebig den
Magen ausspülen muss, um womöglich das Gift aus seinem Körper
zu entfernen. Es scheint mir aber weiter noch des Versuches werth,
auch bei anderen Krankheiten, bei denen man eine Vergiftung mit
Toxalbuminen wie bei der Cholera, Diphtherie u. 8. w. annimmt, auf
diese jedenfalls unschädliche Weise die Gifte aus dem Körper zu
beseitigen .
56
Grötzner,
V, ReiiorptiOD,
Ueber die Schnelligkeit, mit welcber der menöc bliche Maßt-
d arm Sakfösungen resorhirt, stellt 0 1 s c h a o e t z k y (Deutgcheg
Archiv t klin. Med. Bd. 48, S, 619) Versuche an und ündet, dass
nach Injection von einer etwa ^'^^'o^S^^ Jodkalilösung die erstei]
Jodreactionen im Speichel durchschnittlich nach 7,5 , im Harn nacb
12 Minuten erschienen* Verwendete man nahezu körperwarme Lösungen,
80 gingen diese Zeiten herab bezüglich auf 5 und 9^5 Minuten. Auch
war das Jod innerhalb kürzerer Zeit ganz aus dem Körper entfernt
wenn die Lößungen warm injicirt wurden, nämlich nach 44, 24, 20 unü
10 Stunden bei Anwendung von Lösungen, welche bezüglich erwarml
waren auf 25, 36, 40^ 45 ö. Je wärmer alao die Lösung, um s<
Kchneller wird sie resorbirt und eliminirt. Lösungen von gewöhn,
lieh er Stnbentemperatur brauchten etwa 47 Stunden, um vollstfindif
den Körper zu verlassen. Im Wesentlichen gleich verhielten sicI
Lösungen von Bromkali nnd Lithium carbonicum, so daas also di(
genannten S alz löaut igen von der Mastdarmscb leim haut mindesten!
ebenso rasch resorbirt werden, wie vom Magen auh%
Die interessanten Unter öuchungon Bunge^s (a. Jahrb. 1892
über die Hesorption des Eisen*», nach denen nur das in orga
nischer Form dem Körper zngefiihrte Eisen für ihn eine ßedeutuni
habe und resorbirbar sei, werden von demselben Forscher (Zeitschr
f. physiol. Chemie Bd. 16, S. 173) auch auf die Aufnahme des Eisen
in den Organismus des Säuglings aus^gedebnt. Bunge hatt
froher die wichtige Thatsache festgestellt, dass die Aschen bestand
theile irgend einer Milch ganz dieselben sind, wie die Aschen
beetandtheile dea Süuglings, der von ihr lebt. Diese eratBunlic!
zweckmässige Einrichtung, welche zur Folge hat, dasa eben gena
dasjenige gegeben wird j was nothwendig ist, nicht mehr und nich
weniger^ erleidet eine scheinbare Ausnahme, wenn man den Eisen
gehalt des Säuglings und der Milch mit einander vergleicht. De
Sauglingökörper ist niimlich, so lange er von der Milch lebt, verhältöiBH
massig reich an Eisen, die Milch dagegen daran arm. Junge Kaninche
nehmen daher fortwährend an Eisen ab^ so lange sie saugen, un^
enthalten erst wieder mehr davon, wenn sie eisenhaltiges Grünfutte
verzehren. Der Organismus dieser Thiere hat also einen aUMreicher
den Vorrath von Eisen von seiner Geburt an mitbekommen^ vo
dem er die erste Zeit zehrt. Meerschweinchen, die neben der Muttei
milch schon vom ersten Tage der Geburt Grünfutter zu sich nebmei
Physiologie.
57
wd^en jene YerhältDisse nicht. Ibr Eisengehalt ist Lei der Geburt
ein Terhähuissnülssig sehr geringer.
Greenwood (Journal of phyaiol. Bd. 13, S. B29) spricht die
amtbinig aus^ dass die CilieTi, welche die Darmepithelzellen
dea Regenwurms bekleiden, activ sich bewegen und selbst feste
Pmrtiktsloben der Nahrung in ihren Leib ayfnehmenj wie Äehnliches
mach an dem Härchen bes atz der Darmepithelzellen höherer Tbiere
koptet worden ist.
VI. StolFWeefasel and tliierisebe Wärme.
Pflttger (sein Archiv Bd. 52, S. 1 u. S» 239) setzt die irüberen
(Jtlirb. 1892) gegen die Voi tische Schule gerichteten Versuche
■weiter fort. Da die ganze Frage sich uoch im Fluss befindet, und
▼CO gagneriscber Seite noch keine Antwort erfolgt ist, so ist es
eehwer, hier irgend eine Uebersicht aus der grossen Fülle von Einzel-
ilen zu geben, auf denen ja naturgemäss die theoretischen Scbluss-
^fUgemogeo aufgebaut werden müssen. Wir beben daher hier nur
kurz Folgendes hervor. Zunächst den wohl von keiner Seite ange-
fochtenen Satz: Als oberste Bediugung aller Mast, d. h. einer Ab-
bgenmg von Fett oder Eiweiss, ist festzuhalten, dase dem thierischen
Körper mehr Nahrung zugeführt wird, als er zu zersetzen vermag
end tum Lebensunterhalt durchaus nothweudig braucht Magen und
> Darm sind befähigt, oft doppelt eo viel und mehr zu verdauen und dem
Binte zuzuführen, als dem Bedürfniss gemäss wäre. Der Nahruugs-
AberscbuBs wird aufgespart und bildet die Mast. Pflüge r theilt
iDe Nalirang in zwei Arten ein, 1) in die Nahrung erster Ordnung^
Drnmbrung, zu welcher die Eiweissstoffe gehören^ 2) in die
Nahrung zweiter Ordnung, Ersatznahrung, zu welcher Fett,
Kohlehydrate und andere im Körper verbrennende Stoffe zählen.
£a ist für ihn sicher, dass ein höheres Thier, wenn nicht im strengsten
Sinne, so doch nahezu ausschliesslich mit Eiweissnabrung erbalten
werden ki^no, während, was ja allgemeiu bekannt, die auaschliessliche
Znfblur von Nahrungsstoffen zweiter Ordnung niemals das Leben zu
«iiallen vt^rmag. Ein nur mit Fett und Kohlehydraten gefütterter
Hund setzt von sisinem eigenen Fleische zu. Dagegen hatPflüger's
grosser Hund durch etwa acht Monate fast nur von Ei weiss gelebt
Qsd blieb dauernd zu jeder Leistung befähigt, was in ähnlicher
Wti*e ja auch schon früher bekannt war, nur dass Pflüger
di0 Beweiskraft dieser früheren Behauptung bestreitet, weil das
deo Fletsch vorhaF;dene Fett und Kohlehydrat nicht ausreichend
58
Gnltzner*
iu ßeröcbuung gezogen worden sei. Die kleinste Menge magerstei
Flöiachea, welche StiekstofFgleicbgewicht erzeugt^ ohne dasa neben
bei Fett oder Kohlehydrat zur Zereetzung gelangt, nennt Pflügei
das »^Nabrungsbed ürf nisb^ und findet es, wenn sich de:
Huöd in mittlerer Temperatur ruKig verhält, für 1 kg Fleisch
gewicht des Thieres zu 2,07B g Stickstoff' des gefütterteo Fleisches
Das Nabrungabedürfniss wacbät mit dem Fieiscb-, nicht mit deu
Fettgebalt des Thieres^ so dass ein durch Fett scbweres Tbie
scbeinbar ein germgerea Nabrungabedürfniss hat» Eine FJeiscbmas
ist hierbei nur möglich, wenn die Eiweisszufuhr das Bedürfnis
überscbreitot. Das überücliü&sige Eiweies wird aber nicht wie über
echüssige stickstofffreie Nahrang aufgespeichert, sondern zum gröastei
Tbeil zersetzt. Bei gemischtem Mastfutter kann Fleischmast mi
erzielt werden, wenn die Zufuhr des Eiweisses die uneotbehi
liebe Menge übertrifft* In diesem Falle wird aber im Mittel ou
7 — 9 0j'^, im höchsten Falle etwa 16 Oi,^ des gefütterten Eiweiase
durch die im Ueberscbusd gereichten stickstofffreien Nährstoffe g(
spart. Wili man dagegen (hei einem Hunde) durch gemischte Nal
rung eine Fettmaat erzielen unter der Bedingung, dass das gereicht
Ei weiss nicht allein schon zur Befriedigung des Bedürfnisses zu vU
ist, 80 kann man die stickstofffreie Nahrung beliebig steigern, obn
dadurch eine Steigerung des Stoffwechsels hervorzubringen. Je gross«
diese Steigerung der Zufuhr an stickstofffreier Nahrung gemacl
werden kann^ ohne Gefährdung der Gesundheit des Thieres, um e
vortheiihafter ist die Mästung; denn die ganze iiberscbüssige Mass
wird ohne Abzug in Fett umgewandelt und als Fett abgelagert» Ab
möglichst wenig Eiweiss und möglichst viel Stärke dürfte die vo
theilhafteste Kost sein, wenn es sich um Erzeugung von möglich
viel Fett handelt. Hierbei kann es sich ereignen, dass, wenn mf
verbal tnissm&ssig wenig Eiweiss reicht, und für dieses febient
EiweiöS stickstofffreie Stoffe, wie oben erwähnt, zersetzt und d
überschüssigen als Fett angesetzt werden, dann bei Erhöhung d'
Fleischration ein Fettansatz ei folgt. Dies kommt daher, weil dies
mehr zugefüj^te Eiweiss sofort einen Tbeil des Nabrungsbedürfniss
befriedigt, welches bis dahio durch stickstofffreie Stoffe befriedi
wurde. Diese werden deshalb entbehrlich und lagern sich als F(
ab, aber nicht deshalb, weil sich — wie man eben früher glaubte
aus Eiweiss Fett gebildet hat, sondern weil es fettbildende Stoi
ersparte.
Eine zweite umtkngFeicbe Arbeit Pflüger's handelt über d
Bedeutung der Kohlehydrate bei der Ernährung. Da
Physiologie,
5i>
\ dieten Stoffen sich Fett bildet, ist wobl jetzt aügemeio,
luiiiLöQtlich auch voo der Voit'flchea Schale anerkannt. Pflüger
üt zum Theil zn denaelbeo Ergebnissen, bemangelt aber die
eweisführung der Voi tischen Schute aU nicht ausreichend und
gelang schliesslich zu folgenden, den älteren Anschauungen theil-
wet»6 widersprechenden Angich ten. Mastfett bildet gich bei ge-
iBtsebter Kobt nur, wenn ein Nabrungafiberschuss von Sohlehydraten
tvrhaiiden ist, dagegen nicht, wenn bei noch so grossem Ueberscboss
TO» Eiweissnahrung nicht gleichzeitig Kohlehydrate gereicht werden.
Die Menge des neugebildeten Fettes hängt in keiner Weiße davon
wie viel Ei weiss sich zersetzt, sondern wie gross der aus Kohle-
bydraten bestehende Nahrungsüberschuss ist. Selbst dann ündet
loeb Fiüttmast aus Kohlehydraten statt, wenn gar kein Eiweiss ge-
litort wird, utid der Stoffwechsel deshalb auf Kosten eines Theiles
Körpereiweisses mit unterhalten wird.
Lehrreiche Untersuchungen über den Einfluss des Lichtes
«of den Stoffwechsel uDterninimt neuerdings Graffenberger
(Mftgei'a Archiv Bd, 53, S. 238) an Kaninchen und findet ent-
r^w^cb&od den Angaben von M o 1 e s c h o 1 1 u. A. eine Erhöhung
dtm n«piratorischen Stoffwechsels unter dem Einflüsse des Lichtes^
» die aber nicht mit einer Erhöhung des Gesammtstoffwechsels, nament-
^fidi alao auch nicht mit einem grösseren Stickstoffumsatz verbunden
ist, Wohl aber zeigt sich bei einer -nicht zu lauge andauernden
' müeigeo Dunkelheit eine Vermehrung des Körpergewichtes, indem
ibtt dem herabgesetzten (Jmsatz der kohlenetoffhaltigeo Stofife sich
preidüieh Fett im Körper ablagert. Allzulange Dunkelheit schädigt
i Oesundheitszustand der Tbiere und lässt wohl deshalb den Fett-
au wieder etwas zurückgehen. Weiter ändert sieb die Beschaffen-
des Blutes, indem zunächst eine Verminderung des Hämoglobins
'md später eine scheinbare (nur relative) Vermehrung desselben ein-
triU^ weil höchst wahrscheinlich die gesammte Blutmenge abnimmt.
I Hiermit ist die dem Thierzüchter bekannte Erscheinung experimentell
rl»tet&tigt| dass Mästung von Thieren sich viel besser in dunklen,
ali in beUen Ställen ausfuhren läset.
Der infolge totaler Pankreasexstirpation eintretende Diabetes,
an dem die operirten Thiere (Hunde) unter starker Abmagerung zu
Ornnde gehen ^ wird von Minkowski (Berl. klin. Wochenschr.
ri89^, Nr. 5) weiter verfolgt. Er fand, dass die Operation den gleichen
folg hatte bei einer Katze und einem iSchwein ; bei Vögeln und
beo blieb häufig der Eifolg aus, während AI dehoff (Zt^itschr.
bo
ÜTÜtEner.
f* Biolog, Bd. 28, S. 293) ihn außh bei Fröschen and Schil<3krötei
regelmässig, wenn auch mitunter etwas spät, eintreten 8ah. Trans
plantirte Minkowski Pankreasstucke ausserhalb der Bauchhöhle
HO hatte die Entfernung der i ü der Bauchhöhle befindlichen Pankreas
antheile keinen Diabetes zur Folge, wohl aber stellte sich ein Diabetet
schwerster Form ein, wenn er die unter der Haut eingebeilten Stückr
nachträglich entfernte. Dies weist also, wie namentlich von öcbif
und von französischen Forschern betont worden ist, darauf hin, dasi
öine derartige Einpflanzung von Drüsenstücken, wenn sie nur ebei
einheilen und nicht nekrotisiren , den verderblichen Folgen der Ex
atirpation der Drüse ent liegen wirkt. Auch versteht man, wie Injectioi
von Drüseesaft wenigätena für einige Zeit ähnlich wirken kann
wovon ich bei Injection von Scbilddrösensaft einen Fall gesehen zt
haben glaube. Die Analogie dieser beiden Drüsen für den Stoö
Wechsel — davon natürlich abgesehen, dass das Pankreas auch nocl
ein ungemein mchtiges Verdauungssecrefc liefert — ist in der Tha
eine ausserordentlich gross e. Ja es wird vieUeicht jede Drüe
— von Leber und Pankreas wissen wir davon schon mancherlei -
ausser ihrem Beeret, das sie durch den Ausführangsgang entfern^
auch noch Stoffe ans Blut abgeben oder aus ihm beseitigen, di
eben für den öeaammtötoffwechsel nothwendig oder schädlich sine
Jede eigentliche Drüse ist nebenher auch noch eine sog. „Blu^
getllssdrüse"*
üeber die Gljkogenbildung nach Aufnahme verschi<
dener Zackerarten theilt Voit (Zeitscbr. f. Biolog. Bd. 28, 8.24?
eine grosse Reihe eingehender Versuche mit. Wie allgemein ai
genommen^ wird Glykogen in der Leber abgelagert 1) beim Eiweisi
aerfall, indem ein stickstofffreier Rest sich zu Glykogen aufban
2) direct gebildet aus Kohlehydraten, z. ß, aus Traubenzucki
(C^HfiO^), der durch Verlust von einem Molecül Wasser in Glykoge
(C^H^jO^) übergeht, wie die Stärke in den Pflanzenzellen aus den
selben oder ähnlichem Zucker. Die Kohlehydrate vermehren ah
den Gljkogengehalt der Leber einmal, indem sie selbst zu Glykogc
werden, das andere Mal, indem ^ie als sehr leicht verbrenn lieh äi
aus Eiweiss entstandene Glykogen vor Zersetzung .schützen, ünte
sucht man nun die verschiedenen Zuckerarten darauf hin, ob s
mehr nach der einen oder nach der anderen Richtung wirken, inde
man sie hungernden Thieren am besten durch den Mund einverleil
so zeigt sich, dass zunächst Traubenzucker unmittelbar sieh
Glykogen umsetzt; denn das in der betreffenden Zeit zersetzte I
weiss deckt z. B, noch lange nicht die Hälfte des gebildeten Gl
Physiologie.
61
kogeuö* Aehnlich verhält sich der Rohrzucker, die Laevulose
und dieMaltoBe^ iadem sie theils ab solche^ theiU oach vorheriger
Umwandlung io Traubenzacker zu Glykogen aufgebaut werden,
ÖalaktoBB und Milchzucker oehmen dagegen eine AuiiDatime-
atellung ein, indem nach ihrer Einführung nur ao wenig Glykogen
in der Leber angehäuft wird, dass es reichlich durch den gleioh-
Äeitigen Ei weiss zerfall gedeckt sein kann.
Beachtenswerth ist das Verhalten einiger Zuckerarten ^ die den
Namen Pentoaen führen ^ wie Xylose und Arabinose, welche nach
UntereuchuDgen von Ebstein (Centralbl. f, d, med. Wissensch. und
Virchow's Archiv Bd, 129, 1892, S. 401) von gesunden Leuten im
Harn ausgeschieden werden , welcher dann die bekannten Zucker-
reactionen gibt.
Interessant ist eine Angabe von Gr6haut und Joljet (Oompt.
rend* da la soc. de biol* 1891 , 8. 687), nach welcher das elektrische
Organ der Zitterrochen bei seiner Thätigkeit Harnstoff pro-
dacirt, sich also, falls man den Vergleich eben aufrecht erhalten
kann, ganz anders wie der tbätige Muskel verhält, der dabei unter
normalen VerhäUnissen nur stickstofffreies Zersetzungsmaterial liefert.
Nach Versuchen von Miura (Zaitschr. f. klin.Med. Bd. 20, S. 137)
soll Alkohol entgegen irüheren Angaben (s. Jahrb. 1892) in keiner
Weise, äbnUoh wie die Kohlehydrate dies thun, Eiweiss ersparend
wirken; nur hei sehr fettreichen Personen, die luhig im Bette liegen,
oder überhaupt bei reichlichem Fettan^satz kann, wenn zu gleicher
Zeit viel Eiweiss gereicht wird, eine derartige Wirkung vorgetäuscht
werden.
Der allbeliebte Kaffee wird durch Stoffwechsel versuche von
Heer lein (Pflüger^s Archiv Bd. 52, S. 165) als das hingestellt, was
er in Wirklichkeit ist, indem er aus der Keihe der directen wie der
indireoten NahruDgsmittel gestrichen, und seine Wirkung einzig und
alleio auf die Eiregung des Nervensystems beschränkt wird.
Eine mittheilenswerthe neue Beobachtungsmethode ist die sog.
Thermopalpation, welche kürzlich von Benczür und J6ni8
(Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd, 48, 8, B78) eingeführt wurde.
Sie besteht darin, den Kdrper des Betreffenden abzutasten und die
in der Haut herrschenden Temperaturen festsustellen, sei es einfach
mit dem Finger, sei es mit feineren Apparaten. Die Forscher geben
an, dass im Allgemeinen diejenigen Körper gegenden, welche bei der
B2
Grittzner»
Perctissioo vollen Schall geben, aldo diejenigeo, welcbe lufthaltige
Gewebe anter aich habeD, sich wärmer anfühlen , als die mit ge-
dämpftem Schau, die also weniger lufthaltige oder lufrleere Organe
unter sich haben* Genaue thermoinetrische Messungen bestätigten
diese subjectiven Angaben, die am deutlichsten beobachtet werden
könneD, wenn die Haut nach Ablegung der Kleider sich abküblt.
Die Temperatur der Haut ist also hiernach nicht allein und nicht
wesentlich von ihrer eigenen BlaJfüUe abhängig, sondern mehr von
der Blutfülle der unter ihr liegenden Organe, wobei namentlich äiB
Blutgeachwindigkelt, d. h. die in der Zeiteinheit das Organ und ins-
besondere die der Haut anliegenden Schichten durchsetzende Blnt-
menge von Bedeutung ist. Hiemach müsste die Lunge mit ihrer
ausserordentlich grossen Blutgeschwindigkeit und der grossen Fläche
ihrer Capi Haren die über ihr liegende Haut am meisten heizen, die
Leber dagegen mit ihrem zwar ebenfalls reichen Gapillarnetz, in
welchem das Blut aber viel langsamer strömt, viel weniger« That-
sächlich ist dies der Fall G-egen diese theoretischen Deductionen
ist wohl nichts ©inzuwenden; es fragt sich nur, ob sie sich
practiöch immer bewähren und verwenden lassen, was Hellner
(ebenda S. 597) bezweifelt.
ViL flarii an«! Harnbild ting. Schweig»,
Dass auch unter normalen Yerhältnissen, d. h. bei gesunden
Leuten der Harn vorübergehend Ei weiss enthalten köone, wird
vielfach angenommen und neuerdings wieder von Finot und Capitan
(Comptt rend, de la soc. de biol, 1892, S, 133 und 144) an einer
grossen Menge junger gesunder Leute nachgewiesen. Am häufigsten
fand sich Eiweiss im Harn nach angestrengten Muskelübtingen (wie
Reiten und Fechteu) und regelmässig, was mir jedenfalls beachtens'
werth erschtiint, nach kalten Bädern,
Wenn man desttlHrtes Wasser und Kochsalsldsungen gefrieren
l&sst, 80 wird man finden, dass die Salzlösungen um so später ge
frieren, d. h. also um so stärkere Kältegrade zu ihrer Erstarrung
bedürfen, je concentrirter sie sind, und zwar zeigt sich, dass mi
jedem Molecül Kochsalz mehr, welches man in der Gewichts- ode:
Yolumeneinheit WasBer auflöst, der Gefrierpunkt der Lösung un
ein Bestimmtes herabgesetzt wird. Diese Erniedrigung des Gefrier
punktes einer Salzlösung hat man andererseits geradezu zur Be
Stimmung der Menge der in ihr gelösten Molecüle, also zur Best im
mang des Moleculargewichtes des gelösten Körpers angewendel
Physiologie
G3
Diejenigen Lösungen nun, welche gleichen GefritTpunkt haben
(nebenbei bemerkt enthalten öie auch die gleiche Zahl von Molecülen),
behalten ihren Wasaergehaltp mögen Bie sonst zusammengesetzt sein,
wie sie wollen ; die Wanderung des Wassers erfolgt aber um so
energischer, je grösser die Differenz ihrer Gefrierpunkte ist. Bestimmt
man daher z. B. den Gefrierpunkt des Blutes und denjenigen des
Harneö, so würden also gar keine DiffuBlongprooesse zwischen diesen
beiden Flüssigkeiten vor sich gehen können^ wenn sie den gleichen
Gefrierpunkt besässen. Das haben sie nun aber nicht, sondern, wie
Dreser (Arch. f. exp. Path, u. s. w, Bd. 29, S. 303) zeigt, gefriert
der concentrirte menschliche Morgeuharn bei — 2,3^ C, das menschliclie
Blut bei — 0j56c G, Damit nun diese beiden Flüssigkeiten, nur durch
ausserordentlich «arte Wiinde von einander getrennt, als solche sich
bilden^ bezw; bestehen können, muss die Nierenzelle gegen die öon&jt
unweigerlich eintretende Diffusion arbeiten, und zwar um so mehr,
je verschiedener in ihrem Salzgehalt oder in ihrem Gefrierpunkt dio
genannten beiden FlCissigkeiten sind. DreBer berechnet nun diese
nicht unbeträchtliche Arbeit auf Grund der Grösse des osmotischen
Drucke», wie er eben in derartigen Fällen direct gefunden wurde.
Andererseits kann aber auch der Harn diluirter als das Blut sein,
indem er, wie nach reichlichem Wasser- oder Biergenuss (beim
Menschen) oder Injection starker Kochsalzlösung ins Blut (beiTbteren),
schon bei -^,16öC. gefriert, während das Blut, wie oben erwähnt,
erst bei — 0,56*^ C. erstarrt. Hier müssen die Nieren wiedt^rum Arbeit
geleistet haben, wenn auch in entgegengesetztem Sinne wie vorher.
Diese Arbeit wird ebenfalls ausgewerthet und ist auch recht be-
trächtlich,
üeber die Thätigkeit der überlebenden Nieren, durch
deren GefÖsse vermittels eines sinnreichen, von Jacobj conetruirten
Apparates Blut getrieben wird, arbeitete der Genannte mit v, Sobie-
canski (Archiv f, exp. Pathol. u* a. w. Bd, 29, S. 25J. Sie linden,
dass, wie früher Andere, namentlich I. Munk festgestellt hatten,
derartige aus dem Körper entfernte und durchblutete Nieren noch
gecerniren. Die abgesonderte Flüssigkeit war sauer, hin und wieder
ganz eiweissfrei und hatte achtmal mehr Harnstoff als das Blot. Ja
wenn man dem Blute Indigo oder andere Stoffe zusetzte, so wurden
diese in ganz ähnlicher Weise von der Niere eliminirt, wie es nach
den Untersuchungen Heidenhain^s die normalt^ Niere thut> Das
mikroskopische Bild einer derartig überlebenden Niere zeigte die
Farbstoffe in ganz ähnlicher Art in den Drüsenepith eilen angehäuft,
wie ea eben die normale im Körper behndliohe darbietet. Allerdings
B4
GrüUner,
— wie leicht begreif lieb — befanden sich Deben diesen offenbar
lebenden Drüsenabschnitten auch Bolcbe, die abgestorben waren.
Dass durch die Nieren ausserordentlich viel niebr Blut strömt,
ais durch andere nahezu ebenso grosse Organe unseres Körpers,
geht schon aus dem einen Umstand hervor, dasa sie mit ihren weiten
zuführenden und abfuhren den Blutgefässen so nahe dem Herzen, also
an den Anfaog des arteriellen und an das Ende de-; venösen Systems
gesetzt sind. Die Blatmenge and der Druck unterschied, das Gefäll
des Blutstroms muas also ausserordentlich bedeutend sein^ wie es diese
wichtigen excretörischen Apparate benöthigen, Landergren und
Tigerstedt (Skandin* Archiv für Fhys, Bd, 4, S. 241) suchen sich
nim durch unmittelbare Versuche, indem sie die Menge des in der
Zeiteinheit durch eine Niere strömenden Blutes vermittels einer von
Tigerstedt conetrairten Stromuhr messen, von der örösse dieser
Blutuienge zu überzeugen und tindeUj dass durch die Niere de«
hungernden Thieres, namentlich aber durch diejenige des mit harn»
treibenden Steifen vergifteten Thieres ungehenre Mengen Blutes (im
Vergleich zu anderen Organen etwa zehnmal so viel) in der Zeiteinheit
htndurchgetrieben werden, indem die Gefilase der Niere sich dann
bedeutend erweitern. Mit dieser reichlichen Durchblutung steht auch
die überaus grosse Empfindlichkeit der Niere für Störungen der Blut-
zufuhr im Zusammenhang, Es gibt kaum einen Theil des KörperSf
auch das centrale Nervensystem nicht auigenommen^ der in dieaei
Hinsicht mit der Niere zu vergleichen wäre. Wenn man beiapiels
weise durch Abkiemmung der Vorhöfe den ganzen Kreislauf 3 — t
Minuten lang vollständig sistirt, so erhebt sich der Blutdruck nacl
Lösung der Klemmen (s. oben 8, 39) oft wieder sehr schnell auf sein*
ursprüngliche Höhe. Trotz der Anämie des centralen Nervensystemi
hat sich also wenigstens das vasomotorische Centrum sehr sehne!
wieder erholt. Bindet man aber eine Nierenarterie nur eine haJbi
Minute lang zu, so stockt die Thätigkeit der Niere etwa ^(j Stundei
lang, wie derartiges von keinem anderen Organ bekannt ist.
lieber die Reaction des menschlichen Schweisses, ein
wie man glauben sollte, ungemein einfache und leicht zu entscheidend
ThatsachOf berichtet ausfiihrlich Heues (Monatshefte für prac
Dermatül. Bd. 14) und findet zunächst, dass auch die nicht schwitzend
normale menschliche Haut eine bestimmte, und zwar eine saure Rf
action hat. Die gesammte Hornhaut zeigt diese Reaction bis in di
Tiefe, desgleichen Nägel und Haare, die Cutis aber reagirt alkaliscl
Der Seh weiss, von dem Luchsinger behauptete, er reagire vo
Physiologie,
65
Haus aus alkalisch txnd nehme nur durch Zersetzung vou Fetten
aus den TalgdrüseQ eine saure Beaction an, wird von Heues in der
Buhe, d. h. bei sehr langsamer Secretien stets sauer gefunden; bei
gesteigerter Secretion jedoch nimmt ^ wie auch Lucbsinger anga-
geben, die Acidität immer mehr ab und kann nach Pilocarpingenuas
sogar in Alkalität umschlagen. Ausäerdem ist die Reacbion des
Schweisses bei Gesunden und bei Kranken ungemein weebflelnd,
weil er eich eben wahrscheinlicb aas einem schwach slkaligchen
Drüsensecret und aus einem sauren ^Oberhaataecrat^ zusammensetzt.
Vin. Bkskeln nid Nerven.
Wenn man frische MuskelfaBern auf ein Häutchen Ton balb^
flüssigem CoUodium aufdrückt und dieses sofort mikroskopisch be-
trachtet, 80 erhält man einen überraschend getreuen Abdruck der
Muskelfasern, so dasa man glaubt, die Muskelfaser selbst unter dem
Mikroskop vor sich zu haben. Wie hat man sich diese merkwürdig©
von Haykraft (Zeitschr. iür Biol Bd. 10, 1891, S. 105) entdeckte
Thatsache zu erklären? Nun, Haykraft ist ebsn der Meinung,
dass eine Muskel fibrille einer Perlachnur zu vergleichen sei, auf
welcher grössere und kleinere, rundliche und längliche Perlen hinter
einander aufgereiht sind; denn nur so könne man sich erklären,
dasa sie in dem weichen CoUodium sich in so vollkommener Weise
abdrücke. Oppenheim er, der bei Ewald in Strassburg (Pflüger's
Archiv ßd. 52, S. 186) die Sache nachprüft, kann sie vollständig
bestätigen, macht sich aber den Einwurf, dass ein ähnlicher Abdruck
wohl auch dann zu Stande kommen könnte, wenn die Fibrille ein
überall gleich dicker Cylinder wäre, der aber verschiedene Con-
sistenzgrade darböte, wie etwa ein dünnwandiger Qummischlauch,
der wechselweise mit kleinen Eisen- und Kautsch ukcy lindern an-
gefüllt wäre. In sinnreicher Weise überzieht nun Ewald die
MuskeLfasem mit einem undurchsichtigen, dünnen Silberbelag und
kommt so ebenfalls zu der Ansicht, dass die Muskel fibrille eine
varicdse Gestalt besitzt
Diese Gestalt oder sagen wir unverfänglicher diese eharakte^
ristiacben Längs- und Queratreifen erwirbt nun die Muskelfaser nach
Eimer und Voöseler (Zeitschr. f, wissengeh, ZooL Bd. 53, SuppL
S» 67) durch ihre besondere Thätigkeit, Die Qaerstreifen können
z. B. verhältni&smässig scbneli verschwinden durch Unthätigkeit, wie
man das am besten an den Brustmuskeln unserer gewöhnlichen
JtbrbQOli d. praoi. Medicin. 1893. ^
66
liriitKner,
Fliege während de& Winters beobachten kann ^ die keine Queratrei-
fung zeigen.
Erf gibt wohl kaum etwas Yollkommeneres end Zweckmässigeres,
als die Mnskelmascbine. Ihre Theorie zu ergriinden hat. mancher
begabte Kopf in mühevoller Arbeit versucbt (von Neueren nenne
ich hier nur Müller, Ghauveau, Rieger, Schenck und Gad);
aber zu einem völlig befriedigenden Ergebniss ist wobl biß jetst noch
Niemand gekommen» Der Muskel producirt Arbeit und Wärmei und
schon das Verhaltniss dieser beiden Actionen zu einander ist ein un-
gemein verwickeltee und scbwifcrigee. Dient der Muskel mehr zum
Heizen oder mehr zum Arbeiten? Denn wenn er auch eiue vorzüg-
liche Arbeitsmaschine ist, so könnte er ja vielleicht auch eine
ebenso gute Heizmasebine sein. Heidon ha in fand^ dass bei gleich
grossen (maxincalen) Heizen die im Muskel gebildete Wärme mit dem
Grade der Spannung bezw. Belastung zunimmt, v. Kries und
Metzner (Centralbl. f. Physich 1892, Bd. 6, 8. 33) zeigen neuer-
dings, dass auch die Art des Reizes hei gleichen Leistungen des-
selben Muskels einen Einfluss auf die gebildete Wärmemenge bat,
indem langsam ansteigende elektrische Reize viel mehr Wärme pro-
duciren, als schnell ansteigende Inductionssebläge. Es macht mir
immer den Eindruck, als fasse man den Muskel zu sehr als physio-
logische Einheit auf, was er eben nicht ist» Die grössten Verschie-
denheiten in einem Muskel, der ja aus vielen Hunderten von FaHern
besteht, sind wesentlich quantitativer Natur und hängen ab von der
Zahl der gleichzeitig thiitigen Fasern. Je mehr man einen Muskel
spannt, um so mehr Fasern gerathee bei einem bestehenden Heiz
in Tbätigkeit, und so erklären sieb eine Menge von ETscheinungen,
wie ich glaube^ sehr einfach, unter anderen auch die obige voi]
Heidenbain.
Eine auf diesem Gebiete wichtige Thatsache berichtet neuerdings
Fick (Pflüger's Archiv ßd. 52, S. 541)» dem wir bekanntlich eben-
falls eine Reihe grundlegender Arbeiten hierüber verdanken. Wenr
man die Wärmemenge misst, welche ein Muskel bildet, indem ei
sich von seiner natürlichen Lange aus, ein Gewicht hebend, alsc
positive Arbeit leistend zusammenzieht , so ist dieselbe viel grösser
als wenn der tetanisch zusammengezogene Muskel durch aussen
Arbeit zu seiner natürlichen Ruhelänge gedehnt wird. Kurz aus
gedrückt, kann man sagen, bat im ersten Falle der Muskel Arbei
geleistet und ist im zweiten Fall an ihm Arbeit geleistet wordef]
Wenn wir einen Berg besteigen, geschieht das Erste; wenn wir voi
Physiolügie.
67
ibm berabgeLcu , ^t^ochieht das Zweite, und Jeder weiss, dass das
Btrgptni'gehea, wie tsciioii aus dem gesteigerten At^iembedürtoiss und
der erhöhten Hensarbeit hervorgeht , mit viel grösserem Stoffver-
liTMieh verbunden ist, als das Bergabgehen,
Früher bat man an Menschen vielfach Yerstiche über Mus kel-
Wirme gemacht, indem man Thermometer auf die Haut setzte und
deren Temperatur bestimmte, je nachdem die darunter befindlichen
MuskeLn ruhig oder thätig waren. Obwohl bei der Thätigkeit der
Moftkeln die Temperatur der über ihnen liegend tm Haut sich erhöht,
t0^ doch karalich Waller (Gentralblatt für PhyaioL 1892, Bd. 6,
3, 407), dass diese Temperaturerhöhung ledigUch der besser durch-
blotetoii Haut und nicht den darunter liegenden Muskeln zukommt;
dflBn bebt man durch eine Esmarch'sche Binde die Circulation auf^
m» bat selbst eine starke Muskelactton keine Temperatur Steigerung
der Haut zur Folge*
Neue Anschauungen machen sich aUmählich geltend über ge-
wisse Hemmungsvorgänge, die sich im Muskel, nach Anderen
ftoeb im Nerven abspielen. Fick hatte gelegentlich beobachtet, dass
em maximal durch den Willen contra hirter Muskel ein wenig in
•einer Spannung nachlässt, wenn mau ihn zn gleicher Zeit durch
Blorke Ströme faradisirt. Diese Erscheinung konnte man als eine
;< recte, reflec torische Hemmung auffassen , indem bekanntlich
äke Willensaction durch eine mehr oder weniger schmerz-
haAe Empfindung in ihrer Kraft vermindert wird. Man konnte sie
< li als eine directe Hemmung ansehen^ indem ein ad maximum
tter Muskel durch einen neuen Reiz entspannt wird, wie ja
uliidiche Vorgänge im Centralnervensystem bekannt sind. Waller
I Braan Bd. 15, S. 35) macht nun hierüber Studien und findet, dass
mAn eine directe, die Muskelsubstanz selbst treffende Hemmung
nickt anzunehmen habe. Die starken elektrischen Ströme reizen
aatoi den sensiblen Nerven auch die Antagonisten und machen so
mkUkemmen die Erschlaffung oder, besser gesagt ^ geringere Span-
mag der prtmür contrahirten Muskeln verständlich. Hierbei zeigte
äcb veiter, dass der Wille im Vergleich mit elektrischen Reizen
dar bei Weitem kräftigere Reiz war; denn ein durch elektrische
Stfönne maximal tetanisirter Muskel konnte durch den Willen noch
ia flt&rkerer Cantraction gebracht werden, niemals aber ein willkOr-
Üdl ma¥ifT>a4 oontrahirter Muskel noch in seiner Spannung durch
tUckrbcbe Beize erhöht werden.
Oeni oeoerdings hat nun Piotrowsky (Centralhl. f. Physich
68
örülstner.
1892, Bd. 6, S. 597 j die Ansicht ausgesprochen, datiä doch that-
sächlich solche directe »Muskelhemmuugen'^ zu Stande kommen,
und dass ein Muskel infolge eines Reizes sieb nicht zusammengeht^
sondern verlängert. Von glatten oder überhaupt sehr trägen Mus-
keln waren ja ähnliche Verhältnisse schon bekannt. Piotrowsky
aber zeigt, dass Krebsmuskeln durch schwache elektrische Reize
verlängert, durch stärkere verkürzt werden. Ströme von gewisaer
mittlerer Stärke haben beiderlei Wirkungen, erst lassen sie (natür-
lich eine ganz kurze Zeit) den Musktsl schlaff werden, dann bringen
sie ihn zur Contraction. Jeder Muskel hätte hiernach wie dai» Harz
einen Kemmungs- und einen Actionsnerv. Es ist nicht unmöglich^
dass die sog. verschiedene Erregbarkeit physiologisch verschiedeaer
Muskelgruppen wie der Beuger und Strecker zum Theil aut derartigen
Hemmungsvorrichtungen beruht. Nur verfügen wir noch nicht über
die passenden Reize,
Dass die Massage auf ermüdete Muskeln ausserordentlich vor-
theilhaft wirkt, so dass sie sehr bald wieder leistungsfähig werden,
und auch bei nicht ermüdeten Muskeln die Arbeitsfähigkeit erhöht,
zeigt Maggiora (Archiv. itaL de bioL Bd. 16, S. 225) durch ver-
gleichende Versuche mit Mosso^s Ergograph (s. Jahrb. 1892).
^^Die von Exner (s. Jahrb. 1892) aufgestellte Behauptung, dass
Kehl köpf muskeln infolge der Durchschneidung ihrer sensiblen
Nerven atropbiren, wird von ihm selbst zurückgezogeo, so dass also
H. Munk, der daa Entgegengesetzte behauptete, Recht behält. (Du
Bois-Reymond's Archiv 1892, 8. 162 u. Centralbl. f. Physiol. 1892,
Bd. 6, S. 289.)
Alle Nerv'en uaserea , Körpers werden, soweit wir wissen, im-
mer nur von ihren Endappa raten aus erregt, 'die entweder, wie he;
den oeutripetal leitenden, in den sensiblen Endigungen, oder, wie he
den oentrifugalen , in den Centralorganen gelegen sind. Wenn als«,
ein Nerv unseres Körpers in Action geräth, muss er stets eeinei
ganzen Länge nach von dem Reize durchsetzt werden, ihn also voi
Anfang bis zu Ende leiten. Neben dieser Leitungsfähigkei
besitzt er aber noch eine, soweit wir eben ein Urtheil darüber haber
mehr nebensächliche Eigenschaft, Der Nerv kann nämlich auch i
seinem Verlauf einen Reiz aufnehmen und ihn ebenfalls an sei
physiologisches Endorgan leiten. Diese Aufnahmefähigkeit eine
Erregung, welche für den Experimentalphysiologen das ^ und i
jeder Nervenphysiologie ist, geht nun nicht immer mit der Leitungl
I
keit in ihrer Grösse parallel. Vielmehr kano, und das ist das
Häu^erey dte Aufnahme eines Reizes in der Gontiuuität nicht mehr
ftatt haben, während die viel wichtigere Leitung fortbesteht Derlei
Torliältnisse kann man DameDtlicL sehr gut stiidiren bei chemi-
scher Reizung von motorischen Nerven, wie ich dieselbe
kftnlich in ausgedehntem Maasse mit den verschiedensten Salz-
Itettn^en angestellt habe (Pflüger's Archiv Bd. 53, 8. 83). Ich ver-
wendete Lösungen von chemisch nahe verwandten Stoffen und prüfte
deren Wirkung auf die unmittelbare Erregung von Nervenstämmen
(wosu man sie ziemlich stark verwenden muss), sowie auf die Ver-
Änderung der Erregbarkeit, insoweit äich dieselbe eben in der Auf-
ttakme und Leitung eines Reizes zeigte. Vergleicht mau da z. B,
gleichprocentige Losungen von Chlor-, Brom- und Jodnatrium, so
sind die erateren stets wirksamer, als die letzterer^ und das gilt in
ihiiHcher Weise von anderen Körpern, die chemisch in so naher Ver-
wandiscbaft stehen, wie die drei Halogene Chlor ^ Brom und Jod.
Wenn man nun aber gleich viel Molecüle des einen Stoffes in ihrer
Wirkung vergleicht mit gleich viel Molecülen eines anderen, ver-
wandten, so zeigen sich andere Beziehungen ^ und zwar ergibt sich
im AUgemeinen, dass die Körper mit grösserem Moleculargewicht
durchweg stärker reizen, als diejenigen mit kleiutjfem Molecular*
gewicht. Ohne hier in Einzelheiten eingehen zu können, scheiut es
oiir doch von grundsätzlicher Wichtigkeit^ folgenden Funkt ganz
beaonders hervorzuheben. Wenn man nämlich die Giftigkeit oder
iberhaupt Wirksamkeit von zwei oder mehr verwandten Stoffen mit
«naader vergleichen will, so darf man nicht, wie das bisher der
Bequemlichkeit halber immer geschehen ist, die Gewichtseinheiten
dar Stoffe in ihren Wirkungen neben einander stellen; denn das
ttl ja nur etwas Zufälliges, Conventioneiles. Man könnte ja ebenso
gut die Maasseinheiten nehmen, wie man in einer Stadt die Kar-
U'ffeln nach dem Gewicht, in einer andern nach dem Maass ver^
kauft. DiLS, was von irgend einem 8toff wirkt ist seine ehemische
Ein bei t, ist das MoleciiJ. Stellt man also vergleichende Versuche
«it xwei oder mehr Stoffen an, so muss man in erster Linie darauf
•eken, dass man stets dieselbe Zahl von Molecülen in Wirksamkeit
treten l&sst; man muss also sog, äqutmoleculare Lösungen ver-
wenden.
DaaB der den Nerven passirende Willensreiz etwas Anderes
•eis DQuaS) als ein elektrischer, ihm von aussen applicirter^ ^eht aus
folgendem Umstände hervor. %Schickt man einen constanten Strom
dardi den Kerven, so ist, wie bekannt, die anelektrotonische Nerven-
70
Grützner.
strecke ud fähig, eineit derartigen Reiz zu leiten^ wohl aber kann der
Willensreiz Dach den Angaben von Waller (». o.) eine derartige
Stelle wie eine normale passireu.
Waller ist nicht geneigt, derartige hemmende Einrichtungen
in den Nerven und Muskeln höherer Thiere anzanelimen, wie wir
sie oben geschildert, wenn er ihre Anwesenheit auch bei niederen
(Krebsen, Fröschen) zugibt» Indessen scheint uns hier eine wichtige
von Kayser {Zeitschn f. Biolog; Bd. 10, S. 4IG) in Kübne'ä La*
b Oratorium gefundene Thatgache von aufklärendem Einäuss zu sein.
Kayser fand, dass ein durch Nerveoreizung erzeugter Tetanus ver-
ringert werden kann, wenn man den Nerven noch stärker, oiler sagen
wir beflser in anderer Art reizt. Wie bekannt, erzeugt Grlycerin, auf
einen motorischen Nerven gebracht , starke Zoaammenziehiingen
bezw. Tetanus der zugehörigen Muskele* Hat man nun einen der-
artigen Tetanus erzeugt durch Reizung von unteren, dem Muskel
nahe gelegeneu Nervenahscbnitten, so wird dieser Tetanus bedeutend
verringert, sobakl man den Nerven oben noch mit Inductionsströmen
reizt, die an und für sich ja auch einen Tetanus erzengen würden.
Auch ich habe vielfach bei meinen chemischen Reizversuchen ähn-
liche Erscheinungen gesehen, die uns alle darauf hinweisen, dass hier
noch mannigfache Rathsel zu lösen sind.
Die interessanten Mittheilungen Gaule^s (s. Jahrh, 1892) über
die trop bis eben Fasern im Nervus trigeminua, deren üurch-
schneidung nur dann eine, und zwar in kürzester Zdt auftretende
nutritive Störung dtjr Hornhaut zur Folge hat, wenn der Schnitt
zwischen Ganglion Gasseri nnd Cornea erfolgt istf diese also von
den Ganglienzellen jenes Organs getrennt ist, werden von Eckhard
(Centralbl, f, Physiol. 1892, Bd. G, S. 328) in Zweifel gezogen, vob
Gaule aber (ebenda S, 361) aufs Neue, und zwar wesentlich durch
mikroskopische Untersuchungen bekräftigt. Immer wenn die Cornea
nutritive Veränderungen zeigt, sind vorher die Ganglienzellen de*
Gasse r'schen Ganglions geschädigt bezw. von ihren peripheret:
Verbindungen getrennt worden, deren nutritives Centrum sie dar
stellen.
IX, Centralor^aue.
Die wichtigste und interessanteste Arbeit auf diesem Gebiete
die daher etwas eingehender zu behandeln ist, dürfte wohl diejenig
von Goltz (Pfiügers Arch. Bd. 51, S. 570) sein, welche den Tit€
trägt: Der Hund ohne Grosshirn. Dem genannten Forscher ge
*
Physiologie. 71
laD^ t«s, wad man bisher lUr unmöglich bielt^ eiDen^ ja sogar mehrere
erwachsene Hunde nach Wegnahme des ganzen Grosöhirns Jangere
^^t am Lehen zn erhalten« Das erste dieät;r Thiere lehte 51 Tage,
das zweite 92 Tage, und das dritte, an dem Laupt stich lieh die wich-
ti^eiL, jetzt miUutheilenden Beohachtungen gemacht werden konnten,
wurde bei voller Gesundheit etwa 18 Monate nach der Operation ge-
tddtet. Im Juni and November 1889 wurde ihm die linke Eemi-
apliiLre, und am 17, Juni 1890 die ganze rechte Hemisphäre entfernt,
£ode December 1891 wurde das Thier getödtet. Wie die Section
«rgab, hatte es die gesammte Mantelsubstanz des Grosshirns mit Aus-
nahme des basalen Endes des Schläfelappens (Uncus) eingebüsst
I>er basale Rest war atrophirt und braungelb erweicht. Ferner war
VOQ den Streifenkörpern und Sehhügeln nur noch ein Theil vorhan-
den * und auch dieser im Zustande braungelber Erweichung: Der
Erweiehungsprocess hatte ferner auch auf die linksseitigen Vierhilgel
übergegriffen.
Dieses grosshirnlose Thier konnte sich nun zunächst beweg« u;
eioen grossen Theil des Tages wanderte es ruhelos in seinem Käfig
auf und ab. Des Nachts schlief es ©ingerollt wie ein normaier Hund.
Bereitet man ihm Hindernisse beim Gehen, indem man ihn Qbar
kleine FaiUhüren treten lässt, so folgt der Fuss zwar eine Weile der
ainkenden Thür^ aber der Hund verliert dabei keinedwegs das Gfeich-
gewicht, sondern hebt ahibald die Pfote wieder aus der Versenkung
heraosi. Datei benimmt er sich aber keineswegs wie oiu normaler
Hund« der viel rascher und geschickter handelt und durch eine Wen-
dung des Kopfes und neugiei^e Betrachtung des im Tische durch die
Oeffouog der Fallthür plötzlich entstandenen Loches sein Erstaunen
knodgibt, Derarii^^e Aeusserungen des Verständnisses fehlen bei
dam ^osshim losen Hunde vollständig. Er setzte die Füsse nicht
auf die Rückfiäche, wie es die der sog. motorischen Centren be-
iBubteo Thiere su thun pflegen, obwohl er überhaupt gar keine
^Ceotren** mehr besass. Als sich das Thier einmal eine Hinterpfote
YarieUt hatte, hinkte ea mehrere Tage hindurch unter freiwilliger
daaeroder Hebtixig des wunden Beines auf den drei gesunden Beinen
Iwfltllli wie anter ähnlichen Umständen auch normale Hunde zu thun
pflegen.
Monatelang nach der Abtragung der zweiten Hemisphäre musste
lli< Thier künstlich gefüttert werden, wobei es sich leicht verschluckte.
AD mahl ich lernte es wieder freiwillig saufen und fressen. Nur
iSQSAte ihm die Nahrung in unmittelbare Berührung mit der Schnauze
Itabracbt w^^^rden. Häufig verschmähte es allerdings auch dann die
i
72
Grätzner
ihm gebotene Kabning. Mit der Zeit erlitten die Bewegungen des^
Tbieres Einboßse ; Bamentlicb wurde d er Hinterkorper immer scbwächer.
Wns DQn die Empfindnng des Hondes anlangt , so war zu-
näctißt fest^uetellfcn, dasa er hörte. Erzeugte man, wenn er fich lief,
mit besonderen Instrumenten (Eadfahrer pfeifen etc.) laute Töne, so er-
wachte das Tbier, zuckte mit den Ohren, als wenn es etwas Unan-
genehmes los werden wollte, schüttelte mit dem Kopf und stand end-
lich auf. Viel schneller gelangte man zu diesem Ziele , wenn man
den Hund durch irgend welche Tastreiae erweckte, Fas&t man ihn
irgendwo an seinem Körper etwas derb an, so wacht er nicht bloss
auf^ sondern antwortet sofort mit deutlichem Knurren. Macht man
dann gar den Versuch ^ das erwachte Thier aus dem Käfig Leraus-
suheben, so bekommt es einen förmlichen Wuthaufail, strampelt aufs
Heftigste mit allen Gliedmaassen , bellt äusserst laut nnd beisst um
sich, Aebnlich benimmt es sich, wenn man es, sobald es gans
munter ist, durch Zerren oder Drücken reizt. Jedenfalls also fühlt
das Thier, Nebenbei bemerkt, zeigte es diese selben sinnlosen Wuth-
anfälle regelmässig in gleicher Art, alle Tage, obwohl e^ nach dem
Herausheben aus dem Käfig gefüttert wurde. Ein normaler Hundj
der eben Erinnerungavermögeu besitzt, würde sich niemals andauernd
60 benehmen. Der grosshirnlose, der das nicht besitzt^ erlebt über-
haupt nichts mehr, denn erleben kann nur der, welcher Erinnerungen
besitzt; er ist wesentlich nur noch ein Kind des Augenblicks»
Ob das Thier sieht, ist schwer zu entscheiden. Schrader
und Steiner haben gezeigt, dass niedere Wirbelthiere (Vögel, Am-
phibien, Eische) nicht bloss ohne Grosshirn sehen, sondern die Ge-
sichtsein drücke auch zu zielbewusstem Handeln verwerthen können.
Zunächst war bei dem Hund leicht festzustellen, dass die Pupillen
beider Augen sich auf Licbtreiz lebhaft zusammenzogen, Ferner
konnte sicher beobachtet werden, dass der Hund die Augen schloss,
wenn man, während er im Finstern daeass, plötzlich des grelle Licht
einer Blendlaterne auf ihn richtete. Ob er mit Hülfe des Gesichts-
sinnes in den Weg gestellte Hindernisse vermieden hat, Hess sich
nicht feststollen. Erkannt hat er jedenfalls mit Hülfe dieses Sinnes
nichts. Mochte man drohende Geberden gegen ihn machen, ihm
Kaninchen oder Katzen vorhalten, immer zeigte er den stieren, blöd-
sinnigen Ausdruck seiner übrigens klaren, glänzenden Augen,
Der Geruchssinn hat ihm gefehltj denn andere Hunde oder
stark duftende Katzen in den Bereich seiner Nase gebracht, Hessen
ihn vollständig kalt. Scharfe Dünste (Tabakßqualm, Ammoniak
tt. 8. w.) belästigten ihn allerdings, wenigstens suchte er sich ihnen
Physiologie.
7a
sa entsiehen, so gut es ging, wobei es sich natürlich am einfache
Rfitumg «eufiibler Aeste (des 1 n^emtous) bandelte.
Oeschmack hatte das Thier. Wenigsteos verzehrte es mit
gWMPcr Gier — namentlich wenn es einige Zeit gehungert hatte —
tMi6 Nahrung und verschmähte dieselbe^ wenn man sie ihm mit
CSuiim wrsetstey oder wenn es sich satt gegessen hatte.
Höhere geistige Fähigkeiten mangelten, wie znm Tbeil
aAtm erwähßt, dem HuDde vollkommen. Ziemlich alles, was er sah»
köite oder fühlte, Hess ihn gleichgültig. Andere Hunde, drohende
Geberden erkannte er nicht. Das Bellen anderer Hnnde, Uebkosende
oder eehmeichelnde Worte üesaen ihn gämslich gleichgültig. Seine
Nmlirazig konnte er nicht selbständig suchen , weil er keinen Ge-
mdifftiin besass. Das Thier befand sich also im Zustande tiefsten
Blddstnns.
Wie hat man sich nun die Erscheinungen su deaten, die be-
obmektei werden, sobald man nur Terfa<nissmässig kleine Abschnitte
der vorderen Hirnrinde, jene sog, motorischen Centren in der
Kibe dee Solcns cruciatus entfernt hat? Bass dergleichen Exstir-
patioDen ganz charakteristische Folgen an der entgegengesetzten
Körper faälfte, namentlich an den Extremitäten nach sich ziehen, steht
nn bestreitbar fest. Es hat, kurz gesagt, die Sensibilität und die Mo-
tilität dieser Stellen gelitten, Goltz f aast diese Störungen als Hern-
BUtngser^cheinungen auf, d, h. dadurch bedingt, dass Nervencentren,
die aoeb vorhanden sind , zur Zeit infolge der Operation oder ihrer
Kacbwirkungen ihre Fancttonen eingestellt haben. Von anderer
Seite werden sie anders gedeutet. So hat kürzlich H, M u n k
(SÜTOiigsber. der Preuss. Akad,, physikal.-math. GL Bd. 3ß, 1892)
diese Partien des Vorderhirns, seine von ihm so genannten Eühl-
sphären^ des Genaueren untersucht Es sind das bekanntlich im
Wesentlichen jene oben eiwähnten Centren, deren elektrische Heizung
Bewegungen in den Muskeln der entgegengesetzten Korperhälfte aus-
Itet Wird eine solche Sphäre oder ein Centrum einer Extremität
fCiUständig zerstört, so treten die bekannten Bewegungsstörungen ein,
die spüer mehr oder weniger zurückgehen^ daneben aber auch Em-
pfiBdongastdrungen, äie sich dahin cfaarakterisiren lassen, dass zwar
die Oemeinreflexe, die zu keinen bestimmten Sinnesempfindungen
fUireii^ besteben bleiben, die Berükrangsreäexe dagegen und die mit
fluoi sonst Terbundenen örtlichen EmpEndungen aufgehoben sind«
Wenn also beispi eis weise einem Hunde die (links gelegene) Extremi-
tüesregion ganz entfernt worden ist, so wird er gegen jede leichte
eder starke Berührung seiner linken Extremitäten in normaler Weise
74
Oriitzn^r.
reagiren, indem er nacli der berührten Stelle hinäieht, den Fusa fort-
zieht oder deo Kopf, am zu beissen, schnell an sie heran bewegt.
Reizt man in gleicher Weise seine rechte Extremität , natürlich
auch ohoe dass er es sieht, bo sind leichte Heize (Borübrmig mit
einem Pinsel, einem Stab oder Pinger) zu allen Zeiten wirkungs-
los; reizt man starker durch einen kräftigen Druck n. s. w., 80
zieht der Hund, ohne hinzusehen, regelmäasig den Fuss fort oder
sucht, wenn der Reiz fortbesteht, zu entÜieheni macht allerhand
Strampelbewegungen, winselt, knurrt und beisst, Der Hund weiss,
wenn ich so sagen darf, nicht, wo ihn der Schuh drückt, er empfindel
überhaupt nnr^ dass er irgendwie gedrückt oder belästigt wird,
Freilich sind in der ersten Zeit nach der Operation auch die Ge-
meinreflexe und die Schmerzempfindlichkeit bedeutend berabgesetst
eie nehmen erst wieder aämählich an Gröase zu. Aehnliche Unter
schiede in den Emptindungen und Reaetionen nimmt, nebenbei be-
merkt, Munk auch für die hinteren, dem Gesichtssinn dienender
Abschnitte der Hirnrinde an. Werden diese gestört, so hören aO*
Sehreflexe auf, die, kurz gesagt, auf dem Verständnis^ des Gesehenei
beruhen, aber nicht die Opticus- oder Retinareflexö, welche ohue daj
Groesbirn durch Yermittelung niederer Centralorgane zu Stand*
kommen. Einem Hund ohne Grosshirn kämen hiernach nur dii
letzteren za.
üeber die Bedeutung des Kleinhirns veröffentlicht Lu c i a n
(11 cerveletto, Firenze 1891) eine unil angreiche Untersuchung, dere:
Hauptergebnisse Pescarolo (Ärcb, ital de biol. Bd, 10, St 280) mit
theilt. Infolge der ganzen oder theil weisen Exstirpatiou dos Klein
hirns treten zunächst Reizersoheimingen ein, die im Wesentlichen i
tonischen Contractionen der Nacken- und Vorderbeinmnskeln hi
stehen. Ganz besonders aber sind als Folgezustände solche zu bc
zeichnen, die gleichsam das Gegeutheil jener dar^telien, nämlich ein
gewis.sb Atonie und Astasie, wornmerLuci an i einerseits eine dauernd
Schlaffheit aller Muskeln in der Ruhe und andererseits eine for
währende Unrube versteht, welche durch Zittern, discontinuirlicl:
Contractionen, Schwanken u, s, f. bei Bewegungen auftritt, d
ilurchweg in ihrer Kraft bedeutend abgeschwächt sind. Inteiligei
und Sinnesemptindungen^ sowie die geschlecbtlichen Functionc
blieben auch nach vollständiger Exstirpation des ganzen Kleinhirt
intact Alle Theile des Kleinhirns sollen einander gleich werth sei:
In summa sind seine Functionen dreifach: 1) verstärkt das Kleb
hirn die potentielle Energie der wUlkürlichen Bewegungen (actic
lique); 2) steigert es den Muskeltonus während der Ruhe (action
toDiqua) und 3) beschleusigt es den Rhythmus der einzelnen cen-
tr^eo motoridcheu Itn pulse und yerächuiibt dieselben zu einem mehr
QOQVimiirUchen Act (action statique).
*
i»
Die anatomischen Folgez ustände im Rückenmark nach
£iitfemuDg der motoriiichen Gentra bei Hunden untersucht von
cso^m in eingehender Weise Sandmeyer (Zeitschr. f BioL Bd. 10^
177/ und findet I dass nach neun Tagen oder mehreren Wochen
idare Degenerationen einseitig und doppelseitig auftreten» Der
BftQplMkche nach finden sie sich in dem Seitenstrang der entgegen*
gesetsten Seite, weniger und seltener in dem gleichseitigen^ niemals
ia dem Vorderstrang, so dass also Satidmeyer gegenüber anderen
Forschern dem Hunde die Pyramiden vordersirangbahn abspricht.
Nadi längerer Zeit können auch noch sog. tertiäre Degenerationen,
wie sie Langley und Bherrington nannten, in den Vorder- und
Hintefislrangen auftreten, die aber nicht in unmittelbarem Zusammen-
kin^ mit der Operation stehen sollen.
Wenn von dem Grosshim einige Zeit das normale ernährende
Btut abgebalten wird, wie es bei Kobienoxyd Vergiftung oder bei
Erhftngung vorkommt, so treten nach Wiedergenesung bezw. Wieder-
belebong oft vollständige Erinnerungsdefecte ein, die sich auf
6m unmittelbar dem krititächen Ereigniss vorausgegangenen Erleb-
mmäB be^itihen, eine offenbar höchst intereBsanteErHoheinung (WagneFi
Wieocr klin. Wochenschr. 1801, Nr. 53),
Die das ganze Centraln er vensystem umhüllende Cerebrospinai-
flftafligkeit wird von den Gebrüdern Oavazzani (üentralbl. fUr
PhyaiaL 1892, Bd. 6, S. 393 u* 583) auf ihre Zusammensetzung hin
^e|Mr&ft« £d zeigt sich, dass sie des Morgens (bei Hunden) anders
tummmtingea&t&t ist, als des Abends* Sie ist Dämlich am Morgen
•lArker alkalisch und reicher an festen Bestand thetien , so dass es
den Anschein hat, als ob die im Schlafe befindlichen, ruhenden
Gemralorgane gewisse Stoffe in sie hinein absondern. Aehnhches
kqiutte man auch an einem Menschen mit einem Defect des Schädels
beoerken. Ferner zeichnet sich die genannte Flüssigkeit dadurch
MM, dass sie einen sehr iangsamen und trägen Wechsel in ihrer
ZnwntWfffiffifttBUftjf aufweist. StofiPe (Jodnatrium^ Ferrocyankalium etc.)
tat Tht^^Q in die Bauchhöhle einverleibt^ lassen sich gar nickt
«der erst nach aiemlich langer Zelt in der Oerebrospinalflüssigkeit
7G Öriitzn<*r
nachweiserj, während sie, wie bekannt, in kürzester Zeit im Blute^
im Hare oder in anderen Körperflüeaigkeiten zu finden sind.
Eine ganz besondere Rolle in der Ernährung der Gewebe weist
Gaule (CentralbL l Phyaiol 1892, Bd. 5, S. 682 u. ßd. 6, S. 313)
den Spinafganglien zu^ die sich in gewisser Beziehung ähnlich
wie das Ganglion Gasseri (s. oben S. 70) verhalten sollen. Zerstört
man dieselben nämlich durch Einstich^ so treten als folgen der
Operation auf: 1) Verändeningen in der Haut^ die «ich je nach der
Thierart (Frosch, Kaninchen) bXs Verfiirbungen , Verschorfungen
u. dergl documentiren; 2) elgenthöm liehe Blutungen, in den Muskeln
durch Veränderungen des Blutes bedingt; 3} Veränderungen der
Nebennieren und 4) das Allermerkwürdigste, Grösöenvermintlerung
des gekreuzten Geschlechtsorgans und des gekreuzten Schilddrusen-
kppens.
X. Sinnesorgane.
Dass die menschliche Hornhaut nicht ein vollkommenes Kugel-
segment ist, eondern in der verticalen Richtung gewöhnlich starker
gekrümmt ist, als in der horizontalen ivvodurch der normale Astig-
matismus bedingt wird), ist allj^emein bekannt Neuerdings abei
zeigt Stilzer (Archiv, d'ophtalmolog,, Bd. 11, S. 419 u. Bd. 12,
Ö. 32) durch sinnreiche Methoden ^ dass die KrQmmungsverhältnissi
der Hornhaut noch viel complicirter eindj dass z. B. die Nasenhäirtc
der Hornhaut stärker abgeplattet ist, als die Schläfen half te, die ober*
stärker als die untere« und dass die stärkst gekrümmte Stelle dei
Hornhaut nicht im Durchschnittspunkte der Gesichtslinie mit dei
Hornhaut Oberfläche, sondern nach innen von diesem Punkte, halc
höher, bald tiefer als die Gesichtalinie zu liegen kommt. infolge
dieser ^Dissymmetrie" der Hornhaut ergehen sich eine Menge inter
essanter Thatsachen^ betreffend den Sehact, indem, wie leicht be
greif lieh, je nach Verwendung des einen oder des anderen Hörn
hAutobschnitteSy z, B. bei verschieden grosser Papille, die Brechkral
des Anges eine andere wird.
Tscherning (Archiv, de physioL Bd. 4, S. 158) gibt an, das
bei der Accommodation in der Nähe die Linse neben der bekannte
Verdickung auch eine Verschiebung nach unten erfährt, weil die b<
kannten Linsenbildchen sieb nicht bloss verkleinern, sondern auc
ein wenig nach aufwärts bewegen. Hierdurch soll eine Centrirun
der drei brechenden Flächen herbeigeführt werden.
Teber die Weite der Pupille unter verteil iedeueo BedinguDgen
Bin die folgenden Arbeiten. Steinach (Pfiüger's Archiv Bd, B2,
4ö5) verfolgt im Deutcjchen physiologischen Institut zu Prag die
koohintereääante Thatsache^ welche zuerst von Arnold, dann später
von Brown -Sequard n, A. beschneben wurde, nämlich die
atkiniitelbare Erregung der Muskeln durch das Licht.
Wenn man das herausgeschnittene Auge eines Frosches oder noch
beoBor eines Aales ^ welcher sich vorher im Finstern aufgehalten
hat, dem Liebt aussetzt, so zieht sich dessen Iris zusammen, und zwar
nicht etwa infolge der Heizung eines reflectorischen, im Auge selbst
oder in der Iris gelegenen nervösen Apparates. Denn der Erfolg
besieht fort, auch wenn man die etwa belichtete Ketzhsut zerstört
und nnr die Iris beleuchtet^ oder wenn man eile nervösen Apparate
durch A tropin gelähmt hat Der Erfolg tritt dagegen nicht ein^
ivesn man nur die Betina oder die peripheren Theile der Iris be-
iaoohtet^ dagegen am allerbesten, wenn man die centralen beleuchtet,
wo eben die Fasern des Sphincter liegen. Die Zellen dieses Muskels
nd hier, d- h. bei den obigen Tbieren, alle dunkel pigmentirt;
pigmeolfreie , glatte Muskeifaserzellen kommen gar nicht von Sie
räftd langgestreckt bei grosser Pupille und ziemlich dick (contrabirt)
bei kleiner. Am besten wirkt auf diese pigmentirten Muskelzellen
veo den Farben des Spectrums das Gelbgrün, gar nicht das Roth
bifl ser Linie C.
Wie die verschied eoen Farben oder Lichter auf die mensch-
F liehe Pupille wirken, untersuchte ebenda in siunreicher Weise
Sachs (Pflugers Archiv Bd, 52, S. 79), indem er die Weite der
Papille feststellte, je nachdem er z. B. ein blaues, grünes oder anders
geäLrbteB Papier betrachtete. Er schreibt jeder Farbe eine bestimmte
motorische Valenz zu und nennt diejenigen Farben, die die erweiterte
Papilla in gleichem Maaas verengern, motorisch äquivalent. Nach
Hering kommt den verschiedenen Farben ein gewisser Wetsswerth,
«ine bestimmte weisse Valenz zu (s. Jahrb* 1892), die sie um «o
heller erscheinen lässt, je stärker sie in ihnen vertreten ist. Diese
weisse Valenz allein bestimmt nun nicht die Wirkung auf die PupiEe,
indem z. B. ein gelbes oder grüues Papier eine grössere motorische
Valenz besitzt, das heisst die Papille stärker verkleinert, als ein graues
Papier von derselben Weissvalenz. Es ist ako auch die Farbe an
sich von Bedeutung, und es ergab sich, dass alle diejenigen Farben
Atch sIs motorisch äquivalent erwiesen^ die dem Auge unter den
betrefiendeo Bedingungen gleich hell erschienen. Von hohem Interesse
w4re die Untersuchung von Farbenblinden, da denen ja gewisse
78
ürfltiner.
Farben viel weniger hell erschdoeo als Leuten mit normalem
Farbensinn.
Die ungemein vielfach diacutirte Frage, welche Mechanismen die
Weite der Pupille beötimmen, wird Denerding» wiederum auf-
gerollt und von der Mehrzahl der Forscher in dem Sinne enlscMeden,
dass die Verengerung der Pupille eben durch den Sphincter und
die Erweiterung durch den Dilatator besorgt werde. Zwei Forscher »
Heese (Pflüg er'd Archiv Bd. 52, S. 535) und Langley (Journal
of phyaioL Bd, 13, S. 554) kommen ganz unabhängig von einander
wesentlicli zu denselben Ergebniaserj. Die Behauptung Grßnhagen's,
dass bei Reizung dest Sympathicus die Pupille sich wesentlich deshalb
erweitere, weil die GefUsse der Iris sich zusammenziehen, ist nach
Heese dadurch hinfällig geworden, dass auch das blutleerej ja sogar
das Äuge des todteu Thiercs bei Sympathicusreizung in derselben
Weise reagirt, und dass häufig die beiden Vorgänge der Gefäss-
verengeruDg und der Pupillenerweiterung völlig unabhängig von
einander beistehen können. Eine zweite, wesentlich von Gas kell
herrührende Auffassung, dass der Oculomotoriua der Aclionsnerv des
Sphincter und der Sympathicus ähnlich wie der Vagus beim Herzen
(s. oben S« 67) der Hemmnngs- oder Erschlaffimgsnerv desselben
sein soll, dessen Beizang also den Tonus des Sphincter herabsetzt,
wird ebenfalls als unrichtig bei Seite geschoben. Gegen diese Anf-
fassong sprechen nämlich folgende Versuche, Kölliker zeigte
zuerst^ dass, wenn man bei dem Auge eines getödteten Kaninchens
die Cornea entfernt^ dann den Sphincter iridis vollkommen abtrennt,
eine elektrische Reizung des Sympathicus oder eine unmittelbare
des peripheren (ciliaren) Irisringes von einer Erweiterung desselben
gefolgt ist. Diese anch von Bernstein und Dogiel ansgeitährten
örtlichen Reizungen der Iris werden nun in ausgiebiger Weise von
den beiden oben genannten Autoren benutzt und führen zu dem un-
zweifelhaften Ergebniss, dass in dem peripheren Tiieil der Iris radiäi
angeordnete contractüe Elemente sind^ die sich bei directer Reizung
oder bei Reizung des Sympathicus zusammenziehen , nnd die aucl
Heese mikroskopisch nachweist. Indem Griinhageu tPäöger^i
Archiv Bd. oB, S. S48) diese Übrigens auch von ihm constatirt«
Thatsache keioeswegs bestreitet, sie aber auf die Muskeln der ge
ftillten oder leeren Blutgefässe bezieht und vor aOen Dingen dei
anatomischen Nachweis des Dilatator iridis bestreitet, bleibt er be
seiner Anachauang bestehen.
Betreffs der Bewegungen des ganzen Auges infolge Sym
pathicnsreisung macht Heese noch folgende interessante Mitthei
PliyiMo|ficu
7^
Die gewölmlicli^ Angabe lautet, da&s bei Reizung des ge-
Rieii Nerr^n unler Vergr&ssemng der Papille das Aage aus seiner
hermuatritt. Merkwürdigerweise aber Endet Heese beim Ka*
geimde das Entgegeogeseizte; ea sinkt hier in seine Höhle
:, wähfood es bei der Katze ond dem Hunde, wie genaue
Measaiigen objectiv erw€>isen, bervortritt Dies rührt
her von dem verecbiedenen V€:ihalten der Gefasse in der
Orbitm. Ziehen sich dieaelbeUf wie beim Kaninchen, stark zusammen^
Ml sliikt das Auge in die Tiefe, trotzdem der MQlIer'sche Muskel
iwsth Mine OoQtJBCtion es nach vom zu treiben sucht. Beim blut-
laertttt {g^MtMmn) Kaninchen gibt dieser Miiakel den Ausschlag»
«od die SympatfaidtsreizuDg lisst jetst daa Auge ebenfalla hervor-
HemaiiQ (Pfläger's Archiv Bd. 53, 8* 1) aetst die Ünter-
«ocbangeii aber das Wesen der Yocale mit einem Edison'schen
Qngiz^alapparat fort und findet unter Anderm, übereinstimmend mit
frdJien^o Untersuchungen (s. Jahrb. 1892), dass den einzelnen Vo-
ojen cbarakt^ristische Partialtone eigen sind, die eine annähernd
fale lAge besitzen. Manche Vocale, wie ü, A, £, haben zwei cha*
lakteriMiäche Tone, die anderen dagegen nur einen.
Für die Young'Helmholtz^sche Farbentheorie tritt von
H«Qem Ho Imgren (Skand, Archiv f, Physiol. Bd. 3, 8, 253) ein,
Sidtm er dem Auge ganz kleine farbige Punkte darbietet und hier-
dansh die specifiach verschiedenen, also kurz gesagt^ die Roth, Qtün
md Violett empfindenden Endel erneute einzeln zu reizen versucht.
btet nun z. B* das Auge einen kleinen hellen Pankt von
monochromatischem Licht, welches nach obiger Theorie durch
bitige Reizung der Roth und Grün empHnd enden Elemente zu
iä kommt, so siebt es bei kleineu Bewegungen dieses gelben
Panktchens auf der Ketzbaut dasselbe bald roth, bald grün, bald
AeJmlicbes wurde, wenn auch nicht so deutlich, bei blauen
wahrgeooQuneD, die bald grün, bald violett, bald farblos
ieneo.
Uebtf dflfi NerTtia octavus, gewöhnUeh Acusticus genannt,
eni nmCangreicbea Werk von R. E w a l d in Straasburg,
r $xif Grund glänzender Technik eine eingehende Untersuchung
Iber die nicht acustischen Functionen diesea Nerven enthält, di^
Weeentlichen schon fr&her (a. namentlich Jahrb. 1892> aua*
dargelegt haben. Kr ei dl (Pfl&ger's Archiv Bd. 51, S. 119)
macht Unter&uchuo^eD an T a u b s t u m m e o und findet, dasa viele
unter ihnen keinen Drebschwindel bekommeD, dagegen bei geschlos-
senen Äugen sich im Eaume schwer orientiren können. Ich glaube
— nebenbei bemerkt — , dass auch die sog, japani gehen Tanz-
möuse, die ebenfalls (vielleicht durch iDzucht) taub sind und wagen
ihrer Tanzkunst, d. h. der in rasender Eile von ihnen ausgeführten
Drehbewegungen zur Beluätigueg gehalten werden, diesen Taub-
st nmmeo ähnlich sein dürften. Jedenfalls werden sie nicht vom
Drehscbwindel erfasst, sonst könnten sie ihre Kunststücke nichi
aufführen.
!Etne umfaDgreichei zum grossen Theil philosophische und wie
uns scheint scharf durchdachte Arbeit veröffentlicht D e s s o 1 r
(Du ßoia Reymond's Archiv 1892, S. 175) über den Hautsinn.
Wir heben aus derselben Folgendes hervor. Der Temperatur-
siuQ ist nach Dessoir eine einheitliche, zu den Summationa-
empfindungeo gehörende Wahmehmungsart mit zwei Qualitäten, die
sich von einem Nullpunkt entfernen und dabei immer grosser werden.
Es gibt nicht, wie das Herzen u« A. angenommen haben, einen
besonderen Kälte- und WSrmesinn, wie ja auch die Physik nur
eine mehr oder weniger starke Wärraebewegnng der Atome oder
Molecüle kennt Auch der Endapparat des Temperatursinnes ist
ein einheitlicher und steht in unmittelbarer Abhängigkeit zur Art
des Reizes» Die Kalt- und Warmpunkte von B H x und G o 1 d-
soheider sind ein KunsterzeugnisSf wenn auch nicht geleugnet
werden kann^ dass an einzelnen Hautsteilen die Kälte, bezw. Wärme
einer Metallspitze besser gefühlt wird als an anderen, Bass wir Kälte
oder Wärme fühlen, ist nach Dessoir nicht davon abhängig , ob
ein Kälte- oder Wärmepunkt von einem beliebigen Eeise getroffen
wird, sondern davon, welcher Reiz auf den einheitlichen Apparat
einwirkt Er denkt sich, dass, wenn bei der Kälteempfindung die
Hantwärme sinkt, der nervöse Endapparat sich vielleicht ausdehnt
und einen ganz bestimmten Reiz mit Hülfe des indifferenten Leitungs-
nerven an das Gehirn übermittelt, während ein andersartiger Beiz
an das Centrum gelangt (also auf denselben Nervenbahnen, wie wir
hinzufügen), sobald die Hautwärme durch Zufuhr von aussen oder
durch Behinderung ihrer normalen Ansstrahlung steigt, und der End-
apparat sich verdichtet. Weiter spielen auch noch die Hautgefässe
eine wichtige Rolle bei der Kälte- und Wärmeempfiöduag, indem,
wenn Abkühlung die Haut ausdehnt und Wärme sie zusammenzieht,
die Hautgefasse ebenfalls in bestimmter Art so oder anders gezogen
Pliysiolug^te.
81
«md gesperrt werden und diese ihre Zastimde durch ihre directen
Nerven verbindangen dem Hirn mittheileia. Ohne uns ein UrtheE
diese Anschaanngen zu erlauben , glauben wir mit D e s s o i r,
BS ein Fortschriit in dieser Frage wohl durch die vergleichend-
^uiatomische Untersuchung derjenigen Hautpartien gemacht werden
kfinnte, die wie die Glans penis nach Herzen^^^ Beobachtung völlig
imemptindlich gegen Temperaturen sind, während das benachbarte
Praputinm sehr wohl Wärmt? und Kälte empfindet und unterscheidet.
ferner dürfte sich eine genaue Untersuchung von Hautuarben em-
pfUileQ, die bis jetzt ergeben hat, dass der Sitz der Temperatur*
emp&ndung an die tieferen Schichten der Epidermis gebunden ist.
Ist die Epidermis ganz fort, so fehlt jeder T empe rat ur sinn j liegen
aber noch untere Schiebten der Epidermis der Narbe auf^ so besteht
eine mehr oder weniger grosse Temperaturempfindiichkeit, Weiter
MshetDt uns noch die Angabe wichtig, dass elektrische Reizung von
Hantnerreii niemals eine Kälte- oder Wärmeempfiudung auslöste,
wilirend doch z. B. eine elektrische Reizung des Opticus Liebt-
«aipfindung erzeugt.
Eine leicht festzustellende, von 0, Rosenbach zuerst be-
schriebene^ dann von diesem, Nauuyn, Quincke u, A, (s. Jahrb,
1890) stadirte Thatsache besteht in Folgendem. Sticht man sich in
die Haut oder berührt man dieselbe mit einem heissen Gegenstand,
HO emptindet man augenblicklich die Beriihruiig mit dem betreffen-
dwätk Gegenstand, den Schmerz aber erst viel später, d, k vielleicht eine
hadhe bis ganze Secunde später. Ueber ein ähnliches, höchst inter-
mmnio» Ph&nomen^ welches sie als Phänomen der secundären
Empfindung bezeichnen ^ berichten nun neuerdings G a d und
Goldscheider (Du Bois-Reymond's Archiv 1891 , 8. 164 und
Zettschr. f, klin. Med. Bd. 20, 18d2). Sie beschreiben dasselbe fol-
gsodeniiaBaen. „Uebt man mit einer Nadelspitze einen leichten Ein-
drsolt auf die Haut^ so hat man auijsar der ersten sofort eintretenden
ilBcbondea Empfindung nach einem empündnngslosen Intervall (von
mtgefthr ^i^^ Secunden, wie wir hinzufügen) eine zweite, gleichfalls
stoohende Empfindung^ welche sich in ibrem Charakter dadurch von
d«r ersten unterscheidet, dass ihr nichts von Tastempfindung bei-
gem.i«cbt ist, sie vielmehr gleichsam wie von innen su kommen
tchdiiiL'*' Dieselbe Erscheinung kann man beobachten, wenn man
dia Hant mit mehreren, mindestens zwei Inductionsschlägen reizt
Di^e^e Erscheinung erinnert an eme ganz ähnliche, neuerdings von
fi
II «a
(8. Jahrb. 1892)
d, pracL Medicin.
studirte am Augei indem
auch hier
6
das
go Griittper.
positive Nachbild sieb nicht unmittelbar an das gesehene Bild selbst
anschlosB, sondern erst nach einer kurzen Pause auftauchte. Die
Forscher erklären ihre Secundärempfindung für ein Summations-
phänomen im Rückenmark, indem die Erregung einmal direct in
einer langen Bahn dem Bewusstöeinscentrum zuläuft und anderer-
seits vermittels der sog, Coliateralen (s. Jahrb. 1802) auf eingelagerte
Ganglienzellen stösst, die gewissermassen erst so stark geladen
werden müssen, bis die in ihnen aufgespeicherte Energie wieder zu
einer Erregung, eben der secundären, den Änlass gibt.
Erwähnenswerth dürfte hier noch die Thatsache sein, dass die
Farbe der Frösche, x. B. der Laubfrösche, welche bekanntlich
von dem Oontractionszustande der pigmenti rten Bindegewebszellen der
Haut abhängt, nicht durch das Auge der Thiere regulirt wird, son-
dern lediglicli auf reflectoriscbem Wege durch die Reizung der Haut.
Setzt man also z. B. blinde oder sehende Laubfrösche auf grüne
Blätter oder ähnliche glatte Gegenstände, so werden sie grün, setzt
man sie auf rauhe, etwa ein feinmaschiges Drahtgitter, so werden sie
ganz dunkel Licht kann (s, o* S. 77) übrigens jene pigmentirten
Bindegewebszellen auch unmittelbar erregen* (Biedermann,
Pfiöger's Archiv Bd. 51, S. 455.)
XI. ZeugüBg*
Der vielfach geäusserten Ansicht^ dass lediglich der Zellkern
der Vererbungsträger sei (s. Jahrb. 1891), wird in einer schönen
Arbeit von Verworn (Pflüger's Archiv Bd. 51, S, 1) über die
physiologische Bedeutung des Zellkernes widersprochen. Der genannte
Forscher, dem wir schon manche interessante und wichtige Arbeiten
auf dem Gebiete der vergleichenden Physiologie verdanken, bat auch
über obiges Tb enm experimentell gearbeitet, Aus der Fülle des Materials
heben wir nur Folgendes hervor. Er operirte wesentlich an Proto-
zoen, die er mit Scheere und Lanzette in kernhaltige und kernlose
Stücke zerlegte. Die kernhaltigen entwickelten sich wieder zu voll-
ständigen Individuen, die kernloeen dagegen nahmen zwar auch wieder
die Gestalt der normalen Geschöpfe an, streckten Pseudopodien aus und
nahmen Nahrung auf, die sie aber nicht verdauten, gingen aber über
kurz oder lang alle zu Grunde, Befrucbtete man sie gewissermassen
mit kernhaltigen Stücken, so blieben sie länger am Leben. Aus
diesen Versachen zieht Verworn den Schlues, dass weder der Kern
für sich allein, noch auch das kernlose Protoplasma dauernd am
Leben erhalten werden kann, Vielmehr besteht der Einfluss des
PhyiioJogif*.
Kemee auf die Thätigkeit der Zelle in seinen StofFwechselbeziehungen
fOBl Protoplasma; beide gehören zu einander, beide ergänzen ein-
•nder. Das gilt nun auch für die Vererbung, indem keineswegs der
Kam allein als der Trager der Vererbnugsstoffe zu betrachten ist,
•ondera sich sowohl Plasma wie Kern an der Vererbung betheiligen,
wie man dies am besten und uü mittelbarsten an der Fortpflanzung
dorch Theilung sehen kann.
I
lieber die Frage, ob sich erworbene Eigenschaften ver-
erben ^ berrschen verschiedene Ansichten* Lehrreich in dieser Be-
xiehang ist eine lange Versuchsreihe von Ritzema Bos und
Rosen thal (BioL Oentralbl. Bd* 11, S. 734), welche neugeborenen
Hatten die Schwänze amputirten, die schwanzlosen wieder zur Paa-
ruELg brachten, und das durch zehn Generationen fortsetzten. In
swei anderen Versuchsreihen setzte man die Versuche nur bis zur
dritten und fünften Generation fort. Von den 1200 auf diese Weise
gasäebteten Hatten zeigte keine einzige bei der Geburt eine Ver-
MjsoDg oder gar ein Fehlen des Schwanzes.
Wenn ein Ei eines Säugethieres sich im Leibe seiner
Mutler entwickelt, so konnte mau denken, dass diese noch während
der £ntwickelung dem in ihr befindlichen Fötus eine Beibe mütter-
licber Eigenschaften aufdrückt« Dass dies aber wahrscheinlich gar
üicbt^ oder vielleicht nicht in hohem Maasse stattfindet, lehrt folgender
intereeeante Versuch. Einem Aogorakaninchenweibchen , welches
32 Standen vorher von einem Bock derselben Race befruchtet
worden war, wurden zwei in Segmentirung begriffene Eier ent-
fionunen und sofort in das obere Tubenende eines belgischen Ka-
nincbenweibchens gebracht, welches drei Stunden vorher durch einen
Boek derselben Zucht, und zwar zum ersten Male befruchtet worden
war Dieses belgische Kaninchen gebar nun sechs Junge, vier
Beigier and zwei zweifellose Angoras* Keines der Thiere hatte ein
Merkmal der andern Race, obwohl die Angoras sich in der belgischen
Mütter vom befruchteten Ei aus bis zu Ende entwickelten. Alle
E^oachaften stecken also in Samen und Ei; hinterher entwickelt
sieh das befruchtete Ei in einer fremden Mutter wie ein Samen -
kam einer Pflanze in einem neuen oder fremden, aber ihm zu-
titglichen Boden. (Foster, Proc, of the Royal Society Bd» 48^
188Ü, 8. 467.)
Wilbrend bei vielen Thieren zur Befruchtung eines Eies
otir ein Spermatozoon nötbig ist, und das Eindringen von mehreren^
H4 . Grützoer.
wie aus den lehrreiohen Arbeiten von Born, von den Gebrüdern
Hertwig u. A. (s. Jahrb. 1888 und früher) hervorgeht, zur Zer-
störung des Eies oder zu Missbildungen führt, scheint nach neueren
Unters»H5hungen von Rücker t (Anat. Anzeiger Bd. 6, 8. 308 und
Bd. 7, S. 320) und Oppel (Archiv f. mikr. Anat. Bd. 39, S. 215)
doch bei manchen Thieren (Selachiern und B.eptilien) die Poly-
spermie, d. h. das Eindringen vieler Spermatozoon in das Ei die
Regel zu sein.
L AllBemeine Aetiologie, Infectionskrankheiteo und pflanzliehe
Parasiten.
L Allgemeines.
Zur Morphologie der Bucterieo machten Sjobring und
Tramboäti und Galeotti neue ßeobRchtungen. Eraterer (CentralhL
L Bscter. Bd. 11, Nr. 8 u. 4) beschrieb bei Milzbracd- und Heubacillen
nmch bestimmter Methode sich färbende Körper^ die zunächst im
Protoplaama ohne Regel angeordnet, später nach der Mitte hin zu-
flunmenti^eten können zu ovalen Figuren^ die dann schart' contourirt
iMiBcheinen und Kernen ähnlich stnd^ für die Sjö bring sie hält
Andere Figuren scheinen auf karjokinetiäche Vorgänge zu deuten,
jedoch sah Sjöbring keine eigentlichen Mitosen, Trambusti und
Galeotti (ibid. Nr. 23) berichteten über ähnliche Beobachtungen
an einem grossen aus Wasser gezüchteten Bacterium^ welches sich
attftn^Kch gleichmässig färbt, später aber in dem schwach gefärbten
Leil>e intensiv tingirte Gebilde hervortreten lä^sst, die sich weiterhin
in kleine rand stand ige Körner zerlegen. Diese treten dann femer
m oralen Gebilden inmitten der Bacterienfäden zusammen , können
dveli Plataen der letzteren frei werden und wieder auswachsen.
Ver£ betonen, dass es sich nicht um Sporenbildung handeln
k&nne, jedoch musa abgewartet werden, ob man es wirklieb mit
Ki(n>efi zu thun bat.
86
Ribbert
Die Physiologie der Bacterien wird durcb die beides fol-
genden Mittheilungen illustrirt. Büchner (ibid. Bd, 11, S, 781)
fand, dass das Bacteriiim coli commune in deätillirtem Wasser unter
Einwirkung des Sonoen lichtes innerbalb einer Stiinde abstirbt. Er
meint, dass diese Lichtwirkung für die BaeterienziicbtuDg und für
das Absterben von Bacterien unter natürlichen Verhältnissen im
Wasser von Bedeutung ist Porst er (ibid. Bd. 12, S. 431) stellte
fest, dass es auch Bacterien gibt, die bei Eistemperatur zu wachsen
vermögen.
üeber das Vorkommen voo Bacterien auf und in dem
menschlichen Körper liegen nur wenig Beobachtungen vor. Aus
dem vorgehenden Jahre sei zunächst noch nachgetragen^ dass Pop off
(Wratsch 1891, Nr. 39) gefunden hat, dass der Oesophagus der
einzige Weg ist, aui' welchem Bacterien bei Neugeborenen in den
Darmkanal gelangen, dass abo der Anus nicht in Betracht kommet
Die Zeit ihres Auftretens hängt von der Milchdarreichung ab, durch
welche ihr Erscheinen im Darm in wenigen Stunden vermittelt wird,
— Palleske prüfte in ähnlicher Weise, wie es Uohn UDd Neu-
mann (s. Jahrb. 1892} gethan habt^n, die Milch gesunder Frauen
auf ihren Keimgehalt und gelangte wie diese zu dem Ergebnisa,
dass sich bchon innerhalb der Mamma in der Milch Bacterien ünden
können. Er hatte alleniings nicht so häufig positive Befunde, da
er in ^%i jene in Bb% aller Fälle Mikroorganismen nachwies. Er
fand ausschliestihch den Staphylococcus pyoganes albus, während
Cohn und Neu mann daneben jo einmal auch den Staphylococcus
aureus and den Streptococcus pyogetaes beobachtet hatten. Pal-
leske lässt es zweifelhaft, ob die Kokken^ wie jene Untersucher
meinen^ stets von aussen durch die Milcbgänge in die Mamma ge-
langen. Ihre patbogene Bedeutung ist gering.
Einen Beitrag zu der Frage, wie die Bacterien in den
menschlichen OrganismUB eindringen, lieferte Giamatschi-
koff (Arbeiten aus dem patholog. Institut zu Tubingen Bd. 1.^
S. 450). la einem früheren Jahrgang dieses Buches (1889) ist über
VerBache von Buohner berichtet worden, aus denen anscheinend
mit Sicherheit heTvorging, dass die Lungen, ohne selbst zu erkranken,
f^r eingeathmete Milzbrandbacillen durchgängig sein können, dass
alao auf diese Art eine Allgemeiniefection möglich ist. Örama-
tschikoff hält die Experimente Buchner*s nicht für beweiskräftig.
Denn da sie vermittels Einathmung fein zerstäubter Bacterien an-
gestellt wurden, so hält er es für möglich, daas die AUgemeininfection
*
Allgemeine Pathologie und pathologische Atiatomve.
b7
doreh Eündringen der Mikroorganismea in der Nase und den Hacken-
cirgando zu. Stande gekommeD sein könnte. Er verfahr nun sOf dass
ir die Bacillen mit einer Spritze in die Trachea icjicirte unter aorg-
dliiger Vermeidung einer localen Wundinfection. Er sah dann die
Tkiere niemals an Milzbrand zu Grunde gehen, auch keine Milz-
brmndantzucdung der Luuge eintreten. Er sah aber ferner, dass die
BaciUen in den Lungen sehr rasch zu Grunde gehen, indem sie
I>eigetieratioDserscbeinuDgen darboten und schon nach zwölf Stunden
Biclil mehr gezüchtet werden konnten. Eine Erklärung für diesen
«cboallen Untergaog der Bacillen in den Lungen vermag Grama-
taehikoff nicht zu geben. DieEesultate der Versuche stehen aller-
dings in directem Widerspruch zu Bu ebneres Ergebnissen, es wird
tndesseii abzuwarten sein, ob sie dieselben endgültig widerlegen.
Die Durchlässigkeit der Haut für Mikroben wurde aufs
Neue von Wasmuth geprüft (Gentralbl für BacterioL Bd. 12, Nr. 23
und 24). Er rieb Staphylokokken in die eigene und in thierische
UBTörletzte Haut ein und ebenso Milzbrand bacillen bei Meer-
dchweinchen und fand, dass auch die normale Haut durchgätigig
tat, and dass der Durchtritt zwischen Haarschaft und Haaraoheide
erfolgt.
Die üebertragung von Bacterien durch Vererbung fasste
Banmgarten (Arbeiten aus dem patholog. Institut zu Tübingen
Bd. I, S, 322) wiederum ins Auge. Er stellte Alles, was anatomiacb
ofid experimentell bisher über congenitale Tuberculose bekannt ge*
I worden ist, zusammen und borichtete auch über eigene Versuche*
In üöbereinstimmung mit Maffucci (s, Jahrgang 18D0) fand er,
datfa liüt Tuberkelbacilien inßcirte Hühnereier sich entwickeln, und
4mm die auskriechenden Hühnchen nach einiger Zeit an Tuberculose
sa Grunde gehen können. Gewiss beweisen die von Baum garten
lasaiiuiieEDgeetellten Tbatsacben die Möglichkeit einer placectaren
aad einer genninativen Uebertragung , in welchem Umlange sie in-
deaseli (ur die Vererbung der menschlichen Tubtsrculose verwerthet
Verden dürten , ist noch nicht abzusehen. — Dohrn fasste seine
Ansicht über die Uebertragung der Syphilis von Mutter auf
Kind dahin zusammen, dass dieselbe nicht auf dem Wege der Pla-
eenta zu Stande komme, sondern durch das Ei und ebeijso auch vom
Vater hör durch das Sperma vermittelt werde (Deutsche med.
Wi>cheii«ohr. Nr. 37). Podwyssozki jun. (Gentralbl. f. pathoiog.
Anatomie Nr. 14) fand bei einem Kaninchen einmal im Li«|Uor foUi-
cQli imd im Ei zellige Gebilde, die er nach ihrer Beachaflenheit als
Cöoe^dien ansprach, und legt diesem Befund für die Vererbung in-
gg Bibbert.
fectiöser Processe grosse Bedeutung bei, da eine Entwickeluiig def»
EieB nicht ausgeschlossen ist,
Was die Ausscheid ung der Bacterien aus dem Körper
angebt» Bo fand Tizzoni (Kif. med, 1891 S. 289) in einem Falle
von Eiterung durch Staphylokokken diese auch im Harn wieder,
ebenso in Bläschen der Hant. Im Schweiss sind sie bekanntlich
mehrere Male gefunden worden (a. Jahrg. 1802). Leichter als die
Bacterien selbst erscheinen die Toxine derselben im Harn. So be-
obachtete BruKchettini (Deutsche med. Wochenschr, Nr. 16), dasa
Kaninchen, denen der Harn an Tetanus erkrankter Menschen sub-
cutan einverleibt worden war. unter tetani&chen Erscheinungen zu
Grunde gingen. Brieger und Wassermann (Charitc-Annalen
Bd. 17) berichten, dass der aus dem Harn eines Erjsipelkratiken
gewonnen© und dialysirte Alkobolnied erschlag für Mäuse und Meer-
schweinchen toxische Eigenschaften hatte. Die Wirknngswuiae
der Bacterien wird ja jetzt allgemein in erster Linie auf die von
ihnen herrührenden toxiscben Substanzen (i^Toxalbumine*^) bezogen.
Brieger und Wassermann (l c.) konnten solche aus Typhus-
nnd Diphtherieleichen, und zwar ans inneren Organen gewinnen.
Zur Frage der Disposition sind die folgenden Mittheilungen
erwähnenswerth, H. Frenkel (Arcb. de mt^d. exp<T. Nr. 5) nnter-
«Qcbte den Einfluss der Nervendurchschneidung auf die Infection.
Während Ochotine zu dem Hesultat gekommen war, dass die
Durch trennung des Sympatbicus die Erysipelentzündung des Ka-
ninchenohres fördert, gelangte Frenkel zu dem Schlass, dass im
Gegentheil der gleiche Eingriff die am Ohre vorgenommene Milz-
brandinfection der Art beeinfSusst, das» die Allgemein erkrankung
dadurch verzögert wird, — Walt bau {Arch. f. cxper. Pnth. u. Pharm.
Bd. 30j S. 276) lieferte Beiträge zu der Frage nach den Bedingungen,
unter denen die Peritonitis nach Operationen entsteht Er fand,
dass die iDJection von Kokken in das Peritoneum für sich keino
Entrundung zur Folge hat. Scliädigucj^en der Serosa bedingen da-
gegen Peritonitis. Zu ibnen gehört besondere ein Blossliegen der
Serosa an der Luft, das daher bei Operationen durch eine Kocbsal»-
bespClIung vermieden werden sollte, Disponirend wirken ferner be-
reite bestehende oder gleichzeitig eintretende anderweitige Infectionen.
Dun in (Congr. poln. Naturf. 1891} bat betont^ dass man unter-
scheiden mlisse zwischen einer durch eine Infection bedingten Ab-
Bcbwächung des Organiämus^ welche anderen Bacterien einzuwirken
ermöglicbe, und einer Eröffnung neuer Infectionspforten. Zur letz-
Atlgcfiieioe Fathologie nnd pathola^isch*^ Anatomie.
89
Kategorie geb&rt z, 6. das £!□ dringen von Eiterkokken durch
l^hua^eechwüre. Zur ersteren brachte Hauser eine Beobachtung
bei (Müiich. med. Wocbenachr. Nr. 7). Er sah in einer im Anschluas
as L«eicheD Vergiftung aufgetretenen Abscedirung des Armea neben
Strapiokokken den Proteus vulgaris. Erstere haben die Eiterung
ferulftaat, letzterer, der für gewöhnlich nur ein Fäulniaspilz ist,
koniite sich auf dem entzündlichen ßoden anaiedeln und bedingte
«ine Verjauchung des Absceeaes. — Trombetta (Centralbl f. Bact.
Bd. 12, Nr. -k u. 5) schloss aus seinen Untersuchungen über Misch-
oifectioQ bei eitrigen Procesaen, dasa das gemeinsame Vorkommen
iJiiiaaror Eitererreger die Abscessbildung begünstigt^ ferner^ dass
iVRMliiedene Saprophyten abgeschwächten pyogenen Kokken bei
^leiehseittger Impfung ihre Virulenz wiederzugeben vermögen. —
Sehr eider (CentralbK f. Bacteriologie Bd, 12, S. 289) legte Misch-
calturen von Streptokokken und Diphtheriebacillen an und tand^
daes letztere unter diesen Umständen virulenter sind: was auch
aehoD Hotix und Yersin (vergl. Jahrb 1891: Diphtheritis) beobachtet
Die grössere Virulenz beruht auf der Bildung einer giftigeren
Substanz.
^endeD wir uns nun zur Imtnonität und den damit in Zu*
enhang stehenden Fragen^ so haben wir zunächst die so vielfach
te bacterienvernichtende Kraft des Blutserums zu
bedachten. Wenn man auf sie von manchen Seiten die Immunität zu-
rückzuführen versuchte, so sprechen dagegen ausser den früher geltend
achten Bedenken (s. vor. Jahrb.) auch neuere Arbeiten. Vaillard
äales de Pinstitut Pasteur Nr. 10) gibt an, dass die Tet^nus-
im Serum immuner Thiere sich sehr gut entwickeln, dass
überhaupt keinen vernichtenden EinOuss auf die Bacillen
»oeb auf ihre Toxine habe. Stern fand (Deutsche med. Wocb.
37i, dass das Serum von Typhusreconvalescenten^ welches bei
leren, die mit Typbnsbacillen injidrt wurden, schützende Eigen-
cbaften entwickelte, nur eine auffallend geringe bactericide Fähig-
batte, — Szekely und Szana (OentralbU f Bacter, Bd, 12,
Kr. 2—4) sahen allerdings, dass das Serum nach abgelaufener Cholera-
tioo stärkere vernichtende Kraft hatte als vorher, dass dasselbe
P«Ibar auch bei Thieren der Pail war, die, wie die injicirteUj durch
^rmofgegangene Entnahme einer Blutprobe hydrämisch gemacht
a^irdeii waren. — Geht aus diesen und anderen, theilweise noch zu
«Mhaeiiden Arbeiten hervor, dass die bactericide Eigenschaft des
iWimiff fraglicher Natur ist, so kommt Jett er (Arbeiten aus dem
90
Ribbert.
pathologischen lustitut za Tübingen S. 421) zu dem Ergebniös, daaa
diefie Kraft überhaupt nicht vorhanden ist. Er konnte zeigen, dass
der Untergang der ßacterien nicht nnr in Serumarten , sondern in
ganz gleicher Weise anch in Bouillon und destillirtem Wasser
beobachtet werden kann, und dass er lediglich darauf beruht , dass
bei Üebertragung der PÜzmiächungen alle die älteren oder sonstwie
weniger widerstandsfähigen Organismen zu Grunde geben, während
die kräftigeren übrig bleiben und sich nachher wieder vermehren.
Damit wäre dann die Zuröckluhrung der Immunität auf die bacteri-
cide Kraft natürlioh nnm5g!ich.
Nächst der pilztödtenden hat man sodann die giftzerstörende
Fähigkeit des Blutserums herangezogen. Behring, der keine bac-
tericide Wirkung des Serums gegen Tetanus immnnisirter Thiere
^b, führte den noch zu besprechenden günstigen Einfluss desselben
auf seine giftzerstörende Thätigkeit zurück. Auch Stern (L c.)
beobachtete, dass Mischungen der Typlmstoxine mit dem Sernm von
Typhusreconvaleeceuten unschädlich waren. Andererseits fehlt es
aber auch hier nicht an negativen Angaben. — Metschnikoff
(Annales de l'institut Pasteur Nr. 5) tbeilte mit, dass das Serum
gegen die Schweinecholera iinmunisirter Thiere weder antitoxische
noch antibacterielle Eigenschaften habe, und Vaillard hatte bei
Tetanus ähnliche Resultate* Er fand bei natürlich immunen Tbieren
(Huhn) niemals^ bei künstlich immunen nicht constant eine gift-
2erstdrende KraiJt und bestreitet also, dass sie eine Bedeutung fär
die Immunität habe.
Was nun die künstliche Erzeugung der letzteren angebt, so bat
man sie, wie früher, durch abgeschwächte Bacterien oder ihre Toxine
und zweitens durch das Sernm immunisirter Thiere hervorzunifen
versucht. So konnte G. Klemperer (Berl. klin, Wochenschr. Nr. 32)
durch Cboleracukuren , die drei Tage bei 40^ gewachsen waren,
Immunität bei Tbieren hervorrufen» In anderer Weise gingen
Brieger, Kitasato und Wassermann (Zeitschr. f, Hyg. S. 91)
vor. Sie basirten auf der Annahme, dass im Körper giftzerstörende
Substanzen vorhanden sein müssten, und dass diese sich besonders
in zellreichen Organen, z. B, der Thymus finden würden, Sie koanteü
durch Cultur der Bacterien (Tetanus, Cholera) auf den Extracten
aolcber Organe ihre Virulenz vermindern und durch ihre dann er-
folgende Einverleibung Immunität herbeiführen. Einen ähnlichei
Einfluss sah auch Bonome seitens des Thymusextractes auf du
EotsbaciUen (Deutsche med. Woch* Nr. 44),
Am genauesten wurde die immunisirende Wirkung dei
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatoinie,
91
S er ums studirt, besonders deshalb, weil auch eiue therapeutbche
Verwerthung von ihr erwartet wird. Auf diesem Gehiet hat vor
allem Behring gearbeitet (vergl. die früheren Jahibb.) Er hat in
Bestätigung früherer mit Kitasato gemeinsam aog^steilter Beobach-
tungen theils unter Mitbülle von Wer nicke für die Diphtherie^ theÜe
allein für den Tetanui* gefunden (Zeitscbr, f* Hyg, Bd, 12), dass das
Serum von Thieren, die nach einer bestimmten Methode immunisirt
worden waren, bei anderen Thieren injicirt, Immunität hervorruft
Diese Untersuchungen sind die Grundlage geworden für zahlreich©
therapeutische Versuche, die zunächst bei Thieren, dann aber auch
beim Menschen angestellt wurden (s. vor. Jahrb.)
Behring hat wieder (L c») die ausgedehntesten Thierversuchö
gemacht. Es gelang ihm, mit virulentem Diphtherie- und Tetaous-
material injiclrte Thiere durch die Seruminjectionen zu retten. Man
braucht aber weit grössere Serummengen als zur Immunisirung und
um so grossere^ je längere Zeit seit dem Krankheitsbeginn verflossen
ist. Kitasato konnte diese Angaben für den Tetanus bestätigen
(Zeitscbr. f, Hyg. BJ. 12j, und Tizzoni und Centanni (Deutsche
med, Wocb. Nr, 27 u. 31) geben an, dass sie auch bei der Hunds-
wnth die gleichen Resultate hatten, dass a!so das Serum immuoi-
Birter Thiere auch die bereits im Ausbruch begriffene Rabies heilen
kann, Sie theilen ferner mlt^ dass sie das wirksame Agens in einem
haltbaren Alkohol nie der^ch lag aus dem Serum dargestellt haben,
"Während Behring und Trank (Deutsche med. Woch. Nr. 16)
fanden^ dass mit Carbolsäure versetztes Serum sich zwei Monate
wirksam erhält. Auch für Typhus ünden sich analoge Angaben.
Sanarelli (Anuales de rinstitut Fasteur Nr. 11) beobachtete , dass
das Serum immunisirter Thiere die Thyphusinfection zu hemmen
vermag, und Stern (1. c.) fand, dass Serum von Menschen im Re-
convalescenzstadium bei Thieren die Typhusinfection verhindert.
Neben solchen positiven finden sich auch einzelne negative Mitthei-
lungen, Mosny (Arch» de med. exper, Nr. 2) konnte Thiere^ die
mit virulenten Pnoumoniekokken inlicirt wurden, durch Serum
vaccinirter Thiere nicht schützen. Lazarus (BerL klin. Woch.
Nr. 4B — 44) fand, dass das Serum von cholerageheilten Menschen
Thiere zu immunisiren« aber nicht von der voraufgegangenen In-
fection zu heilen vermag, und was die Immonisirungsmethoden
Behring'^s betrifft, so meint Zimmer (Deutsche med. Woch. Nr. 16),
dass keine derselben geuügende Bicherheit darbiete. Diese negativen
Resultate bedeuten Indess keineo principiellen Einwand gegen die
Verwendung des Serums immunisirter Thiere zu Heilzwecken, viel-
952
ßibbert
mehr kann an der Mdglichkeit einer günstigen Kinwirkucg d6s
Serums auf den Verlauf von Tnfectionakraokbeiten nicht wohl ge-
zweifelt werden. Man hat denn auch beim Menschen solche
therapeutischen Versuche gemachtj und zwar insbesondere bei
Diphtherie und Tetanus, Von einer Aufzählung der einzelnen Be-
obachtungen soll hier um so eher abgesehen werden, als bis jetst
aal' diesem Wege nichts Sicheres erreicht worden ist. Es wird zwar
über viele Erfolge der Seruminjectionen bei Tetanus berichtet, aber
da von Albertoni (Therap* Monatsh. Nr, 9) nachgewiesen warde,
daas ohnehin 78 ^^u aller Tetanusfälle heilen, so reichen die bisherigeji
Beobachtui]gen noch lange nicht aus, um ein bestimmtes Urtheil an
ermöglichen.
Im Änschluss an diese die Bedeutung des Serums betreffenden
Mittheikuigen sei nur noch erwähnt, dasa Hankin (CentralbL für
Bacter. Bd. l*i, Nr. 22) die eosinophilen Zellen als die Quelle der
bactericiden Kraft deti Serums ansieht, und dass Tizzoni und Cattani
(ib. Bd. li, Nr. 11) glauben, dass die Umwandlung des Serums in
der Milz erfolgt, da sie entmilzte Thiere nicht mehr gegen Tetanus
immunisiren konnten.
Durch die Studien über die Eigenschaften des Serums wurde
die Frage der Phagocytose m den Hintergrund gedrängt. Zur
Zeit sind im Allgemeinen die Anschauungeii der intracellulären Ver-
nichtung der Parasiten wenig giiostig* So betont u* A* A. Czap-
lewski (Zeitschr, f. Hyg. Bd* 12, S, ;-U8), dass beim üntergatig
der Milzbrand baci Heu in immunen Tauben die Phagocytose keine
ausschlaggebende Bolle spielte, ja dass die intracellular gelegenen
Bacillen langsamer degenerirten als die freiliegenden. Kruse und
Pansini (1. c) betrachten die Phagocytose hei der lofection mit
Pneumokokken als einen secundaren Vorgang. Hankin versuchte
(CentralbL f, Bacter. Bd. 12, Nr. 2S) die Serumwirkung und die
Phagocytose zu combiniren, indem er annahm, dass die Zellen bei
Gegenwart stark schützender Serurabestandtheile ^ der sog. Alexine,
befähigt seien, die aufgenommenen ßacterien zu vernichten, bei Ab-
wesenheit derselben dagegen nicht. In ähnlichem Sinne ineint auch
Metschnikoff (Annales de Tinstitut Pasteur Nr, d), daas bei der
Seh wein echolera das immunisirende Serum die Phagocytose gewisser-
maseen anreize zur Thätigkeit und sie den hacteriellen Giften gegen-
über weniger empfindlich mache. Im Uebrigen misst er dieser
Phagocytose die wichtigste Rolle bei der Vernichtung der Bacterien
bei. Werigo (ib. Nr, 7) stadirte aufs Neue den Milzbrand und gibt
I
1 nmii BA. 1^ Kl 17; b»>
1899) Md Brmaaar (GberaipbLCI
€»E
94
Ribbert.
nommen und metaatatisch in die Scbilddrüse verschleppt war. —
Martha (Archiv, de m^d, exp^r. Nr. 1} zficbtete in zwei Fällen von
Otitis uiedia aus dem Eiter den Bacillus pyocyaneus.
Jordan nntersuchte (Archiv f. klio. Ghir. Bd, 42, B. 'S2b) zwei
Fälle von typischem Erysipel und gewann durch Cultur den Sta-
phylococcus pyogene« aureus. Er schliesöt daher, dass das Erysipel
keine ätiologische Einheit ist, sondern zwar meist durch den Ötrepto-
coccna^ iß einzelnen Fällen aber auch durch Staphylokokken ver-
ursacht wird» Kirchner (CentralbK f Bacter. Bd. 11^ S. 749) be-
obachtete bei einem Soldaten eine Mandelentzündung and etwas
später ein Erysipel des Gesichts. Beide Erkrankungen wurden durch
identische Streptokokken bedingt. Da man bei Vorhandensein der
beiden Affectionen auf verschiedenen Individuen in dem einen Falle
von Streptococcus erysipelatos, im anderen von Streptococcus pyogeiies
geredet haben würde^ so sieht Verf. in dem gemeinsamen Vorkommen
einen Beweis für die Identität beider Formen. — Pfuhl (Zeitschr.
f. Hyg, Bd. 12) beschrieb einen Fall von Erysipel, in welchem ab-
weichend von dem gewöhnlichen VerhaUen eine Allgemeininvasion
durch die Streptokokken zu Stande gekommen war*
Ueber die eitererregende Wirkung des Diplocoocus
pneumoniae machte Brunn er (Correspbl. f. Schweizer Aerzte)
eine Zusammenstellung und ergänzte sie durch einen eigenen Fall,
in welchem sich in einem bei Pneumonie entstandenen Handgelenks-
abscess die Diplokokken , in der Lunge diese und Staphylokokken^
im Blut nur diese letzteren fanden.
b. T u b e r c u 1 o 8 e.
Ueber die Histologie der Hühnertuberculose berichtete
Pfander (Arbeiten aus d. patholog, Institut zu Tübingen S. 309b
Er fand in Uebereinstimmtmg mit früheren Beobachtern, dase die-
selbe sich von der menschlichen Erkrankung durch die SpärUchkeit
der Kiesenzellen, die abweichende Form der Verkäsung, die Neigung,
eich mit einem BindegewebBgürtel zu umgeben^ die lebhaftere Ver-
mehrung der Bacillen unterscheidet. Pfand er ist der Ansicht, dass
der Mikroorganismus der Hühnertuberculose ein Bacillus von ge-
ringerer Virulenz als derjenige der menschlichen Tuberculose ist
Bei Erwägung des Infectionsmodus kommt Verf. zu dem Schlass,
dass die Uebertragung diircb VerCüttening auszuschliessen sei. Ei
meint, daea eine Infection ab ovo vorliege (vergl. oben Baumgartenj
Vererbung). — Wichtige Beobachtungen über die „Morphologie
und Biologie des Tuberculoseerregers^ theilte Fiachel mit
?«rL V. Braamaöller, Wien). Hier können nnr die Resultate an-
krt werden. Nach den Beobachtungen Fischers ist der Tuberkel-
Hllus die parasitische Form eines ursprünglich soprophy tischen
plMULorpben Mikroorganigmus, der in der Cultor makroskopisch
nd mikroskopisch Aebnlichkelt mit dem Actin omyces zeigt und
Ttetleieht mit ihm verwandt ist. Der Bacillus der Hühnertuberculos©
ül nur eine Ernährung^moilification, die auf dem Boden des Hühner-
Ibdrpers ihre Wachst hu möfahigkeit auf dem Menschen eingebüsat hat
Der Taberculoseerreger ist ferner auch bei künstlicher Züchtung
noch variabel, jedoch gelang es noch nicht, den menschlichen Bacillus
80 CQ beaioflusseD, dass er die Hühnertuberculose hervorrief.
^m Ueber das Vorkommen des TuberkelbaciUus beim Men-
^^cben und die Histologie der Erkrankung Hegen nur wenige Mit-
^^hailoiigeD vor. Pizzini (Zeitschr. f. klin. Med. B<K 21) will bei
gesmiden Individuen in 42 Öq der Fälle Tuberkelbacillen in verscbie-
denea Lymphdrüsen gefunden haben. Er stellte ihre Gegenwart
doreh Verimpfung der Drüsen auf Thiere fest, — Pawlowsky
(Aimaled de Tinstitut Pasteur Nr, 2) studirte die experimentelle Knie-
gtleiikstobercalose der Meerschweinchen und wendete sich insofern
I gagon Baumgarten (s, Jahrb. 1886)^ als nach seiner Meiouno: die
BieseDxeUen auch aus Leukocyten, nicht nur aus den fixen Zellen
iMnrorgehen können. Kirstein (Heri, med. Oesellscb, ref. Berl. kfin,
I Woch. Nr. 3) demonstrirte einen Fall von menschlicher Ttiberculose,
der »ch infolge des Vorhandenseins plaqueartig oder gestielt ußd
pofyp^s aufsitzender tubercalöser Knoten des Peritonenm durch seine
Aabnlichkeit mit Ferlsucht auszeichnet«. Der Fall ist analog dem
|{ fOO Jürgens auf dem X. internationalen Congress demonstrirten.
II Aoeh Troj e (ib.) sah eine perl such tähnliche ErkraokuDg der Pleura und
I borichcete ferner, dass bei Kaninchen, denen mit Jodoform behandelte
BfteiUeD injicirt worden waren, sich eine richtige Perlsucht entwickelt
bsHe^ Wahrscheinltch beruht das Zustandekommen dieser abweichen-
d«Q ürkrankungeD auf der Wirkung abget^chwächter Bacillen» — Eine
solche Abschwächung konnte ausser durch das Jodoform von Gra-
matachikoff (Centralbl f. patholog Anat 1891, Nr. 25) auch da-
dvrch erzielt werden, dass er menschliche Bacillen in Pergament-
fipter and Thiermembranen in die Peritonealhöhle von Hühnern
bmelite. Nach einiger Zeit fand er, dass diese Bacillen deutlich
abgCMhwächt warec^ wie er durch Verimpfiing auf Kaninchen fest-
Fanl v. Wiehert (Nauwerck's pathoL-anat Mitth. Nr. 15)
*
brachte neues Material zur EeurtheiiuDg der von Tang! (s, Jahrb.
1891 J aufgestellten^ mehrfach bezweifelten Behauptung von der tuber-
culöBen Natur des Chalazion* Er untersucbte 34 Fälle und konnte
in ^i- derselben durch die histologieche ünteraiichung und in einigen
auch durch Auffindung von Bacillen den tubercul5sen Charakter
nachweisen.
Die Wirkung todter Bacillen prüffcen Gran eher und Ltdoiix-
Lebard (Arch. de mM* exper. Nr. 1) öuwie Vis&manii (Virchow's
Archiv Bd, 129). Beide Untersachungön bestätigten die auageeprochea
entzandliche Wirkung der abgestorbenen Bacillen in Bestätigung dar
Angaben von Koch, sowie von Prudden und Hoden pyl und
Straus und Gamaleia (vergl. vor. Jahrb.)
Die TübereuUnwirkung wnrde ausser in hier nicht zu er-
wähnenden klinischeu UntersuchuDgen auch experimentell wieder von
vielen Seiten gepriiti. — Ein günstiges Ergebnias verzeichnete
Sattler (Deutsche med, Wocb. Nr* 1 u. 2). Bei einem Kaninchen
sah er den durch Einimpfung lupösen Gewebes in der vorderen
Augenkammer erzeugten Frocess unter Anwendung des Tuberculina
verschwinden bis aof einen Rest, der exstirpirt wurde, und auf ein
zweites Kaninchen in gleicher Weise übertragen, eine günstig ver-
lautende Tuberculose hervorrief. Auch Kitas ato (Zaitschr. f. Hyg.
Bd. 12) hatte gute Eesultate. Er sah einen günstigen Einäuss auf
Luogenerkrankung bei Meerschweinchen. Fünf Thiere lebten noch
nach sieben Monaten und hatten sich so erholt, daes sie den Eindruck
von gesunden machten. Klebs berichtete ferner über gute Erfolge
bei Anwendung des nach seiner Methode von schädlichen Bei-
mengungen befreiten TuberculiuB^ w^elches er in dieser Form Tuber-
culocidin nennt. Die übrigen Mittheilungen lauten ungünstig. L e n s d e n
(Dißsert. Marburg) untersuchte tabercölose Knochen- und Gelenk-
affecttonen des Menschen nach Tuberculinbehandlung und fand keine
auf Heilung hindeutende Veränderungen , während er an den mit
Jodoform behandelten Objecten u. A. eine weit fortgeschrittene Or-
ganisation des Graniilationsge wehes auffand und daher dem Jodo-
form eine günstige Einwirkung zuschrieb. C^aplewski und Boloff
(BerL kl in. Woch. Nr. 29) erzielten bei experimenteller Augen- und
Allgemeintuberculose keine Resultate, die auf einen heilenden Einfluas
des TubercultDs hindeuteten^ und bestätigten so die Kesultate Baum-
gar ten't^ (s, vor. Jahrb.). — Yamagiva (Virchow's Archiv Bd. 12^)
sah gleichfalls keinen Erfolg von der Methode, — Gramat schi-
lt off (Arbeiten au6 dem patholog. Institut zu Tübingen Bd. 1, S. 28+^
»7
.M3) prafte
did plijdologjscben Wirkungen und Imnd,
6Mi dm^ ToberciilLn ein beBanders die rothen Bltitkorparchen scbidi-
ftfidwi Blat|cift ist. £r inficirte femer Kanineben intraocolmr mit
^rnmÜBdaa TimkiDtam M&tarial, beobacbtete aber unter Taberculin-
Mmdlung nur in mmem faUd bei Anifendong stark abgedchwäcbten
sine «pschetaeod ?dttige Heüang, jedocb ging aacb bei
i OoDtrothhier der Prooeas spontan, wenn auch langsamer lorück,
iem recädiTirte dort der Prooeas und vemicbtete scbliesalicb
noch etn Auge. Im Üebngen sah er keioe vortheilbaften £r-
^^m c PneamoDie.
^H Krase and Pansioi (Zeitscbr. f. Hygiene Bd. 11, S, 279) Ter-
^Hbildic^teii Untersncbungen über den Diplococcns pneumoniae
P^ld Yerwaadte Streptokokken. Sie fandeo, daas es viele Spielarten
1 4ea Oiplo<x>ccas gibt^ und dass einzelne derselben im Wacbstbum
[ AiliaUchkeit mit den Streptokokken zeigen können. Der Verlauf
der lafeccton bei Kaninchen hängt ab von dem Alter der Thiero,
der Tirulenx der Kokken^ der Meoge des Impfmaterlales* Nicht alle
TUere aind gleich empfänglich^ der Mensoh im Allgemeinen wenig
ntr Infection geneigt. Netter (Arch. de m6d. expi^r. Nr. 1) stu-
I dirte die Aetiologte der Bronchopoeumonien und sah, dass de
j dnrek Poeumokokken , die sich besonders bei Erwachaeneii tinden,
Ijdarch Streptokokken, die am meisten bei Kindern vorkommeQ^ durch
^^VrittdlJInder^s KapselbLicillus und durch Staphylococcus aureus, oft
^■oroh mehrere dieser Arten zugleich bedingt sind. Diese Bacterien
^^Maunnten aus der Mundrachenhöhle, die Bronchopneumonie ist daher
OMWt das Resultat einer Autoinfection . Fischer und L e v y (Deutsche
2Seit9cfar. f. Chir. Bd. 32} beobachteten in Bronchopneumonien, die
W iDcareerirten Hernien auftraten, im Bruch wasser und den Lungen
«iaael das Bacteriam coli commune, einmcd den Staphylococcus aibusi
■chtteaaeo also, dass die Lungenprocesse in diesen Fällen metasta-
Natur waren (vergl. Jahrb. 1891, Septikämie).
Jakowski (Q^azeta lekarska u. Centralbl. f. Bact« Bd. 12, S. &59)
aatarsuchta zahlreiche Fälle von Pleuritis und kam zu dem Ergeb-
dass dieselbe, wenn sie primär ist, meist durch den Diplococcas
ht wird. Eiterige Exsudate beruhen auf Miachinfection. In
^ealtenen Fällen ündet man keine Mikroorganismen, es handelt sich
dann meist um Tuberculose. — Goldscheider (^Zeitschr. f. klin.
üed.) ^nd, dass bei acuter seröser Pleuritis dreimal Staphylokokken
md Streptckokken vorhanden waren, die somit nicht nothwendig
ffitenuig machen müssen,
4. prsct, Ikiedicio. 18v*i. '*
j^H^^^l^fbucii
98
Ribberl,
üeber die pyogeoe Fähigkeit der Diplokokken sieh© oben
„Septikämle". Hier sei nur erwälmt, dass K, Zenker (DeutaGhes
Archiv f. klin. Med. Bd, 50) in einem Falle von Pneumonie am
Bechsteo Tage eine ongewöhnlicli ausgedehnte Vereiterang den hepa-
tieirten Gewebes beobachtete, die nur durch sehr grosse Mengen
von Diplokokken veranlasst war.
d. Typhus.
Mehrere Arbeiten betreffen die Unterscheidung des Typhus-
baciilus von dem Bacterium coli commnne. Chantemesse
and Vi dal haben bereits im Jahre 1891 (Le Bulletin m4d, S, 935)
angegeben, dasa daa Bacterium coli Milchzucker vergährt, dass der
Typhusbacillus dies aber nicht thut. Diese Angaben fanden dnrch
die folgenden Arbeiten Bestätigung, Luksch (CentralbL f. Bacteriol.
Bd. 12, S, 427) fand ausserdem, dass daa Bacterium coli weit ge-
ringere Eigenbewegung zeigt, und dass es sehr schwer iat, an dem-
eelben dnrch Löffler*s Methode die Geissein zu färben, während
diea bei dem Typhusbacillus leicht gelingt. — Wurtz (Arch. de
m^d. exp6r, S. 85) hob her vor, dass öich die eine Bacterlenart nicht
mehr auf der Gelatineoberfläche entwickelt, auf welcher bereits die
gleiche Species gewachsen war. Die andere Art gedeiht dagegen
noch auf einem solchen Boden. — P6r6 (Annales de Pinstitut Pa-
Bteur S. 512) studirte eben lalle, die beiden Mikroben und konnte sie
durch ihren Einfluss auf die Nährsubstrate leicht unterscheiden. —
Dnnbar (Zeitschn f. Hyg. Bd, 12) hob hervor^ dass die bisherigen
Züclitungekriterien für die Typhusbacillen nicht mehr genügoo, dass
man sie aber durch Cultnr auf Milch, die nicht gerinnen darf, und
in Bonillon, in der keine Gase entstehen dürfen, von dem Bacterium
coli commnne sicher unterscheiden kann. Auch Tavel {Semaine
m^» Nr. 8) betonte die Unterscheidungsmerkmale der beiden Arten,
insbesondere gegenüber Roux nnd Rodet (8oci6t^ nation. de Lyon,
1. Februar), die zu dem Resultate gekommen waren ^ dass die beiden
Bacillen nur Varietäten derselben Species seien. Auf Grund der an-
gefahrten Arbeiten kann man diese Auffassung wohl als widerlegt
ansehen. — Was die pathogene Wirkung des Typhusbacillus
angeht f so fanden Rosin und Hirsch el (Deutsche med. Wochen-
schrift 8. 493) in einem Falle von Typhus am Unterschenkel eine
eigenthümliche harte Infiltration, in welcher sie lediglich den Typhus-
bacillus nachweisen konnten^ dessen Fähigkeit zu metastatischer Ent-
BÜndung bekannt ist (s. frühere Jahrbücher). Auch Dupraa fand
bei eiteriger Thyreoiditis und in einem osteomyelitischen Herde nach
r. Ckolera.
Pfeiffer (Zeitedu-, f. Hjg. Bd. 11, S. 383) kouto Mgeii, dmn
tm OegeoeatB m den von Hneppa gwamditea Abgaben (s. Jaiirb. 1S91
«. 1892) attcb die bei Loltziicntt gBctehtefeec ChoUrabacilleii duck
nitapgivB Gifiwirkmig wma^ßnkhmt^ mmL Geringe mtrmperittmeftl
iisgelUrte Menden jung^ Caltareo omd für Heeraeliwemdien todt-
Befc^ obgleich i& der Leicbe nur Teretnxelte lebende ßacterien nach*
tmpciwM fliiid. Terf. Iddtate hrner die CohureB durch Hiud,
vdcbe die Gifte ndgüebBt wenig angrifF^i (ddoroform, Tfaymo],
'faiekaea), and iaod, daas nie auch dann noch ähnliche toxische Wo*-
kaBgen nrigtaD, £r hält die giftigen Sohstanzen f&r einen inte-
grifesMien Bestuidtbeil der Bacterienl eiber. — Aach Gamaleia (Arck.
da m^ expör. Nr* 2) stadirte die Giftbildiing der Kommabacilleo.
fir oonatatirte^ dass ans Onlturen^ die bei niederen Temperatareia
•tefiBstrt worden waren , ein Toxin tn gewinnen war^ weLchea
Tliiere unter den ih^cheintingen der menachlicheii Cholera tödtete.
Atta den bei hohen Tefaperaturen getddteten Cnltttren stellte er gleich -
idla ein Gift dar^ welches anter anderen Symptomen todtlich wirkte.
Dic0ee letztere setzte er in Analogie mit dem Tabercalin nnd den
Alkaiialbnmtnen Bnchner's, das erstere mit dem Diphtherie- und
TetKQOsgift. Die giftigen Substanzen sind die wichtigsten Be-
aUadtheile des Bacterienkörpers.
Die CholeraepidemieD dea yergangenen Jahrea haben im Üebrigen
acfi Ne^e Beweise für die pathogene and die diagooetiache Beden*
isag des Kommabacillas erbracht«
lOU
ÜibberL
r, Di phtkeritis.
M. Martin untersuchte (Annales de Fiostltut Pasteur Nr. 5)
200 Fälle von Diphtherie und fand^ daas die bacteriologisohe Prü-
fung stete ein raacheö und sicherea Mittel an die Hand gibt, um die
Diagnose au ßtellen und Fälle echter Diphtherie von pseudediphthe-
rifichen Erkrankungen mit Membranbildung zu unterscheiden. Eiu
Theil der Fälle von Diphtherie ist nur duroh die Kl ebs-L off 1 er-
sehen Bacillen, ein anderer zugleich auch durch Streptokokken be-
dingt. Diese cemplicirten Fälle sind die geflibrlicheren, — Spronck
(OentralbL f. patholog. Anat, Nr. 1 ) fand in mehreren Beobachtungen,
daes von der tracheotomißchen Halöwunde auts DiphtheriebaciUen in
das Unterhautzellgewebe eingedrungen waren und bier entaundlich-
ödematöse Schwellang bewirkt haben. — Martiu-Sidney (ßrit. med.
Journ., 26, Märss) hat aus den Geweben an Diphtherie verstorbener
Kinder Albumosen gewonnen^ die bei Thieren intravenös injicirt
tödtliche Paresen hervorriefen. Er gibt ferner an, Degenerations-
erscheinongen peripherer Nerven gefunden zu haben, femer ähnliche
Veränderungen am SympathicuB. Die d ip ht her i tischen Toxine seien
somit echte Nervengifte. Aock aua diphtheritLgcben Membranen ge-
waim er ähnlich wirkende Albumoaeo.
g. Tetanus.
Nieolaier berichtete über die Aetiologie des unter halbseitiger
Facialistähmung und unter Krämpfen der ScUundmusculatur nach
Verletzungen ^Jm Bereich der zwölf Hirn nerven auftretenden Kopf-
tetanua. Er konnte in einem Falle die Tetanusbacillen als Ursache
nachweisen. — lieber die Genese der Tetanusinfection machten Vail-
lard und Vincent (Annalea de l'institut Paateur Nr. 5), dowie
Vaillard und Rouge t (ibid. Nn 6) wichtige Mittheilungenj die im
WeHentiichen darauf hinausgehen^ dass die Tetatjusbacillen durch
ihre Toxine wirken, daas sie, von diesen Giften befreit, für eich allein
nur in grossen Mengen vermittels der in ihrem Leibe enthalteuen
SubstaQzen Bcbädlich srnd, dasa nie aber, mtt anderen Bacterien arten
eingeführt) sich zu entwickeln vermögen., und dasa eben nur unter
diesen ümstäBden eine Infection zu Stande kommt. Ein ladigliok
mit Tetanusbacillen behafteter Holzsplitter ruft daher keinen Tetanus
hervor.
Während Kitasato und Nissen (a, vor» Jahrbuch) im Bluto
Tetanuskranker das Tetanuatoxin nachweisen konnten., gelang
es Kallmeyer in einem Falle nicht (Deutsche med.Wochenschr. Nr,4),
AUfemdne Pathologie und pathologische Anatomie.
101
Stero (ibid. Nr. 12) hatte dagegen in zwei Palleii eineo positiven
Erfolg und föhrt jenes negative Ergebniss darauf znrück, daes Kall-
meyer zq wenig Serum angewandt habe.
h. I D f 1 u en xa.
Nachdem, wie im Jahrb. 1891 berichtet warde^ die zahlreichen
bacteriologiscben Untersuchungen bei der damaligen InÖuenza-
epidemie ergebnisslos geblieben waren | gelang es Anfang 1892
R, Pfeiffer in dem Bronchialsecret kleinste Stäbchen ausfindig
«a machen, die, den Bacillen der Mauseseptikämie ähnlich, in uncom»
plicirten Fällen ausschliesslich vorhanden waren, sich aber zunächst
Äof Zuckeragar nur schwer und nicht über die zweite Generation
hiBaus züchten Hessen (Deutsche meH, Wochenschr, Nr, 2). Gleich-
seitig theilte Ki tasato mit, dass es ihm gelungen sei, die Stäbchen
aaf Glycerinagar durch mehrere Generationen zu züchten, dass die
CoJonien äuti^serst klein und daher leicht zu übersehen seien, dass
sie nicht confluirten und eich leicht von allen anderen Bacterienarten
ODterscbeiden Hessen (ibid,). Später berichtete dann E, Pfeiffer
(ibid^ Nr. 21), dass er nunmehr die Bacillen sehr gut auf Agar
icfichten könne, auf dessen Oberfläche etwas menachliches Blut ver-
rieben wurde. Die Stäbchen bedürfen offenbar gewisser Eiweisa-
Stoffe za ihrer Entwickelung, die im Blute enthalten sind. Von
anderer Seite gemachte Angaben , dass die Bacillen sich auch im
Blate fänden, konnten nicht bestätigt werden, Die Mittbeilungen
Pfeitfer's and die Nachuntersuchungen durch andere Bacteriologen
lassen keine andere Deutung zu, als dass in jenen Stäbchen die Er-
reger der Influenza, die Influenzabacillen, gefunden sind.
i. Scharlach.
Im Blute Scharlachkranker sind schon früher mehrfach
Itreptokokken nachgewietsen, deren Bedeutung verschieden auf-
gefssst vtirde. D^Espine and Marignac (Arch. de med. exp6r. Nr. 4}
haben eioen solchen Befund neuerdirtgs erhoben und glauben, dass
der von ihnen gezüchtete Streptococcus sich von den anderen Arten
in genügend sicherer Weise unterscheide — andererseits hat Böhm
(Arbeiten aus dem pathol Institut in Tübingen S. 893) in einem
prftgDsnten Fall von Scharlach ein völlig negatives Oulturresultat ge*
habe und ist der Ansicht, dass die von anderen Seiten gewonnenen
Streptokokken secundäre Eindringlinge sind, alüo mit der Aetiologie
dei» Scbarlachs nichts za thun haben.
102
Bibbert,
k. Actin üinykoae.
Während man den Actinomycee bisher gewöhnlich zu den
Bacterien stellte und den GJadothrixarten zurechoete, kam Domec zu
dem Schlusßf dass eB sick um eine Hjphomycetenart handele^
die den Mucedineen angehöre. Er stützte sich auf das Aussehen
der Culturi auf das Wachsthum auf stark sauren und süsaen Nähr*
böden, auf das von ihm beobachtete durch Abschnüruag vor sich
gehende Entstehen von Sporen an den Enden der Fäden und auf
das Auskeimen derselben zu Fäden. Auch Sauvageau und Ra-
dais (Aunales de Finstitut Pasteur ^v. 4) Bind der Ansiclit, dass
die S t r e p t o t h r i X art en^ zu deu en sie den Aetin o my ces rechnen, z u
den Mucedineen gehöreu, während die Cladothrixformeni zu denen
der Äctinomycts meist gestellt wird, Bacterien seien. Auch sie be-
gründen ihre Meinung durch das Verlialten der Cultur und durch
die endständige Sporen bildung.
1* Malaria.
Das Interesse an den Malariaparasiten concentrirte sich auf
die Frage nach den einzelnen Arten derselben bei den verschie-
denen Malaria formen. Bekanntlich (s. Jahrb. 1891) hat Golgi
angenommeni dass dem Tertian-, Quartan* und irregulären Fiebern
besondere Parasiten zukommen. Die der beiden ersten Arten sind
besonders amöboide Formen, die der letzteren sind durch das Vor-
kommen der Sicheln oder Halbmonde auegezeichnet. Dieser Aul-
tassang schlössen sich in der Hauptsache Kamen (Ziegler's Bei-
träge Bd. 11 u. 12) und Korolko (Monogr. 8t. Petersburg) an.
Ersterer betont^ dass die Tertianamöben zarter, weicher, zerfliess-
licher, die Quartanamöben compacter, rundlicher sind, dass jene
sich in 6 — 8 junge Zellen, diese sich in doppelt so viel Theile zer-
legen. Die Sichelformen sah Kamen auch im Innern der rothen
Blutkörperchen^ während man bisher annahm, dass sie nur an ihnen
anhaftend vorkämen. Korolko meint , dass man vielleicht die
Amöben des Quartan- und des unregelmässigen Fiebers als eine Art
anzusehen habe, während er allerdings die TertianamÖbe gleichfallB
scharf von den anderen trennt. Marchiafava und Bignami
(Deutsche med. Wochenschr. Nr, &2) unterscheiden vier Formen von
Amöben: Die Amöben der Quartana, der Tertiana, der Sommer-
Herbst tertiana, der Qaotidiana, Die beiden letzteren Varietäten be-
dingen die perniciösen Formen der Malaria. Die Amöben rufeu nicht
nur im Blut, sondern auch am Gefässsjstem, insbesondere der Milz,
Allgemeine Pathologie ntid psthologische Anatomie. IQ3
aber, Knochemnark VeräDderuDgen hervor, die zum Theil die Ma-
SU erklären vermögen«
HU Thierieche Parafliteo.
Kruse schrieb (Hygienische Hundsohau Nr. 9) einen orientiren-
Artikel über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von
dm parasitären Protozoen, auf den hier, auch wegen des oben
Qber die Malaria Gesagten, nur verwiesen werden kann.
Ueber die epidemische Dysenterie, die man (vergL vor. Jahrb.)
Tielfacb auf Amöben zurückzuführen versucht hat^ b'egen drei Mit-
tlHBÜangen vor. Maggiora (Centralbl. f^ Bacter. Bd. 11^ Nr. G — T)
a|ir«cii sich dahin aus, dass die Aetiologie der Dysenterie nicht ein*
iMitücb sei, sondern dass die Erkrankung auch durch Bacterien ver-
QTBacbt sein könne. Er selbst sah nur einmal eine einzige Amöbe,
im Uebrigen fand er verschiedene Bacterienarten (B. coli commune,
Bw pycM^aneus), lässt es aber unentschieden, ob gerade diese die
DfBiebe sind. Ogata (ibid. Bd. 11, Nr. 9^10) züchtete in Japan
bei Dysenterie kurze, feine Stäbchen von charakteristischer Be-
a^Iiaffenheit, die, in verschiedener Weise übertragen, bei Thieren vor
Allem BlatuDgen und Gescbwürsbildung im Dickdarm erzeugten*
Ogata hält si© daher für die Ursache der in Südjapan eiuheimi-
dcb^n Dysenterie. Nasse andererseits gewann aus Leber abscessen
AaOhm (Wochenschr. t klin. Chir. Bd. 43).
Iln zwei Fällen von Lungengangrän konnte Streng (Fortschr.
4. Med. Nr. 19) in dem Sputum Infusorien nachweisen, in Ueber-
etodlimmong mit früheren Angaben von Kannenberg und Litten.
Die Thierchen boten lebhafte Eigenbewegung und vermehrten sich
in Bouillon, in welche Sputum eingebracht wurde. Ueber die Be-
deutung derselben fQr die Lungengangräu ist ein Urtheil noch nicht
Tamagiva machte genauere Mittheil tiogen (Virchow's Archiv
Bd. 127, S, 446} über eine schon von Balz beschriebene (s. Jahrb,
1884), durch einen Wurm, das Distomum pulmonale, veranlasste
Krankheit, die in Japan endemisch ist. Die Thiere siedeln sich vor
ABam in den Lungen an, wo sie in cystenartigeu Hohlräumen sitzen,
aiMsenlem besonders in der Leber, aber auch in anderen Organen
(Oabim). Die Prognose ist je nach dem Sitze der Würmer ver-
salueda&. Sie wandern wabrscbeiulieb vom Darme aus ein. —
Aacboff (ibid, Bd. 130, S. 493) beobachtete einen neuen Fall von
Ansiedelung des Distomum lanceolatum in der menschlichen Leber bei
l&jäbrigen Knaben, Der Befund wurde lediglich diurch das
104
Ribhert.
Kikroskop gewocneD, was Verf» veraiilaBSt^ auf dies© Art der Unter-
SüchuDg, die Leuckart schon gefordert hat, bei Verdacht einer
Wiirmkraukbeit von Neuem hinzoweitjen.
II. Allgemeine Pathologie und pathologisciie Anatomie.
L Blut.
Aschoff studirte (Virchow^s Archiv Bd, IBO) die Genese der
Th rem bei). Erfand, dass sie sich zimächst ans Blutplättchen und
Leukocyten id der Weise bilden, das« aias jenen ein badeschwamm-
ähnlicher Aufbau hervorgebtj dessen Balken sieb in ihrer Peripherie
yorwiegend aas Leukocjten zusammensetzen. In den Lücken dieses-
Gerüstes circuHrt in der ersten Zeit noeb Blut, aus welchem eich
mit zunehmendem Alter des Thromhns mehr und mehr Fibrin aut
die Balken und an Stelle derselben niederschlägt, so dass es scbliess-
lich den Haupt antheil des Thrombus bildet. Die gerippte Beschatfen-
heit der Thrombus Oberfläche (vergK Jahrb. 1892) hängt mit dieser
Bildungsweise zusammen , da die jüngsten Theile jener Balken den
vorspringenden Kiffleißten entsprechen. Die Abscheidung der Haupt*
balken in Abständen ist von der Wellenbewegung des Blutes oder
der normalen Faltenhildung der Gefasswand abbängig, — Man aase
(Yirchow^B Archiv Bd* 130, S. 217) stellte in den Gehimgefä&sen
bei Infectionskrankbeiten hyaline rundliche und längMche confiuirende,
oft in feine tibrin ähnliche Fäden endende Gebilde fest, die tbeils
lose im Lumen lagen, theils dasselbe obturirten. Er lässt diese nach
Weigert's Methode färbbaren Dinge aus weissen Blutkörperchen
hervorgehen. Ueber ihre Bedeutung bringt er keine Anhaltspunkte.
Im normalen Gehirn fand er sie nicht.
2. EnlzEndniij?.
Auf dem Chirurgencongress des vergangenen Jahres machte
P, Grawitz Mittheilungen über Untersuchungen, die von ihm selbst
und seinen Schülern zur Frage nach der Herkunft der zelligen
Elemente bei der Entzündung angestellt worden waren. Er
berichtete darüber ferner auch in Virchow^s Archiv (Bd. 127, S. 96),
in welchem weiterhin auch die Arbeiten seiner Schüler ersehienen-
Grawitz glaubt für die Zellen Vermehrung eine neu© Quelle gefunden
zu haben, auf welche schon in der Arbeit von Viering über die
Regeneration der Sehne (s. vor. Jabrb,) hingewiesen worden war.
AlJ^eiDftne Pathologie und pathologidcbe Anatomie.
105
Kr geht davon aus, dass die Z^ischensabstanzen des Bindegewebes
«■twiekeluDgsgeschiebtlich aus Zellen abzuleiten seien, die bei dieser
Umwandlung in eine Art Schlummerzustand übergingen, aus dem
me bei der Entzündung wieder erwachen könnten. Das Grewebe
Btinint dabei wieder einen durchaus zelligen Charakter an, und die
«iteri^e Eioftchmelzung desselben beruht auf dieser vdliigen Umwand-
^QQg des Faaergewebes in ein rein zelllgea Gewebe, Schmidt
libid. Bd, 128, S. 58) übertrug diese Anschauungen auf das Fett-
gewebe^ dessen Elemente er nicht als fetthaltige Einzelzellen j aoo-
daro als Zellverbände ansieht, deren Beatandtheiie zu Schlummer-
Werden* Bei der Entzündung werden sie wieder sichtbar,
sm sieh und bilden so ein Oranulationsgewebe^ welches ent-
reder in Narbengewebe oder wieder in Fettgewebe übergeben kann,
[rnae fibid, Bd, 128, S- 251) beschrieb zunächst die Entwickelang
Cornea, deren Fasern aus Zellen hervorgehen und durch andere
den Schlummerzustand übergegangene Zellen gegen die Saftspalten
[lEt werden sollen. Bei der Entzündung findet eine Rüekbil-
dieser Elemente in Zellen statt. Kr ö sing (ibid. S. 445)
iert besonders weitgehende Umbüdungsprocesse an den qaer-
tg»#lretfceti Muskelfasern, deren Langen- und Dickenwachsthum durch
Aneinanderiagerung von Zellen zu Stande kommen soll, die, zu
amerzellen werdend, später nicht mehr wahrgenommen werden
Bei Entzündungen, Atrophien und anderen Processen treten
die Zellen wieder hervor und können zu Bindegewebs*, Knorpel-,
fiterseUen etc. werden. Schleiffarth (ibid. Bd. 129, S, 1) studirte
die eep&sen Organ bedeckungen und die Hirnhäute. Auch sie können
Hieb seilig umwandeln und Eiter bilden. Er hebt ferner hervor, dass
'M deD Fasern auch Fibrin werden kann. — Heidemann (ibid.
77) untersuchte die zellige Infiltration in Carcinomen, die gleich-
Qa durch zellige Umwandlung des Biodegewebes entsteht, welches
iorch dem proliferirenden Epithel Gelegenheit zum Eindringen
— Kickhefel (ibid, S. 450) untersuchte zahlreiche Objecte,
deseo eich Schleimgewebe entwickelt hatte, ferner Myxome,
|Oademe und Gallertkrebse. Das Bchleimgewebe entsteht durch Um-
idloDg von Zellen in homogene oder kömige Substanz, aus welcher
Zellen wieder durch den umgekehrten Process frei werden
Köoiieii*
Dieae »o kurz skizzlrten Anschauungen von Grawitz würden
iings, falls sie zu Recht beständen, unsere jetzt geltenden An-
ftuODgen über die Entzündung sehr wesentlich modificiren. Sie
würden insbesondere die Auswanderung der Leukocyten, die Grawitz
106
Ribb«rt.
nicht in Abrede stellt, zu einem Debensächlichan Factor maoheu»
Von mehreren Seiten sind indess schwerwiegende Bedenken gegen
sie erhoben worden, auf die hier im Einzelnen einzugehen nioht
möglich ist. Am ausführlichsten hat sich Weigert (Deutecbö med.
Wooheuscbr. Nr. 29 — 31) gegen Grawitz ausgeflprochen und bervor-
geboben, dass die von ihm gehegten Vorstellungeu sich mit der
Cellularpathologie nicht wohl vereinigen lassen, dasa ferner von
Grawitz keine ausreichenden Beweise für die Existenz der Schlummer*
Zellen beigebracht seien. In der Tbat lassen sich die zahlreichen
von Grawitz und seinen Schülern beschriebenen Bilder ebenso gut
nach den bisher geltenden Anschauungen erklären« Ein Uebergang
in den Schiummerzustand und ein Wiedererwacben aus demselben
ist aus dem Nebeneinander der Zellen nicht zu entnehmen. Auch
Marchand (Deutsche med, Wochenschr. Nr, 34), Eberth (Münch.
med, Wochenschr, Nr, 43), Ziegler (dessen Beiträge Bd, 12, S. 152)
haben sich in ablehnendem Sinne ausgesprochen , während Shake*
speare (Berl klin. Wochenschr. Nr, 26) angab, dass im normalen
Bindegewebe stets viele Zellen vorhanden seien, die man für ge-
wöhnlich nicht sehen könne, die bei der Entzündung aber sich ver-
grösserten und sichtbar wurden. Sie seien jedoch wirklich als Zellen
und nicht in einem Schlummerzustande vorbanden.
Ziegler gab (l. c) eine historische und kritische Ueber-
siebt über die Lehre von der Entzündung, und unter seiner
Leitung untersuchte üschinsky (ibid, S. 115) die Entzündung,
welche durch Kälteeinwirkung auf verschiedene Gewebe entsteht
Er fand, dass niedrige Temperatur die Theile viel weniger schädigt
als eine hohe, und dass sie eine lebhafte Entzündung bedingt, die
aber trockeuer.j zellreicher ist als andere und Kich durch ein beson-
ders eiweiBsreiches Exsudat auszeichnet, Schnittwunden in gefroren
gewesenem Gewebe kleben daher besser zusammen und heilen in-
folgedessen sobneller.
Metscbnik off schrieb ein ausführliches nnd interessantes Werk
(Paris, Massen) über die Entaündung, in welchem er die biologi-
sche Bedeutung derselben und insbesondere auch die Rolle der Leu-
kocyten und der Phagocytose auseinandersetzte« Das Buch eignet
sich nicht zum kurzen Referat, soDdern muss im Original gelesen
werden. — Cassalt (Arch. de med. expor, 8. 270) untersuchte die
Resorption fester Körper in Geweben und fand, dasH dieselbe
uacb den Anschauungen von Mets chnik off augscbliesslicb durch
Phagocytose zu Stande kommt*
amaei lieferte swei experimentelle Beiträge zur EntzuDduDgs-
fhtge* Er zeigte erstens (Virchow's Archiv Bd. 127, S. 467), das«
«ift KaoiocheQohr^ nachdem es einmal eine Grontonötentziindung
flterfitaiiden bat, gegen erneute Application des Oeles weit weniger
ettpfiiMiliGh ist, also eine gewisse Immunität erreicht. Es reagirt
ml weniger heftig , die Exsudation erreieht nar geringe Qrade,
iUiniiig tritt kaum, Gangrän niemals ein, Samuel sucht den
rand dieser Erscheinung in einer veränderten Alteration sfähigkeit
der Gela^Be, Er fand zweitens, dass, wenn man ein Kaninchenolir
cmtoiitairt und das andere in Wasser von 15 ^ G, und darunter steckt,
vilireiid der Dauer dieser Immersion die Entzündung auf dem ero-
feotiiairteti Ohr ausbleibt. Diese auf lallende Erscheiuung ist noch
nicht erklärt, Kedex kommt nicht in Betracht, dagegen vielleicht
ein© Lähmung der weissen Blutkörperchen beim Durchtritt durch
djifi abgekühlte Ohr*
3. PjgHK^Bt.
Dürek (Virchow^s Archiv Bd, 130, 8. 29) lieferte einen Bei-
Jwr Lehre von den Veränderungen und der Altersbe-
stimmung von Blutungen im Gentralnervensystem. Er
stallte durch Untersuchung einer grossen Zahl cerebraler Blutungen
in üebereinstimmuDg mit den jetzigen Anschauungen fest, dass die
Bildung kömigen FigmenteS| sei es aus den rothen Blutkörperchen,
661 00 aus dem ausgelaugten Blutfarbsto^, ausschliesslich durch Yer-
ottteliing contractiler Zellen zu Stande kommt. Er konnte sodann
di6«e Befunde bei experimentell hergestellten Blutungen bei Thieren
beetfttigeix. Auf Oiund der gewonnenen Resultate ist er sodann in
d6r Lage, unter Zugrundelegung mehrerer Gesichtspunkte, des Ver«
kfthflita der rothen Blutkörperchen, der Lagerung, Form und Reactton
d66 Pigmentes ziemlich genaue Angaben zu machen, nach denen das
Aller einer Blutung de:^ Central nervensystems bestimmt werden
kftim. Die genaueren Ausfülirungen können hier nicht wiedergegeben
werdet^
4* Regeneration.
Ktrbj (Zieglers Beiträge Bd. 11, Ö. 302) untersuchte die
igeoeration der quergestreiften Muskelfasern (s. vor*
fabrb.), Die Neubildung erfolgt durch Sprossung aus den re-
adea Fasern, die dabei auch zunächst eine Längsspaltung er-
^&lireo können* Er beobachtete ferner eine Bildung umfangreicher
nioaoniolloD aus solchen Muskelabscbnitten, die nicht mehr mit den
108
Ribbert.
alten Easern in Zusammen bang standen. Sie können vielleicht wieder
mit ihisen in Verbindung treten und dann ähnlicbe Sprosenngen
eeigBD. — Das gleiche Thema behandelte Volkmann (ibid. Bd. 12).
Die Regeneration erfolgt entweder nach embryonalem Typus j oder
durch Sprossung aus den alten Fasern. In beiden Fällen gebt die
Regeneration aus von den Körnen und dem sie umgebenden Sarko-
plasma, nicht von der contractilen Substanz. Nach embryonalem
Typus bildet das Protoplasma junge Zellen^ die zu langen Fasern
äuawachsenj bei der Sprossung dagegen kern reiche Massen, die sich
dnrcli Wachsthüm zu Fasern verlängern, — Barth prüfte die Re-
generationsfähigkeit des Nierengewebea nach Exfltirpation
von Stücken aus demselben. Er fand, dass einestheils die Harn-
kanälchen am Rande des Defectes in ihn hineinsprossen, ihn aber
niemals auch nur annähernd ausfüllen, da er zum grössten Theil
durch Bindegewebe geacblossen wird, welches später schrumpft und
so Zur Bildung einer Narbe führt. Das restirende Nierengewebe
zeigt andererseits die Erscheinungen der compensatorischen Hyper-
trophie, die unter Auftreten von Mitosen vor sich geht Es ver-
grössern sich sowohl die Harnkanalchen wie die Glomeruli (Habili-
tationsschrift Marburg)* — Die comp ensatori sehe Vergrösae-
rnng der Schilddrüse studirte Beresowsky an Huüden, denen
er in wechselndem Umfange theils die eine Hälfte des Organes,
theils Theile von beiden exatirpirte. Am Rande der Wunde erfolgen
Regenerationsvorgänge, im restirenden Theile, unter lebhaften karyo-
kinetischen Vorgängen ^ Neubildungen von Epithelien in den Alveolen,
und aus diesen zellerfüllten Drüaeoräumen geht die Bildung neuer
Alveolen hervor. Die Hypertrophie der Schilddrüse bleibt an Umfang
hinter der Vergrösaerung anderer Dröeen zurück fZiegier's BeitrÄge
Bd. 12, S. 131),
r>. Regressive Processe,
Die Verändernngen der A 1 1 m a n naschen Zül]granu(a bei
Nekrosen suchte Raum festzustellen (Central hl. f. patholog. Anat.
Nr. 17). Er unterband den Dactus choledochus bei Meerschweinchen
und sah die bekannte herdförmige Nekrose der Leber eintreten
(vergl. nnten Leber), Im Bereich derselben verloren sich die Granula
durch Auflösung, nicht unter den Erscheinungen der Coagulations-
nekrose. Die absterbenden Zellen, insbesondere im Rande der
nekrotischen Herde ^ zeigten die Erscheinungen der Fettentartnng,
die Fetttröpfchen scheinen durch Umwandlung der Granula äu
entstehen. — Ein allmähliches Verschwinden der Granula beob-
Allgeraeine Pathologie und ptthalognebe AnalOfiiic* I09
«6fat«id Dannahl ^Virebow't» Archiv Bd. 12ö, S. 485; aach in
dtf Leiche*
Nach Stichverletzung^n der Arteria und Veaa femoralia sah
Siidrlio nach voraofgegangener Pirogofrsciier Amputation
wagao beginDeDder Gangrän eine durch Streptokokken bedingte
Totalnekroae der Streckmuekeln des Faaaes, die leicht einzeUi
fftr aieh herausgezogen werden konnten (Vircbow^a Archiv Bd. 128L)*
Benario verfasste eine Preisautgabe aber Lehre von der trüben
Schwel In Dg, in welcher er die histonBche Entwickelang dieser
Lehre, insbesondere die Anachaaung Virchöw's bespricht und be-
Umtf daae wir die trübe Schwellung nicht mehr als parenchymatöee
Satslliidung auffassen können, sondern als einen regressiven Proceas
betrachten müssen.
E. Fränkel hat (Virchow^s Archiv Bd, 127 u* 129) fünf Fall©
■nterauehl^ in denen in Ermangeluiig anderweitiger Todesursachen
der tddtUohfi Ausgang aui' länger dauernde Ghloroformirang be-
MgBD werden musste. Im ersten Falle starb eine Primipara drei
Woeheii nach der Geburt, während welcher sie betäubt worden war.
Ea fan4]«u sich fettige Degenerationen und partielle Nekrosen mehrerer
Organe, 00 vor Allem der Nieren und des Herzens, iu ersteren waren
die Tubali contorti erkrankt.
Trambusti beobachtete nach Exstirpation des Plexus
eoatiacus bei Hunden Veränderungen in der Leber und den Nieren,
die ala hyaline und glykogene Metamorphosen bezeichnet werden
noosten und aU die Folgen tiefer , durch jenen EingrifiT bedingter
^metioneller Störungen der Zeilen anzusehen waren, f Centralbl. f.
pathoiog. Anat. Nr. 16,) — Siegert (Virchow's Archiv Bi. 129,
Baft 3) untersuchte die Corpora amylacea der Lunge, Prostata,
Centralnervensystems und der Schleimhäute der Harnwege. Er
, duBs sie entstehen durch Verbindung von Zellproducten m^it
DrOaenaecret und den Gewebssäften und durch Niederschlag
Tarbindungsmasse auf eiuen Kern von Kohlepartikeln, Zell-
theOafi ecc Die Substanz gibt von vornherein die charakteristische
Jüdreacttön, sie zeichnet sich ferner aus durch starkes Lichtbrechungs-
vamögen und grosse Widerstandsiähigkeit gegen die stärksten
oheaiiaobdii Eaagentien. Verf, nennt die in dieser Weise cbarakte*
Körper Corpora versicolorata s. Virchowii, und stellt
eiaa aweite Gruppe von Corpora „dava"* gegenüber, die nur
Ei
IUI
Biblyert,
die Reactiouen dea Hyalhas geben. Zu ibneo gehören u. A. die Corpora
amylacea der Centralorgane irnd die Psammomkörper Vircbow'a.
— Ernst berichtet über die Beziehung des Eeratohyalins zum
Hyalin (Vircbow's Ärch. Bd. 130^ 8. 379), Nachdem er zynächst eine
ausführliche Litteratur üb ersieht gegeben hat^ pflichtet er denen bei,
die das Keratohyalin zum Zellkern in Beziehung setzen. Er hält die
Kömchen besonders auf Grund ihrer Färbung mit Hämatoxjlin für !
Chromatin, welches aus dem Ziisammanhang der Kerne versprengt
wird, wenn die Zellen in Verhornung übergehen. Mit Hyalin bat
also das Keratohyalin nichts zu thutii Ernst bat sodann die ganze
Gruppe des Hyalins mit Hülfe einer besonderen Färbemethode genauer
untersucht und gezeigt, dass sie durchaus nicht einheitlich ist, daas
das Cülloid der Schilddruse, die Nierencylinder und Anderes nicht
dahingehört f dass vielmehr die Hyalingruppe sich vorwiegend aus
Bindegewebs- und Oefassveränderungen zusammensetzt^ zu denen
Umwandlungen dea interfolliculären Schilddrüsengewebes , hyaline
Ulomeruli, hyaline Massen io Geschwülsten etc. zu rechnen sind (ib,
Bd. 130, H. 3).
I
6. Keubildnng.
Zarniko (Virchow^s Archiv Bd. 128) fand in mehreren von den
Nasenmuflchelo ausgehenden Tumoren Knochengewebe, welches in der
Form von Exostosen aus dem Knochen der Muscheln hervor-
gegangen war. — Heymann (ib. Bd, 129) öifnete systematisch die
Highmorshöhlen in Leichen und fand unter 600 Fällen 31 mal
Tumoren j unter den en die S c h 1 e i m h a u t c j s t e n vorherrschten. —
Chiari (Prag, med, Wocb. Nr. 85) Uötersuchte einen sehr interessanten
Fall von multiplen Exostosen bei einem 19jährigen Mädchen^
welcheB an einem Sarkom des rechten Humerus mit Metastasen in die
Lungen zu Grunde gegangen war. Die Exostosen fanden sich vorwiegend
an den unteren Extremitäten, in etwas geringerer Zahl an den Armen
und dem Rumpf, dagegen nicht am Kopf. Im Ganzen waren übei
1000 Knochenaus Wucht!© vorhanden, die meist in der Nähe der Epi-
physen sasaen nud offenbar aus abgesprengten Koorpeltheilen her
vorgegangen waren. Es handelte ^iich also um eine Wachathums
anomalte, es fehlten aber Anhaltspunkte für abgelaufene Hhachitis
Das Sarkom des Humerus war höchst wahrscheiiibch aus den frühe:
dort vorhanden geweäeneu Exostosen berv orgegangen.
Pfannenstiel (Vircbow's Archiv Bd, 127) beobachtete eii
traubiges Sarkom des Cervix uteri, welches recidivirte um
wie in allen bisher beschriebenen Fällen den Tod herbeiführte. Da
il
112
Ribbert.
der Gehirnbasiö aebüD dem OlfactoriuB gebgeoes OLoleateatom,
welches Haare und Drüsen aufwied und vom Verf, auf ÄbacbDürüng
eines Ektodermkeimes zurackgeführt wird. Die Geiegenheit daza ist
gegeben durch die Bildung der Hypopliyais, die bekatmtlich in ihrem
vorderen TLeile ans einer ÄUöötülpuug der Muudbucht entsteht, siob
aber später unter Dazwischen treten der Schädelbasis ganz abschnürt.
Die Litteratur über die Carcinome wird beherrscht durch die
Frage nach der Bedeutung der so vielfach antersuchten Z e 1 1-
einschlüöse (vergL vor. Jahrb.). Das vergangene Jahr brachte eine
grosse Zahl von Arbeiten über diesea Thema, auf die hier wegen
der zahlreichen Einzelheiten unmöglich genauer eingegangen werden
kann. Mehrere Autoren betonen, dass die von ihnen beKcbri ebenen,
im Protoplasma der Epitbelien oder in kleinen und grösseren cysti-
scheii Hoblräumen derselben gelegenen , meist rundlichen und ge-
wöhnlich kernhaltigen, nicht selten durch eine doppelt coatourirte
Membran eingekapselten Gebilde nichts Anderes sein könnten^ als
Parasiten I die in die Nähe der Goccidien zu steü.en seien* Dahin
gehören die Arbeiten von Podwyssozki und Sawtsohenko
(Centralbl. f. Bacten ßd. 11, Nr. 16 ü"), Foa (ib. Bd. 12, Nr. 6),
Soudakewitscb {Annales de rinstitut Pasteur Nr. 8), Kürst einer
vVirchow's Arcbiv Bd. 130), Ruffer und Walker (Journ. of Path.and
Bact., Oet. 1892)^ Borrel (Mouogr. Paris, Maseon), Sawtschenko
(Centralbl f. Bacter. Bd. 12, Nr. 1), Andere Beobachter, wie
Steinhaus (Virchow's Archiv Bd. 127) und Nöggerath (Monogr.
Wiesbaden, Bergmann) Hoben hervor, dass viele der beachriebenen
Dinge auf Zelldegeneration zu beziehen seien, und datiis sie keine
Bilder gesehen baben, die notb wendig auf Parasiten bezogen werden
mussten (vergl. die Mittheilungen des Kef. im Jahrb. 1892), Auch
die zut^rst genannten Autoren geben an^ dass nicht alle Zelleinschlüsse
W.U Parasiten angesehen werden können. Im Grossen und Ganzen
haben also die Arbeiten des vergangenen Jabres zwar viele neue
Einzelheiten kennen gelehrt^ eine völlig sichere Entscheidung über die
fraglichen Zelleinechlüsse und ihre Beziehung zum Oarcinom aber
nicht gebracht
7. Mitfsbilditiig.
Strecker (Virohow's Archiv Bd. 127, S. 181} beschrieb eine
vierfingerige Hand bei einem G2jährigen Mann. Auf Grund der
ausführlich wiedergegebenen anatomischen Verhältnisse kommt er zu
dem Schluss, dass eine Verschmelzung des vierten und fUnften Fin>
*
vorliege. — Ruge (ibid. Bd. 129, S, 387) uatersucbta einen
Tkll v'oa Sirenenbildang mit zablreicben anderen Miäsbilduugen
( Ha£eniK:harte und WolfsrachaOi Mikropbthaliauä^ Abnormiläten der
Wirbelsaala etc.). £r fiibrte die bocb gradige SireDenbildung und im
Aiatliimeab&ng damit die Kleinbeit des Beckens auf eine zu eoge
Sehwmnsscbeide des Amnios zurück. — Hilbert (ibid* Bd. 127, & 378)
beobachtete bei einem dreitägigen Kinde einen doppelseitigen An*
ophtbalmne. In der Tiefe der mit Eiter erfüllten Aagenböble sab
man nur je ein 2 mm im DarcbmeBser haltendes Knötchen als Best
dem Angapfettj. Verf. meint, dass die MissbilduDg auf die schon bei
dar Geburt bemerkte intrauterin auf uobekanntem Wege entstandene
Blennorrhoe zurückzuführen sei. — Arnold (Ziegler's Beitn Bd. 11,
^L H. 407) sobilderte in einem Fall von Hemicephalus die Verhält-
^^■fliiBe des Gehirns, Kuckenmarkes und des Schädels. Das Rücken-
^^y mark zeigte hochgradige Entwickelungsstörungen, die sich auf die
I iFttTSciiiedenen Abschnitte in ungleicher Weise vertheilten. ^ Bas Ge-
I muiere kann hier nicht wiedergegeben werden. — C, Brunner
l .^Virchow's Archiv Bd. 129, S, 246) beobachtete drei Fälle von
^Kfipina bifida occulta mit Hy pertrichosis lumbalis an Leben*
^Bdeo, In den beiden ersten Fällen fand sich inmitten des Haarfeldea
^■iine Narbe i die auch von y. Kecklinghausen in einer Beobach-
tong beachrieben worden war und mit einem im Wirbelkanal und in
der Spalte desselben gelegenen Lipom zusammenhing (s. Jaiirb* 1887).
Brunner glaubt anch in seinen Fällen die Gegenwart einer solchen
Oasdiwnlst annehmen zu sollen. Im dritten Falle war eine, wabrscbein*
Itcb der Schrumpfung eines Sackes der Spina bihda entsprechende
nabeUnige Einziehung vorhanden. — Ueber eine seltene Missbildung
berichtete Marc (Arbeiten aas dem patholog. Institut zu Tübingen
Bd. 1, S, 404). Bei einem im siebenten SchwaDgerschaftsmonat ge-
borenen Kind fand sich eine auägesprochene Mikroguathia in-
ferior, eine sehr wenig entwickelte Mundhöhle und im Boden der-
ielbdii eine Oeffnung^ durch welche die Zunge nach aussen auf die
Mitte des Halses heraushing. Diese Oombination von Mundboden-
«palte und Mikrognathie ist sehr selten, ob ein Zusammenhang beider
Mi3«bi]dnngen besteht, und welcher, ist unklar. Vielleicht ist die
Mikrognathie das Primäre und die im Munde nicht Platz findende
ioage verhinderte den Mundbodenschluss und fiel nach aussen vor.
Hessner heschrieb einen lebenden Hermaphroditismus varas
;iraflaseralis?) (Virchow's Archiv Bd. 120, S. 203). Es handelt sich
etoen Bijährige o Ma^in, der verbeirathet und Vater eines Kindeb
Der Penis seigt eine massige Hypospadie, das Sorotum ist nur
MkrlMeti 0. pneL Mediciu. im. ^
:
114
Ribbert.
als doppelter Wulst vorhaüdeti, in ihm rechts ein zweifelloser Hoden^
links ein nicht genau zu beötimmender Körpen Der allgemeine Ha-
bitus weiblich, alle 3—4 Wochen treten spontane Blutungen aus der
Harnröhre ein mit Molimina verbunden. Durch combinirt« Unter-
suchung wird rechts noch ein vielleicht dem Ovarium entsprechender
Körper festgestellt, — E-iese (CentralbL f. patholog. Anat. Nr. 10)
beobachtete bei einem 55jährigen Manne eine vollkommene Aplasie
der Geschlechtsorgane, die offenbar als congenitale aufzntaaaen
war. Der Penis war sehr klein, die Hoden hatten etwa die Grösse
von Mandeln, das linke Yas deferens war in der Nähe der Prostata
aaf eine längere Strecke obliterirt, in einen bindegewebigen Strang
umgewandelt. Auch der linke Ductus ejaculatorius war obliterirt^
an der Stelle, wo er munden acute, aass ein gestieltes Fibromyom
und hing frei in die Urethra hinein. ^ Schneider (Arbeiten aus
dem patholog. Institut in Tübingen Bd, 1, 8. 413) gab die Analyse
eines Falles vonAtresia ani uterina et veeicalis. Es fand sich
gleichzeitig eine Atresia vaginae et urethrae. Das Merkwürdigste
aber war, dass der Enddurm in die Scheidewand des bei ausgeblie-
bener Versebmebsung der Müller'scheE Gänge doppelt angelegten
Uterus, dann in die beiden Hälften desselben und weiterhin auch in
die Harnblase mündete.
III. Pafhotoglsche Anatomia der Organe.
h Yerdanatigsargane.
Kosen borg berichtete über einen Fall von Oesophagitis
dist^ecans superficialis {Centralblatt für patholog. Anat. Bd. 3,
Nr. 18). Ein 20jähriger Mano, der au Dyspepsie litt, erbrach eine
röhrenförmige Membran, die sich als die continuirliche epitheliale
Auskleidung des Oesophagus erwies. Auf ihrer Aussenüäche fanden
sich entzündliche Productöj Fibrin and Rundzellen, Es handelte sich
also um eine sehr seltene und atiologisoh unklare entzündliche Ab-
lösung des Oesopbagusepithek , für die Verf. obigen Namen vor-
schlägt. — Eine analoge Beobachtung am Darme machtt^ Kot tschau
(ibid, Nr* 21)» Bei einer Frau mit alter adhäsiver Peritouitis fand
er im Verlaufe des Dünndarms eine cuntinuirliche Ablösung der
Schleimhaut von der Muscularis. Er möchte den Process Enteritis
dissecans nennen.
Gerhardt (Virchow*8 Aroh, Bd, 127^ S, 85) erörterte an der Hand
von drei Fällen die Besiehung der hämorrhagischen Erosionen
Allgemeine Pathologie und patliolog^iscbe Anfttomie.
115
)8 Magens %tx den runden Magengeschwüren (vergl vor*
J&hrbach). Kr sah neben einander Erosionen und kleine Ulcera^ die
«ffiBObar aus jenen entstanden waren. £r spricht sich daher fnr den
len Zasammenhang beider AffectioDeo aus.
Pölehen nnd Nickel (Virchow's Archiv Bd. 127, S. 187
resp. 279} «besprachen die Aetiologie der strictarirenden, bis-
ber gewöbnlich für STphilitiBch gehaltenen Mastdarmgeschwüre.
Das wichtigste Ergebniss beider Arbeiten geht dahin, dass die Sy-
phiUfl nur in wenigen Fällen in Betracht kommt, dass aber die Aetio-
lo^e aacb sonst keine einheitliche ist. Es kommen Qtietscbnngen
bei der Geburt, Dysenterie, Traumen, Drucknekroseo durch feste
Koibballen n. A. in Betracht. Pölchen hat als eine nicht seltene
Aetiologie die Vereiterung der Bartholin' »chen Drusen und den
Durchbrach des Eiters in das Kectum ausfindig gemacht. Er hat
4tTnTT entstandene Fisteln tinter 212 Fällen 46 mal erwähnt ge-
fraden, resp. selbst beobachtet» Nickel legt besonders Gewicht auf
dsD Druck fester Kothballen, die sich besonders beim weiblichen
Gaacblecbt leicht bilden^ dessen vorwiegende Neigung zur Erkran-
kung an Mastdanngeschwüren sich aus den ursächlichen Momenten
kicbt erkl&rt.
a, Leber.
M. ß. Schmidt (ZiegWs Beiträge Bd, 11, H. 2) hatdieBlut-
lellenbildung in der embryonalen Leber studirt und gefundeUi
daas tn ihr im Zusammenhang mit der Gefässentwickelung weisse
nad rotbe Blutkörperchen aus einer Wucherung der Endofchelien ent-
i^tehaEi. Er prüfte sodann, ob sich ähnliche Vorgänge auch extra-
aterin anter pathologischen Zuständen bilden, vermisste sie aber bei
tin^Miber Leukocytose, während bei manchen Fällen von Leukämie
•atsprechende Zellanhäufungen in den Gefässen^ offenbar aus Endo-
tbelwueberung entstanden, gefunden wurden.
Gerhardt (Archiv f. expen Pathol. u. Pharmaka Bd* 30) unter-
fochte die Leberveränderungen nach Gallengangsunter-
b in dang (vergl. vor. Jahrbuch). Er sah, wie frühere Beobachter,
herd weise Nekrosen entstehen, in deren Umgebung sich aus Capillar-
esdotbelien Riesenzellen bildeten, durch welche kleinere Herde reeor-
bijt werden. Grössere dagegen erfahren eine Resorption durch das
10 ihrer Umgebung und in sie hinein wuchernde Bindegewebe. Auch
Oaüengangsproliferation sah Verf. theils durch Sprossung alter Gänge,
theiU dorcb Umwandlung aus Leberzellen reiben. — Janows ki konnte
116
Ribbert
bei ddm Stadium von sehn Fällen mengcMiclier biliärer Leber-
cirrbose die experimentell festgestellten Ergebnisse im G-rosaen und
Ganzen bestätigen (Ziegler's Beiträge Bd. 11), Er fand, dasa die
Cirrbose ausgeht von einer Wucherung des interstitiellen Binde-
gewebes um die auch beim Menschen vorhandenen nekrolischea
Herde und am die lebhaft wuchernden Gallen gänge, deren Vermeb-
rung er ebenso wie Gerhardt zu Stande kommen lässt*.
b. Pankreaü.
Oeber die TuberculoBe des Pankreas machte Kudrewetzkj'
(Zeitflchn f. Heilkunde) Mittheilnngen. Er gewann unter 128 Fällen
von Tiiberculose xwölfmal einen positiven Befand. Die Erkrankung
ist stets secundär, also abhängig von anderweitiger Tiiberculose, nnd
ändet sich entweder, und zwar besonders häufig als Tlieilprocess
einer Miliartuberculose oder in chronischer Eorm* Praotisch hat sie
selten Bedeutung nnd wird daher nur bei besonders grosser Aus-
dehnung das Interesse des Klinikers erwecken. — Natiwerck
(Ziegler^s Beiträge Bd. 12) fand bei einem Manne 2^3 cm über der
Klappe einen bleistiftdicken, ^ cm langen Anhang, der sich aus Pan-
kreasge webe zusammensetzte, also ein Nebenpankreas d arstellte.
Aebnlicbe Befunde sind bisher nur zweimal erhoben worden , und
zwar in Verbindung mit divertikelähnlichen Ausstülpungen der
Darmwand.
c. P e r H o n e u m.
Ueber die Pathogenese der Peritoneal tu bereu lose beriohtetö
ßorschke (Vircbow^s Archiv Bd. 127j. Er fand unter 226 Tällen
des Breslauer pathologischen Institutes nur zwei Fälle primärer
alleiniger Bauchfellerkrankung. Meist ist sie abhängig von Taber-
culose der Bauchorgane, jedoch wurde sie sechsmal nur abhängig
gefanden von Pleura- und Langentuberculose, und sechsmal war sie
vergesellschaftet mit Erkrankung der Pleura und des Fericards ohne
anderweitige tuberoulose Herde.
I
2. Cirealation»(»rj^ane«
Deber die Fragmentation des Mjocardium theilte Te-
deschi seine Beobachtungen mit (Virchow*s Archiv Bd. 128), Die
Erscheinung ist theils als ein bestimmter Krankbeitszustand, tbeil^
als agonaler, theils als postmortaler Prooess gedeutet worden (vergl
vor. Jahrb.). Verf. fand sie in menschlichen Leichen, besonden
nach Himaffectionen, Infectionen und Operationen sehr häaüg, konnte
Allgemeifie Pathologie und patbologlFche Anatomie, \lf
wm Aach bei Tbieren experimentell in der Umgebung von Herzver-
lilBiBgea ersengen. Ob die ASPection scboo vor der Agone entsteht,
Uttbl aber zweifelhaft. — Crooke beschrieb (ibid. Bd. 129) zwei
Mk von rapider Herzläbmutig, von denen der erste auf einer
te«h Budoaortitls verar»achten vollständigen reep. fast völligen Ver*
HilititHMiiin£. der Abgang»ätellen der Coronararterien berabte. Die
Aori0iieiitzüii(iang bezog Verf. anf die verhandene SyphiÜB. £r fand
die Ver&ndemng siub dieser Aetiologie immer an der Basis der
A«itt« 9l\b einen um die ganze Circumferenz sich erstreckenden Ring.
Dia S3rpbiliti8che Aortitis kommt farner vorwiegend bei jüngeren
ladividiien und meist ohne sonstiges Atherom vor. Im zweiten
Iklle bAndelte es sich um eine AorteDruptiir mit eigenartiger Ver-
andenuig der elastischen Fasern^ die in sahireiche kleine Theile zer-
legt w»reiL und so die Elaäticität der Wand herabgesetzt hatten.
P oll 4k (Zeitachr. f. klin. Med. Bd. 21) stellte zusammen, was
iter Toberculose des Herzmuskels bekannt ist^ und fügte einen
tttaep Fall hiuzu. Die Erkrankung jindet sich meist in Gestalt
■liüarer Knötchen, zuweilen gleichzeitig mit grösseren Neubildungen
b« xam Cmf»ng einer Wallnuss. Sie sitzen im Innern der Mubcu-
latur. In dem von Polldk beschriebenen Falle war ein hühnerei*
grooBor Tumor im rechten Vorhof vorhanden und zwar an dem Sep*
tMü befestigt. In ihm fanden sich Tuberkelbacillen* Selten ist eine
itffusB Taberculose des Myocards. Die Herzmuskettuberculose ist
fmt ausEUuhmslos aecundär,
W. Rindfleisch (Yirchow'a Archiv Bd. 129) beobachtete im
r^cbteo Vorhof in varicösen Erkrankungen des Septum
kleine runde Stein oben, die sich als verkalkte Fibrinmasseu
«wiesen^ Solche Dinge sind bisher nicht beschrieben worden.
Sachs machte Mittheilung über mehrere Fälle von Gefäss-
•rkrankungen (Deutäcbe med. Wochenschr. Nr. 20). Als Ursache
profuser Magen blutungen sah er bei einem alten Manne ein
Aneurysma einer Magenarterie, in einem anderen Falle einen Varix
•11 der Cardia, der wahrscheinlich hervorgerufen war durch Stauung,
Mtngt durch Compression der Pfortader durch ein Aneurysma der
Brie. — Bei einem 32jährigen Manne con statine er eine
■derthrombose ohne nachweisbare Ursache, — - An den Lungen»
tr^rien eines mit Ecdocarditis behafteten Mädchens fand er aneu-
rjvmatjsche Erweiterungen, die er auf Embolie zurückführt, vor der
Aich die Erweiterung eingestellt hat. Es war ausserdem ein offener
IIS Ribbcrt,
D actus ßotalli vorhanden und im Zusammenhang damit eine Dila-
tation der Pulmonalarterie und Wucherungen ihrer Intima unter
dem von der Aort* aus fortgesetzten hohen Blutdruck.
Fletcher (Ziegler's Beiträge Btl. 11) kam bei seinen Unter-
suchungen eines Falles von sog. Periarteriitis nodosa zu dem
Resultat, daaa der Procees mit Wucherung der Intima beginnt, das»
sich entzündliche Procease der Ädveutitia anachlieäsen, und daas dann
auch die Media betheiligt wird. Verf, meint, dass es sich bei diesen
VeränderuEgeii um die Folgen einer uDbekannten (syphilitischen?)
Iniection handelt^ welche mit dem Kreislauf eindringt und sich zu-
nächst Beck weise in der Intima localiöirt.
S. R6s^irati<»xi Morgan e.
Haas 1er hat die Frage nach der Möglichkeit einer compen-
aatori sehen Hypertrophie der Lunge experimentell zu lösen
versucht (Virciiow'ö Archiv Bd. 128), indem er bei Hunden eiue
Lunge exstirpirte. In secbs Fälleu fand er nichts Bemerkenswerthes,
in einem dagegen, der einen jungen fiuud betraf, war eine auege-
sprochene Hypertrophie zu Stande gekommen. Das Organ zeigte
anatomiüch ktiine Abweichungen von der Norm, war also durcL
Hyperplasie grösser geworden, — Bem Lungenemphysem
widmete O r a w i t z (Beuteche med. W^ochenschr. Nr» 10) im Zu*
sammenhang mit seinen oben unter Entzündung wiedergegehenen
Anschauungen eine neue Erklärung. Er sah es im Anschluss au
experimentelle Oademe der scharten Ränder bei Thieren entstehen
und meint, dass es durch eine zelb'ge Umwandlung des Lungen-
gewebes zu Stande kommen durch welche die Elasticität aufge-
hoben wird. — Davidöohn (Virchow's Archiv Bd. 127) sah in
einer pneumonischen Lange einen Abschnitt in deuüicher
Verkäs ung begriffen» Da Tuberkel baciUen gefunden wurden, so
erklärt sich diese Erscheinung leicht. — Baumgarten (Arbeiten
aus dem pathoL Institut in Tübingea ßd, I, H. B) trat den im ¥or,
Jahrbuch referirten Anschauungen von Orth entgegen, denen zu-
folge die käsige Pneumonie und die tuberculöse Granulations-
bildung der Lunge scharf von einander getrennt werden müssten.
Er bekämpfte die einzelnen von Orth angeführten Gründe und
betonte, dass auch bei der käsigen Pneumonie Proliferationsvor*
ginge neben den exsudativen Processen eine Rolle ßpielten, so dass
ein principieller Gegensatz gegen die granulirenden Formen der
Lungentuberculose nicht existire.
Allgemeine l'nthologte und pathoJogisclie Anatomie,
Siegert (Virctow'ö ArcUv Bd, 129) berichtete über zwei pri*
mire GeachwüUte der Luftwege. An der Bifurcation sab er
eiil Uiubeaei^ossea blameDkohlförmiges Papillom^ dessen mebr-
sebichtiger EpidermiBbelag VerbornuDg zeigte. Verf. meint, dasa
dar Tumor auf Grund einer epithelialen VerlageruDg bei der embryo-
naleii Trennung von Tracbea und Oasopbaguä entstanden aein könne.
Er sah femer in einem zweiten Falle in dem Bronchus des rechten
lOtteliappens ein 3 cm langes central verkalktes ChoDdrom mit
talaangiek tatischer BindegewebskapseL — A. Fraenkel (Berl. klin,.
Wochenschr* Nr. 21) beschrieb einen Fall von diffuser Verdickung
dejr Pleura, die sich als ein aus dem Endothelbelag der Lymph-
goüade hervorgegangener Endothelkrebs erwies.
Scliilddrüse,
Xianghans (Virchow's Archiv Bd. 128) verwandte ein ein-
gßhende» Studium auf die Untersucbung des peripheren Nerve n-
sjftleuis bei Cachexia strumipriva. Er fand ausgedehnte Yer>
ioderungen, beeteheod in Gefassverdickungen und Erweiteruingen der
Lymphbahnen , in denen odematöse Zelleu des Endoneurium lagen.
Am Perineurium fanden sich als besonders auffallende Gebilde
apindelfbrmigei periphere aus lockerem ^ central aus mehr homo-
genem Gewebe zusammengesetzte Verdickungen von 1—10 mm Länge.
Aahnliche Veränderungen fanden aich auch bei Affen ^ denen die
Sciiilddrüse exatirpirt worden war^ ferner bei gleicb behandelten
Hunden, bei Cretinen und einfacher Struma. Diesen Angaben gegen-
über macbte Fr. Schulze (ibid. Bd, 129) die Bemerkung, dass er
die beschriebenen spindelförmigen Gebilde auch unter anderen Um-
Minileti gelinden babe und da^s sie nach Renaut auch an den
Yerreo normaler Einhufer vorkommen, dasa sie also nicht wohl aar
Cftchezia strumipriva in Beziehung stehen könnten.
Hvei
4. Bamorgane.
V, Kahl den publicirte eine auafiihrliche Untersuchung über die
Veriademngen der Nieren bei a c u t e r N e p h r i t i s (Ziegler's Beiträge
IM* U). Er achtete vor Allem auf die Beziehung der Erkrankung
im Parenchyms und des Bindegewebes und fand, dass Veränderungen
dee ersteren stets den Anfang machen. Es handelt sich dann vor
Allem um fettige Degeneration des Epithels der gewundenen Harn-
ktnilcheo. Als Ursache derselben ist die Ausscheidung der im
Eerper gebildeten toxischen Substanzen anzusehen. Auf die anato-
^A
120
Ribbert
miecben Em^elheiten kann Dicht eingegangen werden* — Ref. be-
richtete (Ceotralbl f. pathoL Änat Nr. 9), dass er die beginnende
fettige Entartütig der Niere meist nicbt am ganzen System der ge-
wundenen Kanäleben, sondern vor Allem an den Tubuli contorti
zweiter Ordnung atisgesproehen fand, insbesondere in dreieckigen,
unter der Nierenrinde gt^legenen, den Strahlen der geraden Harn-
kanälchen gegenüber befindlichen Feldern. — Die Choleraepidemie
des vergangenen Jahree gab auch wieder zu einem Studium der
Niere Veranlasaang, So achilderte Aufrecht (Centralbl. f, klin.
Med. Nr. 46), daes bei der Choleranephritis die schwersten und
ersten Veränderungen in den Papillen beständen , deren Eanälchen
durch CyliDder veratopft würden und dadurch zn Stauungen in der
Nierenrinde Veranlassung gäben. Die Uraache der Nierenaffectionen
bildet die in das Blut gelangte toxische Substanz. -^ E. Fraenkel
und Simmonds widersprachen aber den anatomischen Befunden
Aufrecht's. Sie fanden stets die ersten Veränderungen im Laby-
rinth, während die Marksubstanz erst später erkrankt und niemals
so intenäiv %vie die Rinde* Dagegen stimmen sie Aufrecht in
seiner Auffassung bei» dcisa die Nieren affectidnen durch Toxine vir-
uraacht seien (Centralbl f, klin. Med. Nr. 50). — Leyden anderer-
seits meinte (Verein f. innere Med., Sitzg. vom 21. Nov,), dass die
Wirkung eines Toxines nicht angenommen zu werden brauche. Die
Erkrankungen der Nieren ^ die besonders in Coagulationsnekroae be-
stehen, könnten auch auf die CiTCulationsstdrungen bezogen werden.
Nanwerck und Hnfschmid (Ziegler^^ Beiträge Bd. 12)
konnten es in einem Falle von Cystenniere wahrscheinlich
machei], dass diei^elbe nicht durch Hetention des Harns zu Stande
gekommen war, sondern dass es sich um eine Geschwulstentwicke-
lung handelte, um eine ausgedehnte cystöse Umwandlungen ein-
gehende Wnchernng der Harnkanälchen. Sie schlagen daher den
Namen „multiloculäres Adenokystom^^ vor und glauben^ dass
die gleiche Genese auch für die übrigen Fälle gelten könne.
0. Israel setzte in einem Vortrag (Congress L innere Med,)
auseinander, dass die Veränderungen der Kreislauforgane
bei Nephritis and bei Niereninsutficienz überhaupt als compen-
satorische aufstufassen seien, indem aie, durch die Wirkung des
retin irten Harnstoffes zu Stande gekommen, in der Zeiteinheit mehr
Blut durch die Nieren treiben und so einem grösseren Quantum
Gelegenheit zvlt Ausscheidung der toxischen Producta gebem
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatoinie.
121
Kcbeniiiere.
KmeB eigentbümücheii Faü von Morbu» Addisonii beschrieb
Bihlar (Arbeiten aus dem patboL Institut zu Tübingen Bd. 1). Ed
fiuid «ch bei derSection keine Erkrankung der Nebennieren, Semi-
lanArganglien und des Splancbnicus. Verf. nimmt an^ dass entweder
eme nocli nicht nachweisbare Abnormität der Nebennieren exi&tirt
littbe, oder dass die Erscheinungen deg Morbus Addisonii za Stande
^ekomnien seien auf Grund d^r vorhandenen Atrophie des Stirn*
kppecs des Gehirne« der nach 2 ander auf die Entwickelnug der
Hebenmeren grossen Einüuss haben soll, und dessen Atrophie eine
■laiigelhafte Function dieser Organe bedingt haben könnte. Wenn
aber die Ajischauung Alexander*» (s* vor. Jahrb.), daas die Neben-
nkren Liecithin bildende Organe seien, richtig ist, so könnte nach
Bibler die Atrophie der Stimiappen ebenfalls aus einer mngenügen-
dtn Fanctdon der Nebennieren abgeleitet werden.
6. OeRCbleelitgorgaiie.
Nordmann (Virchow^s Archiv Bd. 127) berichtete über eine
bisher nicht beschriebene Art von Fibrom der Mamma. Es
baodalt sich um Bindegewebsentwickelung in der Umgebung der
Milobkan&Ie der Brustdrüse, so dass dicke^ gewundene, knollige,
itrangfbnnige Gebilde entstehen, die gegen die Mammilla hin con-
rgiren. Die Milchgänge selbst können dabei dilatirt sein, ihre
iventitia ist das Ausgangsgewebe für die Neubildung Ueber die
Aetiologie des Proc^sses ist nichts Sicheres bekannt, ob katarrhalische
Zustl&de in Betracht kommen, ist ungewiss. ^^ Saxür untersuchte
liie papillären Kystome der Ovarien und betonte, dass diese
Art TOD Tumoren scharf begrenzt ist, insbesondere gegen die glan-
linUfeti Kystome mit pseudopapiüären Bildungen, dass sie ausge-
tri^Bel Bind durch echte papilläre Erhebungen^ die nach aussen in
St Bauchhöhle durchbrechen können, und mit Flimmer- oder poly-
aotpham Epithel, in welchem Becherzellen fehlen^ überzogen sind
(Disgert. Marburg).
Zar Eklampsie Hegen mehrere Mittheilungen vor. Mit Bezug
md die anatomischen Veränderungen theilte P r u t z (Zeitschr. für
OibitrUih* II. Gjnäk. Bd. 23) mit, dasa die Nierenveränderungen nur
a atBem kleinen Theil der Fälle ausreichten, um die Erkrankung
m trkJiren und als eine Urämie aufzufassen. Sehr oft waren die
ÜMiMi fast völlig intact — Schmorl hat bereits im Jahre 1B91
i2J3
RibberL
(NaturfWers. Hallej ausführlicbe Unteraucliungen mltgetheiU, aus
döDen hervorging, dass in der Leber sehr oft nekrotische Herd©
gefunden werden, datjs in den Lungen häufig Fettembolie, embolische
Verdchleppung von Leberz eil an und von Riesenzellen vorkomm t, die
ans der Placenta abgeleitet werden miiöaen, Schmorl meinte, dass
diese und andere Befunde die Eklampsie allein nicht au erklären
vermöckten, sondern dasä walirscbeinHch noch ein aus der Placentar-
stel!e eindringendes toxisches Agens in Betracht komme. Aehnlich
äusserte sich Lubarsch| der ebenfalls die anatomischen Verände-
rungen in ähnlicher Weise besprach (CorrespondenzhL des Mecklen-
burg. Aerzte Vereins), in den Lungen regelmässig Fettembolie antraf,
die Riesenzellen der Phicenla dagegen vermisste* Er betonte auch^
dass die Ursache der Eklampsie nicht in den Harnorganen liegen
könne, — Prutz (Dissert. Königsberg) beschrieb in mehreren Fällen
ebenfalls nekrotische Leberveränderungen. ^— Favre hält in einer
weitert^o Arbeit (s. vor. Jahrb.) die Eklampsie für eine Ptomainämie^
die durch die Producte verschiedener Bacterienarten bedingt sein
könne. — Ueber eine bestimmte stäbchenförmige Bacterienart be-
richtete öerdöH (Deutsche med. Wochensehr, Nr. 26), der in ihr
die einheitMche Ursache der Eklampsie gefunden zu haben glaubte.
Jedoch Hessen sich gegen die Resultate Einwendungen erheben, und
Hofmeister (Fortschn d. Med. Nr. 22 u. 23} hat bei seinen Nach-
untersuchungen keine Beatatiguug erhalten, sondern wahrscheinlich
gemacht, dass es sich bei dem Baeiilus von Gerdas um eine post-
mortal von dem Uterns ans eingedrungene Bacterienart, und zwar um
einen Fäulnisspilz, um den Proteus vulgaris, gehandelt habe.
fi. ßewegnngsorgaue.
M 0 i z a r d und B o u r g e s (Arch. de med. exp^r. Nr. 4) be-
öohrieben einen Fall von Osteitis deformans, der im Gegensatz
EU dem gewöhnlichen Verhalten (vergl. Jahrb» 1891) dadurch ans-
gezeichnet war^ dass sich die Erkrankung auf die Untericbenkel
beschränkte, wäbreud der Schädel keine Hyperostose zeigte. —
Hanau (Correspondenzbl. für Schweizer Aerzte) hat sich an der
Hand eines genau unterauchten Falles im Sinne von Cohnheim
und P 0 m m e r dahin ausgesprochen, dass die O s t e o m a 1 a c i e nicht
auf einer Entkalkung des Knochengewebes beruhe, sondern dass die
kalklosen Zonen neugebildete osteoide Substanz darstellten.
In einer grösseren Abhandlung hat J. Wolff (Das Creßetz der
Transformation der Knochen^ Berlin, Hirschwald) die Kesul täte
AUgemeia« Pathologie und pathologische Anatomie. 123
•einer jahrelangen Stadien über den Bau der Knochen dargelegt,
wie er sich unter veränderten pathologischen Verhältnidsen gestaltet.
Durch Resorption einerseits und Neubildung von Knochensubstanz
andererseits nimmt der pathologisch veränderte Knochen stets die
Stractur an, die am besten in Einklang steht mit der unter den
neuen Bedingungen zu leistenden Function. Auf die vielen Einzel-
heiten der Arbeit an dieser Stelle einzugehen, ist nicht möglich.
Einen bemerkenswerthen Fall von Myositis ossificans pro-
gressiva beschrieb Babek (Yirchow's Archiv Bd. 128^ S. 537).
Es handelte sich um ein diesjähriges Kind, bei welchem die Affection
zuerst im Alter von sechs Monaten bemerkt wurde. Es fanden sich
ausgedehnte, die Beweglichkeit vielfach hindernde Verknöcherungen
zahlreicher Muskeln, ohne Schmerzhaftigkeit und Fieber. Auch die
Kiefermusculatur war betheiligt.
m
CMrurgie-
Von Profeaeor Dr- Kttlacsek in Brealau,
I. Allgemeine Chirurgie«
L Wuiden und deren Beltundlung,
Bas aseptisclie Wand verfahren Hndet in den geschloBeenen
Anstalten eine immer grössere Verbreitung» Es ist nur zu bedauern,
ilass die Einführung desselben in die allgemeine ärztliche Pra^s auf
fast unüberwindliche HinderniBse stössb. Wie sehr sich dieses Ver-
fahren dem Ideal der Wundbehandlung nähert^ beweist eine Arbeit
von Routschewsky (Ueber den EinÜuss antiseptischar Mittel auf
die Wund h eil ung. Kusnisch). Darin bat er die experimentellen Ee-
aultate seiner Forschung über den Unterschied der Heilung
zwischen einer aseptischen und mit antiseptiBchen Mitteln
behandelten Wunde niedergelegt. Er fand, dass bei der Ver-
narbung der nur mit physiologischer Kochaaklösnng in Berührung
gekommenen Wunde sofort die Fortschaffang des abgestorbeneu
Qewebes der Wundoberfiäche durch Lenkocyten einsetzt j während
in unmittelbarer Nachbarschaft vom Ende des zweiten Tages die
Karyokinese des Bindegewebes beginnt und 2 — ^3 Tage anhält Nach
8 Tagen ist die Vernarbung fertig. In der antiseptisch tractirten
Wunde dagegen verzögert sich der Heilnngsvorgang wesentlich.
Die Karyokinese tritt hier nur spärlich und spät auf. Nach 3 Tagen
hat in der mit l^^iger Sublimatlösung behandelten Wunde die
Differenzining zwischen Oranolations- und Narbengewebe noch
nicht einmal begonnen, EoutBchewsky sieht daher in dem Fern-
Chirargie.
125
der chemischeD und mechaniachen RqLzq die Hauptaufgabe
4mr WaDdbebandluQg,
Schleicb (Ein neues Wund- und VerbandmitteL Verb, der
Difdlaehen Gesellscb. f. Cbir* 1892) sucht seine Pasta cerata in die
Wundbebandlang einzufübren. Durcb Bebandlung des Bienenwacbsea
«it Ammoniak lässt sieb dasselbe mit 1 — l^/^ ^'^^* Wasser zu einem
erioieaTtigen Salbenkörper umwandeln. Diese Masse ist ein aus-
geaeiclinetea Deckmittel bei Verbrennangen und iässt sieb mit yer-
len Arznei kör |>em verbinden. Mit Pepton ^ Zinkexyd^ Gummi
Amyl ist es ein vorziigliebeö Verband mittel, das, weil es raacb
iiTt, alle Binden überflüssig macht. Höchstens kann ein Watta-
hftpnrh darüber gelegf werden,
Tavel (Versuche über Sodalösungen als Irrigations- und Steriii-
«ationamittel in der Chirurgie. OorrespondenzbL f. Schweiz. Aerzte
1892, Kr. 12) suchte eine milde aseptische Lösung zu gewinnen,
weiche den Salzgehalt der physiologischen Kochsalzlösung und die
Alkmlinitit des Blutes besitzt. Mit T^/^^'W Kochsalz und 2^j^<^:Qf^ Natron
cvboulcum calcinatum versetztes Leitungswasser wurde ^,'j Stunde
gekocht, worauf die klare Lösung abgegossen wurde. Nach ange-
ateUten Versuehen erwies sieb Tavel diese Lösung als sehr zweck-
Wurme F\
t^(Dm» Koro
^^»dftfi kleine
Hjnitaiilee,
Als ob die moderne Chirurgie nicht reich genug an Antisepticis
wmre, aucht man ihren Schatz immer wieder mit neuen zu bereichern.
Wurme Fürsprache finden diese Mittel bald, So empfiehlt Petersen
(Des £aropbeu als Verbandmittel, St. Peterab. Woch. 1892, Nr, 14) för
kleine Cbirurgie zunächst das Europhen, ein 28%^ Jod ent-
gelbes, angenehm duftendes Pulver, — Aiuminol wird
li^on Heins und Liebrecht (Ein neues Adstnngo-Antisepticum.
BerL klm. Wocbenacbr, 1892, Nr. 46) angepriesen^ weil es nicht
wie die meisten anderen Antiseptica in den obersten Qewebsschichten
läweiasgerinnung erzeugt^ und so das tiefere Eindringen desselben
ermögHcbt wird. In l%iger Lösung wirkt es bactericid* ^ Hiller
wieder (Einige Erfahrungen über Bolveol als Antisepticum, Deutsche
laed. Wochenschr, 1892, Nr, 37) preist das Solveol, ein Gemisch
IVO& drei Kresolen, in 0,50j^iger Lösung als ein ganz ungiftiges, sehr
^vailig reisendes, deshalb für Körperböblenoperationen sich besonders
[ttgnendee Antisepticum , das von keinem anderen übertroffen wird.
Da euch der Chirurg in die Lage kommen kann, von einem
Dartüdeeinfioieus Gebrauch zu machen, so sei erwähnt, das« das
12fl
Kolaczek.
Benzonaphtliol von Yvon und Berlioz (Un noavel antiaeptique
intestieal, Progr^s mdd. 1891, Nr. 46) als ein ganz vortreffliches
DarmdeeiDficienSi pro die 5 g für Erwacbsenej 2 g für Kinder^ an-
gelegen tlicb empfohlen wird.
Während Niebergall (Ueber Verletzungen grosser Venenstämme
und die bei denselben zur Anwendung kommenden Methoden des zeit-
lichen Verschlusses, Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd, 38) noch kürz-
lich für das schon früher empfohlene und von seinem Lelxrer Küster
noch jetzt mit gutem Erfolge geübte Verfahren der seitlichen Ab-
kiemmung der Gefässwand bei Veuenwunden als die für solche Fälle
beste Methode der Bliitstillung eintritt, gibt Schede (Einige Be-
merkungen über die Naht von Venen wunden. Archiv f. klin. Chir,
Bd. 48) der Venennaht unter solchen Umständen den Vorzug,
Er erklärt diese Naht für sehr einfach, zumal da nicht einmal die
einzelnen Häute der Gefässwand exact gegen einander liegen zu
kommen brauchen. Er kam kürzlich in die Lage, gelegentlich einer
Nieren exstirpatiou auch ein 2 cm langes Stück aud der Wand der
V. Cava entferEen zu müssen. Dießeii Defect verschloss er durch
eine fortlaufende Catgutnaht, während das Gefäss ober- und unter-
halb comprimirt wurde, 18 Tage nach dieser Operation konnte er
bei der Autopsie des verstorbenen Kranken von dem ausgezeichneten
Effect der Naht sich überzeugen. Nichl einmal von einer Narbe war
an der Intimu etwas wahrzunehmen ; nur bestand eine massige Ver-
engerung des Gefässiumens an der Narbenstelle* Auf Grund dieser
und ähnlicher älterer Erfahrungen stellt Schede den Satz auf; „Die
Heilung erfolgt stets mit unfehlbarer Sicherheit, sobald nur die
Wunde aseptisch bleibt; nie habe ich einen Misserfolg gehabt und
nie Ursache zu dem Verdachte, dass die Nahtstelle zur Bildung einer
Thrombose Anlass gegeben habe."
Biernacki (Ueber den Einfiuss der subcutan eingeführten
grossen Mengen von 0,7«*üigen Kochsalzlöaungen auf das Blut und
die Hamsecretion, Zeitschr. i\ klin. Med, Bd. 19) kam auf Grund
eingehender Untersuchungen, die er im pharmakologischen Labo-
ratorium in Warschau über den Einfluss der dem Körper subcutan
einverleibten „indifferenten^^ Kochsalzlösung ausgeführt
und die hier im Einzelnen nicht wiedergegeben werden können, zu
dem Schluss, dass sogar grosse Mengen derselben für das Leben
der Thiere ohne Gefahr sind, aber die normale, morphologische und
chemische Zusammensetzung des Blutes im Sinne einer Zerstörung
verändern, ebenso die chemischen Harnbestandtheile, und zwar flr
Chirurgie.
137
fie Daaer von 6 — 8 Tagen. Die Besultate dieser Arbeit werden die
4iüiai]ger der BlntiransfasioQ nicht v^eriehleo, zur Festigung ihres
gkandpiiiiktes zu verwerthen. — Dieser Richtung gehört bekanntlich
Mek ▼. ZiexnsseQ (Ueber die subcutane Blutinjectiou und über eine
Moe etofache Methode der intravenösen TransfudioQ. Miinch« med..
Wodienschr, 1892 Nr. 19) an, der Erfinder der subcutanen Blut-
injecttoDsmetbode. Weil diese aber zu langsam ihre heilsame Wir-
kaog entfaltet and wegen Schmerzhaftigkeit ohne Narkose nicht gut
aaagefubrt werden kann, so emptielilt er neuerdings lebhaft die
iBlrarenöse und zwar in vereinfachter Form, Er injicirt
nixalich d&8 aus der V. mediana mittels einer Kohlnadel in eine
B ccm fassende sterilisirte Glasspritze aspirirte Blut sofort wieder in
Üe Mediana des Blutempfängers. Während diese Injection besorgt
wird, seiet man die Aspiration mit einer zweiten Spritze fort, und
vean aoeh diese ihren Inhalt weitergibt, tritt an ihre Stelle eine
dritte Spritze, Während der Entleerung dieser letzten aber wird
die erste mit sterilem Wasser ausgespritzt , um etwa - anhaftende
Hatreste zu beseitigen. In diesem sich wiederholenden Turnus
ftbartri^ v, Ziemssen innerhalb 15 Minuten etwa 250 g Blut ohne
Bkseh werde und Gefahr für den Empfänger.
Kortmann (Ueber den Werth parenchymatöser Salzwasser-
iajeeiionen bei acuten Anämien. Deutsche med. Wochenschr. 1892,
Kr. 16) verwirft bei acuten Anämien infolge von Blutungen
die intravenöse Transfusion, weil durch Steigerung des Blut-
dnicks die Blutung sieh erneuern kann. Von sechs in dieser Weise
▼00 ihm behandelten Kranken dieser Art gingen f^f infolge Anämie
so Gnmde, wahrend von fünf anderen mit Hypodermoklyse Behan*
dbtlcn nur einer starb und das infolge von MarasmuB.
Als bestes Stypticum stellt Wright (üpon a new styptio
od npOD the possibility of increasing tbe coagulability of the blood
A tke Tessels in casea of haemophilia and aneurysm and internal
aaemerrhage. Brit. med. Joum, Nr. 1616) eine mit l^^jiger Chlor-
^einmlösung versetzte Fibrinfermentsolntion her. Eine
loUie wird am besten aus dem Blute der Herbivoren, vor Allem
iBt dem so übrin reichen Rinderblute gewonnen. Es bewirkt besser
ib Actdum tannicnm, Alkohol, Glühhitze Q-erinnung, dabei aber keine
Sihorfe und reactive Entzündung. Auch Kalksalze allein haben
iaeb seinen Erfahrungen einen die Blutgerinnung beschleunigenden
Ijirff'iffl', mögen sie per os oder per injectionem dem Organismus bei
inereo Blutungen, also auch bei Hämophilie, einverleibt werden.
128
IColaczek.
Anstatt der einfechen Teiiotomie empfiehlt Sporen (Om Tetido-
plastik. Hoßp. Tidende 18ül, Bd. D), um eine Verlängerung der Sehne
zu erzielen, eine Art Teüdoplaetik. Er legt z. B. die Achillessehne
durch einen b cm langen Langsschoitt bbea, legt dann etwa den Greni-
iiDien des mittleren Drittels derSehnenbreite entsprechend zwei parallele
Schnitte an, aber nicht in gleicher Höbe, äondern den einen 1 cm
tiefer als den anderen. Vom oberen Ende des einen und vom unteren
£nde des anderen führt er nach entgegengesetzten Ricixtungen bis nahe
an d en Sehuenrand gehende Qaer:ächmtte durch die ganze Dicke der Sehne
hinzu, ITumnehr lässt sich die Sehne leicht um die Länge der beiden
LangsBcbnitte verlängern. Der in dieser Weise operirte Mann konnte
schon nach 4 Tagen ohne Stock umhergehen.
Welch schönes Kesultat man bei spastischer Paralyse doroli
eine conaequente Durchöchneidung von Sehnen und Nerven
erreichen kann, beweist ein von Lorenz (Demonstration eines
lljäbrigen Mannes mit angeborener spastischer Paralyse. Internat.
klin. Kundscbau 1891^ Nr. 46) bekannt gegebener FalL Bei eioem
Mann von 17 Jahren mit angeborenem Spitzfuss, Beugecontractni'
der Kniegelenke und Ädductionscontractur der Oberschenkel, so dass
das Stehen unmöglich war, machte er in einer Sitzung die Tenotomie
der Acbtllesaehuei des Biceps femoris, die Besection von 1 — 2 cm
langen Stücken aus den Sehnen des Semimembranosus, Semltendinosas
und Graciiis, im Ganzen 10 Sehnend urchschiieidungen. Dieser Mann
konnte nach einiger Zeit stundenlang sich auf den Beinen halten
und unbebolfeo umbergehen. Gegen die Adductorencontractur
Lorenz die Resection des N. obturatorius zu Hülfe.
K ü m m e 11 (üeber Knochenimplanlation, Deutsche med, Wochen-
schrift 1891^ Nr. U) hat in Deutachland wohl zuerst in ausgedehntem
Maasse von der Senn^schen Implantation decalcinirter tkieri-
scher Knochenstücke in Knochendefecte Gebrauch gemacht, so
zur Ausfüllung von Höhlen nach der Nekrotomie, grosser traumati-
scher Oontinuitätsiücken, zur Beseitigung von Pseudarthrosen und
zum Ersatz einzelner durch krankhaftü Processe zerstörter Knochen.
Knochen j die zur Verwendung bei Päeudartbroseu bestimmt sind,
entkalkt er nur soweit, dass noch ein harter Kern in dem weichen
Mantel erhalten bleibt.
Von grossem Interesse eind die im Laboratorium des Professor
Koschewnikow in Moskau von Darkschewitscb und Weiden-
hammer (lieber den Ersatz von Trepanationsiücken durch entkalkten
Knochen. Wratgch 1892} über dasj Schickaal der von Senn ssuin
Chirurgie.
\2d
Ersatz von Knochendef&cten empfohlenen decalcinirten
Knochenplatten atiegefübrten Experimente. Sie haben festBtelleE
köniien, dass das Bernde impluntirte Kiiochenstück in kurzer Zeit
durch normalen Knochen ohne jede Spur von Entzündung in der
Umgebung ersetzt werde, und dies um so rascher, wenn zwischen
Defect und Ersatzstiick eine möglichst genaue Congrtienz besteht.
Diu Begenerationstendonz ist dabei so vollkommeQ^ dass nicht nur
das äussere Periost, sondern sogar ein dem centralen Abschnitt des
Befects entsprechendes Stück der Dura fehlen kann, wenn nur der
Ersatzknochen wenii^stens an seiner Peripherie noch mit einem Saum
von Dura in Berührnug kommt* Ueber den genauen Vorgang bei
diesem Werdeprocesse liess sich etwas Sicheres nicht ermitteln.
Jedenfalls aber folgt das neugebildete osteogene Gewebe den durch
das implantirte Knochenstück praformirten histologisciien Bahnen.
Eine neue, allem Anscheine nach zweckmässige Art von
Knochen naht empfiehlt Wille (Eine Verbesserung der Technik
der Knochensutur. Centralbb f. Chir. 1892, Nr. 46). Während bis-
her gewöhnlich nur die eine Wand des in seiner Continuität ge-
trennten Knochens unter schräger Durchbohrung der Segmente mit
der Sutur versehen wnrde^ und so nachträglich einer Lage Verände-
rung der Bruchstücke ad directionem und ad peripheriam nicht eicher
vorgebeugt werden konnte, legt Wi He seine Naht durch den ganzen
Querschnitt des Knochens und verhindert somit jede Verschiebung
der Bruchstücke im Verbände. Handelt es sich also um einen Quer-
bruch, so legt er mittels eines amerikanischen Drillbohrers zu beiden
Seiten der Trenuungslinie je ein senkrechtes Bohrloch au, führt dann
durch das eine einen dicken silbernen Faden, leitet dessen Anfangs-
theil an der hinteren Knoohenfläche mit dem Finger an die Mündung
des andern Bohrkanals^ um hier denselben mit Hülfe eines von ihm
angegebenen entgegengeführten Suturhakena äu fassen und wieder
an die Vorderfläche des Knochens herauszuleiten. Hier werden die
Fadenenden fest geknüpft. Bei Schrägbrüchen legt er nur einen, aber
senkrecht auf der Bruchfläche stehenden Bobrkanal an , führt den
Silberfaden im Querschnitt seiner hintern Mündung rings um den
Knochen, erfasst mit seinem Suturbaken die Mitte des Fadenringes,
zieht dieselbe in Form einer Schlioge durch den Bohrkanal heraus^
zerschneidet sie, gewinnt so zwei Fadenriuge^ die er dann um die
entsprechenden Knoehenhälften festknüpft. Oder er begnügt sich
mit einer einfachen Umschlingung des Knochen cylinders, wobei aber
Ja)ulKi£ti d. prici. MediciD. ims. i>
130
Ko]a€2ek.
der Faden in zwei mittele Feile rechts und links an der Knochen -
Oberfläche angelegte Furchen zu liegen kommen mnss.
2, Entxüiidfiiige]].
Die Lehre vom Tetanus traumaticus erfährt seit E-arzem
von Bologna aus eine ganz besondere Förderung durch Tlzzoni
und Cattani, Dieselben treten fortdauernd lebhaft für die thera-
pen tische Wirksamkeit ihres aus Hunde- und Kanin chenblutserum
gewounenen Antitoxins ein^ trotz der dem widersprechenden Resui'-
täte, welche zunächst experimentell Brieger und Kitasato damit
erzielt haben. Aber auch von anderer, allerdings auch italienischer
Seite, wird über positive Erfolge des Antitoxins berichtet. So von
Casati (Setlimo caso di Tetano traumatico curato con Tantitossina
Tizaoni-Cattani ; guarigione, Rifonn. med. 1892)^ der bei einem am
siebenten Tage nach einer Fussverletzung einsetzenden Tetanus mit
einer Injection von 25 cg Antitoxin begann > dieselbe noch viermal
wiederholte, das letzte Mal nur noch 15 cg einspritzte und damit
Heilung erzielte. ~ Auch Taruffi (Sesto caso di tetano traumatico
curato con rantitossina. Ibid.) erklärt sich auf Grund einer gleich
gtlnstigen Erfahrung als Anhänger Tizzoni's. In seinem Faliei bei
einem 74jäbrigen, am kleinen Finger verwundeten Manne, erwies
sich schon nach der zweiten Inject bn das Blutserum des Kranken
als ungiftig für Thiere, und nach der vierten auch der Urin. Aller-
dings hatte Taruffi in der Zeit zwischen der zweiten und dritten
Injection den kranken Finger exarticulirt. — Auch Bruschettini
(ibid.) hat zwei an traumatischem Tetanns Erkrankte durch solche
Injectionen geheilt. — Aber puch die Injection von 20/QTger Oarbol-
löBung hat günstige Heilresultate bei der in Kede stehenden Krank-
heit aufzuweisen. So hatCaliari (Un caso di tetano per ferita de
poUice sinistro ed infezzione per mezzo di una raguatela. Cura col
metodo Baccelli. Ibid.] einen Knaben von 3 Jahren ^ bei dem nacl:
einer Schnittwunde des Daumens noch 27 Tage später Tetanus aus
gebrochen war, infolge subcutaner Injectionen von li%|iger Carbol
lösong gesund werden sehen, — Strazzeri (ibid.) ebenfalls einei
9jährigen Knaben mit oberflächliclier Verletzung des Knies. — Rome
(Cura del Tetano traumatico. Ibid.) endlich berichtet über niehrer
von ihm und RizzoH durch Absetzung des verletzten Gliedes zu
Heilung gebrachte Fäüe von traumatischeiu Tetanus.
Als ein vielfach erprobtes, nicht nur proph y lac tisch es , sondei
absolutes Heilmittel für die Osteomalacia adultorum gi
]iitst die Entfemang der FortpflaDzuDgeorgane des Weibes, sei es
der Ovarien, aei es der Gebärmutten Nicht nur Stillstand, sondern
fttttocbiedener Höckgang der Krankheit ist danaoh beobachtet worden.
^^Keoerdings berichtet v. Veüts (lieber die Heilung der Osteomalacie*
^■Eeitochr, f. Gebnrtshülfe q, Gynäkologie Bd. 23) über drei weitere
^vTälle TOD Heilung dieser mysteriösen Knochenkrankheit bei Frauen
^P ftftch der f&nften und sechsten Schwangerschaft. — Friläch (Beer,
[ Beitlüge sror Behandlung der Osteomalacie. Diss. Breslau 1892) ent-
ichloest sich einer solchen Indication zufolge bei einer 29jäbrigen I V-para
lur AasfÄhrung der Porro'schen Operation, weil die Beschwerden
Id der letzten Schwangerschaft eine unerträgliche Höhe erreicht
hmlten* Der gute Erfolg blieb mcht aus.
Heboal (Note sur traitemeDt des ad^oopathies scrofulo-tnbercu-
100066 par les injections mterstttielles de naphthol camphrt^. Bull.
•i mtei. de la soc. de chir. de Paris Bd. 17) hat von der schon im
vorigea Jahresberichte besprochenen Injection von Campher-
Bftphtho] in acrophnldse Drüsen gute Erfolgte gesehen. Von
fi 00 behmndelten Fällen wiesen nach einiger Zeit 20 Heilung auf,
ohgleicb darunter zum Theil vereiterte Drüsen waren. Er injicirte
aDe 8 Tage 2 — 10 Tropfen, was nur an der Einstichstelle eine ge-
linge Anschwellung zur Folge hatte. Diese Behandlung muss lange
Ztü fortgeführt werden.
I
J Bitach (Om Behandlingen af spondylitiske Cangestions ab-
•esaser med Jodoforminjection. Hosp. Ttdende 1890) hat eine Reihe
von fipondylitiechen Senku ngsabscessen mit Injection
einer 10<>fligen Jodoformemulsion behandelt und dabei bis zu
b g Jodoform auf einmal in die entleerte Abscesshöhle injicirt. Dass
danach manchmal Intoxicationserscheinungen auftraten, darf wohl
nicht Wunder nehmen. Doch ist er geneigt, dieselben vornehmlich
auf das Glycerin zurückzuführen, und macht demnach den Vorschlag,
daa Glycerin mit Wasser zu gleichen Theilen zu verwenden. Nach
»einer Beobachtung hatte die Jodoforminjection sofort eine starke
Schwellung des Abscesses und eii^e ln£ltration seiner Umgehung zur
Folge. Aber schon nach wenigen Tagen wurden diese Erscheinungen
rtckg&ngig und gingen allmählich in eine zunehmende Schrumpfung
dar Abseess Wandung üben Diese Behandlung dauerte durchdchnitt-
Monate, wobei das Befinden der Kinder sich sichtlich besserte.
raose (Die operative Behandlung der schweren Fälle von
KoQchen* aod Gelen ktuberculose nach dem Billroth^schen Ver-
132
Kolaczek.
fahren. Deutsche med. Wochensf^hn 1892, Nr; 0) hat das ßill-
roth'sche Verfahren der operativen Behandlung dertuber-
oulösen Gelenke so sehr bewährt gefunden, dass er es nicht ge-
nug rühmen kann. Deshalb mag et* hier kurz vorgeführb werden*
Nach möglichst gründlicher Entfernung der tuberculösen Masaen
mittels schneidender lostrumente wird die ganze Wunde soweit ver-
dchlos:^enj dass nur noch die Spitae einer rnät Jodoformglycerin ge-
füllten Spritze ciogeFübrt werden kann, um mit ihrem Inhalte mög-
lichst alle Punkte der Wundhöhie in Berührung zu bringen. Sodann
wird auch die Injecti an ss palte durch Naht gescbloeaen. So von der
äussern Luft abgeöcblossen, entfaltet das Jodoform seine volle anti-
tuberculöse Wirkung, während diese bekanntlich durch das Hinzu-
treten der atmosphärischen Luft wesentlich beeinträchtigt wird.
Steht aber der Krankheitsherd durch Fisteln mit der Aussenwelt
in Verbindung, so folgt dem operativen Eingriffe zunächst für
8 Tage eine reinigende Taraponade der Wund höhle, darauf ein vor-
sichtiges Ablösen der Gazü^ um jegliches Bluten zu vermeiden, und
dann unter Jodoformglycerininjection der völlige Verschluss der
Wunde durch Secundärnähte» Während der Operation selbst wird
das übliche Tupfen besser durch Spülung mit physiologischer Koch-
sablösung erseUt, um ein Eindrücken luberculösen Gi'ftes in die
offenen Gewebsspalten sicher auezuschalten.
Ein neues Princip in der Behandlung der Gelenktuber-
culoäe kam in der v. Esmarch'schen Klinik mit einem gewissen
Erfolge zur Anwendiing, wie Bier (Ueber ein neues Verfahren der
conservativen Behandlung von Gelenktuberculose, Verh, d. Deutschen
Gesellsclu f. Chir^ 2L Congreas) berichtet. Bier ging bei dem Ver-
suche von der pathologisch^anatomischen Thatsache ans, dass die
Stauungalunge gegen Tuberculöse immun ist. An den Gelenken nun
erzeugte er künstlich eine Btauungshyperämie dadurch^ dass er den
antern Abschnitt der Extremität bis nahe au das erkrankte Gelenk
fest einwickelte und dann oberhalb desselben das Glied mittels eines
elastischen Schlauches massig einschnürte» Damit diese Einschnürung
den Kranken nicht zu sehr belädtige, kommt der Schlauch über eine
Wattepolsterung zu. liegen und muss von Zeit zu Zeit seine Appli-
caiioniästeUe wechseln. Meistens wurde bei dieser Behandlung in
kurzer Zeit eine auffallende Besserung wahrgenommen, so dass diese
Methode einer weiteren Prüfung werth ist.
Bei Behandlung kalter Ab.Ncesse oder tuberculöser Ge^
lenkaffeetionen mit Jodoforminjectioneu bat man nicht selten
die Wahrnehmung gemacht, dass der Injection eine mehr weniger
Chirurgie.
133
ifte Heaction folgte. Den Grund davon erblickten Manche
der nicht g&nz sterilen Beschaffenheit der zur lojection verwen-
LidsoDg. Daher begann man dieselbe gewissenhaft zu steri-
ÜmreD« ^Krause setzte der Jodoformglycet inmischung etwas Carbol
lunzo. In der Tübinger Klinik bediente mau sich des Jodoformöle,
wobei das Oel vorerst durch Aufkochen keimfrei gemacht wurdu
and erst nach dem Erkalten einen Zusatz von feingepulvertem Jodo-
&rm erhielt. In der Mün ebener Klinik suchte man nach einem Be-
ridita von Stubenrauch (üeber die Sterilisation von Jodoform-
iBJectionsflussigkeiten. Centralblatt f. Chir. 1892, Nr. 34) die asep-
tiache Beschafiecheit des Jodoformgljcerins durch eine enf sprechende
Behandlung im Dampfsterilisationsofen zu erreichen. Dabei hat man
»her eine sonderbare Erfahrung gemacht, dass nämlich durch An-
vendong der so hergestelhen Injectionsflüssigkeit die oben erwähnte
Eeaction besonders häufig hervorgerufen wurde. Bei näherer Prü-
fung überzeugte man sich, dass daran das freie Jod Schuld hatte^
velches beim Kuchen der Emulsion feich abspaltete. Sowie dieselbe
tu kiiri;en, breithalsigen und offenen Gefässen, welche das Jod leicht
eatweiohen liessen, sterilisirt wurde, gewann man eine völlig im-
•efauldige Flüssigkeit. Eine solch» Zubereitungs weise eignet sich
aber für den practischen Arzt wenig. Derselbe wird es vorziehen,
nmud nach Ferrari's Vei-suchen das Glycerio für Mikroorganismen
iOI durchaus schlechtes Nährmedium abgibt, diesem durch Zusatz
FOD Carbol eine noch grössere bactericide Kraft zu geben, odt^r
daaselbe vor dem Jodoformzusatz in einem mit Sublimat ausgewa-
•ebeD^n und mit Aether nachgespülten Gelasse aufzukochen, wie
I Garr^ (Zur Sterilisation von Jodoformölemulsion. Centralblatt für
1892, Nr. 39) mit dem Olivenöl verfährt.
3. instruTnento und A|iparat(>.
H* Thomson in Dorpat emptlehlt zur Verschliessung der von
eben her geöffneten Harnblase die sog. fortlaufende Partien-
ligatur Zweifei's. Es wird eine dünne, gestielte^ mit langem
Faden armirte Nadel einige Millimeter von dem einen Wundraude,
ohne die Schleimhaut mitzufassen, ein- und ebenso durch den anderen
am^stochen, darauf der Faden zu einer weiten ScLlinge ausgezogen,
I di» Kadel wieder zurückgerührt und in derselben Weise 1 cm weiter
wieder dorchgestochen. Inzwischen durchschneidet der Assistent
die Schlinge und fixirt die Fadenenden mittele einer Klemme, um
iie nach Beendigung der ganzen Naht zu knüpfen, Thomson hat
134
Kölaczek.
dies6Q NahtvdrecliluBs auf aeine Darcbläsiigkdit geprüft und sich
von seiner völligen Haltbarkeit übarzetigt.
Eeuaäea uodSchtevakamp (Sperrcanüle far Injectioaszweoke.
CentralbL f* Chir. 1892, Nr. 6) haben eine zweckmaBaige, leicht
aseptisch zu haltende Sperrcantlle für den Irrigator an-
gegöbeo. Dieselbe besteht aus zwei in einander versehieblichon
Glasröhren j welche durch eine Gummidichtung zysam menge halten
werden. Je nach dem Grade der Verschiebung wird der Strahl
bald erzeugt, bald unterbrochen. An das eine Ende des äusseren
Glasrohrs wird der Schlauch des Irrigators befestigt; am anderen
Ende sitzt der Gummiring. Das innere, eigentliche Äueflnssrohr ist
nur vorn an der Spitze oflFen, hat aber in der Mitte seiner Länge
eine Seitenöffnung. Je nachdem nun dieee Seitenöffnung durch Ver-
schieben des inneren Rohrs hinter oder vor den Gummiring zu liegen
kommt, fliesst der Strahl oder hört auf zu Eiessen.
Chazai (Thermocautere. Gaz. des höp. 1892, Nr. 25) hat den
Paquelin*8ohen Apparat dadurch vereinfacht, dass er das den
Petroleumäther enthaltende Gefäss gleichzeitig zur Erhitzung des
Flatinbrenners benutzt. Dies erzielt er durch Anwendung eines sinn-
reich conötruirten j im Deckel des Gefäsaes angebrachten doppel*
läufigen Hahns. Durch Drehung desselben wird der Inhalt des Ge-
fässes einmal bloss mit dem Brenner, das andere Mal aber gleich-
zeitig auch mit der Aussenlnft in Commuoication gesetzt* Im zweiten
!Falle wird das austretende Gas angezündet und so zur Erhitzung
des Brenners verwandt Des leichteren Transports wegen enthält das
Gefäss nicht flüssigen Aether, sondern damit getränkte Schwamm oben.
Bay (Gauterisator. lllustr. Monatsachn für arztl. Polytechnik
1B91, Dec.J hat einen neuen einfachen Canterisator erfunden,
welcher aus einem kleinen Baiion, dem sog« Dampfen twiokler, einem
Regulator und aus der Ansatzspitze, welche glühend zu machen ist,
besteht. Der Ballon wird mittels eines Brenners erhitzt, so dass die
darin behndüche brennbare Flüssigkeit verdampft« Die entweichenden
Dämpfe treffen in der Spitze auf eine Platinspirate und bringen diese
«iir Gluth. Zur Handhabung dieses Apparats reicht eine Hand aus.
Köhler (lieber die Methoden, die Lage und Richtung der Hirn-
windungen an der Aussenfiache des Kopfes zu bestimmen. Deutsche
Zeitschr. f. Chir. Bd. ^2) hat einen Craniencephalometer, ein
haubenfbrmiges Gestell aus biegsamen und verschieblichen, aber fest-
stellbaren Drähten, angegeben, um mit Hülfe desselben nach Beunet-
Ckinirgie,
Godlde dea Verlauf vor Alldm der Ceiitraifuroiie genau zu be-
i^tni*n. Zu diesem Behafe wird der eagittale Drabt genau in der
Ttrfailidiingslinie zwischen der Stirn mitte und der Pro tuber au tia
oodtpitalia posterior, ein zweiter senkrecht auf dem vorigen von der
rvderen Qrease dea äusseren Qehörganga und ein dritter eben*
Üb senkrecht und parallel dem zweiten au dem hinteren Rande dea
Warseiifort Satzes eingestellt. Die Verbindungalinie zwisichen dem
KzeQxungspankte der zweiten Senkrechten mit der Sagittalen und
Mim 2 Zoll oberhalb des Meatns auditorius gelegenen Punkte
dar ersten Senkrechten, also der Grenze zwischen dem mittleren
ukd ODterea Drittel derselben, bestimmt genau den Verlauf der Cen-
traifiirelie.
Hha
Der merkwördigei von Schmidt im Jahre 1888 veröffentlichte
von Totalexstirpation des Kehlkopfs, bei dem die Sprechfahig-
'kiÜ sUmäbHch spontan sich wieder eingestellt hat, ist bisher ein
üfikwai geblieben. Sonst war Bruns^ künstlicher Kehlkopf
einer solchen Operation nicht zu entbehren, falls der Kranke
Kabenmenschen sich halbwegs veratäudlicli machen wollte*
gab es eine Anzahl solcher Operirter^ welche mit diesem
HfilDsmittel seiner UebeUtände wegen auf die Dauer sich nicht be-
frenndeo mochten. Denn die künstliche Stimme versagte häufig^
woil der Schleim am Stimmbande haften blieb. Deshalb miisste ba*
hifii Beintgung der ganze Apparat aus seiner Lage gebracht werden,
treon nicht gar die nur lose befestigte Gummlzuugo mit dem Ventil
bei eioeiii heftigen Hustenstosse Kerausgeschleudert wurde. Die
Mniaie selbst blieb unangenehm eintönig. Julius Wo! ff (Ueber
TerlMssorangen am künstlichen Kehlkopf. Verh, d. Deutsch. Gesellsch.
L Qür.j 2. Gongress) aber ruhte nicht, bis er eine wesentliche Ver-
besser ong der Phouationscanule erzielte. Er Hess dieselbe
\ ebenso lang wie eine gewöhnliche Trachealcanüle, bauen und
Lumen anteu durch ein allen Schleim auffangendes Brahtsieb
a. Die Öammizunge wurde höher gelegt, so dass der
b beEodliche Ganüleuabschnitt einen relativ weiten Resonanz-
ranm darstellte. Das Gummiventil off a ei sich nicht wie bei der
BrQOs'schen Canüle nach beiden Seiten, sondern nach der Mitte
IS nad lisBt sich mittels einer Schraube höher und tiefer stellen, so
ium die Tonhöhe der Sprache abgestuft werden kann. Ausserdem
Eoss er den Eingang zur Oanüle dadurch weiter heritelien, dass
dis des Otunmi Ventil enthaltende Stück iles Apparats nicht in, son-
imn Clber dieselbe hinweg geschoben wird. Der mit einer solchen
136
Kolamk.
CaEüle versebtne, von Wolff operirte Mann declamkte und
BOgar vor dem Congress in relativ ausgezeichneter Weise,
sang
liose, 1
einer I
Schede lEin neuer Apparat zur BebandluDg der Skoliose,
Deutsch, med. Wocheuschr. 1892, Nr. 12) empheblt als Frucht einer
laugen Reibe von Versuchen und eingehender Erwägungen einen
neuen La gerungsap parat zur Behandlung der Skolioae.
Derselbe kommt aber im Verein mit Massage, Gymnastik, Elektri-
cität, unter Umständen sogar mit Corsets zur Anwendung. Während
der Patient in Extension gebalten wird, fixirt Schede das Becken
durch einen feststehenden Rahmen und den Schultergürtel durch
Stützen, om dann mittels zweckentsprechend an den Thorflx ange-
legter Heftpflasterstreifen einen horizontaien Zug aoazQÜben und
so der Wirbeltorsion entgegenzuwirken. Auf die Uebergangsstelle
der Rippenknorpel zu den Rippen wird mittels einer Pelotte ein
entsprechend starker Druck ausgeübt, um hier, als dem uachgiebig-
sten Paukte des RippenringeSy der Entstehung eines Buckels vor-
zubeugen. In diesem Apparat liegen die Kinder täglich eine halbe
Stunde. Da bei den vorgeschritteneren Fällen das Trogen eines Cor-
sets sich empfiehlt, so lässt Schede während der Nacht ein bis
auf die Oberschenkel hinabreichendea, also eine vollkommenere Hebel-
wirkung ausübendes Coraet, anlegen. Schede will durch eine solche
Behandlung überraschend gute Resultate erzielt haben.
Heidenhain (Ueber Behandlung des Leistenhodens mit einem
Brtichbande. Deutsch, med. Wochenschr. 1892, Nr. 14) gelang es^
durch consequente Anwendung eines gewöbulichen Bruchbands zu-
nächst bei jüngeren Individuen den Leistenhoden allmählich
in den Hodensack hinab zu drücken und in der abhängigen
Lage zur Anwacbsung zu briiigen. Dieses Ziel zu erreicbeUj waren
B — 4 Monate erforderlich. Bei älteren Knaben musste er aber, um
einen Efi'ect zu bekommen, ein Bruchband mit nach unten federnder
Pelotte zur Anwendung bringen. Gleichzeitig wird auf solche Weise
der Ausbildung eines den Leistenho den nicht selten begleitenden
Bruchs vorgebeugt«
Baumgärtner (Darmklemme. Centrelbl. f. Cbir. 1892, Nr. 18)
bat eine neue Darmklemme angegeben, weiche vor der bisher als
beste angesehenen öussenbauer'schen den Vorzug hat, dass sie
sich auch der wechselnden Dicke der zusammengelegten Darmwände
genau anpasst und weniger complicirt ist. Sie ist einer kurzen
Orömaillere khnlicb, deren Fassenden durch zwei 7 cm lange und 4 mm
Chirurgie. 137
%rata EJemmbaLken dargestellt werdeo. Durcli ein in ibrer Mitte
ogiöbra^tes Gelenk stehen die mit den bogenförmig ausgeschweiften
Bmncben tu Verbindung, so da&s also ihr Drehpunkt der Mitte des
von ihnen comprimirten Darms entspricht. Dadurch iet eine voll-
•tioidtg gleichmäesige Compression desselben gesichert«
Braatx (Grundsätze in der Behandlung \ron Kniegel enkscon-
tfintoren mit portativen allmählich streckenden Apparaten« Zeitachr.
f. anhop&d. Chir. Bd. 1) empfiehlt zur Bekämpfung von Knie-
ctfleiikscontractaren einen von ibm angegebenen Schienenapparat*
D«r»dlbe gleicht dem von He s sing zu demseiben Zwecke ange-
febeneii» wobei das wirksame Princip die Extension des ünter-
«alMiikels gegen das Fus&bleoh hin iät, unterscheidet sich aber durch
eoie beBondere Articulation der Ober- nnd Unterschenkelschiene.
Wdi Bimlieh der hintere Abschnitt der Condylen eine stärkere
KrtnicsiaDg bat als der vordere ^ so darf der Drehpunkt^ wenn die
^^fideakfläcban in ihren vorderen Abschnitten nicht gewaltsam gegen
^Hpauider gepresst werden sollen, nicht ein €xer sein, sondern muss
-ridi wihrend der Streckung verschieben. Zu diesem Zwecke be*
w<8gcii sieh die Schienen gegen einander in einem entsprechend ge-
faHminten Schlitze. Dabei findet gleichzeitig die Distraction im
Qdsnke statt
II. Speeielle Cliirurgle*
L Kraoklieitea des Eo|»fes.
Anknüpfend an einen durch Trepanation wesentlich gebesserten
IUI von Jackson'scher Epilepsie bei einem rijährigen Knaben,
Wiisc Lucas Championni^re (Sur la tr^panation dans Tepilepsie
Jiekaonienne. BulL et m6m. de la soc. de chir. de Paris Bd. 17,
S. 414) darauf hin^ wie selten man eine ausgesprochene Veränderung
an der Hirnoberfläche bei dieser Krankheit finde, selbst wenn seht
dcotltebe Symptome, wie scharf begrenzte Reizungen oder Lähmungen,
mf einen beatimmten Herd hindeuten. Wenn aber nach einer Tre-
fUStioD trotzdem nicht selten eine Erleichtenmg, ja vorübergebende
BsÜnsg der Beschwerden eintrete, so möchte er den Grund für die
Wirksamkeit des Eingriffs darin erblicken, dass durch Eröffnung der
Bdiidelbdhie das Hirn eine Druckentlaetung erfahre. Um aber eine
E*"****! sicher herzuetüllen, räth er, das heraustrepanirte Knochen-
aickt wiedereinzusetzen« ühampionni^re erzielte bei dieser
Mm
138
KolacsdL.
Art vorzugehen stet« nur ©me Besserung der krankhaften Erschei-
nungen, nie eine Heilung.
Beisner (Zur Frage der intermediären Trepanation bei Oeteo-
phlebitiß eranii. Beiträge zur klin. Chir. Bd, 8) berichtet über einen
ungewöhnhch glucklichen Ausgang einer intermediären Trepana-
tion bei Oöteophlebitis cranii au8 der Ozerny'ächeii Klinik.
So ganz ungünstig wie bei MeniDgitis und Sinusphlebitis ist also die
Prognose dieses Eingriffs nicht. Beiaoer räth daher zur prophj-
lacttßchen Erühoperation bei Entzündung der Schädelkuocheu, Eine
grüngelbe VerfärbuDg des Kiiocheos erfordert die Ausmeisselung des*
fielbeu in der ganzen Dicke desselben und soweit die Dip!oevenen
sich thrombosirt erweisen.
Postempski (Beitrag zur Hirn Chirurgie, Gazz. degli ospitali
1891) theilt einen Fall von richtig diagnosticirtem und mit Erfolg
durch Operation beseitigtem Hirntumor mit Bei einer
50jähngen Frau bestand seit 10 Jahren zunebmeöder Schmerz und
Schwäche des rechten Arms; zuletzt stellten sich hier und im Facialis-
gebiete epileptiforme Krämpfe ein; diesen folgten Lahmungserschei-
nungen mit transitorischer Aphasie und Amnesie* Am linken Scheitel-
beio entsprechend dem Lobus parietal is superior wurde trepanirt.
In der Mitte der aufsteigenden Scheitel wind ung fand sich ein über
kastaniengrosses Gliom. Nach Exätirpatiou desselben trat Heilung
©in bis auf eine leichte Parese im rechten Arm.
Bei einer 47jährigen Frau, welcher wegen heftiger Neuralgie des
zweiten Trigeminusastes zweimal und das zweite Mal bis ana Foramen
rotundum hinan der Nerv resecirt worden war, entachloss sich
Krause (üeber Trigeminusresection innerhalb der Schadelhöble,
Verbandl. d. Deutsch. Gesellach, f, Chir., 2L Congrese) angesichtj*
der recidiven furch tbare^ durch kein Mittel zu stillenden Schmerzen
2U einer AufsucbuDg des Nerven jenseits des runden Lochs
innerhalb der Schädelhöble, Zu diesem Zwecke führte er eine
umfängliche osteoplastische Resection des Schädels in der Schläfen-
gegend aus, drang mit Finger und Elevatorium zwischen Dura und
Schädelbasis vorsichtig bis an die aus dem Foramen spinale auf-
steigende Arteria meniugea media und dann weiter nach vorn von dieser
gegen das runde Loch vor, bis er den gesuchten Nerven vor sieb
liegen sah. Wegen der hei dieser Manipulation andauernden starken
Blutung tamponirte Krause zunächst die Wund höhle mit Jodoform-
gaze, entfernte dieselbe am fünften Tage und schnitt dann erst im
klaren Felde, während das Hirn mit einem breiten Spatel emporge-
Cbirurgie- 139
ie» ^12 cm dd8 stark iojicirten Nerven aas* Die Wundheilung
günstig* Die Frau blieb zimächst für 4 Monate von den
Sekoierzeii verschont
Kröalein (Ueber eine neue Methode der Freilegung des dritten
Ästet des N, trigemiDus bis zum Foramen ovale. Archiv f. klin.
Gktr* JBdL 43) hat unter dem Namen der ^retrobncoalen Methode"
OHl bequemen Weg angegeben, den dritten Aat des Trtge-
aimitf bis ans eirunde Loch hin zu reeecirau. Von einem
ÜMtren, 1 cm vom Mundwinkel beginnenden und 1 cm vor der
Spiftia dea Ohrläppchens endigenden Querschnitt der Wange aus dringt
AT lut Durcbschneidung des Masseter^ soweit derselbe von der Par-
«cia imbedockt bleibt ^ in die Tiefe. Darauf isolirt er die Basis des
Ptoeeasus coronoideus mit dem Elevatorium und dttrchschneidet sie
mm der Bjaocbenscheere scbrög nach vom und unten» Wenn nun mit
Sebdftail^ des nach vorn und unten verlaufenden N« buccinatorius
der Fettpfropf der Wange stumpf aus seinem Lager herausgelöst ist,
«bcnao wie das noch tiefer die Nerven und Qefässe auswärts vom
Pterygoideua internus einhüllende Fett, so gelangt man leicht an die
I^a^gnla des Unterkiefers und kann den N. alveolaris inferior und
lojignüis bis an den unteren Rand des Pterygoideus extemus^ die
Qborda tympani und die Arteria maxillaris interna freilegen. Um die
Bleu Nerven und den N.auriculo-temporalis mit seiner, die Arteria
umspinneuden Ansa noch höher bis ans eirunde Loch ver-
sa können., muss der Pterygoideus extern us kräftig nach oben
oder eingerissen werden, wenn nothig, mit Unterbindung der
Arteri» maxiUaris interna. Jetset folgt die Eesection des dritten Tri-
gtaunoaaates, die Fixatioo des Kronen fortsatzes an seinem Standplatz,
die Kahl des Masseter und der Haut bis auf eine Drain stelle. — In
dar Albert^schen Klinik erwies sich diese Methode zum ersten Mal
«Bi liebenden nach Schnitzler's Bericht (Resection des dritten
Iriittiiliiusdated nach Krön lein's retrobuccaler Methode. GentralbL
£ Gbtr. 1892, Nr 47) als leicht ausführbar und dtirchaua wirksam.
Dia operativen ßemuhungen zwecks Aufrichtung der Satte U
aaae wollen nicht sur Ruhe kommen. An den bisher üblichen Ver«
tadelt man mindestens die ,, entstellenden Narben^'. Daher
die JEinen diese Narben möglichst wenig augenfällig zu ge*
ftaltan, daher sehen die Anderen von allen sichtbare Narben bilden-
te £ijigrjffdn gaos ab und nehmen lediglich subcutane Oorrectionen
for oder begn&gen sich mit fein ausgeklügelten Prothesen, So geht
Diikoiioff (Zur Rhinoplaetik der Sattelnase. GentralbL f. Chir.
140
Kolaczek.
1892, Nr. 4:2) in der Weiee vor, dasa er zuoäobst auf dem Naaeii-
rücken ©inen /\-förmigen Schnitt macht, dessen Spitze dicht unter der
Glabella lio^t, und dessen Schenkel zu beiden Seiten der Nase «u
den Nasenflügeln hin verlaufen. Durch Äbpräpariron dieses Lappens
wird der knorplige Theil der Nase beweglich gemacht Dann holt
er durch verticate Schnitte von der Stirn her einen 5 cm langen und
1 cm breiten oblongen König'ischen Hautknochenlappeo herunter und
schlägt ibn so um, dass* seine Hautoberfläche auf den Nasenknochen
zu liegen kommt, ußd seine bewegliche Spitze an die hintere wunde
Flache des Nasen r&ckenlappens durch Naht befestigt werden
kann. Bis auf eine kleine, an der Nasenwurzel gelegene Stelle^
welche durch Granulation heilt, wird die wund© Fläche des Stirn-
lÄppchens von Nasenrücken haut bedeckt. Schliesslich wird die Ver-
einigung der zuerst angelegten und der kleinen Stimwunde besorgt.
Bei Defecten der Nasenflügel gibt er dem Stirnläppchen ©ine f- oder
T-Fnrm. — Mikulicz wieder hebt nach der Darstt^Uung von K o-
wallek (Ueber die Aufrichtung von Sattelnasen, InBug.*D]8Eert.
Breslau 1891) dJe eingefallene Nase durch Herbeiziehung der Wangen-
haut von beiden Seiten her nach subperiostfller Ablösung derselben
von der Nasenhöhle aus. Die so gewonnenen Hautperiostbrücken
werden durch Platteunähte gegen den Nasenrücken hin zusammen-
gedrängt, HO dass dieser mindestens seine ursprüngliche Höhe wieder
bekommt. Diese neue Nase wird in ihrer Form erhalten durch
Drahtbügel, die von der Nasenhöhle aus eingelegt werden., oder durch
AofsetÄen einer Art von Nasenklemme. Das Resultat soll ein blei-
bend gutes sein. — Aeyräpää (Die orthopädische Behandlung der
Sattelnase mittels von der Zahnbeilkunda gebotener Hülfsmittel.
Kuopio, 0, W. Backmann 1892) stützt die einfallende Nase durch
ein Kautschukger Qst , das aus einer senkrechten Platte und einem
Dachtheil besteht und sich auf eine Gaumenplatte stützt. Das Ganze
besteht aus einem Stück, wenn gleichzeitig ein Gaumendefect vor-
handen ist; kann aber ©in solcher nicht verwerthet werden^ so wird
der Dachabschnitt des Apparates durch einen Platinatift gestützt,
welcher, in der Gaumenplatte befestigt^ durch ein eigens zu diesem
Zwecke im harten Gaumen angelegtes Bohrloch in die Nasenhöhle
gebracht wird. Dieser Apparat kann Tag und Nacht getragen ^
muss aber täglich einmal zur Reinigung entfernt werden. —
Eraesin (Die Rhinoplastik mit goldenem Stützgerüst Wratsch
18Ö2, Nr. 2) führt von einem in die Naaolabialfalte angelegten Ein-
schnitte aus einen goldenen Dachsparren auf die eutblösste Apertora
pyriformis ein. Derselbe besteht aus einem der Apertur genau an-
Chirargie,
141
sden Drahtring, welcher an der Umrandung derselbeii durch
drei Pl&tizLDähte befestigt wird, nod aus einer darchl5cherten, dünnen^
<leai Nasenrücken entsprechend geformten Platte ^ welche beide
Hilften dea Hinges verbiDdet. Zur Befestigung der Goidplatte sind
du seichter horizontaler Kinschnitt an der Schlei mbautEäche der
Na0OD8ptt£e nöthig, welcher den unteren Band der Platte aufnimmt,
«ad MiBserdem noch dickwandige Drainstücke, welche von der Nasen-
tohle «UB die Nase gegen das Gerüst drücken ^ bis es durch die auf-
■cbieHgeoden Granulationea festgehalten wird. Der ganze Stütz-
c|iparmt wird eingekapselt. Krassin hat diese Methode in 17 Fällen
bewährt gefanden.
Hagedorn (Die Operation der Hasenscharte mit Ziokzacknaht.
Geolralbl. f. Chir. 1892, Nn 14) hat in seiner findigen Weise eine
sweckmisaige Modification der Hasenschartennaht ausge-
dacht. An dem Punkte, wo die Anfrischung der Spaltränder be-
ipuneii soIl| sidast er unter AnspHnnung der Lippe mittek der Finger
ein liesfierohen genau an der Grenze des Lippensaums ein und fthrt
es bei echräger Haltung, am eine möglichst breite Anfrischung zu
genrinneD, ine Nasenloch hinein. Die abgelösten Läppchen werden
durch angehängte Klemmen nach abwärts gezogen. Je nachdem die
Spanoong nach der Naht voraussichtlich grösser oder kleiner sein
wird, fogt er im zweiten Act an der Grenze des unteren und mitt-
lerea Viertels oder Drittels der lateralen Anfriuchungslinie einen
horizontalen, dem unteren Viertel bezw. Drittel genau gleich langen
Einachnitt durch die ganze Dicke der Lippe hinzu, darauf in ganz
derselben Länge vom Beginne der medialen Anfrischungslinie einen
BduiiU in der Bichtung nach oben und aussen, so dass dadurch der
hier vorhandene Winkel halbirt wird. Schliesslich schneidet er von
jedem herabhängenden Saumläppchen mit der Scheere so viel fort,
diae ee etwa noch eine Länge von 0,5 cm behält. Die richtige An-
emanderlegung der Wundränder ergibt sich von selbst. Die Naht-
ie bat eine Bajonettform. Die Spannung der neuen Lippe fällt
go stark aus, dass Seitens chnitte nöthig werden. Die aufäng-
Keli einen Bürzel bildenden Lappenreste ziehen sich aUtnählicb von
•elbet ein. — Bei einer doppelten Hasenscharte wird zu beiden Seiten
dee BSmela in der vorbeschrt ebenen Weise verfahren. Der Bürzel
wird seitlich einfach senkrecht und am unteren Kande durch
unter einem stumpfen Winkel zusammentreifende Schnitte an-
U sc dass die Nahtliuien die Form etwa einer zweizinkigen
Gabel bekommeD.
|HStitie i
■ Kell fi
142
Eolaczek.
F 6 Hz et (Cure radicale de k greoomllette» MWecme moderne
1801) erleichterte sich die Exgtirpation des Balges einer ent-
leerten Kanula auf die Weise, dass er denselben mit kleinen
Schwamm eben ausätopfte und so bei der Enucleation sieb genau an
die Grenzen der dünnen Cyste zu halten vermochte. Dieses Ver-
fahren empfiehlt sich überhaupt bei Äusschälnng dünnwandiger
Cysten.
Chiari (Ueber die Erfolge der Behandlung des Empjema antri
Higbmori. Prager med, Wochenscbr. 1892) empfiehlt nach mannig-
fachen Versuchen als beste Behandlungs weise der Eiterung
in der Highmorshöhle die Oooper'sche Anbohrung von einer
Alveole aus und die AusstopfuDg der Höhle mit Jodoformgaze, welche
nur alle 8 Tage erneuert zu werden braucht — Auch Killian
(Meine Erfahrungen über die Kieferhöbleneiteruug. HüncL med.
Wochensebr, 1892) gibt der Co o per* sehen Methode der Behandlung
des EmpyejBö der Kieferhöhle den Vorzug vor den übrigen Methoden,
zumal sie den Kranken in den Stand setze, die Nachbehandlung
durch Ausspülungen selbst fortzusetzen. Die gute Wirkung der Jodo-
formgazetamponade, mit der auch er einen Theil seiner 44 Fälle
dieser Erkrankung behandelt bat, ist er bereit, rühmend hervor*
anheben.
2. Eraikkeiteu des Halses und der Ernst.
Den spastischen Schiefhals bat Gould (Spaamodic torti*
collifl treated hy avulsion of the central and of tbe spinal accessory
nerve. Lancet 1892, Juni) durch Eesection des Ramua ezternus nervi
accessorii in der Länge von 4^2 ^oll zur Heilung gebracht» Der
gute Erfolg war noch 2 Monate später nacbzuweisen« Der Kopf-
nicker und der Kappen mut^kel in seinem oberen Abschnitt blieb
atrophisch, ohne dass jedoch die Pnnction des Kopfes merklich ge-
stört wurde. — Noble Smith ist ähnlich verfahren, hat aber noch
die hinteren Aeste des zweiten, dritten und vierten Cervical nerven,
ftberhanpt alle in den Splenius eintretenden Nerven resecirt.
Hoobenegg (Oesophagoplastik und Totalexstirpation desLarynx.
Internat klin. Rundschau 1891^ Nr, 46) bat die von v. Hacker am
Htrnde erprobte Oesophagoplastik zuerst bei einem Kranken,
dessen krehsigen Kehlkopf sammt dem dahinter gelegenen Abecbnitte
der Speiseröhre bis auf einen nur 0^5 cm breiten Streifen er ent-
fernen musste, sur Ausfährung gebracht, und zwar mit gutem Erfolge.
£s wurden zunächst zwei von der Hals baut her geholte viereckige
K
Stierli
kä Mocbw BwedoiriL Bö», i. USm. CUr. Bd. 8)
Mttöo ficairan^ m oiv bocb nsw gssfi^BOii iMfediipjCB xliorApie
d«r Bmsedow*s«li«n Krarnkkeit dvrek ExBtIrpfttioH des
Kropfes, 1& der Sindwr Kliiiik nai wiriicfc vieder drai eae-
FOle dJeser Affeotiffli dmeii FottBekne d«e qB>«tl— AV
der SekOddrtee nr Be^Hit igciinckt verdes* Wem rae
e befriedigeode Kliraaf ^umr mgmll^^mBchm Bmhmkmag
akkt gegebeai weidaii kaaiiy eo ulerliegt die üselnclie tkres Km-
tn%Mm kmneaa Zweifel vehr.
Dreeenaen (Die cJürnrgiecheBefceBdlgiig deeüeriinB Beeedewü.
Deeiieobe ved, Wocli. 1892, Nr. 5) gibt drei rtm Trendeleeborg
wa^ Kaeber mit ünterbiodeng der Ariertee tbjreotdeee
bebendelte Felle Ton Besedew'eeber Streiae bekeimt, welche
iifolgB dicecfl Singrifii eioe weMsatlidie BeeMieag des AUgeoMui«
wmitmgtdem wie eocb der Ificekn knnUbaflea Yettodenrageii effobres.
— Vcm eiAen ebeeaD giateik Heüeffecte berichtet llnsebold (ibid.),
der durefa gelymaoceaetieche AbtraguBg des hjpertropliigclieo binlem
AhecbmttB der reehteo estem lloscbel erstell wurde.
Necbdem die Cbintrgen auf Grand ihrer Kr&broflg ecben seit
Jahren die üeberzengnng gevonnes habeOf daes bei Entfemmig der
loopfig degeoerirteii Schüddrüee wenigsteae ein kleiner Best der-
eelben smrOekgelaBBeii werden mlkeete, wenn den genngeem bekanDten
Keigen einer Totalezstirpation sicher v^orgebeogt werden soll, ist
■■■ jeM eifrig bemüht, die f^ Leben und Gesundheit so wichtige
Feaeiion der Schilddrüse experimentell sn ergründen. Wenn anch
iber das Wie flieses Kmflosses mm Theil widersprechende Ansichten
bcrrNben, wie die Arbeiten von Po deck (Beitrige xor Histologie
Bsd Fonetioo der Schilddrüse. Inaug.-IHesert. Kdnigeberg 1892)
U4
Kolaczek,
und Horsley (Remarka oa tke fanction of tbe thyröoid gland. Brit.
med, journ. 1892) beweisen, so ist durch das Experiment unwidar-
leglich dargethan^ daBS das Schilddrüsenparenchym ei neu
specifiaohen Stoff erzeugt, der für den Organismus, insbesondere
aber f&r das Gehirn von grössfcer Bedeutung ist. So hat v. Eiseis-
berg (WieD, kliii. WochenBcbr; 1892^ Nn 5) bei Katzen den sonst
nach Exstirpation der ganzen Schilddrüse unauäblei blieben Tod durch
Tetanie dadurch ferngehalten^ dass er zunächst nur die Hälfte der
Druse exstirpirte und dieselbe sofort in die Bauohdeoke traiisplan-
tirte und nach 2 Monaten die andere Hälfte entfernte. Sowie er
aber nach weiteren 2 Monaten das transplantirte Stück ebenfalls be-
seitigtej trat innerhalb 3 Tagen der Tod des Thieres ein.
Macpherson (Notes on a case of myxoedema treated by thy-
reoid grafting. Edinb. med* journ. 1892, Mai) eraielte durch Trans-
plantatiou von Scbllddriisengewebe unter die Brusthaut bei einer
an Myxödem leidenden Kranken eine wesentliche ßeseerung des
sonst trostlosen Leidens, — Blattj (Ä case of mjxoedema success-
fuUy treated by massage and hypodermic injections of tbe thyreoid
gland of a sheep, Brit, med. journ, 1892, März) und Lundie haben
durch subcutane Injection von Parencbymsaft, den sie nach Murray'a
Angaben ans der Schilddrüse des Schafs gewonnen hatten, voll-
ständige Heilung des Myxddems erzielt.
V. Büngner (Ueber die Bt^handluog der Scblüsselbeinbrüche
und einen neuen Verband für dieselben. Deutsche med, Wochen-
schrift lS92j Nr, 23) empfiehlt einen neuen anscheinend zweckmässigen
Verband für die Behandlung von Schlüsseibeinb rächen, dar
Wirksamkeit und Bequemlichkeit fiir den Kranken in sich ver-
einigen soD, Von einem 60 cm langen und 4 cm breiten Querstück,
das iu Form eines Ringes die gesunde Schuller umgibt , gehen drei
120 cm lange und 10 cm breite Streifen ab. Der mittlere unter einem
rechten Winkel abgehende wird über den Rücken hinweg um
die Mitte des gegenüberliegenden nach dem Sayre'schen Princip
rückwärts gestellten Arms von dessen Innenfläche her berumgeführt
bis zu seinem ürsprungspunkte zurück, wo er befestigt wird. Der
untere etwas schräg an den Gurtring sich ansetzende Streifen um-
greift in gleicher Weise den Oberarm der kranken Seite nur näher
am Ell böge ugelenke, verstärkt also die Wirkung des ersten Streifens
und hebt gleichzeitig die Schulter. Der dritte obere Streifen wird
aber die Brust weg zur Suspension der Hand verwendet und kehrt
über die Fragmente hinweg zum Ursprung des mittleren Streifens
Chirarg-ie,
145
eser Verband wird entweder aaf blosser Haut öder auf
r Tricotjacke wenigstens 10 Tage lang getragen. Büngner
mit dem HeUungsresultate dieses Verbandes durcbans zufrieden.
Daafi ein operativer Eiugriff bei tubörculöser Spondy-
tilii doch nicht so ganz aussichtslos ist, beweist eio von South am
f.Ltmixiectomy for spinal caries. Brit. med* jom'u, Nr, 1630) ver-
btfaDtlicbter Fall Es bandelte sich um ein 3i/2i^^^^^^^ Kind, das
oui einer auffallenden Deformität der Halswirbelsäule, Läbmung der
Extremitäten und Incontinenz der Blase sowie des Mastdarms be-
ittflet war. Da eine weitere cooservative Behandlung keinen Erfolg
verspracbf so suchte Southam auf operativem Wege eine Llnderting
dsd trostlosen Zastandes herbeizuführen. Nach Resection der Dorn-
fortsilt^ des sechsten und siebten Halswirbels sammt den nächsten
Bogeoabechnitten zeigte sich der Wirbelkanal mit weichem G^ranu-
faHotisgewebe ausgefüllt. Dasselbe wurde einfach ausgelöffelt. Schon
diaAer Eingriff hatte zur Folge ^ dasB die Arme zum Theil ihre Be-
weglichkeit und Kraft wieder gewannen. Dadurch ermuthigt^ wieder-
iiolle Southam ein Vierteljahr darauf denselben Eingriff im Bereiche
des föofieo und vierten Halö* und ersten Brustwirbels* Die Besse-
nmg im Zustande der Arme nahm danach noch weiter zu, und später
oiächte sie sich auch an den Beinen bemerklich. Schliesslich konnte
i_däa Kind ohne Unterstützung gehen und stehen. Nach Southam
It e^ sich in diesem Falle um eine chronische Pachymeningitis ge-
lelt* Eine solche ist nach seiner üeberzeugung nicht selten ür-
lie «poudylitischer Erscheinungen und nicht immer eine Com-
ptooflion des Rückenmarks seitens der Wirbel
Appenzeller ( Modificirter Pleuraschnitt beim Empyem. Med.
ipodenzbl. des Württemb. äratl Landes Vereins 1891) empfiehlt
ui Stelle der typischen Eesection der hinteren Bippenab-
achiiilte bei dort* localisirten umschriebenen Empyemen^ da dieselbe
regen der tiefen Lage der Kippen hier besonders schwierig sei, eine
reiiifftchte Resection mittels der Meisselzange* Nach Entblössung
8 Rippenstücks vom Periost schneidet er vom obern Rande her
der Heisselzange ein halbmondförmiges Stück etwa bis zur
HAlfte der Rippenbreite heraus ^ so dass ein dickes Drainrohr be-
qmesn Plutz findet. Dieses von mir schon seit 15 Jahren bei mangel-
hiftei Assistenz in jedem Fall von Empyemoperation geübte Ver-
uhrsQ ist durchaus empfehlenswerth.
Die operÄtive Eröffnung des Wirbelkanals ist bekannt*
biaiier nur vereinzelt ^ z. B. bei Entfernung eines Tumors^ von
iL firtct lifttliöin \mi 1^
14G
Kolacaeli*
Erfolg gekrönt worden. Der Spondylitis gegenüber hat sich die-
selbe jedoch im Allgemeinen als machtlos erwiesen. Kürzlich aber
kam sie zur Ausführung in Fällen, wo sie von vorn herein einen
Erfolg versprechen musste, nämlich bei Compression des Rücken-
marks durch diblocirte Wirbel fragmente. Da man aber für solche
Zwecke eines grösseren Spielraums ben5thigte, so nahm der Eingriff
naturgemäss einen osteoplastischen Charakter an. In der Thiersch-
schen Klinik wurde diese Auf klappting der Wirbelbögen nach einem
Berichte von Urban (lieber operative Eingriffe bei Compression
des Rückenmarks durch Verschiebung der Wirbelkörper. Verh. d.
Deutsch. Gesellsch. f. Chlr., 21. Congress) bisher zweimal mit ziem-
lich gutem El folge ausgeführt. An der Brustwirbeisäule wird eia
oblonger, über 3 — 4 Wirbel längen ausgedehnter und etwa 6 cm breiter
Hautmuskelknochenlappen mit unterer Basis, im Bereiche des Lenden-
abschnittg aber ein solcher mit oberer Basis gebildet. Dabei ist
aber die Vorsicht su beobachten, dass man den ersten zur Resection
bestimmten Wirbelbogeu, um Neben Verletzungen zu vermeiden, nahe
dem Dornfortsatze durchmeisselt oder, wie das an den Hüls- und
Brustwirbeln möglich ist, mittels einer Kettengäge durchtrennt. Die
nächsten Bogen können dann schon in grösserem Abstände von
diesem Fortsätze getrennt werden, weil man jetzt schon genügende
Einsicht in die Verhältnisse gewonnen hat. Im ersten in solcher
Weise operirten Falle bandelte es sich um einen 28jährigen jnngen
Mann, der in Höhe des zwölften Brustwirbels einen Brach der Wirbel-
säule erlitten und demzufolge eine Lähmung der Blase, des Mast-
darms, des rechten Beins und eine unvollständige auch den linken
davongetragen hatte. Nach der Operation konnte der Kranke im
ftlnften Monat mit Hülfe der Bauchpresse spontan unniren und das
linke Bein in normaler Weise gebrauchen j während am rechten nur
noch die Peronealmuskeln gelähmt blieben. Ueber den zweiten Fall,
der ein 24jähriges Mädchen mit gleichen Fracturen und ähniicheu
Erscheinungen betraf, hat Urban zur Zeit der Publication noch
Dtchts Bestimmtes mittheilen können, da die Operation erst kurze
Zeit vorher gemacht worden war.
8. Krankheit«! des Unterleibes,
Die Laparotomie hat in neuester Zeit eine neue Indication ge-
wonnen, nämlich schwere, periodisch wiederkehrende Unter*
leibskoliken, welche allen nicht operativen Hülfsmitteln hartnäckig
widerstehen und weder ätiologisch noch diagnostisch verständlich
Chinirgie.
147
fOuI. Nachdem schon Crede früher einmal aus gleichem Grunde
ifaie Frobemdsion der Bauchhöhle gewagt hat, tritt für eine solche
pigonwärtig besondere Lauen» te in (Netzstränge und Verwachsungen
m Leibe alä Ursache schwerer andauernder KoUkaa. Yerh. der
Odiltteoli. Oesellsch. für Chir., 21« Gongress) lebhaft ein. In zehn
lüloB sah eich derselbe, der erwähnten Indtcation folgend, ver*
cnlasst, die Baachhöhle zu eröffnen, und hnd jedesmal als Ursache
Ar die besiehenden Koliken verschiedenartige Verwachsungen
iwiscbea Leber, Gallenblase und dem Intestinaltractus oder Pseudo-
tigamente, welche auf denselben constringirend wirkten. Nur einer
(ier Operirten ist gestorben. Besonders häufig aber fanden sich von
der Gallenblase ausgehende Verwachsungen. — So beschreibt auch
FrÄnkel (Zur Chirurgie des Gallen Systems. Uentralbl. f. Ghir. 1892,
St, 35) zwei von Gersuny aus solchem Grunde Busgefiilirte Laparo*
tomien , wobei das eine Mal an Stelle der Gallenblase ein derber^
lait dem Netz zasammen hängender Bindegewebsstrang^ das andere
UaI eine dünnwandige, an ihrer Spitze mit dem Netz verlöthete
Gmlleo blase vorgefauden wurde. Die einfache Trennung dieser Liga-
mente hatte den besten Erfolg. Doch räth Fr&nkel nach dem Vor-
gUl^ der durch schlimme Erfahrungen gewitzigten Gynäkologen,
die mach solchen Diacisionen entstandenen Wundilächen in sich selbst
m vemiben, um dem Entstehen neuer Anwachsungen vorzubeugen.
Der Bericht von Cecharelli (Ccntributo alla cura della peri-
tanite labercolare con la laparotomia. Eif. med. 1892) über neun
dttrcb Laparotomie zor Heilung gebrachte Falle von tuberculdser
Peritonitis enthält manche für die Klärung dieser dunklen Frage
interessante Momente. Während nämlich bisher auf Königes Auto-
rit&l hin die Annahme galt, dass es infolge der Eröffnung der Bauch-
bdhle bei tuberculöser Peritonitis nicht zu einer adhäsiven Yer-
klebilOig «wischen parietalem und visceralem Blatte des Bauchfells
hat Cecharelli bei einem wegen Bauchwassersucht zum
reiten Male Operirten constatirt, dass die früher gelegentlich der
Laparotomie nachgewiesenen miliaren Tuberkel durch neu-
letes und Adhäsionen unterhaltendes Bindegewebe ersetzt waren*
An den excidirten Bauchfellstückchen erwiesen sich die noch vor-
handenen Tuberkel als baoillen freie Knötchen , die sich ganz und
fir nicht mehr verimpfen lie.ssen. Cecharelli läset der Laparotomie^
iteU eine Auswaschung der Bauchhöhle mit Thymol 1, Alkohol lOO,
Aqua destiUata 1000 folgen, weil er davon einen günstigen Einflusi^
auf die Umwandlang der zelligen Knötchen in Bindegewebe erhoö^t«
Uh
Kolacaek,
Dönmaclj steht es fest, daea es, wie Liudner (Ueber die operative
Behandlung der Bauchfelltuberculoae. Deutsche Zeitschr. für Chir.
Bd. H4) anoimmtj eineo doppelten Heilungsmodus der BaudifelU
tuberculoso gibt, ohne und mit Bildung von Adhäsionen.
Tricomi (Tre splenectomie. Rü med, 1892, Juni) hat von
drei Splenektomien, die er ausgeführt, nur eine einen tödtlichen
Ausgang nehmen sehen, und zwar bei einer leokämi sehen Kraokeii,
infolge einer abyodanten parenchymatösec Blutung in die Bauchhöhle,
Von den beiden anderen Fällen von Milzhypertrophie lies« sieh wenig-
stens der eine auf Malaria zurückführen»
Ziogler (Casuistiscbe Mittbeilungen ans der Müncliener chirurgi-
schen Klinik* Münch. med, Wochenacbr, 1891, Nr. 47) vöröffentlicht
einen Fall von mehrfacher Darmverletzung mit Austritt flus-
sigen Kothes in die Bauchhöhle, wobei die Laparotomie dem Krankeii
das Leben erhielt. Die Stichwunde des Unterleibs erschien anfäng-
lich so unschuldig, daas sie ohne Weiteres durch Naht geschlossen
wurde. Als aber kurz darauf bedrohlichy Unterleibseracheinangen
auftraten, schritt mau sofort zur Laparotomie. Bei Absuchong des
Darmes stellte es sich heraus, dass eiue Schlinge an beiden Wänden
eine 1,5 cm lange, eine andere nur eine Trennung der einen Wand,
und noch eine dritte eine solche der Serosa und Musculariö aufwies.
Der Darm wurde nach der Naht mit 0,02t'|<^iger Bublimatlösung ab-
gespült, der iüssige Koth und das geronnene Blut aus dem kleinen
Becken ibrtgeschafit. Bei ungestörtem Verlauf trat völlige Heilung
ein — ein Erfolg, der zur Nachahmung dieses Vorgehens unter ähn-
lichen Umständen ermuthigt.
Bei Ausführung der Gastroenterostomie ist es bekanntlich
wiederholt vorgekommen, dass an Stelle des Jejunum ein weit
tieferer Abschnitt des Dünndarmes an den Magen angeheftet, und so
der Inanitionstod der gewöhnlich schon an und für sich ach wachen
Kranken verschuldet wurde. Einmal um einer solchen Eventuaiit&t
vorzubeugen, dann aber auch um eine solche Palliativoperation rascher
zn vollenden, schlägt May dl (üeber eine neue Methode zur Aus*
föhrung der Jejunostomie. Wiener med. Wochenschr. 1892, Nr. 18
bis 20) einen änderten Weg ein. Er schneidet 15^ — 20 cm unterhalb
der Plica duodenogejunalis den Dünndarm quer durch, legi 10 cm
unter der Mündung des peripheren Abschnitts an der convexen
Darmseite einen etwa 3 cm langen Längsschnitt an, näht in diesen
hinem die Mündung des centralen Darmsegment«^ versenkt dann den
Cliirnrgie.
I41i
Dsmi bis aaf ein 2 cm Über die BauchAäche hervorragendes Stück
«eines peripbereo Segments und tixirt dasselbe in der entsprechend
verkleinert en Bauchdeken wunde durch einige Nähte, Es dient in der
Folge als Eioführungspforte für (line zweckmäBsige Nahrung und
Uamt sich unschwer unter Ver»chlass halten. Dabei finden die Secrete
Mwm den oberhalb gelegenen Drüsen organen ihren natürlichen und
HDigeaiSrtea Abfloas, während dieselben bei der durch Gastro-
t-QteroBtoniie angelegten Fistel nicht selten in den Magen gelangt
rifld und Erbrechen hervorgerufen haben, May dl möchte noch einen
treit^ren Vorzug setner Methode darin erblicken, dass die Bauch-
ijitel laicht wieder verschlossen werden kann, wenn die ursächliche
Hagenafifection , mag es nun ein Geschwür oder eine stricturirende
lafiliratioQ des Pylorua gewesen sein, durch Fortfall jöder Reizung
«tteüs dt»r Ingesta um so leichter von selbst zur Ausheilung gelangt
ist Wie aber der Eintritt einer eolchen erfreulichen Thatsache nach-
xqveiseti wäre, darüber lässt sich Maydl nicht aus. Uebrigens kann
m&D sseinti O^erationämethode dahin modificireDp dass man die Fistel
nicht in der Bauchdecke, sondern in den Magen münden lässt.
Ifaydl bat seinen Operationaplan bisher zweimal an Lebenden zur
AtuführuDg gebracht und ist mit der Wirkung gtinz zufrieden,
Ais ein von dem gewöhnliehen abweichendes ^ aber bemerkens-
bets Verfahren, den Darmkrebs zu operiren, verdient die
Metbode O« Bloches (Om extra-abdominal Behandling af Cancer
leBtiaalis etc, Nord, med Arkiv 1B92, Nr. 1) hervorgehoben zu
len. Er holt die vom Krebs ergriflTene Darmscblinge durch die
lebwande hervor, ßxirt sie an den mit Peritoneum parietale um*
Bten Wundrändern I entfernt, nachdem der Kranke von diesem
Eingriffsich gehörig erholt hat, einige Tftge darauf den Tumor
Resection des Darmes und entlässt den Kranken möglichst
mit dem widernatürlichen After für einige Monate. Erst wenn
er aaoh Ablauf derselben sich überzeugen kann^ das» ein Becidiv
Bckl eingetreten ist, macht er sich an den Verschluss des künst-
Afters. Der von ihm in dieser Weise behandelte Kranke
II Monate nach der Darmresection , aber an einem metastati-
Leberkrebs. Bloches Verfahren ist jedenfalls ein hoher Grad
Ungefähr lieh k ei t eigen.
Die Emplchliing der Wbitehead^schen Ezstirpation der
Himorrboiden durch Pen rose (Excision of hemorrhoids. Med.
«ad furg. Reporter Ißf^O, Nr. 15) verdient alle Beachtung^ da die
\ Bebendlang der Hämorrhoidalknoten mit Oauterisation sehr viel
I
150
KolacKek.
mehr Zeit zur Heilung beansprucht. Nach Whitehead wird genau
an der Grenze zwischen Haut und Schleimhaut ein Girkelschnitt
durch die Mucosa gefQbrt, nachdem der Sphincter mit den Fingern
erweitert worden ist. Darauf gelingt die ÄblöBung der Mucosa von
der Sub mucosa ohne Weiteres gewöhnlich stumpf und fast unblutig,
da die Arterien unter kalb der Submucosa verlaufen. Oberhalb der
Venenektasien wird der Schleimhautcyünder genau parallel dem
unteren Schnitte durchtrennt , und sodann die Wunde durch eine
fortlaufende Catgutnaht geschlossen. Wenn so von der Haut nichts
unuöthigerweise geopfert wird, dann ist nicht zu befürchten, dass
nachträglich ein Sckleimhautprolaps sich entwickelt. Die so Ope-
rirten können nach 10 — 14 Tagen ihrer Berufsarbeit wieder uachgeheii.
Nur selten lässt sich mit voller Sicherheit die Äetiologie einer
Mastdarmstrictur feststellen. ^Ebenso selten aber führt die
im Allgemeinen übliche Dilatationsbehandlung mittels Bougies oder
Rectotomie zu einem dauernden Erfolge. Thiem (Verh. d. Deutsch.
Gesellsch. f. Ohir., 21, Congress) empEehlt nun eine Oombiuation
von Erweiterung der Strictur und Colotomie als eine
überaus wirkungs\rolle Behandlungs weise. Er machte die Beobach-
tung, dass die Erweiterung der vorher sehr widerspenstigen Strictur
auffallend rasch vor sich ging, sowie der Darminhalt vollständig
durch den künstlichen After abgeleitet wurde. Allerdings Hess er
nebenher die zwischen beiden Aftern gelegene Darmpartie mit des-
inficirender Lösung durchspülen. Nachdem er sich überzeugt hatte,
dass der Mastdarm dauernd erweitert blieb, schloss er den künstlichen
After wieder. — In ueuererZeit ist auch die Exstirpation der Mast-
darmstrictur in Aufnahme gekommen mit Erhaltung des Schlies>^muskels«
Von einer solchen berichtet Ferrier (Eetr^cissement congänital du
rectum etc. BulL et m6m. de la soc. de chir, de Paris Bd. 17, S. 147).
Die Strictur sass 4Vi cm über der Analöffuung. Er exstirpirte sie
von einem die hintere Mastdarmwand spaltenden Schnitte aas.
Ebenso verfuhr Qu^ na (Traitement des r^trdciasements ejphilitiques
du rectum par l^extirpation. Ibidem S. 140) mit gutem Erfolge.
Ausnahmsweise bei grosser Ausdehnung der Verengerung müsste die
Kraske'sche Resection des Sacralbeins zu Hülfe genommen werden,
Frank (Wettere Mittheilungen über die sacrale Methode der
Exstirpation von Mastdarmcarcinomen. Wien. klin. Wochensohr.
1891, Nr, 43 — ^48) theilt einige weitere in der Albert'ßchen Klinik
ausgebildete Modificationen der Kraske^schenMastdarmresec-
tion mit, die den Eindruck der Zweckmässigkeit machen. Zunächst
Cllirurgie,
151
bftt Ho c he n egg ao Stelle des einfachen Medianscbnittes einen
bogenförmigen » von der Mitte der linken Synchondrosia sacro-iliaca
iNgjaDeiidei], über die Mittellinie hinweg nach rechta siehenden und
\m an den After reichenden Schnitt vorgeschlagen, um so noch ein
gfimoreB und bequemeres Operationsfeld zu gewinnen. Bei der
ercnl&ren Resection des Hastdarms begnügt er sich jetzt nicht mehr
mit der partiellen Vernähung der Darmsegmente und Anlegung eines
proviaeriBclien Anna praeternaturalis sacralis, sondern zieht t wenn
irgend möglich, das centrale Segment durch das periphere, vorher
ftber durch Sxstirpation seiner Schleimhaut berauhte Segment bis
TOT den Analring herab und befestigt es hier mittels einiger Nähte.
In der Regel kommt es dann zu einer raschen Verwachsung beider
Du-mabschoitte unter einander, und die Dafäcation geht^ da der
ßphincter gut functionirt, von Anfang an ungestört ohne Vernnreioi-
gong der Wunde vor sich.
Um einen nach Exstirpation des krebsigen Mastdarmes entstan-
enen Rectumprolaps zur Heilung zu bringen, legte Berger
Epithelioma du rectam etc. Bull, et m6m de la soc. de chir. de Paris
18, 8. 146) in der linken Leistengegend einen künstlichen After
tind konnte denselben 7 Monate später wieder verschllessen, nach-
dem iDSwischen der Prolaps sammt einem darauf gebildeten Gesohwürei
ft>m Stahl drang aobehelligt, spontan zur Heilung gekommen waren.
Lauenstein (Zur Operation der lippen förmigen PenialisteL
'Deuteche Zeitschr. f. Chir, Bd. 32) ist behufs Verschliessung
einer kleinen Fistel an der Pars pendula des Penis unter
Vcrachtleistung auf eine temporäre Boutonniere so zu Werke gegangen,
dftse er den Rand der lippen form igen Fistel nach Lawson Tait
durch einen horizontalen 4 — 10 mm tiefen Einschnitt in eine Haut-
and Schieimhautpartie zerlegte. Beim Schiusa der Wunde vernähte
er icuerst die Harnröhren wand, dann die AntriscbungsEächen des
cuboutanen Zellgewebes und zuletzt die äussere Haut, Bis zur Voll-
endung der Wundheilung blieb ein Gummiröhrchen in der Harnröhre
b#g6Q. — Gramer {Zur Casaistik der Urethrafiateln des Mannes«
liOgeDbühK Dissert, Strassburg 1891) verfuhr bei einem lljäbrigen
Knaben, dessen Harnröhre bis auf eine nur 1 mm breite Schleim*
hiutbrücke durch einen einschnürenden Faden zerschnitten worden
war, in anderer Weise. Nach Ablösung der die weite Fistel um-
gebenden Haut legte er beide Hamröhrensegmente soweit bloss, daas
«ie ohne Spannung sich vereinigen liessen, ohne mit der Naht die
Uacosa zu fassen. Darauf folgte die Haatnaht* Ben Katheter liesB
152
Kolaciek;
er Dur einen Tag liegen ; später wurde die spontane Entleerung de^^
örina gestatten Bis auf eine stecknadelkopfgrosse, allmaiilich durch
Aetzung zum Verschluss gebrachte Fistel trat Heilung ein.
Eine sehr seltene, aber practisch wichtige Affection des Hodens
ißt die Torsion des Samenstranges gewöhnlich iniblge einer Er-
flchütterungj wenn sie durch ein ausnahmsweise langes Mesorchium
prädisponirt ist. In den bisher bekannt gegebenen Fällen dieser Art
ist der Hoden immer der Nekrose verfallen, weil dieses Ereignis»
nicht rechtzeitig erkannt und operativ in Angriff genommen worden
war. Kürzlich hat Mikulicz (Gervais, Ein Fall von Torsion des
Samenstranges. Biss. Breslau 1891) bei einem 4jährigen Knaben
2 Tage nach einem Fall, wobei eine Scrotal Verletzung sicher aus-
geßchlossen werden konnte, Schmerzen in der linken Bauchhälfte,
Erbrechen, Schwellung und Röthung des Scrotum auftreten sehen
und stellte darauf hin per exclu^ionem die Diagnose auf eine Samen*
Strangtorsion. Die sofort ausgeführte Operation erwies die Richtig-
keit der Diagnose. Es fand sich ein geschwollener blaurother Hoden
mit ausgedehnten Venen des Nebenhodens. Der Samenstrang war
am 3600 gedreht. Die Repoeition gelang leicht, worauf sich das
Bild sofort änderte. Doch kam es zur Nekrose eines ganz kleinen
Hodenabsob nittes.
Schmidt gibt eine neue von C z e r n y geübte Methode zur
Beseitigung derBlaaenektopie an{ Die operative Behandlung
der Blasenektopie. Beiträge z. kÜD. Chir. Bd. 8). Czerny präparirt
nimiich die BlaseoBchleimhaut ringsum vod ihrem Boden ab bia auf
ihren centralen Abschnitt und vereinigt sie in sich seihst zu einer
Art Blase, allerdings mit zunächst geringer Capacität. Als zweitei^
Act der Operation folgt der Ersatz des Bauchdeekendefects durch
äussere Haut.
W. Meyer (The progress ot Cystoscopy in the last three years.
New York med. journ. 184)2^ Jan,), ein begeisterter Anhänger dei'
Cystoskopie, hat eine erdbe ergrosse und in einem zweiten Falle
eine kirschgrosse Geschwulst und später einen kleinen Stein , deren
Vorhandensein er cystoskopisch festgestellt hatte , durch Sectio alta
beseitigt. Von noch grösserem Interesse aber ist ein Fall von
cyatiscber Wanderniere , zu deren Exstirpation er sich entschloas,
obgleich die andere Niere ebenfalls vergrössert erschien, wohl auch
iniblge beschrankter cystftser Entartung, und dies nur auf Grund eines
dgentbftmlichen cystoskopischen Befundes, Während nämlich der
Chirurgie.
153
Hnktt Ureter an seiner BlasenmünduDg aDgeschwolleu war nud nur
ük 4 — 8 Minuten etwas Eiter auästieds, floss durch den normalen
lHiilten Ureter alle 12^ — 25 Hecnnden ein normaler Urin ab* Das b«-
itiricte ihn in der AnnuUme, daäs diese Niere hinreichend compen-
öreDd ihätig »ei.
OkeW'BloQi (Traitemeat des cystites au moyen dlojectiona
' ales d^iodoforme ^there huileox. Annal. de» mal. des org,
ri. 1892) hat bei acuter sowie chronischer Cystitia gün-
Erfolge durch Einspritzung von Jodoform- Aether-Oel (1 i 7 : 7) er-
Mittels des Guyon'schen Inatillateurs wurden alle 2 — 3 Tage
^6 cctn dieser Mischung der ßlase einverleibt Meist machte sich
•'le Basserang schon nach der zweiten Einträufelung bemerklieb.
wirk£>azaäten erwieä sich dieaed Verfahren bei dem acuten gonor*
Aschen Biaaenkatarrh, — Guyon (Traitement des cystites par le
[i6* Ibid, 1892, Bd. 10), der Meister in der Behandlung von
ikrankbeiten , suchte In der letzten Zmt> durch 15 Monate
2§ Fälle von Gystitis (darunter 10 tuberculöser Natur) lOmal durch
Aiwwadefautig und 18mal durch Einträufelung von Subltmatlögung
^ftiksUg SU beeinflussen. Im Allgemeinen erwiesen sich die Einträufe-
fongen als wirksamer, Guyon ist geneigt, den Grund hiervon
dasin zu suchen , dass die Oapücität der Blase bei verschiedenen
Bersonon and im krankhaften Zustande zumal aaeserordentlicb
▼izixrt, durch die Auswaschung also nur zu leicht eine lieber-
nisong derselben bewirkt würde. Verwendet wurde anfänglich einc^
i^y^ige Lösung, die allmählich , wenn thunlich, auf I'^q %^eratärkt
worde, in der Menge von 1 — 2 l in einer Sitzung. Zur Einträufe-
hmg gelangten 20 — 30 Tropfen , später 4 g in die ganz leere Blase.
Biae Bonetzung der so sehr emptindlicLen Karnröhrenschleimbaut ist
dabei Mu Teimeiden.
WlUin^nd Ziembickt ( Beten tion d^urine trait<ie par la taiUe
bjpaga^nque et la resection partielle de trois lobes de la prostate,
BoU. et m^m. de la soc. de chir. de Paris Bd. 17) die Hyper*
trophic der Prostata mit ihren üblen Folgezuständen bei einem
CarjAhrigeii Kmnken in üblicher Weise mittels der Sectio alta an-
ipiff, die stark promtnirenden drei Lappen der Drüse mit der Scheere
abtmg, die Nachbebandlung unter Doppeldrainage der Blase, von
iter Himröbra und dor Bauchwaud aus, einrichtete und dabei ein
jbcrraachend gutes Resultat erzielte, empfieblt Eobertson (Neues
Vfrlakren bei Fr osTAtahypertrophie. Pacif. med. Journ. 1891, Nov. j
<^ gim2 eigenartiges Verfahren. Er spaltet nämlich auf dem in den
i
154
Kolaczek.
Mastdarm eingerührten Finger die vordere Wand desselben und schneidet
bis ins Gewebe der Prostata in ihrer ganzen Länge ein, zerreiäst dann
aber mit der Zeigetingerspitze die brüchige Substanz derselben, nm
so eine kräftige Narben achnimpfnng und damit einen Schwund der
Drüse herbeizufübreo» Was er gehofft und gewünscht j trat denn
auch in ausgiebiger Weise eio, so dass die frühere Dysurie definitiv
ausblieb.
Die Exstirpation von Blasentumoren ist zumal in Frank-
reich in der Guy o naschen Sobule durchaus nichts Ungewöhnliches
mehr. Trotzdem verdient hervorgehoben zu werden, dass Tuffier
(Taille hypogastrir^ue pour tumeur v^sicale avec fermeture compl^te
de la plaie sans aucun drainage. Ann. de mal. des org. genito nrin.
1892, Bd. 10) neuerdings dringend empfiehlt, nach Vollendang des
operativen Eingriffs die Harnblasen» und ßauchwiinde vollständig
durch Naht zu vereinigen und von jeder Drainage der Harnblase,
auch durch die Harnröhre, abzusehen. Ein solches Vorgehen erwies
sich nie als nacbtheilig| vorausgesetzt ^ dass bei aseptischer Durch-
führung der Operation eine Infection des ßlaseninhalts nicht statt-
gehabt hat.
I
Küster (Ein Fall von Resection des Harnleiters. Verband!, d.
Deutsch. Geseltscb. f. Cbir., 2L Congress), bekanntlich ein entschie-
dener Vertreter der Nephrotomie bei Sackniere ^^ machte sioh's zur
Aufgabe, bei einem 13jährigen Knaben^ der im Besitz nur einer ein-
zigen Niere nach der Nepbrotomie allen Urin durch Lendenfistel ab-
eonderte, die Oontinuität des Nierensacks mit der Harn-
blase wiederherzustellen. Mittels eines schrägen Flanken-
scbnittes drang er in die Tiefe bis ans Bauchfell, ereffüete dann den
an der Vorderfläcbe der Niere vorfindlichen Sack an seinem unteren
Pole dyrch einen 6 cm langen Frontal schnitt, entdeckte darauf die
schlitzlörinige Mundung des Ureters, der 4— 5 cm höher lag, spaltete
denselben mit geknöpftem Messer bis an den unteren Pol des Sacks.
Eine in die Fortsetzung des Ureters eingeführte Sonde stiess 3 cm
weiter abwärts auf eine impermeable Ötrictiir< Die Spaltung wurde
bis dahin ausgedehnt^ und darauf die striclurlrte Stelle in der Länge
von 3 cm excidirt Das untere Uretersegment wurde in seinem Lager
soweit gelockert, dass es sich an die hintere Sackwand anlegen und
hier festnähen liess. Nach Versclilass des Nierensacks durch Naht
wurde die ganze Wunde mit aseptischem Mull ausgestopft und nach
einigen Tagen erst durch Secundärnähte geschlossen. Wenn auch
kige Moiiale der grösste Theil dea Urins darch die Wimde
00 begamn doch schon bald nach der Operation etwas blu-
tigv l}rm doTch die H&mröhie abzugehen. Spater gelang der Yer-
der L«0nd0nßfftel nach WonBch«
O^leich von der Londoner Commission noch im Jahre 18^^ ald
und tmgetahrlichste Methode der Behandlung der Spinn
lifida die Ponction mit nacbfolgender Jodinjection empfahlen worden
Wt^ 60 fietgeD doch die modernen Chirurgen unter stetiger VervoU*
bnomnimg des yerfahrens immer mehr und mehr zur operativen Beset-
l^pog dieser Gedchwulste. Laplace (Spina bidda. Treatment
mnd Register, Philad. 1891) hat Eobson^s Vorgehen^ den Sack
tncidiren and dann durcb Etagennäbte £Q schlierigen, und zwai^
des MenLogealeackB, dann der Muskeln und zuletzt der Haut
dem seinigen gemacht. Ebenso Baird und Senenko, welche von
30 in dieser Weise operirten Fällen 24 zur völligen Heilung gebracht
litbedl. 8eoenko hat, ähnlich wie früher schon DolUnger, den
Htttli9 des Wirbelbogeui^ osteoplastisch geschlossen. Neuerdings hat
mm Bobroff (Ein neues osteoplastisches Verfahren bei Spina bifida.
OeKtralbL f* Chlr. 1892, Nr. 22) diese osteoplastische Methode weiter
«Dfewsekelt. Das zum Verschluss des Defectes bestimmte KnocheD-
§Hiädk holte er in einem Falle von Spina bifida sacralis eines Sjähngen
Kiiabea von der Crista ilei. Nachdem er einen Theil der Hautdecke
das Tumors exstirpirt, einen Theil der Oauda equina und das untere
Bfiekenmarkende in den Wirbelkanal versenkt und die innere Aus-
U«idtisig8inembran ausgeschnitten hatte^ führte er vom oberen Wund»
wmkd aus einen Schnitt nach rechts und oben längs der Orista
oasis tlei, präparirte den M. glutaeus magnus eiü Stück weit vom
^^Kiiochen ab und schob ihn nach aussen, meisaelte dann ein 3 cm
^^Mcges^ 2 cm breites und fast 1 cm dickes Knochenstück ab, so dass
^BUese Lamelle mit dem Ursprungsstäcke des M. erector trunci als
I^Pfltmn Nährboden im ZusammeDhaDge verblieb. Die periostale Seite
d«r Lamelle kam dann auf die angeirischte Oe^nung des Wirbel*
fcaasla su liegen, wurde hier genau eingepasst und mit zwei Kuochen-
Dihteo in ihrer Lage befestigt. Während der Knabe bei der Naoh-
bdiandlung meist die Bauchlage eiuhielt^ trat mnerhalb zweier
Monate die Gonsolidation ein. Eine Besserung in der Function der
Sphineteren blieb auch nicht aus» — Bei hoher Lage der Spina bi*
fida köDDte das Ersatzknochen stück gegeben eo falls von den Rippen
betfeholt werden.
Mastdarm ein gefy kr ten Einger die vord<
bis ins Gewebe der Prostata in ihrer ga
aber mit der Zeigeüiigerspitze die briii
so eine kräftige Narben Schrumpfung u
Drüse herbeizuführeia» Waa er geiio
auch, in ausgiebiger Weise ein, so dass
ausblieb.
I Die Exstirpation von Blasentu
reich in der Guyon'scben Schule durchti
mehr, ^Trotzdem verdient hervorgehoben
(Taille hypogastrifine poar tumeur vösicale
de la plaie sans aucun drainage. Ann. de
J892, Bd* 10) neuerdings dringend empiieh:
operativen Eingriffs die Harnblasen- und
durch Naht zu vereinigen und von jeder L
auch durch die Harnröhre, abzusehen. Ein b
lieh nie als nacbtheilig^ vorausgesetzt , dass
führung der Operation eine Infection des Bla.
gehabt bat.
Küster (Ein Fall von Resection des Han
Deutsch. Gesellsch. £ Cbir., 21, Congress), beka
dener Vertreter der Nephrotomie bei Sackniere,
^ufgabe., bei einem IBjährigen K.naben, der im B
sigen Niere nach der Nephrotomie allen Urin dm
sonderte, die Continuität des Nierensacks
blase wiederherzustellen. Mittels eines si
Schnittes drang er in die Tiefe bis ans Bauchfell, i
|in der Vorderfläche der Niere vor find liehen Sack r
Polo durch einen 6 cm langen Frontalschuitt, eatd
scblitzförmige Mündung des Ureters, der 4— 5 cm ht
denf^lben mit geknöpftem Messer bis an den unterei
Eine in die Fortsetzung des Ureters eingeführte Soi
weiter abwärts auf eine impermeable Strictur, Die S
bis dahin ausgedehnt, und darauf die striclurirte Stelh
von 3 cm excidirt. Das untere Uretersegment wurde in
soweit gelockert, dass es sich an die hintere Sackwand
^ier festnähen Hess. Nach Verschluss des Nierensackfc
(-wurde die ganze Wunde mit aseptischem Mull aasgesto^^
{isinigen Tagen erst durch Seen n dar nähte geschlossen.
I -
154 Kolaczek*
Mastdarm eingö lu kr ten Finger die vordere Wand desaelbj
bis ins Gewebe der Prostata in ihrer ganzen Länge
aber mit der Zeigefiiigerspitze die brüchige Substav
so eine kräftige NarbeDschrumpiung und damit ein
Drüse lierbeiziiföiiren, Waa er gehofft und gewönF
auch in ausgiebiger Weise ein^ so dass die frühere I>
ausblieb.
Die ExstirpatioB von Blasentumoren ist z
reich in der Öuyon'sclieii Schule durchaus nichts
mehr. Trotzdem verdient hervorgehoben zu werden,
(Taille hypogastri^iue pour tumeur v^sicale avec ferj
de la plaie sans aucun drainage, Ann, de mal des
1892^ Bd. 10) neuerdings dringend empiiehlt, nach
operativen Eingriffs die Harnblasen- und ßaucliwuni"
durch Naht zu vereinigen und von jeder Drainage ^M
auch durch die Harnröhre, abzusehen. Ein solches Vo^
sich nie als eachtheiligf vorausgesetzt, dass bei asept "
führung der Operation eine Infection des Blasen in haltt
gehabt hat,
Küster (Ein Fall von Resection des HamleiterM
Deutach. Geaellsch. £ Chir., 21, Gongress), bekanntUc
dener Vertreter der Nephrotomie bei Sackniere, maa
Aufgabe, bei einem 13jährigen Knaben, der imBesital
zigen Niere nach der Nephrotomie allen Urin durch
sonderte^ die Continuität des Nierensacks m|
blase wiederherzustellen. Mittels eines schr|
öchnittes drang er in die Tiefe bis ans Bauchfell, eröl
an der Vorderfläche der Niere vorfindlichen Sack an seii
Pole durch einen 6 cm langen Frontalschnitt, entdecktöl
sclditzförmig© Mündung des Ureters, der 4=5 cm höher tt
denselben mit geknöpftem Messer bis an den unteren Pol
Eine in die Fortsetzung des Ureters eingeführte Sonde i
weiter abwärts auf ein© impermeable Strictur, Die Spall
bis dahin ausgedehnt, und darauf die striclurirte Stelle iil
von B cm ©xcidirt. Das untere üretersegment wurde in sei
soweit gelockert^ dass es sich an die hintere Saekwend a
hier festnähen liess. Nach Verschluss des Nierensacks <
wurde die ganze Wunde mit aseptischem Mull ausgestopi
einigen Tagen erst durch Secuodärnähte geschlossen*
i54
KolaczeJu
Mastdarm eiuge fuhr tan Finger die vordere Wand desselben und ßchneidet
bis ins Gewebe der Prostata in ihrer ganzen Lange ein, zerreiöst dann
aber mit der Zei getingerspitze die brücbige Substanz derselben, um
so eine kräftige Narbenecbrumpfung und damit einen Schwund der
Drüse berbeizuführen. Was er gehofft und gewünscht, trat denn
auch in ausgiebiger Weise ein, so dass die frühere Dysurie definitiv
ausblieb»
Die Exstirpation von Biaeentumoren ist zumal in Frank-
reich in der Guyon'schen Schule durchaus nichts Ungewöhnliches
mehr. Trotzdem verdient hervorgehoben zu werden, dass Tuffier
(Taille hypoga8trii|ue pour ttimeur vdsicale avec fermeture complöte
de la plaie sans aucun drainage. Ann. de mal. des org* g4nito-urin.
1892, Bd* 10) neuerdings dringend empfiehlt, nach Vollendung des
operativen Eingriffs die Harnblasen- und ßauchwunde vollständig
durch Naht zu vereinigen und von jeder Drainage der Harnblase, ■
auch durch die Harnröhre, abzusehen. Ein solches Vorgehen erwies ■
sich nie als naehtheilig, vorausgesetzt, dass bei aseptischer Durch-
führung der Operation eine Infection das Blaseninhalts nicht statt-
gehabt bat.
Küster (Ein Fall von Resection des Harnleiters. Verb an dl. d.
Deutsch. Gesellsch, f, Chir., 21, Congress), bekanntlich ein entsohie-
dener Vertreter der Nephrotomie bei Sackniere ^ machte sich*s zur
Aufgabe, bei einem 13jährigen Knaben, der im Besitz nur einer ein-
zigen Niere nach der Nephrotomie allen Urin durch Lendenfistel ab-
sonderte, die Ooniinuität des Nierensacks mit der Harn-
blase wiederherzustellen. Mittels eines scbrägen Flanken-
schnittes drang er in die Tiefe bis aus Bauchfell, eröffoete dann den
ao der Vorderfläche der Niere vorfindlichen Sack an seinem unteren
Pole durch einen 6 cm langen Frontalschnitt, entdeckte darauf die
schlitzförmige Mündung des Ureters, der 4—5 cm höher lag, ßpaltete
den&elben mit geknöpftem Messer bis an den unteren Pol des Sacks.
Eine in die Fortsetzang des Ureters eingeführte Sonde stiess 3 cm
weiter abwärts auf eine impermeable Strictur. Die Spaltung wurde
bis dahin ausgedehnt, und darauf die striclurirte Stelle in der Länge
von 3 cm excidirt Das untere üretersegment wurde in seinem Lager
soweit gelockert, dass es sich an die hintere Sack wand anlegen und
hier festnähen Hess, Nach Verschluss des Nierensacks durch Naht
wurde die ganze Wunde mit aseptlachem Mull ausgestopft und nach
einigen Tagen erst durch Secundärnähte geschlossen. Wenn &uch
d
Chirurgie.
155
noch einige Monate der gröaste Tkeil des Urins durch die Wunde
abfloss, so begann doch schon bald nach der Operation etwas blu-
tiger Urin durch die Harnröhre abzugehen. Später gelang der Ver-
echlues der Lendenfistel nach Wunsch.
Obgleich von der Londoner Commiasioo noch im Jahre 1885 als
beste und ungefährlichste Methode der Behandlung der Spina
bifida die Punction mit nachfolgender Jodinjection ©mpfohien worden
ist, Bo Beigen doch die modernen Chirurgen unter stetiger VervoU-
kommnung des Verfahrenö immer mehr und mehr zur operativen Besei-
tigung dieser Geschwülste. Laplace (Spina bitida. Treatment.
Times and Register, Philad. 1891) hat Robson's Vorgehen, den Sack
z\x incidiren und dann durch Etagennähte zu schlie^sen ^ und zwar
zneröt des Meniogealaacks, dann der Muskeln und zuletzt der Haut
2U dem seinigen gemacht Ebenso Baird und Senenko^ welche von
30 in dieser Weise operirten Fällen 24 zvlt völligen Heilung gebracht
haben. Senenko hat, ähnlich wie früher schon Dollinger, den
Hiatus des Wixhelbogens osteoplastisch geflchlossen. Neuerdings hat
nun Bobroff (Ein neues osteoplastisches Verfahren bei Spina biüda«
Centralbl. f, Cbir. 1892, Nr, 22) diese osteoplastische Methode weiter
entwickelt. Das zum Verschluss des Defectes bestimmte Knochen«
stück holte er in einem Fall© von Spina bifida sacralis eines 8jährigen
Knaben von der Crista ilei. Nachdem er einen Theil der Hautdecke
des Tumors exstirpirt, einen Theil der Cauda equina und das untere
Büokenmarkende in den Wirbelkanal versenkt und die innere Ana-
kleidungsmembran auggescbnitten hatte^ führte er vom oberen Wund»
winket aus einen Schnitt nach rechts und oben längs der Orista
ossis ilei, präparirte den M. glutaeus magnus eio Stück weit vom
Knochen ab und schob ihn nach aussen, meisselto dann ein 8 cm
langes^ 2 cm breites und fast 1 cm dickes Knochanstück ab, so dass
diese Lamelle mit dem Ursprungsstücke des M, erector trunci als
ihrem Nährboden im Zusammenhange verblieb. Die periostale Seite
der Lamelle kam dann auf die angefrischto Oeffnung des Wirbel -
kanals zu liegen^ wurde hier genau eingepasst und mit zwei Knochen-
nähten in ihrer Lage befestigt Während der Knabe bei der Nach-
behandlung meist die Bauchlage einhielt, trat innerhalb zweier
Monate die Consolidation ein« Eine Besserung in der Function der
Sphincteren blieb auch nicht aus* — Bei hoher Lage der Spina bi-
hda könnte das Ersatzknoohenstück gegebenenfalls von den Rippen
hergeholt werden.
15Ö
Kolaczek.
4. Krankheiten der fixtremitsiten*
F^lizet (Op^ratioi] de la eyndactylie coDgünitale. Revae d'or-
thopedie 1892, Nr. 1) hat ein laeues zweckmässiges Verfahren zur
Beseitigung der angeborenen Syndaktylie angegeben. Das*
selbe setzt sich aus mehreren Acten ssüsammen und ist deshalb etwas
langwierig. Zunächst wird die Schwimmhaut in eine Commtssur der
Finger umgewandelt. Zu diesem Zwecke werden in der Höhe der
ersten Phalanx an beiden Flächen aus Haut und Ünterhautzell-
gewebe zwei gegenüberliegende Läppchen gebildet, der eine auf der
volaren Seite mit distaler^ der andere auf der Dorsalseite mit proxi-
maler Basis. Das die beiden Wundßäcben noch trennende spärliche
Gewebe wird darauf durchschnitten, die Lappen durch das so ent-
standene Fenster durchgesteckt und mittels einiger Nähte in ihrer
Lage fixirt. Ist die Anheihing derselben gelungen, so wird die
Commissur gespalten* FMizet bedient sich dazu der langsamen
Trennung durch Seiden fadensächlingen und sorgt durch Interpoaitiou
von Jodoformgaze dafür, dasa die Trennnngsflächen nicht wieder zu-
.^ammen wachsen.
Schmidt (Die Exstirpation des Foplitealanearysma. Verhandl.
d. Deutsch. Ges. f- Chir, 1892) kam in die Lage, bei einem Manne
in zwei Sitzungen Aneurysmen beider Arteriae popliteae zu
exstirpiren* Die Entfernung deä ersten dauerte 3 Stunden^ da die
Loslösung der Vene sich als sehr schwierig erwies. Das Aneurysma
war von doppelter Länge des kleinen Fingers und von der Breite
fast dreier Finger, Bei tiefgreifenden Nähten trat die Heilung per
primam ein biö auf einen 2 — 3 mm breiten Saum der Wondr&nder,
welche brandig wurden. Das andere nur wallnussgrosse Aneurysma
wurde auch operativ entfernt, da alle anderen Verfahren ohne Nutzen
blieben. Bei der Wnndheiltiiig wurde auch hier die Wundrand-
gangrän wahrgenommen. Schmidt räth daher^ die Wunde immer
erst für einige Tage zu tamponiren, bis ein auch zur Ernährung der
Wundränder ausreichender Collateralkreislauf sich entwickelt habe,
am darauf Secundärnähte anzulegen.
Lauenatein (Die Resection des N. obturatorius zur Beseitigung
der Adductorencootractur aus centraler Ursache. Centraibh f. Chir. 1892,
Nr. 11) beseitigte eine auf myelitischer Grundtage entstandene hoch-
gradige Coiitractur der Adductoren des Oberscbenkels
bei einer dOjährigen Frau, die zudem noch an einer schweren Cystitis
litt, durch Resfcction des N, obturatorius mit gutem Erfolge. Darauf
tjrst konnte auch die Cyatitis in Behandlung genommen werden. Um
Chinirgie.
1Ö7
den genannten Nerven blosszulegeu, fuhrt^i Laaen stein an der
äusseren Grenze des Tuberculum pubicum parallel und nacb innen von
der V. saphena einen liügerlangen Einschnitt durch die Weichtheile
bis auf den äusseren Rand des M, adductor longus. Nacb aussen
von diesem Muskel trennte er die Fasern des M. pectineus stumpf,
bis die dünne Fascie des M. obturatorius extern us sich zeigt. Unter der-
selben entdeckte er sofort die fächerförmig sich ausbreitenden Aeste
des gesucbten Nerven. Unter deren Leitung Hess sieb der Stamm
unschwer etwas höher bloBslegen und reseciren.
Cbarcot (Trois observations de nevralgies sciatiques tralt^es
par Felongation. ßulb et mem, de ia soc, de chir. de Paria Bd. 17)
sucht die fast ganz in Vergessenheit geratbene Nervendehnung
bei Ischias wieder in Aufnahme zu bringen, da er selbst damit
drei hartnäckige Krankheitsfälle dieser Art zur Heilung gebracht babe»
Bemerkens werth ist der Erfolg einer von Schede (Ueber die
nachträgliche Beseitigung starker Verkürzungen der Knochen als Folge
HcMecbt geheilter Fracturen* Archiv t klin, Chir. Bd. 43) einge-
leiteten Extensionsbehandlung mit vorausgeschickter
Osteotomie, die er bei einem 19jährigen Manne zwecks Verlänge-
rung des infolge Bruchs um 10^, ^ cm verkürzten Beines ausführte.
Da 9^2 ^^ Verktirzung nach seiner Ueberzeugung der bestehenden
Dislocatio ad longitudinem zugeschrieben werden mussten, so wandte
er bei der Nachbehandlung eine recbt kräftige Extension an, zuerst
mit Hülfe von 20, später von 25 Pfund, Er bält noch eine weitere
Steigerung der Last für zulässig, falls man die Längsstreifen des
Heftpflasters durch dachziegeliörmig angelegte Cirkelstreifen fixirt.
Der Patient behielt eine Verkürzung des Beines von kaum 2 cm.
Die Frage bezüglich der Dauererfolge der operativen Be-
mühungen, die angeborene Hüftgelenksverrenkung zu
beseitigen, steht noch immer im Vordergrunde des ärztiicben In-
teresses. Hof f a (Zur operativen Behandlung der angeborenen Hült-
gelenksverrenkung. Centralbl. f. Chii\ 1892, Nr, 46), dem wir zum
grossen Theil die kühne Initiative zu dieser orthopädischen Leistung
verdanken, hat die operative Wiedereinrenkung des Sehen kelkopiea,
wie sie im letzten Jahresberichte bescbrieben worden ist, bisher
24mal ausgeführt, und zwar, abgesehen von einem durch einen un-
glücklichen Zufall verschuldeten Todesfalle, immer mit dem Erfolge,
dass die Wunde prima intentione heilte, das neue Gelenk frei be-
weglich wurde, und entsprechend der mehr oder weniger vorgascibjtvV
158
KolaczeJf.
tenen Atrophie des Schenkelhalses eine geringe Verkürzung der Ex-
tremität zurückblieb. Hoffa hat schon mehrfach Nachahmung ge-
funden, aber auch eine, wie es scheint, nicht ganz berechtigte Kritik*
So vornehmlich aeitens Lorenz (Operative Therapie der angeboreneii
Hüftverrenkang, Oentralbl f. Chir. 1892, Nr. 31). Diesem ist es
begegnet, dass er nach „Skeletirung'^ des obersten Femurendes, also
trotzdem alle pelviotrochanteren Muskeln abgelöst waren, doch nicht
im Stande war, den hochstehenden Scbenkelkopf ia die Pfanne zu
bringen. Demzufolge gewann er die Ueberzeugung, dass der besagte
Widerstand wesentlich durch die vom Becken entspringenden und
am Unterschenkel und Femurschafte sich inserireoden Muskeln be-
dingt wäre. Daher schickte er spater der Operation am Hüftgelenk
die Teuütomie oder Myotomie der vom Tuber ischii und der Spina
ilium anterior superior ausgehenden Muskeln voraus. Ausserdem meint
er eine einfachere, weniger verletzende und gefährliche Methode der
f Gelenkeröffnung gefunden zu haben. Er greift nämlich, ähnlich wie
es früher schon Hueter vorgeschlagen hat, das HüR^gelenk von vom
an* Während die Extremität in kräftiger Extension gehalten wird,
fahrt er von der Spina anterior superior direct nach abwärts einen
6 — 7 cm langen Schnitt, durchtrennt nach Auseinanderziehung der
Wundränder den Tensor fasciae latae, den vorderen Rand des Glu-
taeus med ins und den Sartor lus quer, geht zwischen diesem Muskel
und dem Tensor fasciae in die Tiefe und durchneidet die Rectus-
gehne dicht unter der Spina anterior inferior. Jetzt folgt die Spaltung
fder Gelenkkapsel in Kreuzt'orm, unter Nachlass der bis dahin
[ausgeübten Extension dm Wiederh erstell iing der fehlerhaften Stellung
Fdes Schenkelkopfes, die Ablösung einzelner sich noch anspannender
Kapseltheile von der vorderen und medialen Seite des Schenkelhalses
mitteis des Knoptmesäers^ die Aushöhlung der rudimentären Pfanne
mittels eines von ihm für diesen Zweck besonders angegebenen
Löffels und scbiiesslich die Reposition des Gelenk kopfes. Wenn
auch Lorenz schon einige Fälle von congenitaler Hüftverren-
kung in dieser Weise operirt hat, so sind seine Resultate doch noch zu
i jung, um ein entscheidendes Urtheil darüber gerechtfertigt erscheinen
] SU lassen. — Darüber herrscht aber bei Allen, welche diese Opera-
I tion öfter ausgeführt haben , Uebereinstimmung, dass die Wirkung
derselben um so besser austollt , je früher sie vorgenommen und je
länger die orthopädische Nachbehandlung fortgeführt wird. Karewski
(Die operative Behandlung der angeborenen und anderer Hüfcver-
renkungen. Cenrralbl. f. Chir. 1892, Nr. 3G) macht auf Gruud seiner
eigenen Erfahrung bezüglich der letzten Bedingung allerding» sehr
Die Pmset-Tslpiaa'i
1 00
Kolaczek.
ganz besonders atrophirten Streckmuskeln sind zugleich Spanner
der Gelenkkapsel Den Nervenendigungen dieser also tbeilt sieb
vor Allem die im Gelenke sich abspielende EntzünduBg mit und
pflanzt eich dann centripetat bis ins Rückenmark fort.
Lücke (Zur osteoplaetiachen Nekrotomie. Centralblatt i\ Chir,
1892, Nr. 48) hat sich durch eine Publication Bier*s (Arcb, 1. klin.
Ghir. ßd. 48) veranlasst gesehen^ auf seine schon vor 4 Jahren
bekannt gegebene plastische Ausfüllung der Knochenhöhle
nach Nekrotomien der Diapbyaen hinzuweisen. Er benutzte
dazu einen Knochen Periostlappen, welchen er dadurch gewann, dass
er an Stella der nachweisbaren Kloakeu durch die Weicbtheile einexi
Längeschnitt machte und in dar B-ichtung desselben die Ladenwand
bis in die Öequeäterhöhlö hinein durch meisaelte. Entsprechend den
Seiten rändern des projectirten Lappens trennte er sodann die Lade
auch in querer Richtung, tind schliesslich von kleinen, in Abständen
von einander angelegten Einach nitten der Weicbtheile aus mit
schmalem Meissel unter möglichst grosser Schonung des Periosts
a^ch an der der Basis des Lappens entsprechenden Stelle, um dann
mittelö eines in die erstangelegte Meiaselrlnne eingesetzten Elevato-
riiims den Weichtheilknochen läppen herauszuhebein und wie einen
Deckel einzuklappeu. Ist die Nekrotomie beendet^ t»o trug er in der
ganzen Ausdehnung des Stiels von der scharfen, prominenten Knochen-
kante mit Meisael und Meisselzange etwas ab, um jed^y Hinderniss
für die leichte Reposition des Lappens aus dem Wege zu räumen.
Durch ein solclies Verfahren wurde die Heilungsdauer wesentlich
abgekürzt. — Dieselbe Operation ist in letzter Zeit nach Bier's
Bericht in der Kieler Klinik 13mai aut^gefübrt worden, aber mit ge-
wissen Modihcationen. Den dort gewonnenen Erfahrungen gemäss
eignet sich eben diese Methode nur für oberflächlich liegende Knochen,
also in erster Reihe für die Tibia. Eine Heilung unter dem Blut-
scliorfe gelang nur selten bei diesem Verfahren.
Bogdan ik (Eine neue Schnittmethode zurResectiou des Sprang-
oder Fersenbeins. Centralblatt f. Chir. 1892, Nr. 5) veröffentlicht
eine neue Methode, auf einfache und betjueme Weise ohne
Verletzung von Gelassen Und Nerven den Calcaneus und
Talus sich zugänglich zu machen. Er fiibrt nämlich den Ein>
schnitt von einem Knöchel zum andern über den prominentesten
Theil der Ferse hinweg, durchsägt darauf das Fersenbein in der-
«elben Richtung, klappt dann den Fuss auf die \'ürderfläche des
Unterschenkels um, so dass der Talus frei heraae tritt, mit der
*
Chirurgie.
161
^ Chi
HSSahü
Kiiocli&iizaiige gefa88t und mühelus exstirpirt werden kant). Selbst-
imÜBdlich lassen sich auch vom Oalcaeeus beliebig grosse Brücke
be^tieoi entferoeiip Obgleich Bogdanik bei dieser Operation von
4et Ao^rendttiig der Blutleere abgesehen hat, so war doch der Blut-
tcrlttst nur sehr gering. Die Segmente des Fersenbeins räth er
darak Knocbennaht zu yereinigen* Er hat eine ganz freie Beweg-
Bbhkeit des Ftissgelenks nach diesem Eiugrifife sich wieder einstellen
•eben. I>iirch Hilfsschnitte aufwärts längs der AchillesBehne lässt
mh der SinbUck ins Sprunggelenk noch freier gestalten.
Eine nutzbringende Anwendung der Knochen plaatik mit
pro tbeti scher Wirkung bringt Bier {Ueber plastische Bildung
fiiiies künstlichen Fusses aus der mit ihren Weichtlieilen bedeckten
Tibia nach tiefen Unterschenkelamputationen. Deutsche Zeitsohr.
Ghir. Bd. HB). Um Amputationaatümpfe des Unterschenkels für
Frotbese (Stelzschnürstiefel) brauchbarer zu gestalten, will er
HeiluDg der Amputation s wunde das untere Stumpfende unter
nlfanalime einer keilförmigen Resection der Tibia von ihrer
Vorderdäohe ans und nach ümklappung des unteren beweglich ge-
wordenen Abschnitts bis zum rechten Winkel eine Art von Fuss
herstellen. Für die Fibula genügt, einfache Durch meisselung. Bier
bst Bi<^ überzeugen können, dass die Haut des sog. neuen Fusses
Kimäblicb derb wird, und die Function eines solchen als breite
t&tse nichts za wünsclien übrig lässt.
Dieses Verfahren hat Albert (Bildung eines Gelenk stumpfes
mA Ampatation des Unterarms. Wiener med. Presse 18D2, Nr. 29)
versnUsst, auch den langen Unterarmstumpf durch Httrstellnng
etaes beweglichen Abschnitts rlesselbou. nach Art eines Hakens brauch-
berer zu gestalten. Zu diesem Zwecke wählt er bei tiefer Vorder-
«rauuHipatation einen Dorsal- und Volarhautlappen. Vor der circa-
Dnrehflchneiduüg der Weichtheile isoiirt er die Streck- und
ebnen der Kadial* und UJnarmuskeln ^ durchschneidet sie
rm&glicbst tief, führt dann die Amputation zu Ende, legt durch die
chenstümpfe schräge Bohrlöcher an , zieht mittels Seidenfädtin
irorher erwähnten Sehnen durch dieselben und lässt sie so mit
Knochen verwachsen. Später fügt er eine Oontinuitätsresection
beiden Vorderarmknochen hinzu und sorgt für die Bildung einer
Paeudsrtbrose an dieser Stelle, so dass der Kranke in der Folge
Tdas Endstück seines Stumpfes wie einen Finger zur Beugung und
ttmg benutzen kann.
i d. pr»ot. Medidn. 189H.
11
in^
Kolaczek.
Die Berechtigung der Trendeleiiburg'schen supramaileo-
lareD Osteotomie beim Pee planus dolorosus ist noch nicht
zweifellos, da der dauernde Erfolg dieaer jungen Operation sich
naturgemäss noch Dicht sicher bestimmen la^et. Auf dem letzten
Chirurgen CO ngretise (Vorstellung eines jungen Mannes mit geheilten
Piattfüösen, Verb, d. Deutschen GeBellach. f, Chin, 21. Congresö) hat
Trendelenburg einen vor 3 Jahren wegen Plattfiisa osteoto-
mirten Mann vorgestellt und auf die vortreffliche bleibende Wirkung
des Eingiiffs in diesem Falle hinge wieseu. Er gab jedoch zu, das^
nach seinen bisherigen Erfahrungen die Eeaukate seiner Operation
nicht gleich zufriedenstellend smd^ zumal nicht bei älteren Leuten^
bei denen die statische Umbildung des Fussgerüstes auf besondere
Schwierigkeiten stösst. — Zeller (Die Behandlung des Plattfusses,
Med. Oorrespond, d. Württemb. ärztl. Landesvereina 1801, Xr. 38)
hat dieselbe Operation bei einer 25jährigen Prau und einem Lehr-
ling von 15 Jahren ausgeführt und hat nach Ablauf von 20 Mo-
naten zwar eine Wiederabplattung des oorrigirten Plattfusses aber
trotzdem nicht die alten Schmerzen wiederkehren sehen. Demnach
wird es sich empfehlen, trotz eines nnmittelbar nach der Operation
noch so guten Effectes consequent einen Platt fussdtiefel tragen zu
lassen, damit das richtige Verhältniss zwischen Belastung und Stütz-
bogen noch lange Zeit erhalten bleibe.
Bradford (Metatarsal nearalgla or Mortoß'S affection of the
foot, Boston med, and surg. journ. 1891, Juli) theilt Morton*s An-
sicht vollständig, dass den sog. Metatarsalneuralgien gewöhnlich
ein Druck auf den Plantarnerven seitens des Köpfchens des fünften
Metatarsalknocbens gegen den vierten bei seitlicher Oompreasion
des Passes zu Grunde liege. Er beobachtete dieses Leiden bei
16 Kranken, darunter 13 Frauen. Doch hatte er nicht nöthig, im
Gegensatz zu Morton, zu einer Resection des drückenden Köpfchens
seine Zuflucht zu nehmer<.
Innere Medicin.
U KrftQklieiteii des XerTeQSrstems.
Von Profeeor Dr. geeljg«il1er in H ä U *. ^
A. Krankheiten der Centrajorgane.
Allg^rmeines»
W. V. Bechterew imd N. Mislawski, üeber die Gehirn*
iDtren f^r Bewegungen der Vagina an Thieren (Medi*
koje Obosrenie 1891, Nr. 15), stellten Experimente an Kaninoben
Hündinnen an, um die höheren Gehimoentren für die Bewe-
der Vagina testziistellen. In die Vagina wurde ein dünn*
waadiger Ballon eingeflahrt, dessen Höhlung durch eine Glasröhre
mk einem Wassermanometer in Verbindung stand, das die Drurk*
•ohwankungen vermittels eines Marey'ächen Schrei bapparates auf
tine rotirende Trommel aufzeichnete. Es ergab sich, dads die Grosa-
kifnrmde {zweierlei Centren f^r die Innervation der Vagina enthalt^
ftkr die Anregung und für die Hemmung derselben; dieselben liegten
betm Kaninchen im vorderen motorischen Gebiet, beim Huuda im
Gjrrus sigmoides. Auch durch Eeizung des vordertMi SehhQg*ilK ne-
lang es, Bewegungen der Vagina hervorzurufen*
IL Anderlya, Ein Fall von echter cerebraler Pagudo-
bftlbirpar&lyse (Inaug.-Diss. Berlin 1892). Eiu &2jähnger Mann^
f) Die rachtzeitige Fertigstellung dieses ßdtraga zum Jabrbuch «laiike
Idb der ilfltfe tntfin«« AfisUtenteo, de» Üerra Dr. Karl Ürubi*.
WH
Seeligmüller.
der bereits zweimal »n Lab mang emer Seite mit SprachstöniDg ge*
litten batta^ bekam abermale eine Apoplexie mit Lähmung der linken
Körperhälfte , Sprachstörungen und Schluckbescb werden. Dw Be-
wegungen der Zunge geaehahen langsam und unvollkommen; links-
aeitige Faciaiislähmung, Die Section ergab eine Erweichung im
rechten Centrum eemiovale, die besonders den mittleren Theil des
Lingonkernes^ die innere Kapsel und den äuseersten Theil des Cor-
pus gtriatum durchsetzte. Ein erheblich kleinerer Erweichangsherd
tand sich auch im Linsenkern. Medulla oblongata und Pone waren
vollkommen normal.
Quincke, Die Lumbalpunction des Hydrocephalus (Berl.
klin. Woebenschr. Bd. 28, l^r. 39, 1891) empfiehlt die Ponction des
öubaracbnoidalraumes in der Lendengegend* Es wird zu dem Zwecke
eine 0^6—1,2 mm dicke Hohlnadel im dritten oder vierten Wirbel-
bogenzwiscbenraum etwas seitlich von der Mittellime so eingeflilirt,
dasB sie den Duralsack in der Mittellinie trifft Man kann den
Druck an einer mit der Canüle verbundenen Steigröhre ablesen und
die Fliieaigkeit bis zur Herstellung der gewünschten Druckermässi-
ang ablassen.
A. Jüffroy und A. L^tienne, Contribution k l'^tude de
la Syphilis cerebrale (Arch. de m^d, exp^rira. Bd. 3^ H. 3, 8. 4Uij
1891), beschreiben einen Fall von Hirnblutung infolge von Periarte-
riitis syphilitica und Thrombose der Basilaris. Der Kranke, ein
39jähriger Mann, hatte 1B83 den Primäraffect an der rechten Hand
und bis 1889 eine Periostitis am liuken Ellbogen, dann traten Xopf-
gchmerzen, Stottern, Öohlatlosigkeit und einmal eine complete Aphasie
von 1 Minute Dauer aul. Mitte 1889 stellte sich Verlust der Sprache
nnd Paralyse des rechten Armes und Facialis ein ; nach Mercurialcur
und Jodkali ging in 5 Monaten alles zarück^ aber 1800 erfolgte ein
neuer Anfall mit Lähmung der Zunge und des rechten Armes, der
letal ausging. Die Section ergab einen alten linsengrossen Herd
vor dem rechten Lobus paracentralis, einen zweiten im linken Tha-
lamus, einen dritten am Foss der dritten Stirawindimg, Die Arteria
basilaris war durch einen 15 mm langen Thrombus obÜterirt; die
linke Brückenhälfte weich, atrophisch und von einer grossen frischen
Blutung durchsetz!,
K. Heilbronner, Ein Fall von Aphasie bei CTehirnlues
(Allgem, Zeitschr, f. Psychiatrie Bd, 49, H, 1 u/2)^ beobachtete bei einer
38jährigen weiblichen Person, die im 16, Lebensjahre Lues acquirirt
ICrATilLlieit^n tle« Nervenfiyatems.
165
Wt«, MIM» pl&tsVicli olme Bewusstseinsverlast aufgetretene Sprach-
iltog, bei der D&nientlicb das Fehlen der Verba^ besonders des an
kSdblnaa des Sa.tzea gehörigen Infinitivs oder Particips auffällt,
ttmo irtxrm&g sie die ihr bei der Sprache fehlenden Verba nicht
ifQiitin mederxiiÄcKr eiV>en * Die fehlenden Verba sind vornehmlich
^mgeiiiy mit denen sich eine concreto sinnliche VorstelJung ver-
Üstf WAB ganz d.em von Kussmeut aufgestellten Gesetze ent-
fncbt, ^dasa diejenigen Worte am leichtesten dem G-edächtniss ent-
Nkvioden , die inx Be^wusatsein stets mit concreten sinnlichen Vor-
Mlmg^n ver\>Tinden sind**. Bereits 7 Tage später war eine
WeiEiexide Bes»em,ng zu bemerken^ und am 8, Tage war weder in
B|Siehe Boch in Schrift eine Abnormität zu beobachten.
Ckoappe, Aphasie infolge von Wassermangel im Ge-
kirn (deahydx^tnie cerebrale) (Gazette m^dicale Nr. 30)* Ein Mensch
tunie nuf der Strasse anscheineiid schlafend gefnodeD. Er wurde
Q einem Arzte geschafft. Wieder zu sich gekommen^ beantwortete
«r i& ihn gestellte Fragen durch Gesten; er war vollständig stumm;
i»ch ergab sich aus seinen Mienen, dass er wohl hören konnte.
beitand ^ollstäiidige Aphasie, keine Spur von Hemiplegie. Auf
Papier.» das der Kranke bei sich hatte und das ihm im Ho*
qvHil St. Antoine ausgeHtellt war, stand; Polyurie simple. Es
Indulte sich also um eine durch Wassermangel eingetreten e Aphasie.
Xiti gab ihm ^Wasser zu trinken , und er trank sofort 2 Liter und
koanle nach 10 — 12 Minuten wieder sprechen.
B. Sachs, Multiple eerebrogpinale Syphilis (New York
»ed. Joam.| 19» Sept. 1891) tbeilt sechs Fäll« von cerebrospinaler
Bypbüis mit, einer Erkrankung, die er für recht häufig hält. Der
ijpbilitifiche Process ist am Gehirn am häufigsten an der Basis, be-
•Qaders srwischen den PeduncuH und in deren nächster Umgebung
bttUsirt, seltener an der Convexität. Im Rückenmarke ergreift der
BrooesB mit Vorliebe die Seitenstringe , seltener die Hinterstränge,
in seltenstexi die graue Substanz* Die Syphilis des Centralnerveo-
tyviems ist oft durch eine ganz bestimmte Reihe von Symptomen
Aaiaklerisirt.
Localisation.
ft. In der HimriDde.
Aphasie.
leroheim, Beitrag zum Studium der Aphasie (Revue de
Be, Mai 1891, S. 372), beobachtete bei einem 54 jährigen, früh
an Lues erkrankten Manne rechtsseitige Hemiplegie und folgende
aphatische Störungen: 1) anf^nglicli totale motomcbe Aphasie;
2) motorifiche Agraphie; 3) Seelenbtindheit ; 4) Worttaubheit Die
Section ergab einen alten embotüehen Erweichungsherdf der fast die
ganze dritte Stirnwindung , dag untere Viertel beider Centralwin-
dungen, die an den Suleus Holandi angreazenden Tbeile der oberen
zwei Drittel der liinteren, des obersten Drittels der vorderen Cen*
tr&l Windung die ganze oberste Schlafen Windung, einen grossen Tbeil
der unteren Parietalwindung, die ganze Insel, äussere Kapsel^ Corpuß
etriatum und den vorderen Schenkel der inneren Kapäel zerstört
hatte.
8* Freud, Zur Auffassung der Aphasien (Wien, Frans
Deuticke 18^1)» steUt aast^&hrLich die Entwickelung der ge^ammteu
Apha^ielahre dar und bespricht die einzelnen Formen der Aphasie*
Die Uuteri$ebeidung von Centrum- und Leituogsaphasie ht zu ver-
werfen sowie femer die Trennung von Aphasien und Amnesien. Er
stellt folgende drei Arten der Aphasie auf: 1) die verbale Aphasie,
2) die asymbolische und 3) die agnostische Aphasie.
£. S« Reynolds, Bensorische Aphasie (Brit, med. Journ.
1891, 28. November, 8. 1151), beobachtete bei einer Frau dauernde
senBorische Aphasie, während gleichzeitig entstandene Lähmung und
motorische Aphasie bereits nach 2 Tagen zarückgingen. Patientin
konnte jedes Wort sprechen, war aber worttaub. Geschriebenes
und Gedrucktes vermochte sie nicht zu lesen, auch die Benennung
eines Buchstabens nicht anzugebeo, also Wortblindheit^ und endlich
bestand vollständige Wortamnesie» Die Diagnose wurde auf Er-
weichung oder Blutung in der ersten temporosphenoidalen Windung
linkerseits gestellt, wodurch die Worttaubheit hervorgerufen wurde;
Wortblindheit und Wortamneaie dagegen sollen secundär entstan-
den sein.
O. Berkhan, Ein Fall von subcorticaler Alexie (Wer-
nicke) (Archiv f. Psych. Bd. 23, H. 2), sah bei einem Bäcker nach
einer Kohienoxj^d Vergiftung folgende Sprachstörung: anfangs Fehlen
der Hauptwörter, später häufiges Verwechseln derselben. Nur ein*
seine gedruckte Bunhstaben wurden richtig gelesen, und zwar erst
nach einigen Secunden. Beim Schreiben, besonders beim Abschreiben
wurden Buchstaben, Silben und Worte weggelassen, oder an Stelle
einzelner Bachataben falsche gesetzt. Ferner bestand ^Schreib* und
ßprachstammeln". Die Intelligenz war intact. Die Autopsie ergab
einen haselnussgrossen Erweichungsherd am Gebiet des Unken Gyrua
Krankheiten dea Nei-vensysleme, j^tjy
■ipilmrifi , der Rinde und Mark afBcirte , sowie eine hochgradige
Sodarterittis im Gebiete der linken Artena fossae Sylvü, die an einer
Stdle gans obüterirt war,
J. Döj^rine, Verschiedene Formen von Wortbliodheit
(Uiai, de ia soc. de Biol., Februar 18d2)j UDterscheidüt zwei Formen
rm AUxie: 1) c^cit4 verbale avec agrapbie, bestehend in
WonbliDdhtfit tnit Störung des Spontan- und Dictatächreibcns; sie
Wraht auf einer Xiäüion des linken Gyrns angularis; 2) cecit^ ver-
btle pare, bestehend in Wortblindheit mit mangelhaftem Ab-
«tbreiben. Ale Heispiel für die Localisation dieser zweiten Form
Ueelireibi Ver£. einen Fall mit Section, Der Kranke^ ein 64jährig6r
Hami, erkrankte plotzücb nach leichten Prodromata an der ^c6cit4
^wWe pure". Vier Jahre später trat unter apoplektiformen Erschein
anngeo Agrapbie und Paraphasie hinzu. Die Section des nach
10 Ta^en im Goma gestorbenen Patienten ergab frische Erweichungs-
httd% im linken Lobus pariet^is inferior und im Gyni^ angularis,
4la Herde links im Caneus, Gyrus lingualis und fusiformis, sowohl
m der Spitze de« linken Occipitallappens und im Balken. Die cecit^
lirbale pure erklärt Verf. durch eine Unterbrechung der Verbin-
iaogsbaliQ zwischen den beiden Ounei und dem optischen Sprach-
«enlnun im linken Gyrus angularis , und zwar soll diese Uoterbre*
«hiQg durch den an der Spitze des Occipitallappeas befindlichen
Bcffd bewirkt worden sein.
IL A. Shaw, Aphasie und Taubheit mit Schwand der
«iitaprecbenden Rinden Felder (Brit. med, Journ., 27* Febr.),
toad bei einer Frau^ die nach einem epileptischen Anfall nur noch
wwolgß nn verständliche Worte hervorbringen konnte , eine apfel-
iOieiiruthe Krweichung in den oberen und zum Theil mittleren Tem-
porotfpbeiioidalwindungen und am Gyius angularis sowie an den
obeHi&cblicbeii Windungeti der Insula HeilrL An der Verbindung
xvia^en zweiter frontaler und vorderer Central Windung ebenfalls
zviugß Erweichung.
Beevor und fioraley, Traumatischer Abscess im linken
Qfrnm angularift mit rechtsseitiger Hemianopsie und Wort-
liltadhett aperativ behandelt (Brit. med. Journ. 1891^ 21. Nov.),
vMrateD einen r2jährigen Knaben^ der beim Reiten auf die linke
Köplbill^e gefallen war und 8 Wochen lang an heftigem Kopf-
aJiBiiiifT, Uebelkett, Bewusstlosigkeit nnd Krämpfen gelitten hatte;
<; Woeb^D nach dem Trauma trat ErbUndung bei Neuritis optica
Hi^
SeeligmülJer.
beiderseits ein sowie rechts Hemianopeiei Trepanation und Ocßfnuiig
eines Abscesses, der am oberen Theil des Gyras angularis ußd an
der Oberfläche des Lobus occipitalis seinen Sitz hat. Nach der
Operation besteht Wortbiindheit Nach anfänglichem WohlbefiiideD
bildet sich eine Hemia cerebri. Nach einigen Monaten Exitus. Im
Innern der Hemiaphäref von der Hernia ausgebend, Endet man eine
bedeutende Erweichung.
E, L^yden, Ueber die hemtopische Fapillenreaction
Wnrnickt>'ii (hemi epische Pupille na tarre) (Deutsche medicin.
Wochcmucihr. Nr, 1, 8. 3), gibt die erste Beobachtung, welche die
Hichtigkeit d*>r von Wernicke aufgestellten bemiopiscben Pupiüen-
raieibfi durch diu Beotion beweist Der ReÖexbogen zwischen der Betina
Qfld dircn \rmMi« thn Oculoinotonua reicht nur bis zu den Vierbügeha;
JMK#r Tnutifin Ut^nyii innnitil mit einem reßexvermittehiden Centrum
Ifl dtr» Vk#fitf)f(i»ln i«uii(imitifitif und zweitens mit einer Leitungsbahn,
wulisti« diiv lilobfAtnpfirMlufig tut llirtHinde, zum Occipital läppen leitet.
Li#gt dulmr bi)) Utfwtitiyim^r IlMiriiiinöjjäit? die Unterbrecbung vor den
Vi#rlittgi»lirf mi iNt dvrr lUiflcnbugon zur Iris zerstört, der Pupillarrefler
muiii atüo für die Lieh iMtraf den auHbluibeUi welche die unempfind-
llcbi^ lUttiuthillfte triiffuti; li4'gt hI*^ hinter den Vierhügeln, so ist der
liifllitA urbnltont Leyden bijobacbtete dieses Symptom bei einer an
H<»iiiip(t»Kia «inintra mit Uemifmopsia homonyma siniatra erkrankten
Fritij^ uitd rlie Autopsie ergab im rechten Linsenkern einen spindel-
fl^rmigeu Rrweichungaherd, welclier sich bis in den Hirnschenkel
binain «rstreekte und den Tr actus opticus zum Theil mitergri^Fen
W* Zinn, Das Rindenfeld des Auges in seinen Be-
«iahungen zu den primären Opticuscentren (München, med»
Wucheudchr. Nr. 28 und 29, 19. Juli 1892), kommt zu folgendem
HchlusMsatz durch Beobachtung eines Falles von Erkrankung des
Ocoipitalhirneä : „In einem relativ reinen Falle von Erkrankung des
Occipitalhirnes wird ein degenerativer Process in den primluren
Opticuscentren und im Tractua opticus derselben Seite nachgewiesen,
während in den übrigen Theilen des Gehirns ähnliche Veränderungen
fehlen* Es kann also diese Entartung in den primären Opticus-
ganglien und im Tractus opticus nur durch Läsion des Hinterhaupts-
lappens bedingt sein , und ist damit durch eine neue Beobachtung
bewiesen, dass das Rindenfeld des Auges und die primären Opticus-
^xen in einer engen nutritiven Eelatiou stehen. "^
Krankheiten des NerTensyslemF.
169
b. Im übrigen ßelürti.
B. Lange, Inwieweit sind die Symptome, welche ii&ch
Zerstörung des Kleinhirns beobachtet werden^ auf Ver-
letzuDgen des Aeusticus zurückzuführen? (Pflüger^s Archiv
Bd. 55, H. 11 u. 12) hat bei einer Anzahl von Taubeo das Klein-
hirn in bedeutendem Umfaoge exstirpirt. Als dauerndes Symptom
ergab sich darnach schwankenderi unsicherer Gang; ferner stellten
sich nach der Operation ein; unwillkürliche krampfhafte Streckungen
der Zehen und Beine, leichter Intentionatremor beim Freasen, hellere
Färbung and flüflsige Natur der Excremente, Störungen des Gleich-
gewichts wie nach Labyrintlioperationen traten nicht auf. Bei den
operirten Thieren nahm Lange nach einiger Zeit die Exstirpation
des Labyrinthes und Plombirutig der Bogengänge vor. Die Stö-
rungeD waren in diesem Falle ganz dieselben, wie sie schon von
Ewald beschrieben worden waren, nur mit dem Unterschied, dass sie
früher und heftiger aul*traten und sich weniger oder gar nicht zu-
rückbildeten. Ans diesen Versuchen sohliesat Verf., daes mau zwi-
schen Kleinhirn- und Labyrinth Symptomen streng unterscheiden
müsse.
H. Chiari, Ueher Veränderungen des Kleinhirns in-
folge von Hydrocephalie des Grosahirna (Deutsche medicin.
Wochenachr, Nr» 42, 1891), stellt drei Typen von Veränderungen des
KJeiohims bei Hydrocephalus des Grosshirns auf: 1) Verlängerung
der Tonsillen und der medialen Theile der Lobi inferiores des Klein-
himB zu zapfenförmigen Fortsätzen, welche in den Wirbelkanal
hineinragen. 2) Verschiebung des Pons und der WeduÜa oblongata
nach unten und Verlagerung von Theilen des Kleinhirns in den er-
weiterten Wirbelkanal. 3) Verdrängung des Kleinhirns durch das
Foramen occipitale gegen die Wirbelsäule zu. In dem vom Verf.
beobachteten Falle war das ganze Kleinhirn in eine Spina bifida
cervicalia eingelagert; letztere wurde operirt und als Hydromyocele
cervicalis angesprochen. Erst die Autopsie ergab, dass die bei der
Operation abgetragene Blase das Kleinhirn gewesen war. Der Pons
lag zum Theil, die Oblongata ganz im Wirbel kanal.
Ph. Coombs Knapp, Ueher Pathologie, Diagnose und
Behandlung intracranieller Geschwülste (Boston 1891), gibt
zunächst eine Uebersicht unserer Kenntnisse von der Aetiologie,
Pathologie und Symptomatologie der Hirntumoren und schliesst
daran eine Besprechung von 40 Fällen von Hirntumor an. Es wer-
den nur Fälle mit tödtlichem Ausgang gebracht, und jedesmal dbaa.
170
Steligmüiier.
SectionsargebniäB beigefügt. Therapeutisäch empfiehlt Verf. bei Tu-
tnoreD , die bestimmt oder wabrBcbeiuIieb sypbilitiscber Natur sind^
eine energiöcbe t^peciiische Cur. Neben Quecksilber aucb Jodkali
in starken Dosen begionend mit 0 g pro die und ansteigeiid bia auf
18—20 g. Zum ScbliiBS bespricht Verf; die Indicationeo ftir einen
operativen Eiucrriff bei Hirngeschwülateö.
Giese, Zur Casuistik der Balkentumoren (Archiv f.
PtsycL u. Nervenkr, Bd, 23, H. B), theilt KrankeDgeschicbte und
Sectionsbericht eines 53jährigen Patienten mit, der mit einem apo-
plekti formen Anfall erkrankte, dazu kamen epilepti forme Anfälle, die
im recbten Arm und Böin begannen, dazu Kopfschmerz, Erbrechen,
Paraparesen und Somnolenz. Nach monatelang vorhandener Ötauung
in den Betinalge fassen entwickelte sich Stauungspapille. Nach 8
bis 9 Monaten trat unter Zunahme der Paresen, rechtsaeitiger Hemi-
contra ctur, Sopor der Tod ein. Die Autopsie ergab ein GHosarkoin
am hinteren Balkenende, das theil weise in den rechten Qccipitallappen
gewuchert war* Die untere Fläche druckte auf den Vierhiigeli die
hintere auf das Kleinhirn.
V. Wunschheim, Ueber einen Fall von primärem Car-
cinom in der Rautengrube (Prag. med. Woch. Bd. 16, Nr. 29,
1891), beubachtete in einem Falle von wallnussgrosöem carcinomatööem
Tumor im vierten Veotrikel, der nach oben bis zum Calamus scriptorias,
nach vorne bis zu den Foveae aeterioras reichte, folgende Symptome:
Schmerzen am Hinterkopfe ^ Bruätac hm erzen und Breclireiz, zu*
nehmende Schwäche in den Gliedern, ferner Fussclonus, ferner
Seh merzan fälle im Nacken mit steifem Kopf, Reientio urinae und
5 Tage vor dem Tode unstillbaren Singaltus.
C. Eisenlohr, Beiträge zur Hirnlocaliaation (D^Zeitschr. f.
Nervenh. Bd. 1, H. 5 u. 6, S. 888, 1891), fand bei einem 67jähngen
Patienten, der seit einem Jahre an Heiserkeit und Incontinentia urinae
sowie Schwäche in den Beinen litt, dabei psycbisch ein abnormes
Verhalten zeigte, folgenden Befund : Parese der meisten Beinmuskeln
mit Spasmen in den Oberechenkeln, geringe Schwäche der Arme.
Absolute Aphonie: linkes Stimmband absolut unbeweglich, rechtes
nur in geringem Grade beweglich. Krampfhafte Thätigkeit der
mimischen Muskeln. Die Autopsie ergab Erweichungsherde im rechten
Streifenhügel nnd im Mark des Gyrus angularis; stecknadelkopfgi'osse
Erweichungen im vorderen Schenkel der inneren Kapsel und am
dritten Gliede des Linsenkernes, am HintA^rhauptlappen oberhalb der
Decke de« Hinterhinis eine grosse Verfärbung ohne Consistenz-
ad^runs. Beide Tbalanii optici im Pulvinar erweicht und dunkel-
^onroth gefärbt. l'jTamidenböiidel in der Oblongata nnd im Föns
gma verfärbt, graue Substanz am Boden des vierten VentrikeJß braun-
lotb and eiDgesunken, Beide Hinterstrange im Rückenmark grau
fit&rbt^ Pyramiden babneD massig degener irt.
Markow»kt, Zur Casuistik der HerderkrankuugeD der
BriÄcke (Archiv f Pöych. u, Nervenkr. Bd. 23, H. 2, S, 367),
bwilMichtete folgeaden^ einen Gegenbeweis gegen die Ansicht Kuss-
naaTi» and Wernicke^s, dass die sog. Spracbbahn nur in der
üllkeill fir&cke lierab^iebe, darstellenden Fall. Eine 52jftbrige Frau
«knuikte mit Schwindel und erwachte nach kurzem Schlafe mit
Lfcbmiiii^ des rechten Armes und Beines, sowie Verlust der Sprache.
Die 14 Tage später vorgenommene Untersuchung ergab: Parese des
Facialis rechts, Zunge nach links abweicbendi rechte obere und untere
Extremität^ sowie die Schultermuskeln ausser Cucultaris und Ehomboi-
demi, ferner Scaleni and rechter Sternocleides vollständig gelähmt. Vier
Wochen spater Sprachstörung und Schluckbeschwerden, 2^^ Monate
ipiter Tod durch Schiuckpneumonie. Die Autopsie ergab zwei Er-
veicbangsherde in der Brücke; der eine sass linkt», begann in der
Hdbe des umbiegenden Facialisschenkeis und zog sich in einer Breite
von 6 — 7 tum durch die ganze Brücke. Der zweite Herd sass rechts
begann an der AustrittssteUe der obersten Trigeminuswurzebp hatte
•eine grösste Ausdehnung in der Höhe der Hindearmkreuzung, wo-
•ieli der Herd durch die ganze Brücke von der Schleife bis zur
QMitraUn OherÜäche erstreckte. Ausserdem sassen noch zwei kk^ne
Htf^e in der rechten Brückenhälite. Der Sectionsbefund erklärte
▼otikommen die Symptome; die Erscheinungen des ersten Anfalls
worden durch den linki^seitigen , die des zweiten durch den rechts-
•eittgen Herd erklärt. Die Sprachstörungen traten bei schon zer-
stftrter linker BrückenbäUte erst durch die Läsion der rechten
Hllfte auf.
I
I
S. Auerbach, üeber einen Fall von Hemiplegia oere*-
braiis nach Diphtherie (D* med. Wochenscbr. Nr. 8, S* 165),
beobachtete eine Hemiplegie bei einem 7jährigen an Rachendiphtherie
«krankten Mädchen, in deren Verlauf sich eine Nephritis einstellte.
Am 20. Tage nach dem Erscheinen der Diphtheiie, am 8. nach dem*
}$mgtn der Nephritis, traten clonisch -tonische Krämpfe, Benommen-
kmt auf, um folgenden Tage Lähmung des rechten unteren Facialis,
Uvula nach rechts, Lähmung der linken Körperseite, Pateüarreflexe
Baaobdeckenrt^Üexe beiderseits erloschen, Aphasieartige Er-
172
SccIigmiUler.
echweriing der Sprache, Verf. nimmt zur Erklärung der Sym-
ptome eine Blutung in die vorderen zwei Drittel des hinteren
Schenkels der Gapeula interna an. (Sollten die Himsymptome nicht
emboliachen oder urämischen Ursprungs seiu? Ref.)
Bouvaret nnd Chapotot^ Monoculäre Diplopie in einem
Falle von Tuberkel der Pedunculi cerebri (Revue de m<Sd.
Nr. 9, S. 728), beobachtete einen Fall von Diplopia monoctilaris, durch
den die Theorie Pariusud's über die Entstehung der Doppelbilder
bestätigt wird, Diese Theorie sagt, dass die Doppelbilder durch
Spasmus des Accommodationsmuskels zu Stande kommen. Die Linse
besteht aus drei Segmenteo, deren jedes ein besonderes Bild auf der
Retina entstehen lässt. Im normalen Zustande bewirkt die Accommo-
dation, dass diese Bilder zu einem einzigen verschmelzen, Ist die
Accommodation aber gestört, so tritt diese Verschmelzung nicht
mehr ein. Der 22jährige Patient erkrankte an Hemiplegia sinistra
mit Kopfschmerzen, Sehstörungen und Erbrechen. Auch die Sensi-
bilität links ist gestört. Alle Bewegungen des linken Auges sind
behindert, die linke Pupille ist grösser als die rechte. Der Kranke
sah hei geschlossenem rechtem Auge links Doppelbilder. Beiderseits
beginnende Neuritis optica. Im weiteren Verlaufe convulsive Anfalle,
üebergehen der Lähmung auf die rechte Seite. Tod, Die Autopsie
ergab einen kleinen käsigen Herd am Fusse der zweiten Hirnwin-
dung an der Vereinigiingsstelle von grauer und weisser Substanz,
sowie käsige Herde in beiden Hirnschenkeln. Der rechtsseitige Herd
erstreckte sich bis zum hinteren Ende der grauen Säule des dritten
Hirnnerveni also bis zum Accommodation scentr um. Verff. schliessen:
Es gibt eine Diplopia monocularia nuclearen Ursprungs, und diese
Diplopie kann durch eine organische Läsion bedingt sein,
Moritz, Gerebellare Ataxie und Gesichtsfeldamblyopie
nach einer Kopfverletzung (D. Archiv f, klin» Med. S, 4?2).
Bei einem durch Aulfalleu eines grossen Steines auf den Hinterkopf,
durch den ein Knochenbruch hervorgerufen wurde, verletzten
19jährigen Arbeiter stellte sich circa einen Monat später ^ nachdem die
Wunde reacticnslos geheilt war, Schwindel beim Gehen und scblecht^s
Sehen ein, die beide zunahmen. Ein Jahr später bestanden folgende
Erscheinungen : zeitweilige heftige Kopfschmerzen^ schlechtes Sehen,
Schwindelgefühlj Urjöicherhcit beim Gehen und Stehen, Am Augen -
hintergrund nichts Äbtiormes, Gesichtsfeld für Weiss und Farben
stark eingeengt; Asthenopie. Hochgradige Coordinationastörung nm^
bei aufrechter Hallung des Kranken. Patellarreflexe fehlen beider-
Krank bei ten des NerTensystems.
173
Tollkommeo. Dabei bewegten sich vor den Patienten gehaltene
Osgenstände scheinbar im Sinne des Uhrzeigers. Da nach mehr-
vtehentlicher Beobachtang eine Besserung nicht eintrat, wurde an
aar BtAUe» wo das Trauma stattgefunden hatte ^ die Trepanation
Torgonomnien» Bieeelbe ergab keinerlei Störung an der Hirn Oberfläche
«Js esBO narbige Verdickung der Dura. Eine Besserung wurde durch
dkadbe nicht herbeigeführt, ausser dass die scheinbare Eotations-
bew^gung der Gegenstände verschwand. Sechs Monate später war
«ine Besserung eingetreten. Das Taumeln beim Gehen hatte abge-
nominell* Verf. nimmt al^^ Ursacbe der Erscheinungen eine Läsion
dee Kleinhirnes an.
Williamson, öeröse Cysten im Cerebellum (American
Joamal of the med, seien ces, August 1892). Im Kleinhirn werden
xaweilen Cysten beobachtet, deren Unterscheidung von einem Tumor
oft sehr schwierig ist. Verf. beobachtete zwei Fälle, bei denen die
lukroekopische Untersuchung ergab, dass es sich um einfache seröse
Cysten handelte. Häufig handelt es sich bei den serösen Cysten um
TooioreD, bei denen eine so starke cystisehe Degeneration aufgetreten
iel^ dass das ganze Tumorgewebe verschwunden ist, oder nur ganz
mimmale Reste davon übrig bleiben, wie in einem der beiden Fälle
des Terf,, bei welchem die mikroskopische Untersuchung in der
_WaiidQOg einen ganz kleinen Fleck einer Neubildung erkennen Hess.
ae Differentialdiagnose zwischen Tumor und Cyste des Kleinhirns
unmöglich. Uebrigens ist die cystische Begenm'ation bei Tu-
9reti des Kleinhirns häutiger als bei solchen in anderen Hirnpartien.
Die operative Behandlung der Kleinhimtumoren weist bis jetzt
keine Erfolge auf, Verf. meint^ dass man vielleicbt bei bestehenden
Symptomen von Kleinhirntumor trepaniren und mit einer feinen
Nadel punctiren könne ^ um im Falle dass es sich um eine Cyste
adelt, helfen zu können.
C, Mayer, Verschluss des vierten Ventrikels mit
^osseoativem Hydrocephalus als Ausgang acuter Menin-
(ilis (Wiener klin, Wochenschr,, 7. Juli 1891), beobachtete bei einem
rigen Manne, der im 15, Lebensjahre eine scheinbar eine acute
;itis darstellende Erkrankung durchgemacht hatte und seitdem
'Unfig an Kopf- und Nackenschmerzen, Auftreten von Krbrecbon,
PaiMtliesien, Schwäche und motorischen Reizerscheinungen an der
lixiken Hand litt, eine Steigerung dieser Erscheinungen, Schwindel-
aad Ohnmachtsanfiille, Stauungspapille» Taubheit des linken Ohres;
üemer Blaeenschwäche, Fehlen der Patellarreflexe, Parese der unteren
174
SeelJgmöller,
KxtremiUtenj sensible and motorisebe Reizerscheinungen aa den
Eztremititen und nach ii]ODate]aDgar Somnolenz Exitus letalis*
SectionBbefund: Vom Ependym der Eauteugrube ausgeheede Neu-
bilduDg, die mit der Tela cLorioiden, dem Wurme dea Kieinbirns
and den Seitenwändeo des vierten Ventrikels verwachsen ^ nur dessen
caudalöten und cerebralsten Abscbnitt frei laysit, den übrigen Rauni
de» vierten Ventrikels jedoch fast vollkommen austullt uüd als ein-
zige Gommunication zwischen Aquaeductus Sylvii und Eoramen
Magendii (oberhalb dessen die Neubildung liegt) einen streck enweiae
capillaren Kanal übrig lässt. Dieses neugebildete Gewebe erweiet
sich dem histologischen Charakter nach als entzündlichen Ursprungs,
als bindegewebige Schwiele mit einge^iprengten frischeren Ent-
zündungsherden. Chronisch entzündliche Veränderungen finden sich
ferner an den weichen Häuten der HirnbaHisi an Oblongata und Klein-
hirn^ am liiiken Acusticus, an der Tela chcrioidea des vierten Ventrikels,
in besonders intensiver Auöbildung an der Arachnoidea spinalis.
Zinn, Exophthalmus und Thrombose der Hirnsinus
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 26 u, 28). Die Diagnose eines durch
Thrombose der Orbital venen hervorgerufenen Exophthalmus isst zu
ßtelleu, wenn die Erscheinungen von Phlebitis im Gesicht eich ein-
gteilen, die Venen der Stirn und Schläfe in harte Stränge verwandelt
sind, Schreitet diese Thrombophlebitis auf die Sinus cavernosi fort,
so treten noch die Symptome der Sintistbrombose und Meningitis
hinzu. Eine Thrombosirang der Sinus cavernosi ist daher anzu-
nehmen, wenn s#chwere Hirn erschein ungen auftreten, und wenn sich
auch Exophthalmus der anderen Seite entwickelt. Dieselbe Be-
deuUmg für die Thrombosirung der Sinus cavernosi hat ey, wenn
umgekehrt zu cerebralen Erscheinungen Exophthalmus hinzutritt.
Die cerebralen Erscheinungen geben eiu Wechsel volles Bild* Meist
treten zuerst Kopfschmerzen auf, Uebelkeit und Erbrechen, Dazu
kommen bei remittirendem Fieber andere motorische und sensible
Störungen — Reizerscheinungen, Gontracturen, clonische Zuckungen,
Hyperalgesien oder Paresen, Paralysen oder beides in Abwechslung.
Psychisch besteht Depressionazustand, der in Ooma übergeht, oder
dem Sopor gehen Delirien vorher. Bei dem von Verf. beobachteten
Falle handelte es sich *jm eine 46jährige Frau, bei der neben ge-
ringem Com«, Schmerzen im Kopf, Steifigkeit des Nackens und er-
höhter Temperatur linksseitiger hochgradiger Exophthalmus bestand
mit starker Schwellung und Rothting der Lider und ihrer Umgebung.
Rechts geringerer Exophthalmus. Die 2 Tage nach der Unter-
Krankheiten des Nervensystems.
175
wuhtmg zu machende Autopsie ergab: Thrombophlebitis venarum
nkxobnlbariain lateriß siDistri ex empyemate sinus frontalis sub-
«^oente phlebitide sinus cavemosi utriusque; Pachymeningitia et
Mc&ingttis purulenta circumscripta* Septicaemia; Encephalitis ob-
iakta ad apioem gyri centralis sinlstri.
2. Krankhi'iteii des rerlängerten Marks.
^ena'or, Ein Fall von Biilbärlähmuiig ohEe anatomi-
icken Befund (Neurol Centialbl. Bd, 6, S. 168), beobachtete
«Ben FaU, der die Erscheinungen der apoplektischen Bulbörlähmung
bot, LähmoQg beider Faciales, Vagi und Hvpoglossi sowie recbts-
»sitige Hemiplegie, doch fehlten Sensibilitätsstörungen. Der Sections-
Wuid gab keine Aufklärung über den Sitz der Erkrankung, doch
wurde mir makroskopisch, nicht mikroskopisch untersuciit,
H op p e- Sey ler, üeber Erkrankung der Medulla
^bloQgata im Kindesalter (D, Zeitschr, f, Nervenh. Bd, 2, H, 2
Qt 3^, 6ah bei einem 14jährigen Mädchen Lähmung des Gesichts uud
der ZuDge, Verlust der Sprache, Erschwerung des Schluckens und
ttirke Speichelabsonderung. Die Erscheinungen sollen im Auächluss
IB Krämpfe aufgetreten sein , die das Mädchen im 3. — 4« Lebens-
jahre durchmachte und die 8 Tag© anhielteu, Nach Verf. handelte
IS sieh um eine abgelaufene PoliomyeHtis der Bulbärkerne. Nach
isr .Äjnwendung des faradischen Stromes und Sprach Übungen besserte
mek der Zustand. Im Anschlusa an diesen Fall beschreibt Verf. noch
•bta Fall von angeborener Lähmung bulbärer Nerven. Das zur Zeit
Itr Untersuchung 5jährige Mädchen kann seit der Geburt das Gesicht
aidit bewegen. Hier soU eine intrauterine ErkraiikuDg eines Theites
im Faciabskerne vorliegen. Später kam noch eine Poliomyelitis
anterior binsu.
Tootb und Turner, Ein Fall von ßuibärparalyse mit
Eemerkangen über den Ursprung einzeln er Schädelnerven
Brato, Winterabschnitt 1891), geben die genaue anatomische Unter-
Mcliong eines Falles von unterer Bulbärparalyse mit spinaler Muskel-
itropbte. Besonders wichtig sind folgende Punkte: Die Faciaiiskerne
»wiB der erste Theil des intrameduilären Verlaufes der Facialis-
varzelDf ^^^ Facialisknie, waren ganz atrophisch, degegen enthielt
4m aufitretende Theil des Facialis wieder gesunde Fasern. Diese
^if»*i aach den Verff. von den unteren Partien des Oculomotorius-
kmee berkommen. Ferner waren derjenige untere Theil des Haupt-
ügaskemes, der als Kern des Accessorius vagi augesehen wird,
176
Se«ligmüller.
und der Kucleus aiDbigauä intact; da aber dennocli Parese dea
weichen Gaumeos und ÄbductorenläkmiiQg der Stimmbänder bestand,
fio Dehmen dl€ VqtÜ\ an^ dass die betreffenden Acoessorins fasern aas
dem Hypogloäöuskern kommen.
MöbiuSi Ueber infantilen Kernechwnnd (Münchener
med, WochenBcbn Bd, 39, Nr. 2, 3 u, 4), faeat unter der Beaseicbnung
diejenigen Fälle sueammeiij in denen angeborene oder in der Kind-
heit langsam entstehende und z\jl einem stationären Zustande führende
Augenmuskellähmungen beobachtet werden. Dieselben sollen mit
Wahrscheinlichkeit auf einen primären Kernschwund zurückzufahren
sein. Verf, theilt 46 Fälle mit, die theils aus der Litteratur zu-
aamm enges teilt , theila von ihm neu beobachtet eiud. Die Augen-
muskdllähmungen sind beim infantilen Kernschwund alle exteriore;
die vollständigste Form ist die Ophthalmoplegia exterior bilateralis
totalis. Bei der vollständigen Porm^ sowie bei der doppelseitigen
angeborenen Externaslähmung hat man Schwund der Gesicbtsmuskeln
beobachtet. Sensibilitätsatörtingen fehlen immer.
Th. V. Schröder, Drei Fälle von primärer einseitiger
intracrunieller traumatiBcher A bducenelähmung infolge
von Basisfractur (Petersb- med. Wo eben 8 ehr. ^ N* F. Bd. 8,
Nn 44, 1891), beschreibt zwei Fälle von Abducenslähmang, die sofort
nach einem Falle auf den Hinterkopf aufgetreten und wahrscheinlich
durch einen Querbrach der Felsenbeioapitze verursacht war, sowie
im A lisch luss daran einen dritten Fall derselben Lähmung nach einer
durch Sturz herbeigeführten seitlichen Oompression des Schädels,
In diesem Falle bestanden neben der Abducenslähmung noch Har-
sch wache und Trigeminusparäatheaie derselben Seite. Hier nimmt
Verf. einen transversalen Baaisbruch als Ursache au.
I
C Eiseniohr» Ueber Abscesse in der Meduila oblon-
gata (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 6, 8. 111), sah zwei Fälle
dieser Affection. In dem einen Falle trat im Anschluss an Em-
pyem nnd Bippenabscess Parese des linken Armes und Beines
mit Herabsetzung der Sensibilität am linken Vorderarm und an
der linken Hand auf. Einige Tage später stellten sich auch Parese
der rechten Extremitäten, SensibilitätsHtorungen am linken Bein und
Lähmung der Bauchmuskeln ein , die linke Pupille war weiter als
die rechte. Die Autopsie ergab einen erbsengrossen Abscess zwischen
Oliven und OberEäche des vierten Ventrikels. Die Eiterung erstreckte
sich nach unten bis zur «weiten HalswurzeL In dem zweiten Falle
RnuiltlmleB des ütrwtmsy^^cm^.
177
tnXen lofc Verlaufe einer Cerabrotspiiiftlaidfiiiigitia Besomaanlidity
8|AEiiiuii|( dar Beinmoa^keln, aügeiii^iie Hjrpenlgoeie moft dam links
iMicble F&cialispareae. Nach einigen Tagon ipikptifQfmd Krämfife
«id Strabismus di^ergens. Bei der Sedioit fiuid Dan ein fixradai
ia der unteren Kleinhirn fl&che ond Bf€eke, dowie eüiea Ahncicii
ia der Höbe der Vierbügel
3. Riekenairfc.
Allgemeine t.
^HhRSiiL Nr, G), beobachtete eine Eeihe von £rkr&nkungan bei
sf pliilitiBclieG Individuen , die ihrem Symptombüde nach aU Myelitis
traasveräa zu diagnosticiren waren, sich aber noch dorch bestimmte
Etgentbümllchkeiten charakterisirten, so dass es berechtigt erschien^
dieselben als selbständige klinische Krankheitsform au betrachten*
Die 8ymptome sind: spastische SpiiiallahmuDg, gesteigerte SeKnen-
rsAexe, aber uar geringe Mtiskelspanoaug, Bethetligung der Blase,
nur geringe Störang der Sensibilität. Die obere Körperhälfte bleibt
hm* Der Beginn ist ein allmählicher^ der Verlauf aeigt bei energischer
«peetfischer Cur eine Tendenz ssur Besserung. Wahrscheinlich handelt
ee aicb um eine partielle Querschnittsläsion im Dorsalmark, dorch
wddii» die hinteren Hälften der Seitenatrange, die grauen Hinter*
sänlen und die weissen fiLinterstränge afdcirt sind. Erb schlägt fär
das Leiden die Bezeichnung ^syphilitische Spinalparalyse^ vor.
IMuchin, Paralysis spinalis syphilitica (Erb) (Centralbl.
|. Nervenheilk. Bd. 15, 8. 201), theüt mit, dass er in den letzten
S Jahren 28 solcher Fälle beobachtet habe. Er gibt 8 Beobachtungen
YOD den 28 wieder.
J. Arnold, Ueber combinirte Erkrankung der Stränge
des Bückenmarks (Virchow's Archiv BJ. 127, H. 1), beschreibt
einen Fall, der zu der von Q-owers als ^Ataxia paraplegica'* be-
seJebneten Form von combinirter Strangerkrankung des Rückenmarks
gebort. Verl will bei dieser Krankheit eine paraplegische und eine
spastische Form unterschieden sehen, bei der ersteren sind die
Hintersiränge in grösserer Ausdehnung und speciell auch die Wurzel»
gebiete in höherem Grade erkrankt, während bei der letzteren die
Beitlichen Partien der Hinterstränge frei bleiben.
Monser, Caauistischer Beitrag zur Lehre von den
eombtnirten Systemerkrankungen des Rückenmarks (Wien* .
pract, Mediciti. IIRK).
n
178
SeeJigmtiller.
kliD, Wochenschr. Nr. 1), hat einen Fall von aMyotrophiscJier La- .
teralskteroöd combinirt mit Sklerose der Kleinliirnseiteiistratjgbahnen
und der PyramidenvorderatraogbahneD beobachtet.
A* Schule, Ist die ^^spaatiache Spinalparalyse" eine
Krankheit smi generis? (Inaug.-Diss. Strassbnrg 1891) kritisirt
die in der Litteratör bekannt gemachten Fälle, von welchen er nur
sieben als echt anerkennt. Fünf neue Fälle aus der Heidelberger
Klinik entsprechen genau dem von Erb vorgezeichneten Bilde, das-
selbe fcbuQ drei Fälle aus des letzteren f rivatklientel und ein Fall
aus der Leipziger Poliklinik, Die als Thema aufgestellte Frage wird
bejahend beantwortet.
Spencer, Traumatisches Aneurysma an der Wirbel-
säule (Brit med, journ, 1891, ö. Dec), berichtet über den Ausgang
und Befund eines Falles von W irbel Säulen an eurysma. Das-
selbe war durch Fall von einer Höbe von 30 Fuss mit Diaiocations-
fractur zwischen Dorsal- und Lumbartheil entstanden und wurde
18 Monate nach dem Trauma gefunden. Die Symptome bestanden
allein in heiligen Schmerzen inlblge der Compression der Nerven-
wurzeln. Bei der Autopsie fand man ein Aneurysma beideräeita von
der Wirbelsäule mit der Form einer Hufeisenniere. Dasselbe hatte
den Körper des ersten und zweiten Lendenwirbels erodirt. Zwischen
hinterer Aneurysma wand und Aorta bestand eine Verbindung.
H, Grashey, Experimentelle Beiträge zur Lehre von
der Blutcirculation in der Schädetrückgratshöhle (Mün-
chen 181>2), hat experimentell die Frage nach der Blutcirculation in
der SchädebrückgTatshöhle behandelt. Letztere wurde durch gerade
Cylinder dargestellt, die reichlich mit Hähnen versehen und von
elastischen, die Gefässe darstellenden Schläuchen durchzogen sind*
Der im Gefässe herrschende Druck wird durch ein Manometer ge-
messen. Im ersten Theile wird die Hydrostatik dieses Systemea ab-
gehandelt, also die Verbältnisse bei stillstehendem Blute, während
der zweite Tiieil die Hydrodynamik enthält, die Verhältnisse bei
strömendem Blute.
Howard V. Rensselaer, Üeberdie Affection der Caisson-
Arbeiter (New York med. Record Bd. 40, H. 6 u. 7, August 1891),
bespricht im Anschlyss an zwei von ihm beobachtete Fälle, deren
einer in Besserung, der andere letal ausging, die Sectionsergebnisse
von 27 bisher beschriebenen Fällen der Erkrankung. Die klinischen
*
Kv«iikh«9t«i dm Kenren^stcns.
\7'j
^i sind nach Veri. in einer Blotüborfullmig sammtlicher
Ov^ftne, specteü des Rückenmarks, sq Sachen, Biese Blut-
ftberfuUon^ beruht auf eicier Labmimg der Gefäss wände infolge der
ituimlLiime*^" Aagdehnimg derselben durch den hohen Druck. 80
ggtgfjijlnjn ErDährungj^stöniDgen, Die directen Ursachen sind : lang
■Bdaii<»nicier hoher Atmosphärendmck irnd pldtzltches Anf hören des-
ielben; prÄdi«poiiireDd wirken; höheres Alter, Alkoholistaus, Her«-
«nd Nierenk rankheiten. Pathologisch-anatomisch handelt es sich um
«e diffode M^relilis^ besonders im ßrustniark, dem physiologisch
wm wenissien wtderataodaföhigen Theil des Rückenmarks.
H« Higier, Neues über einige Rnekenmarksfnnotionen
)eatacbe med. Wochenschr, Nr. 18, S, 399), gibt in einer kurzen
f einen Udherblick über die im letzten Jahre in dieser Frage er-
BD Arbeiten mit besonderer Beröcksichtigung der Thatsachen,
die etn mehr praoi^ii>cbes Interesse haben.
Allen Starr, Locale Anästhesie als Führer bei der
)iagnose von Läsionen des unteren Abschnitts des Rücken*
larks (Ämer. joum, of med. aciences, July 1892), beschreibt zwölf
Fälle mit partieller und umschriebener Anästhesie, die zum TLeil
von ihm selbst beobachtet wurden, bei Läsionen des Sacra!- und
Lambiilnkarkes. i^ ergeben sich aus dem Studium dieser Fälle
folgende Schlussfol gerungen :
1) Dass die Localisation der Centren im Rückenmark, welche
Blase und das Rectum controlliren, bei einander liegen müssen,
id das« die Con trolle verschwind et, wenn die drei unteren Sacral-
' Segmente l&dirt sind. Wahrscheinlich liegen die Centren in den
beiden unteren Sacralsegmenten, Der Spbinoter ani erschlafft, und
d&fl ganze Rectum verliert die Fähigkeit sich zu contrabiren; von
der Bla&e besteht leichte Incontiuenz, sobald geringer Druck
der Blase vorhanden ist. Retentio urinae entsteht nur selten^
die Blasencentreu zerstört werden, eher wenn die Läsion ober-
sitzt und irritirend auf die Centren einwirkt. Wenn in einem
iFalle von Paraplegie Blase und Rectum normal functioniren, so sind
rdie beiden unteren Sacralsegme ite intact.
2) Zur Veranschaulichung der Vertheilung der Anästhesie bei
Liatoiien des unteren Abschnittes des Rückenmarks gibt er eine
BeÜie Ton Zeichnungen.
3) Wie bei transversaler dorsaler Myelitis über der anäetheti-
eebeo Zone in der Regel eine hyperästhetische vorhanden ist, so
tanitt o^an etwas Analoges auch bei Myelitis des Lumbal- und Sacral-
1^0
Secligiöftllen
markes, and zwar entspricht die Hyperästhesie dem durch die näcbüt
höheren Segmente versorgten Gebiete,
E. Fischer^ Ein Fall von Blei Vergiftung etc« (Am. Jonm,
of med. sciencea, Julj 1892), beobachtete einen Fall von Bleilähmnng
bei einem Maler, Patient war anämiBch und klagte über Schwäche
in beiden Vorderarmen und Händen; letztere waren atrophiBoh.
Herz hypertrophisch^ Radial- und Temporalarterieii gespannt* ün-
regelmäsaige Hemianopäie; rechts Neuroretinitia mit Exsudat über der
Papille und benachbarten Eetina, links Atrophie des Sehnerven und der
B-etina. Im Uriß Eiweiss* Patient starb nach 10 Monaten. Die
Autopsie erj^ab: Herz hypertrophisch^ Art erioakle rose der Hirnarte*
rien* Degeneration der peripheren Nerven und im oberen Brusttheil
dea Rückenmarkes Atrophie der Vorder hörner besonders einer Seite
und des Tractus antero-lateralia der anderen Seite. Ferner stellen-
weise Sklerose der GolFschen Stränge, des Lisaauer^schen Stranges
und Verdickung der Meningen und Blutgefässe, Degeneration der
vorderen Nervenwurzeln.
Klippel, Rüekenmarkeveränderungen bei skolioti-
sehen Kindern (Gaz, hebd. Bd. 38, H. 13, 1891j, theilt zwei Fälle
mit, in denen bei seit der Kindheit bestehender Skoliose Schwund
der Rumplmusculatur und ein entsprechender Defect in den Vorder-
hörnern gefunden wurde. Er will nicht entscheiden, ob die Skoliose
oder die Läsion in deo Vorderhörnern das Erste war, neigt aber zu
der letzteren Ansicht,
Höhlenbihl uijg und Sy ringomyelit?,
A. Souques, Ein Fall von Syringomyelie (type Morvan)
(Nouvelle loonogn de la SalpetriÄre, 4 ann^e, Nr. 4, 1891), will durch
den Fall besonders die von Charcot vertretene Ausicht darthun,
d&ss es einen Unterschied zwischen Morvan'scher Krankheit und
Syringomyelie nicht gibt, sondern erstere nur eine atypische
Form der letzteren sei.
Bestätigt wird diese Anschauung durch einen von A, Joffroy
und Achard mitgetheilten Fall der Malad ie de Mo r van (Syringo-
myelie) mit Autopsie (Areh. de M6d. exp^r, Bd, 3, H, 6, 8. 67i,
1891), — Auch Jolly, Ein Fall von Morvan^scher Krankheit
(CharitÄ'Aunalen Bd, 16^ 8. 336, 1891), glaubt, dasa die sog. Mor-
van'sohe Krankheit zur Syringomyelie gehöre. Bui dem Kranken
JolJy's bestand Sklerose nach rechts, eine Erkrankung des Eadia-
i
Ef«lkkbeitCT des Nenr«mf$ICQi6.
181
Oobitälgalrnkes moeä Subloxstioii der Hand rechtg, Tbermo-Anaigeaie
dir reehifin Seite, mit räsiger Hattt der rechten Hand and Ter-
üftmatttoii^ des rechten Zeigeüngers. Der Kranke liatte drei schwere
Pafimritiaii gehabt.
F&r eine Trennung der Morva naschen Krankheit von der
Sjnringomyelie tritt dagegen Graaaet, Ein Fall von Maladie de
Morrao (Paris, 3. 26) ein. Die Syringomyelie ist anatomisch be-
lel^ Ar die Morvan'ache Krankheit ist noch keine einheitliche
e Baats vorhanden* Nach Verf. ist in den ausgesprochenen
filleD eine ücterscbeidung wohl mdglich. Bei der Syringomyelie
MaakelatrophieD vor, bei der Morv anfachen Krankheit
bilden die analgiscben Fan&ritien das Hauptsymptom.
Eine eigenartige CompHcation in einem Falle von typischer
Syringomyelie beschreibt A. Schmidt, Doppelseitige Acces-
floriaaläbmnng bei Sjringomyelie (Deutsche med. Wochen*
edirift Nr. 26). Der linke Eecurrena war vollkommen gelähmt; das linke
bauid befand sich in Cadaverstellung und war atrophisch; rechts
Q eine Parese des M. crico-arytaenoideus posticud su bestehen*
Stembo. Ein Fall von fortschreitendem Muskel-
wund syringomyelitischen Ursprungs (St Petersburger
Wochenschr. 1892, Nr. So), beobacbtete bei einem 40jährigen aus
1er Familie etaroinenden Kranken folgende Symptomengrappe:
reitenden Muskelschwund ^ besonders der beiden oberen £k-
tfemitäteOi Fehlen der Patellarrefiexe , Dissociation dtrr Hautsensi-
bJUtfti und Hygromata olecrani, fibrilläre Zuckungen. Verf. hält die
Affeotioo 1^ syringomyelitischen Ursprungs.
J. HoffmanUf der bereits in einem klinischen Vortrag (s. diesen
Jahrbuch Jahrg. 1892, S, 187) eine Uebersicht über den damaligen
Stand der Lehre von der Synngomyelie gegeben hatte, tasst jetzt
seine Untersuchungen aus der medicinischen Klinik und dem patho-
logisch-anatomischen Institut in Heidelberg in einer umfangreichen
Abhandlung^ Zur Lehre von der Syringomyelie (Deutsche
Zeitschr. f* Nervenheilkundej, zusammen. Abgesehen von einer Reihe
iaeaer kliniitcher Beobachtungen, welche das Krankheitsbild in seinen
Varianten voH Öhren, führt Hoff mann durch einige eigene und andere
in der Litteratur vorhandene Krankengeschichten mit Autopsie den
Kachweis, dass die Maladie deMorvan sich weder klinisch noch
inatomisch von der Syringomyelie unterscheide ^ eine Anschauung,
4er auch C her cot und seine Schule nach den letzten Publicationen
m arüieilen beizupflichten scheinen, wenn sie auch für ihren Lands-
auum noch einen ^type Mo r van'' in Anspruch nehmen. Die Syringo-
18^
Seeligmiillen
myelie und alt Lepra dagegen sind, wie bereits Schultze, Cliarcot
und vor Allen Marestrang baryorgehoben haben, zwei kUniscb
wie anatomisch ganz verschiedene Krankheiten^ — BeBonders wichtig
ißt der Abschnitt über Genese und pathologische Anatomie der
Syringomyelie. Die Grundlage und den Ausgangspunkt der Krank-
heit bilden in der MehrKahl der Fälle congenitale Entwickelnngs-
anomalien^ welche aich io dem Zurück bleiben von Nestern embryo-
nalen Keimgewebes hinter dem normalen Centralkanal^ in der
SchlieaBungslinie desselben äussern. Im Gegensatz zu der von
Leyden gegebenen Genese, lässt Hoff mann, ganz unabhängig
von einer Googenitalen Erweiterung des Oentraikanals , die Höhlen-
bildurjg durch Zerfall des neugebildeten Gliagewebes entstehen,
welches auch seitlich und in verschiedenen Bicbtungen Gewebs-
knospen treibt^ durch deren Zerfall von der centralen langgestreckten
Höhle völlig getrennte Nebenhöhlen entstehen können. — Schliess-
lich unterscheidet Hoffmann:
L HydromyeluB; derselbe verläuft latent oder unter uns un-
bekannten S3^mptomen.
IIa. Primäre (centrale) Gliose des Rückenmarks mit und
ohne Hydromyelus.
a) Ohne Höhlenhildung (periependymäre Sklerose, periependy-
märe Myelitis, centrale Myelitis),
/?) Mit Spalt- uufl Höhlen bildnng (^myelite cavitaire'^).
In diese Gruppe IIa gehören fast alle als Syringomyelie be-
schriebenen Fälle mit dem bekannten Krankheitsbild.
IIb. Centrale Gliomatoae ohne oder mit Spalt- und Höhlen-
bildung mit wenig scharf umschriebenem Sympt^imenbild.
Malliple Sklernae.
Nolda, Ein Fall von multipler Hirn- und Rückenmarks-
sklerose im Kindesalter nebst Bemerkungen über die Be-
ziehungen dieser Erkrankung zu Infectionskrankheiten
(Archiv f. Psych. Bd. 23, H. 2, S. 565, 1891), beschreibt einen üi
der Bonner Klinik beobachteten Fall von multipler Sklerose bei einem
Mädchen von 9 Jahren. Das Leiden ist bis jetzt im jugendlichen
Alter nur selten beobachtet worden, und nur eine Autopsie liegt bis
jetzt vor. Das Leiden war in der Mehrzahl der Fälle (85,7 ^jf^) nach
einer Inftctionskrankheit aufgetreten; in einem Falle war dies nicht
nachzuweisen. Verf. hält es für nicht unwahrscheinlich, dass man
bei Sectionen von Leichen an Diphtherie oder Scharlach Gestorbener
an den Gefässen des Central nerven Systems Veränderungen finden
Kirnnkheiteii des KerTendysteais*
IdS
vftnfei die die eraten Anfänge einer von den ßd&ssen ausgehenden
flUflrose darstellten,
Charcot^ Die T^Formes fraßtes^ der 8cl6ro8e en pla-
i(ie6 (ftogres m&d. 1891^ Nr. 11) » stellt; im AnachluBS an einen
innen i^escbiclitlichen Rückblick aut die Entstehung unserer Kennt-
wm6 von der xcuJtipIen Sklerose folgende Groppen der ^.Formea
Ihislea^ aaf :
A, Formea atypiques ou frustes par effacement (d. s.
Forin^ni die d^^s Bild der spastischen Paraplegie darbieten, während
eiiiea oder melirere Symptome der Scl^rose en plaques bei genauer
Oatarsucbung zu enkennen sind).
B, Formes atypiques abortives uu frustes primitives
d. s. Formen, die auf einer bestimmten Stufe der Entwickelung
^ben geblieben sind und sich ebenfalls als spastische Paraplegie
prtaentiren , iPiräbrend die typischen Symptome der multiplen Skle-
rose fehlen.
C, F*ornje8 atypiques ou frustes par intervention de
p)i4noiD^nes insolites.
a) L#a vari^t^ h^mipUgique*
b) La Variete tabique,
c ' La vari4t6 laterale amyotrophiqae.
Tabes.
Die ^Prage nach dem Zusammenhang zwischen Tabes und Syphilis
im leisten Jahre der besondere Gegenstand der Disoussion ge-
Zunächst bespricht Erb, Zur Aetiologie der Tabes
IlUd. Wochenschr. 1891, Nr. 29 u, 30)^ an der Hand eines be-
^MStieiiden Materials (370 FäUe] diß in Deutschland von ihm zuerst
aai^regte Frage nach dem ätiologischen Zusammenhang zwischen
Syphnis und Tabes. Von den 370 Fällen stammen 300 aus den
IllÄaren, 50 aus den niederen Ständen, und da/ji kommen noch 10
an Tabes leidende Frauen, Bei den 300 F&Uen bestand in 89 ^m
frühere syphilitische Infection, dieselbe fehlte nur bei 11%,,
sh ist von diesen 11% nur bei S^^ die Infection mit Sicherheit
iliesaen. Etwas anders ist der Procentsatz bei den 50 Fällen
den niederen Ständen : Nichtinficirte 24 <*,(,, früher Inücirte 76 «''^y;
aind auch hier einige der ersteren sehr zweifelhaft. Erb kommt
i^ch diesen statistischen Thatsachen zu dem Schluss, dass der 8y-
Lakilis als ätiologischem Momente der Tabes eine grosse Rolle zn-
iJeotniiie. Endlich hat derselbe Autor in einem klinischen Vortrag
184
Seeiigmiüler.
(Sammlung klin, Vonn N. F. Nr. 53) die Aetiologie der Tabes
noch einmal auefubrlicb besprochen and kommt auch bier durch
Btatietiöcbe Vergleicbiing der ätiologiscben Momente zu dem Schlüsse,
dass, wenn es auch einzelne Fälle vod Tabes ohne vorausgegangen«
Sy(>hiliB gibt, die Tabes in der weit überwiegenden Mehrzahl der
Fälle auf Syphilis beruht,
E. Leyden, üeber die Behandlung der Tabes (Berliner
klin. Wochenschr. 1892, Nr. 17 u. 18), leugnet dagegen jeden Zu-
aammenhang zwischen Lues und Tabes und hält deahnlb auch eint^
antisyphilitisch <^ Behandlung der Tabes für nutzloa.
Gegen diese Auifasfäung wendet sich Erb, Syphit is und Tabes,
Zur Kritik und Abwehr (Berh klin. Wochenschr. 1892, Nr. 23).
Er wendet sich t^egen die bekannten von Leyden schon früher vor-
geführten Gründe, daes einmal Statistiken keinen Werth hätten ; das»
zweitens die Erfolglosigkeit der antiluetischen Behandlung beweise,
daes kein Zusammenhang zwiBchen beiden Leiden besiehe, und dass
drittens die anatomigch- pathologischen Processe sehr unähnlich seien.
Erb holt vielmehr die Statistik lür hinreichend beweiskräftig; die
Erfolglosigkeit der an tilueti sehen Onr beweist gar nichts, denn ntchC
alleö, was syphilitisch ist kann dnrch Hg oder Kalium jodatum
geheilt werden, und endlich ist die pathologische Anatomie bis jetzt
noch nicht einmal im Stande, mit annähernder Sicherheit z\i sage%
was von den in Betracht kommenden Dingen syphilitisch ist und
was nicht.
F, Raymond, Aetiologie der Tabes dorsalis (Progres
m^dical Nr. 24), bespricht unter Berücksichtigung der einschlägigen
Litteratur die Aetiologie der Tabes. Was die neuropathische Be-
laatnng angeht, so spielt dieselbe auch bei der Tabes eine grosse
RoUe, dagegen ist die directe Heredität nur sehr selten nachzu-
weisen. Als Oelegenheitsursachen sind Erkältungen, Durchnässungen,
üeberanstrengungen, Traumen, Excesse in Venere anzusehen» da&
hauptäächliche Aetiologiache ist aber die Syphilis. Es muss als er-
wiesen angesehen werden , dass die Mehrzahl der Tabischen früher
an Lues gelitten hat.
J*Hughlings- Jackson und Farn. Taylor (Brit. med. Journ,,
IL Juli 1891, 8, 58) beschreiben einen Fall von Tabes, der insofern
interessant ist, als er das einzige bekannte Beispiel ist, bei dem sich der
gänzlich verschwundene Patellarreflex wieder herstellte. Als
der Kranke ins Hospital aufgenommen wurde^ bestand Ungleichheit der
Pupillen and Eiioschensein der Patellarreflexe. Kurz zuvor war eine
Kranit heilen des Nerveniy8l<?in»,
185
Hemiplegie aufgetreten und der Anfall wiederholte sich wenige Tage
«achher wieder Die Sprache hatte nicht gelitten, am stärksten ge-
lähmt war der rechte Aroa. Am 47. Tap^e nach dem zweiten hemi-
tieo Anfalle wurde der Patellarreflex rechts wieder aufgefunden ^
trfiger als normal^ links dagegen fehlte er noch. Nach 2 Jahren
ad ein anderer Arsst oehen Atrophie der Sehnerven den Patellar-
iex aoch links, ebenfalls träger als normal, während er jetast rechts
normal war. Vor der Hemiplegie and der daran sich anschliessenden
LÄteralflklerose waren von der Sklerose der Hinteretr&nge au wenig
M^mAem intact, um auf die Vorderhörner so einwirken zu können,
dsAtt das Kaiephänomen zu Stande kam. Beim Auftreten der Seiten-
Sknutgsklerose wurden die Vorderhdrner erregbarer, und die wenigen
intiet gebliebenen Fasern der Kintersti^ange genügten jetzt, um das
bisomen nu bewirken.
Flaczek, Combination von Tabes dorsalis und Paralysis
agitacs (Deateche med. Wochenschr. Nr. 29), beobachtete Tabes
und Paralysis agitans bei demselben Individuum. Diese Oombina-
üotk ist bis jetzt erst einmal beschrieben, und zwar in der Inaug.-Diss.
Fan Heimann (Berlin 1888), doch war in dem letzteren Falle die
DimgDOse der Schüttellähmung nicht ganz sicher zu stellen.
V* Raymond, üeber die Beziehungen der allgemeinen
Paralyse zur Tabes (Societ^ m«^d, des Höp. S6ance 8 Avril.
Bulletin m*iä, 1892, Nr. 29), beschreibt einen Fall von Tabes und
aflgemeicer Paralyse und kommt zu folgenden Sätzen: Die Paralyse
afld Tabes treten häuüg zusammen auf; erstere kann mit den Er-
•ehemangen der letzten beginnen und vice versa. Zieht man die
Aetlolo^^o beider Affectionen in Betracht, so scheint ea, als ob beide
sar eine Krankheit seien.
Landry'flehe Paralyse.
Henry Hun^ Pathologie der acuten ascendirf^nden
Paralyse (New York med. Journ., 30. Mai 1891), beobachtete einen
Fall der bis jetzt noch keineswegs aufgeklärten Erkrankung, Vier
Moiiata vor dem Beginne des Leidens war Patient auf das Os sacrum
gafailen, sonst war keine Schädlichkeit zu ermitteln. Der patbo
lo^tsohe Befund war ziemlich negativ. Bacterien wurden nicht ge-
fanden. Abgesehen von einer leichten cerebrospinalen Meningitis,
Inältration der Wandung einiger Venen in der Pia spinalis und De*
gengration weniger Nervenfasern in den vorderen Wurzeln der Oauda
♦fioSna erschien das Nervensystem intact, Verf. glaubt, dass die
18ti
Seelig müiler.
acute aufsteigeiide Paralyse daroli chemische und nicht durch ana-
tomische Veränderuegen im Nervensystem verursacht üoi.
4. Krankheiten der Maskeln.
J. Hoffmauu, Weiterer Beitrag zur Lehre vou der
progressiven neurotischen M uskelatrcphie (D. Zeitschr. f.
Nervenh. Bd- 1, H. 1 u, 2, S. 95, 1891), bespricht die Form von
Muskefatrophie, die zuerst von Charcot- Marie aufgastallt, von
Tooth als „pöroneal form" oder „leg type^ bezeichnet wurde, und
deren cbarakteristiache Merkmale der symmetrische Beginn in den
Beinen, mehrfaches Yorkommeo in einer Familie, Parese und Atrophie
der Unterschenkel- und Fussmusculatur und erst öpäterer Uebergang
auf die oberen Extremitäten sein sollen, Verf, zeigt, dasa der Be-
ginn in den Unter ex tremi täten nicht die Hegel sei^ sondern dass
das Leiden auch an den Händen beginnen könne. Als Belege hier-
für führt er die Kranken beschichte zweier von ihm selbst beobach-
teter Geschwister, sowie Fälle von Eulenburg und Dubreuilli
an* Letztere sind besonders wichtig, weil die Autopsie gemacht würde,
und man starke Veränderungen an den peripheren Nerven fand^ die
von der Peripherie nach dem Centrum zu abnahmen, während das
Mark nur sehr wenig afficirt war. Ho ff mann schlägt für das
Leiden die Bezeichnung „neurale Muskelatrophie'^ vor.
A, Strümpell, Zur Kenntnisa der primären acuten
Polymyositis (D. Zeitschr, f. Nervenh. Bd. 1, H. 5 u. G, 18^1),
fügt zu den bereits bekannten 10 Fällen von primärer acuter Poly-
myoeitis einen neuen klinisch und anatomisch genau von ihm unter-
suchten Fall, Efi handelte sich um einen TOjäbrigen Gärtner, bei
dem 8 Tage nach Erbrechen, Kopfiach merzen und allgemeiner Mattig-
keit heftige Schmerzen in Armen und Beinen und bald darauf An-
schwellungen an ersteren und im Gesiebt auftraten. Patellarreflexe
undeutlich, elektrische Erregbarkeit für beide Ströme anscheinend
herabgesetzt Die Lähmungserscheinungen nahmen zu, rechts trat
Ptosis aui\ und die Bewegungen der Bulbi waren besonders nach
unten beschränkt. Nach einigen Tagen trat der Exitus unter den
Erscheinungen einer schweren Bronchopneumonie aui\ Die mikro-
skopische Untersuchung ergab: an den Muskeln starke feinkornige
Trübung, häufiger Verlust dar Querstreifung, Neigung, in Längs-
fibrilleo zu zerfallen; ferner hyalin aussehende Fasern und zwischen
den Muskelfauern viele weite und stark gefüllte Biutcapiilaren, An
I
I
*
Kmnk heilen des Kerveasystems*
187
^^^BittpräparateD faad Verf. Vacuolenbildatig und Vermehrung der
^Bttakelkerna f femer zahlreiche Herde von echter ^ mterstitieDer
Mfoaitia. Axxi Bückenmark war ausser kletneui wahrscheinlich Benilen
Vtrtiideniiigen Bichts Abnormes zu sehen. Di« Ursache der Er-
krmnknng bilden yielleicht ioi ßlote gelöste und dem Muskelgewebe
wmgB^hrte Toxine.
B. Krankheiten der peripheren Nerven.
t. Allgeineiiies.
H.Hochhaas, üeber diphtherische Lähmungen (Virchow'a
'Archiv Bd, 124, H. 2, S. 226, 1891), weist nach, dass sich in den
paretißcben und gelähmten Muskeln nach Diphtherie Eutzüodungeu
aach weisen lassen, welche vorwiegend im Zwischeugewebe sitzen,
aber auch das Muskelgewebe selbst involviren. Daneben besteht eine
geringtf interstitielle Entzündung des Nerven^ während die Gentral-
orgf^oe ganz normal sind. Verf. untersuchte in vier Fällen von
dtplitlieritiBcher Lähmung und fand starke Verbreiterung des inter-
fititiellea Bindegewebes, stellenweise ^^tarke KernaDi^auimluDg. Auf
Qoersehnitten erscheinen die Muskelfasern meist eckig oder oval^
nicht rand. Die Gaumen- und Schi und musculatur soll direct durch
(laa diplitherisobe Gift angegriffen werden, die übrige Musculatur
*»r^ anf «I^to Wege der Blut- und Lymphcirculation.
H.iiiicUüorflr , Neuritis diabetica und ihre Beziehungen
mm fahlenden Patellarsehnenreflex (Virchow's Archiv
Bd. 127^ H. 1, S. 1), fand zweimal bei Diabetes mit Fehlen des
Palell&rreflexes eine Entartung des N. cruralis; bei den beiden
pAcienten bestanJ weder Lähmung noch Anästhesie, aber der Pateilar-
reüex fehlte. Verf. nimmt an, dass das Gift den Nerven soweit
ichidige, dass das Kniephänomen schwindet, aber keine sichtbaren
Verftncierangen auftreten; diese stellen sich erst bei längerer Ein-
wirktmg des Giftes ein.
A# Straasa, Zwei Fälle von peripheren Lähmungen
it partiellen Empfindungslähmungen (D.Zeitschr. f Nervenh,
Bd. 2, H. 2 u. 3, S* 248), beobachtete zwei Kranke mit peripherer
ArmläbiDung. Im ersten Falle von schwerer Verletzung am Ober-
war in dem vom Radialis versorgten Gebiete die Empfindung
Temperaturunterschiede gans aufgehoben^ die f^r Ber&hrungen
ußd achmerzbafte Reixe nur herabgesetzt. Im zweiten Falle mit
traumatischer Plexusläbmutig war Anästhesie an der Inuenseite des
Vorderarmes und der Hand vorband en^ der Tastsinn war aufgehoben,
Nadelstiche wurden nur als Berührung resp, gar nicht empfunden,
der Temperatnrginn war pervers. Verf. nimmt an, daaa in den peri*
pheren Nerven Mr die verschiedenen Qualitäten der Empfindung
besondere Fasern vorbanden sind.
K. GumpertZy lieber Anomalien der indireeten elektri-
schen Erregbarkeit nnd ihre Beziebung sur chronisclien
Blutvergiftung (Deutsche med. Wocbentfchr. Nr, 23), untersuchte
eine Anzahl von Patienten, bei denen der Verdacht auf Bleivergiftung
vorlag f ohne da^s aber Lähmungserscheinungen vorhanden waren..
Er kommt auf Grund der üntersucbungen zu dem Schiusa, dass bei
Bleikranken auch heim Ftibleu von Extensoreniähniung am Radialis
Anomalien in der indirecten Erregbarkeit zu erkennen wären, und
soll zuerst die Reaction für den positiven Pol des Oeffnungsinductions-
stromes und später des galvanischen Stromes schwinden, und ferner
der Verlust dieser indirecten Erregbarkeit das früheäte Zeichen einer
degenerativeii Neuritis äein.
Fiessinger, Ueber die nach pulmonalen und pleuralen
Eiterungen auftretenden Polyneuritiden (Revue de m^decine
Nr, 10), beobachtete in zwei Fallen.^ in dem einen nach einer eiterigen
Pleuritis und in dem anderen nucb einem Lungenahscess Has Aoi-
treten einer Polyneuritis mit Atrophie der Muskeln, Lähmung und
Schmerzen. In beiden Fällen trat Heilung ein, in dem ersten Falle^
in welchem die unteren Extremitäten betroffen waren, nach 4 Monaten^
im zweiten, in dem die oberen Extremitäten bauptsäcblicb Sitz der
neuritischen Ersebeinungen, aber auch die unteren mitbetheiligt
waren, trat die Besserung langsamer ein. Die Behandlung bestand
in DaiTeichung von Anodynis, so lange Schmerzen vorhanden waren ^
und nach Verschwinden derselben in der Faradi&ation der atrophi-
schen Muskeln.
W. Winternitz, üeber Neuralgien und ihre hydriatri-
öche Behandlung (Blätter f. klin, Hydrolher, E. 1)> Von 565 Fällen
von Neuralgien verschiedenster Art, die hydrotherapeutisch bebandelt
wurden» gelangten 62% zur vollständigen Heilung» Bei 3**^^ gar
kein Erfolg. Zu den mächtigsten Antineuralgicis gehört nach Verf,
die Combination von Wärme und Kälte. Wärmestauung oder directe
Erwärmung müssen daher der Abkühlung vorhergehen* Erregende
Krankheiten des Nerven sjitem 5.
1Ö9
TTnmnhhijri auf das »chmerzhafte Gebiet, WärmeapplicattoD etc. auf
4«HMilbe dteneii zur voriierigeQ ErwärmuDg, die Abkühlung wird
daroh kalte AbreibungeOp Fallbäder etc. besorgt. Besonders wirksam
smd die Wechsel wannen sog. sehe tti sehen Douchen.
JoliD ThomsoD, lieber Rospirationskrampf bei Kin-
der b (congenital laryngeal Stridor) (Edinburgh med. Joum. Nr. 9),
beschreibt fUnf Fälle dieser in einer besonderen bei sehr jüBgßn Kindern
aoftretecden Behinderung der Äthmung bestehenden Äffection. Bei den
AofFilleo des Verf. waren die Eltern der Kinder gesund, abgeseben
^Krou einer hysterischen und einer „aarten" Mutter, Der Zustand der
^■Kinäer selbst war in einem Falle am sehr guter, in den vier anderen
^p.7WeD beetand Dyspepsie. Der Stridor trat in einem Falle 14 Tage,
^^ m etnem anderen 8 Tage^ bei den drei anderen direct nach der Geburt
Auf. Kr begann nüt einem krächzenden Geräusch bei der Inspiration
and eadete mit einem hüben krähenden Ton. In schweren Fällen
nahm er an Intensität zu während der ersten 2 — S MonatSf um dann
speateii besser zu werden. Die Besserung zeigt sich darin ^ dass die
Intarvalle zwischen den einzelnen Anfällen grösser werden^ und das
Gerfttiech weniger laut wird. Cyanose und Erscheinungen von Be*
ung fehlten bei den Kindern wäbrend der Anfälle. Verf. glaubt^
die Hemmung der Athmung durch spasmodische Muskelcontrac-
tioaen hervorgerufen wird, deren Natur in einer centralen fanctio-
DeUen Störung 2u sehen iat^ nämlich in einer geringeren Störung
der zwischen den Muskeln des Thorast und des Larynx bei der gs-
Iwfib&licheB Athmung bestehenden Goordination.
I 0. L. Walton und C. F. Carter, Metalldreherlähmung
lAmer. Joum. of med. sciences^ Jolj)} beobachteten in 2wei Fällen
i#et Kapferarbeitern vollständige Atrophie der vom Ulnaris versorgten
JMtiekelii der Unken Hand mit geringer sensibler Störung (Taubheit)
«nd geringem dumpfem Schmerz und Empfindlichkeit des Ulnaris.
Wahrscheinlich handelte es sich um eine Neuritis. Dh Alfectiou
wer wehrscheinUch nicht durch das Metall, sondern durch die Thätig-
keit der linken Hand an der Drehbank hervorgerufun worden, da
die Störung auf die linke Hand beschränkt blieb«
2. Kraaklieiten der ßimmerveii.
W« König, Ueber functionelle Störungen im Bereiche
des Facialis und Hypoglossus speciell bei funotionellen
Hemiplegien (Neurol. Central bl Nr. 11—13), kommt auf Grund
190
Se«ligniüller«
von acht Fällen, deren Krankengesobichten im Original gebracht
werden, zu folgenden Schlüssen : 1) Eina reine^ einwandsfreie^ nichfc
mit Spasmen complicirte functionelle Facialis- resp. Facialis -Hy po-
glossusparese ist vorläufig als Heitern zu bezeiclinen. 2) Häufiger acheatit
eine solche Parese mit spastischen Zuständen in verschiedenen Muskeln^
meist aaf der gegenüberliegenden Seite zu sein. 3) Die Charcotsche
Anschauung von der geringen Intensität der hj^sterischen Facialis-
parese und ihrer Combination mit Sensibilitäts Störungen finden in
den Beobachtungen des Verf. 's eine Stütze. 4) Beim Hemispasmue
gl oaso- labialis braucht der Brissaud-Mari e*sche Symptomencomplex
nicht immer in typischer Weise ausgesprochen zu sein ; es gihf:
^formes frustes**. 5) Ein beachten swerthes Symptom ist das Auf-
treten von Spasmei], besonders von intendirten Bewegungen in den
Hflls- und Schultermuskeln der nicht gelähmten Seite, das in zweifel-
haften Fällen vielleicht zu Gunsten eines functionellen Leidens ver-
werthet werden kann.
Bernhardt, Zar Frage nach der Aetiologie der peri-
pheren Facialisl ahm ung (ßerl, klin, Wochenschr. Bd. 29, Nr. 10).
gibt eine UeberBicht über ö6 Fälle von Facialislähmung. Eine ner-
vöse Anlage war nur bei ca. Ys ^^^ Kranken nachgewiesen worden.
Verf. meint, dass möglicherweise Diabetes, 83rphilis uad Puerperium
eine Kolle als Ursache der peripberen FaciaLislöhmung spielen konnten ;
00 hat er dieselbe bei zwei an Diabetes, bei drei an Lues leidenden
Personen und zweimal nach normalem Puerperium auftreten sehen:
beweisen läast sich der Zusammenhang allerdings nicht.
Fr* Schultze^ Ein Fall von angeborener Facialisläh-
mung (Neurol CentralbL Nr. 14), sah eine angeborene periphcriaobe
linksseitige Facialisläbmung mit Erloschensein der elektrischen Er-
regbarkeit bei einem 4jäbrigen Mädchen. Die Lähmung war gleich
nach der Geburt aufgefallen, Ueber den Sitz und die Ursache des
Leidens lasst sich nichts sagen; es könnte an eine mangelhafte Ent-
wickeluDg des linken Facialiskernes gedacht werden, doch ist auch
die Mögliclikeit einer peripheren Läsiou nicht auszuschliessen.
Darkschewitsch, Ueber recidivirende Oculomotorius-
lab mang (Archiv f. klin. Med. 8,493), beobachtete einen 33 Jahre
alten Mann, der schon als ISjähriger Knabe an rechtsseitiger Ptose
und seit seinem 23. Jahre an zeitweilig auftretendem KopfHcbmerz
mit gelegentlichem, kurz© Zeit dauerndem Sinken des rechten Augen-
lides gelitten hatte, Parese des ganzen rechten Oculomotorius, My-
driasis und Acoommodationsparese rechts. Biese Parese machte
i
191
Zext, n
im. Dmrksckewitsek a«
AiftBe wa OciüfMMliKiniata
lilr «Be ky^taiMiM Kalar c
■■diwiiii ia der littarattr
Dm
n. T«£.
Invtntt SOS dem HmüdMiikBl i
4a die Tberepie weoig v«nBeg
3. Ermskkeitei ier ifieal» S#rrte.
F. Windscbeidy £!d Fmll ^eft Uolirter LäiMve^ dee
H. raa0enlo*ca(aiiecie nebst Bemerknmgen tber die Bumpf*
«ehe ereil mati sehe Heaetion der Mvseelatar (Kfitileg^
GBBtrelbl. Kr, 7)^ seh eiae isolirte TÄhitmeg dee Bicepe bei mmm
l5jibrig6Q Henne, henrorgendeD derdi Df«ck enf den M.
fataneoa. ]>er Bioepe eir^b die tob Rumpf ^x die eo^
tieebe Neoreee eis charaktemtiscb uMgiBproehea
Wogen dee Muekeb, dee mA dem Anfbdroi äm\
\ etntritl. Hier wer die Feeroee leil Sieberbeit i
eed mir des Trauma ▼orbaadea, so deee alao die Emiipf'ecbe
Bf ctiQtn ek filr die tnuunetiecbe Neoroee efauiktaralaeeb oicbt eaf^
pB&Bt werden ka&D*
Bernbardt, Erginxung ser Ktttbeilaog des Herre
Privatdocenten Dr. Windscbeid über isolirte Labmuiig
des N« Dnusealo-ciitaiieas etc. (KenroL CentralbL Nr. 8)| gibt die
Kraiücengesebicbte sweaer Ton ibm vqt Jahren mtlgetbeilteii HOe
▼ee tealirter Läbmung des N. mueealo-cataiieiis, die sseb einer
Lnzntion bezw. ContitBioD des betreffenden Scbnilergelenkee auf*
fSBsCea war,
Bernbardt, üeber einen Fall Ton doppelseitiger tran-
maciscber Lähmung im Bereiche des Plexus bracbialis
y^tiroL CentralbL Nr. 9), beechreibt eine doppelseitige traumatische
£ri rfcbe Plexnsl&hmung bei einer 29jährigen Frau. Die Lähmung
wir während einer Operation dadurch zu Staude gekommen , dass
die Artoa der auf dem V ei tischen OperatioDstisch in Beckenhoch-
£
192
Seeligmüller»
lagerung liegendüD KraukeD von einem Assisteuten aiit ziemlicher ^
Kraft naeh oben und hinten gehalten wurden. Nach dem Erwachen
a\iä dem Chloroform schlaf bemerkte man die Lähmung. Beide Arme
waren in fast gleicher Weise arücirt, und zwar folgende Muskeln:
Musculi infra^pinati, deltoidei^ bictpites, brachiales interni und aupi-
uatores longi et brevesj ferner waren die Musculi tricipitea and
pectoralfs majoreB paretij?cb. Da keine Entartangareaction vorhanden ^
war, konnte die Prognose günstig gestellt werden. ■
Pagenatecherj Ueber Lähmungen des Plexus brachia-
lis sowie über die bei Axillarialähmung vorkommende
8ensibil]tätsstörung (Archiv f. Psych, und Nervenkrankheiten
Bd* 23, S* 672 1| bespricht die Symptomatologie dieser Lähmungen,
Es handelt sich fast bei allen diesen Ptexuslahmungen nicht um den
Plexus selbst, sondern um die Wurzeln, Bei der totalen sowie der
unteren Lähmung findet man häutig Myosis, Verengerung der Lid-
spalte, Tieferliegen des Bulbus, und in selteneren Fällen Abflachong
der Wange. Bei der unteren Plexuslähmung sind fast immer Sensi-
bilitätöst Orangen vorhanden^ and zwar im Gebiete der Hautaste des ^
UlnariSi Cutaneus brachii internus, und nicht selten auch Im Bereich H
de^ Mediaous und Radialis. Bei der überen Plexuslähmung dagegen
fehlen die Erscheinungen von Seiten des Sympathicus, auch sin^i
bei ihr ausgedehnte Sensibjlitätsstörungen selten; wenn sie vor-
handen sind, so befinden sie sich im Gebiete des Axillaris, Musculo-
cutaaeus, zwischen der Medisnus.
E. Pfeiffer, Zwei Fälle von Lähmung der unteren War-
.zeln des Plexus brachialis {,^KlumpkeVsche Lähmung'^)
(Deutsche Zeitschrift für Nervenheilk. 1891, Bd. 1, H. 5 u. 6), gibt
die genaue klinische und anatomische Beschreibung zweier Fälle vor
Klump keuscher Lähmung, die bekanntlich in einer atrophischen
Lähmung des Thenar, Hypothenar und der Interossei mit Anästhesie
im Uln&ris und oculopapi Hären Erscheinungen besteht.
E. Stern^ Ein Fall von Drucklähmung des Armes (Berl
klin. Wocbenschr. 1891, Nr. 46)^ sah die Lähmung nach ümschnü-
rang des Armes mit einem Gummischlauck auftreten. Dieselbe war
von einem Arzte im Krankenhause gemacht worden^ um anscheinend
das Weiterscbreiten «iner Lafection von einer kleinen Wunde am
Zeigefinger aus zu verhindern. Dm- Schlauch wurde 6 Wochen lang
in dieser Lage gelassen^ ohne nur ein einziges Mal abgenonamen zu
werden! Sonst bietet der Fall nichts Neues.
J, B, Charcot und Meige (Progres m^d. 1891, Nr. 14) beoh-
Krankbeiten dea Nervensvßtema.
19B
achteten bei eioer 27jährigen Frau einen Fall von atrophischer
Lähmung, die eotstanden war infolge von Ueberaustren-
gung an der Nähmaschine. Da Patientin früher hyaterische
Symptome gezeigt hatte und zur Zeit neben Anäethesie am Ober-
schenkel vollständiges Fehlen des Pharynxreflexes (Chairon eches
Zeichen) zeigte ^ so schliessen die Verff. auf gleichzeitiges Vorhan-
densein von Hysterie (? EefO.
D- Chindamo (Rivista clin, e terap. 1891,
auf Grund von überraschenden Heilerfolgen in 11
theils veralteten FälJen von Ischias, s üben tau
von Schwefeläther, 1—2 Pravaz'scbe Spritzen
Druckpunkten von oben nach unten. Heilung in 4
etwaigen Versuchen wolle man doch ja beachten ^
nur unter die Haut, nicht in die Muskeln gespritzt
derselbe Aetherlähmungen! Ref.)
Dec.) empfiehlt,
theils frische Uy
e Injectionen
täglich, an den
-8 Tagen. (Bei
dass der Aether
wlrd^ sonst setzt
C. Neurosen.
K Hysterie.
Bourneville und Sallier, Deux nouvelles observations
d'hystörie male (Arch. de neurol. 1891, Bd. 22, Nr. 66), beschreiben
zwei Beobachtungen von männlicher Hysterie. Im ersten FaUe
handelte ch sich um einen 17jährigen hereditär belasteten — Alko*
holismus beim Vater und Grossvater, Migräne bei der Mutter —
Juden, der seit dem 16. Lebensjahre an grossen hysterisch-epilep-
tischen Anfällen litt. Wegen verschiedener Vergehen, die Patient
zum Theü im Dämm er zustande begangen hatte, war er mit dem
Gericht in Conflict gekommen. Vnn interparoxysmalen Symptomen
bestanden: SensibiUtÄtsetörungen , Djschromatopsie , Aufhebung der
Rachetireflexef Gesichti^felde in engung« Der zweite Kranke, ein IBjäh-
riger Mensch, ebenfalls hereditär belastet, litt seit dem 13* Jahre
an Angstvorstetlungen, und im Anächiuss an diese stellten sich bald
schwere hystero- epileptische Anfalle ein*
Giües de la Tourette und Cathelineau, Die Ernährung
bei Hysterie (Progr. m6d., 2. S. Bd. 12, Nr. 39, 4S, 46, 1890), stellten
Untersuchungen an über die Ernäbrungsverhältnisse in Fällen von
hysterischer Anorexie, bei hysterischem Erbrechen und endlich bei
Kranken mit hysterischer Contractur, Lähmung und Zittern. Bei
der ersten Gruppe von Fällen ergab sich eine Venalud^stxLxv^ ?^^st
Jahrbuch d. pracL Med lein ifm ^^
194
SeeJigmüUer.
festen Rückötünde dea Urins ^ ebenso des Harnstoffes. Die Menge
der ausgescMe denen Phosphor säure war um circa die Hälfte des
normalen Gehaltes geringer. Einen reinen Fall der zweiten Gruppe,
hysterische Anorexie, hatten Verff. nicht ^u heobachten Gelegenheit.
Bei den an unstillbarem Erbrechen Leidenden ergab sich durch
UntersnchüBg des Erbrochenen, dass der grössere Theil der durch
die Magensonde zur Ernährung eingeführten Milch im Magen ver-
blieb. Im Erbrochenen befand sich stets Harnstoff. Bei der v^ierten
Gruppe der Untersuchten wurden Störungen in der Ernäbrung nicht
gefunden»
Gilles de la Tourefcte, Hysterische Anfälle unter der
Gestalt von Trigeminusneuralgie und Meniere*schem
Schwindel (Progr. m^d,, 2.S. Bd. 14, Nr.Bl, 1891), beobachtete, dass
das Trigeminnsgebiet hysterogene Zone wurde. Als Aura des hyste-
rischen Anfalles tritt eine Geaichtsneuralgie auf^ auch kann letztere
allein den hysterischen Anfall ausmachen. Ferner kann Druck auf
einen Trigeminespunkt den Krampfanfall auslöseu. Als Beweis,
dass auch das innere Ohr die hy@::erogeDe Zone darsteilen kann,
gilt ein von Oharcot beobachteter Fall, bei dem eine an grosser
Hysterie leidende Kranke Meni^r ersehen Schwindei bekam,
P, Sollier, Hysterische Anorexie (Bevue de m4d. Bd, 40^
H. 8| S. 625, 1891), unteracheidet die primäre und secundäre An-
orexie, Erstere ist das Hauptsymptom der Hysterie, die zweite
besteht nur neben anderen bysterischen Erscheinungen. Sie ist am
häufigsten bei jungen Mädcheu ; ihre Ursachen sind: 1) allerhand
Thorheiteii, wie Sucht, interessant zu erscheinen etc.; 2) Mangel an
Hnngergef&bl; 3) Zufälle beim Easeo, wie Schlingkrämpfe, Magen-
schmerzen, Erbrechen; 4) Sinnestäuschnngen , z. B, Makropsie, in-
folge deren die Speisen enorm gross erscheinen.
A* Sarbu, üeber hysterisches Fieber (Archiv f, Psychia-
trie Bd. 23, H. 2, S. 496, 1801), beschreibt einzelne Beobachtungen
von Fieber bei Hysterischen. Theils handelte es sich um Neben-
erscheinungen des Fiebers ohne Steigerung der Körperwärme, theils
um eehtes, entweder dauernd oder in AnftUen auftretendes Fieber.
Th. Leber, Ueber periphere Sehnervenaffectionen bei
Hysterischen (Deutsche med. Wochenechr Nr. 33), liefert auf
Grund einiger von ihm beobachteter Fälle den Nachweis, dass bei
Hysterischen gewisse, rasch vorübergehende Erblindungen oder Am-
I
Krankheiten des Nerve Dsyfitems,
195
«tltreieii, die ibreii Grund in einer flüchtigen EntzütiduDg
der Sehoervenstämme haben. In einzelnen FäOen kann man auoh
Bil dem Augenspiegel eine weiseliche Vererbung der Sehnerven-
p^küld beobachten, die nach Verf. als der Ausdruck einer durch
Tarinddrimgen der Neuroglia bedingten stärkeren Beflexion des Pa-
psllftrgeweb^e aofsafassen ist.
0. Caryophylis, Aphagie, Alalie und Astasie* Abasi e
geheilt durch forcirte Suggestion (Progr. med., 1, October
1893) berichtet dber folgenden Fall von Hysterie im Kindesalter:
Ein 13jähriger Knabe, von melancbob'scher Mutter abstammend^ die
tidi wahrscheinlich selbst das Laben nahm^ beginnt plötzlich aus
unbekannten Gründen die Nahrungsaufnahme zu verweigern, nicht
mehr su sprechen und nicht mehr zu gehen. Die Nahrungsaufnahme
wird oBgefähr 2 Jahre lang verweigert, während welcher Zeit er
'halb von je 24 Stunden nur eine Portion Gefrorenes zu sich
(?). Er wird mager, fast zum Skelet, sein Athem ist fötide*
Er wird von dem Arzt in der Art zu hypnotisiren versucht, dass
dereelbe einen leisen Druck auf die Balbi ausübt. Dies gelingt
die ersten Male gar nicht, der Knabe schreit und bekommt eine Art
Krämpfe« Die Hypnose selbst gelingt nicht, dagegen wird ihm
atnndenlang suggerirt , dass er wieder essen ^ sprechen und gehen
Vollständige Heilung.
Hjulle
^|pa]]
A. Pick, üeber die Combination hysterischer und or-
aniflch bedingter Störungen in den Functionen des
Auges (Wiener klin. Wochenschr. Nr, 31—33, 1802), beobachtete
snslchst bei einer 24jährig6n weiblichen Person, die von Geburt an
an Amblyopie und Bewegungsstörung der Augen litt, das Auftreten
einer Amaurose und einer Ophthalmoplegia exterior hysterischen Cha-
raktere, neben sonstigen hysterischen Erscheinungen, wie Anästhesie
«od ELrampfan fallen, Dass es sich bei den o ciliaren Symptomen um
bjpalerisehe Erscheinungen handelt, geht daraus hervor, dass sie im
AnfffH*!^ an hystero^epüeptische Anfälle auftreten und unter dem
Euifluaa der Suggestion (Magneten) bis zu dem vorher bestandenen
angeborenen Grade von Sehslörung zurückgehen. Die Section er-
gab: Im Anfangsstück der Arteria basilaris ein dieselbe vollständig
obtanrender Thrombus, ausserdem Thrombus der Arteria cerebelli
inferior postica dextra, desgleichen der Arteria cerebelli postica
ftSiatra sowie bei beiden Arteriae profundae cerehri. Den genannten
Arteriengebieten entsprechend eine Encephalomalacie betreffend den
Caneus, angrenzende Partie des Präcuneus, Umbiegungsstelle des Gyrus
I
I
I
I
fornioatus und die beiden Gryri occipito-temporaleB inferioreß. Femer
Erweicheng im Kleinhirn. Die Sehstör ung hat jedeDfaUs im Zu-
BammenhaDg mit der cerebralen Läsion gestaoden, es ist aber be*
merkenswertb ^ dass dieselbe bei der angewandten BuggeBtien eine
Beesemiig erfnhr^ was vielleicht dadurch zu erklären im, dass es
sich um ein enggeatibles resp. hyatenBches Individuum gehandelt hat.
2. Epilepsie.
Pitres, Ueber partielle sensitive Epilepsie (Arch, cli-
niques de Bordeaux Januar 1892)^ beschreibt als partielle Epilepsie
eine Affection , die mit der Jacks on*8cheD Epilepsie gross© Aehn-
lichkeit hat^ nur dass bei ihr die aensiblen Störungen mehr in den
Vordergrund treten, während bei letzterem Leiden die motorischeD
Erscheinungen die Hauptsache sind. Die Uebereinstimmung beider
Affectionen besteht darin, dass die krankhaften Erscbeinungen zu*
eröt auf einen peripheren Theil beschränkt sind^ in demselben bleiben
oder auch weitergehen können; bei beiden ist Bewussteeinaverlust
gar nicht oder doch erst sehr spfi^t vorhanden. Eine Abart dieser
partiellen sensiblen Epilepsie ist nach Verf. die Migraine ophtal-
mique. Der Anfall verläuft folgendermaseen : Er beginnt gewöbnlicb
an der Peripherie einer Extremität mit Parästhesien ^ diese dehnen
sich rasch über da« ganze Glied aus; von da auf die betreffende
Körperhälfte, aber nur in seltenen Fällen auf den ganzen Körper.
Zuweilen sind gleichzeitig Eräcbeinungen von Seiten der Sinnes-
organe vorhanden^ Der Anfall dauert etwa 10 Minuten. Die Er-
scheinungen gehen in der Reihenfolge, in der sie gekommen sind,
zurück, um zuweilen Kopfsohmerz und Erbrechen, ja auch wohl
partiellen Paralysen und Aphasie Platz zu machen. Die Prognose
und Therapie sind von den ätiologischen Momenten abhängig.
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit der Frage nach der
Thunlichkeil eines operativen Eingriffes bei Epilepsie.
B. Sachs (New York medical Journal Bd. 65, Nr. 8) meint au-
näohst, dass die idiopathische Epilepsie eine viel seltenere Krank-
beil sei, als gewöhnlich angenommen wird , denn vielfach seien in
Fällen^ die als idiopathische Epilepsie imponirten, vor Jahren er-
littene und vergessene traumatische Einwirkungen zu beschuldigen,
Ferner ist die genuine Epilepsie nach Vert, keineswegs ein funotio-
nelles Leiden, sondern ihm liegen mikroskopisch nachweisbare skle-
rotische Proceeee in der Hirnrinde zu Grunde, und zwar ist diese
Sklerose meistens eme secandäre, entstanden im Anscbluss an Trau-
Krankheiten des ^^erreniystemfi.
197
^tti^n^ Hämorrbagien etc. Auf Grund die»er Ansichten kommt Verf.
zu folgenden Scblüsaen in Bezug auf die therapentiacbe Aufgabe bei
ider £püepsie: 1) bandelt es sich darum, den primären Beizuegsberd
sa beseitigen; 2) die Sklerose zu verhüten oder die bereits entstan-
dene wegzubringen; letzteres ist aber nur durch Entfernung des
Reizangsherdes möglich. Verf. bat in 10 Fällen operiren lassen,
er theilt sieben Krankecgescbiobten davon mit. Bei vier Fällen von
timnmatiscber Epilepsie, in denen erst viele Jabre nach dem Traumu
opertrt wurde, wurde nur eiomal Besserung erzielt, dagegen wurden
drei F&Ue von Epilepsie nach cerebraler Kinderlähmung durch die
Operation deutlich gebessert.
Dasselbe Thema behandelt H. Ktimmell (Zqv operativen
Behandlung der Epilepsie (Deutsche med. Wochenschr; Nr. 23),
der über eine Reibe von Fällen berichtet, in denen die Operation
BQSgeföbrt wurde. Da die betreffenden Kranken meistens mehrere
Jahre beobachtet wurden, so ist über die Wirkung des operativen
Eingriffs schon ein sicheres Urtheil zu fällen. Die Operationen be-
standen theils in der Unterbindung der Arteriae vertehrales, ferner
in der Exstirpation des Ganglion cervicale superius und endlich in
der Trepanation. Die Erfolge waren in Fällen von genuiner Epi-
kpeie nicht besonders gunstig, in zwei Fällen von Jacks on'scher
Epilepsie wurde Heilung erzielt.
Benedikt, Ueber die operative Behandlung der idio-
pathischen Epilepsie (Wieuer med, Presse, 10. Juli 1892). Die
idtapatbißche Epilepsie kann eine ganz umschriebene Krankheit sein,
die den Anfall einleitenden Zuckungen sind das constante Element,
wfthreiid alles Uebrige Irradiation ist. Ein motorisches Centrum^
in dem Sinne, dasa durch dessen Ausschaltung Lähmung entstände,
^bl de in der Rinde nicht, das motorische Symptom der Rinde ist
^dia Convulsion; man kann also durch Ausschalten eines solchen Cen-
ttiuziB Convulöionen verhindern, aber nie Lähmung erzeugen. Wenn
lAbinungen entstehen, so sind diese Bhokwirkungen der Operation
tauf tiefere Centren. Wird — wie in einem vom Verf. vorgestellten
Falle — die Ausschälung der Hirnrinde im Gebiete des motorischen
Cenürums sorgfältig ausgeführt, und jede Shokwirkung ausgescblossen,
erholt sich ein solcher Kranker in wenigen Stunden, Bisher sind
Fälle dieser Art operirt worden, doch ist es noch zu früh, um
CJrtheil abgeben zu können.
Walton und Carter, Epilepsie und Convulsionen im
Kindesalter (Boston med* and surg. Journ. Bd. 125, H. 19,
198
Seeligmüller.
S. 486^ 1B91), diacutiren die Frage, ob Krämpfe im Küjdesalter zu
einer späteren Epilepsie dispouiren. Sie hatten unter 70 Fällen von
Epilepsie nur 5^ bei denen im Kindesalter Krampfanfälle vorhanden
geweBen waren; dmal hatte die Epilepsie schon im Kindesalter be-
gonnen, und in 66 Fällen waren frühere Krämpfe nicht nachzu-
weisen.
Zu dem Kapitel „Therapie der Epilepsie^ gehört üoch fol-
gende Arbeit von Babes, Ueber die Behandlung der genuinen
Epilepsie und der Neurasthenie mittels subcutaner In-
ject ion von normaler Nerven Substanz (Deutsche medioin.
Wochenschr. Nr. 30). Derselbe hatte heobachtet, dass die gegen
Hundswuth geimpften Personen durch die Impfung oft von ver-
schiedenen älteren Nervenleiden geheilt wurden. Er nahm aia das
wirksame Princip in diesen Fällen die ziemlich bedeutende Menge
Nervensubstanz an, welche bei der Impfung zur Verwendung kommt,
und er versuchte deshalb bei Neurasthenikern grössere Mengen Ge-
hirn- und Rückenmarksabs tanz. Die Erfolge waren befriedigend;
schon nach den ersten lujectionen trat Besserung und nach 3 Wochen
langer Behandlung Heilung ein. Verwendet wird das Gehirn und
Bückenmark von Schafen; die Neurastheniker bekamen 4 — 5, die
Epileptiker 5— G Injectionen pro Woche. Die besten Besultate wur-
den erzielt bei hochgradiger Melancholie, Neurasthenie und Träg-
heit der Herzthätigkeit , und die Wirkung des Schafsrückenmarks
und -Gehirns bei Epilepsie übertrifft die aller früheren Mitteil
Difficile est saüram non scribere!
Tochtermann^ Ueber die Circulationastörungen im epi-
leptischen Anfall (Inaug.-Diss, Dorpat 1892, Petersburg, medic.
Woebenschr. Bd. 29, 1892} t^nd^ dass die Oirculationsstörungen in
vier Stadien verlaufen.- 1) Blutdrticksteigerung mit Palsbesohleu-
nigang; 2) Blutdrucksteigerung mit Verlangsam ung der Herzthätig-
keit; 3) weiteres Steigen des Blutdrucks ; 4) allmäbliche Herateilung
des Zustand es vor dem Anfalle. Der gröaete Antbeil an der Blut-
druckste igerung ist nicht auf die krampfhafte Muskekction, sondern
auf die primäre Erregung der vasomotorischen Centren zurückzu-
führen. Wurden die Vagi durchtrennt, so fehlte die Pulsverlang-
samung im zweiten Stadium.
ii. Die übrigen Neurosen,
P»J.Moebiue, Ueber die Base do wasche Krankheit (Deutsche
Zeitschr. f. Nervenh. Bd. 1, H, 5 und 6), ateltt Alles zuöammen, was
KraDkheiten dea Nervensystems.
I
I
I
die letsten Jahre über Aetiologie und Diagnose des Leidens Neues
gebracht haben. Das erste Symptom sind in der Kegel die Er*
acheinungen von Seiten des Herzens; Struma Ist in fast allen Fällen
Torbandeiif und zwar handelt es sich meist ^im eine Vergrösserung
ier seitlichen Theile der Schilddrüse. Von Seiten der Haut hat
man verminderlen Widerstand gegen elektrische Ströme, Urticaria,
BroQEehaQt, Oedem und Haarausfall beobachtet. Von Verdauungs-
st^TODgen sind Durchfalle, Erbrechen, Heiäshunger und Darmatonie
nicht sdten. Von nervösen StöruDgen tritt der Tremor, der dem
bei Alkoholismus vorhaDdeDen ähnlich ist, am meisten hervor, femer
»oll nach Charcot lähmungsartige Schwäche häufig sein; auch
Crampi. besonders in den Füssen und UnterBcheßkelnj wurden be-
obachtet« Geistige Störungen von einfacher Reizung bis 2u ausge-
sprochener Geisteskrankheit kommen bei dem Leiden vor, Kach
Moebius handelt es sich bei Morbus ßasedowii um eine krankhaft
▼erftnderte Thätigkeit der Schilddrüse.
E. Mendel, Zur pathologischen Anatomie (Deutsche med,
Wochenechr. Bd* 18, Nr. 5), bat in einem Falle von Basedow-
acher Krankheit die mikroskopische Untersuchung des Gentral-
aenreasystems vorgenommen. Es fand sich eine Ungleichheit
beider Corpora reetiformia, die vt^ntralwärts am meisten ausge-
aproehen schien.
Mit der Frage nach der operativen Behandlung des Morbus
Bn^edowii beschäftigen sich eine Reihe von Arbeiten.
R. Stierlin, Weiterer Beitrag zur Frage der Struma-
exatirpation bei Morbus Basedowii (Beiträge zur klin. Chir.
Bd. 8p H, 3, S* &78), beschreibt drei Kropfoperationen , die in der
Züricher Klinik vorgenommen wurden, und in denen es sich um die
Base do wasche Krankheit gehandelt haben soll. Sodann stellt Verf.
aus der Litteratur 27 Fälle von Kropf Operation bei Morbus Basedowii
zusammen, von denen 22 vollständig geheilt, 2 bedeutend gebessert,
B nicht gebessert sein sollen, und 1 starb.
Dreesmann^ Die chirurgische Behandlung des Morbus
Basedowii (Deutsche med* Wochenschr. Bd. 18, Nr. 5), sah in drei
F^Uen, bei denen die von Kocher angegebene Unterbindung der
Schilddrüsenarterien vorgenommen wurde, ein gutes Resultat,
Endlich sei noch der Fall von Musehold, Ein Fall von
Morbus Basedowii, geheilt durch eine Operation in der
Naee {Deutsche med, Wochenschr, Bd< 18, Nr. 5), erwähnt, bei dem
Heiltuig nach Ausbrennen des vergrösserten hinteren Endes der
rechten unteren Nasenmuschel eingetreten sein soll.
200
Seeligmüüer.
Krömer, Zur pathologischen Anatomie der Obarea
(Archiv t Päych, Bd. 23, H, 2, 8. 538, 1891), fand bei der Section
eines Falles voo Chorea über der rechten Hirnbälfte ein Hämatom
von 5 cm Durchmesser und ein zweites über der linken Hemisphäre,
das dieselbe in ihrer ganzen Ausdehnung einDahm. Die mikroskopi-
sche ünterauchung ergab zahlreiche Herde im Corpus striatum, in
der Capsula interna und im Thalamus opticus. Die linke Himhäl^e
war bedeutend stärker afficirt als die rechte; ferner bestand Atro-
phie der rechten Pjrramidenbahn und achliesalich der ganzen rechten
Bücken mar ksbälf te .
0. Riehl, Beiträge zur Aetiologie der Chorea (In.-Diss.
Berlin 1891) berichtet über einige in Gerhardt's Klinik gemachte
Beobachtungen, 16 von den 26 Kranken hatten Gelenkrheumatismus
oder rheumatische Beschwerden gehabt, 24 zeigten krankhafte Ver-
änderungen am Herzen, und zwar war bei 15 zweifellos Endocarditis
vorbanden j bei 1 Pericarditis. Von den letzten 16 war bei 9 Kbeu-
matismus nachzuweisen,
H. Löwenthal, Bebandlung der Chorea mit Exalgin
(Berl. klin» Wocbenschr. 1892, Nr. 5), bebandelte im Jahre 1891
36 Patienten mit Exalgin. Die Dosis betrug 0,2 mehrere Male täg-
lich, so dass die Tagesdosis 1,0 nicht überschritt und nicht unter
0,6 sank. Das Alter der Kranken schwankte zwischen 3 — 18 Jahren^
die Dauer der Bebandlung betrug zwischen 8 Tagen und 4 Minuten.
Das Exalgm wirkte gut, wenn die Kranken direct nach dem Aus-
bruch des Leidens zur Behandlung kamen, Besserang trat meist
erst nach 25— 3U Pulvern, bei einigen Bchon nach 12 Pulvern ein.
Zuweilen wurden unangenebme Nebenwirkungen beobachtet, wie
Ohrensausen, Gefühl von Trunkenheit, Flimmern vor den Augen,
Erbrechen, Kopfschmerz nnd Icterus.
J. Lewis Morris, Der Einfluss der Jahreszeit auf
Chorea und Rheumatismus nach 15jähriger Beobachtung
1876 — 1890 (Amen Journ. ot tbe med, sciences, Sept), kommt auf
Grund seiner Untersnchungen über den Zusammenhang zwischen
dem Auftreten von Chorea und Rheumatismus einer- und den Wetter-
Terbältnissen andererseits zu folgenden Scblussfolgerungen :
1) Der Einilusa der Jahreszeit auf Chorea und Rbeumatismus
ist erwiesen,
2) Die Curven eut Bestimmung der monatlicben Menge von
Chorea- und Rhetimatismuserkranknngen zeigen eine deutliche üeber-
einstimmung mit den Curven der monatlichen Gesammterkrankungen.
3) Die Variationen in dem allgemeinen Gesundheitszustände sind
Kmakheit^n dea Nervensystema.
201
kttoe Ursache lur die Schwankungen im Auftreten von Chorea und
Rheamali6niU8, sondern beide haben wahrscheinlich dieselbe Ursache.
4) Obgleich üeberbürdung der Kinder auf die Entstehung der
Chorea einen grossen Einäass bat^ ^o falleu doch die Monate, in
dieneo diese Ueberbürdacg hauptsächlich statt hat, nicht mit denen
fOflunmen , in welchen die Summe der Choreafälle am grössten ist.
5) Wahrscheinlich hat das Wetter auf die beiden Erkrankungen
•teoi sehr bedeutenden Ein£uss, doch lässt ir-ich Dicht sagen, welcher
mateoro logische Factor am meisten in Betracht kommt.
6) Dieser anscheinende Zusammenhang zwischen Wetter nnd
de» beiden Krankheiten spielt jedenfalls bei der Äetiologfe eine Rolle.
A- Schmidt, Zwei Fälle von Chorea chronica progrea-
siTa (Deataobe med. Wocb6n!:Jchr. Nr, 25), beschreibt zwei Fälle der
gaarst toei Hnntington 1872 beschriebenen Affection^ für die Hoff-
aaoD die obige Bezeichnung vorgeschlagen hat Die beiden Fälldp
die im Uebrigen ganz das Bild der H unt in gto naschen Chorea dar-
sielleii, anterscheiden sich einmal dadurch von ihr^ dass die Anlange
des Leidens schon in das siebente Lebensjahr fallen, nnd zweitens da-
dctrch I dasa die directe Erblichkeit fehlt, dagegen ist aber eine in-
dtroote Erblichkeit vorhanden. Die Frage, ob die Chorea progressiva
von der Sydenham'scheri Chorea scharf ssu trennen sei, lässt sich
tur Zeit noch nicht genau feststellen*
Job« Leva^ Klinische Beiträge zur Paralysis agitans^
mit besonderer Berücksichtigung des Verhaltens des
Harne» (Deutsche Zeitschr. f. Nervenb. Bd. 2, R 1, S. 75, 1891),
k^ymmt zn folgenden Ergebnissen :
1) Die Patienten zeigten keine Eigenthümlichkeiten des Harns
vor anderen gleich alten und marastischen Individuen;
2) Bestand keine Polyurie, keine Phosphaturie, keine Verminde-
fung der Sulfate und keine Herabsetzung der AusBcheidnng der un-
TollalADdig oxydirten Stoffe;
3) Ueben die Muskelstörungen keinen Einfluss auf den Stoff-
weehsel aus, der durch die Harnanalyse zu erkennen wäre.
Aach in den Fällen des Verf. war jede Therapie vergebens,
ti«B Hyoscin war so wenig wirksam, wie andere Medtcamente.
A. Peyer, Die Neurosen der Prostata (BerL Klinik 1891,
Kr. 81), unterscheidet drei Formen der Nenrose:
1) Die Hyperästhesie des ganzen Organe,
2) Eine excessive Hyperästhesie der Pars prostatica urethrae,
8) Die nervöse Irritabilität des rnnsculären Theiles der Prostata«
2ü2
S^eligtnÜller.
Ad 1) ißt gekennzeichnet durch Organgefuhl der Prostata^ eine
genaue Localisation des Organs ^ die zu einer Reibe von abnormen
Sensationen fuhren kann.
Ad 2} bildet eioe Tbeileräeheinung der sexuellen Neurasthenie
und zeigt als hervorstechendes Symptom Empfindlichkeit des Blasen-
halses,
Ad 3) äussert sich als ein leichter^ mehr oder weniger rasch
vorübergehender Krampf des BlasenBchliessmuskela. Die Folge-
erscheinung ist temporäre Harnverhaltung.
Die Therapie besteht hauptsächlich in der Sondenbehandlung*
Bei grosser Schmer zbaftigkeit muss die Urethra cocainisirt werden.
BegeluEg des Stuhls und des sexuellen Verkehrs.
M. Friedmann, Ueber Nervosität und Psychosen im
Kindesalter (Mönch, med* Wochenachr., 24. Mai), beobachtete
während der letzten 3 Jahre 115 Fälle von Nervenerkrankung bei
Kindern, und zwar
66 functionelle Neurosen (einschliesslich 22 Choreafalle),
46 organische und periphere Erkrankungen^
4 Psychosen (ohne Idiotie).
Diese Zahlen, verglichen mit der Zahl der vom Verf, behandelten
Erwachsenen, ergaben^ dass bei Kindern 4 — Dmal seltener als beim
Erwachsenen eine nervöse Affection die Form der Psychose annimmt.
Und in Bezug auf die Psychose ergab sich, dass auf 4 Psychosen
des K tu liesaltere 80 Psychosen bei Erwachsenen kamen. Die ge-
meinsame Grundlage der Neurose bildet in erster Linie das ange-
borene nervöse Naturell, die nervöse Anlage; Verf. fand dasselbe
unter 70 Fällen 37 mal vorhanden; femer wirkten acute fieberhafte
Krankheiten 8mal, üeberanstrengung in der Schule ymaL
I
I
D. Altgemeines,
J* Ferguson, Zur Diagnose und Prognose der Sehnen^
reflexe (Gaz. mM. de Paris, 3. Sept.). Die Physiologie der Sehnen
reflexe ist noch umstritten : Erb, J o f f r oy, Schnitze etc. einerseits
halten sie für einen Reflex von spinalem Ursprung: Waller, West- ■
phal etc. glauben^ dass sie die Folge einer mechanischen Erregung
des Muskels sind. Der Unterschied zwischen den Hypothesen ist
kein so bedeutender, da auch die Anhänger der letzteren zu-
geben, dass der Zustand von Muskelerregharkeit seinerseits vom
Rückenmark bedingt wird, Verf.'s Ansicht stimmt mit derjenigen
Krankheiten des Nervensystems.
2oa
Bmslian'g und Jaokson'g Oberem, daes der Maskelt onus die Folge
MmiAler Verbind äugen mit dem spinalen Oeotrum wt^ nnd dasa
leMeres vom Kleinhirn seinen Stimulus empfangt, der vom Gross -
Um inhibirt wird. Ueber den Zusammeuhaug zwischen der Steige*
nvg des Kniephänomens bei Grosshirnläsionen und derjenigen bei
dar ftbdteigeoden Degeneration bestehen ebenfalls noch Meinungs-
venehieden betten^ indem die Steigerung nach den einen erst eintritt,
wenn die Degeneration aufgetreten ist, nach den anderen darin nur
ein znfälügea Zusammen tref'en su sehen ist. Verf. idt der letzteren
Ansicht: denn
1) Tritt die Steigerung in vielen Fällen ein, ehe die Degeneration
mdh eolwiekelt haben kann ;
2) Fehlt das Kniephänomen bei Kleinhirntumorenj das Grosshirn
Int noch seine controlürende Fähigkeit auf die spinalen Oentren,
aber die cerebellare Affection hebt den EinBtiss auf;
3) Gibt es Fälle von Querverletzung des Rückenmarks^ bei
<hltOP sieb der PatellarreÜex auch nach langer Zeit nicht wieder
mstelll; dort bat sich eine Degeneration der Pyramidenhahnen
4) Gibt es Fälle von Mirntrauma mit Steigerung dea Patellar-
CSS, bei denen der Tod aber eher eintritt^ als sich eine Degene-
imtioii der Fyramidenbabnen gebildet haben kann ; auch fehlt die-
selbe bei der Autopsie.
Die Steigerung dea Kniephänomens ist daher nichl abhängig
voll einer Degeneration der Pyramidenbahnen, und andererseits können
wir, wenn eine Steigerung besteht^ daraus nicht scbliessen^ dass es
sich am eine Degeneration oder Sklerose dieäed Tbeiles des Eücken-
aiarks handelt. In Fällen von RückeDmarkstrauma hat das Fehlen
des Kniephänomens eine ächlechte Vorbedeutung , da es beweist,
daas das Mark vollständig durchgequetscht ist. Bei Hirnblutungen
kehren die Sehnenreüexe bald wieder oder werden gesteigert; hei
etnlumblatungen fehlt der Pateliarreflex oder ist herabgesetzt.
Kleinhimtumor fehlt der Patellarreflex in der Regel infolge von
apression des Kleinhirns. Bei allgemeiner Paralyse ist die Prognose
geVj wenn frühzeitig eine Steigerung der Sehnenreflexe ein»
da sie ein Naob lassen der cerebralen Fonction anzeigt. Bei
DCODtosion gilt
1) Daas, je grösser nach Ahlauf des Shoks die Steigerung der
ce, am so grösser die Schädigung der Hirnrinde ist;
2) Dass eine progressive Steigerang der Reflexe ein ungünstiges
iplom ist:
W'i
Sceligmüller.
3) DasB dagegen die Rückkehr der Eeflexe ab gutes Omen an»
zusehen ist.
Eine Steigerung der Reflexe bei primärer oder secundärer De-
generation der Pyramidenbahnen ist die Folge davon , dass der in-
hibitorisühe Einüyss dea Qehirns nicht mehr biis zu den Bpinalen
Centren reicht. Das Kleinhirn ßndet. kein Gegengewicht mehr. Bei
Tabes verschwinden die Reflexe durch Unterbrechung des Reflex-
bogens im eensiblen, bei Poliomyelitis im motorischen Theil, Bei
Diphtherie ist das Kniepbänomen bäiiiig herabgesetzt, nicht immer
infolge von maltipler Neuritis, sondern auch infolge des Vorhanden-
seins der Texalbumine, die auf die nervösen Gewebe einwirken,
Verf. fand unter 1(X) Fällen von Diphtherie 61 mal Fehlen des Re-
flexes, SDraal war er normal. Endlich bestätigt Verf. die Beobach-
tung von Jackrion^ dasa ein geringer Grad von Veeosität des Blutes
die InhibitoriHche Fähigkeit des Gehirns aufhebt Beim gesunden
Menschen fehlt der PatBllarreflex nur sehr selten.
J. Longard I Ueber die Beschaffenheit der Sehnen*
rei'lexe bei fieberhaften Krankheiten und unter der Ein-
wirkung psychischer Einflüsse (Deutsche Z ei tschr f. Nervenh,
1891, Bd. 1^ H. 3 und 4), untersuchte die Reflexe bei Personen^ die
an Infectionskrankheiten litten und fand bei vielen eine Erhöhung
derselben, desgleichen wurde von ihm eine Steigerung bei psychischer
Erregung und angstlicher Spannung beobachtet; so wirkte z, B. die
kliniflobe Vorstellung erhötiend auf die Reflexe ein. Es ist also aus
dem Vorhandensein von Fussclonus und selbst von Patellarclonus
nicht immer auf eine Erkrankung der Pyramidenbahnen zu schliessen.
Cb, Fere und G. Demantke, Plattfuss ein Degenerations-
zeichen (Journal de ranat. et de la physiologie 1891) , untersuchten
171 Epileptische und unter diesen 106 mit epileptischer Geistes-
störung und fanden bei ersteren in 81 Oq^ bei letzteren in lOS^o Platt-
fuss vor. Sie glauben deshalb den Plattfuss unter die Degenerations-
zeichen zählen zu können*
S* Goldflam, Ueber eine eigenthümliche Form von
periodischer, familiärer, wahrscheinlich autointoxicato-
rischer Paralyse (Zeitschn f. klin. Med. Bd. 19 ^ Soppl-Heft
8. 240, 1891), beobachtete einen Fall von periodia eher Lähmung, die
früher schon von Westphal, Hartwig etc* beschrieben wurde.
£« handelte sich um einen 17jährigen Jüngling, der seit 3 Jahren
an karsen Anfällen von allgemeiner Lähmung litt. Dieselben dauerten
Krankheiten des Ner veney stein &
205
ffnlmlich 2 Tage, waren anfangs seltener, später wöchentlich ein-
wmL Zuerst trat Schwäche in den Beinen ein, und zwar pflegte sich
diadbe Abends einzustellen, und am anderen Morgen war der ganze
KBrper mit Ausnahme des Kopfes gelähmt. Athmung, Schlucken,
Sprache, Blase waren nicht gestört. Die Reflexe waren herabge-
Mtsti die SeDBibiUtät normal. Am Ende des Anfalls erfolgte starkes
Sehwita^en. Nach einigen Stunden wurden Arme, Bampf und Beine
viadar beweglich. Ausser dem Kranken litten noch elf Mitglieder
mmet Familie an periodischer Lühmaog, und zwar stammten alle
f» mfitterlicher Seite. Männh'che und weibliche Personen wurden
iB gleicher Weise afficiit. Der Beginn fiel zwischen das 15* und
'M Lebeiifitjalm Da Verl glaubte, dass es sich um eine Autointoxi-
atioa haodele^ injicirte er Kaninchen sowohl Harn aus der Anfall-
■il wie BUS der freien Zeit in die Venen, und er land, dass der An-
ItUliani ^ftiger nar.
H. Oppenheim« Allgemeines und Specietles über die
toxtfichen Erkrankungen des Nervensystems (Berl, klin,
Waebenscbr. Nr. 49, 1891), glaubt, dass die Wirkungen verschiedener
Gifte auf das Nervensystem sieb addiren, so dass also schon kleine
Keagen eisea Gifbea bei gleichzeitiger Einwirkung eines anderen
werden könnten. Deshalb sollen z, B. Metallarbeiter mehr
andere su Krankheiten des Nervensystems neigen» Auch machen
& Qifte das Nervensystem empfänglicher für traumatische Einflüsse,
Diberaoatrengungen. Und endlich erkranken die Nachkommen von
XtlaUYdrgil'teten leichter als andere an Nervenleiden.
Oh. Fttr^ andP.Oovry, Ueber die Energie und Schnellig-
keit der willkürlichen Bewegungen (Journal de TAnat. et
FlljaioL Nr. 4), studirten an Fällen von unvollständiger Hemiplegie,
voi Hemiamyosthenia hysterica die Reactionsdauer der Muskeln,
fii gewöbnlich symmetrisch in Action treten, wie z. B, die Gesichts-
nriEeln. Dabei zeigte sich, dass die Bewegungen auf der aflicirten
8«te epftter eintraten als auf der gesunden. Beigegebene Cnrven
vlgBO die Action der Muskeln, die durch einen auf die Muskeln
■ppBciirteii Schreibeapparat gewonnen wurden. Verff. halten diese
ünieraocbuDgen besonders für die Behandlang der Stummheit von
ptan^tiachem Nutzen, da sich durch sie ergibt, dass es sich dabei
okbi mir mn eine Störung in der Adaptionsfähigkeit der Bewegungen
«n die A^tieulation, sondern auch um einen Mangel an Energie und
fiobiaUigkeit der Bewegungen handele. Diese Mängel seien daher
kde Uebung der Muskeln zu corrigiren.
20t>
Seeligmüller.
Moebius, Zar Lehre von der Osteoarthropathie hyper-
trophiantepneamonique (Müoch. med, Wochenschr., 7-Juoi 1892),
Unter Osteoarthropalhie hypertrophiante pneumouiqne (Marie 1890)
ist eine der Akromegalie scheinbar cahe verwandte Affection zn ver-
stehen* Sie besteht in einer Verdickung der Endglieder der Finger
mit vergrösserten rissigen Nägeln, Die Enden der Yorderarmknochen
sind verdickt, dieselben Erscheinungen zeigen sich an den Fnssen.
Marie hält den Zustand für einen secundären, er tritt im Anscbluss
an verschiedene Erkrankungen der Athem Werkzeuge au£ Als Ursache
des Symptoms ist die Verbreitung eines durch Eiterzersetsang im
Thorax entstehenden Giftes in den Kreislauf" anzuüehmen. Vielleicht
spielen auch nervöse Einflüsse eine Rolle bei der Wirkung des Giftes.
Moebius beobachtete in einem FaUe von Lnngenerkrankutig mit
fauligem Auswurf nach mehreren Wochen die Entwickelung der
Trommeis chlägelBnger uud eine Entzündung des N, ulnaris*
Leo Newmack, Ein Fall von Sklerodermie mit Hemi-
atrophie der Gesichtsmuakeln (Americ. Joom. of med. sciences,
Septb,), beobachtete bei einem 24jährlgen Manne Sklerodermie mit
Betbeilignng der linken Gesichtsbälfte in der Art^ dass die Unke
Hälfte der Unterlippe atrophisch war, infolge deren die Aussprache
der Labialen mangelhallt war. Bei Zeigen der oberen Zabnreihe tritt
nur in den Muskeln der rechten Seite eine Oontraetion ein, und bei
heftiger Inspiration arbeitet der link© Nasenflügel schwächer als der
rechte. Ferner ist der Augenschiuss auf der linken Seite nicht so
kriftig wie auf der rechten, und dann ist es dem Kranken unmög-
lich, das linke Auge von selbst zu schliessen, während das rechte
offen bleibt, dagegen kann das letztere gut allein geschlossen werden.
Bie elektrische Erregharkeit ist auf der linken Qesichtshälfte herab-
gesetzt Entartungsreaction fehlt, ebenso trophiscbe Veränderungen.
M. Wolters, Beitrag zur Kenntniss der Sklerodermie
(Archiv £ Dermatologie Bd. 24, 1892). Es sind drei Stadien der
Sklerodermie zu unterscheiden :
1) das des Oedems,
2) das der Sklerose,
3) das der Atrophie.
Erscheinungen von Seiten des Nervensystems treten besonder»
als Prodromata auf, wie Kopfschmerzen, Migräne, Neuralgien. Die
Musculatur ist bei dem Leiden direct mitbetheiligt. Es besteht in
einer Atrophie derselben. Der Process geht entweder von der Haut
und dem Unterhautzeilgewehe auf die Muskeln über, oder letztere
n
Rrankheiten des Nervensyatenifl,
307
wdeo primär befalleD^ während die Haut darüber intact bleibt.
Krankengeschichte: Das Leiden begann bei dem gesunden,
kerediiär nicht belasteten ISjäbrigen Mädchen vor 8 Jahren mit einer
UebieQ nnregelmässigen Stelle an dem rechten UnterschenkeL Zur Zeit
der Anfiiahme (7. Juni 1891) bestand eine Atrophie des ganzen rechten
Baioeei. Am rechten Schenkel 4 cm über dem Condylus externus
(tmam eine gl&nzende, leicht schuppende, pigmentirte Hautpartici die
ifi det Anssenseite des Unterschenkels nach lanten zieht , sich hier
uf 9 cm verbreitert und auf das Dorsum des Fusrses iibergeht und
in der £ weiten Zehe endet. Andere Stellen hnden sich an der
tnnegifläcbe des rechten Oberschenkels, auf dem Rücken des linken
Fnnwfl, der linken Oberbauchgegend, In Bezag auf Schmerzempfin-
dang^ Tast- und Temperatursinn findet sich nur eine geringe Diflfe-
ma am rechten Unterschenkel. Der faradische Strom wird dort
umI an der erkrankten Stelle in einer Intensität nicht unangenehm
eapfdnden , die an anderen Stellen intensiv schmerzhaft ist Die
teididcbe Erregbarkeit der Musculatur des rechten Unterschenkels
bl liarabgesetzt, die galvanische in den Peronealmuskeln gesteigert.
Bor M, tibialis ist galvanisch nicht mehr zu erregen, Patellarreüex:
fftcbte gesteigert, von der Patella und Tibiarande auBssulösen. Ganze
tecbla Extremität kälter als linke. Haarwuchs aut der erkrankten
Seite etwas geringer als auf der gesunden. Zum Zwecke der mikro-
ikopischen Untersuchung wnrden Stiicka aus der erkrankten Partie
des recliten Oberachenkels und des Bauches excidirt. Die Wunden
UiteQ sehr langsam zu, Behandlung bestand in protrahirten Bädern
vhd Einreibung mit Salioyl-Lanolin,
Moebius, üeber Akinesia algera (D, Zeitschn f. Nervenh.
Bd. 1, H, 1 u. 2, S. 121), beschreibt unter diesem Namen zwei Fälle,
W denen das Haupt gymptom eine durch Schmerzhaftigkeit der Be-
wegungen gewollte Bewegungslosigkeit ist. Die Krankheit tritt auf
ket Personen, in deren Familien Nervenkrankheiten vorgekommen
nd und die wohl ein abnormes Nervensystem gleich mithekonmien
haben. Der 8chmerz ist entweder direct mit der Bewegang ver-
Vsaden oder er folgt bald nach derselben. Neben diesem Haupt-
sTiDptom bestehen als Nebenerscheinungen r schlechter Schlaf, ge-
diBckte Stimmung, ünföhigkeit zu geistiger Arbeit, Eingenommenheit
ttod I>rack im Kopfe, unangenehme Empfindungen im Kücken.
Heil&ng ist als möglich anzunehmen, doch kann sich auch Geistes*
krankheit an den Znstand anschliessen.
W, Koenig, Zur Akinesia algera (Centralbh f. Nervenk
208
SeeligmüUer.
Bd. 11^ S. 97)^ beschreibt einen den beiden Fällen von Moebins in
der Hinsiobt aoalogen Fall, dass das Hauptsymptom in Sobmerz-
haftrgkeit der Muskeln besteht, welche bei Bewegungen zunimmt, so
dass zeitweise absolute Bewegiingebsigkeit eintritt, Verf, meint, dass
sich bei dem Zustande byaterische und hypochondrische Erschei-
nungen mischen I dass aber die letzteren vorwiegen. Neben der
TJnbeweglichkeit litt die ticb wach sinnige Kranke an Zuckungen^
Störungen der Emptindlichkeit nnd an einer merkwürdigen Sprach-
störung.
Moebiua, Weitere Bemerkungen überÄkinesia algera
(D. Zeitschr, £ Nervenh. Bd. 2, H. 5 u, 6), berichtet die eigene
Krankengeschichte G, Tb. Fechner^a^ bei dem die Lichtscheu^ ab-
sichtliches Nichtsehen wegen peinlicher Empfindungen beim Sehen
das erste und hauptaäcblichste Symptom war, während sonst eine
grosse UebereinstimmQng mit den als Akinesia algera bezeichneten
Fällen bestand. Ausserdem enthält die Arbeit Mittheilungen über den
weiteren Verlauf der beiden erst beschriebenen Fälle des Leidens.
J. Longard, Zur Oasuiatik der ^Akinesia algera^* (D*
Zeitöchr. f. Nervenh. Bd. 2, H. 5 o. 6), beschreibt einen Fall, den
er mit Schnitze in Bonn beobachtet hat, und der offenbar ssu den
von Moebins beschriebenen Leiden gehört, doch will Longard
dasselbe nicht als ein neues Kraokheitsbild aufgefasst wissen, sondern
nach ihm handelt es ftich um nichts anderes, ala um die lang be-
kannte „Spinalirritation^'.
Unfalhnervenkrankheiten.
Oppenheim hat in der zweiten Auflage seiner Broschüre „Die
traumatischen Neurosen** die von seinen Gegnern als Beweis
f^r die Häufigkeit der Simulation angeführten T hat Bachen als jykl&g-
lieh und ärmlich" bezeichnet. Fr, SohuUze, Zur Lehre von den
Nervenkrankheiten nach Unfällen (Deutsche med. Wochenschr.
1893, Nr, 1), empfiehlt dafür zur späteren gelegentlichen Berück-
sichtigung und Anwendung die Epitheta „bejammernswerth und ganz
miserabel".
Von neueren Arbeiten ist zunächst eine zusammenfassende von
Half Wichmann, Die Werthe der Symptome der sog. traumati-
schen Neurose etc. (Brauoschweig 1892), äu erwähnen, in welcher
derselbe versucht hat, eine ,^ Anleitung zur Beurtheilnng der Simu-
lation von ünfü Iisnervenkrankheiten für Kassenärzte und Medicinal-
beamte^ zu geben.
C* S. Fr6iiiid, Ein Ueberbliok über den gegenwärtigen
itid der Frage von den sog. traumatiscbeD Nearosen,
alimg klmbcber Vorträge N. F. Nr. 51 ), bat sieb bemülit, ,, diese
Doch unerledigte Frage voto vorwiegend practiscben Stand-
punkte atid sine ira et studio zu beleucbten^.
In BetrefT der Debatte über einzelne Symptome ist es von grossem
lat^rease, dass Aatoritäten der Opbtlialmologie wie Wilbrand und
Sebmi d t*Ri m p 1 er die Discussion über dieEoUe, welche die Gas ich ts*
feldeinscbränkung in der Symptomatologie der sog. tranmatiacben
Neorose spielen, eröffnet baben. Hier sei nur bemerkt^ dass Wilbrand
bdbaaptet, die Gesiebtsfeldeinscbränknng könne nicbt leicbt simulirt
werden^ was Scbmidt-Rimpler nicbt obne Weiteres zugibt. Ungleich
wichtiger aber ist die Beobachtung Wilb ran d*s, dass die Gesichta-
leMeiDsebränkung in Verbindung mit anderen nervösen Symptomen
«ich nicbt nur nach Traumen, sondern ebenso bei nervösen Bohul-
kind^i), bei erwachsenen Neurasthenischen , bei Hysterischen, Cho-
realiücben, kurz bei allen Formen der Neurosen überhaupt findet
8oUt^ sich diese Beobachtung bestätigen, so verliert damit die Ge-
steh tafeldelnschränkung jedenfalls die Bedeutung eines pathognomoni-
achen Symptoms für die sog. traumatische Neurose*
DtLB kürzlich erschienene Handbuch der Unfall Verletzun-
gen etc, von einem Schweizer Arzt C. Kaufmann (Stuttgart 1893)
tat gerade in Bezug auf die Nervenkrankheiten nach Unfall sehr
oaToUfitandig und wenig unterrichtend*
Dagegen bietet das von Placzek übersetzte Werk, Eisenbahn-
verletstingen in forensischer und klinischer Beziehung von Herbert
W. Page, Berlin 1892^ des Interessanten mancherlei.
Die Discussion über die f, traumatische Neurose*^ ist auch in dem
vergsngenen Jabre fortgesetzt worden» Nocb im December 1891
hftt der ärztliche Verein in Hamburg seine Erfahrungen darüber
moiigeitatiacht (NeuroL üentralbL Nr. 4.)
M, Benedikt, Shok gegen Shok (Wiener med. Fresse 1892,
Kr. 29), Ein IBjähriges Mädchen war vor 6 Jahren nach einem
Traume, dass sie von einem Hunde am linken Bein gebissen worden
aei, ap Krämpfen erkrankt, die im Unken Zeigefinger begann en, nach
aofwirtfl schritten, dann Drehbewegungen um die Verticalaxe her-
vomefen, ohne dass Bewusstlosigkeit eintrat, Schluss des Anfalles
bil-lete ein Weinkrampf. Ferner bestand spontane Schmer zhaftigkeit
im unteren Fhalangealgelenk des linken Zeigefingers und im linken
Cifpalgelenky femer Anästhesie im genannten Fhalangealgelenk »
^^ . j-j Seelig Ol ül 1er.
moDOCuläres Doppeltsehen ^ linke RhacJiialgie , Empfindlichkeit der
j^erven und des Plexus cervicalis inferior links, choreatiache Zuckungen
im linken Arm und Ovarie. Verf. nimmt Hysterie, entstanden durch
den psychischen Shuk an und versuchte, da andere Massnahmen (Hyp-
notiamus, Ma^et etc.) sich als wirkungslos erwiesen hatten , durch
einen Gegenahok den ersten psychischen Shok aufssuheben. Deshalb
blutige Dehnung des N. radialis und media nus am Oberarm. Die
Erscheinungen verschwanden bis auf die Anästhesie am Fingergelenk,
E, Therapie.
Gilles de la Tourette, Die Vibrationstherapie (Le Progr.
m^d. Kr. 35). Vigouroux fand 1876, dasa die Schwingungen einer
Stimmgabel genau dieselbe physiologische Wirkung haben, wie der
Magnat, der elektrische Funke und die Metalle. Verf. hatte schon
seit lange beobachtet, dass bei Personen, die an Paralysis agitans
litten, durch Fahren in der Bahn oder im Wagen eine Erleichterung
der Symptome eintrat, die nach der Reise noch eine Zeit lang an-
hielt. Es wurde deshalb ein Stuhl construirt, dar in vibrirende
Bewegungen zu briogen war, analog denjenigen in der Bahn. An
Äcbt Peraoiien wnrden Verauclae damit angestellt. Im Allgemeinen
seigte sich eine Besaentng nach der fünften oder sechsten Sitzung
und bestand hauptsächlich in einer Besserung der Schmerzen. Auch
lUhltdD sich die Kranken weniger steif, wenn sie den Stuhl ver-
lioBsen. Die Kranken schlafen besser. Das Gittern wurde nur in
ainem Falle wahrnehmbar beeinflusat. Um das Gehirn den Vibrationen
auftsasetzen, wurde nach den Angaben von Gilles de la Tourette
iio Apparat angefertigt, der auf den Schädel aufgesetzt demselben
flOOU Schwingungen mittheilt. Beim Gesimdeo ruft derselbe nach
7'^S Minuten ein Gefühl von Einschläferung hervor. Eine 10 Minuten
dauernde Application bewirkt nach den Experimenten eioeu circa
i\ Stunden Jangen Schlaf. Acht bis zehn Sitzungen heilten die Schlaf-
lOBJgkeit. In drei Fällen wurde Migräne damit vertrieben, zweimal
Ncniraathenie geheilt.
2. Psychiatrie.
Von ür, Lewald, Arzt der PriYat-Irrenanßtak in Liebenburg
(Hannover).
Dsd Lehrbuch der Psychiatrie für Studirend© und Aerzte
Kirchhoff (Wien, Deiiticke) stellt den psychiatriscbeo Stoff nach
Form und Inhalt einfach und veratändlich dar und wird sich sicher
tB aUeii Kreisen, die Interesse an der Irrenheilkunde haben, ein-
bftrgern* Der Autor hat die üeberfüUe an Geiehrsamkeit und die
ZerBplitteruDg des zu sehr ins Einzelne gehenden Stoffes^ die in
saderen Lehrbüchern den Studirendeo abschrecken, vermieden; die
BeochreibuDg der einzelnen Krankheitsformen macht der Verf. durch
ptotographische Abbildungen anschaulicher, von denen manche sehr
ehftrakteristtBch sind. Auch das Lehrbuch von Scholz (Leipzig,
KaTer) wendet sich in erster Linie an den Studirenden und den
Ant und kann zum Studium der Irrenheilkunde wohl empfohlen
w^ardeiL Auf Einzelheiten in der Beurtheilung dieser beiden sehr
bftaohlMuren Bücher einzugehen, ist hier nicht der Ort.
Levtnstein-Schlegel hat die Pathologie und Therapie
der psjchischen Krankheiten von Griesinger in gänzlicher
üiDArbeitung und Erweiterung herausgegeben (Berlin., Hirechwald).
Loider bedient sich der Autor im Wesentlichen der Kahlbaum^
fldien Eintheilung und Nomenclatur, die keineswegs allgemein adop-
tirt worden sind und mit denen der Studirende gar nichts anzufangen
weba, 80 dass die beiden elegant ausgestatteten Bände für didactische
Zwecke kaum in Betracht kommen.
In zweiter Auflage liegt die Anleitung beim Studium des
Baues der nervösen Ceutralorgane von Obersteiner (Wien,
^—DMiticke) vor; da dies Buch die Untersuchungsmethoden des Central-
^^BirvmisTstems eingehend behandelt und gleichzeitig eine durch ^ahleiche
«12
Lewftld.
Abbildungen erläuterte Darstellung der Morphologie und Histologie
desselben gibt, ao ist es zur Eintuhrung in das schwierige Gebiet
trefflich geeignet, und besonders ist es allen denen unentbehrlich,
die aich eingehender mit dem Centralnervensjstem beschäftigen
wollen; ausserdem ist es ein bequemes Buch zum Nachschlagen, da
in ihm alle wichtigen litterariaches Erscheinungen auf diesem Ge-
biete sorgfältig registrirt sind.
V. K rafft- E hing hat sein Lehrbuch der gerichtlichen
Psychopathologie in dritter umgearbeiteter Auflage erscheinen
laßsen (Stuttgart, Enke); di^ Ergebnisse eigener Erfahrung, sowie die
der gesammten Litteratur sind hier zur Gewinnung allgemeiner Gesichts-
punkte für die Beurtheilong zweifelhafter Geisteszustände zusammen-
gefasst. Ganz neue Abschnitte in dieser Auflage sind ^Wahnsinn"^
^^Paranoia politica^, Morphinismus, Cocainiamus, traumatische Neu-
rose u. s. w. Jeder Arzt, der in die Lage kommt, sich über Zu*
rechnungB- oder Dispositionsfähigkeit vor Gericht zu änssem, wird
an diesem Lehrbuche einen verlässlichen Führer und Rathgeber
haben.
In zweiter Auflage liegt ferner der in Frankreich beliebte „Ma-
nuel pratique de mödecine mentale^ von Rögis vor (Paris, Doin),
Ueber die Entwickelung der Psychiatrie in den ver-
flossenen 2b Jahren sprach Fei man in einer Festsitzung zur
Feier des 2&j ährigen Bestehens des psychiatrischen Vereins der Rh ein -
provinz (Allg, Zeitschr. f Psychiatrie Bd* 49, S. 503). Ans dem
iuhaltreichen Vortrage sei nur eine Stelle hervorgehoben: Noch ist
die Neigung nicht überwunden, die Psychiatrie als ein Specialfach
zu betrachten und sie als solches zu behandeln, d. h, sie von dem
Examen anszuschliessen. Dem gegenüber ist zu betonen, dass sie
thatsächlich kein Specialfach ist, vielmehr stellt sie dar die ge-
sammte und speciell die practische Medioin in ihren Beziehungen zu
besonders gearteten und zu psychischen Krankheiten disponirten In-
dividuen. Sib bedeutet ferner ein Vertiefen der allgemeinen medtci-
nisclien Bildung und sie iat daher von der grössten Wichtigkeit für
jeden practischen Arzt, insbesondere aber für den Militär- und Ge*
riohtsarzt
Für die Nothwendigkeit der Einfuhrung der Psychiatrie als ba-
sonderes Fach des Approbations- Examens plaidirt auch Rieger
(Centralblatt f. Neurologie, September), und der Südwestdeutschö
psychiatrische Verein beschlosa, Riege r's Vorschlägen conform, im
Wege dar Petition an die Reichsregierung heranzutreten.
Pfychiatrie.
218
lo dem letzten Monaten sind eine Beilie von Angriffen gegen die
besfeehende Gesetzgebung in Bezug auf die Entmündigung
Geisteskranker, wie in Bezug auf die Verordnungen über die Auf-
ailtme in die Irrenanstalten gerichtet worden. Eine scharfe Kritik und
Zartckweisung erfahren diese AngriÖe durch Mendel in seinem Auf-
wts: Zar Frage der Entmündigung der Geisteskranken und der
Aufiaahmebedingungen in eine Irrenanstalt (Deutsche med. Wochen-
Edirift Nr, 36). Wie auch schon andere Autoren, fordert Mendel
im eigenen Interesse der Anstaltsärzte eine schärfere ControEe der
PnTatirreiianstalten und schlägt vor, eine staatliche Behörde für jede
ProvinÄ zu schaffen und sie mit der besonderen Aufsicht über jede
MvntirrenansUilt zu betrauen; sie soll aus einem Irrenarzte, einem
Itedicinalbeamten und einem Juristen (Richter oder Staatsanwalt) be-
ftoben. Wenn von gewisser Seite vorgeschlagen worden ist, „die Ent-
Bolieidung über jede Entmündigung wegen Geisteskrankheit und über
jede Intemirnng in einer Irrenanstalt soll durch eine Oommission un-
eliliiDgiger Mfinner, die das Vertrauen ihrer Mitbürger geniessen^ ge-
troffen werden^ so weiss jeder, der überhaupt sich je mit Geistes-
krmnken beschäftigt hat, dass ein solcher Vorschlag aas den mannig-
fidtigsten Gründen einfach undiscotabel ist Jedem Arzte sei die
Leet&re des Menderschen Aufsatzes um so mehr empfohlen ^ als
dae alte and schon so hän6g widerlegte Gerede von der intemirnng
Oeistesgesunder in Privatirrenanstalten in einer gewissen Presse
mmMOP wieder aui gewärmt wird, und sich daraus für jeden Arzt die
Kotfawendigkeit ergibt, über diese Frage summarisch wenigstens
orientirt zu sein. Im Interesse der Kranken liegt es jedenfalls, die
Aufnahme in die Irrenanstalt möglichst zu erleichtern; denn es ist
«ine ^Tbatsache, die durch die Erfahrung vielfach bestätigt worden
tsly lur die auch eine Reihe statistischer Belege vorhandt^n sind, dass
je firöher ein Geisteskranker aus seiner Umgebung in eine Anstalt
gebrmcht wird, um so grösser die Aussichten für die Heilung sind.
YoQ dieeem Gesichtspunkt aus muss ärztlicherseits verlangt werden,
daas snr Aufnahme in eine Irrenanstalt nichts Anderes erforderlich
ifft, ale Äur Aufnahme in ein Krankenhaus überhaupt^ d. b. ein ärzt-
liebes Attest
Einen sehr beachtenswerthen Vorschlag zu einer natürlichen
Eiotbailung der Psychosen macht W ernicke in einer „Grund-
tüge einer psychiatrischen Symptomenlehre" benannten Publication
(Bari klin. Wochensohr. Nr. 2S), und zwar wird das Eintheilungs-
phaeip dorch Verfolgung der Grundsätze^ die, von W ernicke auf-
214
Lewald.
gestellt, in der Lehre von der Apliaaie aUgemeine Geltung erlangt
haben, gewonnen. Ohne weiter auf die Begründung einzugehen, sei
nur constatirt, daa Wernicke psych osensori sehe Anästhesie, Par-
äötheöie iind Hyperästhesie, intjapsychiöche Äfuuotion, Parafunotion
und Hyperfuoction und psychomotorisohe Akinese, Parakinese und
Hyperkinese zu unterscheiden vorschlägt. Den gesammten Inhalt
des Bbwusatseins faast er in drei Gruppen zusammen: Bewusstsein
der Körperlichkeit, der Auösenwelt und der Persönlichkeit und theilt
dementsprechend die Partialerkrankungen des Bewusstseins in So-
matopsychosen, AUopsychosen und Äutop&ychosen. Setzen die Psy-
chosen acut ein, so tritt der klinisch bedeutsaniBte Affect, die E^ath-
losigkeit, als aomatopsychische, allopsychische und aotopsychiecbe
Eathlosigkeit auf. Bezüglich der eingehenden Begründung dieser
Vorscbläge sei auf die Original arbeit hingewiesen.
Es gilt als einer der fundamentalen Sätze der modernen Psych-
iatrie, daas jede geistige Erkrankung das ganze geistige Organ be-
trifft, und dass es, wo der Anschein sog. fixer Ideen, d, h, einzelner
wahnhafter Vorstellungen bei sonst bestehender geistiger Gesundheit,
vorliegt, einer genauen küniBchen Untersuchung stets gelingt, die
Gesammterkrankung nachzuweisen, Wernicke bespricht in einem
Aufsatz über fixe Ideen (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 25)
einige Fälle, in denen es sich um eine einzige überwerthige Idee
eine partielle intrapsychiscbe Parafunotion (cL oben) handelt, und in
denen aUes Uebrige entweder normal oder doch durch diese partielle
Storiing in durchans logischer Weise bedingt ist, Zweifellos gibt
es Fälle von Querulanten wahn, in denen es sich um ganz umschriebene
geistige Erkrankungen, ohne Schwachsinn, ohne Verfolgungs- oder
Grössen wahn handelt, wenngleich viele Querulanten später einen
typischen Verfolgungswahn zeigen. Bei dem sehr variabeln Inhalt
der Wahnidee^ die isolirt dastehen kann, schlägt Wernicke, seiner
Eintheilung entsprechend, vor, eine ganze Krankheitsgruppe, diQ der
circmnscripten Autopsychosen, zu statuiren.
Was den Alkoholiamus als ätiologisches Moment für
Psychosen anbetrifft, so litten unter den B2068 Geisteskranken, die
während der 3 Jahre 1886 — 1888 in öffentliche oder private Irrenanstalten
Prenssens aufgenommen wurden, 11 ^o an Säuferwahnsinn. Ausser-
dem wurde in einer grossen Ansahl anderweitiger Geisteskrankheiten
Alkoholismus als Ursache ermittelt; im Ganzen (einschliesslich der
an Dcilirium tremens Leidenden) traf dies zu bei männlichen Kranken
im Jahi^ 1886 in H4,7%, im Juliro 1887 in BBfi%, im Jahre 1888
Psychiatrie.
215
11
m 40*' 9 aller derjenigen Fälle ^ wo überhaupt eine bestimmte Er-
krankaugsursache ermittelt ist. Diese VerbäitDiaazahlan erhöben sich
aeob weaentlich, wenn man die Personen mit angeborener Geistes*
.kfanikheit, die geistesschwachen Peri^onen ohne angeborenes Leiden
mnä die wenigen den Irrenanstalten überwiesenen nicht geieteHkranken
PiCBoneii aasschliesst; alsdann sind in den 3 Berichtsjabren von den
tlich geisteskranken männlichen Insassen der Irrenanstalten, so
die Aetiologie überhaupt ermittelt wurde, 40,4%, 42,B<*,o i^u^id
445 <^Q infolge von Alkobolismus erki-ankt (Verö^fentL des KaiserL
QfiBimdheitsamtes Nn 4),
Krukeoberg (Beiträge zur Kenntniss des Delirium tremens.
Zeitdchr. f. klin. Med. Bd. 19) konnte bei der Hälfte von 265 Alkohol-
kranken neuropathische Belastung nachweisen ^ die den Ausbruch
des Delirium tremens beachleanigte. Plötzliche Alkoholentziebang
brachte uienials Delirium tremens hervor, auch kann nach Aui^broch
deaselbeD die Behandlung mit Alkohol entbehrt werden; ntir bei
ilroheodem Collaps oder Compllcatioo mit Pneumonie ist es gut,
grosse Dosen in concentrirter Form zu geben. Die Gehörs- und
Geaichtshallucinationen stehen im Vordergründe des Krankheitsbildes;
lalstare sind mehr Illusionen und wesentlich von der Umgebung
aUiioi^g^ die Wahnvorstellungen entstehen nach Krakenberg in-
fol^ Tieler grober lllasionen und falsch gedeuteter, abnormer Sen-
AtjDDeB und sind fast immer feindlicher oder schreckhafter Natur.
B^i älteren Leuten geht das Delirium tremens häufig in chronische
^menz und Verwirrtheit über, und es bestehen in solchen Fällen
ie Anzeichen einer tieferen cerebralen Störung: Augenmuskelläbmung,
upiUen Störung, Incontinenz, Komb e r g^sches Symptom. Bei 19 Kran-
ken fand Verf. 12mal eine starke und 5inal eine geringe concentrische
EineDgung des Gesichtsfeldes für Wetstir sowie filr Farben; dorch
dieses Symptom wird, worauf hingewiesen sei, eine neue Parallele
swischen Delirium tremens und dem epileptischen Irresein gezogen.
Bei * 5 aller noch in sexuellen Beziehungen stehenden Älkoholisten
faod ¥• Krafft-E hing (Ueber Eifersuchtswahn beim Manne. Jahrb»
f. Psych. Bd. 10, H, 2) den Eiferaucbtswahn, der, mit Ausnahme
Mlteoer Fälle, als isolirter Wahn auftritt. Geänderte Gefühle und
Letstongen im genitalen Gebiete geben den Entsteh ungsweg des
Waiines: Ausbleiben des Wollustgeföhle» und der Befriedigung beim
Goitos trotz gesteigerter Libido, Frigiditas uxoris, endlich relative
oder absolute Impotenz des Mannes. Die Entstehung des Wahnes
aas obarakterologischer Abnormität^ aus Veranlagung zur Eifersucht
alelU der Verf, in Abrede.
'2U
Lewald.
EifersachtBwahn ohne alkoholische Grundlage , der wahrschein-
lich auf Grund des Gefühls sexueller Unzulänglichkeit entstanden
war, beohachtete Werner (Zur klinischen Kenntniss des Eifersuchts-
wahnes der Männer, Jahrb. i\ Psychiatrie Bd, 11, H, 3) bei zwei
bia zu ihrer Erkrankung körperlich und geistig intacten Männern im
Alter von 40 und 53 Jahren. Bei beiden Patienten entwickelte sich
im Laufe der Jahre ein allgemeiner Verfolgungswahn, in dem die
eheliche Untreue der Gattin auch fem er die Hauptrolle spielte.
In seinen „Statistischen und klinischen Mittheilungen über AI-
koholismuB*' (Cbarite-Annalen 18^1) berichtet Siemerling, dasa
unter den in der Charit^ aufgenommenen Alkoholikern sich 32^/0
Epileptiker vorfanden, eine Zahl, die mit früheren Angaben über-
einstimmt. 430,0 dieser Kranken waren verheirathet , das 30,^ — 50.
Lebensjahr das am stärksten betheiligte Alter. Wie oft Rückfälle
vorkommen, geht daraus hervor, dass auf 383 AlkoboliBten in den
Jahren 1888—1890 1184 Aufnahmen entfielen.
Knörr kommt am Schlüsse seiner Studie über toxische Psychosen
lAllg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 48, S. 599) zu dem Ergebniss,
dass sich bei Gewobnbeitstrinkem in ganz derselben Weise, wie bei
Morphiumcocainisten, Oocainisten und dem Inßuenzagifte, mitgrösseren
Trinkexcessen als Folgezustand der acuten Alkoholintoxication eine
Psychose entwickeln kann, die den Charakter einer acuten Paranoia,
der sog. abortiven Paranoia S anderes mit dem primären Symptom
der Gehörshallucinationen und darauf gegründetem Verfolgungswahn,
ohno Grössenideen, mit secundüren Angstzuständen zeigt. Der Ver-
lauf dieser Ps^^chose ist sehr rasch; die Krankheit geht nach den
bisherigen Beobachtungen ausnahmslos in Genesung über, da die
tranaitorische Schädigung mit der Giftwirkutig kommt und schwindet.
Die verhängnisövollen Folgen, die der Alkoholiamus für die De-
eoendenz hat, treten recht deutlich in zwei Familien hervor, deren
Stammbaum Piraccini (M&nicomiü 1891) mittheilt. In beiden Fällen
stammten die Eltern aas durchaus gesunden Familien und waren
frei von jeder organischen Krankheit, dagegen dem Trank ergeben.
Beide Kinder der einen Familie waren Trinker, dabei hysterisch und
neurasthenisch ; die Ehe dea ermen war unfruchtbar, die des zweiten
mit einer durchaus gesunden Frau erzielte folgende Kinder: 1) massiger
Trinker, 2) starb 7 Jahre alt an Meningitis, 3) und 4) imbecill,
5) hysterische Potatrix, fi) und 7) starben frühzeitig an Üonvulaionen.
lü dar anderen Familie waren fünf Kinder geboren : 1) Puelia publica
und Potatrix, 2) Potator, 3) und 4) imbecill und Potator (starben
böido in der Irrenanstalt), 5) imbecill und Potatrix.
Psychiatrie,
217
Fe t er 60 n berichtet (Boston med, Journal 1892) über drei Fälle
Tue acuter durch Schwefelkohlenstoffvergiftung entatae-
Cetier Manie bei Arbeitern in einer K autschnk Fabrik ; hervorzu-
htheu i^t die starke Steigerung des Geschlechtstriebes ^ die sich bei
dieser gewerblichen Vergiftung stets zeigt; die Fälle wurden geheilt.
Deber seine eigene Erkrankung an acuter Verwirrtheit in-
folge von Jodoformvergiftung publicirte Näcke einen sehr
IcMiiawertbeD Aufsatz (Berl. klin. Woch. 1892, S. 142). Die Psychose
hmitb in wenigen Tagen^ doch steigerten sich dann die schon vor der
Bsydsoae bestandenen neurasthenischen Beschwerden sehr erheblich
ftad gingen erat allmählich voiüber. Man kann sich die Genese der
Psjehose so erklären, daes resorbirtes Jodoform auch in der Hirn-
mkhatBOxx Jodalbumine bildet; je grösser nun der Blutstrom ist, der
eine Provinz versorgt, um so grösser ist die Menge von Jodalbumineü,
sie stört schliesslich den Himmechan ismus ; doch ist das Wie dunkel.
Das plötzliche Hereinbrechen der Psychose wird allerdings dadurch
Yexstandniss nicht nähergeführt,
Valloo (Congress französischer Irrenärzte, besprochen vom
Hflf, im Neur. Centralbl 1892, S. 766 ff.) betont, dass die nach Blei-
vergiftung auftretende Dementia paralytica keine Krankheit
rat generJSf sondern nur eine Entwickelungsperiode der allgemeinen
Paralyse sei, und Mayer (Jahrb. t Psych. Bd. 10, H* 1) hat im An-
ScUltSS an Bleiintoxication eine acute hallucinatorische Verwirrtheit
SEtftrsIdll sehen, die durch die zahllosen Hall u ein ationen von kleinen
TliiereiD an das Alkoboldelirium erinnerte,
6aimbail (Les Morphiomanes. Paris, Bailli&re, 1892) con»
stettrt die interessante Thatsache, dass es in Nordlrankreich soirees k
■lorphine gäbe, wie in England Tbeeabende and berichtet eingehend
von Häusern, in denen den sich besonders aus dem weiblichen Ge-
scUeeht recrutirenden Kunden Morphium, ganz nach Art der in
Chin» und Nordamerika bestehenden Opiumhäuser, in unbeschränkter
^Quantität zur Verfügung gestellt und an Ort und Stelle einge-
pritxt wird.
Die Haupterscb ein un gen des hallticinatorischen Morphium-
.Coeaio-Wahnsinns sind nschlllberg (Versammlung des Süd-
lestdeQtscben psych. Vereins 1892} Illusioneo und Hall ucin ationen
QehörB, Gesichts und namentlich des Gefühle; der Inhalt der
Esmationen und Wahnideen ist sexuell-obscönen Charakters. Es
hypochondriBche und Verfolgungaideen auf. Der einzelne An-
der Kxaöfe^^it ist heilbar, die Prognose des Grundleidens natür-
soUaebt.
xns
Lewa Id.
Ein neueres fraBzösiscbes Präparat, Mdco-Narc Piques genannt^
ist neben Codeinum phosphoricam nach Fromme (ßerl klin- Wocli.
1892, Nr, 28) ein Mittel, das mit Siclierheit die Abatinenzerachei-
Dungen des Morphiums bis zur Erträglichkeit mindert , ja oft voll-
ständig aufhebt. Das Mittel ist em Derivat des Opiums und in der
Form der 5^|(,igeQ Soliitioe am zweckmässigsten; während des Ge-
brauchs des Mittelßi von dem man in 24 Stunden bis zu 10 Spritzen
injiciren kann, verach winden nach Fromme die AbBtinenzerschei-
nungen, und nach Siatirung des Mittels treten keine üblen Erschei-
nungen auf; eine Sucht oder Angewöhnung ist vollkommen aus-
geschlossen, Die Bestätigung der guten Wirkung dieses Mittels
bleibt noch abzuwarten.
Eine grössere Wichtigkeit für die Behandlung des Morphinis-
mus haben dagegen die von Hitzig (Berl. kiin. Wochenachn 1892,
Nr. 49) angestellten Erwägungen; aie gehen von der von Hitzig
festgestellten Thatsache aus, dass der G-esammtsaksäuregehalt des
Magens, der während des Morphiumgebraucbes fast auf Null redu-
cirt ist, entsprechend der Verniinderung der Morphiumzufuhr gleich-
massig ansteigt. Wenn, wie es thatsächlich geschieht, ungefiähr die
Hälfte des subcutan injicirten Morphiums innerhalb einer Stunde
durch den Magen ausgeschieden wird , so werden die Magennerven
nach jeder iDJection einer so intensiven Narkose unterworfen, wie
vermuthlich kein anderer Nerv. Es ist deshalb an aich sehr begreif-
lich, dass das Aufliören dieser regelmässigen Narkose Abstinenz-
erscheinungen gerade von Seiten der Magennerven aus hervorbringt,
und man kann auch weiter annehmen, dass eine Reihe von anderen
nervösen Erscheinungen durch die in den Vagusbahnen verlaufenden
Erregungen irradürt werden können. Es darf daher angenommen
werden, dass der Magen sich während und unmittelbar nach Be-
endigung der Entziehungscur in einem derartigen Zustande ver-
änderter Erregbarkeit befindet, dasa schon normale Reize ^ speciell
also der Reiz des normal saurt-n Magensaftes als ein krankhafter
Reiz empfunden wird* Hierzu kommt noch der in dem gleichen
Sinne wirkende Umstand, dass der Magen bei länger dauernder
Morphiumzufuhr der Einwirkung eines normal Salzsäuren Magen-
inhaltes überhaupt entwöhnt sein musa. Da nun während des Mor-
phium gebrauch ea sicher Salzsäuremangei besteht^ so ist die Dar-
reichung von Salzsäure empfehlenswerth, wenn man genötbigt ist,
Morphium lange Zeit fortgebrauchen zu lassen ; es erscheint durchaus
nicht unwahrscheinlich, dass der Morphiumhunger, der die Morphi-
nisten zu stetiger Erhöhung ihrer Dosis führt, zu einem grossen
Psj^chialrie.
219
TheO ein auf die künstliche Anacidität zurückzufahrendes gastrisches
Sjmptom ist
Alt weist auf die innigen Bezieh langen hin, die zwischen
gewlasen pathologischen VeräDderungen des Magens und
primären Psychosen nicht selten bestehen (Ueber das Entstehen von
Neoroaen und Psychosen auf dem Boden von chronischen Magenkrank*
bttteii* Arch. f. Psych. Bd, 24, H. 2.). Eine Bethe von ihm beobachteter
Kfft&ken litt neben bestimmten Störungen der Verdauung an nervösen
Erschein angen, von denen eine Gruppe sich als Psychose charakteri-
tirte, während eine andere Gruppe sich unter dem Bilde einer
^cdonellen Neurose darstellte j zwischen beiden Gruppen bestanden
üabesrgäoge, die vornehmlich durch das beiden gemeinsame Symptom
der Präcordialaugst, überdies auch durch die Existenz gewisser
liypochondrischer Sensationen und leichterer Stimmiingsanomalien
vermittelt wurden* Leider kann ich auf den interessanten Inhalt
dieser Stndie nicht näher eingehen, will ich nicht die mir gezogenen
Grensen überschreiten.
Waa die litterarischen Erscheinungen des Jahres 1892 über
Dementia paralytica anbelangt , so steht die Frage nach der
Aetiologie und speciell nach dem Zusammenhang zwischen
dieser Gehirnkrankheit und der Syphilis andauernd im
Tordergrunde des Interesses.
Oebecke (Zur Aetiologie der allgemeinen fortschreitenden
Faraljrae, Allg, Zeitschr. L Psychiatrie Bd. 49, 8. 1) zieht aus 100
geiiaa beobachteten Fällen seiner Anstalt den Schluss, dass die
Syphilis anter den Factoren, die die Entwickelung der allgemeinen
Paralyse begünstigen, der häufigste ist; er fand bei bS% seiner
Kranken frühere Infection. Bei 47**(f, seiner Kranken war Lues nicht
naebzQweisen ; bei diesen konnten als wahrscheinliche Ursachen der
Eritrankung geistige Ueberanstrengungen und Gemüthsbewegungen
sogeeelien werden, Schädlichkeiten^ die sich in einzelnen Fällen mit
Erblichkeit oder mit persönlicher Nervositöt combinirten.
Aehnlichen Anschauungen huldigt auch de Boeck (Quelques
ooQsid^rations sur la paralysie generale, Bruxeiles 1891) ; er hält die
l^rsiyse für eine Krankheit der grossen Städte, und zwar trifft sie
Leole im mittleren Alter, die mit Anspannung aller Kräfte arbeiten und
sdiaffen; das so angestrengte Gehirn unterliegt dann dem durch
eilie vorausgegangene Infection gebildeten syphilitischen Virus: Die
Pridisposition für Paralyse ist also eine erworbene und beruht nicht
itarer Anlage. De Boeck bezeichnet die Paralyse nicht
U20
Lewald.
alB eine syphilitische Erkrankaog, aondern mit Strümpell ala eine
syphilitische Nachkrankheit, der durch mercurielle Behandlong na-
türlich nicht bBi zu kommen ist
Auch Obersteiner (Privatheiianstalt zu Oberdöbling, Wien)
sieht die Dementia paraiytica für eine Spätform der Syphilis an;
hei 74 Oeisteskranken fand er Syphilis als Hauptursache der
Psychose^ und davon waren 66 Paralytiker; der Zeitraum zwischen
der Infection und dem Auftreten von Gehirn Symptomen Bch wankte
zwischen 2 und 18 Jahren und betrug am häufigsten 6 Jahre.
Eine interessante Illustration zu der Anschauung^ wonach die
Paralyse eine Byphilitische Spätform ist, liefert die Beobachtung
Hüfler's (Deutsche Zeitschr. f. Nerven h., 1892): Ein 21Jahre altes
Mädchen kam mit ungleichen Pupillen, sehr starker articuktorischer
Sprachstörung, Grössenideen und hochgradiger Euphorie in die Be-
handlung des Autors; die Diagnose auf progressive Paralyse war
klar, die Aetiologie aber höchst dunkel , bis an amnestisch erhoben
wurde, dass die Kranke im Alter von 5 Jahren nebst ihrer 4jährigen
Schwester durch den Ku&s einer luelischen Person eine Initialskle-
rose an der Lippe bekommen hatte j sie wurde specifiscfa behandelt
und zeigte niemals wieder Symptome von Lues bis zum Aul'treten
der paralytischen Frühsymptome*
Einen wesentlich anderen ätiologischen Standpunkt vertheidigt
Rabow (Remarciues eur P^^itiologie de la d^mence paralytique en
g^Q^ral et sur son. existonce dans le canton de Vaud en particulier*
Lausanne 181)2). Von allen Seiten wird ja zugestanden, dass die
Paralyse eine Krankheit der Civilisatiou ist; dagegen ist der ätio-
logische Einfiuss, den Heredität, Syphilis nnd Älkoholjsmus auf das
Zustandekommen dieser Gehirnkrankheit ausüben^ nach Ansiebt des
Autors noch nicht recht klar. Alkokolismus und Syphilis sind in
grossen Städten sehr verbreitet, und diese beiden Eactoren kann
man bei allen möglichen Krankheiten, z. B. Phthise und Oaroinom,
in der Anamnese finden. In der der Leitung Rabow's unterstellten
Anstalt Bois de U^ry in Wallis leiden nur A^j^ der aufgenommenen
Kranken an Paralyse; diese an sich schon ungewöhnlich kleine Zahl
sinkt auf l,l*^oi wenn man diejenigen Kranken, die von ausserhalb
des Cantons stammen, abzieht. Mehr als ^,4 aller Eingeborenen, die
an Paralyse leiden^ haben ihr Leben in den grossen Städten des
Auslandes zugebracht und dort die Krankheit erworben ; der Waadt-
länder, der zu Hause bleibt, ist gegen dioi^e Psychose ziemlich immun.
Woher kommt die relative Seltenheit der Paralyse im Canton Waadt?
Das Temperament der Eingeborenen ist friedlich und ruhig, ohne
II
^■m^
;ei2 und Stolz; grosse Städte gibt es nicht , die Bevölkerung
treibt mehr Lrandwirlhächaft, als Industrie uod erfreut sich einer ge-
vueen Wohlhabenheit; der Kampf um die Existenz ist in jenem
llftcklicheo Läodchen nicht hart und erfordert keine geistige lieber-
iBstreEigung. Rabow leugnet einen directen Coeic ex zwischen Para-
IjTW und Syphilis und gibt nur zu, dass letztere den gesammten
Ofg&nismoB schwächt und daher den Boden für die Paralyse vor-
berettet- was den Alkoholiamus als ätiologischen Factor anbetrifft,
to wird im Canton sehr viel Wein getrunken; in Schweden j wo
atvk alkoholhaltige Getränke ebenfalls sehr viel getrunken werden,
ttt die Paralyse gleichfalb selten; der Einfluss des Alkoholismus auf
das Zustandekommen dieser Psychose erscheint deoinach etwas proble-
inatiacJi.
Im Gegensatz dazu behauptet Kousset (Congress franz. Irren -
irsta, ProtocoU im Bull, de la soc» de m6d. ment., Sepi), dass der
Alküholismus auf einem psychopatbi sehen Boden im Stande sei, die
Paralyse zu erzeugen.
Meschede (Virchow's Archiv Bd. 124) hält die Cerebralcon-
gestioD fär den häufigsten und bedeutungsvollsten Factor beim Zu-
standekommen des paralytischen Aafalls; sie bildet den Mittel- und
Aoagangspunkt für alle Veränderungen, die die Bection ergibt. Als
Beweis hierfür wird ein Fall erwähnt, in dem sich jeweÜs zugleich
mit dem Eintritt eines paralytisch-apoplectiformen Anfalles capilläre
EztraTasationen und Gefässektasie in der Haut des Gesichtes (zahl-
iebe rothe punktförmige Fleckchen) einstelleup
Was die geographische Verbreitung der Paralyse anbetrifft, so
10t sie 9 wie Babow in der vorhin erwähnten Schrift ausführt, in'
Frankreichp Deutschland, England, Italien und Amerika sehr häufig,
tu Schweden, Norwegen, Schottland, Irland und Japan sehr selten,
Im den Arabern fast unbekannt.
^Zar Differentialdiagnose der Dementia paralytica und der Neur-
astbenia cerebralis" ist der Titel einer höchst lesenswerthen, der
retchen Ertahrung v. K r a f f t - E b i n g's entstammenden Arbeit
(XUenauer Festschr. S. 67), Suspect im Sinne der Paralyse sind
inuner Erscheinungen der reizbaren Schwäche des centralen Nerven-
wywUmB bei Männern auf der Höhe des Lebens, die Lebemänner und
sogleich geistig angestrengt waren, zumal wenn eine erbliche Ver-
aalaguDg nicht, dafür aber erworbene Veranlagungen (Rhaohitis,
Trauma capitis, Lues, Potua) nachweisbar sind. Wichtig ist neben der
Aötiologie des Falles auch die Art seiner Entwickelung ; rascher, fast
iilntzlirber Zusanmienbruch der Leistungen der Rinde spricht für
:^:3i3
Lewald,
Oerebrastheniej während allmäliliche, sctileichende oder sprungweise
Entwickelang der Symptome mehr der Paralyse eigen ist Die noßo-
phobiaclie Anschauung des Kranken, er sei der Paralyse verfallöö,
spricht im Äligemeioeu gegen Paralyse, bei der das Sensoriüm wenig
oder gar nicht (die initiale Verötimmung über zerrüttete imiere Organe
abgerechuet) von dem Krankbeitsprocesä taogirt wird. Eine die
Störung des Gedächtniasea und des Seosoriums zugleich verrathende,
beim Paralytiker wichtige Erscheinung ist die „defecte zeitliche Lo-
calisation in der Vergangenheit'^ und damit im Zusammenhang die
ÜEBicherheit der Zeitrechnung: Während der Paralytiker sich viel-
fach um eine Reibe von TageE in der Angabe des Datums irrt, hat
der Autor beim Cerebraatheniker nie beobachtet, dass er sich um
mehr als 2 Tage irrt; der Gesunde dagegen irrt sich nur um einen
Tag im Kalender; gelegentlich vergisst er wobl auch im sorglosen
Feriendasein Zeitrechnung und Kalender, dann aber ist er sich dieser
Entgleisung stets bewusst. — Mag der Cerebrastheniker sich noch
so blöde vorkommen und deshalb sich noch so unsicher im socialen
geistigen Verkehr fühlen , so ist er doch virtuell unversehrt; Ver-
stösse gegen die gute Sitte, Blamage in Wort, Schrift, That kommen
bei dem Neurastheniker, so sehr er sie fürchtet^ nicht vor, während
sie beim Paralytiker oft früh und in peinlicher Weise zu Tage treten.
Zwangsvorstellungen, die Phobien aller Art sprechen direct gegen
Paralyse. So hartnäckig und von äusseren Umstanden ganz un-
abhängig, wie bei Paralyse, ist die Schlaflosigkeit bei Cerebrasthenie
niemals. Eine absolute, andauernde, allen Mitteln trotzende Schlaf-
losigkeit bei Leuten in Lebensaltern und Lebens- und Kör per Ver-
hältnissen^ bei denen Paralyse häuRg ist, muss die Besorgidss er-
wecken, dass sie Vorläafer der Paralyse ist. Noch mehr ist dies zu
befÄrobten, wenn der Nachts schlaflose oder aber auch der Nachts
gut schlafende Kranke am hellen Tage, mitten bei der Arbeit oder
in anregender Gesellschaft wiederholt einschläft. Auch die Hemi-
crania ophthalmica ist immer verdächtig im Sinne drohender organi-
scher Erkrankung, wenn sie auch zuweilen , einer gewöhnlichen
Hemicranie gleich, durch Jahrzehnte bei einer neuropathiHch ver-
anlagten Persönlichkeit vorkommt, ohne Vorläufer der Paralyse zu
werden. Ein sehr häufiges Symptom bei Cerebrasthenie ist Kopf-
druck ; er kann sehr quälend sein und selbst schmerzhaft empfunden
werden. Er unterscheidet sich wesentlich von dem initial bei Para-
lyse nicht seltenen, iu allen Formen der Trigeminusreizung vor-
kommenden Kopfschmerz.
Psychiatrie.
22a
Ans der FlutU der In fluei] zaiitteratur haben wir zwei in psyckia-
tmebar Beziehung interessante Arbeiten hervorzuheben* Dornblüth
pubUcirt ^Beobachtungen aus der letzten Influenzaepidemie in der
braiandtalt zu Bunzlau'' (Deutsche med. Woehenschr. Nr 44), und
KQohft berichtet über die gleiche Epidemie in der Irrenanstalt zu
OMmgen (Berl klin, Wochenschr. Nr* 26). In Bunzlau häuften
skli vor Beginn und während der Epidemie die iobären Pneumonien
£<ehr stark; Verschlimmerungen psychischer Krankheitszuätäode durch
die Inflaenza wurden nicht: beobachtet, und die in den Aufnahmegut'
sehten darauf zurückgeführten Psychosen wurden mehrmals als schon
fw der Influenza entstanden erkannt, Auoh Heilungen von Psychosen
dardi die Infection mit Influenza, wie sie von verschiedenen anderen
Btttan bekannt geworden sind^ wurden nicht beobachtet.
Recht interessant sind die Mittheilungen Witmer'a über Geistes-
atöruBgen unter der farbigen Bevölkerung der Vereio igten
Simaten (The Alienist and Neurologiat, January). Die Frage des
Irreseins unter den Farbigen steht momentan jenseits des Oceans im
Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, denn in den letzten 10 Jahren
haben die Geisteskrankheiten bei der farbigen Bevölkerung so stark
mgenomiaen, dass das Verhältniss der weissen Bevölkerung (1 : 500)
boinilld erreicht ist. Diese starke Zunahme erklärt der Verf. durch
nelir^re Gründe : einerseits haben die kriegerischen^ unsicheren Zeiten,
daa ii6U6j früher ungeahnte Bedürfnisse erfordernde Factum der Be-
tmong von der Sklaverei, das durch kein Machtgebot des Herrn
eis^^escbränkte freie Leben ihren Einfluss auf die emotive und aber*
gjiabbche Bace ausgeübt; andererseits waren, solange sie Sklaven
wsren und ihrem Herrn ein erhebliches Kapital repräsentirten , ihre
Gesundheit und ihre Sitten streng behütet; mit dem Augenblick der
Befreiung fiel diese Fürsorge fort. Nach Witmer's Erfahrung ver-
Uitfea die Psychosen bei den Farbigen ungefähr ebenso, wie beim
Kaukaaier; in den Anstalten flndet sich Manie auffallend häufig.
Hereditäre Belastung ist selten, die Geschichte ihrer Freiheit ist
noch zu jung, als dass die Civilisation schon ihre degenerirende
Wirkung hätte ausüben können.
Nach den Erfahrungen Kühnes findet sich unter den Corri-
»oden ein etwa doppelt so grosser Procentsatz von Geisteskranken,
bei den Insassen der Gefängnisse und Zuchthäuser (Archiv für
P^chiatrie Bd, 2*2^ H, 2 u, 3)* Von den 144 Geisteskranken, die
«r unter den Oorrigenden fand , waren 102 zur Zeit der Bestrafung
i 00 aoagesprochen geisteskrank, dass bei einer gerichtsärztlichen
!224
Lewald,
UntersuchuDg uafeblbar die UnzureoiiQUQgBt'ähigkeit des Kranken
hätte diagnosticirt werden müssen. Kuhn stellt daher die Forde-
rung auf, dass in jeder Strafaaohe die Feststellung der Zurechniangs-
fähigkeit einen integrirenden Theil des Verfahrens bilde, das» ferner
alle Inhaftirten durch irrenärztlich gebildete Gefängnissärzte zu con*
trollireti seien , die ihr Eesultat jedes Mal zu den Acten zu geben
hätten. Das wird zunächst wohl ein frommer Wunsch bleiben.
Aehnliche Forderungen befürwortet am ScMustäe seiner überaus
lesenswerthen Arbeit : Verbrechen und Wahnsinn beim Weibe (Allg.
Zeitsohr. £ Psychiatne Bd. 49) N äc ke. Unter &3 S tra f ge f a n ge n e n,
die in der Irrenanstalt zu Hubertusburg von ihm untersucht wurden,
waren 15 ^;^, zur Zeit der letzten That sicher und SQt'^^ höchst wahr*
scheinlich geisteskrank» Was die Form der geistigen Erkrankung
anbetriiFtj so fanden sich bei der Aufnahme in die Anstalt die ver-
schiedenen Formen der Manie^ der Paranoia, zwei Kranke mit De-
mentia paralytica, Epilepsie mit oder ohne Psychose, hysterisches
Irresein und Idiotismus, Paranoiker, Epileptische und Idioten figu-
rlren speciell bei Tödtschlag, Epileptische und Imbecille bei Vaga*
bondage, die sehr gewöhnlich mit Diebstahl und Prostitution zu-
sammen auftritt.
Das CoUaps-Delir bricht nach Asch äffen bürg (Vers, aüd-
westdeutscher Neurologen u. Irrenärzte 1892, Neurol. Centralblatt
8. 422) als Folge schwerer, den Organismus schädigender Einfiüase,
meist nach acuten Krankheiten aus. Es tritt bald andauernde mo-
torisobs Erregung, Ideenflacht^ Reimen und AUiteriren einj verwirrte
Antworten zeigen die mangelnde Auffassung des Gesprochenen; die
Stimmung ist wechselnd, es bestehen Hallucinationen und Illusionen,
Schlaf und Ernährung sind mangelhaft. Der Tod kann im tiefsten
CoUaps erfolgen, doch tritt meist nach einigen Tagen Klarheit und
Genesung ein. Therapeutisch wird Kräftigung der Ernährung, even-
tuell SondenfütteruDg, Milch und Gognac, Paraldehyd als Schlaf-
mittel und prolongirte warme Bäder zur Milderung der motorischen
Erregung empfohlen.
Zacher (BerL klin, Wochenschr. Nr. 28) berichtet über einen
in practischer und theoretischer Beziehung interessanten Fall, in dem
sich an stärkere MigräneanföUe bei einem stark hereditär belasteten
Patienten eine transitoriacbe Psychose anacbloss, die durch starke
Trübung und Verschleierung des Bewusstaeins, durch mehr oder
weniger gTosse Aufregung mit Neigung zu Gewalttbätigkeit, massige
Verwonvnheit and grosse Keizbarkeit ausgezeichnet war und nach
PBV'chiatrie.
225
tündiger Dauer in Solilaf übergiDg, aus dem der Kranke ohne
jegUche ErmneruDg an den Anfall aufwachte. Die Beobachtung er-
änert an gewisse Fälle von sog. complicirter Migräne (Oharcot):
Wio dort im Anschluss an den Migräneanfall allerhand vorilber-
feliende Störungen auf motoriächenij eenBiblem oder Bensoriellem Ge-
bieta auftreten können^ so hat sich in diesem Falle eine transito-
mche Greistesstorang als Complicabion und Begleiter ach einung des
Hi^iiloeanfalles entwickelt. In ätiologischer Beziehung dürfte es
sich wabrseheinlioh um vorübergehende vasomotorische Störungen im
Oultime handeln.
i-
Ausser der Agoraphobie beobachtete Fürstner (Ueber einige
^toriscbe Schwäche- und Reizzustände. Archiv f. Psychiatrie Bd, 24,
2) gewisse psychomotorische Schwächezustände, infolge
deren h&oEg in Thätigkeit gesetzte, der täglichen Beschäftigung
dienende Muskelgruppen bei gewissen Anlässen vorübergehend in
ikrer Leistungsfähigkeit gehemmt wurden, wodurch uncoordinirte
Bewegungen erfolgten. Einem Barbier wurde bei Einwirkung be-
atimmter Sinnes Wahrnehmungen (elegant gekleidete Personen, glatte
Geeichter) das Rasiren durch das Auftreten von Angst zuständen,
TOtt Schwäche und Tremor im rechten Arme zeitweilig unmöglich
gemacht; ein hereditär belasteter Capellmeister wurde infolge be-
i gUmmter Sinnes Wahrnehmungen auf der Bühne durch Angatempfin-
^^ftsuigen und Schwäche im rechten Arm am Dirigiren verhindert, und
^^■btem Arst wurde es zeitweise durch Angstempündungen unmöglich
^^^Bina^bt^ in Gegenwart anderer Personen seine Unterschrift zu voll-
debeo. Als Ursprungsstätte aller dieser Störnngen ist die Rinde
anzusehen.
Ein immerhin nicht häufiger Kran kheits zustand ist die peri-
odische Paranoia, und Kau seh lieferte einen Beitrag zu ihrer
Kenntoiss (Archiv f. Psychiatrie Bd. 24, H. 3). Sie findet sich, wie
die ftbrigen periodischen Psychosen fast ausachiiesslich bei hereditär
Eötadteten, und bei ihr gewinnen die Hallucinationen und Wahnideen
nieht dieselbe Herrschaft über das Individunm^ wie bei der gewöhn-
baUucinatorischen Paranoia. Die krankhaften Erscheinungen
Verlaafe der einzelnen Anfälle sind ausserordentlich constant, und
I Intervalle zwischen den einzelnen Anfällen sind im Oegensatz zur
ischen Manie und Melancholie auch auf die Dauer ganz oder
dt gans frei Die Prognose ist in Bezug auf die Heilung ungünstig,
BoEOg auf den Uebergang in Demenz bei Weitem günstiger, als
dan anderen periodischen Formen.
JMbrtiacti d. pfaet. Medicln. 1S93. tb
226 Lewald.
An der Hand von 10 genau beobachteten Fällen bespricbt Schön-
thal (Archiv f. Psychiatrie Bd* 23, H. 3) die im frühen Lebens-
alter auftretenden Psychosen. In sämmtlichen 10 PäUen war
erbliche Belaatimg, ziim Theil in sehr erheblichem Maasse, in 5 Fällen
Schwachsinn vorhanden. Auffalleod häufig (in 8 Fällen) wurden
Hallucinationen constatirt, auch bei Psychosen, in deren Verlauf man
bei Erwachsenen seltener Sinnestäuschungen antrifft (Chorea, Manie,
circaläre Psychose); das überwiegende Vorkommen von Gesichts-
hallucinationen ist ja dem kindlichen Alter eigen. In sehr klarer
Weise zeigen die mitgetheilten Fälle, wie mit fortschreitender Ent-
Wickelung, die aber nicht mit der zunehmenden Zahl der Jahre zn*
sammenfälltf die psychischen Störungen symptomatisch reichhaltiger
werden. Der Ausgang der Erkrankungen war im Allgemeinen gün-
stiger, als dies sonst für die Psychosen des Kindesalterg ange-
gegeben wird»
Mit diesen Ansichten stimmt Friedman n (Ueber Nervosität und
Psychosen im Kindesalten Münch, med, Wochenschr* Nr, 21 ff.) im
Allgemeinen überein. Im Vordergrunde der Aetiologie steht die Be-
lastung, und theoretische Erörterungen über die relative Seltenheit
wirklicher Psychosen im Kind es alter und das Vorwiegen geistiger
Schwäche und Hemmung führen den Autor zu dem Schiaase, dass
das Kindergehirn nicht recht fähig zu dauernden psychischen Reiz-
symptomen ist, und dass der psychische Heiz als solcher bald zur
Erschöpfung führt
G e r 1 a c h berichtet über einen Fall von Geisteskrankheit im
Kindesalter (Allg. Zeitschr, f. Psychiatrie Bd. 48, S. 586), der im
Anschlass an eine postscarlatinose Nephritis entstand. Die beobach-
teten Krämpfe werden als urämisch© aufgefasst, und die nachher ein-
getretenen psychischen und körperlichen Störungen als eine Folge
der Nephritis angesehen, die Krankheit selbst als toxämische Cere-
bralerkranknng, entstanden durch toxische, infolge der Nephritis
nicht ausgeschiedene Stoffwechseiproducte gedeutet. Auch in diesem
Falle war die Patientin erblich sehr stark neuropathisch heiastet.
Krypiakiewicz (Ueber die Wirkung der atmosphärischen
Luftdruckeroiedrigung auf die Geisteskranken. Jahrb. f.
Psych* Bd. 1 1, H, 3) hat die Erfahrung gemacht, dass weder der besonders
hohe, noch der besonders niedrige Barometerstand, sondern nur sein
plötzliches Fallen eine uachtheilige Wirkung auf das Befinden der
Kranken ausübt und in den Anstalten jene ^bösen'^ Tage bewirkt,
die sich in auffallender Weise durch die allgemeine Unruhe der
h
Psychiatrie.
227
iken aoBzeichnen. Auch ernstere Zufälle ^ wie z. ß. gehäufte
lytische Anfälle, plötzlich eintretende nomotivirte Verschlimme-
"notigeD im Zustande der Schwerkranken, die Entstehatig deg tod-
Uni^enden Decubitus, spastiBche und paralytische Zustände der
BlaBe, ja auch echte apoplektisehe Anfälle mit andaciernder Lahmuug
[len nach Ansicht des Autors in einer auffaliendeo Abhängigkeit
DD Luftdruck Schwankungen. Einige Male conatatirte Krypiakie-
wic» auch an kritischen Tagen Falb's einen nicht zu verkennenden
Emfluss der barometrischen Schwankungen auf den Zustand von
Geisteskranken.
Simulation von Geisteskrankheiten kommt bei geistig
Gesunden sehr selten vor, und einzeln© Autoren waren früher sogar
geneigt, anzunehmen, dass der Versuch der Simulation — auch wenn
diese nachgewiesen werden konnte — immer ein nicht ganz normales
Seelenleben zur Vorattssetzung habe. Im Gegensatz zu dieser An-
sehanung veröffentlicht Die tz (Ueber Simulation von Geistesstörung.
Illenauer Festschrift S, 203) die Krankengeschichte eines reinen,
i* e, eines geistig vollständig gesunden Simulanten* Nicht nur konnte
die Simulation in allen Punkten nachgewiesen werden, sondern sie
wurde auch von dem Exploraten schliesslich eingestanden; bei der
gerichtlichen Verhandlung legte er ein olPenes Geätändniss ab und
ftbemahm selbst seine Vertheidigung. Bei der Untersuchung von
Stmulaiiten empfiehlt Dietz besonders die Senaibilitätspriifung. Es
darf nicht verkannt werden, dass eigen thümliche und selbst schein-
bar paradoxe SensibiHtätsbefunde keineswegs der Simulation eigen
sind, sondern auch durch wirkliche psychische wie somatische Affec-
tionen bedingt sein und sogar in den zu Unterauchenden unbewusst
kineinsuggerirt werden können. Wenn man diese Fehlerquellen aber
aasachliesst , gibt der Befund der Sensibilitätsprüfung einen Mass-
atab für die Wahrheitsliebe oder üebertreihungssucht des Individuums
and dementsprechend häufig Fingerzeige für die methodische psychische
Ontersuchung und Kritik,
Auch auf dem Gebiete der Therapie der Psychosen ist
1892 Tiel gearbeitet worden, und da die Schlaflosigkeit ein
Symptom fast aller acuten Psychosen ist, so sei mit den sie be-
ikAmpfenden Mitteln begonnen«
Trional und Tetronal, zwei dem Snlfonal sehr nahe verwandte
Körper sind von Brie (NeuroL Centralbl, 1892, S, 775), Schäfer
,(BerL klin. Wochenschn 1892^ Nr, 29), Böttiger (eod* l Nr. 42)
einigen italienischen Autoren auf ihren hypnotischen Werth ge-
Lewald,
prüft worden. Die wirksame Dosis liegt bei den beiden Mitteln in
Fällen micomplicirter Schlaflosigkeit zwischen 0,5 und 3^0; dem
Trional kommt die schlafmachende Eigenschaft in etwas höherem
Grade zü. Die Darreichung erfolgt am besten direct vor dem
Schlafengehen I da die beiden Körper schon nach 10 — 20 Minuten,
also viel schneller als Sulfonal ^ wirken, und zwar gibt man sie in
heiaser Milch, in Wein oder Thee gelöst; die Aiiflösting erfolgt
leicht und vollständig. Das Sulfonal zeichnet sich allerdings vor
seinen beiden Verwandten durch seine Geschmacklosigkeit aus, wäh-
rend jene bitter sind und deewegen von Geisteskranken manchmal
zurückgewiesen werden. In einzelnen Fällen treten Nachwirkungen
auf, die sich auf einen Theil des nächsten Tages erstrecken und
sich in Müdigkeit und Abgeschlagen heit kundgeben ; Nebenwirkungen
sind relativ selten und stellen sich am ersten noch im Verdauungs*
tracte ein. Bei Morphium-Cocain-Missbrauch und auch dann, wenn
körperliche Schmerzen im Vordergrunde stehen, versagen die Mittel
gänzlich; eine Gewöhnung scheint nicht stattzufinden,
Dass das Sulfonal keineswegs das harmlose Mittel ist, als das
es anzusehen man früher geneigt war, beweisen die Beobachtungen
von Quincke (BerL klin. Wochensohr, Ni\ 36), Friedenreich
und J olles (Bulletin medical 1891, Nr. 52) und Schäffer (Netirol
Oentralblatt S. 7W), Eine Patientin Quincke's, die seit 2 Jahren
täglich 1—2 g Sulfonal wegen Schlaflosigkeit genommen hatte, starb
an einer schweren StoffwechselstÖrungj deren Natur, da die Section
verweigert wurde, nicht näher festgestellt werden konnte. Frie-
denreich theiit zwei Fälle von chronischer Sulfonal Vergiftung mit;
in beiden Fällen waren die flauptsymptome dunkelrother Harn,
Schmerzen im Unterleib und Lähmung der willkürlichen Muskeln;
er nimmt an, dass das in das Blut aufgenommene Gift das Hämo-
globin schädige, wofür der abnorme FarbstoiF, Hämatoporphyrin,
spricht, den man in fast allen Fällen von Sulfonal Vergiftung im
Harne findet. Gar r od (Lance t 1892) theiit mit, dass er unter
20 Fällen von Chorea 14ma] Hämatoporphyrin im Harne nach-
reisen konnte; es waren dies Fälle, bei denen in der Anamnese ein
nebr oder weniger deutlicher Zusammenhang mit acutem Gelenk-
rheumatismus ersichtlich war. — Aus Versuchen, die Go Idstein
an sieb selbst angestellt hat (Deutaehe med. Wochenschr. Nr. 43),
geht deutlich hervor^ daüs das Sulfonal sich im Organismus lang-
anhäuft und dementsprechend immer reichlicher im Harn er-
'scheint. Setzt man mit dem Mittel aas, so ist es in 2 — 3 Tagen
völlig dem Körper entzogen. Danach scheint es sich zu empfehlen,
Paychiftirie.
2Üd
längerer Darreichung in geeigneten Zwischenräumen ©ine 2— B-
^ge Pause eintreten zu lassen, um den Organi^unus von dem
fremden Körper zu befreien; dann wird man wohl kaum je eine
dironisclie Sulfonalvergiftung beobachten. Immerhin kann es auch,
wie Sobernheim (Deutsche med* WochenBchr, Nr, 24) beob-
~ ^tete, zu Hämato Porphyrinurie kommen, ohoe daas der Patient
ÜB Sulfonal genommen hat. J o lies unteräucbte den Urin von
Frauen (das weibliche GesohJecht scheiot eher den in Kede
flehenden Körper nach Sulfonal im Urin zu zeigen)^ die nach länge-
ram Bolfonalgebrauch p^ychigche Störungen bekommen hatten; er
innd stets HämatoporphTrin, das chemiäcb und mikroskopisch naeh-
gewiesen werden konnle^ ausserdem Ei weiss und geringe Mengen
f o» Snifonai, das unverändert ausgeBchieden worden war» Man wird
dah^ wie Seh äff er empüehlt, bei länger dauei^nder Sulfocaltherapie
beaOGders bei Personen, die zur Obstipation neigen (wegen der durch
die Cumulation des SuUbnals im Körper begünstigten Entstehung
abnormer Wirkungen) die Farbe des Urins genau zu beachten haben,
uro so mehr als Hämatoporphyrin im Harn bereits vor allen übrigen
bis jetzt bekannten Symptomen der chroniechen Sulfonal Vergiftung
aoAreten kann.
Marandon de Monthyel (Annales med.-psychol. 1891, Sept.
Mb Dec«) hat das Hypnoticum Metbylal in 41 Fällen gebraucht und
enpfiehlt seine Anwendung in körperlichen Krankheiten, wenn es
daiÄtif ankommt, einen zu kurzen Schlaf zu verlängern; Gewöhnung
tritt schon nach 1 — 4tägigem Gebrauch ein. v, K r äfft- E hing
wendet das Mittel subcutan an und rühmt es in dieser Form ats
aaageseichnetes Sedativum und Hypnoticum bei Delirium tremens,
bei Seblailosigkeit und Aufregungszuständen infolge von Inanition
oiid Anämie des Gehirns; er verschreibt es 1,0:9,0 Aqua, 2stündlich
1 Spritze, bis Schlaf erfolgt,
Ztt denen, welche vor der Anwendung des Hyoscins als Seda-
iivum warnen, gesellt sich Näcke (AUgem. Zeitschr, f. Psychiatrie
Bd. 4^ S. 301): Das Resultat der Hyoscinbehandlung ist, was die
Beniliigüng angeht, sehr schlecht^ und dabei kamen ^^14 aller Kranken
iurch die Cor sehr herunter, ja Näcke sah überhaupt bei keiner
iMedication so viel coHapsartige Zustände. Das Mittel ist zu längerem
Gebrauch entschieden ungeeignet, sein Werth als momentanes ße-
raiiigiiDgsmittel wird dadurch nicht berührt.
Im Gegensatz dazu halt derselbe Autor (eodem loco S. 566),
^Sel vatico (Neurol. Centralbl 1892, S, 590) und früheren Autoren
reii^atimmend , das Duboiainum sulfuricum für ein brauch-
230
Lewald.
bares Bedativum, rätb, mit ^^ mg zu beginnsD und allmählich um
^ll mg zu steigen, bis die wirksame Dosis gefunden ist; als Dosis
maxima bezeichnete Ref. in einer frtilieren Arbeit 0,002, Belmondo
fand, dasö das Mittel böi acuten Irresein gf allen, besonders bei acuter
Manie, zu verschiedenen Malen psjchisch coordinirend wirkte und
so einen gunstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu haben
schien (Eiv- speriment. Bd* 18)» An unangenehmen Nebensymptomen
beobachtet man hin und wieder Mattigkeit^ Schwindel, Schwanken,
Benommenheit, Eewusstlosigkeit, Herzpalpitationen , Mydriasis und
Trockenheit im Halse; nur ausnahmsweise treten Krampf zustände
auf, doch scheint dabei die Individualität eine grössere Eolle zu
spielen, als die Höhe der Dosis. Der Appetit wird bei längerar An-
wendung des Mittels leicht herabgesetzt, eine Gewöhnung findet
nach Nacke bei subcutaner Anwendung kaum statt, kommt aber
eher bei der internen Verabreichung vor. Lan derer (lilenauer
Festschrift S. 1B9J prophezeit dagegen dem Mittel keine grosse Zu-
kunft*
Ueber die Bettbehandlung der Geisteskranken handelt
ein Aufsatz von Brosi\is {Psych. Bladen Theil9); die Bettruhe ist das
souveräne Mittel zur Bekämpfung der psychischen Äufregungs- und
Depressionazustände , denn sie arbeitet der Consumtion der Kräfte
entgegen, besonders bei schwachen und bei blutarmen Menschen und
bei denen, die infolge von geistiger oder körperlicher Ueberan-
strengung psychisch erkrankt sind. Auch unruhige Kranke, die
nicht im Bette bleiben wollen, gelingt es, darin zn halten : Das kranke
Qehurn findet im Bett die Isolirung von psychischen Reizen ebenso,
wie ein Augenkranker im Dunkelzimmer.
F ti r s t n e r (Versammlungen söd westdeutscher Neurologen und
Psychiater in Karlsrnhef 1892) empfiehlt zu therapeutischen Zwecken
das warme Vollbad von 26—30^* in einer Dauer von 10 Minuten
bis zu 1 Stunde. Noch höher temperirte und Bäder von längerer
Dauer sind nur ausuahmsweisa zu gebrauchen, da ihre Resultate der
Schwierigkeit der Herstellung^ namentlich in privaten Verhältnissen
nicht entsprechen. Das warme Vollbad beruhigt, fördert den Schlaf
und steigert den Stoffwechsel; ausserdem erleichtert es die Pflege
der Haut, die namentlich bei Unreinlichen, bei Unruhigen und bei
Kranken, die von organischen Leiden betroffen sind, sorgfältig ge-
handhaht werden ibubb, Indtclrt ist das warme Vollbad bei allen
acuten functionellen Psychosen, von denen wiederum die depressiven
Formen, zumal wenn die Träger derselben körperlich herunter-
Psychiatrie,
231
gekommen sind, besonders günstig beeinfluset werden; auch bei
pro^jtsssiver Paralyse leistet es oft gute Dienste; etwa eintretenden
Com^stivzuständen ist durch kalte Umschläge auf den Kopf vorzu-
hefo^en. Kaltwaaeercuren wirken meist ungünstig bei den depres-
»Ten Formen; die ohne jede Berlicksichtigung des körperlichen Be-
indeos beute vielfach geübte, rein schablonenmässige Behandlung
mit kaltem Wasser (sog. Kneippcuren) gestaltet bei vielen Oeistes-
kraskeo den Verlauf der Psychose ungünstig oder wenigstens sehr
protrahirt. Die Gonsequenzen dieses Verfahrens sind um so ernster,
weil es einmal mit Vorliebe in dem für die Behandlung so wichtigen
Initialstadium geübt wird, und weil andererseits ein weiterer thera-
peutischer Missgriff, die Reduction der Nah rungszu fuhr, damit ver-
bunden zu werden pflegt. In der Form partieller Ein Wickelungen
leistet kaltes Wasser gute Dienste bei der Bekämpfung von Sen-
sationen, so Ein Wickelungen der Brust bei den circumscripten Sen-
sationen, die den Angstaffect begleiten; ebenso werden Sensationen
im Bereich des Kopfes, Kopidruck, durch partielle kalte Bäder,
i, B* Fassbäder vermindert.
Von der Annahme ausgehend, dass manche Fälle von Idiotie
auf einer zu früh eintretenden VerknÖcberung der Schädelnähte be-
mheo, waren von Mac Clintock (Journ. of ment. scienee 1891,
S.64Ö), Prengrueber (Bull, m Ad, 1892, Nn S) und Anderen Oranio-
tomien und Craniektomien mit wechselndem Erfolge vorge-
nommen worden*
Im Gegensatz dazu weist Bourneville (Archives de Neurologie
!B92, Nr, 71) für eine Eeihe von Fällen nach^ dass die Diagnose
auf voraeitigen Nahtschluss nicht mit Sicherheit gestellt war, und
vermissi genaue, einen Vergleich gestattende Angaben über den gei-
stigen Zustand der Idioten vor und nach der Operation; trotz des
grossen Materials, das Bourneville als Arzt der Pariser Idioten-
snstalt zu sehen Öelegenheit hatte, konnte er einen Fall completer
Synostose bei idiotischen Kindern niemals constatiren (Neurol, Gen-
tralblatt 1892, S. 708).
Zu höchst interessanten theoretischen Ergebnissen, deren practische
Gonsequenzen wir theilweise schon lange üben, kommt Kräpelin
in seinem Buche über die Beeinflussung einfacher psychi-
scher Vorgänge durch einige Arzneimittel (Jena 1892^ Gustav
Fischer). Durch die Methode psychischer Zeitmessungen ermittelte
der Verf. die verschiedene Wirkung von Stoffen auf das Seelen-
leben; Beim Alkohol lääst sich eine sehr rasch eintretende und erst
233
Lewftld.
nach l&ngerer Zeit wieder veraohwindende Verlangsamiiüg der in-
tellectuellen Yorgänge nachweifienf zugleich stellt sich eine 20 bis
30 Minuten daiiernde ErleichteriiDg der Bewegungaauslösuiig ein,
der sodann eine Erachwerüng auf demselben Gebiete nachfolgt.
Grössere Dosen bewirken früheres und auagiebigeres Eintreten der
LähmuDgserscheinungen auch auf der moteriBcheu Seite (cf. acute
Alkoholvergiftung). In naher Verwandtscbaft zur Alkohol Wirkung
steht die des Aethers, des Chloroforms und des Amykiitrits; noch
mehr nähert sich die Wirkung des Paraldehyds der des Alkohols,
während das Chloralbydrat bereits in kleinen Dosen LähmuEg auf
beiden Gebieten des Seelenlebens bewirkt. Der TLee veranlasst eine
entschiedene und länger dauerude Erleicbterting der sensorischen
und inteUectuellen Vorgänge ohne ausgeprägte spätere Lähmungs-
erscheinungen. Das Morphium endlich zeitigt ebenfalls anfänglich
eine Erregung auf seueorisch-intellectiieilem Gebiet, aber zugleich
entwickelt sich eine fortschreitende centrale motorische Lähmung,
eine Erscheinung, die allen denjenigen Giften gemeinsam ist, welche
bei chronischem Missbrauch eine Charakter Veränderung herbei ttihreo.
Illberg empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen (All gem. Zeit-
schrift f, Psychiatrie Bd, 48, S. 620) die Infusion einer auf 37—40»
erwärmten 7,öo/t)oigen Kochs al k 15s ung bei allen Fällen ernsterer
Nahrungsverweigerung; vor Allem eignen sich die Infusionen bei
allen Formen von Erschöpfungspsychosen, bei denen die Kranken
infolge ihi'er Verwirrtheit nicht essen; da die Operation völlig un-
gefäbrlich ist, so kann sie beliebig häufig wiederholt werden. Die
Technik des Verfahrens ist in diesem Jahrbuch 1892, S, 235 ge-
schildert worden.
3. Bespiratlonskranklieiten.
Von Dr, Julias Schwalbe in Berlin.
Die Zahl derjenigen Arbeiten, welche sich im ^erflosseiien Jahre
mit der Einwirkung des Tuberculitis auf die Lungen-
laber cu lose beschäftigt haben, ist ausserordentlich spärlich zu
Mimen: Der alte grosse Schwärm hat sich verlaufen, und von
Coch*d eigenen neuen Untersuchungen über das Heilmittel sind
bisher keine Resultate publicirt worden.
Der Aufsatz B or n tr äg er's, Reauitate der Tuberculin-
be handlang in der Praxis (Deutsche med. Wocheßschr. Nr, 18),
enthält bezüglich der Erfolge bei den 11 mit Lungentuberculose be-
halteten Patienten nnr wenig bemerkenswerthe Mittheilungen, Im
Grossen und Gänsen war von einem günstigen Effect nicht die Bede.
Relativ sehr gute Erfahrungen hat Patschkowski, Ueber
die Behandlung der LungentuberculoBe und die Anwen-
dung des Tuber cu lins (Berl. klin. Wochenachr, Nr, 6), gewonnen*
Von 14 Fällen sind 4 geheilt — d. h. sie haben in 5 Monaten keinerlei
Bubjective oder objective Krankheitssymptome dargeboten — , 7 Fälle
sind gebessert. Bei den 3 letzten Patienten wurde die Cur aun
f^rsehiedenen äusseren Gründen nicht z\x Ende geführt. — Alle
pPatienten bekamen nebenher Creosot oder GuajacoL Ausserdem
limnie stets ein grosses Gewicht auf zweckmässiges hygienisches
od di&tetiBcbes Verhalten der Patienten gelegt.
Die Beobachtungen über die Wirkung des Koch'schen
Mittels bei Tuberculose innerer Organe im St. Nicolai-Militär-
ospitai in St Petersburg, über welche ßerthenson (Deutsche med.
Tocbenschr. Nr, 3,4) berichtet, ergaben bei 12 Fällen Verschlimme-
des Leidens, 7mal keinen Einünsa, 16mal mehr oder weniger
234
Sehwalbe,
ausgeprägte BesBerüog. Gänalichea VerechwiDden der Toberkel-
bacillen aus dem Sputum wurde nur bei einem Patienten constafcirt.
In seinem Beitrag zur diagnostiechen Bedeutung der
TuberculinreactioD, sowie zur Frage des ürobilinicterus
(Deutsche med, Wocbenschr* Nr. 12) berichtet Benvera über eine
Patientin mit Mitralötenose und recbtaseitiger exsudativer Pleuritis,
welche auf 0,005 TuberculiB mit 39,4 reagirte^ dagegen bei der
Sectio» in keinem Organ eine Spur von Tuberculose darbot.
Mit seinem schon im vorigen Jahre angekündigten Tuber cul o-
cidin, welches aus dem Koch'echen Rohtuberculin nach Ausfällung
der schädlichen Stoffe gewonnen wird, hat Klebs (Die Behandlung
der Tuberculose mit Tuberculocidin. Hamburg und Leipzig,
L, Voss) weitere TJnterBuchungen angestellt Das neue Heilmittel
erzielt nach dem Verf, einen mit flüchtiger Temperaturerhöhung ein-
hergehenden Zerfall der Tuberkelbacülen und fuhrt schliesslich au
dauernder Entfieberung des Patienten, Ausserdem soM das Mittel
eine immuniöirende Kraft besitzen» Die Resultate an Menschen sind
nach dem Bericht des VerfVs allerdings sehr günstig: unter 75 ver-
werthbaren Fällen (darunter 33 eigene) sind 18,6 '^/q Heilungen,
60% BeBserungen, 21,4^,'^^ Misserfolge zu verzeichnen. lieber die
Anwendungsweise des Mittels etc. orientire man sich im Original.
Das Verfahren des Verf/s ist, wenigstens soweit wir aus der
Litteratur ersehen können, nur von zwei Aerzten bisher geprüft
worden. Der eine von ihnen hat dasselbe alsbald mit der TubercuIIn-
methode combinirt. Spengler, Vorläufige Mittheilung über
eine combinirte Tüberculin-Tuberculocidinbehandlung
(Deutsche med, Wochenschr. Nr. 14)-^ hat vom Tuherculocidin allein,
welches er bei schweren und hoffnungslosen Pbihieen angewandt bat,
beobachtet, dass es die Dyspnoe beseitigt und das hektische Fieber
berabdrückt. Die von Klebs behauptete Zerstörung und AbtÖdtung
der Tuberkel bacillen hat der Verf. nach seinen — „natürlich nicht
beweisenden*^ — bacterioskopiechen Befunden nicht sicher bestätigen
können, — Die alleinige Anwendung des Tube reu lo cid ins hat der
Verf. im weiteren Verlaufe aufgegeben, weil er an demselben „die
nöthige Activitat, ein gewisses Quantum der specifiscben, irritirenden
Eigenschaften des Tuberculins" vermisste* Eine ideale Tuberculin-
wirknng müsste nach ihm sieb als eine locale Entzündung darstellen,
welche zur Exsudation von Blutserum um und in die tuberculösen
Gewebe führt; und dieses Blutseruin müsste tuberculocide Substanzen
enthalten, welche den Tod der Tuberkelbacillen im Tuberkel und
1 Nekrose der tuberoulösen Gewebe zur Folge hätten. Um dieses
ideale Ziel zu erreicben, combiDirte SpsDgldr kleinste Dosen Tuber-
ealixi (Vso^ — ^ lo °^) ^^^ ^ — 20 mg Tuberculocidin, in der HofFnong,
dftsa dieee Combination der beiden Medicamente deren Einzel Wirkung
poiensuren werde. Diese Hoffnung sab der Verf. bei drei Fällen von
Limgentaberculose und einem Fall von Lupus der Nase, deren
Ejrankengescbichten ausfübrlicb mitgetbeilt werden, in „ganz evi-
denter"^ Weise verwirklicht.
Auf das geschilderte Verfahren kommt Spengler noch einmal
m einem Vortrage auf dem Gongress für innere Medicin zu Leipzig
fResultate einer combinirten Tuberculin-Tuberculocidin-
behandlung) zurück. Hier gibt er als Tuberoulinzusätze f,|p^ bis
1 mg (in langsamer Steigerung) an. Zu steigen habe man mit den
TobercQlinsusätzen so lange nicht, als mit kleineren Gaben Fieber
eneeogt werde. Das Körpergewicht ßimmt auch während längerer
and heftiger Fieberperioden sehr oft ganz erheblich zu; die physi-
kalisehen Erscheinungen bessern sich rasch, besonders über den
Spitseo. Husten und Auswurf, ebenso die Bacillen „können" bei
Ilnitimlphthisen rasch schwinden, bei schwereren Kranken langsamer
Dnd bei weit vorgeschrittenen Fällen gar nicht. Bei geschlossener
|d* b. abgekapselter) Tüberculose wünscht Spengler das Verfahren
nicht rücksichtslos angewandt, so lange die deletäre Wirkung des
Tuberculocidins auf die Tuberkelbacillen nicht sicher erwiesen sei.
Die Elrfabrungen , die Langermann aus dem Bürgerspital zu
Hagenan veröffentlicht (Ueber einige mit Tuberculocidin be-
handelte Fälle von Lungenschwindsucht. Deutsche Med!-
etnalztg. Nr. 01)^ stehen leider in grellem Gegensatz zu den Berichten
Klebs^ und Spengler's» An vier ausführlich beschriebenen Fällen
wurde constatirt, dasa dem Mittel jegliche Einwirkung auf die
Longen er krankung abgeht, ^ Diese Erfahrung haben wir bei den
hoben Dosen des theuren Mittels mit fast 100 M« bezahlen müssen.
Dein practischen Arzt dürfte sie damit wohl meist zu theuer erkauft
eiBcheinen.^
Mit dem Zurückweichen des Tubercdins vom Schauplätze der
Plilbiseotherapie geht parallel der Vormarsch alter und neuer chemi-
ieber Heilmittel, die dem Grundsatze ^Probiren geht über Studiren"
ilirn Entstehung und Verbreitung verdanken. In erster Linie ist
liier wieder das Oreosot zu nennen. Der wärmste Vertheidiger
daiselben, Sommerbrodt, hat seine seit 1B87 publicirten Erfahrungen
.flkbdr dasselbe gesammelt, und in dem der Broschüre (Die Heilung
236
Schwalbe.
der Tuberculose durch Creosot. Breslau 1893) vorgedruckten
Vorwort spricht er die Hoifnuiig aus^ dass er bei immer zahlreicheren
Aerzten die üeberzeugoog fördern werde^ daas wir der Tuherculose
gegenüber, besonders weon sie nicht verbuDden ist mit anderen In-
fectionen, jetzt im Besitz eines wirklichen Heilmittels seieD.
Leider hält die gepriesene antibacilläre Wirkung des Creosots
eioer nüchternen klinischen oder gar experimentellen Prüfucg niemals
Stand. AlbUi Klinische und experimentelle Beiträge zur
Greosotbehandlung der Lungenschwindsucht (BerL klin.
Wochenscbr.Nr.öOjj weist in semem, eine maiiDigfaltige Beobachtungs-
reibe im Krankenhause Moabit zu Berlin verwerthenden Aufsatze Bach,
dass das Creosot bei keinem Patienten (und eiözelne derselben habon
4B0 g reines Creosot verbraucht!) das Fieber beeinfliisst habe, dass
es niemals erhebliche dauernde Verminderung der Tuberkelbacilien
im Sputum bewirke, dass es den Fortschritt des locelen Krankheits-
processes in keiner Weise aufhalte. Die unter dem Gebrauch des
Mittels heryortretenden Besseniogen sind nicht zahlreicher als bei
lediglich hygienisch- diätetischer Behandlung* In vielen Fällen scheint
das Creosot nur durch seinen Einfluas tbeils auf die Expectoration,
theils auf die Verdauung günstig zu wirken. Dmxh gemeinBchaftlich mit
Weyl unternommene experimentelle Versuche batAlbu nachweisen
können, dass auch die Aufnahme sehr grosser Mengen Creosots in das
Blut keinen Einfluss auf den tuberculösen Process in den Lungen ausübt*
Angesichts dieser Darlegungen wird man auch den verschiedenen
anderen Berichten über eine günstige Wirkung des Creosots in dieser
oder jener Form noch mehr als früher ungläubig gegenüberstehen.
Die Mittbeiluogen Mader'ß über seine Erfolge mit den (von ihm
modiücirten) Creosotklysmen Revillet's (Zur Behandlung
der Lungeutuberculose. Wiener klin, Wocbenschr, Nr. 38|'39)
sind allerdings schon an sich nicht geeignet, grosse Begeisterung für
dieses Verfahren zu erwecken ^ und so wird auch die Modification
der Keville tischen Methode dmcb Chaband (La Med. moderne
Nr. 2), trotz der Anpreisung derselben durch ihren Urheber und
durch Guiter, sehr bald aus dem therapeutischen Scbatzkastiein
verschwinden oder gar schon verschwunden sein»
In einem trefflichen klinischen Vortrage gibt Peter, Traite*
ment de la tuberculose par les injections h3^podermiques
de cr^osote (La Med. moderne 1892, Nr 54), einen gedrängten
üeberblick über die Geschichte und die Ziele der Greosotbehandlung
im Allgemeinen und der subcutanen Injectlon von Creosotöl im Be-
sonderen. Für ihn besteht die Ueberzeugung^ dass die letzteren
Respiralionökran k h ei t«n ,
337
tionen ntir bei der Scrophuloee und der Localtuberculose einen
^taistigen Kffeot erzielen, d, h. genau genommen in denjenigen Fällen^
in denen die alte Therapie ebenfalls wlrkBam ist. Die Liingen-
tob^rculose 'wird nur in den an eicb günstigen Fällen, d. h, bei
ieberlosdii und mit gatem Appetit ausgerüsteten Patienten, bisweilen
tsftlieühaft beeinflasst. Das Endurtheil fasst Peter in dem Satze
mimmen | dass das Oreosot von den gegen die Taberculose an-
gewandten Mitteln vielleioht das am wenigsten schlechte sei*
1
Picot, Du traitement de la tubercnlose et de la pleu-
i-eaie tuberculeuse par les injeotions sous-cntanSes de
guAyacol et d*iodoform en Solution dans Thuile d^olives
«terilis^e et la vaselioG (Bull, de l'Acad. Nr. 9), injicirt eine
Losung von 1 cg Jodoform und 5 cg Guajacol in 1 ccm Olivenöl
und beobachtet danach Verminderung des HoKtenSi des Auswurfs
und der in letzterem enthaltenen Bacillen und Zunahme des Körper-
gawicbts. Ob durch das Mittel Heilung bewirkt werden könne, lässt
Verf. glücklicherweise in suspenso,
Ueber die Wirkungsweise des von ihnen im vorigen Jahre (s.
dieses Jahrb* 8. 252) angepriesenen Guajacols haben Kölscher
und Seifert (Berl. klin. Wochenachr. Nr. B) Versuche angestellt.
Diaealbon ergaben, dass das resorbirte Guajacol gar nicht m freiem
Zustande im Blute kreist, sondern als eine neue^ noch nicht genau
bekannte Verbindung, welcbe die ätzenden giftigen Eigenschaften
des freien Guajacols nicht mehr besitzt und auf Tuberkel bacl II en
ohne jede Wirkung ist. Trotzdem betrachten die Verff, das
Medioament „als speoifisob wirkendes Schwindöuchtsmittel", weil
dasselbe sieb nach ihrer (durch nichts bewiesenen) Annahme mit
den giftigen StofTwecbselproducten der Tuberkelbacillen verbinde,
dadoTch sie unschädlich mache und durch den Harn eliminirer
Seiner bereits früher geübten und publicirten Behandlung der
Tobercolose mit intravenösen Perubalsamemulsioo-Injectionen stellt
Landerer neuerdings diejenige mit intravenösen Injectionen
von Zimmtsäure an die Seite (Die Behandlung der Tuber-
ealose mit Zimmtsäure. Leipzig 1B92). Von der ersteren will er bei
ianersr Tubercuiose in 26% der Fälle Heilung, in 17,5^7ö Besserung,
von der Zimmtsäure- Behandlung sogar über S3^\^^ Heilungen und
Beiserongen constatirt haben*
Altben^ üeber Anwendung des Methylenblau bei
loberca lösen Processen (Münch. med. Wocbensohr, 1892^ Nr. 1)^
288
Sebwalbe,
hat das Methylenblau innerlich u, Ä. auch bei Lungen- und (resp.
oder) Kehlkopfphthise versucht. In der Dosirung stieg der Verf.
allmählich von 0,1 bis 1,5 g pro die, ging dann allmählich auf 0,1
wieder zurück, stieg nochmals auf 0,5 an und blieb dann bei dieser
Dosis (omal täglich 0^1) längere Zeit ateheu. Von den so behandelten
12 Patienten starben 4 vorgeschrittenere j mit Oavernen behaftete
Fälle, theils im Beginn, theils in der 4. resp. 6. Woche der Behand-
lung, Bei ihnen war ausser einer Analgesie und „erhöhten'^ Euphorie
kein Einfluss seitens des Mittels zu constatiren. Von den B übrigen
Patienten haben nach ßwöchentlicher Behandlung 2 mit Kehlkopf-
phthise und 2 mit Lungenphthiae den Husten und Auswurf fast
ganz verloren j die ßacillen menge in ihren Sputis hat sich verringert.
Bei den letzten 4 Fällen hat die E^pectoratioo erheblich abgenommen.
Das subjeotive ßehßden ist bei allen Patienten gebessert, die hek-
tischen Fieberanfälle und die entkräftenden Nacbtachweisse haben
vöEig aufgehört. Objective Veränderungen der Lunge sind in 2 Fällen
nicht mehr, in 1 Fall kaum noch nachzuweisen, in den uhrigen da-
gegen noch vorhanden. Zu bemerken ist, dass bei Kehlkopf*
phthise neben der innerlichen Behandlung auch eine locale Appli-
cation des Methylenblau (in Pulverform) auf die Geschwüre vor-
genommen wurde. (Interessant wäre es, jetzt nach Ablauf eines
Jahres einen nochmaügen Bericht des Verf.'a über seine Patienten zu
vernehmen, Ref)
Ein recht complicirtes Attentat wird auf die Tuherkelbacillen
durch die in Amerika geübte Shurlj-Gibbes'sche Methode aus-
geübt. Dieselbe besteht in täglichen subcutanen Injectionen
von Jod (in Gljcerinwasserlösung) (0^005—0,06 g) und Fluor-
natrium chloratum (0,002 — 0,02 g) und ausserdem in Inhala-
tionen von verdünntem Chlorgaa; letztere je nach der Menge
des Auswurfs mehrmals täglich oder nur alle 2 — 3 Tage. C, E. Beau
(Northwestern Lancet 1891, December 15) hat denn auch glücklich
selbst mit diesem Verfahren in 40 weiter vorgeschrittenen Fällen von
Phthisis pulmonum günstige Erfolge erzielt!
UnscbädUcher wenigstens als diese Medicatton sind die von
Flick (A further report ou the treatment of tuberoulosis
by jodoformiuunctions. Med. News^ März 12) seit 2 Jahren an-
geblich mit relativ guten Resultaten vorgenommenen Einreibungen
von Jodoformemulsion.
Von der Aristol-Behandlung der Lungen tuberculose nach
Nadaud (Einspritzungen einer l^^pigen öligen Lösung zwischen die
I
Respiratioiißknuiklieitnu
aas
Eiiilterblätter) hat Ocha (Prager med. Wochensdir. Nn 36) auf
V. Ja lese brechen Klinik keine Erfolge beobachtet.
Dagegen sah Delthie imter dem EinBusd der Inhalationen
m Terpentin- Jodoform •Dämpfen (Journ, de med. Nr. S7)
aemen Langeoschwiiidsücbtigen Husten und Aaswurf abnehmen,
Appetit sich heben and einen Stillstand des ganzen Kiankheita-
ein treten.
Die Versache mit den Liebreich sehen cantharidinsaaren
leu snr Bekämpfung der Tnbercolose sind von einigen Autoren
»Ut worden, haben aber in der Begel entweder su. negativen
Basoltaten oder gar zu schädlichen Nebenwirkungen geführt. Die
Erfahrungen Fenwick^s und Welaford'a (Ueber den Nutzen
des cantharidinsauren Kaliums in der Behandlung der
Longen tu berculose. British med. journ. 1891, 26* December)
erstrecken sich auf 16 Fälle von Pbthisis Incipieus. Im Ganzeo
wurden 177 Injecttonen ausgeführt. Die Eiozeldosis schwankte
swiacheo 2 und 3 dcmg. Was die Ertblge betrifft, so wurde das
Fieber in keinem Falle günstig beeinflusst, die Nach tsch weisse wur-
den in 3 Fällen geringer, das Körpergewicht nahm in S Fällen ab,
in S Fällen ein wenig zu, in 3 Fällen blieb es unverändert. In
2 FlUen traten während der Behandlui^g Durchfälle auf. Der Husten
te sich bei 7 Patienten, verminderte sich ein wenig bei 5,
ibUeb bei 4 unverändert. Die Sputa vermehrten sich fast in allen
rmieUi wurden flüssiger, schaumiger und leichter expectorirt. Ein
Beesernng der physikalischen Erscheinungen auf den Lungen trat
in keinem Falle ein. In 3 Fällen entwickelte sich während der Be-
handlung eine subacute Bronchitis. In 8 Fällen wurde die Behand-
lung wegen eingetretener Albuminurie abgebrochen. Hämaturie war
in keinem Falle vorhanden. — Die Schlüsse, weiche die Ver£P. aus
ihren Beobachtungen ziehen, sind folgende: 1) das cantbaridinsaure
Kalium hat auf die Lungentuberculose keinen güostigen Eioäuss.
2) In Dosen über 2 dcmg verursacht es leicht Albuminurie, Schmerzen
tD Kreuz, Strangurie und selbst Hämaturie, Deshalb sollte es
(wenn überhaupt I EefO nur bei sorgfältigster Ueberwachung der
Fatlanien angewendet werden und ist ungeeignet für poliklinische
iBeliandlung«
Fast die günstigsten Beobachtungen über die in Rede stehende
Plbdieation veröffentlicht A, Hennig (Wesen und Werth der Lieb-
iich sehen Serumtherapie. Leipzig 1892). In eämmtlichen
fWen von Phthisis incipiens hat der Verf. Besseruug des All-
240
Schwalbe»
gemeinbefindens, Abnahme von Husten und Auswurf, Besserung der
localen Organbefuude und Zunahme des Körpergewichts constatirt.
Aehnliche, wenn auch zuweilen nur vorübergehende (I) Besserung
konnte man auch bei den mittel schweren und schweren Fällen wahr-
nehmen* Wo Tuberkel baciilee gefunden waTen, blieben sie freilich
auch nach Schluss der Behandlung nachweisbar.
Dagegen berichtet wiederum DeiMme, Ueber die Behand-
lung der Tuberculoee mit cantharidinsauren Salzen (Tbe-
rapeut, Monatsh. 1892, Nr. 3*), aus der Koni gl Universitäts-Polikliiiik
l*ür Hals- und Nasenkranke in Berlin: ^Äuf die LungeBtuberoulose
haben wir bisher nur einen geringen Eiufluss beobachten können,
Erleichterung des Auswurfs ist in allen Fällen constatirt, gemäss der
wahrscheinlichen (!) serösen Durchträukung (sc, der Lunge, Ref.).
Auf den Lungenprocess als solchen haben wir keinen Eioiuss er-
kennen können , und das Verhalten der Bacillen wurde nicht ver-
ändert.
In wohithuendem Gegensätze zu all' den vorhergehenden Ar-
beiten, die sich nur mit der Aufstellung oder Verwerfung eines anti-
tuberculösen Medicamenta beschäftigen, behandelt der Aufsatz von
G. Daremberg, Traitemeni de la phthisie pulmonaire (La
M^d. moderne Nr. 27), die hygienisch-diätetische Behandlung
des lungenscbwindsücbtigen Krauken. Wir köanen leider nicht
näher auf den Inhalt des vortrefflichen Artikels eingehen, möchten
aber den Leser naohdrücklicbst auf die Leetüre desselben hinweisen
(s. das ausführliche Referat des Artikels in „Fortschritte der Kranken-
pflege" 1892, Nr, 10).
Am Schluss des Abschnitts ,,Phthiseotherapie*' erwähnen wir
endlich noch zwei Arbeiten, die die Bekämpfung einer der lästigsten
Beschwerden der Phtbisiker, nämlich der Nach tsch weisse, zum
Gegenstand haben* 8. Beruh ei m (Revue m^d. Nr. 8) nimmt an,
daas dieSchweisse der Pbthisiker auf einer Lähmung der vaso-
motorischen Nerven beruhen, die durch die Resorption giftiger Stoff-
weohselproducte bedingt werden, und gbiubt dieser Intoxication durch
Salicylsäure entgegenwirken zu können. Er inj icirt jeden Abend
2—4 com einer Lösung von Acid* salicyl. 1,5» Aether sulfur. 3,0, OL
Amygdal, dulo. 10,5 und will spätestens in & Tagen das Verschwinden
der Seh weisse bemerkt haben,
Wood, Camphoric acid for the night-sweats of pulmo-
nary tuberculosis (Med. News, März 12)^ hat von der Anwendung
der Oamphers&ure prompte and bleibende Wirkung bei Nacht-
EespirfttioDskxAiüElifiUfiu
241
gesehen. £r gab das Mittel in der Dosis von ca. l^o g
|_6 Standen vor dem zu. erwartenden Schweissaasbrach.
üel>er das Verbaltniss der Infectionsgefabr zum wirk-
liclien Erkranken bei Tnbercalose betitelt sich ein Vortrag
P, WolfFa auf dem Congress f&r innere Medioin zu Leipzig, Die
losafalgeruDgen des V^ritJ^s sind : Die Infection mit Tiiberculose ist
BÖM nngehetier Läufige, man kann mit Belli nger sagen ^ eine all-
gomeine. Die Infection erfolgt bei der Mehrzahl der Menseben be-
sita in der Kindheit, und es bedarf bei der Tenacitat der Tuberkel-
llen keiner Keinfection in späteren Jahren ^ um die Zahl tuber-
Boloaar Erwachsener zu erklären, obwohl eine solche Eeintection sieb
aoasehlieasen Ifiast* Niemals ist nachzuweisen , dass der £r-
aiDe Infection kurz vorhergegangen ist. Der latenten
colfise ist bei der Erkrankung eine grössere Bedeutung bei-
xomessen als bisher geschehen« Jedenfalls ist die Ansicht 6 o 1-
llingerV, dass die Gefahr der Infection wenigstens beim Erwachsenen
viel geringer anzuschlagen ist als die der Disposition^ auch klinisch
%xx bestätigen.
Zur Pathologie der Lungenschwindsucht liefert Maragliano
einen kurzen Beitrag (Klinische Formen der Lungentuber-
kulose* BerL kün, Wochenschr. Nr. 12). Seine Ausfuhrungen
rgipfelü in dem — auch schon 7on anderen Autoren betonten — Satze^
! dass die Phthise in ihrem hektischen Stadium eine chronische Septik-
4mie sei, hervorgerufen durch Eiterbacterien, die sieb in dem durch
.den Tuherkelbacillud präparirten Lungengewebe angesiedelt haben,
sei es auch verständlich, warum ausgebreitete tuberculöse Er-
krankungen das AUgemeinbefiQden oft wenig altertreu, während
circumscripte Herde bisweilen rapid den Exitus herbeifQhren.
Denselben Gedanken entwickelt in ausführlicherer Form und
gestütst auf zahlreiche klinische und bactenologische Erfahrungen
Com et in seinem auf dem Congress für innere Medicin zu Leipzig
gebAlteneQ Vortrage: lieber Mischinfeotion bei Lungentuber*
calüse. Auch er geht von der Erwägung aus^ dass die Lungeu-
«chiriDd sucht keine streng typische Krankheit ist^ sondern in ihrem
Tedaufe vielgestaltige Schwankungen aufweist. Klinische und ]>atho-
cb^ana tomische Beobachtungen drängen zu der Schlussfolgerungi
in manchen Fällen bei der Lungenschwindsucht neben der
Tuberculöse noch andere Krankheitsprocesse einen mehr oder minder
bestimmenden Einfluss ausüben. Die vom Verf. vorgenommeJien
Untersachimgen des Caverneninhalts und des Sputums von Phtbisi-
Jübrtmob d. pract. Medido, l»ia. 1^
24i2
ßcliwalbe.
kern (die Methode sielie ira Original) ergaben deun auch, das.^
namentlich Streptokokken, ferner der Pyocyanetjis, der Staphylococüus
pyogenes aureus u, A. wiederholt eine dominirende Bolle spielten»
Cornet bezeichnet daher diese Falle als septische Lungen tu berculose.
— Aus dieser Beobachtung leitet er aber die Pflicht her» die Lungen-
kranken mehr noch als bisher prophylactisch vor dieser secundären
Infection zu schützen. Das sichcrete Mittel ist in dieser Beziehung
der möglichst ausgedehnte Aufenthalt in freier, besonders staubfreier
Luft, die möglichste Vermeidung geschlossener Räume mit bacterien-
reicher Atmoephäre etc.
Dieselbe Frage wird endlich auch durch die Arbeit von
K. Tschiato witsch (Tuberculöse, nach aassen durchge-
brochene Caverne. ßacteriologische Untersuchung des
aus dem Fistelgange ausfliessenden Eiters. Berliner klin.
Wochenschr. Nr, 20 u. 21) behandelt. Derselbe fand in dem Eiter
einer nach aussen spontan perforirenden Caverne eines Lungen-
Bchwindsöchtigen ausser den Tüberkelbacillen noch den Staphylo-
oocßus aureus und drei neue Bacterien arten. Auch er ist deshalb
der Meinung, dass möglicher weise der Verlauf der Lungen tu bereu -
lose weseiatlich von der Symbiose anderer Pilze mit den Tüberkel-
bacillen abhängt. (Ref. kann es nicht unterlassen, im Anscbtuss an
die Arbeiten von Maragliano, Cornet, Tscbistowitsch u, A.
darauf hinzuweisen, um wie viel mehr jetzt der — von Virehow
bekanntlich stete angefochtene — Begriff ^ Lungen tuberculose^ seine
Berechtigung verliert, Ist schon der destructive Process an sich — ausser
in den Fällen von Miliartuberculose — nie ein bloss „tuberculöser'^
[käsige Pneumonie j Peribronchitis und Bronchitis caseosa eto.lj so
ist, wenn nicht einmal der „Tuberkel "-Bacillus die aUeinige ätiolo-
gische Grundlage der Liingeozerstörung ist, erst recht an dem
alten guten Begriff „Lungenschwindsucht** festzuhalten.)
Die sehr seltene pseudolobäre Form der acuten käsigen
Pneumonie hat A. Fraenkel (BerL klin. Wochenschr. >{n 50) zum
Gegenstand eines Vortrags gemacht. In ihren klinischL^n Symptomen
bat diese Affection oft eine so grosse Aehnlichkeit mit der echten
fibrinösen Pneumonie^ dass Irrtbümer in der Diagnose leicht vor-
kommen können. Obwohl der Umfang der Dämpfung^ die sich
meist über den einen Unterlappen, bisweilen über einen ganzen
Lungenflügel erstreckt, sowie das laute Bronchialatbmen auf eine
lobäre Infiltration hinweisen, handelt es sich thatsachlich doch um
eine lobuläre Erkrankungsform, bei der indesB die Herde infolge ihrer
Respi ratio n Bk r^ n k he i te n .
groBBen Zahl völlig mit einander conflaireu können. Um die durch
ihr reichlichem Knisterra&seln und die pneumonische Beschaffenheit
des Sputums einer fibrinösen Lungenentzündung ähnliche Affection
richtig erkennen zu können^ miiss man der Art des Beginns der
Erkrankung, dem Fieherverlauf, dem Verhalten der Athmung (meist
Terhiltntssmässig geringe Dyspnoe [aber auch nach einer Beobach-
imig des Ref. sehr starke Dyspnoe] ), endlich der Untersuchung der
Sputa (Nachweis von Tuberkelbacillen) besondere Aufmerksamkeit
sawenden« Als wichtig ftir die richtige Deutung des Processes sieht
der Verf, die bisher von anderer Seite noch nicht genügend hervor-
gehobene Beobachtung an, dass in dem physikalischen Befunde zu-
weilen ein gewisser Wechsel der Erscheinangea stattfindet, in der
Weise, dass an einzelnen Stellen die IntensitÄt der Dämpfung ab-
nimmt, an anderen dafür sich mehr auöbreitet. — Der Ausgang der
pseudolobären acuten käsigen Pneumonie erfolgt stets von bereits
vorhandenen älteren Erkrankungsherden; sie gehört insofern in die
Kategorie der Aspirationspneumonien. Ein grosser Tbeil der charak-
tKriatischen klinischen Erscheinungen wird durch einen der Ver-
kasung voranfgeheoden entzündlichen Vorgang bedingt, den Laennec
als ^gelatinöse Infiltration" bezeichnet hat. Die Genese dieser Ent-
x^ndung ist nach den Untersuchungen des Vortragenden lediglich
auf die Einwirkung des Tuberkelbacillus zurückzuführen. Die Art
dieser Einwirkung sucht A. Fraenkel auf hypothetischem Wege am
Schlciss seines Vortrages zu erklären.
Ueber die verschiedenen Formen des Fiebers bei der Lun-
geotuberGuloae und die prognostische Bedeutung des-
aelben handelt ein Aufsatz A. Strümpells (Münchener med.
Wochenschr. Nr. 50 u, Bl) nach einem klinischen Vortrage. Der Verf.
ttülerscheidet fünf Formen: den Status subfebrilis (Morgeotemperatur
normal, Nachmittags- oder Abendtemperatur stets oder meist etwab
erhöht), das intermittirende hektische Fieber (Morgentemperatur nor-
mal| Abend temperatur erheblicher erhöht, über 38,5 — 40,0 und mebr),
daa remittirende (Morgens Temperaturerniedrigungen, aber nicht bis
tnr Norm), daa continuirÜcbe (Tagesschwankungen nicbt mehr als
eiiiAO Grad betragend) und das nn regelmässige Fieber (intermittirend,
remtttirend etc.). Meisten theils, wenn nicht ausschliesslich, hängt
dtm Reber von den secundären, nichttuberculösen Entzündungen der
LaogM ab (vergl. die Referate über Cornet^s xmd Maragliano's
Arbeite»* Ref. ). Die weiteren Ausführungen über die Bedeutung der
etoseloen Fieberformen für die Prognose des Krankheitsverlaufs, über
244 Schwalbe.
den WertL der Eiebercurve für die Beurtheilung eines Therapeuticums,
fiir den Begriff „Heilung'* eines Lüugenschwindäüchtigen eignen sich
wegen ihrer zahlreichen Einzelheiten nicht für ein kurzes Referat:
ihr Studium im Original sei dringend empfohlen.
Ueber einen Fäll der äusserst seltenen menschlichen Perlsucht,
welche sich als Nebenbefund bei der Section einer Phthisikerleiche
demonetrirte , berichtet Troje (üeber spontane und experi-
mentelle Perlöucht Deutsche meJ. Wochenscbr, 1892, Nr. 9).
Die linksseitige Pleura mediastinalis und diaphragmatica zeigte ausser
kleineren und grösseren grau weiss liehen, zum Theil verkästen beet-
nrtigen Plaques noch eine grössere Zahl polypöser, feingestielter,
graurother bis grauweisser, hier und da auch partiell verkäster Ge-
schwülstchen von Erbsen- bis Kleinbohnengrösse, sowie vereinzelte
graurothe, grobgranulirte hahnenkammartige Erhebungen. Alle diese
Geschwülätchen enthielten zahlreicfie grosse Lang hansische Riesen- ■
Zellen mit randständigen Kernen» Da Troje bei seinen Impfver-
suchen mit durch Jodoform abgeschwächten Tuberkelbaciüen bei
Kaninchen in einem Falle auch Perlsucht erhielt, so ist er der Mei-
nung^ dass die spontane Perlsucht ebenfalls einer gewissen natürlichen
Äbschwächung der den Krankheitsprocess lier vorrufen den Tnberkel-
bacUlen ihre Entwtckelung verdankt.
Ein interessanter Fall von Pneumonie mit Ausgang in Indu-
ration wird ausführlich von Ä, Fraenkel in der Deutschen med.
Wochenschr. Nr, 43 beschrieben. Bei einem 49jälirigen Patienten,
der 4 Wochen vor der Untersuchung durch den Verf. von einer
fibrinösen Pneumonie des linken Unterlappens befallen war und seit-
dem remittirendes Fieber und dauernde Dyspnoe mit asthmatischen
Anfällen darbot, fand der Verf.: stridulöse Kespiration, Dämpfung
von brettartiger Resistenz auf der ganzen linken Thoraxhälfte, auf
den oberen Theil des Sternums übergreifend, geringere Höbe des
linken Radialpulses, diffuse Pulsation unterhalb des linken äcblüssel-
beins. Aufgrund dieser Symptome schwankte Fraenkel zwischen
der Annahme eines Lungentumors oder eines grosüien sackförmigen
Aneurysmas. Ein heftiger Astbmaanfall machte die Trans location
des Patienten nach dem Krankenhaus am Urban nöthig: hier wurden
1200 ccm einer leicht hämorrhagischen Flüssigkeit entleert, ohne
damit dem Patienten eine erhebliche Erleichterung seiner Dyspnoe
EU verschafföü. Vorübergehend war das Sputum fleischfarben. Zwei
Tage nach der Aufnahme in das Krankenbaus verschied der Patient.
Eespirft ti onsk ranli bei ten.
34S
Die Section ergab eioe völlige GHrnificatioii der ganzen linken Lunge,
velcbe im ADSchloss an die Pneumonie eingetreten war, und ein über
OMiliisfaiLstgFDSses Aneurysma des Arcus und des Anfaugstheils der
Brmtaorta. Die genaue histologische Untersuchung der Lunge zeigte
besägUch der Structur nichts wesentlich Neues. Bemerk enswerth
m dagegen der Befand von Streptokokken in Reincultur in dem
caraificirten Gewebe- Der Verf. schliesst daraufl, dass der Ausgang
iler Pneumonie in Camification auf der Einwirkung besonderer^ von
moFsen hiozuiretender ätiologischer Momente beruht, nicht bloss auf
maagelbaftem Ernährungszustand, auf dem Alter des Patienten oder
auf dem Liegenbleiben des Infiltrats aus unbekannter Ursache.
Bei einem 37jährigen Potator hat F. Kornfeld (Oentralblatt f,
kltn. Med, Nr. 37) während der unter den Zeichen schweren Collapses
fftolgeDden Krise einer fibrinösen Pneumonie ein Lungen-
6dein vorübergehend auftreten sehen, trotzdem der Puls sehr gut
gospannt war. Eine rechte Erklärung for dieses Phänomen vermag
d«ff Verf. nicht äu geben, (Ist die gute Pulsspannung nicht viel-
leicht durch eine Herzhypertrophie mit oder ohne Arteriosklerose
bedingt worden? Eef.j
In einem Fall von Lungenabscess, der dorch Spontanper-
„Ibration in einen grösseren Bronchus sich nach aussen entleerte und
rd&mach zur Ausheilung kam, vermochte Th. Cohn (Berliner klin.
Wochenschr, Nr. 44) den Fried 1 an d er'schen Bacillus als den wahr-
»lichen Krankheitserreger durch bacteriologiache Untersuchung
Sputums (nach dem von Kitasato beschriebenen Koch'schen
Verfahren) n ach scu weisen.
Die weit verbreitete Annahme, dass Asthma bronchiale und
Lungenschwindsucht sich ausschliessen ^ vermag P. Jacobsohn
(lieber die Complication von Asthma bronchiale und Tu-
berculosis pulmonum. Berlin, klin. Wochenschr, Nr, 48) durch
zwei im jüdischen Krankenbause zu Berlin beobachtete und ausführ-
,Jich beschriebene Fälle zu erschüttern. Bei dem ersten Patienten
{tilg die Lungenschwindsucht dem Asthma bronchiale viele Jahre
irc/rauf, bei dem zweiten folgte sie demselben. — Wenn der Verf.
if Grund »einer Beobachtungen und daran angeschlossener Raisonne-
it0 die üeberzeugung ausspricht, dass eine Complication der beiden
ik bei ten ^nicht einmal zu den Seltenheiten gehört", so schiesst
mit fieioem Glauben zweifellos über das Ziel hinaus.
246
Schwalbe.
Bei drei Patienten mit Lungengangräa vörmoclite W, Streng
(Fortschritte der Medicin Nr. 19) lebhaft sich bewegende lafuäorien
im Sputum DaclizuweiBen. Einmal gelang es ihm, diese Monaden
auch auf Bouillon im Brutofen zu züchten. Ob die Anwesenheit von
Infusorien für Lungengangrän pathognomonisch ist, kann vorlaufig
nicht entschieden werden. Ailffallend ist es allerdiogä, dass Kannen-
berg unter 14 Fällen von Lungengangrän die Monaden llmal nacii-
weisen konnte.
Eine monographische Abhandlung über die Lungen disto men-
krankheit in Japan publicirt Yamagiwa in Virchow's Archiv
Bd. 127.
I
Bei Lungenblutungen warnt König er (Erfahrungen über
Longen bin tungen. Therapeutische Monatshefte Nr, 6) nach aeinen
Erfahrungen davor, die Expectoration von Blut durch starke Nar-
ootica unterdr ticken zu wollen. Ein starker | beständiger Hustenreiz
bei geringen Elutungen darf ohne Bedenken durch Pulvia Doweri
oder Morphium, falla Codein nicht genügt^ bekämpft werden. Bei
massigen Blutungen befolgt der Verf. in seiner Therapie der Hämoptoe
das Verfahren Huguenin's: Bettlage mit tiefen, aber langsamen
InspirationeD, unter Umständen trockene Schröpf köpfe und darnach
Priessnitz'dche Umschlägei bei Hustenreiz etwas Morphium, Bei
stärkeren Lungenblutungen gebraucht Königer Extractum secalis
cornuti (Bonjean) mit Wasser ana 1 — 2 g subcutan und Hydrastie
innerlich. Einige Male hat er bei habituellem Bluthusten vom Kalk
günstige Erfolge gesehen.
Die vor einigen Jahren (s. dieses Jahrb, lBdi\ S. 206) erwachte
Discussion über die Histogeneae und die diagnostische Bedeutung
der sog. Herzfehlerzellen — d. h. der gelbes oder braunes
Pigment einschliessenden Zellen im Sputum — erhält ihren Äbschluss
durch die vortrefflichen Beiträge zur Pathologie des Asthma
bronchiale v. Noorden'a (Zeitachr. f. klin* Med. Bd. ^). Wäh-
rend von den meißton Autoren ^ die sich mit diesen Gebilden be-
schäftigt haben, der Annahme gehuldigt wird, dass die „Herzfehler-
zellen" stets eine cyanotische resp. braune Iniiuration der Lunge an-
sseigen, demonstrirt v, Noorden, dass dieselben sich nicht selten auch
im Sputum von Asthmatikern (unter seinen 7 Fällen fünfmal) fioden
und somit ihrer specifiachen Bedeutung zu entkleiden sind. Was die
Öenese dieser Zellen betriffr, so weist der Autor einmal auf mikro-
chemischem W^ege nach, dass das Pigment derselben Hämosiderin
KeHpirationskrankheitei).
247
darstellt (Hlauförbung durck HCl und Ferrocyankaliumj, und zweiteub
in Trocken Präparaten, die erst iu Ehr lieh's Säure-Fuchsiii-Me-
thylgrün-Or au gelösung, dann in eioem Gemisch von Salzsäure und
Ferrocyankalium gefärbt wurden, dass fast die Hälfte der voni Verf,
so genannten Hämo eider in z eilen aus Leukocy ten (mit neutrophiler
Kdrnung), die Hälfte aus Epithelien, und ein kleiner Theil aus eosino-
piiUea Zellen besteht. Nebenbei machte v, Noorden die inter-
essante Beobachtung^ dass die Hämosidericzelien sich am Aufbau der
Oarschmann'äcben Spiralen aufs Innigste hetheiligen können.
In loser Verbindung mit diesen Befunden stehen die beiden Mit-
theiluDgen, welche der Verf* am Schluäs seiner Studie niederlegt
Einmal weist er auf die in der Litteratur zwar bekannte^ aber seiner
Meinung nach nicht hinreichend gewlirdigte Thatßache hin, dass dl&
meisten Asthmakranken ^ deren Leiden in früher Jagend begonnen
hat, iu der Kindheit au hartnäckigen Hautausschlägen gelitten haben
(Seropholose? ßef). Zweitens glaubt er den Widerspruch der Au*
tortn bezüglich der Vermehrung der eosinophilen Zellen im Blute
Ton Astbmatikern dahin aufklären zu können^ dasn in der unmittel-
bar zeitlichen Umgebung eines Aathmaanftlles die eosinophilen Zellen
des Blutes reichlicher sind als in Zeiten^ welche dem Anfall fern-
liegen.
Der Aufsatz Landgrafs, Zur Lehre von der Embolie
der Lungen arterie (Zeitschr. f. klin. Med. Bd* 20) enthält neben
swei ausführlich mitgetheilten einschlägigen Fällen eine Reihe in-
teressanter, zum Theil durch Experimente gestützter Bemerkungen
über die Pathologie der Lungenembolie. Sehr bemerkenswerth ist
bei dem zweiten, mit Heilung endigenden Falle das Auftreten eines
— von Litten als diagnostisches Zeichen der Lungenarterienembolie
angegebenen — lauten , hohen, pfeifenden systolischen Geräusches
im zweiten rechten Intercoatalraum.
Einen casuistischen Beitrag zur Behandlung der Lungen-
embolie liefert Oeder in der Berl. klin, Wochenschrift Nr. 17,
Bei einer 54jährigen Patieotin mit Hersfehler traten plötzlich die
Erschein ungen einer ausgedehnten Lungenembolie auf (benommenes
SeoBorlum, hochgradiger Collaps, Cyanose, Dyspnoe, Lungenödem).
Tatientin, die moribund erschien, erhielt subcutane Ca mphennjec-
tionen in Dosen von 0,2 alle 5 Minuten, so dasa innerhalb 1 Stunde
2,4 Campher verbraucht wurde, «nd darauf gingen sämmtliche ge-
rf&brd roh enden Symptome rasch zurück. Die Diagnose der EmboUe
lirtirdd am nächsten Tage durch den Nachweis zweier Infarcte
248
Schwalbe.
bestätigt. Verf. ist der MeiDung, dass die durch die grossen
Campherdosen verstärkte Herzaction den vermtithlich am Lungen-
hilns sitzet] den Embolus, der einen grossen Lungenarterienast ver*
schloss, fortgeschleudert und zertrümmert habe. ^Skeptischen Na-
turen das stricte 2U beweisen", bält der Verf. ^ftlr unmöglich und
uniiöthig".
Ie einem ausföhrlichen Aufsatz, Die rationelle Behand-
lung einiger chronischer Erkrankungen der Lunge (BerL
klin, Wochenschr. Nr. 36—38), entwickelt A. Steinhoff die Vor-
Züge einer mit Hydrotherapie, Inhalationen etc. corabinirten pneu-
matischen Therapie des Emphysems, der ßroncbitis chronica etc. in
geschlossenen Anstalten und belegt seine Erörterungen mit einigen
Krankengeschichten.
Auch Brügelmann, Ueber Sauerstofftherapie und Pneu-
matotherapie (Therap. Monatsh, Nr, 3), tritt von Neuem für die
Anwendung der PrieumaJotherapie ein. Er hält sie für geradezu un-
enthehriich bei Asthma, Emphysem, Bronchi alkatarrh und Chlorose,
für ganz vorzüglich bei nicht zu veralteten pleuritiachen Affectioneu
und bei Klappenfehlern. Bei letzteren soll durch den intrathoraci-
ßchen Druck eine mechBuische Verkleinerung des hypertrophischen
Herzmuskels und damit Nachlass der Beschwerden erzielt werden, —
Erstaunlich !
Znr Aetiologie und Pathologie der Pleuritis liefert Ludwig
Ferdinand, Königlicber Prinz von Bayern, an der Hand von
23 klinisch und bacteriologisch beobachteten Fällen aus der
V, Ziemssen'ächen Klinik einen scb ätze ns wert hen Beitrag. Von
r* seröstn Exsudaten wurden 2 durch Pneumoniekokken, 2 durch
Staphylokokken hervorgerufen, während 5 bacterienfrei waren.
Serös- eiterig war 1 Diplokokkenexsudat — Die 12 untersuchten
Empyeme waren 2mal durch Diplokokken, Dmal durch Strepto-
kokken, 2mal durch Tuberkelbacillen^ Imal durch Diplo- und Strepto-
kokken, Imal durch Staphylo- und Streptokokken bedingt. Für die
tuberculöse Natur eines serösen oder eiterigen Exsudats bei Ab-
wesenheit von Tuberkelbacillen spricht ausser etwaigem charakte-
ristischem Lungenbefund der Bacterienmangel desselben, sein hämor-
rhagischer Charakter, das lange Stehenbleiben und allmühliche
Steigen. Indess können bacterienfireie Exsudate auch bei Neubil-
düngen vorkommen; eventuell können auch die pathogenen Keime
im Exsudat zu Grunde gegangen sein. — Die Erzeuger des Em-
pyems, am biintigsten anscheinend der Streptococcus pyogenes^
Heepira Üone kr» nkhei ten .
349
dnsgen wohl meifiteDtheils im Anschlags an eine Läsion des Lungeii-
gewebes in die Pleura ein, — In therapeatischer Beziehung ist der
Verf. der Meinung, daßs überall da, wo Streptokokkenexsudate ge-
fanden werden, auch wenn sie noch serös sind, die Rippen resection
unbedingt notbwendig ist, da die Umwandlang in Eiter mit voller
Sicherheit vorhergesagt werden kann. (Siehe das gegen theilige Re-
sultat in der folgenden Arbeit* Ref.) Bei den meta pneumonischen
Empyemen ist ein Zuwarten von 3 Wochen gestattet. Ist nach
dieser Zeit eine beginnende Resorption nicht nachweisbar, so soll
man mit der Operation nicht mehr zögern*
Entgegen dem vorher genannten Autor vermochte ö o 1 d-
ücheider auf der Ley deutschen Klinik {Zar Bacteriologie
der acuten PleuritiF. Zeitschr. f, kün. Med, Bd, 21) in drei
Fällen von seröser Pleuritis, welche auch in ihrem weiteren Ver-
laufe nicht eiterig wurden, Streptokokken, in einem Falle Staphylo-
kokken nachzuweisen. Daraus geht aufs Neue hervor, dass Strepto-
kokken nicht notbwendig zur Eiterbildung fuhren müssen. — Der
eine der vier Fälle lasst auch die Vermuthung zu, dass die Strepto-
kokken bisweilen eine primäre sog. rheumatische Pleuritis erzengen
können.
Die Behandlung der exsudativen^ nicht eiterigen Pleu-
ritis mit Salicylprfipa raten (vergl. dieses Jahrb. 1891, S. 234)
empfielt H. Köster (Therapeut. Monatsh, Nr. 3) auf Grund 27 eigener
Beobachtungen. Allerdings schien ihm die Wirkung des Mittels
aicht constant; in einer Anzahl von Fällen aber, in denen die Ke*
tion des Exsudats auffallend rasch erfolgte*, glaubt er den Ein-
der Salicylsäure erkennen zu müssen.
üeber die operative Behandlung des Pleuraempyems
adelt die aus der chirurgischen Abtheilung des Charit^kranken-
in Bertin hervorgegangene Dissertation von Heise. Als
reckmäs&igjite Operation wird die Incision mit Rippenresection be-
Die einfache aspiratorisclie Ponction hat auch bei Kin-
nur ausnahmsweise gute Erfolge und ist nur bei kleinen meta<
DeumoDischen Empyemen indicirt, wenn kein Symptom zur baldigen
atalen Entleerung des Eiters zwingt. Die Punction mit Durch-
spQJang verwirft der Verf, vollkommen. Ein exspectatives Verfahren
nur bei kleineren abgesackten Empyemen, besonders metapneu-
BOiiisoben, indicirt.
Die Resultate der operativen Behandlung der eiterigen
istfellentztindung auf der medicinischen Klinik in Helsingfors
den Jahren 1876 — 1890 theilt Kuneberg in einer auöführlichen
tichnet.
'^bO
Schwalb«,
in der ZeitBchnit f. kÜD. Medicio Bd. 21 veröffentlichteu Arbeit mit«
In der Zeit, wo tägliche Ausspüluiigen der Pleura bei der Nach-
behandlung vorgenommen wurden (187G — 188S), wurde vollständige
Heilung nur in^ Fällen von 20, d. h, in 30'*^^, erreicht. Als die
Auöspülungen während der Nachbohandiung fortblieben (1883 bis
October 1885), trat in 7 von 9 Fällen, d. h, in 1S%, Heilung ein.
Als die Spülungen aach während der Operation nicht mehr ange-
wandt wurden (1885 — 1890), wurde völlige Heilung in 56 von 58
Fällen, d* h. in 96,5 o^^ erreicht. In ähnlicher Weise wie der Hei-
lungseffect wurde auch die HeiluDgs d a u e r von der Fortlassung jeg-
licher Pleuraausspülungen (ud mittelbar nach der Operation oder
später) gttngtig beeinflusst. — Auf Grund dieser Kesaltate ist Kune-
berg ein entschiedeoer Anbänger der Radicaloperation (mit primärer
Rippenresection). Die für die Bülau'öcbe Aspirationsmethode gegen-
über der Kadicaloperation geltend gemachten Vorzüge hält er für
rein tbeore tisch. In praxi gibt seiner Meinung nach die Radical«
Operation voUständig gleich gute Besultate wie die Drainageaapi-
ration in den günstigsten Fällen. Bas letztere Verfahren gewährt
aber bei Weitem nicht dieselbe Sicherheit und ist ausserdem infolge
der verwickelten und vielfachen Störungen ausgesetzten Nachbehand-
lung viel complicirter und schwerer auszuführen.
Au st tritt unter Mittheilung der Erfahrungen im Altonaer
Stadtkrankenbause (Münchener med. Woclienscbr. Nn 45 u. 46) für
die Behandlung der Empyeme mittels der Bülau^seben
Aspiration 8 drainage ein, ohne freilich ihre eventuellen Nachtheile
im Einzelnen (Verjauchung der Empyeme Taberculöser, Blutung in
die Pleurahöhle, Verstopfung des Drains) zu verschweigen.
I
I
Einen interessanten Vortrag über den sehr seltenen „primären
Endothelkrebs (Lymphangitis prolifera) der Pleura" pu-
blioirt A. Fraenkel in der BerL klin. Wochenschrift Nr. 21 u» 22*
Seiner bisherigen Annahme, dass der Befund von Aggregaten poly-
morpher zelliger Elemente in einer durch Probepunction entleerten
pleuralen Flüssigkeit mit einiger Sicherheit für die Diagnose eines
Pleuracarcinoms verwerthet werden könnte, hat eine neuerdings vom
Verf. gemachte Beobachtung erheblich Eintrag gethan. Dieselbe be-
trifft einen 44jäbrigen, kräftigen, erblich nicht belasteten Mann,
welcher im October v, J. unter den Erscheionngen eines linksseitigen
Pleuraexsudatea erkrankte. Das Exsudat war auffallend stark
hämorrhagisch, in seiner Farbe fast venösem Blute gleich, und ent-
hielt neben verfetteten Zellen eine verhältnissmässig grosse Zahl
Respirationskrankheiten. 251
polymorpher (kenlenförmiger, geschwänzter, polyedrischer) Zellen,
welche zu grösseren Verhänden mit einander vereinigt waren. Da
bei dem Patienten ausserdem sich über der linken Clavicula eine
Lymphdrüsenschwellung entwickelte, so glaubte Fraenkel es mit
einem Fall von carcinomatöser Entartung der Pleura zu thun zu
haben. Bei der Section des nach 8 Wochen verstorbenen Patienten
war aber eine Tumorbildung der Pleura nicht vorhanden, letztere
war vielmehr durchweg in eine 0,3 — 0,5 cm dicke Schwarte ver-
wandelt — ebenso auch das Pericard — , und die mikroskopische
Untersuchung ergab in sämmtlichen Lymphgefässen derselben eine
starke Wucherung der Endothelien, d. h. eine Lymphangitis proli-
fera, die von einem Carcinom streng zu scheiden ist. — Die Pro*
gnose dieser Erkrankung scheint nach den bisherigen Erfahrungen
eine ungunstige zu sein. Eine sichere Differentialdiagnose gegenüber
dem Carcinom ist auf Orund des mikroskopischen Verhaltens der
von den erkrankten serösen Häuten gelieferten Exsudate bislang
ausgeschlossen.
4. Herztrankheiteii.
Von Dr. Jnlms Schw&lb^ in Berlin.
Ueber eine Anomalie der Lage des Herzens berichtet
Hei mann in der Berl k!in, Wochenschr. Nr. D. Was &u der Be-
Bcbreibung und namentUcb an der Deutung des Falles riclitig oder
falseb ist, llsst sieb nicbt beuitbeilen, da ein Sectionsbefund Bicbt
vorliegt» Wie leicht man sich aber bei der kliniecben UnterBucbung
derartiger Lageanomaiien täuschen kano^ beweist der Fall von
Dextrocardie, welchen Berwald in der Berl, klln. Wochenschr,
Nr. 41 schildert. Hier lehrte der circa ©in Jahr nach der Pubiication
des Falles erhobene Stfctionghefund j dasB die Annahme des Verf.'s
von der Lage des Herzens im Allgemeinen und derjenigen des
Spitzenstosees im Besonderen nicht zntreifend war. Daes auch die
Meinung Berwald^s, es handle sich hier um eine congenitale Dextro*
cardie, unhaltbar ist^ lässt sich wenigstens mit hoher Wahrschein-
lichkeit vermuthen. Die Verlagerung des Herzens ist wohl bei dem
lungenphthisischen Patienten auf rein mechanischem Wege (j^beide
Longen stark geschrumpft'', „Herzbeutel mit dem Brustbein sehr
fest verwachsen"; über die Beschaffenheit der linken Pleura ist
nichts gesagt!) zu Staude gekommen.
Th, Schott bringt einen Beitrag zur Aetiologie der chroni-
schen Herzkrankheiten (Berh klin. Wochenschr. Nr; 31 u. S2 und
Verhandlungen des Congresses für innere Medicin zu Leipzig)^ welcher
nichts Neues enthält,
Ueber Herzkrankheiten bei Gonorrhoe handelt der aus
der Curschmann^schen Klinik hervorgegangene Aufsatz von W. His
f^rl ^Im, Wochenschr. Nr. 40). Bei einem 19jährigen jungen
nmt es im Verlaufe eines geringgradigen Trippers zur
Herzkraukheiteo.
253
Uüdung septischer Thrombeo in den Venen der Prostata und des
Plexus pabicus, und von hier aus entwickelt sich eine letale Septico-
pyämie« Zuerst etablirt sich eine ulceröse Endocardttis an den Aorten-
klappen, dann — nach einer starken iTemüthsbeweguog und Er-
kältung — treten unter Schüttelfrösten Embolien in Haut^ Mik,
Kieren, Lungen, Hämorrhagien in den verschiedensten Organen etc.
aui'. In den erkrankten Theilen der Aortenklappe lassen sich bei
der Section sahireiche Kokken nachweisen^ die in Gestalt und Grösse
dorn Neisser'scheu Gcnococcus gleichen und auch nach der G ram-
schen Methode ihre Farbe verlieren. Da indessen das Klappensegel
in MöUer-scher Lösung gehärtet war, so möchte der Verf, selbst
aii0 diesem Befunde keinen sicheren 8chluss ziehen. In den Infarcten
der Lungen und übrigen Organe werden keine Mikroorganismen
bacterioskopisch gefunden. Aus der Milz Hessen sich auch culturell
keine Bacierien gewinnen, — Einen Parallelfall, der unter E. Wagner
rar Beobachtung gelangt ist, theilt der Verf. aus dem Archiv der
Klinik mit. Auch hier hat sich eine Endocarditis ulcerosa im Gefolge
eines acuten Trippers an den Aortenklappen entwickelt. — Auf
Gnind dieser Fälle und der in der Litteratur beschriebenen hält der
Verf. es für zweifellos, dass beim Tripper Herzaffectionen auch ohne
begleitenden Gelenkrheuinatismus vorkommen können (was gewiss
nicht überraschen kann, da die Arthritis gonorrhoica und die Endo-
carditis als gleichartige Oomplicationen des Trippers aufzufassen sind;
ist es doch salbst wahrscheinlich, dass eine Endocarditid „rheumatica"
ohne Arthritis acuta zur Ausbildung gelangen kann! Ref.). Zu unter-
scheiden sind die gutartigen Formen der Endocarditis von den ulce-
rosen* Von den ersteren vermuthet der Verf., dass sie allein durch
den Gouöcoccus, von den letzteren, dass sie durch septische Misch-
_ini"ection bedingt sind. Sichere bacteriologische Untersuchungen
über diese Fragen durchaus nicht vor. — Am Schluss seines
ksÜMiKes beschreibt der Verf. ei neu Fall, bei dem ein schon be-
ader, aber fast symptomloser Herzfehler durch einen Tripper
Lücheblioh verschlimmert worden ist.
Eine Illustration zu den Beziehungen zwischen Erkran-
kungen der GaUenwege und ulceröser End ocarditis sollen
die beiden aus der Eichhors tischen Klinik stammenden Fälle dar-
stellen, deren Krankengeschichte und Öectionsbefund J, Leva
\ (Oeutsche med. Wochenschr, Nr. 11 j ausführlich publicirt. Freilich
'geeteht der Verf, selbst ein, dass er einen zwingenden Beweis für
die Annahme einer Abhängigkeit der ulcerösen Endocarditis von der
254
Schwalbe.
OholaDgitiB nicht zu erbringen vermag , da ein solcber nur durch
genaue bacteriologieche Untersuchung hätte geführt werden können.
(Die Zugehörigkeit beider Fäll© zu dem im Titel bezeichneten Gebiet
erscheint mehr als zweifelhaft. Im ersten Fall war bei der Seotion
neben dem Befunde einer bösartigen [aber nicht ulcerösen !] Endo-
carditis nirgends ein Eiterherd im Körper zu constatiren, SpeoieU
über die Gallen wege heisst es: „Die Leber ist massig gross, die
grüaseren "Oallenwege sind erweitert | sonst nichts Abnormes. Im
Ductus choiedochiis findet sich viel eingetrocknete oran gegelbe Galle
und zwei Galleosteine ^ wodurch derselbe ganz bedeutend sackartig
erweitert ist.** — Im zweiten Falle fand man zwar bei der Section
Gallensteine, Pankreasabscess ^ eiterige Meningitis; von einer Endo-
carditis Elceroea aber kann man weder klinisch noch anatomisch
reden. Ref,)
I
Interessante statistische Angaben über die uncomplicirte
Mitralstenose veröffentlicht Duroziez (R6tr6ciss^ement mitral
pur, Union m6d. Nr* 21 u. 42). Vor dem 15. Lebensjahre kam die
Mitralsteoose nicht vor (beim Fötus hat sie Duroziez dreimal be-
obachtet). Unter 272 Fällen betrafen 18 das 15.— 24. Jahr, 104 das
25.-34., 83 das 35.-44., 46 das 45.-54., 8 das 55.-64. Jahr, 3 waren
jenseits des (M. Jahres, S5 Patienten litten an rechtsseitiger oder
linksseitiger Hemiplegie. Die meisten Hemiplegien fielen in das
24. — 31. Jahr. B'ür die Diagnose der Mitralstenose fordert Durozie«
die Anwesenheit eioes diaatoli sehen oder präsystolischen Geräusches
über der Mitralis; die Verdoppelung des zweiten Tons scheint er
merkwürdigerweise nicht als beweiskräftig für die Diagnose anzusehen.
Im Änschluss an neun in der englischen Litteratur niedergelegte
Beobachhmgen von präsystolischem Geräusch ohne organische Mitral-
stenose berichtet Maguire (The presystolic murmur without
organic disease of the mitral valve. Med. Chronicle Bd, 12)
über zwei eigene Fälle. Bei beiden Patienten wurde neben einem
systolischen Geräusch an der Herzspitze und einem diastolischen
Aortengeräusch zeitweise ein deutliches präsystolisches Geräusch ge-
hört, ohne dass bei der Section an den Mitralsegeln eine pathologische
Veränderung gefunden werden konnte. (In einem Fall hätte viel-
leicht ein in den linken Vorhof hineinragendes Aneurysma der „vor-
deren'' Arteria ooronaria als Ursache einer relativen Mitralstenose
angeschuldigt werden können.) Die Genese des präsystolischen Ge-
r&nsebes glaubt der Verf. davon herleiten zu können, dass das vordere
Mitralseget durch die gleichzeitig von der Aorta und dem linken
Herzkrankheiten.
855
Vorhot eindringendeD ßlutetröme bisweilen in Bewegung geseUt
werde und dadurch Wirbel erzeuge, welche durch die Systole des
linken Vorhofea gesteigert würden. (Diese durch die Systole des
Linken Vorhofs vermehrbaren Wirbel sind doch schon allein aus
Lder Aortenklappen in sufficienz zu erklären! Ref.) Nach des Verf^'s
leinung entsteht das G-eräusch jedenfalls an der Mitralis seibat und
ist nicht bloss von der Aorfa fortgeleitet
üeber dio Diagnose einer combinirten Insufficienz und Stenose
Mitralis und Aortenklappen handelt v, Maxim o witsch (Diffe-
rentielle Diagnose gewisser Gestalten combinirter Herz*
fehler. Deutsch. Archiv f, klin. Med. Bd. 49) auf Orund von vier
'Fällen. Bei diesem geringen Material ist es begreiCiicb, wenn die
diagnostiscbeo und prognostischen Schlussfolgerungen des Autors auf
schwachen Füssen stehöu.
In einer ausführlichen, von der medicinißchen Facultät in Giessen
gekrönten Preisschrift nimmt W. T. Dun bar Stellang zu der in
letxter Zeit aufs Neue ventilirten Frage über das Verhalten des
linken Ventrikels bei den Fehlern der Mitralklappe (Deutsch.
Arch. f. klin. Med, Bd. 49), Auf Grund zahlreicher klinischer Be-
obachtungen und Obductionsprotocolle aus den letzten 10 Jahren der
Riegerscben Klinik kommt der Verf. zu dem Schlnss^ dase eine
leoncentrische Atrophie des linken Ventrikels als directe Folge der
Mitralstenose aufzufassen sei* Bei der Compensirüng der Mitral-
stenose wirkt der linke Ventrikel gar nicht mit. Dagegen entsteht
ai der Compensation der Mitralinsuf'ficienz eine Dilatation und Hyper*
rtrophie des Unken Ventrikels. (Ref. kann diesen Schlussfolgernngen
des Verf/a nach seinen mannigfachen klinischen und anatomischen
Erfahrungen völlig beistimmen.}
Einen lehrreichen Vortrag, Ueber Schlussanfähigkeit der
j^figenarterienklappenf hat Gerhardt auf dem Congress für
re Medicin zu Leipzig gehalten. Nach ihm findet sich die Pul-
monalklappen insufficienz in ca. l^J2*','o sämmtllcber Herzklappenfehler.
i^Fast die Hälfte dieser Fälle kommt neben Fehlern des linken Herzens,
eaonders neben Aortenklappen insufficienz vor. Die Krankheit kann
jea Alter betreffen. Meist ist sie durch Eötzöndung veranJasst^
Mift im AnschlußS an Infectionskrankheiten; unter diesen prävalirt der
Gelenkrheamatismus nicht in der Weise wie sonst in der Aetiologie
der Endocarditis, Zuweilen geben angeborene Herzanomalien die
Veranlassung zur Pnlmonalklappeninsufficienz, Als Symptome des
Vitium sind bekannt: verstärkter und verbreiterter Spitzengtossj
256
Schwalbe*
VergrÖsseruDg der Herzdämpfung , besoDders nach rechts bin, dia-
stolisches Geräasch im zweiten linkea latercostalraum ^ das mit der
Exspiration oft stärker wird, eich nicht in die Halsarterien fortpflanzt
und von etwa gleichaeitig vorhandenem diaatoliachem AortengerÄusch
verscliieden ist (meist tiefer und rauher als dieses). Bisweilen ündet
sich fahlbare Palsation des rechten Kammerrandes zwischen Processus
xiphoideud und rechtem Rippenbogen (infolge Erweiterung der rechten
Kammer und Streckung der Arteria pulmonalis^) und systolisches
Schwirren bei Fingereindruck auf diesen Rand. — Beim Aufzeichnen
der Pulsationen in der bronchotrachealenLaftsäale durch Einführen eines
Jklanomöterrohresin ein Nasenloch scheinen dteCurven höher und steiler
— infolge starker Druckschwankungen der Lungenarterienäste —
auszufallen als bei Aort^nklappeninsufficienz. Bisweilen hört man
einen dumpfen Doppelton und rhythmische herz systolische Verstärkung
des Vesiculärathmens (hörbarer Gapillarpuls des kleinen Kreislaufs),
und zwar auch an Stellen der Brustwand, die sehr entfernt vom
Herzen liegen. Diese Symptome finden sich aber auch in seltenen
Fallen von linksseitigen Klappenfehlern, sind deshalb nicht mit
Sicherheit fftr die Diagnose der Pulmo nalinsufficienz zu vervrerthen.
lü der Discussion bemerkt Senator, dasa als ein diagnostisches
Zeichen der Pulmonalklappeninsufiicienz die Abwesenheit eines diasto-
lischen Geräusches in der Bauchaorta anzusehen ist.
Klinische Beiträge zu den Krankheiten ded Pulmonal-
oatium enthält der aus der Eich ho rst^ scheu Klinik hervorgehende
Aufsatz von G, Leuch (Zeitschr; f. kliiu Med, Bd. 21)* 1d keinem der
fünf beschriebenen FäUe verificirt ein Obductionabefund die klinische
Diagnose: ein umstand, der — bei der Schwierigkeit der Erkennung
der Pulmonaioatiumfehler — den Werth der mitgetheilten Beobach-
tungen immerhin etwas beeinträchtigt. In drei Fällen soll es sieb
um eine angeborene Stenose, in einem Falle um eine angeborene
Insufficienz und Steoose^ im letzten endlich um eine erworbene Pul-
monal klappen insuflicienz handeln. In den zwei ersten Fällen war der
Herzfehler mit anderweitigen oongenitalen Störungen complicirt:
einmal mit vollkommener Taubheit, das andere Mal mit ausgedehnter
Ichthyosis simplex.
Ueber primäre chronische Myocarditis ist ein aus der
medioinidchen Klinik zu Leipzig stammender Aufsatz von K, Kelle
(Deutaches Archiv f. klin. Med. Bd. 49) betitelt. Der Verf. wendet
sich gegen die von manchen Autoren vertretene Identität zwischen
chronischer Myocarditis und Coronarsklerose und tritt flLr die Belb-
I
I
I
k
J
'fitandi^keit einer primären chronischentzündlicheD Moskel erkrank üb g
dee HerzeDs ein. Als Ursachen derselben sind wahrscheinlich vor-
wiegend infectiöse Einflüsse anzunehmen (Maaern^ Scharlach, Diph-
therie, GelenkrhenmatiämuSj Pocken), Gre wohnlich wird die Mus-
colatar nicht allein, meistens vielmehr Peri- ond Endocard gleichzeitig
mitbetroffen, B'iir die Diagnose sind Herzarhythmien, namentlich
wenn dieselben sich bei reinen Herztönen finden , bedeutungsvoll
F&r die Unterscheidang von Coronarsklerose wären hauptsächlich
das Fehlen peripherischer Arteriosklerose, das Alter der Kranken
und etwaige ätiologische Momente heran zns&i eben.
^
W
Einen eigenartigen Beitrag zu dem Kapitel; Die U e b e r-
anstrengung des Herzens liefert H. Oestreich in der Berl.
klin. Wochenschr. Nr. 14. Trotzdem der Verf. eingangs seines Vor-
trags notirt, dass als Ueberanstrengung des Herzens von den Autoren
ein durch übermässige körperliche Arbeit entstandenes schweres^
dauerndes, meist fortschreitend zum Tode führendes Herzleiden be-
»eichnet wird, kommt er in seiner weiteren Ausführung dahin ^ für
dteBen rein klinischen BegrifF einen rein anatomischen zu äubstituiren
and bei der Section eine Dilatation der Ventrikel bei Unversehrtheit
der HerzmuBculatur, Herzklappen, Gefässe, Nieren und Lungen als
ansraichend für die Diagnose der in Rede stehenden Affection zu
erklären. So wird der Verf. dazu geführt, als Illustrationen zu diesem
Krankheitskapitel die Obductionsbefunde eines Fallßs von zweifel-
hafter körperlicher ueberanstrengung (Mann), von Polysarcia univer-
eialis (Frau), von Pertussis convulsiva (Kind), von Rhachitis und
Eweier Fälle von Diphtherie (Kinder) mitzutheilen, nur weil in üllen
diesen Fällen eine anatomisch nachweisbare Ursache für die Dila>
tation des Herzens nicht aufzuünden war (in Fall 111 hat übrigens
die Pleuritis chronica dextra vielleicht zur Entstehung resp. Ver-
stirkung der Dilatation beigetragen. Ref.),
Mit Recht protestiren Krehi und Komberg (Berliner klin.
Wochenschr. Nr. 20) gegen diese Vermengung klinischer Krankheits-
begriffe und anatomischer Befunde, die geeignet sei, Fragen, welche
dich eben klären, wesentlich zu verschieben, indem sie pathologische
Zoat&nde, die nichts mit einander zu thun haben, identificirt, — im
vorliegenden Falle (sc. z. B. Ref,) die Ueberanstrengung des
Herzenfi und die Herzschwäche bei Diphtherie. Femer behaupten
die VerfF., dass auch die Methode Oestreich's, nach welcher er
dazu gelangte, anatomische Veränderungen der Herzmdscnlatur aus-
suechliesflen , unzureichend gewesen sei. Oestreich habe sich auf
258
Schwalbe.
die UntersQcliuDg der Herzen im frischen Zuataude beschränkt*
Sie selbst aber haben in früheren Arbeiten nachgewiesen, dass ntir
durch die systematische Untersuchung des ganzen Herzens an ge-
härteten und gefärbten Präparaten ein genügendes Urtheil über die
wirkliche Beschaffenheit des Herütniiikels gewonnen werden könne.
In seiner Erwiderung (BerL klin. Wochenschr. Nr. 20) weist
Oestreich auf tien freilich an bestreitbaren Werth der mikroskopi-
schen Untersuchnng des friöcheu Herzens, namentlich gegenüber der
Frage der fettigen Degeueratioo der Musculatur hin, ohne allerdings
damit den Vorwurf seiner Kritiker (s. oben) zu entkräften» Was
den Begriff „Ueberanstrengung des Herzens^* betrifft, so meint
Oestreich, dass derselbe, wenn er dem eigentlichen Wortlaut ent-
sprechen solle , zunächst nicht auf die Körpermusculatur^ sondern
auf die Herzmusculator zu beziehen sei. Ohne auf die Frage nach
der Berechtigung dieser Bemerkung hier näher einzugehen, muss
doch darauf hingewiesen werden, dass Oestreich damit dem ge-
nannten Begriff eine eigene, neue Bedeutung gibt^ mit der er sich
einmal ausserhalb der Reihe derjenigen Autoren, welche bisher über
dieses Kapitel gearbeitet haben, stellt, und die er zweitens ganz und
gar nicht seinem Vortrage zu Grunde gelegt hat.
Ein Fall von Combination einea gestielten und eines Kugel-
thrombüs im linken Vorhof wird voo Redtenbachür (Wiener
kliD. Wochenschr. Nr. 48) mitgetheilt. Trotzdem die bei Beschrei-
bung eines ähnlichen Falles von v. Ziemssen als charakteristisch
aufgestellten Phänomene (Zeichen einer Mitralstenose, hochgradige
Erscheinungen eine^j schwereD Ström ungshindernisses im linken
Herzen [Cyanose, Dyspnoe, geringste Füllung der Arterien efc.|, wie
sie bei einfacher Mitralstenose nur selten beobachtet werden , Auf-
treten von circumscripter Gangrän an den Füssen neben Oedem und
leichenbafter Kalte derselben) bei der Patientin zum grössteo Theil
vorbanden waren, war die Diagnose wegen zu kurzer Beobachtunga-
»eit in vivo nicht gestellt worden,
Ueber die Frage, ob ein freier Kugel thrombüs ein Herz-
oßtium völlig verachliessen könne^ verbreitet sich T. Lang
(Wiener klin. Wochenschr* Nr* 43 J in einer kleinen Abliandlung*
Entgegen v. Ziemssen, welcher die Frage negirt, weil die Kugel
im Blutstrome rolle und an der querelliptischen Spalte des stenosirten
Ostium keinen Fixationspunkt hnde, andererseits aber für ein» Ein-
keilang in das enge Oätium zu resistent sei, hält Lang die Möglich*
keit einer völligen Ostiurasperre för „physikaUech und durch die
J
Herzkrankheiten«
259
che Beobachtung bewiesen"* Die Bedingungen für die Sperr©
aach ihm: 1) ein QuerschtiittäverhäUniss zwischen Ostium iiud
:>inba8, demgemäss letzterer die Apertur des Ostium vollständig
lecken kann; 2) der accidentelL über den Risg des Ostium ge-
rathene Thrombus muss die Apertur deb^selben so lange schliessen,
bis die ßlutströinung zum Stillstand gelangt.
Eine lleissige Arbeit PoUdk's bandelt von der Tuberciilose
des Herzmuskels (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 21), unter Mitthei-
lung eines seltenen Falles eigener Beobachtung. Trotz des Umfangs
des nahezu hühuereigroBsen^ im Septum des rechten Vorhofg gelegenen
ttnd in das Atrium hineinragenden Tumors waren die klinischen
Symptome seitens des Herzens nur sehr unbedeutend gewesen.
Die Erfahrung, dass es Fälle von Bradycardie gibt, in denen
die VerlangsamuDg der Herzaction durch die gewöhnlichen Ursachen
(Schwächezuötände des Herzens, Ooronarsklerose ^ Hirndruck etc)
ht erklärt werden kann, versucht W. Opitz sen, (CentralbL für
r:i IL Med. Nr, 8) durch zwei Beobachtungen zu illustriren. Im ersten
Falle handelt es sich um einen kräftigen Mann , der auf der Höhe
-irn r Poeumonie 60, in der Reconvaiescenz derselben 40 Pulsschläge
iii^vies; im zweiten um eine 73jäLrige Daiue^ die während dreier
Monate ohne andere Kraukbeitssymptome &U die ailgemeiner Schwäche
eme Puls verlangsamung bis auf 20 herab darbot.
In seinem Falle von Bradyüardie führt Sendler (Gentralbl.
i kiin. Med, Nr, 31) die auffallende Erricheinung auf ein den Conus
arteriae pulmonalis verengerndes Fibrom des rechten Ventrikels
suruck*
Die Entscheidung der Frage, ob die Ursache der Bradjcardie
in einem bestimmten Falle cardialen oder extracardialen Ursprungs
tei, vermag, wie Dehio wieder hervorhebt (üeber Bradycardie
lud die Wirkung des Atropins auf das gesunde uud kranke
lensc bliche Herz, St. Petersburger med. Wochenschr» Nr. 1),
da« Atropin ztx liefern, da dieses die im Herzen gelegenen Vagus-
iigungen lähmt und damit eine auf Eebung des bulbären Vagus*
itrums oder der cardialen Vaguszweige beruhende Bradycardie
aafheben kann. In einem Falle von Apoplexie mit 48 Pulsen ver-
r Aochte man tbatsächlich durch eine subcutane Atropin in jection die
rPalszabl auf 144 zu steigern; in drei anderen Fällen, in denen die
Brailycardie auf Veränderungen des Herzens selbst resp. seines
motorischen Apparates zurückzuführen war, rief das Atropin keine
Veränderung in der Pulsfrequenz hervor. — Durch weitere Atropin-
2G0 Schwalbe.
versuche an geaunden (jagendlichen und eenilen) und kranken Herzen
kommt Deliio zu der — nicht gerade neuen — Seh luasf olger ung,
dass als letzte Ursafjhe der cardialen Bradycardie Ernährungs-
störungen der herzregulirenden Centren , beruhend auf Sklerose der
dieselben versorgenden Coronararterienzweige, anzusehen seion. Zu-
weilen mag es sich aber auch wohl nur um eine vorübergehende
fimctionelle Schwäche jener Centren handeln.
Zwei gut beobachtete Fälle von paroxysmaler Tachyoardie
piiblicirt Freyhan (Deutsch© med. Wocbenschr. Nr. 39) aus der
Fürbringe raschen Abtheilung dea Krankenhauses ira Friedricbshain,
Mit Rücksicht auf die beträchtliche Pulsfrequenz (220 und 240),
auf den Mangel vasomotorischer und pupillärer Symptome und das J
Vorbandensein gastrischer Störungen (in einem Falle) möchte der
Verf. glauben, dass es sich bei den Patienten nicht nm eine Sym-
pathicus*, sondern um eine Vagusneurose handelt Bezüglich der
Aetiologie der Affection besteht Unklarheit» In der Therapie der-
selben redet Frey h an namentlich der Anwendung des Morphium
das Wort.
In der durch Den tu mitget heilten Beobachtung (La Med. mo-
derne Nr. 4) von Tachycardie war ein Trauma (Fall auf den Kopf)
die Ursache der auf 240 gesteigerten Pulsfrequenz,
Zur hydriatischen und meehaDischen Therapie der Herz*
krank beiten liefert Pospischil in den Blättern für klinische
Hydrotherapie (1891, Nr. 12) einen casuis tischen Beitrag.
In einer umfangreichen, auf exacte StoüVechBeluntersuchungen
gegründeten Abhandlung über die diätetische Behandlung der
Herzkrankheiten gelangt F. Hirse hfeld (Berh klin. Wochen-
schrift Nr. 11 uod 35) zu dem Satze, dass eine Verminderung der
Ernährung eine Erleichterung der Herzarbeit bedinge und in diesem
Sinne als therapeutisch es Princip bei der Behandlung der Herzkrank-
heiten zu verwerthen sei. Auf diese Weise seien auch die Erfolge
der Karelischen Milchdiät, bei welcher den Patienten anfänglich
nur 6(X)— 800 g Milch ohne jede andere Nahrung pro die gereicht
würden, zu erklären. Ein zweites Hülfsmittel in der Therapie der
Herzkrankheiten sind massige Muskelbewegungen, welche den Ex-
tremitüten mehr Btut zuführen, K.opf und Bumpf entlasten und
Stauungen in einzelnen Gefässgebieten entgegenarbeiten. — Bezüg-
lich der anderen interessanten Auseinandersetzungen des VerlVs sei
auf das Original verwiesen.
Herzkrankheitei).
261
SparteiDum sulphuricum eraptieblt Kohde wieder eißmal
&I0 HerztonicLim und Diureticam (Berl. klin, Wochenschr. Nr. 32).
In Fällen, wo die Einführung des Infusum Fol, Digitalis per
OS wenig oder gar niclit die Compensationsstöning des Herzens be-
w&itlgdu konnte, glaubt ZieDiec (BerL klin, Wocbenscbr, Nr. 40)
Erfolge mit der subcutanen Inject ion des Mittels (0,0S FoL Digital*
auf \fi^ seltener auf 2,0 des Infuses) erzielt zu baben. Nähere Mit-
theilnngen verspricht der Verf. für eine ausführliche Arbeit,
Auf Grund einer gross er en Reihe von Beobachtungen vermag
Ebstein (Ueber die Diagnose beginnender FlüssigkeitB-
ansammluugen im Herzbeutel. Virchow't? Archiv Bd. 130) die
von Botch im Jtthre 1878 aufgestellte These über die Verwerthung
einer Dämpfung am rechten Sterualrande im fünften Intercostalraum
als diagnostisches Zeichen für FläsBigkeitsergusi^ im Herzbeutel
durchaus zu bestätigen. Namentlich gilt dieser Sat^, wenn die
D&mpftmg sich unter unseren Augen entwickelt bat. Andereraeita
müssen aber die in dieser Gegend gelegeneu Abschnitte der Lunge
und Pleura als gesund befunden werden.
Bei einem Patienten, bei dem enorme Cyanose und andere
Staaungserecheinungen bezw. Schwäche des Heraens, femer diffuser
aystolischer Herzshok, Fehlen des Spitzenstosses bei normaler Herz-
dämpfang und reinen Herztönen zu constatiren war, stellte Clässen
(Ueber tuberculöse, käsig-schwielige Mediastinopericar-
itis and T über cul ose imHerzfleisch. Deutsche med. Wochen-
ift Nr, 8) die Diagnose auf Herzbeufeelohliteration. Bei der Ob-
iction fanden sich eine schwielig-käsige Mediastinopericarditia, Ver-
achsung des Herzbeutels mit dem Herzen, käsige Herde im Herz-
fieißch und ein von der Wand des rechten Vorhofs ausgehender und
in daa Cavum desselben hineinragender, fast bühnereigrosser Tumor,
der sich bei mikroskopischer Untersuchung als Conglomerattuberkel
erwiee.
Bei einem Aneurysma der Aorta thoracica können Lungen-
agen nach P, Hampeln (Ueber das Bruataneurysma
laine Beziehungen zu Lungenblatungeu. Berliner klin,
Foebendchr. Nr. 40) eine dreifache Ursache haben. Einmal können
das Aneurysma zufällig compliciren: so traumatische, dyskrasi-
be, pneumonische, Neubildungsblutungen etc. Zweitens kann eine
infolge (?) des Aneurysma entwickelnde Lungentuberculose, ein
Dm Aneurysma abhängiger Lungeninfarct^ nach manchen Autoren
aadi die Compression der Lungen venen die Quelle einer andauernden
(üel
^iti
^acl
26:2
Sefcvalbr.
Hämoptoe büden* (Ab dieser SldJe wira aadi die Tmt einem darch
dee Anetiryema bedingten DecMbiMgeecirwir der RasiöretiQnswege-
flcWigmbmt berrflimiide HimOfiUie, ««leie der Verf. an anderem
Qrle oebenbei enriiiDty enstiiala^fi. Be£) IMe driue und wichtigste,
im yorHegenden Aufsatz allein näher erörterte Gruppe bilden die
Longenblatongen infolge Perforatieii eines Anearyma^ die Ruptur*
blatungcn. Diese letzteren er^cbeioeii bmIiI Uoos, wie neuerdings
meistentbeils angenommen wird, aU parüa^Bmaley pirofiiae und zum
Tode fahrende Biotangen ^ sondern aoch aU habitnelle, pramonitori*
acbe^ ^age, Wochen und Monate, ja sogar möglicherweise Jahre
währende. Diese letzteren Lungenblu langen sind daher in Fällen , wo
eine andere Qaalle nicht zu eniiren ist, als diagnostisches Merkmal
far Aortenaneurysma za verwerthen. Andererseits sind sie auch
fdr die Prognose von grosser Bedeatung, da sie als yerhängnissvolles
Zeichen der drohenden oder bereits vollendeten Aneurysmaruptar^
d. h. des in einiger Zeit sicher bevorstehenden Todes anzusehen
Bind, — Drei Krankengeschichten ülnstriren diese Darlegungen des
YeifaBBers.
Ein seltener Fall von Aortenaneurysma wird von Wit-
thaner (Therapeut* Monatsh. Nr. 4) beschrieben. Das bei der See-
tion als mannskopfgross befundene Aneurysma der Aorta thoracica
deacendens hatte die Rippen aus einander gedrangt, die benachbarten
Wirbelkörper arrodirt und war als halbmannskopfgrosse , lebhaft
pulsirende Geschwulst an der Unken Dor^albältte des Thorax heraus-
getreten. Der Tod erfolgte durch Ruptur des Aneurysma in die
Pleurahöhle. Bemerken swerth ist^ dass der Patient während des
Lebens nur geringe Beschwerden von seinem Leiden gehabt hatte.
In ein anter den Augen Bourget^s zu OrangengrÖase an-
gewachsenes, lebhftit puleirendes Aneurysma der Aorta thoracica
deacendens (An^^vrisme de Taorte desceudente trait6 par la
m^thode de Baccelli. Rev* m^d. de la Suisse romande^ Mai)
wurde nach Baccelli eine 2mm dicke ührfederspirale vou 37 cm
Länge bei 5 cm Durchtuesser eingeführt, welche vorher in kochender
SaUsäure deüinficirt, zugleich zur Erleichterung von Gerinnungen
rauh gemacht und mit einer dünnen Eisenchloridschicht tiberzogen
wur. Der Effeot war, dass der Tumor sich verkleinerte, geringere
Pulsation darbot, und dass die vorher vorhandenen lebhaften inter-
costalen ueural^i>^xhen Schmerzen aufhörten. Vier Wochen nach der
Operation ergaben Probepunctionen kein Blut mehr. Dieses günstige
Rt^^uhat hat sich schon einige Monate erhalten.
I
5* Krankheiten des Bigestionsapparates.
Xim Dr- TU. Rosenlicim, Privatdoceuten imd Assistenten an der medicinisehen
Üniversiläte-Polikiinife in Berlin.
Unter den Erkrankungen des Digest ionsapparates haben im
Folgenden die Magenaffectionen wiederum die ausgiebigste Beiück-
sichtigQDg erfahren müssen^ wenn auch ein gewisser Stillstand der
Production hier nicht zu verkennen ist. Die Zahl der hierher ge-
bdrigen Publicationen ißt deshalb eine weniger grosse als früher,
doch wird immerhin vielerlei Interessantes von denjenigen, die die
haaptsäcblichsten Bearbeiter dieses Gebietes sind, geboten. Vorweg
c&hmen wir, bevor wir zur Pathologie des Magens übergehen^ einige
.Mittheilungen Qber Oesophaguserkrankungen,
Rodenberg, Oeaophagitis dissecans (Medizinskoje obos-
r^nje, nach Petersburger med. Wochenschr. Nr. 30), beschreibt einen
Fall, der einen jungen Engländer betraf, welcher seit einigen Jahren
an Dysphagie und Oesopbagiamus gelitten hatte» Bei einem Anfall von
«tarkem Erbrechen beförderte er dann eine röhrenförmige membranöse
Hasse heraus j die sich mikroskopisch einzig aus Epithelschichten
\ ohne iUneosa zuBammengesetzt erwies.
Ewald erörtert anläaslioh der Demonstration eines wegen
Stenose des Oesophagus als Folge eines Ulcus pepticum
gagtrotomirten Mädchens ( Berliner klinische Wochenschrift
Ir, 37 und erweitert in Zeitschr. i\ klin. Med. Bd, 20, H. 4— G) die
tfrogßOBe der Gastrotomie. Dieselbe ist bei der krebsigen Verenge-
rung eine aehr ungünstige, die Patienten sterben meist sehr bald
.nadi der Operation, denn die peptischen Functionen des Magens
mdy wie Ewald in allen seinen Fällen fand, vollkommen erloschen.
Pjüle von Heilung sind vielleicht darauf zu beziehen, dass die
^Differentialdiagnose gegen andere gutartige Tumoren, wie Fibrome,
Hvomei Cysten etc , sehr schwierig ist. Von den durch andere
inoperable Geschwülste, Aneurysmen, Wirbel-, Leber-, Mediastinal*
264
Rosen heim.
tumoren eotst anderen Verengerungen sind nur die auf syphilitiacher
Basis gewachsenen der Therapie zugänglick Von deo durch Ulce-
rationen (Äetzung^ tuherculöse, ajphilitiäche Geschwüre^ Ulcus
pepticum) entstandenen Stenosen sind sehr selten die tuberculöaen^
nicht viel häufiger die syphili tischen. Bezüglich der Differential-
diagnose zwischen Ulcus utid Garcinora wird darauf aufmerkaam
gemacht, dass beim ersteren zuerst Schmerzanfalle auftreten ^ dann
erst Behinderung der Wegsam keit, während es beim Krebs zu
Schmerzen, wenn überhauptj erst später kommt In dem beschriebenen
Falle gelang es nach der Operation, vermittels eines durch die Fistel-
Öffnung eingeführten Speculums die Gegend der Cardia sichtbar sbu
machen und den Vorgang heim Schluckact zu veri'olgen. Verschluckte
Flüssigkeit dringt durch die Wülste in der Gegend der Cardia mit
vielen Lufthksen vermischt, und es entsteht 10 — 20 Secundeo nach
dem Schlucken ein Schluckgerauseh. Dieeea wird durch die von der
Cardia in den Magen tretende Luft erzeugt.
Für die Dilatirung der Speiseröhrenverengerungen hat
Bosenheim eine neue Art von Sonden conatruirt und in der Berliner
medicinischen Gesellscbaft (Deutsche med. Wochen sehr. Nr. 34) demon-
ßtrirt. Dieselben sind ausserordentlich flexibel, sie werden aus gewalz-
tem Blech hergestellt, das in Spiralen geschnitten wird, aus deren Win-
dungen der 44 cm lange biegsam*^ Theil besteht Das Instrument endigt
unten in ein 1 ^^ cm langes knopftörmiges Ansatzstück, oben in einen
10cm langen soliden Stablgriff. Die Bonden sind, im Gegensatz zu einer
frühereni ähnhchen Conslruction Crawcour'a, langgecug, um den Ma-
genmund zu passiren. Um zu sturkes Klaft'en der Ränder zweier paralleier
Windungen und damit Einklemmungen von Schleimhaut zu verhüten,
sind die Spiralen durch leicht nachgiebige Metaildrähte innen ver-
löthet. Eine Reinigung des Instrumenta ißt leicht zu erzielen, wenn
man einen Waäserstrom durch den Hohlruum geheu läsat und dabei
die Sonde bin und her biegt. (Die Sonden sind in verschiedenen
Starken bei Windler, Dorothean »brasse 3, zu haben.)
Hecbt-Lohnau, Zur Fremdkörpercasuistik im Oeso-
phagus (Tberap. Monatsh.^December), gelang es in einem Falle, wo
eine Frau beim Essen ein Knorpelstück verschluckt hatte ^ das die
Oesophaguspassage %^oll8tändig versperrte .^ nachdem Versuche, es
hinabzustossen, missglückt waren^ dasselbe durch Kneten und Brücken
von aussen hinaof zm befördern.
Indem wir nun zu den den Magen betreffenden Arbeiten über-
gehen, stfeUen wir diejenigen Publicationen voran, die eich mit den
Krankheiten dee Digestionsapparftte».
365
litt tersuchuDgsmeth öden und wichtigen theoratiBcheii Fragen der
verscbiedenen Fmictionen des Magens befassen. Enteprechend
der iiohen Bedeutung, die die Beortheiking der secretorischen
Tliätigkeit des Magens für die Dmgoosc bat| wird auf diesem
Gebiete noch immer gearbeitet.
Nachdem Min tz in einer in diesem Jahrbucli (Jabrg. 1892) referirten
Pablication darauf hingewiesen hatte, dass Winter und Hayem nach
ibrer Methode viel zu geringe Werthe für die freie Salzsäure erhielten,
wurden in der Folge eine Anzabl von Fehlerquellen, die dem Verfahren
dieser Autoren anhaften, namhaft gern« cht. Kosenheim, üeber
die practische Bedeutung der quantitativen Bestimmung
der freien Salzsäure im Mageninhalt (Deutsche med. Wocheu-
schrift Nr. 13 u. 14), bestimmte bei einer Anzahl gesunder und kranker
Personen nach einem Probefrühstück die freie Salzsäure nach Mintz^
die Gesammtsalzsäure nach Sjöqvist^ die Gresammtaciditat durch
Tittation mit Hosolaäure^ zugleich auch den Stickatoi? nach Kjeldahh
Während nun nach Winter-Hayem die freie Salzsäure gegenüber
der gebandenen nicht in Betracht kommt, fand ßosenheim die
üengo der freien Säure in allen Fällen^ wo es sich um gesunde Indi-
viduen handelte, erheblich grösser als die der gebundenen. Winter
and Bayern bestimmen bekanntlich die freie Salzsäure dadurch,
das8 sie nach Ermittelung des Gesammtchlorgehalts in einer zweiten
Portion die Cblorbeatimmung erst vornehmen, nachdem sie, um die
freie Salzsäure entweichen zu lassen ^ im Wärmeschrank bei 100—110^'
bis zur Trockne eingedampft ist. In Wirklichkeit entweicht aber in
BiweiBSgemischen^ wie Roseoheim zeigt, nicht die ganze Menge der
freien Salzsäure, sondern es bleibt in der Kruste ein Rest von min-
deatena 10% zurück. Des Weiteren zeigt er, dass iu der Menge der
freien Salzsäure das krankhafte Verhalten des secretorischen Apparats
eioen leicht erkennbaren sicheren Ausdruck findet, was den Werth
oer quantitativen Bestimmung der freien Salzsäure sichert. Diese,
%eh der Methode von Mintz ausgeführt, ist einerseits einfach
aiig^ tun auch von dem Fractiker angewandt zu werden, anderer-
~0eits gibt sie in Verbindung mit der Bestimmung der Gesammt-
iciditat für die Praxis ausreichende Anhaltspunkte der Diagnose der
Salifteidität und der Superacidität« Erstere darf bei weniger als
0^5*•)*,^J, letztere bei mehr als 2,2 ''(^t^ angenommen werden.
Biernacki, üeber den Werth von einigen neueren
lethoden der Mageninhaltauntersuchung, insbesondere
iber das chlorometrische Verfahren von Winter-Hayem
(CemralbL f. klin. Med. Nr. 20), findet, dass das Verfahren von
266
Rosenbeim.
WiDter-Hayem zwar in küaBtUcbön Gemischen absolut genaue
Wertbe gibt, dagegen ganz falsche Resultate betreffs der ganzen
SalzBäuremenge iia Mageninhalt liefert, da es vorkommt, dass man mit
der Wintereichen Methode grössere Salzsäure- als Aciditätswertbe
beobachtet. Der Grund ist der, dass die Anwesenheit saurer Piios-
phate in den zu analysirenden Flüssigkeiten nicht berückaichtigt ist^
wodurch der Werth für die Salzsäure zu gross, der für die Chloride
zu klein ausfällt. Im Uebrigen empfiehlt Biernacki das Leo'scbe
Verfahren warm für klinische Zwecke, für die exacteste Methode
hält er die von Sjdqvist- Jakach,
Auch Kosöler, Beiträge zur Methodik der quantitativen
Salzsäurebestimmung im Mageninhalt (Zeitschn f, physioL
Chemie Bd. 17, H. 2), findet bei seiner eingebenden Prüfung der
üblichsten Methoden der Bestimmung der Salzsäure, dass die Be-
stimmung der Chloride nach Winter zu kleine Werthe geben muas.
Hat man nämlich in einer Lösung Chlorcalcium und zugleich
zwei fach -saures Phosphat, wie es zumeist im Mageninhalt der Fall
ii^t, so bildet sich einfach i^aures oder normales Oalciumphosphat
(CaC^ + KH.PO^-rrCaHFO^+KCl-l-HCl und BCaCl.^ + 2KH2PO^
= Ca^(P04)*2 + llHCl + 2KCl), wobei zugleich Salzsäure frei wird, die
sich aber beim Eindampfen der Flüssigkeit verfluchtet ^ so dasa im
Kückstande sich ein Minus an Cl findet Bass dem wirklich so ist,
erweist der Verf. an künstlu-hen Mischungen, ein Nachweis, der von
nicht zu unterachätzender Bedeutung ist, da er sich ebensowohl
gegen die Richtigkeil der Methode von Winter wie der von Lüttke
(s. dieses Jahrb. 1892) richtet. Auch Kessler empfiehlt am meisten
die Methode Leo*s.
Bie Methode von Lüttke und Marti us hat aber auch noch,
ebenso wie die von Hayem und Winter zur Voraussetzung, dass
sich im Magensaft, wie man es nach einer Angabe von C. Schmidt
annahm, kein Ammoniak findet, wenigstens für gewöhnlich nicht.
Rosenheim, Ueber das Vorkommen von Ammoniak im
Mageninhalt (CentralbL f. klio. Med. Nr. 39), fand nun vermittels
der Schlö sing' sehen Methode nach %^o II kommen er Entetweissung
des Magensafttiltrats, dass auch der Magensaft Gesunder in allen
Phasen der Verdauung und nach Einnahme der verschiedensten
Nahrungsgemische etwa 0,1— 0,15 ^^^^^ NH3 enthielt. Wird nun
das Cl des Ammoniumcblorids als Salzsäure wie bei Winter und
Lüttke bestimmt, so ergeben sich daraus Fehler von mindestens IO^q.
Auch Langermann, Ueber die quantitative Salzsäure-
beatimmun^ im Mageninhalt (aus dem Bürgerhospital Hagenau)
Krankheiten des DigestionsappRrates.
267
rirobow'c) Arch, Bd. 128)^ hat die einxelnen Methoden %^ergHchen
und findet mit Hayeni- Winter's Verfahren zu kleine Werthe für
die freie Saksäure. Am Schlüsse gibt er ein Verfahren Biedert's
in, nach welchem beim Fehleo freier Salzsäure erkannt werden soll,
id viel Salzsäure zur Sättigung aller organischen Busen noch fehlt
Zu dem Zwecke wird dem Mageninhalt so viel Zeiintelnormaläalzsäure
binzugefügl ^ bis die Phloroglucin-VaTiillinretiction positiv ausfällt.
Dil dnB Bindiingsvennögen der einzelnen Eiweiöskörper för die Salz-
»Jtare ©in verschiedenes ist, dürften der Vt:rgleichung der dabei er-
hftlteaen Werthe Schwierigkeiten erwachsen.
Techlenoff, Zur Bestimmung der freien und g e b u n-
denen Salzsäure im Magensafte (Correspoodenzbl f, Schweizer
Aerste Nr. 23)| hatte gefunden, dass, wenn er in salzaauren Eiweiss-
lositQgen mit einem Ueb ersehn sa an freier Säure diese mit Congo
und mit Phloroglucin * Vanillin bestimmen wollte, er mit dem ersteren
Reagens stets grössere Werthe bekam. Um nun zn erairen^ ob das
Coogü wirklich nur die freie Säure erkennen lasst, prüfte er seine
Gemische auf Ihre physiologische Wirksamkeit, indem er davon aus-
ging, dass nnr bei Anwesenheit freier Salzsäure eine schnelle Eiweiss-
Verdauung eintreten kann* Er fand nun, dass Congo in 6 ccm einer
lO^^oigen Eiw*eisälösung noch 0,5 freie Säure anzeigte, während eine
VerdaauDg damit nicht mehr zu erzielen war. Er folgert daraus, dass
auch ein Theil der gebundenen Säure auf Congo bläuend einwirkt. Da-
nach ziöht er auch seinen früher gemachten Vorschlag, im Magensaft
BUßttcbüt durch Titriren mit Phloroglucin -Vanillin die freie -Salzsäure,
dann weiter mit Congo die Milchsäure zu bestimmen, selbst zurück.
Die Zuverlässigkeit des Günzburg'schen Reagens ficht Blier-
synski an (üeber die Bedeutung der Günzburg'schen Probe
auf freie Salzsäure, Centralblatt f. klin. Med, Nr. 21), Mier-
synaki fand, dass Lösungen von sauren Phosphaten [Ca(H2F04)2]
dia Gftnz bürg' sehe wie auch die Boas^sche Reaction vortäuschen
k6iiodn, dieselben verändern nicht Congoroth, Methylviolett, Tropäolin,
rdthen nicht Methylorange, sollen aber mit Phloroglucin- Vanillin und
mit Resorcin den charakteristischen rothen Spiegel geben.
Die bisher übliche Art der procentualen Betstimmung der Salz-
fläiire im Magensaft wird verworfen von Geigel und Blass, Pro-
centuale und absolute Acidität des Magensaftes (Zeitschr.
t kllö- Med. Bd, 20, H, 3). Geigel und Blass betonen, dass man
die Leistungsfähigkeit eines Magens nicht nach dem Procentgehalt
des Mageninhalts an Salzsäure, nach der von der Grösse der Flüssig-
Itailaresorption und Flussigkeitsabscheidung wechselnden relativen
268
ßoseDheim,
Acidität beurthelleQ dürfe , soDdem dass es vielmehr interessiref
die gesammte auf einen beetinmiten ReiE hin secernirte MeDge,
also die absolute Acidität kennen äu lernen. Das Verfahren, dessen
sie sich dabei bedienen, ist folgendes: Eine Stunde, nachdem die
Versuchsperson ein Ewald'sches Frühstück eingenommen hat, wird
etwas Mageninhalt aasgehebert, die Menge des Ausgeiieberten ge-
messen und sein Säuregehalt procentualisch bestimmt. An die Ex-
pression schliesst sich j>?ofort eine Ausspüluug des Magens an mit
reichlichen Mengen (ca. 2 Litern), nm die Verflüchtigung freier Salz-
säure zu verhüten, kaum lauwarmen Wassers. Das Spülwasser
wurde tiltrirt, die Rückstände mit destiUirtem Wasser gut aus-
gewaschen, Wasch- und Spülwasser vereinigt^ gemessen und daraus
gleichfalls derProcetitgehalt an Salzsäure bestimmt (nach der Braun-
schen Methode). Hieraus ist die absolute Menge der im Magen vor-
banden gewesenen Salzsäure leicht zn berechnen. Bei Gesunden
wurde eine Stunde nach dem Probefrühstück 0^3 — Qfi freie Salz-
säure, bei wechselndem Proceotgehalt gefunden. Bei Gblorotischen
wurde nicht nur relative, sondern auch absolute Superacidität be-
obachtet Für die Praxis wird vorgeschlagen, zuerst aus einer kleinen
Menge exprimirten Mageninhalts mit Pyknometer specifiscbes Ge-
wicht und Salzsäuregehalt zu bestimmen, dann mit 3(3<3 ccra wieder-
holt den Magen auszuspülen und hieraus gleichfalls specifiscbes Ge-
wicht zu bestimmen, woraus eich leicht der Salzsäurewerth be-
rechnen lasse.
Gegenüber diesen Ausführungen weist Ewald in seiner zu
Anfang citirten Arbeit darauf hin, dass der Procentgehalt an freier
Säure nach der allgemeinen Erfahrung auf der Höhe der Verdauung
nur in ziemlich engen Grenzen schwanke, ziemlich unabhängig von
Reborptions- und DifiusioDsverhältnisaen, sowie auch von der Menge
der eingeführten Nahrung, so dass offenbar der ^Betrieb^ so einge-
richtet sei, dasH die absolute Secretionegrösse wechsle, der Procent-
gehalt sich aber constant halte. Dies ergibt sich auch aus den
Geig ersehen Versuchsreihenj wo die Menge des Mageninhaltes zwi-
schen 190—120 schwankt, während der Salzsäuregehalt sich zwischen
0,22 — 0,27 ^Iq hält. Auch kann die absolute Menge in ganz un-
controllirbarer Weise durch den Uebertritt von Mageninhalt in den
Darm verändert werden, während der Pro centge halt davon unbeein-
fluset bleibt.
Boas, Beiträge zur Diagnostik der Magenkrankheiten
(Deutgcho med. Wochenachr, Nr. 17), will bei Suhacidität^ ein Be-
fund der nicht für einen bestimmten Zustand pathognoraonisch ist,
Krankheiten des DigeBtlonsapparates.
269
die quantitative Prüfung der Lab Wirkung dLirch VerdüDnungeu für
Diagnose und Prognose verwertben, indem er annimmt^ dass erheb-
iiche Verminderung der Labproduction den Schluss auf scbwere Ver-
ÄDderungen gestattet Derselbe will für die Diagnose des Magen-
Jcrebses weniger den Mangel freier Salzsäure als das Vorbandensein
Ton Milchsäure verwerthen. Doch macht Ewald a, a. 0. darauf
aufmerksam, dass auch bei Gastritis -, Neurosen etc. Milchsäure ge-
funden wird*
Mehr theoretiscbea Interesse bietet Blum, Ueber die Salz-
säurebindung bei künstlicher Verdauung (Zeitschr. f. klin,
Med> Bd. 21, H. 5 d. 6), Er constatirt zunächst, dasa nicbt nur das
£i weiss, sondern auch seine weiteren Verdauuogsproducte Salzsäure
binden, jedoch mit verschiedener Festigkeit. Setzt man z, B, zu
einer acidalbuminbaltigen Lösung Pepfon hinzu, so tritt sofort Trü-
bung auf, das Pepton hat vermöge seiner grösseren Verwandtschaft zur
Salzsäure das Acidalbumin zum Ausfall gebracht. Auch beziiglioh der
Menge der gebundenen Säure zeigen sich Unterschiede^ derart, dass
die Endpeptone mehr binden, als die Durchgangsformen. Als abso-
luter Saksäurebedarf wurde für 0^1 g trockenen Fibrins eine 2^5
rZehntelnormalkalilauge entsprechende Acidität gefunden.
Auf eine schon früher von ihm empfohlene Untersuchungs-
Bthode kommt Günzburg zurück (lieber Fibrin- Jod kaliu m-
*Ickcben. Deutsche med, Wocbenschi\ Nr. 17). Auf Cirund wei-
terer Erfahrungen empfiehlt er dieselbe als geeignet, in vielen Fällen
die diagnostische Ausheberung zu ersetzen, Jodkaüumtabletten sind
, in feine elastische Schlauchätückchen eingepackt^ der Schlauch, dessen
iZiide umgebogen, mit einem Fibriti faden umschnürt, Werden diese
ifitQckchen ^l\—l Stunde nach Einnahme eines Ewald'schen Früh-
i Btöcks geschluckt, so wird unter normalen Verbäitnissen der Fibrin-
faden aufgelöst, der Schlauch rollt sich vermöge seiner Elasticität
Lauf, ond nach 1 — l'*,'^ Stunden lässt sich Jodkalium im Speichel nach-
rireisen. Tritt dies erst nach mehr ab 5 Stunden ein , so besteht
chemische Insufticienz, bei mehr als 2— S Stunden kann Superaci-
ditat oder Subacidität mit Gährungsvorgängen vorliegen. Hier gibt
die Entscheidung nur die Ausheberung, Dass das Päckchen durch
vermehrte Peristaltik noch vor Auflösung des Fibrins in den Darm
choben wird, soll nur selten vorkommen. Hier schützt mehr-
ge Untersuchung vor Irrthümern,
Aach die Prüfung der motorischen Function des Magens durch
die Salolprobe ist noch einmal angefochten von Stein, Ueber die
270
RoiJenheiin.
Verwendbarkeit ^es Salols zur Prüfung der Magenthätig-
keit (Wien. med. Wochenscbr. Nr. 43). Stein glaubt auf Orund seines
Thierexperimeuts die Brauchbarkeit der Salolraethode verneinen zu
moaeen. Führte er Kaniuchen und Hunden nach Unterbindung des
PyloruB Salol in den Magen, so wurde dasselbe bei saurer Reaction
resorbirt und liess sich in allen Fällen im Harn nachweisen.
Um eine genau© Bestimmung der Capacität des Magens vor-
ntibmen zu können^ jjcblägt KeUing, Ein einfaches Verfahren
zur Bestimmung der Magengrösse mittels Luft (Deutsche
med. Wochenwcbr. Nr. 51), vor, an den Magen schlauch ein T- förmiges
Glasrohr zu befestigen, dessen einer Schenkel mit dem Gebläse durch
einen Schlauch verbünden ist, der sofort necb der Aufblähung des
Magens abgeklemmt wird, so dass die Luft durch einen mit dem
anderen Schenkel des Hohles verbundenen Schlauch entweicht und
durch diesen in einem Cylinder unter Wasser aufgefangeu wird.
Gleichzeitig wird der im Magen herrschende Druck durch ein in
eine Zweigleitung eingeschaltetes Manometer gemessen. Bie Unter-
schiede im Druck und iu der Temperatur erheischen die Berechnung
des wirklichen Luftvolums nach einer von K e 1 1 i n g aufgestellten
Formel.
Auch die D i a p h a n o s k 0 p i e ist in die Reibe der Untersuchungs-
methüden des Magens eingetreten.
Heryng und Reichmann , Ueber elektrische Magen- und
Darm durchleuchtung (Therapeut. Monatsheftt^, März) wenden für
die Zwecke der Magen dnrchleuchtuiig eine w^eiche Magensonde an,
an deren Ende ein sog. Mignonlämpcheo befestigt ist, welches zur
Verhinderung der Wärmestrahlung noch von einer Glasglocke um-
geben ißt. Zwischen Glocke und Lämpcheo circulirt vermittels be-
sonderer Vorrichtung Wasser. Das letztere ist überflüssig, es ge-
nügt, einen einfach mit dem Liimpchen armirten Schlauch in den
vorher mit Wasser angefüllten Magen einzuführen ^ wie dies Ein-
horn (BerL kiin, Wochenschr, Nn 51) u. A. thun. Das Lämpchen
wird durch eine Stöhrerbatterie im verdunkelten Räume zum Glühen
gebracht, worauf ein leuchtendes Bild des Magens sichtbar wird, von
dem sich zwei dunklere Stellen, entsprechend den Mm. recti ab-
heben. Die Methode ist geeignet^ in manchen Fällen für die Be-
sdmmung von Lage und Gröwse des Organs verwendet zu werden
and die Verwechselung von Dislocationen und Ektasien zu verhüten.
Veränderungen der vorderen Magenwand werden wohl erst dann
erkannt, wenn sie auch dem Gelübl deutlich werden. Renvers
m
Krankheiten des Di g«^tionsap parates.
^71
Deatsche med. Woclienaclir- Nr, 42) erwäknt ©inen Fall von Mageii-
(ATcioom, bei dem die kliDischen Symptome für den Sitz am Pylorus
spmcben, während die Durcbleacbtang es an der vordereD Magen-
Wand eräcbeitien lieas. Die Section bestätigte die klinische Diagnose;
der Irrtbum £ndet aeioe Erklärung darin ^ dass ein Stück des Dao-
deonm miterleucbtet wurde, Reichmann warnt vor Ueberöchatziing
der Methode.
Aach auf die bei der Verdauung in Betracht kommenden Fer-
mrüla bestehen sich eiaige Arbeiten«
Eine bisher wenig beachtete Frage behandelt Biernacki, Das
Verhalten der Verdauungaenzyme bei Temperatur-
erb ob u ug (aus dem physiülogii?chen Institut zu Heidelberg, inZeitscbn
f, BioL Bd* 10 N, F.), Er stellte sieb reines Trypsin dar durch Ver-
mischen von saurem und alkalischem Pankreasinfus und Sättigung mit
scbwefeleaorem Ammoniak. Der in thymolisirtem Wasser aufgelöste
Niederschlag wurde partiell mit Alkohol gefallt, und die einzelnen
FiUungen in 0,25 ^'„iger thymolibirter Sodalösung aufbewahrt. Der
Verdamizig nnterworren wurden kleine Fibrinflocken und reine Al-
bumose. Es ergab sich, dass das Trypsin, 5 Minuten einer Tempe-
ratur von bO^ ausgesetzt, seine Verdauungatahigkeit völlig einbüsst.
Temperatur von 45 ^ bei einer Zeitdauer von 15—20 Minuten
schwächte die Wirksamkeit, hob sie aber nicht auf. Eine Probe je-
doch wurde erst durch 55 o zerstört, während frisches Pankreassecret
auch 55 ö ohne Schwächung ertrug. Den Grund dafür fand er in
der Beobachtung f dass eine Iteibe von Salzen, besonders schwefel*
saures Ammonium, dann Chlorammonium, salpeterisaures und phos-
orsaures Ammoniak und Chlorammonium, die Eigenschaft haben,
Tryptsiii vor den Foigen der Erhitzung zu schützen , so dass
erat bei 60 ** zerstört wird* Jedes Salz hat sein Wirkungöoptimum
(NH|)2S04 bei * ^ — ^^o]« ^^^^ gleichen Schutz verlieh dem
sin aber auch Zusatz von Albumose, Amphopepton und Anti-
ptoo. Von Wichtigkeit ist aber auch die Reaction. Trypsin-
DbeQ, die in alkalischer Reaction erst bei 50 o zerstört wurden,
JD neutraler oder saurer Lösung schon bei 45 ö zu Grunde.
Dsen etc« konnten es hiergegen nicht schützen. Erwärmung
ÖO** beeinträchtigte ihre Wirkung, wie solche auf Ab^ analog
die alkalische Lösung beeinträchtigt. Erhitzen der alkalischen
PrypsinJösung bei Gegenwart von Salzen etc. auf 45 o verstärkte ihre
roteolytische Eigenschaft» Das Pepsin zeigte sich am resistentesten
Teaiperaturerhöhung in saurer Lösung, in der seine Wider-
272
Roflenheim,
atandsfäliigkeit erhöht wurde, wenig durch Salze, erheblicher durch
Pepton* Hiermit ging es erst bei 70'' zu Grunde. Speichel btisate
unfiltrirt seine Wirkung auf ölärke bei 75'', iiltrirter bei 70" ein,
aehnfaeh verdünnt schon bei 60'' (wohl infolge der Verdünnung
Bchüt2ender Substanzen), desgleichen in alkalischer uod saurer Ver-
düünuQg. Zngatz kleiner Quantitäten von Salzen (bis zu 0,5 '^(„) so-
wie von Albumose und Pepton erhöhte den vernichtenden Wärme-
grad von 60" auf 65 '\ Pöpton sogar auf 700. AHe Enzyme waren
um so weniger widerstandsfähig^ je reiner sie waren.
Einige von Bosenbach angegebene Speichelreactionen prüft
bezüglich ihres Vorkommens Rosen thal, üeber Farbenreac-
tionen des Mandspeichels (Berliner klin, Wochenschn Nr» 15),
Eine der Xanthoproteinreaction sehr ähnliche, wahrscheinlich mit
ihr identische Farben Veränderung jedes Speichels beim Kochen mit
Salpetersäure (erat milchige Trübung, dann Gelbfärbnng) und nach-
folgenden Zusatz eines Alkali (braungelbe bis orangefarbene Fär-
bung! findet er in ihrer Intensität abhängig vom Eiweissgehalt, am
schwächsten kurz nach der Mahlzeit^ am stärksten einige Stunden
darnach, Rosafärbung durch Salzsäure, roth violette durch Spuren
von Salpetersäure hei längerem Kochen entsteht bei Gesunden nur
nach besonderer Reizung der Speicheldrüsen (z, B. durch Rauchen,
Gewürze, Pilocarpin), sehr intensiv ist sie bei Magencarcinom und
starker Nephritis.
Nachdem vor mehreren Jahren ^echon Sticker darauf hin-
gewiesen, daas dem Speichel ein die Magensaftsecretion befördernder
Einfiußs zukomme, ist dieser üegenstand nunmehr einer genauen
Untersuchung unterworfen worden durch Biernacki, Die Bedeu-
tung der Mundverdauung und des Mundspeichels für die
Thätigkeit des gesunden und kranken Magens (Zeitschr. f.
klin. Med. Bd, 21, H. 1 u. 2). Biernacki Hess dieselben Personen
dieselbe Nahrung (Stärkelösung und rohes Ei weiss) einmal selber
essen und den Speichel verschlucken, ein zweites Mal wurde die-
selbe vermitteis der Sonde in den Magen gebracht, und der Speichel
ausgespieen. Dabei zeigte sich, dass sowohl die motorische wie die
secretorische Leistung des Magens eine viel bessere war, w^enn die Nah-
rung den Mund passirt und unter dem Einflüsse des Speichels gestan-
den hatte, als bei Einführung durch die Sonde unter Ausschluss der
Speichelbeimengung, und dass besonders in pathologischen Zuständen
das Einnehmen der Nahrung durch den Mund wichtig für genügende
En«ymbildung ist. Wurde der Speichel mit der Nahrung vermischt
durch die Sonde in den Magen eingeführt» so hatte derselbe einen
Krsiikheit«n des Digeationsappanitea.
273
I
oor geringen Effect Wichtiger ist, dass die Nahrong dtircli die
MuDdhöhle hindurch geht, welche ^ wie Biernacki findet , das Be-
itrebeD hat^ den durchzukauenden Ingesten eine schwach saure Be-
action zu geben. Bei schwach saurer oder neutraler ReactioD der
Kahnmg übt der Magen am besten seine Thätigkeit aus,
Jawein, Zur klinischen Pathologie des Speichels
(Wiener medic. Presse Nr. 15), findet in fieberhaften Erkrankungeu
die 8peicbelwirkiing herabgesetzt, in leichteren Fällen durch Ver-
minderung der Menge, in sehr schweren zugleich durch Verminderung
der amylolyti sehen Wirksamkeit, ebenso ist sie bei chronischer Ne-
pbritis vermindert, hei Lungenphthise nicht, nicht selten verringert
bei Scorbut, Diabetes und Morbus Addisenii.
Schliesslich soll hier noch eine Arbeit erwähnt werden^ welche
sieb auf einen bei der Ausheherung wie bei der Ausspülung des
Magens nicht seltenen Befund bezieht. Grandzach, Ueber das
Entstehen braunfarbiger Fetzen im Magen (Wiener medic,
Presse Nr. 25) fand, dass diese Fetzen, die den Verdacht, durch
Blutflb-bung entstanden zu sein, erwecken können, sehr häufig Folge
dea Thee* und Kaffeegenusses sind. Der durch die Gerbsäure nieder-
geochlagene Schleim schliesst die Farbstoffe in sich ein. Es gelang,
denselben Vorgang im Reagensglase zur Erscheinung zu bringen.
Im Verhältniss zu der grossen Zahl von Arbeiten, die die oben
beröbrten wichtigen theoretischen Fragen behandeln, ist die Zahl
der Beiträge zur Klinik der Magenkrankheiten gering.
Zwei in diagnostischer Beziehung interessante Fälle publicirt
PuUwski*Warschau, Zur Üasuiatik der Magenkrankheiten
(Berliner klin. Wochenschr* Nr. 42). In dem ersten Falle bandelte
es sieb um einen 51 jährigen Mann, der seit 5 Monaten unter starker
Abmagerung erkrankt, über Aufstossen, Uebelkeit, Schmerzen im
lisgen und Erbrechen zuweilen kaffeesatzähnlicher Massen klagte.
Die Untersuchung liess eine Reihe höckeriger Tumoren über der
Magengegeud und eine Dilatation constatiren. Mikroskopisch fanden
Heiepilze und Sarcine im Ausgeheberten. Anamnese und dieser
d machten die Annahme eines Magenkrebses fast gewiss. Doch
stand damit das fast bis zum Tode constante Vorhandensein freier
zaäure im Widerspruch. Da sieb auch im nüchternen Magen
■eie Salseäure baltiger Magensaft vorfand, wurde an Superaecretion
gedacht, doch stimmte das ganze Krankheitshild nicht damit über-
ein. Die Section ergab nun, ausser einem beginnenden Carcinom
Cöcomt dass die Ektasie die Folge einer Einengung des Pyloras
lirbucb <l üf»et- Median. 189a. 18
274
Boaenheim.
durch ELrebsknoten , die vom Feritotieum Rusgingen und deo intra
vitam geftilillen Tumoren entäpracbeD, war. Der Magen selbst war
nicbt verändert. — lu dem zweiten Falle drängte der ganze klinische
Beinnd zur Annahme eines Magengeschwürs. Die Erfolglosigkeit
der inneren Behandlung bestimmte zu dem Versuch einer Resectio
pylori. Bei der Operation zeigte sich die hintere Magen wand mit
der Nachbarschaft verwachsen, die durch einen Schnitt in die vordere
Wand eingeführte Sonde kam auf einen blumenkoklartigen Tumor,
der von einem glatten , harten Wall umgeben war, zugleich zeigten
sich die peritonealen Lymphdriisen vergrössert. Von weiteren ope-
rativen Eingriffen wurde Abstand genommen. Der Widerspruch
zwischen den unzweifelhaft auf ein Ulcus deutenden klinischen Sym-
ptomen and dem bei der Operation erhobenen^ scheinbar nur auf
Krebs zu deutenden Befunde hätte nur durch die Annahme eines
auf der Basis des Magengeschwürs entstandenen Carcinoms erklärt
werden können. Die Autopsie lehrte, dass die klinische Diagnose
die richtige gewesen war, der gefühlte Tumor war die mit der Um-
gebung des Ulcus verlöihete Bauchspeicheldrüse gewesen, die im
Uebrigen unverändert war.
Kriege (Berl. klin. Wocbenschr. Nr. 50 — 51) theilt einen Fall von
Perforation eines Ulcus ventriculi in die Bauchhöhle mit^
bei dbm es gelang, durch die Laparotomie die an der hinteren Magen-
wand sitzende Perforationss teile ausfindig zu machen^ durch die Naht
zu schliessen und so Heilung zu erzielen. Ein in der 6. Woche nach
der Operation aufgetretenes Empyem wurde gleichfalls üb*^rwunden.
In einem zweiten von Kriege mitgetheüten Falle starb die Patientin
am 10. Tage nach der Operation dadurch, dass eine Dünndarm-
fichlinge sich in einem bei der Operation zufällig eotötandenen Schlitz
im Netz einklemmte, durch die eingetretene Stauung riss die Magen-
naht, zugleich perforirte ein duodenales Geschwür.
Hall berichtet (in ßrit, med. Journ., Jan.) über einen Fall von
Perforation eines Ulcus ventriculi. Es bildeten sich die Erscheinungen
der Peritonitis heraus, die aber bei Anwendung von Terpentinfomen-
tationen, Opium, Brandy und Ernährung per clysma zurückgingen,
60 dass es zur Heilung kam. Hall glaubt^ dass dies dadurch er*
möglicht war, dass der Magen bei der Perforation leer gewesen war,
Gerhard t-Strassburg, Ueber geschwürige Processe im
Mügen (Virchow's Archiv Bd, 127), gelang ea, anatomisch den Ueber-
gang von Erosionen der Magenschleimhaut in Geschwüre nachzu-
weisen.
V. Meriug (Münchener mecücin. Wochensehr. Nr, 40) berichtet
Kraokheiteii des DigeatioDBapparates. 275
ober emeo Fall von Magt^ncarcioom, weiches, ausser d urch groasö
Beweglichkeit , dadurch auagezeichnet war, dass er eine 25jährige
r Frau betraf^ deren Ma^^^endaft conätant ziemlich hohe Salzsäiirewerthe
ll,:2<*i'y(^ nach Cahu und v. Mering) aufwies. Allerdings war die
[Jfethylviolettreaction negativ.
Die grosse Anzahl von Publicationeo gelungener P y 1 o r a s-
|reäectionen, Gasfcroent er ostomosen etc. kann füglich über-
gangen werden, nicht so zwei Mittheilungen, die das functionelle
►^erhalten des erfolgreich operirten Magens betreffen.
Boeenheim, üeber das Verhalten der Magenfunction
Bacb Resection des carcinomatösen Pylorus (Deutsche med,
Wocbeoecbr* Nr. 49) theilt den Fall einer vor l-^,^ Jabren wegen
Carcinoma pylori von Haho-Friedriclishain operirten 48jthrigen
Patientin mit^ deren Magen er seitdem wiederholt unteräucht bat
Bei der Aufblähung des Magens zeigt sich eine vollkommene Con-
tinena für das Gas, es geht nichts davon in den Darm über, auch
ist nie Galle, selbst nicht bei starken Brechbewegiingen , in
den Magen übergetreten. Die motorische Function ist durchaus
normal. Der secretorische Befund (Daniederliegen der Salzsäure-
^^und Pepsinabsonderung) dagegen ist durch die Operation in keiner
^■Weiae geändert worden. Dabei beBndet sich die vernünftige Diät
^Hinhaltende Patientin sehr wohl^ sie hat seit der Operation über
^BO Pfand an Korpergewicht zugenommen.
^m Auch Känsohe, Untersuchungen über das functionelle
^^Resultat von Operationen am Magen (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 49), der über vier von Mikulicz operirte Fälle berichtet,
hat bei swt^i Rosectionen des Pylorns dasselbe Resultat: fortgesetztes
DÄmiäder liegen der secretorischen , Wiederherstellung der niotori-
«cheii Function, Besserung des subjectiven Beiindens, Gewichtszu-
niihme. Weniger zufriedenstellend war das Resultat, besonders be-
^yiüglioh der motorischen Function bei einem Falle, in dem die
^H^aatroeoterostomose ausgeführt werden musste. Auch ttber eine ge-
^«mgene Resection eines Ulcus ventriculi wird berichtet
Mints, Ein Fall von Gastritis phlegmonosa diffusa im
^erlauf eines Hagenkrebses (Deutaches Archiv f. klin. Med,
Bd. 49, Heft 4--B), stellt 43 Fälle von Gastritis phlegmonosa
atitf der Litterator zusammen und fügt dazu eine eigene Beobach*
tQiig* Intra vitam deuteten in diesem Falle die klinischen £rschei*
gen auf ein Magengeschwür, die fortschreitende Kachexie und
276
Rose» heim.
daß Eebleti freier Salzsäure aber machten die Krebsdiagnose wahr-
scheiDlicIaer. Die Segtion ergab em ülcna carcitiomatosam und
Oaatritia phlegmonosa. Die Diagnose der letzteren ist auch in den
günstigsten Fällen intra vi tarn nur vermuthungs weise zu steilen, da
die Symptome (Erbrechen^ Schmerz, Fieber, frühzeitiger Collapa,
Delirium) meist auf die in fast allen Fällen gleichzeitig bestehende
Peritonitis bezogen werden,
Mey er-Feterabtirg theilt (Petersburger medic. Wochenschrift)
einen Fall mit^ in dem ein 41jährig6r Mann ganz plötzlich mit
Frösteln, Delirien, heftigem Erbrechen erkrankte. Am 4. Tage zeigte
eich ein Lebertumor mit Icterus, späterhin die Zeichen eines Er-
gusses über oder unter dem Zwerchfell etc. Bei der Autopsie con-
Btatirte man eine Gastritis phlegmonosa , deren Aetiologie unaufge-
klärt blieb.
Eine seltene Art von Öesöbwulatbildung im Magen demon-
strirte Hansemann in der medicinischen Gesellschaft (Deutsche med,
Wochenschr, Nr. 13), In dem Magen eines an Leukämie verstor-
benen Mädchens fanden sich zahlreiche leukämiscbe Tumoren mit
submucösem Sitz; theilweiße war die. Mucosa darüber ulcerirt,
während die Serosa an den betreffenden Stellen mit Milz und Zwerch-
fell verwachsen war. Im Innern der Tumoren zeigten sich zahl-
reiche mit grüniicbem Eiter gefüllte Abscesse. Die Beschwerden
während des Lebens bestanden in Uebelkeit, Erbrechen und Magen-
krämpfen,
Kelynack, A case of acute dilatation of the stomach
(Med, Chronicle, Mai), Ein mit Tubercuiose des Hüftgelenks behaf-
tetes Mädchen bekam plötzlich ohne ersichtliche Veranlassung hef-
tiges Erbrechen. Die Untersuchung wies auf eine MageDerweiteruug
hin. Bei dem 4 Tage dEwauf infolge der Erschöpfung erfolgten
Tode zeigte es sich, daas es sich in der That um eine mit Ver-
d&nnung der Magenwandung einhergehende Dilatation
des Organs handelte. Auch das Duodenum war bis säur Kreu-
zungsgtelle der Arteria und Vena meseraica superior erweitert, der
übrige Darm Gollabirt. Kelynack glaubt^ dass bei der sehr herab-
gekommenen Patientin schon der normale Druck der erwähnten Ge-
fasse genügt habe, um eine Obstruction herbeizuführen.
Eisenlohr, üeber primäre Atrophie der Magen- und
Darmachleimhaut und deren Beziehung zu schwerer An-
ämie und Rückenmarkserkrankuug (Deutsche med. Wochen-
Krankheiten dei Digestionsftp parates.
977
Schrift Nr. 49), beschreibt den Fall eines Mannes, der im Zustande
schwerer Anämie and mit SymptomeE spinaler Erkrankung (Parese,
MüßkelspannuDg, Atrophie , Mangel der Patellarreflexe etOt) behaftet
stÄfb. Die Seotion ergab hochgradige Atrophie der Magen- und
Darmsch leimhaut, sowie Degeneration der Seilen- und Hinterstrange
des Bückenmarka, Im Anschlusa an Fenwick, der zueret auf die
schweren Anämien ala Foigezustände von Atrophie der Magenachleim-
^ haut hingewiesen hat, nimmt Eisenlohr für seinen Fall an, dass
I das Primäre die Atrophie des Verdauungstractue gewesen sei, aus
der sich dann die Anämie entwickelt ^ auf deren Boden es schliess*
I lieh %u degeneraiiven Processen des Rückenmarks gekommen sei.
^B Ewald, Zur Diagnose und Therapie der Krankheiten
1 desVerdanungstractus (Berl. klin. Wochenschr, Nr. 26/27), theilt
f einen Fall von dauernder Secretionsuntüchtigkeit des Magens
bei einem 29jährigen Manne mit, die wahraclieinlich auf Atrophie
»r Uagenschleimhaut beruht; jedoch ist die Möglichkeit eines
nervösen Becretiongmangels nicht mit Sicherheit aüsztischliesseD.
Faradisation des Magens, passende Diät und tägliche Eingiessung
von K*i — ' j I*iter einer 5^'qo^S^^ Salzsäurelösuog brachten ein Ver-
schwinden der ziemlich lästigen Symptome, sowie erhebliche Zu-
nahme dea Körpergewichts zu Wege. Dies war möglich ^ weil die
motorische Function des Magens sich ucgestört erhalten hatte* Die
Therapie hat in derartigen Fällen die Motilität des Magens und
Darms zo kräftigen und Stagnationen und Zersetzungen der Magen-
und Darmcontenta nach Möglichkeit zu verhindern. Für den letzteren
Zweck wird von inneren Mitteln neben Eesorcin besonders das Benzo-
Kaphthol (zü 2 — 5 g pro die) empfohlen.
^^P XJeber die nervösen Erkrankungen des Magens handeln
^Ble folgenden Arbeiten:
^" Öeigei und Abend, Ueber Dyspepsia nervosa (Virchow's
I Archiv Bd. 130, H, 1), haben, gemäss der in der Arbeit von Geigel
und Blase (s, vorhin) aufgestellten Forderung, die absolute Acidität
txL berücksichtigen, Fälle von Dyspepsia nervosa in dieser Weise
antersucht Das Resultat ist auch hier: Ein für nervöse Dyspepsie
charakteristisches Verhalten gibt es nicht Die Säurewerthe schwanken
ausserordentlich bei ein und demselben Individuum. Im Durchschnitt
ist der Magen procentaal übersauer, die absolute Säuremenge eher za
iin, der Magensaft also zu concentrirt. Die subjectiven Beschwerden
^en nicht auf die secretori sehen Zustäiide bezogen werden, son*
278
Rosenheim.
dern aiiid eher auf perverse Reaction der sensiblen Nerven zu be-
ziehen. Bezüglich der Behandlung zeigte es sich, dags Natrium
bicarboöicam in grossen Dosen (lg) die Salzsäuresecretion aufs
Deutlichste steigert. Besser säure tilgend wirken kleine Gaben (0,5).
Bismutum subnitricum allein gegeben zeigte gar keine Wirkung.
Homer berichtet (Prager med. Wochenachn Nr. 27) über zwei
Fälle von Card ialgie, die verursacht waren durch Einklemmung
präperitonealer Lipome. Die kleinen in der Mitteöinie fühl-
baren Geschwijlste können durch Druck zum Verschwinden gebraclit
werden, an ihrer Stelle werden kleine Lücken fühlbar. Der Scbmerz
wird dadurch momentan beseitigt.
Löwenthal, Beiträge zur Diagnostik und Therapie der
Magenkrankheiten (Berl. klin, Wochenschr. Nr, 47(49), vermisst in
den bisher publicirten Fällen von .^Hyperästhesie gegen Salz-
säure (Talma)^ eine ausreichende Begründung der Diagnose. In
20 Fällen schmerzhafter Magen affectionen konnte er bei Ei ngi essung
selbst starker Salzsäurelösungen eine solche Hyperästhesie nicht
constatiren. Er glaubt, dass die Diagnose einer Hyperästhesie gegen
Salzsäure als einer eigenartigen Neurose nur dann statthaft ist, wenn
andere Erkrankungen (Ulcus, Erosionen, Gastritis etc.), die eine er-
höhte Säareempfindlichkeit erklären dürften, auszuschliessen sind,
Kenny, Vomiting treated by blistering over tbe vagus
(Brit, med. Journ., Jan, 2), gelang es, in einem Fall von sog. unstill-
barem Erbreehen Schwangerer, das auch noch nach der Ent-
bindung anhielt, dasselbe sofort zu sistiren durch Application eines
Spanisch-FHegenpflasters über dem Vagus am vorderen Rande des
Sternocleidomastoideus.
Singer, Ueber das Wiederkäuen beim Menschen (Wien.
med, Wochenschr. Nr. 44), theilt zwei Fälle von Rumination bei
jugendlichen, männlichen Personen mit. Die Acidität des Magen-
saftes war eine wechselnde, bei beiden bestanden nervöse Stigmata*
Auf Grund des ösophagoskopiscben Befundes wird als nächste Ur-
sache angesehen eine relative Insufticienz der Cardia.
Decker, Fünf Fälle von Ruminatio human a (Münch. med,
Wochenschr. Nr, 21), sieht die Ursache des Merycisrous in einem
durch gröbere, unzerkaute Speisen hervorgerufenen Reiz bei diB-
ponirten Personen,
Von den eigentlichen Neurosen zu trennen ist nach Rieger die
Supersecretion. Riegel, Uebcr chronische, continuirliche
Magensaftsecretion (Deutsche med. Wochenschr, Nr. 21), betont
*i
i
Krankheiten des Dige^tioDfiftppftrates.
^79
(Ü6 relative Häufigkeit dieser Affection, die trotz scharf charakten*
sirten Symptomencomplexes Doch vielfach verkannt wird. Das Leiden
eotwickelt sich anmäbUch oder setzt mit Ulcussymptomeo ein. Die
Beschwerden bestehen in saurem Aufstosaen, Sodbrennen, Erbrechen
stark saurer Massen. Besonders charakteristisch sind nächtliche
SchmenEanfälle , starkes Hungergefühl (häufig Nachts auftretend),
geaitmg&rter Appetit und vermehrter Durst. Fast stets beateht Nei-
gimg SU Obstipation. Objectiv findet mau Druckempfindlichkeit des
Epirrastriam , fast stets erhebliche Magenerweiterung und peristal-
i e Unrahe des Magens, Die Diagnose wird gesichert durch die
iltate der Sondirung, die einmal zu erfolgen hat 5 — 6 Stunden
^i^ob einer Probemahlzeit: sie ergibt eine reichliche Menge eines
I gtark saissäur ehaltigen Mageninhalts , der sich im Standgefäss in
^ftdrei Schichten sondert, eine obere schaumige, eine mittlere, aus einer
^BjMben Flüssigkeit bestehende, und eine untere, die den Niederschlag
^H^iciei' Amylaceenreste darstelU« Die zweite Sondirung ist Morgens
^^ nüchtern vorzunehmen, nachdem Abends vorher der Magen gut ausge-
^^upiilfc worden ist. Sie ergibt eine mehr oder minder grosse Menge etwas
^■trüber, bald einen grünlichen Schimmer annehmender Flüssigkeit von
^Bormmler oder verminderter Acidität, Die ständige Salzaäureaecretion
^BWsst kein amyloljtisches Stadium zu Stande kommen, daher die
I stmrke Amylaceen schiebt im ausgeheberten Mageninhalte und auch
' die Ektasie, daher auch starke Gasbildung des stagnirenden Magen-
inhalts (Scbaumachichtl, Die Behandlung hat die Diät zu regeln,
I vorwiegend sind Albumin ate zu geniessen, Amylaceen möglichst aus-
^—paschliessen, allenfalls nach der Ausspülung zu erlauben, empfehlens-
^^■rerth ist der Gebrauch von Alkalien (Karlsbader Quellen) im Be-
^Hion reep« vor der Mahlzeit.
^B Im Anschluss hieran sei auf einige Arbeiten, die Gasbildang im
^Huenschlichen Magen betreffend, hingewiesen« Auf Grund früherer
^Mzperimenteller Untersuchungen , welche ergeben hatten ^ dass Gäh-
I Hingen bei entsprechendem Salzsäurezusatz nicht zu Stande kommen,
I hatte man sich die Vorstellung gebildet, dass Gährungen und Oas-
bildungen im Magen wohl bei Subacidität, nicht aber bei Anwesen-
heit freier Salzsäure zu Stande kommen könnten. Dies hat sich
nanmehr als ein Irrthum herausgestellt. Hoppe-Seyler- Kiel,
Üeber Magengährung mit besonderer Berücksichtigung
der Gase des Magens (Verhandlungen des 11, Congresses f&r
innere Medicin), sucht die Gase direct aus dem Magen zu gewinnen
rermtttels einer Wonife'schen Flasche, die mit dem Magenschlauoh
a^o
Rosen heim.
itri«! rtoiii AtiBMpÜl trieb ter verbunden tat und ausserdem ein bis auf
doli i)(i4i)T) rüiübende» Rohr zur EntDabme der Gase trägt. Biese
W«r<litn m uiriü Hein peitsche Gasburette übergeführt, und CO^, O
um\ li ituroh AbBoi^ptiouspipetten beBtimmt. Id elf Fällen von Magen-
Brw«iUirunK (auti v«röcbiedenen Ursachen) fanden sich neben 0 und
N, »liii im» vurhchluckter Luft herrühren, grosse Mengen (bis zu
IM%) WniUßi'Hton' und Kobleueäuro (biszu68o^J als brennbare Öe-
M»tti«^hti IUi|>[»ü-Hti V lur betont dabei, daas die Anwesenheit der
HttUöttMiti iliM Oanproiluctioii niobt bindere, und kann sich, da die
iuiiiuiitiiuiti Wirkung der HuUsilure in den von ihm gefundenen Con-
(mf(iintii«noir urwitiMeii ist, dies nur so erklären, daas entweder Pilze
in l<Vii^ti kuüimeu, die siob resistenter gegen die SalzsÄure verhalten
(wie 2, B. das Oloslridiura butyrionm de BaryX oder dass die Ver-
tlitnlung der Salzsäure im Magen eine ungleiche sei.
Knbn^ üeber Hefegäbrung und Bildung brennbarer
Gase im menschticben Magen (Zeitsohr. für klin. Med. Bd, 21^
U. 5 u, 6) und Die Gasgährung im Magen und ihre prac-
tiscbe Bedeutung f Deutsche med. Wochenscbr* Nr 49), stellt
in sinuon aus der Eiegel'flchen Klinik hervorgegangenen Arbeiten
nucb zunächst die hemmende Wirkung der Salzsäure auf die künst-
licbü liiifegUbrung fest. Insbesondere werden diese Verhältnisse
btii Fällen von Hypersecretio continua studirt. Hier zeichnet sich
df»r Mftgoninbult durchweg durch das Auftreten von Gäbrung und
GuNbddung aus, der ausgeheberte Mageninhalt setzt im Brutofen die
GjiHbibiun^ fort. Die Quantität ive Bestimmung des gebildeten Gases gibt
(^iu Mi*««« ttVr diu Höhe der Stagnation. Bei Mangel an Salzsäure tritt
gewt^bnltchGiihrung nicht ein. VooEinfluss ist dieQualität der Nahrung
auf dio St^trke der Gasentwickelung. Diese steht in keinem conbtanten
W^ibältnisö zur Grüstse dwr Magenerweiterung. Ueber das Maass
der Gasbildung gibt in ausgeBproeheoen Fällen schon die Inspectton
des (dreischichtigen) Mageninhalts Aufschluss. Leicht anzustellea
sind Göhrungsvernuehe in der Weise, wie sie für den Zuckern ach- ,
reis durch die üfthrungsprobe üblich ist. Genauere Bestimmungen hH
^werden so gomacbt, dass eine 100 ccm fassende Flasche mit Magen- **
inhalt gefüllt, und ein hohler eiogeschliiFener Glasstopfen aufgesetzt
wird^ dtjr üiob «unichst in eine kugelförmige, zur Vermeidung des
r Aufsieigons von Mageninhalt mit Glaswolle gefüllte Erweiterung
[ond dann in ein gebogenes Eobr fortsetzt, an welches ein Schlauch
[mit einer Glat^spit^e befestigt wird. Im Brutschrank wird dann das
iioh bildende Gas unter Wasser aufgefangen. Gasbildung, die erst nach
länger als 24 Stunden auftritt, ist nicht beweisend, Was den Einfluss
Krankheiten des Digestionflapparateg.
381
der N&hruDgsqaalitat angebt, so bort die Gasbildang bei fast aus-
echliesßlicber Fleiscbkost ganz auf, sie wird vermebrt durcb Koble-
bjdrate, besonders Zackerarten und Miicb, Daraas ergibt sieb fiir
die Tberapiö die passende Diät. Durcb Zusatz von Desioficientien
auf Tergährenden Mageninbalt wurde ibre Wirkung auf die Ein-
schränkang der Gasbildung geprüft. Als besonders geeignet bierzu
erwies sieb die Salicylaäure (Acidum und Natrium salicylieum), was
«icb im tberapeutiöchen Experiment beim Menseben beatätigte. Die Salz-
säure zeigte sieb wenig geeignet, die Gasbildung zu beeinträcbtigeo,
bei acbwaeber Gasgäbrung vermebrte sie sogar deren Intensität. In
ätiologiscber Beziebung gelang es, neben rein gezüchteter Hefe auch
einen Bacillus nachzuweisen, der auf znckerbaltigem Nährboden
reichlich Gas producirte, wohl aber nicht ausschliesslich für die Gas-
bildung verantwortlich ist.
BoöB, üeber das Vorkommen von Schwefelwasserstoff
im Mögen (Deutsche med, Wocbenscbr, Nr, 49), hat in sechs Fällen
bei Stagnation des Mageninhalts in Ructus und aus dem Mageninhalt
selbst H.^S nachweisen können. Bemerkenswerth ist» dass auch in
diesen sechs Fällen freie Salzsäure vorbanden war. In zwei Fällen
toheint die Verabreichung von Karlsbader Brunnen die Schwefel-
wnsserstoöbildung befordert zu haben* Intoxicationserscheinungeu
waren übrigens niemals eingetreten.
Das Verhalten des Blutes bei Magenkranken untersucht Oster-
spey^ Die Blutunterstjchung und deren Bedeutung bei
Mageoerkrankun gen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 12 und 13),
D^nelbe findet sowohl bei Ulcuskraoken wie bei Carcinomatösen
Verinderungen sowohl bezüglich der morphologiBchen Bestand theüe
des Blutes wie im Hämoglobingehalt- Dieselben haben aber nichts
Charakteristisches und sind für die Diagnose und insbesondere für
die Differenlialdiagnose zwischen Carcinom und Ulcus nicht ver-
wertbbar.
Therapeutischen Zwecken dienen die folgenden Arbeiten:
Reichmann und Mintz, Ueber die Bedeutung der Salz-
säure in der Therapie der Magenkrankheiten (Wiener kiin.
Wochenschr. Nr**25|. Reichmann und Mintz erprobten in fünf Fällen
die Fähigkeit der Salzsäure » die Secretion des Magens anzuregen,
^dam sie mehrere Wochen lang grosse Mengen von Salzsäure ver-
' ibreicbten (1 Stunde nach der Mahlzeit \h Tropfen Acidum hydro-
ohloricum dilutum, viertelstündlich, im Ganzen 45 Tropfen, 2mal
2?i2
tif^cb). ABe 10 — 14 Tage wurde der Magon untcrsoeht. In drei
FiUen war ein Erfolg za TerB^clmeii.
Bosenheim, üeber äie Magendonebe (Tbermp. Monatshefte,
AogiMl), empfiehlt die fierieaelsng des MmgieoB n tberapentischen
Zwecken. Er benntst daza jfagcnadillqclie mit zalilmchen kleinen
Gegangen mit und ohne Koppaelo^ weldie das Wasser fontaine-
arti^ austreten lassen* Es wurde aar Bmeselang einfaches warmes
Waaaer verwendet, oder solclies mit Zosatien von Chlaroformwasser
(50 — 60 g Chloroform werden mit 1 Liter Wasser geschnttelt, abstehen
gelassen, wobei das überschüssige Chloroform zu Boden sinkt, das
darüber stehende Wasser genögt för zwei EingiefisoDgen), ferner Koch-
salz (4%||) nnd Höllenstein (1 **Qg^). Erfolg erzielt die Donche bei Indi-
ridnen mit nervöser Dyspepsie, bei chronischem Magenkatarrh massi-
gen Grades mit oder ohne motorische Stömng, endlich bei schweren
BeixziistiJideD des sensiblen nnd secretorischen Apparates, bei flyper-
ftätbesien, Gastralgien, Magen saftflössen« Bei massigen Bewegangs-
stdmngen des Magens ist die Donche der Ausspülong vorznziehen.
Zasafz von Argen tum nitncam hatte Herabsetzung der Secretions-
grosse zur Folge.
Im Anachloss an Kosenheim hat Löwen t ha 1 (Berliner klin.
Wochenscbr. Nr. 47) die Wirkung der Kochsalz- und HöUenstein-
berieselung erprobt. In einzelnen Fällen von Secretionsuntüchtig-
keit gelang e» ihm, durch die erster© eine auch objectiv nachweisbare
Besserung der secretorischen Function zu erzielen. Die Höllenstein-
berieselnng wurde in drei Fällen von Superacidität, Magensaft-
fluiifl und Magenerweiterung mit Hyperästhesie der Schleimhaut an-
gewendet. In BUen drei Fällen beseitigte die consequent und längere
Zeit darchgefÖhrte Behandlung alle Beschwerden der Patienten,
objectiv war eine beträchtliche Verminderung der Salzsäureabschei-
dting nachzuweisen.
Du Mesnil^ üeber den Einfluss von Säuren und Al-
kalien auf die Acidität des Magensaftes Gesunder (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 49), räth auf Grund seiner Versuche, bei
Herabsetzung der Salzsäureabsonderung rein fanctioneller Natur
Alkalien in kleiner Boeirung %u verabreichen, da diese eine Steige-
rung der Secretion zur Folge haben. Beruht jene Störung aber auf
anatomiichen Veränderungen, so ist es ratbsam^ Salzsäure zu geben,
doch nicht in zu grossen MengeOi weil diese den Rest von Secretion
noch unterdrücken können. Bei Saperacidität sind Alkalien in so
hohern Quantitäten am Platz, das» anch die durch den Reiz des Alkalis
etwa bewirkte Erhöhung der Secretion noch psralysirt werden kann.
Krankheiten de« Digestionsapparates.
283
Leubuscher und Schäfer, Einfluss einiger Arzneimittel
iuf die Salzsäureabscheidang des Magens (Dentsche med.
Wocbenschr. Nr. 46), untersuchten Pilocarpin, Atropin und Morphium
bezüglich ihrer Wirkung auf die Salzsäuresecretion des Magens. Es
zeigte sich; dass nach Pilocarpininjection zwar keine quantitative
Erböbang des Salxsäurewerthes zu conatatiren war, dass jedoch an-
geoommen werden mass, diese set nur verdeckt worden infolge der
Btndang des durch Pilocarpin Wirkung in verstärktem Maaase ab-
gesonderten Schleimes und des Speichels. Atropio und Hjoscin
anmittelbar nach der Probemahlzeit, die übrigens in allen Fällen aus
reinem Fleisch und Wasser bestand, injicirt^ hatten keine deutliche
Wirkung. Bezüglich des Opiums und Morphins zeigte sich ein be-
merk enswerth er unterschied in der Wirkung bei verschiedener
Application, and zwar setzte die subcutane Inj ection dieSalzsäuregrösse
ausserordentlich intensiv herab als innerliche Verabreichung. Practisch
wird daraus gefolgert, dass innerliche Verabreichung von Opium und
Morphium keine schädliche Wirkung auch bei längerem Gebrauch
auf die Magensecretion ausübt, was mit der Erfahrung übereinstimmt:
andererseits sind subcutane Morpbiuminjectionen während der Ver-
dauung zu vermeiden.
Gilbert berichtet in der Sociöt^ des höpitaux zu Paris (aus
Wiener med, Wocbenschr, Nr. 39) über die therapeutische Verwen-
dung des Benzonaphthols. Dasselbe zersetzt sich erst im Darm
in /J-Naphthol und Benzoesäure, Fast unlöälich im Magen, vermag es
hier nicht antibacteriell zu wirken. Das /^-Naphthol dagegen wirkt
schon im Magen. Das Benzonaphthol erwies sich als wirksam bei
Darmkatarrhen , nicht aber bei tuberculösen. Die Dosis 3 — 4 g pro
die, Hinzelgabe 0,5«
Wagner, ttude des modifications de suc gastrique
cheas les malades soamis k Tadministration de Pextrait de
Condurango ou de la teinture alcoolique de noix vomique
(Archives g^n^rales de m^decine, Febr,), weist eine Steigerung der
Secretion durch Strychnin nach, die jedoch bei gänzlichem Darnieder-
lieigieo der secretorischen Function nicbt eintrat, auch die motorische
Thitigkeit wurde in einzeloen Fällen günstig beeinflusst. Geringer
kl die Wirkung bei Condurango.
Wert her, U eher den therapeutischen Wer th der Pepsin-
weine (Berl. klin» Wocbenschr, Nn 27), stellt durch Verdauunga-
vergucbe fest, dass den Pepsin weinen eine verdauungshemmende
Wirkung zukomme, die durch Salzsäarezusatz gemildert, aber nicht
aafgehobeo wird. Diese Behinderung der Eiweiss Verdauung ist die
'>S4 Roßenheim.
1
Folg6 des Weingebaltes, wässerige Fepsinlosungen beeiDflusaen die
Verdauung ausserordentlich gunatig. Ob den Pepsinweinen eine
secretionsftnregende Wirkoog zukommt, vermochte Werther nicht
zu entscheiden.
Bezüglich der Wirksamkeit eirer Elektrisirung des Magens
berichtet Ewald in seiner vorhin citirten Arbeit, dass es ihm in
einem Falle gelangen ist, neben einer Magenelektrode noch einen
dünnen Schlauch einzuführen, der mit einem Manometer verbunden
wurde. Beim Ättfäetsen der Auseeoelektrode auf das Stern um zeigt'e
das Manometer erbebliche Drucksteigerung an. Es fand also Con-
traction der Magenwand ohne gleichseitige Oontraction der Bauch-
wand statt. ^_
Hieran seien noch einige Mittbeüungen gefögt, die den Zn-
sammenhang von Magen- mit anderen Erkrankungen behandeln.
Pauecki, Retrofiexio uteri und Magenneurose (Therap.
Monatsh.^ Febr.), behandelt den Zusammenhang der Retroflexio uteri
mit Erkrankungen des Magens. In 15 B^ällen von Retroflexio ohne
sonstige genitale Complicationen hat er, da zugleich über Beschwer-
den seitens des Magens geklagt wurdöj eine genauere Untersuchung
dieses Organs vorgenommen, ohne in 11 Fällen einen objectiven
Anhalt für die Beschwerden zu finden. Von diesen 11 Patientinnen
verloren 8 mit der Aufrichtung des Uterus ihre Magensymptome,
hei dreien blieb die Neurose des Magens trotz der Reposition be-
stehen. In den letzten 4 FöHen endlich Hessen sich durch die
Untersuchung schwerere Affectioceo des Magens ( Ulcus ^ Ektasie,
Gastritis) nachweisen, P a n eck i warnt davor, bei Genitalerkrankungen
bestehende Magenbeschwerden einfach als Folgen einer Heäeznenrose
anzusehen, wie dies nach seiner Erfahrung seitens der Gynäkologen
und auch in gynäkologischen Kliniken meist geschieht, und eine
genauere Untersuchung des Magens zu verabsäumen.
Die Abhängigkeit gewisser nervöser Erscheinungen von Affec-
tionen des Magens ist Gegenstand der Untersuchungen von Pick,
Zur Pathologie und Therapie der Autointoxicationen
(Wiener klio. Wochenschr, Nr. 46), Pick hat es sich angelegen
sein lassen, bei Patienten, welche über Schwindelan lalle, Kopf*
schmerzen, sowie andere neurasthenische Erscheinungen (Unlust-
gef^hle, pHychische Verstimmungen, vasomotorische Störungen, Urti-
caria, Bradycardie, Tachyc&rdie, Angstanfälle, Schlaflosigkeit, Platz-
angst, Parüsthesien etc.) klagten, wenn eich zugleich Beschwerden
von Scalen den Magens (besonders häufig übelriechendes Aufstossen)
Krankheiten des Digeätiünftappurates.
385
eruiren liesseEi, diesen eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
h einer gruasen Anzahl dieser Fälle fanden sich in der That atonische
Zodtände des Magens, seltener Dilatationen} als deren Folge längerer
Aufenthalt der Speisen im Magen ^ abnorme Zersetzungen, Resorption
ihrer Producte und durch diese Autointoxication, wie er annimmt, jene
nervösen Erscheinungen bedingt waren. Eine daraufhin eingeschlagene
Therapie hat, wie mitgetheÜte Krankenoreschichten zeigen, promptesten
Erfolg gehabt. In erster Reihe steht das Creosot (0,05 pro dosi in Kap-
seln, Bmal täglich nach dem Essen), wo dies nicht vertragen wurde, und
in leichteren Fällen Ichth}'ol (Ammon. sulfoichtbyoL 0,1 in caps.
gelatin,, 3mal täglich 1 — 2 Kapseln). Daneben ist Gebrauch zu
machen von der Mechanotherapie^ besonders „Kumpf auf richten" nach
Schreber (Aufsitzen aas der horizontalen Lage mit unter den Kopf
gelegten Händen), Bewegung des Axthauens, Sägens etc.; auch
Massage^ speciell faradische Massage, wurde mit Erfolg angewandt,
Bouveret und Devic, Becherches cliniques et expdri-
mentales sar la Tetanie d'origine gastrique (Revue de m^de-
cine 1892, H. 1 u. 2), fügen zu 20 aus der Litteratur zu:^ammen-
gestellten Fällen drei eigene Beobachtuugen , in denen es entweder
our »or tonischen Contraction der Extremitäten, oder zur generali-
dirten Tetanie, die erst das Gesicht, dann Hals und Kumpf betraf,
öder auch zu generalisirten tonischen und clonischen Zuckungen mit
Böwosstseins Verlust und folgendem Coma gekommen war. Klinisch
fanden sich Magenerweiterung und Superacidität, in zwölf zur Autopsie
gekommenen Fällen frische Geschwüre oder Narben der Magen-
schleimbaat. Als Ursache der Tetanie werden Toitine angesehen ^
welche durch Einwirkung der Salzsäure und des Alkohols auf die
Producte der Eiweissverdauung entstehen« Intravenöse Injection
eines alkoholischen Extracts der Mageningesta rief bei Thieren heftige
tetanische Convulaionen hervor. Langsame Einfuhr geringer Dosen
de« Extracts in den dilatirten , superseceniirenden Magen erzeugte
dieselben Erscheinungen, Alkoholzufuhr steigerte sie. Bei der Be-
handlung dieser gastrischen Tetanie kommen iu erster Linie Magen-
aasspülongen in Betracht ^ prophylactisch ist bei 8upersecretion Al-
kohol zu meiden.
Hitzig, Morphium, Abstinenzerscheinungen und Magen
(Berliner klin. Wocbenschr. Nr. 49), bringt die Abstinenzerscheinungen
bei Entziehungscuren in Zusammenhang mit der Einwirkung des
Morphiums auf die Salzsäureabscheidung des Magens. Subcutan ein-
geführtes Morphium wird sehr schnell durch die Magenschleimhaut
anageachieden und reducirt hier einerseits die Balzsäuresecretion, wie
die Untersucbuug bei einem Morphrniäten lehrte ^ fast auf NuUf
ausserdem muBS es die Magennerven ausserordentlich stark narkoti-
öiren und sie m einen Zustand veränderter Erregbarkeit versetzen ^
derart, dass der an sich normale Reiz der nach Aussetzen des Mor-
phiums wieder abgesohiedenen Salzsäure als krankhafter empfunden
wird. Durch Irradiation der in den Vagusbahnen verlaufenden Er- ^
reguügen konnten andere nervöse (Abstinenz-)Er8cheinungen hervor- ^
gerufen werden, Daraafhin vorgenommene Magen aus Spülungen mit
alkalischen Lösungen hatten zur Folge, dass Abstinenzerscheinungen,
wie sie bei demselben Patienten in früheren Curen sehr st«rk auf-
getreten waren^ fast gar nicht zur Erscheinung kamen. ^M
Gehen wir nuBmehr zu den verhältnissmässig wenig zahlreichen
Arbeiten, die den Darm betreffen , über.
Vorangestellt seien einige Arbeiten über die B a r m f ä u 1 n i ss.
Die Äusficheidung der Aetherschwefelsäure als Maatisstab für die
Beurtbeilung der DarmfUulniss ist mehrfach Gegenstand der Unter-
suchung gewesen, ohne dass es jedoch bisher zu practisch wichtigen
und einheitlichen Resultaten gekommen wäre. Von einer bezüglichen
Arbeit von Biernatzky ist bereits in diesem Jabrbuche (1892) die
Rede gewesen,
V. Pfungen, Beiträge zur Lehre von der Darmfaulniss
der Eiweisskörper (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 21, H. 1,2), fand
bei einer an chronischer Obstipation leidenden Frau in der Obsti*
pation tiine Quelle erhöhter Darmfäulniss. Natrium bicarbonicum und
Calcium carbonicum vermochten ebenso wie Acidum muriaticum
ei Den Abfall des Verhältnisses von Sulfatschwefelsäure zur gepaartea ■
(^ a:b, nach von den Velden normal zwischen 12,9 und 6,9
schwankend) unter 0,0 zu verhüteD, wozu weder Infusum Sennae noch
Magisterium Bismuti im Staude waren. Dies letztere verminderte
dagegen den Indicangehalt. Bezüglich der Einzelheiten und der TJntar-
Buohungsmethode muss auf das Original verwiesen werden.
Rovighi, Die Aetherschwefelsäure im Harn und die
Darmdesinfection (Zeitschr. f. physioL Chemie Bd. 16, H. 1 u. 2)
hat durch Bestimmung der ausgeschiedenen Aetherschwefelsäure ge-
wij^so Mittel auf ihre Fähigkeit, die D«rmlaulniss zu hemmen, geprüft.
Dabei orwies es sich als nothwendig, um gewisse Schwankungen in
der Ausscheidung während der einzelnen Tagesstunden auszuschalten,
die gojwimmte 24stüiidige Harnmenge zu verarbeiten« Es zeigte sich
niiD, dftsit dam Terpentinöl, dem Campher, dem Eucalyptol und dem
Menthol eine erheblicbe, taulnissmiudernde Wirkimg sakommt, mehr
Krankheiten des Digestiunsapparates.
mr
lUMÜi beim Hunde (tun 'j^^) ak beim Meuscben^ wo eine einmalige
Dasifi von 4 g TerpentiDöl oder 3 Tage lang fortgesetzte Verabreichung
von je 3 g Campher die Ausscheidung der Aetherscbwefelsäiire um f'^
heiabaetzte. Bei einem Kranken mit chronischer Verdauangastörung
seigte sich eine Wirkung dieser Mittel erst bei Application vermittels
Darmeinlaufö. Klystiere mit Tannin hatten keinen, soiche mit 3*^'^iger
BorsäurelösuDg einen sehr erbeblichen Einfluss, doch zeigten sich
bei den letzteren auch bedenkliche IntoxicatioDserscheinuDgen. Karls-
bader Salz (15 g) und Marienbader Brunnen ergaben in den ersten
Tagen eine vermehrte, dann aber verminderte Ausscheidung, Kefyr,
in Mengen von 1*;.^ Liter täglich genommen, bewährte sich als
auBgazeicbDetes Mittel zur Einschränkung der Darmiaulniss , seine
Wirkung beruht zum Theil auf dem Gehalt an der, freilich viel
weniger intensiv wirkenden Milchsäure.
Dass noch ein anderer Factor hierbei von wesentlicher Bedeü-
tong ist, betont in einer voriäuiigen Mittheilung Schmitz^ Zur
Kenntniss der üarmfäulniee (Zeit sehr. f. physiol. Chemie Bd, 17,
H, 4). Durch Fütterung mit frisch gefälltem Käsestoff gelang es
ihm, die Ausscheidung der Aetherschwefelsäure auf ein Minimum zu
Terringern und selbst ganz zu unterdrücken, Ursache sind vielleicht
gewisse im Käse enthalteoe Bacterien (wie z, B. in analoger Weise
bei der Cholera Aetherscbwefelsäuren nur in minimaler Menge ge-
funden werden). Michzucker ergibt Dach Schmitz keine merkliche
Herabsetzuug der Aetherschwefelsäure ^ Salzsäure beim Menschen
Abnahme bis zu 40%.
Bartoschewitsch, Zur Frage über das quantitative
VerbaUen der Schwefelsäure und der Aetherschwefel-
6äur*>n im Harn bei Diarrhoen (Zeitschr. f. physiol. Chemie
ßd, 17, H, 1), fand die Quantität der Aetherschwefelsäureu bei
Diarrhoen gegen die Norm geringer, ebenso bei der durch Calomel
erceogten Diarrhoe, während sich nach Kicinusol eine Quantitäts-
ileigerong ergab.
Die neuerdings für die bequemere und exactere Untersuchung
voo Se- und Excreten vielfach angewandte Gentrifuge empfiehlt
Hers^ Ein Behelf bei der mikroskopischen Untersuchung
der Fäces (Centralbl. f. klin. Med. Nr. 42), auch für die Excremente
in Anwendung zu ziehen, nachdem eine Probe derselben mit Wasser,
ser noch mit Ö^^/^^iger Carbollösung, die den lastigeu Geruch mildert,
leben ist. Oben schichtet sich eine trübe bacterien wimmelnde
gkeit ab, darunter Massen unverdauter Cellulose, hierauf ein
288
Rosen heim.
schwarzer Bieg, der fast einzig aus MuBkelfasem besteht, darnnter
©ine Reihe schmaler Schichten, in denen die diagnostisch wichtigsten
Bestandtheile voneiDander gesondert sind, Rundzelien, Clostridien,
Stärke etc. 80 gibt schon die makroskopische Betrachtung eine gute
Anschauung von der Zusammensetsang des betreffenden Kotbes.
Mit langgespitzten Pipetten werden den einzelnen Schichten Proben
zur weiteren Untersuch uog entnommen.
Experimentelle üntersuchnngen über eine wichtige in
unser Gebiet gehörige Frage hat Leubuscher, Untersuchungen
über den Einiluss der Opiumalkaloide auf die Darm-
bewegangen (Deutsche med, Wochenschr. Kr. 9) angestellt. Wird
bei einem curarisirten Thiere die künstlich erhaltene Respiration
unterbrochen^ so tritt durch den Reiz des kohlenöäurehakigen Blutes
lebhafte I Darmbewegung ein. Dies benutzte Leubuscher als Keil
zur Erregung der Peristaltik , um, angesichts des bekannten Unter-
schieds in der Wirkung von Opium und Morphin^ die einzelnen
Alkaloide in ihrem Verhalten zum Darm beim Kaninchen zu prüfen.
Die Narcotica wurden direct in die Vene ein gespritzt. Es zeigten
sich dabei wirksam auf die Ruhigstellung der Peristaltik das Mor-
phin^ das Papaverin, das Narcotin^ als indiflferent erwies sich Codein
und Narcein , als erregeod das Thebain, Versuche mit Papaverin
beim Menschen hatten nur, soweit sie Kinder betrafen, befriedigende
Ergebnisse. Das Ausbleiben von narkotischen und sonstigen Neben-
erscheinungen lässt seine Anwendung hier empfehlenswerth erscheinen
(0,005—0,05 g).
Practi seh- therapeutische Zwecke verfolgen die folgenden
Publicatiunen :
Colasanti und Dutto, Untersuchungen über die thera-
peutische Wirkung des Dermatols (BerL klin. Wochenschr.
Nr. 34), haben das von Heinz und Liebrecht dargestellte unter-
gallusnaure Wismuthoxjd iti Dosen von 2 — ^5 g pro die in Pulvern
von 0,25-0,5, allein oder mit Opium gemischt bei Diarrhoen der
verschiedensten Alt (bei Fhthisikern, bei Typhus, geschwüriger Entero-
colitis, Malaria etc.) mit bestem Erfolge angewandt.
Weber, üeber die vortheilhafte Wirkung einiger gerb-
säurehaltiger Arzneistoffa beim chronischen, nicht compli-
oirten Dünndarmkatarrh (New Yorker med. Mona tsschr., Febr.) »
empfiehlt, nicht das reine Tannin^ sondern tanninhaltige Mittel zu geben,
wie z. B. Extractum Ratanhiae, Extractum Colombo, Extractum Mo-
oeeiae^ die besser wirken und nicht den Magen belästigen.
Kmnkheiten des Digestioneapparale«.
289
Kohlstock| Ueber subcutane und rectale Anwendung
von Abführmitteln (Cbaritö-Annalen Bd, 17), prüfte zunächst
einige für die subcutane lojection achon von Hiller als geeignet
FTorgeschlageoe Purgantieti, Aloin, Acidum catliartinicum e Senna,
Colocynthinum purum und Citrullin, Starke Sebmerzen, die nadi
der Injection auftraten, verboten die weitere Anwendung in dieser
Form, Bessere Erfolge hatte die rectale Application. Der Vorzug
dieser Anwendungs weise liegt im Fortfall schädlicber Nebenerechei-
n an gen und der Gewöhnung, Die WirkuDg ist auägie biger als die
der Glycerinklystiere, die auaeerdem noch häufig lästigen Tenesmus
machen. Für leichtere Fälle empfiehlt sich Äloin zu 0,4 — 0,5:
Aloin IjO,
Formamid 10,0,
ttod Ca t hart in säure zu 0,6 (dasselbe hinterlässt keine Neigung zu
Veratopfang):
Acid, cathartinic. e Senna 3,0,
Aq, destill. 7,0,
Natr, bicarboD, q, s, ad react, alcal.
Für schwerere Fälle: Cobcynthin zu 0,4 (in leichteren zu 0,01 — 0,03):
Oolooynthini 1,0,
Alkohol,
Glycerini ana 12,0,
und CitrulUn zu 0,02:
Cilrdliui 2,0,
Alkohol|
Glycerißi ana 49,0,
Die Mittel wurden aus Kaders Oranienapotheke bezogen.
In der Behandlung der chroDisohen Obstipation hat sich die
Meohanotherapie in der neueren Zeit ein© hervorragende Stel-
lung errungen. Eine Erklärung ihrer Wirkungsweise wird ver-
^ SchiedentUch versucht, so von Eltz, Ueber die physiologische
Wirkung der Darmmassage (Wiener klb. W^ochenscbr. Nr. 15);
Kampf, Zur Technik und Wirkungsweise der Mechano-
[iberapie bei chronischer Obstipation (Wiener kliu. Wocheu-
[ichriftNr. 26); Bum, Die physiologische Wirkung der Bauch-
laaaage bei habitueller Obstipation (Wiener med. Fresse
Nr, 46). Während E 1 1 z den Erfolg der Massage als wesentlich
Dgt ansieht durch Beförderung der Resorption der Infiltrate der
^Dannwand bei chronischen Darmkatarrhen und einer Heilung der-
selben, dagegen dem eigentlichen mechanischen Momente geringere
Jtlirtueb d. pfftct. Medicln 189U, 1^
Slts &
Tob
SmWkht^rüt
nmmiisn wir Bodi ms «0%^ iBfcr icia klinisckeii
AriMiteo:
Birchtr, Ooelasioa des DsBBdftrm« darek Gallen*
steine (ConwagnuAmähL t BAm&am AmaM Vr. 6^ XattBügthag^
Prma, die frtber «car^slgieeba Ai>fiae% alMr tm leten« gehabt
liAtte, erkrankte uater den gSeidbeB mum DiMnererklmwee. Bei
.der Opervtioii» welAe & BüMotim an rnmägb dcudai tbarieliAe,
erwies aick eia Iti^ielier GiHfiwtaiSi ea deMsa Ssm die Maeosa
mehrere Uloeffatioiiea leigte, als dea ffiadetaiaff
ToQcbard^ Note ear ua eaa d'alietTaetioii intestiaal^H
avec dierrliie^ abaeaoe de vomieseaienta feealoldea et dl^H
ballcaaemeat da Teatre (Progr&a laM. Nr. 5). £iae 67jihrige
Freu erkrankte unter ckolermeibiilicbeii Syiapoomen und starb scbon in
welligen Tagen. Die Seetien erwies« daas eine Dermeinklemmung
im unter&^ten Theile des nouni bestand mit Gangrän eines circa
10 — 15 om langen Darmstückä, Die Diagnose hatte intra vitam un-
möglich gestellt werden können, da der Leib stets weiche Schmers-
loi») nicht angetrieben war, nur nach dem Essen und nie faculente
Massen erbrochen wurden, und während der ganaen Beobachtnngsaeit
Diarrhoen bestanden.
Semmola (Brit, me^l* Jouru., Febr* 20) gelang es, bei Ileus»
der auf Paralyse der DOnodarminnervation beruhte, duroh Anwendung
des conttaaten 8 t rem es in neun Sitzungen Heilung zu erzielen.
Banr, Bssbasbiongen über Darminyagination (Berl.
klin* WocUmis^bri Ifr. 09— S5)| tbeilt aus der Liebermeister'schen
Klinik 0 Ifälls ¥en Darmefnsttitpung mit Bei sämmtlicben haadeke
es sich um lOfSginstio Usoooeoalis, 7 kamen surSection, 2 blieben
am liitUm^ M iiniot von diesen hatte sich die Invagination noch
naeb 4^0 Mdtiaten durch hohe Eingiessungen losen lassen.
Von defi Enlttreich pubticirten Fällen von Operationen des Ileus
kann hier f 11 glich abgesehen werden.
Bi«r, FUnl' interessante Bauchoperationen (Deutsche
med, Woohi^nschr. Nr. 28). Von diesen mögen zwei hier erwähnt
sein. Hei der einen seigten sich an einem resecirten Stücke der
Krankheiten des Digestionfi&pparates,
391
Fiexura sigmoidea zahlreiche Divertikel, die durch ScbmmpfuDg des
KafieüteriuEn entstanden waren. In einem anderen Falle handelte
ds sich um einen recidivirenden Ileus, den der Patient mehrfach
dftdnrch selbst hatte beseitigen könnenj dass er die Knieellenbogen tage
einnahm. Als dies in einem Falle misslang^ gelang es doch durch in
das Rectum eingeführte ganze Hand, das Hinderniss zu beseitigen.
Welcher Art dies gewesen, konnte nicht eruirt werden. Der Erfolg
der Behandlung spricht für das Vorhandensein eines Klappen-
uedhani^mus.
Nach der eingehenden Behandlung der Perityphlitis im
vorigen Jahre (s. dieses Jahrbuch 1892)^ kann diesmal^ zumal neue
Gesichtspunkte seitdem nicht gewonnen sind, von einer weiteren
Discassion dieses Gegenstandes abgesehen werden. Neue Fälle publi-
ciran Schede (Deutsche med. Wochenschr. Nr» 23) u. A.
Stein, Zur Kenntniss der Darmneurosen (Wiener med,
Wochenschr. Nr. 20 u. 21), tbeilt den Fall eines 2djährigen Mädchens
mit, das jedesmal, wenn es etwas ass, wenig Gebäck oder Fleisch oder
etwas Suppe T sofort lebhaftes Gurren und Kollern, Stubldrang und
Entleerungen bekam (breiig bis flüssig, von normaler Farbe, ohne
auffällige Bestand th eile), die als durch rein reflectorisch erregte
Peristaltik hervorgerufen angesehen werden miiasen. Durch Galvani-
sation warde Heilung erzielt.
Auf die Darmparasiten bezieht sich die Arbeit von Leichten-
flterni Ueber die Charcot-Robin^sohen Kryatalle in den
Picea (Deutsche med, Wochenschr. Nr, 25, S. 582). Anwesenheit
Cliarcotacber Krystalle in den Fäcee macht das Vorhandensein von
Barmparasiten wahrscheinlich, ohne jedoch eine bestimmte Art zu
oharakterisiren. Abwesenheit der Krystalle schliesst Parasiten nicht
aas. Die Bildungsweise der Krystalle ist unklar. Der Ort ihrer
£ntstehiing ist der des Parabitenaufenihalts.
Besondere Schwierigkeiten in der Diagnose bietet die durch
Actinomykoae-Infection verursachte Perityphlitis, von der
LaDx aus der chirurgischen Klinik in Bern zwei Fälle veröffentlicht
(CoirespondenzbL f, Schweizer Aerzte Nr, 10 u, 11)* Der erste Fall
verlief vollkommen unter dem Bilde einer abscedirenden Peri-
typhlitis, zu der sich später unter Senkung des Abscesses nach dem
Oberacfaenkel zu eine Flexionscontractur desselben gesellte, In dem
zweiten Fall wurde mehr an entzündliches Exsudat oder maligne
Neabildung vom Becken ausgehend gedacht. Charakteristisch ist die
Cbronicität des Verlaufs, die diffuse, feste Infiltration, später multiple
29^
Rodenheim.
Fifttelbilduog, faet völlig fehlende DannerscbeiDung, locaL bleibend e
Reaction des Peritoneum. Äcnt entzündliche Erscheinungen, durch
Mischinfectionen bedingt ^ können die ohnehin schwierige Diagnose
noch mehr erschweren. Entscheidend ist natürlich der Nachweis der
Actinomyceskörner. Die Prognose der beschränkten Cöcalerkrankiing
ist viel günstiger als die der ausgedehnten Darmactinomykose,
Immerhin sind Recidive häufig. In dem zweiten Fall brachte Total*
exstirpation der betroffenen Darmpartie definitive Heilung.
Schliesslich seien noch einige das Rectum batrefTeude Publica-
tionen aufgeführt. Dieselben beziehen sich auf die Mastdarm*
gesch würe»
Hahn, Ueber syphilitische Mastdarmerkraukungen
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 4), behandelt einen Fall von Proctitis
syphilitica mit Strictur des Rectum nebst zahlreichen Geschwuren
und einer Strictur des Dünndarms. Amyloide Degeneration der
Organe führte zum Tode, Die Exstirpation des Mastdarms hält
Hahn nur da für indicirt, wo die Erkrankung scharf begrenzt ist
und nicht zu weit hinauf geht, sonst wendet er die Colotomie an,
deren Folgen nicht unangenehmer sind als die der Incontinentia recti,
die bei der ersteren Operation meist nicht zu vermeiden ist Hahn
spricht sich dagegen aus^ jede Proctitis ulcerosa für syphilitisch zu
erklären, der bebandelte Fall war es sicher.
Foelchen, Ueber die Äetiologie der stricturireoden
Mastdarmgeschwüre (Virchow's Archiv Bd. 127, H. 2), hat, um
eine objective Pröfung der ätiologischen Verhältnisse vorzunehmen,
219 Fälle in einer tabellarischen Uebersicht zusammengestellt, von
denen er, wo es möglich war, ausser der Anamnese, die sich speciell
auch auf die Syphilis bezog, Befund an Genitalien, am After, am
Rectum, Therapie und Verlauf nolirt. Unter den 219 Mastdwrm-
kranken betrafen 25 Minner, 2 Kinder, 190 Frauen (in 2 Fällen war
kein Geschlecht angegeben), 96mal war ausdrücklich das Nichtvor-
handensein von Syphilis betont. Als andere ätiologische Mo-
mente werden aufgeführt Traumen, Tuberculose, Dysenterie, Decu-
bitus, perforirende Bartholinitis, Uebergang virulenten Vaginalsecrets
durch Bectovaginaitisteln, Das Enderg ebniss ist: Nor in einer ver-
schwindenden Minderheit ist die Äetiologie klargelegt.
Nickel, Ueber die sogenannten syphilitischen Mast-
darmgeschwüre (Virchow's Archiv Bd. 127, H, 2), unterscheidet
ätiologisch syphilitische, dysenterische sodann aber auch traumatische
(irorzQgsweiae durch Klystiere), deeubitale und die durch Ueber-
Krankheiten des DigestiOBsap parates.
293
I greifen periproctaler Processe auf die Darmwand uoter Perforation
iderselben von aussen nach innen entatandenen Mastdarmgescliwüre,
Auf Grund von 15 untersuchten utid mitgeth eilten Fällen unter Be-
röcköichtigDDg der sonetigen Litteratur zieht Nickel den Schluss,
daaa wirklich syphilitische Geschwüre des Bectum sehr selten Bind.
Die wenigen genau untersuchten hab^n auf der Basis constitatio neuer
Luea ihren Ursprung in zerfallenen Gommiknoten. Gegen die An-
nahme, dasa die anderen, nicht von Gummata ableitbaren Uleera-
tlonen auf einen Coitus praeternaturalis Eurück zuführen seien , spricht,
wie auch Poelchen betont ^ die Ueberlegang, dass dann zunächst
die Einrisse der Schleimhaut am Sphincter inficirt werden müssten»
Aach das Ueberfliessen von Vagina Isecret in das Rectum wird für
aDwabrächeinlich gehalten,, Häufiger sind traumatische (Klysma,
unterBnchender Finger) und decubitale, durch den Druck fester Koth-
ballen entstandene. Hier hat die Prophylaxe mit Sorge für regel-
missige Entleerung einzusetzen«
Einzelne Arbeiten, die grossen Unterleibsdrüsen betreffend,
ichliessen wir hier an.
Gerhardt, Verkleinerung der Leber bei gieicbblei-
bender Dämpfung (Zeitscbr. f. klin. Med. Bd. 21, H, 3 u. 4), tbeilt
einen Fall mit, der ganz das Bild der acuten Leberatrophie bot, bis
auf den Punkt , dass in den letzten Tagen die Leherdampfung sich
nicht verkleinerte* Der Grund hierfür lag darin, dass Verwach-
fiungen mit dem parietalen Peritoneum ein Zurücksinken des sehlaifen
Organs verhinderten.
Haitier, Die Schwankungen der normalen Leber- und
Mili dämpf ung (Wiener med. Wochenscbr. Nr. 24), hat sich durch
fortgesetzte Beobachtung davon überzeugt, dass die Leber- und Miiz-
dämpfung bei gesunden Personen zu verschiedener Zeit differirt, und
^gtaabt diese Schwankung, da sie alle Durchmesser betrifft, auf
I Yol umSchwankungen beziehen zu dürfen.
Von hervorragendem loteresse war das auf dem XL Oongress
für innere MedicLn zur Discussion gestellte Thema ,,Ueber chro-
nische Le bereut Zündung", Das erste Referat hatte Rosen-
itein-Leyden übernommen. Rosenstein weist auf die Analogie
Lhtn^ welche zwischen den chronischen Entzündungen der Niere nnd
denen der Leber besteht^ indem es bei beiden Organen zu Zuständen
kommt, die eher zur Gegenüberstellung als zum Vergleiche herauB-
. sofordem scheinen: einerseits die grosse, glatte, weisse oder bunte
LJSiot« and die grosse, glatte, braunrothe oder olivgrüne Leber, anderer-
294
Eosenheiin*
seits die kleine höckrige^ rothe oder weisfle Niere und die kleine
hdckrige granulirte gelbliciirotlie Leber. Nachdem die eiDheitliche Äuf-
fasstmg der Cirrhose zue^^st von klinischer Seite erschüttert worden,
und man zur Aufstellung zweier Formen , einer, für die Leberver-
grösseruug, Icterus^ Mangel des Ascites charakteristisch, und einer,
die durch kleine Leber, starken Ascites und Maogel an Icterus ge-
kennzeichnet ist^ gekommen war, hat man^ heaonders seitens der
Franzosen^ gestrebt, auch histologische Unterscheidungsmerkmale für
die beiden Formen zu finden. Man kam dazu, eme atrophische
venöse (d. h, von der Y, portae ausgebende) und eine hypertrophische
biliöse Form zu unterscheiden, Bosengtein erkennt nur folgende
Unterscheidungszeichen an; 1) die von Charcot zuerst hervorge-
hobene ri ng form ige Umschntirung der Leber bei der atrophischen,
die inselförmige Verbreitung des ueugebildeten Bindegewebes bei
der hypertrophischen Form; 2) die Leberzelle ist bei der atro-
phischen Form abnorm, häufig fettig degenerirt, bei der hyper-
trophischen höchstens in der Peripherie der Läppchen schmaler
und glatter, sonst gut erhalten, mit farbbarem Kern; 3) die der Vena
portae angehörigen Blutgefässe sind bei der atrophischen Form durch
Compression obliterirt, bei der hypertrophischen offen. Diese Unter-
scheidung ist zutreffend für die reinen Fälle, die Mehrzahl aber ge»
hört dem „type mixte^ an. Klinisch unterscheidet Rosenstein drei
Typen; Die reine Sohrumpfleber (analog der genuinen Schrumpf-
niere), die erst zur Erscheinung kommt, wenn sich schon Stauungen
im Pfortader System aasgebildet haben. Ein Uebergang der ver-
gröeaerten in die Schrumpf leber Laennec'a ist nur ganz ausnahms-
weise Gegenstand klinischer Beobachtung. Die zweite Form ist die
i c te r i s c h - h y p e r t r 0 p h i B c h e , mit unbedeutendem Ascites, starkem
Müztamon Daneben wird hervorgehoben, dass auch das Blut dabei
verändert ist (Vermehrung der rotben, Verminderung der farblosen
Blatkörperchen), constant sind accidentelle Herzgeräusche, auch be-
steht eine Neigung zu Blutungen aus Schleimhäuten und in die
Haut, Veränderungen an der Haut, besonders Urticaria, ferner He-
meralopie, auf einem Torpor retinae beruhend, Xanthelasmen , deren
Zusammenhang mit dem Icterus aber sehr zweifelhaft ist Vor Ver-
wechselung mit intrahepati sehen Tumoren schützt die Constanz dea
Miktumors. Verwechselungen sind möglieb mit amyloider Degenera-
tion, hier kann wohl meist die cbarakteriatiscbe Nierenaffection Auf-
scbluss geben, femer mit der echten biliären, auf Abachluss der
grossen Gallenwecje beruhenden Cirrhose und schliesslich mit chro*
niflch katarrhalisobem Icterus. Die dritte Form endlich ist die
Krankbeiten des Digestionaapparates.
295
der secundären Schrampfleber, ohoe Icterus, mit Leber ver-
k:grÖS8eruBg trotz der Schnimpfung, die aucb gegen das Ende zu
StauuDgserscheiuuiigeD führt« Auck hier kommt es allmählich zu
Blotverinderungen. Die Kranken sind h^chBtens eubicterisch , im
Harn ürobilin vermehrt, kein Bilirubin, Die Behandlung hat die
Aufgabe, bei der Schrumpf unga form die 8tauungserscheiiaungen aua-
zttgleichen, die Diät hat alle die Leberzellen reizenden Stoffe fern-
luhalten und übermässige Eiweißszufuhr zu verhindern. Wichtig sind
Hautcaltur und Körperbeweguogen* EmpfehleEswertber als die Dra-
stica sind die Dluretica, besouders Resina Copaivae und Kali aceti-
cum, auch eine frühzeitige Function wirkt nicht nur palliativ. Jod-
kalium wirkt nur bei den syphilitischen Eormen. Bei der icterisch-
bvpertrophiscben Form läset sich der Icterus durch kein Mittel
beeinflussen, gute Ernährung, Hautcnltur^ Sorge für Diurese muss
der Gefahr einer plötzlichen Harnstockung vorbeugen.
Gorreferent zu demselben Thema war Stadelmann-Dorpat.
Derselbe berücksichtigt vornehmlich die Pathogenese der Leber-
cirrhoae, Entstehungsürsachen des Icterus, die Stoffwecbselanomalien
und die Versuche, experimentall die Cirrhoae zu erzeugen. Er be-
streitet die Möglichkeit einer irgendwie sicheren Unterscheid uug zwi-
schen hypertrcphiscLen und atrophischen Formen, sei es anatomisch
oder klinisch. Die Frooesse der Bindegewehaneubildung gehen in
einander über, alle Formen finden sich in ein und derselben Leber.
Hjrpertropbie, Verfettung der Leberzellen finden sich bei beiden Formen^
mehr degenerative Frocesse bei der atrophischen. Die atrophische
Form kann ein hypertrophisches Stadium zeigen , andererseits die
hypertrophische schrumpfen. Auch Ascites zeigt sich bei beiden,
seltener allerdings bei den hypertrophischen Zuständen. In ^,3 aller
Fälle kommt es auch hei der atrophischen Cirrhose zu Icterus* Bei
dieser wird infolge der Atrophie vieler Zellen, des VerachlusaeB
vieler Pfortaderaste weniger Galle gebildet, daher auch weniger resor-
birt, als bei der hypertrophischen Girrhose. Indessen kommen auch
bypertrophisohe Formen ohne Icterus, wie atrophische mit starkem
Icterus vor. In ätiologischer Beziehung spielt der Alkohol für beide
Formen die Hauptrolle. Daneben ist sichere Ursache Malaria und
Syphilis, wahrscheinliche Tuberculose, angebliche auch Gicht, Ge*
nofls scharfer Gewürze, Pfortaderthrombose, acute Infectionskrank-
iieiten^ langer Gebrauch von Drasticis. In einer Reihe von Fällen
ist die Aetiologie unbekannt.
Versuche, die Erscheinungen der Cirrhose experimentell durch
Unterbindung des Ductus choledochuB, durch chronische Vergiftung
I
296 Roseoheim.
mit Artsen, Pboephor, Tolaylendiamiii, AHtohol zu erzeugen, sind
bisher nicht geluDgen. Möglich, dass die Lebercirrhose nur Theil-
erscheinung einer allgemeiaen Erkrankung des Körpers ist, vielleicht
der Arter ioskleroae. Functioöen der Leber , deren Ansfall bei der
Cirrbose in Betracht kommen könnte, sind; 1) Die Harnstoffbildung.
Stadelmann konnte sich von einer sicheren Herabsetzung derselben
nicht überzeugen. 2) Die Beeinträchtigung der Fähigkeit , Oifte
(Ptomaine, Alkaloide) zurückzuhalten und unschädlich zu machen,
könnte vielleicht die schweren nervösen Zustände, die zuweilen aui-
treten, erklären. 3) Die Glykogenhildung. Relativ häufig findet eich
in der That bei interstitieller Hepatitis alimentäre Glykosurie. In
therapeutischer Beziehung betont Stadel mann noch, dass die gün-
ßtige Wirkung von Trinkcuren alkalischer Wässer in der Einwirkung
auf Darm und Oirculation zu suchen ist. In die Qalle gehen die
Alkalien nicht über.
In der Diacussion theilt v, Frey mit, dass bei Unterbindung
des Qallenganges der Icterus ausbleibt, wenn gleichseitig die Lymph-
gefäese durch Unterbindung des Ductas thoracicus verschlossen
werden. Obwohl die Galle bei enormer Erweiterung der Gallen- ■
gänge die Blutgefässe umspult^ tritt sie doch nicht ins Blut, Acker-
mann erklärt das Ausbleiben des Icterus bei der atrophischen Cir*
rhose durch die Neubildung von Gallengefäsaen, die eine andauernde
Oommunication zwischen Gallen capiüaren und interacmöisen Gallen-
wegen herstellen. Die Neubildung des cirrhotischen Bindegewebes
hält er immer für secundär^ primär ist die Degeneration der Leber-
Zellen. _
Den Standpunkt Fürbringe r*ö kennzeichnet Freyhan, Kli- ■
nische Beiträge zur hypertrop hie eben Lebercirrhose (Vir-
chow's Archiv Bd. 128)» Frey hau tritt unter Hittheilting von vier
im Krankenhaus Friedrichshain beobachteten Falten dafür ein, die ■
hypertrophische Lebercirrhose als besondere, kliuiscb und anatomisch
gut charakterisirte Krankheitsforui anzunehmen. Klinisch charak-
terisirt sich die hypertrophische Cirrbose dnrch mächtige, meist
gleichmässige Lebervergrösserung, intensiven Icterw, dabei gefärbte
Stühle (was differentialdiagnostisch gegen Lebergeschwülste verwerth-
bar), Fehlen oder geringes Vorhandensein von Ascites. Milzschwellung
ist fast stets vorhanden, häutig Neigung zu Magen- nnd Darm-
katarrhen mit hämorrhagischem Charakter. Aetiologiach spielte in
allen vier Fällen Alkoholismus eine Rolle.
White, Gases of jaundice due to aneurysm of the he-
patic artery and to movable kidney (Brit med, Journ. 1892,
Krankheiten des Digestfonsappftrates.
297
JaDnar), fuhrt zwei Fälle vod Icteros auf, deren einer durch ein
Äneoiysma der Arteria hepatica, welches durch Druck den Doctus
hepaticua verschloss, verursacht war. In einem zweiten Falle bezieht
er einen anfallsweise auftretenden Icterus auf eine vorhandene
WaDderniere.
Ferrand berichtet in der Acad6inie de mMecine über Erfolge
in der Behandlung der GallensteinkoHk mit Glycerin, das
eine abundante Hypersecretion der Galle zu bewirken scheint. Bei
Koliken gibt er 20 — 30 g in Wasser; eventuell mit Chloroformzusat»
in 2 — 3 Portionen. Gegen die Diathese werden jeden Morgen 4 — 15 g
in alkalischem Brunnen (Vichj) gegeben»
tgasee, L^buile d^olive dans le traitement de la co-
li qae (BuUet g^n. de Th^rap., Febr.), berichtet über die günstigen
Erfolge der Behandlung der Gallenateinkolik mit Olivenöl,
Furbringer^ Zur Kenntniss der Peeudogallensteine
oad sog, Leberkolik, Von vier auf Cholelithiasis verdächtigen
Personen wurden mohnkorn- bis erbsengrosse harte Steine entleert^
die eich als Birnconcretionen erwiesen, Bezüglich der nervösen^
hepatischen Kolik oder Lebern euralgie wird mitgetheilt, daBS der
Anfall dem der G&llensteinkolik durchaus gleicht, doch ist immer
der intensivste Schmerz auf die Leber localisirt, sie tiudet sich bei
nenraßthenischen und hysterischen Personen gern neben anderen
Visceraloeuralgien. Die Anfälle, ohne ersichtliche Veranlassung auf-
tretend, haben Neigung zu gewisser Periodicität Icterus und Leher-
ftchwellung hat Fiirhringer stets vermiest, Druckempfindlichkeit
der Leber stets angetroffen. Zu entzündlichen Localaffectionen, das
ist differentialdiagnoatisch wichtig, kommt es niemals.
Ueber die Erkrankungen der Ba achspei che Idruse liegt eine
nmfasaende Arbeit von Seitz, Blutung, Entzündung, bran-
diges Absterben der Bauchspeicheldrüse (Zeitechr, f. klin.
Med, Bd. 20, H. 2—6), vor, die sich zum kürzeren Eeferat nicht eignet.
6. Nieren krank he Iten,
Von Prof. Dr. Pörbrin^er, Director am Krankenbanse Fnedrichahaiii
in Berlin.
Man kann den Erzeugniasen des Berichtsjalird auf dem Felde
der Nierenerkrankungen ein gutes Zeugoies ausstellen, insofern sie
im Grunde billigtm Anforderungen solider Practiker entsprechen;
In» Spitillndigo gi»triobene theoretiache Batsonnements sind ebenso
npUt Uni) Kü*ftt| wie kritikWse Empfehlungen von Medicamenten. Ein
harvortrotander Zuji di*r V^^rtiefuDg zeigt eich besonders in den Be-
lurbeitnngen dtn* wichtigen diütoHscben Behandlung. Zur endgültigen
Klärung haben dieselben freilich noch nicht geführt.
In der Anordnung des Stoffs folgen wir früherer GepEogenheit.
Einige Nachträge sind aus bereits mehrfach geäusserten Gründen
ebenso nothwendig gewesen^ als sie t^r das nächste Jahr un*
^rmeidlich sein werden.
Wir gedenken also zunächst der Beiträge snr Physiologie der
Niere , insofern sie zum Hatiptsymptom der Nierenentzündung, der
Albuminurie^ in Bexieliun« treten. Hier ist Lang, über dessen
Lehre der EniMtehiuigKb/jdingungen der Eiweissausscheidung wir
bereits kurz bericbtot (dioi« Jahrb,^ Bericht f. 1891, S. S13), in einer
ausfuhr! ichon Arbt»it tUjt^r den Antbeii der Malp ig hinsehen Knäuel
an der liiirnüUMiKjboidinjg und die Gesetze, nach denen diese vor sich
gebt ( Wiitniir nmd. Wocheniicbr. 18^1, Nr. 47 n, 48), auf Grund eigener
ttöifiingroicbor lIuterHuchungen u. A. zu dem Resultat gelangt, dass,
währoiid die im HlutwaM«ür gelösten Harnbestandtheile einfach auf dem
Wege dur DiffuHiun ohne Concurrenz einer Secretion im engeren Sinne
und ob 1111 llägulirung durch ein Nervencentrum durch die Wandung der
Gefännknituol und event auch noch jenseits derselben ausgeschieden
werden, die Aussoheidung jener Harnbestandtheile, welche im Blute
^ierenkrai) khei ten.
399
priformirt sind und ein höheres Molecularvolumen als HarBStoff be-
nlMKii b5chBt wahrscheinlich jenseits der Knäuel vor eich geht.
Wiren die Wandungen dieser auch für die letztgenannten Bestand-
tbeile durchgängig, so müsste eine geringe Zunahme des hohen hy draa-
lischen Drucks auch ungelöste Blutbestandtheile (Kiweiss) passiren
liiflen. Vielleicht sind bei der Ausscheidung neben dem hydro-
dynamischen und osmotischen Druck elektrische Kräfte thätig. Bei
dieser Gelegenheit wollen wir nachholen, dass Chnbri^ (Gaz. m6d.
de Paris 1891, Nr, 46) bei seinen Nachahmungen der Nierentbätig-
keit im Laboratorium (Filtration von Blutgerum^ Blut- und Eiweiss-
harn im Dtalysator durch thierische Membranen in Wasser unter
Terschieden starkem Druck) die Scbnelb'gkeit des Durehtritts der
BlatbestandtheUe geringen Molecularvolumens (Harnatoffj Harnsäure)
als von der Grösse desselben unabhängig erkannte, während beim
£i weiss die letztere von £infia8S ist. Bei schwachem Druck hört
das Albumin überhaupt auf, durch die Filtermembran zu dringen,
Uan beachte den Oontrast, in welchem diese Resultate zu dem be-
kannten Runeberg^schen Satz stehen, dass der Eiweissgehalt des
Filtrats bei Verminderung des Drucks zunehme*
Dass neben der vesicalen eine renale Nucleoalbuminurie
exiistirt^ hat F. Obermayer (Centralbl. t klin. Med. 1892, Nr. 1)
dargethan. Dieselbe verdankt ihre Entstehung einer Schädigung der
^-nepithelien insbesondere im Bereich der Marksubatanz. Viel-
t kommt diesem interessanten Funde auch klinisch-diagnostische
Bedeutung zu.
Rathschläge zum practischen Nachweis der Albuminurie
geben Spiegier (Wien. klin.Wochenschr, 1892, Nr.2), Vas(Ung.Arch.
t Med- 18^, Nr, 2) und 0. Rosenbach (Deutsche med. Wocheuschr.
|8Ö2, Nr. 17). Der erstgenannte Autor empfiehlt als höchst empfind-
Eeaetion die Ueberschichtung des mit Essigsäure versetzten
I mit einer Zucker und Weinsäure enthaltenden io ^^igen Stiblimat-
ag. Hingegen verwirft Yas die Essigsäure-SubKmatprobe , da
in den meisten normalen Hamen Trübungen erzeugt^ und
Jlt in seinen Untersuchungen über die practiache Verwendbarkeit
Einiger neueren Eiweissreactionen r ticksichtlich der Sicherheit die
Snlfosalicyl- und Essigsäure-Rhodankali-Probe an die erste Stelle,
iirend die Trichloressigprobe aus Anläse der Niederschläge in
rereichen Harnen zu Bedenken Anlass gibt. Den Proben mit
Salpetersäure und Bittersalz, sowie Salzsäure und Chlorkalk werden
ftderd Vorzüge nicht vindioirt. Als äusserst feines und wicheres
gens empfiehlt Roseubach wieder die Chromsäure lo
«w
Firtnafcr.
5^olkger L90iingt welche dikfl Eiweiss in gelbgeftriiteii Flocken fallt
ond mät der Gefahr yon Uratniederfichligeii so gut wie gar nicht
redin#t
Ueber das in den leisten Jahren so beliebte Th^na der Alb am in-
nrie Oeansder hat sich diesmal kein Antor spedell getossert, es
mftaaten denn die fraglos beachtenswerthen Baohachtnngen von
Cnffer und Gas ton Über missiges Eiweis^hamen nach Nephritig
(Bevne de m^J., Febmar 1891) hierher 211 zahlen sein, lo den vier
besprochenen Fällen waren bei den „Genesenen'^ alle übrigen Er*
scheinangen der Krankheit geschwunden, wahrscheinlich weil der
Löwenactbeil des Nierengewebes vollkommen gesondet war. Der-
artige Fälle haben auch wir wiederholt beobachtet, nns von dem
dauernden aasgezeichneten Wohlbefinden der früheren Kephritiker
öberzeugt uod schliessen uns den Warnungen der VerflT. an, solche
AlbumiDuriker, aus deren Harn keine therapeutische Massnahme das
Eiweiss ganz schwinden macht und die vor Allem vor Erkältungen
eu bewahre:] sind, mit diätetischen Massregeln zu quälen. Auch
Boss (The Lancet, September 1891) legt wenig Gewicht auf den
Genuas oder die Meiduog einer bestimmten Diät^ insbesondere von
Milch, Eiern und Fleisch (vergl. weiter nnten „Therapie der Ne-
phritis"), will aber merkwürdigerweise auch wenig von einer wohl-
thätjgen Wirkung der Kleidung auf die Albuminurie wissen, welche
am besten durch kohleusaures Katron und Wismuth beein£uBSt
werden solL
In einer kürzeren Mittheilung über Albuminurie bei Dia-
betikern wendet sich Lenne (Deutsche Med.-Zeitg. 189^, Nr. 68}
gegen die Anschauungen von Schmitz (dies. Jahrb., Bericht f. 1891,
S, B15) und hebt, eine Abhängigkeit des Symptoms von gesteigertem
Hühnereiweissgenuss und Blaaenkatarrh ablehnend, hervor, dass
beim Diabetiker neben einer regulatorischen Albuminurie noch eine
besondere Digposition zur Eiweissausscheidting mit dem Harn existire.
Das Auftreten der letzteren im Verlauf einer schweren diabetischen
Erkrankung sei als ein Signum in malam partem anzusehen.
I
I
I
Ueber paroxysmale Hämoglobinurie äussert sich Lock-
hart-Oillepsie (Edinb. med. jonrn., Juni 1892) durch Mittheilung
einer einen 26jährigen Mann betreffenden Beobachtung, die das Be-
merkenswerthe bot, dass trotz der sehr geringen Resistenzfähigkeit
der Blutkörper Sulfonaldosen von 2,0 und mehr keinerlei Aus*
Scheidung von Eiweisa oder Blutfarbstoff zur Folge hatten. (VergL
unten den Fall von Kobert.)
NiercDkrankheiten.
301
Einen bemerkenswetthen Fall von Hämoglobinurie nach Ein-
itbmung von arsenhaltigem Wasserstoff theilt Storcb (Ver-
handlungen des XL CoDgresses für inneie MediciE, Wiesbaden 1892|
S. 176 — 182) in grosser Ausf&hrlichkeit mit. Die Ursache war in
der Dichtung des Leckes eines Ballon captif gegeben, dessen Wasser-
stoffTüllung mit arsenhaltiger Schwefelsäure entwickelt worden war.
Kach vorübergeh et» der Verschlimmerung der besonders in Kopfschmerz,
Debelkeit und Cardialgie bestehenden Krankheitserscheioungen am
^, Tage unter hohem Fieber langsam vorschreitende ConvaJescenz,
Der Blulfarbstoffgehalt des Harus war schon am 6. Tyge geschwunden.
Einige Male hatte Patient unter nächtlichen Pollutionen mit Ent-
leerung sangninolenten Spermas zu leiden.
Als eine seltene Complication von Leukämie fand v. Engel-
hardt (Petersburger med. Wochenschr. 1892^ Nr, 18) paroxysmale
Hämoglobinurie und ist der Ansicht, dass die genannte Gruodkrank-
heit möglicherweise immer mit Hamoglobinämie verläuff, indess der
Orad derselben nur selten genüge, um Hämoglobinurie und Icterus
«nftreteo zm lassen.
Einen Fall von Hämoglobinurie bei tropischer biliöser
Malaria theilt Kohlstock (BerL klin.Wochenschr. 1891, Nr. 18 u. 19)
init, D&r 36jäbrige Patient hatte Ostafrika verlassen, ohne durch die
U-ebersiedeluDg in ein norddeutsches maiariafreies Klima einen Schutz
gß^lBü die Fortdauer seiner Krankheit zu Enden* Letztere war mit
der ^Malaria biliosa haemoglobinurica" der Tropenärzte identisch
und hatte als der Malariaparasiten baar nichts mit dem von den
iUlieoiscben Aerzten beschriebenen ähnlichen Malaria ßeber zu thun.
Die Hämoglobinurie ist eine Folge der massenhaften Zerstörung von
roiben BluTkörperchen, der Icterus demgemäss ein cythämolytischer,
solchen Fällen ist Chinin contraind icirt und vor Allem eine robo-
Bode und excitirende Behandlung am Platze. Der Fall heilte ; seine
""beachtenswertben Details sind im Original einzusehen.
Einige gleichsinnige Mittheilungen über fieberhafte Urämie
liegen von Eichardi^re und Therese [Revue de m^d., December
W) »owie von Gillet (ibid., Februar 1892) von Die Beobach-
en zeigen im Verein mit einer vollst äiidigen Litterat urübersicht,
bei jeder Art von Urämie selbst sehr hohes Fieber gar nicht
ittn — dieser Meinung schli essen auch wir uns auf Grund eigener
fahrungen an — beobachtet wird* Es kann sogar der Urämie vorauf-
lien und zur Prophylaxe auffordern, Hirnödem wurde als con-
ftter Befand nicht erhoben, kann also unmöglich als Erklärung
»ichen.
302
Fürbringer.
Wenden wir hob nanmebr «ur Klinik der eigentlichen diffusen
Nephritis, so wollen wir zxmäch&t die Aufmerksamkeit auf eine
verdienstvolle Dissertation von Koppel (München 1891) zu lenken
nicht versäumen- Verf. hat das Material des Mänchener pathologi*
Boheu Instituts aus den Jahren 1886—1889 zur FeststeUang der
Häufigkeit der diffusen Nierenentzündung im engeren Sinne und
ihrer Complicationen durchgesehen und findet die genannte
Krankheit zu tast W% (632 Fälle auf 2837 Sectionen) vertreten,
ganz vorzugsweise im Bereich des männlichen Geschlechts, wahr-
Bobeinlich aus Anlass des Einiliisses des Alkoholgenusses und äusserer
Schädlichkeiten. Rücksichtlich der Organerkrankungen, unter denea
in erster Linie die Veränderungen des Herzens bei der chronischen
Nephritis gewürdigt werden, muss auf das Origined verwiesen werden,
in ihren Untersuchungen über die Ausscheidung der Bac-
terlen aus dem Organismus haben Pernice und Scagliosi (Deutsche
mei!. Wochenschr. 1892, Nr. 34) selbstverständlich die Nieren der
Versuchsthiere wesentlich berücksichtigt, insofern die Bacterien
(Staphylocücans pyogenes aureus, Bacillus pyocyaneus u, a.) fast
immer durch den Harn (und die Galle) ausgeschieden wurden-, doch
fand auch eino Aussehe iduiig durch die reapiratürische und viscerale
Schleimhaut, öyibai iu die Mila, den Samen und durch die serösen
Häute fttatt. Stets waren die Nieren da, wo die Anwesenheit der
eingeipritzten Mikroorganismen im Harn nachgewiesen worden, unter
dem Bilde intensiver Kreislaufstörungen und Epitb eleu tartun gen
(ähnlich wie bei der hämorrhagischeu Nephritis) verändert, und zwar
bereits vor dem üebergang der Mikroben in den Harn, „Unserer
Meinung nach bereiten diese Veränderungen den Weg für den un-
gehinderten Ausgang der Bacillen vor;" Der Leser vergleiche zu
diesem Ausspruch die Anschauungen Orth^s (dieses Jahrb., Bericht
f. 1890, 8. 84).
AUBoI^ Kenntnissder toxischen Nephritis im engeren
Sinne liegt * . -t von Kober über Sulfon al Vergiftung (Central-
blatt t kün. MwJ* 1H92, Nr, 10) vor, der bei einer 52jährigen Patientin
unter dem Gebrauch des Medicamentes (durchschnittlich 1 g pro die)
da« Auftreten eines h&moglobinurischen, später nephritischen Charak-
ten* (Leukocyten, granulirte und metamorphosirte Cylinder) des Harns
constatirte. (8. oben unter ^Hämoglobinurie".)
Es folgen jetzt die Mittheilungen über die acute infeotiöee
Nephritis, unter denen die postscarlatinösen und diphtheri-
sohen Formen Gegenstand eigener Beobachtungen von Ziegler (Berl.
klin. Wochenschn 1892, Nr. 2), O. Kalischer (Diss., Freiburg i, B.
Nierenkrankheitcu,
303
1891), Szogö (Ungar. Arch. t Med. Bd. 1, H. 2) und Kuck (Münch.
med. Abhandle 2. Reihe, 3. Heft) sind. In seinem Beitrag zur Pro-
pfaylftxe der ScbarlachnierenentzünduQg gelangt Ziegl er, Arzt am
£6ziigliolien grossen Miiitärwaisenhause in Potadam, unter Aufbringung
eines ziemlich stattlichen Materials (9 Epidemien mit 209 Fällen) sa
derUeberzeugung, dass in der fast exclusiven Milchdiät ein sicherer
Schutz vor der Complication der Infectionskrankheit gegeben sei.
Trotsdem die Zahlen des Autors einer solchen schwerwiegenden Be-
hauptung sich günstig erweisen, können wir nicht umhin, zu reprodu-
ciren, was wir in der 2, Auflage unseres Lehrbuchs (Berlin 1890) in
Besiehung auf diesen Gegenstand (S. 154) deponirt haben: „Wir kennen
kein Mittel, das der Entwickelung der diffusen Nephritis im Ver-
laofe der acuten Infectionskrankheiten \rorzubeugen im Stande wäre ;
gerade rückgicbtlich der wichtigsten und häufigsten Form^ der
Scharlacbnephritis^ haben wir gesehen, dass die Krankheit sich nach
den leichtesten, der sorglichsten Pflege nicht ermangelnden Fällen
einstellen und trotz schwerster Gestaltung des Schartachs und un-
glaublichster Vernachlässigung des Kranken ausbleiben kann«'^ Dieser
Ansicht sind wir auch heutzutage noch, wobei wir gewisse Vortheüe
der Milchdiät bei unseren Scharlachkranken nicht leugnen wollen.
Kali seh er's Arbeit bietet vorwiegend anatomisches Interesse,
Doch sei hervorgehoben^ dass der Autor bei seinen sechs Fällen
sfimmtliche Friedländer'sche Formen der insbesondere glomerularen
E Entzündung wieder fand und der Ansicht ist, dass die — selbstver-
bl&ndlich (Ref,) — in der Aufspeicherung der chemischen Scharlach-
iloffd gegebene Ursache die Folge von Herzschwäche ist.
8 zog 5 vermochte durch eigene Untersuchungen an 60 diph-
Iberiachen Kindern die über die Albuminurie bei dieser Krank-
I/Bit bereits geltenden Ansichten ün Allgemeinen nur zu festigen.
Er fÄud das Symptom in 90% der Fälle und meist gegen Ende der
emrbeil Woche auftretend. Für die leichten und schweren Fälle bestand
etn tmleugbarer Parallelismus zwischen der Schwere der Grund-
krankheit und der Menge des ausgeschiedenen Eiweisses. Das
Ansteigen der letzteren in der Convalescenz ist geeignet, den
Verdacht auf drohende Paralyse zu wecken. Nicht weniger als
567 Diphtheriefälle aus der Münchener Uni versitäts -Kinderklinik hat
Kuck seinen Beobachtungen über diphtherische Albuminurie und
Nephritis zu Grunde gelegt und gelangt zu fast genau derselben
Häofigkeitsziffer (86,50|yi). Je früher die Albuminurie eintritt, um
»0 fLUgünstigar die Prognose. Der Sectionsbefund ist in den „weit-
muB meisten^ (? Ref.) Fällen ein negativer. Selten gelangen Oedeme
304
Förtiriiifer*
und Urämie, noch seltener Hämaturie zur Beobachtung, eine An-
sicht, die auch wir vor einer Reihe von Jahren aasgesprochen.
Eine karze üebersicht der Nieren Veränderungen bei
der Influensa gibt Teiaaier in seiner neuesten Monographie
„La Gnppe- Influenza" (Paris 1893, 196 Seiten). Der Häufigkeit
massiger Albaminurie als Ausdruck abortiver Entzandungsgrada steht
gegenüber die relativ seltene Beobachtung schwerster hämorrhagischer
Nephritis.
Aufs Neue lenkt Fiessinger (Gas. m<ki. de Paris 1891 p Nr. 41
u. 42) die Aufmerksamkeit auf seine Beobachtungen eines acuten
epidemischen Morbus Brightii (vergl* dieses Jahrb., Bericht
f, 1891, S, 316), der gemeinsam mit Scharlach, aber unabhängig von
dieser Krankheit herrschen und alle Uebergangs formen zur chro*
nischen Nephritis liefern soll*
Der Albuminurie bei der Pneumonie widmet Maragliano
in der Riforma medica einen Artikel. V^on 33 Fällen der Ghrundkrank-
heit boten das Symptom nicht weniger als 27, eine nach des Verf/s
Ansicht die hochgradig deletäre Wirkung der Toxine im pneumoni-
sehen Blut bekundende Thatsache. Zugleich weist Maragliano
mit Recht auf die auffallende Thatsache der Entleerung von 2 Litern
eines 1C)28 schweren Harns pro die trotz Herzinsufficienz hin. Der
Scbluss vom Harn aufs Herz kann also sehr trugen.
Die seltene Complication des acuten Gelenkrheumatis-
mus mit richtiger hämorrhagischer Nephritis beobachtete
Dupont (Arch. m^d. belg., Febr. 1892) bei einem vordem gesunden
Soldaten. Heilung nach 6 Wochen unter Gebrauch der Salicylsäure,
die eine nierenreizende Wirkung nicht entfaltet hatte.
Hier ist auch wohl der Ort, der Beobachtung eines Falles von
Chorea-Nephritis durch Thomas (Deutsche med, Wochenscbr,
1892, Nr. 29) zu gedenken. In diesem seltenen, einen 14jährigen
Knaben betreffenden Falle schwanden die Symptome der ^^mitunter
durch Infectionskrankheiten veranlassten** Grundkrankheit mit der
Heilung der Nierencomplioation. Verf. stellt sich als Ursache der
Störung der Coordinationsoentran die Vergiftung mit Harnbestand-
theilen vor.
Zum Schluss die Niere nafEeotion, zu deren Studium die dies-
jährige denkwiirdige Epidemie an der Elbe das Substrat geliefert
hftt| die Oholeraniere, Hier haben sich Aufrecht (CentralbL f.
kliu. Med. 1892, Nr. 4B), Leyden (Deutsche med. Wochenöchr. 1892,
Nr, 50) Hüwio E, Fränkel und Simmonds (Centralbl f. klin. Med.
1892, Nr. 60) geäussert und zum Thtil erhebliche Abweichungen in
J
Klerenkrankheiten.
305
der Anschauung gefördert Während nach Aufrecht's Unter-
SQchaogen schon während eines kurzen Stadium algidum in den
Nieren entzündliche Veränderungen vor sich gehen, welche wesent-
lich die Papillen hetreffen (deren Verstopfung durch CyÜnder eine
Hamatauung in der Rinde hervorrufen soll) und toxiachen Ureprungö,
nicht aber aus einer Eindickung des ßlutet* herzuleiten sied, wird
dieses Moment von Leyden in den Vordergrund gestellt, und eine
Uebereinstimmung mit der infectiösen Nephritis abgelehnt bezw,
eine toxische Wirkung nur für das Typhoid Stadium der Grund krank-
heit zugelagsen. Die letztgenannten Autoren endlich leugnen auf
Grund ihrer histologischen Untersuchungen eine tiefere Betbeilig^ng
der geraden Hamkanälchen gegenüber den gewundenen, deren Epithel
weit rascher und intensiver erkranke , fassen aber die Choleraniere
gleich Aufrecht nicht als Effect der Bluteindickung, sondern als
eine toxische Parenchymerkraukung auf. (Letztere m u s s doch wohl
auch eine Bolle spielen; denn weshalb sollte^ wo wir fast alle acuten
Ißfectionskrankheiten acute Nephritiden liefern sehen, gerade die
Cholera eine Ausnahme machen? Ref.)
Die chronische diffuse Nephritis und Schrumpfniere an-
Ungend, liegt der Haupt werth auf den Stoffwechsel un tersuchuu-
igen, derer mit Rücksicht auf ihre Verquickung mit der Therapie
am Schlüsse gedacht werden soll.
Bemerkenswerth für die Aetiologie sind die Mittheilungen
iBisenlohr^s (Deutsche med. Wochenschr. 1892, Nr; 4 u, 32) über
den zweifellosen Uebergang einer acuten Typhus- und Pneumonie-
nephritis in Nierenschrumpfung. Wahrscheinlich handelte ea sich
.tu beiden Fällen (mit Sectionsbefund) um eine successive Ver-
kleinerung der Niere, nicht um ein Z wischen ata di um mit Vergrösse-
mng des chronisch parenchymatös entzündeten bezw« fettig entarteten
Organs. Ob das die Regel, wird abzuwarten sein.
Daas der als ätiologisches Moment der chronischen Nephritis
früher vielumstrittene Alkohol eine Art latenter Nierenreizung unter
der Form reichlichen Genusses von Bier und Wein zu erzeugen
vermag, hat Glaser (Deutsche med. Wocheoechr. 1891, Nr. 43)
durch den Nachweis von Cy lindern und Cylindroiden, sowie Leuko-
63rten (neben Krystallen von Harnsäure und Kalkoxalat) im Sedi-
ment das centrifugirten Harnes dargethan*
Die secundären Veränderungen des Kreislaufapparates
bei Insafficienz der Nierenthätigkeit überhaupt bespricht
O, Urael(Verhdl. des XL Gongresses f. innere Med, 1892, S. 341—354)
JahrtiMih d« prvci. U«dlcin. 1883.
20
306
Fürbringer,
unter dem besonderen Hinweis auf die Tbataache, dass bei dentlicber
Hypertrophie des linken Ventrikels eine solche des rechten (gleich
einer geringen Erweiterung beider Ventrikel und Hyperti*ophie
der Vorhofe) nie vermisst wird. Erhebliche Erweiterung bedeutet
immer eine Compensationsstömng. Die ^cyanotische Induration"
der ünterleibsorgane^ insbesondere der Milz, beruht wahrscheinlich
auf activer, d. i. arterieller Congestxon, nicht %'enöser Stauung.
Regelmässig weist die Aorta Erweiterung (unter Umständen eine
partiell „konische") und oft chronische Endoaortitis auf, so nament-
lich bei Nervenkranken, Säufern und Diabetikern. Die compensatori-
sche Leistung des Herzens besteht darin, die allgemeine Girculations-
grösse so weit zu erhöhen, dass die Ausscheidung hamiahiger Stoffe
in der Zeiteinheit der Norm entspricht
Aus den Mittheiiungen, welche Leve-n (Deutsche med. Wochen-
schrift 1892, Nr. 21) über die Pathologie der arteriosklerotischen
Schrumpfniere gibt, und welche der Hauptsache nach Bekanntes
wiederholen^ heben wir heraus, dass er immer und am intensivsten
vom Grundprocess die Arterien der Pia betroffen gefunden hat, und
dass die Gefässer krankung auch für die „fibröse Induration" der
Milz verantwortlich gemacht wird (s, o. unter Israel). Wenn dieser
Autor von einer ^stets verminderten" Urinmenge spricht, so muss
zum mindesten angenommen werden^ dass seine Fälle viel mit com-
plicirender Stauungsntere zu thun gehabt haben.
Eine klinische Analyse von 50 Fällen von Schrumpfniera, welche
auf der Eich ho rs tischen Klinik in den letzten <1 Jahren beobachtet
wurden, durch Zangger (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 49,
H. 2 u, 3, S. 308) hat eine Fülle zum Theil beachte nswerth er , im
Original näher einzusehender Details geliefert. Wir erwähnen heraus-
greifend, dass im fünften Theil der Fälle urämisches Coma ohne
Krämpfe mit niederer, meist subnormaler Temperatur beobachtet
wurde, dass Albuminurie in 960„, Herzhypertrophie in 84%,
niederes specifisches Gewicht des Harnes in ßS^\^^ vermehrte Harn-
menge in 40t>Q, Urämie in ^">2%^ gespannter Puls in 44%, Retinitis in
36 ^jQ, Mangel an Oedemen in 24 ^q und Gehirnblutungen gleichfalls in
24 ^'o der Fälle gefunden wurden. Als Diureticum wird das Calomel
besonders empfohlen. Wir haben uns über den Werth dieses Mittels,
dem nebenbei bemerkt auch Bexelius (Hygiea, Mai 1892) wieder
das Wort bei cardialem Hydrops redet, in den früheren Jahrgängen
>a Berichts wiederholt geäussert,
nen Fall von psychischer Störung bei Schrumpfniere
vbegg (Beri, klin. Wochenschr. 1892, Nr. 17) mit Die 28jährige
Nierenkrank lieiten.
ao7
Kr&nke bot den Zustand der acuten Melancholie dar, der neben dem
Stupor die häufigste einachlägige GeistesBtorung darstellt Wabr-
acheinlich bandelt es sich hier am urämische Intoxioation.
Zur Kenntniss der Nierenerkrankungen bei Syphilis
liegen Beiträge von Lecorcht^ und Talamon (Romaine med., Sept.
18Ö1), J. Israel (Deutsche med. Wochenschr, 1892, Nr. 1), Jaccoud
(Annal. de m^d., April 1892) und E. Lang (Gentralbl f. d, ges.
Therapie 1892) vor. Die erstgenannten Autoren registrireo an der
Hand eine^ einschlägigen, sehr genau analysirten Falles von richtigem ,
tm 8. Monat nach der Infection aufgetretenem und unter 4[nonatlicher
Mercurialisation zur Heilung gelangtem Morbus Brightii („Syphilis
brightiqae pr^cace**), dass, wie der Scharlach und der Typhus, auch
die secundäre Syphilis eine richtige acute Brigh tische Krankheit mit
dem anatomischen Substrat der bunten, grossen, weichen Niere her-
beifilhren kann, welche selbst zur Atrophie zu führen vermag. Ein
charakteristisches Kriterium bildet der Heileüect der M er can allen.
Wir machen darauf aufmerksam ^ dass neben dem erwähnteo Mau-
riac sowohl Andronico als auch Jaccoud (der hier eine kurze
Üebersicht der verschie denen Formen der syphilitieohen Nieren- [und
Lungen-] Erkrankungen gibt) gezeigt haben^ dass, von der Gummöse
abgesehen, jedes Stadium der Syphilis Repräsentanten aller anatomi-
schen Gruppen zu zeitigen vermag. Auch Lang fordert für die
[^phiiotoxischen Formen der Nephritis die mercurielle Cur eicht
ohne den Hinweis auf die vom Bef. hervorgehobenen mercuriell-
toxiachen Formen der Nierenreizung, während Israel an der Hand
zweier mit glücklichem Erfolg nephrektomirter Fälle beweist, dass
auch bei palpablen Nierenveränderungen die Syphilis als Krankheits-
oraache nicht ausser Acht gelassen werden darf, in dem einen
Falle ergab die Untersuchung der entfernten Niere, dass die Ver-
einigong von syphilitischer interstitieller Nephritis, hyperplastischer
Peri* und Paranephritiä und Bildung von harten knotigen Schwielen
/dan Eindruck eines Tumors erweckten.
Die Arbeiten über den Stoffwechsel Nierenkranker, zu
Messen Kenntniss bereits im Vorjahre inabesondere durch v. Noorden
und Ritter (dieses Jahrb., Bericht f. 1891, 8. 317) wichtige Beiträge
geliefert worden, haben sich im Berichtsjahre zu gleich stattlicher
wie verdienstvoller Höhe erhoben. Wir müssen uns hier auf die
^BerTorhebuDg der leitenden Hauptpunkte beschränken. Zunächst
'»•chUeest Kornblum (Diss. Berlin 1692 a. Yirchow's Archiv Bd. 127,
H. d, B. 409) aus mehreren Versuchsreihen, die er zur Ermittelung
I
Fürbringen
der StickstoffausscheiduDg im Verliältniäs zur Aufnahme an
einem Niereocirrbotiker und einem amyioid kranken Phtbisiker an-
gestellt^ auf eine bedeutende Verlangaamung dea K- Stoffwechsels
bei Nephritis ohne Veräaderung der N- Ausfuhr, Der Ei weiss Verlust
war sowohl bei der eiweiösreicken wie eiweissarmem Nahrung im
ersten Falle gering. Hinsichtlich der Diät gelte es vor Allem, dem
Nephritiker eine an Stickstoff möglichst gleiche Nahrung za reichen.
Wenn Vert auch im Allgemeinen einer eiweiesarmen Diät den Vor-
zug geben zu musgen glaubt , so warnt er doch, da ein kräftiger
Mensch für die Dauer mit wenig Eiweiss nicht auskommen kann,
vor Uebertreibuogen in diesem Sinne.
Belangvoll sind die weiteren Mittheilungen über den Stick-
et off haushält der Nieren krankeo von C. v, Noorden (Deutsche
medic. Wochenschrift 1892, Nr. 35). Aus den früheren eigenen
Beobacbtungeii und denjenigen vob Fleischer, Prior, F. MüHer,
K 0 r n b 1 n m (s. oben) und Mann (s. unten) folgt zunächst,
dass, von der Urämie abgeaeben, in der Regel der Nephritiker
mit dem Koth nicht mehr Stickstoff verliert als der Gesundei
und dass aus dem Gesammtk ranken bilde ein Scbluss ani den Stick -
etoffverluöt mit dem Kothe nicht abgeleitet werden darf. Die
Nierensecretion anlangend, bildet bei der acuten Nephritis im
engeren Sinne die Stickötoffretention die Regel, während die chro-
nische Nephritis und Schrumpfniere vielfach eine vollkommen nor-
male Stickstoffeiimination durch den Harn bietet. Da^ wo sich Diffe-
renzen ergeben, muss der nicht wiedergefundene Stickstoff im Körper
(wahrscheinlich als Harnstoff) deponirt werden, doch kann selbst-
verst&ndlich die Stickstoffretention keine dauernde sein; die stick-
stoffhaltigen Zerfailsproducte müsaten sich sonst kiloweiae im
Körper aulstapeln. Es ist also von einem typischen gleichbleiben-
den VerhalmiöS zwischen der Aufnahme und Abgabe des Stickstoffs
beim cbronibch Nierenkranken keine Rede. Was das Verhältniss
zur Urämie anlangt, su kann man sogar bei bestem subjectivem
Allgemeinbefinden starke Stickstoffret ention beobachten, bei allerhand
beunruhigenden Symptomen eine reichliche Stickstoffabgabe, Der
Einlluss der Eiweissoahrung auf den Zustand der Niere, specieE auf
diö Albuminurie ist kein grosser, und die Ansicht, es sei bei eiweiss-
armer Kost die Stickst uffretentiun geringer als bei eiweissreicher,
idt nichts weniger als bewiesen. Bei dem kurzen floriden Stadium
des acuten l^lorbus Brightii kann die eiweissarme Kost wesentliche
Vortheile bieten, bei den chronischen Nephritisformen aber darf ihr
nicht das Wort geredet werden. Dem Gesammtorganismus wird
NiereDkrankbdten.
309
sonst auf die Dauer geschadet. Die nicht selten erfolgreiche
Milchdiät spricht als keioeswegs eiweissarme für die reichliche
Eiweisskost. Yerf. hat niemals ^- und hierin neigen wir ihm auf
Grand nicht spärlicher Eigenerffthrongen zu — am Krankenbette
den Eindruck gewonnen, dasa selbst durch noch grössere Ei-
weiBsraengen dem chronisch Nierenkranken geschadet wird» Ihm
pflegt am meisten das Verbleiben bei der von Haus aus gewöhnten
Nahrungsordnung^ falls dieselbe nicht ganz vernunftwidrig, zu
firommen. In der Diacuseion (ibid. Nr. 52) weist A. ßaginsky auf
das langsamere Fungiren der kindlichen kranken Niere hin, weshalb
6fi sich empfehlei zeitweise hier die Sticksto^Tzufuhr in der Nahrung
etwas einzuschränken, Senator tritt v, Noorden in dem Satze
bei, dass es bei Nephritis von dem Fnnctionsmaass der Niere ab-
hängt, wie weit sie den eingeführten StickstoÜ* auszuscheiden ver-
mag. Die beste Methode aber, welche die kranke Niere nicht über-
aastreoge und den Organismus zu Kjäften kommen lasse, sei die
SinföhmDg möglichst grosser Kohlehydrat- und Pettquanten neben
misaiger Eiweissmenge* Hohe Eier und viele Fleisch Sorten ver-
bietan eich. Die blande Milch steht obenan^ ausschliesslich braucht
sie aber nicht gereicht zu werden. Auch Hirsch fei d tritt für eiweiss-
arme Nahrung ein, die 70 g pro die nicht übersteige i wolle man
unliebsame Störungen (Kopfsch merzen, Mattigkeit etc.) meiden. Ley-
d ^ n spricht sich zwar für erhebliche Ernährung, hingegen für Zu-
führung von Eiweisssparern neben massigen Eiweissmengen aus. Die
Resultate, zu welchen Mann in seinen eingehenden Untersuchungen
über die Ausscheidung des Stickstoffs bei Nierenkrankheiten im
Verhält ni SS zur Aufnahme desselben (Zeitschr. f* klin. Med. Bd. 2<D,
1892, H. 1—2, S, 108) bei vier Fällen gelangt ist, gipfeln in dem
Satz, dasa bei Nierenkranken kräftigende Eiweisszufuhr mehr weniger
Ei weisMretention mit Aufspeicherung in Oedemen bedingt, während
die verminderte Stickstoffzufuhr die Ausscheidung bis zum Oleich-
gewicht steigen lässt In einem Vortrage über die Diät bei den
ehrouisch Nierenkranken in der Pariser Akademie der Medicin
(Sitzung vom 30. August und 6. September 1892) vertritt Dujar-
din-Beaumetz u. A* die Ansicht, dass die Vermehrung des reti-
nirteo Harnstoffs durch reichlichen Eiergenuss unbewiesen sei, und
Enthaltung von stickstoffhakigen Nahrungsmitteln nicht die Er-
riengung urämischer Symptome hindere. In der Discussion gibtS^e
ei&«D aasführlichen Diätzettel, in welchem er u. A. auf die ünschäd-
ikmt sßumal der gekochten Eier und des weissen Fleisches hin-
ftU Die Milch, welche durch trockene Hülsenfrüchte ersetzt
310
Fürbringer,
werden kann, ist für die interstitiellen Nephritiden allein nicht aua-
reichend für die Ernährung.
Also nach wie vor der Widersprüche genug in Bezug auf die
hochwichtige diätetische Behaudlnug des Morbus Bnghtii I Ist auch
mit Einmüthigkeit die ei weissr eiche Nahrung bei der floriden Ne-
phritis verpönt, so ist dieses Verbot bei den chrouischen Formen
weit entfernt sich zu einem widorspruebslosen zu gestalten* und
mit Eecht! Bas Richtige liegt eben in der goldenen Mitte.
Die medicamentöwe Behandlung der Nierenentzündung weist
im Berichtsjahr eine bemerken swerthe Bereicherung nicht auf, ein
nicht ungünatiges Zeichen kritjkvollerer Anschauung! Nur das
Diuretin hat zu einer Reihe von Beobachtungen Anlass gegeben.
Indem wir auf den 12» Abschnitt verweisen, resnmiren wir hier
kur^j dass nach den Beobachtungen von Siefart, Bemme und
Lagana dem Mittel als einem zumal bei acuten Formen (und ve-
nöser Stauung) bewährten Antihydropicum, welches das Circulations-
ayatem nicht wesentlich beeinflusst und nicht cumulativ wirkt, das
Wort geredet wird, NurKuggieri hebt wieder die wenig günstige
Toleranz gegen den Arzneikörper hervor* Seine Kranken klagten
meist über KopfschmerZp Uebelkeit, Schwindel und Durchfall^ eine
Beobachtung, welche Bef», ein Freund des Mittels ^ leider zu be-
stätigen nicht umhin kann«
Die mechanische bezw, chirurgische Behandlung des Hy-
drops, welche immer mehr Gemeingut der Aerzte werden zu wollen
scheint, ist von verschiedenen Seiten wieder angeratheu worden. So
empfiuhlt Gerhardt (Deutsche med. Wochensckr, 1892, Hr. 7) Ein-
Btiche (4 — 8) in die Unterschenkel des sitzenden Kranken mit nach-
fol((tiiHlc.ir Einlüillung in Watte und Gaze. Dem gegenüber plaidirt
Fick (ibid. Nr. 11) wieder zur Vermeidung von Durchnässungen
für den Southey^schen Capillartroikart mit Kautsch ukschläuchen,
während K 1 1» i n (ibid.) räth, die Zahl der Einstiche zu beschränken
und den Pülienten mehr horizontal zu lagern* Als Verband dient
ihm ausscblieijBlich Jodoformgaze. Endlich spricht sich Arnemann
(Therapeut. Mooatsh. 1892, Nn lOj für die schon längst vom Bef.
in erster Linie empfohlenen (cf, diea. Jahrb.» Ber. f. 1890, S. 290)
grossen und tiefen Incisionen unter Aufsaugnng der abfliessenden
Wassermengen mit sauberen oft gewechselten Tüchern warm aus,
welche jeder Practiker ohne Unbequemlichkeit anlegen und aseptisch
halten kann. Das von anderer Seite gerügte baldige Versiegen des
Abfliessens infolge der an ti septischen Behandlung vermögen auch
wir nicht recht zu bestätigen. Wir machen bei dieser Gelegenheit
Xierenkrtiikliei im.
311
den Leeer wiederlioll «tf die ftosgexeichiieto Auteiigitogi^kraft dos
L*gector£s* und der (in neumtm Zmt too «ns Torwandten, weil
nodi isiibereni) Holzwolle aofinei^sam«
Um mit dem Kmpttel der Therapie der Nephrid^ la solüteaseii,
141 es wirklidi dabio gekonim»i| dmas in Fnmkreieh — nach dem
Vargpsge der Brown-Sequar d^dchen Behandla ng mit HodenBaft —
ein «Nephrin^ enthalteDdes Extract von Meerschweincbeaniere einem
Kiereokrankeii aobcotan einverleibt worden ist. Obwohl der Uramiker
starb, bezieht der Therapeut Biealafoy (Semaine med. 1692^ Pariser
med. Gesellschaft der Hospitäler. Sitanng vom 14. und 28. October 1892)
eine paaeagere Bessenmg aaf die moderne Methode, von welcher
wir bald Weiteres zu hören bekommen dürften.
Nephroiithiasis. Wir holen hier zonächst nach, dass das
Vorjahr ans in den Ebstein'schen Beitragen zur Lehre von der
harosanren Oiathese (nnter MitwirknDg der Chemiker Oelkers
nnd Spragoe) und den Mitthetlangen von Ebstein und Nicolaier
Qber die experimeotelle Eraengung von Harnsteinen — beide
Schrtlien sind bei Bergmann in Wiesbaden erschienen — sehr be*
ad&teoawerthe Ausblicke filr die Lehre der SteinbilduDg im Harnapparat
(mid Gicht) geliefert hat. Gegenüber Pfeiffer (vergl Constitutions-
krankheiten) folgert Ebstein aus seinen zahlreichen VersucheD, dass
bei der hamsauren Diathese zwar gelegentlich eine stärkere Zurück-
haltung der Harnsäure auf dem Hamsäurefilter stattfinden kanu, eine
Verallgemeinening dieses gauz inconstanten Befundes indess nicht
tulissig ist. Gleich der Theorie von der leichten Abscheidbarkeit
der Harnsäure bei der Gicht greift Verf. auch die practischen
lussfolgerungen an, schliesst also mit einem non liquet in Bezug
^aaf die Behacdlung der hamsauren Diathese. Positiver gestaltet
sich das Resultat der zweiten Arbeit. Hier haben Verff. im Oxamid
(einem Ammoniakderivat der Oxalsäure) einen Verfiittemngsstoff ge-
fnndeii) der bei Hunden und Kaninchen regelmässig im Nierenbecken
Sieioe ans Oxamid und Ealkoxalat mit dem obligaten organischen
erzeugt, wahrscheinlich unter Vermittelung eiues entzündlichen
in den Harn wegen* Inwieweit das einen Fingerzeig für
das Verbot von oxalsäurereicher Nahrung bei Neigung zur Stein-
se überhaupt gibt, steht noch dahin , zumel im Hinblick auf
beherzigenswerthen Beitrag zur Kenntniss der alimentären
xalurte von Abeles (Wiener med. Wochenschr. 1892, Nr. 19
tt. 20), der auf Grund eigener Versuche zu dem Resultate kommt,
dass die tägliche Ausscheidung der Oxalsäure beim Menschen inner-
312
Fürbringer.
halb dar vom Ref. an gegebenen Grenzen schwankt ^ und dass es zur
ürzengong von Oxalnrie einer grösseren Menge löslicher Oxabalze
bedarf, als in unserer Nahrung vorbanden. Der eingeführte oral-
saure Kalk ist indifferent, die löslichen Verbindungen setzen sich
wahrschein Uch im Verdauungskanal su Kalksalzen um. £s liegt
somit kein Qnmd vor^ bei der Oxalsäuren Diathese unsere oxalsSure-
haUigen Nahrungs- und Genus smittel zu entziehen.
Entgegen der neuerdings wieder von Oantani vertretenen An-
schauung, dass die Oxalurie sich häu^g bei Fettleibigkeit finde,
ist mit Nachdruck auf die einwandsfreien Beobachtungen von Kisch
(BerL klin, Wochenschr. 1892, Nr. 15) zu verweisen, der in neun
Fällen von sehr hochgradiger Fettsucht nur einmal eine abnorme
Vermehrung der ausgeschiedenen Oxalsäure nachzuweisen vermochte.
Den auffälligen Befund von Phosphatconcrementen in der einen
nnd von Harnsäuresteinen in der anderen Niere beschreibt Graax
(L'Union mM, 1891, Nr< W)* Der Kranke schied gleichzeitig Harn-
säure und TripelpLo^pLat aus.
Von der, übrigens schon vor Jahren durch Assmuth aus-
gesprochenen Anschauung ausgebend, dass die Entziehung von Alkali
durch Phosphorsäure die häutigste Ursache der Bildung von Harn-
säuren iedersch lägen ist, empfiehlt Golovin (Petersburger med.
Wochenschr. 1891, Nr. 48) an Stelle der auf die Dauer schwer ver-
träglichen vegetabilischen Diät die Zufuhr von Magnesia ustA und
kohlensaurem Kalk zu den Mahlzeiten und will damit sehr be-
friedigende Resultate erzielt haben.
üeber den Werth des Piperazins als harnsäurelösenden
Mittels sind die Meinungen, wie wir im Vorjahre vorausgesehen
(dieses Jahrb., Bericht t\ 1891, 8. 323), bereits bedenklich getheilt
worden. Indem wir bezüglich der Details auf den 12. Abschnitt
verweisen müssen, beben wir hier hervor, dass der ungemein hohen
Meinung, welche Biesen thal und A. Schmidt auch über den
klinischen Werth des Mittels (Berl kl in. Wochenschr, 1892, Nr. 2)
aussprechen (weiche Brik im Allgemeinen theilt), das vernichtende
Urtheil von Mendelsohn (ibid. Nr. 16) entgegensteht^ dass eine innere
Uedication mit dem Mittel Harnääureconcretionen gegenüber ganz
wirkungslos ist. Diese Ansicht , der u, A. auch Heubach, van
der Klift und Mordhorst (der bei Weitem das Wiesbadener
Gicht wasser vorzieht) zuneigen, bekämpft Biesen thal in einer ^^ Ent-
gegnung** (Berl. klin, Wochenschr. 1892, Nr. 30), nach deren Inhalt
Verf, dabei beharrt, die volle Wirksamkeit des Piperazins als harn-
säurelösenden Mittels unwiderleglich auf Grund zahlreicher practischer
Nierenk ran k heitern
sn
lUlarfoige erwiesen za haben. Nur bandele es Bicb nicht um die
iMmxg von HarneSure im Harn, soBdem um die frei in den Ge-
lenken^ Geweben, Säften circulirende oder abgelagerte Harnsäure.
^Dort die gelöste wieder zu sättigen, anders wieder die Aus-
scbeidong der Harnsäure zu hindern^ das soll das Piperastn leisten
ond das leistet es!" Unser Ürtheil hat sich seit Jahresfrist (1, c.)
leider nicht geändert, und auch Posner hat in einem sehr beberzi-
genswertben Vortrag über die innerliche Behandlung Stein-
kranker (Deutsche Med.-Zeitg, 1892, Nr, 37) sich dahin geäussert,
daas auch dais Piperazin an dem 6atze nicht zn riittelu vermag, dass
noch immer keine inneren Mittel existirten, geeignet^ einmal gebildete
Concremente im Organismus mit irgendweicher Sicherheit aufzulösen.
Die Beiträge »um Kapitel Niereneiterang und Nieren-
geschwül ste sind diesmal, so weit sie nicht vorwiegend chirur-
gisches Interesse bieten (cf. Abschnitt 4), sehr spärlich geflossen.
Wir erwähnen zunächst den Vortrag von M. Schmidt (Verhand-
lungen des XI. Congressea für innere Medicin^ Wiesbaden 18^2^
8, 463) über anafomiache und bacteriologische Charaktere der Pyelo-
nephritis, die in der Hegel keine rein eiterige sei; vielmehr ent-
ständen im Nierengewebe Nekrosen, welche durch demarkirende
Eiterung gelöst würden und ihre Entstehung drei Arten von
a DiplobacUlen verdankten. Dieselben bedingen im sterilen Harn
^BtimiDoniakalische Zersetzung und beim Kaninchen als Reinculturen
^^ ebenfalls sequestrirende Pyelonephritis,
I Zu den schwer zu erklärenden Beobachtungen von grossen
I fiuctuirenden., harnstoffhaltige Flüssigkeit führenden Tumoren in der
I Nierengegend in schnellem Anschiass an Traumen liefert Monod
I (Semaine m4d. 1892, Nr. 19 o. 20) einen interessanten Beitrag. Wahr-
^^Lftcheinlich handelt es sich um eine Päeudohydronephrose infolge
^»oberflächlicher Ureter- oder Nierenbecken ru|>ttir, welche Urin durch -
UeaS| aber zu keiner beträchtlichen Blutung Anlass gab. Heilung inner-
halb weniger Wochen nach wiederholter Ansammlung der Flüssigkeit.
Nicht unwichtige Resultate haben Albarran's Experimente über
Nierentuberculose (Gaz. m^d. de Paris 1891, Nr. 25) gefördert.
Bei Injectionen von Tuberkelbacillen in Reinculturen in den unter-
bundenen Ureter von Kaninchen erfolgte Aehnliches, wie nach Ein-
iiibrung pyogener Bacterien; Nur bei künstlich hervorgerufener Harn-
r^tagnstion steigt die Affection bis zu den Nieren herauf. Der mensch-
Kche Organismus bietet meist einen combinirten Infect: eiterige
Perinephritis veranlasst durch pyogene Mikroben um eine tuberculöse
314
Fürbringer.
Niere j die Vermittelung übernehmen die Lymph bahnen. Die com-
plicirende diffase Nephritis verdankt ihre Entstehung der Wirkniig
der löslichen Bactenenproducte*
Eine zusammen fassen de Uebersicht über die Klinik der Nieren-
tubercnlose unter Verwerthung einea eigenen relativ stattlichen Ma-
terials (22 Fälle) gibt G red ig aus der Eichhorafschen Klinik
(Dies,, Züricb 1892, 108 Seiten), Einige Fälle sind der Kenntnisa
sehr wertlj.
üeber T nb er culinbe handlang schweigt die Litteratur so gut
wie ganz. Eine erstaunliche Besserung nnter derselben meldet
Whipple (The Lancet Bd. 24). In einem nach mannigfacher Rich-
tung bemerkenawerthen Vortrage über Urogenitaltuberculese meldet
Stint zing (CorrespondenzbL des Allg. ärztl. Vereins von Thüringen
1892 j Nr. 8), dass in zwei von vier Fällen ein zeitweiliger Still-
stand während der InjeoUonen zu verzeichnen war^ weshalb, zumal
bei dem Ausbleiben nachtheiliger Nebenwirkung, eine Aufforderung
zu weiteren Versuchen gegeben sei.
Zur Gasuistik der metastasir enden malignen Nierenstrnmen
(vgl dieses Jahrb., Ber. f. 1891, S. 323) liefert J. Israel (Berliner
khn. Wochenschr. 1892, Nr. 2G) einen neuen^ bereits im Leben er-
kannten Fall Kleine Rippentumoren (MetastaseqJ enthielten hämor-
rhagische Cysten. Paralyse der rechtsseitigen Banchmusculatur in-
folge Drucks der Geschwulst auf die Lumbalnerven. Metastasen in
Lunge, Leber und anderen Organen. Keine Operation. Tod durch
Erschöpfung ohne wesentliche Beseh werde. Aus einem Bericht des-
selben Autors über Nierenexstirpatlonen wegen maligner
Tumoren (ibidem Nr, 46) erhellt j daas von 11 Fällen nur 2 in-
folge der Operation gestorben und 2 späteren Metastasen erlagen,
3 (vor 3—5 Jahren Operirte) aber sicher recidivfrei sind. In 3 Fällen
(vor 3^11 Monaten operirt) bislang kein Recidiv. Der Letzte vor
Kurzem operirt. Dieser erfreuliche Fortschritt hängt von der Fröh-
diagnose ah, weniger von der Technik.
Die Niere nejsten haben im Berichtsjahre eiiae auffallende
Berücksichtigung gefunden. Zunächst berichtet Ewald (Berl. klin.
Wochenschr. 1892, Nr, 1 u. 5) über einen Fall von totaler cystöser
Degeneration beider Nieren bei einer alten Frau, welche keine
deutlichen Erscheinungen (geringe Resistenz in beiden Hypochondrien^
etwas sonderbares psychisches Verhalten) dargeboten und schnell
unter Erbrechen^ Respiration ab eschleunigung und Excitation gestorben
war. Die Nieren bildeten die bekannten Blasenconglomerate mit
Nierenkrank hei teil»
315
StatDeD, welche mit der Aetiologie in VerbinduDg gebracht werden
(Betention durch Ablagerung hamsaurer ConcremeDte in den Harn-
kanälchen}. Kleines Herz! In den epikritiäcben Bemerkungen des
Aators aar Klinik dieser Erkrankung wird vorangestellt, dass die
Diagnose fast immer unmöglich sei, insofern meist Symptomenlosig-
keit besteht r besw. schneller schwer zu deutender urämischer Tod
erfolgt, die Tamoren aber nicht gefQhlt zu werden pfiegen. In der
Diaenasion entwickelt Virchow seine Ansichten über die Entstehung
verschiedener einschlägiger demonstrirter Geschwülste. Die wesent-
Hchate Ursache der congenitalen Fälle ist eine Atresie der Harn*
kasälchen durch interstitielle Nephritis. Aehnlich zn deutende Formen
finden sich auch bei Erwachsenen! denen die mehr solitare, bisweilen
müchtige Geschwülste bildenden Fälle bei den letzteren streng gegen-
über stehen. Hier handelt es sich um eine interstitielle chronische
Nephritis im Umfange der Hamkanälchen , welche fast immer mit
der Ablagerung von Gallertmassen im Lumen der Kanälchen ver-
banden ist. Senator berichtet über einen Fall von angeborener
CTStenniere, in welchem der 40jährige Träger bis kurz vor seinem
Tode dem Droschkenkutscherberule nachgegangen. Die Beschwerden
t erinnerten am ehesten an eine maligne Blasenaffection (bacterien-
ttd bluthaltiger Harn)» FäUe tückischen Verlaufs p unvermutheter
lUrimie, plötzlichen Todes (eines Kindes) in den Armen der Mutter
[theÜt Furbringer mit. Die Stille rasche Ansicht, dass die Cysten-
Riere nicht Fluctuation darzubieten pflege, bestätigt er, ist aber
Ider Meinang, dass weniger die poljeystischej bezw, Septumbildung,
vielmehr die Spannung des flüssigen Inhalts die Fluctuation hemmt,
Beherzigenswerthe, in kurzem Auszug nicht wiederzugebende
[omente zur Diagnostik der poljcystischen Nierenentartung
^gibt Stiller (Berliner klin. Wochenschr. 1892, Nr. 10 u, 12) , dem
wir beipflichten müssen^ dass er die Erkennung der ^ebenso seltenen
wie dunklen" Krankheit um einen Schritt vorwärts gebracht hat.
Die practische Wichtigkeit derselben ist schon um deswillen an*
zuerkennen, weil wegen der gewöhnlichen Doppelseitigkeit des Lei-
^dens die Exstirpation des klinisch meist einseitigen Tumors contra-
[kdtcirt ist. An der Thatsache^ dass Angesichts eines fluctuirenden
Eenaltumora die polyoystische Entartung wenig wahrscheinlich sei,
hält Verf. Ewald gegenüber (ibid, Nr. 10) fest-
in einem von Nauwerck (Sitzung des KönigL Vereins f, wies,
Heilkunde vom 22, Febr. 1892) untersuchten Falle doppelseitiger
mächtiger Cystenniere handelte es sich theilweise um ein papilläres
maltiloculäres Adenokystom, und er glaubt, dass so manche, selbst
31 n
Fiirbriuger
congenitale Cystenuierö in diesem Sinne als Geschwulst aufzufassen
sei. Die richtige Diagnose in genanntem Falle gründete Licht-
heim (ibidem) auf den Nachweis zweier Nierentumoren mit eiweiss-
reicher, concentrisch geschichtete Körperchen fahrender Flüssigkeit.
Zur Frage der mit der Wanderniere verquickten Entero-
ptose (dieses Jahrb.^ Ber. f. 1890, 8. 292) bat Krez (Münck med,
Wochenscbr, 1892, Nr, 35) einen lesenswerthen Beitrag (fiinf eigene
Fälle mit einem Sectionebefund) geliefert. Die Entstehung anlangend,
glaubt der Autor an ein durch chronische BelaBtnng des Colons
(bartoäckige Verstopfung) veranlasstes Tiefertreten der rechten Flexur
des Grimmdarms als primüres Moment. Wunder muss es Bef.
nehmen, den Zustand als einen recht seltenen bezeichnet zu änden.
Die mechauische selbetverständlich obenan stehende Behandlung
(Leibbinde), der auch Stifler in seinen „Practischen Erfahrungen"
(Münch* med. Wochenachr. 1892) das Wort redet (Teufel'scbe Ban*
dage), hat zufriedenateUende Resultate geliefert. Kecht beherzigens-
werthe, leider ohne Verwerthung der bekannten G-l^nard'schen Ar-
beit über Eoteroptoae dargestellte Befunde über palpable und
bewegliche Nieren hat Hilbert (Deutsch. Arch. f. klin. Med.
Bd. 1, 1892, S, 483) mitgetheilt. Der Eintheilnng der beweglichen
Nieren nach dem Grade ihrer Beweglichkeit (mit der Wandemiere
als dem höchsten Grade) vor derjenigen von Litten nach dem Grade
der Dislocation den Vorzug gebend^ hat der Autor bei 435 Frauen
lOOnial bewegliche Nieren (65mal rechter- , B5mal beiderseits) an-
getroffen, darunter nur Imal eine echte Wanderniere. Nur in 15 ^J^
konnten Beschwerden von der bestehenden Anomalie hergeleitet
werden^ ein Ergebnisse das sich annähernd mit ungaren Erfahrungen
deckt.
An dieser Stelle macheu wir endlich auf den auch der physi-
kalischen Nierenunt er suchung gewidmeten Artikel ,^ Abdomen-
Untersuchung^' im ßum-Schnire raschen diagnostischen Lexikon von
Siintzing nachdrücklich aufmerksanii
« Cotigtitutionskraiikheiten.
Von Dr. Julius ScIiWülbe in B e r 1 i il
In Borgfältigan, gewissenhaften Unters achungeci^ die steta in der
SpllAre der experimeutellen Pathologie gelegen sind und nie von sieh
überhastenden Hypothesen abgelöst werden, ist 0* Minkowski gtetd
aaf» Neae bestrebt, das Dunkel , welches über dem Wesen des
.Diabetes mellitus lagert^ 2u durchdringen. In seioen weiteren
fHittheilungen über den Diabetes meUitus nach Exstir*
pation des Pankreas (Berl. klin. Wocheuschr. Nr. 5, vergh auch
Varhandl. d, Congress. f. innere Med. zu Leipzig) legte er einige
tnteresaante Forschungsresultate nieder, die wir etwas ansführlicber
wiedergeben wollen. In erster Linie weist er darauf lun, das« nach
j^Äeineu an mehr als 50 Hunden gewonnenen Erfahrangen der Dia-
aasnahmsios auftritt , wenn das Pankreas vollständig ent-
Qt istj und die Thiere den operativen Eingriff lange genug über-
Aehnliche Resoltate hat er auch bei Katzen und bei Schweinen
cht. Dagegen tritt bei Vögeln und Fröschen ^) kein Diabetes
Fnack Entfernang der Bauchspeicheldrüse auf. Bei Hunden ist Min-
pkowski nach wiederholten Unterstichongen zu der Ueberzeugung
dass aof der Höhe des Diabetes nach der Pankreasezstir-
Lpation Oberhaupt keine nennenswerthen Zuckermengen im Organis-
'mos mehr verbraucht werden« Die Fanctiünen des Pankreas, welche
dieaer Thatsache zu Qrnnde liegen ^ sind nach der Meinung Min-
kowski's specißsch, d. h. es ist nach ihm kein anderes Organ im
Stande, die Holle den Pankreas bei der Umsetzung der Kohlehydrate
tm Organismus zu übernehmen. Die Speicheldrüsen, von denen
0 ^''gl* dagegen die posiüven Resaltate von G* Aide hoff (Zeitechr.
1 Biologie N. F, Bd, 10). Ref.
318
Schwalbe.
Beale \md de Eenzi behauptet haben, dass ihre Exstirpation eben-
falla Diabetes mellitas hervorriefe, stehen mit dem Pankreas keines-
wegs ia Parallele: ihre Eotfernnng hat^ wie Minkowski in seinen
YerBuchen festgeatellfc hat, eine vor üb ergeh ende, sehr geriogfügige
und inconBtantö Glykoeurie zur Folge, in derselben Weise, wie das
nach vielen anderen operativen Eingriffen beobachtet wird, aber
keinen echten Diabetes mellitus. Ebenso sei der von denselben Au-
toren behauptete EinÜuss einer Doodenumreaection ' auf die Ent-
stehung des Diabetes als ein Trugschluss aufzufassen. — Wenn aber
auch eine specifiscbe Function des Pankreas für den Zuckerverbranch
verantwortlich zu machen ietj so ist doch nicht jede Glykosurie auf
die ÖtöruDg dieser Function zurückzuführen. Eine übermässige Zu-
fuhr von Zucker in der Kahrtingi wahrscheinlich auch eine rapide
Umwandlung des Glykogenvorratha di^r Leber | endlich Secretions-
störuDgen in den Nieren können wohl einen Uebertritt von Zucker
in den Harn zur Folge habeo. Die letzte Vermuthuog vermochte
Minkowski an einem Hunde, der durch Pankreasexstirpation dia-
betisch geworden war, probabel zu machen: als diesem Thier auch
die Nieren entfernt wurden, stieg der Zuckergehalt des Blutes im
Verlaufe von 8 Stunden um ca. 100 ö/q der Anfangaziffer (von 0^327
auf 0,G66). — Worauf aber der nach Pankreasexstirpation entstehende
Diabetes beruht und wie derselbe au Stande kommt, ist eine noch
ungelöste Frage. Daas es sich hier um den Ausfall einer bestimmten
Function der Bauchspeicheldrüse handeln muss, gebt aus folgendem
sehr interessanten Experiment Minkowski's hervor: Bei mehreren
Hunden gelang es ihm| Pankreasstücke ausserhalb der Bauchhöhle
zu transplantiren und dadurch das Zustandekommen des Diabetes nach
der Entfernung der in der Bauchhöhle zurückgebliebenen Theile der
Drüse zu verhindern (Analogie mit Myxödem und Thyreoidea! Ref*).
Wurden nachträglich diese unter der Bauchhaut eingeheilten Pan-
kreasstücke enfernt, so stellte sich die Zuckerauösclieidung in vollster
Intensität ein. — Zum Schluse seiner inhaltreichen Abhandlung pole-
miairt Minkowski gegen die Hypothesen L6pine*8 über das soge-
nannte „glykoly tische Ferment" (vgl. dieses JahrK 1892, S. S25 ff»).
Es ist aber nicht seine Absicht, an Stelle dieser Theorie irgend eine
bessere aufzustellen. ^Erat müssen noch sehr viel mehr Thatsachen
gewonnen sein, ehe wir hofifen dürfen, uns eine klarere Vorstellung
über die hier in Betracht kommenden | offenbar sehr complicirten
Vorgänge zu gestatten." Als derartige Thatsachen möchte Min-
kowski angesehen wissen einmal den Umstand, dass nach der Pan-
kreasexstirpation bei den diabetischen Thieren das Glykogen aus der
i
Conedtuyonskratikheiten.
319
Leber sehr frdhzettig schwindet, und zweitens, dass linkedrehender
Zucker (Läviüose) auch nach der Pankreasexatirpatian noch im
Organismus oiydirt wird und nur in sehr geringen Mengen in den
Harn übergeht.
Gegen die Kritik ihrer Angaben im vorhergehenden Artikel
polemisiren de Renzi und Reale, Ueber den Diabetes mel*
litus nach Exstirpation des Pankreas (ßerh kiin. Wochen-
schrift Nr. 23), indem sie versuchen den Werth der Pankreasexstir-
pation fCir die Genese des Diabetes einzuschränken und die von
ihnen aufgestellte Abhängigkeit eines Diabetes von der Exstirpation
der Speicheldrüsen und von der Resection des Duodenum aufrecht
cu erhalten.
In seiner Erwiderung auf diese Bemerkungen beharrt M i o-
kowski (BerL klin. Wocbenschr. Nr, 26) auf seiner ursprünglichen
Anschauung, Eine deftnitive Erlediguog der Streitfragen wird in
dieser Polemik nicht gegeben. Weitere UnterBUchungen auf der
einen und anderen Seite müssen abgewartet werden*
Die Anschauung M i d k o w s k i's von der Einwirkung der Pankreas-
exstirpation auf die Entstehung des Diabetes werden von William-
soDy Diabetes mellitus and lesions of the pancreas (Med.
Ohren., März), völlig getheilt Derselbe gibt eine Zusammenstellung
von 100 Diabetikersectionen, bei denen meist Atrophie und Degenera-
^lioB, seltener andere Erkrankungen des Pankreas gefunden wurden,
selbst publicirt zwei Fälle von Zuokerharnruhr ausführlich j bei
Irdenen die Obduction eine Oirrhose und eine fettige Degeneratiori
ier Bauchspeicheldrüse nachwies. Am 8chluss seiner Arbeit spricht
3er Verf. die Hoffnung aus, dass es gelingen werde^ durch Implan-
It^tion von Tb ier Pankreas in die Bauchhöhle von Menschen den Dia-
Btes der letzteren zur Heilung zu bringen.
Gegen die Richtigkeit der Lupine' sehen Annahme eines glyko-
p^tischen Ferments wendet sich auch Seegen, Die Zuckern m-
rsetzung im Blute mit Rücksicht auf Diabetes mellitus
(Wiener klin, Wochenschr, Nr, 14 u, 16), Einmal hat er bei seinen
T rsuchungen nie die Producte einer aus der ^Glykolyse'*
i Tiden Zuckerum Wandlung (nämlich Milchsäure und Kohlen-
s) gefunden, und femer hat er coustatiren können , dass das
Blat^ wenn es zu verschiedenen Zeiten aus den Blutgefässen ent-
nommen wurde, eine der Länge der Zeit entsprechende Abnahme des
Zuckergehalts aufwies. Der letztere Umstand berechtigt zu dem
ßchluss, dass es sich hier um eine postmortale Veränderung und
nicht um die Einwirkung eines glykoly tischen Ferments handele.
K«fUI ?mJ
(Sdikf Mf dM ffisMbpO
L'^brigw mlhih det Aitacdl «Im Scküderai« der wo« Tttl bei
DmbeÜbmi pAbtoa Ibtb^l« d«^ i
peutinch« NöUtcsi.
Di« &Uologiaebe fMfwttimg kdÜg^et ilmmUhiim\m^^nm§%mi muf '
di« GnUitaliug bttv, SUmeenatg 6m Diaboftea (^«|^ dMea Jafar-
aoh 1899, 8.828)T«»iidii Tesekemmoker (Zar Aetiologie des j
Mab^lvs melliiap. BerL kHn. Wocbensdir, Nr. 2) aa einem Fkll
iu orllatern. Bei etoen Tjütiigiai Kaabea, bei dem der Zocker- 1
■bell des üiinB aaeh 14tigigem ▲«toHalte imd ent
>i&t in Keueoalir too 4% auf 0 gesiuikflB war, aetglie sich 94 1
d«ii nach einem hefdgeo Sehreck 3,3 <>q Zucker. Sckon am fei*
len Tage «aok der Freoentgekah eiid war iiadi 8 langen
aek Null
Die Besieboag zwiacbeo SypkUia uod Diabetee bildet das]
^Tbema do«! Aafaatze« von Feinberg (Yier Fälle von Diabetes
lellitui iypbiUiticken Ur«praQga. BerL kUo. Wecheuschr.
Nr* rf} u« 7), Bei aUeo Patieftteti waren Erkrankungen des Central-
Qer¥«viijiyaieaii irorbanden ^ die der Verf. auf GhruDd der Anamneae i
and de« Bttfiindim aU «yphilitiaeben Ursprungs ansieht. In dreti
TäUän besUtigie der Erfolg einer aotisyphilitisüben Cur die An-
^iiahme des Vurf/s.
EInon beaobtenswerthen Beitrag sur Diagnose desDiabetes
Constitutionskrankbeiten.
321
liefert F. Hirschfölrf (Deutsche med. Woobenschr. Nr. 47), Der
Schwerpunkt aeiaer Arbeit liegt in der Schilderong eines Unter-
•uchangsmodus, durch den es gelingt, das Assimilationsvermögeii des
Padenten für Zucker genau feötzustellen, um hiernach entweder die
Lebeosweise zu regeln oder den Erfolg irgend eines Therapeuticumg
zu ermitteln. Der Untersuch ungsgang bat sich vomehxnlich auf drei
Punkte zu erstrecken: auf die Urinmenge in 24 Standen, den Pro-
eenigebalt an Zucker im Harn und — worauf gewöhnlich gar nicht
geachtet wird — die Menge der verzehrten Kuh lehj'-d rate und Eiweiss-
0toffe. Ueber die näheren Bedingungen und Cautelen bei Darch-
führang dieser Untersuchungen vergleiche man das Original. Hier
»ei nur hervorgehoben, dass der Verf. auf diesem Wege bei einigen
Patienten des Krankenhauäes Moabit festgestellt hat, dass ein Theil
dersdben längere Zeit hindurch die gleiche Assimilation des Zuckers
seigty während ein anderer Theil in dieser Hinsiebt sich bessert, d. h.
VOD den genossenen Kohlehydraten und Eiweisskörpern eine geringere
Menge Zucker ausscheidet als vorher, — Im übrigen Theil der Ab-
handlung finden sich einige weitere Bemerkungen über Vorsichts-
masaregeln bei der Be.stimmung des Zuckergehalts im Urin, welche
indesa nichts Neues enthalten.
Eine neue Reaction auf Traubenzucker empfiehlt O. Eosen-
bach (Centralbl f. klin. Med. Nr. 18), von der er freilich selbst
bemerkt, dass sie die Trommer'sche Probe an Schärfe nicht über-
trißt, sondern ihr nur „etwa^ gleichkommt. Man versetzt den Urin
mit einigen Tropfen Natronlauge und einigen Tropfen kdt gesättigter
Nitroprussidnatriuralösung und kocbt: dann erfährt der Urin, wenn
er über ' ,o% Zucker enthält, keine Trübung, er nimmt eine tief
roth braune Färbung an und zeigt bei Zusatz von Säure meist einen
lasurblauen Farbenton. Zuckerfreier oder nur Spuren von Zucker
enthaltender Urin erfährt bei dieser Procedur keine Veränderung
fleiner gelben Farbe, trübt sich beim Kochen und bietet (freilich
incoDStant) bei Zusatz von Säure zur gekochten Probe eine mehr
flcbmutzig grüne Farbe dar.
Ueber die Bedeutung und über den Nachweis von
kliiinen Mengen Zucker im Harn betitelt sich ein längerer
Aufsatz von Seegen in der Wiener klin. Wochenschr. Nr. 6 — 8.
Im ersten Theil desselben erörtert der Verf. die Werthigkeit der
verschiedenen Zuckerreactionen für kleine Mengen Zucker und setzt
dabei aufs Neue seine bekannte ^Kohlenprobe"| die er nach jahre-
langer Erfahrung für die beste halten mass, ans einander. In der
zweiten Hälfte der Arbeit verbreitet er sich über die Bedeutung
Jitirfoocb d. pracL Medicin, 1893. ^1
322 Schwalbe.
minimaler Mengen Zucker im Urin. Kach seinen Beobachtungen ist
das Gonstante Vorhandensein derselben eine Anomalie und hat
stets eine pathologische Bedeutang, Unter drei verschiedenen Be-
dingungen hat Seegen kleine Zuekermengen im Harn nachweisen
können: 1) im Initialstadium des wirklichen Diabetes mellitus;
2) als symptomatische Erscheinung bei übermässig Fettleibigen, im
hohen Alter and bei einer grossen Reihe von nervösen Leiden, ins*
besondere bei Neurasthenie; 3) bei Diabetikern, die mit Erfolg be-
handelt sind and nahezu alle Symptome ihrer Krankheit verloren
haben. Gerade in den letzten FäUen ist ihr Nachweis von grossem
Belang, damit man die Patienten nicht von der Feathaltung ihres
Regimes entbindet und eine Steigerung der Krankheit verschuldet,
Ueber die diätetische Behandlung des Diabetes mellitus
finden wir eine werthvolle Auseinandersetzang in der Monographie
W. Ebstein^s^ Ueber die Lebensweise der Zuckerkranken
(Wiesbaden , Bergmann, 1892), Vor Allem ist bei der Anordnung
der Diät für die Aufrechterbai tung eines guten Ernährungszustandes
Sorge zu tragen, da von ihm die Prognose der Krankheit mitbestimmt
wird, Nieraals darf man dem Kranken eine Inanitionsdiät, wie es
z, B, die reine Eiweissnahrung ist, vorschreiben^ höchstens ist dieselbe
zeitweise bei gut genährten und leicht kranken Individuen zu ge-
statten* Die Entziehung der Amylaceen soll nicht plötzlich erfolgen,
zumal wenn sich Acetessigsäure im Urin findet, da sonst die Gefahr
des Coma diabeticum hereinbreche ri könnte. Der Schwerpunkt muss
in der Diätetik auf die Darreicbung reichlicher Fettmengen gelegt
werden; durch diese werden dem Organismus die neben dem Eiweiss
unbedingt erforderlichen N-freien Nahrung^dstoflfe zugeführt. Ein
Theil der N^freien Nahrungsatoffe kann auch im Gemüse (reichlich
mit Fett zubereitet) aufgenommen werden. Die specieilen Speise-
vorschriften lese man im Original nach. Eine zweckmässige Form,
dem Patienten Pflanzen ei weiss darzubieten, ist in dem Aleuronatbrod
von Dt, Hund hausen gegeben. Auch in zahlreichen anderen
Speisen kann das Äleuronat verarbeitet werden. Die Zufuhr von
Getränken ist meistens ein«U8chrÄnken. Alkohol, namentlich Bier,
ist möglichst zu verbieten, höchstens ist guter Wein in kleinen
Quantitäten zu gestatten. Carativen Effect verspricht sich Ebstein
— im Sinne «einer Theorie über die Pathogenese des Diabetes, welche
in der Einleitung des Buches ihre Erörterung findet (vergl. dieses
Jahrbuch 1890, S. 2a3) — von dem reichlichen Gebrauch koblen-
flAurehaltiger Wasser, — Unterstützt wird die diätetische Behandlnng
■ durch hygienische Massnahmen, wie laue Waschungen mit nachfolgen-
I
A
CoBStitutioiiek rank hei ten.
323
dem Frottiren, Wollregime, Wechsel des Klimas und der Beeoliäfti-
^ng, active und passivre MuBkelübungen etc. Geringeren Werth
alB eine zweckmässige Lebensweise besitzt die medicamentöse Be-
handlung und der Gebrauch von Bruno an euren,
lieber die Vorzüge des Äleuronatbrodes in der Diätetik des
Diabetikers spricht Ebstein auch in dem Aufsatz: Zur Ernährung
der Zuckerkranken (Deutsche med. Wocheoechr. Nr. 19) und in
dem gleich betitelten Vortrag auf dem Gongress für innere Medicin
XQ Leipzig (s. die Verhandlungen desselben).
üeber die eiweisssparende Wirkung der Kohlehydrat-
nabrang bei Diabetes mellitus hat Leo Untersuchungen an-
»t«)Uty deren Resultate den Inhalt eines auf dem Congress für
Dere Medicin zu Leipzig (s, die Verhandlungen) gehaltenen Vor-
bilden. Zwei Diabetiker erhielten zunächst wahrend einer
Bihe von Tagen eine gleichmässigef eiweis^reiche und kohlebydrat-
arme Kost. Nachdem N-Gleiohgewicht eingetreten war, wurde ausser
der bisherigen Nahrung noch ein Gericht verzehrt, welches nur aus
Kohlehydraten und Waaser bestand. Die dauernd in Harn und
Koth vorgenommene N-Bestimmung ergab nun, dass die N-Aub-
chetdung bei gleicher ürinmenge eine niedrigere ist, wenn in der
ffahrung Kohlehydrate zugeführt werden. Leo knüpft an diese
Thataache Bemerkungen über die Therapie des Diabetes, specieil
^ttber die zu gestattende Menge von Kohlehydraten in der Nahrung
Als Maassstab hierlür soU man nicht lediglich die ausgeschie-
I Zuckermenge, sondern auch das sonstige Befinden des Patienten,
onders sein Körpergewicht und die 248tündige Urinmenge be-
nutzen.
üeber die Weise der von einigen Autoren erprobten Wirkung dea
^Syzygium Jambolanum bei Diabetes mellitus hat Hildebrandt
mehrfachen Versuchen sich Aufklärung zu verschaffen bemüht.
Er kommt zu dem Resultat, dass dieselbe auf den antifermentativen
agenachaften des Mittels beruht (BerL klin. Wochenschr, Nr. 1).
Qerlach (Petersb* med. Wochenschr. Nr. 10) hat in zwei Fällen
Won Diabetes mellitus von Syzygiam Jambolanum keine thera-
peutischen Erfolge gesehen.
Ueber Harnsäure und Gicht veröffentlicht E. Pfeiffer einen
Dgeren Artikel in der Berl. Min. Wochenschr. (Nr. 16, 17, 19, 20,
22), in welchem folgende Fragen behandelt werden: 1) Die Metboden
(der Hamaäurebestimmung im Urin, 2) Scheidet der Gichtkranke
Dehr oder weniger Harnsäure aus als der Oesunde? 3) Die Aus*
324
BübwilbcL
Am Hamafture im ünn. Auf den
möann wir uns an dieser
acheidhwkcH dor
Inhalt de8 Aatetaea
Stelle TBiBagen.
Ueber die Behesdlang der hernseoren Biatheee (Gicht
QBd Nephrolithimsis) mit Pipemiii sind Bieseathal luid A. Sehmidt
(Kliaiaches über das Fiperazin. Beii. klia. Weehenaehr. Nr. 2]
aa folgenden, noch nicht definiüven Schliissfolgeruiig<eii gelangt: Das
ua Wasser löaliche nngifUge Piperaxin übertnlFI in der Fihigkelt^
Hamaänre nnd bamsanre Concremente xn löeeo, alle bisher be*
kannten Mittel. Es wird vom Magen aas leicht reaorbirt, passirt
den Qfgaliismiis nnaes^istzt and wirkt also überall, wo es mit Harn-
aittra in Bartihnuig kommt ^ losend« L5st man lg — die gewöhn-
Bebe Tagesdoeis ^ in einer Flasche Sodawasser mit 600 g Inhalt,
so wird der Geschmack des letzteren nicht TsriBdert, Nach den
Verff. ist das Piperaztn in 1 — 2ö,)iger I#Ösiing anck aar Ansspülong
der ffiaae behnfs Lösung von Blasensteinen geeigmi. Aach bei
QamaAiirBpiMitfphat- tmd -Oxalatateinen ist das Mittel indicirt. —
Nabsn der PIpermnbehaDdloikg sind bei der Gidit die diätetischen
Venachnfteo nicJit sa ▼emaehliaaigen.
Die vorsIsiKodeo Schlnssfolgeningen er^üirea eine Kritik in
dam Vortrage M.Mendelsohn's: Ueber flarnsiiireiösung, ins*
besondere durch Piperazin (BerL klin. Woehenschr. Nr. 16).
Wilirasd die»er kuiof sagsbeo musSi dass Piperazin in wässeriger
lAMm Haroaiiirestaba sieiaHfih aehnell l5et, hat er gefunden, dass
afiMP LftiBBg fOD Pipamio in Harn oder der Harn eines l&ogere
SMi flit F^sfmain behsadeltefi Individaums die Hamsäitresteine
Eine innere Medication mit Piperazin hält er
glgeoftber für völlig wirkungslos. Des*
ifidtktm hmn^ m fiodso, dass die im Uebermaass vorhandene „freie^
{im fikmm % PUHf^fä) UamsAore im Urin durch innerlichen Ge-
hfwmk fM Fifmasfa an (|oantittt nicht vermindert wird« Die
htmmgAndi dm mUmmigßn Piperaxins im Beagensglase Ist Harn-
iüm |pf0NMIfc#f n^intißff als diejenige des kohlensauren Ltthioos.
— Dm VüMlill, ainiNl Hamsiafeatein in der Blase eines Thieres
dveb KpmmimmmpMwgtü aa&olösen, hat Verf. zwar noch nicht
so Bads gsMirti hilf ihn aber für wenig aussichtsvoll, da schon die
Beuniaehung geringer HAmmengen das Lösungsvermögen der Pi-
perazinlösung erheblich herabsetzt.
In seiner Erwiderung auf den vorstehend referlrten Vortrag fiebt
Biesenthal (Berl« klin. Woehenschr, Nr. SS) treffend hervor, dass
Mendels ohn, ohne je einen Gicht- oder Nierensteinkraaken behandelt
I
I
1
*
d
ConstitiitioBökranklieiten.
325
SU habeUf lediglich auf Grund seiner Beagensglaey ersuche sein ver-
nichtendes Urtbeil über das Piperazin abgegeben Labe. Dem gegen*
4ber verweist er auf eine grosse Reihe günstiger Erfahrungen , die
sowohl er wie andere Aerzte mit dem Mittel bei Gicht und Stein*
kranken gewonnen haben. Wenn der Verf. aber am Schluss seiner
Ausführungen nicht nur betheuert, dass das Pipera^in bei frischen
Gfchtanfällen ein „voilkommeD sicheres'' Miüel ist, dass auch bei
chronischer Gicht „die Wirkung fast niemals ausbleibt", dass das-
selbe sich sicher bewährt hat iu „alleu"^ Fällen von Nieren steinkolik etc,
sondern wenn er das Piperazin auch empfiehlt bei Leakämie, bei
Chlorose, bei croupöst-^r Pneumonie u. s, w., so beweist er aufs Neue,
wie Jemand ein an sich für gewisse Fälle vielleicht bi^auchbares
Kittel durch maasslosen Enthusiasmus — zumal wenn derselbe noch
wie hier mit einer grossen Portion Unklarheit gepaart ist — ^in
Orund und Boden^ loben kann,
Zur Behandlung der harnsauren Diatheae emphehlt Alafb erg
(Mönchener med, Woohenschr, Nr. 10) eine lange^ ja zeitlebens fort-
gesetsste Trinkcur der Obersalzbrunner Kronenquelle. Es sollen
jährlich 60—60 Flaschen getrunken werden» Eine besondere Diät
ist fiSLT den Gebrauch dieses Wassers nicht erforderlich,
Die Behauptung mancher Autoren ^ dass die Oxalsäure-
ausscheidung bei Lipomatosis universalis häutig vermehrt sei,
erfährt nach den Untersuchungen von E. Kisch (Berl. klin. Wochen-
schrift Nr, 16) eine Correctur. Verf* hat die bezeichnete Erschei-
Ottug unter ueun Fällen nur einmal gefunden.
Die schweren anämischen Zustände bildeten diesmal das
eine der Hauptthemata des CongreBses für innere Medicin^ welche
tlurcfa die hervorragenden Eeferate sowohl wie durch die sich au-
0clili60dende Discussion stets eine wesentliche Förderung erfahren.
Birch'Hirschfeld, der statt des erkrankten (und nicht lange
darauf veratorbenen) Biermer das Referat übernommen hatte, gab
ein übersichtliches Bild von dem neuesten Stande der Pathogenese
und Therapie der schweren Anämien, Abgesehen von der Ver-
blutungsanämie^ die hier nicht in Betracht kommt, nimmt man drei
Hauptarten der Anämie an: 1) die gewöhnliche secundäre Anämie,
2) die Chlorose und 3) die progressive perniciöse Anämie. Bei der
ersten Form besteht die Biutveränderung in einer Verminderung
der rothen, bezüglich des Hämoglobingehalts ganz oder fast normalen
Blutkörperchen und einer absoluten oder relativen Vermehrung der
weissen Blutkörperchen, — Für die Chlorose kommt als disponirende
Uriftche walirscheinlicb schwächliche Anlage der blutbildenden Or-
gane, bei echweren Fallen in Verbindung mit dürftiger Anlage des
ganzen Gefässsjstems (Virchow) in Betracht Als wesentliche
BlutverÄnderung ist hier die sehr erhebliche Hämo globin Vermin-
derung der rotfaen Blatkörperchen zu nennen, — Die progressive
liarnicidse Anämie ist dnrch den Zerfall sowohl im Blute als in
den Qeweben gekennzeichnet Im Blute fiodet man hochgradige
Verminderung der Erjthrooyten, Eückbüdnngsfonnen (Mikrocyten,
Poikilooyten), Zerfallsproducte aus früheren Entwickelungsstufen
rother Blutkdrperohen (kerohaltige normal grosse Erythrocyten und
die von Ehrlich als Zeichen degenerativer Entwickelung gedeuteten
grossen kernhaltigen Erythrocyten). Im L#eichenbetund sind die
punktförmigen Hämorrhagten und die fettige Degeneration charakte-
ristisch* Als Zeichen des Gewebszerfalles im Leben ist die relative
Harn Stoffvermehrung (Eich hörst) und die Peptonurie (v* Jak seh,
LuBsana) su nennen* — ^ Seine Anschauungen über die Pathogenese
der schweren anämisoben Zustände fasst der Kef. in folgenden Sätzen
zusammen: Die Verminderung der rothen Blutkörperchen wird wahr*
scheinltch durch erhöhten Zerfall derselben eingeleitet, an welchen
sich eine ungenügende compensatorische Regeneration von Seiten
der blutbildenden Gewebe luamentlich des Knochenmarkes) an-
schliessen kann. Die unvollkommen entwickelten Producte dieser
Regeneration sind wahrscheinlich wieder zum Zerfall in erhöhtem
Grade disponirt. Als Veranlassungen des Zerfalls der rothen Blut-
körperchen können verschiedenartige Schädlichkeiten in Betracht
kommen y welche durch 2^rsetzung des Blutplasmas (mit Verminde-
rung der Gerinnbarkeit des Blutes) oder durch directen Einfluss
seiraiörend auf die rothen Blutkörperchen wirken« Diese Schädlich-
kaiten können von aussen stammen (toxische Schädlichkeiten) oder
durch specifisohe Mikroorganismen im Körper gebildet sein (iofectiöse
Noien) oder endlich durch regressive Veränderuugen aus den Körper-
gtweben selbst entstehen (Autoin toxication). Demnach wird für die
hier besprochenen schweren anämischen Zustände eine einbeitliche
PathogeneMO nicht voransgesetzt, sondern die in ihrem Wesen analoge,
iti ihrsn Folgen gleichartige Blut Veränderung auf verschiedene ätio-
Dgischfi MomontJ^.^ äu rückgeführt; a. auf wiederholte Hämorrbagien
ntpoathämorrhagische Form), b. Störungen im Magendarmkanal (dys-
peptisohe Form), c. Parasiten (speciell Blutpnrasiten , z. B, die von
Klöba beschriebenen FlageÜaten) , d, Schwangerschaft und Puer-
perium, 0. infectidse Processe (Syphilis, Malaria), f. unbekannte Ur-
sachen (sog. idiopathische, besser kryptogenetische Anämie) , wahr-
ConstitationakrankheiteD.
327
flcheinUch von aussen stammende oder im Körper gebildete^ Blut-
körperchen zerstörende Substanzen (Giften Toxine , bessiehentlich
Enzyme). Bei der Besprecbuog der Therapie der scbweren anämi-
schen Zustände beschränkt sieb der Beferent auf einige allgemeine
Hinweise. Er betont die Wirkungslosigkeit der Eisenbehandlung^
den günstigen EfPect des Arsen iks^ den palliativen Erfolg der Blut-
transfusioni er weist auf die Beachtung der dyspeptischen Störungen
hin, aul' den günstigen EinHass des Klimas*
Ehrlich verbreitet sich als Gorreferent eingehend über den
Blutbefund bei den schweren ADämien und die Methode seiner
Darstellung. Die PoLkilocyten (oder Schistocyten nach Ehrlich,
vergl. dieses Jahrbuch 1889, S. 293) hält er für Fragmente der
rothen Blutscheiben. Die anämische Degeneration der Erythrocyten
ht als Coagulationsnekrose aufzufassen. Eine dritte Form der De-
gienaration der rothen Blutscheiben ist die hämoglobinämische : die*
selbe charakterisirt sich dadurch, dass sich im luDero der Blut-
acbeibe 1 — ^2 Körperchen vorfinden, welche aus modificirtem Hämo-
globin bestehen. Unter den kernhaltigen rothen Blutkörperchen
unterscheidet Ehrlich die Normoblasten und die Megaloblasten.
Die ersteren entsprechen der Blutbildung des Erwachsenen^ die letz-
teren derjenigen des Embryo. Aub den Normoblasten wird der
Kern ausgestossen und bildet einen neuen Normoblasten, bei den
Megaloblasten wird der Kern resorbirt Bei den aecondären An-
ämien findet mau fast ausscbliesslicb Normoblasten, spärliche Me-
galoblasten. Ehrlich sieht das Charakteristische der pemiciöaen
Anämie in dem Rückschlag des Knochenmarkes in den embryonalen
Typus, für welchen Frocess er den Namen megal ob las tische Dege-
neration vorschlägt. Ein eigenartiges Verhalten bieten nach Ehr-
lich die Leukocyten bei den verschiedenen Anämien dar: bei den
aecundären Anämien ündet man häufig Leukocytose, bei der (pri-
mären) pemiciösen Anämie aber eine absolate Verminderung der
Gesammtmenge der Leukocyten und besonders hochgradige Ver-
ringerung der poljmucleären.
In der Discussion zu den beiden Vorträgen spricht Troje
über die Abstammung der rothen und weissen Blutkörperchen.
Fftrbringer weist u, A. darauf hin, dass es auch echte progressive
Anämien ohne wesentliche Degenerationsformen der Blatkörper
(I Fall eigener Beobachtung) gibt, und dass das Blut der Kranken
mit peroiciöser Anämie nicht selten normalfarben und selbst auf-
fallend dunkel sei. Von 57 Fällen aus Fürbringer*8 eigener Beob-
achtung sind 27 gestorben^ 10 ungebeilt, 16 gebessert, 4 relativ ge-
328
Schwalbe.
heilt. An diesem relativ günstigen Hesultat ist das Arsen sicher ^
nicht unschnldig. Klebe weist nochmals ausdiUcklich anf die von
Ihm im Blute gefundenen FlageÜaten hin. Litten hat dieselben
nie gesehen. Er betont u. A, die Wichtigkeit der Megalocytent
Dehio ist der Meinung, dass die Botriocephalns- Anämie als toxtsehe
aufzufassen sei.
Die Beiträge zur Pathologie des Blutes von Mara-
gliano (Verhaßdlgn. d. Congresses f. innere Med. zu Leipzig und
Berl. klin. Wochenschr. Nr. 31) beziehen sich auf die Nekrobiose^
der rothen und weissen Bluikörper und auf den Einfluss des Blut-
serums auf die rothen Blutkörper,
In seinen Klinischen hämatologischen Studien (Archiv
f* exper. Paihol. u. Pharm. Bd. 28) legt Gabritschewsky im An-
schluBs an ähnliche ünterBUchungen von Fr. Miller und Go Hasch
(cL dieses Jahrbuch 1890, S. 205) dar, dass die eosinophilen Zelien
im Blute bei Asthma bronchiale erheblich vermehrt sind, und dass
ihre relative Menge hier beträchtlich grösser als bei Leukämie ist.
Wo dagegen die asthmatiBchen Erscheinungen durch andersartige ,
Erkrankungen der Lungen oder des Herzens bedingt sind, war keine]
Vermehrung der eosinophilen Zellen im Blute zu constatiren.
Einen Beitrag zur Lehre von der Leukämie enthält der
Vortrag Litten's auf dem Congress tür innere Medicin zu Leipzig
(s. d. Verhandlungen). Im Anschlusa an Influenza traten bei einem
Patienten des Vortragenden rheumatische Schmerzen, Milzvergrösse-
rung, „Retinitis leucaemica", weisse Infiltrate in der Haut^ Hämor-
rbagien in der letzteren, Bumnolenz, Coma, Convulsionen auf, undl
nach 3i'.^tägigem Krankheitsverlauf ging der Patient zu Grunde.]
im Blute fand sich hochgradige Vermehrung der Leukocyten (1:4),'
ferner sehr grosse maulheerförmige weisse Blutkörperchen mit Fett-
körnchen in grosser Menge. Eine im KocVschen Institut nach
allen Methoden vorgenommene bacteriologische Untersuchung des
Blutes blieb resultatlos. Bei der Section fanden sich u. A. die oben«
erwähnten Fettkörnchealeukocyten sehr zahlreich im Knochenmark-
Im Anschluss an diese Darlegungen theilt Verf. mit, dass er
lltets bei Leukämie im Blute ^die grosse Form** der rothen Blut-
Fkörperchen, wenn auch nur vereinzelt, gefunden habe. Ausserdem
ist er bei Leukämie wie bei perniciöser Anämie im Blute Öfter
weissen Cylindergebilden begegnet, die er auf Degenerationsprocesse
zurückführt.
Einen Fall von acuter Leukämie, bei dem nur die Milz ge*
CoDSÜtuÜQDBkrat] kheiteo.
329
Bch wollen war, KnocbeDmark nnd LymphdrüsoD sich dagegen bei
der SectioQ intact erwiesen ^ veröffentiicht Eicbhorst (Virchow^s
Archir Bd* 1?0). Einen Fall von acuter Leukämie, der nach
'Traoma entstand und binnen Kurzem zum Tode fülirte, beackreibt
Greiwe in der Berl Mid. Wochenscbr. Nr. 33.
Auf eingehende hämatologmche Untersuchungen und manoig*
faltige klinische Erfahrungen im Krankenhaus am ürban ist der
r Tortrag Troje's, Ueber Leokämie und Pseudoleuk-
'ämie (Berliner klinische Wochenschrift Nr* 12) gegründet. Ffir
die Differentialdiagnose der Leukämie sind nach Troje nur wenige
, Jdomente mit Sicberheifc zu verwerthen. Die VermebruDg der eosino-
philen Zellen ist im leukämischeD Blute (Ehrlich) nicht con-
atant und fiodet sich andererseits auch im Blute Gesunder. Auch
H. F. Müller (s. dieses Jahrbuch 1892, S, 305), der das Auftreten
von gewissen, besondere grossen manonucleären sog. Markzellen als
charakteristisch für Leukämie ansieh tj kann er sich nicht anschliessen.
Wichtig scheint dem Verf. für die Differentialdiagnoae zwischen
Leokämie und LeDkocytose der Befund von mononucleären weissen
Blatsellen im leukämischen Blut^ welche sieb durch eine mittlere
Grösse, einen schmalen, homogenen Protoplasmasaam^ relativ grossen ,
miltektark tingiblen^ fein reticulirten, rundlichen oder ovalen Kern,
fiamentlich aber durch typische Kerntheilungetiguren auszeicbnen.
Die Erythrocyten fand Troje im leukämißchen Blut in den ver-
ackiedenaten Grössen. Auch D egen oratio nsformeo und kernhaltige
Erythrocyten, von den kleinsten bis zu den grössten^ hat er daselbst
angetroffen. Besonders erwälmenswerth ist endlicb sein Befund von
kernhaltigen rothen, in Karyomitose begriffenen Blutkörperchen. —
Waa die Pathogenese der Leukämie betrifft, so handelt es sich hier
wahracheinlich um eine Infectionskrankheit. Die Eingangspforte für
daa apeeifische Gift ist vermutblich im Verdauungstractus gelegen.
Ein Fall Troje^s verlief unter dem Bilde einer recidivirenden
infectionskrankbeit; derselbe ist auch dadurch interessant, dass
eine ausgesprochene Pseudoleukämie den Erscheinungen der eigent-
lichen Leukämie voraufging. Ein pathogenetischer Zusammenhang
dieser beiden Krankheiten wird durch zablreicbe Beobachtungen
nahegelegt. Ferner aber steht festj dass unter dem Bilde der Fseudo-
leakämie auch andere Erkrankungen wie Scorbut, locaÜsirte Lymph-
drüaentaberculose^ multiple Sarkome u. A. verlaufen können. —
Beanglich der Theorie^ welche der Verf. über die Pathogenese der
Leukämie und Pseudoleukämie aufstellen zu können glaubt, sehe
man das Original ein.
330
Schwalbe.
Die vou allen Äatoren bisher vergebiicli gesuchten Infections-
keime der Leukämie glaubt A* Pawlowsky (ZurLebre von der
Aetiologie der Leukämie. Deutscbe med. Wocbenschr. Nr. 28)
in Gestalt von Bacillen bei sechs unter sieben Fällen gefunden zu
haben.
üeber einen Fall von Sarkomatoais nach primärem Thj-
musaarkom, verlaufend unter dem Bilde einer lymphati-
schen Leukämie, der auf der v, Jaksch'schen Klinik in Prag
zur Beobachtung gelangte, berichtet P, Talma (Deutsche medic.
Wochenschr, Nr. S&) ausführlich. Bemerk enswerth ist, dass sich
das Bild der Leukämie im Verlaufe eines Monats entwickelt hat. ^-
Vielleicht hätte man schon klinisch die Diagnose — wenigstens an-
nähernd — ricbtig gestellt, wenn man im Bereich der durch das
Thymussar kom bedingten ausgedehntem Dämpfung eine Probepunction
vorgenommen hätte. Der Verf. hätte dann seine Anschauung, ^dass
das Vorhandensein von Geschwulstpartikelchen im Sputum wohl das
einzig absolut sichertj Symptom für Brustgeschwülste (wenn die-
selben nicht die Thoraxwaud perforiren) isf*, rechtzeitig seibat cor-
rigirt, (Vergi den Aufsatz des Ref» über primäre Lungen- und
Brustfellgesch Wülste, dieses Jahrbuch 1892, S. 257.)
Einen Fall von perniciöser Anämie, der mit Icterus be-
gann, beschreibt Frisch mann ausführlich in der Pester med.-cbir.
Presse Nr. 10.
Zur Statistik und Aetiologie des Scorbuts liefert
L. Herthenson im Deutschen Archiv f. klin. Med, Bd. 49 einen
umfangreichen Beitrag. Die Anscbauungen des Verf.*s über die
Aetiologie der Krankheit gipfeln in dem Satze, dass der Scorbut
za den Infectionskrankheiten gehört. Die durch Mangel an diesem
oder jenem Bestandthell in der Nahrung bedingte Emähningsstorung
spiele bei der Erkrankung an Scorbut häufig ein prädisponirendes
Moment, allein diese Ernihrungsstörung vermöge an sich keinen
Scorbut hervorzurufen und bilde auch keine absolut nothwendige
Vorbedingung zur Entwickelung dieser Krankheit.
8. Iiife€t]0i]8kraiikh6iteii.
Von Dr. Freybun, Assistenzarzt am Krankenhause Friedrichshain
zu Berlin,
Wenn wir rückblickend die diesjährigen Arbeiten auf dem Ge-
biete der Infectionskrankheiten überschauen, so sind es im Wesent-
lichen zwei Factoren, die auf die Pliyöiognomie der einacblägigen
Litterator bestimmend gewirkt haben. Vor Allem tritt das unverkenn-
bare Bestreben in den Vordergrund , aus den Resultaten der Labo-
ratoriumsarbeiten Anhaltspunkte für eine specifische Therapie und
Prophylaxe der In fectionsk rankheiten zu gewinnen. Nachdem ein-
mal die Paste ür'scben Methoden der Schutzimpfung aich für eine
ganze Reibe von Infectionen als wirksam erwiesen haben, und nach-
dem man eine mehr oder minder vollkommene Immunisirung von
Thieren für gewisse Erkrankungen erzielen konnte, ist man hei den
fiaheliegenden Beziehungen zwischen Immunität und Heilung dazu
übergegangen I direct eine Heilung auf diesem Wege anzubahnen.
Im Wesentlichsten sind diese Bestrebungen durch die von Behring
und Kitasato inaugurirte Serumtherapie gefordert worden j es ist als
ein fiir viele Krankheiten gültiges Gesetz bereits ermittelt., dassjede
stark erworbene Immunität mit dem Serum des immunen Thieres
auch auf andere Thiere übertragbar ist, ja dass bereits erkrankte
Thiere durch die Einwirkung des ipimuni airenden Serums noch zu
heilen sind. Weiter allerdings sind die Yersuche noch nicht ge*
diefaen; eine einwandsfreie Heilung beim Menschen ist^ wie man mit
Fag und Recht behaupten kann, noch nicht gelungen; indessen ist
die HofiTDung nicht ausgeschlossen^ dass man auch nach dieser Rich-
tung hin gute Resultate erzielen wird.
Weiter hat die uns beschäftigende Littemtur durch das Neu-
auftreCen einer der gefürchtetsten Seuchen, der Cholera, ein eigen-
S32
FreyliaD,
artiges Gepräge gewoDnen. Die Hocbfiutli der einsclilägigen Mit-
theilungen fängt bereits an, sich zu verlaufen, und es erscheint zur
Zeit schon möglich, einen gewissen üeberblick zu bekommen.
Cholera. Der sattsam bekantite Symptomencomplex ist
durch neue Züge nicht eigentlich bereichert worden. So sind durch die
Berliner Epidemie, die eine ausführliche Bearbeitung durch P. Gutt-
mann (Berliner klin, Wochenschr. Nr, 37. Deutsche med. Wochen-
dtehrift Nr, 40) erfahren hat, im Wesentlichen nur die früheren Er-
fahrungen bestätigt worden. Hervorzuheben dürfte vielleicht sein,
dasB Guttmann die Mehrzahl der Cholerastühle nicht farblos, son-
dern gallig gelHrbt gefunden hat; aber auch die gefärbten Dejectionen
enthielten zahlreich die charakteristischen^ mit Eommabacillen he-
setzten Flocken. Beck und Kossei (D«utache med. Wochenschr.
Nr, 41) berichten über die beiden im Institut für Infectionskrank-
heiten beobachteten Cholerafälle und verbreiten sich des Weiteren
über die bacteriologische Unteröuchung der Cholerastuhle, die oft
durch UD zweckmässige Versendung des Materials erschwert wird,
Sie empfehlen die Versendung der Dejectionen in weithalsigen Ge-
f&ssen, die mit einem wasserdichten Stoffe umgeben sind» Die von
Feilchenfeld (Deutsche med, Wochenschr. Nr. 42) geschilderte
Chailottenburger Epidemie umfasst vier Fälle, von denen nur einer
einen t5dtlichen Ausgang nahm; die übrigen bieten keine nennens*
wertheü Besonderheiten. Von Betke (Deutsche med. Wochenschr,
Nr. 49 11. 60) sind die in Stettin beobachteten Fälle beschrieben
worden. Die dortige Epidemie umfasste 2Ö Erkrankungen; nur bei
12 davon gingen die angesetzten Culturen an, Dieset^ auffallende
Resultat ist theils darauf zu scbiebenj dass die ersten Fälle über*
baupt nicht bacteriologisch untersucht wurden, andererseits die
Technik der Untersuchung anscheinend noch nicht genügend aus-
gebildet war.
Eine seltene Complication der Cholera wird von Faillard
(Semaine m^d. Nr. 47) erwähnt. Bei einem an Cholera erkrankten
Arbeiter entwickelte sich am dritten Tage der Krankheit ein sub-
cutanes Emphysem, das am Nacken begann und sich rasch über die
Haut des Eumpfes verbreitete. Die Obduction ergab ein Emphysem
des Hals- und subpleuralen Bindegewebes. Die Lungen befanden
sich im Zustande acuter Blähung, und mehrere Alveolen des linken
Oherlappens waren geplatzt ; von hier aus hat sich nach der Meinung
de» A^erf/s das Emphysem verbreitet. Ob aber die Ursache der Com-
|ilication nicht doch in der therapeutischen Maassnahme der Infusion,
In fectioB sk ran k hei teo -
die yiermal bei dem Kranken angewendet wurde, zu suchen ist,
mocbten wir trotz der vorbeugenden Einwände des Autors nicht
von der Haod weisen.
Eine nicht minder seltene Oomplication hat GalUard (Sem.
m6d. Nr. 40) beobachtet. Er sah unter 380 Kraaken der diesjährigen
Pariser Epidemie siebenmal Icterus; in fünf Fällen scbeint das Auf-
treten desselben auf den K ran khei tsverlauf keinen Einfluss ausgeübt
m haben; zweimal aber spielte er die Rolle einer schweren Com*
pUcation; im ersten Falle bestand Fieber, starke Beeinträchtigung
dea Ailgemeinbefindeus und ein Erythem, das sich über den ganzen
Körper verbreitete, im anderen ergab die Obduction neben einem
typischen Cholerabefund als Grund tör den Icterus eine Gholecyatitie
nnd Angiocholitia suppurativa. Von demselben Verf. (Gaz, hebdom.
Nr. 40) wird der unheilvolle Einfluss der Cholera auf schwangere
Fi-anen erörtert: von sieben Erkrankten starben sechs. Es erscheint
ihm unzweifelhaft, dass die verringerte Widerstandskraft der
Schwangeren die Prognose ausserord entlieh ungunstig gestaltet.
Die Thatsache, dass die Cholera ausserordentlich milde, nur
unter der Form eines einfachen Darmkatarrhs verlaufen kann, betont
P. Guttmann (ßerl, klin. Wochenschr. Nr» 37) mit grosser Ein-
dringlichkeit Die Wichtigkeit dieses Pactums liegt auf der Hand,
da das Uebersehen von leichten Fällen zu einer verhängnissvollen
Verschleppung der Seuche führen kann*
Die Diagnostik der Erkrankung hat an Exactheit durch die
von Koch angegebene, leicht durchführbare bacterio logische Unter-
suchung gegen früher ganz ausserordentlich gewonnen; alle Autoren
erkennen jetzt in dem Plattencultur verfahren das uneraetzUche und
sicherste diagnostische Hülfsmittel für die Erkennung der Cholera
an. In drei Fällen von P. Guttmann (Berl. klin. Wochenschr. Nr, 39),
wo als einziges Krankheitssymptom mehrtägige Durchfälle bestanden^
wäre es ohne die bacterio logisch© Untersuchung, die zahlreiche
Kommabacillen in den Dejectionen nachwies, gar nicht möglich ge-
weeeo, die Krankheit zu erkennen. Am schlagendsten wird aber
die pathognomonische Bedeutung der bacteriologischen Untersuchung
durch die Fälle demonstrirt, die Fürbringe r, Beck und P. Gutt-
mann veröffentlicht haben. Die Fürbringer*sche Beobachtung
(Deutsche med. Wochenschr, Nr. 34) betrifft eine vordem gesunde
und lebeosfirische Frau, welch© urplötzlich von typischen Oholera-
symptomen befallen wird und der Krankheit in 24 Stunden erliegt.
Trotz dieses klinischen Verlaufes, der die Diagnose der asiatischen
Cholera fast wahrscheinlich machte, ergab das sofort eingeleitete
S34
Freyhau*
PlattencuUurverfabreii unzweifelhaft ein negatives Beeultat und lid*
ferte damit den Beweis , dass nicht die asiatische, sondern die ein*
heimische Cholera vorgelegen hatte. Genau dieselbe Beohachtung
machte Beck (Deutsche med* Wochenschn Nr. 4i*) an einer 44jäh-
rigen Frau; auch hier wuchsen bei der intra vitam und post mortem
angestellten hactericlogischen Unteranchung keine Kommabaoilleiiyj
sondern in der Hauptsache Streptokokken , die sich für Mause all
pathogen erwiesen. Einen dritten , in glöicher Weise tödtlich ver-
laufenen Fall erwähnt P, Guttmann (Berl klin. Wochenachn Nr. 41).
Den Stand der bacteriologischen Diagnostik präcisiren Pfeiffer
(Berl, klin, Wochenschr, Nr. 36) und E. Fraenkel (Deutscbe med,
Wochenschr, Nr, 39) in folgenden Sätzen, 1) Die mikroskopische
Untersuchung der verdächtigen Dejectionen genügt nur in einer
Minderzahl von FÄllen für sich allein zur Diagnose auf Cholera.
2) Das PJattencultur verfahr eil ist als ausschlaggebend anzusehen.
3) Es ist unter normalen Verhältnissen ermöglicht, die bacteriofikc-
pisch sichere Diagnose innerhalb 24 bis spätestens 36 Stunden zu
stellen. Einen Ersatz für das Fla Itenculturver fahren hat Laser
(Berliner klin. Wochenschr, Nr, 32) vorgeschlagen. Er empfiehlt,
mit den verdächtigen Fäces eine Reihe von Gläsern zu impfen und
dieselben 24 Standen in den Brntöchrank zu setzen. Vermittels
des sich dann entwickelnden, den Cholerabacillen ei gen th Um liehen
Geruches soll man indessen die richtige Diagnose stellen können. Die
Methode dürfte practisch nicht verwerthbar sein, da es einer sehr]
grossen Uebnng bedarf, um mit Sicherheit am Genich Choleracaltiiren
unter anderen herauszuerkennen.
Einige bisher unbekannte culturelle Eigen thfimliohk ei ten der
Choleramikroben ^ die E, Fraenkel (Deutsche med. Wochenschr,
Nr, 46) und Lickfett (Deutsch© med, Wochenschr. Nr, 45) be-
schreiben, glauben wir an dieser Stelle übergehen zu dürfen, möchten
dagegen nicht unerwähnt lasseUj dass der von Netter (Bull, de Iäj
soc. m^d., ßöance de 15 et 22 Juillet) bei der im Weichbilde von'
Paris grassirenden Epidemie gezüchtete Bacillus einige Abweichungen
von dem K 0 c h'ßchen Bacillnö zeigt^ dagegen eine vollkommene Iden-
tität besitzt mit einem 1891 in Cochinchina von Cholerafällen ge-
wonnencü Mikroorganismus.
Den Urin von Cholerakranken hat Hoppe- Sejler (Berliner
kliu* Wochenschr. Nr. 43) «um Ausgangspunkt seiner Untersuchungen
gemacht. Er fand stüts einen starken Gehalt von Indoxyl, besonders
in dem gleich nach dein Stadium algidum gelassenen Urin, Die Aus-
scheidung verringerte sich dann bald und verschwand während des
InfectionskrATikheiten*
335
mit starker Diärese einh ergab enden Heconvalescenz Stadiums gänzlich.
Desgleichen war eine vertsehrte AetherschwefelaaureausscheiduDg
IQ eoDstatiren; indessen ist weder diese noch die starke Indoxjl-
bildung als charakteristisch für Cholera aoKusehen, da sie auch bei
Brechdarchiällea, die mit starker Darmfäulniss ein hergeben, zu be-
abacbten ist^
Von dem allergrössten practischen Interesse sind die Forsch tiii gen,
welche die Uebertragnng von Cholerakeimen zum Gegenstand haben.
Ez&cte bacteriologische Studien haben mit aller Schärfe dargethan,
dass das Wasser mit die gelahrb'chste Rolle bei der Uebertragung
der Krankheit spielt. So ist es C. Fraenkel (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 42) gelungen, im Wasser, das dem Duisburger Zollhafen
entstammte, echte Cboleravihrionen nachzuweisen. Die weitere über
die Herkunft der Bacillen angestellte Nachforschung ergah^ dass in
dem Hafen das Boot eines an der Cholera asiatica verstorbenen
Fischers gelegen hatte, dessen Ausleerungen über Bord geschüttet
worden waren. Auch Lubarsch (Deutsche med, Wochenschn Nr. 43)
fand im Kielranmwasser eines in der Elbe liegenden, von Hamburg
kommenden Schleppdampfers Cholerabacilleu in überraschend grosser
Anzahl I ungefähr 'tö im Cubikcentimeter, und führt an der Hand
der Tbatsachen den Beweis^ dass das untersuchte Wasser direct aus
I der Elbe stammte.
Die relative üngefkUrlichkeit des Bieres als Zwischenträgers hat
Weyl (Deutsche med, Wochenschr* Nr. 37) couatatirt. Nach 24stün*
. digem Verweilen im Bier sind die Kommabacillen mit Sicherheit ab-
gestorben. Den hauptsächlichsten Grund dafür sieht der Verf. in
der sauren Reactton des Bieres, Gleichzeitig scheint das Bier auch
^ ak ein Präservativ gegen Cholera wirken zu können; wenigstens
läset sich anders das von Weyl (Deutsche med, Wochenschr. Nr. 40)
[festgestellte Ergebniss kaum auffassen, dass unter 1837 Angestellten
[der Brauereien von Hamburg und Altona nur zwei an Cholera er-
^ krankt und gestorben sind, trotzdem gerade die Bierfahrer mit den
Kreisen, die besonders unter der Seuche zu leiden hatten, viel in
Berührung gekommen sind.
Auf Nahrungsmitteln finden die Mikroben einen sehr günstigen
Nährboden. Ausführhche Untersuchungen darüber stammen von
Uffelmann (Berliner klin. Wocbeuschr. Nr. 38). Er hat experi-
mentell ermittelt, dass sich die Bacillen in der Kuhmilch 1 — 2 Tage
od erhalten, auf Brod einen vollen Tag, auf der Oberfläche von
bwach saurer Butter unter Umständen 4 — 6 Tage, auf vor dem
Aastrocknen geschütztem Braten mitidestens 8 Tage, auf der Ober-
33fi
Frefhao,
fläche von Obst seibat räch dem Austrocknen noch 24 — 30 Stauden,
aaf dem Fiipier eines zusammengeklappten ßuchee 17 Stunden. Aaf
trockenen Zeugstoffen, wollenen wie leinenen, können sie sich ver-
gcliieden lange Zeit, 1 — 4 Tage lebend erhalten, auf der trockenen
menschlichen Hand dagegen nur 1 — 2 Stunden* Ungemein rasch
sterben sie auf kupfernen und silbernen Münzen, sowie auf meBsin-
genen Platten flb, hier gehen sie binnen weniger Minuten zu Gninde.
Demnach kann es gar nicht Wunder nehmen^ dass in der That F&lle
berichtet werden, wo eine üebertragung der Cholera durch Nahrungs-
mittel zweifellos gitattgefunden hat So hat Steyerthal (Deutsche
med. Wochensehr. Nr. 47) eine Frau behandelt, die zugereiste Ham-
burger beherbergte und bald darauf unter allen Erscheinungen der
Cholera erkrankte. Schon am na ebbten Tage stellten sich bei ihreto
im selben Hauee wohnenden Eukelchen ebenfalls cboleraartige T
scheinungen ein, denen das Kind binnen 30 Stunden erlag, Wt'
in der Stadt noch in der näheren Umgebung kamen sonstige v>
dächtig© Fälle vor. Als einzige Quelle der Infection musaten Liebeo^
mittel angesehen werden, die von den Hamburger Gäsiten mit^ebmchr
und von den Wirthen verspeist worden waren, üeber einen p.i :
analogen Fall berichtet Kossei (Deutsche med. Wocheuschr. Nr. 45 u
Der Ehemann einer von Hamburg nach ihrem Wohnort Tessin ra-
ruckgekehrten Frau , der nachweislich von den mitgebrachtes
Lehensmitteln genossen hatte, erkrankte wenige Tage darauf unter
den schwersten Erscheinungen der Cholera und erlag der Krankheit
in ganz kurzer Zeit. Gleichzeitig erkrankte die eine Tochter unter
oholeraartigen Erscheinungen, die sich zum Oholeratyphoid steigerten
und am zehnten Tage zum Tode führten. In allen beiden Fällen
wurde durch die im bacteriologischen Institut zu Rostock vodr*
genommene Untersuchung die Diagnose der asiatischen Cholera be-
stätigt.
Eine interessante Infectionaquelle hat Simmonds (Deutsch«
med. Wüchenschn Nr. 41) aufgefunden. Er fand nämlicb bat der
bacteriologischen Untersuchung einer im Cholera-Obdactionasaal ge-
fangenen Fliege eine erhebliche Anzahl von KommabaciUen. Er
stellte, durch diesen Befund angeregt, durch geeignete Vereucbe fe«t,
dass Oholerakeime sich an fliegenden Insecten noch über 1 ^/^ Stunden
lebend erhalten können. Dieäe Versuche illüstriren die eminente
Gefahr, die durch Verschleppung auf diesem Wege stattfinden kann,
besonders durch Infection von Speisen « die einen guten Kührbodcii
abgeben, wie Sappen, Saucen und Milch.
Durch die Koch^sche Entdeckung des Kommabacillua ist dii
t
Aetiologie der Cholera in ungeahnter Weise geklärt worden. So
gut wie allgemein gilt dieser Vibrio als der specifische Erreger der
Krankheit] in diesem Funkte tritt fast überall eine seltene Einmütbig-
keit zu Tage. Indessen ist doch die Lehre nioht ganz ohne Wider-
spruch geblieben, dass der Cholera vibrio unter alten Umständen und
jederzeit für sich allein im Stande ist, die Krankheit zu erzeugen^
ja dieser Widerspruch ist von so autoritativer Seite erhoben worden,
dass wir darauf noch etwas näher eingehen müssen, v* Petten-
kofer (Müncb. med. Wochenschr, Nr. 46) ist auf seinem schon
früher betonten Standpunkte stehen geblieben^ dass der Komma-
bacillus nicht die einzige und ausschlaggebende Ursache der Krank-
heit, sondern dass die Entstehung der Cholera noch an eine ganze
Beihe anderer Momente gebunden sei. In erster Reihe nennt er
hier eine gewisse örtlich-zeitliche Disposition des Bodens^ ohne
welche die Choleramikroben auch im Körper eines an und für sich
empfänglichen Menschen die Krankheit nicht hervorzurufen vermögen.
Den Beweis für seine Ansicht hat v, Fettenkofer durch ein sehr
gef^brliches Experiment zu erbringen gesucht^ indem er, sowie Em-
merich nach vorheriger Neutralisation ihrer Magensänre vollgiftige
Bouillon culturen von Cholera Vibrionen tranken j er glaubt sich be-
rechtigt ^ ans diesem Versuche, der starke Durchfälle ohne wesent-
liche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens nach sich zog, den
Schluss herzuleiten, dass die Cholera durch einfache üebertragung
das Kommabacillus auf empfängliche Individuen künstlich nicht
hervorgerufen werden könne. Die Darlegungen v. Pettenkofer's
haben zum Theil sehr scharfe Entgegnungen hervorgerufen, vor allen
Dingen wird nicht anerkannt, dass die versuchte Selbstinfeotion zu
einem negativen Resultat geführt hat; im Gegen theil entnimmt
0. Fraenkel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 49) den Kranken-
geschichten, dass V. Pettenkofer und Emmerich an echter, wenn
auch mild verlaufender Cholera erkrankten. Natürlich stellt Niemand
in Abrede, dass für die Gestaltung einer Infection noch eine Reihe
anderer Momente in Betracht kommen; auch der begeistertste Con-
tagionist wird sich gewissen epidemiologischen Thatsachen nicht
verscbliessen wollen; an der Specilität des Choleravibrio musa aber
unter allen Umstanden festgehalten werden. Es ist dies um so mehr
geboten, als man sich sonst leicht verleiten lassen könnte, die
Schutz- und Vorsiehtsmassregeln, die sich bei der diesjährigen Epi-
demie so glänzend bewährt haben, ausser Acht zu lassen.
Bezüglich der Therapie ist hervorzuheben, dass sich der
Ansneischatz im Grossen und Ganzen als machtlos gegen die Seuche
Jitirbuch d. pracL Medlcto. 1893. *^
338
Frejhui.
erwiesen hat; mn SpeciBcom ist unter den zahllos empfohlenen A
teln nicht gefunden worden. Das gut besonders far zwei Präparatei
deoen eine speciBsche Wirkung gegen die Krankheit neuerdings zu-
geschrieben worden ist, einmal für das von Löwenthal (Deutsehe
med. Wochensohr, Nr. 22) mit grossem Nachdruck empfohlene Salol
und ebenso filr das nicht minder angepriesene CreoHn. Auch andere
therapeutische Vorschllge haben sich nicht bewährte So hat die
Aufforderung von Neisser (Deutsche med, Woehenschr. Nr, 40),
durch Einverleibung von Jodoform das Wachsthum der Cholera-
vibrionen zu hemmen, keioen weiteren Anklang gefunden, und ebenso-
wenig sind die Vorschläge von Schulz (Deutsche med, Woehenschr.
Nr. 36), der Veratrin und Arsen als souveräne Mittel empüehlt,
beachtet worden. Einzig das Ca lerne l hat in beschränktem Maasse
das Vertrauen gerechtfertigt, das ihm von früheren Epidemien her
entgegengebracht worden ist. Aeusserungen in diesem Sinne liegen
von Ko räch (Deutsche med. Woehenschr. Nr, 49), Rumpf, Keysi
u. A. vor. Der umfangreichste Bericht stammt von Rumpf (Deutsche^
med. Woehenschr. Nr, 39); er umfasst die Erfahrungen, die bei der
Behandlung von 3000 Ohoterakranken gemacht worden sind. AUf
Mittel, die Rumpf zur Entfernung der Bacillen aus dem Darm gab,^
hatten auf die Krankheit selbst keinen EinBuss : Salol, Chinin^ Oreo*
sot, Salzsäure, Milchsäure, Kresol, Chlorwa^ser versagten alle it
gleicher Weise. Injectionen von Salol und Aether, sowie von Aci««
dum sulfuricum mit Morphium waren eher schädlich als nutzbringend«!
Einen entschiedenen Nutzen sah er dagegen von der Calomelbehand-
lung, besonders bei der Oholeradiarrboe^ die Stühle wurden reich-
Hcher, und das Erbrechen wurde günstig beeinflusst. Daneben wurde
durch heisse Bäder, Excitantien, Wein und Champagner das Allge-
meinbefinden zu heben gesucht. Gegen die Schmerzen im Epigai^trium
und die Muskelkrämpfe wurden kleine Morphiumgaben subcutan
verabfolgt. Die Behandlung des Stadium algidum gestaUeto sich so
ungünstig, dass hier die medicamentösö Therapie auf Campher und
Morphium beschränkt werden musste.
Von Cantani und Samuel ist als oberster Grundsatz der Be-
handlung eine reichliche Wassereinfahr in den Organismus auf-
gestellt worden. Im Anfangsstadium der Cholera strebt Cantani
(Berl. klin. Woehenschr, Nr. 31) noch eine Vernichtung der Bacillen
im Darmkanal an. Dieser Indication glaubt er durch die heisse
gerbsaure Enteroklyse gerecht zu werden^ weil die Gerb^-äure
nicht nur die Bacillen in kurzer Zeit tödtet, sondern auch dem von
ihnen erseugten Gifte die toxischen Eigenschaften nimmt. Im Eoriden
Infectionskraukbeiten,
339
Stadium der ELrankbeit aber gilt es vor Atlem^ die mehr weniger vor-
geschrittene Eindickung des Blutes zu beheben; diese Indication wird
am besten durch die grösstmöglichste Wassereinfubr ins BJut und in die
Gewebe erfüllt. Die zweck massigste Methode erblickt Cantani in
der subcutanen Infusion von heisaem Salzwaaser; zu einem
Liter eterilißirten Wassers fugt man 4 g NaCl und 3 g Natrium car-
bonicum; diese Lösung wird auf einmal an zwei Stellen unter die
Haut gebracht Eb«nao redet Samuel (Deutsche med. Wochenachr,
Nr. 39) der subcutanen Infusion energisch das Wort, weil es ihm
absolut üothwendig erscheint, den Verlost des Blutwassera durch
Wasserzufuhr wieder gut zu machen; nur muss man frühzeitig und
continuirlicb infundiren. Er schlägt zu diesem Ende einen Apparat
vor, der aus einem Irrigator besteht, der mit einem zweiarmigen
Gummisohlauch armirt ist; letzterer steht in Verbindung mit zwei
Cauülen, die vermittels eines Troikarts unter die Haut gebracht
werden. Durch alternirendea OeÖnen der beiden Arme kann die
Infusion continuirlicb in Gang gehalten werden ; sie ist erst zu unter-
brechen, wenn die Nieren wieder normal functioniren.
I>tese plausiblen Vorschläge haben allgemeinen Anklang gefun-
den und sind im ausgedehntesten Maasse practii^ch realisirt worden.
Eine Fanacee gegen die Krankheit — soviel kann man mit Sicher-
heit sagen — ist auch die Infusion nicht; indessen eine günstige Be-
einflussung des Krankheitsverlaufes, überraschende, leider nur wenig
Qacbbaltige Besserungen sind von allen Seiten immer wieder hervor-
gttboben worden. Ueber die Art der Wasserzufilhrung gehen die
Meinungen noch vielfach aus einander« Im Grossen und Ganzen hat die
Hjpodermoklyse den Vorzug vor der Enteroklyse erhalten^ obgleich
auch vereinzelte gegentheilige Meinungen laut geworden sind; so
spricht Le wasche w (Fortschr. d. Krankenpflege, October 1892) der
Hypodermoklyse jeden Erfolg ab und will ausscblieaslich die Darm-
eingiessungen angewendet wissen.
Für die subcutane Infusion als die beste Methode tritt mit
Entschiedenheit Michael (Deutsche* med. Wochenschr. Nr. 31 u. 45}
eiiu Die Methode hat den grossen Vorzug der relativen Ungefähr-
hchkeit,, auch unter misslichen äusseren Verhältnissen. Die intra-
venöse Infusion will Michael nur für die Fälle reservirt wissen,
wo man alle Cautelen anwenden und unter gehöriger Assistenz ope-
riren kann. Als ein unbedingter Anhänger der subcutanen Infusion
bekennt sich auch Neumaun (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 35);
er betont aber eindringlich, dass man rechtzeitig, reichlich und unter
UmsÜUiden wiederholt infundiren muss. Andere Autoren sprechen
340
Frey tön.
Bicb iur die intra venöse lefusion aus; Heyse (Deutschd med.
Woohenflchr. Nr. 47) hält die hjpoderjiiatische Infusion nur für ge-
wisse FällSj baiapi eis weise fQr die Privat praxis geeignet; im Kran-
kenbaase zieht er aber bei Weitem die iDtravenöse Methode vor, da
sie viel mehr zu leisten im Stande ist als die subcutane. Ebenso
vertritt Eiaenlobr (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 44) die Mei-
nung, dasB die Wirksamkeit der intravenösen Methode der subcu-
tanen AppUcation zweifellos weit überlegen ist. Anstatt der intra-
venösen empfiehlt Silber mann (Deiitscbe med» Wochenschr, Nr. B6)
die intraarterielle Infusion als eine zwar etwas umständlichere,
aber dafür um so sichererwirkende Methode. Er verwendet dazu einen
Apparat, der aus einem Gummischlauch mit Trichter besteht und
durch eine passende Vorrichtung in die Arterie mündet. Der Schlauch
trägt in der Mitte ein J-Eohr, an dem eine Äapirationsspritze be-
festigt wird. Dieser Apparat soll angeblich eine vollkommene
Sicherheit gegen Lufteintritt gewähren. Auch Schede (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 40) bat mit der intraarteriellen Methode glän*
zende Besultate erzielt.
Eine weitere Modification schlagt Barth (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 41) vorj er will der Wasserverarmung des Organismus
durch Wassereingiessungen in die Harnblase entgegen-
arbeiten, vergibst aber dabei, dass die Eesorptionsfähigkeit der Blase
nar eine äusserst minimale ist and daher dem an sie gestellten Ver-
langen nicht gerecht werden kann.
Eine neue therapeutische Aera bat Klebs (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 43 u. 44) zu inauguriren versucht. Er hat nach
Analogie des Tuberculo cid ins ein Anticbolerin dargestellt; er ist
dabei von dem G-edanken ausgegangen, dass die Bacterien ebenso
wie höber organisirte Wesen zwei Eeiben von Stoffen produciren,
nämlich die Allotoxine^ welche zur Erfüllung der Lebensaufgabe
dienen, und die Autotoxinei welche für den sie bildenden Organismas
als Gifte wirken. Durch geeignete Maasnahmen gelang es ihm nun,
die Äutotoxine — das Anticbolerin — aus Choleraculturen zu iso-
liren. Die in planmässiger Weise mit dem Stoff im Beagensglase,
an Thieren und am Verf. selbst angestellten Versuche fielen so gün*
stig aus, dasa sich Klebs für berechtigt hielte das Mittel auch an
anderen Menschen zu erproben. In der That hat damit auch
Manchot (Deutsche med, Wochenschr, Nr. 46j eine therapeutische
Versuchsreihe angestellt, Manchot konnte eine specifiscb bactericide
Wirkung des Mittels nicht constatiren, meint aber ihm eine günstige
Beeinflussung der Krankheit zuflohreiben zu dürfen. Er beobachtete
In fecti onß k rankh ei ten .
341
nach jedesmaliger fiiaverkibuDg des Mittele ein fieberbaftes Keae-
tlonsstadinm , welches die Kranken aus ihrem schweren CüUaps
heraasriss, indessen regelmässig nur für kurze Zeit; früher oder
später versanken sie grösstentheils wieder in den alten Zustand.
Von hohem Interesse, wenn aoch practiscb vorläuäg noch nicht
verwerthbar, sind die Untersuchungen, die sich auf die Schutz-
impfung gegen die Cholera beziehen. Die ersten diesbezüglichen
Untersuchungen stammen von Brieger und Wassermann (Deutsche
med. Wocbenschr. Nr. 31) j denen es gelang, Meerschweinchen da-
durch gegen Cholera immun zu machen, dass sie die Thiere mit ab-
geschwächten Cultureo behandelten« Haffkine (La Semaine mM.
Nr. 3€) benutzte gleichfalls abgeachwächte Culturen und konnte nach
TOrausgeschickter Impfung Meerschweinchen sowohl gegen eine neue
lüfectioD vom Magen aus wie auf i n tr aper i ton ealem Wege immun
machen. Zu denselben Resultaten kam Kiemperer (ßerl. klin.
Wocbenschr. Nr. 32); er fand, dass ausser durch die eben geschil-
derten Methoden auch ein wirksamer Impfschtitz dann erreicht werde,
wenn die Präventivirnpfung aubcmtan erfolge. Er dehnte in der
Folge seine Schutzimpfangsveräuche auch auf den Menschen aus
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 39 u. BO) und hat die diesbezüglichen
Untersuchungen auf drei verschiedene Arten angestellt: 1) wurden
YOÜvtrulente Culturen subcutan injioirt; 2) wurden erwärmte Cul-
turen in den Magen eingebracht^ 3) wurde die Milch immunisirter
Ziegen subcutan injicirt. Die erste Methode wurde an dem ärat-
lichen Personal der Lejden^achen Klinik erprobt und eruirt, dass
ein Mensch so weit immunisirt werden kann , dass 0,25 com seines
Blntaerrnns ein Meerschweinchen vor der tödtliohen Choleravergiftung
schützen können. Es ist danach als hdchst wahrscheinlich anzu-
nehmen, dass diese Person selbst durch die Impfung choleraimmun
wird. Die Immunisirungsversuche ad 2 stellte der Verf. an sich
selbst an und erzielte damit ebenfalls ein positives Resultat. Was die
Methode ad 3 betrifTt, so berichtet Kiemperer^ dass die Milch einer
massig hoch immunisirten Ziege, in einem Quantum von 5 ccm einem
Mann subcutan beigebracht, genügt, um demselben eine solche Gift-
festigkeit zu verleihen , dass nunmehr 5 ccm seines Blutserums ein
Meerschweinchen gegen Choleravergiftung festigen. Bezüglich der
eventuellen practischen Brauchbarkeit dieser Methoden wird man sich
vorläufig noch sehr reseivirl halten müssen. Speciell die letzte Me-
thode dürfte, wie Kiemperer hervorhebe einen Erfolg versprechen;
nur müsste die Immun itätsgrösse der Ziegenmilch noch erheblich ver-
gröesert werden. Den Heilwerth des Blutserums von Personen, die
B42
FreyUan.
soeben Cholara überstanden haben^ bat Lazarus (Berliner kliQ.
Wocbenschr, Nr. 43) experimentell festzustellen gesucht. Er fand,
dass durch ein derartiges Serom eine ausserordentliche Schutzkraft
gegen die Choleraintoxication verliehen wirdj als kleinste schützende
Dosis ergibt sich ein Decimilligramm des Serums. Indessen müssen
die Thiere mit dem Serum vorbehandelt werden; die nachträg-
liche Einverleibung bleibt trotz maximaler Steigerung der prophylac-
tischen Dosen völlig erfolglos.
Bezüglich der Prophylaxe der Krankheit gibt Ziem (Deutsche
med. "Wochen sehr, Nr. 38) detaillirte diätetische Vorschriften, Er
verwirft alle gährenden Getränke, insbondere alle AJcoholica; von
Speisen saure Fleischgerichte und Fische; von Gemüsen gestattet er
Kartoffeln und Eeis, desgleichen erlaubt er Tomaten und Sauerkraut
Hirschfeld (BerL klin. Wochenschr. Nr, 39) plaidirt dafür, dass
man bei der Behandlung der Cholera alles vermeiden solle, was eine
stärkere Reizung der Nierenepithelien herbeiführen könne. Er fohlt
sich zu diesem Hathe bewogen, weil er bei Cbolerakranken eine sehr
geringe Stickstoffausscheid ung fand, die er auf ein Unvermögen der
Nieren, allen im Körper befindlichen Harnstoff zu entfemt-n, zurück-
führt.
Von grosser prophylacti scher Wichiigkeit ist die Behandlung
der Choleradejectionen. Im Moahiter Krankenhaus (BerL klin.
Wochenschr. Nr. 38) wurden sie nach dem Petersburger Vorgang dui ch
Kochen unschädlich gemacht. In ö— 10 Minuten ist die Procedur
beendet; die kochenden Fäcalmassen werden durch Zusatz von über-
mangansaurem Kali geruchlos gemacht. Bacteriologische Unter-
suchungen ergaben die absolute Sterilität der abgekochten Massen.
In der im preussischen Caltusminiaterium ausgearbeiteten Anweisung
zur Ausführung der Desinfection bei Cholera (Reichsanzeiger Nr, 126)
wird an erster Stelle als Desinfection smittel die Kalkmilch em-
pfohlen. Die Richtigkeit dieser Vorschrift wird von Pfuhl (Deutsche
med. Wochenschr, Nr. 39), der sie experimentell geprüft hat, bestätigt.
Für den Darmtyphus sind in ätiologischer Beziehung mehr-
lache Beitrüge beigebracht worden, die wiederum zeigen, dass für die
Entstehung der Krankheit sowohl miasmatische als contagiöse Ein-
flüsse von Bedeutung sind. Besonders ist es das Wanser^ das in
Beiner gefährlichen Eigenschaft als Zwischenträger der Infection unser
Interesse in Anspruch nimmt, Seydel (Vierteljahrsschr. f. genchtl.
Med.) leitet eine Königaberger Epidemie von der ungenügenden
Reinigung des Wasserleitungshlterbasains her. Mit Fraenkel nimmt
[nfectionakrankheiten.
343
h
er an, dass Typbuskeime durch schlecht gereinigte Filter dringeni
ja das8 diese sogar directe Brutstätten yon Keimen werden können.
Nach gründlicher Reinigung des Bassios erlosch die Epidemie. Auf
verdorbenes Trinkwasser führt auch Mar^aud (Arch. de Med. et de
Pharm* Nr. 1] eine in der Lyoner Garnison ausgebrochene Epidemie
aarück; er konnte nachweisen, dasH in dem Wasser die Eberth-
Bchen Bacillen in grossen Mengen enthalten waren. Weiter erkennen
Coustan und Dubrulle (MontpdL m^d^^ Juli) die grosse Wichtig-
keit des Trinkwassers als Infectionsquelle an, glauben indessen, dass
noch andere Schädlichkeiten, wie Diätfehler, Ueberanstrengung u, s. w.
die bis dahin latenten Keime zur Entwickelung bringen kdnnen«
Einen entschiedenen Gegner bat die Trinkwassertheorie in Arnould
(Gas. m&ä* de Paris Nr. 4) gefunden \ er macht für eine von ihm
beobachtete Epidemie nicht das Wasser als Träger des Krankheits-
keimes verantwortlich, sondern schreibt die Hauptansteckung auf
den persdnlichen Verkehr. Kranke sowohl wie Gesunde, die aus
dem ersten Krankheitsherde stammten, steckten andere durch un-
mittelbare Berührung an; auch Kleidungsstücke und Nahrungsmittel
mögen eine Quelle für die Infeation abgegeben haben. Als Gelegen-
heitsursachen kamen noch atmosphärische Verhälinisse und fehler-
hafte städtische GesundheitspEege dazu. Einen Beweis für die Un-
schädlichkeit des Wassers sieht er darin, dass die Vorheugungs-
masaregeln I die in dem Gedanken wurzelten, dass das Wasser
schädliche Keime enthalte, erfolglos blieben, während das Verlassen
des Seuchenherdes seitens der Truppen, sowie peinlichste Desinfection
ein sofortiges Erlöschen der Epidemie zur Folge hatten. Einen
weiteren Beitrag für die Contagiosität des Typhus liefert Jäger
(Zeitscbr. f. Hyg. Bd. 10), der Gelegenheit hatte, eine Epidemie in
einer kleinen Garnison zu beobachten. Er konnte den Gang der
Ansteckung von Fall zu Fall verfolgen. Einmal erkrankte ein Soldat,
der die W^äsche eines Typhuskranken hatte transportiren müssen j
dann wurde ein bei der Pflege betheil igter Lazarethgehülfe von der
Krankheit ergriffen; im dritten Falle steckte ein Soldat, bei dem
sich die Krankheit eben entwickelt hatte, einen Stubenkameraden
ao. Magnany (Gaz. des hup. Nr. 19) beobachtete eine in ätiulogi-
scher Beziehung nicht uninteressante Epidemie in Gondrecourt, In
einem dortigen Hause entleerte man ohne alle Cautelen die Senk-
gruben in einen in kurzer Entfernung vorbeifliessenden Bach. Bald
nachher setzte eine T^^phusepidemie ein, die in ihrer Verbreitung genau
dem Wege folgte, aui' dem der Inhalt der Senkgruben nach dem
Wasser tranaportirt worden war.
344
Ff^kM.
Der Ansbftii des klioiBchen Geliindefi nnsa^er Knmkheit hat
mir in sehr ▼eretDselien Aasläafeni eise Fordenuig erhalten. Bine
grC— ere statistische Arbeit liegt Ton Ivänoff (Inaug.-Diss., Zürich
1692) Tor; sie entstammt der Eichhorst'gchen Klinik nnd nxnfasBt
ein Material von M3 Kranken ; sie ist aosgexeichnet dnrch eine selten
geringe Mortalität| nor 6,1 <*q* Es ist dies eine so niedrige Zifier,
daBS sie wohl geeignet ist, den gerechten Neid anderer Kliniken £q
erreipeD. Die Therapie bestand ausser der aufmerksamsten P£ege
in Biderbefaandlang und Darreichnng von Antipyreticis ; doch galt
eine Temperatur von 39 o und darüber noch als keine Indication xnr
medicamentösen Temperatorherabsetzong, denn „eE&hnmgfgemäas
verlief die Krankheit, sich selbst überlasgen, günstiger nnd schneller,
als weon ihr Verlauf durch verschiedene therapeutische Massregeln
verändert wurde*.
Dass der Ablauf des typhösen Processes nicht nothwendig an die
Gegenwart von Fieber gebunden ist, hebt Gerhardt (CharitÄ*Annalen
Bd. 12) an der Hand einer Eeibe von fieberlos verlaufenen Fällen
hervor; die gleiche Beobachtung hat auch Potain (Union med^ Sept.)
gemacht. Gerhardt betont, daes die Diagnose in allen seinen Fillen
unzweifelhaft war. Er räth an, zar Vermeidung schwerer Eückillle die
Diät genau so streng zu reguliren^ wie bei voll ausgebildetem l^phus.
Schlier (Münch. med. Wochen sehr* Nr. 10) hat im Anschluss
an Typhus eine phlegmonöse CholecystitiB beobachtet; es
kam zum Durchbrach des Eiters in die Gallenblase, schliesslich in
die BaucbLöhle. Im Inhalt des perforirten Abscesees wurden neben
Streptokokken auch Typhußbacillen nachgewiesen. Per ach ia (Gaz.
degli Ospitali, Nov.) fand bei der Section eines Typhuskranken ^ der
an Darmperforation zu Grunde gegangen war, im Darm mehrere
Ascariden vor. Er ist davon überzeugt, dass die AnweseDheit dieser
Würmer in ursächliche Beziehung zu der Perforation zu bringen ist,
und gibt deshalb den sicher mit Vorsicht aufzunehmenden Eath,
jeden Typbuskranken gleich anfangs mit einem Vermifugum zu be-
handeln.
Die Aehnlichkeit, die das klinische Bild des Typhus oft mit
dem der Miliartuberculose und der Septikämie besitzt, sowie die
völlige Unmöglichkeit j ihn in gewissen Fällen gegen diese Krank-
heiten übzugronzeo, wird durch mehrfache Beispiele illustrirt. So
hatte Sottas (Mäd. mod. Nr. 9) GelegeDheit, einen nach Verlauf und
Temperaturgang unzweifelhaften Typhus zu beobachten, der im Be-
ginn durch das Vorwiegen pleu ritischer und bronchi tisch er Erschei-
nungen eine acute Miliartuberculose vorgetäuscht hatte.
Infectioimkraiikhei ten.
345
I Schwierigkeit der Differentialdiagnose gegen Septikämie
bandelt eine Arbeit von Leu (Charit d-Ännalen), Bei einer Patientin
wmren alle charakteristiecben Zeichen des Typhus so deutlich vor-
handen^ dass an der Kichtigkeit der Diagnose gar keiu Zweifel auf-
kommen konnte; bei der Section indessen fand sich eine von den
Genitalien ausgebende Sepsis.
Die Diazoreaction hat Edwards (Med* News Nr, 14) beaüg-
lieh ihrer pathognomonischen Bedentung für den Typhus
an einem grossen Material ^iner genauen Nachprüfung unterzogen.
Er kommt zu dem Ergebniss, dass die Reaction nicht immer positiv
aoafMlt, sondern iu ungefähr 2 % der Fälle versagt. Sie kann daher
im besten Falle als ein mutbmasslicbes , aber nicht als ein sicheres
Zeichen des lleotypbus angesprochen werden.
Die Erscheinungen seitens des Herzens bei Typhus hat
Galliard (Arckg^n. de M6d., Mai und Juni) ztisammengeatellt. Je nach
der Stelle der Ansiedl ung der pathogenen Bacterien resultiren ganz ver-
schiedene Symptome j nicht allein die Herzmuskeln und die serösen
Häute werde D befallen, sondern auch die Herzgangiien und Nerven.
Für die Therapie gerade der letzteren Kategorie erweist sich die
Digitalis von hohem Nutzen^ daneben auch lauwarme Bäder; plöts-
liehe Todesfälle gehören uicht zu den Seltenheiten,
Eine interessante Bereicherung hat das Kapitel der ungemein sei-
^ tenen post typhösen Lähmungen erfahreu. Bury (Med. Ohronicle,
Juni) hat umfassende diesbezügliche Studien angestellt und zieht aus
seinen Beobachtungen folgende Schlüsse: 1) Die Lähmung ist meist
keine complete, sondern meist auf eine Muskelgruppe beschränkt.
2) In den betroffenen Gebieten sind die Muskeln atrophisch, theil-
weise auch contracturirt; bei elektrischen Prüfungen finden sich
qualitative und quantitative AeDderungen der elektrischen Erregbar*
keit. 3) Stets gehen sensible Störungen den motorischen voraus oder
begleiten sie* — Ferner hat Schmidt (Inaug,-Diss. Erlangen) zwei
posttyphöse Lähmungen beobachtet. Im ersten Falle traten im un-
mittelbaren Anschluss an die Krankheit Läbmungserscheinungen im
Gebiete des N* peroneus und Tibialis anticus auf, im zweiten Falle
handelte es sich um eine Lähmung des Serratus anticus major, an
die sich später eine Parese des Deltoides mit rasch fortschreitender
Atrophie anschloss. Die Lähmungen führt der Verf. auf Toxine
snrnck^ die direct auf das Nervensystem einwirken sollen*
Eorczynski und Gluzinski (Nowiny lek, Nr. 1 u, 2) berichten
&ber eine Misch infection bei lleotypbus, die sich mit voller
Sicherheit auf bestimmte Ursachen zurückführen Hess, Während der
34ü
Freyhan,
Verlauf der in ihren klmiBchen Hauptsälen liegenden TyphtißfäUe ein
vollkommei} normaler war, gestaltete er sich bei neun in ehemaligen
ohirurgischen Zimmern untergebrachten Patienten sehr ungünstig,
trotzdem die Räiamlichkeiten vorher einer gründlichen Reinigung
unterworfen worden waren. Fünf gingen an pyämischen Processen zu
Grunde, zwei an anderen Gomplicationen* Es unterliegt für die Verff.
keinem Zweifel^ dass hier eine Mischinfection im Spiele ist; ele ent-
nehmen das hauptsächlich ans der Thatsache^ dass nach energischer
Deainfection und th eil weiser Renovation der betreffenden Kranken-
säle alle später behandelteo Fälle einen guten Ausgang nahmen.
V. K i e B e V i t z k y beschreibt als Complication des Tjphus
(St, Petersb. med. Wochenschr, Nr. 15) eine linksseitige Venea-
thromhoöe der ganzen linken unteren Extremität, Gerl6czy
(Deutsche med. Wochenschr. Nr, 15) eine Combination mit echter
Diphtherie, Girode (Ärch. g6n. de m^d., Juni) eine posttyphöse
rechtseeitige eiterige Epididymitis, bei der er TyphusbacOlen
nachweisen konnte.
DerBefuod von Typhusbacillen bei post typhösen Eiterungen
ist überhaupt in diesem Jahre sehr oft erhoben worden, so dass die
Untersuchungen der früheren Autoren dadurch eine sehr werth volle
Beßtätigung erfahren haben, Dupraz (Arch. de m^d. expör. Nr. 3)
machte zweimal einen solchen Befund, einmal bei einer Vereiterung
der Thyreoidea, die einen Monat nach Ablauf des Typhus klinische
Erscheinungen machte, im anderen Falle bei einer eiterigen Periostitis
der Tihia, welche sich direct an die Reconvalescenz anschloäs. Des-
gleichen konnte Kelöch (La Sem. m6d. Nr. 10) bei einem Empyem,
das sieb im Angchluss an einen Typhus einstellte, den Bacillus typhi
als Infectioneerreger nachweisen; weiter fanden P6an und Cornil
(Bull, de TAcad. Nr. 15) noch 8 Monate nach überstantlenem Ty|>hii8
im Eiter eines Tibial- und Ellbogenabscesses lebensfähige Typhus*
bacillen. Endlich berichten Rosin und Hirschol (Deutsche med.
Woobenschr. Nr. 22) über den Befund von Typhusbacillen bei einer
Infiltration des Unterschenkels, die bei einem ßonat leicht verlaufenden
Falle im Stadium der Entfieberung aufgetreten war. Der Fall ist
darum besondere wichtig, weil hier die Anwesenheit der Ebertb-
Bcben Bacillen nicht, wie sonst in allen bis jetzt beobachteten
Fällen, zur Eiterung gefuhrt hatte, sondern nur zu einem eigeo-
thümlichen Oedem und InEltration. Im Qegenaatz zu diesen Autoren
hat Fasching (Wiener klin. Wochenschr, Nr. 8) den Hacilhis typhi
bei posttj^hösen Eiterungen nicht finden können. In zwei Fällen —
einem periostalen Abecess an der Tibia und einer Eiterung an der
I
l
I
I
Infeciionskranklieiten*
347
Zongenmusculatur — waren ausschliesslich Staphylokokken vertreten.
Dieser Befund kann indessen nicht Wunder nehmen, da es nach den
grundlegenden UotersuchuDgen von ßrieger längst sicher ßteht,
dass die den Typhus complicirendeu Eiterungen auch häufig einer
Miscbinfection ihren ürspraog verdanken können,
in der Therapie sind, wie das kaum anders zu erwarten steht,
keine neuen Oesichtsponkte zu Tage getreten. Die Anhäoger der
inneren Antisepsis echeioen mehr uDd mehr von der Bildfläche zu
verschwinden, wenn auch hie und da noch verein2€lte EmpfehluDgen
ftlr sie abgegeben werden. So rühmt BurneyYeo (Lancet, April)
dem Chlor nach, dass es eine ausserordentlich günstige Wirkung
auf alle localen und allgemeinen Symptome ansiiben soll j das Fieber
sinkt ^ die Zange reinigt sich, die Kräfte heben sich, der ganze
Krankheitsverlanf wird angeblich abgekürzt.
Lipmann (Inaug.-Diss. Würzburg) kommt auf die von Ehrlich
empfohlene Thallinisation zurück^ die sich, trotzdem ihr eine ge-
wisse Wirksamkeit nicht abzusprechen ist, nicht recht hat einbürgern
können. Lipmann hält die continuirliche Thallinisirung des Orga-
nismus fiir besser als die allgemein angewandte hydropathische The-
rapie. Jedenfalls schiesst der Verf. mit dieser Behauptung weit
über das Ziel hinaus und durfte nur wenig Parteigänger finden.
Als ein neues therapeutisches Agens emijfiehlt Werner
(8t Fetersb. med, Wochenachn Nr. 3) das Chloroform, das er
intern wegen seiner starken baotericiden Wirkung bei 130 Typhus-
kranken zrxT Anwendung brachte. Er hat davon keine üblen Neben-
wirkungen gesehen; nur trat 4mal ein leichter Icterus auf. Er gibt
tm Acmestadium 1 — 2 Esslöflel einer lo^^igen Lösnng 1 — 2stündIiGh,
später weniger. Allen so bebandelten Fällen war ein milder Ver-
Uuf gemeinsam; die Diarrhoen schwanden, die Himerscheinungen
wurden günstig beeinflusst. Auch das Ausbleiben der Recidive
.schiebt er auf Rechnung des Mittels.
Wahrend die Discussion über die ßäderbehandlu ug des
^Typhus in Deutschland im Allgemeinen als abgeschlossen betrachtet
werden darf, wird von amerikanischer Seite neuerdings (Med. News,
' 8ept^) die rigoroae Brand'sche Vortjcbrift als die allein richtige ange-
pridsen. Es darf indesäeu billig bezweifelt werden, ob nicht durch
ku warme Bäder mit allmählicher Abkühlung, eventuell auch mit kalten
Anspritzungen, derselbe günstige Einüuss auf das Nervensystem aus-
\ gefkbt wird wie durch ganz kalte Bäder. Ebenso wird die behauptete
[Herabsetzung der Complicationen durch diese Art der Behandlung
^StArkeo Zweifeln begegnen. Neben den Bädern wird die Dar-
348
Freyhao*
reichung von Saiol und salicylsaurem Wiamath empfoblen j Terpentin
ist indicirt bei trockener brauner Zunge öowie protrahirter Recon-
valescenz mit andauernden Diarrboen.
Rabinovitch (New York med, Journ., März) bekennt sieb au
dem bei uds zu Lande schon allgemein angenommeneo Standpuuktf
deD TyphuH nicht durch innerliche Darreichung von Äntipyreticis
zu bekämpfen^ aondarn ausachlieaslich mit Bädern zu bebandeln.
Freilich will uns die Hoffnung des YerfVsj bei coDsequenter Durcb-
fiibrung der KaltwasserbehaüdluDg die Mortalität auf ein Minimum
berab zudrücken^ etwas allzu enthusiaB tisch erscheinen.
Fürb ringe r (FortBchr, d, KrankeDpfl., Oct) nimmt zur Frage der
diätetischen Behandlung das Wort und entwickelt die leitenden
Grandzüge, die für den Practiker zu gelten haben. Er stimmt ohne
Vorbehalt der Ansicht zu, dass man sich während des fieberhaften
Stadiums auf flüssige Diät beschränken ond von der Verabfolgnng
des Fleischei Abstand nehmen müsse. Dazu bestimmt ihn nicht die
Furcht vor einer drohenden Darm Perforation, sondern die Erfahrung,
dass sich die Kranken durch Diätfehler den Magen verderben, und
dass die Fiebercurve nugünstig beeinflusst wird. Die Eussige Diät
kann bei richtigem Arraugemeni viel leisten; insbesondere beton!
Fürbring er den hohen Nährwerth der eiweiesreichen Leguminose-
suppen und empfiehlt das unter dem Namen der Liebe'schen Legu-
minose gehende Kraftsuppe nmehl in Verbindung mit Fleischbrühe
und Eigelb als ein ungemein geeignetes Nahrungsmittel Ein viel
umstrittenes Gebiet der diätetischen Behandlung bilden die Fälle,
bei denen trotz Rückganges der DarmerBcheiuQngen das Fieber nicht
nachhaltig absinkt. Hier plaidirt Fürbringer für das vorsichtige
Einschieben von Fleisch In den verschiedensten zarten Zubereitungen,
ebenso von Weißsbrod, Cakee u. dergl. m. Nur dajin ist von diesem
Regime Abstand za nehmen, wenn sich unliebsame Störungen be-
merkbar machen, die in dem Ansteigen der Temperaturcurve ihren
bedrohlichen Ausdruck finden«
Die operative Behandlung der compücirenden Darm-
perforation, die in Deutachland fast allgemein aufgegeben ist, hat
in dem Amerikaner Hook (Med* News, Nov.) einen Lobredner ge-
fnnden» Er hat unter drei F&Een eine Heiluog zu verzeichoen gehabt.
Trotzdem aber wird man sich für die Operation nicht erwärmen
können, da unter allen bis jetzt operirten Fällen nur ein einziger zum
glücklichen Ausgang gekommen ist
Eioe Besprechung der neuerlichen bacteriologischen Arbeiten
über Typhus kann an dieser Stelle nicht unsere Sache sein. Nur
I
I
I
I
I
I
In fection 8k ra nk hei teit ,
349
aoiiel möchten wir^ oline xna Detail zu gebea , hervorheben, dass
durch die jüogsten üntersachungen, welche speciell daa gegenseitige
Verhältniss des Bacillas typhi und Bacillus coli com-
munis zum Gegenstand haben, die Specifität der Eberth^achen
Bacillen in Frage gestellt worden ist. Alles in Allem kann es nach
den vorliegenden Thatsachen noch nicht als entschieden betrachtet
werden, ob die beiden Baciüenarten identisch sind oder zwei ge-
trennte Species darstellen, wenn auch zugestanden werden muBS^ dass
die früher als typisch angeseheneB Unterscheidungsmerkmale sich
immer mehr verringert haben.
Flecktyphus. Nachdem die Angaben früberer Autoren über
die organisirte Natur des Flecktyphusgiftes eine allgemein
gtkltige Beweiskraft nicht erlangen konnten, macht jetzt Lewaacbew
(Deutsche med. Wocbenschr. Nr. 13) den Anspruch, die specißschen
Erreger dieser Krankheit in rundlichen , kokkenartigen , tbeilweise
mit einem langen Fädchen versehenen Gebilden entdeckt zu haben.
Derartige kleinste Lebewesen, die uiiter dem Mikroskop eine sebr
lebhafte Eigenbewegung zeigen ^ fanden sich mit solcher Kegelmässig-
keit im Blute der Kranken, dass sie der Verf. in keinem einzigen
^darauf hin genau untersuchten Falle seines Materials vermisste.
Auch erfolgreiche Impfversiiche aollen seinen Befunden zur Seite
stehen. Unabhängig von Lewaschew kamen zwei französische
Forscher, Thoinot und Calmette (^Annal de Tinst Pasteur Nr. 1)
2a ganz ähnlichen Resultaten, Sie fanden bei der mikroskopischen
üuteraudiung des Blutes eines Flecktypbuskrank'en 10 — 30 fi lange,
StMrk Uchtbrechende Filamente, die sich schnell zwischen den Blut-
i^rperchen hin und her bewegten und oft in rundlichen Anschwel-
rlnngeQ endeten: dieselben Anschwellungen fanden sich auch im Ver-
lauf der Filamente. Ausserdem fanden sie bei vier anderen Fällen
kleine, lebhaft bewegliche, lichtbrecbende Körnchen mit einem kurzen
Fortsatz, an dessen Ende sich zuweilen eine kleine Verdickung zeigte.
Die Verff. neigen dahin, in diesen Gebilden die specifischen Erreger
Lder Krankheit zu sehen«
Die klinische Seite der Krankheit hat keine Neubearbeitung er-
fahren; höchstens ist hervorzuheben, dass L üb l in er (Berliner klin,
Wochenschr Nr. 40) bei einem Patienten, der an Ehiuosklerom litt
and bei dem die InÜltrate so stark entwickelt waren, dass sie die
laeenhöhla fast impermeabel machten , nach einem intercurrenten
^exAnthematischen Typhus eine völlige Involution der di:GFusen Inhl-
tn^te eintreten sah.
350
Freyhan.
Variola. Combemale (Arch. gön. de M6d., Juni) gibt eine
Ueberaicht über die im Anscliluss an Pocken entstehenden
Sprachstörungen, Er seibat bat ein SOjähriges junges Mädchen be-
obachtet, welches am 12. Tage nach Beginn der Variolaeraption deut-
liche Sprachstörungen zeigte; dieselben bestanden in nasalem Sprechen
und einer Ataxie der Zungen- und Lippenbewegungen; gleichzeitig
machte sich eine leichte Gedächtniasachwäche bemerkbar. In ßezug
aof die Häufigkeit dieser Erkrankuugsform erwähnt er, dass die
verbale Störung eine nur seltene, dagegen die -Paralyse der Articn-
lationsorgane eine häufige Folgeerscheinung der Variola darstelle.
Die verbale Ataxie fasst er als Ausdruck einer organische n oder
functionellen Veränderung der nervösen Oentren auf ^ die Paralyse
dagegen als bedingt durch die Einwirkung von Stoffwechselproducten
der die Variola erzeugenden Mikroorganismen.
I
I
Malaria. Wie in den vergangenen Jahren, so bat sich auch dies-
mal das Haup tinter e*ise auf die Parasiten der Malaria concentrirt;
die Entdeckungen Marchiafava^s, Celli's und Laveran's erfreuen
sich nach nod nach einer ungetheilteo Anerkennung; aus allen
Ländern laufen Bestätigungen ihrer Befunde ein. Die Praxis hat
aus diesen Forschungen einen doppelten Gewinn gezogen; einmal
hat die Diagnostik an Präcision ungemein gewonnen, und dann sind
wir durch die Blut Untersuchung in den Stand gesetzt, die therapeu-
tischen Effecte ff etz US teilen und zu controlliren. In diesem Sinne
fiuösern sich Rüge (Deutsche militärärztl, Zeitschr.) und Toulemin
(Med. News Nr. 12).
'Ungemein lehrreich sind die Studien Golgi's (Deutsche med,
Wocbenschr. Nr. 29 — 32), der sich bemüht hat, für die Vorschriften,
welche traditionell als zweckmässig für die Behandlung der Malaria
angesehen werden und die bis jetzt nur auf einer empirischen Grund-
lage ruhen, eine wissenschaftliche Erklärung zu liefern. Er weist
in überzeugender Weise nach, dass die Hämatozoen je nach ihrem
Entwickelnngsstadium in verschiedener Weise auf Chinin reagiren.
Am sichersten werden von den Plasmodien der Quartana die jüngsten
Eormen vernichtet, die unmittelbar aus dem Segmentationsprocesa
hervorgegangen sind. Wofern aber der Segmentationsprocess noch
im Gange ist, kann das Chinin die Entwickelung der Parasiten nicht
mehr hintanhalten, und am sdiwichflteii tritt die Wirkung des Heil-
mittels auf das endoglobaläre Stadium der Parasiten zu Tage, Aehn-
liohe Verhältnisse walten auch bei den Parasiten der Tertiana; hier
ist daa Chinin ebenso wenig im Stande, auf die Entwickelung hem-
I
Infectionskrankheiten.
351
mdDd einsttwirken ) wetrn die Hämatozoen nahe der Keife sind; im
eudoglobalären Stadiam werden sie aber leichter angegriffen als die
Parasiten der Quarfana* Aus der Geaammtheit seiner BeobachtuEgen
abstrahirt Golgi den Scbluss, dass die classiscbe Vorscbrift, das
Chinin 3, 4 und 5 Stunden vor dem Anfall zu verabfolgen, ihre volle
wiösenschaftlicbe Berechtigung besitze.
Die Studien, die Bein (Charit^-Ann, Jahrg* 16) über Malaria-
plasmodieD angestellt hat, sind besonders durch eigenartige experi-
mentelle Ergebnisse ausgezeiclmet. Er hat mit dem Blute von
Malariakranken Impi versuche angestellt, die an Thieren negativ aus-
gelen, aber beim Menschen — er benutzte dazu chronisch kranke,
unheilbare Patienten — von Erfolg begleitet waren. Im Blute der
mit Erlbig Geimpften erschienen die Parasiten wieder; auch der
rösste Skeptiker wird in diesen Erfolgen den Beweis erblicken müssen,
^dass die Plasmodien in der That die Erreger der Malaria sind.
Bein'a Experimente haben auch gleichzeitig die Identität des quoti-
diatien und tertianen Fiebers erwiesen; dann der Fiebertypus der
.Impfquelle erschien nicht immer wieder bei dem Impfling^ sondern
|ioderte sich in drei Fällen vom tertianen zum quotidianen; ja bei
linem Patienten traten beide Typen nach einander auf, Die Polemik,
iia Bein anläaslich dieses Factuma gegen die italienischen Forscher
richtet, müssen wir als eine verfehlte bezeichnen j denn niemals ist von
idieser Seite die Identität des quotidianen und tertianen Fiebers, nur
Dil Fug und Recht die des tertianen und quartanen bestritten worden.
Mannaberg (Verh. des XL Congr» für innere Med.) hat unter
31 Fällen von perniciöser Malaria 28mal die halbmondförmigen
Körper Laveran's nachweisen können, während er diese Formen
bei unoomplicirter Erkrankung stets vermit^ste. Für ihre Eotatehung
stellt er die Theorie auf, dass sie aus der Gopulation einiger
nöboiden Körper hervorgehen , demnach also die Syzygien der
Malariaparasiten darstellen. Er stützt diese Ansicht einmal auf den
Befund solcher Copulationskörper, sodann auf die zweiteilige Anord-
naDg des Pigments and auf die quere Segmentation.
In einer sehr gediegenen Arbeit geben Marchiafava und
Bignami (Deutsche med. Wochenschn Nr. 51 u. ö2j ein anschauliches
Bild unserer jetzigen Kenntnisse über das Wesen der Malaria-
kfecttOQ und über die Varietäten der Plasmodien, Die gefun-
enen Tbatäacben lassen sich folgendermassen zusammenfassen. 1) Die
ana ist eine Infectionskrankheit , welche durch ein Hämatozoon
agt wird, 2) Das Malariahämatozoon wird von Amöben darge-
Ity welche sich innerhalb der lotheu Biutkörparchtin entwickeln
Freyhan.
und das Hämoglobin in Melanio umwandeln. 3) Die Amöben voll-
enden innerbalb der Blutkörper einen Lebenscyklas, der mit sehr
beweglicben pigmentloaen Formen beginnt, sich durch Pigmentation
fortsetzt nnd mit Spal tun gs Vorgängen endet, 4) Dieser Cyklus findet
einen äusseren Ausdruck durch die periodiBche Wiederkehr von
Fieberanfallen ; die Sporulatioo fällt mit dem Anfang des Aofalls
zusammen» 5) Während ihres Lebens entwickeln die Parasiten
toxische Substanzee^ deren üsistenz allerdings noch zu erweisen
steht. 6) Die morphotogischen und biologischen Eigenthümlicbkeit^n
sind bei den verschiedenen Fiebertypen verschieden. Die Verff.
unterscheiden vier Arten von Amöben: a, der Tertiana, b. der Quar-
tana, c, der Sommerherbsttertiana und d. der Sommerherbstquartana,
Die perniciösen Fieber werden nur durch die beiden letzteren Specie«
hervorgebracht.
Baccelli (Deutsche med» Wochenschr, Nr. 32) beschreibt einen
Malariafall, der mit Hämoglobinurie einherging und mit
subnormalen Temperaturen einsetzte, sich weiterhin zu mittleren
Graden der Malariapyrexie erhob und zu den schwersten Erscheinungen
steigerte, endovenöse Injection von Ohioinselzen und methodische
Sauere t offin balationen übten einen günstigen Einfltiss aus. Die schweren
Erscheinungen bezieht Baccelli auf eine von den Parasiten erzeugte
toxische Substanz, unter deren Einfluss ein gradatim fortschreitender
Zerfall der rothen Blutkörperchen zu Stande kam.
Kohlstock (Beri klin. Wochenachr, Nr. 18 u, 19) theilt einen
klinisch sehr interessanten Fall von tropischer, biliöser Malaria-
erkrankting mit Hämoglobinurie mit. Die Diagnose war ausser-
ordentlich erschwert durch das Fehlen der Blutparasiten und durch
das gänzliche Versagen des ühioins. Trotzdem musste eine Malaria
angenommen werden ^ da steh alle anderen io Betracht kommenden
A&ctionen ausschiiessen liessen^ und weil andererseits das Yer*
schwinden der Plasmodien aus dem Blut und ihr alleiniges Vorkommen
in der Milz — deren Pünction verabsäumt wurde — bei den per-
niciösen Formen kein Novum ist,
Hadji-Costa (fiev. de M^d., Nov. 1891) hat die Bemerkung
gemacht, dase in Gegenden, wo die Malaria endemisch war, nach
Beendigung einer Epidemie sich häufig Pneumonien ein-
stellten. Dieselben warten durch gewisse Eigenheiten ausgezeichnet;
die classischen Symptome waren nicht recht ausgeprägt, während
nervöse Erscheinungen mehr in den Vordergrund traten. Die Be-
handlong bestand in Darreichung von Chinin und Ejccitantien und
übte einen guten Einfluss aus.
I
I
Id fec tiona krau k hei te b *
353
In der Therapie der Krackheit behauptet das C hin in nach
wie vor seine dominirende Stellang; wirkungsIoB hat es sich nur
bei den pemiciösen Formen erwiesen^ bei cieneo eine tonisirende
BebandlQDg und Arsen bessere Erfolge erzielen. Nach diesen Prin-
oipien hat unter Anderen Grawitz (BerL klin. Wochenschr, Nn 7)
sein therapeutiaches Handeln eingericbtet. Von anderen therapeuti-
»jchen Agentieu hat Mya (Speriment. Nr, 24) das von Ehrlich und
Gattmann (cf. dies. Jahrb. 1892) ßmpfohlene Methylenblau einer
Nacbprüfang unterzogen und spricht diesem Präparat in vielen Fällen
einen entschieden günstigen EinHuss zu, während er in einer Reibe
anderer Fälle nur einen vorübergehenden Nutzen oder sogar einen
Mtsserfolg constatiren musste. Da dem Mittel noch ausserdem manch-
mal unangenehme Nebenwirkungen von Seiten des Magens nach*
gesagt werden, so wird man seine Anwendung hesonders im Hin-
blick auf das ihm weit überlegene Chinin nicht sonderlich empfehlen
können. Ferner ist von Boas eil (Philadelpb. Report., Juli) das
Extract eines in Mexico heimischen Sträuchen, PambotanOj thera-
peutisch gegen Malaria angewendet worden. Die günstigen Erfolge^
die Rousell mit dieser Drogue eraielt hat, bedürfen aber ebenso
einer genauen Nacbprofyng, wie das von Gemayel (Bull, g6n. de
Th^r. 1891, Dec.) empfohlene Cinchonidinum sulfuricum, das in
Dosen von l'J^ g mehrere Tage hinter einander gegeben, gerade bei
larvirten und pemiciösen Formen vorzüglich angeschlagen haben solL
Endlich empfiehlt Büro (Pester med,*chir. Presse Nr. 80) das sal-
petersanre Natrium in Dosen von 1— ög; die Vorzüge des Mittels
aallen darin bestehen, dass es keine Nebenerptcheinungen hervorruft^
und dass die Zeit der Darreichung auf seine Wirksamkeit ohne
£inflQ88 ist.
Morbus Weilii. Die Unklarheit, welche über das Wesen und
die Classificirung dieser strittigen Infectionskrankheit bislang herrschte,
bat durch eine monographische Bearbeitung des verdienstvollsten
Forschers auf diesem Gebiete, Fiedler (Deutsches Archiv f. klin,
Med. Bd. 50), eine erfreuliche Klärung erfahren. Er hält diese Krank-
heit far eine Infections- resp. Intoxicationskrankheit und für iden-
tisch mit dem zuerst von Griesinger in Cairo beobachteten und
neuerdings wieder von Kartulis beachriebenen biliösen Typhoid,
einer Krankheit, welche mit der Febris recurrens nichts gemeinsam
hat« Sie ist eine wohl charakterisirte Krankheit, ein morbus sui
generi» und wahrscheinlich verursacht durch faulende organische
Substansen, die vom Darm aus zur Resorption gelangen, 8ie he-
ithrhucli d preet. Medicin. 1893, ^
354
FreyhÄn,
ginnt ohoe Prodrome mit schwerem Fieber und heftigen Allgemein-
und gastrischen Ersckeinangen ; das Fieber hält 8 — 14 Tage an und
fällt staffeiförmig ab. Die constantesteu Symptome sind loterus,
heftige MuskelBchmerzen, insonderheit in der Wadenmuscnlatur, und
eine mehr oder minder starke Nephritis; Leber- ued Mibechwellung
ist in der Mehrzahl der Fälle zu beobachten; deagleichee gehöreii
Herpes und Erytheme zu den gewöhnlichen Vorkommnissen. Die
Prognose ist in unserem Klima eine verhältnisamäsgig günstige, die
Reconvalescenz ist eine protrahirte.
Auch Terray (Pester med.-chin Presse Nr. 13), der die Casuistik
um einen typischen Fall bereichert, neigt sich der Ansicht zu, dass
es sich bei der W ei loschen Krankheit um einen morbtiö sui generia
handelt Ebenso wie Fiedler glaubt er, dasa ihre Ursache in der
Aufsaugung von Ptomainen vom Darm aus beruhe.
Actinomykosis, Die Mittheilungen über Actinomykose sind
nur sehr spärlich geflossen, Heuk (Münch* med. Wochenschr, Nr. 24
n, 25) theüt aus der Erb'scheii Klinik einen einschlägigen Fall mit,
dessen Diagnose lange Zeit schwankend blieb, weil sich mannigfache
Anhaltspunkte für die tuhercolöae Natur des KrankheitaprocesseB
darboten. Der primäre Sitz der Erkrankung war wahrscheinlich in
den Wirbeln gelegen, hatte von bier ans auf die Üippen übergegriffen
und die Intercostalräume durchsetzt Allmählich kam es zu Fistel-
gängen in das Lungenge webe , später zum Burchbruch in einen
grösseren Bronchus und damit zur Expectoration von pilzlichen Ele-
menten. Den Beschluas bildete eine Perforation des Pericards mit
consecutiver Pericarditis.
Einen seltenen Fall theilt Kern {CorrespondenzbL f. Schweizer
Aerzte^ Sept. 1891J mit. Bei einem 20jähngen Gärtner kam eine
langwierige Perityphlitis nicht zur Heilung, sondern brach nach
aussen durch und entleerte gelblichen Eiter, in dem Actinomyces-
körner suspendirt waren. Nach Spaltung der Fiatelgänge und Aus-
kratzung der kranken Partien trat Heilung ein.
In die Therapie ist die Elektrolyse von Oautier (Jonrn,
des mah cut. et sypL, August) neu eingeführt worden. Er bebandelte
damit eine ausgedehnte actinomyko tische Gesichtserkraokung in Nar-
kose. Drei Sitzungen k 20 Minuten mit 8tÄgigen Intervallen ge-
nügten, um vollkommene Heilung zu erzielen.
Iszlai (Pest, med.-chir. Presse Nr. 6) leugnet die ätiologische
Beziehung cariöser Zahne zix actinomykotischen Erkran-
kungen auf Grund theoretischer Erwägungen; doch will es uns
L
Infectionfik rankhei ten.
355
ficbeioen, alfl ob seine Betrachtungen den zahlreich vorliegenden
positiven Thatsachen gegenüber nicht Stich halten.
BotB. Nei8ser (Berliner klin. Wochenschr. Nr. 14) berichtet
nber einen sehr lehrreichen Fall von chronischem RotZf der bei der
Seltenheit der Erkrankung ein ganz besonderes Interesse beansprucht*
im Laufe von 2 Jahren entwickelten sich bei einem 20jährigen
Manne verschiedeotliche Ulceratiooen und Abscesse, die zu Defecten
im harten Gaumen und im Naseuseptum, sowie zu mancherlei Narben
(tkhrten, deren Deutung als luetische ^ event. auch als tuberculöse
eine grosöe Wohrischeinlichkeit für sich zu haben schien. Die bac-
teriologische Untersuchung Hess aber keinen Zweifel darüber, dass
man es mit einer Rotzerkrankung zu thun habe. — Ebenso aus-
sckUggeband war die bacteriologische Untersuchung für einen Fall
▼on Besnier (Ann. de derm. et syph.), bei dem die Krankheit
5 Jahre lang bestaüd. Die Infection war durch die Athemwege er-
folgt; infolge dessen traten auch suerat Erscheinungen von Seiten
der Lungen hervor. Später kamen ulcerative Zerstörungen im Ge-
sicht^ Nase und Qaumen hinzu^ Symptome, die anfäDglich als luetische
anfgefasst wurden, bis man ihre wahre Natur durch die bacteno-
akopisohe Untersuchung aufdecken konnte.
Hertel (Charite-Ann.) theilt einen Fall mit, hei dem Tabercu«
lose und Rotz gleichzeitig bestand. Den Gang der Iniection stellt
sich Hertel so vor, dass bei einem schon tiiberculosen Patienten
infolge geschwächter Widerstandsfähigkeit eich Rotzbacillen an-
gesiedelt haben*
Therapeutisch werden in neuerer Zeit bei frischem Rotz
iQuQCtioDscuren warm empfohlen* Sie finden einen Lobredner in
Gold (Berliner klin. Wochenschr. Nr. 40, 1891)^ der einen bacterio-
logisch sichergestellten Fall von Rotz mit Mercurialinunctionen be-
handelte und ihn nach 62 Sitzungen geheilt entlassen konnte, Hal-
lopeau and Jeanseime (Ana. de derm. et syph.) erzielten bei
einem chronischen Fall, der sich mehr als 6 Jahre in die Läoge zog,
durch energisches Ausbrennen der subcutanen und intermusculären
Abscesse mit dem Thermocauter einen »ehr günstigen Erfolg.
Milzbrand, Unter den weuigen casaistischen Mittheilungeu
durfte die von Dittrich (Wiener klin. Wochenach r, Nr. 47, 1801)
deswegen von besonderem Interesse sein, weil der hetre:fi[ende Patient
unter den Symptomen einer Wurstvergiftung starb, und erst die nach
dem Tode vorgenommene bacteriologische Untersuchung die wahre
Todesursache ergab* — Erwähnenswerth ist noch ein von Wiggin
856
Frey hau.
(New York med. Jom-D,, Nov. 1891) beschriebener Fall von inteati-
nalem Aothrax wegen der ihn aaBzeiebu enden Klarheit der Aetio-
logie. Mit grosser WahrBchein liebkeit war nämlich die Infection auf
die üble Qewohnbeit des Patieoten, der den Beruf eines Schlächters
aiiBÜbte, zarückzuftibrenj das beim Häuten der Thiere benatzte Messer
in den Mund zu nebmen.
Therapeutisch hat man versucht, durch Schutzimpfung
eine evenluelle Heilung des Milzbrandes ^u erzielen. Leider sind die
darauf gerichteten Besirebungeu bis jetzt erfolglos geblieben. So
gelang es Pet ermann (Ann. de l*inst. Paateur, Jan.) nicht ^ mit
der aus Milzbrand culturen gewonnenen Albumose Thieren einen Impf-
schutz gegen Milzbrand zu verleiben. Nur Filtrate von Culturen in
Rindereerum, in grösseren Mengen intravenös eingeführt^ verliehen
eine 1—2 Monate dauernde Immunität Ebensowenig iat es gelungen,
die Serumtherapie für den Heilzweck nutzbar zu machen. Die
Angaben von Ogata und Jasuhara^ die durch Einimpfung von
sterilem Huodeserum einen Schutz gegen Milzbrand \^erleihen zu
können vermeinten j haben einer Nachprüfung nicht Stand halten
können. Enderlen (Münch. med. Wo eben sehr. Nr. 18) wenigstens
ist zu ganz entgegengesetzten Besultaten gelangt wie die erstgenannten
Forscher und apricbt ihren Versuchen jedwede practische Bedeutung
ab. Ebenso haben Lazarus und Weyl (Berliner klin. Wocbenschr.
Nr. 45) durch sorgfältige Versuche ermittelt, dass das Blutüerura
eines Tbieres, welches eine angeborene Immunität gegen Milzbrand
besitzt, ein zweites, nicht immunes Tbier vor dieser Krankheit nicht
zu schlitzen vermag.
Lyssa. Bei der Lyssa sind die Erfolge der Serum tberapie
etwas glücklicbere gewesen. Tizzoni und Cattani haben in einer
ganzen Beibe von Arbeiten (Deutsche med. Wochenschr, Nr. 27 u» 31;
Rif med, Nr. 18, 19 u. 109; Ben die» delL Äccad. dei Lincei, Mai)
ausführlicb dargethan, dass das Blutserum von Kaniuchen, die tn
hohem Qrada gegen Rabies immun gemacht sind, die Entwickelung
der Hundswuth nicht nur zu hindern vermag, sondern auch im Stande
ist) die Krankbeit noch in eioem vorgerückten Stadium zu heilen.
In ihrer letzten Arbeit (Deutsche med, Wochenscbr. Nr. 31) führen
die VerfF. aus, dass es ihnen gelungen ist, den wirksamen Stoff aus
dem Blutserum in fester Gestalt zu erhalten, und dass dieser Stoff,
in Wasser geiöst, wohl vermag) in seiner Wirkung das Blutserum
KU ersetzen. Sie glauben dadurch ein Mittel in der Hand zu haben,
um nach und nach die wirksame Substanz in einer so genügend
Infedionskraiikheiteii .
357
groseen QuaDtität zu sammelD ^ dasB sie die eventuelle Behandlung
beim Menschen jederzeit einleiten können. Man wird vorläufig noch
gut thun, erst sorgfältige Nachprüfungen abzuwarten, ehe man die
Torgesohlagene Methode am Menschen zu erproben anfängt.
I
Tetanus. Am meiäten Erfolg scheint die Serumtherapie bie
jetzt beim Tetanus zu veraprechen. Bebring, dem bekanntlich die
Immunisirung gegen diese Infection beim Kaninchen zuerst gelang,
hat nun auf demselben Wege auch eine HeilBug erzielen können
( Zei t£chr, f. Hyg« und Inf, Bd» 12), Er konnte experimentell fest-
stellen , dass das Blutserum von Thieren , die durch Einverleibung
abgeschwächter Oulturen immunisirt waren, bei der Uehertragung
iuf andere, tetanuskranke Thiere eine giftzerstörende Wirkung aus-
übte. Nur sind Behring und Frank (Deutsche med. Wochenschr,
Nr, 18) vorläufig noch nicht im Stande, das Heilserum genau zu
dostFCD, wenn sie auch ermittelt haben, dass die heuende Kraft des
Senuna sich erst bei ungleich höheren Dosen äussert als die immuni-
sirende. Bis zur experimentellen Sicherstellung der genauen Dosis
aber wird, wie Behring und Fran k aussprechen, die Entwickelung
einer systematischen Therapie nicht zu erwarten sein. In der That
hat man denn auch mit dieser Methode beim Menschen bislang noch
keine Heilungen erzielen können; so hat R4non (Ann. de Fingt.
Fast) beispielsweise zwei Fälle damit ohne jeden Erfolg behandelt.
Beide Fälle verliefen letal; im ersten trat der Tod nach 8 Tagen,
im zweiten schon am zweiten Tage der Behandlung ein«
Bessere Rt^sultate werden dem Tiszon tischen Antitoxin nach-
gesagt, das Tizzoni in Gemeinschaft mit Cattani aus dem Seriim
der gegen Tetanus immunen Hunde dargeötellt hat. So will Gas ati
(Centralbl. f, Bact Bd. 12, H. 2) damit in einem Falle eine Heilung
erzielt haben. Es handelte sich um eine junge kräftige Frau, die
sich bei einer Fuss Verletzung einen Tetanus traumaticus zugezogen
hatte. Unter der Äutitoxinhehandlung milderten sich ^ie Krampf-
eraeheinungen und schwanden schliesslich gänzlich. Die Natur und
die Eigenschaften des Antitoxins haben Tiazoni und Cattani
(Centralbl. f. Bact Bd. 11. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 18)
noch weiter zu ergründen gesucht und unter Anderem ermittelt, das»
Tbiere, die damit immoniairt wurden, ihren Nathkommen einen
missigen Grad von Immunität gegen diese Krankheit überliefern
können.
Toxische Eigenschaften spricht dem Blutserum von Tetanus-
kranken Stern (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 12) auf OruO'
358
Frejhan.
Bein er Expericnente zu^ während sie KalliQQyer (DeutBche med,
Wochensclir. Nr. 4) beetreitet. Bruschattioi (Deutscli© med.
Wochenachr. Nr. 16) oimmt dieaelben auch für den Harn an und
will aus der Toxicität des Haros prognostisebe und diagnostische
Merkmale für die Krankheit ableiten.
Zum Schiuss möcliten wir noch hervorheben^ dass die Angaben
von Vaillard, Vincent und Eouget (AnD, de I*inst. Paat.), nach
denen der specifiöcbe Erreger des Tetanus, falla er von den ihm an-
haftenden ToxiDen befreit wird, im Thierkörper nicht Tetanus zu
erzeugen vermag, sich bei einer Nachuntersuchung von Sanchez-
Toledo (Le Mercr. m^d,) ala falsch herausgestellt haben.
Die Identität des Kopftetanua mit dem gewöhnlichen Tetanus
hat Nicolai er (Virchow 's Archiv Bd, 128) erwieseo, indem er mit
einer geringen Quantität Eiter^ welcher der Wunde eines mit Kopf-
tetanua behafteten Knaben entatammte, typischen Tetanas bei Thieren
hervorrief.
Erysipel Das von T e s s l e r therapeutisch warm empfohlene
Ichthyol hat sich der Anerkennung immer grösserer Kreise zu
erfreuen. Klein (Berl. klie, Woehenschr. Nr* 39), der diea Mittel in
einer Reihe von FtiÜen angewandt hat, will eine wesentliche Ab-
kürzung des Krankheitsprocesaes dadurch erhielt haben. Auch
Sachs (Therap, Monatsh,^ Dec. 1891), der es ala Co! lodium- Ichthyol
applicirt, sagt ihm besondere Vorzüge nach.
K r 0 e U (Therap. Monat sh. , Februar) empfiehlt als die beste
Methode, um das Weiterachreiten der Krankheit gu hindern, an der
Grenze dea Erysipels eine elastische Gummibinde anzulegen.
Nach unseren Erfahrungen müssen wir indessen sagen, dass mecha-
nische Hinderniafle, ob sie in Gummibinden oder Ool lodium streifen
bestehen^ es nicht vermögen, den Proceas zum Still stand zu bringen. —
Terpentin findet in W i n c k 1 e r (Therap. Monatah. , Mai) einen
enthusiastischen Lohredner*
Gelenkrheumatismus. Waibel (Münch. med. Woehenschr.
Nr, 5) hat an 121 Fällen die allgemeinen und individuellen Verhält-
nisse etudirt, welche der Entstehung des Gelenkrheumatismus förder-
lich sind. Aus seinen Erhebungen geht hervor, dass gerade die für
Erkältung aprechenden Momente, die biaher als ätiologische Haupt-
factoren angesehen wurden, auf das Zustandekommen der Elrankheit
den allergeringsten EinBuss ausüben.
Bei der grossen Seltenheit, mit der die Nieren bei unserer
Krankheit in Mitleidenscbaft gezogen werden, dürfte ein von Dupont
m
iDfecHondkrankheiteD.
359
(Arch< m6d. he\g.^ Febraar) loi iget heil ter Fall von Interesse sein.
Bei einem kräftigen, an Polyarthritis leidenden Manne trat eine echte
hämorrhagisohe Nephritis auf, die nach Swöchiger Dauer mit
TÖlliger Genesung endete, ßemerkenswertb ist dabei, dass die Salicyl*
behandlQDgp welche sonst bei renalen Affectionen als contraindicirt
gilt, von dem Patienten nicht bloss ohne Schaden vertragen wurde,
sondern die Heilung direct befordert haben soll.
Influenza* Obwohl die Inäuenzalitteratur gegen das Vorjahr an
Umfang erheblich abgenommen hat, ist doch die Zahl der erschienenen
Schriften noch so gross, dass wir uns beztiglicb der casuistischen
Mittbeilungen ebenso wie im Vorjahre auf eine kurze Bibliographie
beschränken müssen, während die zusammenfassenden Arbeiten und
die für den Practiker wichtigsten Beobachtungen eine genauere Be-
sprechting erfahren sollen. Eine grössere Anzahl von im letzten
Berichtsjahr erst spät erschienenen and darum nicht mitreferirten
Arbeiten tragen wir diesmal nach.
In erster Reibe ist das umfassende, von dem Berliner Verein
für innere Med icin ins Leben gerufene Sammelwerk zu erwäbnen.
Das prächtig ausgestattete Buch, unter der Mitarbeiterschaft der
bewährtesten Forscher von L e y d e n und S, Guttmann heraas*
gegeben, enthält in einzelnen Kapiteln den Glang der Epidemien von
1889 90 nnd 1891/92, die Pathologie, die Symptomatologie in zahl-
reichen Einzelabtheilungen, die Oomplicationen nnd Nachkrankheiten»
Zu dem Werk hat eine grosse Anzahl deutscher Aerzte den Stoff
geliefert ; durch diese originelle Art der Bearbeitung ist die Influenza
flo erachöpfend in allen ihren Einzelheiten gezeichnet, wie das sonst
bei kaum einer andern Krankheit geschehen ist. Eine werthvolle
Beigabe sind die kartographischen Beitagen, die in mustergültiger
Weise von Stricker und Lenhartz angefertigt sind. Das Karten-
material umfasst 1) eine Uebersichtskarte der Influenza über alle
Länder der Welt fiir die Jahre 1889 und 1890; 2) die geographische
Darstellung der Zeiträume, innerhalb deren die Epidemie in den
betrefifenden Ländern herrschte. Endlich sind noch 22 graphische
Darstellungen angefügt, welche die Oomplicationen innerhalb Deutsch-
lands anschaulieb machen*
Von der vortrefflichen A 1 1 h a u stachen Monographie {Influenza
1892) liegt bereits die zweite Auflage vor. Eine Neubearbeitung
! hat der bacteriologische Theil erfahren j in dem diesbezüglichen
Kapitel werden die weiter unten zu besprechenden neueren Unter-
suchungen kritisch beleuchtet. In Anknüpfung an K 1 e m p e r e r*s
360
Frey ho
Studien über Pneüinonie yermüthet AU haus auch für die lüfluenza
das Vorhandenöeiü eines giftigen Stoffes, „des Orippotoxioa^, das
den Fiebererßcheinuiigen zu Graüde liegen soll; allraälilich entwickele
sich dann das Antigrippotoxin, welches das ursprüngliche Gift mehr
oder weniger neutralisire. Durch eine chronische Infection mit dem
Gifte erklärt er manche unklaren, ohne Fieber einhergehenden Stö-
rungen, welche gerade bei Inäueuzaepidemien zu beobachten sind»
Die Monographie Rippe rger's (München 1892) ist ausgezeichnet
durch eine vorzügücho historische Schilderung der Krankheit und
durch eine gute Beaibeitung der Epidemiologie und Aetiologie.
Klinisch unterscheidet er drei Hauptformen, die nervöse, katar-
rhalische und gaatrointestioale Form. Unter den Com plica Honen und
Folgezuständen führt er als hauptaäcblichste auf: Erkrankungen des
Ccntraluervensystems, der ReBpirations- und Verdauungäorgane.
Weitere erschöpfende Darstellungen der Krankheit sind enthalten
in der von der Hufeland'schen Gesellschaft preisgekrönten Schrift
von Ruhem&nn (Leipzig, O. Thieme) und in der Monographie von
Wolff (Stuttgart, Enke).
Renvers (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 51, 1891) hat den
ersten Wiedererkrankungsfall von Influenza im October 1891 beob-
achtet Er macht besonders darauf aufmerksam, dass die Signatur
der zweiten Epidemie im Gegensatz zu der ersten in einer auffalligen
Schwere der nervösen Erscheinungen bestanden habe.
Der wichtigste Fortschritt ist auf dem Gebiete der Aetiologie
zu verzeichnen* Nachdem echon Teissier nnd Frenkel im Vor-
jahre (Lyon. med. Nr. 8, 1891) im Urin und Blut von Grippe-
kranken speciiieche Kokken gefunden haben wollten, hat jetzt
K.Pfeiffer (Deutsche med^ Wochenschr. Nr. 2) im Bronchialsecret
constant Stäbchen beobachtet^ die in ihrem Auftreten an den Verlauf
der Krankheit gebunden waren und bei anderen Respirationserkran-
kungen regelmässig vt-rniisst wurden* Dieselben Stäbchen hat Canon
(Deutsche med. Wochenschr, Nr, 2) im Blute von Influenzakranken
gefunden, Eine Reinzüchtnng dieser Bacterien, die er (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 3) erfolgreich durchgeführt haben will, scheint
ihm, nach der Pfeiffer'öchen (Deutsche med, Wachen sehr. Nr. 21)
Entgegnung zu urtheilen, nicht gelungen zu sein; hingegen ist
Kitasato (Deutsehe med. Wochenschr, Nr. 3) glücklicher gewesen
und hat eine wirkliche Bei d Züchtung erzielt. Auf die Prioritäts-
ansprü^cbe von Babes (Deutsche med* Wochenschr. Nr. 6) und
Bar egg i (üaz. med. lomb» Nr. 16) können wir an dieser Stelle
nicht näher eingehen.
I
In I^tiombnink helfen.
361
Im Einklang mit diesen bacteriobgiächen Befanden stehen die
Thatsachan, die für eine Contagiosität der Krankheit Bprechen.
Seitz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 51, 1891) hat auf verschie-
denen Höhepunkteo der Schweiz Nachirage gehalten und eruirt, dais
in verschiedenen Ortschaften Erkrankangen erst dann vorkamen, aie
Fremde die Krankheit aus bereits verseuchten Dorfern einschJeiipten,
Bergwächter, die ins Thal gingen und dort Kranke besuchten, er*
krankten selbst oder überpflanzten die Krankheit auf die in den
Bergen ZnrückgebHebenen. Auch Bäumler (Ueber die Influenza
von 1880 und 1890) ist der Ansicht, dass der menschHche Verkehr
den wesentlichsten Factor für die Verbreitung der Seuche darstellt;
er fährt dafür ins Feld, dass man locale Epidemien auf Zugereiste
bezieben konnte ^ dass separirte Gebirgsorte ganz verschont blieben^
und dass endlich die Geschwindigkeit, mit der die Krankheit den
Erdball umkreiste, keine grösaere war als die der Schnellzüge und
Oceandampfer. Endlich spricht sich auch Mucha (Berliner klin.
Wochenschr. Nr. 26) in demselben Sinne aus; er hat eine Epidemie
in der Provinzialirrenanstalt zu Göttingen beobachtet und erklärt
dafl seitliche Missverhältniss in dem Auftreten der Krackheit in der
Stadt und in der Anstalt nar vereinbar mit der Annahme einer con-
tagiösen Weiterverbrettung.
Was die Klinik unserer Äffection anlangt, so ist es mehr und
mehr offenbar geworden, dass die Influenza keine harmlose Krank-
heit darstellt, sondern dass der Verlauf derselben sich durch wahllose
und zum Theil recht schwere Complicationen sehr unheilvoll ge-
Btalten kann. Von besonders interessenten und nngewöhnHchen Com-
plicationen heben wir fünf Fälle von Bri stowe (Brit Journ.» Juli)
hervor, bei denen sich im Gefolge der Influenza Hirnabscesse
entwickelten; indessen steht die Influenza anamnestisch nicht bei allen
vollkommen sicher. Ferner eine eiterige Conjunctivitis, die
Oasati (II Raccogl med,, August) in einer Reibe von Fällen beob-
achtet bat, und die mit LidBchweltung, Lichtscheu, profuser Eiterung
und gleichzeitigen lebhaften Schmerzen und Fieber einherging. Der
Ausgang war meist em guter; nyr in vereiosselten Fällen, bei denen
zur Ulceratton der Cornea gekommen war, blieben dauerEide Trü-
' bangen zurück. Nicht weniger selten ist eine Complication durch
Leberabscesse, die Krannhals aus Riga beschrieben hat.
Bouchard (Gaz. des hdp. Nr. 149^ 1891) theilt eine Melliturie
mity die sich an eine Influenza anschloas; Schild (Inaug.-Diss. Er-
langen) zwei Complicationen mit hämorrhagischer Nephritis,
daneben eine Reihe von völlig fleberlos verlaufenden Fällen aas der
362
Freyhan.
Erlanger Klitkik, Die Häufigkeit von Ohrer kr&nkuDgeo nach
Influenza bestätigt aufs Keue Sc holze (Deut sehe militärärztl.
Zeitschr- Nr. 12, 1891), der unter 129 Fällen lOmal Ohrafiectionen
sah; die Erkrankung war in allen Fällen eine gutartige.
Nach Fucha (Pest. nied*-chir. Presse Nr. 1) sind in der diesjähri-
gen Epidemie im Gegensatz zur vorjährigen Kinder recht häufig
befallen. Das Fieber erreicht bei ihnen nur eine massige Höhe und
iat mauchmal mit Cerebralerscheinuogen verbunden; Exantheme sind
häufige Vorkommnisse, Als Termioaierscbeinung pflegt sich ein
quälender Husten einzustellen } noch lange Zeit nachher sind die
kleinen Patienten matt und biniallig.
Ried er (Münch. med. Wochenschr. Nr, 29) hat gefunden, dass
bei uncomplieirter Influenza keine Leukocytose auftritt^ auch
nicht, wenn die Krankheit mit einer hoch fieberhaften Temperatur ver-
läuft; eher kann man eine Verminderung der weissen Blutkörperchen
constatiren. Ebensowenig fand sieh eine Leukocytose bei der Gom-
plication mit einer katarrhalischen Pneumonie^ wohl aber bestand sie
dann, wenn sich croupöse Herde in den Lungen etablirt hatten.
Ganz besonders findet sie sich aber bei reiner croopöaer Pneumonie;
hier so regelmässig, dasa Ried er in ihr ein werthvolles diagnosti-
sches Moment erblickt, um in zweifelhaften Fällen den entscheidenden
Ausschlag zu geben*
Wir können den klinischen Theil nicht verlassen, ohne der zum
Theil recht hochgradigen Störungen des Oentralnervensystems
zu gedenken, auf die erst in der neuesten Zeit das allgemeine Inter-
esse gelenkt worden ist. Wir haben dabei weniger Psychosen nnd
Neurosen im Auge, deren Zustandekommen, m'ie Kirn (Samml. klin,
Vortr, Nr* 23) ausführlich erörtert, man ohne vorherige Prädisposition
sich nicht recht denken kann, sondern wohlcharakterisirte organische
Erkrankungen, Der erste, der die Zusammengehörigkeit derartiger
Affectionen mit der iDÖueuza erkannte, ist Leichtenstern (Deutsche
med. Wochenschr, 1891, Nr. 23). Unter dem Namen der Influenza-
apoplexie beschreibt er ein Krankheitsbild, das durch den Eintritt
von Lähmungen auf der Höhe oder im unmittelbaren Anschluss an
die Orundkrankheit ausgezeichnet ist. Er Htellt drei hierher gehörige
Fälle zuäammen; nur einer kam zur Section. Klinisch bestanden
Erbrechen, Nackenstarre, Bewusstlosigkeit und Fieber; anatomisch
fanden sich neben einer uii bedeutenden hämorrh&giachen Pachymeniu-
gitis hämorrhagische Infiltrate der Leptomeningen im Bereich der
Convexität mit Streifen eiterigen Exsudats läng.s einzelner Gefässe;
die Hirnrinde war Btellenweiae hämorrhagisch iofiltrirt. Eine genauere
I
I
I
Infectioneikraii ktieiten.
363
und gründLiche klmische und anatomiache Bea chreibung dieser eigen-
artigen ^Flohstichencephalitis** stammt von Für bringer (Deutsche
med- Wochenschr, Nr. 3), der sie in zwei tödtlich verlaufenden
Fällen beobachtete* Beide betrafen blühende, gesunde Individuen;
bei beiden war eine eben durchgemachte Influenza nachweiabar; nach
Ablauf des Acmeetadiums stellten sich schwere cerebrale Symptome
ein, Benommenheit, Delirien, Nackenstarre und Pupillendifferenz; der
Exitus erfolgte in überraschend kurzer Zeit, Beide Male fand sich
eine hämorrhagische Encephalitis von ganz ungewohnlicber In- und
Extensität^ fast das ganze Gebiet der grossen Oentralgangüen war
weicher als normal, theila diffus, theila gelblich gefleckt und von
xahlreichen, strich- und punktförmigen BltituDgen durchsetzt. Kleine
Herde bestanden im Bereiche der Hiroscbenkel und Kleinhirnhemi-
sphären. In vier anderen Fällen^ in denen ebenfalls eine Influenaa
anamnestisch sicherstand, entwickelten sich exquisit meningitische
Erschein un gen , die zweimal zur Heilung, zweimal zum tödtlichen
'Ausgang führten. Bei der Sectioo fanden sieb die Hirnhäute eiterig
liniiltrirt; längs der Gefässe zogen dicke Eiterstrassen hin.
In dieselbe Kategorie gehört die Beobachtung Königsdorfs
[(Deutsche med. Wochenschr. Nr, 9), Ein junges kräftiges Mädchen
ferkrankte mit allgemeinen Beschwerden ; am vierten Tage der Er-
krankung tritt plötzlich Bewusstlosigkeit auf^ aus der die Patientin
^mcht mehr aufwacht Trotz das Comas ist eine immer stärker
rerdende Hemiplegie zu constatiren. Der ganze Verlauf war stürmisch
und ähnelte am meisten dem einer Gehirnhämorrhagie. Auch hier
»teilte die Section eine acute hämorrhagische Encephalitis fest^ deren
Bild ganss dem von Fürbringer gezeichneten entaprach. Den
sichersten Beweis für die Abhängigkeit der beschriebenen Erkran-
kung von der Influenza glaubt Pfuhl (Berl, kliu* Wochenschr. Nr. 39
u. 40) erbracht zu haben. Er fand nämlich im Centralnervensystem
Ltou Influenza kranken feinste Bacterien, die sich in ihrem mikro-
rBkopischen und culturellen Verhalten vollkommen identisch mit den
Pfeiffer'schen Bacillen erwiesen.
Aehnliche Erkrankungen wie im Gehirn sind auch im Eücken-
mark beobachtet worden. So berichtet Determann (Deutsche Zeit-
tichriilt f. Nervenheilk, Dscember 1B91) Über eine Frau, die wenige
iTage nach abgelaufener Influenza plötzlich schwere nervöse Störungen
web dem Typus der Brown- S^quard'schen Halbseitenläsion dar*
bot. Als anatomische Grundlage der Affection vermuthet Deter-
mann im Hinblick auf die hämorrhagische Disposition der Influenza
[ftberbaupt capillare Blutungen in der einen Riickenmarkshälfte. In
364
FreybaF».
einem anderen Falle ßtellle öich eine Parese beider unteren Extretni*
täten mit erhöhteu SehnenrefleiEen ein, die später von bedeutenden
SenBibilitätsatöruDgen im Bereich der Beine nnd des Rumpfes bis
aur sechsten Rippe herauf gefolgt waren- beide Fälle endeten in
Genesung,
Eulen bürg (Dentache med. Wochenschr. Nr. 38) fand gleich-
falls den Symptomen comp lex einer Halbseitenläsion im Niveau des
untersten Cervical- und oberen Dorsalsegments bei einer Influenza-
kranken* Die Diagnose stützte sieh einmal auf die in den typischen
Zögen ausgeprägte Brown- S ^q^uar d'scbe Lähmung des Unterkörpers
nnd die Betbeiligung des linken Armes, dann auf die Differenz der
Pupillen in Verbindung mit einer verschied enseitjgen vasomotorisch-
thermischen Innervation beider öesichtshälften. Die Motilitäts-
Btörungen des rechten Beines und die Sensibilitätsstörungen der
linken Körperhälfte besserten sich langsamj während die atrophische
Parese am linken Arm stabil blieb.
AehnJich wie bei diesen Fällen dürfte sich bei einem Fall von
Liögeois (Progr. möd. Kr. 12) der aoalomische Yorgang abgespielt
haben; hier trat einige Tage nach Ablauf der Influenza eiue Para-
parese der Beine verbunden mit ürinstörungen auf.
Therapeutisch sind so gut wie gar keine Fortschritte zu ver-
zeichnen. Im Ganzen bind »ich die Autoren darüber einig, dass die
Behandlung eine rein symptomatiscbe sein soll; vielfach werden noch
Äntipyretica als besonders geeignet empfohlen.
Litteraturverzeichniss, Jahrgang 1891* Ayock, Boston
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MArz, (Specielle Symptomatologie der oberen Luftwege bei Influenza.)
i«il Jibhr«4i «ilVi^i d^HlUfi wird «ftl ift dkaan Jikrteeh regel-
mÜMig m thriMk ibttti^ PkttMi kttriiliiit »trtia iil^ laiakt Bumm
ftn (It^r Hhiiü UfMT biili^r iNifliiKiwiM teümologja^att nnd klini-
iiolitiii Ht «ulUt^ tu tM^rtom vmA «JK» WiKtaii|wtdbi^ vtUo swUdieii
don ErgoUiumi^i tler Ihtoralioofcitt Dniinmf ifcnim^ wad dir pwctJechePi
kliiiim'kKiu Krtuhruikg b«0l«bia, »i lilma^ Kr kMMül tu folgjander An.
mitinuuiig: Norm«l«a Scheid^uMcr«! «itkAll kmam pfttbogmeii Keime,
eM HolitUet vK^lmehr i^recH gifW dM AMJidlui^ aolcfa^* Besondere
Mftii«iiahm< u (intrii ^rtam) g<e^ea dieMS Smc«! nad deshalb nicht
ungiMtoigt Bei eiteiig«r Secretbeächaffuüiieit (in ca. 4Ck^5O^0 der
Falb) Mbd Kokk0»roniieii nachsewifea«n| veldie mit den InfectioDs-
trägem der ueiieablicheu Sepsis idtaliaoli sind* Gerade diejenige
Pikform aber, welche wir regelmiSdig bei der paerperalen Sepsis
aiUr66ft>u — der Streptoooocus — , ist im eiterigen Secret nur ver-
einzelt gefunden worden. Die pathogenen Kokkenformen der Scheide
sind nicht im Zustande der Vinilenz. Dass diese Pilze bei nor«
malem Gebtirte verlaufe virulent und damit schädlich werden kön-
nen, und deshalb ihre Aubschaltung durch die innere Desinfection
Nuixen stiftet, ist durch die kliinsobe BeobachtuDg bis jetzt nicht
bewiesen, ja nicht einmal wahrscheinlich gemacht worden. Die
1* ü u 1 Q i a 8 keime, welche sweifeUos im Scheidensecrete vieler
3
Geburtshülfe und Gynäkologie.
367
Sehwangeren vorkommen, könneD Fieber hervorrufen, weDii eie bei
operativen Eingriffen ins Cavum uteri eingeschleppt werden und zvl
einer Zersetzung der Uterus! ocbien führen. Die so erzeugte putrid©
Endometritis kann möglicherweise zum fauligen Zerfall der Thrombeii
an der Piacent Erstelle und damit zu flchweren Formen der Allge-
metninfection führen. Demnach dürfte die Desinfection der Scheide
vor intrauterinen Eingriffen eine wohlbe^ründete Masaregel sein.
Weiterhin ist nicht ausser Acht zu lassen, dasg bei langer Geburts-
dauer, häufigem Untersuchen und bei operativen Eingriffen auch die
Gefahr dtjr äusseren Infection ausserordentlich gesteigert wird (Cen-
tralblatt t Gyn. Nr. 9),
Hermann veröffentlicht im Centralbkfct f. Gyn. Nr. 11 einen
vierten Bericht über 200 Gehurten ohne innere Desinfection (cf.
dieses Jahrbuch 1891 u. 1892). In keinem einzigen Falle, auch vor
operativen Eingriffen nicht, wurde irgend eine vaginale Desinfection
vor, während oder nach der Geburt vorgenommen, sondern lediglich
die peinlichste subjective Antisepsis und Reinigung der Kreissenden
und der äasseren Genitalien geübt. Unter den 20(J Fällen kam
1 Todesfall sofort nach der Geburt an Ruptura uteri bei Ftacenta
praevia und Hydraranion vor. Von complicirten Gehurten kamen vor:
Smal Gesichslage, 5mat Beckenendlage, 5mal Wendung bei Querlage,
2mal centrale Placenta praevia, 1 PerforatioB mit Oranioklasia, 2mai
Zange, 3mal todtfaule Früchte^ 1 Placentarlösung, Imal Entfernen
der Eihäute, 4mal Zwillinge, Imal Nabelschnur vorfalle 3mal kunst-
liehe Frühgebort, Imal künstliche Erregung der Gebtirt hei
Hydramnion, Unter diesen 200 Gehurten kam kein Todesfall an
löfection und kein einziger Fall einer schweren Erkrankung vor.
In Summa beobachtete M e r m a n n bei seinem jetzigen Verfahren
700 Geburten ohne Infectionstode^falU Die Morbidität betreg B%f
jede, auch aussergenitale Erkrankung, welche eine Temperatur-
erhöhung über 38,0*» herbeiführte, mitgerechnet. Unter den letzten
200 kamen 13 Fälle von Temperatursteigerung vor, die betreffenden
Frauen verliessen die Anstalt zwischen dem 10. — 16, Tage. Unter
den 200 Geburten kamen 2 ganz leichte Augenblennorrhoen vor,
obwohl nur Auswaschungen der Äugen nach der Geburt des Kopfes
mit aasgekochtem Wasser vorgenonunen wurden,
In einer neuen Veröffentlichung, Zur Verhütung des Kindbett-
fiebors (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 13) treten auch Leopold
imd Goldberg von Neuem gegen die Auswaschungen der Scheide
bm rdgelmässigen Geburten ein. Sie heben den Unterschied der
beiden Gruppen von Wöchnerinnen hervor, welche intra partum mit
368
Gsenipin.
ScheidenausBpiüangeß und solchen, welche ohne Aasspülungen be-
handelt wurden. Im ersteren Falle betrug m gleichem Zeitraum von
2*12 Jahren der Procentsatz der Genesenden 1,18% gegenüber
1,14%, der Gestorbenen 0,22 öj^^ gegenüber 0,16%, Werdeii nar die
Normal gebären den beider Gruppen gegenübergestellt, so ist das Ver-
hältßiss der puerperal Erkrankten 1,26% zu ijßB%^j von denen 0,2%
gegen 0,15% starben. Es fällt in dieser Zahlenreihe der Unterschied
demnach nicht sehr erheblich au Gunsten der Nichtausspülong aus.
M, Görd es -Münster i. W, spricht eich für eine thunliche Be-
schränkung der inneren und grösetmdglichste Verwerthung der
äusseren Untersuchung Kreisaender aus, holt es indessen für den
practiachen Arzt für ganz unmöglich, oiine innere Untersuchung aus-
enkommen, da in diesem Falle eine mangelhafte Uutorsüchung sich
für den weiteren Verlauf schwer rächen könne, z, B. durch den
Vorfall der nicht cotnprimirten Nabekchnur, deren Diagnose bei
lediglich äusserer UntersuchuDg nicht möglich sei (ibid. Nr. 13).
P r 0 m m t^ 1 - Erlangen hat in seiner geburtshülf liehen Klinik
3^}^ J^^i"^ hindurch die Krei&senden derart behandelt, daas nach
äusserer Desinfection mit Seife, Wasser und Sublimatlosung ecMiess-
lieh auch die Scheide und der Cervix mit einer SublimatLösung von
1 :2000 mittels zweier mit dem Mutterrohr eingeführter Finger auB-
geepült und ausgewasrhen wurde. Von 559 so bf>handelten Kreis-
senden starb 1 an Sepsis, welche bereits fiebernd in die Anstalt
gekommen warj die Morbidität schwankte zwischen 57-^ und l^j.j^^
obwohl zahlreiche Kreiesende 60 — ^TOmal untersucht werden mussten.
In den letzten 1 ^^ Jahren Hess F r o m m e 1 die Desinfection der
Scbeidö fort uEd land bei ca. 100 Geburten keine schwere Wochen-
bettserkrankung, dagegen eine Steigerung der Morbidität* Dann
aber starben innerhalb eines halben Jahreö 3 Wöchnerinnen an Sepsis»
Die Morbidität betrug in dieser Zeit 11,1*^,0' Frommel ist infolge
deeeen der Ansicht, dass in einem geburtsiiülflichen Institut, in
welchem die Kreissenden in einer derartigen Weise ztim Unterricht
au^enütst werden, eine Unterlassung der Scheidendesinfection völlig
unstatthaft ist.
I
1
I
Mit Dührssen^B Ausführungen ober den Werth der Nar-
kose in der Geburtshülfe (Berliner klinische Wochenschrift
Nr. 15) wird der Practiker einverstanden sein, Dührasen em-
pfiehlt dieselbe in diagnostischer und iherapeutiscber Hinsicht. Zu-
niichst wird die aufgeregte Kreissende etwas beruhigt^ die Frequen»
dör kindlichen HersitÖDe i§t mit grösserer Sicherheit festziAstellenp
d
Gebnrtshülfe nnd OyDäkolog-ie.
B69
um einen etwaigen therapeiitischee Eingriff davon abhängig zu
machen. Wichtig ist die Narkose zur genaueren Feststellung bei
»ehr empfindlichen Erstgebärenden, bei welchen zuweilen der Ein-
tritt des Kopfes in das Becken durch eine entstandeoe Kopf*
get^chwulat vorgetäuscht wird; bei Hinterscheitelbeinstellung und
i liefern Qaerstand ist die Vornahme der Untersuchung in Narkose
nblich und von grossem Vortheil, ebenso bei dem Eingehen mit der
ganzen Hand zu diagnostischen Zwecken. Dührssen empfiehlt bei
Lgeburtshölflichen EtngriflFen, wie Wendung, Placentarlösung, Abort-
f tttsraumungen , Reposition eingekeilter Tumoren während der Gq-
bort ©tc die Narkose. Ebenso bei Krampfwehen« Er nimmt die
^ Karkose selbst vor^ bis sie eine tiefe ist^ und lässt von der Hebamme
Ltod Zeit zu Zeit einige Tropfen auf die Maske giessen.
Ueber die Aetiologie der Eklampsie sind in dem Berichts-
jahf mehrere Arbeiten veröffentlicht worden, welche wir hier nur der
Vollständigkeit wegen erwähnen, da die von anderer Seite vorgenom-
mene Nachprüfung die völlige Unrichtigkeit der Befunde dargethan hat.
80 imnd Gerd es -Halle (Centralbl. f. Gyn. Nr, 20, Deutsche medic,
Wochenschrift Nr. 2G) Bacillen in der Leber, im Herzen, in der
Lunge, im Blut und in der Placentarstelle in zwei Fällen. Die Ba-
cillen pflanzten sich in Cuituren fort und tödteten Mäuse. Jedoch
Bt dieser Befund als ein vollkommen falscher von Hftgler in der
Pebliüg'schen Klinik (Centralbl f* Gyn. N. 51) und von Hofmeier-
Würzburg gekennzeichnet worden. Es handelt sich bei den Unter-
' Buchungen von Gerd es um Befunde an Leichen 14—23 Stunden
^nach dem Tode; die gefundenen Mikroorganismen sind fraglos
Proteus vulgaris gewesen.
Dagegen erfahren erfreulicherweise unsere Ansichten über die
gonorrhoische Infection eine Förderung dadurch, dass ea Wert-
ete im- Wien gelungen ist, den Gonococcus ausserhalb des
^menschlichen Körpers zu züchten, Diese Züchtung (Deutsche
med, Wochenschr. 1891, Nr. 50) fand auf menschlichem Blutserum statt.
jIHe ursprünglich angezweifelten Befunde Wertheim*s wurden durch
hdie Nachprüfung von Gebhard- Berlin (Berl. klin, Wochenschr, Nn 11)
rl»e0tätigt* Die Möglichkeit, die Gonokokken auch in solchen Fällen
I durch Züchtung nachzuweisen, in welchen sie mikroskopisch nicht
festgestellt werden konnten, ergab neue Thatsachen. Wertbeim
(Archiv £, Gynäk. Bd, 41 > H. 1) züchtete aus sieben Fällen von
yPyosalpinx, welche zur Operation kamen, aus dem Eiter Gonokokken,
i deren Virulenz er dreimal durch Harnröhrenimpfung feststellte. Die
Jihrbticb d. pract Mcdicin. ISdS. ^
370
Czempin»
Züchtung gelaog ausaerordentlicE bequem. Selbst bei längerem Be-
stehen der Erkrankung konnten noch virulente Culturen geziicbtet
werden. Weiterbln konnte Wertheim die gonorrhoische Natur
der beim Weibe nach gonorrhoischer Infection auftretenden Peritonitis
beweisen. Bisher war der von Bumm aargestellte Sats;, daes der
Qonococcuö nur in Cylinder- und nicht in Plattenepithel einsBudringen
vermöge, und dassS bei tiefergehenden Entzündungen ^ welche bei den
gonorrhoischen Erkrankungen auttreten, eine Mi ach infection im Spiel©
sei, als richtig anerkannt worden. Wert heim fand jedoch beim
Tbierversuch, dass die Impfung der Bauchhöhle mit Gonokokken-
culturen echte adhäsive Püritonitis hervoraurufen im Stande ist, welche
indet^s im Gegensatz zu der durch Streptokokkeß- und Stapbylokokken-
impfung hervorgerufenen Peritonitis örtlich begrenzt beibt und zu
Verwachsungen führt. Diese Ansicht wird ja bekanntlich durch den
klinischen Verlauf der ascendirenden Gonorrhoe des Weibes be-
stätigt Aber auch bei der bacteriologischen Prüfung der um eiter-
haltige Tuben beündlichen Exsudatmassen fand Wertheim gono-
kokkenhaltige Eiterzellen in reichlicher Zahl. Wertheim ist der
Aßsioht, dass diese gonorrhoische peritoneale {nfection seltener durch
das Ostium abdominele »tattfindetj als direct durch die Eileiterwand
hindurch. Auch die häutigen nach Saipingotomien auftretenden
friacben perimetTischen Exsudate erklärt Wert heim als hervor-
gerufen durch die Infection des Bauchfells mit gonorrboischem Eiter
während der Operation* Es ist demnach bewiesen, dass der Gono-
coccus nicht nur in Platt eoepithel einzudringen vermag^ sondern dass
er auch im Bindegewebe fortschreitet, also auch im Stande ist, ohne
MiscbiDfection die Para- und Perimetritis hervorzurufen* Auch in
zwei Eälleu von Ovarialabacessen fand Wert heim zahlreiche
Gonokokken.
I
I
I
I
IL GeblirtslilJlfe.
1. ßoliwangerBchaftislörtingeiJ ; künstiicbe Frühgeburt.
E k l a m f ) B L e.
W* Schlager beleuchtet an der Hand von 25 K rank enges eh icbten
der Berliner Universitäta-FJ-auenklinik die Complication der
Schwangerschaft, Geburt und d e s Wochenbettes mit
ohroniscben Herz klapp enfehlern (Zeitachr. f. Geh* u. Gyn.
Bd. 23, H. 1). Die Herzarbeit ist während der Gravidität und Ge-
burt zwar vermehrt, indesa nicht durch Hypertrophie des Herzens
äondern durch eine dem gesunden Herzen eigene Reservekraft. So-
I
Geb 11 rte hülfe and Gynäkologie.
371
bald der Uterus entleert wird^ findet eine Blntüberfiilkiig doa Lungen-
kreistaafea and des rechten Herzeng statt (S p i e g e 1 b e r g). Klappen-
fehler machen meist erst bei Multiparen Erscbeinungen, da sie früher
compensirt waren und erst bei eintretender Herzmaskeldegeneratton
and erhöhter Arbeitsleistung sich Insufficienzeracbein^ngen geltend
riaachen. Diese treten bereits intra partum und bei den Presswehen
Dd ferner nach der Geburt auf. Mit der Zahl der Oebarten bei
mner an Herzfehler leidenden Frau wird die Wahrscheinlichkeit des
Eintrittes der spontanen Frühgeburt grösser. Immer ist die Cem-
plication von Schwangerschaft mit Herzfehler eine sehr gefährliche,
st iniaast für vorgeschrittene Herafehler. Unter deo beobachteten
PaJlen war die Mitralstenose die gefährlichste Complication, Unter
den 25 starben intra partum 2, lU im Wochenbett. Kaum mehr ala
tdie Hälfte der Kinder war ausgetragen. Schlager räth dringend,
kerzkranken Mädchen die Ehe zu verbieten. In der Schwaoger-
Bcbaft ist frühzeitig sorgialtigste Schonung anzuempfehlen ^ Inäuffi-
oienzersch einungen sind rechtzeitig zu behandeln* Der künstliche
Abort und die künstliche Frühgeburt geben häufig fiir die Mütter
eiüe ächtechte Prognose und müssen demnach für die schwierigsten
F&lle beschränkt bleiben. Die Entbindung muss so bald und eo
schonend wie möglich geschehen ^ leichte ühloroformuarkoäe ist zur
Bseitigang der psychischen Aufregung anzuempfehlen. Nach der
Qtbindang muss durch Compressiou des Laibes das zu starke
Sinken des Abdominal druckes verhindert werden, da sonst das rechte
Herz zu wenig Blut erhälr. Der Puls ist dabei stetig zu beachten.
Die Darreichung von Seealepräparaten ist im Allgemeinen zu
widerrathen, da dadurch die Gefässe verengt, uud somit dem Herzea
erhöhte Widerstände bereitet werden. Im Wochenbett ist Diätetik
_ttnd sehr langes Innehalten der Bettruhe anzurathen.
Eine ganz eigenartige Ursache einer Perforationsperitonitia
rthrend der letzten Hälfte der Schwangerschaft theiit
Liho tzki aus der IL Wiener gynäkologischen Klinik (Prof. Chrobak)
mit. Die Kranke starb ca, 3 Stunden nach der Aufnahme. Es war
f&ne Schwangerschaft im 8. Monat mit beginnender Geburt Consta tirt
rorden mit gleichzeitiger fulminanter Peritonitis , deren Intensität
ie Aussicht auf Rettung hatte unmöglich erscheinen lassen. Bei
fy^r Section fand sich eine kleine Perforation des absteigenden Duo-
deournstückes durch den Q-riff eines Kafft^elöffelsf dessen Stiel und
^ffeltbeil noch im Darm festsassen. Spätere Nachforschungen er-
Ffabeo, dass die Frau vor 2'/.^ Jahren einen Selbstmordversuch durch
Verscblcicken des Löffels gemacht hatte. Störungen waren durch
372
Czempi».
diesen Fremdkörper nicht hervorgemfen worden. Erst 4 Tage vor
dem Tode traten üebelkeiten und Schmerzen aaf, welche sich schnell
biß zur Unertr^lichkeit steigerten. Der Darm war biB zum letzten
Tage durchgängig gewesen* Die endgültig© Burchspieeöiing der
Darm wand ist wahrscheinlich durch den wachsenden Uterus begün-
stigt worden (Centralbl. f. Gynäk, Nr. 26).
Einen Fall von tödtlicher innerer Blutung während der
SchwaugerBchaft theilt Siitugin- Moskau (Zeitschrift f. Geb.
Bd. 24, H. 2) mit. Die hochschwaDgere VI- Gebärende kam 3 Tage
nach einem schweren Fall in die Entbindungeanstalt, da sich allge-
meine Beschwerden, Schwäche, fem er Abfluss des Fruchtwaeisers ein-
gestellt, und die Kindabewegungen aufgehört hatten. Patientin starb
bald darauf unter CoUapsersch einengen. Bei der Autopsie fand man
grosse Blutcoagula in der Gegend des Colon transveraum, der linken
8eite des Magens und der Flexura coli siniätra, im Mesocolou grosse
ßlutklumpen zwischen beiden Blättern. Von dort erstreckte sieh der
Bluterguss im subperitonealen Bindegewebe längs d^s Colon descendens,
der Flexura sigmoidea bis zum Ligamentum latnm sinistrum. Die Haupt-
masse der Blutgerinnsel befand sieb in der Bursa omenti minor. Die
Blutung war anscheinend durch Zerreissung eines Geffisses des Meso-
colon erfolgt, batte sich subperitoneal verbreitet, dann an einer Stelle
das Peritoneum gesprengt und war so intraperitoneal geworden. Die
ergossene Blutmasse wurde auf ca. V2Q0 g geschätzt. Der Uterus
war unverletzt geblieben.
Der von Trochownick wieder von Neuem angeregte Vorscblag,
die künstliche Frühgeburt durch eine während der letzten
Schwan gerschaftsmonate innegehaltene Diät und dadurch hervor-
gerufenes vermindertes Wachsthum der Früchte zu umgc^hen^ ist auch
im vergangenen Jahr von mehreren Seiten in Anwendung gebracht
worden. Hoffmann (Therapeut. Monatshefte Nr. 2) theilt zwei
von ihm beobachtete Fälle mit, in welchen die Nachgiebigkeit und
leichte Verschieblichkeit der Kopfknochen die Geburt erleichterte.
Allerdings handelte es sich in seinen Fällen ntir um sehr wenig ver-
engte Becken. Das Gewicht der Kinder betrug 3070 resp. 3060 g
bei 54 resp, 51,25 cm Länge, Die Kinder erholten sich sehr schnell,
die Mütter hatten keine Nachtheüe von dieser Cur. Eisenbart-
München (Münch. med. Wochenschr, Nr, 35) wandte das Verfahren
bei einem durch abgelaufene Osteomalacie stark verengten Becken
an. Die Diagonalis war auf 8,0 cm berechnet. Es konnte nur der
EatBersühnitt oder die künstliche Frühgeburt in Frage kommen.
I
I
I
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Gebartehülle und Gynäkologie.
373
Ldtxtere war bei zwei voraufgegangeuen Geburten ausgeführt worden,
hfttte aber tief aBpLyctische Kinder zu Tage gefördert, welche in-
folge von Verletzungen des Schädels sehr bald nach der Geburt
starben. Von Anfang an wurde die künstliche Frühgeburt bei der
neoen Schwangerschaft in Aussicht genommen und die dtätetischs
Cur empfohlen^ um selbst das unreife Kind nicht zur allzu kräftigen
Eutwickelung kommen zu lassen. Die Gehurt mosste durch Kunst-
hQÜe beendet werden^ des Kind war lebend. Es war 44 cm lang
and wog 1510 g. Es gedieh recht gut,
Pelsier-Köln, Erregen der Wehen thätigkeit durch intra-
uterine Injection von Glycerin (Arohiv f. Gynäk. Bd. 42,
H, 2)* Da die bisher bekannten Methoden, die künstliche Frühgeburt
herbeizaflihren — Katheterisiren des Uterus, Eibautstich u* a, — oft
in ihrem Erfolge unsicher sind, so hat P e 1 z e r versucht, das Ver-
fahren des Einspritzens von Flüssigkeiten zwischen Eihäute und
Uterusinnenfläche wieder aufzuntjhmen , und sich als einer ein zu-
•pritzeoden Flüssigkeit des Glycerins bedient Er benutzte eine
Wnndspritze von 150 g Inhalt, welche durch einen Gummischlauch
mit einem Mercier^schen Katheter verbunden war. Der Katheter
^^Lwurde bei der hinteren Gebärmutterwand so weit wie möglich empor-
^^Tgefbhrt und entleert, während eine erhöhte Lage des Steisses den
Küekflusa des Giycerins hinderte. Ja drei Fällen trat 1/.^ resp*
] Stunde nach der Anwendung Wehenthätigkeit ein, welche anhielt
und zur Entbindung führte. In einem vierten Fall wurden unbeab-
aiohtigterweise die Eihäute perforirt.
81 Fälle von Eklampsie aus der Dresdener Frauenklinik theilt
Goldberg mit (Archiv f, Gynäk. Bd. 41 u. 42), Die Häufigkeit
der Eklampsie betrug 1 ; 133 Geburten. "/^ waren Erstgebärende,
In 90,79^^/0 wurde Albuminurie coustatirt, Oedeme dagegen nur in
der Hälfte der Fälle. Von elf Mehrgebärenden waren zwei bei zwei
auf einander folgenden Geburten wiederholt von Eklampsie befallen
worden. Die Prognose war am schlechtesten bei Mehrgebärenden,
sowie bei Ausbruch der Krankheit in der Schwangerschaft, am heöten
bei den Wochenbettfällen. Die Entbindung übte häufig einen gün-
stigen Einüass auf die Erkrankung aus, indessen konnte in schweren
Fällen weder die künstliche Erreguog von Wehen, noch die blutige
Erweiterung des Muttermundes den tödtlichen Ausgang abwenden. Die
Gesammtsterblichkeit der Mütter betrug 27,4 w,\^ die der Kinder 47 ^Jq,
Die Anwendung von Narcoticis, sowie beisse Bäder mit naebfolgender
Einpackung hatten, abgesehen von der Entbindung, gute Resultate.
374
Ciempiti.
Bülirsaen hat eice ausführliche Arbeit über die Eklampaia
veröffentlicht, welche 194 in der königL Charit^ io den letzten
12 Jahren beobachtete Eklampsiefälle zur Grundlage hat. WeDn
wir auch nicht im Stande Bind, auf aUe Einzelheiten der Arbeit
einzugehen, so sollen hier doch die Scblnsefolgerungen , welche
Dllhrsaen aus seinen Fällen zieht und welche die von dem
Autor mehrfach vertretenen Ansiebten wiederholt, wiedergegeben
werden. Die Ursache der Eklampsie sieht I) üb rasen in der über-
wiegenden Mehrzahl der Fälle in einer IntoxicatioD des Blutes, in
anderen Fällen in einer durch Stoffwechselproducte der Bacterien
hervorgerufenen Zerstörung der rolbeu Blutkörperchen mit fettiger
Degeneration der Kieren, der Herzmüisculatur und Magenschleimhaut;
dieses sind die schweren Fälle, in denen durch eine protrahirie Narkose
didse deletären Veränderungen noch verstärkt werden. In seltenen
Fällen ist die Eklampsie eine lediglich reflectorische, durch psychische
Erregung oder abnorme Aiisdehnang des Uterus bei nervösen Indivi-
duen hervorgerufen. Die Prognose der Eklampsie verschlechtert
sich mit der Anzahl der Anfälle, wenngleich auch in schweren Fällen
schon nach wenigen AnMlen der Tod eintreten kann. Eine sehr
wichtige Schlussfolgerung — für Dührssen die Griindprä misse seiner
gleich zn besprechenden Therapie — ist die^ dasa nach operativer, in
tiefer Narkose vorgenommener Entleerung des Uterus die Eklampsie
in 93/75 öq ^^^ Fälle aufhört. Auch schon jetzt ist nach operativer
Entleerung die Sterblichkeit bei Eklampsie geringer als nach spontaner
Geburt. Dührssen ist der Ansicht, die operative Entbindung so
schnell wie möglich nach dem ersten beobachteten Anfall vorzu-
nehmen. Seiner Ansicht nach wird die Krankheit hierdurch coupirt,
und ibra deletären Folgen für Mutter und Kind, die erst bei längerer
Dauer der Eklampsie auftreten, fallen fort. Die sofortige Entleerung
des Uterus ist in jedem Stadium der Scbwangtrschaft indicirt, weil
die Eklampsie in den ersten 7 Monaten das kind liehe Leben doch
stets vernichtet, entweder dadurch, dass sie die Geburt einleitet, oder
dadurch» dass sie direct den Tod des Kindes herbeiführt, Die sofortige
Entleerung des Utertis will Dührssen mittels seiner Methode der
tiefen Cervixiucisionen, event, Combination mit einer tiefen Scbeiden-
dammincision durchführen. In denjenigen Fällen, in denen der Cervix
noch erhalten ist, schlägt Dührssen eine künstliche Erweiterung
deiB Muttermundes durch eine mechanische Dilatation vor. Er führt
dieselbe aus, indem er einen Kolpeurynter in den Uterus ein-
führt, denselben mit Wasser füllt und durch einen continuirlicheo
Zug den Cervix zum Oeffnen und zum Verstreichen bringt. Durch
I
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I
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Gebartahiilfe and Gynäkologie.
375
diese Operationen glaubt Dührssen auch die Prognose für die
Kinder zu verbeseern, F&r die Mutter halt er diese tiefen Ein-
äohneidungen der Weichtheile für „nicht gefährlicher als die spontane
Geburt^*. Den Kaiserschnitt verwirft er dagegen als zu gefahrlich.
Jede gebartflhülf liehe Operation bei Eklampsie ist in tiefer Narkose
Torzunehmen , um die Steigerung der reflectorischeo Erregbarkeit
durch den EingrifiF zu vermindern. Dagegen hält Dührssen eine
protrahirte Narkose, sowie grosse Morphiumgaben für die Mütter
fer höchst gefährlich (Arch. l Gynäk. Bd. 42, H. 8 u. Bd. 43, H. 1).
*1, Ovario- und Mjomotoniie in der Seh wangersclia ft,
S y m p li y 8 e o 1 0 m i e.
Die Symphyseotomie beginnt ihren Weg aus Italien und
Frankreich auch nach Deutschland zu nehmen. Die vielfachen Ver-
öffentlichungen Morisani'ö in Neapel und Pinard's in Paris haben
verschiedene deutsche GehurtsheHer veranlasst, ihrerseits Erfahrungen
über diese seit einem Jahrhundert obsolet gewordene Operation zu
sammeln und der Oeffentlichkeit zu übergeben. Ob diese Operation
ein Allgemeingut der Geburtshelfer werden wird^ nicht vielmehr auf
einige vereinzelte Fälle sich wird beschränken müssen, lässt sich
nach den bisherigen Ergebnissen noch nicht absehen. Jedenfalls
liegen zur Zeit nur günstige Erfahrungen vor; doch werden mit der
Verallgemeinerung der Operation schwerlich ungünstige Besultate
ausbleiben. Leopold (CentralbL f. Oyn. Nn 30) operirte bei zwei
Mehrgebärenden, deren Becken die Anzeige zum bedingten Kaiaer-
Bchnitt bildeten. Die Fälle betrafen erstens eine 37iäbrige IV-para,
welche ihre drei ersten Kinder todt zur Weh gebracht hatte, 2mal
Zange^ Imal künstliche Frühgeburt. Grösse 135 cm, allgemein ver-
engtes Becken, platt, rhachi tisch: Spina 22, Crista 24, Troch anter 28,
Conjugata externa 11%, Conjugata diagonalia 8^(4, Conjugata vera 63/^.
Nach vollendeter Symphyse otomie hohe Zange an den fest auf dem
Beckeneingang feststehenden Kopf, Kind weiblich, 40 cm lang,
B565 g schwer. Querer Kopfdurcbraesser 9^,j und S'j^ cm, Umfang
34 cm. Glatte Genesung, Im zweiten Falle eine 37jährige ll-para.
Bei der ersten Geburt Perforation des lebenden Kindes. Becken:
22, 25, 30% 16, 8";.^, 6^/4. Kind männlich, 51 cm, 3310g, Kopf-
maasse: 9^;^, 8V'2» ^^l'V Normales Wochenbett Leopold schildert
die Operation als nicht schwer. Die Kreissende wird mit vor-
stehendem Gesäss auf einen Tisch gelagert, zwei Assistenten halten
die Beine unter den Knieen ein wenig gespreizt und drücken mit
der freien anderen Hand die Trocbanteren fest zusammen. Haut-
37ß
Cxempiu.
schnitt von dem oberen Band der Scbamfuge bis 1 cm oberhalb der
Cliloria. DurchtreDnen der Weicbtbeile bis zum Gelenk und quere
Darchtrenniing der Ansätze der Musculi recti nur bo breit, dass der
linke Zeigeünger kinter die Schamfuge gelangen kann. Mit ge-
knöpftem ßicbelartigem Messer wird unter Gontrolle dieses Fingers
langsam das Gelenk durchtrennt. Sofort gehen die beiden Knochen-
enden auf 3 cm, bei vorsichtiger Spreizung der Eoiee und Anwen-
dung der Zange auf oa, 7 cm ans einander. Nach Entwickelußg des
Kopfes bringen die Assistenten durch energischen Druck auf die
Trochantereo die Gelenkenden wieder fest an einander, durch Naht der
Weichtbeile mittels starker Seide oder Silberdraht werden die Ge-
lenkenden an einander fixirt, und dann ein Beckengurt umgelegt^ der
3 Wochen lang das Becken zusammenhält.
Aus der Strassburger Klinik veröffentlicht Müllerheim (ibid.)
einen weiteren Fall von Sympbjseotomie. Es handelte sich um eine
III' Gebären de, das erste Kind spontan und todt^ das zweite lebend darch
Zangenextraction, Das dritte Kind anscheinend übertragen. Die
Kreissende wurde nach tagelangur Gehurtsarbeit nach Wasserabfluas
von 6 Tagen vom Lande in die Klinik gebracht. Becken; 24 '(i, 27,
31, 18'|2^ 10, Hängebauch, erste Schädellagej Kopf über dem Becken
be weglieh j Dehnung des unteren Üterinsegmentes, Die Geburt war
spontan nicht mehr zu erwarten . Es kam zunächst die Wendung
in Frage, welche wegen des lange vorher erfolgten Wasserabflusses,
sowie in Rücksicht auf die bestehende Cervixdehnung kaum aus-
führbar erschien, fernerhin immer noch die Befürchtung mit sich
brachte, daas der nachfolgende harte Kopf schliesBlicb doch noch
perforirt werden müsste. Weiterhin kam die Perforation des leben-
den Kindes oder der Kaiserschnitt in Frage. In diej^em Dilemma
wurde die Sjmpbyseotomie in Erwägung gezogen nnd ausgeführt.
Bei der Operation musste indessen auch das Ligamentum arcaaium
gespalten werden, weil die Spaltung der Symphyse allein die Gelenk-
enden nur 1 cm weit zum Klaffen brachte. Die Harnröhre wurde
durch einen eingeführten Katheter vor Verletzungen bewahrt. Der
Kopf trat sofort ins Becken und wurde ohne Zange entwickelt.
Kind männlich, 4000 g, 51 cm. Kopfmaasse: 10, 11, 37 cm. Hei-
lung gut.
V. Velits-Pressbiirg (ibid. Nr. 40) operirte in einem Falle, in
welchem die Geburt eines lebenden Kindes ganz ausgeBchlossen war.
21jährig6 lll-Gebärende. Erstes Kind lebend perforirt, zweites Kind
abgestorben, bei hochstehendem Kopf perforirt. Allgemein verengtes,
platt rhachitisobes Becken: 26^ 27, 16,5, 9,5, 7^5, Kopf quer über
I
I
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GebnrtBh&lfe und GjuMkßkt^t,
37:
dem Beckeo stehend, starke Kopfgeochvulflt, Abgang ^on MeooiUTuiif
Unregelmiseigkett der kindliciiea Herztöoe. Nach der vorgeaomme-
LueD Sjmphyseotomie wurde der Kopf mit d^r Axeazogzaiige g^
Bt; bei den Tracttoneo rias die mir in ihrem oberen Theü ser-
ftchnitteod Symphyse völlig aas einander. Kind männlich^ 51 cm lan£
3200 g schwer. Kopfmaaase: 8,25, 9,^, 35 cm. Gute Hdilong, Ent-
[ibiasung am 26. Tage*
Zweifel (ibid. Nr 44) operirte bei einer Vlll-para, welche
7mal mit KaDsth&lfe entbunden worden war. Aosser einem dnrch
künstliche Frühgebart entwickelten Kinde kamen alle anderen todt
fur Welt. Platt rhachitisches Becken ersten Grades; 26, 28, 31^ 17,
10. Kopf nach 36stündigen Wehen beweglich aber dem Becken-
eiugang. Auch hier genügte die Dorchschneidung der Symphyse
allein nicht, es mnsste das Ligamentum arcuatam ebenfalls durch-
schnitten werden, ehe die Wunde klagte. Die Urethra wurde durch
Einführen eines Metallkatheters gedeckt, Extraction mit der Zange.
Kind weiblich, 5dcm^ 3500 g. Kopfmaasse: 8, 9V.^, 3G cm. Die
Blutung aus der Symphysen wunde war infolge Verletzung der Cor-
pora cavemosa sehr stark und konnte erat durch tiefe ümstechung
unter Leitung des in die Scheide eiogefahrten Fingers und Controlle
der Harnröhre durch den Katheter gestillt werden. Die Heilung
war am 10. Tage völlig erfolgt.
Tört]gren (ibid. Nr. 49) operirte zweimal. Der erste Fall war
keine strenge Indication. Die Mutter eine IX^para (4 Kinder spontan,
davon 1 todt nach 5tägigem Kreissen), fünftes^ sechstes, und achtes
Kind Wendung mit todten Kindern, siebentes Kind spontan. Patientin
starb ca. 20 Stunden nach der Operation an Herzlähmong infolge
I chronischer Nephritis. Im zweiten Falle allgemein verengtes rhachid-
raches Becken. Coojugata diagonalis 9,5, vera 7,7 cm. Kopfüber dem
Becken, Bei der etwas schweren Zaogenextraction riss das nicht ein-
. geschnittene Ligamentum arcuatum. Kind lebend, oS cm lang, wog
[3750 g. Kopfmaasse 8, 9^*2* Nach 19 Tagen Entlassung.
Aus den mitgetbeilten Fällen geht dreierlei hervor. Zu-
st dass in der That bei Becken mit massiger Verengerung
Pikach der Operation ein lebendes Kind entwickelt werden kann,
welchea entweder nur durch eine die Mutter oder das Kind
schwer gefährdende Wendung hätte entwickelt werden müssen oder
welches zur scboneoden Entbindung der Mutter lebend hatte per-
^ibrirt werden müssen. Für diejenigen, welche bei diesen massigen
Beokenveren gerungen der bediugten Sectio caesarea huldigen, ist die
Sjmpbyseotomie zweifellos ein weit ungefährlicheres Verfahren.
378
CzempiTi.
Zweitens: die Qefahreo der Operation beßtehen vorzugsweise in der
Möglichkeit der Sprenguug der Articulatio sacro-iliaca jeder Seite. Die
beiden nach Zerschneidung ihrer Verhindnnp^ auseinanderweichenden
Oasa pnbia stellen laoge einarmige Hebel dar^ deren Unterstützungs-
punkt in ihrer Kreuzbein Verbindung liegt. Das Auseinanderklaffen
der getrennten Knochenenden erfolgt bis auf 7 cm im Maximum,
Wie B i e r m 6 r* Breslau (ibid, Nr, Bl^ Zur wissenschaftlichen Be-
gründung der Symphyseotomie) an Leichenverbuchen feststellte,
erweitern sich bei dieser maximalen Dehnung die einzelnen Becken-
maasse derart: Conjugata vera um 1,40, Diameter tranaversus um
3^10, Diameter obHquus um 3,50 cm. Diese Erweiterung dürfte also
für das allgemein verengte rhachi tische Becken von bedeutungsvollem
Vortheil sein, wäbrend für das vorzugsweise in der Conjugata vera
verengte Becken der Vortheil gering anzuschlagen ist. Gerade in
diesen Fällen ist zu befürchten^ dass bei dem Anziehen des Kopfes
mit der Zange das Eindrängen des zu starken Querdurch measers
des Kopfes in die verengte Symphyse zur Sprengung der Sym-
physis sacro-iliaca führen kann. Es wirkt hier eine relativ starke Kraft
(der Zug der Zange) am langen Hebelann, wodurch die Wirkung
der Kraft auf den ünterstütxuRgßpunkt (das Kreuzhüftbeingelenk)
sich potenzirt. Demnach wird die Operation zweifellos nur bei Becken-
verengerungen leichten Grades gute Reanltate gehen j hierbei wird
sie indessen relativ selten nöthig werde» ^ da hier die rechtzeitige
Wendung ebenfalls gute Resultate liefert. Drittens geht aus den
OperatioEsgeschicbten hervor, dass die Durchschneid ung des Gelenkes
bei anti septischem Verfahren für die völlige Restitution des Gelenkes
ungefährlich ist, (Bef.)
Eine Myomotomie in der Schwangerschaft führte
Fla i schien -Berlin (CentralbL f. Gynäk, Nr. 10) aus. Es handelte
sich um eine 32jährige Erstgebärende. Die Schwangerschaft war im
3. Monat. Hinter dem Utenia und links war ein kindskopfgrosaer,
höckeriger I gestielter und beweglicher Tumor zu fühlen. Derselbe
wurde als ein Ovarialtumor diagnosticirt, zumal als er in letzter Zeit
schnell gewachsen war. Bei der Operation fanden sich zwei Fibrome.
Das eine gestielte wurde abgeschnitten, das andere, eine breitbastge
Geachwulst, wurde aus der Wand des Uterus auegeschält, die Wund-
höhle mit versenkten Catgut- und feinen oberflächlichen Seidennähten
geschlossen. Der Verlauf war ein sehr guter. — Am normalen Eode
der Schwangerschaft brachte die Patientin einen lebenden Knaben
zur Welt,
I
I
I
I
I
I
I
Geburta hülfe und Gynäkologie.
37 IJ
lieber die Ovariotomie in der Schwangerschaft liefert
Dairne Livland erneu oasa ist i sehe d Beitrag. Er hat alle bisher
in der LUterator bekannt gewordenen Fälle von Ovariotomie in der
Schwangerschaft f im Ganzen 135, zusammengestellt. Die Erfolge
dieser Operation haben sich als recht günstig erwiesen^ die Sterblich-
keit betrug 5,9 %. In 22 % wurde die Schwangerschaft durch die
Opeiration vorzeitig unterbrochen. Im 2.^ — 4. Schwangerschaftsmonat
waren die Resultate ftir die Mutter und die Früchte am besten. Mit
dem Fortscbreiten der Schwangerschaft ist die Prognose für beide
schlechter. Aber auch die Progoose dieser Gomplication der Schwan-
gerschaft mit einem Eierstockstumor ist ohne Operation jedenfalls
sehr ernst ^ während andererseits schliesslich die Exatirpation des
Tumors doch in Frage kommt, Die bisher erzielten Erfolge ermuthigen
zwr Operation.
Eberhard -Köln vollendete die Geburt eines Rie senk indes
bei einer dSjährigen IX-para, welche stets grosse Kinder gehabt
hatte, durch Wendung und Extraction» Das Kind wog 5950 g bei
59 cm Länge. Bei Gelegenheit dieser Mittheilung empfiehlt er, bei
Extractionen des Kindes die von Hegar-Kaltenbach gelehrte
Losung der Arme für den Fall^ dass sie normal auf der Brust des
Kindes gekreuzt liegen oder an dem vorderen Schädelsegment in
die Höhe geschlagen sind, von der Bauchseite des Kindes aus vor-
zunehmen. Die Volarfiäche di^r Hand bleibt dabei der Bauchseite
der Frucht zugekehrt, zuerst wird der hintere, dann der vordere
Arm gelöst. Gelingt die Lösung in dieser Art nicht, so soll im
Gegensatz zu der üblichen Drehung des kindlichen Rumpfes der
Rücken nach hinten gedreht werden, um mit derselben Hand von
vorn, von der Bauchseite aus, die Armlösung vorzunehmen (Deutsche
med. Wochen sehr. Nr. 9).
Hünermann berichtet über drei Fälle von Nervenlahmuug
im Gebiet des N. ischiadicus infolge von Entbindung (Archiv für
Gynäk. Bd. 13, H. 2). Im ersten Fall handelte es sich um eine
^twas erschwerte Zangenextraction bei einer TI-Gebärenden , im
zweiten Fall um eine Erstgebärende mit rhachitischem Becken, Per-
foration und Extraction des todten, bereits in Fäulnies übergegangenen
Kindes; im dritten Fall um eine Zangenextraction nach lange sich
hinziehender Geburt, in allen drei Fällen trat im Anschluss an die
Entbindung eine Lähmung des N* peroneus auf. Im ersten Fall
wurde nach 4 Wochen vollständige Entartungsreaction aller vom
380
Czempin.
Peroneus vorsorgten Muskeln constatirt; es trat keine Bessernng ein,
der linke Unterschenkel blieb atrophiech, der Fase in Spitzfnss-
stellnng, der Gang war stark beb in d er t, und die Kranke musste einen
Apparat tragen, durch den die FusöBpitze in die Hohe gehalten
wurde, Anch im zweiten Fall war die Lähmang der vom N. peroneus
versorgten Muskeln der einen unteren Extremität eine vollständige.
Nach 14 Tagen wurde bereits eine Herabsetzung der elektrischen
Erregbarkeit geftindeü. Anch die dritte Patientin musste ongeheilt
entlaasen werden« Hünermann ist der Ansicht, dasg lediglich der
Brack des kindlichen Schädels während der Geburt die Lähmung
der Nerven hervorruft^ nicht die Anlegung der Zange. Daes vor-
wiegend der N. peroneus von der Drucklähmung betroffen wird^
erklärt sich aus den anatomischen Yerhältnisäen, Die vom vierten
und fünften Lumbal nerven zum Sacra Igeflecht ziehenden Faserbündel
versorgen hauptsächlicb den N. peroneus und sind am Beckeneingang
leicht der Quetschung unterworfen.
3, Kaiserschn i lt. Oßteonialacie.
Winekel-München, Der Kaiserschnitt an der Todten
und an der Sterbenden (AerztL Eundöchau Nr, 5), Ba in
Bayern eine gesetzliche Vorschrift für die Aerzte nicht besteht, so
bat Win ekel aus der Litteratnr der letzten 30 Jahre statistisches
Material für diese Frage gesammelt. Auf Grund dieses kommt
W i n c k^ l im Gegensatz zu anderen Autoren (Schwarz, F e h-
ling U.A.) zu dem Ergebniss, dass die Prognoa© der Operation für
die Kinder bei rechtzeitiger Voroabtne nicht so ungünstige Resultate
gibt. In den letzten 30 Jahren sind mehr Kinder gerettet worden
als früher. Die besten Erfolge gaben Kaiserschnitte an plötzlich
verstorbenen gebunden oder nur kurze Zeit kranken Frauen ( Ver-
blutung» Eklampsie, Ltingenembolie) innerhalb 10 Minuten nach dem
Tode^ aber auch Kinder an chronischen Herz- oder Lungenkrank-
heiten verstorbener Mütter sind sehr oft lebend zur Welt gebracht
und erhalten worden. Indessen sind diese Ergebnisse zumeist in
Hospitälern erreicht worden, in zwei Fällen bi^ 20—30 Minuten nach
constatirtem Tode der Mütter, so dass Win ekel für solche An-
stalten die Forderung aufstellt, dass^ selbst wenn nach dem Tode
der Mutter keine Herztöne mehr gehört werden, doch der Kaiser-
schnitt Hchleunigst ausgeführt werden müsäe^ da die Möglicbkeitf
das kindliche Leben zu erhalten, nicht ausgeschlossen sei. Für die
Privatpraiis wünscht Winckel die Ausführung der Operation gans
dem Erme&ben der Aerzte aoheimzuättfllen, ohne da^s Gesetze einen
Toöe
Wlaekel
381
"kte
k«tt dm
Arndt
der Mutter vork«
wortii der £rvikaon|( ist eu tob F r i t s c h
opeiiita' hfl TOB Kaiserschnitt, dea Miller mitlhmlt (OmtralliL
f.6jB,Nr«6), in welcbem ein Portioceroisom die Indtcatioii
inr OperetioD darbot, tmd in welchem immittelber an die S«ctM>
caeoarea die Frennd'ecbe Totaleagtirpation des Utenia attgeeol&loeaeil
wurde. £e handelte aicii am eine d5jihrige Vl-para, welche in ihrer
jelsgen Schwangeraehaft an heftigen BIotimgeD litt und welche B Tage
aad» der Aaf&ahn»e in die £re«slaaer Eüntk die ersten Weheih bekam.
Ose Portio war hart^ höckerig, dae hintere ScheidengewGtbe Ter«
eehwnndeiiy die hintere Scheidenwaod ging unmittelbar in die höckerige
Masae über. Im rechten Farametrium worden einige resistent t) Kuollen
geAlhlt, Uterosfundnö bis zum Rippenbogen reichend. Eine Eut«
bindong per vias naturales erschien für Matter und Kind h5ohst
gefährlich. F r i t s c h machte die Sectio caesarea. Nach An!t«gun|(
dee Schlauches, Inctsion des Uteras und Entfernung des Kindes
wurden die Ligamenta unterbunden und schrittweise durch trennt.
Durch starkes AnteEectiren und Emporziehen des Uterus wurdt^ der
Douglas'sche Raum sehr gut zugänglich gemacht und dadurch tnne
I genaue Abtastung der erkrankten Theile der Scheidengo wölbe ©r*
möglicht* Die Ablösung und Versorgung des Beckenbodens geschah
weit bis in das Parametrium hinein. Fritsch fand hierbei die An-
sicht Veit*a (cf. d. Jahrb. 1892) bestätigt^ dass filr aolch« vorge-
schrittene Fälle von Carcinom des Geb&rmuttorhalses die Oponition von
^ der Bauchhöhle bei Beckenhochlagerung weit übermchtlichor ist und
die Operation dieser FäDe erst ermöglicht. Das Loch im Becken-
boden war so gross, daes eine Vernähung unmdglich war; en wurdti
deshalb das kleine Becken mit Jodoformgaze tamponirr^ und die (^iis&e
aammt den Ligaturen zur Scheide hinaosgeleitet. Die Heilung wurde
darch mancherlei Zwischenfälle gestört. Patientin konnte schliosslitih
geheilt entlassen werden. Das Kind lebte und entwickelte »ich gut.
In diesem FaUe gelang es somit ^ am Ende der Gravidität Muttwr
und Kind ^u retten«
F&r die Behandlung der Osteomalacie ist die Oantm*
tion von Fehlin g, Truzzi und Anderen empfohlen und ausgeführt
382
Gzetiipin.
worden (s. d. Jahrb, 1892, 8. 400 ff.)* ^<^^on 1888 batte Fehüng 21 Fälle
gesammelt, wo die Osteomalacie die ludication fiir den Porro* Kaiser-
ßchnitt gegeben batte, und wo nach der Operation die Oateomalacie
gebeilt war. Die erste Castration wegeii Osteümalacle führte Feb-
ling Jannar 1887 mit bestem Erfolge aus, 1889 berichtete er über
sieben neue scbwere Fälle, die er durch Castration geheilt batte.
Inzwischen ist die Zahl der aus demselbeo Grunde von verscbiedenen
Operateuren ausgeführten CaÄ^t ratio neu bedeutend gewachsen. So-
lowy-Preasburg (Centralbl. i\ Gynak, Nr. 38) tbeilt einen Fall von
Kaiserschnitt bei Osteomalacie mit. Er zieht in jenen Fällen, wo
oateomalacißche Frauen am Ende der Schwangerschaft zum Kaiser-
schnitt kommen, den conaervativen Xaiserecbnitt mit nacbfolgender
Castration vor, weil derselbe ihm eine bessere Prognose zu geben
scheint ah die Porro -Operation.
Gu^niot- Paris (Äbeille mM. , 15. Febr.) führte in einem Fall
von hochgradigster Osteomalacie lediglich den Kaiserschnitt ans,
ohne die Adnexa zu entfernen. Ein Vierteljahr nach der Operation
war die Kranke von der Osteomalacie vollständig gebeilt.
V, Velits (Zeitscbr. f, Oeb. u. Gynäk. Bd. 23^ H. 2) tbeilt zwei
Fälle von Heilung der Osteomalacie dnrch Castration mit.
In beiden Fällen handelte es sich um alte Mehrgebärende, Die
Knochen veränderungeo waren bei beiden Kranken die typischen,
sehr hochgradig; die Schmerzen wichen nach der Operation sehr bald.
V. Velits tritt für die relative Indication bei Sectio
caesarea ein. Er operirte zweimal mit günstigem Erfolge für
Mutter und Kind. Fiar die Fälle von Kaiserschnitt bei absoluter
Indication empfiehlt Velits die Sterilisirung der Frauen bei der
Operation durch Unterbindung der Tuben (Zeitscbr. f. Geb. Bd. 24,
Heft 2).
Barsony (Arch. f. Gjnäk. Bd. 41, H, 3) bespricht 46 Cranio-
tomien, welche innerhalb 16^^ Monaten in der 1. geburtshülf liehen
Klinik in Budapest ausgeführt worden sind. Bei dieser Gelegenheit
stellt er den Satz auf^ dass bei bedingter Anzeige des Kaiäerscboittes
der Entechluss der Mutter keine Rücksicht verdienen dürfe, da ihr
Urtheil durch die ganze Situation beeinflüsst sei. Die Sectio caesarea
bei bedingter Anzeige mtlsse seiner Ansicht nach auf klinische An-
stalten beschränkt bleiben. Zum bedingten Kaiserschnitt kann sich
Baraony nur schwer entschliessen, da die Mortalität für die Mütter
immer noch 8,6 *^;0 der Todesfälle beträgt, während andererseits die
Oraniotomie des lebenden Kindes sich noch oft umgehen lasse, wenn
1
I
QebvtcbillB od Gyisikolc^
38S
m mokkim Plmaoa did ktaistfiteke ArtligelMiTt eii^g»l«itt%
odv froh & Wendaiig r^rgimammem wmd^
T. d. Poll (Zwifi Falk ^tw Sectio cKosare«, KederL 'Hjdaclir, r,
gMieetki,Mir») afierirte to ein^B Fdle bei Eklampsie, Die Weben waren
seltr sdiwaeb, der iussere Uitttertaand nock gesdüoeseiv die Kranke
BnrtgebiMdft. Die KraatpftafeUe btietiea troU groaser MorphiiuB*
doMii siebt ans, das AUiSBmei&befiadea wurde echlediter. Die Opera-
tioo übte axif die Kramp anfalle keinen Einflass aois, die Kranke
ilarb S Scmden nacb deraeiben; das Kind war bei der Operation
bereita abgjastorben*
Dieretroperitoneale Stielversorgung, welcbe Chrobak
fbr die Siielbebandltmg bei Myomotomien empfoblen batte (cf. d. Jahrb.
1692, Sv 388 u. 384), hat einer Mit thei long von v. Woers (Central bl.
£p G3mäk. Nr. 5) zufolge derselbe nunmehr auch in einem Falle von
Kaie er schnitt nach Porro mit Erfolg angewandt. E^ handelte
»ich am einen Fall von Osteomalacte bei einer 36jährigen Vl-para,
Der Querdnrcbme&ser des Becken ansgangs maass 5^/^ ^^* Nach Ent-
fernung des Kindes und Abtragung der Gebärmutter wurde der
LCeorvixstompf ligirt, mit dem Pacquelin ausgebrannt^ dann mit der
rBcbeere gekürst, ein Jodoformdocht durch den Cervicalkanal in die
Scheide eingeführt und im Niveau des Cerviz abgeschnitten, dtinn
tder Cervixstumpf von der Bauchhöhle aus mit vorher, hei der Ab-
laetznng des Uterus gebildetem Peritonea Happen bedeckt und über-
laäht. Die Heilung war eine glatte, und auch der Effect der Opera*
tion auf die Osteomalacie ein günstiger (Centralbl i\ tlynak. Nr* 5).
4, Erkrankungen der Ney geborenen»
Deber gonorrhoische Erkrankung der Mundsohleim-
[baat bei Neugeborenen berichtet Rosinski. In fünf ITällen in
der Königsberger geburtßhülf liehen Klinik trat überbinstimmünd fol-
gendes Krankheitsbild auf. Ohne vorauf gegangene entKÜndiicho
Kdtbe findet sich eine weisslicbö Verfärbung auf den vorderen awoi
^Dritteln der Zunge^ mehreren oharükteristischen Stellen de^ harten und
weichen Gaumens und den vorderen Partien der freien Kieferränder.
jDieae Verfärbung wird nach einiger Zeit gelb, ihre Oberfläche rauhj
prominent und stösst sich mit Eiterkorperchen vermischt aIb dick-
licher Brei ab. Am 3. Tage beginnt vom Rande der Flecke her die
Hegeneration des EpitheU ohne Spur einer Narbe, Die Gonokokken
wurden bei Schnittpräparaten nie intracellulftr gefundeu. Im Binde-
384 Cseropin,
gewebe warati ebenfalls keine GoDokokkenanBiedelungeii gefucdea
(Zeitscbr. l Geb. u. Gynäk. Bd. 22, H. 1 u, 2),
Feis beobacbtete einen Fall von in utero erworbener
Blennorrhoea neonatorum gonorrhoica (Centralbl. f. Gjnäk.
Nr. 45). Es geboren diese Fälle von Äagenblennorrhoe Neugeborener,
bei welchen das Ineabationsatadium in die Zeit vor der Geburt fallt,
zu den Seltenheiten, wenn sie auch nicht unbekannt sind. Bedin-
gung zum Zustandekommen der Infection ist die lange Gebartsdauer
nach frühzeitigem Blaäeiisprung, Durch häufige Ünterauchungen
wird das im Cervix befindliche infectiöae Beeret in die Höhe ge-
schoben und in die Nabe des Auges oder auch direct an die Augen-
lider gebracht. Desinücirende Ausspülungen sind natürlieb noch
Zustandekommen der Infection werthlos, — andererseits war die
Gonorrhoe der Mutter in dem geschilderten Falle vollkommen latent,
ohne objectivö Erscheinungen , so dass vorbeugende Ausspülungen
unterblieben. In unserem obigen Falle hatte die Geburt 54 Stunden
nach dem Blasensprong stattgefunden. Beide Augenlider waren be-
reits bei der Geburt geBchwollen und geröthet, die Bindehäute hoch-
gradig geschwollen, im Biudehautsack eine reichliche Menge wässerig
gelblicher Flüssigkeit. Der Nachweis von Gonokokken konnte
wenige Tage später in dem reicblicheu Eiter, welcher sich bildete,
erbracht werden, Feis berichtet über einige ähnliche in der Lit-
teratur mitgetheilte Fälle.
A. Sippel- Frankfurt a. M. , Zur spontanen Nabel blutung
Neugeborener (Centralbl t Gynäk. Nr* 25). Den Geburtshelfer
interessirt obiges Kapitel zweifelluB, so dass eine Mittbeilung dieses von
Sippel beobachteten Falles gerechtfertigt erschein t. Es handelte sich
um ein 11 Tage altes Kind gesunder Eltern. Lues oder Hämophilie
war auszuBchliesaen» Während des Verbandwechsels fing der Nabel
im continuiriicbeu hellrotben Strome an zu bluten. Stundenlange
Oompression mit dem Finger, sowie eine umschnürende Naht des
Nabels konnten die Blutung nur auf einige Stunden stillen. Es war
zweifellos eine Umbilicalartorie, welche in continuirüchem Strome
sich entleerte, indem die mannigfaltigen Falten des eingezogenen
Nabels den pu Isatoris eben Strabl in ein continuirliches Ausfli essen
umwandelten. Die von Sippel vorgeschlagene Operation — Laparo»
tomie behufs Unterbindung der Umbilicaiarterie in der Continuität —
wurde verweigert, das Kind blutete sich nach einigen Stunden zu
Tode. Die Section bestätigte die Annabme^ dass ein Offenbleiben
O^Rirtdllfe
8811
UittibiBealBrteirie die ürsMsii« d«r Btahmg gnwomi m^ m dmts
Tön BIppel Torgeadüagesio Opermtioiii iMreditigt gaw^Ben. wtre.
feebt6 Artene wmr gut Ihronibosifty dio linke halle exnen die
oieEit ToUständig «isMIeiiideii m der Wand mtifintiendeii
dbtid, neben welchem das Lomen denrt Uafiieir duas eine von
l'der Banchhohle in die Arterie eingeführte xiemlieh di<^e Sonde von
fvdbst sutn Kabel heransfieL Sippe 1 sieht die Ursaclie der Btutnng
einer mangelhaften Entwickelung der oontrac^len Kiemente der
len Arterie.
Für die Physiologie des Fdtus nnd die Frage der fötalen
Nierens e er etion ist ein von Eissmann (Centralblatt f, Gyn&k.
bKr. 26) ans der Entbindungsanstalt 2U Hannover mitgetheilter Fall
Ton Interesse, in welchem bei einer gesunden I-para ein lebendes
Kind im 8. Monat der Schwangerschaft geboren wurde, welches
A^q Standen später starb. Die Section ergab folgenden Befand:
Doppelseitiger Kryptorchismus , Klumprüase, Nebennieren von ge-
wöhnlicher Ausbildung. Die Nieren fehlen beiderseits ebenso wie
die Ureteren vollständigf in der sehr länglicheQ Blase ist an einer
Seite die Andeutung eines Grübchens, wo der Ureter eiumünden
sollte. Beide Hoden liegen mit ihren Adnexen im grossen Bocken.
^Demnach ist hier die Thatsache feststehend, dass ein kräftig ent-
kelter Fötus aus dem Anfange des 8. Monates ohne Nieren und
ureteren lebend geboren wurde*
Schaff er (Gentralbl f. Gynäk, Nr. 39) hat ähnliche Fälle be-
lobachtet. Bei einem 9,5 cm langen , 30 g schweren Fötus war bei
Atreeie der Harnröhre die Blase nur kleingerstenkorngroas aufge-
trieben, welches Volumen also der Secretion von 2 Monaten ent-
sprechen musste. Bei einem anderen 7 monatlichen männlichen Fötus
^fehlte der uropoetische Apparat vollkommen. Auch aus diesen Fallen
geht hervor, dass die Haupteotlastung des fötalen Stoffwechsels
durch die Nabelarterien von statten geht, die Nierenfunction also
unersetzliche Bedeutung ist.
IIL Gynäkologie.
1, AllgemeiDe gynikologUchc Pathologie nnd Therapie.
£in€ii Fremdkörper im Uterus fand Tannen -Hannover
(GenlralhL f. Gynäk* Nr. 28). Die Patientin gab an, bei Gelegenheit
Abortes sich mit Hülfe einer Haarnadel Watte in die Scheide
sa haben, am die Blutung zu stillen. Es bestanden heftige
386
Czempin.
Schmerzen beim Sitzen, beim UrinlaBsen und bei der Defacation,
Die SandiruDg dea Uterus ergab keine Resultate t so dass Tannen
an die Existenz eines Fremdkörpers nicht glaubte und den Uterus
dilatirtef um die Curette einzuführen. Bei der AbscbabuBg der
Uterusschleimbaut stiess das Instrument auf einen Fremd körperi
welcher mit Hülfe einer Komzange unter gresöen Schwierigkeiten
herausbefördert wurde. Fraglos waren die Angaben der Patientin
falsch, da dieselbe wohl die Haarnadel, um den Abort zu provociren,
sich in den Uterus eingeführt hatte, Tannen rühmt zur Feststellung
des Fremdkörpers die Curelte, da deren breitere Fläche eine bessere
AbtastUDg erlaubt als die Sonde.
Einen eigenartigen Fremdkörper in der weiblichen Harn-
röhre fand Lohn st ein (Deutsche med, Wochenaohr, Nr. 38). Bei
einer 24jährigen Nähterinj welche wegen Cystitis in Behandlung kam,
konnte Lob n stein mit der Steinsonde einen Fremdkörper in der
Blase constatiren. Derselbe wnrde nach Dilatation der Harnröhre
mit den S im o naschen Speculis entfernt und erwies sich als ein von
dem Bräutigam der FatientLu ihr fälschlich per urethram eingeführtes
Pesßarium occluaivum,
Langrand et (0az. des höpitaus 1891, Nr. 74) empfiehlt die
von Chaumel angegebenen V a g in a le i n 1 a g e n aus festem
(ca. 20 g) Glycerin in Eiform. Dieselben werden mit den ver-
schiedensten Medicamenten gemischt dispen^irt und von den Patienten
selbst eingelegt. Sie schmelzen langsam in 8 — 10 Stunden, so dass
ibre Anwendung am besten zur Nacbt stattfindet. In Berlin hat die
Lucae^sche Apotheke solche Vaginaikugein vorräthig. Ihre Anwen-
dung dürfte in manchen Fällen bequem und erfolgreich sein.
Die palliative Behandlung des Carcinoma uteri mit
Alkohol führte Schulz in der Klinik des Prof. Tau ff er in Buda-
pest aus (Centralbl. f. Gynäk, Nn 13)» Es bandelt sich um eine
vorläufige MittheiluDg, nur zwei Fälle sind längere Zeit behandelt
worden. Beide waren inoperabel, es bestanden Cancroide der Portio
mit Infiltration des eeitUchen Beckenboden s. Es wurden täglich in
das erkrankte Gewebe der Portio Injectionen von 5 com bis 10 ccm
absoluten Alkohole mit einer grösseren Pravaz'scben Spritze ge-
macht. Im Ganzen 45 resp. 48 iDJectioneUj 1 — 2tägtg. Die Schmerzen
waren gering* Es trat völliger Nachläse der Blutungen und des Aus-
flusses ein; die Neubildung schrumpfte völlig ein, das Gewebe ver-
härtete sich, die Geschwüre reinigten sich, wurden kleiner und über-
Gebiirtshülfe und Gynäkologie.
387
haatetea sich sohliesslicli. Ueber die Dauer der HeUuEg läBSt sich
noch nicht» Sicheres angeben.
Ein Todesfall nach Injection von Liquor ferri sesqui-
chlorati in den Uterus wurde in der Bonner Klinik beobachtet
und von Pletzer (CentralbL f. Gynäk. Nn 18) mitgetheilt. Es war
bei der 32jährigen Patientiö, welche mehrere Geburten liberstaniien
hatte, wegen Retroversio uteri und Endometritis eine Abraaio mucosae
ausgeführt worden. Nach 4 Tagen wurden intrauterine Ausspü*
lungen vorgenommen. Anscheinend ist bei denselben eine Läsioti
der Utenismusculatur erfolgt. Als bald darauf Blutungen eintraten,
[ wurden unter allen Vorsichtsmassregeln 2 g Liquor ferri seaquichlorati
mit der Braun*scheQ Spritze in den Uterus eingespritzt und der Uterus
hinterher ausgespült. Sehr schnell hinterher traten heitige Schmerzen
und bedrohliche Allgemein erscheinungeu auf, welche nach 21/4 Stun-
den 2um Tode führten* Bei der Section fand sich, dass von einem
in der Uteruswand befindlichen ca. [^ ^^ tiefen Defect sich Throm-
ben in den Venen bis in die Iliaca communis fortsetzten, da^s auch
das diese Venen umgebende Gewebe bräunlich verfärbt war. Die
Eisenchloridlösung ist also zweifellos in die oifenen Venenlumina der
üterusw«nd eingedrungen und hat durch chemische Einwirkungen
auf das Blut den Tod herbeigeführt.
Einen Uterus bicornis unicoüis mit Schwangerschaft
im rechten Hörn beschreibt S chep er s- Greifswald (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 20), Es trat Abort im G, Monat ein. Aus dem
nicht schwangeren linken Hom wurde eine Decidua noch vor er*
folgtem Abort des rechten Hornes ausgestoaaen. Die Diagnose war
vor dem Abort schwierig, nach demselben Hessen sich beide Homer
deutlich abtasten.
Das Kapitel der Gynatresien wird durch einen interessanten
aas der Breslauer Üniversitats-Frauenklioik von Glaeser (Central-
blatt f. Gynäk. Nr. 33) mitgetbeilten Fall bereichert, welcher auch
gleichzeitig diejenigen seltenen Fälle illustrirt, bei welchen die Er-
dffiQong der Bluthöhle auf dem natürlichen Wege unmöglich ist.
In der Frage der operativen Behandlung der Gynatresien ist das
gleichseitige Vorbandensein einer Hämatosalpinx immer als von aus-
schlaggebender Bedeutung anzusehen. Fuld fand unter 65 Fällen in
der Litteratur 48mal tödtlichen Ausgang, nachdem in 39 Fällen eine
Operation vorhergegangen war. In den Fällen, wo eine angeborene
Atreme besteht, ist eine Sicherheit, dass die Patientin einen Uterus
388
CzempiD-
besitzt^ nie völlig gewährt« Liegt also bei angeboreDem Scheideo-
defect ein Bluttomor weit von der rudimentären Scheide entfernt, so
ist die Differentialdiagnose zwischen rudimentärem ütemshorn und
Tube sehr acbwierig, und dementsprechend ein operatives Vordringen
von dem blindsackformigen Scheidenkanal untbunlich, F ritsch hat
in eolcheu Fällen die Exstirpation des Tumors von der Bauchhöhle
aus, eventuell empfohlen^ den Tumor nach möglichst ausgedehnter
Resection in die Bauchwunde einzunähen, da dieses Vorgehen sicherer
und gefahrloser ist, als das Operiren von der Scheide aus. In dem
von Glaeaer mitgetheilten Falle handelte es sich um eine derartige
schwierige Differentialdiagnose. Es handelte sich um eine 28jährige
Kranke, welche die bekannten vi er wöchentlich auftretenden paroxys-
menartigen Anfälle hatle. Vagina 2 cm lang, blindsackf^rmig. Tief
in der Kreuzbeinauahöhlung , etwas nach links ein gänseeigrosser,
ovaler Tumor, vor diesem eine p fiaumen grosse , weiche Geschwulst.
Nach dem Blindsack der Scheide zieht von einem dieaer beiden
Tumoren ein derber Strang, femer ist ein z\> eiter nach dem Bliud-
sack zu fahrender Strang mit einer kirscbgrossen Anschwellung an
seinem lateralen Ende zu fühlen. Es wurde dem Befunde nach
doppelte Anlage der inneren G-enitalien angenommen^ der eine ütema
(der Strang mit dem kirsoh grossen Ende) rudimeniärf die grössere
Geschwulst als das entwickelte mit Blut gefüllte Corpus uteri. Die
von F ritsch vorgeuommene Laparotomie ergab indess, dass es sich
um zwei rudimentäre Uteri handelte, Ber pflaum engrosse Tumor
war das linke, mit etwas sang uinol enter Flüssigkeit gefüllt© Uterus-
hom, das rechte Uteruahorn war solide. Der gänseeigrosse Tumor
war das au einer Dermoidcyste entartete linke Ovariara, das rechte
Ovarium war klein, zeigte aber Corpora lutea als Zeichen seiner
Function. Die Uteri wurden mitsammt den Adnexen ampetirt. —
Dieser Fall ergibt zweifeüos, dass bei demaelben eine andere Art
des Vorgehens, als von der Bauchhöhle aus^ nicht gerechtfertigt war.
I
I
In der Aetiologie der Fibromyome des Uterus kano
nftoh der Ansicbt Prochowniok*s (Deutsche med. Wochenschrift
Nn 7) constitötionelle Syphilis ©ine Rolle spielen. In einigen Fällen
konnte er naoh Quecksilber- und Jodbehandlung eine deutliche, aller-
dings geringe Abnahme der Geschwülste, Beseitigung der Blutungen
und Schmerzen constatiren. Bei zwei nicht syphilitischen Myom-
kranken war diese Therapie ohne Erfolg. Häufiger ist nach Pro-
ehownick Lues Veranlassung zu chronischer Me tri tis und Endome-
tritis^ welche dann oft allen anderen medicamentösen und operativen
I
*
Gebnrtabülfe und Gynäkologie,
389
ßehandlaogsweiaen trotzen und erst nach Grebrauch einer antisyphi-
litischen Cur heilen.
DieprimäreUro-Genitalttiberculose desWeibes bespricht
H e i b e r g - Christiaoia ( Pestschrift zu R. V i r c h o w's 70. Lebensj ahre)
in einer Arbeit, welche die Üro-Genitaltuberculose überhaupt zum
Gegenstand hat. Von 84 rälleu von Tuberculose des Harn- und Qe-
achlechtsap parates waren 2^ primär^ 55 secundär, von den primären
betrafen 13 weibliche Personen, See und ar kommen neben den be-
kannten Primärherden in der Lunge und den Darmdrüsen auch die
Knochen- und Gelenktuberculosen in Betracht. So kann eine tuber-
culose Erkrankung des Vaa deferens oder der Tuba Fallopii durch
Infection von einer tuberculösen Coxitis entstehen. Von den 13 Fällen
von primärer üro-Genitaltüberculose bei Weibern waren drei isolirte
Tuberculose der Harnwege, fünf isolirte Genitaltubercülose, die
übrigen fünf combinirte Erkrankungen beider Organe. Eine Kranke
war 63 Jahre alt geworden, die übrigen hatten im Alter von 18 bis
25 Jahren gestanden. Die Tuberculose beginnt meist an den Tuben
am abdominalen Ende. Von hier aus wird der Uterus inficirt. In
den Ovarien findet man meist käsige Bröckel, selten Eruptionen von
Tuberkeln auf der Innenwand kleiner, mit käsigem Brei erfüllter
Cysten. Die Infection erfolgt auch hier von den Tuben ans* Zu-
weüen geht von der Genitaltuberculose eine tuberculose Affection
dee kleinen Beckens aus, welche grosse eiterige Zerstörungen her-
vorruft und schliesslich zur Miliar tuberculose oder zur tuberculösen
Peritonitis führt
A. Schäffer^ Die elektrische Behandlung der Uterus-
m y 0 m e (Therap. Monatsk, Sept.), bat 48 Fälle dar V e i tischen
Klinik nach der A p o stoli'schen Methode behandelt. In der
Stromstärke ging er nur so weit, als es die Kranke ohne lebhafte
Schmerzempfindung aushalten konnte« Br begnügte sich in den
ersten Sitzungen mit 70—140 M.A. und stieg später auf 200— 240 M,A.
Die Bauchelektrode wurde den Angaben Apostoli'S entsprechend
Äshr gross genommen, ca. 600 qcm. Vor allen Dingen ist, um irgend
einen Erfolg su erzielen, eine consequente Durch füll rung der Methode,
ca. 20 — 40 Sitzungen, erforderlich. Er wandte stets die intrauterine
Sonde, niemals die directe Punctur des Tumors an. Er betont, dass
die peinliche Antisepsis bei der Ausführung der elektrischen Methode
onnöthig ist, schon vor allen Dingen deswegen, weil sie ihren Zweck
eicht völlig erfüllen kann, dann aber auch, weil die energische Des-
infection des Cervicalkanals nicht ungefährlich ist. Schaff er hat
390
Czempin.
in cö. 2000 Sitzungen j welche er ohne Anwendung einer Vaginal-
oder Cervicaldesinfection vorgenommen hatte j niemals eine Infection
oder sonstige üble Nachtheiie beobaohten konneD. Was nun die mit
der Elektricilät erzielten Erfolge anlangt^ so gesteht Schaff er offen,
dass ein Versch winden oder Kleinerwerden der Myome in keinem
der 48 Fälle beobachtet worden ist. Er hält alle gegen theiligen
Beobachtungen für Fehler in der Untersuchung, Dennoch hält er
die Apostoli'ache Methode, wenn er sie auch ala radicalea Heil*
mittel nicht gelten lassen kann, doch für ein eehr schätzens-
werthes Palliativmittel, welches im Stande ist, die Symptome zu
beseitigen. Für die Wirkung der Behandlung sind von 48 Fäüen
nur Bß zu verwenden, während 12 ans äusseren Gründen sehr bald
aus der Behandlung ausschieden. Von diesen 36 Fällen sind 20 in-
sofern geheilt, als alle Krankheitesymptom© vollständig verschwan-
den, die Blutungen normal wurden im menstruellen Typus und voll-
ständig schmerzlos verliefen, die sonstigen Beschwerden, wie Urin-
drang etc. aufhörten. Ja in einem Fall trat ein Jahr nach Beendi-
gung der Behandlung zum ersten Mal nach Sjähriger steriler Ehe
Schwangerschaft ein, welche zur normalen Enthindung führte. Der
Erfolg trat in diesem Falle nicht gleich nach den ersten Sitzungen
ein^ im Gegentheil vermehrten die ersten Sitzungen die Bescb werden,
und verloren sich dieselben erst im weiteren Verlauf der Behand-
lung. Secbs Fälle wurden wesentlich gebessert. Zwar wurden die
Menorrhagien geringer, doch blieben eine Reihe von Beschwerden
zurück. Fünf Fälle wurden in keiner Weise durch die Behandlung
beeinfiusst, fünf Fälle wurden durch die elektrische Behandlung ver-
schlimmert. In diesen fünf Fällen handelte es sich ausnahmslos um
submucöse Myome. Pathognomisch für diesen Sitz der Myome, der
vorher nicht mit Sicherheit constatirt werden konnte, ist, dass regel-
mässig nach den elektrischen Sitzungen die Blutungen verstärkt
auftreten. Infolge dessen hält Schaff er das Yorhandensein eines
intrauterinen Myoms für eine directe Contraindication gegen die
Anwendung der A p o s t o 1 loschen Methode. (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 15; Zeitschr. L Geb. und Gynäk. Bd. 23, S. 3.)
A. Martin und Mackenrodt fällen dagegen ein sehr un-
günstiges ürtbeil über den Werth der Elektrotherapie der
Myome. Sie sehen in dieser Behandlungsweiee ein ungeeignetes
Verfahren , das den Kranken grosse Opfer an Schmerzen und Zeit-
verlust zumulhet, weniger als einem Drittel symptomatische Besse-
rung, wahröcheinlich nie Heiiang, in mebr als einem Drittel Ver-
schlechterung bis 2ur Lebensgefahr bringt.
Gebartshulfe and Gjroäkotogie.
S9I
Einen bemerkenswerthen Wink zur Aetiologie des Prolapses
Ton Uterns und Vagina gibt Rueter-Hambnrg (Centralblatt för
OjDäk. Nr. 37). Er fand bei einer Patientin, bei welcher er wegen
Prolapsus uteri et vaginae die Ventroüsatio nach Leopold gemacht
hatte, ein Kecidiv. Bei genaner üntaranchung der Patientin fand
er eine ganz ausserordentlich hochgradige Verminderung der Becken*
neignng. Die Becken eingaugsebene war beinahe horizontal, so dasa
die Symphyse hoch stand, und die Vulva stark nach vom gerichtet
war* Kueter bestimmte bei dieser Patientin den Neigungswinkel
des Beckens^ indem er vom Oberrand der Symphyse und vom Dorn-
fortsatz des fünften Lendenwirbels je ein Loth zum Fussboden fällte,
die DififereDz der Lange dieser Lothe durch die Entfernung der beiden
Pusspunkte dividirte: die erhaltene Grösse ergab die Tangente des
gesuchten Winkels, welcher selbst sich dann aus den Logarithmen-
tafeln ersehen läss.t. In dem mitgetheilten Fall betrug der Neigungs-
winkel 24^. Ee hatte hier also das Becken eine solche Richtung
zur Körperaxe und besonders zur Axe der Leibeshöhle, dass es
den gesammten Inhalt derselben sowie auch den Druck der Bauch-
presse tragen musste. Bei weiteren Untersuchungen, welc-he Kueter
an seinen Prolapspatientinnen vornahm, schwankte die Grösse des
Winkels zwischen 24 ^ und 45", während der Neigungswinkel gut
gebauter Frauen ca. 50** und mehr betragen muss. Bei der Wich-
tigkeitf welche diese Thatsaohe für jeden Gynäkologen haben muss,
bedarf sicherlich die Angabe Rueter*s einer weiteren Nachprüfung
bei einem grösseren Material. Sollte sich die Richtigkeit dieser An-
sicht ergeben, so würde von Hause aus eine Anzahl von Patientinnen
von einer plastischen Operation ausgeschlossen werden müssen.
2, Vaginale Operationen, Exetirpation de^ Uterufl,
F. Trendelenburg-Bonn veröffentlicht zwei neue Fälle von
Operation der Blasenscheidenfisteln von der Blase aus
(Deutsche med» Wochenschr, Nr, 25)» In beiden Fällen waren die
Fisteln von der Scheide aus nicht genügend zugängig, so dass
Trend elenburg in Beckenhochlagerung die Blase durch einen
Querschnitt oberhalb der Symphyse freilegte und dann extraperito*
Deal durch Querschnitt eröffnete. Die Fistel wurde in dem ersten
Falle durch Seidennähte, welche in der Scheide, und Catgutnähte,
welche in der Blase geknotet wurden^ vernäht, die Blasenwunde bis
auf eine kleine DrainofFnung geschlossen, der prävesicale Kaum mit
Jodoformgaze tamponirt. Die Patientin wurde dann dauernd in
Seitenlage gebracht. Heilung complicirt durch einen Hauchbmch.
392
Gzempin.
I
Der zweite Fall war ausäerordeDÜicli schwer infolge starken Fett-
polster der Patientin and Kleinheit der Blase. Trendelen barg
resecirte einen Theil der Symphyse temporär. Die Operation dauerte
& Stunden. Die Heilung wurde durch Nekrose des resecirten Sym-
physen Stückes aufgehalten* Dennoch wurde de&nitive Heilung der
Fistel erzielt,
Czempin* Berlin wandte in einer Reihe von Fällen mit sehr
gutem Erfolge das Verfahren der Lappenbildno^ bei der
Dammplastik an (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 20). Das Verw
fahren, das in den früheren Jahrgängen dieses Jahrbuchs (1889, 8.325
bis 1892, 8.367 fif.) bereits beschrieben worden ist, besteht bei completen
Dammrissen in einer Spaltung des Septum recto- vaginale dorch einen
queren Schnitt ^ an dessen beiden Enden sich nach oben und unten
senkrechte Schnitte anschliessen. Auf solche Weise wird ein oberer
Scheiden- und ein unterer Mastdarmlappen gebildet, Csempin
modificirte die Naht, da es sich in allen seinen Fällen um hoch hin-
aufreichende Mastdarmrisse handelte, insofern, als er die Mastdarm-
wunde für sich nähte, dann die Scheiden- und Mastdarm wände
schioBS* Czempin rühmt diesem Verfahren zunächst eine ausser*
ordentliche Sicherheit des Erfolges nach, femer den Vortbeil, d&ss
bei eventuellem Versagen durch Infection etc. keine VergrÖssernng
des Defeets eintritt, wie dies bei der Anfrischungsmethode ganz
selbstverständlich ist.
Eine kleine Mastdarmscheidenfistel, weiche an der Gh-ease
zwischen erstem und zweitem Drittel der hinteren Scheidenwand lag^
gab Czempin -Berlin Veranlassung, die operative Heilung dieaetr
Fistel nicht auf dem alten Wege der Anfrischung zu versuchen, sondem
ebenfalls nach dem Princip der Lappenspaltung (Tai t- Sänger) aus*
zuführen. Ein senkrecht über die Fistel hinweg geFöhrter Schnitt
spaltete die Scheidenschleimhaut bis zum Septum recto-vaginale, die
Scheiden Schleimhaut wurde nach links und rechts zurückpräparirt,
so dass die in der oberen Mastdarmwand befindliche FistelöÜiiaDg
sichtbar wurde. Ohne jede w^ eitere Anfrischung wurde von der
Scheidenwunde aus die Mastdarmfistel durch Nähte, welche die
Fistel und etwas ober- und unterhalb gelegenes Gewebe nach unten
einstülpten^ geschlossen und darüber die Scheidenwunde incl. der
Scheidenfistel vernäht« Die Heilung erfolgte prompt — Dies Ver-
fahren passt gut für kleinere, tiefer gelegene Fisteln mit nicht sn
narbiger Umgebung* Im Falle eines Misserfolges ist eine Vergrös-
serung der Fistel nicht zu befürchten, wie dies zweifellos bei der
I
I
I
Geburtshülfe nnd Gynäkologie.
39ä
An&ischiiiig der Eistel der Fall sein würde* (C^ntralbl. für Gjnäk.
Nr. 14,)
Boisleux- Paris (CentralM. für Gynäk. Nr. 29) löste in siebeu
Fällen von fixirter Retroflexio uteri oder Verwach siingeo der Adnexa
die Verwachsungen von der Scheide ana durch eine Operation,
welehe er intraligamentäre Elytrotomle nennt» Sie besteht in
einer Eröffoung des Bouglas'schen Baumes durch einen in sagit-
taler Richtung zwischen den beiden Ligamenta sacro-nterina ver-
lanfenden Schnitt, welcher gestattet, den Finger einzuführen und
dann im Dunkeln allerlei ManipulatioDen vorzunehmen. Zu ver-
tfaeidigen von den vom Verf. aufgestellten Indicationen ist allein die
Lösung des fixirten retroflectirteu Uterus, allenfalls noch die lucision
zu diagnostischen Zwecken. Nach Lösung des retroflectirten fixirten
Uterus führt Boisleux einen starken Drain mit Querbalken ein,
welcher die Wieder Verwachsung der Adhäsionen verhindern soll und
den Abfluss der Secrete ermöglicht. Er macht durch diesen Drain
„Ausspülungen der Peritonealhöhle mit Borlösnng^.
Eine neue operative Methode der Retro flexi o uteri veröffent-
licht Mackenrodt- Berlin (Deutsche medic. Wochenschrift), Das
Princip seines Verfahrens ist folgendes; Die Scheide wird durch
einen sagittal vom Urethralwulst bis zur Portio laufenden Schnitt
gespalten, an dem unteren Ende des Schnittes wird quer nach links
und rechts ein zweiter Schnitt angelegt. Der so umschnittene doppel-
seitige dreieckige Scheid enlappen wird nach rechts und links surück-
praparirt. Hierauf wird die Blase stumpf vom Uterus bis etwa 1 cm
über dem inneren Muttermund vom Cervix stumpf abgelöst. Der
in Anteflexion gebrachte üteras wird nunmehr mit dem Scheiden-
kppen durch drei tiefe Nähte vernäht, so dass die Nähte den
Scheidenlappen der einen Seite fassen, durch die Uterussub stanz
gehen nnd auf dem Scheidenlappen der anderen Seite herausgestochen
werden. Dann wird die übrige Wunde vereinigt. Die Methode hat
?or der Schuck in gesehen unleugbare Vortheile. Man operirt bei
völlig klaren, offenen Verhältnissen, sie ist technisch leicht und sicher
aosf^rbar, Nebenverletzungen sind ausgeschlossen. Ob sie indessen
bilt, was sie verspricht, kann erst nach weiteren Beobachtungen
Qütsckieden werden.
Wolter berichtet über die auf der chirurgischen Station des
allgemeinen Krankenhauses zu Hamburg in den letzten 10 Jahren
ausgeführten vaginalen Totalexstirpationen des carcinoma-
töaen Uterus, Im Ganzen wurden 47 ausgeführt Er ist der An-
394
Ctempin*
sieht ^ dasa auch bei Carcioom der Portio dar Uterus völlig zu eot-
fernen sei, da die Möglichkeit einer VerbreituDg der maligneD Neu*
bildungeu auf das Corpus Dicht auszuschlieaseii eei^ woför auch der
häufige Befund chronischer EDdometritis corporis bei Carcinom des
Scheidentheils sprichl. Für die Prognose der Operation und der
definitiven Heilung iat die Vermeidung jeder Berührung der carcino-
matösen FlÄobe mit dem Peritoneum unbedingt nothwendig. In-
folge dieser Absicht wurde jedesmal die Peritonealwunde durch die
Naht vollkommen geschlossen. Bei sehr ausgebreiteter Erkrankung
beschleunigt dies operative Eingreifen nur das Recidiv und gestaltet
den ganzen Krankhei tsver lauf weit ungünstiger. (Jahrb. der Hamb,
8taatskrankenanstalten, 2. Jahrg.)
Tipjakoff-Saratow (Centralbl. für Gynäk. Nr. 43) berichtet
über 50 in den letzten 2 Jahren ausgeführte Operationen bei ma-
ligoen Neubildungen der Gebärmutter, 35 Krebse des Cervix, 12 des
Corpus uteri, und 3 Adenome der Uterusschleimhaut, Fünfmal wurde
nur die Vaginal portion amputirt, 25mal der Cervix aupravaginal ex-
cidirt, 5mal Exstirpatio uteri totalis bei Cervixcarcinom ; bei den
12 Krebsen des Uteru&körpers und den 3 Fällen von Adenom wurde
der Uterus total exätirpirt, darunter einmal von der Bnuchhöhle aus.
Ueber den Endeffect der Operationen berichten beide Autoren nichts.
Die Totalexstirpation eines im 6. Monat graviden Ute-
rus wegen Carcioom führte ßtocker-Luzern (Centralblatt flir
Gynäk. Nr. 32) aus. Es bandelte sich um eine 36jährige IX-para,
in deren Familie anscheinend viele Krebserkrankungen vorgekommen
waren. Während der Schvi^angerschaffc im 6. Monat bestand ein
carcinomatöser Tumor der rechten Cervixbälfte mit bereits statt-
gehabter Ulceration, Stock er ging so vor^ dass er die Laparotomie
machte und zunächst die breiten Mutterbänder des vorgewäkten
Uterus beiderseits abband und abtrennte. Dann wurde der Schlauch
angelegt, der Uterus incidirt, der während der Operation abgestor-
bene Fötus entfernt. Der Uterus wurde mit seinen Anhängen ab-
gesetzt, der Cervicalkanal mit concentrirter Carbolsäure desinficirt.
Darauf wurde die Bauch wunde geschlossen. Die Patientin warde
in Steissrückenlage gebracht, der Cervix in gleicher Weise wie bei
der vaginalen Totalexstirpation ausgelöst« Die Heilung war eine
sohnelle* 8 t o c k e r empfiehlt dieses Verfahren , welches er der
von A. Martin für Myomotomien angegebenen Methode nachge-
bildet hat. Den carcinomatöflen Cervixstumpf von der Bauchhöhle
zu entfernen, widerrath er, da leicht das Peritoneum dabei inficirt
wird.
I
I
Im JP^nukknach hmi lirfr id qbl HT»*pr Jbic^i. eiitt- Ci^ienciaL
vaginale Hjaterekic*»:« ak. bsaakämflE -«irc nnc -veüsbt dk
nck &ei iiaeäi ■nrnrin in ck Ssöieää^ zc emi&srBL rvcji. cütcl Ait^
^Afamgen tob der Sekeiie aas snäder: zu iraräsi:^ I>ie ers:si: TTr-
hAer dieMr (^MKaSaan Bnd Pe&x imc St^c c x i. Eine tTHTLiirDC^
DanteUang der Operatkai ^ßih lenzserar De rcxssäracsamie Tariiuuf
dana le tnitaBent des tf ^»nraDODg pEL*Tiacxifi& Eem£ 5e dtircrpe
1891, Nr. 4). la diaeer Minhwhing Terf^r» S^grxd ^tierSFiIi&.
In eaner giöauLmi Debaae^ vekke aic zaaxi ersfiBS izxsflmiiion&jeL
gjnikalogiirhwi CoagiBBs in fiMsael wtamiKKa umA Deoiaciie mei.
Wodwaachr. Xr. -I^,. dieahe Scgcxic berehe 93 Filk tod Hv^i^r-
efaoarie auL Die Opermtacm ist kedz» ^iBXS^cr eülmi'giaehc, es wird
der Uteroa qaer gienhak and sizseik Xomzacgen. Sckeere imd Mcsdo*
80 weit acffataekeh, bis man as den £iieii»erd kcmimt. Die Km-
Btflhmg wird dnrck Klemmungen, welche üe^en bieiben. be&orzx.
In Dentaehlaiid hat Lasdaa ^CsntnJbL f. Gyz^ik. Xr. S5> ic
swei Filkn operirL In diesen mhgetbeilTen fallen handelt es sivii
OB aehr lang daaemde, diieet im Bindegewebe des Beckenbodens
deponirta EiteriMide. Hier ist iTnTnwhiii ans iheoretidchen Gnnden
die Operation aa Tcrtheidigen, da, wie Landau henrorbebt, dizrch
die Entfennmg des Uierns oder eines Theües desselben eine weit
ausgiebigere Ineiaion der Abaoeashöhle, Entleenmg derselben nnd
Aaaspüfaing möglich ist Ob practisch dieser Eingriff^ der doch mit
einer erschreckenden Verstämmelnng des üteros und einer noth-
wendig folgenden schweren narbigen Yerziehung der Beckenorgane
▼arbunden ist, in seinen Heilwirkungen sich rechtfertigen Usst, ist
heute noch kaum abzusehen. Die französischen Veröffentlichungen,
welche €ast nur von ausgezeichneten Heilungen sprechen, stehen nicht
in genfigender Ausführlichkeit für eine kritische Beurtheilung zur
Yerfägung. In den beiden Fällen von Landau heilte einmal der
Sack bis auf eine Fistel aus, im anderen Falle war der Erfolg an-
scheinend ein sehr geringer, die Entleerung der Eitersäcke eine so
ungenügende, dass im weiteren Verlauf noch von den Bauchdecken
her incidirt werden musste. Ganz unlogisch erscheint indessen die
Empfehlung der Operation bei denjenigen Eiteransammlongen, welche
in präformirten von der Bauchhöhle abgeschlossenen Organen ihren
Platz haben, z. B. Pyosalpinx, Ovarialabscess. Hier rechtfertigen die
französischen Operateure den Eingriff mit der These, dass es rieh-
396
Czempin.
tiger m% den Uterus fortzunehmen und die erkrankten Adnexa ihren
Eiter entleeren zu laaseu, als die erkrankten Adnexa zu entfernen,
der PatieDtin aber den unnützen Uteras zu srhalteo, auMSerdem aber
ihr noch eine Laparotomienarbe zuzufügen. Eine sDlohe Eechtfer
tigung bedarf keiner Widerlegung.
Allgemeines über Laparotomien: Oynriotoinie;
31 y o m o t ü m i e.
J
N. Flai schien -Berlin bespricht in einer kleinen Monographie
die Indicationen znr Laparotomie bei gynäkologischen
Erkrankungen (Berl Klinik H, 45). Er entwirft in kurzen Um-
rissen ein Bild von dem heutigen Stande der IndicatioDen. Q&m
dringend fordern wachsende Ovarialtumoren zur Entfernung der-
selben auf, zumal da bekauntermassen dieselben eine starke Neigiing
zu maligner Entartuug haben. Aach maligne Ovarialtumoren müssen
durch die Operation angegriffen werden, da Besserung auf Monate
und Jahre hioaus beobachtet worden ist^ selbst bei Fällen^ in denen
die papillären Excrescensien bereits das Peritoneum bedeckt hatten.
Nur bei fest mit der inültrirten Umgebung verwachsenen Tumoren oder
bei derber maligner Infiltration des Peritoneum ist von der Opera-
tion abzustehen, Ovarialtumoreo, welche eine Schwangerschaft com-
pliciren, fordern dringeod 7MV baldigen Operation auf, da sonst Abort,
Ruptur des Tumore, Stieltorsion oder Geburtshindernisae eintreten
können. Die Indication zur Castration ist sehr einzu schränken.
Flaischlen empfiehlt die Castration wegen Blutungen bei Mjomen.
Bei incompivcirter Hydrosalpinx ist von der Operation abznrathen,
nur bei bedeutender Grösse derselben, Complication mit Perimetritis
und Oophoritis ist die Operation indicirt. Die Operation bei Pyo-
aalpinx hilft trotz primärer guter Heilung nicht immer gegen die
Beschwerden, welche bäofig nach der Operation wiederkehren. Die
Operation ist weit gefährlicher als die der Hjdrosalpinx. Die
uncomplicirte Tubengravidität erfordert sofortige Operation, bei er-
folgter Ruptnr ist jeder Fall für sich sorgsam zu erwägen , ob eine
Operation noch zu wagen ist. Auch in der zweiten Hälfte der
Extrauteringravidität ist die Entfernung des Fruchtsackes so früh
wie möglich ohne Rücksicht auf das Kind vorzunehmen. Specielte
Auimerksamkeit in der Berücksichtigiing der Indication verlangt die
Myomotomie. Die Gefährlichkeit der Operation erfordert ein sorg-
fältiges Abwägen der Beschwerden der Patientin, ihres Kräfte-
SQStandes, ihres Alters.
I
I
I
»7
Der IleQft pQ«t lapar«toKi&B ts( BackSUix-DreaGks (Oia-
•pecHU die XoOModfi
(0^2 ^Qh Toe irdeham 5 staEkoa. Sedbs KUe wurd«» nun
Male openrt, vott fiaMB wvdeR d gerollet. Seit dem mtep*
Ter&kiw eriDsnkt» rae llS nnr 4 Knak« (S^tt^e)*
Iliae 8ldt infltwwin ooek imaer eme Iftohe ffiffisr dar, latereesaiil
siad die bei senieii zweiten OperatJODep gemachten Beobaelitttiigeii
dee Yerl*& Er find sIsIb, dase der DaroiTerediliaas dnreh mnm Döaa*
daraneiiliiige herroigerufen worden wer, weldie mit der Schaitl*
fliehe dea Stietei woA swar meiat ¥iaiaitteld eines Blntcoagoliim irar^
war. De die Adbiaioiieii ganz leicht darch Zug losbar waren,
achloas Klotz daraaBi daaa dieae liosang der verklebten Stellen
aaefa aucb ohne Operation lediglich durch Anregung der Peri«
italtik erzielen lassen müsse. Er erreichte dieselbe durch eine
Magenauaspülung von 4 — 6 Litern lauwarmer Kochsalzlösung. Lieea
dies Mittel im Stich « so wurde diese Magenansspiilung noch einmal
Forgenommen, und im Anscbloss daran 50 g Ricinusdl in den Magen
gegoaaen. In allen so behandelten Fällen sistirte das Erbrechen ao-
fori, nach 2 — B Stunden erschienen Flatus, nach längstens IG Stunden
StokL Die Behandlung wurde am 4,-5. Tage nach der Operation
nach Stellang der Diagnose eiogeleitet.
Znr Frage der Tamponade der Bauchhöhle tbeilt v. Ott-
Petersburg (Centralbl fc Gynak* Nr. 32) mit, dass er die Miku*
lics'ache Idee der Ausfillung todter Räume in der Peritonealhöhle
in drei Fällen derart modificirte, dass er die Jodoformgazeatreifeu
nach Darchstossung des Scheidengewölbes mittels einer Kornzange
nadi der Scheide hin durchleitete, den todten Raiimi in allen seinen
Fällen das Caviim Douglasii, mit Jodoformgaze ausfüllte und darüber
Banchhöhle schloss. Er sieht in dieser Modification dea Ver-
sa verschiedene Vortheile. Zunächst ist die Verklebnng der
Darmschlingen vermindert resp» ganz verhindert, welche zweifellos
bei dem Durchleiten der Gaze durch die Bauchwunde am Uelior-
gang vom kleinen zum grossen Becken eintreten muss* Ferner bcilt
die Bauchwunde per primam, drittens verliert der aus der Wunde
fcosragende Theil der Jodoformgaze in der Scheide, in wolohor or
feucht bleibt, nichts von seiner Aufäaugeftthigkelt, während er
oberhalb der Bauch wunde fast stets schnell vertrocknet und so an
398
Czempin.
SecretverbaltuDgen führt. Endlich soll die Möglichkeit der Imfection
geringer sein. Der Vorschteg von v. Ott ist indess keineswegs neu,
vielmehr zweifellos von jedem Operateur, der viel operirt, bereits
ausgeführt worden* Der Durchleitung der Gaze durch die Bauch-
wunde haften die gerügten Mängel thatsächlich an. Es kommt zu
Secretverhaltungen oft schon nach 24 Stunden^ ganz sicher nach
48 Stunden, Ferner wird durch die Secretioo sehr häufig die übrige
Bauch wunde inficirt, und es kommt zu Phlegmonen der Bauch decken.
Die Secretverhaltuug ist indessen weit grösser, wenn nach der
Scheide zu drainirt wird, da die Oeffnung ja naturgemäsa eine relativ
kleine bleibt, und Ref, selbst ist von dieser von ihm seihst häufig
ausgeübten (uiid auch veröffentlichten) Form der Tamponade wieder
abgekommen. Am besten fährt man, wenn man die Fälle von Tam-
ponade auf das Minimum beschränkt , dann aber durch die Bauch-
wunde tamf>onirt und hier eine sehr grosse Oeffnong läsat (Ref.).
Aus Japan berichten Omosi und Ikeda (Centralblatt für
Gynäk. Nr. 52) über hundert von ihnen ausgeführte
Ovariotomien, nachdem vor 2 Jahren hereits ein Bericht über
50 Ovariotomien in der Berliner klinischen Wochenschrift erstattet
worden war. Die Operationen fanden unter den peinlichsten anti-
septischen Vorbereitungen statt Im Ganzen wurden 81 vollendet
und geheilt, 14 wegen allerlei Complicationen nicht vollendetj die
Zahl der Todesfälle betrug 5, Zwölfmal war die Ovariotomie doppel-
seitig. Auffallend häufig wurden Dermoide beobachtet, 36mal unter
den bisherigen 150 Operationen, während beispielshalber Spencer
Weile 22 Dermoide unter 1000 Operationen, Ol g hausen 16 unter
322, Schröder 9 unter 202 hatte. In einem Dermoid wurde ein
wohl ausgebildeter Finger gefunden von 4*2 c™ Länge, der in der
Cystenwand wie in einem Gelenk beweglich war und bis zur Spitze
«wei Articulationee hatte. An der Spitze sassen zwei schwärzliche
krallenartig gebogene NägeL
Tipjakoff berichtet (ibid.) über drei Laparotomien^ welche er
lediglich zur Lösung peritonealtir Adhäsionen gemacht hatte. In
allen drei Fällen vermuthete er auf Grund der Beschwerden^ dass
peritoneale Adhäsionen beständen; die Operation bestätigte diese An-
nähme. In einem Fall bestanden diese Beschwerden in hartnäckigem
Erbrechen, in den beiden anderen in andauernden Genitalblutungen
mit heftiger Schmerzempfindlicbkeit des Leibes. In dem ersten Fall
wurde eine Verwachsung des Netzes mit den Genitalorganen» sowie
Gebnitshülfe und Gynäkologe.
39»
der Eingeweide mit üteras und Tuben gefunden. Die Verwachsungen
wurden gelöst, die DannschliDgen geordnet. In den beiden anderen
Fällen war das Netz in breiter Ao^ebnung mit dem Uterns und
seinen Anhängen verwachsen.
Aus gleichem Grunde operirte Odebrecht dreimal bei einer und
derselben Patientin. Erst wurden die linken Adnexa, in einer zweiten
Laparotomie die rechten entfernt. Als sp&terbin lebhafte Beschwer-
den im oberen Theil der Bauchnarbe auftraten, welche nach dem
Magen bin ausstrahlten, die Patieotin fortdauernd nach dem Essen
höchst unangenehme wählende und ziehende Schmerzen im £pl>
gaatrium empfand, entschloss sich Odebrecht zur dritten Laparo-
tomie. Er fand, dass das Netz mit der Bauchnarbe v^erwachsen war
und trennte die Verwachsung. Der nächste Erfolg der Operation
in Bezug auf die genannten Beschwerden war ein günstiger.
Bei denjenigen Fällen von freiem Ascites, bei welchen eine
Jrsache nicht festgestellt werden kann, wo Circulationg*, Digestions-
ppaxat und die Nieren gesund sind, Oedeme der Haut fehlen und
die Palpation im Cavum abdominale nichts Pathologisches nacbzu*
en vermag, hat Gusserow (Archiv für Gynäk. Bd. 42, H, 3)
die Incision gemacht, um den Ascites abzulassen und dabei
gleichzeitig die Ursache desselben festzustellen und dann wenn mdg*
lieh die operative Behandlung anzuschliesstn. Er verwirft die
Function, auch die Probepunction, vollständig; er unterscheidet fol-
gende Gruppen von Ascites: 1) diejenige, welche bedingt ist durch
•Og. Peritonitis tuberculosa oder besser nodosa, da es sich
dabei nicht immer um wirkliche bacilläre Tuberkel handelt. In
fltBttia solchen Fall erzielte er durch die Incision und Entleerung
Hethnigt 2) Ascites bedingt durch Papillome der Ovarien.
Gusserow hat vier derartige Fälle beobachtet, welche ohne In-
dflion wahrscheinlich als unheilbare Garcinomatose des Peritoneum
diÄgnosticirt worden wären. In drei Fällen konnten massig grosse
gestielt aufsitzende Ovarialtumoren mit papillärer Oberfläche ziemlich
leicht abgetragen werden, so dasa der Nutzen der Probeincision ein
gfioatiger gewesen ist. 3) Ascites bedingt durch Oarcinom der
Ovarien oder des Peritoneum, Von drei Fällen maligner Er-
tnng der Ovarien konnten zwei durch Laparotomie und Ent-
lang der erkrankten Organe geheilt werden. In tunf Fällen wur-
awar die malignen Ovarien entfernt, indessen mussten andere
^ne Erkrankungaherde, Carcinom knoten des Peritoneum zurück*
en werden. Von diesen starben drei sehr schnell nach der
400
Czempin,
Operation» In weiteren fünf i^ällen musate jeder weitere operative
Eingriff unterlassen und die Bauch wunde geschlossen werden. Von
diesen starben zwei im Änechluss an die Operation. Die vierte
Gruppe umfasst Fälle von freiem Ascites mit gutartiger Erkran-
kung des Genitalapparats* Diese konnten geheilt werden, indem
sofort nach der Incieioo eine operative Beseitigung des Grundleidens
vorgenommen werden konnte* In einem Falle handelte es sich um
Fibroma ovarii, in einem andern Falle um Tubentumor, in einem
dritten um Ovarialkystom,
Johann ovsky - Reichen berg hat die Ohrobak'scbe Blethode
der retroperitonealen Stielversorgung (s. dieses Jahrh* 1892,
S. 383) in fünf Fällen angewandt. Zwei Fälle betrafen Myome,
drei Kaiserschnitte, Die Technik der Operation schien Johan-
novsky in allen Fällen nicht zu schwer, und war der Erfolg der
Operation ein ausserordentlich günstiger. Nach typischer Ahbin-
dung der Ligamenta infundibuH pelvica und lala bis an den Seiten-
rand des Uterus jederseits wurden aus der vorderen und binteren
Wand des Uterus die beiden Serosalappen gebildet, der vordere
etwas höher als der hintere. Die Ablösung dieser Serosalappen
wurde jederseits nur bis knapp au den Scheidenansatz vorgenommen
und wurde durch stumpfes Abpräpariren erreicht. Hierauf wurde
die olastiöcbe Gummischnur angelegt, der Utenjskörper über der
Gummischnur abgetragen, dann sofort beiderseitige tiefe Umstechungs-
ligaturen der Arteria uterina scharf am Soheidengewolhe angelegt.
Nach Abnahme der Gammisohnur wurde der Cervicalkanal mittels
des Pacqueliß energisch ausgebrannt. Dann wurde mittels der von
Gbrobak angegebenen Sonde vom Abdomen her ein Jodoiormgaze-
streifen in die Scheide eingeleitet, der noch an einzelnen Stellen
blutende Stampf durch Parti enligaturen versorgt, nachdem er durch
Abschneiden von Gewebsstücken möglichst verkürzt und verdünnt
worden war, Ueber dem Stumpf wurde das Beckenperitoneum ver-
einigt. An den Seiten wurden die Stümpfe der Ligamente durch
sero-seröse Nähte mit Peritoneum überdeckt, und dann wurden auch
die abgelösten Bauchfell läppen über dem zurückgesunkenen Stumpf
vemJiht Da der vordere Lappen grösser angelegt war, so fiel die
Nabtlinie der Serosalappen nicht mit dem Stumpfe zusammen, son-
dern ausserhalb des Bereichs desselben nach hinten. — Bei den
Kaiserschnitt Operationen hat Johannovsky den Anweisungen von
Ghrobak entsprechend die Abbiudung der Ligamente zwar als
ersten Act fortgelaaseni um nicht die Eröffnung des Uterus zu, ver-
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Geburtshtilfe und Gynäkologie.
401
zögern, and deshalb das Kind zu gefährden , wohl aber bat er die
AbpräparatioQ der Serosalappen der Eröffnung des Uterus vorauf-
gesehickt, weil dieselbe an dem bereits entleerten Uteras sehr
tiwierig auszufahren ist.
Auch Leopold ist in neuester Zeit wieder zur intraperito-
Dealen Stiel vareorgung zurückgekehrt. Sein Verfahren in elf auf-
Bioanderfolgenden , sämmtlich glatt genesenden Fällen war dem von
Chrobak im Princip ähnlich. Indessen vermied er die Drainage
r^darch den Cervixstumpf, sondern umschnürte den Stumpf nach
durchziehen eines Doppelfadens nach beiden Seiten zu und nähte
arüber die Serosalappen zu. (Archiv f. Gynäk. Bd. 43, H, 1.)
4. Eztraateringravidität«
Ganz ungemein zahlreich sind in dem Berichtsjahr die Mitthei-
langea ober Fälle von Extrauteringravidität, von welchen wir
einige interessante herausgreifen. Jahr ei ss (Münch. med. Wochen-
schrift Nr< 9) beobachtete einen Fall von Abortus tubae, bei welcliem
das in der Tube durch primäre Blatang entstandene Blutgerinnsel
infolge der Zusammenziehuug des Eileiters durch das offene abdo-
minale Ende ausgestossen wurde. — Sutugin (Zeitschr. f. Geburtsh.
Bd, 2Aj H. 1) theilt zwei Fälle von BauchkÖhlenschwangerschaft mit.
In beiden Fällen sass der Fruchtsack in der freien Bauchhöhle,
p&hrend Tuben und Ovarien für sich nachgewiesen werden konnten.
etdemale war Ruptur des Fruchtsackes und Eiterung im 3., resp.
4, Schwangerschaftsmonat. Im letzteren Falle war der Versuch ge-
macht worden, den die Scheide nach der Ruptur des Fruchtsackes
hervorwölbenden Tumor, in welchem den Allgemeinerscbeinungen
. £tt6r vermuthet wurde, vom Douglas aus einzuschneiden, Hier-
ai wurde indessen die im Douglas sitzende Placenta angeschnitten,
daas sich die Patientin trotz der Tamponade verblutete. — Inouye-
"Tokio (Centralbh f. Gynäk. Nr. 50) beobachtete mehrere Jahre nach
der vermutheten Schwangerschaft Abgang von 38 Knochen aus dem
latis, 1 durch die Vagina., 3B durch die Urethra, welche einem
aooaf liehen Fötus angehörten. Die Frau starb an Marasmus. —
iuB dem Berliner städtischen Krankenhaus am ürban theilt Schnei*
der (Deutsche med. Wochenscbr. Nr. 37) fünf von Körte operirte
Fälle von Extrauteringravidität mit. In einem Falle wurde ein
lebendes Kind im 7. Monat entwickelt. Die Entfernung des Frucht-
sackes war durch Darmverwachsungen unraüglich, infolge dessen
rworde der Fruchtsack eingenäht. Schneider befürwortet, für den
dass der Fruchtsack nicht entfernt werden kann, die Placenta
labrbacb d. prsct. Medicin. 18*.a 26
402
Czempin.
Zurück zulassen und ihre spontane Ausstossung abzuwarten, Ist
Auslösung der Placenta wegen einer bereits erfolgten theiLweiseu
Ablöaang notliwendig, so würden die zuführenden Uterin- und Sper-
mati calgef aase unterbunden. Nacbtheüe des Einnähens des Frucht-
saekes in die Bauch wunde waren lange Heilungsdauer und Ent-
stehung eines starken BauchbrucheB» In einem anderen mitgetheÜten
Falle wurde eine SmonatlichQ Tubengravidität vermuthet, und zu
diagnostischen Zwecken eine Function vorgenommeB, Der unbe-
absichtigte Effect dieser Function war Absterben der Frucht und
Schrumpfung des Eies. Die Decidua wurde 10 Tage spater aus-
gestossen. Nichtsdestoweniger ist Verf, der Ansicht, dass dies Ver-
faliren zur Heilung der Extrauteringravidität nicht empfehlenswerth
ist. In einem Falle von grosser Hämatocele wurde nach vorausge-
schickter Laparotomie der Sack in die Bauch wunde in kleiner Aus-
dehnung eingenäht und später von oben und von der Scheide her
eröffnet Im Anschluss hieran trat eine Dariufistei ein^ welche eine
spätere Operation nöthig machte.
Sippel (ibid,) fand bei drei Sectionen nnd weiterhin auch bei
zwei Präparaten des Frankfurter pathologisch- anatomisclieu Institutes
das Corpus luteum verum in dem Ovarium der anderen Seite» Er
ist infolge dieser Befunde der Ansicht, dass die äuejsere üeherwan*
derong des Eies Ursache des extrauterinen Sitzes desselben sai, indem
auf dem Wege vom Ovarium bis zum anderen Tubenostium das Ei
einen Entwickelungsgrad erreicht hat, der das Weitergleiten er»
schwerL Die von Sippel beobachteten Fälle sind erwähn enswerth.
Der erste Fall betrifft eine Verblutung durch spontane Ruptur. Im
zweiten Falle wurde im 7. Monat bei lebendem Kinde operirt. Bei
Auaschälung des dünnen Frucbtsackes riss derselbe gerade über der
Placenta ein. Die abundante Blutung konnte erst nach querer in-
cision der Bauchdecken und Ligirung der Spermatica gestillt werden.
Indessen starb Patientin 1 Stunde nach der Operation trotz sub-
cutaner Kochsalzinfusion. Da die Ligirung der Spermatica in der
genannten Weise leicht gelang, so empfiehlt Sippel, die quere lo-
cision der Bauchdecken behufs Ermöglichung derselben rechtzeitig
vorzanehmen. In einem dritten Falle handelte es sich um eine
Laparotomie wegen abgestorbener 7monatlicher Tubenschwanger-
sobaft. EinnähuDg des Frucbtsackes und Zur tick! assung der Pla-
centa. Das Einstreuen von Salicyl-Tanninpulver führt© indessen zu
einer circnmscripten Nekrose und Perforation des Frucbtsackes,
welche zu einer allgemeinen Peritonitis führte.
Rein (Kiew) operirte in den letzten B Jahren siebenmal wegen Extra-
I
I
Geburtshilfe and Gynäkologie.
403
utennscbwaugerscliaft mittels Laparotomie. Besouders erwähnen swerth
ist ein Fall, bei welchem eine reife, beinahe vollkommeu ausgetragene
L Jrncht, welche am Leben blieb, entwickelt werden konnte. Es han-
fdelte sich am eine Söjahrige IV-para. Im 2. Monat der gegenwär-
tigen Schwangerschaft war eine ßlutung und CoUaps eingetreten,
woran sich ein X ^ ^^monatliches Kranksein anschloss* Trots dieser
Fwohl sicher aus dem Frachtsack herrührenden Blutung entwickelte
sich derselbe weiter. Die Operation iand in der B7. Woche der
Schwangerschaft statt, das Kind wog 32CK) g, war 49 cm lang, stark
and fast reif* Es lebt bereits mehr als 2 Jahre, Die Mutter genas.
Der Frachtsack lag tubar-intraligamentär, etwas seitlich von dem
Oteros. Die Frucht wurde nach Inclsion des Sackes entfernt, dann
die Eihäute aus dem Peritoneum ausgeschält. Die Blutung war ge-
liing und konnte leicht beherrscht werden. Glasdrainage, Heilung.
pAm 2.— D, Tage nach der Operation wurde die Decidua aus dem
lierufl ausgestossen. In drei weiteren Fällen wurde längere Zeit
constatirtem Frachttode bei beginnender Lithopädionbildung
Pdes ca. im 8. Monat abgestorbenen Fötus operirt. Zweimal lag der
Fötus fast frei in der Bauchhöhle. Im dritten Fall wurde der ganze
Pmobtsack entfernt. Von den übrigen drei Fällen ist erwähnens-
werth einer, bei welchem einige Stunden nach eingetretener Ruptur
des Fruchtsackes mit Erfolg operirt wurde. In Anschloss an seine
I taitgetheilten Fälle stellt Rein eine Thege auf, welche sich in völli-
Igem Gegensatz zu den seinerzeit von Olsliausen aufgestellten be-
[findet. Dieselbe bezieht sich auf den Wunsch, bei vorgeschrittener
Extrauterinschwangerschaft neben der Mutter auch noch das Kind
ÄU retten. Zwar kann man den Beweggründen des Verf. 's, welcher
in obigem Falle Mutter und Kind rettete, gewiss alle Anerkennung
lollen, indess darf sein Vorschlag, bei 5 — Ömonatliclier Extrauterin-
Bchwang erschaff bei sorgfältiger klinischer Beobachtung bis zum
7,-8. Monat zu warten^ um bei lebensfähigem Kind zu operiren,
nicht acceptirt werden, da die Operation mit der fortschreitenden
Schwangerschaft unverhältnissmässig ersehwert wird^ auch beim Ab>
t warten eine spontane Ruptur eintreten kann, welche an und für sich
rot« des obigen einen glücklichen Falles die denkbar schlechteste
Prognose zu biegen pÜegt. (Oentralbl. f. Gyn. Nr. 50.)
Fromm el -Erlangen (Müncb. med. Wochensehr. Nr. 1) theilt
zwei von ibm operirte Fälle von Elxtrautennschwangerschaft der
späteren Monate mit^ welche in anatomischer, klinischer und opera-
tiver Einsieht ausserordentlich versehieden waren. Im ersten Fall
Törlief die Schwangerschaft völlig symptomlas, bis sich am normalen
404
Czeropiiu
Ende deraeiben Wehen einstellten. Das Kind starb ab, es scbloss
ßich ein schweres Krankenlager daran an. Ca. G Wochen später
nahm Fromm el die Laparotomie von Der Fruchtsack war an einer
8eite geborsteo, doch hatte der Kopf des Kindes das Loch in dem-
selben verschlossen. Etwas blutige, mit Meconium vennischte Flüsöig*
keit fand sich io der Bauchhöhle. Das Kind wurde aus dem Frucht-
ßack entwickelt, dieser aus eeinen Adhäsionen mit den Därmen und
Baucbd ecken gelöst. Er war durch einen dicken Stiel mit der rechten
üteruskante verbunden. Die Auslösung des Fruchtsackes gelang
leicht. Der iStiel bestand aus der rechten Tube und dem Ligamen-
tum latum. Die Tube verlief 17 cm auf dem Tumor und ging dann
in die Eihöhle über. Jm zweiten Falle wurde die Operation 3^ Jahr
nach dem letzten Ausbleiben der Menses vorgenommen. Die Be-
schwerden hatten bereits im 4. Schwangerschaftsmonat begonnen und
wajren gan« hochgradiger Art gewesen. Bei der Laparotomie zeigte
es sich, dasB der Fruchtsack subserös sass und das Mesocolon bis
zum Darm hin entfaltet hatte. Eine Ausschälung des Fruchtsackes
oder eine Ablösung der Placenta war infolge der abundanteo Blutung
nicht möglich. Es musste der Fruchtsack mit grossen Mengen Jodo-
formgaze tamponirt und so gut wie möglich in die Bauch wunde ein-
genäht werden. Das Kind wurde lebend geboren, die Heilung der
Mutter wurde diirch eine Jodoformintoxication, durch Fäuloiss der
Placenta, Nachblutungen aus dem Fruchtsack und eine sich bildende
Kothfistel des Colon lauge verzögert. In der weiteren Analyse dieser
Fälle kornrnfFrommel (gerade im Gegensatz zu der oben von Rein
aufgestellten Ansicht) unter anderem Schlussfolgerungen auch zu der,
bei Extrauterinschwangerscbaft nicht bis zum Frochttode zu warten,
sondern dieselbe möglichst bald operativ zu beäeitigen.
Gu 8 Sero w- Berlin theilt seine Erfahrungen über die operative
Behandlung geplatzter Tubarschwangerschaften mit (Berl,
klin. Wüchenscbr. Nr. 22). Qusserow hat 20 Fälle von Tubar-
ech wangerschaft , welche w&hrend der ersten Monate platzten, be-
obachtet. Bei 13 derselben waren die Erscheinungen des drohenden
inneren Yerblutungstodes plötzlich ohne vorangegangene Krankbeits-
erscheinungen aufgetreten, bei 7 waren vorher schon Erscheinungen
einer Hämatocele vorangegangen. Von den ersteren starben 2, von
der letzteren Gruppe L In keinem der ersteren Fälle war vor den
Rupturerscheinungen der Abgang von Decidua toit Sicherheit fest-
gestellt worden. Die Menses waren in aUen Fällen 1— Bmal aus*
geblieben, Gussero w spricht sich für sofortige Operation bei den
ErBcheinungen innerer Blutung aus.
Gebnrtshülfe und Gynäkologie. 405
Gross (Correspondenzbl. f. Schweiz. Aerzte Nr. 8) sah schnellen
Tod durch innere Verblutung ; die Section ergab geplatzte linksseitige
Tnbarschwangerschaft.
IV. Neue Bücher.
M. Sänger, Ueber die allgemeinen Ursachen der Frauenkrankheiten.
Ein Versuch zu einer einheitlichen ätiologischen Betrachtung
der Erkrankungen des Sexualorgans. Antrittsvorlesung. Leipzig,
Veit & Co.
P. Zweifel, Vorlesungen über klinische Gynäkologie. Berlin, A.
Hirschwald.
H. Pritsch, Krankheiten der Frauen. 5. Auflage. Berlin, Wreden.
A. Kramer, Grundriss der Geburtshalfe. Ein Compendium. Stutt-
gart, Enke.
P. Zweifel, Lehrbuch der Geburtshülfe. 3. Auflage, ibid.
C. Breus, Das tuberöse subchoriale Hämatom der Decidua. Eine
typische Form der Molenschwangerschaft. Wien, Deuticke.
Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie.
4. Congress. Bonn. 21.— 23. Mai 1891. Leipzig, Breitkopf
& Härtel.
F. A. Kehrer, Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen. 2. Auflage.
Giessen, Roth.
Auvard, Trait^ pratique de gyn^cologie. Paris, Doin.
Fehling, Bestimmung der Frau, ihre Stellung zu Familie und Be-
ruf. Stuttgart, Enke.
F. Win ekel, Die Kgl. Universitätßfrauenklinik in München in den
Jahren 1884 — 1890. Berichte und Studien. Leipzig, Hirzel.
F. Schauta, Grundriss der operativen Geburtshülfe. Wien, Urban
& Schwarzenberg.
P. Broese, Die galvanische Behandlung der Fibromyome des Uterus.
Berlin, H. Kornfeld.
C. Cred^ und G. Leopold, Die geburtshülf liehe Untersuchung
Kurze Anleitung. Leipzig, Hirzel.
vn.
Kinderheilkiuide.
1
Von Prof. Dr. A. Babinsky und Dr, Ernst Strelitz, L Assistenten an der
ßftginsky 'geben Poliklinik für Kinderkrankheiten in Berlin.
Im Jahre 1892 siod erschienen:
Ed* Henoch, Vorleßnngen über Kinderkrankheiten. 6. Auä.
Berlin, Ä. Hirschwald.
A. BagiDskyj Lehrbuch der Kinderkrankheiten. 4, verbes-
serte n» vermehrte Aufl. Berlin, Wreden.
H. öutzmann, Vorlesungen über Störungen der Sprache
und ihre Behandlung. Fischer's medicin. Buchhandlung,
Berlin.
A. Hoffa, Lehrbuch der orthopädischen Chirurgie, Stutt-
gart, Ferdinand Enke.
M, Kassowitz, Vorlesungen über Kinderkrankheiten im
Alter der Zahnung. Leipzig u, Wien, Franz Deu ticke.
E, Peiper, Die Schutzpockenimpfung and ihre Ausführung,
Wien u. Leipzig, TJrban & Schwarzenberg.
J. öffelmann, Kurzgefasstes Handbuch der Kinderheil-
kunde. Wieu u. Leipzig, Urban «Jt Schwarzenberg.
Henry Ashby u. G, A, Wright, The diseases of children,
2. AuH. London, Longmans Green i^. Comp,
J, Carmichaelj Disease in children, London^ Pentland.
L. Fürst, Die häusliche Krankenpflege mit besonderer
Berücksichtigung des Kindes. Leipzig, Hkschfeld,
John Thomson, Congenttal obliteration of tha bile-dacts,
Edinburgh, Oliver & Boyd,
I
Kinderheilkunde,
407
J, W, Ballantyne, The diseases and deformities of the
foetus. Edinburgh, Oliver &. Bojd,
Transactions of the American pediatric socIety Bd. 3.
Transactions of the American orthopedic association
Bd. 4.
ÄQSSerdem die Fortsetzungen der pädiatrischeQ Journale:
Arohiv für Kinderheilkunde Bd, 14^ S. 12Ö bis Ende; Bd, 15,
Heft 1 u. 2,
Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 33 bis Eude; Bd. 34
Heft 1—4
Archivio Italiano di paediatria Bd. 10,
Archives of pediatrics Bd. 9.
^Bevue mensuelle des maladies de l'enfance Bd. 10,
Zeitschrift für Schuigesuedheitspflege Bd. 5«
Der Kinderarzt. IIL Jahrgang.
Krankheiten des Nerven Systems*
Üoter 720 Fällen von Geisteestörungj welche Schönthal
ftisammengestelit hat, betrafen zehn Kinder im Älter von 10 — 15 Jahren
(Arch* f. Psych, u. Nervenkraükh. Bd. 23, S. 799). Folgende Formen
von Psychosen vp'urden beobachtet: zwei Fälle voo Chorea, die mit
.psychischen Störungen, bestehend in hysteriformen Anfallen, Ideen-
flucht, Geeichtstäuschungeo, einhergingen ; ein Fall von Stupor; eine
eirculäre Psychose; ein Fall von moralischem Irrsion; drei periodi-
sche menstruale Psychosen und zwei Manien. In sämmtlicben Fällen
war erbliche Belastung, zum Theil in hohem Grade vorhanden. Auf-
fallend häufig (in acht unter zehn Fällen) kamen Hallucinationen und
beöonders Gesichtshallucinationen vor, während im Verlauf von
Psychosen bei Erwachsenen selten Hallucinationen beobachtet werden.
Der Ausgang war günstiger, als dies sonst für die Psychosen des
Kindesalters angegeben wird; ein Kranker blieb nngeheilt, eine
Kranke starb an Tuberculose; acht genasen und sind nach zum Theil
langen Zeiträumen genesen geblieben.
Jolly (Berh klin. Wochenschr. Nr. 34) sprach in einem interes-
santen Vortrage in der Hufeland'schen Gesellschaft in Berlin über
Hysterie bei Kindern. Er bestätigt zunächst, was auch Andere
0chon hervorgehoben haben, dass sowohl die sämmtHchen localen
Erecheinungen der Hysterie, als auch die Anfälle und die eigent-
lichen Geistesstörungen der Hysterischen ebenso wie bei Erwach-
408
Baginsky*
genen auch bei Kiodern vorkommen. Bezüglich der localen Er-
scheinungen weist er darauf hm, dass ziemlich häufig die auf irgend
eine Region des Körpers beschränkten hartnäckigen Schmerzen be-
obachtet werden, entweder in Form der sog, Gelenkneurosen oder
auch von beliebiger anderer Localieation. Mit den Schmerzen sind
häufig spastische Zustände, eigentliche Paralysen und Tremor ver-
bunden. Insbesondere sehen wir dieses Vorkommen hei Kindern,
die eine Zeit lang durch acute oder chronische Krankheiten ans Bett
gefesselt waren und die nun wieder anfangen sollen, sich ausser Bett
zu bewegen. Sie fCihlen sich hieran durch Schmerz oder diircli
Schwächegefühl gehindert, und hieraus ent%vickelt sich Contractur
und Lähmung. Was die Sprache betrifft , so beobachtet man , dass
hysterische Kinder an falls weise oder während längerer Zeit die ver-
schiedenen Formen des Stammeins annehmen, dass sie in der Aus-
sprache und Satzbildung die Art der eben sprechen lernenden Kinder
annehmen. Auch kommt voriihergehende oder länger dauernde
Stnmmheit vor. Der hysterische Anfall tritt einmal in Form der
ungewöhnlich gesteigerten und zeitlich verlängerten Affectänsserungen
auf I Schreikrämpfe, Weinkrämpfe, Lachkrämpfe oder auch dies Alles
mit einander abwechselnd; dann treten Zuckungen in den verschie-
denen Extremitäten auf ^ besonders häufig aber die complicirten Be-
wegungen , die man auch mit dem Namen der Chorea major belegt
hat: das Sichhinwerfen auf den Boden, Aufs^pringen , Klettern etc.
— Was die Aetiologie der Hysterie anlangt, so ist zunächst das
Eine festzuhalten, dass sie nicht vom Uterus kommt, Ihre Erschei-
nungen treten lange vor der Geschlechtsreife auf und kommen ebenso
bei Knaben wie bei Mädchen vor* Dass Geschlechtsreizungen unter
Umständen auch bei Kindern schon eine KoUe spielen mögen, dass
namentlich Onanie in einzelnen Fällen die Entwickelung der Krank-
heit begiinstigt, will Jolly nicht in Abrede stellen. Von viel grösserer
Wichtigkeit aber ist es, gerade bei diesen hysterischen Kindern zu
constatiren, dass sie überwiegend oft aus belasteten Familien stammen»
also ererbte Disposition zu Neurosen besitzen, oder dass eine er-
erbte Krankheitsdisposition besteht infolge schwächender Krankheiten^
schlechter Ernährung, Anämie, sowie infolge von undauernd ungün-
stigen moralischen Einwirkungen, wie sie namentlich durch anzweck-
massige Erziehung oder durch unverständiges Verhalten der Um-
gebung zu Stande kommen.
Während Jolly sich hauptsächlich mit der Hysterie bei älteren
Kindern beschäftigt, macht Chaumier (Annales de l'acad^mie de
m6d»| l. Dec. 1892) auf die Häufigkeit dieser Erkrankung im frühesten
I
KlnderheU&tuide.
409
ündesalter aufmerksam. Die ErkrankuDg ist bei Neugeborenen des-
halb unbeachtet geblieben, weil man seit jeher die Krämpfe als eine
eciSsche Kinderkrankheit unter dem Namen der Eklampsie bezeich*
bet bat. Der schwächste Grad der Hysterie bei Neugeborenen be-
steht in lebhaften, wiederholten^ ohne Ursache auftretenden Zom-
^ausbrücben, die sich durch Schreien äussern* In etwas höherem
Jrade werden die Glieder steii', das Gesicht cyanotisch, turgescent,
zuweilen kann auch Zittern dazu kommea. Mitunter tritt Bewusst-
losigkeit auf. Auch die ^grandes attaqaeä^ kommen bei Kindern
vor. Nach einem Aerger oder auch ohne bekannte Ursache verliert
das Kind das Bewusstseiii , Körper und Glieder werden steif ^ die
i^Augeo stark nach oben gerichtet, zuweilen treten auch Schüttel-
regangen in den contrahirten Gliedern auf. Solche Fälle können
Dtweder isolirt bleibeo, oder aber sich in mehr oder weniger langen
EwiachenränmeD, ja selbst mehrmals täglich wiederholen, so dass sie
SU einer Verwechslung mit Meningitis Veranlassung geben. Bei
Neugeborenen und sehr jungen Kindern lässt sich wohl die Hemi-
auästhesie und die Hyperästhesie nicht nachweisen, obwohl sie wabr-
acbeinlich bestehen. Aber die Contractur, die Lähmungen, das Fehlen
des Augen- uod Pharjjixreflexes konnte Verf. wiederholt constatiren.
Die Differentialdiagnose der kindlichen Hysterie von Epilepsie, acuter
und chronischer Meningitis, Gehirnerkrankungen u. s, w. ist nicht
immer leicht Die Prognose ist eine sehr günstige, indem die kind-
üche Hysterie viel leichter heilt, als die der Erwachsenen.
In den letzten Jahren ist vielfach auf den Zusammenbang von
Chorea mit rheumatischen AUectionen und auch mit Infectionskrank-
heiten hingewiesen worden. Nunmehr theilt Thomas (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 29) einen Fall mit, in dem ätiologische Be-
xiebtingen zwischen Chorea und reiner, nicht auf endocarditi-
scher Basis entstandener Nephritis bestanden haben. Höchst auf-
fallig war bei dem Falle, dass mit dem Schwinden der nephritischen
Erscheinungen die vorher beträchtlichen Choreaaymptome rasch sich
f erminderten und ganz aufhörten, — Die Erklärung des Zusammen-
ags ist nach Thomas vermuthlich darin zu finden, dass die Ur-
aelie der Störung der Coordinationscentren, durch welche die choreati-
Bhen Bewegungen herbeigeführt werden, eine Intoxication mit Harn-
Bßtandth eilen sein kann, — Das Herz des erkrankten Kindes bot in
ier nicht gestörten Reconvalescenz keinerlei Krankheitserscheinungen
^mehr dar.
Löwenthal (Berl klin, Wochenschr, Nr, 5) hat in der Senator-
410
Babinsky.
sehen Klinik nicht üble Erfahrungen mit Ex algin bei Chorea ge-
macht. Er verordnete 3— 5 mal täc^üch 0^2 g in warmem Zuckerwasser
gelöst. Besonders günstige Wirkungen hatte das Medicament bei
leichteren und frühzeitig zur Behandlung gekommenen Fällen, aber
auch bei schwereren Fällen war ein günstiger Einfluss nicht zu
leugnen; durehsehnittlich waren 5—0 Wochen zur Heilung noth-
wendig. Eigentliche Intoxicationen kamen nicht zur Beobachtung,
wohl aber wurde bisweilen Uebelkeit, Erbrechen, Schwindel und
Mattigkeit hervorgerufen , welche ErscheiEungen nach Weglassen des
Mittels sofort verschwanden.
Sewening (The provinclal medical Journ, S. 27^ 1892) hat bei
einem Falle von Chorea mit ausserordentlichem Erfolge Jodkalium
angewandt. Die Patientin war ein lOj ähriges Mädcheu, welches seit
einem Jahre an Chorea litt. Er verordnete eine Lösung von 1 Jod-
kalium zu 60 Wasser 3mai täglich 1 Esslöffel. Nach ämaliger Ein-
nahme der Mixtur war die Chorea verschwunden.
Piaehbach {Münch. med. Wochenschr. Nr. 36j gibt die Kranken-
geschichte eines Falles von Eklampsie bei einem 14tägigen Kinde,
die ihren Ursprung in einer c an genitalen Verkleb ung zwischen Gkns
und Präputium haUe. Nachdem die Verklebung gesprengt, und eine
auffällig grosse Menge harten Sebums entfernt worden war, hörten
die Convulsionen völlig auf,
Toulouse (Gaz. des hopit 1892) berichtet von einem Kinde,
welches, so lange es an der Brust der Mutter, einer argen Potatrix
war, an epileptiformen Krämpfen litt, die Nahrung erbrach und
aehr herunter kam; nachdem die Brustnahrung mit der Flaschen-
nahrung vertauscht war, erholte sich das Kind innerhalb weniger
Tage, und die Krämpfe hörten auf. Diese Beobachtung, dass durch
Alkoholmissbrauch der Amme das Kind Krämpfe bekommen kann,
ist wiederholt gemacht worden ; sie widerspricht aber physiologischen
Untersuchungen, nach welchen einmal der Methylalkohol keine cloni-
scben Krämpfe macht, und der Alkohol nicht in die Milch tibergehen
soli» Doch sind diese Beobachtungen nur am Thiere gemacht, es
können für die Frau andere Verhältnisse vorliegen.
Meyer und Oppenheim (Jahrb. t\ Kinderheilk. Bd, 33, S. 350)
berichten über einen durch ungewöhnliche Symptome aus-
gezeichneten Fall von Krämpfen, Bei einem 4jährigen Knaben,
welcher die Symptome eines cerebrospinalen (wahrscheinlich congeni-
talen) Nervenleidens bietet, werden Krampfanfälle beobachtet mit
Erscheinungen vorwiegend vasomotorischer und secretorischer Natur
I
411
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AisHliiiiitis pteadoiaembraDacea oder Croup der Nasea*
lehleimhftiit tieaeicliiiete raan himher inner etae Eiankhötsf^^ia,
be cbaraktejistrt ist doieb das AoBaretea filiffmooQr HäiKle ia den
lasenhdlileii bei dem Bild« des gewdlmlusliea SGhDiipba& Sie wurde
«n imaoliakligeB Leiden lüa^estellt im OeigiBBeBli tiir Bhiaitis
diphüieffica, äiis meist m Terbiadmtg mit Dtpbtbeiid des Pbarjnx
itt. ÜQtersQcbongeii, die nimmehr Stamm (Arcbiv f. Kinder^
»iJk. Bd. 14, S. 157^ onter Baginsky'ä Leitung Torgeoommen bat,
beweJaen, das es sieb aacb bei der einfacbeo, mit geringem Fieber
einbargebeBden sog* Ebinitis fibrinosa am Diphtherie bandebi
kann. In drei solchen, von ihm unteisnchten FaUan gelang e% den
Ldffler'scbeQ Bacillos nachsa weisen.
Bresgen (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. SS, S. 35d) nimmt anlasslicb
^ der im vergangenen Jahre erschienenen nnd hier referirten Arbeit
von Dona lies noch einmal Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass
er der Erste gewesen ist, der auf die Bedeutung behinderter
l<Nasenathmuug bei Kindern, die von Guye ^Aprosexia nasalis''
snte Erkrankung, die Au&erksamkeit gelenkt hat. Er hebt
ror, dass Guye selbst sein Vorrecht neuerdings anerkannt hat.
Bokai (Jahrb. f. Kinderheilk, Bd. 33, a 360) beschreibt einen
anders schweren Fall von retropharyngealer Lymphdrüsen-
intzündung, welcher äusserst schwere Erstickungsanfalle bei einem
iUonate alten Kiode verursacht hatte; die Tracheotomie führte voll-
[jmmene Heilung des Kindes herbei. Bokai hält es für wahrschein-
Bcb^ dass die schwere Stenose nicht allein durch die von der retro-
pharyngealen Lymphdrüsenentzändung bedungene Geschwulst hervor-
gerufen wurde, sondern dass die in der Umgebung der Geschwulst
kcb bildende coUaterale Auflockerung der Scheimhaut viel zur Her-
il2
Baginsky*
vorbringQDg der Stenose beigetragen liat. Betreffend die Entwicke-
luDgsursache der, Lymphadenitis retropiiaryngealid stehen drei ätio-
logische Momente zur Verfügung; Rhaohitis, supparative Mittelohr-
entzündung und Rhinitis catarrhalis.
Die Prage^ ob ©ine vergrößserte Thymusdrüse gefahr-
drohende Erstickuogaanfalle hervorrafen, eventuell gar zur Todes-
ursache werden könne, ist eine von Alters her viel discutirte. Durch
die sürgfältigen Unters uchuni;en von Fried leben (1858) schien die
Frage im negativen Sinne entschieden zu sein, bis sie neuerdings
wieder von Jacobi in Pluss gebracht wurde. Pott (Jnhrb, f. Kinder-
heilk, Bd. 34, S, 118) bat nun bei acht Kindern, die ganz plötzlich
unter den Erscheinungen des Stimmritzenkrampfes gestorben waren,
die Section gemacht; er konnte jedesmal eine mehr oder minder be-
trächtliche Vergrösaerung der Thymusdrüse constatiren und steht
nicht an, beide Erkrankungen mit einander in Zusammenhang zu
bringen. Zur Erklärung des Vorganges konnte man sieb denken,
dass die vergrößserte Drüse durch Druck auf den Recurrens reflec-
torisch Laryngospasmus auslöste. Auch die Möglichkeit einer directan
Compression der Trachea durch die geschwollene Thymus ist nicht
ohne Weiteres von der Hand zu weisen; es ist indeas kein einziger
Fall bekannt geworden, wo durch die Section eine Stenose der
Trachea durch Thymusdrüsendrnck nachgewiesen werden konnte.
Pott ist vielmehr der Ansicht, dass der Tod durch einen plötzlichen
Stillstand des Herzens infolge ComjireBöion der Arteria pulmonalis
verursacht wird» Denn der Tod im Anfall macht nicht den Eindruck
eines plötzlichen Erstickungstodes ; auch haben sich sofortige Tracheo-
tomie und künstliche Athmung stets als wirkungslos erwiesen.
Andererseits spricht für seine Annahme, dass die hyperplastische
Thj^mns die oberen Partien des Herzens bedeckt und gerade dem
Ursprung der grossen Gefäase, der Pulmonalis und der Aorta auf*
liegt. Sie überlagert und belastet ferner mit dem am meisten ver-
grösserten rechten Drüsenlappen den rechten Vorhof, sowie die zwei
oberen Drittel des rechten Ventrikels. Es steht somit das Herz
unter einem positiven Druck. (Ref. muss hierbei doch auf den von
ihm schon im Jahre 1879, Centralztg. f, Kinderheilk. S. 403 ff,, be-
echriebeuen Fall verweisen.
igi
^y.)
Thomas (Revue mens, des malad, de l'enfance 18Ö2, 8. 264)
gibt eine Darstellung des Krankheitsbildes der einfachen Hyper-
trophie der Bronchialdr üsen, die er von der tubercuiöBen
streng geechidden wissen will, — ein Wunsch» dem übrigens von
Kinderliel^k linde.
¥
l
deutseben Pädiatern längst Rechnung getragen worden ist. Das
Haaptsymptom der Krankheit ist der Husten , der meist in Anfallen
auftritt^ besondere bei Nacht und mitunter von Erbrechen begleitet
iBt. Die Dauer der Erkrankung ist ganz verschieden, von wenigen
Wochen bia zu vielen Monaten. Die Stimme ist oft heiaer^ mit-
unter bis zur Unhörbarkeit Auch djspnoiscbe Erscheinungen sind
nicht selten beobachtet worden* Expectoration ist gar nicht vor-
banden. Daß Aligemeinbehndan ist mitunter gar nicht geatört, in
anderen Fällen dagegen sebr beträchtlich. Auch die physikalischen
Erscheinungen unterliegen mannigfachen Scbwaokungen, indess be*
steht in den meisten Fällen zwischen den Schulterblättern Dämpfung
und broncbiales Atbmen.
Jereey (Lancet, 2, Jan.) beschreibt den seltenen Fall einer
Lungengangrän bei einem 21 Monate alten Kinde, Dasselbe
stammte aus einer phthisiscben Familie und war bisher stets gesund.
Vor 8 Wochen erkrankte es an fieberhafter Bronchitis , 5 Wochen
apiter Dyspuce, Appetitlosigkeit, Fieber, Husten. Lunge links überall
gedämpft, Auscultation links vorn blasendes Athmen, hinten von der
Mitte der 8capula an ebenfalls, Probepunction und später Incision
im sechfiten Intercostalraum hat Entleerung sehr massiger Menge
Eiters zur Folge- Nach der Operation Temperatur 98^ F., Puls 124»
Respiration 86, Das Kind nimmt immer mehr ab, Temperatur steigt
wieder am 5, Tage nach der Operation. Unter Diarrhoe und Er-
brechen am 6, Tage Exitus letalis. Sectionsbefund: Linke Lunge
solide, Bronchien dilatiit und verdickt, mit übelriechendem Eiter an-
gefüllt^ Gangrän der Lunge; Pleura überall fest adhärent. Die
Übrigen Organe normal. Die bei der Probepunction und Incision ge-
fundene geringe Eitermenge entstammte der Lunge selbst. Jersey
erwähnt die Seltenheit der Gangrän nach FneumoBie In so jugend-
liebem Alter, fernerbin die Schwierigkeit der Diagnose,
Kranklieiten der Ctrculatiüii!»argaae.
A. Baginsky (Berl, klin. Wochenschr. Nr, *48) legte in der Ber-
liner medicinischen Gesellschaft Gehirn und Herz eines 5 Einjährigen
Kindes vor^ welches nach einer 4 wöchentlichen Krankheit, die es im
Hause der Eltern durchmachte und nur unbestimmte Symptome
— Müdigkeit, Niedergeschlagenheit, etwas Husten und Erbrechen —
i zeigte, plötzlich am rechten Arm und Bein gelähmt und in diesem
Zustand dem Krankenhaus zugeführt wurde» Es ging wenige Tage
nach der Aufnahme zu Grunde. Die intra vitam gestellte Diagnose:
4U
Bftgxiiiky.
Embolie Inf olga eiuer Endocard itia des linken Herzeos,
bestätigte die Sectios vollkommen. Die Veränderung am Herzen be-
stand in einer frischen Entzündung der Valviila mitraiis mit klein«
körnigen Wncberungen an den Klappeozipieln und geringen sand*
korngrossen Wucherungen an den Aortenklappen; aueserdem im
rechten Herzobr ein feathafteuder rotlibrauner llirombas, von dem
wahrscheinlich die Embolie ausgegangen war. Der emboliscbe Pro-
cesa betraf die Arteria frontalis inferior lateralis, den vorderen Ast
der Arteria fossae Sylvii, Ferner war eine complete Erweichung
vorhanden im Corpus striatum, und zwar speciell im Linsenkern.
Es bestand eine etwa erbaengrosse Hümorrhagie im vorderen Drittel
der Capsula interna etwas lateral war ta und hinter dem vorderen
Theile des Nucleus caudatus.
Krankbejt^n der Verdannugiorganp.
Einen angeborenen Tumor, wie er wohl noch sehr selten
bei Kindern beobachtet worden ist, beschreibt Fürst (Archiv für
Kinderheilk. Bd. 14, S. 422). Das Kind zeigte am rechten Zungen-
rande einen über erbsengrossen , i'esteo, nicht beweglichen Tumor,
welcher von normaler Schleimhaut bedeckt war. Fürst excidirte
demselben durch einen Ovalärschnitt, da die Nahrungsaufnahme des
Kindes durch den Tumor sehr behindert war. Die mikroskopische
Untersuchung ergab, dass es sich um ein Lymphangiom handelte.
Derselbe Autor beschreibt (Archiv f. Kinderheilk. Bd. 14, S. 423)
die Vereiterung des Antrum Highmori bei einem Neugeborenen,
deren erste Ursache die infectiöse Schleimhaatentzündung eines Auges
abgegeben hat. Der Ueb ergang hatte auf dem Wege des Canalis
naso-lacrymalis und mittleren Nasengangea bis in den Sinus maxil-
laris stattgefunden* Das Kind ging pyämisch zu Grunde* Der Fall
beweist, welche schweren Folgen die an öich — bei rechtzeitiger
Behandlung — gefahrlose Ophthalmoblennorrhoe der Neugeborenen
unter Umständen haben kann.
Gnndobin (Jahrbuch f, Kinderheilk. Bd. 33, S. 439} hat genaue
anatomische Untersuchungen angestellt über den Bau des Darm>
kanalö bei Kindern. Zwei Eigenthümlichkeiten sind für den
Darmkanal des Neugeborenen charakteristisch : die schwache Ent-
wickelung der Musketschicht und die verhältnissmässig starke Ent*
Wickelung der Schleimhaut in allen ihren Theilen. Die Zotten sind
genügend entwickelt, viel dichter gestellt und blutreicher als im
I
Kinderheilkande.
415
DarmkaDale Erwachsener; die Anzahl der Lieberkübn'achen Drüsen
ist verbältDissmässig genügend; das Lymphsystem ist im Momente
der Geburt vollkommen entwickelt. Die mikroskopischen Ergebnisse
stehen in vollkommenem Einklang mit den makroskopischen Ver-
hältnissen, Die Nervenplexus sind genügend entwickelt; doch in
Betracht dessen, class die Mjeliuschicht in den Mesenterialnerven
schwach entwickelt, und dass nach den Untersuchungen von Arndt
' die Myelinschicht für die Nervenstämme von grosser Bedeutung ist,
moss man folgende Unterschiede des Nervensystems zulassen:
„leichte Gereiztheit und schnelle Ermüdung, die Unmöglichkeit des
Widerstandes und Schwäche verschiedenen Reizen gegenüber ^^
Diese Eigenthftmiichkerten des Nervensystems rufen die bei den
Kindern oft auftretenden Koliken hervor. Die schwache Entwicke-
Inng der Muskelschicht ruft Obstipation hervor.
A, Baginsky legte in der Berliner medicinischen Gesellschaft
die Sectionspräparate eines l^^^ähngen Kindes von Dasselbe hatte
intra vitam nur die Erscheinungen eines Empyems geboten, welches
mit gatem Erfolge operirt wurde; darauf stellten sich aber Tenes-
mns und schleimige^ blutige Diarrhoen ein, die trotz der grössten
Sorgfalt nicht verschwanden und das Kind mehr und mehr er-
schöpften, bis es schliesslich an Erschöpfung zu Grunde ging. Bei
der Section zeigte sich nun, dass nicht da^ Empyem die primäre
Erkrankung gewesen war, sondern es handelte sich um eine durch
einen kleinen Kothstein primär inducirte Perityphlitis, von welcher
ein Eiterungsprocess ausgegangen war, welcher von hinten her längs
»des Colon und der Leber an dem Zwerchfell emporgestiegen^
\ durch dasselbe durchgedrungen ist und das Empyem gemacht hat.
[Die Perityphlitis ist intra vitam absolut symptombs verlaufen; es
rwar weder in der Ileocöcalgegend eine grössere Dämpfung vorhan-
fden, noch war ein Tumor zu fühlen, noch war besondere Schmerz-
haftigkeit im Abdomen vorhanden , kurz nichts , was auf einen der-
artigen schwerwiegenden Process hingewiesen hätte.
Szydiowski (Jahrbuch f. Kinderheilk, Bd. 34, S. 411) hat
sich das Studium des Labenzyms nach Beobachtungen an Säug-
lingen zur Aufgabe gemacht. Das Labenzym bildet im Mageninhalt
Iden wirksamen Bestandtheil des Labs und kennzeichnet sich durch
seine geringe Resistenzfähigkeit gegen caustische Alkalien, sowie
auch gegen höhere Temperaturen. Eine Vorstufe des Labenzyms
bildet das Labzymogen, welches nach Boas durch Einwirkung von
416
Baginskj.
freier Salssäure in das active Enzym übergeführt wird. Szydlowski
legte sich nun zunächit die Frage vor: „Wie verhält sich das Lab-
enzym im uüchtemen Säuglingsmagen?" Es lässt ßich stets als con-
stanter Factor nachweisen ; das Vorkommen ist von dem Alter und
der K örp er ent Wickelung des Kindes unabhängig. Was die zeitlichen
Unterschiede im Auftreten eines Labcoagulum anbelangt, so waren
dieselben nicht weaentlich difr«rent; gewöhnlich konnte man die Zeit
nach Minuten bestimmen, nur in einem Falle kam es zur Labung
erat nach 2 Stunden. Die Reaction des Mageninhaltes und das Vor-
kommen freier Salzsäure in demselben scheinen iu keiner ursäch-
iichen Beziehung zu dem Vorkommen des Labenzyms zu stehen, —
Eine zweite Heihe von Versuchen erstreckte sich auf das Vorkommen
und eventuelle Verhalten des Labenzyms im Säugtingsmagen in ver-
schiedenen Verdauungsphaaen, Sie zeigten, dass in allen Verdanungs-
phaBeUj sowohl bei gesunden, wie bei kranken Kindern, das Lab-
enzym gefunden wurde. Ebenso wenig kann man das Alter deB
Kindes mit dem Vorkommen des Lahenzyms und seiner Wirkung
in Zusammenhang bringen» Der zeitliche Verlauf der Enzymwirknng
bietet auch nichts Besonderes, ausser in den Fällen, wo eine neu-
trale oder schwach alkalische Keaction des Mageninhaltes constatirt
wurde; ii] diesen Fällen schien die Enzym Wirkung %'erlang8amt zu
sein. Die Qualität der Nahrung zeigte keinen Einiluss auf die Pro-
duction des Labenzyms, es trat sowohl hei Milchnahrung auf, wie
auch in denjenigen Fällen, wo vorübergehend Thee gereicht wurde.
In einer aus dem Heiibner^schen LaborRtorium stammenden
Arbeit hat Müller (Jahrbuch L Kinderheilk. Bd. 34, S. 499) das
Verhalten von Milch und Ca sein zur Salzsäur e einer Unter-
suchung unterzogen. Er kommt zu folgenden Schlüssen: Die Milch
bindet Salzsäure, und zwar die Kuhmilch am meisten, weniger Stuten-
und Ziegenmilch, Von der Kuhmilch bindet die der altmilcb enden
weniger als die der neumikhenden Kübe. Muttermilch bindet nur
ca, Va — V'i öo wenig Salzsäure wie Kuhmilch. Die Ab- und Zu-
nahme der Bindungsf^higkeit der verschiedenen Milcharten an Salz-
säure hänut von dem grösseren oder geringeren Gehalt derselben an
Salzen und Eiweiasen zusammen ab. Die Salze der Milch binden
ca, 42 o/p der Salzsäure, die Ei weisse dagegen ca. 58 %, — Reines,
nach Hammarsten dargestelltes Oasein bindet die Salzsäure und
hält diöse auch bei höherer Temperatur fest. Von diesem, in ganz
schwacher Salzsäure = *},! ^j^q gelösten Casein, welche Lösung keine
Reaction auf freie Salzsäure gibt, werden mit Pepsin bis zu 45 ^n, verdaut
Kinderheilkunde.
417
Wittmann (Jahrbuch f. Kinderheilk, Bd, 34, S. 1) gibt eine
tethode zur Untersuchung des Mageninhaltes an, die mit
möglichst einfacher HandhabuDg eine für die Zwecke der PraxiB ge-
nügende Genauigkeit verbinden und den quantitativen Nachweia der
freien Sabsäure, der Milchsäure, der flüchtigen Säuren, der Phos-
phate und des an organische und anorganische Substanzen gebun-
denen Chlors gestatten sollte, Wittraann ist der Ansicht, dass das
bisher einzig charakteristi.sche Keagens auf freie Salzsäure — Phloro-
glucin- Vanillin — nicht ganz ohne Nachtheile sei; in Gemischen mit
anderen Säuren bleibt die charakteristische Reaction allerdings deut-
lich, indess wirken grössere Mengen von sauren Phosphaten ungünstig
Da letztere im Mageninhalte stets vorkommen, so ist dieser
Jmstand nicht ausser Acht zu lassen, und es kann aus dem nega-
tiven Aasfall der Günzburg'schen Reaction das Fehlen freier Salz*
säure nicht unbedingt geschlossen werden. Der von Wittmann
ausgearbeitete Unter such ungsgang basirt einmal darauf, dass durch
kohlensaures Zinkoxyd bei gewöhnlicher Temperatur nur freie Säuren
gebunden werden, während die an organische Substanzen gebundene
Salzsäure unberübrtr bleibt, wenn die Einwirkung nicht zu lange
dauert, sowie in der LeichtlösÜchkeit von Zinkchlorid in Aether-
alkoboL in welchem Zinklactat nabezti unlöslich ist. Ferner hat das
I Zinkcarbonat den V ort heil, dass es mit den Phosphaten zu in Wasser
|j unlöslichen Verbindungen zusammentritt und somit diese, die in
^^ einer Theilprobe bestimmt werden, für die weitere Untersuchung be-
Hieitigt.
^m Die Untersuchungen, welche Clopatt (Revue de medecine,
^■April) über die Verdauung des Magens bei Säuglingen an-
B gestellt hat, umfassen 5-1 Analysen gesunder Kinder, Hiervon waren
^ neun Brustkinder, und elf Kinder wurden mittels Kuhmilch ernährt.
I Clopatt kommt zu dem wenig erstaunlichen Resultat, dass die
Frauenmilch für Kinder im frühesten Alter ein besseres Nahrungs-
mittel ist, als die Kuhmilch, da die analytischen Versuche zeigen,
dass bei Frauenmilch der Magen eine geringere Arbeit zu leisten
it, als bei Kuh milch.
Raudnitz (Prager medic. Wochenschr, Nr, 1) macht auf den
,/erth der mikroskopischen Untersuchung der Entleerun-
gen aufmerksam, vorzüglich zur Stellung der Diagnose; er hält die
romahme derselben für indicirt, erstens bei jeder mit Durchfällen
der Koliken einhergehenden AiFection, zweitens bei Anämien und
hafter Gewichtszunahme. Geruch, Farbe Aussehen und Re-
I d. pr»ct Medicio. 1899. ^^
418
Ba^giBsljy,
action werden zuerst geprüft, der weitere Gang der mikroskopischen
UDtersucbuDg ist folgender: thieriscbe Parasiten^ Reste der Nahrung,
und zwar MoBkelfasern, Starke, Cellulose, Fett; Zeichen der Darm-
erkrankung sind zwar Schleim, Eandzellen, Blutkörperchen, Epi-
tbelien; Krystalle mit Ausschluss der aas dem Fett stammenden;
Klein weeen- Nach Aufzählung der zur Untersuchung nöthigen Re-
agentien zeigt Raudnitz die Art der Bestimmung der einzelnen
Theile der Paces, indem er zugleich kurz angibt, welchen Rück-
schluss die betreffenden Resultat© auf das Befinden des Ghesammt-
organismus gestatten.
Sturges (The Lanoet, d. Jan, 1892) berichtet über einen Fall
von Diarrhoe und Erbrechen bei eicem Deunmonathchen Kinde,
welches bereits vollkommen collabirt war und keine Hoffnung mehr
anf Genesung liess. Als letztes Mittel wurde eine intravenöse In-
jection in folgender Form verordnet: 12 Unzen destillirtes Wasser
mit 36 Gran Salz und einer Drachme Oognao von einer Temperatur
von 101*1 Der Erfolg war ausserordentlich. Das Kind erholte
sich innerhalb weniger Stunden. Das Ettfrechen trat nur uoch ein-
mal auf* Diarrhoe und Schlaflosigkeit wurden durch geringe Gaben
von Opium bekämpft. Das Kind ist vollkommen genesen.
In der Frage der Behandlung der Sommerdiarrhoen er-
greift Liebreich das Wort t^Therapeut. Monatshefte Nr. 8). Er
warnt zunächst davor, dieselben, soweit sie auf Infection beruhen,
mit Opium zu bebandeln. Die erste Regel, die zu befolgen ist, be-
sieht sich auf die Entleernng des Darms. Grössere Dosen Ricinusöl
Bind zweckmässig; wo dieses aber nicht vertragen wird^ verordne
man Pulvis aerophorus laxans oder Calomel. Erst nach dieser Yor-
cur sind bittere und aromatische Mittel indicirt; es empfiehlt sich die
Tinct. Colombo,
Tinct, Cascarillae ana 90^0.
S* Alle Stunden 10—20—30 Tropfen.
Auch sehr zweckmässig ist der Zusatz dieser Tinctur zum Thee zn
gebrauchen.
Hertens (Berl. klin. Wochenöchr. Nr. 45) beschreibt einen im
Bürgerhospital in Köln beobachteten Fall von Taenia nana bei
einem 6jährigen Knaben — ein Bandwurm^ welcher in Deutschland
sehr selten, in Italien dagegen ungemein häufig und vorzugsweise
bei Kindern beobachtet wird. Als Anstreibungsmittel wird von ■
Hertens das Extractum Filicis maris aethereum empfbblen, und
swar 80, dass man nur eine Dosis verordnet, die aber möglichst
Kinderheilkimde. 419
hoch zu bemessen ist, and der man etwa ^ 2~^ Stande sf^äter ein
Drasticum folgen lisst
Einen beachtenswerthen Beweis, wie gefahrlich manchmal die
kleinen Oxyaren werden können, erbringt Spitzer (Wiener med.
Wochenschr. Nr. 1). Ein Mädchen von 12 Jahren litt seit einiger
Zeit an mehr and mehr zanehmendem Aasflass aas der Scheide.
Da das Kind sa gleicher Zeit mit den Fingern häa£g während des
Schlafes an den Genitalien zapfte, so vermutheten die Eltern, dass
mit dem Kinde Nothzncht getrieben worden sei. Bei der Inspection
fand man ein chronisches, nässendes Ekzem der Schamlippen und
zahlreiche blntende Kratzeffecte an den Nates. In das mehrfach
eingerissene Hymen liess sich leicht ein dicker Glaskatheter ein-
fahren, wobei sich viel eiteriger Schleim entleerte. Bei einer daraaf
folgenden Vaginalaasspolang wurde ein ganzer Knäuel zwimdünner
Warmer herausgeschwemmt, wodurch sich die oben beschriebenen
Symptome leicht erklären liessen.
Minerbi (Annal. de m^ Nr. 49) wendet gegen Oxyuris Kly-
stiere mit Naphthalin nach folgender Formel an:
Rp. Naphthalini 1.0 — 1,5,
Ol. Olivar. 40,0—60,0.
D. S. Für ein Klystier.
um die Frage zu entscheiden, ob die Ascarideneier direct
den menschlichen Darm inficiren, oder ob der Spulwurm einen
Zwischen wiith habe, gab Epstein (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 33,
S. 287) drei Kindern Ascarideneier, welche er auf Fäces gezüchtet
hatte, und die lebende Embryonen enthielten. Bei allen drei Ver-
suchspersonen war durch wiederholte mikroskopische Untersuchung
des Stuhls festgestellt, dass sie keine Ascariden beherbergten. Die
Kinder erhielten nur gekochte und gebackene Nahrungsmittel und
ganz unverdächtiges Trinkwasser. Bei allen drei Kindern zeigte sich
zwischen der 10. und 12. Woche nach der Infection der erste Ab-
gang von Eiern in den Fäces. Nach Darreichung von Santonin
gingen geschlechtsreife Weibchen und Männchen ab. Aus diesen
Untersuchungen ist erwiesen, dass die Einwanderung des Spulwurms
in den menschlichen Körper durch directe Infection geschieht, in-
dem unbeschädigte und lebende Embryonen enthaltende Eier mittels
Terschluckens in den Darmtract gelangen und sich hier weiter ent-
wickeln.
Hillyer (The Lancet, 1. Oct.) wurde zu einem in bewusstlosem
Zustande daliegenden und bereits moribunden Kinde von 5 Jahren
420
fiaginsky.
gerufeD, bei dem die Seotion eine ÄnsammluDg von 42 Aecariden
im Darm ergab, so dags der Darm steüeii weise faßt gauK verschlossen
war, Verf. ist geneigt, als Todesursacbe sowohl die Obßtruction,
wie die directe Reizung des Darms anzimelimen.
Borger (Müncb, med. AbLandltingen , 2, Eeihe, 1. Heft) hat
auB der Litteratur 59 Fälle zusammeuges teilt, in denen ein Auswan-
dera von Ascaris lumbricoides aus dem Darme in andere Or-
gane stattgefunden hatte; in der Hälfte dieser Fälle waren die
Würmer bis In die Leber vorgedrungen^ neunmal mit Absceagbildung.
Bei einem von Borger beschriebenen Fall war es ebenfalls zur
Bildung eines Leberabscesses gekommen. An der Unteriäcbe der
Leber fanden sich, im stark erweiterten Ductus hepaticus steckendi
zwölf Spulwürmer, sammtlich Weibchen; das Kopfende aller war
nach innen gerichtet. Die Oberfläche der Leber zeigte viele dunkle
Flecke, bei deren Incision sich eine körnige, gel Mich -rothe, bröcklige
und käsige Masse vorfand , mikroskopifich wnrden kleine, nadel-
ilörmige Krystalle neben Ha matoidinkry stallen consl^tirt, sowie eine
Unzahl von Wurmeiern, deren Kapsel theils gesprengt, theils unver-
letzt erhalten war, nirgends ein Stadium der Furchnng an den Eiern,
noch Embryonen. Der Leberdurchschnitt bot zahlreiche Cavernen^
mit brÖokJigeo Massen gefüllt, ohne Wurmeier, in mehreren Caverneo
staken Spulwürmer. Diese Oavernen waren stark erweiterte Gallen-
gange mit verdickten Wandungen und führten in Abscegsböblen;
eine Communication letzterer bestand nicht
Falkenbeim und Askanazy (Jahrb. L Kinderheilk- Bd. S4,
S. 71) beschreiben einen merkwürdigen Fall von Perforations-
peritonitis bei einem Neugeborenen mit Verkalkung des ausge-
tretenen Meconiums, Das Kind, welches in Beckenendlage mit Ex-
traction des Kopfes entwickelt worden war, lebte 23 Tage, Die
Ursache der intra vitam diagnosticirten langsam verlaufenden, diffusen
Peritonitis wurde durch die Section festgestellt, indem sie zeigte,
dass die Peritonitis eine Folge der Perforation des Dickdarms im
Bereiche der Flexura lienalis war. Das Aussehen der Schleimhaut
an der Perf oratio nas teile und im übrigen Digestion st ractus lieesen
einen geschwürigen Process ohne Weiteres an sschli essen , so dass
man wohl annehmen musste, dass der Darm infolge der Einwirkung
eines Traumas rupturirt ist. An dieser Stelle zeigte der Dickdarm
eine flach trichterförmige, grubige Vertiefung, in deren Grunde sich
eine stecknadelkopfgrosse Ooffnung befand. Das ganze Bauchfell
war mit einem fibrös-eiterigen Belage überzogen, in dem sich zahl-
Kinderheilkunde.
421
reiche harte Knötchen befanden, namentlich in der Gegend der
Flesura coli sinistra. Diese harten Knötchen stellten sich bei der
mikroskopischen Untersuchung als eingeheilte und verkalkte Meco-
niumpartikel dar. Es muss demgemäBs der Durchhruch zu einer
Zeit vor sich gegangen sein, in welcher der Darm ^in schneller Auf-
einanderfolge der Einheilung fähiges, keimfreies Meconinm und in-
fectiöses, zur Hervürrufung einer Peritonitis geeignetes Material ent-
hielt. Nach Austritt des Meconiums ins Peritoneum musste noch
eine Frist für das Znstandekommen eines theilweisen Yerschlusses
der zunächst aseptischen Darmwunde bleiben, eines Verachlusi^eö',
genügend, um das Eindringen grösserer Massen des infectiösen Ma-
terials in den Peritonealsack und das Aufflammen einer fondroyanten,
ichuell zum Tode führenden Peritonitis zu verhüten, nicht genügend
aber und nicht so vollständig, um nicht den Durchgang kleinerer
Mengen z\x goBtatten, die nun ihrerseits die subacute Peritonitis be-
dingten und dem Meconium Zeit gaben, seine interessante Umwand*
Jung diozugehen.
Aldibert (Revue mens, des malad, de l'enfance, Juni) hat
ä&m.mtliche in der Litteratur verzeichneten Fälle von tuberculöeer
Peritonitis zusammeogestollt, auf Oiund deren er für die Laparo-
tomie, als die bei Weitem aussichtsreichste Behandliingsmetliode
eintritt, Lungentuberculose soll keio Hindemiss der Operation ab-
geben; sie kann vielmehr nach der Operation ver^chvt^inden. Aus-
geachlossen sind nur Kranke mit allgemeiner oder Darmtuberculose.
Ebenfalls von der chronisch tuherculösen Peritonitis des
Kindesalters handelt eine Arbeit von Berggrün und Katz (Wiener
iilin. Wochenschr. Nr. 46). Sie machen auf das Auftreten acholischer
Stuhle bei dieser Erkrankung aufmerksam bei nicht bestehendem
Icterus und mangelnder Gallenpigmentreaction im Harne. Sie haben
darüber eingehende Untersuchungen angestellt und kommen zu fol-
genden Schlüssen: 1) Die Entfärbung der Stühle bei der chrouisch
toberculdsen Peritonitis des Kindesalters ist in einer Vermehrang
des zur Ausscheidung kommenden Fettes begründet, 2) Die Secre-
tion der Galle, der freie Abfiuss derselben in den Darm, ist nicht
{gestört. 3) Die Wirkungsweise der Galle ist modificirt — indem
an ti putriden Eigenschaften wohl erhalten bleiben, ihre Wirkung
die Fett Verdauung jedoch vermindert erscheint,
Genserich (Virchow*s Archiv Bd. 12G, S. 485) fand bei einem
Sind, das 45 Stunden nach der Geburt verstorben war, eine hoch-
gtiadige, mit Phlegmone der Bauch wand complicirte Peritonitis
422
Baginsky,
perforativa. Der Ort der Peribration war im unteren Theile des
lleum. Der Darm war durchgängig, es bestand auch keine Ge-
schwürsbildong, und die sehr enge^ glatte Perforationsööiiung Hess
auch die Annahme einer Zerreissung nicht zu. Andererseits bewies
die vielfache, zum Theil recht zähe, bindegewebige Verwachsung der
Baucheingeweide, dass die Erkrankung keineswegs erst von der Ge-
burt her datire, sondern bereite im intrauterinen Leben entstanden
war, Verf. nimmt deshalb an, dass die Perforation Folge einer Ent-
wickelüng&anoinaiie war.
Rolleston nnd Kantliack (Virchow'd Archiv Bd, 130, S. 488)
beschreiben zwei Fälle von cyetisclier Erkrankung der Leber
bei Neugeborenen. Beide Kinder waren bald nach der Geburt ge-
storben. Bei der Section zeigte die Leber makroskopisch wenig
Bemerkenswerthes , nur einige wenige, schwer bemerkbare Cysten.
Das Mikroskop zeigte eine typische, vorgeschrittene biliäre Leber-
oirrhose, welche ihren Ausdruck in der Exiatenz von dichterem,
fibrösem Gewebe nm die dilatirten Gallengänge fand. Das fibröse
Gewebe folgte von den Portalgehieten aus den Verästelungen der
Gallengänge. Die Zahl der letzteren wnr bedeutend vergrössert, sii^
waren meist erweitert, einige id hohem Maassej sie waren jedoch
sammt und sonders leer und enthielten weder Schleim noch Galle,
noch abgestosaene Epithelzellen. — Verff, sprechen ihr Urtheil dahin
aus, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass eine Leberctrrhose,
wenn sie frühzeitig im intrauterinen Lehen auftritt, zu. einer congeni-
talen cystiöchen Erkrankung der Leber führen kann, gesetzten Falles,
daas das Kind am Leben bleibt, während andererseits eine acute
Entzündung oder Oirrhose im späteren Föt^illehen oder gleich nach
der Geburt zu einem tödtlich vedaufenden Icterus führen mag.
Krankheiten des Urügenitalapparates.
A, Baginsky und Gluck (BerL klin. Wochenschr. Nr. 21)
legten in der Berliner medicinischen Gesellschaft die Präparate einer
Nephrektomie dar. Es handelte sich um ein Sjähriges Kind, welches
an mehrfachen tuberculösen Erkrankungen der Knochen und Gelenke
litt. Dieses Kind acquirirte Morbillen, in deren Verlaufe sich eine
ziemlich intensive Albuminurie zeigte. Bei der mikroskopischen
Untersuchung des Harns erkannte man reichlichen Gehalt an Eiter-
körperchen und Cy linder, die sich aus feinen Fetttröpfchen und
lymphoiden Zellen zasammensetzten, im Sediment zahlreiche Tuberkel-
BÜnderheilkunde. 423
badllen. Unter diesen Terhaltnifiseii war die Tuberculose der
Niere sichergestellt. Im weiteren Terlanfe der Erkrankung üessen
sieh aach Anhaltspunkte gewinnen, welche Niere erkrankt war. In
der linken Seite hinten unterhalb des £.ippenrandes wurde eine leichte
Prominenz wahrnehmbar. Gleichseitig entwickelte sich an dieser
Stelle eine ziemlich intensive Dämpfung, welche Ton hinten HtiV«
weiter nach vom vorschritt, und diese Dämpf ong nahm allmählich
sowohl an Intensität als an Ausbreitung zu. so dass die Wahrschein-
lichkeit vorhanden war, dass in der linkeD Niere der tuberculose
Prooess Platz gegriffen habe. Da man rermutheii konnte, dass die
immer mehr hervortretende Dämpfung nicht allein auf' die Niere selbst,
sondern auch auf eine Affection der Niereiikapsel zu beziehen war.
and schliesslich die Entfernung des mit Llichster Wahrscheinlichkeit
schwer tuberculös erkrankten Organs eineL wei^ngleich geringen
Grad von Aussicht bot, dem Kinde zu Hub'e zu kommen, so wurde
die £x8tirpation des über mannesfaustgrosseü Organa vorgeLommen:
es enthielt einen wallnussgrossen käsigen Herd. — Die Operation
war glücklich verlaufen, das Kind ist indess 2 Wochen spkxeT an
allgemeiner Tuberculose gestorben.
Cahen -Brach (Jahrb. f. KinderheiÜL B5. S4, S. bß^. berichtet
in einem auf der 64. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte
gehaltenen Vortrage über 21 Fälle von kindlichem Fluor albus,
welche er bei Madchen im Alter von 2 — 10 Jahren beobachtet hat.
Mit Ausnahme eines Falles, Hessen sich bei allen Kindern Gonokokken
im Secret nachweisen. Das Leiden, welches weniger durch «ubjVctive
Beschwerden, als durch seine meist mehrmonatliche Dauer lästig
wurde, hatte seinen Hauptsitz in der Urethra. Als Complicationen
traten einmal Gystitis, einmal ein Erguss in ein Metacarpo-Phalangeal-
gelenk auf. Uebergreifen des Processes auf Uterus, Tuben und
Peritoneum hat Verf. nie mit Sicherheit gesehen. £r meint, dass
vor Eintritt der Geschlechtsreife dem Vordringen der Kokken am fest
geschlossenen äusseren Muttermund ein Damm gesetzt wird. Durch
diese Beschränkung der gonorrhoischen EntzünduDg auf die ober-
flächlicheren Theile des Urogenitalapparates gestaltet sich deren
Prognose günstiger als bei menstruirten Personen, denn in der Regel
scheint sie bei Kindern spätestens nach einigen Monaten vollständig
abzuheilen, während sie nach Eintritt der Pubertät nicht selten zu
einem unausrottbaren Uebel wird. Therapeutisch empfiehlt sich neben
Bettruhe die Sorge für möglichste Reinlichkeit, häufige Abwaschungen
and warme Bäder mit nachfolgendem Einpudern und Einlegen von
4M
Bagingky.
bestäubter Watte in die Vulva; bei reichlicher ßecretion Ausspülungen
der Vagina. Innerlich können Balsamica gereicht werden j von welchen
Ol. Santali 3mal 3—5 gtt. pro die am besten vertragen wird. Bei
Xindern in den ersten Lebensjahren ist wegen der Gefsährdußg der
Augen ein Anschlingen der Arme rathsam.
Vibert und Bordaz (^Revue mens» dea mal, de Teuf, S. 31)
halten ebenfalls die VuivovaginitiB der kleinen Mädchen in den
meisten Fällen für gonorrhoischer Natur. Die Behandlung besteht
in localen Wasehungen von 0,5"^'QQiger Sublimat- oder 4%iger ßor-
säurelösung 2— 3mal des Toges und Bepuderung mit Salol, sowie
3 — 4 Schwefelbädern per Woche. Bei Vaginitis soll alle 2 — 3 Tag©
ein 3 mm dicker Stift, bestehend aus Ifl Butyrüm Cacao und 0,1 Salol,
in die Hymenalspalte eingeführt werden.
Csiiiag hatte im vergangenen Jahre dazu getathen, die Enu-
resis nocturna mit Massage zu behandeln^ weil er von der Ansicht
ausgingj dass die Enuresis durch eine mangelhafte Innervation, bezw.
durch einen Schwächezustand des Schlieflsmoskels der Blase bedingt
wird. Rawiko witsch (Archiv f. Kinderheilk. Bd. 14, 8. 194) hat
nun diese Methode in weiteren zehn Fällen angewendet und kommt
ebenfalls zu dem Schluss, dass die mamielle Rehanllung der Enuresis
ein sehr rationelles und energisches Verfahren ist. Seine Resultate
sind allerdings nicht ebenso günstig wie die von Csillag, da da»
Verfahren in zwei Fällen ganz und gar versagte , aber er ist der
Meinung, dass man einmal mehr als zwölf Sitzungen vornehmen müsse^
wie Csillag vorgeschlagen hatte; fercer müsse man neben der
Massage allgemein stärkende Mittel anwenden.
Acut« Inrectiouskranklieiten.
Diphtherie.
In der Frage der Aetiologie der Diphtherie gibt 68 nun
keinen Streit mehr. Es herrscht Einstimmigkeit darüber, dasa der
Löffler'sche Bacillus der Erreger ist, Ueber die Erfahrungen^ die
in dieser Beziehung im Kaiser- und Kaiserin-Priedrich-Kinderkranken-
hause gemacht worden sind, hielt A. Baginsky in der Berliner
medicinischen Gesellschaft am 30. Januar d. J, einen Vortrag, dessen
wesentlicher Inhalt bereits im vorigen Jahresberichte mitgetheiit ist*
In der an den Vortrag sich anknüpfenden Discussion wurde von
mehreren Seiten auf die in der Praxis erwachsenden Schwierigkeiten
der von Baginsky geforderten bacteriologischen Untersuchungen
Kinderheükünde.
425
hmg6wieB6Q, während der Redner dieselben als leteht überwindlich
darstellte* Von Troje wurde betont, dass neben dem Löffler'schen
ßacüiua anch den diesen begleitenden Kokken eine sehr hervorragende
Bedeutung bei dem Verlaufe der diphtherischen Krankheitöformen
zukomme« Etwas, was Baginsky allerdings nie bezweifelt hatte^
HOT ist der Löffler'sche Bacillus der spiritus rector bei der Diph-
therie, die ohne ihn auftretenden Pharynxerkrankungen sind mit
Ausnahme etwa des «echten Pharynxerysipels nahezu gefahrlos, sofern
sie nicht wieder als Complicationen auderer Infectionskrankheiten,
wie des Scharlach etc, auftreten* — Seither haben übrigens die
Mittheilmigen von Baginsky von den verschiedensten Seiten, so
aas Italien (Concetti), ebenso aas Amerika voUe Bestätigung
gefunden«
Dass der sog. primäre Larynxcroup auch vom Löffler'schen
Diphtheriebacillus hervorgerufen werde, war in der Discussion über
den Baginsky'scLen Vortrag am 6. Februar d. J. in der Berliner
medicinischen Gesellschaft bestritten worden. Nunmehr bat Eugen
Fraenkel (Deutsche med, Wochen sehr. Nr. 24) bei vier an dieser
Affection Gestorbenen genaue Untersuchungen angestellt und in
allen Fällen durch mikroskopische Untersuchung, Ciiltur und Thler-
esperiment die Anwesenheit des Klebs-Löffier'schen Diphtherie-
bacillus in den Membranen sicher nachgewiesen. Drei dieser Patienten
hatten klinisch gar keine Rachenerkrankung dargeboten^ bei dem
vierten war dieselbe bereits 14 Tage vor der Laryßxerkrankung in
leichtem Grade vorhanden gewesen.
In einer sehr ausfübrlichen und umfassenden Abhandlung er*
stattet Hopp e-Sey 1er (Archiv f. klin. Med, Bd. 49, S. ö31— 586)
Bericht über 455 Diphtheriefälle, welche während einer zwei-
jährigen Epidemie (1889—1890) in Kiel zur Beobachtung kamen.
Von diesen 455 Fällen betrafen
das Jahr 1889^ 177, davon starben 91 — 51,4%^
^ „ 1890:278, „ „ 116=41,7%.
Was das Alter anlangt, so waren wenige Erkrankungen aus dem
1. Lebensjahr, die meisten betrafen das 2.-6. Jahr. Die Symptome,
Verlauf und Complicationen der Erkrankung boten nichts Ausser-
gewöhnliches dar; genaue statistische Angaben darüber finden sich
im Original* — Therapeutisch wurde neben der streng durchgeführten
^abehandlung zur Reinigung des Rachens 1^'o^g® Stiblimatlösung
3ar IGOßige Chloralhydratlösung mittels Glasspray angewendet-
426
Bagiuaky,
Sonst wurden noch id fünf Fällen bei Kiödem Pinselungen vün
lOO^iger Esaigaäure versucht ohne deutlichen Erfolg.
Szegö (Jahrb. l Kinderheilk Bd. 34, S, 13B) beschreibt eine
Diphtherie- Endemie, welche in einem Mädchen wai sc n hause in
Budapest, welches 102 Zöglinge zählte, zum Ausbruch gekommen ist.
Er theilfc die Fälle nach ihren Xrankheitseracheinungen und ihrem
Verlaufe in drei Classen: 1) Solche, bei denen das Rachenbild schon
anläsalich der ersten Unteraucbong ausgesprochen memhranöse Auf-
lagerungen zeigte. Von zehn Fällen gingen vier unter septischen
und stenotischen Erscheinungen zu Grunde. 2} Solche Fälle, die als
reine FollicuJartonsillitiä* Erkrankungen in Behandlung kamen, und
wo sich die diphtheritisch-membranoae Auflagerung erst entwickelte,
3) Solche Fälle, bei denen das reine Bild der Tonsillitis follicularis
bis zum Schlüsse verblieb.
Schlichter (Archiv f. Kinderheil k. Bd. 14, S. 129) hat unter
21000 Kindern^ welche innerhalb von 3 Jahren in die Wiener
Landeaiindelanatalt kamen, 24mai Diphtherie beobachtet und war
bemüht, zu erforschen, wie die Ana tecknng der Kinder erfolgt eto.
Nur bei zwei Säuglingen konnte die Möglichkeit einer directeo Infection
zugestanden werden, bei allen übrigen blieb nur die Annahme übrig,
dass die inficirenden Keime in den Eaumen, welche die Kinder be-
wohnten, hafteten» Verf. wirft nun die Frage auf, wieso von den
vielen tausend Kindern, die in den gleichen Räumen waren, nur so
wenige an Diphtherie erkrankten, und versucht eine Erklärung dafür
zu finden in einer gewissen individuellen Disposition der Kinder,
welche wahrscheinlich durch Herabsetzung der Kesistenzfahigkeit
(infolge von Leben sschwäcbe, Krankheiten etc.) zu Stande kommt.
Jedenfalls glaubt Verf., dasa die Diphtherie bei Säuglingen mit der
puerperalen Erkrankung der Mutter in ursächlichen Zusammenhang
nicht zu bringen ist.
Auerbach (Deutsche med. Wochenscbr. Nr. 8} beöchreibt einen
Fall i^on Hern i p leg ia cerebralis nach Diphtherie. Das bis
dahin gesunde, 7jährige ^ind erkrankte unter Fieber, Schluck-
beschwerden und einem auf den Tonsillen und dem weichen Gaumen
ausgebreiteten diphtheritischen Belag. Am 7. Tage kein Belag mehr;
am 8, Tage nasale Sprache. Am 12. Tage wird Patient apathisch,
erbricht mehrmals und will nichts mehr zu sich nehmen. Urin sehr
trüb, specifisches Gewicht 102^, enthält 0,25 ^,o Eiweiss, Cylinder
und Epithelien, kein Blut. Am 20. Tage cloniach^tonische Krämpfe
KinderhoiJktinde*
427
des ganzen Körperä, BenommenJieit des Seosoriuma. Am nächsten
Vormittag wurde folgender Befand coostatirt: Patient immer noch
ein wenig benommen; Augenmuskel iutact, Pupillen normal, keine
AccommodatioDsparese. Völlige motorische Lähmung der ganzen
Hukeu Körperseite. SeDsibilität nicht gestört, Patollar- und Bauch-
hautreflex beiderseits erioscheo. Keine Incontinentia urinae et ai\ri.
Von der 4, Woche an hebt sich das Allgemeinbefinden zusehends.
Unter täglicher Faradisation der gelähmten Muskeln und Nerves,
Massage und Salzbädern vermag Patieut das linke Bein zu erheben.
Erst in der 8, Woche können Gehversuche gemacht werden. Ans
dem bei der Entlassung in der 16. Krankheitswoche aufgenommenen
Status ist Folgendes hervorzubebeu : Das linke Bein wird immer
nach etwas nachgeschleift. Die grobe Kraft in der JiDken Hand ist
wesentlich geringer als rechts. Patient kann den linken Arm nicht
von selbst beugen, die Finger nur in beschränktem Grade flectiren.
Geringe Atrophie der Musculatur. Sinnesorgane normal, Sprache
noch ein wenig näselnd. Beim Lachen wird der Mundwinkel noch
stark nach rechts verzogen« Intelligenz ganz iotact. Die Diagnose
lautete: Hämorrhagte in den vorderen zwei Dritteln des hinteren
Schenkels der Capsula interna»
üeber den Werth der Intubation liegt eine grössere Arbeit
aus der Züricher chirurgischen Klinik von Schlatter vor (Corre-
spondenzblatt f. Schweizer Aerate Nr. 22), Von 34 primär mit In-
tubation behandelten Fällen starben 19 = 56 o ,v Es ist dabei aber
zu berücksichtigen, dass für die Intubation günstige Fälle ausersehen
wurden, d. h, diejenigen Orouperkranknngen, wo der Procesa mög-
liehst nur auf den Kehlkopf localislrt erschien* Fälle mit starker
Mtta^Tection des Rachens^ sowie im Stadium asphycticum wurden
stets tracheotomirt» — Von den 34 intubirten Kindern wurden 10
(mit 9 Todesfällen) secundar tracheotomirt. Ein Kind st^rb bei der
Intubation durcb Hinabstossen von Membranen, Bei den günstig
verlaufenden Fällen konnte die Tube bald, meist schon am 2. Tage
entfernt werden. Verf. kommt zu folgenden Schlusssiitzen : Die
souveräne Methode bleibt stets die Tracheotomie. Die Intubation
ftilirt in geeigneten Fällen rascher zum Ziel, ihr Anwendungskreia
mum aber in engen Grenzen gehalten werden, wenn sie nicht mehr
Schaden als Nutzen stiften soll* Für die Intubation eignen sich nur
Fälle, bei denen sich der diphtheritiache Proceys nur auf den Larynx
erstreckt« Wird nach der Intubation die Alhmung nicht frei, pro-
gredirt der Process im weiteren Verlaufe, oder tritt Ernährungs-
428
Baginsk}'.
Schwierigkeit eie, so darf mit der eecundäree Traclieotomie niclit
gewartet werden. Einzelne Fälle (Glofetisödem, Stenose tieferer Par-
tien der Luftwege) sind nur der Tracheotomie zugänglich. — Gläu-
xeode Erfolge kann die Intubation in der Behandlung der chroni-
sclien Trachealstenosen aufweisen.
Petersen (Deutsche med. Wochen sehr. Nr. d) atelltj nach Mit-
theilung eines Falles von LaryDxpapillom, in welchem die Intubation
vollständig versagte, diejenigen Fälle von Complicationen bei
der Intubation des Larj^nx zusammen, welche der Ausführung oder
Durch luhruog dieser Operation hinderlich werden,
Wilhelm Mayer (Muncb. med, Wochenschr, Nr. 14) berichtet
über die operative Behandlung der Diphtherie in Fürth in
den Jahren 1874 — 1892. Die Erfolge waren durchaus nicht günstig.
Es wurden im Ganzen 316 Tracheotomien und y Intubationen ge-
macht; geheilt wurden 103 = 32,5^%, Meistens wurde die Tracheo-
tomia seperior gemacht, 30mal die inferioi. Die Intubation wurde
dmal angewendet; 2itial bei erschwertem Decanulement mit gutem
Erfolg, Imal hei Eaucliasphyxie {gestorbeü)^ uod 6mal bei Diphtherie,
wovon Imal sofort nach der Intubation wegen Verschluckens der
Tube, 4mal secundär wegen schlechten Athmens tracbeotomirt wurde,
Verl hat in Ib Ige dessen die Intubation für frische Pällu ganz auf-
gegeben und wird sie nur nach auw^ecden bei erschwertem Dtscanule-
ment.
Poltan ek (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 33, Ö. 241) hat sich die Auf-
gabe gestellt, die Blutungen schweren Charakters zusammen-
zustellen, w^elche bti Diphtherie nach Tracheotomie beobachtet
wurden. Wir ersehen daraus, dass nicht das Decubifusgeschwür die
häufigste Ursache zu Blutungen abgibt, sondern dass es in den
meisten Fällen Wundcomplicationen sind, welche dieselben verur-
sachen. Diese sind in erster Reihe Wundiiiphthcrie oder phleg-
monöse Processe. Wunddiphlherie ist sehr selten, meist handelt es
»ich um Phlegmonen; es kommt infolge des phlegmonösen Processes
zum Zeriall des prätrachea!en Bindegewebes und im weiteren Ver-
lauf zur Arroaion von grossen Gefässeu» — Die Blutungen, welche
infolge eines Canüleudecubitua auftreten, können entweder aus der
Wundiläcbe stammen und sind dann gewöhnlich nicht sehr heftig,
oder es wird nach PerforatioQ der Trachea die Arteria anonyma er-
öffnet. Zur möglichsten Verhütung dos Decubitus empfiehlt Verf*
eine von ihm modiücirte Durham'sche Canüle, deren Abbildung im
Origioal zu sehen ist.
I
t
i
4
4M
Jaenicke (Tbermcttt. MoartA- Kr* 17/
dee in letxter Zdt Tidfiuii ab Anl»epliqi» giufciwicfcteo Hethjl-
Tiolettg bei Diphtherie t
aOordings noch »ehr gering,
iof VersQclie na Rea gnm^gha. In dar BoaQloQ wird dar IK^hthacie-
bftcüliia edion dmvh eiaeD llelhjlriolatleabah tiui t :30n0000a ia
aeiner Eolviehdaiig nurUidi aa^ihaltaD, lies 1:5000000 widist
er tu der BoitiUon überiiaiipl nicht wuekr. Dem HaajitairtagBeiiicd der
Wirkang das Hetlijhriolatls ^tan dojenisen aadarar Aiillmylica saf dia
DipfathenamaiBbfmo nabt derYarf. ia InlfeBdeBi üaartasd: Alle aa-
deren AntiBeptica werden doreh die bespälaade Mimdfiäfisigkett aehr
schnell wieder ans der Membran beransgalaagt, arie man dies x. R
fUr Carbolsäure durch nachtragÜche Beplaaebnig dar Ifembiaii mit
EieeLchloridlösuDg leicht nachwaiseD k^UL Bei dem MethylTioIett,
eowie bei den meisten andaraa Anilinfarbatoffan , findet dies nicht
atdtt. Vielmehr sieht man, wie die dnrch Tindaon mit stärkeren
Methylv-iolettlösongen tief blan ge&rbten Beläge den Farbstoff un-
gewöhnlich lange festhaiten nnd ^-st im Verlaufe ^'on einer bis
mehreren Stunden gans allmählich abblasen. Die Wirknog des
Mittels stellt sich Ja en icke weniger als eine den Bacillus vernich-
tende, denn als eine entwickelungehemmende vor; deshalb muss die
Application desselben wiederholt werden, sobald die Membranen sich
eütfirbt haben. Selbstverständlich wird bei dieser Art der Wirkung
von einem Erfolg nur dann die Hede sein können^ wenn e^ eich um
frisch entstandene MembraneD handelt: in sehr fortgeschrittenen Fäüenj
wo die in den Belägen erzeugten diphtheritischen Gtftätoffe schon
in den aUgemeioen Kreislauf übergegangen sind, wird auch Methyl-
violett den Kranken nicht mehr retten können,
Taube (Deutsche med, Wochenschr. Nr, 38) behandelt die
Diphtherie, Scharlaclidiphtherie und Tonsillitis mit Pyoktaoin in
10**i|,iger Lösung, Das Kind erhält zuerst einen Theelöffel doppelt-
kohlensaures Natron in einen Esalöffel Wasser eißgerührt, & Minuten
darauf wird ein gewöhnlicher dicker Malkasten pinsel (derselbe ent-
hält 0,05 Pyoktaninlösung) in die Lösung eingetaucht und Zungen-
grund, Tonsillen und Bachen wand tüchtig gepinselt Die Pinselang
wird im Durchschnitt 3 Tage zweimal täglich, später noch einige
Tage täglich oder einen Tag um den anderen wiederholt. Ausser-
dem erhalten die Kinder chlorsaure Kalilösung, 2,0:120,0, stündlich
1 Theelöffel, eine kalte Halbein wickelung und 3— istündlich Malaga.
Das Pyoktanin hat nach Taube einen grossen, localen EinBuss,
Dicht auf die Bacterien, sondern auf den Nährboden und wahrschein-
ü
430
Baginsky,
lieh auf iiie chemischen Prodiicte, da der Geruch nach der Anwen-
dung desselben stets verschwand,
Steiß in Saaz (Thörapeut. Moüatsh. Nr. 4) tritt warm für die
von Burghardt empfohlene Behandlungamethode der Diphtherie
ein. Dieselbe besteht in dreimal täglich wiederholten Gurgel ungen
mit Aqua Calcis und Aqna desHllata ana und Einhlaaung eicer
Mischung v^n gleichen Theüeu Flores Sult'nris lot. und Chinin
aaf die mit Belag versehenen Stellen des Rachens. Nach Einblasung
darf l*i'2 Stunden keine Speise und kein Trank den Rachen pas-
siren. Bei Rhinitis blies er auch in die Nasen gänge das erwähnte
Pulver ein,
Wilhelmy (Deutsche med. Wochenschn Nr. 5) wendet eine
l20^',Qige ChlorziDklösung an^ welche mit einer langen mit Watte
umwickelten Pincette auf Ganmenbögen und Rachen applicirt wird.
Zur Milderung der heftigen Schmerlen werden Gurgelungen mit
Kalkwasser und Eisstückchen empfohlen.
Für die Bebamllnng dur Diphtherie mit Lirjuor ferri ses-
quichlorati findet sich in jedem Jahre irgendwo irgend ein Ver-
ehrer. In diesem Jahre ist es Rebn, der auf dem Oongress f^T
innere Medicin in Leipzig dieser Behandlung das Wort geredet bat.
Der Liquor wird entweder rein oder mit gleichen Tb eilen Wasser
Terd&nnt auf die mit Pseudomembranen bedeckten Regionen aufge*
tragen, sodann noch weicher Gaumen, Gaumenbdgen und Uvula über*
pinselt, auch wenn keine Auflagerungen vorhanden sind. Die Pic se-
iungen werden zweimal täglich vorgenommen, in schweren Fällen drei
bis viermal. Die unmittelbaren giinatigen Resultate der ßahandlungs-
methode sind: 1) der alsbaldige Abfall der Temperatur bis zur Norm,
daher rasche Euphorie des Patienten; 2) Verhinderung des gan-
gränöeen Zerfalls der Membranen und Aosbleiben des Fötors, Dßuer
der Behandlung 0—10 Tage,
Auf Veranlassung von Rehn hat Hübner (Therap, Monatsh,
Nr« 12) dieselbe Methode in 52 Fällen angewandt, unter denen er
nur zwei Todesfälle zu verzeichnen hatte.
Jacques (Revue meits. des malad, de Tenfance, März) räth, die
Diphtherie mit häuHgen Gurgelungen von Eisencbloridlösung;
25 : lOOOf zweistündlich, zu behandeln. Da diese Mischung sehr ad-
stringirend wirkt, soll dicht hinterher eine Ausspülung des Rachens
mit 3<*(jiger warmer Borlösung gemacht werden, Ernährung vor-
wiegend Milch und 40—50 g Cognac täglich in Zackerwasser.
Kraus (Archiv f, Kinderheil k. Bfl. 14, 8. 359) hat in der
Mönti'schen Klinik Versuche mit Jodum tribromatum (J^ +3Br2
Kinderheilkunde.
431
= 2 JBr^) angestellt Er verordnete dasselbe als Gargarisma wie zu
InhalatfoDen in folgender Form: Jod. tribromaf. gutt, 20, Aqu. dest.
300,0. Er kommt zu dem Scbluss, dass dem Mittel eine die Pseudo-
membran en Idsende antiparasitäre und antiseptiscbe Eigenäcbaft zu-
kommt* Auch auf das Fieber scheint es einen coopirenden Einfiuss
iQSzadbexi» Es geht bei fleissiger Inhalation rasch in den Blutkreis-
lauf über, Deshalb sind die Lungen sorgsam zu überwachen, und
igt bei bedenklichen Erscheinungen mit der Inhalation zu slstiren.
T u 5 8 i s c o n V u Ke i V a.
Die Tussis convulsiva hat wieder einmal einen Entdecker ihrer
Äetiologie zu verzeichnen j ob der von Bitter (BerL klin. Wochen-
sohrift Nr. 50) gefuudene Diplococcus wirklich eine specüische Be-
deutung hat, werden erst weitere Untersuchungen lehren müsseu.
Bitter will laryngoskopisch die Beobachtung gemacht haben, dass
bei Pertussis der grösste Theil der Luftröhre frei von entzündlich-
kat&rrhaliscben Veränderungen idt, dass dagegen das unterste Drittel
der Luftrdbre im Zustande starker Entziiodung sich befindet, und
bei zwei Kindern hat er sogar deutlich grossblasige Schleimmassen
aus der Tiefe heraufsteigen seheu. Dieser Befund veranlasste ihn,
dem Bronchialsecret besondere Auimerksamkeit zu schenken. Er
sachte sich darin die bei ober&ächlicher Beobachtung erkennbaren
ulchig-weiss gefärbten Linsen heraus, welche Abgüssen mittlerer
^Bronchien entsprechen. In diesen Linsen fand er fast als Reincultur
oft seinen Diplococcus. Derselbe hat folgende EigeDScbaften : Er
rJichst nur auf Agar-Agar bei einer Temperatur zwischen 36 und
3^. Unter SO^ wächst er gar nicht, ebenso wenig über 42*^, Auf
Gelatine, Kartoffeln, jeder Art Bouillon bleibt das Wachsthum aus,
Jtichculturen lehren, dass der Diplococcus aerob lat. Die Kokken
ad ausserordentlich klein und rund, mit Ausnahme der eiuander
zugekehrten Seiten. Sie iarbeo sich gut mit den gewöhnlichen ha*
sidcheo Anilinfarben. Thierexperimente bat der Verf. noch nicht
in genügender Weise ausgeführt.^ um SohlQsse daraus ziehen zu
können.
Mit Bromoform hat Cassel (Deutsche medie. Woebenechnft
Nr. 5) beim Keuchhusten keine besonders ermuthigenden Erfahrungen
gemacht. Die Dauer der Erkrankung betrug im M|lt
von ^BT Abkürzung des Gesammtverlaofs konnte Üi
keine Rede sein, wohl aber meint Cassel, dass unter
Gebrauch fUe Zahl und Intenaitat der Aö^"^ berak
432
liaginsky.
Die Dosirung betrug im ersten Lebensjalire dreimal täglieh 3 bis
4 Tropfen, in den folgeüden dreimal täglich 4—5 Tropfen. Höhere
Dosen wurden nicht verordnet,
Nolden (Therapeut, Monatab. Nr. 5) beschreibt zwei Fälle von
Bromoformvergiftung, die eieh in nichts von den bereits früher
beschriebenen untergcheiden , d, h. sie boten ein der Ohloroform-
asphyxie fast völlig identische:* Bild dar. Bezüglich der Heilwirkung
des Bromoforms äussert sich Verf. ebenfalls dahin, dass zu einer
energischen, den Keuchhusten coupirenden Wirkung enorme, toxische
Dosen noth wendig sein würden, vor welcbeu der Arzt mit Beclat
zurückschreckt.
Acute Exantheme.
Bcarlatinn.
Jones (British medical Journal, 7. Mai) beschreibt eine zwei-
malige Erkrankung an Scharlach bei einem vierjährigen Mäd-
chen. Das zweite Exanthem mit hohem Fieber war noch während
der Heconvalescenz der ersten Erkrankung aufgetreten, nachdem das
Kind in ein benachbartes, von mehreren Scharlachkranken bewohntes
Haus gegangen war. Der Verlauf war gut,
Philippoff (Archiv f. Kinderheilk, Bd, 14, S. 411} hat während
der Iniiuenzaepidemie 45 S ch ar lach fälle beobachtet, von denen
16 durch die Influenza complicirt waren, Unter diesen letzten
verlief in 3 Fällen die Orippe in einer sehr heftigen und schweren
Form mit kriechender Pneumonie complicirt. Die übrigen Fälle
hatten einen leichteren Verlauf Philippoff will die Beobachtung
gemacht haben, dass der vereinte Verlan! der Grippe mit dem Schar-
lach die heftigen und gefährlichen Anßllle beider Krankheiten
mildert, den Verlanf des Scharlachs massiger und ungefährlicher
macht imd die Entwickelung der gefährlichen üomplicationen mit
Nephritis, Drüsen gas chwüren u, s. w, verhütet.
Zur Beseitigung des Juckreizes bei Scharlach und
anderen exanthematischen Krankheiten, räth Klein (Therapeut. Mo-
natshefte Nr. 1)^ das TJngnentum Lanolini mit einem Zusatz von
Q0% Walser anzuwenden. Die Receptibrmel hierzu lantet:
Bp. Lanolin, puriss. Liebr. anhydrici 50,
Vaselin* americ, 20,
Aqu. destillat. 25.
Misce terendo, hat ungtientnm.
S^tüodlich Einreibung.
Kinderheilkunde.
4(J3
#
¥
Bai dem grossen Wassergehalte der Salbe entsteht nach ihrer Ver-
reibang eine starke Verdunatuiig des suspendirten Wassers und da*
mit eine angenehm wirkende Abkühlung der Hautoberfläche.
Ziegler in Potsdam (Berliner klm. Wochenschrift Nr, 2) räth,
Scharlach kranke auf ausschliessliche Milchdiät zu setzen. Unter
80 so behandelten Fällen hat er niemals Nephritis als Nacbkraukheit
beobachtet, während diese Complication bei früher von ihm Ijeobach-
teten und anders behandelten Fällen bei der Hälfte der Erkrankungen
aufgeireteo ist.
Biedert (Berl. klin. Wochenschr, Nr, 4) ist mit den Auefüh*
mögen von Ziegler vollkommen einverstanden, hebt aber hervor,
dass die propbylactische Milchdiät nichts Neues ist, sondern dass
dieselbe bereits vor vielen Jahren von Jaccond und von ihm selbst
empfohlen worden ist,
M o r b i 1 1 e n.
Als Entdecker des Virus der Masern führen sich dieses Mal
zwei Autoren ein ; beide sind zu verschiedenen Resultaten gekommen ;
ob aber einer von beiden Recht hat, dürfte vorläufig noch sehr be-
iweifelt werden.
Boehle (Centralbl. f. allg. Path. und path. Anat. Nr. 4) fand
im frischen Blute mehr oder weniger zahlreiche sich bewegende
Körper sowohl in der Blutflüssigkeit, als in den rotheu Blut-
körperchen. Kurz nach dem Ausbruch des Exantheme waren die-
selben fast ausschliesslich in den rothen Blutzellen, In diesen machen
die Körper langsame aber deutliche Bewegungen, ohne aus dem
Räume des Blutkörperchens herauszutreten. Die Körper haben
1.^ — 1 ^ Durchmesser, einen hellen Hof und einen, mitunter zwei
dunkle, centrale Kerne, Im Trockenpräparat lassen sie sich in öly-
cerin ohne Färbung erkennen. Von Färbongsmethoden eignet sich
besonders die F 1 e m m i n g'sche Doppelfarbung. Einmal glaubte
D 0 e h 1 e auch geisselartige G^ebilde beobachtet zu haben» — Die
beschriebenen Formen deutet D o e h 1 e als die Entwiekeluugsstufen
eines parasitären Mikroorganismus, die er mit grösster Wahrschein-
lichkeit als die Erreger der Masern ansieht.
üeber einen Bacillus im Blute von Masern kranken berichten
Canon und Fiel icke, zwei Assistenzärzte des städh'schen Krauken-
h&Qses Moabit in Berlin (Berl. klin. Wochenschr, Nr. 16). Sie haben
daa Blut von 14 Masernkranken in gefärbten Präparaten untersucht
und in allen Fällen einen und denselben Bacillus gefunden, welchen
Jalirbaeli d. pract Mediein. 1S93, ^6
I
4S4
BagiDshy.
sie als Erreger der Krankheit ansehen. Zur Färbung benutzten sie
folgende Lösung;
Concentrirte wässerige Methylenblaulösung 40,0,
«/%,ige EosinlösuBg (in 700/,,. Aikohol) 20^0,
Aqua destillöta 40^0,
Die Präparate wurden 5—10 Minuten in absoluten Alkohol gelegt
und dann G — 20 Stunden im Brutschrank bei 37 ^ C, gefärbt. Die
Grösse der Bacillen ist sehr verschieden, manchmal erreichen sie die
Grösse des Kadiug eines rothen Blutkörperchens, andere sind sehr
klein end erscheinen dann als Doppelkokken^ zwischen diesen For-
men gibt es vielfache Abstufungen in der Grösse. Sie liegen häufig
einzeln, in den meisten Fällen jedoch in kleineren oder grösseren
Haufen. Die Lage der Bacillen in den Haufen ist keine charakte-
ristische, doch zeigen sie oft Neigung, sich parallel an einander an-
zuordnen. Nach Gram iUrben »ich die Bacillen nicht. Der Form
nach gleiche Bacillen, wie die im Blute beschnebenenj fanden sich im
Auswurf, Nasen- und Gonjunctivahjecret Masern kranker. Eine Züch-
tung der Bacillen auf Blutserunij Giycerin-Agar und Milch verliet
immer erfolglos. In drei Fällen wurden in den mit Blut geimpfien
Bouillon gläsern die Bacillen wieder gefunden. Die Bouillon bleibt
die erste Zeit klar, unten befindet sich ein Satz, der zum Theil von
überimpftem Blut herrührt; erst nach mehreren Tagen macht sich
eine schwache Trübung bemerkbar, und es bilden sich kleine Flocken,
die beim ümschutteln des Glases aufsteigen.
R n b e ♦ j 1 f n .
Kramsztyk (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. S4, S. 147) berichtet
von einer Hausepidemie, in welcher sämmtliche Kinder zuerst an
Röthein und darauf, als sie zam Theil noch gar nicht das Bett
verlassen hatten, an Masern erkrankten; der Verlauf der letzteren
Erkrankung war im Allgemeinen ein sehr schwerer, die Temperatur
stieg bis 40'^ und darüber. Bei einem Falle trat noch Nasen -
diphtherie^ bei einem anderen doppelseitige Mittelohrentzündung als
Complication hinzu. Die Differeutialdiagnose zwischen Roth ein und
Masern hält Kramsztyk in manchen Fällen für sehr schwer, wenn
nicht überhaupt unmöglich; dagegen war in allen seinen Fällen die
Möglichkeit von Verwechselung der Rötheln mit Scharlach ausge-
schlossen. Die unter milderen Erscheinungen verlaufende Krank-
heiteform^ welche Filatow mit dem Namen Rubeola scerlatinosa
bezeichnet hat, sei keine exanthematische Krankheit sui generis,
sondern gehöre in das Gebiet der Influenza.
Kinderlieil künde.
435
Vaccine n n d V a r i o 1 a.
Die Tbatsache, dass Hochsinger im verflossenen Jahre wieder
von Neuem für die Identität von Pocken und Varicellen ein*
getreten ist, bat Freyer (Zeitschn t Hygiene Bd. 12, Heft 3) ver-
aulaest, experimentell dieser Frage näher zu treten. Er hat den fn-
halt von einigen 20 Bläschen eines Varicellen kranken Kindes im
Mörser mit etwas Gljcerin verrieben und ver impfte die Mischting
onmittelbar auf ein Kalb. Der Erfolg war negativ. An einzelnen
Stichen zeigte sich wohl eine leichte Reactionsrothung, von Pocken-
bildung war aber keine Spar. Am 8. Impftage nun wurde dasselbe
Kalb mit Vaccine^ die auf einem anderen Kalbe bereits als wirksam
erprobt war, geimpft. Diese Impfung erwies sich in üblicher Wei?e
ebenfalls wirksam and ergab eine reichliche Ernte an Pocken stoif.
Es war somit weder gelungen, aus dem Bläßcheninhalt der Varicellen
irgend etwas Bläschenartiges, geschweige irgend etwas der Vaccine-
postel Aehnliches zu erzeugen, noch vor Allem das damit geimpfte
Kalb immun zu machen. Letzteres hatte geschehen müssen, wenn
mit der Varicellenimpfung überhaupt eine Einwirkung auf das Impf-
thier ausgeübt worden wäre. Aus allen diesen Thatsachen geht
hervor, das« Varicella und Variola vera genetisch nicht identische
Krankheiten sind.
Aach Biedert wendet sich in einem iür die Hallenser Natur-
forscberversammlung bestimmten, aber krankheitshalber nicbt gehal-
tenen Vortrage (Jahrb, f. Kinderheilk, Bd. 83, B. 427} gegen die von
Hochsinger behauptete Einheit von Varicellen und Variola. Biedert
will zugeben, dass die Di^Terentialdiagnose in manchen Fällen recht
schwer zu stellen ist, im Wesen heben beide Krankheiten nichts
mit einander gemein. Bezüglich der Variola stellt Biedert folgende
Thesen auf: Bis zum Eruptionsstadium einschliesslich ist die Variola
nicht oder weniger ansteckend als später, leichte Variolois ist es viel
weniger als schwere und schwerste Variola. Manche Individuen
sind schon ungeimpft wesentlich weniger empianglich, bei anderen
ist die Disposition selbst bis zu dem Ghrade stark, dass sie 1 — 2 Jahre
nach der Impfung wieder auftritt. Bei der Mehrzahl währt der
bapfschutz 7 Jahre, bei einer grösseren oder geringeren Zahl be*
trfichtlicb länger. Der Impfschutz beginnt etwa 8 Tage nach erfolg-
reicher Impfung; Impfung nach geschehener Infection schützt, nicht
mehr. Die Bestimmungen unseres Impfgesetzea sind insofern unge*
nagend, als nach demselben viele Kinder zu lange ungeimpft bleiben
and dadurch Urheber einer Epidemie werden können, IsoUrung und
436
BagiEsky.
Besinfection reichen um so weniger zur Bekämpfung einer Epidemie
aus, je mehr nicht oder mangelhaft geimpfte Leute in der Nähe
sind. Ee muss deshalb sofortige Impfung alier in der Näb© des
Kranken Wohnenden den Schutzmassregeln zugefügt werden , um
auch durch Wegnahme brennbaren Materials der Ausbreitung des
Brandes zuvorzukommen, Energische Ventilation, sowie Bewegung
der zu den Kranken kommenden Personen in frischer Luft, Wechsel
der Oberkleider mindern die Aosteckungsgefahr, dauernd wird diese
durch Dam]>fdesSnfeGtion der Effecten beaeitigt. Vorherige Schwefe-
lung scheint bereits verringernd auf diese Qefahr einzuwirken. —
lieber Behandlung hat eich nichts ergeben, was nicht schon in all-
gemeiner Kenntniss wäre.
Einen höchst bemtirkenswerthen Fall von Impfe jphilis stellte
Koaentbal (BerL kl in. Wocheoschr. Nr, 8) in der Berliner medi-
cinischen Gesellschaft vor. Das ISjährige, bis dahin immer gesund
gebliebene Mädchen war innerhalb eines halben Jahres zum Skelet
abgemagert. Bei jeder Bewegung jammerte sie vor Schmerzen. Auf
der äusseren Haut bestanden die Erscheinungen einer schweren
Rupia syphilitica. Dicke Borken, die tiefe Hautulcerationen über-
deckten, lagerten auf Kopf und Oesicht. Das gleiche Aussehen boten
die Extremitäten, der Rumpf war im Verhältniss am wenigsten affi-
cirt- Am Rand des linken oberen Augenlids waren zwei erbsengrosse
Gummata vorhanden. Unter einer Schmiercur und Darreichung von
Syrupus ferri jodati schlössen sich die Ulcerationen unter Bildung von
Narben^ und das Kind erholte sich in wenigen Wochen geistig und
körperlich.
Typhus a h d o m i n a l i s,
Judson S. Bury (The raedical Chronicle, Juni 1892| bemüht
sich, ein klares Bild der peripheren Neuritis zu geben, wie sie
in den letzten Jahren mehrfach von Hoffmann, Oullen, Landry,
Gabler u. A. im Verlauie oder im unmittelbaren Anschluss an
Typhus beschrieben worden Ist. Er stellt sämmtlicbe in der Litterator
beachriebenen Fälle zusammen » denen er noch zwei eigene Beobach-
tungen bei Knaben von 12 und 16 Jahren anreibt, und kommt su
folgendem Schluss: Die Paralyse ist gewöhnlich nur eine partielle;
fcde kann beide Extremitäten befallen oder auch eine obere oder
untere f bleibt aber in der Regel auf ganz bestimmte Muskeln oder
Muskelgruppen, die im Bereiche eines Nerven oder Nervenastes liegen,
beschränkt. Die Muskeln verfallen leicht der Atrophie und zeigen
*
KiDderheilkunde,
43T
bei d«(r elek tri sehe D Prüfung Entartüngäreaction» — Die Paralyse ist
fast immer begleitet von einer Trübung des Sensor lumB* Die
Schmersen des Patienten sind gewöhnlich ziemlich intensiv ^ theila
an beatiounten um sehr i ebenen Stellen, tbeila auf weite Nerven gebiete
ausstrablend. In den Extremitäten, welche später von der Lähmung
befallen werden ^ besteht schon vorher Taubheit und Zittern, Patellar-
reflexe sind im Verlaufe des Typbus gewöhnlich gesteigert, während
der Lähmung aber vermindert oder ganz aufgehoben.
Wood (The tberapeutic Gazette, 15* Juni) bat den günstigen
Einfluss von Terpentin ausser bei einer grossen Anzabl von Kranken
am eigenen Körper anlässlicb einer Erkrankung an Typbus zu
Btudiren Gelegenheit gebabt. Er glaubt, dass das Mittel eine rein
locale Wirkung auf die im DarmkanHl vorhandenen Geschwüre aus-
übe; eine Indication zu seiner Anwendung ist daher besonders in
denjenigen Fällen gegebeö, in denen lang dauernde oderwiederkebreude
Diarrhoen die Reconvalescenz erschweren. Die ünscbädlichkeit des
Mittels aber und die Tliatsaobei dass bei jedem Typhusfalle Ulce-
rationen vorkonmien , haben Wood veranlasst, ohne besondere In-
dicationen vom Ende der aweiten Woche an bei jedem Typhus Ter-
pentin zu verordnen, — Die Formel, in der es verordnet wird, ist
folgende:
Rp. Oh Terebiothiri. 7,5,
Glycerin. ^,0,
Mucilago Äcaciae 45,0,
Aqu, Menth, piperit qu. s, ad 240,0 M.
8. Wohl umgescbüttelt alle 4 Stunden 1 Esslöffel voll.
Influenza.
Fuchs in Budapest (Pester med.-chir» Presse Nr, 1) legt seine
bei Kindern gesammelten Erfahrungen über Influenxa
nieder. Die Erkrankung setzt im Kindesalter ganz plötzlich ohne
Prodromalerscheinungen ein. Das erste Symptom ist Fieber, welches
meist nur mittlere Grade bis S9,5^' erreicht und gewöhnlich nur
einige Tage dauert Die meisten Veränderungen zeigen die Schleim-
liiiiie, und zwar Conjunctiva, Rachen*, Nasen- und Bronchialßchleim-
haot Die Zunge ist belegt, der Stuhlgang verlangsamt. Mitunter
treten Kopfschmerzen, seltener Erbrechen und Convulsionen auf.
Varicellenähnlicbe Exantheme wurden mehrfach beobachtet. — Die
Prognose ist gunstig. Schwächliche, rhachitische Kinder pflegen
länger daran zu leiden , als gesunde, jedoch bind schwere Compli-
438
Bag^iüskv.
cationen oicht vorgekommen. Die Therapie ist ebenso wie die der
Erwachsenen nur eine symptomatische.
Herzog theilt seine Beobachtungen während der In-
fluenzaepidemie des Wintere 1891 — 1892 in Graz mit (Archiv
f. Kiuderbeilk. Bd, 14^ 8. 401). Im Allgemeinen kann man eagen^
dass die letzte Epidemie entgegen der früheren weniger extensiv,
dafür aber viel intensiver warj während früher Kinder viel wemiger
und gewöhnlich nur von einer leichten gastriachen Form der Influenza
befallen wurden, erkrankten dieses Mal Kinder ziemlich häuhg, und
kamen hei ihnen mitunter recht langwierige Bronchitiden auch in
Verbindung mit pneumonischen Frocesaen vor. Temperaturen wurden
oft bis 41^ C. heobachtetj HalsschmeTzen fehlten fast nie. Von seltener
hervorgehobenen K raukbeitserscbeinungen erwähnt Herzog Blutungen
aus Nase und Genitalien, ferner Mittelohraffectionen mit ausgedehnten
Blutextra vasaten. Die E-econvalescenz war sehr verzögert, und es
waren oft Wochen und Monate nöthig, um die Kranken wieder su
Kräften zu bringen. Die Frage, ob und in welcher Zeit sich die
Influenza bei einem und demselben Individuum wiederholen kann,
und ob eine einmalige Erkrankung eine relative Immunität gewährt,
beantwortet Herzog dahin, dass man Influenza wiederholt bekommen
kann, und dass eine einmalige Erkrankung keine Immunität gewährt.
Coa^titutioisanomalleit und chrouisehe InfectionHkrankheitett,
T ü b e r c u 1 o s e.
Etwas ver.spätet, in einer Zeit, in welcher man längst die thera-
peutische Anwendung der Koch^schen Injectionen aufgegeben
hat, gelangt EschericL (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 33, 8. 369} in
dieser Frage zu Worte. Wir halten uns bei der grossen Menge des
vorliegenden Materials der Mühe für überhoben ^ auf die äusserst
ausführliche, gewissenhafte und objectiv gehaltene Arbeit naher ein-
zugehen; nur einige Bemerkungen, die er bezüglich des diagnostischen
Werthes des Tuberculins macht, wollen wir hervorheben. Escherich
meint, dass die Tubereulinreaotion sich innerhalb der von Koch an-
gegebenen Grenzen als diagnostisches Mittel nuf Tuberculose bewährt
bat; nicht nur da, wo man auf Lupusflächen, an tuberculöseu Narben,
Fisteln oder Geschwüren die Localreaction direct beobachten kann,
gondern auch in Form der mit typischer Temperatursteigerung ein-
hergehenden Allgemeinreaction, Die practische Yorwerfhung der
diagnostischen Injectionen wird aber durch drei Umstände beein-
trächtigt: 1) Erscheint es nicht unbedenklich, ohnehin geschwächte
d
Kinderheilkunde.
43!^
Eiäiike einer hohea Temperatursteigerang und den anderen Er-
ficheiouugen der Allgemeinreaotion ausKuaetsen ; auch ist wenigstens
bei bestehender Lungentuberculose die Möglichkeit einer Dissemi-
uation derselben nicht ausgeschloBsen. 2) Bei schon bestehendem
Fieber ist das Erkennen der Eeaction erschwert, wenn nicht un-
möglich gemacht, 3) Ber positive Aasfall der Reaction besagt zwar,
daas Tubercnlose vorliegt, aber nicht an welcher Stelle. Wenn ein
Kind wegen einer bestehenden chronischen Lungen Verdichtung in-
jicirt wird, so kann dtjr positive Ausfall der Probe ebensowohl da-
durch bedingt sein^ dass dasselbe verkäste LymphdruBeti hat, wahrend
das Lungenleiden vielleicht gar nicht tuberculöser Natar ist.
Sc beim pflüg (Archiv f* Kiaderheilk. Bd. 15, S. 1) berichtet
in einer noch nicht zu Ende geführten Arbeit-über die Erfolge der
Behandlung der Tuberculose im Erzberzogiu-Maria-
Tberesia^Seeboäpize in Rovigno von 1888— 189L Die An-
stalt sollte sich im Rahmen der zahlreichen Kinderheilatttten , wie
sie in den deutschen Soolbädero und an den Küsten der Nord- und
Ostsee im Laufe der letzten Decennten entstanden Bind, präsentiren;
ein tiefgreifender unterschied sollte aber darin bestehen, dass die
Pfleglinge nicht, wie in jenen, nur für kurxe Curpertoden aufge-
nommen werden sollten, sondern es wurde vielmehr die continiiir-
licbe Btihandlung, wenn möglich bis zur vollständigen Ausheilung
zum Princip erhoben. Desgleichen wollte man sich nicht auf eine
rein exspectative Behandlung beschräDken, sondern die geaammte
Chirurgie und Orthopädie in Anwendung ziehen. Die Erfolge, die
erzielt worden sind, sind durchaus nicht glänzend und stimmen wenig
mit den Erfolgen überein, die man sonst den Saiöonbospizeu und
Feriencolonien nachrühmt. Eine Erklärung dafür findet der Verf.
in folgenden Momenten* Die Begleitsymptome der Allgemeinerkran-
kung an Scrophulose oder Tuberculose unterliegen in vielen, wenn
nicht in den meisten Fällen^ einer gewissen Pertodicitat, welche von
der Jahresseit, der Witterung, zuweilen auch von individuellen Ver-
hältnissen abhängig ist. Der 1 häufigste Fall ist wohl der, dass die
Symptome im Herbst und Frühjahr sich mehren resp. ihren Höhe-
punkt erreichen, um dann seltener im Winter, meistens aber in den
Sommermonaten abzuklingen, häu% auch zu verschwinden. Bei der
im Seebospize geltenden unbeschränkten Behandlungsdauer konnten
somit Recidive und Verschlimmerungen nicht auableiben, während
bei der sonst üblichen ausschliesslichen Saisonnur die zur Sommers-
meit ao wie ao eintretende DefervesceDz der Krankheitöerscheinungen
440
Bagineky.
eioe förmliche Garantie för deo Heilerfolg bildet. Es kommt hinzu,
dass die Anstalt nicht nur die Hebung des Allgemein zu stand es, son-
dern auch die Beseitigung der localen Processe bertickBichtigte. Von
vornherein sollte man glauben ^ dass durch rasch© Beseitigung der
letzteren der Allgemein zustand günstig heeinHusst werden müBSte.
Es ist dem aber nicht so. Der Organismus erfahrt durch andauernde
Bettruhe, die nicht zu vermeiden ist, wenn die Locomotionsorgane
erkrankt oder durch operative Kingriffe ausser Function gesetzt sind^
eine beträchtliche Schädigung. Bei grösseren Operationen Endet ein
erbeblicb^är Blutverlust statt. Die hierdurch erzeugte Anämie und
Hydrämie macht die Gewebe der Kranken scbwacb im Kampfe gegen
das bacilläre Agens. Es scheint sogur, dass manche Individuen im
Gefolge von operativen Herdausräumungen mit prompter Begel-
mäasigkeit zur Production neuer tuberculöser Entzündungsherde ten-
direü. Dazu neigen besonders Kinder mit multiplen Knochen- und
Gelenk Processen^ bei denen zuweilen kein Glied frei von Eiterungen,
Narben und Verstümmelungen ist. Bei der grossen Zahl solcher
elenden Geäcböpfe unter dem Krankenmateria le des Hospizes wurden
häufig operative Eingriffe nöthig. In der That gelang es in ver-
schiedenen Fällen, unter auffallender Besserung des Allgemeinzustandes^
alle oder die meisten Krankheltsprocesse, wenigstens ftir den Augen-
blick zur Ausheilung zu bringen: iu anderen Fällen aber tauchten
anderweitige schwere Processe auf, an die sieb progressiv auch de-
generative Erkrankungen der inneren Organe anschlössen; oder die
Local processe heilten wohl aus^ während der ganze Körper phthisisch
wurde. Auf die Einzelheiten der sehr ausführlichen, aber specieü
den Chirurgen interessirenden Arbeit kann an dieser Stelle nicht ein-
gegangen werden.
Sommerbrodt, der Vorkämpfer der Oreosottherapie der Tuber-
culose, tritt nun ebenso warm für eine Behandlung der Scrophu-
lose mit Creosot ein (BerL klin, Wochenschr. Nr. 26). Seine Er-
fahrungen erstrecken sich auBschliesslich auf Kinder von 7 Jahren
aufwärts, er glaubt jedoch, dass auch bei jüngeren Kindern das
Creosotum purissimum ohne allen Zusatz in Milch oder Wein ver-
wendbar sein wird, besonders wenn man vielleicht mit dreimal
1 Tropfen für den Tag anfangt und dann allmäh lieh steigt, bis man
^2 — 'i4 8 ^^^ *^®° '^^8 ^'['^eicht hat. Bei Kindern von 7 Jahren auf-
wärts ist es sehr leicht^ in 8—10 Tagen auf 1 g pro Tag zu kommen^
und «war sowohl mit der Darreichung des Creosots in Tropfenform
ala auch in Kapseln k i\l Creosot mit Leberthran (nicht mit Tola-
bftbaiD). Eine Steigerang über 1 g pro Tag ist Dur selten ndtbig,
aber auch ohne jedes Bedeokea je nach Lage der Dinge anza-
wenden«
Feer (Jabrb. i\ Kinderheilk, Bd. 3S^ 8. 281) hat den Urin von mit
Koch*scber Lymphe behandelten tnherculösen Kindern in
Bezug auf das Auftreten der Dia^oreaction geprüft. Von 17 Kin-
dern, von denen Dur 2 vorher bisweilen Blazoreaction aufwiesen, be*
kamen 14 Diazoreaction resp. stärkere Reaction nach den Injectionen,
Das Auftreten and die Stärke der Heaction ging ziemlich parallel
der Intensität der sonetigen Injectionaerscheinungen (Fieber, Puls-
beschleunigung, Uebelkeit, Exanthem etc.)< In allen Fällen mit Auä-
nabme von einem dauerte die Diazoreaction nur 1 — 2 Tage. Die
Hoffiaung, dass dieselbe einen Fingerzeig für die Prognose der Koch-
seben Behandlung abgeben konnte, erwies sich als anrieb tig.
Steffen (Jahrb. f. Kinderbeilk. Bd. 34, S, 18) hat sein Augenmerk
auf die Indicanausscheidung bei tuberculösen Kindern
gewichtet. Veranlasst wurde er zu diesen Untersuchungen durch
die von Hochsinger auf der Natur forsch er Versammlung in Bremen
ausge8j>rochene Behauptung, dass tuberculöse Kinder grosse Mengen
Indican ausscheiden, und dass dieses Verb alten so regelmässig vor*
komme, dass es als diagnostisches Merkmal benutzt werden könnet
)tef fen'^ Beobachtungen erstrecken sich auf 19 Fälle, die er längere
Zeit anter Augen hatte. Er kommt za dem Schluss, dass die Hoah-
'iTixer'scbe Lehrt? voü der Indicanurie bei Tuberculose im kind-
.11 Alttr «um mindeöten nicht auf alle Fälle passt, so daBs eine
wehrte Indicanausscheidung nur in einem geringen Procentsats
'^auftritt, und folglich dieser beschränkten Indicanurie irgend eine dia-
gnostische Bedeutung für die Beurtheilung des einzelnen Falles nicht
akommen kann.
Kahane^B Untersuchungen Beiträge zur Kinderheilkunde aus
dem L öfifentlicben Kinderkrankeninstitute in Wien. Herausgegeben
von Kassowitz, Wien, Deuticke, 1BÖ2) richteten aicb ebeufallfl
auf die Indicanausscheidung; sie fahrten ihn zu dem Resultat, dass
bei der kindlichen Tubereulose meist eine vermehrte Indicanaus»
beidung im Harn auftritt. Bedingt ist dieselbe durch den atropbi-
kien Geeammt zustand de» Organismus und die tiefgreifenden Störun-
des Digestionsapparates. Als beste Indicanprobe wird die von
>ermayer angegebene Modification der Ja ff ersehen Indicanprobe
Dgeföhrt,
J
U2
ßagineky*
Syphilis.
Heller (Deutsche med. Wochenacbr. Nr. 2G) beRcbröibt einen Fall
von chronisciiem Hydrocephalus bei einem hereditär gjphi-
lifcischen Kindei welcher durch an ti syphilitische Bebaodlang gebeilt
wurde. Er knüpft daran die Folgerung: Bei jedem Fall bereditärer
Lues ist an die Möglichkeit der AuebildiiBg des Hydrocephalus zu
denken; bei jedem Fall von Hydrocephalua ist genau aDamoestisch
und kliniacb nacb dem eventuellen Vorhandensein von Lues heredi*
taria zu forschen. Ist die Diagnose auf bereditäre Syphilis auch nur
mit einiger Sicberbeit gestellt, so ist möglichst früh und energisch
eine antisyphilitiscbe Tberapie einzuleiten.
Da vi er (Wien. med. Wochengcbr. Nr. 9) gibt die Krsnken-
gescbicbte und den anatomiachen Befund eines Falles bereditäreri
rein tertiärer Syphilis bei einem 11 Monate alten Kinde^ das
in vivo und bei der Section Gummata der Knochen,, Leber^ Testikel
und des Darmes zeigte, Erscheinnngen, die bei dem bis zum 4 Monat
völlig gesunden Kinde um diese Zeit auftraten und trotz der Tbe-
rapie letalen Äusigang bedingten. Die Mutter^ vor 6 Jahren in-
ficirt, hatte im 4. Jabre ihrer Syphilis ein Kind geboren, das an
Meningitis starb. Während aie mit dem zweiten Kinde gravid war,
zeigte sie Plaques an den Genitalien.
K. Str&u» (Archiv f. Kinderheilk, Bd. 14, S. 312) gibt iinter
Beschreibung von drei Fällen von Larynxsyph iiis bei Kindern,
welche in B. Baijinsky'ri Poliklicik zur Beobachtung gekommen
waren, eine genaue Darstellung der Befunde dieser immerhin sehr
seltenen Affection. Die vorliegende LitteraUir ist sorgMtig zu-
sammengetragen, und das gesammte Material kritisch beleuchtet^ und
dabei werden die im Kindesalter auftretenden und zur Beobachtung
gelangten 8ymptome der Larynxsyph ilis gegenüber den bei Erwaoh-
aenen auftretenden SpÄtformen von L'^rynxaypbilis eingehend be
»proeben.
AU^cmeinkraiiklieitei].
R b 8 c h i t i 9*
be- I
Sebwar«müller (Zeitschn f. Geburteh, Bd, 24, H, 1) beschreibt
zwei Fälle von sogenannter fötaler Rbachitis — „sogenannter",
weil er der Ansicht ist, dass die unter diesem Namen beschriebenen
Fälle mit Hhacbitis nichts gemein haben* Beide Früchte zeigten eine
KtaderiietlkitiMi«.
ua
wMBBTordenttklie Anftreiliaiig der EpiphTden uod rameaformtg«
Einficboantngeii der H»Qt an beides Uoterschenkeln. Der Kopf bot
in TM 1 keine fieeoiideriieiteii, in Fall U hatte er ein „balldoggea«
Ikhatlteiheg* Annuotiro. Bltaehitifleher Rosenkrans war in keioem der
beideii Falk» bemerkbar. Bei der zweiten Frucht waren sechs Finger
Zeben an jeder E^tremitit. Der mikroskopische Befand ergab
ai beiden Früchten ein ähnliches Verhalten. Die Epiphysenlinie ist
Intasaig, Entwickelang des osteoiden Gewebes aoffailend stark;
spärliche Entwickelaog der Osteoblasten. Die Knorpel-
kternngasone ist atiaserordentlich schmal und fehlt an einigen
len ganz. Die Diaphyse ist stark sklerosirt, so dass an einseinen
teilen die Ck)rticalis so verdickt ist, dass dadurch die Markräume
auf ein Minimum reducirt sind. Eine befriedigende Erklärung dieser
^erftnderungen im Enochenwachsthum kann Veif. nicht beibringen.
Jedenfalls widerspricht der mikroskopische Befund durchaus dem*
jeaigen, welchen man sonst bei der Rhachitis anzutreffen pflegt.
Kutner (ßerL klin. Wochenschr. Nr. 44) hat 60 rhachitische
Kinder in Bezug auf das Vorkommen von Milzschwellungen
untersucht; von diesen zeigten 44 eine palpable Schwellung, Das
Aoaseben der Kinder war in 15 Fällen Tollständig normal und frisch,
bei 37 Patienten war die Farbe der Haut und der sichtbaren Schleim-
haut blass, und 7 Kinder zeigten das Bild einer sehr starken Anämie,
Die EJrösen in der Halsgegend, in der Achselhöhle und in der Ingui-
nalbeuge waren öOmal mehr oder weniger ge^^chwollenj während bei
den übrigen 10 Fällen keine Drüsenschwellnng nachweisbar war.
Was das Alter anbetrifft, so Stauden von den 60 Patienten B im
Alter von 0—3 Monaten, 8 von 4 — 6 Monaten, 25 waren 7 — V2 Mo-
^nate att, 16 waren im 2., 5 im 3. Lebensjahr, 1 Patient hatte bereits
6* Lebensjahr erreicht.. Sämmtliche Kinder sseigten noch deut*
Uche S3rmptome einer bestehenden oder vorausgegangenen Rhucbitis.
Foz und Ball (BriL med. Journal^ 23, Aprtl) haben ebenfalls
ihre Aufmerksamkeit der Milzvergrösserung rhacUitischer Kinder
gewandt. Sie haben in 25^,,, der Fälle von Rhachitis Mikver*
össerungen constatiren können, Bie Anamnese bei 63 mit Mila-
tnmoren behafteten Kindern ergab , deas 26 = 41 % von «yphili»
tien Vätern oder Müttern stammten^ bei den übriijen Bb Fällen
anamoestisch nichts Sicheres au ermitteln» Die Vvxff wollen
dieBen Beobachtungen noch keinen sicheren Schluss riehen, sou*
weisen nur auf das häufige Zusammentreffen von Rbachitis und
lit&Ter Syphilis hin«
444
Baginsky.
Auf Gm cd dreijähriger Beobaohtongen an der KinderpolikliDik
von Troitzkj in Kiew kommt Master (Jahrbucli tiir Kinde rheilk.
Bd. 34, H, 1) zu dem Scblua&e, daas der Phosphor ein Dützliches
und mächtiges Mittel gegen Rhachitis ist, dass dieses Mittel bei
vorsichtigem und verständigem Gebrauche weit sicherer uud schneller
als andere bei Ehachitis angewandte Heilmethoden wirkt. Der
Verf. meint, dass an den Verdaunnga Störungen, die häutig bei Phos-
phorgebrauch eintröten, nicht der Phosphor schuld ist, sondern der
Leberthran oder eine andere Fettemubion, mit welcher verbunden
das Präparat gewöhnlich in den Magen eingeführt wird. Er ver*
ordnet deshalb den Phosphor in Tropfen mit Mandelöl nach folgen-
der Formel:
Rp. Ol. phoaphorat. offic* gtt. X,
OL Amygd. dulc. 6X),
M, D. Ö. Jedesmal 10 Tropfen.
(Kindern im Alter von 2 — 3 Jahren.)
Hämorrhagische f M a t h e s e.
„Ueber die scorbutartige Erkrankung rhachitischer
Säuglinge (Bari ow^s die Krankheit)" lautet der Titel einer
Arbeit von Heubner (Jahrb. £ Kinderheilk, Bd. 34, S. 361). Es
handelt sich um eine Erkrankung, auf die von amerikanischen und
deutschen Pädiatern — unter den letzteren besonders von Behn
auf dem internationalen Gongreas 1890 — wiederholt hingewiesen
worden ist, von der man aber doch im Allgemeinen in Deutschland
noch wenig Notiz genommen hat. Ee handelt sich gewöhnlich am
Kinder am Ende des SäuglingBalters ^ welche keine Mutterbrust er*
halten haben, sondern künstlich ernährt worden sind und meist
Zeichen von leichterer oder schwererer Rhachitis aufweisen . Es
besteht eine ganz ungemeine Schmerzhaftigkeit der Extremitäten,
gewöhnlich viel stärker der unteren als der oberen, gegen jede, auch
die sanfteste Bertihrung» Dabei sind offenbar die Gelenke weniger
schmerzhaft und frei von Schwellung, sowie man aber vom Knie-
gelenk aufwärts den Oberschenkel entlang geht, ao zeigt sofort d&a
gesteigerte Geschrei des Kindes den Ort des Schmerzes; ebenso ist
die Tibia zum Kniegelenk abwärts oder vom Fussgelenk aufwärts
empfindtich. Der Schmerz sitzt also an den Knochen und mehr
noch an der Diaphyse als an der Epiphyse derselben. Zugleich ge-
wahrt man eine Anschwellung dieser Theile. Die angesobwoUene
Partie siebt glänzend aua^ ohne aber deutlicb Ödematös zu sein. Ala
weiteres Symptom treten in den meisten Fällen noch Blutungen aiaa
I
Kinderlteilkmide.
445
Munde auf, nod bei der Besieh tiguDg des lotzteren zeigt sich,
diejenigen Partien des Zabnfleisches^ wo Zähne durcbgebrocben
id oder der Darchbrucb sich vorbereitet, hochgradig geschwollen,
iD schwammiger Gonsistenz und dutikelbiaaroth gefärbt sind und
bei der Berührang^ oft aocb schon beim Oeffneu des Mundes an
hinten anfangen. Man bemerkt femer mitunter eine Ödematös-bämor-
rhagiscbe Anschwellung eines oder beider Augenlider ^ wodurch
letztere zu ganz unfbnulichen blatrotben Wülsten iimgeBtaltet werden*
ifathologi seh- anatomische UnterBochungen von Bar low haben gezeigt,
Sabs die oben geschilderten Symptome durch einen hämorrhagischen
Proceas bedingt sind, welcher die tieferen Muakelschichten, gauK be-
sonders aber das Periost und den Knochen selbst betrifft. Durch
iBlntungen wird das erster e in grosser Ausdehnung von den letzteren
abgehoben , es kommt zu Ernährungsstörungen in den Knochen,
Kekrose derselben, Brüchigkeit und Fracturen. Aetiologiüich apielt
die fehlerhafte Ernährung eine Hauptrolle, und Heubner will ge-
funden haben, dass die Erkrankung besonders solche Kinder befällt,
welche monatelang mit Kmdermehlen oder Milchpraparaten , nicht
mit reiner Milch ernährt worden sind. Daran b ergibt sich für die
Therapie die Indication, dem Kinde zunächst frische Milch zu
reichen. Ausserdem gebe mati täglich einige KinderlüfFel friBch ans-
gepressten Fleischsaftes (mit etwas Malaga- oder Ungarwein), ferner
Fruchtsaft (am besten Apfelsinensaft, 2—3 KaffeelöfFel täglich) und
Mittags neben einer Kalbsbrüh- oder Huhneröappe frisches Gemüse
öffelmus^ Spinat etc.). Die schmerzhaften Olieder werden in
Priessnitz'sche Umschläge gehüllt, (Bagin«ky hat, wie in seinem
Lehrbuche der Kinderkrankheiten angeführt ist, mit innerlicher Dar-
reichung von frischer Hefe, welche von Kindern sehr gern genommen
nnd gut vertragen wird, bei den von ihm beobachteten Fällen von
[»rbut bei Kindern einen sehr guten Erlbig erzielt,)
Hertz ka (Archiv f. Kinderheilk. Bd. U, S, 199) versucht der
Schdnlein ^Peliosis rheiimatica^ benannten Krankheit»-
rm, welche neuerdings meist unter dem Sammelnamen ^Purpura
morrhagica oder Morbus maculosus** angeführt wird, wieder
Bürgerrecht in der Mediciu zu verschaffen. Er gibt die ausführ-
üche KrankengeBchichte eines Faüea, die sich mit dem von Schön-
ein entworfenen Bilde deckt Der Beginn der Erkrankung trug
vollständig den Charakter einer Infectionekrankheit, mit Erbrechen,
heftigem Kopfschmerz und Temperatur von 41^, Delirien und grosser
rostration des Kranken. Ferner hatte das Fieber den von Schön-
446
Bagin^ky.
lein aügegebeuen charakteristischen, remittirenden Verlauf: es
scliwaiikte Morgens zwischen 37,8 nnd 38,0, Nachmittags und Abends
zwischen 39,0 und 40,0 und hielt fast U Tage an. Mit dem Nach-
lasse der SchwelluDg und der Schmerzhaftigkeit der G-elenke, die
in diesem Falle fast sammtlich und besonders schwer befallen waren,
fiel auch das Fieber bis zur Norm* Die Entwickelung und Aus-
breitung der catanen Hämorrhagien entsprach den Angaben Schön-
lein'e insofern^ als er angibt^ dass zum Unterschiede von der Pur-
pura die Blntungen unter der Haut bei der Teliosia rheumatica fast
ausschliesslich die Extremitäten betreffen; der Rumpl blieb in diesem
Falle vollkommen frei. Der Ausgang der Erkraukung war Ge-
nesung.
John Thomson (Lancet, 11. Juni) beschreibt einen Fall von
Hämaturie bei einem 7monatlichen Kinde, welche er auf
scorbntische Ursache zurückführt, obgleich irgend welche andere
aoorbuttsche Anzeichen nicht vorhanden waren. Die Ernährung des
Kindes hatte von Geburt an in condensirter Milch und Fleiychsaft
bestanden, Darreichung frischer Kuhmilch, zur HÄlfte mit Wasser
gemischt, und zweimal täglich 1 Theelöffel Orangensaft Hessen das
Kind bald wieder vollkommen genesen.
Die Hämatologie der Neugeborenen und älteren Kinder
ist im vergangenen Jahre um mehrere werth volle Arbeiten bereichert
worden, Schiff (Jahrbuch f. Kinderheilk. Bd. 34, S. 150) hat sich
mit der Untersuchung des Blutes der Neugeborenen mit besonderer
Bücksicht auf die Abnabelungazeit beschäftigt. Er hat bei 27 Fällen
500 Einzeluntersuchungen vorgenommen, und zwar bestimmte er die
ßlutkörperzahi einmal im Momente der Geburt durch Compression
der Nabelschnur und Entnahme eines Bluttropfens aus einer grossen
Zehe; hierauf wurde die Nabelschnur freigelassen, damit das Blat
aus der Placenta dem Neugeborenen 'Zuströmen könne, nach 10 Mi-
suten die NabelschDur unterbunden, und in diesem Moment der
zweite Blutstropfen entnommen. Abgesehen von diesen zweimaligen
Zählungen wurden die betreffenden Neugeborenen durch 10 — 14 Tage
täglich zweimal untersucht. Es ergab sich nun bei Gegenüber-
Stellung der spät und der sofort Abgenabelten folgendes: Bei einer
nahezu gleichen durchschnittlichen Blutkörperchen zahl am ersten
Lebenstage besteht eine entgegengesetzte Richtung in dem Gange
der Blutk5rperzahl selbst. Während die Blutkörperzahl der spät
Abgenabelten im Laute der ersten 3 — 4 Tage rapid ansteigt, tritt
I
1
KiDderheilktifide.
447
bei ^ähzeitig AbgeDabelten während deräelben Zeit an Stelle deesea
eine beinahe rapide Abnahme derselben ein. Die bei spät Abge-
nabelten eintretende maximale Zunahme ist jedoch im Vergleich zur
anfänglichen Blutkörperzahl weit bedeutender, als die während der*
selben Zeit bei den sofort Abgenabelten eintretende Abnahme. Jene
steht in engem Zusammenbange mit dem Abnabelungaproceäse selbst,
diese hingegen ist lediglich nur die Folge der während der Geburt
zu Stande kommenden CirculatioDsstörungen und der aus diesen
resultirenden relativen Zunahme der BlutkörperzahL Schiff wandte
nun weiterhin sein Augenmerk der Frage zu, was mit dem durch
die späte Abnabelung dem Kinde zugeführten (äberächiidsigen Blut-
quantom im Organismuä desselben geschteht. Aus diesem Grunde
wurde bei Neugeborenen die tägliche Harn quanti tat gesammelt, deren
gpecifisches Gewicht und das quantitative Verhalten der Chloride
and Urate analytisch bestimmt. Das Resultat entsprach nicht den
Erwartungen: es zeigte sich nämlich, dass sowohl der procentuale
EanLätofTgehalt, die 24ätündige Gesan^mtauBScheidung, wie auch die
24stündige auf 1 kg Körpergewicht berechnete HarnstofTauBscheidmig
der spat Abgenabelten ziemlich bedeutend hinter der der sofort Ab-
genabelten zurückbleibt.
Felsen thal (Archiv f. Kinderheilk. Bd. 15, S. 78j publicirt
hämato logische Mittheilungen au^ dem Kaiser- und Kaiserin-
Fnedrich-KinderkrankenhaDB in Berlin. £r hat seine Aufmerksam-
keit zunächst auf die Veränderungen des Blutes bei acuten Infections-
krankheiten (Pneumonie » Diphtherie, Scharlach , Masern^ Typhus;
ichtet^ In drei Fällen von Pneumonie von Kindern in der Alters-
fe von 1 ^J4 ^2 1.^ Jahren fand sich eine Leukocytose, die stets mit
dem Stillstand des Proceesea aufhörte. Mit dem kritischen Abfall
der Temperatur ^kritisirte^ zweimal die Zahl der Leukocyten; in
illiem Falle fand schon vor der Krise ein Abfall der Lenkocytenzahl
statte Die Zahl der Leukocyten schwankte auf der Höhe des Krank-
keits^processes zwischen 16000 — 20000, war aUo 2 — 2\^mBl höher als
dsa Normale. Ganz ähnlich war das Verhältniss bei Diphtherie und
Sehariachf wahrend »ich bei Masern keine Leukocytose fand; diese
TkalBache, das!? bei Masern die Leukocytose fehlt, könnte nach Fei-
««nthal vielleicht aoeh in zweifelhaften Fällen als diagnostisches
HftifoiDittel herangezogen werden. Ein Antagonismus der beiden
Foranelemente des Blutes besteht bei den acuten, £eberhaften £r-
kr&akangen nicht, d. h« eine Vermehrung der weissen Blutkdrpeardneii
giAa, nicht einher mit einer Verminderung der rothen. Als Resultat
der Mslologischen Untersuchung ist besondem das Verhalten der
448
Baginsky,
eosinophilen Zellen bemerkenswerlb ; bei Pneumonie fehlen dieselben
auf der Höhe des Fiebers volktändig und erscheinen erst mit dem
Eintritt der Krise wieder; dagegen war das Scharlach exanthem fast
stets von einer Anhäufung von eosinophilen ZeUen begleitet, deren
Zahl einige Tage nach dem Verschwinden des Hautauascblags wieder
bedeutend geringer wurde. Was die Herkunft der bei entzündlicher
Leukocjtoae im Blute kreisenden Leiikocyten anlangt, so hält es
Pelsentbal für sicher, dass eine Vermehrung der Leukocjten im
circiilirenden Blute stattfinden kann und auch stattündetj es soll
damit aber eine grössere Zufuhr neugebildeter Leukocyten aus den
blutbildenden Organen in die Blutbahn nicht in Abrede gestellt
werden . — Weitere Untersuchungen hat Verf. über das Blut bei Aoaemia
infantum pseudoleucaemica und bei RhacLitis angestellt. Die drei ■
untersuchten Fälle der ersteren Erkrankung boten zugleich Erschei-
nungen von Rhachitis dar. Die Zahl der rothen BlutkörpercJien war
immer bedeutend herabgesetzt, die weissen beträchtlich vermehrt;
in dem einen Falle (11 Monate alter Knabe) wurden B 228000 rothe,
44820 weisse Blutkörperchen gezählt; innerhalb 3 Monaten sank die
Zahl der rothen auf 2V.^ Millionen, die der weissen Blutkörperchen
auf 30000. Das Auffallendste des histologischen Blutbefundes ist
das Auftreten zahlreicher kernhaltiger rother Bltitkörperchen , von
denen viele karyokinetische Figuren tragen; in einem Fall© waren
in Ö9 Qesicbtefeldern 62 kernhaltige Erythrocyten, darunter 5 Megalo-
blaeten. Bei Rhachitis ist die Zahl der rotben Blutkörperchen nor-
mal oder fast normal; ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Zahl
der Erythrocyten nnd der Schwere der Erkrankung konnte nicht
gefunden werden; die Zahl der weissen Blatkörpercben ist stets ver-
mehrt, sie beträgt das 2— 5fache des Normalen. Die Hauptmasse der
Leakocyten bilden die kleinen und grossen einkernigen Elemente —
in den schwereren Fällen findet man kernhaltige^ rotbe Blutkörper-
chen meist von der Grösse eines normalen rothen; sie haben einen,
manchmal auch zwei Kerne, manchmal auch kleeblattfcirmig gestallete.
Die rothen Blutkörperchen zeigen einen nicht unbeträchtlichen Grössen-
unterschied.
M, Alt und X Weiss (Oentralbl, f. die medicin. Wissenschaften
Nr. 24 u. 25) macben nor eine vorläufige Mittbeilutig ihrer noch
nicht abgeschlossenen Untersuchnngen über Anaemia infantilis
pseuiioleucaemica und stellen folgende Bätse auf: Die Änaemia
infantilis pseudoleucaemica bietet — abgesehen von dem Zihlbefand
einer constanten Verminderung der rothen und einer mehr oder min-
Kf oderheiikuDäe.
44^
fem
äoeiigradigeii Vermehnmg der wessen Blatzellea — nin typisoh^i
Hstologiodies Blatbild, gekennseichnet dtiroh die Poikiloojrlo«^ dat
reichliche Aaftreten kerohaldger Erythroeyten, die als Heso«, M«galo*
and Mikroblasten und gleichzeitig als Foikibblasten eraoheindQ und
von deii«B viele karyokinetische Kerufiguren trage«, durah dia Poly-
chromatophüie der kerDhaltlgen und auch vieler kernloaar rother
Blutsellen und endlich durch eine ziemlich vielgestaltige Leukooytoao.
Weder schwere EmäbrimgdstörungeD , noch Lues^ noch Ehachitiej
müÄsen, sofern sie auch einfache, schwere Aniiuiie horvorniftjni diom^
scharf charakterisirte Blut Veränderung erzeugen; die Atiaemin iiifan*
Ulis pseudoleucaemica ist deshalb als ein Krank hei täbild sui gunori«
SU betrachten.
Auch auf dem L Congress italienischer Kinderärzte in Kam
(Referat im Jahrbuch i\ Kindt^rheilk* Bd. 33, S. 367) fand eina Er-
örterung der Anaemia spieuica der Kinder statt. Samwn untar*
fcheidet klinisch drei Formen: 1) die chronieoh heborhafto Form mit
fallend wachsbleicher Hautfarbe, einem bis weilen (sulossalen Mils*
mor und einem hartnäckigen, unregelmäsaigen Fiebor itiit intor»
mittirendem Typuö; 2) die chronisch fieberloae Form; 3) die chr*jnifloho
Form mit periodisch wiederkehrenden Fieberanfällen, lieber die
Ursache der Erkrankung äussert sich der Verf. nicht mit Buötiinmt-
beit, doch nimmt er mit Wahrscheinlichkeit an, das» aln GrundlAge
des üebels ein bestimmter pathogener Mikroorganismus unauiMihaii
igt. welcher in der Milz den geeigneten Nährboden ssu Mtiinor Eni*
Wickelung findet, von dort aus den Kreislauf (Iberachwemrat und die
^nze übrige Schaar von Krankheitserscheinungen hervorruft, Dt^r
Vrriaaf ist ausnahmslos chromsch, der Ausgang in d^r Mithrssahl der
Füle der Tod.
Bei hereditärer Lues und bei Rhachitis hat Hchiff (Pester
Bed«-ehir. Presse Kn 3} hämato logische XJnterauchu Dgen an-
geslelll. Er stellte fest, daaa bei Syphilis nach dem Verichwinden
der kjankhaften Erscbeinungen (nach Quecksilberinunctionea) aiDe
Allini w auftritt, die ihre Ursache in einer Verminderung der Blut«
kdrpercheDzabl und des Hämoglobiogehaltea hat. Üamb diene V«tr'
iBdermgeo nicht durch die Queck^ilberbehandlung hervpr^nifeo
maäf gellt daraus hervor , daaa Qaeckeilberbehandlung bei Oetoodeii
▼orgmoauBeo keinen Etnfloaa auf die ZuaammenseUujig dm Blüleii
hatte. Bei BhacUti« ergab aicb laichte Vermebnuig der welaeeii,
Zahl der retheo BlotkorperebeD, digeyen dorehweg üarke
des Hiaogloboigebalteii.
4r>u
Bagin&ky,
Diabetes.
R. Wilfred Watkins-Pitchforcl (Britisli med. Journ,, 28, Mai)
beschreibt einen Fall von Diabetes bei einem 10jährigen Kna-
ben, welcher in 21 Tagen zum Tode führte. Sechs Tage vor dem Tode
war dm Kind noch im Stande, herumzugehen und mit anderen Kindern
zu spielen. Die Urinmenge betrug 5 — 6 Quart innerhalb 24 Stunden
und nahm erst in den letzten 2 Tagen beträchtlich ab ; der Zucker-
gehalt war sehr bedeutend (Frocentsatz ist nicht angegeben); speci-
fisches Gewicht 1035. 80 Pulse, normale Temperatur* Bie Zunge
war stark belegt, Pupillen erweitert^ der Ausdruck der Augen angst-
licli. Haat sehr trocken. Die Verschlechterung trat ganz plötz-
lich ein. Die Respiration wurde sehr frequent, bis 48 in der Minute,
dabei 96 Pulse, kaum fühlbar. Oetteres Erbrechen, subnormale Tem-
peratur, Das DuTötgeftihl liess nach, Nahrung wurde verweigert.
Innerhalb der letzten 24 Stunden wurden 16 Unzen Urin entleert,
Section wurde nicht gemacht Verf. ist geneigt, als Ursache der
Erkrankung eine starke Nervenerregung anzunehmen, welche an-
lässlich des kurz zuvor erfolgten Todes der Mutter auf das Kind
eingewirkt haben soll
J. de Bary (Arch. I\ Kindorheilk, Bd. 15, 8. 104) beschreibt einen
Fall von Diabeteß mellitus bei einem 9jäbrigen Mädchen.
Als erstes Symptom trat dabei Scheideoabsondernng auf, welche auf
dem bei Diabetes bekanntlich häufig beobachteten Pruritus vulvae
beruhte. Verf. folgert daraus die Nothwendigkeit der Urinunter-
suchung bei allen Fällen von Fluor albus,
Qr(!^sz (Jahrbuch £ Kinderheilk. Bd. B4, 3. 83) unterzieht in
einer der E p s t e i n^scben Klinik entstammenden Arbeit die schon
mehrfach beantwortete Frage der Glykosurie im Säuglingsalter
einer nochmaligen Erörterung, Er kommt zu folgenden Resultaten:
Bei gesunden Brustkindern kommt keine Glykosurie vor. Bei Ver-
dauungsstörungen, sowohl bei Dyspepsien, als auch insbesondere bei
Gaatroenteritiden ist eine stark reducirende, die qualitativen Zucker-
proben prompt zeigende, nicht gährungsfähige, optisch active Substanz
im Harne manchmal nachweisbar; dieselbe ist höchst wahrscheinlich
Milchzucker oder ein Spaltangsproduct desselben. Weitere Versuche
mit Eingabe von Milchzucker zeigten, dass die Assimilationsgrenze
des Milchzuckers bei den Säuglingen eine sehr hohe ist; bei gesunden
Brustkindern in den ersten 4 Wochen beträgt sie ungefähr 3,3 g pro
Kilo Körpergewicht; bei Verdauungßstöruugen findet eine Herab-
setzung der Assimilationsgrenze statt.
I
4
KinderhellkQnde.
451
*,Ueber Dentitionafieber and seine Behandlung^ lautet
der Titel einer AbhaDdlung von Hermann Müller in Zürich (Cor-
reepoadenzblatt f, Schweizer Aerzte Nr. 20), deren erste Seite wie
eio Hymnus auf den Wiener Pädiater Kassowitz klingt, — um
aber nur sn bald in eine energische und scharfe Bekämpfung der
Anschauungen übersugehen^ welche Kassowitz in seinem jüngst
araohienenen ßuohe über Kinderkrankheiten im Alter der Zahnung
► ausgesprochen hat. In des Verf.'s Journal spielen nämlich die Dia-
Ignoseu ^Deutitio difÖcilis" uod „Febris dentitionis" noch eine bedeu-
tte&de Rolle und er tritt mit einem gewaltigen Zahlenmaterial und
sogar mit Fiebercurven für die Richtigkeit seiner Anschauungen ein;
den Beweis dafür glaubt er in dem Erfolg der Behandlung erbracht
zu haben, die immer in Entspannung des Zahnfleisches mittels Scari-
ficationen bestanden hat.
Kranklieiten der Neugeboren**!!.
Einen interesgauten experimentellen Beitrag zur Aetiologie
der Melaena neonatorum liefert Pomorski (Archiv L Kinder-
heilkunde Bd. 14, S, 165). Er hatte bei der Section eines an dieser
Krankheit zu Grunde gegangeneu Kindes eine Hämorrhagie des Gre-
kims gefunden, welche die Innenfläche des vierten Ventrikels sammt
seinem vasomotorischeu Centrum zerstört hatte« Pomorski erinnerte
lieh nun der Thatsache, dass einige Autoren, wie Brown-8<5fj[uard,
Schiff, Ebstein u, A. nach Verletzung bestimmter Bezirke im
Tiarten Ventrikel Ueschwftrebildung im Magen der Kaninchen, sowie
Hyperamie, selbst Hepatisation und Infarct der Lungen beobachtet
haben. Daran anknüpfend, unternahm er den Versuch., auf experi-
mentellem Wege durch Verletzung einzelner Hirntheile Melaena zu
erzeugen. Der Versuch gelang bei neugeboreneu Kaninchen voll-
kommen, sobald der Eingriff das vasomotorische Ceutrum in der
Eautengrube direct oder indirect (durch Blutergüsse in seiner Nähe)
getroffen hatte. Verf. hält sich danach zu dem iSchluäse berechtigt, daus
Gehirnblutungen, welche während der Oeburtövorgänge (namentlich
bei Primiparen) entstehen, die Hauptrolle btjim Entstehen der Melaena
«pielen. Die Blutergüsse in das Gehirn, welchen man schon öfter bei
Sectionen an Melaena verstorbener Kinder begegnete, sind sonach
nicht als Gomplicationen, sondern als Ursache der anderen Verände-
rungen anzusehen.
Parst (Archiv f. Kinderheilk. Bd. 14, S. 430} beschreibt eine
beim weiblichen Geschlecht selten vorkommende Bildungshem-
452
Bagmaky.
njiing. Das gut genährte^ 10 Wochen alte Kind bot zunäcbst eine
ausgespro ebene Epispadj© dar. Die ziemlich blasse Olitoris war voll-
kommen gespalten. Ebenso bildeten die beiden grossen Labien zwei
völlig getrennte kugelige Wülste. Uretbramündung und Vestihulum
vagitiae normal. Von ersterer bia zum Kabel betrug die Etitfernung
nur 3 cm; auf diesem Weg zog sich eine anffallend geröthefce streifige
Hautpartie t welche gegen die blasse Haut der Umgebung deutlieh
abstach, bis zur Nabelstelle. Letztere war sehr grosa, stark ge-
röthet, znm Theil excorürt, zum Theil granvilirt, ziemlich feucht.
Man konnte nicht nur ein Auströpfeln vüe Harn aus einer feinen
Oeifnang bemerken, sondern zuweilen, beim Wirken der Bauchpresse
(Schreien etc*) sogar ein Entleeren des Harns in einem kräftigen^
ca. 15 cm hohen Strahl, welcher der für eine Sonde durchgängigen
Oeffnung entströmte. Diu Diagnose lautete deragemäs«: Nabel-
ürachuafistel.
Eine ganze Reihe vou angeborenen Defe cten bot der Fall
dar^ den Seh er er (Äretiiv f. Kinderhfilk. Bd. 14, S. 418) beschreibt.
Das am 4. Lebenstage gestorbene Kind zeigte bei der Sectioo fol-
gende Abnormitäten: Die rechte Herzhälfte volumioöserj die rechte
Herzkammer dilatirt, der Klappenapparat normal. Der Conus pul-
mo nalis bedeutend erweitert, besondere auffällig ist die Breite des
Ductus arteriosuB Botalli, der 11 mm im Umfange misst und breiter
ist als selbst die Arteria pulmunalis. Eine weitere Abnormität be-
rindet sich am ürogenitalsysteni : Die Analöffnung fehlt vollkommen.
Das Collum der Vesica urinaria ist bedeutend verlängert, die Pars
membranacea urethrae stark dilatirt. Am Anfange derselben be-
findet wich eine Oeffnung, in welche man leicht eine 3 mm starke
Sonde einführen kann. Die Sonde dringt in einen Kanal ein, welcher
in das Bectum mündet. Der Kanal beträgt an Länge etwas über
1 cm, Das Rectum selbst^ welches colossal dilatirt ist — der Um-
fang beträgt 11 cm — endet blind in der Höbe des zweiten Sacral-
wiekels und ist an seine Umgebung mittels festen Bindegewebes
fixirt. Das Peritoneum bildet un der vorderen Fläche des Rectum
eioe feine Falte, welche zwischen dem stark dilatirten Rectum und
der Blase verläuft. Die Abnormitäten in diesem Falle sind also fol-
gende: Imperforation des Anus; Perforation eintr rudimentären
Kloake; abnorme Weile des Ductus arteriosue Botalli.
Eberhart (Deutsche med. Wüchenschr. Nr, 9) berichtet von
einem Riesenkinde weiblichen Geschlechts., welches bei der Ge-
burt das Gewicht von 5950 g hatte und 59 cm lang war. Die übrigen
I
I
Kinderheilkunde.
453
waren: Kopfamfang 89,5; Diameter bitemporaliö 9,5; Dia-
meter biparietalis 10,5; Diameter froato*occipitaUa 13; Diameter sab-
occipito-brevis 10; Diameter mento-occipitalia 14; Scbulterumfang 48;
I Brust umfang 40; Hüftnmfang 39,
»
Im Anscblass an drei in letzter Zeit in der Marburger Frauen-
klinik beobachtete Fälle von Oephalaematoma neonatorum
g«ht Merttens (Zeitschr, f, Geburtsh. u. Gynäk. Bd» 24j S. 215)
auf die Aetiologie dieser Erkrankung näher ein» Er bespricht die von
Fritscb^Eunge, Valleix und Spiegelbeig auigesteUten Theorien
und kommt su folgendem SchluBs: Die EutBtebung einer grossen
Zahl von Cepbalämatomen ist Verletzungen der Schädelknocben zu-
toschreiben. Im Uebrigen, meint Merttens, müssen mehrere Ur-
sachen gleichzeitig wirken, und als sehr beachienswerth bezeichnet
er die Asphyxie bei einer leichteren Abhebbarkeit des Periostes,
wobei auch noch die Grösse des Gefasslumens io Betracht komme.
Als Therapie wurde stets und mit gutem Erfolge das ezspectative
Vorfahren angewandt.
Ebenfalls auf mechanische Ursachen führt Hüter (BerU klin.
Wochenschr. Nr. B) das Entstehen des Oephalämatoms zurück, und
iwar glaubt er, dass sehr häufig das Anlegen der Zauge bei hoch-
stehendem Kopf die Veranlassung dazu abgibt. Nachdem der Kopf mit
der Zange in dss kleine Becken hereingezogen ist, sollen beide Löffel
an dem Kopf ao veröchobun werden, dass bei der ersten Schädel-
fiteltung die Zange in den zweiten schrägen Darcbmei^ser und bei
der zweiten ScbädelstelluDg die Zange in den ersten schrägen Durch-
m^Sfier SU liegen kommt. Der Löffel, welcher gegen den vorderen
Theil des Beckens gebracht wird, befindet sich dann jedes Mal an
einem Stirnbein des kindlichen Kopfes. Das Verschieben diesee
Zangenlöffels macht zuweilen Schwierigkeiten. Man verschiebt dann
den Löffel ao lange, bis die Weich thetle des Kopfes und zugleich
auch das Pericranium gelockert werden und damit die Veranlassung
IQ dem Entstehen eines Oephalämatoms gegeben ist. Seitdem
Hut er durch das Verschieben des an dem Stirnbein zu placirenden
Zangenlöffels ein grosses Cephalämutom gerade an diesem Knochen
beobachtet hat, enthält er sich ganz des Verschiebens der Zangen-
loffel an dem Kopf; er legt vielmehr, nachdem der Kopf in das kleine
Becken hereingezogen ist, beide Zangenarme ab^ um dann von Neuem
anzulegen. — Der Verlauf der Erkrankung ist übrigens auch bei
Hüter'a Fällen bei ruhiger Abwartang immer günstig gewesen; es
trat stets völlige Besorption des Blutergusses ein*
454
Baginsky.
In einem Vortrage erörtert Pott (Münch* med* Wocheiaschrift
Nr. 37) die Art und Häufigkeit congenitaler Tumoren. Mit Vor-
liebe entwickeln aich die angeborenen öeflGliwnlstbildungen in der
Haut und im subcutanen Gewebe. Die gewöhnlichste Form der 6e-
fassgeßcbwüiete ist daa Angioin, welches zuerst meist nur einen
kleinen bläulicbrotben Fleck darstellt und sich allmählich erst zum
Angiom oder Caveruom auebildet lu Ähnlicher Weise, wie aus den
Gefäggmäkrn, können sich auch aus Pigmentmalern und angeborenen
Warzen Geschwülste, und zwar nicht selten Sarkome bösartigen
Charakters entwickele. Nacbafc den Blutgefässen spielen die ange-
borenen ektatischen Erweiterungen der Lymphgefasse eine grosse
Bolle; dazu gehören nicht nur die Makroglossie und Makrocheilie,
sondern auch einzelne Formen von partiellein Eriesen wuchs. Lymph-
angiome kommen sowohl uni- wie multiloculär vor^ nnd zwar vor-
zugsweise in der Hals- und Kiefergegend. Weiterbin kommen an-
geborene Lipome bäu%er vor^ als man wohl anzunehmen geneigt
iät. Einen verhältniss massig hohen Froceotsatz stellen die tief ge-
legenen (subfascialen) Lipome; unter 102 znsammeß gestellten Fällen
befanden sich 20 congenitale (also fast 20%). Spontane Heilungen
der augeborenen Lipome sind nicht zu erwarten: regressive Vorgänge
treten bisweilen unter der Form einer Verkalkung ein; bei einem
Falle von Pott bereitete aich nnter eiterigem Zerfall eine Absce-
dimng vor, welche allem Anschein nach schnell um sich gegriffen
hätte, wäre nicht der Tod des Kindes eingetreten. Eine zweite Reihe
von angeborenen Geschwülsten bilden diejenigen des ürogenital-
gystems. Es bandelt sich hierbei Busnahmälos um maligne Tumoren^
nnd zwar um „Bindegewebsgeschwülste mit embryonalem Typus*\
die alle den Sarkomen zuzuzählen sind. Am besten gekannt und am
häufigsten beschrieben sind die primären Nierensarkome des Kindes-
alters. Schliesslich möge erwähnt sein^ dass auch angeborene Knochen*
und Knorpelgeschwülste vorkommen. Ueber einen derartigen Fall
gibt Pott eine kurze Notiz.
Das gleiche Thema behandelt eine Arbeit von Stern (Deutsche
med, Wocbenschr, Nr. 22), Im Ansebluss an einige selbst beobach-
tete Fälle von malignen Tumoren bei Kindern gibt er eine fast
vollständige Uebersioht der Litteratur dieses Gegenstandes.
Brosken (Müoch. med» Wochenschr» Nr, 5) berichtet über die
günstigen Resultate^ die mit der Kalte nbac haschen Methode der
Prophylaxis der Opbthalmoblennorrboea neonatoru m in Halle
gemAcht worden Bind ; von 728 im Laufe der letzten 2 Jahre behan-
Kinderheilkunde,
455
deitea Fällen erkrankte nur ein Kind an Blennorrhoe. Der Unter-
dcbied des Ored6*schen von dem Kai tenbach^Bchen Verfahren be-
steht darin, dass Cred6 durch die Desinfection der Augen gleich
nach der Geburt nur eine Yernichtuog der bereits in den Conjanctival-
Back eingedrangenen Erreger erreicht, während KaltenbacL daa
gleiche Ziel durch Desinfection des Genitalrohres von Beginn der
Geburt ab und mechanische Entfernung der etwa noch anhaftenden
Keime von den Augen gleich nach der Geburt erstrebt.
ilantkrankUeiten.
Zur Behandlung der Verbrennung im Kindesalter schlägt
Wertheim ber (MiincK med. Wochenachr. Nr. 31) folgendes Ver-
fahren vor: Die verbrühten Tbeile werden zunächst mit lauwarmem
Borwasser gereinigt; darauf wird die Stahl'ache Brandaalbe appli-
clrt, die ihrer schmerzstillenden Eigenschaffc wegen sich für Kinder
vorzüglich eignet; aber sie entbehrt in ihi-er ursprünglichen Zu-
sammensetzung der an tisep tischen Wirkung f es kommt yar^ dasa
sich unter diesem Verbände auf den Wundüächen ein widerlich-
fauliger Geruch entwickelt. Um diesem Uebelstande zu begegnen,
socbte Wertheimber das Liniment mit Thymol zu verbinden. Die
rormel dieser Composition lautet:
Aqu, Calcis,
OL Lini ana 50,0,
Thymol 0,00—0,10.
Am Ende der zweiten Woche vertauscht Wertheimber dieselbe
Salbe gegen eine Wismuth-Borsalbe von folgender Zusammensetzung:
ßism. subnitr. 9,0,
Acidi borici 4,5,
Lanolini 70,0,
Ol Olivar. 20,0.
Strelitz (Arohiv f. Kinderheilk, Bd, 16, S. 101) vervollkommnet
teine bereits vor einigen Jahren mitgetheiiten Untersuchungen zixr
Femphigns-Aetiologie. Er impfte den in den Blasen gefundenen
Coecus, der nach seinem Aussehen und culturellen Verhalten mit
dem Staphylococcus pyogenes aureus identisch zu bgui schien, nach
dem Vorgange von Almquist auf seinen eigenen Arm nnd konnte
an sich sowohl, wie bei der Uebertragung auf eine dritte Person, die
tüntwickelung regelrechter Fem phi gusblasen beobachten, Dass der
' la so wiederholten Malen in den Blasen gefundene Coecus der Er-
reger der beschriebenen Fälle von Pemphigus war, dart* nunmehr als
456
BügmBkj,
festgestelH gelten. Es fragt sich nur, um welche Art von Pemphigus
es sich hier bandelt; das erkrankte Kind war dieses Mal kein neu-
geborenes, sondern bereits ein älteres Kind^ man konnte also die
Erkrankung nicht mit dem bequeraen Namen „Pemphigus neonatorum*^
bezeicbneöi Der Verlauf war ebenso wie bei den früher beschriebenen
Fällen ein günstiger gewesen. Auch trat die Erkrankang nicht ver-
einzelt auff sondern hatte in demselben und im benachbarten Hause
eine grössere Anzabl theils Säuglinge, theils ältere Kinder, ergriffen,
während Erwachsene verschont blieben. Es darf deshalb wohl als
sicher angenommen werden, dass es sich hier um dieselbe Erkrankung
gebandelt hat, die bereits früher von Olshausen u. A. als angeb-
lich besondere Krankheit der Neugeborenen beschrieben worden ist.
Theraitie.
Troitzky (Archiv f. Kinderheilk, Bd. 15, a 91) geht von der
Voraussetzung aus, dass der äusserliche (iatroleptische) Weg des
Einführens von Chinin durch Einreiben von Chininsalben und Ghinin-
lÖBungen in der Kinderpraxis noch jefzt in ziemlich breitem Maasse
betrieben wird — eine Voraussetzung, welche, in Deutschland wenig*
flteiJB, durchaus nicht zutrifft, Troitzky hat Eioreibungen mit Salz-
säure m Chinin an ganz gesunden Kindern im Alter von ii Monaten
bis zu 10 Jahren vorgenommen. Es wurden Spiritus- oder Splritus-
Ölycerinlösungeö im Verhältniss von 1,0 : 30,0 Spiritus verwendet.
Um festzustellen, ob das Chinin in den OrgaDismus aufgenommen sei,
wurden Harnanalysen gemacht, durch welche zweifellos Chinin nach-
gewiesen wurde: indese ist die Menge demselben zu gering, um auf
eine stärkende oder temperaturerniedrigende Wirkung der Einreibung
rechnen zu können. Daher kommt Troitzky zu dem Schluss, dass
das Einführen von Chinin auf dem äusaeren Wege als eine nicht
richtige und nicht genügend Wissenschaft liehe Heilmethode angesehen
werden kann.
Hulshüff (Weekbi van het Nederf. Tijdschr, voor Qeneesk.
Bd. 1, Nr. 4; Centralbl £ d. med, Wissensch. Nr* 15) schildert ausführ-
lich die Gescbichte von sieben Sfiugtingen, bei denen er Ausspülungen
(Gavage) erfolgreich ausgeführt. Die partielle Gavage, nämlich ihre
Anwendung ein- oder mehrmals täglich^ ist bei schwächlichen Säug-
lingen am Platse, deren Zustand durch unzureichende Nahrung
Schaden zu leiden beginnt. Eine Lebensindication für die Gavage
ist vorbanden, wenn ein Säugling gänzlich oder beinahe keine Nahrung
zu sich nehmen kann. In solchen Fällen zaudere man nicht im Hin-
Kinderheilkunde.
457
blick auf die Gefahr der Aspiration vou NahruDg, seine Zuflucht zur
Gavage su nehmen. Es folgt eine sehr genaue Beschreibung der
Ta^mtk der Gavage, die in Deutschland wohl als bekannt voraus-
geaetst werden kann.
Die an 43 Patienten der Grazer Kinderklinik angestellten Ver-
fluche mit Dermatol von Dörnberger (Therapeut* Monatsb, Nn 2)
haben gezeigt^ daös das Dermatol bei nässenden impetigtnösen Ekzemen
und als austrocknendes Mittel bestimmt von grossem Werthe ist-
dasfi es, weil geruchlos, nicht toxisch, nicht reizend und gleich dem
Jodoform granulationsbefördernd, vor diesem Vorzüge besitzt. Ob
68 zugleich als Antisepticum an Stelle des Jodoforms wird treten
kdnnen^ selbst wenn es in grossen Mengen aufgetragen wird, werden
— '"-re Versuche noch deutlicher zeigen müssen. Am bedeutungs-
en f^r die Kinderpraxis erscheint die Unschädlichkeit.
3tuver (The therapeutic Gazette, 15. März) hält eine frisch zu*
tete Lösung von Wasserstoffsuperoxyd für ein ausgezeich-
Desodorans und eines der besten bacterientödtenden Mittel.
Bedingung ist aber eben eine frische Lösung, in gcit verkorkten
Flaaeben an kühlem Orte aufbewahrt. Im Besonderen hat er gute
Besultate erzielt bei Diphtherie und Gonorrhoe, Bei Diphtherie hört
der Fötor auf, die Membranen verschwinden oft in wenigen Tagen,
und die Erscheinungen der Toxämie werden gemildert.
Physiologie, Diätetik, Hygiene.
Ssokolow (Archiv f Kinderheük. Bd, 14, 8. 2bl) hat die
Haut Perspiration bei Kindern im physiologischen und pathologi-
geben Zustande zum Gegeuätand eingehender Stadien gemacht Bei
gesunden Kindern wird die Hautausdunstung am meisten beeinflusst
durch die relative Feuchtigktjit und die Temperatur der ümgebnogs*
Ittft, die erste im umgekekrten , die zweite im geraden VerhaltnihS.
Ferner ist — ebenfalls bei gesunden Kindern — die Hautperapiration
umge kehrt proportional dem Alter und der Körpertemperatur; Ein-
nahme von Nahrungsmitteln und von Getränken erhöht die Haut*
Verdunstung. Bei Scharlach^ in allen Stadien der Erkrankung, ist
die Hautperspiration vermindertt Die bedeutendste Wasserretenti^n
beateht bei Schat lach kranken bei Auftreten von Albuminurie und noch
^'deutender vor dem Auftreten und während des Vorhandenseins
iirämtscher Erscheinungen. Erhöhung des Feuchtigkeitsgehaltes und
Verminderung der Temperatur der Umgebungsluft begünstigt die
458
BagiDsky.
Entstehung der Scharlachnephritiö. Deshalb ist es empfehlenswerth,
Scharlachkranke in trockener und warmer Luft z\x halten. Warme
Bäder steigern beträchtlich die Hautverdunstung , während Fett-
einreibungen dieselbe vermindern; daher sind warme Bäder (30 ^BO
bei Scharlachkranken so früh als möglich zu verordnen, dagegen
sind Fetteinreibungen zu vermeiden,
Jakubo witsch (Archiv \\ Kinderheilk. Bd, 14, 8,355) hat im
Berliner physiologischen Institut Untersuch ungoo über die chemi-
sche Zusammensetzung der embryonalen Muskeln angestellt
Den wasserbaltigen Muskel zum Ausgangspunkt nehmeod, kommt
Veril zu rolgenden SchJtisseii:
1) Die Menge des Wassers in den embryonalen Muskeln ver-
mindert sich nach und nach^ je mehr sieb der Embryo der Periode
des vollen Reifens nähert.
2) Die Asche der unlöslichen und im Wasser löslichen Stoffe
vergrössert sich stufenweise,
S) Die Gesammtraenge von Cholestearin , Lecithin und Fetten
vergrössert sich ebenfalls,
4) Die Mengen des Kreatinins vermindern sich je nach dem pro-
portionalen, absoluten Reifen des Embryo, die Ziffern des Kreatins
vergrössern sich,
5) Die Quantität der Phosphoraäure in embryonalen Muskeln
wächst; mit der Entwickelang,
Verglichen mit den Verhältnissen beim Erwachsenen, ist die
Quantität des Kreatins in embryonalen Muskeln grösser als in er-
wachsenen, nähert sich aber in der Zeit des embryonalen Änreifens
dem letzteren. Der Gehalt an Fhosphorsäure in erwachsenen Mus*
kehl ist um ca. 2"/^ höher als in embryonalen. Der Wassergebalt
in den Muskeln des fast gereiften Embryo weicht nur wenig von
dem des erwachsenen ab.
Die neueren vergleichenden Untersuchungen über Kinder-
mehle von Fürst (Deutsche med, Wochenschr, Nr. 13 und 14)
laufen im Wesentlichen auf eine ziemlich enthusiastische Empfehlnng
des Rademann'schen Kindermehls hinaus. Es scheint sich ihm
nach der von Stutzer ausgeföhrten chemischen Analyse und der
von Rademann ausgeführten mikroskopischen Untersuchung der
Frauenmilch am meisten zu nähern; es eignet sich nicht nur zur
8iluglingS6rnäh]'ung, sondern kann überhaupt in den ersten Kinder-
jahren mit VortheU verwendet werden. In ersterer Beziehung wird
es am besten im 8ox biet -Apparat der Milch zugesetzt, und zwar
Einderheilkonde.
451»
derart, dass man erst das Mebl^ dann die Hälfte der Idilch kalt in
die Masche thut, Boh&ttelt, hierauf die Flasche vollfüllt und dann
kocht. Zur Herstellung einer wohlschmeckenden Öuppe für grössere
Kinder (von 2 — 5 Jahren) hat man etwas Kindermehl mit Butter zu
rotten , mit schwach gesalzener Bouillon aufzufüllen und etwas
Bratensance oder Fleiachextraot hingo^ufügen* In dieser Form soll
es als nährendes Diäteticum für gesunde Kinder sowohl als auch fur
solche, die an Darmkatarrh und Dysenterie litten, niit gutem Erfolge
benntzt werden,
üeber den diätetischen Werth der Schlempenmilch liegt
sum ersten Mal eine genauere Untersuchung vor von Ohlsen (Jahrb.
f. Kinderheilk. Bd. ^4, H. 1). Bisher galt Schlempenmilch als un-
geeignetes Nahrungsmittel für Kinder, und der hohe Procentsatz der
Kindersterblichkeit in manchen Ortöchaften wurde hauptsächlich auf
diese Milch zurückgeführt. Zur Prüfung dieser Frage wurden in
Eostock zehn Milchsorten, gewonnen von Kühen, welche meistens
mit Roggenscblempe oder mit dieser und Kartoffelschlempe zusammen,
Dar einmal mit Biertreber allein gefüttert wurden, untersucht. Es
zeigte sich, dass diese Milch weder sauer reagirt, wenn sie aas dem
Euter kommt, noch auch rascher sauer wurde, als andere Mitcli, Nur
der Fettgehalt blieb stets, der Salz- und Kalkgeheft meist hinter
dem guter Kuhmilch zurück, ebenso blieb die Trockensubstanz unter
der Norm, während in jeder anderen Hinsicht keine nennens wer theo
Unterschiede bestanden. Von grossem Einfluss zeigte sich das neben
der Schlempe gefütterte Futtermittel. Die scL lichteste Milch lieferten
K&he, die ausser Schlempe nur Biertreber und wenig Heu erhielten,
die Milch besserte sich bei Zufütterung von Heu, Sehrot, Kleie u s. w.
Verf, schliesst aus seinen Untersuchungen^ dase Schiern penmilch
nicht nngeeignet zur Kinderernährung zu sein scheine, wenn den
Kühen neben Schlempe noch passendes Beifutter gereicht werde.
In der Frage der Milchsterilisation kommen zwei Autoren
(Sior, Jahrb. f. Kinderheük. Bd. 34, H. 1 und Fischl, Prag. med.
Wochenschr. Nr. 9) zu gleichen Resultaten, dass nämlich der
So zhle tische Apparat mit dem neuen Verschluss der beste Apparat
f^r den Hausgebrauch sei. Fischl gibt nebenher noch eine Be-
schreibung der anderen hauptsäoblicb im Gebrauch befindlichen Milch-
kocher j Sior sucht seine Behauptung durch Darlegung der im
Bieder fachen Laboratorium angestellten Versuche zu bekräftigen,
Cohn und Neumann (Virchow's Archiv Bd. 126) fanden im
Gegensatz zu früheren Beobachtungen, dafas die Milch auch gesunder
Am
Baginsky.
Frauen gewöhuHch BacterieD» uod zwar meist Eiterkokken enthält^,
und zwar um so reichlicher ^ je länger die Milch in der Mamma
verweilt hat^ und je näher der Warze die Milch entnommen ist.
DarauB geht hervor, dass die Keime von aussen in die Bruatdriise
eingewandert sind.
Eine Nachprüfung dieser Befände hat Palleske (Virchow's
Archiv Bd. 130J vorgenommen. Im Oro&sen und Ganzen muss er
die Befände von Cohn und Neu mann bestätigen, nur ist es ihm
nicht gelungen^ in so zahlreichen Fällen Keime in der Milch zu
finden, wie jene Autoren. Ob die Mikroorganismen durch den Blut-
strom nach der Drüse hingetragen werden oder von anssen in die-
selbe einwandern, laset Verf, unentschieden.
Nach eigenen Beobachtungen im Findelbause zu Rom kommt
Blasi (1. pädiatrischer Congress in Romj Referat im Jahrbuch für
Kinderheilk, Bd. 83, S. 368) zu dem SchlnsB, dass die hauliche Ver-
besserung der Findeihäuser das einssige Mittel sei zur Yerhiltung
des endemischen Soor, Dass die künstliche Ernährung, so schäd-
lich sie in anderer Beziehung wirkte nicht an der Soorentwickelung
schuld ist, beweist u. A. die Thatsache, dass auch in den Ent-
bindungsanstalten, wo alle Kinder an der Brust liegen, der endemi-
sche Öoor eine regelmässige Erscheinung ist. Es muss vielmehr als
Haupturffftche nicht die Ernährung, sondern die Unterbringung der
Kinder in überfüllten, mangelhaft ventilirten Räumen, in alten, ihrem
Zweck nicht geniigend entsprechenden, ungünstig gelegenen Gebäuden
herangezogen werden,
Haut- imd venerische KraEkheiten.
Von Dr. Mix Joseph in Berlin.
A. Hautkrankheiten.
Das bedeuteodste Ereigniss dieses Jahres war der im September
Wien abgehaltene II. interDationale dermatolagische
ingress,
I, Lehrbücher, Anat(»mie, Pbysialogie.
Von Kapoai'a Pathologie and Therapie der Hautkrank*
hditen erscheint jetzt die vierte Auflage, ea Hegt uns der erste
ThaU derselben vor (Wien, Urban & Schwarzenberg, 1893), Es ist
tll>eHl{iBsig^ diesem allseitig anerkaanteo dassisoben Werke noch ein
Wort der Empfehlung mitzugeben. Dass es in der ganzen Welt
begeisterte Freunde gefunden hat, ist nicht «u viel gesagt. Wir
Cfägan dieser Auflage nur noch hinzu, dass Kaposi in gewohnter
Meisterschaft sein Werk durch Berücksichtigung der neuesten Er-
Rmgenschai^n der Lttteratur nach jeder Bichtung vervoUatändigt bat.
Ton dem Internationalen Atlas seltener Hautkrank-
alten, welchen wir bereits früher empfohlen haben, iat jetzt die
l&nfte Lieferung erschienen. Dieselbe enthält folgende Abbildungen:
Hl V. Hebra, Hyperkeratosis striata et follicularis; E. Sehwe-
ütDger und F. ßuzzi, Multiple benigne, gescbwuistartige Bildungen
der Haut; N. Mansuroff, ün cas de dermatomycoae circonacrite de
la main; T, Colcott Pox^ Erythems gyrata m perstans in the two
«Ider members of a family.
462
Joseph.
Das von dem Referenten herausgegebene Lehrbuch der
Hautkrankheiten (Verlag von Georg Thieme, Leipzig, Pr* 6 M.)
beabsichtigt, in möglichst knapper Form einen üeberblick der Haut-
krankheiten, ihres Wesens und ihrer Diagnose, sowie vor Allem der
entsprechenden Therapie zu geben. 33 Abbildungen im Text und
drei Photogravüren auf einer Tafel sind dem Lebrbuche beigegeben.
Vor nicht langer Zeit hatte Liebreich behauptet, dass in kera-
tinhaltigen Geweben, speciell der Vernix caseosa^ sodann aber auch
im Fette der Leber, der Niere und im Blutfett Lanolin resp.
CLolesterinfette enthalten seien, dass ferner Cholesterin und
Lanolin identisch seien. Hiergegen behauptet Santi (Monateh, f.
pract, Dermat. Bd, 15, H. 6), daes weder in der menBchlichen Haut^
noch in der Leber etc. C hole Sterin fette vorkommen, und dass Alles,
was bei Liebreich aui Lanolin zu deuten schien, auf Cholesterin
zu beziehen ist, dass ferner Cholesterin und Lanolin eine verschie-
dene Reaction zeigen.
Arnozan (Ann. de Dermat, et de Syph. Nr. 1) suchte die ein-
«elnen Regionen zu bestimmen, anf welchen man eine Ausschei-
dung fettiger Substanzen ündet. Zu diesem Zwecke benutzte
er die Eigenschaft des Oamphers. Dieser bewirkt in einer Schüssel
Wasser, welche auch nur eine Spur Fett enthält, keine Bewegunger,
während bei Abwesenheit von Fett der Camp her stark rotirende
Bewegungen ausfährt. Er fand nun , dass Gesicht and behaarter
Kopf, Nacken, Rücken, die Sternal gegen d, Schultern und Pubes mit
einer deutlichen Fettschicht bedeckt sind. Dagegen fehlte das Fett
vollkommen am Daumen ballßn. Merkwürdig ist, dass Verf. bei einem
Kinde von 9 Monaten die vollkommene Abwesenheit von Fett con-
atatirte.
M. Levy (Centralbl, f, Physiol. Nr. 24) legte sich die Frage
var, in welchen Bahnen sich die Schweissnerven zur Haut be-
geben, und verijucbte die theilweise Trennung derselben von den
motorischen Bahnen bei der Katze. Es gelang ihm dies ganz be-
aondern beim N. plantaris internus. Derselbe stellt einen reinen.»
von motorischen Fasern freien Hautnerven dar, welcher eine grosse
Menge SchweiHsnerven enibält und dabei lang genug ist, um be-
quem zum Experiment benutzt zu werden.
Heasa^ Die Reaction des Schweisses heim gesunden
Menseben (Monatsh. f« pract, Dermat. Bd. 14), gelangt nach sehr
ausgedehnten Versuchen zu folgenden Resultaten: Die Oberhaut-
I
I
I
Haut- find venerische Krankheiten.
4m
reactioü ist von der Schweissreaction unabbängig, sie ist eine Eigea-
scliaft der Haut sui generie. Die localen Differenzen der Oberhaut*
reaction hängen besonders von der yerachtedenen Hornschichtdicke
abj die wieder mit Differenzen der Sohweißssecretion vergesellschaftet
ist. Der normale saure Eautsch weiss ist ein Additionsprodiict, be-
stehend aus einem weniger sauren, wahrscheinlich scbwach alkali-
schen Sekweissdrüsensecret und einem sauren Oberhantsecret, Die
aaure Eeaction des Schweisses in der Ruhe, und die bis zur Ai-
kalescenz abnehmende Acidit&t des Schweisses bei Thätigkeit,
d. h, bei Pilocarpin- und Wärmeeinwirkung, hängt besonders von
quantitativen Schwankungen der beiden SchweisscomponenteUi spe-
ciell des Drüsensecretes ab.
8 oh ei 11 (Archiv i\ Dermat. u. Sypb* Nr, $) weist auf den Zu-
sammenhang zwischen Haut- und Haarwachstbum hin» Es
ist uns unerklärlich, weshalb an einzelnen Stellen der menschlichen
Haut, z. B. am Kopf und den Streckseiten der Ejttremitäten , ©in
starkes Haar wachst bum hervortritt , während dasselbe an anderen
Stellen zeitlebens ausbleibt, resp, nur als Lanugo besteht. Verf,
kommt nun zu folgenden Schlüssen: An einem grossen Theil Her
mit Haaren bedeckten Stellen ist nachzuweisen, dass diese zur Zeit
des lebhaften Haarwachßthums gegen die umgebende Haut im
Fläch enwacbsth um zurückbleiben. Umgekehrt kann man gleichzeitig
nachweisen, dass Hautstellen, die ihrer Umgebung im Flächenwachs-
thum vorauseilen, entsprechend weniger behaart werden; endlich,
dass Hauti^tellen^ welche ein gleLchmässiges FläcbenwRchsthum zeigen^
gleichmässig behaart, werden. Den Grund, weshalb die im Wachs-
thurae zurückbleibenden Hauttheile ein lebhafteres Haarwachsthnm
zeigen, glaubt er in einer lebhafteren Ernährung der im Flächen*
wachsthum zorückbleibenden Hauttheile gefunden za haben.
|[. EntzSndHche Dermatosen.
Unna» Impetigo Bookhart, der durch Eiterkokken ver-
ursachte Oberhautabscess (Berliner Klinik, H, 46), versucht
im Gegensatz zu Hebra und im Anschluss an die bekannten
1 Impfexperimente Bockhart's wieder die Impetigo als selbständige
l Pustel erkrank ung einzuführen, welche durch den weissen und gelben
l Traubencoccus erzeugt wird und sich durch eine Reihe ihr specifisch
I zukommender Symptome sowohl von den Ekzemen, wie von anderen
I Pustelerkrankungen (Impetigo herpetiformis) unterscheidet. Die Grösse
f der Pusteln hat nichts Typisches an sich, die Impetigopustel ist nie-
4fi4
Joseph.
mala gedellt und stets einkammerig, die Umgebung ist reactionslos
u. a. in. Histologisch ündel sich, eine unter der Hornschicht, zwischen
dieser und der intacten Stachelschichi eingelagerte^ linsenförmige
Eitermasse. Zwischen Hornachicht und Eitermasse liegen die
traubenförmigen Häufchen der Eiterkokken. Die Kokken driogen
nicht in die Stach elschichfc oder in das gefässhaUige Bindegewebe,
und daher sind die Entzündungserscheinungeu an den Gapillargeiasseo
gleich NulL Es wird wohl nicht viele Forscher geben, welche mit
Unna tibereinstimmen , dass durch ihren Sitz lediglich unter der
Hornöchichtj durch ihre Eiterfarbe, ihre Elnkammerigkeit und den
Maagel der Belle, durch ihr rasches Aufacbiesaen und einfache,
langsame Eintrocknung ohne spontanes Platzen der Blasen und ohne
nach sickern des, gerinnendes Secretj durch die Abwesenheit eines
entzündlichen Hofes und Grundes eines serösen Bläschens im An-
fange, subjectiver Emphndungen nnd späterer Narben bildung, durch
den Mangel typischer Grösse und Localisation, die durch den weissen
uüd gelben Ötaphylococcus erzeugte Impetigo so vortrefflich charak-
teriöirt isl, dasa sie, wo sie uncomplicirt auftritt, nie verkannt wer-
den kann.
<
E, Kromayer hat in einer kleinen Broschüre (Halle 1892) die
Frage zu beantworteu gesucht: „Was ist Ekzem?" Er gibt
hierauf die Antwort: „Das Ekzem ist die nach klinischen Erschei-
nungsformeo, Localisation, Verlauf^ Therapie und Aetiologie atypische
Entzündung der Enchy dermis, welche zu gleicher Zeit Folge und
Ursache ist eines Zustandes krankhaft erhöhter Reizbarkeit der
Haut Das Ekzem ist die atypische Entzündung der in einen Zu-
stand krankhaft erhöhter Heizbarkeit versetzten Enchydermis. Das
Ekzem ist die atypische Encbydermatitis." Zum Verständnisse dieser
Delinition müssen wir hinzufügen, dass Kromayer als Enchydermis
die Epidermis und die obersten Schichten der Cutis mit Papillär-
körper bezeichnet. Verwunderlich muss es erscheinen, dass in dieser
Broschüre nicht einmal der Name Auspitz erwähnt wird, und doch
wird vielen die Definition von Auspitz t das Ekzem ist ein einfacher
Flächenkatarrh der Haut mit vorwaltend serös- eiteriger Exsudation,
mehr zusagen als die Kromayer's,
Zur Behandlung der acuten Ekzeme empfiehlt Karl Herx-
heiraer (Zeitschr. f. ärztliche Laodpraxis Nr, 4) unter Anderem
die in neuerer Zeit von englischen Aerzten erprobten Zink* oder
Wismttthaaspensionenf die etwa dreimal täglich mit Haarp'nsel auf-
getragen werden:
Haut- und veneriache Krankheiten.
465
Ep. Ferri oxyd. 0^05,
Bismutb. subEitr. (Zinc, oxyd,) 10,0,
GlyceriDi 5-^0,
Aq. Rosar. 35,0.
lor der jedesmaligen neaen Eiopinselung wird die alte Kruste
nur dann aanft mit reinem Oel entfernt, wenn sie zn dick und hart
Bworden ist, frühestens jeden dritten Tag. Oewötmlich wird fünf
sieben Tage lang aufgepinselt, ohne die alte Kruste vorher zu
ütfemen. Auch nässende Ekzeme trocknen oft rasch durch die
Pinselungen aus. Sieht man nach Anwendung der Einpinselangen
keinen Fortschritt, so gibt man die Suspension in Form von Um-
Jagen, die ein- bis zweistündlich gewechselt werden, and wozu
einwand zu verwenden ist Diese Lotiotherapie bewährte sich ihm
aeit mehreren Jahren in selbst hartnäckigen Fällen vorzüglich. Unter
den Theerpräparaten empfiehlt er den Liquor carboiiis deter-
gens, welcher eine gesättigte alkoholische Losung des Steinkohlen-
theers darstellt* Derselbe wird bereitet von Wright & Co. iu London
ad von X P* Remington in Philadelphia« Er wird mitunter früher
Brtragen als Oleum Cadin i oder Oleum Hu sei, vor welchen er einen
angenehmeren Geruch und eine hellere Farbe voraus hat. Seine Wir-
kung ist von Herxheimer seit langer Zeit erprobt. Vor dem Ge-
brauch des unverdünnten Liquor kann man ihn zweckmässig in
oö/^iger Verdünnung verwenden.
Lassar (Deutsche Med,-Ztg, Nr. 30) tritt für die Bad er-
behandlang der Ekzeme ein. Doch weist Liebreich sehr richtig
darauf hin, wie man nicht eigentlich beurtheilen kann, ob wirklieb
das Bad auf den Process nützlich oder schädlich local eingewirkt
hat, denn Lassar bedecke ja zugleich die erkrankte Stelle mit Salbe.
Einen Fall von Drnckgangrän infolge von Eczema inter-
Irigo an den sich gegenseitig berührenden Hautflächen des Penis
^rnnd Scrotam beschreibt Halpern (Allg. Wiener Med.-Ztg* Nr. 3).
Es wurde ein Stück Watte mit einer dem Alter des Kindes
J*i-j Jahre) entsprechend schwachen Lösung von Kali causticum
0,12 : 50) durchtrönkt und gut ausgedrückt zwischen die beiden Ge-
schwüre gelegt und darüber ein Streifen lO^^iges Salicylseifenpflaater
mit Watte bedeckt. In Kurzem war hierunter Heilung eingetreten.
Siebel (Berl klin. Wochenschr, Nr. B) empfiehlt bei Verbren-
lUEigen das Europhen (Europhen. 3,0, Ol. Olivar* 7,0, Vase-
[Kni 60,0, Lanolini 30,0).
Jahrhucb d. praci. Medicin. 189:). 30
4GG Joseph.
Eine Form von Erythrodermia exfoliativa beschreibt
Philipaon (BerL kl in. Wo eben 8 ob r. Nr, 9). Hierunter versteht man
eine Hauterkrankung, welche viel Aebnlicbkeit mit der Pityriasis
rubra Hebra's hat, von den Franzosen aber abgetrennt wird, weil
besonders der gutartige Verlauf im Gegensatz za der Hebräischen
Erkrankung hervortritt. Auch hier ist der chronische Charakter
der Hauterkrankung hervorstechend. Auf der Haut zeigt sich im
Wesentlichen nur Rothung und Schuppuog. Auch in diesem Falle
wurde durch Chrysarobin Heilung erzielt.
Seit Aufstellung des Krankheitsbegriffes der Pityriasie rubra
durch Hebra ist kein Fortschritt in der Erkenntniss dieser Er-
krankung zu verzeichnen. Im Gegentheil, es WErde in den letzten
Jahren die Verwirrung auf diesem Gebiete dadurch gesteigert, dass
einzelne französische Autoren (J3 r o c q) eine Abzweigung verschie-
dener Symptomengruppen von dem Krankheitsbilde H e b r a's be-
fürworteten. Jadassohn (lieber die Pityriasis rubra [H e b r a]
und ihre Beziehungen zur Tuberculose nebst Bemerkungen über
Pigmentverschleppang aus der Haut. Archiv für Dermatologie und
Syphilis 1892) macht aber sehr richtig darauf aufmerksam ^ dass es
Hebra bei AufsteMuog der Pityriasis rubra mehr auf das Gesammt-
bild und den Qesammt verlauf ankam ^ und dass er sich durch ein- ■
seine Abweichungen vom Schema in der Diagnose nicht beeicüassen
lieSB. Jadassohn konnte nun in der Bre^ lauer Klinik drei Fälle
beobachten, welche nach mancher Etchtun^ unsere Kenntnisse er-
weitern. Vor Allem war eine Schwellung der meisten oberBächHcheu
Lymphdrüsen auff^lUg, das Jurken war in einzelnen Fällen sehr
hochgradig. Die Prognose ist meist ungünstig, doch scheinen einig©
Male Besserungen mit darauf folgenden Recidiven oder sogar Hei-
lungen vorzukommen. Merkwürdig war in diesen Beobachtungen der
Bchnelle Verlauf der Erkrankung bei einem Patienten ^ wo er höch-
stens auf ein Jahr zu veranschlagen war. Bei der Section wurde
eine Tuhercolose der inneren Organe gefunden , woran die Patienten
übrigens meist zu Grunde gehen j als sehr wichtig gelang aber auch
der Nachweis tuberculöser Vtränderungen in den oberflächlichen
Lymphdrüsen. Bei der histologischen Untersuchung der Hüut
wurde eine geringe Rundzellen infikration gefunden, die im Papillär-
k&rper und im Stratam snbpapiUare am deutlichsten war und sich
vielfach in kleinen, nm die Gefässe gelegenen Herden darstellte.
Die Kerne der fixen Bindegewebszellen waren vermehrt, und die
Mastzellen, besonders im Papillär körper und um die Schweisädrüsen,
Haut- und yenerisclie Kranklieiten .
467
roichiich vorbandeo. Ausserdem fand sick in der Cutis eine An-
sammlung von gelbem and briuniichem Pigmentj die Reteiellen mit
reichlicben Mitosen waren stark proliferirt^ das Rete war verdünnt
ttnd mit Leukocjteu dürcbsetzt. Das Stratum granulosum war ver-
mindert oder fehlte fast ganz, Die HorDBcbiebt war in Form von
Lamellen abgehoben. Jadasgohn rechnet die Pityriasis rubra nach
^ dem kliof sehen und anatomischen Befunde zn den primären Er-
krankungen der Epidermis mit secündären entzündlichen Erschei-
ntingen im Papillarkörper. Von ihren Sjoaptomen ist die Röthung
und die Schrumpfung das unmittelbare Resultat der erwähnten ent-
gdndlicben Erscheinungen. Die Schuppung ist in erster Linie be-
dingt durch eine vermehrte Prolife ratio n der Retezellen und durch
eine unvollkommene Entwickelung derselben. Das anatomische Sub-
[^ftrat dieses Scliuppungsprocesses unterscheidet sich in nichts von
äderen mit Hyperämie einhergehendeo Schuppungeia. Aetiologisch
||Bknd Jadasöohn in zwei Fällen die Lymphdrüsen geecbwoUen und
llllberciilöB verändert. Ob aber ein iniierer Zusammenhang zwischen
rTubercolose und Pityriasis rubra besteht, müssen erst noch weitere
DntersuchtiDgen lehren. Aus den Befunden bei dieser A^Tection, so-
wie bei den Ekzemen geht hervor, daas nicht bloss fremde Körper
flind wirkliche Blutextravasate^ sondern auch pathologische Pigmente
der Haut in die regionären Drtlsen verschleppt werden können»
Lang (Arch. f. Derm. u. Syph. Nr. 2) stellte einen Fall von
Comedonen an der Ölang und an der Cutis penis vor mit narbeti-
artigen Veränderungen, b errührend von Verödung der Follikel,
Kaposi bemerkte dazu, er habe bisher nie Comedonen an der Glans
gesehen.
In den letzten Jahren war man iiauptBächlicb von französischer
r Seite für die Existenz einer neuen Hauterkrank ung, der Pityriasis
»rubra pilaris eingetreten, Kaposi hält sie für identisch mit dem
von ihm und Hebra aufgestellten Liehen ruber acuminatus. Neu-
laano (Arch. f. Derm. und Syph. Nr, 1) veröfiFentlicht dazu einen
sehr lange und sorgfältig beobachteten Fall von Pityriasis rubra
pilariB. Nach seiner Meinung ist die Erkrankung nicht identisch mit
I dem Liehen acuminatus. Als Unterscheidungsmerkmal kann Folgen-
^des gelten: Die Knötchen sind kleiner als beim Liehen ruber, nur
punktförmig, mit dünnen Lamellen bedeckt und flachen sich alsbald
nach ihrer Entstehung wieder ab mit Hinterlassung einer weichen,
elastischen, nicht inhltrirten, blassrothen, schuppenden Hantpartie. Die
468
Joseph.
Knätchen der Pitjriasia pilaris waren am Stamm© fast nur punkt-
förmig, etwas grösser an den Vorderarmen und den ersten Phalangen
der Hand, woselbst sie entsprecliend dem daselbst vorkommenden
Haarkreise mebr als Hiraekomgrösse erreichen. An den Vorderarmen
waren sie mehr reibeieenartlg, während aie am Stamme glatt waren.
Die AbflaehuDg ging am langsamsten an den Extremitäten vor sich,
am schnellsten am Stamme, Snbjectiv hatte der Kranke gar nichts
zia leiden, es bestand vor Allem kein Jucken, Arsen hatte auf den
Ablauf der Krankheit gar keinen Einflasa, nur unter Salicylseifen-
pflaster und nassen Ein Wicklungen flachten die Knötchen ab. Mikro-
skopisch war vorwiegend die Epidermie ergriffen. Es handelt sich
somit um einen acuten erythema tosen, in den oberen Cutislagen auf-
tretenden Procesa, welcher theils mit Hyperk erat ose, theils mit Ex-
foliation der Epidermis endigt and vorwiegend die Hantfollikel, zu-
mal die Haarbäige trifft Der Krankheitsverlauf erstreckt sich über
lange Zeit, nach Schwund der Efflorescenzen wird die Haut normal,
und es fehlt jade ernstere Erniihrunge Störung, Die Prognose ist gut.
Vor einiger Zeit hatte Jacquet gute Resultate in der Behand-
lung des Liehen planus durch Douchen erhalten. Er wollte in
14 Tagen bis 6 Wochen Heilungen erzielt haben. Materne (Ann,
de Dermal et de Syph, 1892, Nr, 6) wandte dieses Verfahren eben-
falls an und war erstaunt, bei einer grossen Reihe von Lieben kranken
diese Behandlung nicht erfolgreich zu finden. Es wurde eine warme
Douche von 35 <> genommen; sie wirkte 3 — 4 Minuten lang ein.
G r i n d 0 n (Journ. of cut. and genito-urin. dis,^ Mai 1802) sah
in einem Falle von Liehen ruber einen guten Erfolg von der
tJn n a 'sehen Carbolsublimatsal b e.
Sack (Monatsb* f. pract Dermat. Bd. 14, H. 1) fand in einem
sehr ausgebreiteten Falle von Lieben scropbuloöorum bei einem
2 6j ihr igen Manne, dass die Lichenefflorescenz nichts weiter als einen
miliaren Tuberkel der Haut darstellt, eine Anschauung, welche auch
früher schon Jacob i vertreten hatte. Während aber in dem Falle
des letzteren Beobachters sogar der Tuberkelbacillus nachgewiesen
werden konnte, wurde derselbe in des Verf.'s Beobachtung vermisst,
da hier der Proceas weiter vorgeschritten, and es bereits zur Ver-
kfisung in den Knötchen gekommen war.
Heidenhain (BerL klin, Wochenschr. Nn 14) und Jeasner
(Therap, Monatsb. , Oetober) sehen bei chronischen F u s s-
geachwüren und Ekzemen des Unterschenkels gute Erfolge
von dem Unna'schen Zinkleim verband (Zinc. oxyd.j Gelatin* ana 1Ö,0,
Haut- und venerische Krankheiten*
Glycerin., Aq, desi. ana 40,0). Der VerbaDd kann 4 — 14 Tage liagen
bldben.
I IttmaDn und Ledermann (Arch. f, Derm, u. 8yph» Nr. 3)
haben drei Fälle von Dermatitis lierpetiformis beobachtet und
kommen gegenüber der Meinung einer tteihe anderer Autoren zu der
Ansicht ^ dass die Aufstellung dieser besonderen Kraukbeit gerecht-
fertigt ist. Allerdings ist das von D üb ring zuerst gezeichnete
STmptomenbild durch die späteren Angaben von Brocq, Unna und
den Verff. zu erweitern. Die Impetigo herpetiformis und der Herpes
gestationis werden von dieser Erkrankuug ausgeschieden, und speciell
der Herpes gestationis soll mit ähnlichen Schwan gerschaftsaffectionen
sa einer multiformen, der Dermatitis herpetiformis ähnlicben Qruppe
vereinigt werden.
Den gleichen Gegenstand bebandelt E 1 1 i o t (New York med.
Journal, 28. Mai). Er nimmt für die Entstehung der Dermatitis
herpetiformis in vielen Fällen bXb ursäcMiches Moment starke,
das Nervensystem betreffende Schäden an. Daher betrachtet er diese
Erkrankung als Dermatoneurose. Therapeutiach räth er die Behand-
luDg der ursächlichen nervösen Affectionen und äusserlich Ichthyol.
Kromayer (Therap. Monatsh,, April) geht von der Ansicht aus,
dass die Sycosis idiopathica eine parasitäre Erkrankung ist, und
empfiehlt zu dem Zwecke ausser Epilation und verschiedenen Salben
häufiges Auftupfen von l^^i^igem Sublimatspiritus.
V, Bardeleben (Deutsche med. Wochenschr, Nn 23) empfiehlt
als ausgezeichnetes Mittel bei Verbrennungen das Wismuth
(Bismuthum subnitricum) in Pulverform. Bei grösseren verbrannten
FÜLchen kann man es ana mit Amylum geben. Der Verband kann
sogar 8 Tage liegen bleiben. Die Schmerzempfindung scheint dar-
nack bedeutend herabgesetzt zu sein.
Schuetz (Arch, f. Dermat. u. Syph. Nn 5) gibt ein Facit seiner
ftber 100 Fälle sich erstreckenden Beobachtungen über Psoriasis,
£r konnte die alte Erfahrung bestätigen, da&js Psoriasis in den Ent-
wickelungsjahren, mithin zur Zeit des Wacbsthums des Skelets und
der Muscolatur, der Entwickelung der Spannungsverhältnisse in der
Haut, auftritt, Heredität war stets nachzuweisen. Bezüglich der
Localisation kam er zu dem Besultate, dass Psoriasis im Allgemeinen
keine Korperstelle kennte an der sie nicht gelegentlich auftritt.
Kaoientlich war ein ausschliessliches Befailensein der Streckseiten
470
Joseph.
nicht wahrzunehmen. Recidive kehrten sich im Allgemeinen nicht
streng an die Localieation früherer AnsbrücLe* Wo aber diese
Stellen wiederholt betroffen wurden, war die Pöoriasis von grosser
Harte äckigk ei t Die Aesbreitang war meist symmetrisch, und die
Psoriasis fand sich gern an solchen Stellen, wo die Haut besonders
straff angeheftet war und einen naheliegenden Knochen zur Unter-
lage hatte ^ ebenso wie an Stellen, deren Fläcbenwachsthum gegen
ihr© Umgebung beim Wachsen des Körpers zurückblieb. Besonders
h&üög (elf Male) traf er Paoriasia unguium an. Er unterscheidet
strenge zwischen der primären Nagelerkrankiing durch Psoriasis und
der secundären Mithetheiligung des Nagels. Erstere ist als Psoriasis
der Nagelmatrix, letztere als eine Erkranknng der Nogelplatte infoige
einer im Nagelbette aufgetretenen Psoriasis anzusehen* Erstere ist
ein Früh Symptom. Es zeigen sich an der Lunula des Nagels eine
Anzahl lebhaft roth gefärbter Pünktchen, später folgte dann eine
Tüpfelüug der Nagelplatte. Die secundären Erkrankungen des Nagels
(Trübungen, Längs- und Querleisten^ Verdickungen^ Briichigkeit)
sind dagegen Folgezustände einer psoriatischen Erkrankung des Nagel-
bettes. Der Process beginnt an der unter den beiden Seitenecken
des freien Nageh-andes befindlichen Haut, und erat später treten neue
Herde centralwärts im Nagelbette auf, an den Nagelecken tritt eine
gelbliche, hornartige, später käsige, bröcklige Verdickung der Haut
und der Nagelplatte ein, welche sich nach rückwärts und nach der
Mittellinie des Nagels ausdehnt. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung gelangt der Verf. zu der Erkenntniss, dass das elastische
Organ der Haut bei Psoriasis gleich wie die Zellen selbst zu einer
vermehrten Eotwickelueg gelangt ist. Daher glaubt er, dass die
häufige Heredität der Psoriasis leicht einer Prädisposition zur Last
fallen könnte, welche durch Qine ererbte, anormale Ausbildung des
elastischen Organes entstünde.
III. CirenlatiDnsätöninge]] der Hant.
Eich hörst (Therap. Monatshefte Nr. 8) beobachtete einen Fall,
wo sich erst 10 Tage nach der Einnahme von Antipyrin ein
Exanthem einstellte. Im Gegensatz zu diesem Spätexanthem trat
in einem anderen Falle schon nach einer Stunde ein groasäeckiges
Ezantbeju ein, welches nach einigen Stunden wieder verschwand
und, ohne dass von Neuem Antipjrin gegeben war^ nach 4 Tagen
reoidivirte. Im Vergleich äu dem Prühexanthem gestaltete sich das
recidi Virende Aniipyrinexanthem kleinfleckigen
Haut- und veneriBohe Krankheiten.
H. Fournier (Journ. d. Mal. cut.^ Sept.) beschreibt vier Fälle von
Autipyrinexanthem. In dem einen erfolgte Roseola auf dem
Stamme und den Extremitäten, in dem zweiten Urticaria, in den beiden
anderen ein scarlatiniformes Exanthem.
Caspary sprach im Verein für Wissenschaft Hebe Heilkunde zu
Königsberg (22. Febr.) über Arzneiausschläge. Zun n chat beobachtete
der einen Fall von Antipyrinexanthem^ welches jedesmal nach
der Einnahme von 1 — 2,0 Antipyrin auftrat. Bei einem andern
Kranken stellten sich nach jedesmaligem reichlichem Alkoholgenusse,
genau so wie in eioem früher vom Ref. veröffentlichten Falle, acute
umschriebene Hautödeme ein. In drei anderen Fällen von Antipyrin-
ezaothem wurden jedesmal wenige Stunden bis 2 Tage nach der
Einnahme von 1 — ^2,0 Antipyrin die Lippen resp, die Mundhöhle und
zugleich die Genitalien resp, die Haut um den Anns von vielen
schnell nach einander auf nicht infiltrirtem Grunde an fschj es senden,
in circa 8 Tagen abheilenden Bullae befallen* Femer trat bei einer
jungen Dame nach kleinen Dosen Jodkali jedesmal ein nur lang-
sam weichendes impetiginösea Ekzem an Gesiebt und Vorderarmen
auf. Als Curioaum sei der von Temple mitgetheilte Fall erwähnt,
wo jedesmal bei einem Manne nach kurzem Jodkaligebrauch Roth-
färbung von weissen Haaren und von Seh weiss auftrat. Zum Schluss
gibt er den Rathscblag, bei jedem acuten Ausschhige, bei dem man
nicht eine sieber ausscbliessende Diagnose stellen kann, an Arznei-
exantheme zu denken und nachzufragen.
Walker (Monatsh, f. pract, Dermat Bd, 14, H. 7) sah nach
dem Gebrauche von Jodkali einen Tumor an der Nase entstehen^
welcher etwa 8 mm über das Hautniveau hervorragte und mit kleinen,
talgdrusen ahn liehen Oeffnimgen versehen war. Die Geschwulst wurde
mit dem Messer abgetragen, und es trat schnelle Heilung ein.
Legroux (Ann. de Dermat.^ Febr.) macht darauf aufmerksam,
dass sich die locale, symmetrische Asphyxie der Extremitäten
bei einzelnen Individuen im Anschluss an vorhergegangene Erfriernngen
entwickle.
Elsenberg (Archiv L Dermal, und Syph, Nr. 4) beobachtete
eine 22jährige Patientin, bei welcher Lues (Lebergn mm en etc.) con-
statirt wurde, und wo sich die Raynauid'sche Krankheit (Gan-
graena symmetrica) entwickelte. Die Patientin war sehr elend
und starb. Bei der Section wurde die Diagnose, Lues, bestätigt.
Dam ach fordert diese Beobachtung dazu auf^ in einzelnen Fällen dte
47Ü
Joseph.
Lues als Ursache für diese Erkraokatig ao zuerkennen, und dement-
sprechend seine Therapie früher darauf einzurichten,
Porssberg (Hjgieia^ Jan,) und Bänke (Berl klin. Wochenschr.
Nr, 6) treten an der Hund einiger Beobachtungen für den nervösen
Charakter des acuten u mach riebe neu Hau töd eins ein. Der
Eratere möchte die Erkrankung lieber als periodisches , vasomotori-
acbes Oedem bezeichnet wissen«
Davoli sah einen guten Erfolg bei Urticaria von der Verbin-
dung des Ergotine mit Valenaaa*
Kemwood beschreibt einen sich über mehrere Jahre erstrecken-
den ErankheitsfaU, welcher Mi sc hfonaen von gewöhnlicher Urticaria,
Eiesenurticaria und umschriebenem acutem Eautödem darbot. Unter
Anderem erkrankte auch die Zunge. Ausser Aconitin scbien eine
Mischung von Natrium salicylicum und Kalium jodatum wirksam
zu sein.
Von Quinquaud wird gegen Urticaria em^pfohlen: Chloral 8,0,
Acid. borao. 12,0, Aq. deat. 400,0.
Delboeuf gelang es, eine Urticaria durch Suggestion zu be-
seitigen, dagegen wurde die Urticaria factitia hierdurch nicht be-
einflusst.
Santi (MonatsL L pracL Dermal. Bd. 15) kommt zu dem
Schlüsse, dasfi die als Dysidrosis, Cheiropompholyx und Fe m-
pholyx beschriebeBcn Processe nichts mit Erkrankungen desSchweiss-
dröaenappiirates zu thun haben* Den Cheiropompholyx tasst er als
neuritische Dermatose auf, bei welcher die Läsion der sensiblen
Nerven entweder peripher, wahrscheinlich aber central sitzt Eine
Erkrankung, welche den Namen Dysidrosis verdient, existirt nicht.
Diejenigen Fälle von Hyperidrosis, bei welchen infolge abnorm starker
EpidermisentwickeluDg Schweisaretention eintritt, dürfen unter keinen
Umständen als besondere Erkrankung angesprochen werden, denn
die Dysidrosia ist und bleibt in solchen Fällen nur eine Folge-
erscheinung der Hyperidrosis, die Erkrankung selbst aber ist und
bleibt die Hyperidrosis.
IV. Progressive ErnlilirnngsKtü rangen der Bant.
In einem Fall von Paget'scher Erkrankung der Brust-
drüse sah EUiot (Journ. of cut and genito-urin, dis., Juli 1892)
guten Erfolg von der Behaiidlung mit Fuchsin. Ea wurde verordnet;
473
Bp. Fscfasm. 045,
Aq. BoMe 26^.
Es timt swmr keiiie HeiLiiiig danmtK' ein, aber die Sehmcnoi and
das Jnckoi worden wenigrtaie ertngüdier. In det dicKia Vortrage
6Agaiätia DierwwwiH. wurde alladiBg» Toa anderer Seite di^ Nnt^
loeigkeit des Fudiane beim EpEtheüom becont.
Thibierge (Ann. de Dervat. et de Sjph. Xr. 5) beschreibt
mea sehr seltenen Fall xo/a lekthjoäis corneae aniTersalis.
Die Affection entwickele sich bei emem Kinde im Alter Ton 14 Tagoa.
Zorn üntoschiede Ton anderen TÜlesi seigte sieh die Eropticn aoch
im Gesicht, auf dm Hand- snd Fassracken and an den Gelenk-
beugen der oberen und nnteroi Extremitäten. Al?^ diese Stellen sind
für gewöhnlich rom der Ichthyosis befreit. In dem vorliegenden
Falle waren sie aber gerade Torwiegead Sitz der Erkrankong. Aaf
dem Kopfe bestand Seborrhoe and Alopecia. Ak ein Cnicam is: za
bemerken, dass die Schleimhaas der Mondhöhle afEexrt war acd im
centralen Theil der beidoi Corneae eben£dls ober^achliche Trübangen
■ich befanden.
Bray ton (Joom. of cnt. dii^ April; beobachtete zwei Fälle von
Xeroderma pigmentosum in derselben Familie. Hiena machte
Politxer einige Bemerkongen zor Hiätologie dieser Erkrankong.
Infolge einer starkoi Bindegewebsentwiekelang findet eine Compres-
fton der BlatgefilMe statt. Infolge der Undarteriicis obliterans &ai-
wickln sich atrophiache Stellen and Teleangiektasien. Die ober-
flichHchen UIcerationen entetehen erst secondär infolge einer Infection
von ft«?fF«^»« Im dritten Scadiam entätehen maligne Geschwülste.
ff»™*l constatirte er ein Cylindroma carcinomatodes.
Beferent (BerL klin. Wochenschr. Nr. 20) stellte zwei seltene
Fille von Angiokeratom Tor. Bisher siad nar etwa sieben Falle
in der Litteratnr mitgetheilt. Einmal betraf die Erkrankong einen
19j4hrigen jangen Henschec, welcher seit seiner ä^esten Kindheit
an Frostbeolen litt. Die jetzt sichtbaren Veranderongen begannen
im 1(X liebensjahre. An der Dorsalseite der Finger entstanden
eine grosse Anzahl stecknadelspitxengrosser Blutungen , welche aaf
Dmek ihre Farbe nicht reranderten. An einzelnen SteUen befanden
aeh kleine BlnUingen mit raaher, warziger Oberfläche , welche an
ihrer Basis eine Anzahl Blatpankte enthielten. Indem die Blac-
aastritta entweder isolirt oder in grösserer Zahl combinirt mit den
474
Joseph.
Warzen auftraten, kam ein ziemlich buntes Bild zu Stande. Die
Affection war ungefähr symmetrisch auf beiden Händen vertheilt»
Ebenso waren die Zehen beider Fiisse befalleo. Anatomisch waren
kleinere und grössere Laciinen im Papillarkörper zu sehen. Später
bildete sich darüber eine richtige Warze, und daher hatte Mi belli
die Bezeichnung Aogiokeratom eingeführt. Die Behandlung er-
folgte mit dem Mikrobrenner,
J. Smith (The Lancet Nr. 7) beobachtete einen Neger aus
Jamaica, welcher an Ainhuna litt. Vor 10 Monaten stellten eich
zuerst Schmerzen an der kleinen Zehe des rechten Fusses ein, und
bald zeigte sich hier eine Einschnürung. Keine andere Zehe war
afßcirt. Der Patient hatte grosse Schmerzen.
Die Frage nach der Miiltiplicität primärer Cärüinome
hat in der letzten Zeit besonderes Interesse erregt Wenn schon
das Auftreten mehrerer primärer Carctncme selten ist, so ist dag
Erscheinen derselben an zwei symmetrischen Stellen gewiss beachtens-
werth. Hierzu liefert G. Mandry (Beitn z, klin, Ohir. Bd. 8) einen
interessanten Beitrag. Er beschreibt ein doppelseitiges Carcinom
auf dem Bodon alter Ünterschenkelgeachwiire und als ein Unicum
ein Carcinom beider Ohrmuscheln. Das letztere Vorkommnias scheint
in der That noch nicht beobachtet zu sein, während doppelseitige
Carcinome des Augenlids mehrmals veröffentlicht sind. Verf. glaubt,
daas die Möglichkeit einer directen Uebertragung von Geschwulst*
keimen durch derartige Falle in hohem Grade wahrscheinlich gemacht
wird, zumal es sich hierbei um die Entwickelnng von Carcinomen
auf dem Boden langjähriger Ekzeme und Geschwüre handelt.
Suckliog (The Lancet Nr. 6) beobachtete bei einer 70jährigen
Frau mit zahlreichen Mollusca fibrös a auch eine ziemlich grosse
Geschwulst, welche von der Schleimhaut des harten Gaumens ausging»
Eeferent (Berl klin. Wochenschr. Nr. 8) beschreibt einen
Fall von Hypertrichosia auf pigmentirter Haut bei einem Kinde.
Er hält an einer strengen Scheid an g zwischen der Hypertrichosis
auf pigmentirter and der auf unveränderter Haut fest. Hierzu be-
rechtigte auch die anatomische Untersuchung, Der thierf ellähnliche,
behaarte und pigmentirte Nävus breitete sich über Hals, Bücken,
Brust und den grössten Theil der oberen Extremitäten aus. Thera-
peutisch war die Elektrolyse am erfolgreichsten^ welche zugleich ©in
sehr gutes kosmetisches Besnltat ergab.
I
^
I
I
Emmt' «Bd
475
Alna ( Joam. des Mal. cal« ^r, 3) Keobaditete bei eineoi 28jihrigen
tue eine SchwielenliildQsg an den Händen, weldie nnr im
Winter aafkral «od Bit Begam das Soaunon sieb spontmn znrück-
bildete. Die obenloi Lagen der EpideniiiB wanen an Hinden und
yriafiem gleäeibaiiBi^ ▼erdickt «id ron einem rotbeii Saum nmgebeiL
8§Mim eifasiikten anch Ohren nnd Käse. Die Kigd worden QpA
und gekr&mmt nnd fielen xnm Fr&bjahr ab, nm nene& Fiats an
nacheiL Die Stärke der Scbwiel^ibildang lichtete eich nach der
Kälte. In der Familie n^r schon öfter das gleiebe Leiden Torg^
kämmen. Jede Therapie war nntzlos* Sobald es wärmer wurde
fielen die Homschichten , eine Art Manserongsprocess, ab, oder der
Patient konnte eich leicht die Epidermislagen entfernen.
Lakasiewica (Archiv f. Dermat n. Sjpb. Kr, 1} beobachtete
emen 2Sjährigen Mann, welcher seit 4 Jahren eine grosse Reihe Ton
Oescbwnisten auf seinem Körper hatte. Kd befanden sich a. B, anf
der Streckseite des Oberschenkels 30 hirsekora- bis erbsengrosse,
desgleieben auf dem Unterschenkel ca« 60 solcher Geschwülste. Die
Diagnose wnrde mikroskopisch anf eine Neubildung, welche ans
glatten Mnskeliasem bestand^ Dermatomyome, gesteüt. Dies ist
der erste Fall, der bei einem Manne in jogendlichem Alter beobachtet
wurde. Auch die Localisation der Erkrankung auf der unteren Ex-
tremität unterscheidet sich von den bisher beschriebenen Fällen.
Verf. glaubt, dass die Neubildung von der Mosculatur der Haare^
der Gefas&e und Seh weisadr äsen abzuleiten sei. Es scheint die
BrogDoee durch eine oft spontane Involation sich gunstig zu gestalten,
toi Uebrigen ist conseqaente Arsentherapie anzurathen.
Y. BegressiTe Emälimgsstirmiigea der Havt
Jacqoet und St. Germain (Ann. de DermatoL, Mai) nnter-
achten das E&ckenmark einer Kranken, welche 5 Jahre an Ski er o*
dermie litt. Es fand sich verschied engradige Atrophie der Zellen
.Clar kuschen Säulen,
Irocq (Sitzungsber, der franz. dermat. Gesellseh. vom 14. Januar)
btet von der Heilung eines Falles von streifenförmiger Ski er o-
larmie durch Elektrolyse. Es wurden 14 Sitzungen vorgenommen
mid in jeder Sitzong 12 — IBmal die Nadel eingestochen. Sie blieb
15—25 Seconden bei einem Strome von 6—10 Milliampere liegea.
Bey und Challen^on beobachteten (ibid. Nr* 3) Vi tili go sehr
hiufig bei den Eingeborenen Algiers.
476
Joieph.
Du Castel (Ann, de Dermal, et de Syph., rebr.) beobachtete
einen Kranken, welcher im Alter von 3 Jaliren in einen Keller fiel.
Einige Tage darauf bemerkte man viele weisse Haare auf seinem
Kopfe* Im 8. Lebenajalire zeigten sich Vitiligoäecke. Der Kranke
war sehr nervös. Es bestand heftiger Pruritus an den blassen Stellen
und das Symptom der Digiti mortui. Spater^ im Alter von 12 Jahren j
entwickelte sich eine typische Leukoplakie der MundBchleimhaut.
Kau eher war der Kleine natürlich nicht. Derselbe Autor beobachtete
bei einem Lupuskranken, welcher drei TuberculiniDJectioneii erhalten
hatte, das Auftreten einer Vitiligo, und zwar erschien dieselbe
3 Wochen nach der letzten Injection.
Philippson (BerL klin. Wochenschr, Nr. 3o) beobachtete einen
Fall von Lupus erythematosus mit Gelenkaffection* Derartige
Fälle sind mehrfach beschrieben» Die mit der acuten Verbreitung
der Hautkrankheit parallel gehende acute Gelenkerkrankung kann
den Gedanken einer Infectionskrankheit nahelegen«
Winkelried Williams (Monatsh. L pract. Dermat. Nr. 12)
hatte Gelegenheit, von einem Patienten mit Cutis laxa ein Stück
Haut zu exstirpiren, und war erstaunt, dass dieselbe anatomisch nur
Bohr wenig von der Norm abwioh. Das elastische Gewebe war fast
normah Das collagene Gewebe aeigte viel schmälere, aber zahl-
reichere Bündel als gewöhnlich. Die homogene Substanz war an-
scheinend von weicher Consistenz und konnte leicht aus dem fibril-
lären Netzwerk ausgedrückt werden. Daher findet man tief ein-
gesunkene Falten des Epithels. Die von Anderen beschriebene
myacomatöse BeschaÜenbeit der Haut betrachtet er als einen weiter
vorgeechrittenen Grad des Zubtandes, wie er ihn gefunden hat.
1
VI. Keadtiäclie Dermatosen.
Meltzer (New Yorker med. Monataschr. , Juni) sah von der
wegen eines Pruritus ani verordneten epidermatischen Einreibung
einer 30<fjigen Belladonnasalbe eine charakteristische Allgemein-
vergiftung. Er glaubt, dass die durch ihre besondere Grösse aus-
gezeichneten Drüsen der Analgegend die Resorption von Medioamenten
eher gestatten als jede andere Hauts teile.
Gegen Pruritus vulvae empfiehlt Maiseis Waschungen mit
folgender Mijctur: KaL bromat.^ Lupulin ana 2,0, Oalemet 10,0^ Ol.
OUvar. 30,0. M. D. S. Umt^chutteln,
I
HftQt- nud venerische Krankheiteii.
477
Seeligmann glaubt, dass es sich in fast allen Fällen von
Pruritus vulvae um eine mikroparaaitäre Localinfection handle.
Die Therapie soll vor Allem darauf gerichtet sein, jede mögliche
Quelle einer mikroparagitarenL Infectioo zu auclaen und anazuschalten
(oocolter Diabetes mellitus des Mannes, Hygiene der Bekleidung, des
Closets u. s. w.).
Gegen Pruritus ani empfiehlt Waugh^ Tinctura Benzoäs
aufzupinseln oder, wenn dies zu stark reizt, in folgender Form:
Benzoes 1,5 — 3,0, Hydrarg. ammoniati 1^5, Lanolin 30,0,
Gegen dasselbe Leiden empfiehlt Ohmann-Dumesnil folgende
Verordnung: Hydrarg. bichlorat. 0,03, Ammon. chlorat, 0,12, Äcid*
carboh 4,0, Glycerin 60,0, Aq. Rosar, 115,0, zweimal täglich zum
Waschen.
Kaposi (Archiv f. Dermat. und Syph. Nr. 1) zeigte einen Fall
von Pemphigus foliaceus der Mund Schleimhaut und beginnendem
Pemphigus vegetans circa anum, bei welchem nach 5 Wochen der
gross te Theil verheilt war,
Kirchner (ibid. Nr, 4) beobachtete einen 54jährigen Mann, der
ich seit vielen Jahren fast täglich plötzlichen starken Abkühlungen
esetzt hatte. Während er früher kein besonderes Unbehagen
davon verspürt hatte, stellte sich plötzlich ein lebhaftes Kältegefühl
besonders an den Armen ein, die Schweissabsonderung hörte bald
gans auf, seine Haut wurde gegen Kälte äusserst empfindlich, und
es trat ein sehr heftiges Jucken an den Armen auf* Sehr bald zeigten
h die ausgesprochenen Erscheinungen des Pemphigus, und zwar
ienen die Blasen symmetrisch. Es wurde versucht, die Schweiss-
etion zuerst durch warme Bäder mit nachfolgender Einwickelnng,
ater mit Fliederthee, beide Male ohne jeglichen Erfolg, schliesslich
durch Pilocarpin mit gutem Erfolge hervorzurufen. Als endlich spontan
äcbweisssecretion eintrat, borte auch die Blasenbildung auf. Nach
einigen Monaten stellte sich im Anscbluss an erneute Erkältung
wieder eine Pemphiguseruption ein unter gleichzeitigem, fast vöUigem
ufhören der Schweisssecretion. Dieses Recidiv heilte wieder ab,
hdem starker Schweiss spontan eingetreten war. Später stellte
sich ein Recidiv ein, Verf, glaubt, dass in diesem Falle der Pem-
phigus die Folge einer Erkrankung gewisser Theile des Nervensystems
war. Dafür Bcheint ihm das aymmetriscbe Auftreten des Exanthems
sprechen. Bemerkenswerth war, dass hier unter dem Einfiuss der
alte die SchweisFabsonderung vollkommen aufhörte, und darauf die
Blaseneruption erfolgte» Mit dem Eintritt der Sehweisssecretion
kmch
^BnBg<
_pch i
■bsch
^Bacrel
^Rpätei
478
Joseph .
besserte sich auch der Zustand» Ausser dem FüocarpiD halt Terf.
för wichtig den täglichen Gebrauch warmer Bäder.
Blaschko (BerL kün, Wochenschr. Nr. 4) fand die Triohor-
rhexis als ein sehr häaiges, weim nicht beständiges Anfangs-
symptoni der Alopecia areata.
Ehr mann demonstrirte einen Fall von Alopecia areata, der
nur auf die linke Seite beschränkt war und mit fiemicranie einher-
ging. Nach Faradiaatioo schwanden die Schmerzen, und es sprossten
Lanugoharchen hervor. Desgleichen gelang Blaächko eine Heilung
der Alopecia areata mit dem faradiachen Strom,
Bulkley (Jouro. of, cut. and geuito-uriu. dis., Februar 1892)
empüehlt zur Behandlung der Alopecia areata wiederholte Ein-
reibungen von ÖÖ^J'^iger Carbolsäurelösung auf die kahlen Stellen.
Dies soll eine irritirende Behandlung sein und in ihrem E£Pect jeden*
falls dem Crotonöl, wie es früher schon vielfach empfohlen ist, analog.
Bei allen diesen Empfehlungen vermisst man stets die Angabe, dass
die Alopecia areata auch von selbst heilt.
Staub (Archiv f. Dermat n, By^h, Kr. 2) liefert einen Beitrag
2a dem Sjmpt omenbilde des Herpes atypicus gangraenosas
hystericus, wie er von Kaposi treffend geschildert ist. Die Hr-
krankung betraf ein IGjähriges Mädchen, Die Erkrankung ging mit
heftigen Neuralgien einher und war beim Ausbruch der Eruptionen
von Fieber begleitet. Der Verlauf war ein exquisit chronischer und
erstreckte sich ungefähr auf 6 Jahre. Wie in allen bisherigen Be-
obachtungen, so war auch in diesem Falle eine Frau erkrankt. Meist
sind es hysterische Personen. Merkwürdig war in diesem Falle, dass
die Eruptionen zur Zeit der Menses zahlreicher waren als in der
Zwischenzeit. Charakteristisch waren die mehrfachen Recidive und
das Auftreten von Narbenkefoiden wie bei den meisten schweren
gangränösen Formen.
VIL Parasitäre Derutatoji^e]].
Bei einem infectiösen Erythem, welches sich im Anschluss an
einen ausgebreiteten diphtheritischen Process eingestellt hatte, fand
Finger (Wiener med. Presse Nr, 'dd) eine grosse Menge von Strepto-
kokken, welche ausschliesslich in den Blutgelassen sausen. Er fasat
demnach das in diesem Falle bestandene Erythema paputatum als
bacteriologische Metastase auf, durch Yerschieppung von Strepto-
kokken in die BlutgeHisse der Haut bedingt. In zwei Fällen von
I
Haut- und ▼eneriacfae Krankheiten.
479
idiopathischem Erythema multiforme erhielt er ein negatives Ee-
anltat*
Laennec (Gaz. med. de Nantes) empfiehlt gegen den Herpes
tonsarans folgende Salbe: Acid. chrysophanic, Acid. boric, Acid,
salicyl. ana 2,0, Vasel. flav. ad 100,0.
Gutler (Journ. of cnt. and genito-urin. dis., Oct) wandte eine
Tinctur von Chloral, Carbolsäure and Jodtinctur zn gleichen Theilen
bei einigen parasitären Hautafiectionen ^ Eczema marginatum,
Herpes tonsurans, Pityriasis versicolor, mit gutem Erfolge
an. Auch bei Lupus erythematosus, Liehen mber planus und Chloasma
bewährte sich diese Methode.
Lassar (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21) glaubt, dass die
Pityriasis rosea nicht durch das Trichophyton tonsurans bedingt
sein kann. £r sah sie bei Individaen auftreten, welche Wollkleider,
die lange Zeit in Magazinen aufbewahrt waren, anlegten, ohne sie
vorher gereinigt zu haben* Di© Erkrankung selbst ist gutartig. Er
empfiehlt dagegen Theerbäder und Salicyl- oder Schwefelpasten.
Während man bisher annahm, dass die Pediculi pubis nicht
auf dem Capillitium vorkommen, beobachtete Hei sie r (Archiv für
Dermat. u. Syph. Nr. 4) einen Knaben, dessen Wimpern, Augen-
brauen, Schläfegegend und Hinterhaapt von Filzläusen dicht besetzt
und die Haare voll von deren Nissen waren,
MibeUi (Giom. ital, delle mal. ven. e delJa pelle, Juni) hatte Ge-
legenheit, eine Anzahl Fälle von in den Nägeln localisirtem
Favus zu beobachten. Er fand hier im Wesentlichen dieselben Er-
scheinungen wie auf der übrigen Haut. Die Nagelplatte bewahrte
ihre normale Dicke. Nur am vorderen tVeien Rande und den seit-
lichen Rändern befand sich eine starke hornartige Verdickung, welche
die Li ebUn gas teile für die Vegetation des Favuspilzes ist Ausser-
dem siedelt sich derselbe mit Vorliebe an der Nagelplatte selbst an,
und zwar nur in den oberflächlichen Schichten. Er dringt aber
weder in das Cor i um noch in den Papillarkörper noch in das Nagel-
bett ein*
¥ilf. Chronische Inrcvtlouskrankheiten der Bant.
Hallopeau (Annal, de Dermat., Mai) stellte einen Lepra-
kranken vor, bei welchem die Incubatlon ausserordentlich lange
480
Joseph,
Zeit gedauert hatte. Der Kranke hielt sich im Jahre 1855 14 Mo-
nate lang auf der Inael MartiDiqiie auf, und erst 32 Jahre später
zeigten aich die ersten Symptome der Lepra.
In der letzten Zeit mehren sich die Nachrichten, dass wir in-
mitten Europas Lepraherde besitzen, deren Gefahr keineswegs zu
unterschätzen ist. Als ein Beitrag hiervon ist auch der Vortrag von
Zambaco Pascha (Bull de Mcad. de Müd. Nr. B4, 23, August)
aufsufassen. Er machte auf seinen Streifztlgen durch die Bretagne
die Wahrnehmung^ dass hier die Lepra in ziemlich grosser Zahl
existirt. Allerdinga handelt es sich um milde verlaufende Fälle und
um eine abgeschwächte Form, aber trotzdem ist die Häufigkeit über-
raschend. Weiter glaubt er, daas die Morvan*sche Krankheit eine
leichte Form der Lepra mutilans sei, welche die ersten Stadien der
leprösen Erkrankung nicht überschreitet. Allerdings begegnete diese
Meinntig in der Discussion erheblichem Widerspruche. Indess ist
so viel ricbtigj dass Zambaco Pascha einige Fälle, welche in Paris
als typische Fälle von Morvan'scher Krankheit galten, als sichere
Fälle von Lepra entlarvte.
Looft (Virchow's Archiv Bd. 128, H. 2) untersuchte zwei Fälle
von Lepra anaesthetica und fand in beiden deutliche Verände-
rungen im Rücken marke. Es bestand eine Degeneration der Hioter-
sträuge, im ersten Falle im Halstheil am meisten ausgesprochen,
während der Lumbal theil sehr wenig afficirt war. Im zweiten Falle
war die Degeneration im Lnmbaltheile am meisten aus gesprochen,
der CervicaUheil wurde leider nicht untersucht. In beiden Fällen
war die Atrophie der hinteren Wurzeln sehr stark ausgesprochen,
und in den Spinalgan gl! en gab es eine starke fibröse Degeneration
mit Schwund der raarkhaltigen Nervenfasern und Veränderungen der
nervösen Zellen, In den peripher Ischen Nerven wurde eine chro-
nische Neuritis geftiaden. Diese Veränderungen sind der Tabes dor-
salis, utid zwar speciell der Tabes bei Intoxication^ besonders infolge
von Ergotin, sehr ähnlich. Verf* glaubt^ dass in den Spinalganglien
und den hinteren Wurzeln das primäre Leiden sitzt, während das
Rückenmark nur secundär afEcirt wird.
Belfield (Journ. of cut. and genito-urin, dis., Aagust) empfiehlt
das Jodtrichlorid (JCl^), ein rothgelbliches, in Wasser leicht lös-
liches Pulver, für die Tu bereu lose des Genitaltractus. Er
wendet eine 5^(,ige, wässerige Lösung an und sah gute Erfolge in
zwei Fällen von Tubercalose der Blase, sowie bei einer Epididymitia
tuherculosa.
Haut- und Teneriüche K rar k heilen. 4s]
H. T. Hebra -^Mon. f. pract. DermBi.. Bd. 15. H. 7i Terwao<it.€*
OAB Allylsnlfocarbamid (Thio^iDaiuiri. Z'jr snbcuTaDen lujec-
üon bri Linpns. Diese alkoholiscbeD o^e-r a.:LerischeD ThioslTiamio-
JdFongen -wirken auf das LüpTiBg:evebe seLr nHnsv.g, ein, es stellt sieb
Bce locale fieaction cibne Mitbetbeiligong ';es GesamiutcirgatiiBniiU'
vjL Karben^ewebe wird sehr erweicbt ncd fl tri bei ::eiLa<:bt, e» wird
eitr VerklemeruDg von Drusen tumoren bewirkt, und C rnealtrü bunten
wETOen aTifgebellt.
A- Slsenberg gibt fol^rendes L'rtbeil ür*er die I;ebanölnng
des Lnpns (IT Falle} niittejs dfr.r K i'cb' rih^-n Metbode ab
"Wiener med. R-esBe Xr. 2.: Dies*- Meibo":*: ü^enrifft in gewis^-er
Hinsiciit all e b isber gekannten ßeiia:j 3 : nr. irsn: eiL o :i en D e i L:: j.'XS 'J l '^
2I3X gewissen Einschräzikangen eignen »ch LÜe Foruten des>^.]r>*-ri za
dieKT Beiiandiung. Die Koch'äthe ntLrsiirke:: b*-J]! in ^e: Mnjor'^Äi
der Fillt den Lnpus zwar ni'^ht T^/lLit'. h'jrT fi*- L»?t. mii 'j^iriirp-
K^en llaripulaiioiien conibii-L-t. tiir wiciti^'*; «ii.i:]jä.:t Betf ütiiLg.
indean eie c:e H^ilunz Wrforierr :ll- "T-l Hr:.uLr= vermin a.V£trrt.
Ene rtnsiigfr Wirk:: Tri- wiiric i»ei »jz- L-i:>= Tjz»:^-!*. i-r *:.r:;tl-
g&l!tsLi5e& Farxii de* Ijüi-^ \»^; L-i:i^ irr >:i.r.Ziia-: :*ä wt tiri.
Gua^enF 121 5 äncl-ci fc^ii -.»t: Li_i-s rTT-rirxi^ioris err->"i. Di-
fBfgn «Qcne: Bisb 5«- Jjzzz^ t^tt: ^ifTii &=. wrzirr^r:* f-r :**
£:7^*BciiT H-LLJT-erialrtii- In "iTÄ^ir-'L-iiri. -.tI* :»:. -r Z. = ez. :, tr;:
i 3?r Sit i'fisn*^ Jüissi * tt : : • : : 1: e ! - ::-:£--? v. -rr H* .In r:»r-
wuLi-iä- ^-UBii« ZliI t:c iiaarr^ '^~ L - 1 - = x 1 = : : i * - .- ?i:> 1 r.! rr
A"Bbic»ir;in:5 ii»*r :*b. rifnar- Z'-.'^^ir *r:: i-r,
Sfett F'üle "üjien Tr.e<itin3L ■*--i S:"."i^ '.1:"-.^ :j?& ifr L;:t id
iee iiirrSL ZLrjnsnia T;ti T;':**r'£cL'::i:-l.T- 1 : 7 Zdi" -rrsrn^ -v.ri-
fufi-Tiartfruiiiiae ie la cea:i « ics =:i^if:ieä i:;d*:än-.Tä- Pirj,
PiodcacüuL in. ?n^r«8 aiäiiiia« l^irl - 1- ili Iri:^-* seiner ^ei" iem
Jmrt I3r^ 'jerriehenen ariiviien ^i-^ li;i:v:^r: j_-* i:er ::•* Scro-
482
Joaeph,
phulo-TubercdoBe der Haot und Schleimhäute veröffeEtlicht , die in
hohem Maasee geeignet ist| die allgemeiDo Äufmarksamkeit auf sich
zu leokeD. Nach einer allgemeinen Besprechong der Tuhercutose
geht Verf. auf die Geschichte und ganz besonders die Symptom ato-
logie des Lupus ein. Alsdann kommt er auf die pathologische
Anatomie, die Bacteriologie, Prognose und Therapie zu sprechen.
Ein derartiges Werk hat den grossen Vortheil, dass es uns nicht
nur die Samme der Erfahrungen vorführt, welche der betreffende
Autor an einem sehr grossen Materiale gesammelt und mit den aua-
tomischeD, bacteriologischen, sowie experimentellen Hülfsmitteln sorg-
fältig bis in das kleinste Detail bearbeitet hat, sondern auch dem-
jenigen, welcher auf diesem Gebiete weiter arbeiten will, eine
Zmsammensteliang alles bisher Geleisteten, sowie eine Eiille neuer
Anregungen gibt. Ein Atlas mit 15 chromolithographirten und
photographischen Tafeln, sowie 30 in den Text eingeschaltete Figuren,
ergänzen die klinische, histologische und baoteriologische Beschreibung.
Nicht zu vergessen ist das sehr sorgfältige und vollständige Litteratur-
verzeichniss. Es ist unmöglich, auf Einzelheiten dieses glänzenden
Werkes einzugehen. Das Studium desselben muss jedem, der sich mit
diesem Gegenstande beschäftigt, auf das Dringendste empfohlen wer-
den. Der Preis desselben (30 Frcs,) ist in Anbetracht der grossartigen
Aneatattung und der Reichhaltigkeit seines Inhaltes kein übermässiger.
Marianelli (Giorn. ital. delle mal vener. e della pelle, Juni
1892) berichtet über einen frühzeitig diagno st icirten Fall von Mycosis
fungoides, bei welchem eine Heilung durch coi^seqnent fortgesetzte
subcutane Arseninjectionen gelang.
Steliwagen beobachtete zwei Fälle von Mycosis fungoides.
In dem einen Falle waren auf dem Körper ungefähr 5—600 Tumoren,
welche schmerzhaft waren und beträchtliches Jacken verursachten.
Philippson (Berl. klin, Wochenschr. Nr. B9) nahm von zwei
Fällen von Mycosis fungoides anatomische Untersuchungen von
Nach seiner Ansicht iässt sich im Vorstadinm dieser Erkrankung
bereits auf histologischem Wege die Diagnose stellen. Man £ndet
bereits den Beginn der Geschwulstbildung : ein fläcbenbaft ausge-
breitetes Granulom, hervorgegangen aus den :hxen Bindegewebszellen
durch Mitosenbjldiing, bestehend aus runden, einkernigen und hyper-
plastischen (mehrkemigen nnd Riesen-) Zellen. Daher halt er es
auch nicht für nöthig^ von einem Ekzem als Yorstadium der Mycosis
fungoides zu sprechen. Man darf nur wegen der klinischen Aehn-
lichkeit von einem ekzematiformen Stadium sprechen.
Haut- und veneriflcbe Krankheiten,
483
Besnier (Annal. de Dermat. Nr. S) beobachtete drei Fälle von
Mycosis fongoides, welche manche Besonderheiten darboten« Bei
einer Frau von 59 Jahren verschwandtn die Knoten während des
Sommers, um im Winter wieder zu erscheinen. Bei dem zweiten
Kranken waren die Erscheinungen aussergewöbnüch stark, obwohl
die Affection nur 5 Monate bestand. Hier war besonders die Periode
vor dem Erscheinen der Eruption stark ausgeprägt. Diese Periode
kann sich mitunter über lange Zeit erstrecken^ und zwar beginnt sie
mit Jacken« Dasselbe ist der Behandlung sehr widerspenstig. Diese
Periode dauerte S^l^ Jabre.
Kaposi (Archiv f. Dermat, Nr. 2} beobachtete eine Frau mit
Rhino eklerom des Pharynx, Die Gaumenbögen waren stark ex-
edirt und infiltrirt, die Uvula ganz verloreo gegangen, die beiden
Arcus palato-glossi couliasenartig derbe und grau ulcerös fixirt.
An der Nasen Schleimhaut befanden sich papillomartige Wucherungen
mit verdichteter Basis.
IX. Therapie.
Das froher arg veroacMäaaigte Gebiet der Kosmetik hat in
letzter Zeit mehrere Bearbeiter angezogen. Der erste, welcher hierin
grand legend vorging und einen nach jeder Richtting mustergültigen
Abriss dieses Gebietes schuf, war Paschkis* Ihm folgte vor Kurzem
£ichhoff (Practische Kosmetik für Aerzte und gebildete Laien,
Wien, Deuticke, 1892). Während aber die Kosmetik von Pasch kis
Bich nur an Aerzte wendet, glaubt E i c h h o f f diesen Kreis auch auf
gebildete Laien ausdehnen zu dürfen. Wie uns scheint, mit wenig
Eeebt. In solchen Bearbeitungen muss entweder die Wissenschaft-
lißhkeit f&r den Arzt, oder die Verständlichkeit für das Publicum
Md«D, da dieses nicht den gelehrten Anschauungen des Autors
überall folgen kann. Daher war von vornherein das Beginnen Eich-
hoffs ein wenig ermutbigendes. Trotzdem müssen wir zugestehen,
dass sich Eich hoff seiner Aufgabe mit Geschick entledigt und ein
nach vielen Richtungen bin gutes Buch geschaffen hat. Die Stoff-
vertheilung ist folgende; Nach einem allgemeinen Theile, welcher
sich mit der Hygiene und Pharoiakologie in der Kosmetik befasst,
wird im speciellen Theile die Kosmetik der Haut, der Haare und
Nägel, des Mondes und der Obren sehr ausführlich besprochen.
Eier wird mancher practische Fingerzeig gegeben, üeberäüssig er-
M^heinen uns die letzten Kapitel des Buches^ welche die Kosmetik
der Nase und der Augen behandeln. Weder der Arzt noch der Laie
484
Jo^ieph,
wird sich io einem Lehrbache der Kosmetik nach der Behandlung
der Ozäna oder des Bindehautkatarrhs , der Horohautnarben, der
Mydriasis n. a. w, umRehen, — Viel weniger umfangreich ist die
kleine Broschüre von Saalfeld über Koamefcik (Separatabdrnck
aus den Therap. Mooatsh» 1892), welche dem practischen Arzte ein©
gewisse Anleitung zur Behandlung der in das Gebiet der Kosmetik
fallenden Leiden gehen will Hier wird eine Reihe von Hauterkran-
kungeo, welche zu den kleinen, aber immerhin den Patienten oft
recht erheblich belästigenden Leiden gehörten^ besprochen. Da gerade
diesen kleinen Leiden wenig Aufmerksamkeit in den Lehrbüchern
geschenkt ist, an den practischen Arat aber doch sehr häufig das
Verlangen gestellt wird, sie zu beseitigen, so wird die kleine Arbeit
Saalfeld*B in der That einem vorhandenen Bedürfnisse entsprechen*
In durchaus practiacher Weise gibt der Verf. eine Reihe von Rath-
schlägen, welche sich bereits vielfach erprobt haben.
Die Krankheiten der behaarten Kopfhaut wollte Schiff
(Klinische Zeit- und Streitfragen Bd. 6, H. 7) aus practischen Bück-
sichten gesondert besprechen. Er geht eine grosse Reihe von Er-
krankungen durch und kommt zu dem Schlüsse, dass es auch nicht
eine einzige Affection gibt, die man als idiopathische Erkrankung
der Haut des behaarten Kopfes hinstellen könnte. Unseres Er-
achtens hätte Verh in solch einer kleinen Broschüre die Therapie
ausführlicher besprechen sollen^ dann hätte er dem practischen Arzte
einen giossen Dienst erwiesen. Trotadem wird aber die kleine Arbeit
gewiss manchen Nutzen bringen.
El Hot (Journ. of cut. and genito-urin. dis. , Mai) hatte schon
früher die Bassorinpaste (Rp. Bassorin 48,0, Dextrin 25,0, Gly-
cerin 10,0, Aqua dest q. s. ad 100,0. M, f. pasta) empfohlen. Er
sah unter Anderen besonders gute Erfolge bei der Acne pustulosa,
der Rosacea und dem seborrhoischen Ekzem der nicht behaarten
Theile, Dagegen bewährte sich bei der Psoriasis die mit Chrysarobin
oder Pjrogallus vermischte Paste nicht, während eine lO^^'^igö Galla-
cotophenonpaste gute Dienste that.
8. Kohn (Intern, klin, Rundschau Nr, 45) empfiehlt als Salben-
grundlage das Epidermin, welches aus Bieoenwachs, Wasser
um! Ölycerin zusammengesetzt ist. Es ist eine milchige^ halbflüssige
Musse. Bei Verbindung mit flössigen oder extractformigen Subst
muss es einen Zusatz von Alumen plumosum in der Gewichtsmei
des Medicamentes erhalten*
*
Haut- und Yenerisclie Krankheiten.
485
Stierlin (Coiresp, d, Schweizer Aerzte) empfiehlt das Der-
ma toi bei stark näsäendett Ekzemeo end eolclien UntorscheDke]-
geschwüreti , die sich gegeo Jodoformpmlver oder gegen Salben in-
tolerant verhielten. Desgleichen empfiehlt Wert her (Deutsche med,
Wocbenschr. Nr, 25) bei Verbrennungen nnd bei Ünterschenkel-
geschwüren^ selbst bei ausgedehnten torpiden Geschwüren das
Dermatol Auch Dorn berger (Therap. Monatsh. Nr* 2) sah gute
Erfolge davon bei nässenden, impetiginösen Ekzemen, Rosen thal
(Berlin, klin, Wocbenachr. rCr, 11) berichtet ebenfalls, dass sich das
Dermaiol bei Ulcus cruris meist gut bewährte, desgleichei^ mitunter
bei ulcerirten Sklerosen. Das Europhen erwies sich für die Be*
handlang des Ulcus moUe günstig. Das Jodoform sini aber beide
Mittel nicht ini Stande zu verdrängen. Das Gallacotophonon
scheint als 10%ige Salbe in der Behandlung der Psoriasis ungefähr
dem Ariatol gleich zu stehen, ist also nur für milde Fälle zu em-
pfehlen.
Förster (ibid* Nr. 11) berichtet über einen Fall von Braun-
f&rbung der Haut nach längerem Arsengebrauch, Dasselbe
wurde infolge von Morbus Basedowii für längere Zeit gebraucht.
Uit dem Aufhören der Medication Hess auch die Flgmentirung nach,
tim später bei Verordnung des Arsens wieder zu erscheinen.
Sack (ibid., 10. Oct.) empfiehlt die Radicalepilation auf
elektroly tisch em Wege bei Hypertrichoais.
W e i n b 0 1 d (Pharm. Post) empfiehlt als Frostsalbe; Cam-
phor 10,0, OL Lauri 15,0, üngt. rosat. 75,0.
B. Venerische Krankheiten.
1. (i(»u(»rrlioe und deren Complieatiuneu.
Ehlers (Ann, de Derm.^ Mai) berichtet über folgende merk-
würdig lange Incubation einer Gonorrhoe. Der letzte Coitus
fand am 30. November 1891 statt, erst am 22. December bemerkte
der Kranke geringes Brennen in der Harnröhre, und am 28. December
»eigte sich der erste Eitertropfen, in welchem reichlich Gonokokken
vorhanden waren.
' Beim Tripper änden sich nach den Untersuchungen von
E. Neusser (Wien, med, Presse Nr. 3—5) gelegentiich eosinophile
Zellen; sind sie in grösserer Zahl vorhanden, so kann man eine
Prostatitis verm^then.
486
Joseph.
Vor nicht langer Zeit hatte Wertheim Kur Cultur des öono-
coccus eine Mischung von Meoseheoblatserum und Fleischinfus-
peptonagar empfohlen. Gehhard (Berl. klio. Wochenschr. Nr, 11}
gelang in einer Nachpiiifung und mit geringer Verbesöening der
uTBprüDglichen Methode ebenfalls die Reincultur der Gono-
kokken, Auch die Ueberimpfnng von einer solchen Reincultur
auf die Harnröhre eines gesunden Menschen erlangte wieder eine
typische Gonorrhoe, ans welcher sich wieder Gonokokken ciiltiviren
liessen. Damit ist die pathogene Bedeutung der Gonokokken wohl
endgültig erwiesen.
Goldenberg (Beiträge zur Diagnose und Therapie des
Trippers. New Yorker med. Monatsschr. ^ Jan.) beginnt bei der
Gonorrhoea anterior acuta seine Behandlung, sobald sich die ersten
objectiven Anaeicben des Trippers eingestellt haben. Nachdem der
Patient nrinirt bat» führt er einen dünnen, weichen^ geknöpften Ka-
theter mit vier rückläufigen Oefinungen 1 — l^i^ ^^^^ ^^i*" ^^ ^^^
Harnröhre und irrigirt dieselbe mit einer möglichst warmen Lösung
von Sublimat (1:30000—20000), oder Argentum nitricum (1:2000
bis 1000), oder Kalium permnnganicum (1 : 2000—1000). Nach einer
Weile führt er den Katbeter allmählich tiefer in die Harnröhre ein,
schljesslich bis zum Bulbus derselben, und berieselt so in langsamem,
räckläuiigem Strome die ganze vordere Harnröhre. Bei der hinteren
acuten Urethritis tritt dieselbe Behandlung in ihr Hecht. Mit einem
weichen, dünnen Katbeter fliesst unter massigem Druck die Flüssig-
keit durch die ganze hintere HamFöhre hindurch in die Blase, und
darauf nrinirt der Patient nacli Zurückziehung des Katheters. Auch
bei dem im Gefolge der hinteren acuten Gonorrhoe häufig auftreten-
den Drange und Harnzwang verschafft nichts eine derartige Er-
leichterung, als eine Irrigation der hinteren Harnröhre mit einer
Höllensteinlösnng. Verf glaubt, daas man hiermit zwar nicht aOe,
aber doch fast alle Tripperkranke innerhalb 10—12 Tagen heüeu kann.
Ouiteras (Journ. of cuL and genito*urin. dis.^ April) sah gute
Erfolge von dem Gebrauche des Argentum nitricum bei Go-
norrhoe, dem entsprechend, wie es in Deutschland schon lange
bekannt ist. Er macht Injectionen von starken Lösungen und lasst
in der Zwischenzeit nach jedem Uriniren den Patienten eine Bor-
säurelöaung iojiciren.
Die ßehandJung des Trippers beim Manne (Der ärztliche
Practiker] erörtert Saal fei d in knrzen, aber durchaus practischen
Zügen. Er zeigt hier dem practischen Arzte ^ der nicht Zeit hat.
Haat- nnd Tenerische Krankheiten.
487
mit Specialforscbungen zu beechäftigea , welche grosaen Fort-
schritte wir in der Behandlung der chronischen Gonorrhoe in den
letzten Jahren gemacht habee« So wird auch diese kleine BroBchüre
ikoffentlich mit dasu beitragen, dass von den Aerzten nicht mehr so
viele veraltete Fälle von Gonorrhoe für unheilbar gehalten werden*
Dojcb ein© zielbewusste Therapie kann man hier gute Erfolge
erzielen.
Schwengera hat folgende Therapie bei der chronigchen
Urethritis erprobt gefunden (Monatsh, f* pract Dermat. Bd, 14,
H. 3). Die Pars anterior bringt er iin Endoekop energisch mit einem
:n 25%ige Heeorcin-GIycerinlösung getauchten Wattetupfer in Be-
rührung. In den nächsten Tagen ist ajwar die Reaetion äusserst
heftig, was sich durch Steigerung des Ausüusaes und Auftreten von
grossen, zusammenhängenden, fetzenartigen Filamenten im Harne
mseigt, aber nach 4—5 Tagen ist diese Eeactiou vorüber. Jetzt
beginnt er im Endoskop successive von hinten nach vorn eine
wöchentlich ein* bis zweimalige Aetzung mit 20ö{Qigem Acidnm tri-
chloraceticum. Der Ausfiusa und die Filamente verechwinden nach
Einwirkung dieser Aetzmittel schnell Die Therapie der Urethritis
posterior beginnt er mit einer Einspritzung einer 25%igen Resorcin-
Olycerinlösung vermittels des Ultzmann'schen lojectors. Die Ein-
wirkung ist ziemlich kräftig und äussert sich in den nächsten Tagen
I~ durch lebhaften Tenesmos, starken Drang zum Uriniren und geringen
Ausflosa von Blut, In den nächsten 8 Tagen wird dreimal täglich
Salol gereicht Der E0ect soll oft ein sehr überraschender sein,
»atürlich müssen Strictnren dann noch für sich behandelt werden.
Diese werden mit einem %^on ihm construirten Bougie behandelt,
durch dessen Spiralenzwiscbenräume man die Schleimhaut mittels
eines an der Spitze eines geriffelten Mandrins befestigten Wattebausch-
chens, welches in 20**;^ige Lösung von Acidnm trichloraceticum ge-
taucht ist, tüchtig anätzen kann. Auch hier soll der Erfolg ein sehr
guter sein.
C h o t z e n (Berliner klin. Wochenschr. Nr, 48) empfiehlt dag
Alumnol, das Alumininrnsalz einer Sulfosäure des Naphthols, welches
16% Schwefel in Form von Sulfogruppen und ca. 5% Alaminium
enthält, io 1 — 2";Qiger wässeriger Löaang gegen Gonorrhoe.
Ueber die Frage, wie sich die Zengungsfähigkeit nach
Qberstandener doppelseitiger Epididymitis gestaltet, sind
die Ansichten der Beobachter nicht gleichlautend. Balzer und
ionplet (Ann. de Dermat et de Sjph., Mai) BtoUten 46 Beobach-
iSb
JoBepb.
tungeo doppelseitiger NebenhodenentzünduDg zusammen. In den
friacheu Fällenj welche vor weniger ak 6 Monaten erkraektee, fehlten
die Spermatozoen, wenigst eos war UDter 34 Fällen nur dreimal das
Resultat ein poeitivee. Wo aber die Neben liodenentzündung älteren
Datums, d, h. vor länger als 6 Monaten eingetreten war, fand sich
unter sechis Fällen fünfmal ein positives Resultat. Jedenfalls scheint
hiernach die Prognose nicht so ungünstig zu seio, wie es die Mehr-
zahl der Autoren bis dahin annahm.
Hörig (Therap. Monatsh. Nn 9) empfiehlt zur Behandlung der
Epididyinitiö acuta statt der Heltpflasterstreifen die Compression
der erkrankten Organe mittels 2 m langer und 5 cm breiter Gummi-
bänder, die so gewickelt sein müssen, daas die Stoffbander nach
innen liegen ^ um nachher durch eine Schleife die Binden touren halten
zu können.
Philippson (ibid.^ April) wendet zur Hodencompreasion bei
der Epididymitis eine einfache Flanellbinde an. Die erste Tour
wird aber nichlj wie beim Fri c keuschen Heft pflasterverband, knapp
oberbalb der Hoden, sondern oberhalb der Symphyse angelegt. Dann
folgen die Zirkeltouren* Die Länge der Binde beträgt 3 m, die Breite
3 cm. Ausserdem gibt er zweißtündlich 0,5 Natrium salicylicum.
Während man bisher allgemein annahm, daas der Tripper*
rheumatismuö bei kleinen Kindern nicht vorkomme, beobachtete
B^cl^re (Ann. de Dermat. et de Syph,, Mai, S. 519) zwei Fälle von
blennorrhagiscbem Kheumatisaiuä im Anschluss an die
Urethrovaginitis kleiner Mädchen. Bei einem 5 ^/^ Jahre alten
Mädchen bestand eine Arthritis des linken Handgelenkes mit einer
Sehnenscheidenentzündung der E:!cten8oren* Als Ursache fand sich
eine Vulvovaginitis mit AusÖuhs von dickem grünlichem Eiter. Das
Kind war von eint!m 17jährigen Menschen inEcirt worden. Die zweite
Beobachtung betraf ein kleines Mädchen von 20 Monaten^ welches
von ihrer Mutter, mit der sie zusammen schlief, inEcirt wurde. Hier
bestand eine sehr sclimerzhafte Arthritis des Tibiotarsulgelenkes.
Als Ursache fand sich eine seit 2 Monaten bestehende Vulvovaginitis,
In beiden Fällen wurden übrigens nicht die Neisser'schen Gono-
kokken nachgewiesen. Ein Unterschied zwischen dem Tripperrheu-
matismits heim Erwachsenen und bei Kindern ejtistirt nicht.
Während man für gewöhnlich die Gonorrhoe bei der Frau in
der Urethra und im Cervix uteri localisirt findet, weist We lau der
(Arch. f. Dermat. u« Syph. Nr. 1) nach, dass sich die Gonokokken
Haut' und venerisclie KraiikheHeiu
489
aach in der Vagina localisiren können, falls junge Frauen sich die
Gonorrhoe bei einem der eräten Male, wo sie den Goittis ausüben,
sagexogen haben. Bei alten Prostituirten oder Frauen, welche mehrere
Kioder geboren haben, iät dagegen die Vaginalschleimhaut so atark
verändert, dass hier die Gonokokken einen nngiinatigen Nährboden
Enden«
IL Veneriselie Helkosen.
Unna (Monatshefte f. praot Dermat Bd. 14, H. 12) fand in lüni
Füllen von weichem Schanker einen Streptobacillus, Er war
in grossen Mengen vorbanden, wurde auch lu einigen anderen patho-
logischen Substraten vermisst, eiä werden aber noch keine entachei-
denden Merkmale für öeine Pathogenität beigebracht.
Jullien (Ann, de Dermat., Mai) beobachtete in einem Falle die
Uamöglichkeit, ein Ucus molle weiter als über die dritte oder vierte
Generation zu inoculiren» während man für gewöhnlich annimmt, dass
das Vlrud des Ulcus molle nnbegreozi überimpfbar ist.
Gamel (Journ* des Mal. out. et Bjph.^ Sept.) empfiehlt zur Be-
handlung des Ulcas molle folgende Methode i Watte wird zweimal
täglich mit einer Lösung von Äcid. carbol. crystall. 10,0, Camp bor. 25,0
getränkt uad anf das Ulcus aufgelegt. Die Heilung soll darunter
sehr sclinell von statten gehen.
III. Syphilis,
a. Allgemeiner ThciL
E, Finger hat das Werk des berühmten trauaösiöchen Syphilid
dologen Alfred Fournier: Die Vererbung der Syphilis (Wien^
Denticke) ins Deutsche übertragen und sich damit um die Verbrei-
tung dieses Werkes, welches nicht nur den Specialisten , sondern
mach den practischen Arzt und insbesondere den Hausarzt lebhaft
Interessiren muss, sehr verdient gemacht. Das Thema ist von
Fournier in einer so geistreichen und originellen, dabei aber doch
l Streng wissenschaftlichen Weise behandelt, dass wohl niemand das
buch unbefriedigt aus der Hand legen wird. Selbstverstäadlich konnte
aber einen Forscher von dem Kange Finge r's eine blosse Ueber-
^•etzQBg dieses Buches nicht ititeressiren. Da aber Finger vor
'Kurzem in eicer sehr iutereflsanteo Studie: Die Syphilis als Infections-
krankheit vom Standpunkte der neueren Bacteriologie^ den Versuch
L gemacht hatte, unsere ADSchanungen über die Lues in Zusammen-
ing zu bringen mit den heute gültigen Grundsätzen bei den übrigen
490
Joseph.
iDfectiooakraokheiteo, so musste ea für ihn von groasem Interesse
sein, an der Hand eines sehr grossen, von anderer Seite stammenden
und daher viel objectiveren Materials seine Ansichten bis ine kleinste
Detail zu prüfen. Kein Wunder, dass Finger hierbei in einigen
Punkten von den Ansiebten Fournier*ö abweicht. Dieser abweichen-
den Meinung gibt er in einer Eeihe von Anmerkungenj welche sich
im Originale durch einen anderen Druck sehr übersichtlich abheben,
Ausdruck. So hat das Buch den doppelten Werth, uns mit den An-
schauungen zweier so bekannter Fachleute, wie Fournier und
Finger, bekannt zu machen, und wird daher gewiss allgemeinstem
Interesse begegnen.
Man hatte zwar schon seit langer Zeit gewusst, dass im Yer*
lanfe gewisser Herz- nnd Lungenkran kheiteD sieb eine kolbige Ver-
dickung der Endglieder von Fingern und Zehen, Trommelschlägel-
finger, entwickeln kann. Eine eingehende "Würdigung erhielt dieses
Krankheitsbild aber erat durch Pierre Marie, welcher es als Osteo-
arthropathie bypertrophiaote pneumique beschrieb und scharf von
der Akromegatie abtrennte, Charakteri atiseh ist hierbei die kolbige
Verdickung der Nagelphalangen an Fingern und Zehen mit Ver-
breiterung und Verkrümmung der Nägel, die eine gewisse Äehnlich-
keit mit einem Papageien sehn ab el haben. Das Beiwort „pneumique'^
wurde diesem Processe gegeben, weil die Veränderungen des Knochen-
systems im Zusammenhang stehen sollten mit Erkrankungen der
Athmungs Organe. Vor Kurzem wies nun H, Schmidt (Münchener
med. Wochenechr, Nr. 36) auf eine sehr interessante nnd richtige Be-
Äiehung dieser Osteoarthropathie hypertrophiante pneumique zur
Syphilis hin. Er beobachtete eine 48jähri)Te Frau mit den typischen,
oben beschriebenen Erscheinungen an den Fingern und Zehen, Da
flieh bei ihr Verdachtsmomente für eine vorausgegangene luetische
Infection ergaben, so wurde JodkaHum gereicht. Nach Gebrauch
mehrerer Flaschen hiervon bildeten nich die Trommelöchlägelfinger
2urückf so dass Hände und Füsse kaum noch etwas Ungewöhnliches
erkennen liessen. Später stellte sich noch eine speciÜsche Erkrankung
der Zunge ein, welche auf Jodkalium heilte^ so dass hiemach der
Schluss noch mehr gerechtfertigt ist^ dass die Osteoarthropathie aaf
Sj^hilis beruhte» Ein ähnliches Vorkommniss ist bisher nie be-
obachtet worden. Weshalb allerdings diese Erkrankung so selten
durch das Syphilisvirus bedingt wird, ist schwer zu erklären, viel-
leicht, dass zum Hervorbringen dieser Erscheinungen erst noch ner-
vöse Einflüsse oder andere Momente nothwendig sind.
Haut- und Teneriscbe Krankheiten.
491
Salomoae (Giorn. med, del K. esercito, April) beobachtete an
iwei genaaer mitgeth eilten Fällen die bereits bekannte Thatsaohe,
dass vor Ausbruch dea syphilitiBchen Exanthems eich meist
geringes Fieber einstellt* Oft geht damit eine MilzvergrösseruDg
einher. Das Fieber erscheint zugleich mit den rheumatoiden Schmer-
%en und der beginneoden Ohloranämie.
Fortunato (ibid.) berichtet über einen Fall, wo sich 5 Monate
nach der Infeetion ein Gamma der Scapnta entwickelte. Eine
Heilung wurde erst erzielt, als neben der an ti syphilitischen Cur
dorcb einen chirurgischen Eingriff das cariöae Keochensttick ent-
fernt wurde*
Mae 8 (Jahrbuch d. Hamburg. Staatsanstalten, 2. Jaiirg. 1890)
konnte für den Tj^hus abdominalis dasselbe feststellen, was wir
aoch von anderen Infectionsk rank hei ten wissen, dass nämlich Ty-
phus und Lues sich bei gleichzeitigem Bestehen in keiner Weise
beeinflussen, sondern unbekümmert um einander herlaufen.
Pospelow (Annal. de DermatoL Nr, 2) beobachtete einen un-
sjweifelhaften Fall von Reinfectio syphilitica nach 8 Jabren.
Fournier beobachtete, dass bei Männern sich ebenso wie bei
Frauen die Hysterie unter dem Einflüsse der Lues gleich wie ver-
flohiedener Anderer Intoxicationen entwickeln kann.
Sackur (Berlin, klin. Wochen^chr. Nr. 25) sah eine letal ver-
laufende acute Quecksilbervergiftung, entstanden durch Ein-
reibung von grauer Salbe, Allerdings war io diesem Falle die Haut
erkrankte Wahrscheinlich wirkten in diesem Falle beschleunigend
auf die Hg-In toxica tion die hochgradige Anämie und eine vielleicht
am Arme bereits beginnende septische Infeetion.
Kobert (Deutsche med, Wochenschr, Nr, 26) unteraucbte die
aeit Alters her als Heilmittel gegen Lues bekannte Sarsaparille.
Er fand bei seinen zahlreichen Untersuchungen an Thieren, dass
wahrscheinlich nur das Sarsasaponin das wirksame Mittel dabei
darstellt.
b. Haut und Schleimliaul
C. Sick (Jahrb. d. Hamb. Staatsanstal ten ^ 2, Jahrg.) hat in drei
ffiUeo von Rectum stricturen die sacrale Methode der Rec-
^lonifiizstirpatiou nach Kraske angewandt. Der Erfolg war ein aua-
Bichneter^ da es in den Fällen, wo die Erkrankung über dam
49ii
Josepli,
Anus as&ng, gelang, deo erkraaktea DarmabBchnitt mit Erhaltung
des SphiQCters zu exstirpiren und ein ideales HeilreBuItat zu er-
zielen.
D 0 w d (BuiFalo med, and snrgic. Jouro., Jan.) macht darauf
aufmerksemj dass macniöBe und papulöee iSjphilide mitunter starkeß
Jacken yerursachen, welches ghnlich wie bei anderen Hautkrank-
heiten des Nachts stärker wird.
M a z e t {Journ, des Mal cut. et syph. Nr. 3) berichtet über
einen Fall, wo sich neben dem harten Schanker an dem rechten
oberen Augenlid ein gleicher an der Olans penie befand.
Koehler (Berl klin. Woehenschrift Nr. 30) beobachtete', eine
48jähnge Frau mit den typischen Erscheinungen des Myxödems.
Als sich bei ihr Zeichen von Lues darboten, versuchte man eine
an ti syphilitische Cur, und darunter trat Heilung ein.
Engel- Keim er 8 (ibid. Nr. 14) sah bei einer 34jährigen Frau etwa
ein Jahr nach der Infectiou grosse Hörn platten auf den Warzen
und War zenh Öfen beider Brüste. Ebenso befanden sich über den
Lendenwirbeln und dem Kreuzbeiu zwischen dem papulöaen Syphi-
lid einige kleine halbmondförmig gekrümmte typische Hauthömer,
Anatomisch bestand die Hornmasse aus dachziegelförmig über ein-
ander gelagerten Epidermiszellon. Horr^platten an den Brüsten sind
sehr selten. Hier hatten umfangreiche breite Condylome Anlasts zu
der Hornbildung gegeben, indem eine Hyperplasie des PapiilarkÖrpers
der Keratosö voranging* Dieser Vorgang ist wahrscheinlich deshalb
so selten, weil meist die Zellen der auf den verlängerten HautpapiUen
sitzenden üppig proliferirenden Retescbichten theils infolge der
serösen Durchträukung von unien her, theüa infolge einer oberfläch-
lichen Maceration sehr rasch abgetitoBsen werden.
c Vi ßceral 1 uee,
Herczel (Wiener med, Wochenschr, Nr. 27) erhielt in einem
Falle von hochsitzender syphilitischer Mastdarmatrictnr
einen sehr guten Erfolg^ als die Kranke mittels der Krask ersehen
sacralen Exstirpation openrt wurde,
Fe in b er g (ßarL klin. Wochenschr. Nn ü u. 7) beobachtete vier
Fälle von Diabetes mellitus^ welche unzweit'elhaftj wie sich aus den
Folgen der Therapie ergab, syphilitischen Ursprungs waren.
In seinem ersten Falle, glaubt YqH.^ handelte es sich um eine In-
Haut- und veBerieclie Krankheiten»
493
filtrfttion und Verdickuug der MeningeDf die auf den Sympathicus
nicht ohne Einwirkung bleiben konute* Im zweiten Falle war wohi
die Annahme einer endarterii tischen Erkraukung einer kleinen Ar-
terie, welche die Region des GL ßernard*scheü Stiches versorgte,
berechtigt.
Die von A. Sänger (Zur Kenntnias der Nervenerkrankun-
gen in der Fruhperiode der Lues. Jahrb. der Hamb. Staats-
anstalten, 2. Jahrg.) angestellten Beobachtungen sind nach vielen
Richtangen sehr iDteressant. In dem ersten Falle handelte es sich
nin eine retrobulbäre Neuritis , welche durch eine energische anti-
gyphÜitische Cur geheilt wurde. Besonders bemerk enswerth sind
drei Fälle von peripheren Augenmaskellähmungen auf syphilitischer
Basis. Hier macht Verf. auf ein bisher noch nicht beachietes Sym-
ptom aufmerksam. Es bestand nämlich eine nicht unbeträchtliche
concentrische Gesichtafeldeinacbränkung, Der Schwerpunkt der
Beobachtungen liegt darin, dass durch die Lues schon ganz früh
schwere anatomische Veränderungen im Nervensystem gesetzt wer-
den, und dass es durchaus notliwendig erscheint, die Vorstellung
definitiv aufzugeben, als ob die Lues sich in der Frübperiode ledig-
lich auf der Haut UDd den Schleimhäuten manifestire.
Gray (The Americ. Journ. of the medic, sciencea, Febr.) macht
auf einen Symptomen complex aufmerksam, welcher mit grösster
Wahrscheinlichkeit die Diagnose der intracraniellen Lues
(Gumma der Meningen) gestattet: Kopfschmerzen, welche mit-
unter periodisch erscheinen, und sich öfters im Verlaufe von 24 Stun-
den wiederholen, meist Nachts, seltener Morgens oder Nachmittags
erscheinen. Hiermit geht Schlaflosigkeit einher, und plötzlich hören
diese Erscheinungen auf, es treten paralytische oder convulsivische
Symptome an ihre Stelle. Eine Hemiplegie bei einem Erwachsenen
anter 40 Jahren muss, wenn Traama, Tumor oder Nephritis sich
anachliessen lassen, nach des Verf/s Meinung immer an Lues denken
lassen. Eine alsdann eingeleitete antisyphilitische Behandlung ist
meist von Erfolg begleitet.
Obersteiner (Internat, klin. Kund schau Nr, 4) suchte bei
74 Geisteskranken die Beziehungen der Lues zur progressiven
Paralyse festzuetellen. Es handelt sich bei der Faralysis pro-
gressiva vorwiegend um einen langsam verlaufenden Entzündungs-
process, der zur Sklerose und Atrophie führt, ganz analog der
1, B, in der Leber infolge von Lues auftretenden Sklerose. Daher
494
Joseph*
glaubt er, dase die Paralysis progressiva eine wesentliche Beziehung
zur Lues habe, sie ist den Spätformen der Lues anzureiheo,
R. Kahler (Berl klio, Wocheoschr. I^r. 8) macht darauf auf-
merksam, dass die Muskelsyphilis via! häuBger, ak man gewöhn-
lich glaubt, vorkommt Sie wird leicht wegen ihrer makro- und
mikraskopiacheD Baaart für ein Sarkom gehalten. So war es auch
bei einem 48jährigen Arbeiter, bei welchem sieh eine grosse unter
dem PectoraHe major liegende und unterhalb der Clavicula zurFosaa
aupradaviculariß einen Fortsatz sendende Gaschwulat gebildet hatte*
Das schuelle Wachatbum des Tumors sprach für Sarkom. Bei der
Operation zeigten die Muskeln eine fibrinöse Degeneration und waren
deutlich durchsetzt von eiterig- käai gen Herden, Dieaei eingesprengt
iu anscheinend sarkomatöse Massen, kann man fast als pathognomo-
uiäch für Lues ansehen. Ein Zeichen der Häufigkeit der Muskel-
syphilis scheint dem Verf,, dass er in letzter Zeit drei ähnliche
Fälle auf seiner Abtheilung hatte. Bei dem einen war der Sterao-
cleidomaatoideua j bei dem andern der Quadriceps und bei dem
dritten der Gastrocnemitis betroffen. Zum Schluss wird der Rath
N^laton's wiederholt: Jede Muskelgeschwulst behandle man zunächst
mit autisypbilitischeu Mitteln.
d. HeredUäre Lues.
Dobrn (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 37) glaubt, daas die
Syphilis der Frucht nur bei der Gonception zugetragen wird, und
Sperma sowie Ovulum in dieser Hinsicht gleichartig sind. Ein bei
der Gonception gesund gebliebenes Ei wird auch durch eine post-
conceptionell acquirirte Lues der Mutter ebensowenig inhcirt, wie
vioe versa eine luesfreie Mutter durch die intrauterin lebende syphi-
litische Frucht. Erkraoke die Mutter an Syphilis, so sei sie vom
Vater dtrect inticirt. Das syphilitische Gift überschreite, wie Kas-
sowitz mit Recht behauptet, die placentaren Scheidewände weder
in der Richtung vom Fötus zur Mutter noch von der Mutter aum
Fötus.
Die Frage nach der syphilitischen Natur des Hydrocephalus
internus chronicus der Kinder ist bei Weitem noch nicht gelöst
Heller (ibid. Nr. 26) veröflFentlicht einen sehr sorgfältig beobach-
teten Fall, in welchem sich ein typischer Hydrocephalus heraus-
bildete, nachdem vorher Atrophie infolge einer Enteritis syphilitica
eingetreten und ein syphilitisches Exanthem erschienen war. Durch
eine rechtzeitige antisyphilitische Therapie gelang in diesem Falle
Haut- uDd venerische Kranklieiten.
495
ritoe Heilang, allerditigs traten hier Lues und Eydrocephalua nur
mit massiger Intensität auf. Daher gibt Verf. den durchaus b€*
hersigenswerthen Rath, bei jedem Falle von HydrocephaluB genau
iDamnestiscb und klinisch Dach dem event, Vorhandensein von Lues
kereditsjria zu forschen. Ist die Diagnose auf hereditäre Lues auch
nur mit einiger Sicherheit gestellt, hu ist möglichBt friihe energische
Therapie einzuleiten.
Die Syphilis des Lar^'nx bei Kindern ist sehr selten. Die La-
rynxaffection bei Lues tarda im Kindesalter gehört zu den
grössten Seltenheiten, St raus s (Archiv für Kinderheilk, Bd. 14)
Teröffentlicht drei hierhergehörige Beobachtungeji. Meist ist die
£piglottiö Sitz von schweren Veränderungen, die das Bild einer
Perich ondritis epiglottidea darbieten. Der Process besciiränkte sich
iheils auf eine Schwellung der Epiglottis, theils kam es zu nekro-
tischer AbBtossoDg von Knorpel theilen unter gleichzeitiger üppiger
Granulationsbitduog, Von der Epiglottis dehnte sich der Procesö
auf die Pb'cae ary-epiglotticae aus. Mit Vorliebe zeigt sich der Process
ia der warzigen papillären Form oder als einfache Schwellung,
I
e. Therapie der Syphilis.
Finger (Der acute Jodismus und seine Gefahren in der Syphi-
behandlung. Wiener med. Wochenscbr. Nr. 36 — 38) beobachtete
äinen Fall, in welchem das JodkaHum zu den Erscheinungen des
acuten Jodismus führte, uud die hiermit verbundene Gebirncon-
gestion in entschiedener Weise zur Beschleunigung und Aggravirung
der Symptome der Oehimlues beigetragen hatte. Desgleichen beolo-
achtete er einen Fall von Chorioretinitis syphilitica^ wo nach dem
Genuss von Jodkah'um frische Hämorrhagien in die Retina auftraten.
Daher mahnt er^ bei Erkrankungen im Bereiche des Schädels mit
dem Gebrauche von Jodkalium, weiehes eine starke Congestion er*
saugt, vorsichtig zu sein. Als Prophylaxis des acuten Jodismus em-
pfiehlt sich am meisten die Darreichung des Jodkalium in Milch. Bei
Beginn des Anfalles verabreiche man Natrium bicarbonicum in zwei
Dosen von je 5,0—6,0. Auch Antipyrin oder Chinin erweist sich
m manchen Fällen wirkungsvoll.
Qaudin (L'Europhene en injections hypodermiques dans letraite-
ment de la syphilis. Journ, des* Mal. cutan. et syph,, Jan.) benutzte
eine Losung von Europhen 5,0, OL Amygdalarum 100,0 und in-
jicirte hiervon bis 5 ccm auf einmal etwa alle 5 Tage. Die Injec*
tionen wurden gut vertragen und scbieuen besonders schnell auf die
4%
Joseph.
Spätsjpbüide einzuwirken, während die secnndären Syphilide wenig ^
beeinÜQSst wurden. fl
Bovero (Giom. itaU deile med. vener. e della pelle Nr. 1) em- ^
pflehlt zur Schmiercur statt des üngt. Hydr. einer, lieber Oalomel,
in folgender Form zu verweüden: Rp. Calomel. vap. par, 0,5 — 1,0, M
liftnolin. 3,0, Botyr. Cacao 1,0. ■
A, Renault (Ann. de Dermat. et de Syph. Nr. 1) glaubt nach
Beinen und den in der Lltteratur mitgetbeilten Erfahrungen, dass
man durch die Excision des Ulcus durum weder den Ausbruch
der Lues verhüten kann, noch auch den Verlauf der Lues nailder
gestaltet. Desgleichen sprechen sich Spillmann (Rev. m6d* de
l'Est, Nancy, Jan.) und Gerber (Therap, Monatsh,, Oct) gegen die
Excision des Ulcus durum aus* Sie fuhren einige BeiBpiele der
Wirkungslosigkeit dieser Methode an,
Aubert (Repert de Pharm., IQ. Febr.) wendet gegen die Acne
syphilitica ümachläge von l\iger Sablimatlösung an.
Vor Kurzem hatte Tommasoli über Versuche mit Lammblut-
seruminjectioaen bei Lues berichtet. Er glaubte durch diese
Methode die Syphilissymptome schneller heÜen zu können als auf
jede andere Art, Kollmann (Deutsche med, Wochenschr, Nr, 3G)
berichtet nun über Versuche, welche er selbst vor 2 Jahren ange-
stellt hatte und bei welchen er Serum von Hammel, Kalb, Hund
und Kaninchou benutzte. Eine Widerlegung der Tommas oli'schen
Behauptung bezüglich des überraschenden Erfolges von Lammblut*
seruminjectionen während des secundären Stadiums ist durch diese
Versuche allerdings nicht erbracht, denn während des secnndären
Stadiums injicirte Verf. mit Lammblutserum nur in einem einzigen
Falle und dabei auch nicht mit so grossen Dosen und so häufig wie
Tommasoli. In den Ko 1 1 m a n n'schen Versuchen war die Wirkung
der Seruminjectionen gleich Null und wurde bedeutend durch die
Qtiecksilbertherapie übertroffen. Ebenso zeigten zwei andere Fälle
Recidive, trotxdem beide reichlich mit Quecksilber behandelt waren,
als sich herausgestellt hatte, dass die Seruminjectionen den Ausbruch
der secundären Lues nicht zu verhindern vermochten.
IX.
Augenlieilkniide.
Von Prof. Dr. C. Horstmann in Berlin.
1. Allgemeines, Lehrbücher, Heilmittel, Instrumente.
Die Augenheilkunde hat im Jahre 1892 das Hinscheiden zweier
ihrer Hauptkoryphäen zu beklagen. Am 29. März starb plötzlich auf
seinem Landsitze Joldwyndt, in der Nähe von Dorking, der be-
deutendste Augenarzt Englands, Sir William Bowman, in
seinem 76. Lebensjahre. Die Verdienste desselben erstrecken sich
nicht allein auf das Gebiet der Augenheilkunde, ganz Hervorragen-
des leistete er in der Histologie und Physiologie. Viele seiner Ar-
beiten sind von classischer Bedeutung, von seinen Entdeckungen sind
manche unzertrennlich an seinen Namen geknüpft. In der Augen-
heilkunde sind unter anderen die Arbeiten über die Behandlung der
Thränenleiden, sowie die des Nachstaars zu erwähnen. — Zu Prag
starb am 22. Februar nach längerem Leiden der frühere Professor
an der deutschen Universität, Hofrath Joseph Hasner, Ritter von
Artha, 73 Jahre alt, eine der hervorragendsten Grössen der alt-
österreichischen medicinischen Schule, nachdem er sich bereits im
Jahre 1884 zur Buhe gesetzt hatte. Sowohl als akademischer Lehrer
wie als Augenarzt zählte er zu den bedeutendsten seines Faches.
Publicistisch trat er in ausserordentlicher Weise hervor. Zu seinen
Hauptarbeiten gehören unter anderen die über Physiologie und Patho-
logie des Thränenleitungsapparates , Beiträge zur Physiologie und
Pathologie des Auges, die Grenzen der Accommodation u. A. m.
Von den im Laufe des Jahres erschienenen Lehrbüchern
möge das von J. Hirschberg (Einführung in die Augenheilkunde.
Jahrbuch d. pract. Medicin. 1893. 32
498
HorstmaiiD.
Erste Hälfte. Leipzig 1892, Q, Thieme) zunächst Erwähnung finden,
Dia £intheilung ist oine von den gebräuchlichen Handbüchern etwas
abweichende. Zunächst werden die Augenheümittel, dann die Augen*
Operationen, die Untersuchung der Augenkranken , die Kefraction,
die Accommodation und die Dioptrik des Anges abgehandelt. — - Das
Werk von Vossius (Lehrbuch der Augenheilkunde. 2. Aufl. Leipzig
und Wien 1892) hat in der neuen Auflage eine andere Gestalt er-
halten. Dasselbe ist wesentlich erweitert worden. Die neuesten
Forschungen sind berücksichtigt, eigene Untersuchungen nnd klinische
ErfaUrungeo demselben einverleibt. — Das vortreffliche Lehrbuch
von Fuchs (Lehrbuch der Angenheiikunde. 3. Aufi. Leipzig and
Wien 1893) hat im Verlaufe der letzten 4 Jahre die 3. Auflage er-
lebt. Die ophthalmoskopisch sichtbaren Erkrankungen des Augen-
hintergrundes sind eingehender behandelt, nnd znr Erläutornng des-
selben ist eine Reihe neuer Holzschnitte ein getilgt, ^ Max Knies
gibt eine Darstellung dtr Beziehungen des Sehorgans und seiner Er-
krankungen zu den sonstigen Krankheiten des Körpers und seiner
Organe (Wiesbaden, J* F. Bergmann, 1893). Das Werk kann als Er-
gänzungsband für jedes Hand- und Lehrbuch der inneren Medicin
und der Augenheilkunde dienen und bietet manches Neue in Bezug
auf die Deutung der Aogensymptome bei sonstigen Organerkrankungen
der Körpers. — Hermann Gohn (Lehrbuch der Hygiene des Auges.
Wien und Leipzig 1892) hat seine reichen Erfahrungen über die
Hygiene des Auges in einem Lehrbuch zusammengefasst, in welchem
nicht allein die Fragen der Schule, sondern alle Fragen, welche dieses
Gebiet betreffen, in einer dem heutigen Stande der Wissenschaft ent-
sprechenden Weise enthalten sind.
BoQchard behandelt in einer sehr interessaDten Arbeit (De
Taction vaso-motrice des produits bacteriens, Rec» d'Ophtalm. 1891,
8. 641) die vasomotorische Wirkung der Bacterienproducte.
Bekanntlich haben Masaart und Bord et vor Kurzem nachgewiesen,
daas die Leukocyten in Losungen, welche bestimmte, für sie an-
siehende Froducte enthalten, besonders Bacterieumaesen, die Neigung
besitzen, von den Stellen geringerer Concentration nach den Stellen
stärkerer Concentration zu wandern. Entzündung besteht also aus
drei aufeinanderfolgenden Acten : 1) Dtapedese nach Cohnheim,
2) das Aufsuchen der Bacterien durch die weissen Blutkörperchen
nach Massart und Bordet, 3) die Thätigkeit der weissen Blut-
körperchen als Phagocyten nach Metchnikoff. Ein atis bestimmten
Bacterien dargestellter Stoff (Anektasin) verhindert die Aus wände-
*
Augenheilkunde.
499
rang der weissen Blatkörperchen. Diese VerhinderuDg trat bei
ßouchard's Experimenten auf» sowohl wenn er das Anektasin iü
deo Entzündungsherd 8albst einspritzte, als auch wenn diese Ein-
spritzung an einer von dem Entziindungsherd sehr weit entfernten
Stelle vorgenommen wurde. B o n c b a r d hat nun ferner die sehr
interessante Entdeckung gemacht, dasö ea einen chemischen Körper
gibt, welcher eine dem Anektasiu entgegengesetzte Wirkung besitzt,
also die Auswanderang der weissen Blutkörperchen befördert. Diesen
Körper, welchen er Ektasin nennt, fand er in Kooh'a Tüberculin
enthalten. — Auf Einspritzungen von Tuberculin trat, wie Gale-
xowaki und Boucbard gemeinsam beoh achteten , beim normalen
K&Dinchen stets eine beträchtliche Erweiterung der Gelasse des Seh-
nerven auf, eine Erscheinung^ welche mehrere Tage anhielt. Injicirte
man während dieser Zeit in die Yenen Anektasin, so trat nach einer
Minate Auäoaie der Papille, ötatt der früheren Hyperämie auf. Dieser
Sieg des Anektasins über das Tuberculin dauerte nur eine halbe
Stande, so dass sich die Gefässe des Opticus nach dieser Zeit wieder
erweiterten. Wenn das Anektasin den Austritt von Flüssigkeit und
weissen Blutkörperchen verhindert, so verhindert es auch den Aus-
^tritt von rothen Blutkörperchen ^ macht also Blutungen aufhören.
so blutstillende Wirkung hatte Bouchard Gelegenheit, in acht
fallen an Menschen zu constatiren, und zwar fünfmal bei Hämoptoe
üd in drei Fällen von Darmblutung,
Nach Snellen jr. (Netvliea aandveningen bij naphttalinevergifting.
'Dtrecht 1892) wird das Naphthalin durch den Tractus intestinalis
im Körper aufgenommen und wird durch die Nieren wieder abgeson-
dert. Es entstehen dabei locale Degenerationen der Netzhaut,
^welche bei fortgesetztem Gebrauch die ganze Netzhaut ergreifen,
)ie degenerirten Netzhautelemente zerfallen zu einer kömigen nekro-
tischen Masse, welche wieder resorbirt wird; es tritt Vermehrung
|4er Pigmentzellen auf. Bei schweren Fällen werden auch diePigment-
fcllen Vernichtet, die Wucherung findet allein am Rande des Herdes
attt. Der Process ist also eine Nekrobiose der Netzhaut und keine
Budation zwischen Netzhaut und Glaskörper, oder Pigmentechicht
(Panasj, oder eine Anhäufung von Leukocytan in der Netzhaut
(D 0 r) oder Blutung der Ohoriocapillaris (K o 1 i n s k i). Die Staar-
bildong tritt als eine Secundärerscheinung auf. Das erste Btadiumi
der Bandstrahlen, beruht auf Veränderung des osmotischen Ver*
bUtnisses in und ausserhalb der Linse. Beim Nachlassen der Naph-
thaliiLftitterung, wenn das Kammerwasser wieder normal wird^ und
500
Horst mann.
das osmotische Gleichgewicht hergestellt igt, verliert die Linse wieder
ihre Furchen* Das zweite Stadium ist das der Trübung der hinteren
Fläche der Linse, Diese entsteht an der hinteren Fläche, weil dort
die Emährongflflüssigkeit nicht so schnell erneuert wird wie in der
vorderen Aagenkammer^ wodurch der Naph thalin gebalt dort constanter
bleibt und kräftiger auf die Linse einwirkt.
Darier (Des injections sous-conjonctivaleB de sublim^ en tb^ra-
peatique oculaire. Äroh. d'Opbtaim* Bd. 11^ Nr. ö) empfiehlt, ge-
stützt auf" eine grössere Anzahl zum Theil hier beschriebener Fäll©
aus der Abadie'öcheD Klinik, die subconjuncti vale Injection
von Sublimat in allen Fällen , in welchen die Quecksilberbehand-
lung angezeigt ist, und man dem schnellen Forlachreiten des Leidene
entgegentreten muss. Am besten acheinen die Kerato-Iritiden
beeinäuBSt zu werden, deägleicben auch die Keratitis parenehymatosa
und punctata. Ferner zeigte sich bei Chorioretinitis centralia mehr-
mala rascher Erfolge während dieser bei Opticusatrophien gänzlicb
ausblieb. Auch in vier Fällen von Iridochorioiditis, wo bereits das
eine Auge zu Grunde gegangen^ wurde vergeblich injicirt. Verf.
macht die Injectionen mit einer mit staarnadelähnlicher Canüle ver-
sehenen Prava zischen Spritze, welche in 5^*(pigem Carbolglyceriu
aufbewahrt bleibt, und injicirt ^f^n^^Vio Theilatrich einer Lösung
von 1 : 1(XX3, also wenigstens *;.^p mg. Der Schmerz ist bei Cocain-
anwendung sehr gering, bald tritt aber lebhaftes Brennen auf, und
das künstliche Oedem belästigt noch längere Zeit. Werden die In-
jectionen gut vertragen I so kann man deren vier in 8 — 10 Tagen (seit-
lich von der Hornhaut) machen; wenn dann kein merklicher Erfolg,
80 soll man aufhören. Verf. hat entztindlicbe Chemosis, heftige
Schmerzen und Lichtscheu und auch Hypopyon darnach beobachtet;
wahrscbeinlicb war dann die Spritze nicht aseptisch, oder ea bestand
eine individuelle Unverträglichkeit.
Da Äbadie (Valeur therapeutique des injections mÄdicamenteuses
et sous-oonjonctivaies. Congr, fran^. d'Opht. 1891) bei sympathischer
Ophthalmie guten Erfolg von den intraooularen Sublimatinjectio-
nen zn sehen glaubte, so versuchte er auch bei anderen Augenerkran-
kangen intraoculare Injectionen^ und zwar angeblich mit gutem Resultat.
Sublimat injectionen (1 Tropfen einer Losung von 1 ; 1000) machte er
bei rebellischer, alter, luetischer Affection, bei Intiltration der Horn-
haut mit Mikroben, bei Chorioretinitis ad maculam und Chorioretinitis
diaseminata. GleiehfAlls mit günstigem Resultat injicirte er ,^Ergo*
tinin Parent*^ bei hömorrbagischem Glaukom und Hydrophthalrauß.
I
Augenheilkunde.
501
StilÜDg (Aniliofarbstoife in ihrer AnweDdang. Deutsche med«
Wochenschr, 1892| Nr. 10) beßpricht die in den zwei letzten Jahren
rielfacli erscbieDenen, dem AniliQ güDgtigen und ungiiniätigen Arbeiten
and hält seine anfäGglicb au^geBprochane Ansicht, dass das Pyo-
ktanin bei richtiger Technik Eiternog coupirt, vollkommen aufrecht*
Der Einwand Lieb reichte, dass das Mittel kein chemisch reines sei,
ist nunmehr auch unbegründet. Das besonders für das Auge ttets
empfohlene Aethytpyoktan in ist das zueri^t von Fischer dargestellte
salzsaure Salz des HexaätbjlpararoeaniHnSj „ein durchaus wohl-
definirter, chemisch reiner und con8tant«?r Körper^» Seit längerer
Zeit wird aber auch reines Hexumethylrosaniliö von Merck als
Pyoctaninum caeruleum crystalltsatiim dargestellt. Es ist etwas
theurer, als das gewöhnHche Pyoktanin. Der Erfolg der AnwendiiDg
hänge hauptsächlich von der Art der Anwendung ab. Die vielen
günstigen Besultate bei schweren Horühaatafiectionen ^ grossen Ge-
schwüren und weniger günstigen bei leichter, noch mit gesundem
Gewebe bedeckter Hornhautentziicdung beweisen, dass das Mittel
vollkommen verlässlich sei, wo es auch ausgiebigen Zutritt habe zu
den eiterigen Partien, wo eine intensive Blaufärbung möglich sei.
Fr ö h li ch (Eesorcin als diagnostischer Farbstoff, Arch. f. Augen-
heiik, Bd. 25, S. 318) empfiehlt das B es o rein zum Diagnosticiren
des Bestehens und der Ausdehnung von Hornhautgeschwaren, Ein
Tropfen Resorcinsäure in 10 — 20%iger Lösung auf die Cornea ge-
traufeit, bewirkt, dass das bedeckende Thränensecret röthlich gefärbt
ist. Nach wenigen Augenblicken erscheint die Hornhaut wieder farb-
los. Ist letztere aber nicht intact, linden sich in ihr Epitheldeiecte,
von leichtesten Lockerungen bis zum Ulcus, so werden diese hellroth
gefärbt. Reizung der Hornhaut oder der Bindehaut, sowie Schmerz-
geföhl treten nicht auf.
t, Anatomie und Physiologie.
Garnier's Untersuchungen (Zur Frage über den normalen und
pftthologiöchen Zustand der ZonuJa Zinnii, Wjestnik Ophth. 1891,
lr-3) fahren ihn zu folgender Aneicht über den Bau der Zonula,
Sie ist keine Membran, sondern besteht aus einem FEisergefiecht,
Den hintersten Fatiern liegt der Glaskörper an und verdeckt die
Spalten desselben. Der Fe ti tische Kanal existirt nicht. Der Glas*
ist mit der Ora serrata innig verbunden. Von der Limitans
Btama erhält der Glaskörper bloss feinste Fäserchen. Der vordere
502
Horatmfltm.
Theil des Glaskörpers hat keiDe Membrana byaloidea; an ihr obers
Blättcben legen sich die hintersten Fasern der Zonula. Die Fase
der Zonula sind aus Bündeln feinster Fäserchen gebildet. Sie siilü
mit dem Epithel und dem Subepithelialgewebe des Ciliarkörpers eng
verbunden. Auch die Membrana limitans interna, die im Epithel
des Ciliarkörpers endigt, nimmt an der Bildung der Zonulafasern
Theil. Die feinen Wurzelfäserchen treten zu dickeren Fasern zusammen,
die bei der Anbeftung an die Kapsel wieder in Büschel zarter Fäser-
chen zerfallen. Die Kapsel ist an der An beftungss teile der Zonula-
fasern verdickt. Garnier unterscheidet folgende Faserarten:
1) Fibrae orbiculo-anterio-capsulares, 2) Fibrae orbiculo-posterio-
oapsulares, 3) Fibrae cilio-cupsularea und 4) Fibrae cilio-aequatoriales
(an Kinderaugen). Die erateren beginnen auf der Ora serrata orbicuti
ciliaris und endigen zusammen mit dem obersten Blättchen des Glas*
körpers, an der hinteren Linseukapseh Die zweiten sind die dicksten,
entspringen auf dem glatten Theile des Ciliarkörpers und endigen
an der Vorderkapsel, Die dritten beginnen an den Flächen und den
Seiten der Ciliarfortsätze und kreuzen sich, zur hinteren Kapsel
ziehend, mit den zur Yorderkapsel ziehenden Faaeni. Die vierten
ziehen von den Gipfeln der Ciliar Fortsätze zum Linsenäquator, Mit
dem Alter schwinden die meisten dieser letzteren Fasern,
Bei der Beobachtung von der Fläche der mit Höllenstein*
lösung behandelten vorderen Linsenkapsel des Frosches,
des Kaninchens und des Menschen zeigten sicb^ wie Barabascher
(Beitrag zur Anatomie der Linse, v. Graefe's Arcb. f, Opbtlialm.
Bd, 38, Nr. 3, S. 1) feststellte, in verschiedenen Netzen über ein-
ander liegende Mosaiknetze» Dieselben werden von den Gontouren
der Epithelzellen gebildet, die ihre Fortsätze über einander herscbieben.
Das Bestehen der Mosaikbilder wird durch das Vorhandensein der
Fortsätze von Epitbelzellen vollkommen befriedigend erklärt. Auf
Querschnitten der mit Höllenstein behandelten Linsenkapsel stellen
eich die äusseren, wie die inneren Zellcontouren als eine schwarze^
etwas zackige, stellenweise unterbrochene Linie dar. Auf der hinteren
Kapsel gibt es drei Arten von Figaren: Eeagensniederscbläge (durch
Einwirkung des Argentum nitricum], durch Flüssigkeitsaustritt aus
der Linsen Substanz gebildete Figuren und Abdrücke der verbreiteten
Enden der Linsen fasern.
Nuel (De la vascularisation de la choroide et la nutrition de
la r^tine principalement de la fovea centralis, Arcb. d*Ophtalm.
ijm. 1
AngenheilkuDde. 503
Bd. 12, Nr. 2) beschreibt die Gefässvertheilung der Aderhaut
in ihren verschiedenen Abschnitten, welche ihm in der Arbeit Sattler's
etwas zu schematisch gehalten zu sein scheint. Am geeignetsten
zur Untersuchung sind Augen, welche wegen eines Fremdkörpers in
ihrem vorderen Abschnitt enucleirt wurden, und wo es noch nicht
ZQ plastischer Exsudation in der Aderhaut gekommen ist. Hier sind
die Gefässe stark gefüllt, und das interstitielle Oedem lässt die ein-
zelnen Schichten auf das Deutlichste hervortreten. Gegen die Ora
serrata hin vermindert sich die Zahl der grossen Gefässe, umgekehrt
gegen die Macula lutea hin, wo sie eine ununterbrochene Lage bilden.
In der Schicht der grossen Gefässe überwiegen die Arterien, in der
der kleineren die Venen. Das zwischen den Gefässen befindliche
lamellöse mit Endothelien überkleidete Gewebe, welches dazu dient,
die Verschiebung der Aderhautschichten zu ermöglichen, verdichtet
sich gegen die innere Aderhautfläche und besonders gegen die Macula
lutea hin immer mehr. Hier nehmen auch die kleinen Gefässe und
Capillaren bedeutend zu, und an der Fovea centralis finden sich feinste
Gefässe venöser Structur und Capillaren in so gosser Zahl, dass die
Chorioidea hier dicker als an irgend einer andern Stelle ist. Gegen
den Opticuseintritt hin macht sich das umgekehrte Verhältniss geltend.
Diese Gefässanordnung bezweckt vorwiegend die Ernährung der
äusseren Netzhautschichten, und die Fovea centralis bezieht ihr
Nährmaterial ausschliesslich aus dieser Quelle. Die Chorioidealgefässe
dienen also der photochemischen Function der Netzhaut^
während die eigenen Gefässe der letzteren nur die Ernährung im
allgemeinen Sinne vermitteln. Bei den pathologischen Veränderungen
der Macula lutea spielt die Gefässvertheilung eine grosse Rolle.
Hebold (Die Sehnervenkreuzung beim Menschen. Graefe's
Archiv f. Ophthalm. Bd. 38, Nr. 1, S. 211) untersuchte an Quer-
schnitten und mit We ig er t- Pal -Färbung zwei Chiasmapräparate,
gewonnen von Menschen, die längere Zeit vor dem Tode ein Auge
eingebüsst hatten. Er hält demnach das Chiasma nicht mit Michel
für einen Knotenpunkt für die Degeneration, sondern ist der Ansicht,
dass dieselbe über das Chiasma hinausgeht. ^ Jeder Sehnerv setzt
sich aus zwei grossen Faserbündeln zusammen, von denen das eine
ans dem rechten, das andere aus dem linken Tractus stammt.^' Er
kommt zu diesem Schlüsse aus der Betrachtung einer Beihe von
Querschnitten, an welchen die normalen Fasern und die atrophirten
deutlich zu verfolgen sind. Er sieht den Grund für MichePs An-
nahme der Totalkreuzung nicht wie Singer und Münz er in der
504
Horstmann.
auöschliesslichen AnwenduDg der We ig er fachen Färbung, sondern
in dem Umstände der alleinigen Unterauchung von HorizontÄl-
schnitten.
Die hellen Streifen auf den Venen der menschlichen
Netzhaut entstehen nach Di mm er (üeber die Reflexstreifen auf
den Netzhautgetfassen» Ben d. 2 h Vers, der ophth, Ges. 1891, S. b)
durch Reflex an der vorderen Fläche der Biutsäale, denn die Breite
des glänsendea Streifens entspricht vollkommen der Breite, wie sie
nach den Ergebnissen der Reclinting und dea Experimentes bei der
Reflexion an der vorderen Fläch© der Blufrsäule an den Gefässen
erwartet werden muss. Ihre Farbe ist rein weiss, wie bei den Ver-
suchen mit dem küDstlichen Auge. Die Breite der Refle^cstreifen auf
den Venen des Hundeauges nach der Unterbinduog des OpticuSj also
bei gehemmter Circulation, entspricht vollkommen der Breite des
Reflexstreifens im MenscbentiDge. Auch wechselt die Breite der
Streifen mit der Weite der Pupille. Die hellen Streifen auf den
Arterien der menschlichen Netzbaut sind der Ausdruck des Axen-
Stromes, da dieselben viel zu breit sind, als dass sie durch regel-
mässige ReÖexion des Lichtes an der vorderen Fläche der ßlutääule
hervorgerufen werden könnten. Ihre Farbe ist sehr deutlich roth,
da das vom axialen Theile des Blutcylinders retiectirte Licht die
periphere, uns roth erscheinende Schicht des Blutes passiren muas.
Sie erscheinen in ihrer Breite ganz analog den hellen Streifen auf
den Netzhautgeiässen des Hundes.
Zur Widerlegung der Behauptung von 8cbo eller und Fick,
dass eine ungleiche Accommodation vorkomme, führten Hess
und Neu mann (Messende Versuche zur Frage nach dem Voi kommen
ungleicher Äccommodation bei Gesunden, v. GraetVs Archiv ftir
Ophthalm. Bd. 38^ Nr, 3^ S, 184) eine Reihe von Messungen an sich
selbst aus und fanden, dass ihre emmetropischen Augen nicht im
Staiide waren» eine künstliche Refractionsdifferenz von ^i^— '[q Dioptrie
im Interesse des Deutlichsehens mit beiden Augen durch ungleiche
Äccommodation auszugleichen, selbst dann nicht, wenn die Bedingungen
für eine ungleiche Äccommodation sehr günstig waren. Das Interesse
am DeuUtchsehen hatte nach ihren Versuchen keinen merklichen
Eiufluss auf die Grenzen, innorbalb deren mit beiden Augen gleich-
zeitig scharf gesehen wurde.
Greeff (ünterauchangen über binoculares Sehen mit
Anwendung des Her in gesehen Fallversuchs. Zeitschr. f, Fsjch. u.
Augenheilkunde. 505
Physiol. d. Sinnesorgane Bd. 3, Nr. 1, 1892) hat nach dem Princip
des Her Inguschen Fallyersuches einen einfachen Apparat construirt,
bei welchem die Fehler, die von Benders und seinen Schülern an
den Hering'schen Versuchen getadelt wurden, vermieden oder auf
ein Minimum reducirt sind. Der Apparat ist ferner so eingerichtet,
da£9 auch in grösseren Entfernungen Binocularsehen und Tiefen-
wahrnehmuDgen geprüft werden können. Es ergaben sich folgende
Gesetze: Binocularsehen ist auch in solchen Entfernungen noch
möglich, bei denen Convergenz der Sehaxen und Accommodation nicht
mehr in Frage kommen. Bei grossen Entfernungen muss zur richtigen
Tiefen Wahrnehmung der Tiefenunterschied in ganz bestimmtem Ver-
bältniss zur Entfernung zunehmen. Der minimalste Tiefenunterschied,
welcher zu einer richtigen Tiefenwahrnehmung nothwendig ist, ent-
spricht offenbar einer ganz bestimmten Strecke, um welche, bei Ein-
stellung auf einen Gegenstand, das Bild eines anderen Gegenstandes
von der Macula lutea entfernt fallen muss. Diese Strecke auf der
Netzhaut Jässt sich berechnen. Bei durch Prismen parallel gestellten,
auch bei divergenten Sehaxen, so lange die Doppelbilder sich ver-
einigen lassen, ist binoculares Sehen in vollem Maasse vorhanden«
£8 ist erstaunlich, um wie viel die Sehscliärfe eines Auges herab-
gesetzt werden kann, ohne dass der binoculare Sebact gestört wird-
Ganz verschwommene Bilder genügen. Dasselbe gilt von den An-
ifiometropen. Bei Schielenden konnte weder vor noch nach der Ope-
ration so vollkommenes binoculares Sehen erhalten werden, dass der
Heriog'sche Fall versuch bestanden worden wäre.
S tader ini (üeber die Abflusswege des Humor aqueus. v. Graefe*s
Archiv f. Ophthalm. Bd. 37, Nr. 3, S. 86) hat eingehende Unter-
suchungen über die Abfiusswege des Humor aqueus angestellt.
£r operirte meist mit Tusche und feinstem Zinnober und einer
Pravaz'schen Spritze. Die brauchbarsten Resultate gaben die In-
jectionen mit Tusche. Er kommt zum Schlüsse, dass Schwalbe's
und Waldeyer's Ansicht, dass eine offene Verbindung zwischen
Kammerraum und Blutgefässen existire, bestimmt unrichtig sei; im
Fontana'schen Kanäle finden sich anatomische Einrichtungen und
physikalische Bedingungen, welche den Abfluss von Humor aqueus
durch Filtration in venöse Blutgefässe an der Corneoscleralgrenze
ermöglichen und unter normalen Verhältnissen in ausreichendem
Ifaasse sicherstellen. — Nach seinen Befunden scheint die Annahme
begründet, dass vom Fontana'schen Räume ausgehend feine Spalten
in das Gewebe der Sclera hineinführen; sie folgen zum Theil dem
50G
Horstmaiin.
Verlaufe der tieferen Venen an der Corneoscleralgrenze» zum Theil
verlieren sie sich im Gewobsspaltensystem der Sclera. Auch die
Betbeiligung der Iris an der Kesorption corpusculärer Elemente ans
der vorderen Kammer ist nach seinen Versuchen nicht zu bezweifeln«
Endlich konnte festgestellt werden, dass Physo stigmin die Resorption
aus der vorderen Kammer in erheblichem Grade befördert, Atropin
verzögert.
Hering (Ueber Ermüdung undErbolung des Sehorgans,
V. Graefe's Archiv f, Opbthalm. Bd. 37, Nr. 3, S, 1) bespricht ein-
gehend und widerlegt die von Fick und Gürber in ihrer Arbeit
,,Ueber Erholung der Netzhaut^ aufgestellten Erklärungsversuche,
wonach die beiden Forscher den Grund der Unermüdlichkeit des in
gewöhnlicher Weise benutasten Auges in den Bewegungen desselben
socbten; die Augenbewegungen sollen den Blut- oder Lympbstrom
fördern, die Ermüdnngsötoffe der Netzhaut fortschaffen und neue
Nährstoffe zufuhren* — Hering hat die Versuche^ welche dies be-
weisen sollen, nachgemacht, zweckmässig verändert und eigene ein-
fachere Versuche angestellt und beweist vollends, dass es nicht die
Augenbewegungen als solche sind, welche die Ermüdung des Auges be-
seitigen, ebensowenig der Lidachlag oder die Accommodation. Hering
zeigt vielmehr, dass die negativen Nachbilderj wie sie bei den Ver-
suchen entstanden, nicht einseitigerweise nur als Ermüduuga-
erscheinungen, sondern zu einem grossen Theile als Erkolungaerschei-
nungen aufzufassen sind, Der Verlauf dieser Erscheinung ist ent-
gegen der Hypothese Eick's nnabhängig von Augenbewegungen,
Lidschlag und Accommodation, die innerhalb weiter Grenzen be-
stehende Unermüdlichkeit des Sehorgaos beruht im Wesentlichen
auf einer Art Selbststeuerung des Stoffwechsels in der lebendigen
Substanz des somatischen Sehfeldes. Dieses wird nach Hering von
den Netzhäuten , den Sehnerven und den zugehörigen Hirntheilen
gebildet, zum Unterschiede des psychischen Sehfeldes, welches in
jedem Augenblicke aus der Gesammtheit der räumlich ausgedehnten
Gesichtsemphndangen besteht.
B* R^rractionv and Ai'eoniiaodationsaQomalien.
Anstrengendes Nahegehen, wie es durch mancherlei Be-
schäftigung, vornehmlich aber durch Lesen and Schreiben bedingt
wird, ist nach Po eller (Experimental Beiträge zur Myopiebygiene,
Arch. f. Hygiene Bd, 13, S. 335) vom Standpunkte der Myopiehygiene
aus in der Hegel nur dann als zulässig anzusehen, wenn es nicht
Augenheilkunde. 507
über die Zeitdauer von ^j^ — 1 Stunde ununterbrochen geübt wird.
Bei mehrstündiger Dauer solcher Thätigkeiten sind nach je längstens
3/^ Standen Erholungspausen von etwa ij^stündiger Dauer geboten.
Der Brillengebrauch ist beim Nahesehen auf das Nothwendigste zu
beschränken.
Herrnheiser (Die Refractionsentwickelung des menschlichen
Auges. Prager med. Wochenschr. 1892, Nr. 19 u. 20) hat Re-
fractionsbestimmungen an 13000 Augen vorgenommen. Das
Auge der Neugeborenen fand er stets hypermetropisch , im Durch-
schnitt betrug der Grad der Hypermetropie 2,32 D. Zwischen dem
1. und 6. Lebensjahre waren schon 40'o myopisch, von nun an wuchs
die Zahl der Kurzsichtigen und der Grad der Myopie. Herrnheiser
kommt zum Schlüsse, dass die Menschen ausnahmslose als Hyper-
metropen geboren wt^rden; mit zunehmendem Wachsthum nimmt die
Länge der Augenaxe zu. Je mehr Nahearbeit dem Auge zugemuthet
wird, um so grösser ist die Gefahr des Auftretens von Myopie bei
bestehender Disposition zu derselben. Nach dem 20.— 24. Lebens-
jahre, zu welcher Zeit die stabile Einstellung im accommodations-
losen Zustand erreicht ist, treten selten Aenderungen im Refractions-
lostande ein ! Nur im Greisenalter wächst der Procentsatz der Myopie.
3400 Messungen von Orbitae bestätigten die Stillin g'sche Hypo-
these nicht.
Rymsza (Vergleichende Untersuchungen über den Zusammen-
hang zwischen dem Refractionszustande der Augen und
dem Schädelbau. Inaug.-Diss., Dorpatl892) untersuchte die Refrac
tion einer Reihe von Esthen, welche zu den Breitgesichtern gehören
and eine niedrige Orbita besitzen, und fand, dass bei ihnen der
Procentsatz der Myopen nicht grösser, sondern kleiner ist, als in der
Bevölkerung Westeuropas. Die Ursache der Entstehung der Kurz-
sichtigkeit ist also keineswegs vom Schädelbau und der Form der
Orbita direct abhängig, sondern bleibt verknüpft mit den vermehrten
Anforderangen, welche die modernen Cultur Verhältnisse an die Augen
stellen. Offenbar ist es die andauernde Beschäftigung beim Nahe-
sehen, welche den Langbau des Auges begünstigt, und hierbei dürfte
die Convergenzmusculatur eine der massgebend sten Rollen spielen.
Der Einfluss der Obliquus superior ist demgegenüber minderwerthig,
und jedenfalls steht die Verlängerung der Sehaxe bei Myopie in
keinem Abhängigkeitsverhältnisse zum Seh fidelbau.
Fakala (Ueber die Ursache der Verbesserung der Sehschärfe
bei hochgradig myopisch gewesenen Aphaken. Archiv f. Augenheilk.
508
HorstmanD«
Bd. 24, S. 161), welcher bei einer Eeihe von hochgradigen Myopen
die Disciaion ausgeführt hat, fand^ dasB sich danach die SehBcharfe
derselben verbessert hatte. Die Ursache dieses Verhaltens führt er
auf die veränderte Lage des zweiten Knotenpunktes zurück, welcher
weiter von der Nbtzhaut zu liegen kommt ^ wodurch die Gegen-
stände grösser und näher gerückt erscheinen. Ausserdem constatirte
er, dass bei seinen Myopen der B rech wert h des Auges infolge der
Aphakie im Durchschnitt um 15,5 D. herabgesetzt wurde. Auf Grund
dieser Thatsache Ist er der Ansicht, dass bei höchstgradiger Myopie
ausser der Axen Verlängerung auch noch ein erhöhter Brechwerth
der Linse — im Dnrchöcbnitt um die Hälfte mehr, als der der
Emmetropen — ' einen bedeutenden Aatheil an der Ursache der
Myopie bat.
Das Wegfallen der Accommodation bei höchstgradigeu
Myopen ist nach Fukala (Der schädliche Einfluss der Accommodation
auf die Zunahme der höcbstgradigen Myopie, Berl. klin. Wochensclir.
1892, Nr. 23 j nicht ein Nachtbeil, sondern ein wesentlicher V ortheil, weil
der Gebranch der Acconjmodatiou &olchen Augen dadurch Scbaden
bringt, dass die Myopie infolge der drucksteigernden Wirknng der
Accommodation zunimmt,
V acher (Traitement de la myopie progressive choroidienne. See,
d*Opht. de Paris 1891 , 3. Nov.) empfieblt wieder auf Grund von
sieben von ihm operirten Fällen die Ex tr actio o «ler ungetrübten
Linse bei hocbgradiger progressiver Myopie (cf. Soc, fran^, d'Opbt.
1800, 7. Mai, Discusdion). Während die von Fukala zu dem gleichen
Zwecke dihcidirten 22 Fälle aämmtlich im Älter unter 20 Jahren
waren, hatten die meisten von Vacher operirten Patienten bereits
das 30. Jahr überschritten. Vacher empfiehlt; die Extraction im
Gegensatz zur Discision, äülbst bei jiingeren Individuen, Die Seh-
schärfe soll durch die Operation stets gebessert sein. Vacher ist
der Ansicht, dass durch seine Operation das Fortschreiten der Myopie
aufgehalten nnd späterer Netzhautabiübung vorgebeugt werde«
4. Anomalien der Mnäkeln nud Nerven.
Parinaud (Etiolugie du ötrabisme convergent. AnnaL d'OcuL
Bd. 106, S. 321) behauptet, dass die Theorie der congenitalen
Muakelinsttfficienz auf einem Irrthum beruht. Was Andere In*
sufficieuz der Musculi recti interni nennen, bezeichnet Parinaud im
Einklang mit Krenchel und Hansen Grut als Insuf£cienx der
Innervation der Convergenz. Die Nützlichkeit der Anwendung von
Aagenheilkunde. 509
Pnsmen mit nasaler Basis spricht gegen die Theorie der Maskel-
ioBoMcienz, denn durch die Prismen wird die Arbeit der Musculi
recü intemi vermindert, und müssten diese dann infolge mangelnder
üebang allmählich noch schwächer werden, der Zustand sich also
verschlimmern. — Im Vergleich zu der geringen Thätigkeit der
Intemi bei der Convergenz ist ihre Leistungsfähigkeit bei den seit-
lichen Bewegungen gar nicht oder sehr wenig geschwächt. Auch
dieses Factum spricht gegen die Insufficienz der Musculi recti in-
teroi und für die Insufficienz der Innervation der Convergenz.
Der Nystagmus der Bergleute hat besonders in England
die Aufmerksamkeit auf sich gezogen:
Thompson (Miners nystagmus among the South Wales Colliers.
Trans. Ophth. Soc. Bd. 11, S. 87) ist der Ansicht, dass der Nystagmus
bei den Kohlenarbeitern die Folge der schlechten Beleuchtung bei
der Arbeit ist. Ueberanptrengung sowohl wie Refractionsfehler können
die Disposition zu Nystagmus vermehren.
Nach Sn eil (On miners nystagmus. Brit. med. Journ. 1891, 8. 61)
entsteht der Nystagmus der Bergleute infolge der zusammenge-
kanerten Körperhaltung bei der Arbeit, die Beleuchtung spielt erst
eine zweite Rolle.
Nach Dransart (Le nystagmus des mineurs dans le nord de
la France. Congr. fran9. d'Opht. 1891) gibt es eine leichte und eine
schwere Form. Die leichte ist überhaupt nur unmittelbar nach der
Arbeit im Bergwerk zu beobachten; die schwere ist mit Functions-
störongen, besonders Accommodationsparese complicirt. Von 100 Kran-
ken, welche an der schweren Form litten, waren 90 in weniger als
1 m hohen Gängen in liegender Stellung beschäftigt.
Snell (Case of nystagmus in a compositor. Trans, of Ophth.
Soc. Bd. 11, S. 103; beobachtete das Auftreten von Nystagmus bei einem
21jährigen Schriftsetzer^ welcher 6 Monate lang bei Nacht gearbeitet
hatte. Später bekam derselbe Krampf in den Fingern vom Setzen
der Typen. Snell glaubt, dass der Nystagmus infolge des per-
manenten Auf- und Niedersehens vom Manuscript auf die Typen auf-
getreten ist.
Nach Bomiee OBtude sur le nystagmus des bouillears. Annal.
d'Ocol. Bd. 106, 8. 21, 109, 196 u. 265; ist das ätiologische Moment
des Nystagmus der Bergleute in der durch die Sicberheitslampe ge-
lieferten ungenügenden Beleuchtung zu Hucben.
510
Horatmann.
5* Erkrankaiigeu der Lider, des Thränenapparates und d«r Orbit«*
Straub (Ophthalmia scrofaiosa. Weekblad van het Neder-
Jandfich Tijdschr. voor Geneesk. 1892, S. 664) fand in den Cultureu
der Flössigkeit unter Blepbaritiskriiaten und Ekzenlkrueten an den
Ohren und der Nase atets Staphylococcus pyogen es aureus»
Bei der Operation der Ptosis schneidet Birnbacher (Eine
neue Operationstnetbode gegen Ptosis congenita, Centralbl f. pract.
Augenbeilk. 1892, S. IBl) die äussere Lidhaut ^ entsprechend dem
Tarsalrande, durch die ganze Breite des Lides mit einem nach oben
convexen Bogenschnitte ein, präparirt den oberen Tarsalraud frei
und führt drei doppelt armirte starke Seideniäden durch denselbeD,
einen mittleren und zwei seitliche, Alsdann fuhrt er sämmtliche
Nadeln subcutan nach oben und sticht sie in der Augenbraue aus
und knotet sie. Die Wunde des Lides wird genäht. Die Paden-
schlingen bleiben 20—25 Tage liegeu, wodurch sich subcutane Narben-
stränge vüCQ Tarsus £ur Augenbraue bilden. So kann das Lid duroll
den Frontalis gehoben werden.
Nach der Spaltung des Lides wie bei der Jaesche- Arlt'schen
Operation macht Gifford (On the use of Thiersch flaps in the treat-
ment of trichiaais and entropium. Amen Journ. of Ophth, 1892,8. 1)
einen Einschnitt in die haartragende Haut^ unter einem Winkel von
45 ö an jedem Ende des Schnittes^ in einer ÄUödehnung von ^l^ cm.
Dies gestattet beträchtliche Retraction der abgelösten Haut, welche
durch Nähte an ihrem Platz gehalten wird. Er füllt die derartig
freigelegten rohen FlächüU mit Hautstiickchen, welche von der Innen-
seite des Vorderarms nach der Tbiersch'ächen Methode transplan-
tirt wurden. Er zieht diese IVaneplantationen denen aus der Ltppe
vor und hat in 28 Fällen^ in welchen er sie correct ausgeführt hatte^
durchaus gute Resultate erzielt. Er trägt die Hautstücke mit einem
breiten Rasiermesser ab. Er hat auch v. Burow^s Operation der
Durchtrennung des Tarsus dahin modiücirt, dass er die Oeffnung mit
Stückchen von den Lippen ausfüllt.
Theo bald (Trao«, Amen Ophth. Soc. 1892) hat die Transplan-
tation nach der Thiersch^öcben Methode in zwei Fällen ausgelührt,
welche nach dem Verlauf von einigen Monaten erfolgreich zxi sein
bohienen. Die Hautstücke, welche der Innenseite des Vorderarmes
entnommen wären, heilten mit Ausnahme eines einzigen sofort an,
und dieses wurde nur an einer Stelle nekrotisch. Beide Fälle
wurden ambulatorisch, ohne ungewöhnüche antiseptische Vorsichts-
massregeln behandelt.
AageDheüknnde. 511
Die doppelseitige Erkrankung der Thränendrüso kann
nach Fuchs (Gleichzeitige Erkrankung der Thränendrüsen und Paro-
tiden. Beiträge z. Augenheilk. 1891, Nr. 3) als Schwellung der-
selben allein acut wie chronisch auftreten; acute Schwellung der
Thränendrüsen und der Parotiden beobachtet man beim Mumps;
chronische Schwellung der Thränendrüsen und verschiedener Speichel-
drüsen werden durch Lymphome oder Lymphosarkome veranlasst,
dann kommt chronische Schwellung der Thränendrüsen bei Schwel-
lung der Lymphdrüsen des Kopfes und Halses vor.
Nach Terson (Rapport sur le traitement des affections des
voies lacrymales. Congr. fran9. d^Ophth. 1891) ist bei chronischem
Katarrh der Thränenwege die Sondenbehandlung in etwas
weniger als der Hälfte der Fälle von Erfolg. In den auf diese Weise
nicht geheilten Fällen ist die Exstirpation der Thränendrüse indicirt.
Bei bestimmten Complicationen des chronischen Katarrhs der Thränen-
wege, z. B. bei stark eiteriger Beschaffenheit des Secrets, sind zu-
weilen Injectionen von Argentum nitricum von Nutzen. Der obere
Thränenpunkt wird zu dem Zwecke weit gespalten (incl. Ligamentum
intemum palpebrae), und die Einspritzungen dann von hier aus vor-
genommen. Bei Eecidiven, z. B. infolge von Knochenaffection, muss
der Sack mit dem Thermocauter zerstört werden. Auch bei hoff-
nungslosem Verschluss muss der Thränensack zerstört werden. Bei
bedeutender Ausdehnung des Sacks ist die Exstirpation desselben
indicirt.
Bei fistulösem Geschwür des Thränensackes (nicht bei
capillaren Fisteln, die Kazaurow als wenig belästigend hält), em-
pfiehlt Kazaurow (Zur Frage über die Behandlung der Thränen-
sacküsteln. Wratsch 1891, Nr. 48) folgendes Verfahren: Die Be-
handlung beginnt mit ausgiebiger Eröffnung des Thränensackes;
etwaige Granulationen sind mit dem scharfen Löffel zu entfernen
and mit Lapis mitigatus zu beizen. Wenn Caries gefunden wird,
so cauterisirt Kazaurow die cariöse Stelle mittels des Thermo-
canters; vor Heilung der Caries ist die Fistel nicht zu schliessen.
Ist der Kanal für Bow manische Sonde Nr. G durchgängig, so tam-
ponirt Kazaurow den Sack nach B^inigung desselben 5 — 6 Tage
hindurch mittels eines in Oleum Menthae getränkten Wattebausches.
Oleam Menthae empfiehlt er als ein vortreffliches und wenig reizen-
des Andsepticum. Der Tampon wird täglich gewechselt. Nach Ent-
fernung des Tampons wird der Sack mit Jodoform eingepudert und
der Heilang, die bald erfolgt, überlassen. Ist der Kanal verengert,
so ist die Behandlung complicirter: Der Thränensack wird eröffnet
512
florBtiDanfi.
und ebenso mit Olöura Mmuliao tamponirt. Hierauf schreitet man
■ur Erwoitorunß <^ti» KanulB durch Einfülireu von Soudeu, unmittel-
bar oino imvh der niuloron bis Nr. B, Wenn die Strictur das nicht
■ttl&HHt, «o wird ttio uiit dem 8 1 i 1 1 i n gesehen Messer eingeschnitten.
Sodttun tainjionirt or ckn Kanul, indem er eine Sonde Bowman
Nr, 1 , di<v t*r mit hygroskopi-süLfir Watte umwickelt and dann in
Oloum Motithae gotrtinkt hut, einiiihrt und dann die Sonde &o aus-
tithti dasa die Watta am oberen Ende unter dem Flättchen recht
diok im Kanäle etoeken bleibt. Die Watte wird täglich gewechselt
Wenn Kaaaurosv den Kanal für dauernd erweitert hält (nach 5 bis
i\ Tag^n), dann wird ein RAhrchen von der Dicke der Sonde Nr. 6
mit «inem Kanal Ton der Dicke der Sonde Nr. 2, deäsen ob^es
Sud« hakdnnvnuig umgebogen ist, durch das weitaufgesohUtste untara
Tbftnaiir5hrcken bis durch die stricturirte Stelle eingeführt und
dautriMl liagoü gelassen. Das Rdhrohen hat auf der Höhe der Bie-
gung oinan 4—^ em langen Schlita, durch weichen die ThTinaD in
dan Kanal liabau. Dia Fiatd h«iH dabei Tolkti&aig. Das Bahrchaii
wird arvl naah voHalftiidigar Hatlaag aatfemt Es wird gut ^ar«
trugani Dia VarOding dea Tfcitoengackaa Terwiiffc Kataarow,
Da Waekar (Da radaga da aaa kcryiaaL Ar^ivaa dt»pkl.
Bd. II, Kr. .% aSdS) MpiaUt a& Stella der Veiddaag od«r fiiaftw
palioa die Auakratiaag daa Thränamsaekes. Ka^ Spahaag
•a aar fkreskal wtid ala aaiuaa K-
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Augenheilkunde'.
5ia
808. Jede Sonde lässt er einige Tage lang permanent trage». Das
ktQ8 dem Sacke hervorragende Ende der Sonde wird hakenartig
limröckgebogeD. Die So ü den sind ans Blei. Die dickste Sonde hat
Qe Stärke von 2 mm (bei Männern bis 2^,2 mm). Wenn die letz-
tere 2 — 3 Tage getragen wurde, entfernt Adamück dieselbe ganz,
^die Wnnde wird mit Jodoform eingepudert und der spontanen Hei-
liTig überlasseo, die meist in einigen Tagen erfolgt Die ganze Be-
handlung dauert 2—3 Wochen und strebt eine Atropbirung des
lockeren, den Knochenkanai auafüllenden Gewebes durch permanenten
Druck an, um einen dauernden AbÖuss des Thränensackinhaltes aa
gewinnen. Die Thränensackblennorrhoe wird vor dem Sondiren gleich
ach Eröffnung des Sackes mittels Iiapislösung , Jodoform und au-
äereo Mitteln bekämpft. In Fällen, wo der Kanal ganz zugewachsen
oder so verengert ist, dass bloss die feinsten Sonden mit Mühe durch-
dringen, und auf eine Erweiterung nicht zu hoffen ist, empfiehlt
Adamück die Verödung des Sackes.
Nach Peters (lieber die sog. Thränensackblennorrhoe der Neu-
geborenen. Zehender^ö klin, Monatsbl. f. Augenheilk. Bd, 29^ S. 376)
gibt es eine Reihe von Fällen von sog. Thränensackblennorrhoe
bei Neageboreneii, die gar nicht durch Schleim hauter krankung
hervorgerufen sind, also den Namen einer Biennorrboe gar nicht
verdienen. Es handelt sieh vielmehr um fehlende Besorption des
Gewebes an der Eiümündungsstolle des Thränenscblauches und da-
durch behinderten Abiluss des im Lumen des Schlauches befindlichen
Belleamaterials. Es besteht also eine wirkliche Atrophie des Tbränen-
Csehlauchea. In solchen Fallen genügt eintiaches Ausdrücken des
Thränensaekes und fleiesige ßeiniguDg der Augen, um in kürzerer
üder längerer Zeit HeiluDg herbeizuführen, selbst bei Ektasie des
Thränensackes. Ausspülungen der Nase, Application von Adstrin-
atien auf die Conjunctiva erscheinen entbehrlich , weil eben keine
Erkrankung dieser Organe vorliegt. Höchstens können Ausspülungen
Jes Thränensackes von Nutzen sein, um dem Inhalt den Abiuss zu
erleichtei'n.
Die Thränensackblennorrhoe der Neugeborenen ist nach H e d-
d a 6 u s (Zur sog. Thränensackblennorrhoe der Neugeborenen. Ibid,
30, S» 81) nichts Anderes, als eine Stauung des physiologischen
ecretes der Tbränenwege nach dem Thränensack und der Lidspalte
zu, bedingt durch den mechaniBcheu Verschluss der Naseumündung
des Thränenschlauchs.
Nach den Erfahrungen von Weiss (Die Behandlung der Thränen-
f^ge der Neugeborenen. Ibid. S. 2B8) genügt nicht in allen Fällen
JabrtMich d. pracL MedicLa. 1893. 33
514
Horst maBD.
von Tbränensackleiden der Neugeborenen die Bigitalcompreesiou des
Tbränensackes, vielmefar ist das mehrmalige Sondiren mit einer coni-
sehen Sonde am Platz.
<>. ErkrankuDgen Uv Conjanctiva, €omea und Sclera.
Nach Mutermilch (Anatomie des inöammations chroniques de
la conjonctive. Annal. d'OonL Bd. 106, S. 241 u. Bd. 107, S. 328)
ninSH man nnter den chronischen Conjunctivitiden nicht etwa
verschiedene Formen unterscheiden, sondern verschiedene Stadien
ein und derselben Krankheit. Das Wesentliche der pathologisoh-
anatomisehen Veränderungen der chronischen GonjuDctivitis ist die-
jenige des Epithels, Mutermilch unterscheidet folgende drei Sta-
dien: 1) dasjenige der Proliferation des Epithels^ 2) dasjenige der
oberflächlichen Zerstörung, 3) dasjenige der totalen Zeratöriing. Der
Änfaug des dritten Stadiums ist typisch und beginnt mit einer
schweren Complication von Seiten der Cornea^ nämlich dem Pannus.
Mut er milch ist Anhänger der Behandlung mit Argen tum nitrioumi
Ouprum sulphuricum und ähnlichen Substanzen. Im zweiten Theil der
Arbeit schildert er die Entwiokelung der Follikel und die aecundären
Epithelveränderungen, die ihr Wachsthum hervorbringt, weiter die
Uebergänge, welche zwischen den subepithelialen Lymphz eilen anhäu-
fungen der acuten Conjunctivitiden nnd dem charakteristischen Tra-
chomfollikel bestehen. Er kommt zum Scbluss, dass alle Follikel-
bildungen demselben anatomischen Process ihre Entstehung verdanken,
und dass das Trachom keine selbständige Krankheitsform darstelle»
Holmes Spicer (The analysis of one hundred and üftj eight
cases of acute purnlenl Ophthalmia. Ophib, Hosp, Bep* Bd. 13^ S, 211)
beobachtete 158 Fälle von purul enter Ophthalmie (mit Ausnahme
der Ophthalmia neonatorum), wornnter sich 126 Männer fanden. Durch
gonorrhoisches Secret inficirt waren 111 Männer und 16 Frauen,
Vollständige Wiederherstellung, oder nur geringer Schaden, trat bei
110 Fällen ein. In allen Fällen, wo die Kranken älter waren ^ als
38 Jahre, war mit Ausnahme eines das Auge verloren. Da, wo die
Gonorrhoe seit 4 Monaten bestand, trat tiberall Heilung ein. In
98 Fällen, wo die Cornea in Mitleidenschaft gezogen war, wurde bei
zu
In
70öip Argentum nitricum gebraucht. 55 ^^j der Augen gingen
Grunde. Bei 16 Fällen bestand gonorrhoischer Rheumatismus.
5 Fällen ging die Krankheit mit Membran hildung einher.
Bei Frauen, die vom Beginn der Geburt an in Ueberwachnng
sind, empfiehlt Brisken (Zur Verhütung der Ophthalmoblennorrhoea
Allgenheil kiLinde.
515
Q'eooatorum. Münchener med. Wocheoschr. 1892, Nr, 5) zur Ver-
hütung der Ophthalmoblennorrhoea neoEatorum die des*
inticirende Auaspülang der Scheide nach Kaltenbach uod das Aus-
waschen der Augen des neugeborenen Kindes mit desti 11 irtem Wasser,
bei Strassengeburten aber, auswärts Untersuchten und Kreissenden^
[ie erst im vorgerückten Stadium zur Beobachtung kommen , muss
Anstalten das Orede'sche Verfahren als Ergänzung angewandt
werden, um einen Ausgangspunkt zu weiteren Infectiooen zu ver-
neiden. Gegen etwaige Spätinfectionen nützt kein Verfahren,
V, SteinbUchel (Zur Frage des EinHusses der Gonorrhoe auf
das Wochenbett und auf die Augenerkrankungen der Neugeborenen.
Wiener klin, Wochenschr. 1892, Nr. 21 ii. 2*2) untersuchte das öe-
nitalsecret von BS4 Schwangeren baeteriologiach und hatte 73 posi-
tive Befunde von Gonorrhoe, 258 negative. Von den Kindern der
ersteren erkrankten an Augenaffectiouen im Ganzen 6, davon 3 an
virulenten und 3 an nicht virulenten, von 313 Neugeborenen über-
haupt hatten 4 virulente und 9 nicht virulente Katarrhe. Bei den
4 Kindern mit virulenten Entzündmigen fanden sich specitischo
Neisser'sche Diplokokken, jedoch können nur 3 auf einer Primär-
affection während der Geburt beruhen. Der grösste Theil der Augen-
affeciionen waren Reizangskatarriie und leichte Entzündungen^ welche
hervorgerufen wurden durch unrichtige, laxe Anwendung des Cr e du-
schen Verfahren ß.
Gerke (Ein Fall von Croup der Bindehaut. Archiv f. Augen-
heilkunde ßd, 24, S, 305) beobachtete bei einem 21jährigen Soldaten
anfaoglich das Auftreten von typischem Croup auf der Binde-
haut, welcher später auch die Mund- und Nasenschleimhaut ergriff.
Durch Ueberimpfen von Membrautbeiien auf Agar-Agar, Blutserum
und Gelatine gelang es, Culturen zu erlangen, welche Doppelstäbchen
enthielten, die sich am besten mit der Kühn ersehen Methylenblau-
Methode färbten. Impfungen derselben aut die Bindehaut dea Kanin-
chens und des Menseben erzeugten eine Conjunctivitis mit Membran-
bildung.
Nach Wood (Diphtherie Conjunctivitis. Med, Record 1892, Nr. 8)
gibt ©8 zwei Formen der Conjunctivitis diphtheritica: die
Etine ist als eine primäre Diphtherie zu bezeichnen , die andere bat
keine Beziehung zur Diphtherie uod muss richtiger als plastische
Conjunctivitis aufgefasat werden. Der classische Unterschied zwi-
schen diphtheritischer und membranöser Conjanctivitis, welcher auf
dem Bestehen oder dem Fehlen einer Inhltration des Gewebes der
5Ui
HorsimaDn.
Lider und der Conjunctiva beruht, ist ein mangelhafter. Der einzige
sichere Beweis der diphtherischen Natur der Oonjiinctivitis Pseudo-
membran acea ist der Nachweis des Löffler'öchen Bacillus, oder das
spätere Auftreten von liähmuogen und anderen Folgeerscheinungen
der Diphiherie. In klinischer Hinsicht ist das Auftreten von All-
gemein Symptomen wesentlich für die Aufstellung der Diagnose. Die
Ursache der Bildung der Paeudomembranen bei der plastischen Con-
junctivitis ist noch nicht' nachgewiesen und nicht immer dieselbe»
In manchem Fällen beruht sie auf Eindringen von Streptokokken,
oder auf katarrhalischer Conjunctivitis, Traumen, Scrophulose oder
anderen Einflüssen, welche die "Widerstandskraft des Cewebes lockern
und so den Weg für Infectionen öffnen» Die plastiscbe Conjuncti-
vitis mag zuweilen für das Auge gefährlicher sein, als die Conjunc-
tivitis pseudomembranacea diphtherischer Natur, die Erfahrung lehrt
aber, dass die Gefahr in directem Zusammenhang steht mit dem
Grade der Lidschwellung und der Infiltration der Conjunctivae
Pauas (Traitement des granulations. Arch. d'Ophtalm, Bd, 12^
8* 353) theilt nach einem kurzen historischen Ueberbiick über die
Behandlung der Granulosa seine eigenen Anschauungen hierüber
mit. Bei acuten Granulationen mit starker Absonderung empfiehlt
er Höllensteinlöaung wie bei der Blennorrhoe, aber weder Kupfer-
atift noch Scarificationen und Auskrataungen, bei der ßubacuten Form
die bekannte Anwendung der Metallsalze sowie Massage^ und falls
kein Erfolg und die Hornhaut miterkrankt, so leisten Scarificationen
der Conjunctiva mit Ausbürstungen oft gute Dienste. Auch Jequi-
rity, in Pulverform auf die Conjunctiva aufgetragen, ist von Nutzen.
Vom Therm ocauter sah er wenig Erfolg, noch weniger vom Aethyl-
blau. Die Erfahrungen über subconjunctivale Sublimatinjectionen
sind zu gering, um ein Urtheil zu erlauben. Einimpfungen von
blennorrhoiachem Eiter sind in den ganz seltenen Fällen von totalem
sarkomatösem Pannus, hei welchem Verf. zwei überaus günstige Er-
folge hatte, zu empfehlen. Bei vorgeschrittener Narbenbildung der
Conjunctiva leisten öfters wiederholte Scarificationen und Massage
mit Queckstlberbioxyd gute Dienste. Vor Allem muss jtjde schema-
tische Behandlung vermieden werden. Abgesehen von den zur Ver-
beaserung der Lidstellung angegebenen operativen Verfahren, welche
am besten direct den Knorpel angreifen, sind blutige Eingriffe bei
der Behandlung der Granulosa oft angezeigt, doch verdient noch
öfter die medicamentöse Behandlung den Vorzug.
Bei frischem Trachom empfiehlt Fukala (Die schnellsta und
AagenheJlkunde*
517
einfachste auf patbologisch-anatomischen Verändemogen basirende
Behandlung des Trachoms. Internat, klin. Rundschau 1891, Nr, 24
und 25) die Zerdrückung der Follikel mit einer kleinen Korn-
zange. Auch im zweiten Stadium, wo die Bindehaut stark ge-
schwollen, roth, die PapiUen sehr hypertrophirt^ die Follikel weniger
bemerkbar sind, quetscht er die letzteren aus, nachdem er die hyper-
trophißchen Papillen ausgekratzt bezw. abgetragen hat Im Schrum-
pfungsstadium, falls sich noch Trachomkörner in der üebergangsfalte
Enden, führt er dasselbe Verfahren aus. Später leistet auch eine
1 — 20 ^,ige rothe Pracipitatsalbe gute Dienste.
Debagory (Zur Frage der Trachombehaudlung. Wjeätnik Ophth.
Bd, 9, S. 12i2) findet die Anwendung starker K upf er v i tri Öl-
lösungen in Glycerin (1 :8 und 1 : 11) beim Trachom in Tropfen-
form für nützlich. Das Trachom scheint dabei schneller als beim
Gebrauch des Cuprumstiftes (mit Abwaschung) zu schwioden. Noch
mehr scheint der Process abgekürzt zu werden, wenn man die Spitzen
der Trachomkörner mit einer feinen Scheere häufig wegschneidet und
hierauf die Kupfer-Ölycerintropfen gebraucht. Die Schleimhaut werde
dadurch nicht geschädigt.
Darier (Traitement chirurgical de la conjonctire granuleuae.
Arch, d'Ophtalm. Bd. 12, S. 95) empHehlt auf Grund von 130 Be-
abachtongen aus der Abadie^achen Klinik dringend die chirurgi-
sche Behandlung der granulösen Conjunctivitis, deren
Haupt vorth eile gründliche und dauernde Heilung sind. In Narkose
wird das Lid mit einer besonderen Pincette herumgewendet, die
Conjunctiva scarificirt^ dann mit scharfem Löffel and kleiner Bürste
aUes krankhafte Gewebe entfernt, und schliesslich die ganze Wund-
fläche mit Sublimat 1 i 500 ausgiebig gewaschen. Darauf folgen Eis-
compresöen und Waschungen mit Smblimat 1 : 200. Darchaus nöthig
ist es, das Lid täglich umzuwenden, die Conjunctiva mit der starkeu
Sublim atlösung zu reinigen, etwaige Verwachsungen zu lösen und,
wenn Krankheitsre^te zurückgeblieben, nochmals auszubürsten. Die
mittlere Behandkmgsdauer betrug einen Monat. Symblepharon kann
auftreten, wenn nicht täglich ektropionirt und gereinigt wird. In
10 Fällen musste ein Entropion beseitigt werden. Die Narben sind
nicht stärker als bei den sonst üblichen Behandlungsarten. Kanch-
mal wurde ein fibrinöses Exsudat der Conjunctiva, selten geschwürige
Hürahautaffection beobachtet. Bestanden solche schon vorher, so
wnrdea sie durch diese Behandlung günstig beeinflussl.
Bock mann (Periangiectomia corneae. Danielsen's Zeitschr. 1892,
8, 41) empfiehlt eine breite Excision von Conjunctiva mit
«18
Horatmaun.
sammt dem aubconjunotivalen Bindegewebe um die Cornea henun
als das wirksamste Mittel gegen eioen Fannag tracbomatoeus*
V. Hippel (Beitrag zur Behandlung des Traclioms, Ben der
21, Verö. der ophtk Ges. 1891, S, 91) warnt vor der Excision der
üebergangafalte. Gute Erfolge lieferte ilim das Verfahrea der
Gebrüder Keiuing, das in Abreibung der Conjunctiva mittels
eines in Sublimatlöeang (1 : 2000) getauchten Wattebausches besteht.
Das Verfahren hat den Vorzug, dasa es keine besondere manuelle
Geschicklieb keit voraussetzt und eine ambulante Behandlung des
Kranken geatattet. Die leichteren Formen von Trachom werden da-
durch äicher zur Heilung gebracht, aach bei schwereren wird oft
Heildug, mindestens aber Besserung erzielt. Ausserdem hat es einen
günstigen Einfluss in Bezug auf Complicationen seitens der Cornea,
Es bewirkt die Biickbilduiig der Follikel, ohne dass es zu erheblicher
narbiger Schrumpfung der Conjunctiva kommt Die Beliandlungs-
dauer ist eine im Vergleich zu den bisher üblichen Methoden be-
deutend abgekürzte, und die Beseitigung etwaiger ßecidiye eine meist
auffallend schnelle, wodurch die Gefahr des Eintrittes von Hornhaut*
complicationen verringert wird»
Knapp (Bemerkungen zur Trachombehandlung» Arcb. f. Augen-
heilkunde Bd. 25, S. 1771 benutzt eine starke Pincotte, deren
Branchen sich an der Spitze in Form eines Hufeisens theilen. Das
Querstück ist ein eich drehender stählerner CyHnder mit Langsrinnen,
Die Anwendung geschieht in der Art, dass zunächst das Lid ektro-
pionirt wird. Darauf führt man die eine Branche der Rollzange
zwischen die Bindehaut der Sclera und des Lides und die andere
auf die umgekehrte Oberfläche des Lidknorpels; die Zange wird als-
dann geschlossen und vorgezogen ^ und so werden die infiltrirten
weichen Massen ausgequetscht^ indem die Walzen über die gefassten
Geweböfalten rollen. Dieses Verfahren wird über die ganze Binde-
haut wiederholt, bis die Granula und der Gewebssaft vollständig aus-
gepresst sind.
I
Die phlyctänuläre Conjunctivitis kommt nach Fukala
(Deber die Aetiologie der Conjunctivitis phlyctaenulosa. Archiv für
Augenheilk. Bd, 24, 8. 224) in Amerika weniger vor, weil der Wohl-
stand der niederen Classe, der gute Verdienst der Arbeiter und die
billige Fleischkost ihren wohltbätigen Einfluss auszuüben vermögen.
Doch erlischt das Leiden trotz der günstigsten Verhältnisse dort
gar nicht, da andere Factoren der Aetiologie , viie das Ekzem, die
acuten Exantheme, zarte Organisation der kindlichen Haut und Ab*
*
^
Augenheilkunde,
519
ßtamintmg von Dicht gesandeu Eltern in Amerika ebenso wie in
Europa mitwirken.
Straub {Ueber die Aetiologie der sog. scrophulösen Entzüudangen.
ArcK, f. Augenbeilk. Bd. 25, S. 416) fand im Eiter und Serum ver*
schiedeoer Hautausschläge^ Blepharitis und Ekzem ¥on Patienten mit
Phlyctanen den Staphylococcus pyogeues aureus und albus,
Impfung damit am Hornhautrande erzeugte ein einer Phljctäne
analoges Bläschen* Somit ist der Stapbylococcus pyogenes als die
Ursache von Blepharitis und Ekzem sowie von Conjunctivitis und
Keratitis phlyctaenulosa anzusehen.
Cou^toux (De la K^rato-Conjonctivite d*origine rhino-pharyn-
gienne. Annal. d'OcuL ßd. 106, S. 104} ist der Ansicht, dasg eine
Anzahl Augenerkrankungen die Folge von Krankheiteo des
Nasenrachenraumes sind. Besonders sind nach Gou^toux auf
obige Ursache zurückzuführen alle Arten von Conjunctivitis phlyctae-
nnlaris und Frühlingskatarrh; die Ursachen dieser Erkrankungen
sollen adenoide Wucherungen im Nasenrachenraum sein. Letztere
AfTection ist zu behandeln, um die Augen erkrankung zur Heilung
zu bringen. Zwei charakteristische Merkmale sollen die Augenaffec-
tionen m.it obiger Aetiologie haben, nämlich die Periodicität und die
Localisatlon am Rande der Cornea.
Die Pinguecula besteht nach Fuchs (Zur Anatomie der Pin-
guecula. V, Graefe's Arch. für Ophthalm. Bd, 37, H. 3, S. 143) in
einer Verdickung der Bindehaut, an welcher eine hyaline Entartung
der Gewebselemente , sowie die Ablagerung freien Hyalins wesent-
lichen Antheil hat. Die Ursache dieser Entartung sind die senilen
Veränderungen des Gewebes zusammen mit dem Einflüsse äusserer
Schädlichkeiten, Dieselben Bedingungen führen auch in der Horn-
haut zu ähnlichen hyalinen Entartungen, wie der Arcus senilis, die
gürtelförmige Hornhauttrübung und die gelben Flecken in Hornhaut-
narben, Eine andere wichtige Veränderung der Bindehaat an der
Stelle der Pinguecula besteht in der ausserordentlichen Vermehrung
und Vergrösserung der elastischen Fasern, für welche sich aber keine
Analogie, sei es im Auge, sei es in anderen Organen, anftlhren lässt.
Das Pterygium entwickelt sich aus der Pinguecula. Es ist
von Bindehautepithel überzogen, welches sich auch über dessen
Grenzen ausdehnen kann. Da, wo das Flügelfell der Hornhaut auf-
sitzt, ist die Bowman^sche Membran bis auf geringe Beste zu Grunde
gegangen* Aber auch vor dem vorderen Bande des Flügelfelles
5J20
HoTstroann*
finden sich Veränderungen im Hortjhautgewebe , bestehend in der
Zerstörung der ßowman'ßcheo Membran und in der Auflockerung
deß Epithels, sowie der oberÜächlichBten LameUen der Cornea , ein
Beweis, dasö dem Fterygiem eine Erkrankung der Hornhaut voran-
schreitet. Das Verhältniss des fortschreitenden FlügelfeUrandes zur
Hornhaut gestaltet sich verschieden; bald dringt dasselbe als lockeres
und gefässh altiges Bindegewebe zwischen die oberflächlichen Lamellen
der Hornhaut ein^ bald besteht es aus derbem sklerotischem Binde-
gewebe, welches auf der unversehrten Bowman'schen Membran liegt.
Brsteres Verhältniss dürfte dem progressiven, letzteres dem statio-
nären Flügelfell entsprechen. Fuchs (üeber das Pterygium. Ibid,
Bd, 38, H, 2, S, 1) ist nun der Ansicht, dass eine Pinguecula Er-
nährungSHtörüngeu in der Hornhaut veranlagst. Die o bei fläch liehen
Hornhautschichten werden gelockert und aufgelöst, das Bindegewebe
des Limbus wächst in diese Schichten hinein. Da die Ernäbmngs*
flüssigkeit vom Randiächlingennetz aus nach der Hornhautmitte zu
fliesst, so schreitet auch die Erkrankung der Hornhaut in dieser
Richtung fort, infolge dessen wachst das Flügelfell nach der Mitte
derselben«
Castaldi (Nuevo contributo allo studio della cheratite settica.
Gazz. di Clmiche 1891, Bd, 2) hält auf Grund mehrerer beobachteter
Fälle als Ursache mancher bösartiger eitriger Keratitis einen
eigenen, im Thränensacke vorkommenden Streptococcus, welcher,
ohne besondere Absonderung zu verursachen oder die Permeabilität
des Thränenkanals zu verhindern^ speciell die Wandungen des
Tbränensackes cariös inficirt. Durch ßückfiuss durch die Thränen*
kanälchen werden der erkrankten Bindehaut und Hornhaut stets
neue Infectionselemente zugeführt, Verf. hat trotz der fleissigsten
Antisepsis am Auge und starker Aetzung der cariösen Wandungen
des gespaltenen Tbränensackes zweimal schlimme Ausgänge der
Homhautaifection gehabt. Merkwürdigerweise habe sich der Citronen-
saft als ein wirksameres Antisepticum erwiesen als das Sublimat,
üeber die Natur dies es besonderen Streptococcus hat Verf. bis jetzt
keine eingehenden UntersuchuDgen gemacht, hält ilm aber für ähnlich
demjenigen, der in der DiphtheritiB den Boden f&r den Löffler-
achen BaciUus vorbereiten soll.
Gilletde Grandmont (De la nature mikrobienne des K^ratites.
Arch, d'Ophtalm. Bd. 12, S. 149) führt die Entstehung von Hörn-
hautgescbwüren auf Mikroorganismen zuröck, welche von aufisen
an einer nicht intacten Stelle der Hornhautoberfläche eindringen.
AngenbeUkuiKic,
5Ü1
Uebertnigtuig von Theileo eines GeschwüTSgrondes anf Agun^ar
trgßb CaUnren verschiedener Mikroben, vorsngsweifle Staphylokokken^
deren Uebeiiinpfang wiedenun Geschwüre ersengte«
Bei den von Hess (Beitrag zurKenntniss der F&dchenkeratitis.
7, 6rtefe*ß Archiv f. Ophthahn. Bd, 38, Nr. 1, S* 160) unterauchtea
Fallen von Fädchenkeratitis hatte das Homhautepithel einen
weg^ütlichen Antheil an der Bildung der Fädcheo. Die Entstehung
der letzteren dürfte vermathlich durch eine eigenartige Epithel-
tirkmnkuog besoDders begüQstigt werden. Es ist nicht ausgeschlossen,
d&ss aeben dem Epithel gelegentlich auch subepitheliale Gewebe-
theile an der Bildung der Fäden betheiligt sindi und ebenso können
sich wohl einmal Fibringerinnsel oder Schleimf^den aus der Oon-
junctiva an den vorbandenfn Hornhautfadehen anheften» Doch dürl'teu
beide Hotnent«; für die Entstehung der Päd oben von geringerer Be-
deutung sein.
Alb ran d (Beobachtungen über das Vorkoinmen der sog. Fädchen-
keratitis. Zehender's klin. MonatöbL t A, Bd, HO, Ö, 2fj5) erblickt
Inder Fädchenkeratitis nichts weiter, als eine Atroptnköratiti»*,
sobald dieses Mittel rücksichtälos unter geeigneten Bediiigungen die
Hornhaut triflFt. Diese Bedingungen scheinen dann um günatigsten
zu liegen, wenn nicht ganz reines Atropin verwandt wird, oder wenn
es auf eine, ihres Epithelschutzea durch Trauma oder Ulceratiou
zum Theil beraubte oder durch sonstige, für die Ernlihrung dm
Hornhaut gewebes hochgradig deletäre Processe, wie daö Glaukom,
geschädigte Hornhaut einwirken kann.
Die bisher allgemein ab Ursache der streifenförmigen Trtibuu;.^
der Hornhaut nach Staaroperationen angesehene Erweiterung der
Saftlücken der Hornhaut ist, wie Hösh (lieber dte Ursaohen dtsr
streifenförmigen Hornhauttrübungen nach Staaroperationen* Btir, der
22, Vers. d. ophth. Ges. 1B92, S. 144) zeigt, nur ein zufälliger Befund,
Die Streiten sind der Ausdruck eines wellenförmigen Verlauf«, eimir
Art von Faltenbildung der tiefsten Hornhautschichteti, herbeigeführt
durch ein Missverhältniss zwischen der Spannung im verticalen und
horizontalen Hornhautmeridian, welcher durch den die vordere Kammer
erö^Tnenden Schnitt bedingt ist, also durch eine Art Oompreflsion der
Cornea im horizontalen Meridian. Es ist Hess zum ersten Male ge-
langen, die Streifen nach Staareztraction beim Kaninchen experimen-
tell 2U Studiren.
522
HoratmaEH.
7, Erkraukimg^^E der Iris, des Ciliarkürpers, der Ciiorioidea (eiflsclil,
§yiiipäthtsclier Oplithalmie) iiiid des Olaskarper^.
Bei der Papillenerweiternng durcli Cocain wird nack
Lioibourg (Kritisclie und experimentelle Untersuchungen über die
Irisbewegung und über den Einfltiss vob Giften auf dieselbe, beson-
ders des Cocain, Archiv f. experim, Pathol. q* Pbarmak. Bd. 30,
Nr. 1 — 2) die Dilatation niemals eine maximale; durch Atropin wird
die cocainisirte Pupille noch mehr erweitert. Dieselbe reagirt aus-
giebig auf Beleuchtung und Convergenz. Nach Cocaiuiairuug be-
obachtet man regelmäBsig eine Erweiterung der Lidspalte, ferner eine
Herabsetzung des intraocnlaren Druckes, sowie eine Gefässverande-
rung, ausserdem oft eine Verminderung der Accommodationsbreitej
welch' letzteres Verhalten jedoch auf die Veränderung der Gefäase
und wahrscheinlich hieraus resultirende Vorgänge bezogen werden
mnm. Alle diese Vorgänge beruhen darauf^ dass das Cocain am
Auge die Endigtmgen des Sympathicns reizt. Der Apparat, durch
welchen dieses Mittel die Pupille erweitert, wird vom Trigeminns
und Sympathicus zugleich innervirt. Die Erscheinungen bei der sog.
direoten Irisreizung werden durch Cocain modificirt.
i
Wie B* Kerschbaumer (Ueber Alters Veränderungen der Uvea.
Graefe^fl Arch. f. Ophth* Bd, 38, Nr. 1, S, 127) nachgewiesen hat, geht
das Pigmentepithel der Uvea im Alter in der ßegel Verände-
rungen ein, welche theils byperplasti scher, theils regressiver Natur
sind. An der Ora serrata nehmen die Pigmeutzellen an Grösse su,
und ihre Gestalt wird unförmig und plump, ebenso erfolgt eine Zu*
nähme der Kerne. Letztere werden blaas^ es bilden «ich Vacuolen
darin, und die Zellen zerfallen. Das Pigment nimmt in manchen
Zellen zu, in anderen verschwindet es. Die innere homogene Schicht
der Glaslamelle verdickt sich und verliert ihren Glanz, Körnchen
treten darin auf, das Gitterwerk der äusseren Schicht erscheint ver-
dickt, die Capillarmaschtin werden eng und nn regelmässig, die Capil*
laren selbst sind bald erweitert, bald verengert und mit varicösen
Ausbuchtungen verseben, ihre Wand ist verdickt und weisslich ge-
trübt. Die Suprachorioidea untersteht den Alters Veränderungen am
meisten. Die Pigmentzellen verlieren ihre Fortsätze, und die Pigment-
molecüle werden unregelmässig, confluiren und bilden Pigment-
conglomerate. Auch die grösseren GefäsBe erleiden Veränderungen^
ihre Wandung wird verdickt und zeigt Bindegewebszunahme, zuweilen
auch byaline Degeneration.
Angcnheilkoitde.
o:;:o
Hl' I 'Griff isJL (Tlift prognosis of chorioideftl sarcomi. Brit. mied.
JüQDL läOl^ & aÖO) berickcet aber die Besaitete Ton 3B £niicIeftüon«n
icf&Ckazioidft^sarkoB. 14 Patienten (^aber^O^^) w«b nach
Abinr voo. 3 bis im 10 Jahren Ton BeddiTen Terschonc Sech^
nrtcK aa SarksHa der Leber, und drei durch die weitere Ausbretnui^
derCrfczaikaii^ Loeale Becidire in der Orbila fanden sich bei 8<^^
Dv TcrtHHT ^anbc nicht, dass die Ge£üir der Mecasiam durch
da- EnneLeation erhöht wird.
Pröbsting (Ueber BInnnjectiQn in den Glaskörper, t. Graefe's
Ai^iT £ Ophihalm. Bd. 38, Nr. 3, S. 114) injicirte 22 Kaninchen
Blat in den Glaskörper. Von Tag zu Tag hellte sich die Mass^^
iif, die Böcke Tendiwand mehr und mehr, so dass man xuletzt
nor eine weiiae Menae erkannte, welche sich zusehends verkleinerteu
Bei aDen Tkieroi bildete sich einige Zeit nach der Injedicon eine
mit dem Aogen^iiegel wahrnehmbare Ablatio retinae aus. Die Augen
werden zwischen dem 4. und 100. Tage enudeirt und mikn»kopisch
nnteraacht. Die Umwandlung des injicirten Blutes hatte ihren Grund
zum Theil in dem Zer£ül und der allmählichen Resorption der rothen
Blutkörperchen, zum Theil wurde die Weissfarbung durch Neubil-
dung von Bindegewebe herbeigeführt, welche entweder von der Ein-
stichstelle aoaging oder mit dem injicirten Blute in ^nnigem Zu-
sammenhange stand. Der Glaskörper war geschrumpft, die Chorio-
idea abgelöst und ihr Pigmentepithel atrophirt. Auch die Netzhaut
war abgelöst, ihre Structur nicht mehr zu erkennen^ und ihr binde-
gewebiges Gerüst stark gewuchert, von welchem bindegewebige
Stränge und Zuge in den Glaskörper ausstrahlten, welche grosse
Aehnlichkeit hatten mit der von Manz beschriebenen Betinitis
proliferans.
B o ^ (De l'ophtalmie svmpathique. Becueil d'Ophtalm. 1891.
8. 336) machte experimentelle Untersuchungen über
PanOphthalmitis. Bei dieser Gelegenheit beobachtete er auch,
ob nicht etwa sympathische Ophthalmie auf dem anderen Auge aus-
brechen wüi'de, aber stets mit negativem Besultat Selbst die anato-
misch untersuchten Optici waren ganz £rei. Nach B o e beweisen die
Versuche von Deutsch mann durchaus nicht, dass die sympathische
eine Ophthalmia migrans ist. Deutschmann's Versachthiere starben
sammtlich an allgemeiner Infection. Es war daher Datürlich, dass
sich auch in den Optici Mikrokokken fanden.
Manara (Ottalmia simpatica. Borna 1892; bat an Kaninchen
524
uorstmaun.
zahlrmcbe Versuche angesteUti um die Fortpflanzangs wege der
Opiitbaimia sympathica za ermitteln^ fand aber die Deutech-
mann'schen Angaben niclit bestätigt Die Einimpfungen von Staphylo-
coccus aureus und albus, von Streptococcus pyogenes in den Glas*
körper haben sowohl bei unversehrten, als auch bei bereits durch
Einführung eines aseptischen Körpers gereizten Augen die regelrechte
infectiöse Entzündung hervorgebracht; aber das gesunde Auge blieb
vollständig Eormal, and am entzündeten konnte keine Spur von
Mikroorganismeü in den Sehnerven scheiden aufgefunden werden.
Der Nachweis wurde durch Culturen und durch das Mikroskop ver-
sucht Verf. glaubt daher, dasa das gesunde Auge nur dann afficirt
wird, wenn durch die Impfung eine AUgemeininfectioo hervorgerufen
worden ist,
Greeff (UoterBuchungen über Ophthalmia migratoria. Ber. d.
22. Vers, d. ophth. Ges, 1892, S, 15) berichtet über die bacterio-
logischen Untersuchungen von 19 Sehnerven, die tlieils
nach ausgebrochener sympatbiacber Entzündung, theils aus Furcht
vor sympathischer Entzündung resecirt worden waren* Durch die
veTBchiedensten Gulturveriabren ^ durch anaerohe Züchtung, durch
Einimpfen in die vordere Kammer von Kaninchen konnte keinmal
die Einwanderung von Mikroben in den Sehnerv oder seine Scheiden
constatirt werden. Es wurden ferner Experimente darch Einimpfen
von FauläüBsigkeit, Aspergillus fnmigatus, Staphyiococctis pyogenes
aureus etc. in den Glaskörper des Auges von Kaninchen gemacht.
Ein U eher wandern der Mikroben von einem Auge zum andern
durch den Sehnerv oder seine Scheiden konnte keinmal constatirt
werden. Nur dann fanden sich im zweiten Auge oder dessen Seh-
nervenscheide Mikroben ein, wenn Allgemeininfection aufgetreten
war, die Mikroben also auf dem Wege der Blutbahn dorthin gelangt
waren. Die Deutschmann'schen Versuche bat bis heute noch nie-
mand bestätigen können. Die Deutschmann'sche Migrationstheorie
darf deshalb nicht als bewiesen betrachtet werden.
Obwohl Buller (Ophthalmie Eec. 1892, Nr. 1) glaubt, dusfi die
nach der Entferniiug des lädirten Auges auftretende sym-
pathische Ophthalmie viel weniger virulent ist, als diejenige,
welche auftritt, wenn die Enucleation zu lange hinausgeschoben ist,
so glaubt er trotzdem, dass das Aoge eines Kindes auf Grund einer
Verletzung niemals enuelelrt werden sollte, solange sympathische
Ophthalmie nicht wirklich eingetreten ist Er glaubt, dasa die Re-
eection des Sehnerven oft sympathische Ophthalmie verhindere, nnd
dass «ie in:jmer in passenden Fällen versucht werden solle, bevor
I
I
I
I
I
A u genhei 1 kunde«
525
man zur Enücleation seine Zuflucfat nehme. Er übt auch die Evißce-
ratioQ aus, besonders wenn die Verletzung auf den vorderen Theil
des Auges beschränkt ist.
Schmidt-Rimpler (Beitrag zur Aetiologi© und Prophy-
laxe der sympathischen Ophthalmie, v. Graefe^s Archiv für
Ophth, Bd. 38, Nr. 1, S* 199) huobacbtete trotz Ausführung der He-
section des Opticus nach l^.^ Jahren das Auftreten einer sympathi-
schen Ophthalmie, Im enucleirten Auge liessen sich keine Bacteriea
nachweisen, Aueserdem sah er eine sympathische Ophthalmie sich
entwickeln ohne vorausgegangeue DruckempÜndlichkeit. Als erstes
Symptom zeigte sieb Iritis serosa. Beide Fälle liessen sich durch
die Migrationstheo He nicht erklären. Schmidt-Kimpler ist der
Ansicht, dass die alte Giliarnerventheorie immer noch am besten das
Znstandekommen der sympathischen Ophthalmie erklärt. Die Rei-
zung des Oiliarnerven in dem verletzteo Auge gibt durch eine reflec-
(orisch eiDgeleitete Störung in der Blutcirculation und Ernährung
einzig und allein die Disposition zur sytnpethischen EntzüDdung des
anderen Auges« Je läuger die Veränderungen besteben und je aus-
gedeJinter sie sind, um so mehr ist der Boden für die Einwirkung
von entzündungaerregenden Schädlichkeiten vorbereitet. Dieselben
Schädlichkeiten, welche io einem gesunden Organ leicht und ohne
Nachtheil überwunden werden, können hier zu den getahrlichsteo
und zerstörendsten Processen führen; treten keine solche Schädlich-
keiten hinzu, so kommt es auch nicht zu einer sympathischen Oph-
thalmie. Da durch die reflectoriscbe Wirkung der gereizten Oiliar-
nerven vorzugsweise Störungen im Gebiete der Uvea angeregt wer-
den, 80 wird es in der Hegel auch zu Erkrankungen dieser Mem-
branen kommen.
8« (flaukoui.
Schweigger (Üeber Glaukom, Berl, klin. Wochenschr, 1882,
Nr* 27) ist der Ansicht^ dass die wesentlichsten Fehler, welche in
der Lehre vom Glaukom begangen worden sind, darin ihren
Grund haben, dass man aof ein vereinzeltes Symptom zu viel Ge-
wicht legt. In erster Linie ist dies die Sehnervenexcavation, Als
Glaucoma aimplex wurden vorwiegend Fälle von Erblindung mit Ex-
^H cavation des Sehnerven bezeichnet, aber eine durch Sehnervenatrophie
^B verbreiterte und vertiefte physiologische Excavation uaterscheidet
■ sich in nichts von der Druckexcavation. Ob die in solchen Fällen
^H vorhandene helle Entfärbung des Sehnerven eine Sehnervenatrophie
^H bedeutet, oder ob Sehnervenatrophie lediglich Folge der Druckexca-
526
Uorätmann.
vation ist, kaDB mit dem Augenspiegel nicht oliEe Weiteres coo-
statirt werden. Findet sich auf einem Auge eine tiefe, den Seh-
nervenrfind erreichende Excavation^ auf dem andern ein flacher
Sehnerv, so ist mit Sicherheit die Diagnose auf Glaukom zu stellen.
Schwierig iet die Di£Ferentialdiagnose in allen den Fallen^ in welchen
beiderseitig Excavation und Sehstörnng vorhanden ist, da hier weder
der Augenspiegelbeftind noch die Art der Sehstöning einen sicheren
Anhalt für die Entscheidung gibt. Treten hier anfallsweise Ver-
schleierungen des Gesichtsfeldes und Regenbogensehen auf und ver-
schwinden wieder, so ist die Diagnose Glaukom gesichert.
Ulrich (Ueber experimentelles Glaukom bei Kaninchen. Archiv
f. Augenheilk, Bd, 25, S* 1) gelang es in elf Fällen, durch multiple
Excisionen der Hornhaut von Kaninchen eine mehr oder weniger
ausgedehnte Einheilung der Iris in die Cornea, also ein Leucoma
adhaerens, zu Stande zu bringen. In vier dieser Fäll© entstand
ein ausgesprochenes Secundärglaukom mit deutlicher und constanter
Zunahme des intraocularen Druckes. Unter den übrigen sieben
Fällen war bei fünf die Druckzunahme zweifelhaft, und zwei Augen
wurden phthisisch. Die vier Bulbi mit erhöhtem intraocnlarem
Druck wurden enucleirt und mikroskopisch untersucht Die mit der
Cornea verwacbsene Iris war stark gespannt und verdünnt^ ihr Ge-
webe verdichtet, indess kaum hyperämisch; die Processus ciliares
waren stark pigmeotirt, das Pigment lag in der Nähe der Gefässe.
Der unmittelbare Effect einer ergiebigen Miteinheilung in den Defect
der Cornea war eine Zerruug des Irisgewebes und des Ciliarkörpers,
sowie eine Verengerung der vorderen Kammer und des Eon tan a*
sehen Baumes. Infolge der Hyperämie der Ciliarfortsätze tritt eine
starke Secretion des Humor aqueus au£ Die starke Pigmenlinfil-
tration der Processus cihares war zurückzufuhren auf eine mit Stag-
nation verlaufene länger dauernde H3rperämie. Die Hypersecretion
des Humor aqueus ist das Fundament^ auf welchem sich das Glau-
kom aufbaut.
Nach V. Garnier (Einiges über Glaukom und die damit zu-
sammenhängenden Gefäss Veränderungen, Archiv für Augenheilk»
Bd. 25, S, 24) besteht die Prädispos ition zu Glaukom in einer
verminderten Elasticitat der elastischen Gebilde des Auges, der Ge-
fässe, besonders der Chorioidea und der äusseren Augenkapsel, der
Sclera. In einem solchen Auge besteht eine nutritive Störung der
Gewebe, beruhend wahrscheinlicb auf allgemeinen Ernährungs*
Störungen, die sich als eine Verminderung der normalen Gewebs-
elasticittit kundgibt. In einem Falle von traumatischer Linsenquel-
I
Augenheilkunde.
527
ist letztere die erste Ursache der intraocularen Drucks teigerung
nnd sie brachte diejenigen anatomiäoheß Veränderungen
\ die lur Glaukom charakteristisch Bind: Dehnung der äusseren
Bnlbitekapeel, Verschluss der Kammerbucht und Excavation des
Opticaa. Diese drei Momente können den Aböuss der ißtraocu-
laren Flüssigkeit verhindern, eine sog. lympbatische Stauung her-
Torbiiiigen mid die Spannung direct erhöhen. Der Druck auf die
El^eoae ▼ortioosae und die dadurch bewirkte venöse Blutstauung in
tter Chonoidea iat als Folge der soleralen Dehnung zu betrachten.
Die Arterienveränderungen sind aecundfir und als ein selbatregistri-
render compensatorischer Procesa anaiusehen.
Schnabel (Das glaukomatöse Sehnervenleiden* Archiv L Augen-
heUkunde Bd. 25, 8*278) ist der Ansicht^ dass die glaukomatöse
Excavation bedingt sei durch retrobulbtlre Neuritis und Schwund
des intraocularen Theiles des Sehnerven^ und zwar nicht bloss der
Nervenfasern, sondern aller conatituirenden Elemente desselben. Als
Beweis dafür wird ein Fall angeführt ^ in welchem bei halber Seh-
schJIrfe und nahezu freiem Gesichtsfeld im inarklosen Sehnerventheil
ein weit vorgeschrittener Schwund der Nervenfasern sowie aller
Bauelemente gefunden wurde, und im markhaltigen Sehnerven-
abschnitt, von der Hinteriäcbe der Lamina cribrosa bis zum Cliiasmat
chronische interstitielle Neuritis in verschiedenen Stadien. Dass
68 sich in diesem Fall überhaupt um Glaukom gehandelt habe^ ist
ftllerdings nicht erwiesen, denn die Thatsacbei dasa Behnervenatrophie
bei priexi stiren der physiologischer Excavation ein von Druckexca-
vation überhaupt nicht zu unferscheideDdes Augen Spiegelbild liefert,
wird von Schnabel nicht berücksichtigt.
Arnold (Zur Behandlung des infantilen Glaukoms [Hydropb-
dttinos] durch Sclerotomie. Beitr. zur Augenbeilk. 1891, 3. Heft|
8. 16) berichtet über 20 Fälle von Hydro phthalmos, bei welchen
die Sderolomie ausgeführt war. Darunter waren 14 volle Erfolge
Qsd 6 Miasarfolge. Es ist nur nöthig, dass die Operation mdglichst
&tbaettig Torgenommen wird, damit der Krankheitsprocess , der
auf eiDeEr intraocularen Drucksteigerung beruht^ zum Btill-
wird.
9. Erkranknn^en der Linse,
(Anterior central capsular and pyramidal cataracts; their
TrtnB. Ophth, 8oc. Bd. 11, S. 70) ist der Ansicht, deae
CmtAtmcim^ pyramidalis ein nicht absorbirter Theil der Kupael*
528
Horstmann.
pupiüarmembraia iat. Er fiibrt ein Beispiel an, in welchem XJeber-
bleibael von einer Pupillarmembran mit einer solchen Cataraet zu-
sammenhängen, nnd führt zu dieser Thatsache an, dass in einer
grossen Zahl von Fällen keine Spur von TrübuDg in der Cornea ent-
deckt werden kann, was kaum der Fall sein könnte, wenn dieselbe
ulcerirt gewesen wäre.
Melli nger (Experimentelle Forschungen über die Entsteh ang der
in letzter Zeit bekannt gewordenen Trübungen der Hornhaut nach
Staarextractionen. v. Graefe's Archiv für Ophtha Im, Bd, 37, H* 4,
S. 159) führt die bekannten Trübungen der Oornea nach Staar-
operationen auf die Anwesenheit von Sublimat in der vorderen
Kammer zurück. Bleiben die Flüssigkeiten nur kurze Zeit daselbst,
80 ist die Trübung vorübergehend, im andern Falle dauernd. Et-
waiges in der vorderen Kammer befindliches Cocain unterstützt ein-
mal durch Veränderung des Endothel wodurch die Flüssigkeit zum
Parenchym gelangen kann, die Entstehung der Suhl imattr Übung und
sodann dadurch, dass durch die Druck Verminderung und den Collaps
der Hornhaut das Eindringen und Zurückbleiben von Sublimatlösung
in der vorderen Kammer erleichtert wird. Die Trübung ist patho-
logiöch-anatomiHch bei der vorübergehenden Snblimatkeratitis eine
Quellung des Lymphspaltensjstems der Hornhaut und bei der
dauernden eine durch die Quellung verursachte Schrumpfung des
Hornhautparenchyms mit secundärer Verlagerung der Hornhaut-
fibrillen. Nur bei Benutzung von S^ij^iger Borlösung und i|2%ig^
Kochsalzlösung konnten die Trübungen sicher vermieden werden.
Nach Parinaud (Le prolapsus de i^iris dans Textraction simple
de la cataracte, Hec. d'Opht. 1891, S. 321) besteht der Hauptvor-
warf, welchen man der einfachen S taarextr actio n machen
kann^ darin, dass erstens die Cortexmassen schwerer zu entfernen
sind, also häufiger Secundärcataract entsteht, und dass zweitens sich
leichter ein Iriaprolaps bildet. Wenn nach der Extraotion die Iris
nicht ihre gewöhnliche Lage wieder einnimmt, oder die Pupille trotz
der Reponirunge versuche mit dem Spatel nicht ihre runde Form
wieder bekommt, so soll man nicht zaudern, eine Iridektomie zu
machen. Bei secundärem Iriaprolaps kann man 24 Stünden nach der
Operation noch die Iridektomie machen; später dagegen ist eine
Zerstörung des Prolapses mit dem Galvaoocauter vorÄUziehen.
I
I
AagenhetlkuDde.
58'J
N
10. Kranklieiteit der Netzhaut and des Sehnerven,
Ball (Operative treatment of the detachement of the Betma.
Trans. Amer. Ophthalm. Soc. 1891) gibt die ausführliclien Kraoken-
geaobicbten von fünf FälleD von Netzhaatablösung, welche er
nach Schoelers Methode der Injection von Jodtinctur behandelte,
nachdem andere Methoden ihn im Stiche gelassen hatten. In keinem
Falle warden dauernd gute Resultate erzielt
Schönfeld (Beiträge zur Behandlung der Netzhautablösung,
loaug.-Diss. Berlin 1892) constatirt aus dem Studium der Litteratur
aad aus 23 auf der Berliner Universitäts-AugeDklinik mit der In-
jection von Jodtinctur behandelten Fällen, dass durch diese Methode
ein Fortschritt in der Therapie der Netzhautablösung nicht erzielt
worden ist.
Bauholzer (Zur pathologischen Anatomie der KetinitiB proli*
ferans, Archiv f. Augenbeilk, Bd. 25, S* 186) gibt die nntersuchung
eines Auges, in welchem sich nach einer Verletzung das Bild einer
Retinitis proliferans entwickelt hatte und das später wegen
Sohmerzhaftigkeit enucleirt worden war. Von besonderem Interesse
war das Verhalten der Netzhaut. Zwischen der inneren Ghrenz-
membran und der Ganglienzellen schiebt fanden sich reichlich ein-
gelÄgerte Zellen; beim Durchtritt durch die innere Kömerschicht
zeigten sich die Radiärfasern deutlich verdickt, der nach dem Glas*
körper zu liegende Tbeil der StQtzfasern liess ein exceasives Wachs-
thum erkennen, zugleich erschien eine Verästelung und znm Theil
ßbriliäre Auffaserung des inneren Endes derselben, longitudinal ver-
laufende, dichte Bindegewebszöge traten auf Bald verbanden sich
die inneren Enden der gewncherten Stötzfasern au einer deutlichen
^_ (jreazmembrän, bald sti essen sie in gewissen Zwischenräumen arkaden-
^HlbiiDig zusammen, häufig faserten sie sich auch am centralen Ende
^FaniV In der Umgebung des Sehnerven erhob sieb die Netzhaut zu
^H mehreren schmalen, steilen Falten mit so engem Lumen, dass das
^HNenroepithel der beiden Seiten sich in der Mitte berührte« Im
^BZwischenraum zwischen solchen Falten lag die Betina vollständig
^Vder Chorioidea an. — Die Ursache der Erkrankung war in einem
schweren Trauma mit massigen Glaskörper- und Netzhautblutungen
im andhen, infolge dessen eine auf die Innenfläche der Netzhaut be-
tckränkte Wucherung auftrat, die auf prolilerirenden Radiärfaseni
Süd fiaogebildetem Bindegewebe bestand* Die Netzhaatfattung war
dnrcli die Zagwirkung seitens des schrumpfenden Gewebes zu er-
mi^mk d. pncL MedldiL fOB. U
530
HorBtraanu.
Auf Gruud der Beobachtung von zwei Fäilen von B-etinitia
proliferans ist Schnitze (Beitrag aar Entsteh uüg der sog. Ketinitis
proliferans. Archiv f. Augenheil k, Bd. 25^ S. 278) der Ansicht, dass
ee sich dabei nicbt um eine exsudativ entzüDdliehe Masse handelt^
sondern um eine Ablagerung vqd nicht resorbirtem Blutfibrin als
letztem Rest einer vor auf gegangenen Netzhaut- und Glaskörper-
blutung. Diese aufgelagerten Bktfibnnmassen sind mit der Netzhaut
in feste Verbindung getreten und haben die darunter gelegenen
nervösen Theile io der Netzhaut zur Atrophie, die bindegewebigen
zur Hypertrophie gebracht und sich schliesslich selbst in feinfaseriges
Narbengewebe umgewandelt. Das Fehlen entzündlicher Producte,
vor Allem die auffallige Arnauth der Auflagerang und der UmgebuDg
an zelligen Elementen ^ ferner die völlige Gefasslosigkeii der Membran
und die Zusammensetzung aus feinfaserigem Gewebe scheinen für
die Ablagerung von Blutiibrin zu sprechen»
Deutsch mann (Einseitige typische Betinitis pigmentosa mit
pathologisch-anatomischem Befund. Beitr. zur Äugenheilk. Bd. 1,
H. 3, S, 69) untersuchte einen Fall von typischer einseitiger
Retinitis pigmentosa mikroskopisch* Die Netzhaut war hoch*
gradig verdünnt , nur an der Macula fanden sich noch sämmtliche
Schichten in guter Anordnung, Die Netzhau tgefässe waren stark
sklerotisch verdickt. Das Pigment der Retina erstreckte sich durch
alle Schichten, Das Pigmentepithel, von dem das Pigment wucherte,
zeigte iheils atrophische, theils hypertrophische Veränderungen, Das
Netzhautpigment stammte sicher vom Pigment epithel her. Die Ver-
änderung desselben war die Folge einer Ernährungsstörung, die
wahrscheinlich ihren Ursprung in der Sklerose der Aderbautgefässe
fand. Ebenso erlitt die Netzhaut Ernährungsstörungen, wodurch die
Degeneration zu erklären war. Der ursprüngliche Sitz der Erkran-
kung war jedenfalls in beiden Membranen zugleich zu suchen«
Auf Grund der Beobachtung von vier Fällen von Commotio
retinae ist Makrocki (Zur Symptomatologie der Commotio
retinae. Archiv £ Äugenheilk. Bd. 24, 8, 244) der Ansicht, dass
charakteristisch für diese Affection eine Netzbauttrübung ist, ausser-
dem ein meist ganz peripher gelegenes Skotom, das nach kurzer Zeit
verschwindet, und eine massige Herabsetzung der centralen Seh*
schärfe, die gleichfalls nach kurzer Zeit einem normalen Verhalten
Platz macht.
Augenheilkunde.
531
IL Angenerkranknn^eii \m AllgemeiMleiden»
Wilbraod (lieber nerväae Aetheoopie. Bericht der 21. Ver-
sfLmmliiiig der ophthalm. Gesellschaf fc 1891, S. 178) will den Ausdruck
nöurasthenische Asthenopie durch nervöse Asthenopie ersetzt
wissen, weil die nervöse Asthenopie nicht allein ftlr die ^Neurasthenie,
sondern auch für alle Formen von Neurosen charakteristisch ist. Die
sog. Anaesthesia retinae ist der Ausdrack einer allgemeinen Neurose.
Auf Grund von 45 Beobachtungen kann Wilbrand nachweisen,
dass cutane SeDsibilitätöBtörungen ansaerordentlich häufig nait diesen
Formen peripherer Gesichtsfeldamblyopien ohne Befund vorkommen.
Ganz die gleichen S3''mptome nervöser Asthenopie beobachtet man
bei vielen Fällen von traumatischer Neurose. Letztere lassen sich
in drei Gruppen eintbeileu; in solche 1) wo keine Erscheinungen
von Seiten der Augen vorkommen; 2) hei welchen Erscheinungen
nervöser Asthenopie, cutane Sensibihtätsstörangen und Steigerung
oder Uogleichheit der Sehnenreflexe beobachtet werden, ohne dass
dabei palpable Läsionen des Sehnerven, des Gehirns und des Schädels
bestehen; und 3) bei denen Symptome nervöser Asthenopie neben
palpablen Läsionen der oben genannten Theile vorkommen«
Ausser den durch vasomotorische Störungen verursachten patho-
logischen Formen sind bei den function eilen Störungen des
Nervensystems im Grossen und Ganzen zwei Formen der G e-
sichtßfeldve ränderungen nach Wilbrand (Ueber Gesichts-
feldveränderungen bei functionellen Störungen des Nervensytätems.
Wiener med. Presse 1892, S. 10) zu unterscheiden : die gJeiohmässig
allgemein concentrische EinengUDg von mehr oder minder langer
Dauer und die durch leichtere Ermüdung des Nervensystems be-
dingten Einschrönkungsformen, Bei der ersteren Form findet sich
bei normalem Augenspiegelbefund und bei normalem Verhalten der
Papillen ein gleichmässig verengtes Gesichtsfeld mit geringen
Schwankungen durch Monate und Jahre. Bei der zweiten Form
werden bei ein und demselben Patienten durch die Wahl verschie-
dener üntersuobungsmethoden die verschiedenartigsten Gesichtsfeld-
formen hervorgerufen; bei der gewöhnlichen centripetalen Unter-
Sttchungsmethode treten hier bizarre, mit tiefen sectorenförmigen
ünscbniltan bebaftete Defectformen zu Tage.
Nach Leber (Ueber periphere Sehoervenaffectionen bei Hyste-
riscben. Deutsche med. Wochenschn 1892, Nr. 33) gibt es gewisse
;
532 Horfltmanifi.
rasch vorübergehende Erblindungen oder Ambiyopien bei
Hysterischem, die auf flüchtigen Entzündungen der Sehnerven-
stämme beruhen. Vielleicht liegt auch der mehr chronisch verlaufen-
den 80g, Anaesthesia retinae eine periphere Erkrankung des Seh-
nerven, etwa dicht vor dem Chiasma, zu Grunde.
Redlich (Zur Charakteristik der reflec torischen Fupillenstarre
bei progressiver Paralyse, NeuroL Centralbl. 1892, S. 307) bat ge»
fanden, daes bei denjenigen Paralytikern , bei denen das eine Auge
bereits reflectorische Pupillenstarre zeigt, während das
andere auf Lichteinfall noch reagirt, das direct nicht mehr reagirende
Auge noch zu consensueller Reaction am anderen Veranlassung gibt,
während das direct reagirende Auge keine consensuelle Reaction am
anderen auslösen kann. Zur Erklärung wird auf eine partielle
Kreuzung der Pupillarfasern des Opticus peripher vom Chiasma oder
der hinteren Commissur recurrirt.
Ostwalt (De la r6tinite syphilitique. These de Paris 1802)
beschreibt, auf sehr ausführliche Litteraturstudien gestützt, die
syphilitischen Retinal- und Chorioidealaffectionen,
In der Retina zeigt sich die luetische Erkrankung am frühesten in
den centralen T heilen. Die sonst als regelmässig angenommenen
leinen Glaskörpertrübungen fehlen nach Ostwalt in den meisten
Fällen. Bei Vernachlässigung entwickelt eich dsjin allmählich das
gewöhnliche Bild der syphilitischen Chorioretinitis, Noch später
tritt die von Heuhner beschriebene Erkrankung der Cerebral-
arterien auf, welche den Veränderungen an den Retin alarterien sehr
ähnlich ist. Bei energischer Behandlung im Anfanggstadium, zur
Zeit der centralen Retinitis, sind die therapeutischen Resultate recht
günstig, aber später nicht mehr. Deshalb ist besonders auf diese
schwerer zu erkennende Anfangsform der Retinitis sehr zu achten,
Sänger (Zur Kenntniss der Nervenerkrankungen in der Früh-
periode der Syphilis, Jahrbuch des Hamburger Stadtkrankenhauses
1891, Heft 1) berichtet über sechs FäUe, bei denen durch die Sy-
philis schon ganz früh schwere anatomische Veränderungen im
Nervensystem gesetzt wurden, und warnt vor der Auffassung,
dass die Lues sich in der Frühperiode lediglich auf der Haut und
den Schleimhäuten manifeatire. Es handelt sich um retrobulbäre
Neuritis, doppelseitige Atrophie und Augen muskeilähmungen, welche
erstere sich durch eine nicht unerhebliche concentrische Gesichtsfeld*
einschränkung auszeichneten.
Augenheilkunde.
533
Nettiesbip (Oasee of tempory blmdaesa daring lactation.
OplitlL floöp, Rep, Bd, 13, S. 98) berichtet aber vier Fälle von
temporärem Fehlen des Sehvermögens während der
Lactatton; in einem dereelben wurden nach Jahren Erjjcheinnngeo
von retrobulbärer Neuritis gefanden; in einem anderen Fa!l nach
einigen Monaten. In den übrigen Fällen keine opbtbalmeskopischeti
Veränderungen.
Nach den Beobachtungen von Tro useeau (La consanguinite
m pathologie oculaire. Ännal, d*Ooul. Bd. 107, S. 5) Hess sich unter
2< ) Fällen von Cataracta congenita 1 Imal weder eine Erblichkeit,
Doch eine Oonsanguioität der Eltern nachweisen , bei 5 war
Erblichkeit vorhanden, bei 8 Consanguinität der Eitern, and bei
einem war es nicht möglich, etwas Auereichendes zu erfahren. Die
Beobachtungen auf Eetinitia pigmentosa erstreckten sich auf 11 Fälle.
ErVtermal fand sich keine Ursache, 5mal Erblichkeit und 2 mal Con-
taiguinität der Eltern. Bei Albinismus war Imal die Aetiologie
unklar, Imal bestand Heredität und Imal Consanguinität.
Bei einer verbreiteten Raphanie^Epidemie im Gouvernement
|{^jatka beobachtete Kortnew (üeber Cataract infolge von Raphanie*
Wjestnik Opbth. 1892, Nr. 2\ Patienten mit zweierlei Beschwerden
in Betreff des Gesichts. Die einen klagten über vorübergehende
Gesichts Verdunkelung, wobei das Sehvermögen bis auf V., und noch
tiefer fiel, welche verschieden oft (von mehrmals täglich bis einige
Male im Laufe eines Monats) auftraten und einige Minuten lang an-
hielten. Sie traten meist bei den stärkeren Krampfan fällen auf.
Bei den anderen entwickelte sich die Sehschwäche allmälilich und
bleibend. Bei beiden Kategorien entwickelte sich Linsentrübung
vom Centrum zur Peripherie (37 Fälle im Älter von 6—54 Jahren
auf 500 an Raphanie Erkrankte). Der Staar reifte bei den jüngeren
in 2 — 3, bei den älteren in 8—12 Monaten, Die Eattraction des
raphaniscben Staares verlief meist normal; es existirte nur eine grosse
Neigung zu Glaskörperverluaten. Bei Discision balbflüssiger Staare
beobachtete Kortnew eine sehr verlangeamte Aufsaugung und in
zwei Fällen jedesmal nach der Discision heftige raphanische Krampf-
anfsLile.
Antonelli (Neorite ottioa papilläre e retrobulbäre da influenza.
AnnaL di Ottalm. Bd. 21, S. 119) berichtet über zwei Fälle von 8 eb-
ner vena ff ectionen infolge von Influenza, Beim ersten
Kranken handelte es sich um eine graugrünliche Verfärbung der
534
Horstmann*
Papille auf beiden Äugen. Die Sehschärfe war auf ^/j„ — *,j2 ge-
suDken, daa Gesichtsfeld liatte beiderseits eine minimale Einengung
von aussen erlitten: die Färb enempfin düng war für Ratbgriiu ge-
schwächt. Das Aussehen der Papille, die scharfe Begrenzung ihrer
Bänder, die etwas dünnen, aber sonat normalen Gefässe, welche nur
am physiologischen, excavirten, nicht verfärbten Centniin hervortraten,
hätten auf Tabes dorsalis schliessen lassen m&ssen; da aber von
dieser Affection absolut keine Spur nachweisbar war, so stellte Verf*
scbarfsinnig die Diagnose auf abgelaufene retrobulbäre Neuritis
optica. Der zweite Fall betraf eine beiderseitige aasgeaprocbene
Neuroretinitis. Die beiden, sehr kurzsichtig gebauten Augen konnten
nur Finger auf 1 m Entfernung zählen und hatten vollständig die
Farbenempfindung verloren. Das Gesicbtsfeld war dabei normal.
In den beiden Fällen hatten die Augensymptome mit dem Ablaufen
der Influenza und der eintreten deo Eeconvalescenz ihren Anfang
genommen.
Weeks (Die Grippe als Ursache retrobulbärer Neuritis. New
York med. Journ. Bd. 54^ Nr, 6) berichtet über einen Fall von retro-
bulbärer Neuritis nach IiifJueuza aus seiner eigenen Frax:is
und über 14 Fälle aus anderen Quellen. In seinem eigenen Falle
bestand ein kleines centrales Skotom in beiden Augen mit Beschrän-
kungen der Farbenfelder. Die Papille war auf der temporalen Seite
blass. Das Sehvermögen betrug * ^j. Der Fall wurde unter toni*
sirender Behandlung besser. — Snell (Brit. med, Journal 1892,
8,1307) sah danach beiderseitige Neuritis optica^ Graddy
(Ophthalm. Record Bd. 1, Nr. 12, S. 387) Erblindung, Metaxas
(Aunal. d^Ocul Bd. 107, S* 543) Hemeralopie, und Hartridge
(Ophth, Soc. of the Unit, kängd. 1892» Oct, 20) beiderseitige
N e u r ü r ö t i o i t i s.
Groenouw (Ueber die Intoxicationsambljopie. v. öraefe's
Archiv f. Ophthalm. Bd. 38, H, 1, S. 1) bespricht die Tabak- und
Alkoholamblyopie, Hierbei ist die Sehschiirfe auf beiden Augen
oft beträchtlich herabgesetzt. Das Gesichtsfeld zeigt einen centralen
Defect iür Koth, während die Peripherie intact ist. Der Augenspiegel
ergibt ausser einer Abblaasung des temporalen Pupillenqundranten
nichts Abnormes» Entsagen die Kranken dem Tabak- und Alkohol-
genuBSi so stellt sich das Sehvermögen nach einigen Wochen ge-
wöhnlich vollständig wieder her. Das hauptsächlichste Moment für
die Amblyopie ist der Tabak, dem Alkoboi kommt meist nur eine
unteretützende Wirkung zu, Die Differentialdiagnose zwischen dieser
Augenheilkunde. 535
Krankheit und der Nenritis retrobulbaris axialis ist oft nicht einfach,
da das bei letzterer Affection vorkommende Skotom eine grosse
Aehnlichkeit mit dem der Tabaksamblyopie hat. Ist nur ein Defect für
Roth nnd nicht fär Weiss vorhanden, so handelt es sich wahrschein-
lich um Intoxicationsamblyopie. Nur wenn der Defect für Roth noch
klein ist, können Zweifel entstehen, ob derselbe nicht als erstes
Stadium der Nenritis axialis anzusehen ist und sehr bald zu einem
absoluten werden wird. Wenn bei vorhandenem Defect für Weiss
der Defect für Roth wenigstens die Grösse eines sich zwischen Opticus
und Macula erstreckenden horizontalen Ovals erreicht oder noch
grösser ist, so kann sowohl retrobulbäre Neuritis axialis, als auch
Intoxicationsamblyopie vorhanden sein. Hat dagegen der Defect für
beide Farben annähernd dieselbe Grösse, so handelt es sich mit
grosser Wahrscheinlichkeit um eine Neuritis axialis. Bei der Intoxi-
cationsamblyopie erstreckt sich der Defect von der Fovea centralis
aus meist nach aussen hin auf den blinden Fleck zu und überschreitet
erstere in der Regel nur wenig oder gar nicht nach innen, während
das Skotom der axialen Neuritis stets absolut ist und die Fovea
nach innen hin oft beträchtlich überragt, ehe es den blinden Fleck
erreicht. Periphere Verengerungen des Gesichtsfeldes für weisse und
farbige Objecto, namentlich einspringende Winkel, sprechen für retro-
bulbäre Neuritis. Der Sitz der pathologisch-anatomischen Verände-
rungen ist in den Leitungsbahnen zu suchen, wofür die Abblassung
der temporalen Papillenhälfte spricht, ferner die Besserung der Seh-
schärfe bei gedämpfter und die Verschlechterung bei heller Beleuch-
tung. Endlich aber beweisen die bisherigen Sectionsbefunde mit
aller Bestimmtheit, dass der Process nur im Sehnerven sitzen kann,
und zwar in seinem orbitalen Theile und nicht im Chiasma oder
Tractus opticus.
X.
Ohrenheilkunde.
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handlung (H. Kornfeld).
Hermann Schwarte e, Handbuch der Ohrenheilkunde.
1. Band. Mit 133 Abbildungen im Text. Leipzig, F. 0, W.
Vogel.
L. Katz, Mikrophotographischer AtlaB der normalen und
pathoIogiBchen Anatomie des Ohres, 2, TbeiL Berlin,
Hirsch wald.
G. Sandmann, Tafel des menach liehen Gehörorgans,
Berlin^ Boas & Hesse.
Weiohselbaum, Grundriss der pathologischen Histologie»
13. Abschnitt. Gehörorgan, bearbeitet von Dr. B. Gomperz.
Wien & LeipÄig, Fr, Deuticke.
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537
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Chr, Lemckei Die Taubstammheit im Grossherzogthum
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Bacbens, des Ohres und des Kehlkopfes* Mit 14 Ab-
bildungen. Zweite unveränderte Auflage. Graz, Leuschner ^
LabeDäky*
IL Aiateaie.
Körner (Untersuchungen Ober einige topographische Ver-
hältnisse am Schläfenbein. Dritte Reihe. Zeitschr. f. Ohrenbeilk.
Bd. 22, H B u. 4) legte seiner neuen Untersuchungsreihe dieselben
27 Schädel der Senckenbergiscben naturforscb enden Gesellschaft zu
Grande, die er in seiner ersten diesbezüglichen Arbeit benutzt hatte.
Xach Herausnahme der Schläfenbeine aus dem Schädel wurde in der
Axe des äusseren Gehörgangs durch dieselben ein Horizontalscbnitt
angelegt, und wurden mit einem besonders constmirteii Tasterzirkel
aus Stahl die Messungen vorgenon;inen, Verf. hnä auch bei dieser
Nachpröiting die Bestätigung der Ergebnisse seiner früheren ein-
schlägigen Arbeiten (cf. Jahrb. 1887 u. 1890),
Randall (Rapport des 4todes craniom^trtques et de Tanatomie
de roreilie. Med, Record., 6. Aug. 1892. Ref Annal. des malad, de
roreille 189^, Nr. 11) konnte nur ein etwas häu^geres Tieferstehen
der mittleren Schädelgrube rechterseits gegen links bei
den Brachycephalen constatiren. Seine Untersuchungen er-
streckten sich auf 73 Brachycephalen , 33 Dolichocephalen und
16 Schädel mit mittlerem Index.
Gomperz (Zur Frage der Regeneration der Substantia propria
in TrommelfeUnarben, Monatsschr f. öhrenheilk, 1892, Nn 4) glaubt,
538
Koch,
gestützt auf den mikroBkopischen Befund einer uDzweifelliaft aus
einer eiterigen Entzündung hervorgegangenen totalen narbigen
Trommelfellmembran, sich dahin außsprechen zu müssen ^ dass eine
Eegeneratioo der Subatantia propria des Trommelfells
auch in Narben, welche nach eiteriger Entzündung der Pauken-
höhle entstehen^ vorkomme. Die Eegeneration war in vorliegendem
Falle sogar sehr ausgeprägt und erstreckte sich nur auf die Radiär*
fasern.
Währeod bisher der Zweck der sog. Incisurae Santo rini
des Gehörgangknorpels darin gesucht war, daos sie kleinen
Oefäsaen zum Durchtritt dienen sollten, schreibt Ostmann (Die Be*
deutung der Incisurae Santorini als Schutzvorricbtungen. Archiv f.
Ohrenheilk* Bd. 33, H, 5 u. 4) diesen Spalten wegen ihrer anatomi-
schen Lage eine weitere wichtige Bedeutung zu, darin bestehend,
dasö sie die Gefahr des Brechens des Gehörgangsknorpels bei Ein-
wirkung von Gewalten in der Richtung der Langsame des Gehörgangs
wesentlich herabsetzen.
Nach Ofitmann's Untersuchungen (Die Würdigung des Fett-
polsters der lateralen Tuhenwan 1. Ein Beitrag zar Frage der Auto-
phonie. Archiv für Ohrenheilk. ßd. 34, H. 3) erklart sich die bei
stark abgemagerten Personen zuweilen beobachtete zeitweilige Er-
öffnung der Tuben durch den Schwand des Fettpolsters der
lateralen Tubenwand.
IIL Physiologie.
Die interessanten UnterBuchungen KreidoTs {Beiträge zur
Physiologie des Ohrlabyrinthes aaf Gnind von Versuchen an Taub-
stummen, Archiv i\ d. ges. Physiol Bd. 51, 1891) sollen zur Stütze
der Theorie von Mach und Breuer dienen, wonach die Bogen-
gänge eine Vorrichtung zur Erhaltung des Gleichgewichtes bil-
den, indem das Vestibulum durch den Bogenapparat über die Dreh-
bewegungen orientirtj während der Otolithenapparat progressive Be-
schleunigungen uod die Lage des Kopfe« im Kanme zur Wahrneh-
mung bringt. Taubstumme eigneu sich deshalb besonders zu diesen
Untersuchungen, weil bei ihnen nach Mygind in mehr als der Hälfte
der Fälle Erkrankungen der Bogengänge vorhanden sind.
Loeb (lieber den Antheil des Hörnerven an den nach Gehirn-
Verletzung auftretenden Zwaugsbewegungen , Zwangsanlagen und
Ohrenlieilktiiide.
531)
asBOciirten StellutigsänderuiigeD der Bulbi und Extreini täten. PÜüger's
Arcb. Bd. 50, S. 66^83. Ref. Zeitscbn f. Ohrenheilk. Bd,23, B. 1, 8,86)
gelangte nach seinen an HaiBschen angestellten Versuclien zu dem
Scblusae^ daas alle Orientirengsstörungen, welche nach Hirn-
verletzung auftreten, durch Lähmung oder Reizung der peripheren
oder centralen Acusticuabahn zu Stande kommen^ im Einklänge mit
der Breuer'schen Deutung des Ohriabyrinthes als Orientirungsorgan.
Einem Hömerven entspricht die gleichseitige Oblongata und das
gegenüberliegende Mitteihim,
Lange (In wie weit sind die Symptome, welche nach Zerstörung
des Kleinhirns beobachtet werden, auf Verletzungen des Acasticu:!
zurückzufiihren? Archiv f, d. ges. Physiol. Bd. 5Ü, H. 2 u, 12. Ref.
Zeitscbr. f. Ohrenheilk. Bd. 23^ H. 1, S. 86) verband bei seinen Unter-
suchungen nach dem Vorgänge von E wal d Xleiuhirnexstirpationen mit
Plombirungen der Bogengänge und gelangte zu dem Resultate, dass
zwischen Kleiohirnsymptomen und Bogengangssymptomen
streng unterschieden werden kann, Wird ein Organ vernichtet,
80 wird dadurch nicht das Zustandekommen der nach Zerstörung
des anderen Organs auftretenden Symptome verhindert. Jedoch
können sich beide Organe bei Verlust des einen bis zu einem ge-
wissen Grade compensiren. Es sind daher die Acusticussymptome
nicht nur als Gebirnstorungen , noch die Klein kirn Symptome auf
Acusticusverletzungen zu beziehen.
Ostmaun (Druck und Drucksteigerung im Labyrinth. Archiv
t Ohrenheilk. Bd. 34, H. 1 u. 2) gelangte bei seinen Untersuchungen
über die Druckverhältnisse im inneren Ohre und über das Verhalten
des häutigen Labyrinthes, vornehmlich des Ductus cocblearis,
bei Druck Steigerung vermittels der von ihm zu diesem Zwecke
construirten Apparate zu folgenden Ergebnissen: 1) Stände die Endo-
lymphe unter einem höheren Druck als die Perilymphe, so würde
dieser üeberdruck durch elastische Spannung der Wandungen des
häutigen Labyrinthes getragen werden müssen. Diese würde für die
Schallübertragung auf das Cor titsche Organ in hohem Maasse un-
zweckmässig sein. 2) Es ist anzunehmen, dass Peri- und Endolymphe
unter gleichem Drucke stehen, welcher etwas geringer als der intra-
cranielle ist. 3) Die durch Atbmuog und Puls bedingten Druck-
schwankungen des Liquor cerebrospinalis übertragen sich nicht auf
das Labyrinth. 4) Das eventuelle Ausströmen der Peri- wie der
Endolymphe bei Drucksteigerung im Labyrinth durch allzu ausgiebige
Schallscbwingungen ündet gleichzeitig statt. 5) Die Schutzvorrich-
54U Koch.
tuögen des LabjriEtlis gegen Druckötai gering — für den eBdo-
IjmphatiöGiien Raum der Ductus endolymphaticus, für den peri-
lymphatiechen Kaum das laudö Fenster und der im Aquaeductus
Cochleae gelegeoe Ductus perÜymphaticus — verhindern eine De-
pression der Membrana vestibularis und eine dadurch bedingte Ver-
letzung des Corti'schen Organs bei intracrani eller Drucks taigerung.
6) Der Ausfall gerade der hohen Töne bei Verletzung des nervöseii
Endapparafeea des Acusticus durch allzu ausgiebige Schallschwingungen
lässt sich durch eine verlängerte und verstärkte Druckwirkung der
Endolymphe auf die in der ersten 8 chn ecken win düng gelegenen Ge-
bilde und NerveEfasern des Corti'soben Orgaas erklären.
lY. [Jiiter»achiiDg!inicthodeu ond Bia^^nostik.
Siebenmann (Hörprüfungaresultate bei reinem Tuben-
katar rL ZeitBchr, f Ohrenheilk, Bd, 22, H, 3 u, 4} fasst die wich-
tigsten Ergebnisse seiner Arbeit dahin zusammen:
L Die Prüfling doppelseitiger Tubenkatarrhe ergibt folgende
fuDCtionelle Veränderungen: 1) Abschwachung der Luftleitung;
2) Verstärkung der Knochenleitung; 3) Lateralisation des Diapason*
Vertex nacli der kränkeren Seite; 4) Verkürzung des Rinne oder
Umschlagen desselben in negativen Werth; b) Hinaufrucken der
unteren Tongrenze; 6) Hinabrücken der oberen Tongreuze.
IL Die erste Luftdouche beeinüusst sowohl die abnorme Ver-
stärkung der Knochenleitung j als die pathologische Herabd rängung
der oberen Tongrenze nicht sofort wesentlich; dagegen bessert sie
tmmittelbar die bestehende Abschwächunw der Luftleitung und die
Einengung der unteren TopgrenzOi ohne sie indessen zur Norm zu-
nickzuführen. Unmittelbar nach der Luftdouche besteht eine im
Verhältniss zur Verstärkung der osteotympanalen Leitung auffallend
grosse Hörweite.
Die Untersuchungen erstreckten eich nur auf Fälle von reinem
doppelseitigem Tubenkatarrh, bei denen beim Katheterismus kein
Seoret in der Paukenhöhle nachzuweisen war, und hotten die Trommel-
felle vor der Luftdouche die charakteristischen Einsen kungsersohei-
nungeuj dagegen keine Zeichen von Entzündungen; nach der Luft-
douche zeigten die Trommelfelle wieder annähernd normales Aus-
sehen unter sofortiger ecla tanter Besserung der Hörweite.
In einer zweiten Arbeit (Zur f uncti onellen Prüfung des
normalen Ohres. Zeitschr. £ Ohrenheilk, Bd. 22, H, 3 u. 4)
resutnirt Sieben mann als Hauptergebnisse:
OlirenheiJkande.
541
L Das gesunde juvenile Hörorgau besitzt eine Hörweite von
25—26 m für Flüsterzalilen und von mindestens 15 m für den
PolitEer'schen Hörmesser.
IL Beim Schwab achtgeben Versuch mit Stimmgabel A zeigen
aicb niclit unbeträchtliche Differenzen in der Hördauer auch bei ganz
Kormalbörenden.
IIL Beim Weber'scben Versuch wird die Stimmgabel bei V^
der untersuchten Kormalbörenden hauptsächlich in einem Obre
percipirt.
IV* Für die Bezold-Katsch'sche Stimmgabel A beträgt beim
Normalbörenden der Rinne durchschnittlich 48 Secunden.
V. Der obere Grenzton variirt bei Normalbörenden wenig. Er
entßpncht den KönigWhen Klangataben at 9 bis mi 9 (c*— e*J und
schwankt — mit der Galtonpfeife gemessen — innerhalb einer Breite
von 0,6 Tbeilstrichen derselben.
VI. Die Bezold-Katscb'sche Stimmgabel c~' (33 v, d) wird
von allen Normalbörenden percipirt, und zwar (bei mittelstarkem An-
schlag > während durchschnittlich 16 Secunden.
VII. Beim Aspirationsversucb tritt eine Verkürzung der Hör-
dauer von Stimmgabel A ein, und zwar sowohl für dut aerotympanale
als für die ost^otympanale Leitung,
VUI. Beim Experimentum Valsalvae und bei AnwenduDg Ton
Stimmgabel A tritt für die aerotympanale Leitung atets Verkür»
zung, f&r die osteotympanale Leitung dagegen meistens Verlängerung
(bei ^l- der untersuchten Verkürzoog) ein.
IX* Ganz neu ist folgendes Ergebniss: Unter dem £inBu«ie deti
Experimentum Valsalvae wird die obere Tongrenze meistenn
binaufgerackt, oft auch das Ferceptionsvermögen f&r die Töne des
oberen Endstückes der Scala verschärft , seltener die Tonhöhe mitt'-
lerer Lagen alterirt. Der Aspirationeversuch dagegen beeiofloMt die
obere Tongrenze entweder gar nicht, oder setzt sie etwaa herunter.
X* Die Luftleitung für Stimmgabel C^^ wird durch den Valsal v n-
sehen und den AspirattonsTersoeh Terkürxt. Ooreh das Expenmen-
tum Valsalvae wird nur in ganz vereinzelten Fällen die untere
Tongrenze hinanfgerückt über C'i resp* De0~* hini^as.
Hierzu kommen noch die betdeo an der bloMdseg)eeiid«D fiw4i»l«i
Paukenhöblenwand der Lebenden giewoiiiieiiaii £rgetmti»e:
XL Anspannung dem ligßsmaMttUMk Mimu\mn durch dtreetea
Hineinpressen des Steigbügel« verstlrkt die Kopfknoebeitleitong;*
XII. Tainponade der MiselMa beider LAhjrmtMeM^ beetofloMit
dais Perceptionsvermögea flbr hohe Töne mAt,
54;
Koch,
Der Von Bing beschriebene neue Stimmgabel versuch
(Ein neuer Stimmgabel versuch, Wiee. med, Bh 1891, Nr. 41) besteht
darin, dasa, wenn man nach Abklingen einer auf die MedianliDie oder
auf den Warzenfortaatz geaetsten Stimmgabel von mittlerer Stärke
und Tonhöhe den Grehörgang sofort mit dem Pinger verschliesst, der
Ton von Neuem wieder erscheint. In diagnostischer Beziehung soll
der Degative Ausfall, das Fehlen der secundären Perception, auf einen
vorhandenen Leitungawideratand hindeuten, während ein positiver
Ausfall wenigstens insofern verwerthbar sei, als, wenn bei Vergleiehung
der Dauer der primären Perception zur Dauer der secundäreii Per-
ception letztere bei verlängerter oder mindeetetis unverkürzter Primär-
perceptionsdauer wesentlich verkürzt ist, der Verdacht auf einen
medial war ta gelegenen Leitungs widerstand nahe liegt.
Delstanclie (Aus d, Ber. d, Jahres versammle belg. Ohrenärzte.
Anual des malad, de l'oreille 1892, Nr. 7) bestätigt nicht allein die
Richtigkeit der Bin gesehen Beobachtung, sondern glaubt auch nach
iäeinen zahlreichen Untersuchungen, die diagnostische Verwertbbarkeit
des Versuches für einseitige Erkrankungen dahin erweitern zu dürfen,
dasa, wenn bei Veracbliessung des gesunden Ohres die secundäre
Perception auf der kranken Seite stattfindet, was fast immer der Fall
war, auf ein Mittelohrleiden geschlosaen werden kann, während, wenn
das Gegen theil der Fall, entweder eine aussohliessliche oder wenig-
stens theilweiae Miterkrankung dea Labyrinthes vorliegt.
Bas von Jankau angegebene Verfahren [1) Eine neue Unter-
suchungamethode für die Differentialdiagnose von Labyrinth-
und Mittelührerkrankungec. Vorläuüge Mittheilung, Deutsche
med, Wochenscfar, 1892, Nr, 10. 2) Zur Differentialdiagnoae der Mittel*
ohr- und Labyrintherkrankungen, Arch, t Ohrenheilk. Bd. 34, H. 3]
besteht in der Untersuchung mit Stimmgabel und zwei Oto-
skopen resp. Doppelotoakop* Bringt man nämlich die eigenen
Ohren mit denen des zu Untei-Äuchenden durch das Doppelotoskop
in Verbindung, so wird der Ton einer auf dem Scheitel schwingen-
den Stimmgabel beim Normathörendeu als gleich veroommen, d, h,
man glaubt nur einen Ton zu vernehmen. In differential diagnosti-
scher Beziehung erhielt nun J a n k a u au der Hand von über
100 Fällen durch das Doppelotoskop folgende Resultate; 1) Bei Er-
krankungen des schallzuleitenden Apparates hört der Untersuchende
von dem Ohre her einen stärkeren Ton, das erkrankt ist 2) Bei
doppelseitiger Erkrankung ist der Ton von der stärker erkrankten
Seite her ein stärkerer. 3) Bei Erkrankungen des schallempünden-
den Apparates ist der Tun von der erkrankten Seite her ein schwächerer:
Ohrenheilkunde. 543
bei doppelseitigen Erkrankongan von der starker erkrankten Seite
her. 4) Ergeben die Untersachnngen mit Spiegel u. s. w. die An-
Dahme ein«' Erkrankung des schallzoleitenden Apparates, die ünter-
gachong mit zwei Otoskopen jedoch von der erkrankten Seite her
einen geringeren Ton, so ist ansunehmen, dass das Labyrinth bereits
ergriffen isL Dem Verf. war bei seiner ersten Mittheilong unbekannt,
dass Lacae schon vor ihm Untersuchungen mit dem Doppelotoskop
angestellt hatte und im Gegensatz zu ihm diese Untersuchungs-
methode nicht für die Diagnostik ver werthbar gefunden hatte. J a n k a u
betont, dass zur Erzielung seiner Resultate gewisse Oautelen erforder-
lich sind (gleichlange Otoskope — gleichmässiges Hören des
Arztes auf beiden Seiten u. s. w.), und dass hier vielleicht die
Ursache der Differenz zu suchen ist.
Wird die schwingende Stimmgabel c^ (512 Schwingungen) vor
die Nase gehalten, so hört man im normalen Zustande in beiden
Ohren ein gleichmässiges schwaches Tönen; im Momente eines
Schlingactes jedoch wird der Stimmgabelton in beiden Ohren auffallend
starker empfunden. Diesen Versuch hat Politzer (Stimmgabel-
versuch zur Constatirung der Wegsamkeit der Ohrtrompete.
Wien. med. Presse 1882, Nr. 16) zu diagnostischen Zwecken zu ver-
werthen gesucht. Die hauptsächlichsten Resultate sind folgende:
Bei einseitigen Mittelohraffectionen mit Unwegsamkeit der
Ohrtrompete wird die c^-Stimmgabel meist nur auf dem normal
hörenden Ohre percipirt. Wird in solchen Fällen die Weg-
samkeit des Tubenkanals durch den Katheter oder das Politzer'sche
Verfahren hergestellt, so wird nun die Stimmgabel vorübergehend
oder auch bleibend auf dem erkrankten Ohre verstärkt wahrgenommen.
Bei jenen einseitigen Mittelohraffectionen^ wo der Eustach-
sehe Kanal nicht unwegsam ist, wird die Stimmgabel c^ in den meisten
Fällen auf dem erkrankten Ohre stärker percipirt. Bei abgelaufenen
Mittelohreiterungen mit persistenter Trommel fellperforation, bei Narben
am Trommelfell, kann zuweilen während dieses mit dem Schlingacte
verbundenen Versuches auch der Untersachende mittels des Auscul-
tationsschlauches objectiv eine Verstärkung des Stimmgabeltones
constatiren. Bei einseitigen Labyrinthaffectionen, wo die
objective Untersuchung uod der ganze Symptomencomplex keinen
Zweifel über das Vorhandensein einer Acusticusaffection aufkommen
lässt, wird die Stimmgabel c^ sowohl im Ruhezustande der Ohr-
trompete, als auch während des Schlingactes nur auf dem normalen
Ohre percipirt.
Die von Kayser (Zur Technik der Knocbenleitungsprüfung.
544
Koch,
Monatsachr, f. Olirenheilk, 1892, Nr. 3) angegebene Modification be-
zaglicli der UntersuchuDg der zeitlichen Differenz in der
Perceptionsdauer einer Stimmgabel durch Knochenleitung
besteht darin, dass die Stimmgabel auf die Mitte eines Holzstabes
gesetzt wird, dessen Enden an die Warzen fortsätze der beiden Per-
sonen angedrückt werden. Ea werden so die Fehlerquellen der un-
gleich m äs eigen Intensität des Anschlags der Stimmgabel und des
imgleichmässigen Drucks der Stimmgabel auf den Kopf vermieden,
bei gleichzeitiger erhehlicher Abkürzung der Untersiichungsdauer,
Kiess elbach(üeber die Verwert hbarkait der Hörpröfungs-
methoden bei der Beurtheilung von Schwerhörigkeit infolge
von Unfällen, Münch. med. Wochenscbr. 1892, Nr. 13) zählt zunächst
die Funkte auf, die die Untersuchung berücksichtigen soll: 1) den Zu-
stand des Trommelfell«, event. der Paukenschleimhaut, sowie die
Durchgängigkeit der Tuba Eustachiij 2) die Hörschärfe für Taschen-
uhr und Spracbe; 3) die Perception der Knochenieitung für die aut
den Kopf aufgesetzte Stimmgabel (Weber); 4) die Dauer der Per-
ception für die Stimmgabel darcb Lultleitung (Couta); 5) daa Ver*
hältniflB der Zeitdauer von Knochen- und Luftleitung (Binne);
0) die Prüfung des Hörvermögeua für verschiedene Töne. An der
Hand von 28 erläuternden Krankengeschichten spricht sich Verf.
daon dahin aus, dase genaue Vorschriften llQr die Entscheidung in ■
allen Fällen sich nicht geben lassen ^ dass für jeden einzelnen Fall
nur die Gesammtheit der Symptome massgebend ist; dennoch möchte
derselbe ein Schema wenigstens für die einfachsten Fälle geben:
1} Weber nach dem schiechteren Ohre oder bei erheblicher
Diiferenz der fiörschärfe für Luftleitung aul^ beiden Seiten gleich
stark, E-lnne Verlängerung der Knochenleitung im Verhältniss zur
Luftleitung, spricht für Mittelohrkatarrh. 2) Weber nach dem
besseren Ohre, Rinne Verlängerung der Enocbenleitung im Verhält-
niss zur Luftleitung spricht für Sklerose. 3) Weber nach dem
besseren Obre oder im ganzen Kopf, Rinne Herabsetzung der
Knochenleitungsdauer im Verhältniss zur Luftleitungsdauer bei hoch-
gradiger Schwerhörigkeit spricht für Erkrankung des percipirenden
Apparates. — Selbstveratändiich muss die Functionsprüfung nach An-
wendung der Luftdouche angestellt werden.
Die Durcbleucbtungsmethode suchte Urbantsohitach
Ueber Durchleuchtung des Processus mastoideus. Intern. kUniscbe
Rundschau 1892, Nr. 22} auch für den Processus mastoideus
ÄU verwerthen. Die Durchleuchtung des letzteren wird am besten
I
Ohrenheilkunde. 545
so vorgeDommen, dass das elektrische Glühlicht nahe an die Ansatz-
der Ohrmuschel gebracht wird. Unter normalen Verhältnissen
man dann bei Anwendung eines grösseren Ohrtrichters das
Licht bis in den äusseren Gehörgang durchtreten, während bei
eiteriger Infiltration des Processus die Durchleuchtung nicht gelingt.
£r8t mit eintretendem Rückgang des Zustandes nimmt auch die
Dorchscheinbarkeit in gleichem Maasse schrittweise zu ; ebenso ver-
hielt es sich auch bei vielen Fällen von eiteriger Entzündung der
Paukenhöhle. Diagnostisch wichtig ist der Unterschied in der Durch-
scheinbarkeit zwischen beiden Ohren; erst wenn dieser ein grösserer
ist, kann auf eine Erkrankung der weniger durchleuchteten Seite ge-
schlossen werden.
ZumNachweis vonSimulation einseitigerGehörstörungen
empfiehlt Kern (Deutsche milit.-ärztl. Zeitschr. 1891, Nr. 5) folgendes
Verfahren : In jedes Ohr des zu Untersuchenden wird ein Hörschlauch
eiogef> zwei Gehülfen sprechen in die Schlauchöffaungen gleich-
zeitig denselben Satz, jedoch so, dass der in das gesunde Ohr
Sprechende ein vorher bestimmtes Wort unausgesprochen lässt, z. B.
für das taube Ohr: „4mal 5 ist einundzwanzig",
für das gesunde Ohr: ^4mal 5 ist zwanzig".
Wird nun der volle Satz einschliesslich des Stichwortes nachge-
sprochen, ist die Hörf^igkeit des tauben Ohres mit Sicherheit er-
wiesen. Zur Einübung des zu Untersuchenden lässt man zweck-
mässig erst vorher gleichzeitig in beide Ohren volle Sätze ohne
Wortlücke sprechen, indem für das gesunde Ohr das ausfallende
Wort durch ein unbestimmtes Gemurmel ersetzt wird. Das Stich-
wort muss in die Mitte kommen und darf nicht aus dem Sinne will-
kürlich ersetzt werden können. Am besten eignen sich also Sätze
fehlerhaften Inhalts, wie das oben angegebene Beispiel.
Durch zwei Beobachtungen am Lebenden wie auch durch Leichen -
versuche halten Koerner und v. Wild ''Di^ Percussion des Warzen-
fortsatzes, nebst Mittheilung eines neuen Falles von diabetischer
Caries dieses Knochens. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. '23, H. 3 u. 4
es för möglick, mitder Lücke'schen Knochenpercussion acute
centrale Ostitiden des Warzenfortsatzes in einer Zeit zu er-
kennen, in welcher sich dieselben noch durch keine äu^s^rlich wahr-
nehmbaren Zeichen verrathen. Nur die Erkrankung des Knöcherig
selbst, nidit aber die Aufhebung seiner l^uh^ltigen Hohlräume, ver-
ändert den PaxmsBionsscLall.
iahrboch d. vnd. Medkia. fSSci. ^5
o4G
Koch.
Gell6 (L'audiphoiie appiiqu^ aa diagoostic otologique. AiiDal*
des malad, de Foreilb 1882, Kr. 7) hält bId intaDsiveres operatives
EiDgreüeii bei jenen Formen hochgradigster Höratörungen , die auf
anderweitig irreparablen Stönangen im schalUeiteoden Apparat be-
ruhen, eigentlich our dann für gerechtfertigt, wenn erst durch daa
Audiphon, als sicherstes diagnostisches Mittel, sowoM daä
Verhalten des HcbalUeitenden Aijparates, so namentlich der Steig-
bügeiplatte, wie auch das Verhalten des Nervus acusticua bezüglich
des Grades seiner noch vorhandenen Erregbarkeit und Perceptions-
fähigkeit, insbesondere für die Sprache, festgestetk ist.
Gtradeoigo (Ueber die klinischen Merkmale der AlFectioneu
des Nervus acusticus, Zeitschr, f. Ohrenbeilk» Bd. 23, H. 3 u. 4)
kennte hei dem grössten Theil der von ihm beobachteten Erkran-
kungen des Acusticua bei der Prüfung mit der Stimmgabel eine ■
Herabsetzung der Hörschärfe vorwiegend fiir die mitt-
leren Töne constatiren, während die Hörschärfe für die hohen
Töne, welche bekanntlich bei Alterationen des Labyrinths am frühe-
sten abnimmt, gut erhalten blieb; ausserdem bestand in einigen Fällen
eine excessive functionelle Erschöpf barkeit des Nerven.
V. Ffttholof^ie,
Das echte Othämatom kommt nach Tischkow (lieber das
Othämatom. 8t Petersburg 1891. Ref. Neurol. Centralblatt 1892,
S, 28) fast ausBchliesBlich bei der progressiven Paralyse vor und gibt
stets eine üble Prognose, unter zehn von Tischkow beobachteten
Fällen betrafen fönf Paralytiker. Mikroskopische Untersuchungen
zeigten, dass im Ohrknorpel von Paralytikern Neubildung von Blut-
gefässen stattfindet, die vom Perichondrium aus in den Knorpel
hineinwachsen, Die elastischen Fasern verlieren häuhg ihren Glanz^
die Zellen degeneriren fettig, und können diese Veränderungen bis
zu partieller Nekrose des Knorpels führen. Nach Verf. kann also
das Othämatom spontan, ohne Trauma entstehen.
Davidsohn (Fibrinöse Membranen im äusseren Gehör-
gang nachJnfluenza-Otitis. Deutsche med. Wochenschr, 1891,
Nr. 41) berichtet über zwei Fälle dieser bisher immerhin noch selten
beobachteten Erkrankung. Die Membranen bestanden znm grössten
Theil aus Fibrin fasern, die ein schönes Netzwerk bildeten, und waren
von Mikrokokken durchsetzt, welche theiis vereinzelt, theils in Häuf-
chen beisammen lagen. Die Frage nach der Entstehung dieser Mem-
I
A
Ohrenheilkunde.
547
^brasen glaubt Verf. nach den ungefähr 40 vorliegenden Kranken-
geschichten dahin beantworten zu müssen , daas entweder im
llusseren Gehörgang beiindliches Blut, oder von excoriirten Stelen
'des Gehörgangs und Trommel felis secernirt© Lymphfltisaigkeit, oder
beide Flüssigkeiten ^susammen es sind ^ aus denen unter gewissen
Bedingungen Fibrin aasgescbieden wird. Welcher Natnr diese
Bedingungen sind, darüber lassen sich vorläufig nur Vermuthungen
aussprechen.
Scheibe (üeber die InÜuenzabacillen bei Otitig media. Mün*
ebener medicin, Wochenächrift 1892| Nr. 14j fand auch in diesem
Jahre bei drei weiteren Fällen von iViacher Influenza-Otitis
iffi Mittelohrsecret dieselben Stäbchen, die von ihm schon vor
2 Jahren (cfr. Jahrbuch 1891 ^ S. olG) in zwölf Fällen constatirt
waren* Namentlich mit Berücksichtigung der jetzt gelungenen Züch-
tungsversuche des Influenzabacillus seitens Pfeif fer'ö, Kitasato's
Qtid Caoon^s dürfte demnach wohl kaum noch ein Zweifel bestehen^
class die gesehenen Stäbchen in der That als die Erreger der In-
fluenza anzusprechen sind. Die Unterschiede zwischen den eigenen
Sräbchen und denen der eben citirten Autoren beruhen nach Verf.
wahrscheinh'ch auf degenerafciven Vorgängen.
Kose garten (Erkrankungen des Ohres bei Influenza. Zeit-
ftchrift f. Ohrenbeilk. Bd. 25, H, 3 u. 4) machte während beider In-
fluenzaepidemien die Beobachtung, daas ausserordentlich häufig
die Entzündung ausschliesslich oder vorwiegend im Kuppel-
raum der Paukenhöhle ihren Sitz hatte. Die Function der Mem-
brana Shrapnelli entteerte reicbliche Flüssigkeit, etwas zäh, meist
blutig. Soweit zu controlliren-, war der Ausgang durchweg gut mit
völliger Restitution des HörvermÖgena,
Gleichwie Scheibe schon hei seinen früheren Untersuchungen
(cf. Jahr. 1890, S, 402) in der durch e i n f a c h e n T u b e n v e r s c h 1 u s s
bedingten Serumansammlung im Mittelohr keine Mikroorganis-
men hatte nachweisen können, so ergaben auch sieben weitere in dieser
Richtung unter allen üautelen bacteriologiseh untersuchte Fälle (Zur
Pathogenese der Transsudatbildung im Mittelohr bei Tubenverschluss,
Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 23.^ K. 1) im Gegensatz zu Kanthack
ein negatives Resultat. Von körperlichen Elementen fanden sich
nur gleichraässi^ in der Fliissigkeit vertheilte rothe und weisse Blut-
körperchen, welche gewisse Veränderungen eingegangen waren, und
nur ganz vereinzelte Schleimhautepithelien. Die rotben Blutkörper-
chen sind hier nicht in Geld rollenform angeordnet und immer blasser
UH
Koch.
als die normalen, die weissen sind verfettet — Ferner untersuchte
Verf. auch eine Anzahl von Fällen mit frischer entzündlicher
Affection des Mittelohrs, bei welchen Neigung zum Dnrch-
bmch des Trommelfells nicht besteht, das letztere vielmehr nach der
Paracentese schnell wieder verheilt (Otitis media catarrhalia acuta
und subacuta] , theils am Lebenden , tlieiis an der Letche^ und fand
bei der Otitis media catarrhalis acuta beim Lebenden einmal Strepto-
coccus pyogenes, an der Leiche einmal Biplococcuü pneumoniae,
beim subacuten Katarrh in einem Falle den Staphylococcus pyo-
genes albus in Reincultur^ also die gleichen Mikroorganismen wie
bei der acuten Eiterung des Mittelohrs. Es stellen daher diese
drei Affectionen des Mittelohrs vom anatomischen und
ätiologischen Standpunkte aus eine einheitliche Gruppe
darj trotzdem erscheint ihre Trennung för die klinische
Betrachtung unentbehrlich. Dagegen sind diese drei Affectionen
von der Transsudatbildung im Mittelohr sowohl anatomisch als auch
klinisch scharf zu scheiden.
Eine zweite Arbeit Scheibe's handelt über die Erreger der
K nochenerkrankuüg des Warzentheils bei der acuten ge-
nuinen Mittelohrentzündung, insbesondere des Diplo-
coccus pneumoniaii (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 23, H. 1), Verf.
untersuchte 16 Fälle von Mastoiditiö, davon 0 mikroskopisch, durch
Cultur- und Thierversucbe, 7 nur mikroskopisch; ea fanden sich 9mal
Diplococcuö pneamo«iae, 5mal Streptococcus pyogenes (darunter Imal
zusammen mit dem Staphylococcus pyogenes albus), Imal Staphylo-
kokken, Imal nicht näher hestimmte rundliche Kokken ohne Kapseln.
Aus diesen Eesul taten, die mit denjenigen anderer Autoren überein-
fltjminen, ergibt sich, dass verschiedene Mi kroorganismen die
Knochen er krankung des Warzen fortaatzes hervorrufen
können. Auffallend häuüger ist hier das Vorkommen des Diplococcu»
pneumoniae im Vergleich zu seinem Vorkommen bei der acuten genuinen,
nicht complicirten Mittelohrentzünduog: sowohl nach iVtihc^ren wie
auch neuerdings wiederum en zehn Fülien uncomplicirter Otitis media
augestellten bacteriologischen Prüfungen des Verf.^s lb—20^l^^ -b^^i^*
Es ist also wohl anzunehmen, dass es insbesondere der Diplo*
coccus pneumoniae ist, welcher im Verlauf der acuten
genuinen Mittelohrentzündung Complicationen von Seiten
des Warzentheils in ungewöhnlicher Häufigkeit hervor*
ruft. In einem Falle von den fünf^ in denen der Streptococcus
pyogenes gefunden wurde, Isg der Knochen bloss, zweimal handelte es
sich um wirkliche Nekrose; in den übrigen Fällen bestand keine
Ohren h ei Ik and e.
549
Nekrose, uod ist es nach Verf. für die Frage nach der Ursache jenes
Unterschiedes von Interesse ^ dass bei den letzteren der Allgemein-
zustand ein gater^ bei den Fällen von Nekrose dagegen ein sehr ge-
schwächter war. In sämmtlichen neun Fällen^ bei welchen der Diplo-
coocus poeamoniae sich vorfand^ war nirgends im Innern des Warzen-
theils biossliegender Knochen vorhanden, und dieselben heilten
hämmtlich — auch ein Fall mit hochgradiger Arteriosklerose — in
verbal tnissmässig kurzer Zeit.
Martha (Note sur deux cas d'otite mojenne purulente conteuant
le bacille pyocyanique a l'etat de purete. Arch, de mÄd. exp6r* etc.
1892, Nr. t Ref. Aonai. den malad, de Toreille 1802 , Nr. 10) fand
uoter 5B bacteriologisch untersuchten Fällen von Mittelo breite-
ruug in 2 Fällen von 3- resp. 4monatlicher Dauer den Bacillus
pyocyaneas im Eiter inReincultnrund glaubt daher^in dem betreffen-
den Bacillna die Urt^Hche der Eiterung suchen zu dürfen, wenigstens
Tür den einen Fall, da der andere tuberculöser Natur war.
Charassac (Contribution a Ti^tude des tumeurs malignes de
roreiUe. Eev. de laryngoL| d^otolog* 1892, Nr, 1—3) gibt nach einem
kuraen Ueberblick über die bisherige Litteratur von malignen Tu-
moren des Ohres eine sehr eingehende Beschreibung des Car-
ciuoms und des — selteneren — Sarkoma des Gehörorgans.
Sodann liegt noch eine Abhandlang von Dalby (Cancer of the
ear. The Lancet, 2. Juli 1892) über den Krebs des Ohres vor;
derselbe beobachtete innerhalb 20 Jahren sechs eigene FäUe« Nach
Dalby beginnt der Krebs fast immer im Caviim tympani. Fast stets
war längere Eiterung vorausgegangen, nur in einem Falle hatte solche
gefehlt In einem Falle lag hereditäre krebsige Disposition zu Grunde,
in 2wei Fällen gaben eine Verletzung^ Darchstossung des Trommel-
fells mit einer Haarnadel, und Ueberfahren des Kopfes Anlasa aur
Eiterung mit nachfolgendem Carcinom. Alle Fälle endeten binnen
0 Monaten nach Constattrung der Geschwulst letal.
J. Charazac (Con^id^rations sur Totite interne syphilitique.
|Bev. de laryngol, d'otoiog. 1892, Nr. 12) liefert eine ausführliche
Abhandlung über die Syphilis des inneren Ohres* Charakteri-
stisch för dieselbe ist die rasche Entwickelang; völlige oder fast
völhge Taubheit tritt manchmal im Laufe einiger Monate^ manchmal
in einigen Tagen, manchmal plötzlich auf, gewöhnlich im Verein mit
heftigen subjectiven Geräuschen und starken Schwindelerscheinungen.
Diese Zuölände können lange stationär bleiben, aber auch plötzliche
55(1
Koch.
Verschlimaierung erfahren. Ferner treten häuüg Augenatörungen
und heftige Ceplialalgien auf. Letztere namentlich am Abend und in
der Nacht, Auch Faeialialähmung begleitet häufig die syphilitische
Otitis interna, bedingt entweder durch Fortleitung vom AcusticuSj
oder wahrscheinlicher durch Hyperostosen bildung im inneren Gehör-
gang. Sehr selten entwickeln sich die Oiirerscheinungen vor dem
Auftreten secundärer syphilitischer Manifestationen.
Uebereinstimmend mit den Ergebnissen der fniberen Unter-
suchungen in den Fällen von Gradenigo, Steiubrligge und Po-
litzer fanden auch Wagenhäuser (Labyrinthbefund eines Falles
von Taubheit bei Leukämie. Arch. f. Ohren heilk. Bd. 34, H, 3) und
Lannois {Complications auriculaires au cotire de la leucocytb^mie»
Annal. des malad, de Foreille 1892, Nr. 1) bei ihren an lienaler
Leukämie verstorbenen Patienten Hämorrhagien , Bindegewebs-
und Knochenneubildung in beiden Labyrinthen. Im Falle von Wagen-
häuser hatte intra vitam eine genaue Ohruntersuchung nicht statt-
gefunden, nur war Verlust des Gehörs auf beiden Seiten constatirt
Der 34jährige Patient von Lannois war 8 Monate vor dem Tode
plötzlich mit heftigen Schwindelerscheinungen und Erbrechen er-
krankt. Am dritten Tage entwickelte sich innerhalb weniger Stunden
völlige Taubheit, Die Untersuchung der Ohren ergab ein negatives
Eesultat. In einem Eesumt^ bezüglich der aus den bisher raitgetheilten
Beobachtungen von Atfecfionen des Gehörorgans bei Leukämie zu
ziehenden Schlui^sfolgerungen spricht sich Lannois auch bezüglich
der relativen Seltenheit der Ohrafiectionen bei Leukämie dahin aus,
dass zu ihrer Entwickelung wahrscheinlich ein schon trüber bestan-
denes Ohreuleiden erforderlich ist.
Der Fall von Moos (üeber die histologiachen Befunde in zwei
Felsenbeinen eines 3 Jahre nach vollständiger Scharlach-Ertaubung
gestorbenen Mädchens. Tod durch eiterige Basilar- und Convexitäts-
meningitis. Zeitscbr, f. Ohrenheilk. Bd, 23, H. 1) betraf ein 12j ähriges
Mädchen, welches 3 Jahre vor dem Tode an Scharlach und Nasen-
rachendiphtherie mit daran sich anschliessender und bis zum
Tode fortdauernder doppelseitiger Mittele breiternng erkrankt war;
von Beginn der Ohrorkrankung an (vierter Tag der Erkrankung) be-
stand völlige Taubheit — Auf die Schariacherkrankung waren
folgende Veränderungen zurückzuführen: doppelseitige Zerstörung
des Trommelfelle, Exfoliation von Hammer und Ämbos beiderseits,
Dislocation des Stupes auf einer Seite, oberflächliche und centrale ge-
'
Ohrcfiheilkuode,
SSI
heilte KoocbennekroseQ , bindegewebige und wacbsartig« VertUide-
mögen der BinnenmiiBkelii des mitdereii Ohres, Cystenbildiuig uod
. Atropbie der Schleimhaut, epidermoidale ümwandloog de-r Scbleim*
haut. Im Labyrinth: doppelseitige KnochenneubilduDgeu im Bereioh
der ersten Schneckenwindang, Zerstörung der Gorti^sohen Organe,
bindegewebige Umwandlung der Halbzirkelgänge. — Ale durch die
terminale Affection her\orgexufene Veränderungen waren lu be-
trachten: frische eiterige Entzündung in den Nischen beider Laby*
rinthfenster, frische Knochennekrosen, die gewaltige Zerstörung des
Acusticus und eines Theiles des Facialis durch eiterige EntKüudung
und Hämorrhagie. Als Krankheitserreger der wahrächeiuiiob seoun*
dären eiterigen Meningitis wurde ein Stapbylococcus gefunden.
Uckermann^s Fall (Anatomischer Befund in einem Falle von
Taubstummheit nach Scharlach, Zeitsehr. f, Ohrenheil k. Bd. '2^, H. l)
beti'af einen 18jährigen an Tuberculose verstorbenen Manu, dor im
Alter von 2^^ Jahren an Scharlach erkrankt und infolge tlavon
taubstumm geworden war. Die Section ergab als HmiptvtirJlndo*
rungen: Rechtes Ohr: Stapes unbeweglich (verknöohivrtdM Ijiga«'
mentum annulare)» Die Membrana rotunda bUikht mim ver*
knöcherte Platte. Von den halbzirketförmigen Kan^ilon ßndet
sich nur eine Andeutung ^ von den SaccuÜ und der Cochlea kuinu
Spur. Linkes Ohr: Aeusserer Gehörgang mit Ktter angolültL Itn
Trommelfell fünf Perforationen. Paukenhöhle und die hbriKcüi Hohl-
räume des Temporalknocbens mit scbleimigem Eiter und lirönkliK^^ti
Massen angefüllt, Membrana rntunda verknüchect.
Mygind (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 2a, H, ö ut»d A} Im*
schreibt einen Fall von einseitiger totaler AbweHonhtfit dMi»
Labyrinths, verursacht durch scariatinöse OtitlN iiiiima«
Von den normalen Höhlungen de» Labyrinths war nicht dio gurlngite
pur vorhanden; das ganze innere Ohr und seine nächdien Um-
ebungen waren durch hartes, sklerotischt;!« Kn och enge w#b» efinUl,
dass nicht einmal die Umrisse des Labyrintfin /u erkemittn wiirtuh
Mygind (Ein Fall von Taubstummheit natiU ÄlaMcrn m^imi ilnni
Obductionsbefund. Zeitschr. t Ohrenheilk. Jid, '22, H. U und 4) h«.
richtet über einen an croupdaer Pneumonie veritorbonen Tnuhnlnmunmf
der \ Jahre alt infolge von Masern Oeh^r and Bprache ver-
loren hatte; zu gleicher Zeit hatte dich auch dit«rig«r AnntbiM Muf
beiden Ohren eingestellt. Der S«ctiDnjib«fiSJ)d ergab; Unn rm^hi«
Trommelfell verdickt und verkulki, rfrminderim BiTWugllchk^^it «Ur
Stapesplatte bei normalem AosMb^Q d^r Oebnkvorb/nduniCf K«i)»Uft
bö2
KoclL
des rtinden Fensters, die Oberfläche des hinter dein FromoDtorium
gelegenen Theiles der inneren Wand der Paukenböhle mit spitzigen
und dornigen Excrescenzen bedeckt. Der Tensor tympani und der
Muecuius ötapedius fehlen voUetändigj ebenso der häutige Inhalt des
Vorhofs tiod der Halbzirkelgänge, welche dafür mit einer dem nor-
malen Labyrinth wasaer gleichenden Flüssigkeit angefüllt sind. Die
Cochlea ist zum grössten Theil durch ein hartes^ weisses sklero-
tisches Knochengewebe ersetzt, der Modiolus und die Lamina spiralis
fehlen; nur die erste Hälfte der eisten Windung ist noch vorhanden;
der übrige Theil der Höhlung der Schnecke ist ebenfalls mit klarer
Flüssigkeit angefüllt; von dem häutigen Inhalt ist keine Sp^r vor-
handen. Der Nervus acusticus iöt normal. Das linke Ohr bot fast
in jeder Beziehung dasselbe Bild wie rechts ^ jedoch fehlte hier das
Trommelfell vüllstandig.
Der FaU von Stein brügge {Ein Fall von Zerstörung und theil-
weiser Verknöcheruug beider Labyrinthe, muthmasslich infolge einer
Meningitis. Zeitachr, L Ohren heilk. Bd, 22j H. 8 u. 4) betraf einen
10jährigen Knaben, welcher 14 Wochen vor seinem Tode anscheinend
unter meningi tischen Erscheinungen erkrankt war und schon nach
B Tpgen das Gehör verloren hatte, Kopfschmerzen und Fieber
hatten sich seitdem Immer wieder eingestellt. Die Section ergab:
Hochgradiger Hydro cephalus internus. In der rechten Paukenhöhle
schleimig-eiterige Entzündung mit grosser Perforation des Trommel-
fells; im linken Trommelfell eine Narbe. Die Labyrinthe zeigten
die bekannten Ausgänge intensiver Entzündung^ Zerstörung der nor-
malen Weichtheile, Neubildung von sehr gefässreichen Bindesubstanzen
und theils beginnender^ theils vaUendeter Verknöcherung
derselben. Am weitesten war die Verknöcherung in den Bogengängen
vorgeschritten. Die Nervenfasern des Acusticus im inneren Gehör-
gange waren zum grossen Theil durch Bindegewebe ersetzt.
Larsen's Patientin (Et Tilfälde af Cerebrospinalmeningitis,
komplicieret med. Oereüdelse. Död. Section. Nord, med. Arkiv
Bd. 22, Nr. 14. Ref. Zeitschr. f. Ohrenheilk, Bd. 23, B. 2) war ein
7jähriges Mädchen, welches am 10, Krankheitstage der Cerebro-
s p i n a 1 m e n i n g i t i s schwerhörig, am 1 6. Tage völlig taub wurde.
Tod am 37» Tage. Die Obduction ergab: Die Trommelfelle gesund,
die Paukenhöhle, die Tuba Eustachi i und das Antrum mastoideum sind
mit muco-purulentem Inhalt gefüllt, im Porus acusticus internus die
Nerven in Eiter gebettet. Die Canales semicirculares sind mit röth-
lichem, weichem Gewebe (Bindegewebe mit Fe ttjdegenerirten Rund wellen
d
Ohrenheilkunde,
55a
und Blutkörperchen) getulit; ebensolcher Befund im Vestibül um und
der Cochlea; im linken Vestibulum auch etwas Eiter. Day häutige
Labyrinth lat nicht zu erkennen . Eiterige Convexitäts- und Basilar-
meningitis; ebenso die Medulia äpinalis von eiterigem Exsudat um-
geben. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigen der Nervus
aousticuß und Nervus facialis keine pathologischen Veränderungen,
— Di© Ohrenerltrankung war also durch directe Fortpflanzung der
MeDingitis entstanden.
Habermann (Zur Kenntniss der Otitis interna. Zeitschrift
für Heilkunde) liefert den pathologiäcben Befund von zwei Fällen
von Otitis interna nach Meningitis cerebrospina*
l i s. In dem einen Falle (Tmonatliches Kind) handelte es sich
um eine frische Erkrankung, im zweiten Falle hatten sich die
zur Taubstummheit fuhrenden Processe im 2. Lebensjahre des bei
seinem Tode 6*,^ Jahre alten Knaben abgespielt» Im ersteren Falle
bestand ausserdem doppelseitige Mittelohreitorungy im letzteren bei-
derseitige noch nicht durchgebrochene eiterige Mittelohrentzündung.
In beiden Fällen hatte sich die Entzündung des Labyrinthes vor-
wiegend in den perilymphatischen Bäumen abgespielt. Dort frische
fibrinös-eiterige Entzündung, Entzündung sämmtlicher Nerven im
inneren Öehörgang, beide Treppen der Schnecke mit eiterigem Ex-
sudat erfüllt, im linken Obre auch schon ein Theil des U ort loschen
Organs zerstört^ hier Defecte in den Nerven der basalen und Spitzen-
windung der Schnecke, das Corti'sche Organ in einen unregelmäesigen
Zellenhaufen verwandelt^ Verdickung und stellenweise Verkalkung
der endostalen Auskleidung des inneren Ohres, Knochenueubildung
besondere in den Bogengängen und im Endtheil der basalen Schnecken-
windung, im linken Ohre ausserdem knöcherner VerscbluBa der
Scbneckenmündung des Aquaeductus Cochleae und eine hochgradige
Ausdehnung der Membrana Reinsneri und des Sacculus rotundus.
Nach Verf. weisen die Befunde auch in diesen beiden Fällen darauf
hin« dass die Labyrinthentzündung, wie in den anderen bisher unter-
suchten Fällen, durch das Eindringen der patbogenen Keime auf dem
Wege der Schneckenwasserleitung zu Stande gekommen ist.
Lemcke (lieber Ursachen und Verhütung der Taubstummhi:ia
an der Hand in Mecklenburg gemachter Erfahrungen, Bericht über
die erste Versammlung der deutscfaen otologischen Geseibchaft zu
Frankfurt a. M. Archiv f. Obrenheük. Bd. 33, H. 8 u. 4) tritt mit
aller Entschiedenheit für die Lehre von den multiplen Ursachen
der Taubstummheit ein und unterscheldöt. iftTT^%\."t\%Osi^^ v^^"^-
i54
Kocli.
viduelle and unmittelbare Ursachen. Terrestrisohe Uraachen
sind; HöheDlage, geologiache Stuctur des Bodens^ das Wasser, das
Klima; sociale Ursachen: Wohndichtigkeit, Hace, Coofession, Ge-
schlecht, ökanomiscbe und hygienische Lage der Eltern; indivi-
duelle Uniaehen: Alter der Eltern hei der Verheirathung bejsw, bei
der Geburt der Taubstummen^ Fruchtbarkeit und Geburtafolge in ddn
Taubstumm enfamilien^ Verwandtschaft der Eltern, pathologische Be*
lastung. Unter letzterer versteht Verf. die directe und indirecte
Vererbung des Gebrechenn, die Belastung mit Erkrankungen der
Gehörorgane und anderen constitutionellon Leiden, insbesondere mit
Tubercoiose, Geisteskrankheiten, Sehstörungen und Pota-
tor! um. 42<)q sämmtlicher Taubstummenfamilien waren mit diesei)
Leiden belastet. Unmittelbare Ursachen aind^ ihrer Häufigkeit
nach geordnet^ folgende Krankheiten: Gehirn affectioneo^ Schar^
iacb^ Ohrenkrankheiten, Masern^ Verletzungen, Rhinitifly
T3*pbus, Keuchhusten, Diphtherie, Lues und Varioloi«.
In diese Kategorie fielen 55 ^'i^ aller Taubstummen. 58 % waren mit
folgenden Leiden behaftet: Scrophulo^e, Tubercttloaef Rhachitis, Luea,
Hemmungshildungen, Blödsinn, Epilepsie, Lähmungen, PsychoseOi
Sehstömngen, malignen Neubildungen. Locale Processe in den Ge-
hörorganen und deren Nachbarge bilden wurden hei 60% der Ge-
aammtsumme vtin 53H constatirt. Bei 2^*^o aller laubgewor-
denen bestanden noch schwere und schwerste otologische Processe^
chronische Eiterung, Polypen, Cholesteatome, Caries mit Sequester,
Parese und Paralyse des Facialis, und in keinem einaigeu Falle war
auch nur der ernst gemeinte Versuch gemacht, eine Heilung oder
Stillstand der Erkrankung herbeiztifilhreii. »Um eine Herabsetzung
dar HÄufigkeit der Tauh>tumraheit zu erzielen, ist e» noth wendig,
dasa der Staat durch Pflege der Volksaufkiämng, durch Regelang
und UeberwachuQ^r der Volksbygiene die Bociaien und individuellen
Ursachen bekämpft, und dass er andererseits von seinem Heilpersonale
den bisher nicht ausdrücklich geforderten Befähigungsnachweis ver-
langt^ die hier vor allen Dingen in Betracht kommenden Erkrankungen
des Gehörorgans mit ihren Folgen zu erkennen und zu behandeln.^
Bt^i Erkrankung des Knochens zwischen Paukenhöhle
und Carotiswaud können nach Körner (Uebergang von Er-
krankungen aus der Paukenhöhle durch den Oanalis caroticua auf
das Schädeljnnere* Aus dem Bericht Über die Verhandlungen der
ersten Versammlung der deutschen otologiachen Geaellachaftv HonatA«
aohriit fUr Ohrenheilk. 1892, Nr« 8) folgende Zustände auftreten:
Ottmnhflikuiidf.
Mri
tt) Stillung in deu durah den onrotiiiolton Katml d«n Bchttdel Ti>r*
Mffodc}!! Lytn|ihgtftit^, der«ii Fol|t« dit Stuutiugnpiipille int; 2) Er-
kninkunit den im earotiAobou Rmml bt^findliciu^n Vonmiploxui^ und
^d«0 Sinutt oAvornoiiua ; H) ErkrAukuuic dor Cürotinwund ^ und xwar
TubDrouloso^ ri>ruor Verbreitung miliiircür 'rubor^ubso Ton der allein
»btirculÜH kf-ftnlcMU Paukonhiiddu hin|£ii dor (^rotiH und ihror Fart-
ttUuug, ilttr ArtDrin ronitiio Sylvii; *l) Ruptur di^r Unrotin; ß) 'i'brooi*
d«r Onrotiii mit Hiriunnbulton und «unbolisolien Erweiobungü*
)«ii» tfi df^r DiücuaiMinn umobti^ Wnlb dnriiuf «ufinorkiMiui, dajas die
(krotis tiab» dor l'nuktnihöblo in oincm Vonunmumü tiogo, iso da«iti
b«i Durobbrucb dr^« Knonhonn auch obuo VerbttUDg der Carotie
lufveiiott dc«r Blutwogo «tivitHmion kt^nno.
VL Tli4M*ii|ijt\
Kteh La V rund (8ur uu iu'uclhIi^ do hHiiamoDt deft kyi»te«t du
plkriUaii. Rav, da laryugol 1H92, Nr. 1*2) j^fibt att Cy«ton dftrObr-
mtifobel, die mit dem (Hbtmatam iib.Holut niobU iu thun bibon.
W&hmnd bni der eon^t übliabon üehAndlungMwoiHo deret^lben loiabt
bAetliabo Karbon lUtUckblmbou, lassen »iob k\iiter<^ bei galvano*
lauetiioher Punotnr und Actiung der Innenwand dea Sacke»
Ulig VLTmaidon, indom bei einem derartigen Vorgeben nur paukt*
lärmige Narben roeuttirnn«
Guormonproa und Cooberit (Troia Operations d'i^pitb^lioma
|u pavillon de roreille auiviea dVutoplaatio. Rev, de laryngul,
||*oioli>g* 1HU2, Nr. U^) wandten in drei Fällen von Epitbeliom dt»i-
^brniUMcbol nach der Excision lirr kranken Partie mit Vortbeil
ir Vermeidung der äonat unfoblbar eintretenden DiflforuiitiU die
Transplantation an mittela auboutan reep« aubperiobondral ge<
ronneni^r Lnpfn^n aua dem fibro^cartllaginöBen Oewebe unmittelbar
cb vorn und inuiin vt>m Antibeüx. Ea wird so eine iwar bedeutend
^laiuerei aber nicht verunataUetf^ Obrmuaohel ersielt.
Ohülßwa (Weitere Erfahrungen über Menthol bei OtitiH ixtema
irnneulo^a und Dtitia media aoutii purulenta. Monataaehr. f. tlhnui*
lleilk. IBf^^t Nr, 3 u. 4) empliebU von Neuem dringend die Bubaud*
lang der Ohrfurunouloae mit Menth oUl- Wicken; bei Uglicber
Einführung immer atArkcrer Wicken reichen 8 Tage aus, um ji^dea
cidiv IU verhiVton. Auch bei jenen Entaündungen und Verenge«
itngen dea iaaaeren Gebdrgangea, die durch Entaündungeu in der
lacbbaraehaflf namentlich durch acute eiterigo Otitiden bedingt aind,
dU die Mentholbehandlung auageieiohnete Dienste leiaten. Die Be-
55G
Koch.
haBdlong wird besonders gut vertragen^ seitdem Vert« schwächere
Hentholöiiösfingeii , l^^/o ^^^ ^^^^'n S^S^^ früher 20 ^'^^ verwendet*
VersQchsweise wandte Cholewa die Mentholbehandlung auch bei
solchen Fällen von aenter Mittelohrentzündung an, wo bei noch in-
tactem Trnmmelfell eiteriges Exsudat die Paracentese erforderte; nach
der Paracentese Durchspulnng von der Tuba mit lo^^iger Kochsalz-
lösang mit Ausblasen der Paukenhöhle mit dem Ballon, nachdem in
den Katbeter einige Tropfen 10'%ige^ Mentholöls gebracht sind ; hierauf
wird der Gehörgang sorgfältig getrocknet und eine Wicke von
trockener MenthoUGlvcerinwatte, der Weite des Gehörgangs
entsprechend, bis au das Trorameltell vorgeschoben. Die Wicke wird
nach 24 Stunden erneuert. Bei dieser Beliandtung sollen alle Er-
scheinungen der acuten eiterigen Mittelohrentzündung bis auf ein
geringes Sausen durchschnittlich bis zum 8. Tage geschwunden sein.
Köhler (Furuncuiotom für den äusseren Gehörgang. Monatsschr.
für Ohrenheilk* 1892, Nr. 3) empfiehlt ein knieformig gebogeneft
Furuncuiotom, welches vorn anstatt des Messers einen nach unten
gerichteten lancettformigen Dorn trägt.
Barr (Gase of aural exostosis causing purulent retention in the
deep parts of the ear, removed with th© electric snare. British med.
Journal 1892, 2. Juli) entfernte die an der hintern Wand am Zu-
sammentreffen des knorpeligen mit dem knöchernen Gehörgange
sitzende gestielte Exostose mit der elektrischen Schlinge.
Dieselbe obtunrte den Gehörgang fast völlig und hatte bei ihrer
Trägerin, die 24 Jahre alt, seit 8 Jahren an fötider, geringer Eite-
rung des linken Ohres litt, zu bedenklichen Erscheinungen von Eiter*
verhaltung, heffeigen Schmerzen im Ohre und in der betreffenden
Kopfseite, Schwindel, Frostanfällen Veranlassung gegeben. Manche
Beobachtungen scheinen Barr dafür zu sprechen, dass häuüges Ein-
dringea von kaltem Wasser in das Ohr die Exostosenbilduug be-
g&nfltigt; so linden sich dieselben häufig bei den Südseeinsulonerny
den Bewohnern von Haway und den Fidji*Inseln , sowie auch bei
den Isl&ndern, die sich bekanntlich sämmtlich sehr oft im Wasser
bewegen.
Marmaduke {Note of a case where a mass of lead impacted in
the t>Tnpanic cavity and removed by the aid of metallic mercury. Lancet
1892, 30, April) berichtet über einen Fall, in welchem einem 70jährigen
Manne durch Ungeschicklichkeit ein Topf geschmolzenes Blei über
die rechte Kopfseite und in das rechte Ohr gegossen war»
Ohrenheilkunde. *>;>7
Als alle Extractionsversuche vergeblich, und schon die Ablösung der
Ohrmuschel und die Abmeisselung der hintern Gehörgangswand in
Aussicht genommen war, wurden noch Einträufelungen von me-
tallischem Quecksilber versucht, um durch dessen Einwirkung
die in die Paukenhöhle eingebettete Bleimasse lu verkleinern, und
glückte es auch in der That, nach einigen Tagen, nachdem erst dünne
Schalen von Blei durch Spritzen herausbetordert waren, schliesslicli
die ganze Masse in toto mit der Spritze leicht zu entfernen.
Auf Grund 2jähriger Erfahrungen hat L a k e r (D\e innere
Schleimhautmassage und ihre Bedeutung für die Ohrenheilkunde.
Ber. über die erste Vers, der deutschen otol. Ges. 1892. Archiv f.
Ohrenheilk. Bd. 33, H. 3 u. 4) die Ueberzeugung gewonnen, dass
infolge der durch die Massage bewirkten Umstimmung der
Schleimhaut des Naseninnern auch gleichzeitig bestehende
Mittelohrerkrankungen gebessert werden; die Veränderungen
am Trommelfelle, die Verminderung der subjeetiven Geräusche, die
Vermehrung der Hörschärfe sind untrügliche Zeichen dafür.
Walb (Ueber Anwendung der Lucae^schen Drucksonde bei
Mittelohrerkrankungen. Ber. über die Verhandl. der Abth. f.
Ohrenheilk. d. 64. Versamml. d. Gesellsch. deutscher Naturforscher.
Aerztl. Monatsschr. für Ohrenheilk. 1891, Nr. 12) betont die euer*
gi schere Anwendung des Verfahrens, wenn Resultate erzielt wor-
den sollen. Verf. applicirte die Drucksonde täglich, in einzelnen
Fällen sogar zweimal täglich, wobei in jeder Sitzung 50—60, ja bis zu
100 Stössen ausgeführt wurden, und muss so monatelang fortgefahren
werden. Oertliche Reaction trat nie auf. In einzelnen Fällen ver-
schwand sowohl das Sausen, welches beständig vorhanden gewesen
war, vollständig oder wurde in andern Fällen wenigstens erheblich
gemildert, und nahm auch das Gehörsvermögen erheblich zu.
Schubert (Ueber Pilocarpinbehandlung. Aus d. Ber. über die
Verhandl. der ersten Versammlung der deutschen otol. Gesellschaft.
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1892, Nr. 8) empfiehlt die Pilocarpin-
behandlung für jenes Stadium der acuten M i 1 1 el o h r e i t o-
rungen, bei welchen die Secretion aufgehört hat, die Perlüration
sich geschlossen hat, und trotz der üblichen Nachbehandlung mit
der Luftdouche das Gehör längere Zeit hindurch stationär bleibt.
In diesen Fällen konnte das schon durch mehrere Wochen gleich
gebliebene Hörvermögen durch wenige Injectionen verdoppelt und
später noch mehr gehoben werden. Nach Schubert ist das Pilo-
i58
Koch.
carpin contraindicirt bei alten scbwäcbHcEen, sowie bei
herzkranken Individuan; es soll nicht bei yoUem Magen
angewendet werden; die Aniangsdosis bei gesund en ErwachBenen
soll nicht unter 1 cg sein , um allmählich bis zu 15 — 20 mg zu
steigen. Am zweckmässigsten ist die subcutane Anwendung. In
der Discussion erwähnte Eulenstein in einem Falle von
Labyrinthtfiuliheit nach Scharlach schon nach <^ Injectionen (je
4 Tropfen einer 'i^i^igeü Lösung) ein sehr günstiges Resultat erzielt
zu haben. Trautmann empfahl bei acuten luetischen Er-
krankungen des Acuaticns gleichzeitig auch die Schmiercur
anauwenden, Kretschmann fand die Pilocarpinbehandlung
auch für chronische Exsudate reaorptionsbef ordernd^ und erwies
sich ihm die innerliche Darreichung von Folia Jaborandi, S g pro
dosi, ebenso günstig wie das Pilocarpin.
Bei den isolirten acuten Entzündungen des oberen Pau-
kenhöhlenabschnittes emptiehlt Vohaen (Indicationen zur Fara-
centese der Shrapneirschen Membran. Aus d. Ber. über die
Verhandl. d. ersten Versammlung d. deutschen otolog. Gesellschaft.
Monatsschr. f, Ohrenheilk 1892, Nr. 8) die Paraoentese der Shrap-
nelPschen Membran als ein Mittel, durch welches möglicherweise
den zumeist langwierigen Eiterungen vorgebeugt werden könne, und
wurde dieselbe vom Verf. in den einschlägigen Fällen in der Rich-
tung des Hammergriffes etwas vor dem Processus brevis
gemacht.
Monnier (De Pincision precoce du tympaii dany l'otite moyenne
aigue simple. Anna!, des mal de Foueille 1892| Nr, 10) plaidirt l^r
die frühzeitige Paracentese des Trommelfells in jedem
Falle von acuter Mittelöhrentzündung, als das beste Mittel,
um am raschesten Heilung und möglichste Restitutio ad integrum
SU ertsielen.
Der gegenwärtige Stand der chronischen Otorrhoe-
Behaudlung wird von Katz (Ueber die Behandlung chronischer
Ohreiterungen. Therap. Monatshefte, Mai 1892) in folgenden Be-
merkungen zusammengefasst, die dem practischen Arzt, der sich nur
gelegentlich mit Ohrenkrankeo beschäftigt, ein Wegweiser sein sollen.
Zur Feststellung einer Diagoose mit dem Ohrenspiegel ist die
exaote Reinigung des Ohres durch lauwarmes Salzwasser (^4%)
nothwendig. Nur für den Fall, dass Sobmerzen vorhanden sind,
oder durch die Einspritzung erhebliches Schwindelgefühl erzeugt
wirdj oder bei entzündlicher Stenose des Oehörganges ist die trockene
Ohrenhejlkunde,
559
ReiDiguiig anzuweDdeD* Bt;i uücomplicirteu eiterigen Mittelohrent*
zündQDgen mit Perforation dee Trommelfells sind nach vorher-
gegangenem Politzer'schen Verfahren oder Valsalva'scheni Ver-
such resp. Katheter mittels untadelhafter Gammiohrenspritze oder
Irrigator mit feinem Ausfluaaröhrchen unter schwachem Druck
die Ausspülungen in der sorgfältigsten und ergiebigsten Weise vor-
zunehmen (ca< V^ — *^ Liter). Kleine GJasepritzen ßind unbrauch-
bar, Deöinficirende oder antiseptisch wirkende Mittel sind nur bei
ganz von Eiter gesäubertem resp. ausgetrocknetem Gehörgang an-
zuwenden, und zwar erwärmt durch Instillation oder Eingiessen, und
werden zweckmässig durch Druck des Tragus in die Pauke gepresst.
Für den Selhatgebrauch des Patienten resp. in der Kinderpraxie
eignen sich am zweckmässigsten die nicht oder wenig giftigen, ad-
stringirenden , antiseptiscben und desinficirenden Flüssäigkeiten , wie
8ol. Zinc Bulf, 1,0: 100,0 oder Sol Plumk acet 0,6 : 100,0 3mal täg-
lich 1 Theelöflfel lauwarm ins Ohr zu giessen, oder bei fötidem Aus-
fluss 8oL Acid. carboL 1,0:100,0 oder Sol Acid. boricl 3,(i:iaU>
oder bei Neigung zur Granulatlonsbildung an der Schleimhaut
der Pankenhöhle Acid* borici 2,0, Spirit. rectificatisB, 98,0; bei Er-
wachsenen kann man bei richtiger Ausführung Sublimat 0,06, Spirit*
dilut. 90,0 3mal täglich ^^ Theelöffel ins Ohr giessen latssen, Spiri-
tuöse Lösungen üben dorch ihre Wasserentziehung auf Granulationen
eine schrumpfende Wirkung aus, und kann man kleinere Wuche-
rungen öfter zur Heilung bringen, grössere dagegen müssen operativ
oder caustisch entfernt werden. Ob man im gegebenen Falle ein
Adatrir^gens oder ein Antisepticum anwenden soll, hängt von dem
Schwellnngszustand der Schleimhaut ab. In vielen Fällen benutzt
man aber die Mittel promiscue. Die Flüssigkeiten sind mindestens
5 — 10 Minuten im Ohre zu lassen. Bei eintretender Periostitis des
Warzenfortsafezes ist jede Injection zu vormeiden und trockene Keini-
gong erforderlich. Wird die Entzündung nach Anwendung von
Kälte nicht rückgängig, so ist die frühzeitige Entspannung des
Periostes durch einen 2 cm langen Schnitt auf dem Warze nfortsatz
noth wendig. Die caustisch e Behandlung mit Argentum nitricum (ö bis
IO^q) ist bei hyperämiscber, geschweUter Schldimbaut nach vorher-
gegangener gründlicher Reinigung in vielen Fällen von vortrefflicher
Wirkung, darf aber nur durch den Arzt erfolgen. Das Ja nicke's che
Ohrpräparat wirkt am besten dort, wo die einfache Borsäure ihre
guten Eigenschaften zeigt, also bei grosser Per To ratio n und atro-
phischer blasser Paukenschleimh&ut. Eiternde Ohren sind stets mit
Verbandwatte resp. stenlisirter Cbarpie zn verstopfen. Forcirte In-
56U
Koclu
jectionen siod stets zu vermeiden. — Die Hauptsache bleibt unter
allen umständen die minutiös es te Sorgfalt bei Entfernung
des siola erneuernden Eiters und die Verhißderung jeder Retention.
Max (Kritische Bemerkungen über die Anwendung des Natrium
tetraboricum bei chronischen Ohreneiterungen. Internat, klin. Rund-
gohau 1892^ Nr. 2 u. 3] kam bei seinen mit dem Natrium tetra-
boricum angestellten Versuchen ungefähr zu denselben therapeu-
tisoben Erfolgen wie Jänick e (cf, Jahrb. 1892, S, G02j — Heilung ein-
lacher Fälle in 5 — 26 Tagen — ^ kann dagegen dem überachwängUchen
Enthusiasmus Kafemeun'B (cf. Jahrb, 1892, Ö. 6<J3) nicht bei-
stimmen, indem er diejenigen Erkrankungsformen, welche den bisher
üblichen Behandlungsmethoden hartnäckigen Widerstand leisteten,
auch durch das Natrium tetraboricum nicht beeinflusst sah. Ein von
Jan icke nicht erwähnter Uebelatand, das Auftreten von Excoria-
tioneu und Sugillationen im äusseren Gehörgange infolge der spitzen
Kry stalle^ die sieb beim Eintrocknen der in den Tampon einge^
sogen en Lösung ausscheiden^ lässt sich leicht durch Bestreichen des
Tampons mit einer öligen Substanz oder Vaseline vermeiden. In
eÜQem falle sah Max von einer solchen Excoiiation aus ein Erysipel
sieb entwickeln. Nach Verf. wirkt bei einfachen Eiterungen mit
grossen Trommel relldefecten das Natrium tetraboricum in Pal verform
günstiger als in Lösung.
Klamann (Sozojodolquecksilber gegen Olirpolypen. AUgem.
med. Centralztg. 1892, Nr, 49) brachte in drei Fällen durch Ein*
blasen von Sozojodolquecksilber Oiirpulypen und Üranu-
iationen aur Abstossuog, Wegen der energischen Wirkung des
Mittels ist Vorsicht nothwendig. Der Gehörgang muss erst gründ-
lieb gereinigt werden, und darf nur eine ganz kleine Menge des
Pulvers eingeblasen werden; nach t^ Stunde wird dasselbe durch
Ausspritzen entfernt.
Öarrigou-Desaroiies (Du grattage du rocher dans Totorrh^e
chronique. Eev. de laryngol. etc. 1892 , Nr. 11) erzielte in Fällen
von hartnäckiger chronischer Mittel ohreiterung, wo die üb-
lichen Behandlungsmethoden im Stiche Hessen^ eine überraschend
schneite Heilung durch Auskratzen der Granulationen und
etwaiger cariöser Stellen in der Paukenhöhle.
(Die Eröffnung des Warzenfortsatzes bei acuten
enza. Wien. med. Presse 1892,
(
Politzer ^xjiv j^iuituuu^ ut^a w (tx^axji
Hittelohrentzündungen nach Influenza. Wien.
Ohrcnheilktmde,
5(U
Nn 10 u. 11 1 fand die EntziinduDgeD des Warzenfortj^atze»
acuter Influenza-Otitis wäitreod der zwei letzten Influenza-
pidemien am häufigsten bei den sog, pneumatischen Formen, und
gewöholich im mittleren oder unteren Abschnitt des vertioalen
eils der Apophyse. Meisten theils sassen die Abscesae in den aber-
chlicben, unter der Corticalis gelegeoen Zellen und erforderten
riel häufiger ein operatives Eingreifen , als bei der gewöhnlichen
aten Mittelohrentzündung; sie zeigten Tendens zu KuocheDdestmc-
|Bon nnd führten auch zu ernsten Sinus- und HimcompUcationen. Oft
estand keine Verbindung mit dem Antrum, nnd soll in diesen Fällen
eine solche auch nicht künstlich hergestellt werden. Die Operation
indicirt, wenn nach der Paracentese des Trommelfells heftige Er-
beinuagen Ton Seiten des Warzenforteatzes noch 8 — ^10 Tage an-
danem, oder wenn bei schon bestehender TrommelfeUperforation
QOter schulgerechter Behandlung binnen 3 — i Tagen keine Vermin-
derung der Symptoma dotritt; bei schon 2 — Swddteotlichem Be-
stehen der Eradieiiiiiiigeii ist die Operation sofort vorzooebmen«
Schnitegelow (Beiträge znr ckiror^mhen fiehaodliuig der
tlhremkrankhetten. Assmg etneB Yottrags m der med. Oee. stt
Copealwgen* Zeitscbrift f. OlireiiliBilk. Bd. 23, H. 2) eah onter
364 Fällen von acnteo Mitielolireiteruigeii nur 6, wo die Perfofaiiofi tu
der Shrap D e ireeben Membran kg, bei SSdFillea dmiDMlie^
citenmgea dAßt^m Sinai Kech YeHJm U&mmkg werden die Perf ere^
tionen im obereten Tbetle des Troamelfelie eü ÜbeneheOi
MnwtHeli in den griMMn «fctttitcihen KK«kiw Bei fö4 MTeotBeli
bebudeltaD Fetaesles wmrm Sem PeffantmeA mm ITmal := 2,6*,.
wieieboe^ wibtwd dieselben bei 27S PH¥Sl|iatie^
bMDerlEt weren; leMere ZeU dfirfle wobi dam ikbü^e Verbitei«
««gebeo* Von jenen 51 FlBon wvdea bei einer
Bebuidlaiis IS^ebeth, U gibfeefiit, l^gib« d
12 Fillen bestens nbeknML In 20 FUloe avüe die J
raiden: » 9 tOm Emkmm, m 8
wde i
Gttieei
Der
wer er viOig
b4d9 a> FiDe
562
Koch.
sckeiQt Verf. das Stacke'scbe Verfahren das beste zu seiu, jedoch
sei seit den auf dieBe Weise von Verf. operirten 8 Fällea erst zu kum©
Zeit v6r£asseD| als dass stck ein definitives Urtheit bezüglich des
Endresultates fällen liesse.
Hoffmann (Ueher das ZtirQokbleiben von offenen epitheli-
sirten KnochenLöhlen nach der Trepaoation des Warzenfortsatze^.
Deutsche med. Wocheuschr. 1892, Nr, 6) beobachtete unter ca. 50 Er*
Öffnungen des WarÄenfortsaUes 5mal Fiatelbildung hinter
dem Ohre, In allen 3 Fällen bestand eine breite Communicaiion der
Elnoclien höhle mit dem Mittelohre oder dem äusseren Gehörgange,
und sieht Yerf. in dem Hineinwuchern des Epithels aus letzteren
Höhlen in dasÄutrum das Kinderniss ffir die Ausfüllung der Knochen -
höhle mit Granmlationen und Narbenmasse. Die Herstellung einer
solchen Communication z wischen Trepanationa wunde und Mittelohr
soll auch die Heilung verzögern.
Bnrnett (Joum, of Americ, med. Aasoc, 26. Sept. 189L Eef.
Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 23, H. 2, S. 149) gibt folgende Indica-
tionen für die Excision des T r o m m e 1 fe 1 1 a, Hammers und
Ambosses als B e h an d 1 u n gsme th od e bei Otitis media
c a t a r r h a I i s chronica und bei Otitis media parulanta
obronica, wenn alle anderen Methoden im Stiche lassen! 1} Taub-
heit., Ohrensausen und Ohrenschwindel bei Otitis media catarrbalis
chronica., besonders wenn Adhäsionen zwischen der Membran und
dem Promontorium und Zeichen von Synechie zwischen den Knöchel-
chen vorbanden sind; 2) Eiterung, Taubheit, Ohrensausen, Ohren-
schwindel ^ Kopfschmerz oder wiederholter Ohrenachmerz bei Otitis
media purulenta chronica. In den Fällen von chronischem Katarrh
wird der Einschnitt hinter dem kurzen Fortaatz und dem Ambos
gemacht, wobei das Steigbügelgelenk freigelegt wird. Sodann wird
der Ambos aus seinen Verbindungen getrennt und entfernt, die Sehne
des Tensor tympani durchschnitten und das Trommelfell durch einen
Kreisschnitt an seiner Peripherie abgelöst und mit dem Hammer
entfernt. Schlimme Hesultate hat Verf. nie beobachtet. Fast immer
erfolgte eine Erleichterung des Dmckgefuhle in den Ohren. Am
häufigsten wurde das Ohrensausen und <ler Schwindel gebessert,
seltener das Gehör. In den Fällen von Otitis media purulenta konnte
die Eiterung in jedem Falle zum Aufhören gebracht werden. In
Fällen von Atticuserkrankungen mit normalem Atnum und mit Per-
foration der Membrana äaccida ist nach Verf. diese Operation das
Ohrenheilktiiide.
563
emsige Heilmittdl; das Gehör wird im Allgemeinen gebessert, und
der Schwindel, der KopfscbmerZf das Obrensansen und die häufigen
EiterausaiDmlangen werden dauernd geheilt.
S e X 1 0 n (lieber Operationen zur YerbesseruDg sowohl der
Schwerhörigkeit, wie von Affectionen des Kopfes und der Ohren ,
Schwindel, veranlasst durch chroDischen Katarrh des Trommelfell».
Zeitschr. f, Ohrenheilk, Bd. 23, H. 2) empfiehlt als die beste Methode
zur Herstellung einer permanenten Oeffnung nach Excision des
TrommeU'ells, resp. des Trommeilells and eines oder beider äusseren
G^e bork noch eichen behufs Besserung der durch progressive Sklerose
bedingten Beschwerden in der Weise vorzugehen, dasa man ber Ten-
denz «ur Wiederneubildung der Membran erst ruhig das Ende des
Procesaes abwartet und dann die neugebildete Membran möglichst
vorsichtig wegschneidet; mitunter muss dies zwei- oder dreimal
wiederholt werden, bis die Neigung zur Neubildung aufhört. Die
Anwendung von 10%iger Cocainlöeung soll die Operation völlig
schmerzlos machen. Bei Personen über 40 Jahre pflegt meistens
keine Hörbesserung mehr einzutreten,
Örunert (Weitere Mittheilungen über die Hammer-Ambos-
eitraction mit besonderer Rücksicht auf die Df^gncse der Atnbos-
caries. Aus der KgL Universitäts-Ohrenklinik in Halle a, S. Arch,
f. Obrenheilk. Bd. 33, H. 3 u. 4) berichtet über 28 Fälle, bei denen
auf Grund der Diagnose „isoiirte Caries der Gehörknöchelchen" in
typischer Weise vom Gehörgange aus die Hamm.er-Ambos-
extraotion ausgeführt wurde. Das Re^sultat war: 13 Heilungen
(4601^^)^ 13 Nichtheilungen (46%), 2 Fälle noch in Behandlung. Auf-
fallende Hörverschlechterung wurde nicht beobachtet» Der Hammer
seigte sich 13mal gesund, der Ambos nur 3maL Beide OnBicuIa
waren gesund in 2 Fällen und gemeinschaftlich cariös in 14 Fällen*
In allen Fällen ieolirter Amboscaries zeigte sich das Hammer-Ambos-
gelenk intact Ein ganz besonderer Prädilectionsort der Caries der
Gehörknöchelchen scheint der lange Ambosschenkel «u «ein. Der-
selbe war unter den 28 Fällen nur 6mal gesund. Die vollständig»
Aufzehrung des caridsen Ambosses durch Graoulationen scbeint viel
häufiger resp. viel eher zu Stande zu kommen, als dm det« cariösen
Hammers. Gewisse otoskopische Bilder scheinen für tsolirte Amboi-
caries typisch zu sein, und so z, B. auch Fisteln hinter dein Pr^jcennud
brevis in der Membrana Shrapiielli für eine solche zu nprochen»
Jack (Beträchtliche Hörverbesserung durch Entfernung den
Steigbügels. Transact. of the Americ. otolog* society, Juli lKt)2.
Ref. Monatsschr. f, Ohreuheilk. 1892, Nr, 11) berichtet Über 17 Fälle
5M
Koch,
von auffallender HörverbesseruDg für die Sprache durch
die zu diesem Zwecke Bystematisch Torgenoiniuene Extraotion
des Steigbügels; es handelte sich theils um chronische Mittel oh r-
eiterung, theiJs um abgelaufene eiterige Mittelohrentzündung mit Per-
foration oder Trommelfellnarben, bei mehreren um reine Mittelohr-
Sklerose. Die Hörbesserung bestand noch nach 4monatlicher Be-
obachtung, ibt aläo anscheinend eine dauernde, Die Heaction war
stets auffallend gering, nach 1 — 2 Tagen konnten die Patienten das
Bett verlassen* Schwindel und Erbrechen traten nur vereinzelt in
stärkerem Maasse auf. — Bezüglich des Operationsverfahrens muss
auf die Loci citati verwiesen werden.
Max (Heber eine neue Beb an dlunga weise der Otalgia tympanica.
Wien* med» Wochenschr* 1892, Nr, 31—35) wandte in einer Reihe
von Päilen von Otalgia tympanica mit sehr gutem Erfolge
die Lucae'ache federnde Drucksonde an, Sämmtliche Fälle
bis auf einen beruhten auf Zahncaries. Ueble Erscheinungen, wie
Ekchymosen des Trommelfells, zeigten eich nie.
Nach P o 1 1 a k (Zur Behandlung der subjectiven Gehdrsempfin-
dungen. Centralbl. f. ges. Therap. 1892, H. 9) sollen subjective
Gehör sempfindungen in solchen Fällen, wo der Acusticug auf
galvanische Ströme mittlerer Stärke (6 — 8 M.-A.) anspricht, durch
die methodische Anwendung des galvanischen Stromes dauernd zum
Schwinden gebracht werden können»
(
YIL Casulätik.
a. A e u 8 s a r i^ s Ohr.
Spratling (Aural hallncinations cured bj removal of the foreign
body from the ear. Med. Record, 1891 , 13* Juni) berichtet über
einen 28jäbrigen Irländer, dessen Existenz durch Monate hindurch
bestehende Gehörshallucinationan auf dem linken Ohre ^ er
hörte Stimmen, die ihn zum Mord und Selbstmord antrieben — auf
das Aeusserste gefährdet war. Als durch Ausspritzen des betreffen-
den Ohres ein Gemenge von Oeruminalmassen und Tabaks-
blätterresten herausbefördert war, trat im Verlauf von 12 Stunden
völlige Heilung ein«
Botey {L'etat vertigineux et lea bouchons de cerumen, Rev* d.
laryngol. Nr. 17) berichtet von einem 44jährigen Manne^ der an <^u&^
Ohrenheilkunde.
566
IfiDdem Summen im rechten Ohre mit darauffolgenden Schwinde 1-
imfällen litt; nach Entfernung von zwei Cerumenpfröpfen trat
völlige Heilung ein.
b. Mittelohr.
Szene 8 (üeber eine heil ungabef ordernde CompUcation der Otitis
media sappurativa acata. Aus dem Bericht über die Verhandlungen
der ersten Versammlung der deutschen otologiechen Gesellschaft,
Monatöschr. f Ohrenheilk, 1892^ Nn 8) berichtet über 21 Fälle von
acuter Pau kenhöhl en ei terungf die trotz echulgemäsaer Behand-
löng erst dann zur Heilung gelangten, als yich eine Otitis externa
diffusa hinzagesellt hatte. Erst mit der Heilung letzterer,
n&oh einem kaum 3 — 4tägigen Bestände» waren auch die Symptome
der primären Paukenhöhlenerkrankung vollkommen ver-
schwanden« In den sechs Fällen ^ wo die Paukenhöhle beiderseits
erkrankt war, die Otitis externa sich jedoch nur auf einer Seite hin-
gesellte, heilte letztere Seite zuerst. In drei Fällen hörte die
Paakeuhdhleneiterung erst nach dem zweiten Auftreten einer
Otitis externa auf.
Hessler (Affectionen des Ohres nach einfachen Operationen in
der Nase. Münch. med» Wochenschr, 1891, Nr. bO) berichtet über
acht eigene Beobachtungen, in denen äicb nach leichteren Ein-
griffen in derNase^ wie Aetzungen mit Höllenstein, Chromsäure,
Galvanocauterisationen, Mittelohrkatarrhe eingestellt hatten. In
einem weiteren Falle , nach Entfernung eines Knochen vorsprungea
am Septum mit dem Messer^ entwickelte sich schon am nächsten
Tage eine acute Otitis media, welche sogar die Trepanation des
Wansenfortsatzes noch erforderlich machte. Verf. betont daher,
selbst geringfügige Eingriffe in der Nase nur, wenn absolut noth*
wendig, vorzunehmen, da eine völlige Anüsepsis im Naseninnern
wohl schwer zu erreichen ist. Auch bei der Nachbehandlung ist der
Patient möglichst vor jeder lofectionagefahr , vom Verkehr mit der
Aussen weit, Schulbesuch » Beisen mit der Eifienbabn, durch einen
2 — dtägigen Zimmeraufenthalt fernzubalten,
Nothers (Traumatische Perforationen des Trommelfells, Zeit-
' Schrift £ Ohrenheilk, Bd, 23, H. 1) berichtet über 42 traumatische
Perforationen des Trommelfells, von denen 8 directe Perforationen,
33 indirecte Rupturen waren, einmal Ursache unbekannt. Mit Aus-
nahme eines Falles beschränkten sich sämmtliche directe Per-
forationen auf die hintere Hälfte des Trommelfells, Zur
5(56
Kocb.
BeurtheiluDg über die Prädilectionsstelle der indireoten Eup-
turen koBUten nur 21 Fälle Verwendang finden, und trafen von
diesen 13 auf die vordere Hälfte, und zwar meist auf die vordere
untere Partie des Trommelfells: also ein deutliches üeberwiegeu
der vorderen Hälfte. Die Hörweite war toit Ausnahme eines
einzigen Falles (OhrfeigenmptQr) in allen Ffilleu mehr oder minder
herabgesetzt. Der We herrsche Verbuch lateraliäirte Btets nach dem
perforirten Ohre, mit bald mehr, bald weniger gegen die Norm ver-
längerter SoballperceptioDsdauen Der Rinn ersehe Versuch war in
allen Fällen verkürzt oder gar negativ. In allen Fällen fand sich
einDefect in der Perception für den unteren Theil
der Tonscala, während die Perception für den oberen
Theil der Tonscala, wenn überhaupt, so nur in geringem
Grade gestört war. Mit Rücksicht namentlich auf diese Hörprüfungs-
resultate müssen nach Verf. obige Abweichungen vom normalen
Hören auf eine durch das Trauma veranlasste Störung im Schall-
leitungsap parat bezogen werden, und dürfte als Haupturdache dieser
Störung der Gehörefunction die durch die Perforation bedingte An-
spannung und Fixation der Gehörknöchelchen kette — Ausfall der
Wirkung I insbeöonsere radiärer Fasern^ üeberge wicht des Tensor
tympani — und die Yerändarung des Trommelfells in Form uod
Spannung zu betrachten sein.
Die Wichtigkeit der Augenuntersuchung in allen Fällen von
prolrahirter Mittelohreiterung beweist ein Fall von Kipp
(Mittelohrentzündung und Neoritis optica. Med. Racord, 1892, 6, Au*
gust), in welchem doppelseitige Neuritis optica und Symptome von
Seiten des Gehirns bestanden, ohne irgendwelche Erscheinungen einer
Affectioü des Processus mastoideus; nach Eröffnung des letzteren
verschwanden jene Gomplicationen rapide.
Wie schon Tobe itz, Hlau und Holt, wendet sich aych Hang
(Beiträge zur operativen Casuistik der bei Tuberculoae und Mor-
bilien auftretenden Warzenfortsatzerkrankungen. Archiv f. Ohren-
heilkunde Bd. 33, H. 3 u, 4) gegen die noch immer weitverbreitete
Ansicht von der Harmlosigkeit der Ohrenerkrankungen bei
Masern, Es dürften nach Verf* sogar gerade speciell ganz acute
Knochenaffectionenf also die schwersten Erkrank ungen , im
directenAnschluss an Masemerkrankung vielleicht noch häufiger
sein, als beim Scharlach; das steht aber sicher fest^ dass die Ohr-
entziiadungen nach MorbilleD durchaus nicht immer als gutartige
aufzufassen sind, da sie häü% in der Form schwerer Mittelohr-
I*
Olu^nheilk mid^
^^6S
proceäso oder primärejr KnocbenerkrankoJigdii , (msI ßid jtdodk blott
als EDtzüDdungen des äossereo Ohrea auftreten. Die von Verf, süllmt
beobachteten, eingeheDd beschriebeoeu vier F&Ue voti iiouter Onrion
der Pars mastoidea währeud oder unmittelbHr nttch dor tuorbill^tfen
AUgememerkraDkaDg sind iolgeode: 1) Otitis media acuta »ini^tra.
Mehrfache DtirciilöcheraQg des Trommelfells; acute Cariea das Wai'ien*
tbrtsatzes. 2) Beiderseitige acute Otitis media: beidarBeiti aoutar
subperiostaler Abscess und acute Caries. 3) Otitis raedin acuta
siDistra vor Ausbruch des Exanthems; acutes Empyom dm linken
Warsentheiles mit epiduralem Abscess; Caries von Hammer und Am*
bos. 4) Acutes primäres Empyem und Caries den Warzi^nfortHatteii;
beeundäre PaukenentzünduDg. — Ferner berichtet Ha üg iii s»lbiger
Arbeit über den seltenen Fall einer primären centralen Tuberoulona
ies Warzen fortsatzes, der noch besondere dadurch iutüreHKiiiil ImI,
er längere Zeit hindurch eine Neuralgie vortiiUttchte.
Öuye (Zwei Fälle von Bexüld^scber Pirforaiion dos Antrum
mastoideam. Zeitschr. f. Ohrenheilkundü Bd, 2B, H. 1) Ihmj bau h tote
folgende zwei Fälle:
1) Abscess im Antrum maBtoideom mit Perforation
arch die mediane Fläche des Processus und in den Qe*
hdrgangf und mit Facialisparaly se. Heilung.
2| Chroniache Ozäna. Otorrhoe von knrzer Dauer. Spontano
Perforation an der medialen Fläche des Proceaiu« mftatoi*
de US. Hartnackige Kopfschmerzen. Aufmeisaelnng doa Au-
tram. Retropharyngealabscess, Operation. Heilung.
Im ersten Falle kam es allmählich zum SenkiingiiAbMMiit am
orierraad dee Stemodeidomaatoideo«, naob demieü Incidirung voa
ans daa Ohr durchgeapfilt wurde. VertMoer weiat darauf hlo^
die Besoltate bei der in dieaen Fälleo von Bezold r^rgia*
Opentioimiethodet den P^rooeiaii« tief so erOADefi^ ood
deaeen medtaiie Wand so dttfchfcfedieii oad in dieee
Drainrohr etasolegea, doch bis jetzt niebi a^kr ensatki'
aiod, nd Utt es ddwr ftr bewer, wie er eneli in de» fwtte*
». JwC)
leicmng dea Btnme lateralis.
Med. Beesfd. Um,
KsVesbsicibtigter Tet'
566
Kocli,
Auftreteua septischer EracheinuDgeii , wie alle übrigen bisher
kanoten FäUe günstig verlief,
Hecke (Beiträge zur Heünng der metastatischen Pyömie bei
Mittetohrerkranknngen. Archiv t\ Ohrenheilktiude Bd. 83, H. 2) be-
richtet über zwei Fälle vod schwerer Pyämie nach subacuter
und acuter Otitis media, die beide nach operativer Eröffnung
des Processus mastoideus achliefiBlich noch günatig verliefen» In dem
einen Falle kam es unter Schüttelfrösten und hohem Fieber zu links-
seitiger Pleuritis, eiteriger Entzündung des linkt-n Stern oclavicular-
gelenks, welcbea geöffnet werden muaate, hodann zu rechtsseitiger
Pleuritis und Entzündung des rechten Schul tergelenks. Im zweiten
Falle kam es zu einer Entzündung des gleichseitigen rechten Eilen^
hogengelenks, welches bei der Incision serööen getrübten Inhalt und
reichliche Mengen von Streptococcus pyogenes enthielt.
Wie häufig sich Entzündungen der Dura mater an cbro-
niache eiterige Mi ttelohrproceaee, namentlich bei Oaries des
Schläfenbeins anschliessen, das zeigen von Neuem die von Kessler
(Ueber extradurale Abscesse nach Otitis. Archiv i\ Ohrenheilkunde
Bd, 33, H. 2) mitgetheilten Zahlen* Bei ca. 100 Äui'maisselungen
des Warzenfortsatzes wies die Sinuswand 17mal cariöse Defecte
auf, und die biossliegende Bura mater befand sich in den verschie-
densten Graden der Entzündung. Bei stärkerer Eiteranhäufung unter
der Dura, und wenn es zur Abhebung derselben vom Felsenbeine
kommt, entsteht der sog* sub- oder extradurale Abscess, Bei früh-
zeitiger Erkennung und Operation ist eine Heilung möglich, andern-
falls erfolgt der Tod durch Meningitis purulenta nach Durch hrnch
des Eiters in daa Cavum cranii. Verf. hat nun aus der Litteratnr
50 Fälle von reinen extraduralen AhaceBsen, zu denen noch drei aus
der eigenen Prexis kommen, zusammengestellt, hauptsächlich zur
Entscheidung der Frage: Wo ist der häufigste Sitz deraelben, und
welche anatomiaohe Veräuderungen im Schläfenbein sind ihnen voraus-
gegangen? In einer Reihe von Fällen fand sich der deutliche ana-
tomische Beweis, dass die Abscesse durch Fortpflanzung der Sohleim-
hautentzündung der Mittelohrhohlen auf den Knochen und durch
diesen hindurch auf die Dura mater zu Stande gekommen waren.
H e s 8 1 e r bezeichnet diese Formen als „secundäre extradurale
Abscesse^ im Gegensatz zn den selteneren „primären extradura-
len Abscessen^^f in denen keine fistulöse Oommunication zwischen
Mittelobr und Absceseböble sieh vorfindet. Die extraduralen Abscesse
kommen in beiden Ohren gleich oft vor, beim männlichen Geeohlecht
Ohrenheilkunde.
569
über noch einmal so oft als beim weiblichen, und vorwiegend vom
25. LebeoBJahre an. Was den Sitz der 41 secondären extraduxaleu
Abscasse betrifft, so fand Bicb die cariöse Knochenüstel 25mal an
der hinteren Fläche des Felaeobeina, 6mal am Tegmen tympani, je
ItD&i an der vorderen und an der vorderen und hinteren Wand;
in den anderen 8 Fällen war der Sitz aus der Beschreibung nicht
ZQ erkennen. Die Ausbreitung der Carteä war eine sehr veräohieden-
j^dige. In 14 Fäüen konnte durah die Operation Heilung erzielt
werden I in den übrigen 27 Fällen Tod durch Meningitis, Hirnabsceya
and Sinusphlebitis. Von den 12 primären extraduralen Abscessen,
bei denen der Knochen keine cariöse Erkrankung zeigt, befanden
siob 6 an der hinteren Fläche des Fekenbeins, 2 an der vor-
deren, einer am Tegmen tympani; bei 3 fehlte Beschreibung, Von
diesen 12 Fällen wurden 3 durch die Operation gerettet, darunter
2 eigene des VeriVs. Die Entstehung der extraduralen Ahscesse
igt nach Verf.^s Ansicht eine dreifache : Am bäufigäten setzt eich die
Eiterung des Mittelobres durch den Knochen auf die ihn deckende
Dura mater fort; ein anderer Theil ist unzweifelhaft periphlebitischen
Ursprangs. In der dritten Keibe der Fälle entsteht der axtradurale
Abscess gleichzeitig mit der Eiterung im Mitteiohre, wie der suh-
periostale Absceay bei acuter infectiöser OstitiB, Die Diagnose kann
nur per exclusionem wahrscheinlich gemacht werden, ausser wenn
man die Dura direct beobachten oder das Hervortreten von Eiter
zwischen Knochen und Dura wahrnehmen kann. Die Therapie muss
eine prophylactische und chirurgische sein.
Hecke (üeber extradurale Eiteransammlungen im Verlauf von
Mittelohrerkrankungen. Arcb. t Ohrenheilk. Bd, 33, H. 2| weist
darauf hin, wie Eiteransammlungen zwiöchen Dura mater und
Schädelknocben nach den Untersuchungen von Volkmann,
Kraske, Heinecke^ Krause U.A. meist tuberculöser Natur sind,
und berichtet über zwei eigene Fälle von sehr grosser Eiteransamm-
Inng zwischen Knochen und Dura mater zur Zeit der letzten Inäuenza-
Epidemie (1889 — 90), die jedoch beide trota Aufmeisselung des
Warzenfortöatzes und Blosslegung der Eiterherde durch Meningitis
tödtlich endigten.
üeber glücklich operirte Fälle von Sinusthrombose
mit pyämischen Ersckeinangen im Gefolge von Mittelohr-
eiterungen berichten Clutton, Jansen und Parker:
Der Fall von Clutton (A successfuU case of ligature of internal
jQgular vein and trephining lateral ainus in an ear case whilst the
570
Koch.
öymptoms of pyaemia were well prouounced* The British med, Journal,
16, April 1892) betraf eiosn 10jährigen Knaben, welcher im Mai
Bach Influenza mit SchmerzeD und vorübergehendem geringem Aus-
flusa im rechten Obre erkrankt gewesea war; Am 27. November,
kxm Tage der Aufeahme, bestanden wieder Schmerzea, aber kein Aus-
ÜUBs. Nach einigen Tagen stellten sich leichte Nerven zu fülle, eon-
tinuirliche Schmerzen in der rechten Kopfseite ood im rechten Ohre
und wiederholte Schüttelf roßte mit hohen remittirenden Temperaturen
(360 — 4Qiy) ein. Sodann entwickelte sicli eine stetig an Grösse zu-
nehmende birn förmige Schwellung am rechten Unterkiefer winkel, ohne
dass gerade ein Strang zu fühlen gewesen wäre; gleichzeitig traten
Schmerzen im linken Vorderarm auf, und wurde eine tiefsitzende
Schwellung über der ülna constatirt. Der Warzenfortsatz war völlig
freij keine Neuritis optica. Es wurde zunächst die Vena jugularis
möglichst tief am Halse geö£rnet; dieselbe war zusammengefallen
und, abgesehen von einem frei Hottirenden Thrombus leer. Doppelte
Unterbindung, Durchschneidung und Fixation an das obere Wund-
ende. Die Fortsetzung der Operation wurde wegen der Schwäche
des Knaben verschoben. In den nächsten 2 Tagen keine Fröste,
beflseres Allgemeinbefinden | aber noch hohe Temperaturen, Am
Kl December Trepanation des Schädels 1 Zoll hinter und ii^ Zoll
über dem Centrum des äusseren Gehörgangs; hervorquellender Eiter
kam vuD der Occipifcalseite der angelegten Oeffnung. Der das Cen-
trnm der Oeffnung einnehmende Sinns wurde mit dem Troikart ex-
plorirt und enthielt Eiter. Entfernung der oberen Ligatur der Jugular-
vene, Diirchspülung. Incision der Schwellung am linken Yorderarmp
Seit einigen Tagen hatten auch Schmerzen und entzündliche Schwel-
lang im linken Fussgelenke bestanden, und war diese Oomplication
auch die Ursache, dass die nach der Trepanation gefallene Tempe*
ratnr am 12. December wieder bis auf 4£ß stieg» Nach Incision und
Eiterentleerung kamen zwar noch ab und zu etwas erhöhte Tempe-
raturen vor, aber die Besserung ging stetig vor sich, und der Kranke
wurde völlig geheilt entlassen.
Auch Jansen (Ueber Sinusthrombose mit Demonstration eines
dorch Eröönung des Sinus transversus geheilten Falls, Ber. üb. d,
erste Vers, d, deutsch, otolog. Ges. Arch, f, Ohrenheilk. Bd. 83,
H. 3 n. 4) führte einen Fall vor, bei dem wegen schwerer Pyämie
und Empyem des Warzenfortsatzes mit den 83'JBptomen von
eztraduralem Abscess und Jugularphlebitis die Aufmeisse*
lung des Warzenfortsatzes vorgenommen, ein extraduraler Absceas
aufgesucht und gefunden wurde. Da am nächsten Tage die Pyämie
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niB. PwmerbericiMtete Jansen ober :^7 F&^W von Siuii4i|ihUbili«t
UB der BcrÜKr Dnivcf^WsGiureiiklinik in a^u J«lti^ii l8tH -IHM
imd hob ^s betrtditliolia üaberwiegon di^ Erkmiikuug^n iM* Itiiktu
Sote lierv^or. Verf. betonte forner Aw Wiol>ttgki»it der Di(A|£iioiio
der extradoraUn Abscesse and orklirt« ftU iUVtirU«uiig«tm)
diagnostischen Anhaltspunkt die Kuoohenauftruibung iiiuUv
dem Warzen fortsati, während ftüiumlltübe lUnint^i, an aiioit un*
bedentend, oombinirt recht werthvoll gein, aber auch boi dan grOw^ton
Abacessen fehlen können. Die Prognose iut nifVvljje d^v UüMichnr*
heit der Diagnose und der UnvolIkonmu^nlH^it \lm nporutivon ICiii-
gFtSß ungünstig. Von den 27 Fällen vun NinuHphlobititt aindH gu-
bellt: 2 spontan^ 1 durch Incision de» vereittiriMn Hinui, alle }t naoh
forgenommener EröfFouog des Waraenfortaatiai, — In dor Din-
€aB0ton erwähnte Schwabaoh einen Fall^ bei dam er n^lbMt nuwdbi
ala atuch Gerhardt die WahrscheitiHohlieitiidiagnüM0 uul
Siouatbroinbose nach rechtaeeitiger Otitix mtiddi jinrulonta go*
afeallt hatten, Gerhardt namentlich mit RUclcMiclit auf oln von
ibn snerBt beschriebenes Symplom^ die mangelhafte Ffilhing der
Jngnlaria bei der Inspiration auf der kranken Heiter ihr Fall
keilte ohne operativen Eingriff nach 5 Wochen voUatändig.
In dem glücklich verlaufenden Falle von Runbton Parker
(Zwei FiUe von Operationen an der Vena jugular»« und dam Binoii
muafwnM wegen Fjämie nach Mittelobreiterung, Berliner kl in*
WmAmmdkT. 1B92^ Kr. 10) handelte es sich um tnutsn 2&jakrig»fi
btiiBiea, kea dem vor 14 Jahren nach einem Schlage auf de« Unke
Ohr lUmmmthmii^lm ond Blutung aoa dem Ohr aiek «iBfMtolk
tets. Boa wwiyi Tige vor seiner jetzigen ErkimkiE&f aottte iMi
ean Aem Ohre gezeigt haben. Bei der Anfiiilini* den Pn^
e«nwi «e Tenipemtitr toü fant 41*, wiadevhoiln Scktsi«!'
I, Megpt l
linkaftOkre.
der VeM
Toft
572
Ko€h.
Venen wurden doppelt unterbunden, im Gesunden durchsciinitten
und, soweit sie tbrombosirt waren, rasecirt. Sodann Eröffnung des
Warze nfortsatzes mit Hammer und Meissel und Freilegung des Sinus
trausYereus. Derselbe war mit grüner stinkend- jauchiger Flüssigkeit
gefüllt und enthielt das lose Ende des Thrombus, der die Vena
jugularis verstopfte. Das Centrum des Thrombus war eiterig zer-
taileo. Die thrombosirte Vene wurde 1 Zoll weit vom Knochen ab-
gescbnitten und der Best mit scharfem Löffel ausgekratzt; ebenso
Außkratztuig des Sinns traosversus. Bei weiterer Öondirung trat
eine Blutung eio^ die aber auf Tamponade stand. Zwei Tage später
wird der Tampon erneuert, da sich Eiter dahinter angesammelt hatte.
Nach der Operation bestand noch eine Zeit laug hohes Fieber; am
16* Tage verliess Patient das Bett und wurde völlig geheilt ent-
lassen.
Ueber einen glücklich operirten Fall von Kleinhirn-
abs cess berichtet Dean (A case of cerebellar abscess success-
fully treated by Operation. The Lancet, 30. Jali 1892), Er be-
traf ein 14jähriges Mädchen, welches seit 5 Jahren an rechtsseitiger
Ohreiterung litt. Bei der AufDahme am 20. April bestanden seit
3 Wochen heftige Schmerzen im rechten Ohre und der Procesaus-
gegend, sowie überhaupt in der ganzen rechten Kopfseite. Die Haut
Über dem Processus war verfärbt und geschwollen ; im Gehörgang
Eiter, das Trommelfell fehlt, die Pauke mit Granulationen angefßdlt.
Patientiü war nur tbeil weise bei BesinDuug. Deutliche Glieder- oder
Aügenmuskellähmnngen bestanden nicht, dagegen beiderseits Neuritis
optica. Die Pupillen waren erweitert, zeigten unvollkommene Re-
action. Es wurde zunächst mit Meisset und Hammer das Antrum
geöffiiet und circa ' .^ Drachme Eiter entleert. Der weiche Knochen
wurde weggekratzt und weggemeisselt, bis der Sinus freilag, Aus-
kratzung der Pauke. Hierauf bis zum 20. Apiil Besserung. Dann
stellten sich wieder mehr und mehr Benommenheit und Kopfscbnaerzen
in der rechten Seite, verlangsamter, un regelmässiger Puls, Erbrechen
ein. Temperatur 36 — 37^1 Am o» Mai Trepanation des Schädels
1 Zoll hinter und ^^ ^^^^ ^^^ ^^^ Centrum des Gehörganges. Nach
Entfernung der ^Ji Zoll grossen Knochenscheibe wurde die Dura
mater incidirt^ und ein schmaler Troikart nach sechs verschiedenen
Richtungen in den temporosphenoidalen Lappen eingestochtm , aber
kein Eiter gefunden. Als der Troikart zum zweiten Male in den
Seiten Ventrikel eingeführt war, flössen einige Drachmen klarer cere-
brospinaler Flüssigkeit aus. Die Punctiou des Sinus ergab ^ei-
*
0 hren hei Ik linde.
573
fliasBendes Blut. Bebufs ExploriruDg des Cerebellum wurde nun
der KBOcheu mit der Zange von Ho ff manu in der Ausdehnung
von *,.2 Zoll in der Richtung nach hinten und unten weggenommeD,
Na^h der Inciöion der Dura kam beim zweiten Einstecbeü des Trot-
k&rts £iter und nach Einfuhrung eines dickeren Kaliberg floss circa
1 Unze aus. Die Dura wurde sorgfältig wieder über das Gehirn
gelegt^ der Abscess drainirt Am folgendea Tage Befioden deutlich
besser» Am 10. Mai wurde der Drain entfernt; am 16« Mai steht
Patient zum ersten Male auf; am 19. Mai sind die Wunden geheilt.
Am 31. Mai wird Patient im besten Wohlbeßnden entlaaaen. Am
81* Juli bestand nur leichter Aasfluss aus dem rechten Ohre.
Penisen (Om Cerebral tilfölde ved den kroniske Otitis media.
Nord. med. Arkiv Bd. 23^ Nr. 8—15, Ref. Zeiti^cbr. f. ObrenheiJk.
Bd. 23, H, 2j S, 151) berichtet über 36 Fälle von Gehirnaffeotionen
im Qefolge von ehren i scher Mittelohreiterung, von denen 4
geheilt wurden: 13 Fälle von Hirnabsceas mit 2 Heilungen — epi-
duralen Abscessen — ^ 12 Fälle von SinusthromboBe Diit 1 Heünng,
10 Fälle von Meningitis mit 1 Heilting^ 1 Fall von Haemorrhagia
meningedlis basis oerebri, und gibt die genaue Beschreibung einer
nach seiner Meinung empfehlenswerthen Methode ftlr das eventuelle
operative Vorgehen beim Auftreten cerebraler Erscheinungen im Ver-
laute einer Mittelohrentzündung. — Die Temporalabs cesse wurden
6mal rechts und 3mal links gefunden, die Sinusthrombose 8mal
rechts und 3mal links., die KleinhirDabscesge 3mal links und Imal
rechts, die Meningitis 6mal rechts und 3mal links.
c. Inneres Ohr.
Bisher war in der Litteratur nur von Grub er über einen Fall
von doppelseitiger Schneckennekrese berichtet* Ein zweiter
Fall liegt jetzt von Marx vor (Doppelseitige Nekrose der Schnecke
mit consecutiver Meningitis und letalem Verlauf Wiener med.
Wochenschr. 1891, Nr, 48—51). Er betraf einen 23jährigen Mann^
der seit Kindheit an doppelseitiger Mittelohreiterung nach Variola
gelitten hatte. Auf der rechten Seite wurde die voUsiändige Schnecke
aüsgesto8Sen , 7 Monate nach dem Erscheinen der ersten Labyrinth-
Symptome, links wurde schon nach 3 Monaten, seitdem das Labyrinth,
allerdings unter viel stürmischeren Erscheinungen, in Mitleidenschaft
gesogen war, ein Theil der unteren Schneckenwindung ausgestossen.
Beiderseits bestand totale Taubheit. Merkwürdigerweise stellten sieb
auf dem rechten Ohre erst nach der Extractiou des Sequesters zum
ersten Male subjective Gehörsempün düngen ein. Hochgradige Gleich-
574
Koch,
gewichtsatörangen traten erat nach der ErkraDkang beider Labyrinthe
auf. Während rechts die Eiterung sofort nach Entfernung des Be-
i|uester8 völlig aufhörte, führte dieselbe links noch zur tödtlicken
Meningitis.
d. Diverses.
Rohrer (Heber den Torpor des Nervus acuaticus. Ber. ü. d.
erste Vers, d- deutsch, otolog. Ges. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 33^
H. 3 u. 4) beobachtete in den letzten 2 Jahren elf Fälle von Torpor
nervi acustici, die ein eigenartiges charakteristisches Bild boten.
Die meisten jüngeren Patienten erkrankten gewöhnlich infolge von
Katarrh oder nach Erkältung an progressiver Schwerhörigkeit| die
sich bia zu völliger Worttaubheit steigern konnte; dabei waren die
hohen Töne erhalten, die Perceptionszeit für die Kopf knochenleitung
aber bedeutend herabgesetzt oder ganz aufgehoben» Die Trommel-
felle zeigten massige bis hochgradige Trübung und stets ausgeprägte
Retraction. Bei fünf dieser Fälle nun stellte sich nach der Behandlung
mit Katheter und Rarefacteur die Perceptionszeit für Stimmgabeln
bei Kopf knochenleitung wieder ein, und in gleichem Maasse auch eine
Verbesserung der Hörweite. Bleibt dagegen jener Zustand längere
Zeit sich selbst überlassen» yo i 8t nach Verf. Atrophie des Nerven
und bleibende L a b y r i n t h t a u b h e i t nicht au.sgeschlossen, und
kann so der Torpor nervi ecustici in der Äettologie der acquirirten
Taubstummheit eine verhängnisa volle Rolle spielen.
Eine eigenthümliche Form von Ohrschwtndel beobachtete
Löwenberg (Bullet, med. 1891) hei nervenschwachen Individuen
mit einfachem Mitteiohrkatarrh und Symptomen von Tubenverschluas,
indem bei stärkeren Respi ratio nsacten, z. B, beim Ausschnauben der
Nase, wo also Luft heftiger in die Paukenhöhle dringt, leichte Schwindel-
anlalle mit seitlicher Kopfbewegung, oft mit Nystagmas verbunden,
»ich einstellten. Dass dieser Schwindel durch directe Druckeinwir-
kung auf das Labyrinth bedingt war, dafür sprechen einerseits Thier-
versuche des Verf/s, sowie auch die erfolgreiche Behandlung der
Mi ttelohraffecti o n ,
Während die meisten Äutcren die Paracusis Willisii, das
Besaerhören im Geräusche, auf eine verbesserte Seh wingunga fähig-
keit des Sehallleitungaapparatea beziehen, hatte Urbantschitsch
sich schon früher für die physiologische Natur dieser Erscheinung
ausgesprochen. Auf Grundlage weiterer einschlägiger Versnobe, die
sich nicht allein auf das Besserhören im Geräusche, sondern auch
i
(
Aof den Einflu&8 von Sch&Uein Wirkungen auf die Hörfälligkeit im
Allgemeinen erstreckten, gelanj^ XJrbantschitsch (Ueber den
Einfluss schwacher Schallein Wirkungen auf die acustiscbe EmpfindungB-
schweUe. Arch, f. Ohrenheilk. Bd. SB, H. B a. 4) wiederum zu dem
Besultate, dass ein Besserhoren im Geräusche auf einer Steigerung
der acustischen Empfindungssch welle bernht, und dass eine Betheili-
gimg dea Schallleitungsapparates an dieser Erscheinung sehr frag-
Hoh ist.
I Urbantscbitsch (Ueber die Wechselbeziehungen beider
Gehörorgane zu einander. Prager med. Wocbenschr. 1892, Nr. 46)
unterscheidet gleichartige und ungleichartige Wechsel-
beziehungen, Neben vasomotorischen, trophischen , sensitiven
sind die wichtigsten die functionellen Wechselbeziehungen, indem die
Taubheit nicht bloss bei Hysterischen^ sondern auch bei normalen
Individuen auf die andere Seite überspringt. Von grosser Wichtig-
keit ist der Einfluss des einen Ohres auf das andere bei gewissen
operativeo Eingriffen, so namentlich bei Muskeldurchschneidungen.
Verf. sah Fälle, bei denen, besonders nach Barchschnei düng des
Tensor tympani, wesentliche Horbesserung auf dem nicht operirten
Ohre auftrat.
'Sc
K
W eil
Auf Grund des Sectionsbefandeä eines intra vitam genau beob-
achteten Krankheitsfalles von einer 46jührigen Frau, die infolge eines
SchlaganfaUs 13 Jahre vor ihrem Tode Worttaubheit and Paraphasie
it erhaltenem Veratändniss der Schrift und der Fähigkeit zu schreiben
erlitten hatte und 4 Jahre später durch einen zweiten Schlaganfall
eine partielle linksseitige Lähmung and völlige Taubheit acquirirt
hatte, zieht Mills (On the localisation of the auditorj oentre. Brain
1891, H- 4) den Schluss, dass das Cenirum für Wort gehör
im hinteren Drittel der ersten und zweiten Schläfe n-
windangen liegt, und dass erst eine Zerstörung der Hdr-
entreo auf beiden Seiten völlige Taubheit bedingt, — Die
tttopsie hatte eine Läsion der ersten und zweiten Schlaf enwindung
auf beiden Seiten ergeben.
1 Tibbet (Ein merkwürdiger Fall von Sc huss wunden beider
Ohren mit Heilung. Med. Record, 7. Nov. 1891. Ref. Zeitschr. f.
Ohrenheilk. Bd. 23, K. 2) berichtet über einen Manti^ der bei einem
Selbstmordversuch sich in den äusseren Gehörgang beider Ohren
geschossen hatte. Obgleich die Kugeln deutlich gefühlt werden
koDuten, blieben Extractionsversuche erfolglos. Mit dem Finger
576 Koch.
konnte man 2 Zoll tief in beide Gehörgänge eindringen. Nach der
Heilung war das Gehör ausreichend genug, dass Patient als Droschken-
kutscher fungiren konnte.
V. Krzywicki (Ein Beitrag zur Frage »der differential-
diagnostischen Bedeutung der Prüfung der Gehörixinction mit der
Stimmgabel. Berl. klin. Wochenschr. 1892, Nr. 12) will durch den
von ihm mitgetheilten Fall die nach seiner Meinung höcht zweifel-
hafte Bedeutung des Resultates der Stimmgabelprüfung illustriren,
indem bei einem 42jäbrigen Patienten mit partieller Gehirnerschütterung
im linken Schläfelappen trotz offenbarer consecutiver centraler
rechtsseitiger Taubheit und trotz eines linksseitigen
Ceruminalpfropfes die Stimmgabeltöne von allen Stellen
des Kopfes per Kopf knochenlei tu ng nur rechts gehört
wurden.
Von Dr, J. Michael in Harn barg.
ArzneimUtel
Emblasangen von Europheo empfiehlt Cbapell (New York
med. Record, 23. April) gegen Ozäca. TyrmowBky hat bei La-
rvngitiß ulcerosa (Wiener med, Presse Nr. 52) mit Res o rein gute
Erfolge erzielt. Robinson verwendet Pinselangeo von Creosot
bcfi Larynxtnberculose (New York med* Rec, 27, Febr.), Kahn ver-
wendet M y r r h o 1 i n - Insufflation bei Larynxtaberculose und Ungiien tum
Myrrbolini bei Eczema nariom (Münchener med, Wochenachr. Nr. Bl).
Banmgarten (Deutsche med. Wocbenschn Nr. 9) räth zur Vorsicht
beim Gebrauch von Jodkali, weil er bei mit einer Idiosynkrasie
g^gen das Mittel behafteten Personen Larynxödem beobachtet hat.
Ziem (Monatssobr. f. Ohrenheilk. Nr. 6) empfiehlt die Anwendung
von Cantharidenpflaster bei Hals* and Ohrenkrankheiten, ßetz
• AUg. Wiener med. Ztg. Nr. 40) hat von Pilocarpin bei Glottis-
ödem gute Erfolge gesehen. Schulze (Münch. med. Wochenschr.
Kr. 48) fand die cantbaridinsauren Salze bei LaryDxtaberculose
wirknngslos, Norlury (Tberap. Gazette, 16. Mai) wendet bei Ton-
»iilitis mit Vortheil Calciumsulfit an. Glayson (New York
med. Joum f 2^, Oct.) empfiehlt die locale Application von Anti-
pyr in bei acuten Halsentzündungen.
Iritrbucb d. praot. Mediclii, 1893. 31
578
Michael.
Uaber die Durch Iduch tun g und deren Werth fUr die Biagnose
der KrankheiteD der Nebenhöhlen lanten die Ansichten versohiedeii.
Robertson (Jonm. of laryngology Nr. S n. 4) rühmt dieselbe sehr,
ebenso Heryng und Betehmann (Gazetta lekarska^ 9. OctDber)^
gleichfalls Davidsohn (BerL klin» Wochen sehn Nr. 33). Joel hält
die Methode für brauchbar, aber in ihren Resultaten nicht für ganz
sicher, Er hat das Instrumentarium etwas modificirt (Thüring. Cor-
respondenzbl.^ März). Dagegen verwirft Ziem (Berl. Min. Wochen-
schrift Nr* 33) die Methode vollständig und hält die PalpatioE nicht
allein für zuverlässiger als die Durchleuchtung, sondern auch
die RhinosGopia posterion
Instriimente.
2
örünwald (Deutsche med. Wochenschr. Nr, 18) empfiehlt die
Elektrolysis zur Behandlung der chronischen Pharyngitis,
Muöohelschwellung, Septumdeviationen, Pachydennia syphiKfcica und _
Larynxtuberculose« ■
0ha pell (New York med. Joum,, G. Februar) beschreibt ein
dem Tonsillotom naohgebildetea, guillotine narbiges Instrument ftr
die Amputation der Tonsilla pharyngea. ■
Schütz (Münch. med. Wochenschr. Nr. 39) beschreibt ein dem
Fahnenstock nachgebildetes Tonsillotom für die Pharynx ton-
81 He. Dasselbe hat die nöthige Krümmung^ um in den Nasenrachen-
raum eingeführt zu werden, und scheint für den Operateur mannig-
fache Vortheile zu gewähren, Verf. be sc b reibt zugleich unter dem
Namen Oompressor eine an gekrümmtem Stiele befestigte Platte^
welche dazu dienen soll, Im Fall von Nachblutungen nach Entfernung
der PharyDxtonsille durch OompresBion h am os tatisch zu wirken. Die
seitlich aufsitzenden, von dem Pharynxtonsillotom nicht erreich-
baren Vegetationen werden mit dem Michael'schen Dappelmeisdel _
operirt. I
Lenzmann (Deutsche med. Wochenechr. Nr. 48 u. 49) beschreibt
eine Modification des Gottstein^sehen Messers für adenoide
Vegetationen. In den Ring hinein ist eine Feder gesetzt, welche
bezweckt, dass die entfernten Sticke am Instrument bleiben und nicht
in den Larynx herabfallen können«
Krankheiten der Naae^ dea RachenB etc.
Ö79
Krankheiten der Nase, des Nasen raelienranmes and Pfundes.
AllgemeiDes,
Bresgen (Wiener med. Wochenecbr. Nr. 45, 46 u* 47) macht
recht practische Bemerkungen über das AusschnaolieD der
Nase, Wird dies bei katarrhaliechea oder sonstigen entzündlichen
Zuständen der Nase unvorsichtig ausgeübt, besonders wenn bei dieser
Procedor beide Nasenlöcher verschlossen werden, so gelangen leicht
Schleim und mit demselben In fections träger in die Tuben, und es
folgt dann eine Mittelohrentzündung. Durch Belehrung des Patienten,
besonders nach Operationen werden sich manche unangenehme Neben-
erscheinungen vermeiden lassen« Während das Schnauben sich be-
sonders bei Afiectionen und Operationen der unteren Nasenpartien
als gefährlich erweist, können sich Affectionen der oberen Partien
durch Fortschreiten auf den Lymphwegen oder auch durch fort-
BchreiteDde Oberflächeneiterung nach oben zu verbreiten. Ersteres
geschieht meist, wenn dem Eiter durch Schwellung der Weg nach
aussen verschlossen ist, letzteres wann derselbe frei ist und in den
Nasenrachenraum gelangen kann. Durch Sorgfalt bei der Operation
and umsichtige Nachbehandlung, besonders mit Pyoktanin, lassen sich
diese unerwünschten Folgen meist vermeiden.
Moritz Schmidt (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 4). In
manchen Fällen von chronischer Verstopfung der Nase wird keinerlei
Hypertrophie, Neubildung oder Verengerung gefunden. Es beruht
die Anomalie dann darauf, dass bei der Inspiration die Nasen-
flügel durch|^die Luftverdünnung angesogen werden und so die
Nase tamponiren. Die Beschwerden der Patienten sind ganz die-
selben wie in den Fällen, welche auf pathologischen Veränderungen
beruhen. Beseitigt werden die Beschwerden durch Application eines
kleinen von Feld bausch angegebenen Instruments^ durch welches
Nasenflügel unterstützt und so nach aussen gehalten werden.
Verbiegung der NafienscheidewÄnd.
^ionisio (Archiviiitaliani di laringologia, October) bespricht in
sehr ausführlicher Weise die verschiedenen Vorbildungen dea
knöchernen und knorpeligen Septum und beschreibt ein von
ihm constmirtes scherenartiges Instrument, welches zur Entfernung
der Sporne und Kanten dient und durch die glatte Wunde, die es
machen soO^ vor den zahlreichen anderen su diesem Zwecke em-
pfohlenen Werkzeugen einen gewissen Vortheü darbietet.
580
Michfte].
Nase und Morbus BaBedowii.
Winkler (Wiener med. Wochenachr. Nr. 40—44) bespriclit die
IndioationeD filr eioe Bekandlung der Nase bei Morbus BBse-
dowii und kommt zu dem Beaultat^ dasa man nur iu gQl€b6ii FäUen
zu einer localen Therapie sich entscblieasen aoUe, in denen die Nase
durch Polypen^ Vegetationen oder DeformatioDen ganz oder tbeil-
weise verstopft ist. Kleiner© Unregelmässigkeiten und Katarrhe,
welche keioerlei subjectiv© Beschwerden machen ^ steheo zu der
Krankheit in keiner Beziehung, und hat die Localbehandlung der-
selben für die Therapie der B a s e d o waschen Krankheit keinen
Zweck.
R a c h e n p o 1 y p.
üonitzer beschreibt einen behaarten Rachenpol ypen
(DeutBche med. Wochenschr. Nr. 51), der gestielt im Nasenrachen-
raum links von der Medianlinie iuserirt war. Die Untersuchung
ergab einen Kuorpeikern, FettmaBsen und in der UmhülluDg Bämmt-
liehe Beatandtheile der Cutis nebst Blutgefässen, Nerven und Lymph-
follikeln. Es sind bisher nur zehn derartige Polypen beschrieben,
welche nach Schuchardt als parasit&re DoppelmiesbildiiDgen auf-
zufassen sind.
R !i i n o 1 n. h e n.
G erb er (Deutsche med. Wochenschr. Nr, 61) hat einen ex-
trahirfeen Nasenstein, dessen Centrum ein Stück Watte bildete,
genauer untersucht und beweist, dass das Kalkgeröst der Rhinolithen
hauptsächlich aus verkalkten Mikroben besteht.
H i g h mors h ö h i e,
Fürst (Archiv f. Kinderheilk. Bd. 14^ H. 6) beobachtete an einem
3t&gigen Kinde ein Empyema antri Highmori. Die Entzündung
hatte sich von einer Conjunctivitis gonorrhoica durch den Ductus
lacrymalis auf die Nase und die Nasenhöhle fortgepflanzt. Durch
Extraction zweier Zahnkeime gelang es, Eiter ans der Alveole au
entfernen. Doch musste auch einige Tage später von der Backe aus
incidirt werden. Nach einigen Tagen Exitus. Die Section ergab
vollständige Zerstörung des Oberkiefers und zahlreiche pyämische
Abscesse ta allen Körperth eilen.
Chiari (Prager med. Wochenschr. Nr. 22, 23 u. 24) kommt nach
einer Erfahrung von 28 Fällen von Empyema antri Highmori
Krankheiten der Nase, dea Racheu« etc
581
zu folgenden BeBaltaten: in den seltensten Fällen ist das Empyem
Idorch eine cariöse Zahnwurzel verursacht und kann durch Extraction
Meraelhen allein geheilt werden; in einigen Fällen wurde durch Irri-
Fgation der Nase Heilang erzielt; oftmals genügen Injectioneo lo das
Antrum selbst sur Heilung, in anderen Fällen wird durch dieselben
QQf Besserung erzielt; eine geringe Anzahl von Injectionen bewirkt
nur in ganz frischen Fällen Heilung; niemals erreichte Verf. ein ge-
nügendes Resultat, wenn in die natürliche Oeffoung des Antrum allein
Injectionen gemacht wurden, ebensowenig von Einblasungen von
Jodoform, Dagegen erwies sich als sehr wirksam die Behandlung
von einer eröflhieten Alveole aus. Diese Oeffnung muss jedoch am
Tage verschlossen sein, und zwar lässt sich diese Indication am besten
bei Behandlang durch Tamponade mit Jodoformgaze verbinden,
^Krelche durch die Alveole in die Höhle eingeführt und wöchentlich
^Bbmal erneuert wird.
^^ kannt
Sieb- und Kt^ilb ein höhle.
Woakes (Brit. med. Journal, 12. März) vertheidigt seine be-
kannte eigenthümliche Anschaumig, dass bei Schwellung der Nasen-
ach leimhaut und bei Polyp enbildung in der Nase sich stets eine
aekrotisirende Entzündung des Siebbeins vorhnde. Die
Behandlung hat, nachdem auch noch durch die Sondirung die Nekrose
festgestellt ist, in einei- Entfernung der Sequester zu bestehen, Verf.
hat bereits vor einigen Jahren in einem grösseren Werk diese An-
Bebauungen ausführlich niedergelegt, aber weder damals noch jetzt
ist es ihm gelungen, seinen Ansichten allgemeine Anerkennung zu
verschaffen.
Schaff er (Deutsche med, Wocbenschr. Nr. 47) hat in 19 F&Uen
eine acate, in 53 eine chronische Entzündung der KeiU
beinhöhle beobachtet» Kopfschmerzen, Druckgefübl zwischen den
Augen und Schwindel sind die subjectiven Symptome. Objectiv be-
merkt man rhinoskopisch die Vortreibung der vorderen Keilbein-
hlenwand. Durch eine Sonde kann man in die natürliche OefPnung
Höhle eindringen. Dies genügt in acuten Fällen häufig, um die
Entleerung des Secrets und damit das Verschwinden des Symptomen-
complexes zu erreichen. In chronischen Fällen^ häufig Ozäna be-
gleitend (aber nicht, wie Grünwaid annimmt ^ diese verursachend,
sondern vielmehr secundär), findet man Schwellung und Röthung der
Nase, Schwindel, Sehstörungen, Pharyngitis sicca und psychische
Alterationen neben reichlicher Eiterabsonderung, Hier muss die
582
MichaeL
Höhle durch deE scharfen Löffel breit eröffnet und mit antisepti-
schen Durchspülungen imd Jödoformpnlver nachbehandeit werden.
Fremdkörper der Mandeln,
Dun das Grant (Journ, of lar. Nr. 9) gibt eine recht zweck-
mässige Methode an, um die oft so schwer zu Gesicht su
bringenden Gräten^ welche sich in die Substanz der
Mandel bineingespiesst haben, aufzufinden. Während die
eine Hand des Arztes mit dem Spatel die Zunge herabdrlickt, drängt
die andere die betrefPende seitliche Unterzungengegend nach oben. Auf
diese Weise ist dem Verf. gelungen, tiefsitzende Gräten heraus-
zudrängeD, so dass man sie sehen und entfernen konnte*
T u m *> r e u des Munde s.
Zwei sehr seltene Tunaoren der Mundhöhle, ein wall-
nussgrosses Fibrom der Wangen schleim baut und ein eben so
grosses Papillom der Zunge, wurden von D e m m e exstirpirt und
beschrieben (Monatsschr. f. Obrenbeilk.^ Oct).
Pemphigus.
H e ry n g (Nowiny Lekarskie Nr, ö) beschreibt sechs Fälle von
Pemphigus des Larynx und Pharynx, Dasselbe erscheint als
graue Flecken und Blasen bis zu Pfenniggrösse. Die Blasen ver-
soh winden, um an anderen Stellen wieder zu erscheinen. In den
eämmtlicheu Fällen erschien bald nach dem Auftreten des Schleim-
hatitpemphiguB ein Pemphigus universalis, der ebenso wie die Schleim-
hautaffection jeder Medication trotzte. Alle Patienten gingen an Er-
schöpfung oder complicirender LungenafTection zu Grunde.
P h a r y II g o m y k o 8 i 8,
H e m e n w e y (Journ, of lar, Nr, 2) beschreibt im Anschluss
an einen beobachteten Fall die P h a r y n g o m y k o s i s b e n i g n a
aebr genau. Er bildet seine mikroskopischen Befunde ab und sehliesst
sich der Ansicht derjenigen an, welche den betretenden Bacillus
nicht für Leptothrix, sondern fiir eine besondere Art Bacillus fas-
üiculatus halten. Der Leptothrix ist im Munde so häufig, dass auch
die Pharyngomykosis, wenn durch ihn veranlassti wesentlich häufiger
vorkommen müsste. Differentialdiagnostisch von Diphtherie unter-
Krankheiten der Nase^ des Rachens etc.
683
dcheidet sie sich duroh den chroniachöti Vorlauf, durch den Mangel
der Oonfluenz der einzehaeo Flecken und durch die Geringfügigkeit
der Symptome* Therapeutisch wirksam ist allein die gal van ocaus tische
Ziratömng.
Prodromale Angino.
Vouwillers (Revue de lar. etc. Nr. 14) beBchretbt eine eigen-
tbömliche Form der Angina^ etarke Röthung und Schwellung neben
zahlreichen runden und ovalären Ulcerationen mit verhältnissmäsBig
geringer Belästigung des Patienten hetrefiPs Schmerz und Schling-
beschwerdeO} aber mit starker Frostration einhergebond ala eine
luw eilen dem Typhus, und zwar stets schweren Formen des-
selben, vorangehende Krankheitserscheinung. Bayer (Revue
de lar. Nr, 16) bestätigt diese Angabe durch eine Beobachtung^ einen
Coliegen betreffend, den er au der beschriebenen Fortn der Angina
bebandelte und der wenige Tage darauf au einem schweren, letal
endenden Typhus erkrankte,
^B Lermoyes (Annales dea maladies de Toreille etc., Mars) macht
^■atif einen angeborenen Zustand aufmerksam, welchen er als insuf-
^■fiaanee velo-palatine bezeichnet. Oft wird, besonders, wte schon
Langenbeck bemerkt hat, bei Personen mit Ha senecb arten, die dem
Wolfsrachen elgenthümliche Gaumensprache beobachtet. In solchen
^^Ftikn handelt es sich meist um ein abnorm kurzes Gaumensegel,
^■vnrnleii aach um eine Spalte im knöchernen Gaumen ohne Mit-
^vbedieilignng der Schleimhaut. Yerf, stellt zwölf derartige Fälle aus
^T eigener and fremder Erfahrung zusammen. Therapeutische Versuche
haben sich als erfolglos erwiesen.
Insufficientia ve lo-pslatina»
Leukoplakia«
Erb (Münchener med. Wochenschr. Nr. 42) bespricht die ver«
schiedenen Ursachen der Leukoplakie der Mundsehleinihaiit imd
der Zunge. Dieselbe konnte zurückgeführt werden auf Syphilis allein
IQ 36 FdBen, auf Hauchen allein in 37 FäUeo, auf Syphilis bei
BaoelisrD in Bi Fallen. In einer relativ sehr kieiaea Angihl von
HDoi (11) koanito weder Lues noch Bauchen bewihiiMigt werden,
imd die Aeüokigie war nicht aufgeklärt.
584
MichÄel-
Z u ti g e u tn a II t ! e 1 .
Gl egg (ßrit med. Journal, 2. Jan, 1892) hatte Gelegenheit, an
einem 4tägigen Kinde wegen eineg ÄDgiomB des Zunge n-
g r u D d e s die Tracheotomie auszuführen. Das Kind überlebte die
Operation nur 2 Tage.
Wroblewsky (Gaz. lekaraka Nr. 12, 13 u, 14) bespricht die
A f f e ctioDen der Zungenton sille. Unter diesen ist die häufigste
die Hypertrophie, Verf. hat dieselbe meist bei Phthisikern angetroffen,
Sie macht das Gefühl eines Fremdkörpers im Hals und bereitet Be-
schwerden beim Sprecheu und Siogen. In leichteren Fällen genügen
Bepinselnngen mit adstriDgirendee Lösungeiij in schwereren müssen
Cauterisationeu mit dem GalvaDocauter oder Chromsäure angewendet
werden. Ausser der Hypertrophie wird noch eine acute Tonsillitis
der Zungeumandel und relativ häufig eine Mykosis leptothricia der*
selben beobachtet. Bei letzterer bewahrte sich ihm Gurgeln mit
Jodkali und mit einem Tabakiufus, In selteneren Fällen beobachtete
Verf. Tuberculose, Lues, Carcmom und benigne Neubildungen der
Zungentonsille.
Gurowicz (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 32) besehreibt mehrere
Fälle, welche subjectiv die Symptome einer acuten Angioa darboten,
während objectiv am Gaumen und Rachen nichts zu sehen war. Der
Symptomen com plex wurde in diesen Fällen hervorgerufen durch
acute Entzündung der Zungenmandel, der Valleculae und
der Epiglottis, welche stark geschwollen und geröthet sind. Mit
Ausnahme weniger Falle, in denen die Entzündung besonders stark
ist, so dass sie in die parenchymatöse Form übergeht, oder in denen
die Schwellung so hochgradig ist, dass sie zeitweilig Athem-
besch werden hervorruft, verläuft die Krankheit so schnell und harm-
los wie die gewöhnliche Angina,
D i p h t li e r i t i 8.
4
Eugen Fränkel (Deutsche med. Wochenschr, Nr. 24} fand
in vier Fallen von sog. reinem Cro up in den Membranen
Liöffler'a Bacillen und plaidirt dafür, dass diese AfTection,
trotz ihrer klinischen Verschiedenheit der echten Diphtherie zu-
zurechnen sei,
Hochhaus (Virchow's Archiv Bd, 124) widerspricht der all-
gemein herrschenden Anschauung, dass die Ursache der diph-
theritiscben Paralysen in den Nerven oder im Central-
nervensysteiQ su suchen sei« Er fand bei seinen Untersuchungen
Krank heiteo der Kase^ dea Rachena etc.
585
lütiftndHcbe Verändeningen in den KuBkelfasem und der intermus»
Sabstaaz, wfihrend die Nervenendigungen in den Mnskeln
mt Anomalien zeigten. Er nimmt deswegen an^ dass die Paralysen
dorch einen toxiachen Effect eines epeciüschen Virus auf die MuskeU
iubetanz verursacht werden.
Eugen Fränkel (Aerztl. Verein in Hamburg, 22. März) zeigt
Präparate von Scharlachdiphtherie und echter Diphtherie.
Wlhrend bei der ersteren niemals Löffle r^ache Bacillen gefunden
vttrden, fehlten sie bei der echten Diphtherie in keinem Falle — Be-
mi för die ätiologische Verschiedenheit der klinisch so ähnlich ver-
!wifenden AÄectionen.
Concetti (Archivii italiani di lan, April) hat 5 Fälle von
Rhinitis chronica membranacea behandelt und konnte
den Beweis führen, dass in allen diesen es sich um echte Diphtherie
tiandelte. In zweien gelang es, den Bacillus Löffler nachzuweisen,
i einem dritten wurde durch lofection bei einem anderen eine schwere
Diphtherie erzeugt^ im vierten entwickelte sich eine echt diphtheritißche
Qaamenlähmuog, im fünften schloss sich ein Larynxcroup an die Er-
krankung an. Das Resultat ist von grossem Intereeae, da diese
chroDische, fieberlose und benigne AJPection mit der acuten malignen
ghtherie klinisch kaum einen Berührungspunkt darbietet.
Diphtheriiishe handlang.
Ausserordentlich zahlreich sind wie alljährlich die Behandlungs-
oethoden, welche bei der Diphtheritis empfohlen werden; jeder Autor
lülfc sein Mittel für ein Specificum, oder glaubt doch wenigstens,
dass es unter allen das relativ beste sei. Wir beschränken uns hier
Äof die Aufzählung, die Verantwortang für ihre Empfehlung den
einielnen Autoren überlassend. So emptieblt Med in (Eiria) Pinseln
tait ^'i^iy^gBV Sublimatlösung; Ozegowöky (Nowiny lekarskie Nr. 3)
Kngeln mit Acidum carbolionm, Argentnm oitricum, Jodum purum
ooa 5,0, Cognac 100 (wobei zu bemerken, dass Argen tum niiricum
mit Jod einen unlöslichen gelben Nietlerschlag gibt, Ref.); Wiesing
(ügskrift of Laeger Nr. 6) Terpentin; Bloodworth (Therapeutio
ÖÄzette, 16. Mai) Pinseln mit Hydrogenperoxyd ; Stein (Thüringische
iüonatsscbr. Nr 4) Inaufflationen von Schwefel und Chinin; Fulton
(Med, News, 23. April) Pinseln mit staHten Lösungen von Argentnm
uitricnm und Gurgeln mit Sublimat; Watkins (New Orleans med.
4nd snrg. Journ., Febr.) Trinken von Wasser mit einigen Tropfen
Jodtinctur; Jänicke (Therapeutische Monat«h. Nr, 5) Einblasungon
586
Michael.
von Methylviolett ; Wilbains (American Practitiouer, 12, März) sub-
mixcöse lnjectionen von Aqua Chlori in die ToDaillen neben Gurgeln
mit an ti septischen MundwaaBeri] ; HeyBiuger (Jonrnöl of Oph-
thalmie etc.) Gurgeln mit übermangan saurem Kali; Turner (Timee
and Hegister, 31. Sept) Gurgeln mit Salmiak und innerlichen Ge-
brauch von Syrupne Toluj Trautmann (Times and Register^ 31. Sept.)
Pinseln mit Sublimat, Gurgeln mit Kali cblorictim neben innerlichem
Gebrauch von Tinctura Ferri; Longaker und Rosenthal (Times
andRegiater, 31. Sept.) Gurgeln mit Wasserstofiauperoxyd: Martin*
dale (New York med. Joum,, 13. Febr.) Inhalationen von Terpentin
und Theerj Rehn (XL Congreas für Medicin) Tinctura F^erri seaqui-
chlorati innerlich; Schilling (AerztL Practiker Nr. 17) Pinseln mit
Milcbsänre, Gurgeln mit Chlorkali neben äusserlicber Anwendung
von Kataplaamen auf Brust und Hals; Hagedorn ( A er ztl. Practiker
Nr. 6) galvanocauaiiache Zerstömng der Beläge f Charles Smith
(Lancet, 2. Januar) empfiehlt, in der Nähe des Patienten Tücher auf-
zuhängen, welche mit der folgenden Lösung getränkt sind: 1 Theil
Tinctura Eucalypti, 1 Theil Acidum carbolicum und 8 Theile Oleum
Terebinthini; Juley Simon (Archivs of pediatrics Nr* S) Pinseln
mit einer Lösung von Salicyl, Eucalyptus, Alkohol und Glycerin,
daneben Gurgeln mit Borax, ausiscrdem innerlicli Copaiva und Cubeben
und Inhalationen von Thym Öllösung; Gaucher (Arch. of ped. Nr. 31
Pinseln mit einer Lösung von Campheröl, Alkohol, Carbol und Wein-
steinsäure j Legroux (Arch. of ped, Nr. 3) Pinseln mit Creoeot-
glycerin; Legendre (Arch» of ped, Nn 3) Pinseln mit Naphthol-
glycerin; Hutmel (Arch, of ped, Nr, !]) Pinseln mit Terpenhydrat,
Sublimatt Alkohol und Thymol; Cadet deGaasieourt (Arch. of
ped. Nr* 3) Pinseln mit Carbol und Natrium sulfuricinatum; Lin-
coln (New York med. Journal^ 31, Dec.) Insufflationen mit Pyoktanin;
Barbier (Lancet, 9. Juni) mit Acidum carbolicum und Acidum buI-
faricinatum zu gleichen Theilen,
Wesentlich kritischer als die vorgenannten Autoren ist A. Ba*
ginsky (Archiv f. Rinderheilk, Bd, 14, H, 1), Derselbe versuchte
eine groase Anzahl von gegen Diphtherie empfohlenen Mitteln, ver-
suchte aosserdemi analog den Koch^schen Experimenten, subcutane
Injectionen von Bacillen extra cten, gelangte jedoch zu dem Resultat,
das« der Ertblg bei allen Methoden der gleiche sei. Stets ergabea
die Fälle seines Hospitals gegen 40% und nach Abzug der bereits
in boffnungslosem Zustand Aufgenommenen 2d% Mortalität.
I
1
I
I
I
Krftnkheiten der Nase^ des Racbeufi ete.
Tracheotomie und Intubatio ti.
Icbmiegelow (Hoapitalatidende Nr. 61) emplieklt O'Dwyer's
Intubation in Fällen von acutem Larynzö dem ^ in Fällen von diph-
tberitiscLer Stenose, weon keine Zeit mehr zur Tracheotomie ist, in
Fällen von Posticuslähmungen, Dyspnoea spaatica^ Fremdkörpern und
chronischen Stenosen.
Massei -Neapel (Archivii ital di lan etc., Jnli) hat mehrfache
Versuche über Intubation bei Erwachsenen angestellt Er hat
die O'Dwy ©raschen Tuben för diesen Zweck modificirt und ganz
^ beachtenswertbe ßesultate erlangt, besonders war es oft möglich, die
' Tracheotomie zu umgehen. Besonders erfreulich war der Erfolg bei
einem Patienten, der im Anschluss an eine Larynxpolypenoperation
einen Abscess des Larynx acquirirt hatte, welcher hochgradige Stenosen-
erscheinungen machte. Die ersten eingeführten Tuben brachten so-
fortige Erleichterung, wurden jedoch wieder ausgehustet. Bei der
Einführung einer dickeren Tube trat vollständige Eophorie ein. Zu-
gleich wurde durch den Drtick der Tube der Abscess eröffnet und
entleert, and so der Kranke in kurzer Zeit geheilt.
Habs herichtet (Deutsche Zeitschn f. Chir. Bd. 33, R G), daas
von 572 wegen Diphtheritis auf der Hagedorn'schen Klinik in
Magdeburg in einem 10jährigen Zeitraum tracheotomirten Fällen
206 = 44^/4% heilten und 316 = 55*iVjO,(^ starbetü, Ee wurde fast stets
Tracheotomia inferior ausgeführt.
Schlatter (Correspondenzhl. für Schweizer Äerzte 1892, Nr. 5
and 6) berichtet über 510 Fälle von Larynxdiphtherie, darunter
40B Tracheotomien mit 69 Heilungen, .J4 Intubationen mit 19 Todes-
fällen. In 10 derselben wurde noch nachträglich tracheotomirt. Von
dieeen letzteren wurde nur einer am Leben erhalten. Verf. resomirt^
daas die Tracheotomie im AUgemeiDen die bessere Methode sei, ohne
ftr geeignete Fälle die Intubation verwerfen zu wollen. Letztere ist
für die Behandlung chronischer Stenosen (zwei Fälle, beide geheilt)
sehr zu empfehlen.
Galatti (Allgemeine Med.-Zeitung Nr. 46) empfiehlt O'Dwyer's
Intubation als Ersatz für die Tracheotomie bei diphtheriti-
schen Larynxstenosen.
Egidi beschreibt (Bell, delle malattie del orecchio etc., Jan.j
modificirte O'Dw yer'sche Tuben. Die neuen Tuben sind kürzer,
haben ein weiteres Lumen und einen hohlen Conduotor. Infolge
dessen wird Decubitus vermiedem, der Durchtritt von Membranen
erleichtert und, da der Luftstrom durch den Conductor passirtj es
f
588
Michael,
armöglicbt, vor HeraaBuabme desselben beBtimmt za wiesexti ob sich
die Tube auch an ibrem rechten Platz, am Larynx, beendet*
Muralt demonatrirt (CorreBpondenzbl* L Schweizer Aerzte Nr. 2*2)
modificirte O'Dwyer'sche IuBtrumente ssur Intubation, welche
einige Ünsuträglicbkeitt?E der Originalinstrumente vermeiden sollen,
Schmiegelow (Monatsschr, f. Obreoheilk. Nr. 1, 2, 3, 4 u. 5)
beschreibt sehr ausftihrlich seine Resultate der Intubation, Von
vier Diphtberitispatienten starben drei; von acht chronischen Stenosen
wurden drei geheilt. Trotz dieser recht ungüQBiigen Erfolge empfiehlt
Verf. dringend diese Methode,
In der New York Academy of Medicine (Medical Eecord, 5. Nov,)
hielt O'Dwyer einen Vortrag über den Ersatz der Tracheotomie
durch die Intubation bei acuten Trachealstenosen der Kinder,
Er glaub», dass die schlechten Resultate, die von manchen Autoren
berichtet worden sind, auf die mangelhafte Technik zurückzuführen
sind; ebenso treten die Schwierigkeiten beim Schlucken nur nach
ungeschickter Einführung der Tuben auf. Der Verf. scbliesst mit
der Behauptung, datis die Intubation alle Vortheile der Tracheotomie
ohne ihre Nachtheile habe. — Pi Icher glaubt, daes den vier wichtigsten
Indicationeu bei diphtheritischeti Laryoxstenoeen, der Zufuhr von Luft,
der Reinigung de« erkrankten Gebietes, der Autisepsis und der Ernährung
durch die Tracheotomie wesentlich besser Genüge geleistet wird, als
durch die Intubation, und dass letsstere deshalb in keiner Weise mit der
erateren concurriren könne, — Auch die Statistik von Gay ergab ein
kleines Ueberge wicht zu Gunsten der Tracheotomie, Trotzdem glaubt
dieser Redner, dass in erfabrener Ausführung auch durch die Intuba-
tion ganz beachte nswerth 6 Resultate erreicht werden. — Waxham
glaubt, dass die Resultate der Intubation von der Tracheotomie nie-
mals erreicht werden können. Unter 421 Fällen von Intubation hat
er 34"^/3 Oi^j Heilungen erzielt. — A, Jacobi glaubt, dass man des-
halb oft gezwungen wäre, die Intubation auszuführen, weil zu dieser
Operation die Angehörigen leichter ihre Einwilligung geben als zur
Tracheotomie. Auch kann bei ersterer Erysipel und Wunddiphtherie
nicht vorkommen, — Hub er bebt hervor, dass die erreichten Re*
sultate bei älteren Kindern für beide Methoden ungefähr die gleichen
seien, fü^r die Kinder unter 2 Jahren erzielt die Intubation zweifel-
los die besten Erfolge. — Einige andere Redner sprachen sich theils
Au* die eine, theilä für die andere Methode aus, so dass es scheint,
dass auch in Amerika die Intubation gegenüber der Tracheotomie
mehr und mehr im Rückgang begriffen ist; in Europa hat sie nie-
mals viele Anhänger gehabt.
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5<lü
Michael.
A J 1 g" t* m e i 11 e s.
Hajek berichtet (Intemat» kÜDp Rundßohau Nr* 31—52) über
zahlreiche Erfahrungen in Nasen-, Rachen- und Kehlkopf-
krankheiten, die er anf der Schnitzler'achen Klinik gasaminelt,
auf die jedoch hier nur verwiesen werden kann.
ßaamgarten (Deutsche med, Wochenecbr. Nr. 9) beobachtete
in fünf Fällen Beziehungen zw lachen Menstruation und
Krankheiten der oberen Re «pirations wege, Blutungen aas
dem Larynx, die theÜB für die fiehlende Menstruation vicarürteD,
theils dieselba im Klimakterium Bubstiituirten oder sie begleiteteii.
Ueber ähnliche Erfahrungen berichtet Compaired (Siglo medico,
Januar).
Sabrazes und Frische (Annales pour les maladies deForeille et
du larjnx, September) haben einige sog, S&og er knoten nach der
Exstirpation unteröucht und gefunden, dass dieäelben eine Hyper-
trophie des Epithels darstellen. Dieselbe betrifft bald die verBcbie*
denen Zellachichten oder bezieht sich besonders auf eine derselben
und ist entweder von einer üb ermäa eigen Yerhornung oder von einer
iihermäsBigon Vermehrung der polyedrischen Zellen begleitet. Am
öftesten betheiligen sich Epithel und Ohorion an der Verdickung.
Rice (New York med. Journ,, 9. April) wendet die Aufmerk-
samkeit atif eine Hypertrophie derEpiglottis, welche bisweilen
beunruhigende Symptome macht. Dieser Zustand kommt mit und
ohne begleitende Entzündungen des übrigen Kehlkopfes , mit und
ohne begleitende Anschwellung der Tonsilla lingnaliB vor. Die Epi-
glottis berüliri dann die Seitenwände des Pharjnjc oder den Zungen-
grund und macht dadurch Beschwerden* Aehnlicbe Symptom© ruft
ein ungewöhnlicher Ht^cbstand resp. Tiefstand des Knorpels hervor.
Die EpiglottiBschleimhaut ist dann auch häufig gereizt Die Behand-
lung kann nur eine rein symptomatische sein*
In der British medical Association fand in den Sitzungen der laryn-
gologischen Section vom 26. — 29, Jnli 1892 eine interessante Dia-
oussion über die Behandlung der S ing stimmen und über deren
Krankheitszustande statt. Es ist dies ein Themas welches^ obgleich
dasselbe eigentlich der Gegenstand der Laryngologie xccr i^ox^jV
sein sollte, von den deutschen Laryngologen relativ wenig behandelt
wird. Sandford besprach die Notb wendigkeit einer systematischen
Erziehung der Stimme in den Schulen und glaubt, dass der Mangel
Krankheiten der Nöse, des Rachenfl eic.
591
einer solchen an den so vielfachen Beachwerden der Sänger und
Redner Schuld trage. EbeMso wie auf eine schöne Schrift Werth
gelegt wird, sollten die Lehrer auch f£lr eine schöne deutliche
und laute Sprache Sorge tragen, für die richtige Verwerthung des
Athmens beim Sprechen. In erster Linie ist auf normales Athmen
durch die Nase zu achten , und wo dieses uumöglich wegen Ver-
stopfung, sind die Polypen, SchwelluDgeD und Vegetationen zu ent-
fernen, andere katarrhalische Erkrankungen der Athmuogsorgaoe zu
behandeln, vor allen Dingen aber ist von Seiten des Lehrers einem
richtigen Gebrauch der Sprachorgane bei seinen Schülern die volle
Aufmerksamkeit zu schenken, Lennox Browne bespricht die-
jenigen fehlerhaften Gewohnheiten im Gebrauch der Singstimme^
welche Krankheiten der Athmungsorgane veranlassen können. In
erster Linie kann ein zu rasches und ein zu häuEges Athembolen
nachtheilig sein. Die Stärke der Exspiration soll der Stärke der zu
prodacirenden Töne proportional sein. Die Nichtbeachtung dieser
Vorschrift gibt der Stimme leicht etwas Krampfhaftes, verursacht
Tremolo und bewirkt oft einen fehlerhaften Registerübergang.
Gaumen und Zunge müssen gymnastisch trainirt werden. Für den
häufigen frühzeitigen Verlust der Singstimme, welcher allerdings
meist nicht vollständig ist, sondern sich auf ein Register zu be-
schränken pflegt f dessen Leitmuskel (Michael) überzerrt oder
paretisch ist, macht Hunt folgende Fehler verantwortlich: ver-
kehrte Methode des Athmens, verkehrten Gebrauch der Register,
Ueberanstrengung der Stimme und Singen während eines Katarrha.
Die Behandlung besteht in absoluter Rübe und später in einer vor-
sichtigen und richtigen Leitung der Gesangsilbungen durch einen
erfahrenen Lehrer. Es ist jedoch um so wichtiger, die genannten
Schädlichkeiten zu vermeiden, als erfahrungsgemäss, wenn die Stimme
einmal verloren ist, eine vollständige Restitution nur höchst selten
erreicht wird*
Im Gegensatz zu der allgemeinen Anschauung, dass Gesang Hir
die Gesundheit wohlthätig sei und eine schwächliche Brust starke,
hat English (New York med. Reoord, 5. März) beobachtet, dass des
Singen für zarte Personen bedenklich seL Durch das noth-
wendige tiefe Athmen wird der Thorax fassförmig ausgedehnt und
rigider. So entsteht Emphysem und Kürzathmigkeit. Secundär ent-
steht dann verstärkte Herzaotion und Hypertrophia cordis. Gegen
50 ^f, aller Berufssänger sollen an LungenafTectionen zu Grunde
gehen.
592
MichaeL
Ragonneaii (Jouroal of lar., April) hat io neun Fällen Hj^er-
ämie des Kehlkopfes und chronischen Katarrh infolge über-
mässigen Fabrena mit Velociped beobachtet. Hauptsächlich
beschuldigt Verf* einen un zweckmässigen Sitz niit weit nach vor- _
wärtß gebeugtem Oberkörper, durch welchen bei schwächlichen Per- I
sonen nicht nur die genannten Schädlichkeiten^ sondern viel ernstere
Zustände als Lungen hämo rrbagian und Emphysem herbeigeführt
werden können. Die Behandlung besteht in der Yermeidung der
genat^nten ScbädlichkeiteB.
Ell tz Uli düngen,
Bryan (Medical News, B. Februar) berichtet einen Fall von
Olottisödem mit eigen thiimlicli er Äetiologie. Dem strictur-
kranken Patienten wurde dnrch den Katheter ein falscher Weg ge-
macht und zugleich eine Pyämie vernraacht^ die sich durch Schüttel-
frost, Pleuritis, Leberabßce^s und acutes Glottiaödem markirte* Das
Glottisödem selbst wurde durch Scarificationen beseitigt. Patient
ging jedoch einige Tage später an Fyämie zu Grunde*
Banmgarten (Wiener med. Wooheoachr. Nn 7) theilt mehrere
ätiologisch interessante Fälle von Larynxperichondritis mit
Dieselbe entstand in einem Falle durch Verletzung durch einen
hinuntergeschluckten Knochen und itndete in Heilung nach Ent-
leerung eines Abecesses und Exfoliation der linken Arytaena, in
einem zweiten und dritten Fall folgte einer Erkältung eine ideo-
pathische Perichondritis mit Abscessbildung und Knorpelexfoliation.
Beide Fälle heilten: in beiden konnte Syphilis, Tobercnlose und
Krebs ausgeschlossen werden.
Grunwald (BerL klin. Wocbenschr; Nr, 20) constmirte aus
folgendem Symptomen complex, den er in Itinf Fällen beobachtet«:
Unbequemlichkeit beim Schlucken in der Gegend der Mandeln und
des Zungenbeins, vermehrt durch Druck auf das Cricoarygelenk und
durch Eückwärtsneigung des Kopfes, Crepitation der empfindlichen
Stolle, Schmerzgefühl beim Druck auf die seitlichen Partien des
Kopfes und beim Drehen des Halses, Hyperästhesie bei Berijüirung
des Gelenks mit der Sonde — eine neue Krankheit: die primäre
Entzündung der Articulatio cricoary taenoidea.
Lues, Phlhi^iP, Pachydermie.
Michelsohn (Berl, klin. Wochenschn Nr. 7) fand in 3 von 17
(Krieg in 2 von IS) Fällen von Pachydermia laryngis eine
\
*
Krankheiten der N&se^ des Racliena etc.
51^3
legJeitende Kehlkopf- und Lungentuberculoae. Pachydermie
fand er bei der Section auch in der Umgebung tuberculöser Ge-
Ächwüre und nimmt an, dass die reine Pachydermie und die tuber-
calöse Verdickung oft sehr grosse Aeiinlichkeit haben, — Ueber
24 Fälle von Pachydermie, von denen 3 mit Taberculose combinirt
waren^ berichtet Kausch (Münch. med, Wochenschr. Nr, 29 u. 30).
Stein (Dtsch,Med.-Ztg, Nr, 46 — 48) berichtet ausführlich über die
Litteratur der Tracheotomie bei Laryngealphthisis und be-
richtet über einige Fälle, in denen er dieselbe mit gutem Erfolge
ausgeführt. Er schlieast sich nach seinen Erfahrungen der Meinung
an, dass die Tracheotomie bei der Phthiae eine direct curative Wir-
kung habe und deshalb nicht nur auf die Fälle mit hochgradigen
Stenosen zu beschränken sei*
Ramon de la Sota y La stra- Barcelona {Archivos internatio-
nales de rinologia Jan,-Febr,) bespricht im Anschiuss an einen von
ihm beobachteten Fall die Complication von Syphilis und
Taberculose im Larynx, Die Zerstörungen sind bei derselben
hochgradiger als bei dem Vorkommen einer der beiden Krankheiten,
Gesichert wird die Diagnose durch das schnelle Heilen eines Theila
der Ulcerationen durch antisyphilttiache Behandlung, während der
andere auf Taberculose beruhende Theil in delefcärer Weise Fort-
ritte macht. Die Berücksichtigung der Möglichkeit einer solchen
'Complication, die besonders bei begleitender Ltingenaffection ins
Auge zu fassen ist^ ist wegen der Prognose von grosser Wichtigkeit.
Neubildungen,
Mas sei (Ai^^^^^i^ü itahani di lar. , April) beschreibt einen der
seltenen Fälle von Membranbildung unterhalb der Glottis»
welche eine chronische hochgradige Stenose veranlasste. Die Ent-
stehung derartiger Membranen ist noch nicht ganz aufgeklärt; die
Behandlung ist eine laryngochir argische.
White (Journal of lar, , Oct.) berichtet über einen Fall von
Papillomen des Larynx^ welcher nach der Tracheotomie
spontan heilte. Vor mehreren Jahren wurden dem Knaben mehrfach
Papillome per vias naturales entfernt; es trat hochgradige Dyspnoe
auf, and die Tracheotomie musste ausgeführt werden. Da alle ferneren
Versuchci die Geschwülste zu entfernen, nur ein beschleunigtes Wachs-
thum derselben zur Folge hatten, so wurden sie nicht weiter operirt.
Jetzt sind sie spontan vollständig verschwunden. Der Knabe athmet
iflhrbiidi d, pracL MediciD, 1899, 38
594
Michael.
gut ofid hat eine laute reinö Stimme. Fünf Jahre lang hat er die
Canüle getragen. Es ist dies der sechste publicirte Fall von spon-
tanem Verschwinden von Papillomeu.
Lang (Langenbeck''s Archiv Bd, 44) berichtet über die Laryn go-
tomien auf Eocher's Klinik in Bern, In zwei Fällen war es
möglich, sich auf eine Excision des Erkrankten zu beschränkeu. la
einem derselben musste später wegen Recidiv die halbseitige Exstir-
pation gemacht werden, in einem zweiten ist bis jetzt (14 Monate
ßpäter) eio Recidiv nicht eingetreten. Partielle Exstirpationen wurden
5mal (2 wegen Lupus^ 2 wegen Carcinom, 1 wegen Sarkom) vorge-
nommen. Sechs Totalexstii-pationen wegen Carcinom waren sämmt-
lieh erfolglos.
8 oh einmann beobachtete bei einem 66jährigen Patienten ein
Sarkom unterhalb der Glottis (Berl. klin» Wochenschr. Nr. 21)»
Die Neubildung hatte nur Heiserkeit verursacht* Bei der Operation
bewährte sich ein vom Verf, für subglottische Tumoren constrnirtes
Instnimentj mit dem es gelang, den Tumor vollständig zu entfernen.
Nach 1 ^2 Jö-bren %var noch kein Becidiv eingetreten. Die Diagnose
war von Waldeyer bestätigt worden*
J. Solle Cohen -Philadelphia (Journal of laryngology Nr. 7)
stellte einen Patienten vor^ dem einige Wochen vorher der Kehl*
köpf wegen maligner Geschwulst exstirpirt worden war.
19 Jahre früher war ehr Patient längere Zeit wegen Papillome des
LaryDx specialistisch behandelt worden^ war nach 3jähnger wieder-
holter Geschwulstexstirpation 10 Jahre lang gesund geblieben. Dann
kehrten die früheren Beschwerden zurück; dazu gesellten sich
Schmerzen und Dyspnoe. Die mikroskopische Untersuchung ergab
jetzt Sarkom. Die Thyreotomie wurde ausgeführt; nachdem diese
sich jedoch als unzureichend erwiesen, der Larynx in toto exstirpirt.
Eine nachträgliche mikroskopische Untersuchung zeigte, dass es sich
nicht um Sarkom ^ gondern um Carcinom handelte. Patient ist ge-
heilt. Das Hauptinteresse des Falles liegt in der Frage^
ob sich hier das Papillom in eine maligne Geschwulst um-
gewandelt habe. Verfasser glaubt dies entschieden verneinen za
können, da sich die zweite maligne Geschwulst erst so viele Jahre
nach Ablauf der ersten benignen gebildet habe.
Kaien kämpf und Nolten ins -Bremen berichten über folgen-
den höobet interessanten Fall von Larynxcarcinom (Berl. klin.
^
I
I
I
I
Wociienschr, 1892, Kr. 35). Bei eioem 53jährigen seit längerer Zeit
heiseren Patienten fand man das rechte Btimmband geröthet und ver-
dickt. In dessen Mitte befand sich eine kleine Prominenz, Eine Schwer-
beweglicbkeit der kranken Seite war nicht zu constatiren. Ale sich
zu diesem Befand nach einigen Monaten noch Kopfi^chmers und
Nackenschmerz gesellte, wurde der Verdacht auf Oarcinoro rege.
Die Prominenz wurde jetzt galvanocaustisch zerstört. Als nach
einigen Monaten das kranke Stimmband weiter vergrössert und voll-
ständig unbeweglich war, ward die CarciEomdiagnose klinisch ziem-
lich eicher; doch ergab die mikroskopische Unterguchung etnefi mit
der Curette entfernten Stücks (Prof. Helle r) nur verdicktes Epithel
ohne jede charaktenstische Beimengung^ während in einem anden ii
Stück (Prof. Krause) Epithelne&ter gefiinden wurden. Die Dramen
waren nicht vergrössert Jetzt wurde von K ölen kämpf die rT-
krankte Larynxhälfte exstirpirt. Big jetzt flO Monate poat opera*
tionem) kein Recidiv,
Nearoaen,
Fauvel (Annales pour les maladies des oreillea Nr. 8) hat aeit
vielen J abren bei bereits über oO F&llen von 8 1 i m m b a n d 1 ä h m u n g
einen eigenthumlichen aber sehr ausgesprochenen Go«
räch nach Knoblauch bemerkt. Eine genaue ünieriuchuDg ergab
ihm, daßs der Ursprung dieses Fötor weder in den Lungen noch im
Mundei noch im Magen gefunden werden konnte, Auch diu Untiir*
flachung des Unns auf Zucker ergab in den betreffenden FiLlvn «tefM
ein negatives Resultat. Verf. hält diesen Geruch güradoÄii fllr patiiii-
gnostisch, um so mehr als derselbe mit der Heilung dnr Hrimtnbaufl-
läbmung auch wieder verschwand. Verf. glaubt, dais üurdi dio
mangelnde Bewegung des Stimmbandes Secrete im Larynx btüibon,
durch deren Zersetzung der Geruch erzeugt wtnK Inhalutioriun von
Aqua LaurocerasT und Oarbolsäure haben sich als braucbbaros Pallia-
tivum erwiesen. Poyet bestätigte au*) seiner Erfahrung FauveTs
Angaben.
Hendrik Burger (Volkmann'^ Vorträge N, F. Nr. 57} bringt
eine Zusammenstellung der Litteratur über Postiouwlähmufig und
sucht durch dieselbe zu beweisen, dass die Bern on^tichn Amiohauuun
die richtige sei. Da es jedoch einerseits zweifellos ausKor dctr gri^Hrttirnii
Anzahl von Fällen, in denen der eigen thümliche Symptomüricomplnx
durch eine Lähmung der Postici hervorgebracht ist^ auch eine k)oiii«re
zuerst vom Ref. unter dem Namen Dy spnooa spantica befl oh ri ebene
Zahl gibt, in denen zweifellos eine Contractur der Stimmbatid«ühii««H«^r
596
Uichael.
die Jaxtapofiition der Stimmbänder verursachtj da aber andererseits
die Autoren diese schon a priori so wakrecheinliche TbatsacLe un-
begreiflicherweiae nicht anerkenBen wollen, sondern beide Parteien
hartnäckig alle Falle nach einer Theorie erklären zu müssen glauben,
so wird auch die Streitfrage Bemon-Krause bis auf Weiteres un-
geschlicbtet bleiben.
Benno Holz (BerL klin. Wochenschn Nr, 33) beobachtete an
einem Patienten, der an Railway-spioe litt und kurze Zeit nach dem
Unfall heiser ge^-orden war, neben einer schon früher bestandenen
Pacbydermie während der Respiration eine bogenförmige Exca-
vation der freien Stimmbandränder und zitternde Be-
wegung der Aryknorpel, während der Phonation dieselbe bogen-
förmige Excavation , bei einem anderen Patienten mit traumatischer
Neurose eine Parese der Postici und Ätonia glottidis. Diese Sym-
ptome sind für die Beurtheilung solcher Fälle deshalb von grosser
Wichtigkeit, weil sie nicht slmulirt werden können.
Pflüg er (Württembergiscbes Correspondenzbl, Nr, 31) berichtet
über einen höchst seltenen Fremdkörper in der Trachea. Ein
Sjähriger Knabe war plötzlich an schwerer Diphtherie erkrankt und
seit mehreren Stunden comatös. Tracheotomie. Nach Eröffnung der
Luftröhre Fortbestehen der Stenose. Ein in die Trachea eingeführter
Katheter war sogleich verstopft. Als er herausgezogen wurde, fand
Verf. im Auge des Katheters eine todte Fliege. Durch Aspiration
konnten dann noch einige todte Fliegen aus der Trachea entfernt
werden. Dann war die Athmung frei. Verf. glaubt^ dass infolge des
tiefen Coma die Hustenreaction fehlte, und die Fliegen in die
Trachea hineinkriechen konnten.
Pott (Jahrbuch f. Kinderheilk. Bd. 34, H. 1) hat 18 Fälle, in
denen plötzlicher Tod in einem Anfall von Laryngismus
stridulus eingetreten war, secirt In dreien derselben (von vieren,
die in seiner Gegenwart zu Grunde gegangen waren) fand er einen
abnorm grossen Thymus. Er glaubt, dass nicht die Compressiou der
Trachea, sondern die der grossen Geßisse, speciell der Pulmonal*
arterie und die dadurch bedingte OirculationsstörtiBg das plötzliche
Ende herbeiführen.
Fremdkörper in der Trachea,
Als abschreckendes Beispiel nnzweckmässiger Be-
handluDg möge hier die folgende von Sutherland (Lancet,
KraEkbeitfn der Nase^ des Raclieiifl etc.
597
2S. Januar) beschriebene Fall Fiat« Hnden; Ein ITjähriger Patient
war durch ein Holzstück am Halse verletzt worden. Am Halse war
ausser einer kleinen Hautwunde nichts zu bemerkeu. ludessen stellte
flieli trotzdem bald eine sich steigernde Dyspuoe ein^ die schliesslich
die Tracheotomia nöthig machte. Diese brachte kein vollständfges
Verschwinden der Athemnoth. Nach einigen Wochen wurde die
Canüle entfernt und Patient mit Intubation behandelt. Gelegectlich
eines Hustenstosses wurde eine Tube inspirirt. Wieder einige Monate
später wurde der noch immer selir dyspnoische Patient untersucht
und (zum ersten Mal!) laryngoskopirt: Die Stimmbänder waren ein-
ander stark genähert und entfernten sich bei der Inspiration nicht
von einander, Links auf der Brust war Bronchialathmen, und da-
aeben f&hlte man die Bewegungen eines fremden Korperp, daneben
metallische Rasselgeräusche and Pectoriloquie, Jetzt wurden von
einem ChiiurgenT Lack, drei Bippen resecirt, und einige Tage
später, nachdem die Probepuuctian die Anwesenheit von Eiter er-
geben hatte» die Pleura pulmonalis incidirt und ein Lungenabscess
eröffnet, in welchem jedoch trotz eifrigen Suchens ein Fremdkörper
nicht gefunden wurdtj. Die Höhle wurde austamponirt, und ein Drain
eingelegt. Einige Wochen später ging Patient an einer starken
Blutung aus der Höhlen wunde zu Grunde. Man fand eine aus-
gesprochene Stenose (marked stenoeis) der Glottia mit Congestioo,
lÄDgs der Trachea aber keine Anzeichen von Verletzung oder Abscess.
Links überall pleuritische Adhäsionen. Von der Operationswunde
kam man in einen Abscess mit zerklüfteten HäDdern, in den hinein
mehrere Bronchien mündeten. Von hier aus gelangte man auch an
den Fremd körper, eine O'Dwyer'scLe Tube, welche bei Eröffnung
des linken Hauptbronchus in diesem gefunden wurde, die umliegen-
den Bronchien waren dilatjrt. Eine Quelle der Blutung wurde nicht
gefunden, — Wohl selten ist ein Fall publicirt worden, der so
schlecht behandelt worden ist wie der vorliegende. Zuerst hat man
den armen Kranken wochenlang nicht ordentlich untersucht und sich
mit seiner Dyspnoe quälen lassen^ bis die Tracheotomie ganz dringend
geworden war. Dann bat man abermalS| ohne jede laryngoskopiscbe
Untersuchung, ihm die Canüle fortgenommen und durch die für diesen
Fall absolut unzweckmässige Tubage ersetzt, während, wenn schon
eine Dilatation, für die übrigens gar kein Grund vorlag, vorgenommen
werden sollte, bei vorhandenen Tracheal wunden Schrötter^s Zinn-
bougies, die an der Canüle befestigt werden konnten, viel ungefähr-
licher gewesen wären. Als die Tube inspirirt war, hat man den
Patienten abermals wochenlang mit Dyspnoe herumgehen lassen, ohne
598
Michael.
den Vörattch zu macheD^ ihn von dem Fremdkörper zu befreien. Als
man sich endlich dazu entschloss, machte man statt der Tracheotomie,
durch welche allein es mögüch gewesen wäre, einen so grossen Fremd-
körper, der ja in einem Hauptbronchua stecken bleiben musate, zu ent-
ferneQ eineRippenresection und traebeotomirte selbst dann nook nicht, ala
das zu erwartende negative Resultat derselben dazu aufforderte, unver-
ständlich und unverstanden ist Bchliessllch der Sectionabeftind, soweit
er den Larynx a übe trifft. Eine nervosa Stenose kaun man an der
Lunge nicht sehen (woriu also die marked Stenosis bestanden, erfHhrt
man nicht). Unbegründet ist die Annahme einer Läsion des Vagus
(ea hätten ja auch schon beide sein müssen) durch das erste Trauma,
und nahm man eine solche an, so hätte es sieb wohl verlohnt, den
Nerven daraufhin mikroskopisch zu untersuchen. Der Sectionsbefund
liefert nur das eine Roäultat, dass Patient nicht infolge des Trauma,
sondern infolge der Behandlung zu Grunde gegangen ist.
Seliilddrüse.
Oanizzaro (Deutsche med. Wochenschr. Nn d) konnte bei
Hunden, denen die Schilddrüse exstirpirt war, durch Injection von
Blut gesunder Hunde die Erscheinungen der Cachexia strumi-
priva vermeiden. Controllversuclie mit dem Blut solcher Hunde,
denen ebenfalls die Drüse exstirpirt war^ hatten diesen Erfolg nicht,
Eisolsberg (Wiener med. Wochenschr. Nr. 5J excitirpirte
jungen Katzen die Seliilddrüse und implan tirte dieselbe in die Bauch-
höhle. Die Thiere überlebten den Eingriff und bekamen keinerlei
Erscheinungen von Cachexia st rnmi priva. Einen Monat
später entfernte er die Drüse von ihrem neuen Platz. Er fand die-
selbe von normaler Beschaffenheit und von neuen Gefässen durch-
bogen und ernährt. Wenige Tage später erkrankten die Thiere an
tetanischen Erscheinungen. Verf glaubt, dass die Drüse an ihrem
neuen Platz ihre Functionen in normaler Weise erfüllt habe, und
schlägt vor, auch bei Menschen mit Erscheinungen von Cachexia
fltrumipriva oder, wo solche infolge eiiiür vorgenommenen Total-
exstirpation der Schilddrüse drohen, Schilddrüsengewebe ersatzwei
in die Bauchhöhle zu implantiren«
Lemke macht weitere Mittheilungen über seine Versuch
durch Exstirpation der vergröBserten Schilddrüse
den Morbus Basedowii zu heilen (Deutsche med. Wochenschr.
Nr, 11), Die zwei früher mitgetheilten Heilungen haben sich er-
halten. Auch in drei neuerdings in gleicher Weise operirten Fällen
*
Krankheiten der Kase^ des RAchenF etc.
599
verschwand durch Exstlrpation der Schilddrüse der Exophthalmus.
Eiöer dieser drei Fälle ging jedoch später an Bronchitis zu Grunde.
Ebenso berichtet Stirlin (BruDs' Beiträge zur klin. Chirurgie
Bd. 8) über 29 Fälle von Basodow*scher Krankheit, die mit Exstir-
pation der Struma behandelt wurden» In 22 derselben war nachher
deutliche Besserung zu constatiren.
H 0 r 8 1 e y (Brit» med, Joum,, 30. Jan* und 6. Febn) berichtet
eingebend über seine Studien betreffs der Function der Schild-
drüse. Er widerlegt die früheren Anschauungen, dass die Drüse ein
Blutreservoir fürdieGehirncirculation vorstelle^iind dass die Symptome,
welche durch Exatirpation der Drüse hervorgebracht werden, our die
Folge unvermeidlicher Nervenverletzungen seien. Es werden näm-
lich gar keine Nerven dabei verletzt. Durch die Exstirpation wird
vielmehr die cbemisch© Beschaffenheit des Blutes verändert, auch
die Zahl der Blutkörperchen vermiadert. Dasselbe hat auch einen
vermehrteo Gehalt an Mucin und wird nicht vollständig oxydirt.
Besonders berücksichtigt wird auch der Einfluss der Drüse auf die
weiblichen Geschlechtsdrüaen, weil bei Frauen das Myxödem häufiger
ist als bei Männern. Die Drüse zerstört Zersetzungsproducte des
Blutes, welche durch ihre weitere Anwesenheit dem Organismus
Schaden bringen. Die Drüse, oder vielmehr deren Epithel producirt
ein collöides Secret, welches durch die Ljmphgefiässe ins Blut gelangt
Sie entwickelt ihre bedeuteudste Thatigkeit während des Intrauterin-
lebens und in erster Jugend, Daher sind auch die Erscheinungen
der Cachexia strumipriva um so bedeutender, in je früherem Lebens-
alter die Exstirpation vorgenommen wird, Verf. geht dann auf die
Beziehungen zwischen Schilddrüse und Hypophyais ein und constatirt
die Thatsache, dass sowohl diese als die Beste der Schilddrüse oder
acceasorische Drüsen nach der Exstirpation bypertrophiren und so
den schädlichen Einfiuss der Exstirpation paralysiren. Die schäd-
lichen Folgen der Exstirpatio33 treten bei Fleischfressern wesentlich
atärker auf als bei Päanzenireesern. Die strumipriven Symptome
sind erstens nervöse, als Tetanie und motorische Paralysen, zweitens
Myxödem und drittens Cretinismus. Niedrige Aussen temperatur
verschlimmert sämmtliche Symptome.
Krowczynsky (Medycyna Kr. d) beschreibt einen Fall von
My^cÖdem, welches durch eine intercurrirende
Blatternerkrankung dauernd wesentlich gebessert
wurde.
GÜ(J
Michaei.
Schönemann (Vircbow's Archiv Bd» 129) beachtete in
112 Sectionen das V erhält niss zwischen Ejpophysis und
T h y r e o i d e a. In 27 Fällen» in denen die Schilddrüse normal war,
fand er aach an der Hypophysis keinerlei Anomalien, In allen Fällen,
in welchen die Schilddrüse erkrankt war (mit einer Ausnahme) > war
aach die Hypophysis pathologisch verändert, und zwar war dieselbe
vergrössen und zeigte einen vermehrten Beiehfchum an Bindegewebe*
Ebenso war in einem Falle von Cachexia strumrpriva mit Oretinis-
mus die Hypophysis vergrössert und degenerirtp
Eiseleberg (Internat, klin. Rundschau Nr. 44) entfernte einigen
Schafen die Schilddrüse in früheater Jugend. Die Thiere blieben
kleiner als normal^ der Kopf war mii^sbildef, der Leib aufgetrieben ^
die Testikel atrophisch. Der ganze Habitus erinnerte an mensc
liehe Cretins.
Hoffmeister (Fortschr. d. Med, Nr. 3) fand, dass bei Kanin-
chen, denen die Schilddrüse exstirpirt war, die Hypophysis das
Doppelte des normalen Gewichts hatte,
Warren {Internat. Journ. of naedical scienceSj Oct.) entfernte
einen hühnereigrossen Knoten aus der Zunge, welcher der 52jährigen
Patientin seit 30 Jahren, seit ihrem ersten Wochenbett^ allmählich sich
Steigernde Beschwerden bereitet hatte. Die mikroskopische Unter-
suchung ergabt dass es eine accessorische Schilddrüse war.
(Ein ähnlicher Fall wurde vor 2 Jahren von Rudolf Wolf in
Hamburg operirt. Ref.)
Neue Bücher.
Botey, Estudios clinicos sobre laringolcgia, otologia y rinologia su
practica y essenanza en Europa. (Bisher erschienen zwei Hefte,
1) Frankreich, 2) Oesterreich). Madrid.
Botey, Diagnostico y tratamiento de las vegetaciones adenoides.
Barcelona,
Crrünwaldp Nasen eiterungen, MünoheUj Lehmann,
Halbeis, Adenoide Vegetationen des Nasenrachenranmes. München,
Lehmann,
Jaraaz, Krankheiten der Luftwege. 8, Theil Heidelberg, Winter.
Kaferoann, Beitrag zur Diagnose und Therapie der Kieferhöhlen-
eitern [lg, Danzig, Kafemann.
Krieg, Atlas der Kehlkopf krankheiten. Stuttgart^ Eoke.
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. ßQl
Massei, Pathologie nnd Therapie der Nasen-, Rachen- und Kehl-
kopf krankheiten, ins Deutsche übersetzt von Fink. 2. Lief.
Leipzig, Felix.
Middeldorpf, Experimentelle und pathologisch-anatomische Unter-
suchungen über Group und Diphtherie. Jena, Fischer.
Mikulicz- Michelson, Atlas der Krankheiten der Mund- und
Bachenhöhle. Berlin, Hirschwald.
Miller, Mikroorganismen der Mundhöhle. Leipzig, Thieme.
Bosenthal, Erkrankungen der Nase, der Nebenhöhlen, des Nasen-
rachenraumes und Kehlkopfes. 1. Band. Berlin, Hirsch wald»
Bucault, Maladies de la bouche et du pharynx. Paris, Massen.
Tavel, Aetiologie der Strumitis. Basel, Sallmann.
XII.
I
Arzneimittellelire und Toxikologie.
Von Dr< Alfred Buchwald, Privatdocenten und Primararzt am
AUerheiligenliospitiil tn Breslau,
Natrium chloratiini.
üeber den Werth der KocbBalainjectioneß bei jähen
Blutverlusten und deu damit verbundenen Folgezuständen besteht
kein Zweifel mehr. Die Arbeiten früherer Jahre und die io diesem
Jahre veröffentlichten bestätigen djes aufs Neue. Einen besonderen
Werth habeD aucb die Salzwassereinspritzungen bei der
diesjährigen Oholeraepidemie erlangt. Hier ist zum ersten
Male in grösserem Massstabe davon Gebrauch gemacht worden.
Differenzen sind nur dartiber entstanden j ob man die subcutane
oder die intravenöse Infusion oder die arterielle centrale wählen,
ob man in einzelnen Intervallen oder continuirJich einspritzen soll.
Das grosse Verdienst, diese Infusionen dem practischen Arzte em-
pfohlen zu haben^ gebübrt Michael, Samuel, Cantani, Hayem
u. A. Dem practischen Arzte kann ^ als für ihn allein brauchbar, ■
nur die subcutane Infusion empfohlen werden. Abgesehen von der
Gefabriosigkeitj welche allein der stibcutanenj sog. parenchymatösen
Infusion zukommt, ist es besonders die Leicbtigkeit der Ausfübrung,
welche hervorgehoben werden muas* In Kraukenbausern , chirurgi-
schen Kliniken, bei genügender Assistenz wird ja in einzelnen Fällen
die Hayem'sche intravenöse Transfusion grössere Yortheile
bieten, aber sie wird für den Practiker, ebenso wie die arterielle
centrale (Landois^ Ungar, Silbermann) nur die Ausnahme
bilden können.
Armeiwritlfttrhre snd Toxikologie.
Wi
I
Trotsdem die TedmÜE durch die froiiereii ArbeiteD toq Catttani^
Hfinchmeyer, Weiss, Leicbtenatem q. A. bereits redil iweck-
entsprechend und aosfiähHich mitgetheilt worden ist, sind besonders
ober diesen Punkt ansfobrlicbe ArbeiteD veröffentlicht worden: so
von Kutner (Deatsche med. Wocbenschr. Nn 35), Braats (ibidem
Kr. 36)^ Cantani (Ibid. Nr. 36), Straass (BerL klln, Wocheasebr.
Kr, 88)} Michael (Deutsche med. Wochenschi, Nr. 39 u, 45). Am
emfächgten i^t es, möglichst uncompHcirte Apparate zu wthlen. £a
genagt eine stärkere Ganüle event, mit Seitenlöcbero und Sperrbahn
v«reebeD, wenn man continuirlicbe Einfliessungen vornehmen will,
ein 1,6—2 m langer Gummischlauch und ein Glasirrigator, event*
eine 3 I haltende W q 1 f fsche Flasche. Letztere kommt dann eut
Verwendung, wenn der Dmck des Irrigators nicht genügt. Es wird
dann die Wulff^^cbe Flasche mit zwei Glasrohren versehen, eiuem
auf den Boden reichenden, mit dem Schlauche in Verbindung stehen-
den, dem zweiten oberhalb der Flüssigkeitssäule eudenden und mit
einem Richardson'sehen Gebläse armirten. Idan ist so in der Lage,
den Druck beliebig zu verstärken, event, wird er durch Massago
onterstütst, Dauercanülen sind von verschiedenen Seiten empfohlen
wordeü. Ich habe derartige durch Härtel (Breslau, Weidenstrasge 33)
bersteilen lassen. Strauss betont mit Eecht, dass man die strengste
Asepsis zu beobachten hat. Der Operateur hat sich die Hände sorg-
ßiltig zu reinigen, das Operationsfeld wird mit Aether und 2" Q^^iger
Sublimatlosung abgewaschen, alle in Gebrauch kommenden CanUlen^
Gläser, Schläuche müssen ausgekocht oder mit 5^^;^|iger Garbollösung
desinficirt sein. Die Lösung wird frisch bereitet oder vorher auf-
gekocht und auf 88 — 40^* C. abgekühlt. Auf einmal werden an einer
Stelle nicht mehr als 500 com eingespritzt, wenn nöthig, lässt mau
an mehreren Stellen 1 — 1 V2 Liter etnfli essen und macht eine neue In-
jection, wenn kein Puls da ist. Die Hypodermoklyse, wie sie
Cantani nennt, wird am besten in beiden Inguinalgegenden ausge-
führt, man kann auch andere Stellen, wie lofraclaviculargegend^
lunenseite der Oberschenkel, Infrascapulargegend etc. wählen, nur
vor der Halögegend^ auch der Gegend der oberen Schlüsselbeingrubeu
ist zu warnen, weil hier leicht Erstickungsgefahr eintreten kann.
Bezüglich der Lösungen ist zu erwähnen, duss man physiologi-
sche Kochsalzlösungen wählen kann ^ 7 g auf 1 Liter destillirtes
Wasser. Keppl er empfiehlt 7 g Ohlornatrium^ 10 g absoluten Alkohol
auf 1000 g Wasser und spritzt alle Minuten 50 g seiner Lösung biw
zum Erscheinen des Pulses ein. Der practische Arzt wird sich um
besten an die Cantani'sche Vorschrift halten: lg Ghlornatriujn,
*;()4
Buchwald.
3 g Natrmm carbonicLim^ auf 1 Litor Wasser. Hayem beßutzte zu
seinen intravenösen Inj ectionen, die am besten mit dem Coüin'schen
TransfiiBeiir (eiehe Baschreibimg in der Deatschen med. Wochen-
schrift Nr. 55) vorÄunebmen sind, eine Lüsung von 5 g Natrium chlo-
ratum, 10 g Natrium sulfuricum auf 1000 g Waßser, Dass übrigens ■
die subcutanen Infusionen den intravenösen bezüglicb der Behandlung
der Cholera vorzuziehen sind, hebt Michael besonders hervor. Er
vergleicht 549 Fälle, welche von Latta, Hope, Hayem, Mc Kin- ■
tosh, Galliard u, A. bebandelt sind, mit 698 von Cantaüi, Angyan, "
du M e g n i 1 Dach C a n t a u i'scher Methode bebandelten Fällen,
Hier waren 42,7 '' fj Heilungen, dort 18,2 ^^,) Heilungen zu verzeichnen.
Allerdings ist eine solche Statistik immer etwas unsieheTf auch ist
hervorzuheben I dass in letzteren Füllen auch die Tannineingiessungen
In den Darm (ä, Tannin) eine Rolle gespielt haben. Die contiuuir-
liche Transfusion Samuels hält Michael nicht für nethig^ die Ge-
labren der intravenösen sieht er in der event. Ueberdebnung des
Herzenö, wenn zu viel einfliesst, oder in den Wärmegraden der
Injectionsflüsöigkeit, Ueber 40*^0. und unter 21 ^C sind schon
gefährlich. Bezüglich der Zeit der Anwendung ßtimmen die Autoren
überein, dass sie möglichst früh vorzunehmen, mit oder ohne
Tanninklystiere , und bis ins typhoide Stadium fortzusetzen igt
(Samuel),
In seiner Arbeit über den Werth parenchymatöser
Kochsalzwasserinjectionen bei acuten Anämien äussert
sich Kortmann (Deutsche med, Wochenscbr. Nr. 16) dahin, dass
bei inneren Blutungen die intravenösen Injectionen zu verwerfen and
nur die subcutanen am Platze sind. Erstere bedingen durch mehr
oder weniger unvermittelte ßlutdrucksteigerung die Gefahr einer
neueo Blutung. Ilberg (Allß, Zeitscbr. f. Psych., ger. Med, Nr, 4S)
empfiehlt die Kochsalzwassereinapritzungen bei collabirten, N'ahruog
verweigernden Geisteskranken und führt Eälle an, wo diese
Methode segeubringend war. D am ieville verwandte sie bei Gastro-
enteritis kleiner Kinder (Eev. med. de la Suisse rom, Nr. 1) mit
gutem Erfolge.
Eine experimentelle Untersuch lang über den Ein f Ines der
subcutan eingeführten grossen Mengen von 0,7 oj^^igen Koch-
salzlösungen auf das Blut und die Hautäecretion hat Biernacki
angestellt (Zeitschn f. klin. Med, Bd. 19; OentralbL L Ghir. Nr. 16).
Unmittelbar nach der Hypodermoklyae kommt die Blutverdünnang
2um Vorschein, die sich durch Abnahme an Zahl der roihen Blut-
Arzneimittellehre und Toxikologie. ^>i^5
körperchen, Ab&ll des specifiscben Gewichtes, Zunahme des Wasser-
gahaltds im Blute. Abnahme der Menge fester Blatbestandtheile
knndgibt. Die Zahl der weissen Biatzellen nimmt zn^ die anorgani-
sehen Salse, namendich das Kochsalz werden vermehrt. Die Blnt-
Terdünnong ist geringer als nach intravenösen Injectionen ^Cohn-
heim and Lichtheim). Die Hypodermoklvsen üben dioretische
Wirkong aas. Die starice Diärese fahrt eine zweite Periode herbe: :
Blatverdichtang mit vermindertem Wassergehalte, Yermehnmg der
reihen Biatzellen and Steigerang des Gehaltes an festen Steffen.
Die Zahl der Leokocjten erscheint vermindert. In einer dri:tex:
Periode werden rothe Biatzellen zam Theil zerstört and trin Hisio-
giobinarie aof. Die Experimente sind an Hunden angesteü:. Ol
diese Verhihnisse aodi far den Menschen massgebend sind^ mtss^T
einer besonderen Untersachong vorbehalten bleiben.
Aluutl
nennen B. Heinz and A. Liebrecht ein neaes von iime:: i=. ien
Aimeischatz eingefohrtes Adstringo-Antisepticam. Die =<€
Adstringentien sind Salze der Schwermetalle, welche die Eizezisc
besitsen, mit Eiweies feste Verbindangen einrogehen, isLlec als:-
Eiweiss, bleiben bei ihrer Anwendang aof cer Oberääche vcn Gc*
schwären z. B. liegeo and vermögen nicht auf die tiefer«i Scck^Tici.
einsawiricen. In den AlnminTnmT«]f.eE> suchten non obige A:imt<£=l
nach geeignet«] Terbix^dongen. welchen cii»t Uebelstäiide züchT &=<•
haften. Als geeignete Salze stellten sich naeh eingehezköer Zzxer-
snchnng die Alnmiaiamsalze d^r X&f htholsalfosiare dar.
Alamnol ist fsn sokiies Salz mit 5^'^ Aluainiom. 15 ^'^ SeLweftL
Zvar gibt es Verbzniangec. weiche kriftig^r actdaepücL wirk^=_
Aliumol jedodi ist handlicher, iösliciier, und seire >xu Wirk:;::^
besser. AIobb&I. wtijdut» tqz. can JarWerkesi Meiettr. LmTixe
and Bräning in öec Ha&dfiJ g%ri>raGLt wird, ist eic feixte, w^iast«.
nicht hvgrckskofascbes Palver. ir kkhem Wasser itatsü j^ücL Ix
Alkohol löst nm Ajcmnol mit scLc'Z.er l'jbn,*sr Fl:i.vnssfK&z ix. si-
ria^eresa Grade. LtfslisL is: «e ii. G^^jt ^rix. •jzJ^'^^hL*^ 21. Aenii^r. e^
besitet ledecirwiöfe EizeiiKianei^ A';u.n i:.vl^6«;LjE*g. rea^rj-fx baiÄer.
fiülen KweisE, m löst sisL Msr der es-ietu^dece I^i^r^ffbcüf :x
einem Uebereciiaasf; tvl Erweist. JL^Ioi verLibl: t&kUL feiT-lioL w^
EiweiflB. In esxeri^eL htwr^ja. \bigi w^*:i. ^ t.it.r.</ «^i^f £*i{: kajir-
tödtende Wirknz^ det A'rpim«c>it itrt j^tx-ux):. i^.^iL LemiiLi Alsjciii-.
die £otwickehiZ!g pa:^:i!g«a««r ljfe^..eri^L. ',.'.:< ,^^ lösiiLj^fa: r.i*rei
Milzbrand'. TTphn^ 4ä/_ Üa'^iliöL ii j:.'«' iiitwiükfciUK . I.i* ...i:%
(JOH
Buchwald.
Löfluugen verliindern jedes Waclistbum, Aiumnol ist ein gutes Ad-
Btriogens, seine Wirkung beschräükt sieb nicht bloss auf die Ober-
fläche des betroffenen Gewebes, sondern setzt sich auch in die Tiefe
fort, Alumool hat nur geringe giftige Eigenschaften. In der chirurgi-
sehen Praxis bei eiternden Flächen und Höhlen wunden kommen
0,6 — '2^%igQ Lösungen als Spulmittel zur Verwendung. Bei kleinen
Abscessen und FistelgäDgen fiilirte Aetzung mit 10 — 20ö/Qigen Lösungen
zu schneller Eeinignrig und dann geringere Concentration zur Heilung,
3_r*o^^ige Alumnolsalben, welche an der Oberfläche leicht unBcheinlich
werden, fioden bei torpiden Geschwüren Verwendung, Besonders
wirksam erwies sich Aiumnol in der gynäkologischen Praxis bei Endo-
metritis gonorrhoica; hier wurden 2— öo^ige, manchmal 10 — 20^fQige
Stiibchen verortlnet. Als Sptilmittel bei Colpitia wurde Aiumnol in
*f,2 — ^l%iger Lösung (2mal täglich ^/.^ Liter) mit Erfolg versucht.
Ahimnolpflastermulle und Firnisse, von der Firma Beyersdorff
iu Altona hergestellt, bewährten sich besonders bei Hautkrankheiten,
Geradezu specitiscb soll nach Chotzen's Untersuchungen 1^2%ige
Alumnollösung bei Gonorrhoe wirken. Es werden 3 — 4mal täglich
6 com obiger Lösung injicirt. Die Gonokokken waren nach 3 — 6 Tagen
verschwunden. Nach dieser Zeit wird nur Imal täglich injicirt.
Brieger verwandte Aiumnol bei Otitis media purulenta. ^%^gQ
Alu mn Öllösungen ins Auge geträufelt stillen nach Wolfberg selb&t
das heftigste Thränen. (Berh klin. Wochen«chr. Nr. 46.)
Cbotzon hat neuerdings seine Erfahrungen über Aiumnol in der
BerK klin. Wochenschr. Nr. 48 verölf entlicht. Zur Verwendung kam
sowohl das Aiumnol rein, als auch Alomnolstreupulver 10— 20ö|Qig mit
Taicum venetum und Amylum ana hergestellt, ausserdem Lööungen
l_50^^^ig^ Alumnolöpirituß '2K^ — lOO/^ig, Alumnol-Lößolinsalben etc.
Die Anwendungsweise muse je nach dem Einzelfalle individualisirt
werden, vor zu dickem Aufstreuen von Aiumnol und zu starken
Conoentrationen ist zu warnen. Aiumnol erwies sich wirksam bei
acuten oberflächlichen Entzündungäprocessen sowohl, als auch tieferen
chronischen Entzündungsprocessen der Haut, ferner bei parasitären
Erkrankungen, wie Erysipel, Favus, Lupus, Ulcus molle, Gonorrhoe.
Bei Erysipel wurde 20%ig08 Alumnolpflaster gebraucht, bei Favus
20** o^g® Aiumnol' Lanolinsalbe und o**'oiger Alumnolspiritus, bei Ulcus
molle reines Aiumnol; besonders aufmerksam muss auf die schneUe
Wirkung bei Gonorrhoe gemacht werden^ nur in vereinzelten Fällen
versagte die ausserordentlich schnell eintretende an tigonorrho Ische
Wirkung; Urethritis prost atica wurde mit Guyou'achen Instillationen
behandelt; Vaginalfluor verschwand nach Ausspülungen mitl^2%igen
I
I
I
I
eo7
Aluamallöeoiigeiit CerTMmlloLtmrriie mcb Eia^infenuigeii mix i — 5^ M^
Lösungen mittels Brann^sckier Spntse. Auch m Gtug^elttiigeii uid
PiDselimgen in dar Mond- und JUeJwhfiMt ward« ^|— i^^igie
LdsfUDgen Tertragen. Bewihno sieli dio geedi]ld«rt«n Kig«iiacliAl\eii
des Almnnols, so dorftd diaooHw als eine BereicheniDg des Aimei*
^Mlintsen «ngeseliea wezd^ dslm isl der Frds ein geringer — ^ l g
^^koBtel 4—5 Pfennige.
Kalimm JlTp^niftB^Aifitii.
Obgleich die acuten Phosphorvergiftnngen selten geword^Q sind,
no verdienen doch die Arbeiten An tal's^ Hajnos\ Erd5ä' eine ge*
^ i^ridse Beacb tung^ insofern diese Antoren im Kalium bypermangani*
cum ein höchst wirksames Antidot gegen acute Phosphor-
vergiftangen entdeckt haben wollen. Antal hatte seine Experi-
mente an Thieren angestellt. Hajnos theilt nun zwei Fälle von acuter
Phospharvergiflung mit, wo Kalium hypermanganicum gewissermassen
lebensrettend wirkte. Ein 19jähriger Arbeiter hatte eine Lösung
von Phosphor (Zündhölzchen) getrunken. Nach Ausspülung des
Magens wurdeo 500g einer ' i(i%igen Lösung eingeftihrt. Am nächsten
Tage Wohlbefinden. Ebenso günstig wirkte bei einem zweiten
Patienten dieselbe Curmethode, (Pester med.-chir. Presse Nr. 9*
CentralbL für die ges. Therapie Nr. G.) Erdös Hess bei einer acuten
Phosphorvergiftnng nach vorheriger Apomorphineinspritzung im Ver*
laufe von l^jq Stunden glasweise 2 Liter einer i,t^%igen Kaliuin
hypermanganicum- Losung trinken. Ab und zu erfolgte Erbrechen,
trotzdem wurde die Lösung weitergereicht, auch am nächsten Tage
wurde noch 1 Liter einer ''^/lo^o^g^ii Lösung verabreicht. Die Kranke
genas. (Orvosi Hetilap. Nr. 30. Therap. Monatsh. Nr. 10,)
B6kai und Koranyi (St, Petersb. med. WooLenschr. 1891,
Nn 50) haben auf Grund ihrer Untersuchungen % — * ;j%ig« Lösungen
empfohlen. Phosphor oxydirt sich in Berührung mit diesen Lösungen
zu Orthophosphorsäure, gleichzeitig entstehen Mangan by per oxyd und
Kaliumhydroxyd. Die Orthophosphorsäure ist unschädlich. Im
Magen entsteht unter Anwesenheit von Salzsäure Manganchlorid.
fliöenngen von 1/5 — 1/3 — i'^» j^^^o üben keinen schädlichen EinMuss
auf die Magen wand aus.
Kössa hat auf Grund von Thierexperimenten eonstatirtp dass
Ealinm hypermanganicum auch bei Oy an Vergiftungen infolge
.Beiner oxydirenden Wirkung unschädlicbe cyansaure Verbindungen
I erzeugt. Bei der Unwirksamkeit anderer Antidote wÄre evenluell
Ci08
Buchwald.
auck hier Kalium hypermangamcum zu versuclieii. (Wiener med.
Wochenschr. Nr, 36.)
Die Anwendungaweise iat zweifellos rationell und wohl wirk-
samer, als Cupram sulfuricum und Wasserst off öuperoxjd, welche
bei Pbosphorintoxication Verwendung fanden. Der Practiker wird
aber gut thun, nach vorhergegangener Magenausspfiltiag die schwä-
chereE Lösungen von ^if,®/^ zu gebrauchen, da Kalium hjperman*
ganieum selbst Giftwirkuug entfRlten kann,
Elisen.
Eine auafuhrliche Arbeit aber das Schickaal des Eisens im
thierischen Organismus hat Scbmulin seiner Inaugural-Disser-
tation niedergelegt. Anschliessend an die früheren Arbeiten von
Bidder und Schmidt, Bunge, Kobert und seinen Schülern,
Jacob i, Landwehr u. A. benutzte er zur Nachprüfung der dort
angeführten Befunde das Ferrum oxy chloratum der russischen
Pharmakopoe (3,5 ^,0 Fe), das Kobert'sche Keductionsderivat der
Blutfarbstoffe, das Hämogallol (0;278 o,, Fe) und das Hörne-
mann'sche Ferrum oxydatum saccharatum solubile.
Eisen lagert sieh hauptsächlich in der Leber und Milz ab. Ein
Theil der weissen Blutzellen beladet sich schon im Blut mit Eisen,
ein anderer Theil tritt in die Blut- und Lympheapi Ilaren der Leber
und nimmt das dort in den Leberzöilen abgelagerte Eisen auf. Hier-
bei zeigt sich, daes die Lympbzellen sich anfangs am Rande (Proto-
plasma)! später am Kerne mit Eisen durchtränken. In den Qalien-
gfißgen tindet sich kein Eisen, aucb wird derselbe'^nicht durch die Galle,
sondern wesentlich durch den Darm ausgeschieden. Die mit Eisen
beladenen Leukocyten gelangen durch die Capillaren der Vena hepa-
tica wieder in den grossen Kreislauf und werdeu in erster Linie durch
den Darm ausgeschieden, wie mau an den mit eisenhaltigen Xreuko-
cyten vollgepfropften Darmzotten erkennen kann, Die per os ein-
geführten Mengen anorganischer Eiaensalze verlassen, übereinstimmend
mit den Angaben früherer Untersucher, fast völlig unresorbirt den
Verdauungstractus, Ihre unzweifelhafte Wirkung bei verschiedenen
chlorotischen Zuständen ist dann so zu denken, wie Kobert, Bunge,
Landwehr vermuthen (vergl, vor, Jahrbuch). Von dem im Ferrum
oxydatum solubile enthaltenen Eisen wurden nur 0,034 resorbirt,
von Ferrum oxychloratum nur 0,087 ^^^■^. Hämogallol erwies sich da-
gegen resorptionsiahig. Die Resorptionszahl gibt Verf. bei den Prä-
paraten im Verhältniss von 34:87:2351 an. Die klinisoh-practische
Seite ist nicht berücksichtigt, jedoch kann man den Schluss ziehen^
>
in der Prax» de© Xotwag gebes wi»^
Der F^Bge der Sisenresorptioii sl »neb Peter Katcrl
Berry in seiner iBBiigiirel-I>i99Qrtilmi näher gell eKa^ W«ifiiii dür
DetAÜfl vervoiaeii wir auf des OngiBel and de« He^irel in Seh nid t*«
Jahrbüefaem Kr. 11*
Str«etjiBsaltf,
Während die StroDtiamsahe in ihrem chemisc&he» Verbelten den
Binromsalzen sehr nahe stehen, unterscheideD sit» aich^ wteOm^lin
bereits Anfang dieses Jahrhunderts hervorhob, Hahutoau, le^iuäil
HassaD, Vulpian und neuerdings Laborde duroh Tbionixpwri-
mente bestätigten, von jenen wesentlioh durch ihre relativti Uu-
^ftigkeit. Durch Laborde's Versuche angeregt^ Vörwandtüii G, H6o
ü. Ä- die Strontinmsalze bei verschiedenen Erkrankungöu. JJei
Magenkranken gab 8Se an&ngUch Strontium Itictioutn; gpdtur
Strontium bromatum in Dosen von 2— 4 g täglich. In 32 Füllen vüh
Dyspepsie, zum Theil mit HyperaciditÄt vergeiellBclmlYe^ trat Mohnullu
Beaserung resp. Heilnng ein* Auch bei Qastralgie war der Erfolg
ein günstiger. Fer^ gab Strontium bromatum uti Htullo du« Urt*iii-
kalinm mit Erfolg bei Epilepsie. Oonataiitin Paul will bt^i Mor-
btts Brigbtii von Strontium lacticum schnelle Erfolgu i^HHoboit Imboit.
Bei einem hysteroepilaptitichen Mädchen Bcbwanden naob IVgoMilow^in
von 6 g Bromstrontium (monatelang gebraucht) die Anfalle^ Ihi*
jardin Beaumetz bestätigt die Abnahme den EiweiHMea bei NifHi^n^
and Herzkranken« La bor de bezeichnet die Strontiumiiai^i? al«
Bandwnrmmittel. Coronedi gab Bromstrontiam in Doneii vau
1 _s g gegen nervoeea und djspeptiachea Erbrechen, (Intern* kljn,
Bondechao Nr. 35.)
Die Präparate sind noch zu wenig erprobt, am edurai jeUt de«ii
ptwoöadk&k Arzte empfoiikB werden sn kdnneii.
Bemerken woDeo wir, diM die Dosie von Btroaliaai broo^ttuo
auf *2— i g Cast^oeeixt iil (pro die), bei MpUmpmt gelleo dieeellmi
BrofekelinoL Strootinm jodelom wffd wie Jod^
BtroDiinin nitrieaa hiBzuibi
(ilO ^^^^" Huclnval(i
(Bulletin de Facademie 1891. Les douv. Remedes 189192, Societe
de biologtei Dec. 189L Tlierap. Monatsii. Nr, 6.)
ttuecksilber.
Die Behandlung des acuten Darniverschlusses mit
grossen Gaben metalliseben Quecksilbers war frtlher gang und gebe*
Jetzt ist sie mit Hecht allgemein verlassen worden. Wenn heut zu
Tage noch ein Arzt wie Richter die Quecksilberdarreich ung ver-
bucht und Erfolge erzielt, sc hat er dies selbst zu verantworten und
von Glück zu sagen, wenn es half. Empfehlenswerth ist die Dar-
reichung jedenfalls nicht. Richter sah nach Darreichung von 150 g
Hydrargyrum die Einklemmung sich lösen. Die Behandlung des
Ileus kann heut zu Tage nur die sein, die Därme durch Opiat© zu 1
beruhigen, durch Eingiessungen, Lufteinblasungen, Magenausspüluogen
nachzuhelfen und möglichst imh, bei noch erhaltenötn Kräftezustande,
die Laparotomie zu machen, wenn nicht etwa die Natur des Grund-
leidens andere chirurgische Eingriffe erfordert. (TherapeuL Monats-
heite Nr. 7.)
Ueber die Behandlung der Syphilis mit Mercurialien
nebst Bemerkungen über Nephritis bei Luetikern veröffent-
licht Lang einen sehr beachtnngswertben Aufsatz in dem Central-
blatt für die gesammte Therapie Nr. 1. Zunächst hebt er wiederum
hervor, dass sein Oleum cinereuiB besondere Vorzüge besitzt. 1 com
des 30'f (jigen Oeles enthält 0,369 g Qaecksilber, ein gleiches Volumen
des öOt'i^igen Präparates 0,810 g. Lang wählte das letztere Prä-
parat. Mit einer geaichten Spritze ist man im Stande, bis auf 0,01 ccm
genau zu dosiren. Die [ujection macht er fast aasnahmslos unter
die Rückenhaut subcutan; Einspritzungen in die Nates hält er fttr
minder zweckmässig. Zur Allgemein beb an dl ung wählt er Ofib ccm
des 50%igen grauen Oeles; 8 — 12^16 Dosen stellen eine wirksame
Cur dar. Je nach dem speciellen Falle kann man jede Woche resp»
jeden 6. Tag an zwei Stellen 0^05 ccm injiciren, bis die Symptome m
geschwunden sind^ sodann ist als Ueberdispensation alle 8 — 14 Tage
eine Einspiitzung von 0,05 ccm zu verabfolgen. Trotz der geringen
Dosis von 0,1 Metall ist der Effect ein sicherer. Soll die Wirkung
schneller zu Stande kommen, so dispensirt man in der ersten Woche
in Zwischenräumen von 3 — 4 Ta^en 2— 4— 6mal 0,05 ccm, in der
nächsten Woche nur einmal obige Dosis; die Ueberdispensation be-
BChliesst man mit 0,05 ccm in 10 — 14 Tagen. Während und nach
Arzneimittellehre and Toxikologie.
en
der Behandlung ist der Kranke genau zu beobachten; wenn auch
Lang die EinspritzuDg vod grauem Oele nicht tur die einzige Me-
thode der Quecksilberbebandlung hält, ao sei sie doch eine der besten.
Andere Autoren, wie Balzer, Thiroloix, Man, Eich u. A., be-
stätigen dies. Das graue Gel ist in seiner Wirkung langsamer, aber
dtl&r nachhaltiger, Recidive sind seltener.
Sehr beachtungswerth ist die Aufforderung Lang's bei der Mer-
üoria) behau dlung nicht bloss auf das Auftreten von Speichel*
fhß«, sondern auch auf die Harnsecretion und die Darm-
fanctionen zu achten. Es ist nicht gleichgültig, ob ein Syphilitiker
AibumiDurie bekommt, und namentlich ist es wichtig, ob man einen
Ntjphritiker, der Lues acquirirt, mit Mercurialien behandeln will.
Im Allgemeinen darf man Nephritiker, Tuberculöse und Malaria-
sieche nicht mit Mercurialien behandeln. Aus Fürbringer's und
Lang'B Untersuchungen geht hervor, dass Albuminurie in vielen
Fällen ein Intoxicationssymptom ist, während andererseits Welan*
der zeigte, dass in manchen Fällen die Nephritis Zeichen eines zer-
fallenden Nieren gummas ist. Gerade so wie das Auftreten von
OiDgivitiB beachtet werden muss und zum Aussetzen des Queck-
aiibers au^ordert, wird es also unter Umständen das Auftreten von
Albuminurie nöthig machen.
Dass selbst geringe Mengen von grauer Salbe eine t ö d t-
liche Mercurialintoxication bedingen können , zeigt
ein von S a c k u r veröffentlichter Fall. Nur ca. 5 g waren auf
eine allerdings nicht intacte Haut eingerieben worden. Eine Stunde
Dachher Uebelbefinden , Ohnmacht, Erbrechen. Am nächsten Tage
Albuminurie, Tenesmus, dann blutige Stühle, Koliken, Anurie. Am
nächsten Tage Hämatemesis, blutige Diarrhoen, Unter weiterem
Auftreten von gangränöser Gingivitis erfolgte der Tod. Die Section
ergab das Bild einer acuten Dysenterie. (Berliner klin, Wochen-
schrift Nr. 21.)
Bieganski berichtet in einer sehr sorgfältigen Arbeit über
die Veränderungen des Blntes unter dem Einfluss von
Syphilis und pharmakologischen Gaben von Quecksilber.
Unter Einwirkung des Syphilisgiftes wird die Zahl der rothen Blut-
Zeilen nicht in einer irgendwie constanten Weise verändert, dagegen
wird die Zahl der weissen Blutzellen vermehrt, und tritt eine zweifel-
lose^ nicht unbeträchtliche Leukocytose auf* Der Hämoglobingehalt
wird geringer. Durch eine Quecksilbertherapie nimmt die Zahl der
weiBsen Blntsellen ab, ihr Verhältnisa zur Zahl der rothen Blutsetlen
612
BucUwald.
wird wieder norraal. Der Hämoglobin gab alt wird durch Qaecksilber-
euren gesteigert, nur iiacii grosaen Hg-Dosen tritt wirkÜDbe Anämie
auf, die mit einer Veränderung der Form oud Beschaffeeheit der
rotheo ßlutzellen einbergeht.
Kunkel weist durch seine Untersuchungen nach, dass Queck-
silber aus der graaen Salbe sicher verdunstet, und dass bei
Schmiercuren dieser Factor mit in Rechnung zu ziehen ist Es zeigte
sich, dass 1 cbm Luft in einer Temperatur von 330—350 0. 8 bis
18 mg Quecksilber aus der grauen Salbe aufnimmt. (Versuche siehe
im Original -Sitzungsbericht der physikaliach-med, Geöellschaft in
Würzburg.) Wenn man auf 24 Stunden 12 cbm Luft als eiuge-
athmet annimißt, so wird somit ©ine namhafte Menge Quecksitbdr
auch m Bampfform zur Äuiiiabme kommen. Da Mesnü bat sich
(ibrigens überzeugt, dass bei Kranken, welche mit anderen, einer
Inunctionscur unterworfenen Kranken in einem Saale zusammen ver-
pflegt wurden, Öfters mercurielle Stomatitis auftrat^ und auch Hg im
Harn nach ixe wiesen werden konnte» Friedrich Müller fand, daas
das Aufhängen von Lappen mit grauer Salbe in einem Kranken-
zimmer gentigt, um Hg im Urin bei den Insaaaen auftreten zu
sehen,
Qneeksllk'relilorid.
Von Wenderoth und Gottstein ist seiner Zeit die Sublimat-
Lanolinbehandluog des Erysipels empfohlen worden. Winek-
1er theilt einen weiteren Fall mit, wo Sublimat-Lanolin 0,1 i»,, bei
Böse gute Dienste leistete, (Therap. Monatsh. Nn &.) Talamon em-
pfiehlt die Abortivbehandlung des Qesichtserjsipels mit
Sublimatftthertergtäubungen. (Oentralbh f5r die ges. Therapie
Nr, 9.) Es wird in ziemlich energischer Weise eine l^'oige Subli-
mat-Aetherlösung zerstäubt. Die Frocedur ist schmerzhaft, wegen
eventueller Sublimatin toxication nicht ungefährlich, in ihrer Wirkung,
wie auch Guyon hervorhebt, nicht zuverlässig, deshalb nicht em-
pfehlend werth. Wir sind überhaupt der Meinung, dass man mit einem
so giftigen Körper, wenn er nicht absolut zuverlässige Resultate er-
gibt, nicht experimentireu solL Beim Erysipel halten wir alle Subli-
matpriparAte fib* Überflüssig, da mit einer zweckentsprechend gelei-
teiteii Ichthyolbehandlung derselbe Effect erzielt wird, und dies Mittel
mgefthrlich ist* Denn dass Sublimatin toxi catio neu auch bei gs*
nl^gancler Vorsicht vorkommen, beweisen erneute Publicationen , so
rm Aronsohn iXherap. Monatsh. Nr 2i, Gebhard fibid. Nr
I
I
I
1
I
1
AnafitittrilAne mmä Toxikologiif.
»IS
G^ayoD r^et der So b 1 1 mi tb eh^ndtuD g bei Cyatttis
das Wort. Die Blase Tertrfigt Sublinuitltetiiigeii sehr gaty nament*
üch lässt sich das Qaecksilberchorid aacJi bei tnbercalöser Cystiti^
anwenden^ was von besonderer Wichtigkeit ist, da Argentum nitrt*
cum hierbei absolnt nicht vertragen wird. Die Be handlang bestand
tbeils in Auswaschungen der Blase mit Lösungen von 1 : 5000 bis
1 : 1000. Auch worden EintränfeluDgen in die hintere Harnröhren*
gegend vorgenommen, anfangs mit wenigen Tropfen; wurde Ja»
Sublimat vertragen — bekanntlich ist die Hamrohrenschleimhaut
sehr empfindlich gegen Sublimat — , so wurden grdssere Mengen
^(bis 4 g) eingeträufelt^ nach vorheriger EnHeerung der Blase*
(Therap. Monatsb. Nr. 3.)
Injectionen mit ö^j^iger Sublimatlösung bei SyphiH^t
empfiehlt Lukaeiewicz als besonders schnell wirkend, Sie »ollen
besser wirken als Injectionen mit Lang'acbem Oel und Soisojodol*
quecksilber. Ob diese Methode besondere Vorzüge vor anderen In*
jectioDsmetboden und vor der Lewin^schen besitzt , müäsen auüge»
dehntere Untersuchungen lehren.
Bjdrargjrnni soiojadoUcuui
wurde im vorigen Jahre von Schwimmer als eines der li e h i «^ u
An ti syphilitica angepriesen. Mit dem Vorzüge der Leicht li^a-
Üchkeit vereinigt es auch in «ich die günstigen EigenMt^liaCten der
schwerlÖslicheD Präparate in Bezug auf andauernde und ontirKiiich«^
Wirkung. Die Lösung bestand aus
Hydrarg. sozojodoiic. 0,b,
Xalii jodat. 1,6,
Aqu, destill, 10.
Witthauer will das Mittel bei chroüitfchen Foü* und
Unterschenkelgeschwüren mit Erfolg angewttjdet haben. Nadi
vorhergegangener Abseifnng in einem Eetnigujsgiibade werden di«
Geschwüre mit einer Salbe aus
Hydrarg. sozojodoti«;, 1,0,
Lanolin. 90,0,
Ol Olivmr. Wfi
"belbandelt. Die Salbe wird mem^ntek&üdkk ftiif IMüwwäätiMm
von der Breite moemfmgfirw gmtriAm, «ad dte BtrtUSni dam o^Immi
einander oder diehwcaUdnnig thtw im 6t«äbwttf»fli«b« C»^(l#
tii4
Oacliwald
darüber kommt Watte und eine CambricbiDde^ die etwas straff an-
gezogen wird. Ruhelage wird angewendet ^ der Verbaed anfangs
täglich, später alle 4—5 Tage gewechselt. Die Vernarbiing sohreitet
gewöhnlich auffallend rasch vor, die letzten kleinen offenen Stellen
werden dann mit einem Ptilver, bestebend aus
Hydrarg. sozojodolic. l^ü,
Tale, venet. 90,0,
zur Heilung gebracht. Um Wiederaufbrechen zu verhüten, wird
Unna' sc her Z in kl ei mv erb and (Berl. klln. Wochensclir. Nr, 12)
uro das Bein angelegt. Ferner verwandte Wittbaaer das Streu-
pulver bei Ekzemen, bei tiefgehenden VerbreonungeE ; bei tubercu-
lösen Wunden, Fisteln, fungösen Gelenkentzündongen wurde Sozo-
jodolqueckailber an Stelle des Jodoforms verwendet. 1 — 2—4 g fol-
gender Emulsion kam zur Verwendung:
Hydrarg. sozojodolic. 0,5,
Ölycerin, 4,0,
Gummi arab. 2^i),
Aqu. destiil. 44,0.
Bei der ÄBwendung dieses noch recht theuren Medicamentes darf
man übrigens nicht ausser Acht lassen, dass man es mit einem
<iuecksilberpräparate zu tbun hat, und muss eine mögliebe Intoxica-
tion im Auge behalten. (MünGbener med, Wocbenschr. Nr. 34.)
Kiemann verwandte dasselbe Präparat gegen Ohreneit
rungen. Hier gibt es wohl bessere Mittel.
Aspara^in-C^nrek »Silber.
te* ■
Von Professor Neumaon sind mit einem von Professor Ludwig
hergestellten Präparate lujectionsversuche bei 37 Syphilitikern mit
gutem Erfolge angestellt worden. Das Präparat kommt in seiner
Wirkung am nächsten dem Bamberg er 's eben Peptouqueck-
silber und dem Liebreich^schen Quecksilberfor mamid. Ein
besonderes Bedürfnis» nach neuen Quecksilberpräparaten in der
Syphilotherapie liegt wobl nicht vor. (Interessenten finden die De-
tails in den Wiener medicinischen Blättern Nr. 9.)
I
Arsenik*
Ueber das Verhalten der degenerativen und progres-
eiven Vorgänge in der Leber bei Arseoikvergiftung hat
ArÄU**iniittel lehre und Toatikologic.
(j15
Wolkow Uotersuchutsgea angestellt. Der häufigste Befund io der
Leber bei Äröenik Vergiftung ist eine Fettmetamorphose der Leber-
zellen. Bei Anwendung grosser Dogen tr<:^ten im Leberparenchym
nekrotische Herde auf, welche sich wesentlich an die Peripherie der
aberläppchen halten. Die Kerne vieler Zellen in diesen Herden,
owie mancher anregehuässig vorkommenden Leberzellen zeigen eine
gesprochene Chromatolyse* In den Leberzellen kommen Mitosen
doch stehen sie in keiner bestimmten Beziehung zu diesen ne-
tiflcben Herden, Atypische Formen der Kemtheilang kommen ver-
einselt yor. Bei Anwendung grosser Gaben finden sich entzündliche
Vorgänge in den Galle ngängen« Mitosenbüdung ist über die ganze
Leber zerstreut zu bemerken. Ziegier und Obolonskj deuten sie
als 6 iftwirkung (Anregung zur Karyokines e ). ( Virchow's
Archiv Bd. 127, H. 3. Schmidt*ä Jahrbücher Nr. 8.)
Dass Arsenik auch bei den Lymphosarkomen einen vorüber-
gehenden Erfolg gewähren kann^ zeigt ein von Romberg veröffent-
» lichter Fall, (Deutsche med. Wochenschn Nr, 19/» Bei den malignen
Lymphomen, den Lymphdrüsentumoren, der Pseudoteukämie, ist
seine Wirkung, intern und parenchymatös, ja vielseitig anerkannt.
Förster theilt einen Fall von Braun färbung der Hant
nach längerem Arsengebrauch mit. (BerK klin. Wochenschr,
Nr, 11») Gesicht und Arme blieben frei, der Hals war nur schwach
>pigmentirt, auch die Stemalgegend und die Gegend der Eecti ab-
dominis bis zum Nabel herab war wenig verfärbt. Sehr du»kel bin-
[gegen waren die Seitenfiachen des Bauches und Brustkorbes, schon
in der Axilla beginnend, und insbesondere war es die Hautbedeckung
der die Achselhöhle begrenzenden Huskelbäuche. Vom Nabel ab*
wärts war die Baucbhaut dunkel. Glied, Gesäss, Innenseite der
Oberschenkel im oberen Drittel waren ebenfalls braun. Nach Aus-
setzen des Mittels schwand die Figmentirung, um bei erneutem Ge-
brauche wieder aufzutreten. Da keine Addison'sche Krankheit
vorhanden war, auch die Reaction auf Arsenik sich genau verfolgen
lieaSf so schiebt Verf., entgegengesetzt den Anschauungen von
Mobius (Schmidt's Jahrbücher Bd. 22B) im Einklang mit Ver-
öflfentlichangen von Ha ff 1er, Wygfl die Schuld auf Arsenik-
gebrauch.
Eine interessante Arbeit über Arseniklähmung veröffent-
lichen Erlicks und Rybalkin. (Archiv f, Psychiatrie Bd. 23, H. 2,
(iU»
Buchwalil.
Nach ikren Untere nchangen hat man ee mit einem centraleD Procegae
trophischen Charaktere im Rückenmarke und einer Neuritis der
Nerven der gelähmten Extremitäten zu thun.
Basij^eh galltiäsaare^ Wiämiilli (DerMatol),
Bermatol ist im vorigen Jahre von Heinz und Liebreoht in
den Arzneischatz eingeführt worden. Das Mittel wird von der Fabrik
Meieter, Lucius und B r ü n i n g in den Handel gebracht, auch
neuerdings von Merck und anderen Firmen hergestelH, Die
Präparate sind nicht völlig gleich werthig zu erachten und auch in
mancherlei Baziehitng verschieden, wie die Pharmaceu tische Central-
halle Nr. 2 hervorhebt. Man wird gut thun^ bei seinen Versuchen
sich des Originalpräparates zu bedienen. Die Eigenschaften des-
selben haben wir im vorigen Jahrbuche ausführlicb geschildert, auch
ist das gutCi brauchbare Mittel wobl den meisten Äerzten aus eigener
Anschauung bekannt geworden. Im Allgemeinen hat sich die von
Glaeser u, A,, auch dem Verf. dieses Artikels demselben vindi-
cirte Eigenschaft als zutreffend herausgestellt Es ist ungiftig, absolut
reizlos, wirkt antiseptisch, besitzt hervorragend austrocknende Eigen-
schaft, ist ein ausgezeichneteH Wundheilmittel, handlich, völlig ge-
ruchlos, haltbar, luftbeständig^ billiger als Jodoform* Das Jodoform
kann es nicht ersetzen, ist aber ein Wundheilmittel eigener Art,
welches seinen Platz im Arzneischatz behaupten wird. Bezüglich
der ÜDgiftigkeit waren Zweifel entstanden, nachdem WeissmüUer
in der Berliner klin. Wochenachr. 1891, Nr. 51 einen Fall von
Intoxication beschrieben hatte. Indess weist CMaeser (Berh
klin. Wochenschn Nr. 41) und auch Heinz mit Recht darauf hin^
dass es sich hier um eine andere Vergiftung als mit einem Wismut h-
präparate handeln müsse. Eine Dermatol Vergiftung kann aber nur
als W i 8 m u t h V e r g i f t u n g verlaufen : durch das alkalische
Wundsecret wird nämlich Dermatol langsam in gallussaares Alkali
einerseits, Wismuthoxyd oder Hydroxyd andererseits gespalten.
Gallussäure ist nach den Untersuchungen von Ht?inz aber ungiftig.
Die Wismuth Vergiftung Ist nun zwar möglich, auch durch Thier-
experimente vom Dermatol nachgewiesen, sie müsste aber dann beim
Menschen in der für Wismuth Vergiftungen typischen Weise verlaufen,
wie sie Kocher und Petersen beschrieben, auch sonst ans der
Litteratur bekannt sind: es findet sich acute Stomatitis mit starker
Schwellung des Zahnfleisches^ der Zunge, des Rachens, Lockerung
der Zähne und Schwarzfärbung des Zahnfleisch randea^ gleichzeitig
I
I
I
I
Araneiroittel lehre and Toxikologie.
611
tritt Darmkatarrh aizf mit Leibschmerzen und Durchfall^ BcklieasHch
kommt es zu desquamativer Nephritis und VerdauungestÖrungen»
ebelkeit^ Erbrechen. So verlief nun obiger Fall nicht; dass eö
ledoch unter besonders günstigen Verhältnissen zu leichten Intoxi-
cationen kommen kann , zeigt der von 0 1 a e s e r mitgetheilte
FalL Die Erscheinungen waren aber so geringfügige, dassGlaeser
trotzdem das Mittel als ungiftig bezeichnet. Dasselbe zeigt auch
Stierlin. (Correspondenzbl für Schweizer Aerzte Nr. 7») Eine
^Hftusfüiirliche Zusammenstelliing über die Resultate der Dermatol-
^Hbehandlung hat Kovert in seiner Dissertation (Breslau, Dec. 1892)
^Hgegeben. Er hebt besonders hervor, dass nur ein absolut reines
^^pViparat als Heilmittel Verwendung finden darf. Namentlich ist auf
^^Arsengehalt Rücksicht 2u nehmen^ was namentlich auch bei der jetzt
■ vorgeschlagenen internen Behandlung mit Dermatol zu berücksichtigen
j ist, auch darf das Dermatol keine freie Gallussäure enthalten. Bac-
Steriologiflche Untersuchungen haben früher Rosenthal, Bliibm,
eenerdings 8 tone aegestellt. Die üngiftigkeit des Mittels wird fa^st
ftllBeittg betont, so namentlich auch von Dorn berger in der Kinder-
heilkunde, und bei interner Application von Dutto und Colasanti.
Letztere gaben tägliche Dosen von 3—6 g, Kovert gab wochen-
lang Dosen von 6—8 g^ ebne Intoxication zu beobachten. Neuere
Arbeiten in der Gynäkologie röhren her von Asch (Centralbl. f.
Gynäk. Nr. 1). Er bestätigt die eminent austrocknende Wirkung^ es
bewährte sich das Dermatol besonders gut bei Dammrissen und Damm*
plaatikeu, Dermatolgaze wurde bei Scheidenkatarrhen zur Tampo-
nade angewendet. Auch Fritsch hebt die Vorzüge des Dermatol«^
in der 5. Auflage seines bekannten Lehrbuches hervor. In der
Chirurgie bestätigen neuere Arbeiten von Stierlin, Stone,
We r t h e r (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 2&), Powers da»
frühere Gesagte.
Zar Nachbehandlung nach gatvauocaustischen Operationen in der
Nase will Aronsohn (Deutsche med. Wochenschr* Nr. 2H) das Mittel
tagelang angewandt wissen* Dermatol übt nicht den geringsten Reis
aus; es hindert die Entzündung, mildert die Schmerzen, beschränkt
die Secretion, macht bei frühzeitiger und reichlicher Anwendung alle
bis jetzt gebräuchlichen Tampons überflüssig. Bloebaam (Deutdcfar
Hed.-Zeitg. Nr. 1) empfiehlt Einblasung von Dermatol nach gatvano*
caustischen Operationen im Rachen« In der Opbthalmiatnk ver-
wendet Eversbusch (Deutsche Med.-Ztg, Nr, 1) das Dermatol bei
Bolbusverletzungen. Es bat den Vorzug, «ich mit den Eir '^ - '
secreten zu emulgiren. In der Otiatrik haben Dermatol
iAH
Budiwald.
Davidsohii und Chaoiowaki mit gatem Erfolge bei Otorriaoen
ÄCgewacdt In der Berliner klimscbeD W o che o sehr ift Nr. M ver-
öH'yntlicben Colasanti und Dutto ibre Untersuchungen überBer-
matol bei Darmleiden, Ea entaprach vollkommen der Erwartung
als eines der besten Äntidiarrhoica der modernen Mediciu. Sie ver-
ordneteo es in Dosen von 2—6 g pro die, m Pulvern von 0,25—0,6,
entweder allein oder eventuell mit Opium 0,05—0,1 gemischt, wenn
gleichzeitig Schmerzen vorbaüden waren. Besoodere VerwendüDg fand
es bei colliquativeo Diarrhoen der Phthisiker. Etwa IOC) Tuberculöse
wurden auf diese Weise behandelt. Bald nach den ersten Dosen
stellte sich Besserang ein, und selbst bei Patienten, welche vorher
täglich 10 — 11 Ausleerungen gehabt hatten, stand die Diarrhoe. Bei
den Diarrhoen Typhöser wurden 1 — 3 g auf 100 g Gummischleim
verordnet. Nach 2^ — 3maliger Wiederholung Hess der Darchfali nach.
Oleich günstigen Erfolg sahen die genannten Autoren bei geschwüri-
ger Enterocolitis, bei einfachen und dysenterischen Malariadiarrhoen
und bei DurcbfäUen nach acuteo Krankheiten. Niemals wurde irgend
eine Unannehmlichkeit beobachtet, das Mittel ist besser als andere
Wismutbpräparatej der Urin wurde regelmässig untersucht, zeigte
niemals Abweichungen vom normalen physikalischen Verhalten,
Gallussäure oder deren Derivate wurden nicht darin gefunden (ent-
gegen den Beobaohtungen Bricka's). Die Fäces wurden bei
grösseren Gaben durch Bildung von Schwefelwismutb schwarz ge-
färbt Kovert sebst verwandte Dermatol bei Verbrennungen am
Auge, bei Schweissfues, chronischen Ekzemen, Ulcus cruris etc.
Unsere eigenen Erfahrungen hat Wert her (Ueber Derma to 1-
behandlung; aus dem Wenzel Hancke'schen Krankenhause. Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 25) veröffentlicht. Besonders hervorzuheben
sind die Wirkungen bei Verbrennungen zweiten Grades. Nach Ab-
tragung der Blasen wurde Dermatol dick aufgepulvert Die Wunden
heilten auffallend schnell. Bei ausgedehnten Brandwunden kann
man zwar Dermatol in reichlicher Menge auftragen, nicht aber
Jodoform.
Dermatol ist nach dem näher Erörterten ein brauchbares Mittel,
welches mit dem Jodoform gar nicht verglichen werden
sollte. £a ist ein Wandheilmittel und Antidiarrhoicum eigener
Art, welches dauernd seinen Platz im Arzneischatze behaupten wird*
Antimon.
Gegen den Gebrauch der Antimonpräparate wendet sich
«iner unserer geschätztesten Pharmakologen , Harnack, mit Recht.
ArzaeimitteÜelire und Toxikologie.
61Ö
Antimon war zu yerscbiedenen Zeiten sehr beliebt, daiiu wieder in
Misßcredit gekommen. Noch iin Jahre 1830, zu einer Zeit, wo man
vüEQ Stimulus und Cootrastimulus sprach , wareu nicbt weniger als
21 Antimonpräparate officinell ^ heute aiod nur noch Brechwoinsteiü
und Goldschwefel ofticineU, Entbehrlich sind auch dieae. Man ver-
wendet heut zu Tage die Antimonpräparate noch zu folgenden Zwecken :
1) als hauten tzün den des Mittel zum Zwecke einer Ableitung auf die
Haut; 2) als Emeticum; 3) als nauseoses Expectorans; 4) als Diapho-
reticam; 5) als Ftebermitteh Als Pustelsalbe ist die Brechweinstein-
salbe entbehrlich, wir haben bessere Mittel, auch ist der Effect leicht
ein excesaiver, indem er zur Nekrose führt. Die emetische Wirkung
des Brechweinsteins ist ebenfalls keine besonders gute* An und f\!iT
sich werden ja Brechmittel selten verordnet, will man aber ein
Brechmittel anwenden ^ so bat man am Apomorphin ^ in richtiger
Gabe angewendet^ ein viel besseres. Man soll nur nicht gleich
Gaben von 10 — 20 mg anwenden, sondern mit Gaben von
3—5 mg beginnen. Als nauseoses Expectorans ist Apomort>hin
gleichtalls vorzuziehen, die alten Plummer'schen Pulver, Calo-
mel mit Sulfur auratum sind entbehrlich. Als Diaphoreticum und
Antifebriie bedürfen wir des Tartarus stibiatus ebenfalls nicht. Wir
haben hier bessere Mittel. Den Ausführungen Harnack's können
wir nur voll beistimmen* Die Antimoopräparate, auch dar viel ge*
ptriesene Brechweinslein, sind entbehrlich. fMünch« med. Wochen-
schrift Nr, 11.)
Bremofoni.
Das von Stepp gegen Keuchltusten empfohlene Bromoforiu
wurde neuerdings auch von Cassel in Anwendung gesogen« Von
40 Falien konnten nur 13 verwertbet werdea^ Die Donimng betrug
im l, Lebensjahre gewöhnlich 8mal t^lich S— 4 Tropfen , in den
folgenden ^:imal taglich 4 — 5 Tropfen unter den von Stepp aoge'
gebenen Cautelen. Hdbere Dosen wurden nicht verabfolgt. Der
Gesammtgebraadi dee Bronofoms ech wankte aewiseben 10 uiMi 20 g^
Ueble Kebenwtriniiigen worden mekt t»eabttclilet Em war kein
Todesfall su veriejchnen, ob^lekli wwm fUle mit eehw^er kjUerrheli*
scher Pneumonie complktft waren. Die Dauer der IffluMÜkiiffi lie-
trug im Mittel <>1^ Tage, Verf. reewnirt, ämm ualer dem OefaiMeh
von Bromoform die Zakl der AnfiUUs nnxweifelheft, die Inleoeattl b
der Mehrzahl der Ritte gns cribsUach iwehgeaefTt wM, wdireiid
von einer AbkdnoBg dee Qi ■■■■■f f eriiiifei keine Bede ■eis Iceofi,
Grötaere Dosen könnten hier wokl mAr leieteB, doeli derf wamü eie
620
Buchwatd.
wegen der Intosdcationsgefahr nicht geben. Wenn demnach auch
Bromoform als eine Bereicherung des ArKneischatzes anzusehen ist,
werden doch andere Mittel, wie Chinin , Belladonna^ Antipyrin, nicht
entbehrlich. (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 6.)
Zwei Fälle von Brom oformvergiftung veröfFeiitlicht
Neiden (Therap. Monatshefte Nr. 5). tm ersten Falle hatte ein
2 ^,'^ jähriges Kind 4 g Bromoform auf einmal getrunken. Unmittelbar
nach dem Oenuss gerieth das keuchhustenkrsnkt? Kind ins Schwank eD,
wie ein Betrunkener, um dann sofort hewusstlos hinzustürzen. Der
Körper war regungslos, die Bchmerzempfindung aufgehoben^ der
Kopf hing schlaff herab, an den Extremitäten bestand nicht der ge-
ringste Contractiona zu stand, dagegen waren die Masaeteren stark
contrabirt, die Zahureiben fest aufein andergepresst. Gesicht cya-
notiscb, Bulbi unbeweglich, Pupillen stark myotiacb, CorDealreflex
aufgehoben j Eespiratioo oberflächlicb ^ frequent, der Ätbem nach
Bromoform riechend, Traoheal rasseln ^ Puls freqiient, klein, 150 in
der Minute, zuweilen auesetzend. Die Therapie bestand in heissen
Einwickelungen , Campher- und Aetberinjectioneri, Ausapülung des
Magens. Im weiteren Verlaufe wurde noch Albuminurie, bedingt
durch Auftreten von weissen und rothen BlütsBeÜen im Urin, con-
statirt. Das Kind genas übrigens nach längerer Zeit In einem
zweiten Falle (LeichteneterD-Herrmanns) hatte ein Sjähriges, an
Keuchhusten leidendes Mädchen 6 g Bromoform getrunken. Die
Symptome bestanden in hochgradiger Asphyxie, Cyanoae, völliger
Bewuastlosigkeit, Erschlaffung der Extremitäten, Puls- und Re-
gpirationslosigkeit, Myosis wurde constatirt. Künstliche Respiration
wurde lange Zeit gemacht, dabei zeigte sich Lungenödem, der Puls
sehr schwach, äusserst frequent. aussetzend. Durch heisses Bad
und Aetherinjectionen wui*den die bedrohlichen Symptome bekämpft
Das Kind genas. Das Bild der Bromoformasphyxie glich
dem Bild einer Chioroformasphyxie* Interessant war, dass in
diesem zweiten Vergiftungsfalle durch die Brom oformvergiftung die
Keuchhusten an ßiile erloschen waren, und der Keuchhusten als ge-
schwunden anzusehen war. Laichtenstern ist der Ansicht, dass
Bromoform nichts Besonderes nutzt, Wirkung siebt mau eher von
Morphium und Chloralhydrat. Einen Unterschied in dem Verhalten
von medicamentös und nur diätetisch behandelten keuchhustenkranken
Kindern konnte er nicht wahrnehmen« Dem gegenüber stehen aller-
dings die positiven Erfahrungen anderer Aerzte.
ArKneiniil teilehr« und Tozikolofle, i;*>l
Brtmitlijl (Aetlier liromiitm«» fnrtsdaiis Mertk).
lieber die immer mehr und mehr in Aufnahme gekommene
Bromäthylnarkose in der Zabnheilkunde and kleioec
Chirurgie gibt Gilles in der BerL kiin. Wochenschr. Nr. 8 u* 9
eine ausf&hrlicbe Beschreibung. Es wird das Historische, die Be-
mtongäweise etc. geschildert and dann näher auf die Technik ein-
ngen. Gilles bedient sich einer eigenen, vom Inätrumenteu*
macber Böser in Coln hergesteUten Maske, welche weseotlicb die
rasche Verdunstung des fl&cbtigen Betäubungsmittels verhüten soll.
£r hat dadurch stets geringe Mengen Bromäthjl gebraucht. Meist
genügte ein einmaliges Durchnässen der Maske mit einer Dosis von
5—6 g, um für kleinere Operationen hinreichende Analgesie su er-
spielen. Bei Kindern und Erwachsenen von »arter Constitution ge-
nügten meist 3—4 g. Mehr als 10 g wurden nur ausnahmsweise
gebraucht. Die Narkose trat in der Begel in ca, 21»— 4i) Secundeu
ein, manchmal in noch karzerer Zeit, die Mehrzahl der Patienten
athmete das Bromäthy] ohne Heizeriscbeinuugen ruhig ein. Eincelue
hatten anfangs eine gewisse Beklemmun^^ sie wehrten nach Athem
ringend das Mittel ab, meist aber beruhigten sie sich und athmeteti
ruhig weiter bis zu gelungener Narkose. Hat man es mit ängstlichen
Patienten zu thun, so giesst man anfangs nur einige Tropfen auf, bis
sich der Patient an das Mittel gewöhnt hat, dann die ganie Menge.
Holländer lässt seine Patienten langsam 1^ 2 zählen, bis sieh eine
gewisse Verwirrung im Zählen geltend mecht, Dass der geeignete
Moment zum Operiren gekommen ist^ erkennt man darwn, das« die
anfänglich vorhandene Streckung der Extremitäten nachzulasöon be-
ginnt, und die Athemzüge langsamer und tiefer werden, wie bei
einem gesunden Schlaf. Manchmal ist Stertor vur banden, ht man
zweifelhaft, ob die Narkose genügt, fordert mau den Krauken aul,
die Hand zu erheben. Vollführt er dies gar nicht oder mit MUho,
lisst die Hand gleich schlaff sinken, so ist genügende Betäubung tun-
getreten. Erlöschen des CornealreHesces ist niabt zu tienutKen^ häutig
tritt er nur unvollkommen oder gar nicht ein. Öröeaoro Mengen
jj Bromäthyl sind zu vermeiden, sie schaden mehr uk sie nützen, für
|i langdauernde Narkosen, bezw, grössere Operationen eignet «iuh
f Bromäthyl überhaupt nicht. Excitation ist bei richtig goloiletor
Bromäthylnarkose — sie will eben gelernt sein — aelton, I*(jU untl
i Athmung verhalten sich nahezu normal. Die Mutükelu t*ind HeUtsii
j^K erschlaflFt, meist sogar ist eine Erhöhung des MuakeltonuM zu mn-
^H statiren. An der Unterarm-, Finger-, Kitumunculatur igt oft gontig
iV2U
Bijchwald.
tetaDischo ZusammenziehuDg vorhaDden, Auch Opisthotonus findet
sich. Schneider zeigtej dass man Thiere grosso Mengen
BromätJovl einathmen lassen kann, ehe sie sterben^ die Äthmung
hört früher anf^ als die flerzthätigkeitj der Tod durch Synkope igt
also weniger zu befürchten als beim Chlorotbrm. Schneider wie
auch Holländer halten entgegen den Ansichten Löher's Bromälhyl
für kein Herzgift, Abooji ist derselben Meinung. Die früher
geschilderten Todesfälle sind durch grosse Dosen, oder durch falsche
resp. schlechte Präparate hervorgerufen; noan soll nur obiges Präparat,
in kleinen, gut verschlossenen, vor Lieh tein Wirkung geschiitzten
Gläsern verwahrt, benntzen, Gilles hebt zuletzt als Vorzüge hervor:
Ausserordentliche Einfachheit und Bequemlicbkeit der Anwendung,
eine mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmende Ungefährlich keit
der Narkose bei Anwendung der erlaubten Menge (5 — 15 g), sehr
rascher Eintritt der Narkose, rasches Erwachen aus derselben, gleich
subjectives Wohlbefinden, kein Erbrechen, Ausserdem wird die
Entbehrlichkeit eines zweiten Arztes hervorgehoben» Nachtheile sind
die bisweilen starke Excitation, der knoblauchartige Geruch, der bis
zum 2. — 5. Tage im Athem wahrnehmbar ist, und die Unbraucbbar-
keit för längere Narkosen. Die nöthigen Cautelen, welche für jede
Narkose dringend ans Herz zu le^en sind^ Untersuchung des
Herzens etc. ^ sind natürlich nie ausser Acht zu lassen, auch wird
man, wenn irgend möglich, die Narkose nur unter Assistenz eines
zweiten Arztes vornehmen, wegen eventuell nöthig werdender künst-
licher Respiration.
Ziemacki berichtet über f»00 Narkosen mit Bromäthyl,
ist für kurzdauernde Narkosen mit dem Mittel sehr zufrieden, er giesst
erst einige Tropfen , dann 5^ 8 g auf. Für längere Narkosen fand
er es ebenfalls unbrauchbar. Bei Verbandwechsel in der Kinder-
praxis will er es auch angewendet wissen, Kraske hat sogar Kropf*
enucleationen in Bromäthylnarkose vorgenommen, (Archiv f. klio,
Chirurgie Bd. 42.) Gleich verwendet auf der Billrot haschen
Klinik die mit Stanniol überzogene Es mar c hasche Maske. Ruhe
in der Umgebung muss, wie bei jeder Narkose, herrschen. Re-
spiration und Puls werden frequenter, das Qesicht röthet sich,
Cyanoae tritt nur nach grossen Dosen ein^ nach ij Minute aeigt
sich Streckung der Extremitäten > Excitation wurde bei Potatoren,
einmal auch epileptische Zuckung und Erythem beobachtet. Es sei
gleichgültig, ob bei leerem oder vollem Magen narkotisirt werdei es
trete kein Erbrechen ein während der Narkose — besser wird man
immer bei leerem Magen betäuben — , bei Kindern könne man bis
i
Atzne'miiüel lehre und Toxikologie.
62a
"10 g^ bei Erwach Beoen bia zu SO g geben, Dittel^ Mettnitz,
Hacker bestätigen die AngabeD Gleich'a, DasB die Gefahren für
das Herz geringe sind^ zeigt auch Regli io seiner Dissertation,
Bern 1892. (Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte Nr. 10.) Aus-
geschieden werde übrigens das Bromäthyl nicht aUein durch die
Lungen, sondern auch durch die Nieren, längere Anwendung könne
I Nieren reizung erzeugen. Eine combinirte Chloroform-Brom-
Ithylnarkose, wie sie Ferrier will (Semaine mödicak Nr, 56),
ist nicht za befürworten.
Gleich, der oben das Mittel empfahl, berichtet übrigens über
einen Fall von tödtlicher Bromäfchylnarkoae, Ein 48j ähriger
Patient worde wegen Spaltung eines Furunkels mit Bromäthjl nar-
kotisirt; er war etwas icterisch und hatte einen frequenten Puls.
Die Maske wurde nnch 2 Minuten entfernt. Plötzlich trat Cyanose
und Stillstand des Herzens und der Äthmung ein» Kttuötliche Re-
spiration war fruchtlos. Die Autopsie ergab fettige Degeneration
des Herzens und der Leber. Es zeigt dieser Fall, daas man doch
die Organe vorher genau controUiren soll und bei allen Fällen, wo
eine locale Anästhesie möglich ist, diese vorzuziehen hat. Wir
anästhesiren bei solchen Erkrankungen, wie Abscesaen, Furunkeln etc y
nur mit dem Petroleumätber-Aetberepray local und können dem prac-
tischen Arzte nur ratben, allgemeine Narkosen nur dort vorzu-
nehmen, wo sie sich durch locale nicht ersetzen lassen.
Jendritza beschreibt ebenfalls einen Fall von rasch vorüber-
gebender Intoxication nach Bromäthylnarkose , dieselbe war am
' Tage vorher wegen Zahnextraction vorgenommen worden, Cyanose
I war nicht vorhanden, hingegen Bewusstlosigkeiti erloschene Sensi-
f bilitat und reflectoriache Zuckungen am Musculus orbiculans palpe-
^^brarum wurde bemerkt. (Therap. Monatsh, Nr. B.)
^B Alles in Allem genommen ist Bromätbyl ein gutes, wenig ge-
^^Uirliches Betäobnngsmittel , welches seinen Platz im Arzneischatz
behaupten wird.
Brumpräparatf.
^B Der Werth und die An wen du ngs weise der Brompräparate wird
^^fci dem sehr lehrreichen AufsAtze von Eulenburg, Ueber den
^^etzigen Stand der Epilepsiebehandlung (Therap. Monatsh.
Nr. II u. 12) besonders ausführlich besprochen. Bei jeder Epilepsie-
behandlung muss genau Buch gefrihrt werden über Zahl, Art, Inten-
sität, Dauer etc. der einzelnen Anfälle. Sehr viele Brompräparate
6^4
Büchwald.
sind gegen Epilep&k^ empfohlen worden, aber auch ebauäo schnell
wieder verlassen worden: Bromeisen, Bromcadmium^ Brom-
gold, Bromalhjdrat, Bromäthylen, BromchiniOi B r o m-
campher etc.^ heatehen geblieben sind nur die drei Bromsake Brom-
kalium, Bromnatriam, Bromammonium, bald worden sie allein,
bald combinirt gegeben. Erlenmeyer kam auf den Gedanken^
2 Theile Bromkalium, 2 Theile Bromnatrium, 1 Theil Bromammo-
niom in kohlensäurehaltigem Wasser zu verabreichen, und bald war
das Erlenm eye rasche Bromwasser allgemein bekannt Euienburg
bedient sich desselben auch seit fast 8 Jahren und ist damit zu-
frieden ^ die Erscheinungen des Bromismus ^ der cumulativen Wir-
kung, das Exanthem^ Gaßtrointestinalkatarrbe, Dyspepsie etc. werden
dadurch nicht vermieden, schwerere Grade des chronischen Bromis-
mus und die Kachexie sind jedoch bei Aufmerksamkeit zu verhüten.
Billiger und bequemer sind die N eus 8-8 and o waschen brausenden
Bromsalse, Bromsalx, Bronaeisensalz und BromcoffeinsaU.
Das Erlen m eye rasche Verhältnias der ßromide 2:2:1 ist auch
hier gewahrt. Das Eisensak enthält 40 Oq Bromalkali, 1% Eisen,
das CofTeinpraparat 3 ^j^ Coffein, 30 % Bromalkali, Am besten gibt
man die Bromsahe in obiger Eorm, nie gebe man die reinen Salze
in concentrirter Form, sondern stark verdünnte Lösungen in kohlen-
g&urehaltigen Wässern. Die Dosis sei eine genügende, d. h. den
Anfallen und dem Alter entsprechende, Meist braucht man bei Er-
wachsenen 5— 10g pro die in 3 Theilen gegeben. Weniger nützt meist
nichts, EU viel sali man auch nicht geben. Kommen die Anfalle nur
am Tage, so wählt mau am besten zwei grössere Tagesdosen, 20 bia
30 Mtnaten nach der Morgen* und Mittagsmahlzeit^ bei überwiegend
nächtlichen AnflÜlen gibt man die eine Dosis nach dem Abendbrod,
oder man vertheilt die Geaammtmenge aof die drei Hauptmahlzeiten.
Auf den nflchternen Magen nach Yoiain's Vorschlage soll man
die firomsalxmiachong nicht geben. Die Mittel diiid minde-
steji« 2, besser noch 3 Jahre nach dem Auftreten der letilen Aix-
fUle III geben, auch aoU während der ganzen Cardaaer BromsaLs
nicht einen Tag ausgelassen werden; die Menatraation hindert nicht;
die gewöhnlichen leichten Erscheinungen der Bromintoxicatian , wie
Acne, leichter Gastrokatarrh , bedingen keine Unterbrechung , aadi
keine Herabsetsung der Dosis, aondem nur eine Beob«cbtiiiig der
bekatuitea hygienischen Massnahmen , roborirende Diät, Bewegang,
Hautpflcgei Bäder etc« Hat man die genügende Tagesdosia
ermittelt^ so soll sie während der ganzen Ourdauer beibekaUeii
«erden. Es gibt nun alterdinga Fälle> etwa b^^, wo Brompripante
i
i
Arzneimittellehre und Toxikologie.
fi25
mcöl vertragen werden, Bromißmiis, Kachexie, Adynamie, Gedächt-
uisaechwäche etc. auftreten, oder gar kein Heileffect bemerkt wird,
dann kann man versuchen, entweder mit kleinen Dosen, orier mit
Eisen, Arsen und Bromsalzen gleichzeitig vorzugehen; auch da wird
man manchmal noch Heilung sehen, in einigen wenigen Fällen ist
allerdingB alle Behandlung fruchtlos, aber auch die sonst gepriesenen
Antepileptica helfen in solchen Fällen nicht. Man lasse sie, wie
Ealenburg sagt, in Frieden ruhen 1 Dies gilt von den Zink-,
Wismuth-, Silberpräparaten, von der Belladonna, dem Amylenhydrat,
Borax etc., dem Pulver aus verkohlten Elstern, welche zwischen
Weihnachten und drei Königen gesohossen sein müssen (Epilepsie*
mittel der Dres'iener Diaconissenanstalt). Eine nothwendige
Ergänzung zu der med icamen tosen Behandlung ist die diätetisch-
hygienische. Blande Kost, Vermeidung von Alkohol und Tabak,
Bewegung im Freien, genügende geistige Ruhe, hydrotherapeutische
Proceduren,
Jodütorni.
üeber den Werth der Jodoformbehandlung bei Tuber-
culose der Knochen und Gelenke sind die Ansichten so ziem-
lich geklärt. Die meisten namhaften Chirurgen , wie B i 1 1 r o t h,
Mikulicz, Braus, Mosetig» Trend elenburgu. A, haben die Jodo-
formtherapie obenangestellt, Üeber die Art der Behandlung hat
^ch auch fast die gleiche Methode ausgebildet, es handelt sich nm
Tamponade mit Jodoformgaze, Jndoformglycerin- oder Jodoformöl-
Einsprltzungen, parenchymatöse Injectionen.
Neuere Arbeiten über diesen Gegenstand rühren her von Wo Im
(Inaugural-Dissertation, Breslau), Arons (Beiträge zur klinischen
Chirurgie etc.), Bryant (Times and Beg. Phiiadelph., Febr.). Nur
tiber die beste Injectionsflässigkeit haben Besprechungen stattge-
funden. Stubenrauch fand, dass bei ungeeigneter Sterilisa-
tion freies Jod entsteht, und solche Jodoforminjectionen sehr heftige
Nebenwirkungen zeigen. Er gibt eine eigene Steril isationwmetb od e
von Jodoforminjectionsflüssigkeiten an. (Centralblatt f. Chirurgie.)
Zweckmässiger ist es, statt eine umständliche Sterilisation vorzu-
nehmen, Jodoform in gekochtem Mandel- oder Olivenöl nach der
Abkühlung zu lösen oder zu sospendiren. Das Jodoform kann vor-
her mit Sablimatlösung gewaschen werden. Am besten ist das fein-
pulverige auf elektrolytischem Wege gewonnene Jodoform der I
Scherin gesehen Fabrik zu wählen. (Garr^, Zur Sterilisation
von Jodoformölemulsion. Centralblatt für Chirurgie Nr. 39.
iahrbuch d. pract. Medi<:iii. 1883. 40
(i2Ü
BTichwald.
Bohni Gorrespondonzbh f. Scbweizer Aerzte,) Die Lösungen sind
b — lO^'^ig. iJags mau mit der Jodoform&D Wendung vorsichtig sein
muss, «eigen neue, von Dreesmann und Naecke (Berliner klin.
Wochenschr. Nr. 7) beschriebene Fälle von Jodoformintoxication,
Sie sollten, nacbdem wir die Jodoformwirkung bo genau kennen,
nicht mehr vorkommen. Daas Jodoform Dermatitis erzeugt, lehren
die Fälle von Legiehn und Hahn, (Tberap. Monatsb. Nr. 2 u. 4,)
Neisser macht auf die eminente Wirkung des Jodoforms
gegen Culturen von Cholera Vibrionen aufmerksam und
meint, es sei Jodoform in zulässigen Gaben eines Versuches werth.
(Deutsche med, Wochenschr. Nr, 10/) Gegen Kehlkopftuberculoae
empfiehlt Siemon (Deutsche Med.-Ztg; Nr, 57/) Inhalationen von
Jodoform :
Jodoform, 1^0,
OL Eucalypti 20,0,
Ol, CaryophylK 5,0,
eventuell mit etwas Alkohol vereetzt Drei- bis viermal täglic
werden 10—15 Tropfen auf Terpentinöl ^e^osaen und aus Mnem vom
Verf. angegebenen Inhal ationsfläschchen eingeathmet. Namentlich
soll das lästige Schluck weh bei munchen Phthisikern dadurch ge-
mildert werden.
Aristo),
Ueber den geringen Werth des SubBtitutionsmittels des Jodo-
forms haben wir uns bereits im vorigen Jahrbuch e ausgesprochen.
Neue Ai'beiten haben u. A, Günz und Vinay veröffentlicht. Gunz
will das Aristol dann angewendet wissen , wenn Jodoform wegen
Beines Geruches nicht tolerirt wird. Es soll dann das relativ beste
Ersatzmittel sein. (Memorabilienf Januar.) Es ist jedoch, wie wir
bereits erwähnten^ vollkommen entbehrlich.
EurtFpben (Isobiilylorthü(Teüj?t*ljmIid).
Als ein Ersatz- resp, Ergänzungsmittel des Jodoforms
wurde im vorigen Jahre das etwa 28,1^ n Jod enthaltende Präparat em-
pfohlen. Ein Ersatzmittel des Jodoforms ist es ebensowenig wie
das Aristol und das nicht zur Jodgruppe gehörende Dermatol. Die
geringe Zahl der über dieses Mittel erschienenen Arbeiten lässt schon
den Scblusa zu, dass besonders hervorragende Eigenschaften dem*
selbei) nicht innewohnen. Es hat nicht den eigenartigen, für viele
Menschen unangenehmen Geruch des Jodoforms, ist übrigens eben-
falls ein gelbes Pulver^ doch nähert sich die Farbe mehr der des
ArineimUtel lehre und Toxikologie.
027
¥
Aristolfl, S i 6 b e l verwandte Europhen bei Verbrennungen in
Salbenform :
Europhen. 3,
Ol. Olivar, 7,
Vaselin. 60,
Lanolin, 3Ö,
Abgeeeben von der schmerzlindernden Wirkung, erzielte Siebel mit
obiger Salbe rasche und gute Heilungsresuitate. Vergiffcnngssym-
ptome werden bei so schwachen, übrigens wegen des hohen Preises
des Europhens theuren Salben nicbt zu förchten sein. lunerlicb
nahm Siebel 1,& g Europhen ohne Schaden* fBerL klin. Wocben-
Bchrift Nr, 8,) Petersee (J^t. Petersburger med. Wochenschr* Nn 14)
empfiehlt dm Europhen als gutes VerbandmitteL Er bat
60 Fälle damit behandelt^ und zwar 25 Falle von Circnmoislon,
20 Fälle von Ulcus luolle. Diese und die früheren Untersachuugen
von Eich hoff, Nolda, Löweng lein zeigen zwar, das s Europhen
ein brauchbares Mittel ist, daßs es aber besondere Vorzüge nicht be-
sitzt. Wegen seines geringen Jodgehaltes ist es minder giftig.
Ttiioptiendijodid
wurde bIs ein weiteres Ersatzmittel des Jodoforms in Ao-
Wendung gezogen, Thiophen ist ein scbwefelhaitiger Kohlenwasser-
stoff der aromatischen Reihe. Im Thiophenjodid sind 2 Atome
Wasserstoff durch 2 Atome Jod vertreten: C4H.^J2S. Es krystalli-
sirt in schönen Tafeln, ist in Wasser unlöslich, schmilzt bei 40,5*' C,
an der Luft ist es flüchtig. Es hat einen charakteristischen, nicht
anangenehmen, in Form der verwendeten 10ö|^^igen Gaze einen schwa-
chen, angenehm aromatischen Geruch. In Chloroform, Aether, heissem
Alkohol ist es leicht löslich, es enthält 75,5 % Jod, 9,5 o/,^ Schwefel,
beide an Kohlenstoff gebunden. Bas Präparat stellt in tadelloser
Weise Schuihardt in Görlitz her. AiUibacterielle Unter-
suchungen wurden von Spiegier angestellt; Hock verwandte bei
verschiedenen chirurgischen Leiden theils Pulver, theils Gaze mit
gutem Erfolge. Weitere Versuche sind jedoch abzuwarten, (Therap,
Monatsh. Nr, 2,)
^^ Als weiteres Thiophenpräparat wurde ferner das
^H Thioptien8ii[f(»»4aurc Natron
F von i
Pru.
von Spiegier in der dermatologlscben Klinik von Kaposi bei
Prurigo gebraucht. Es ist ein weisses, aus Lösungen in ßlättchen
d
(>2H
Buchwald,
krystallisirendes Präparat. Es enthält 33 *' ^j Schwefel; für sich allein
hat 68 einen schwachen, unangenebmefi Geruch^ der jedoch bei
5^100 j,igen SalbbD, weiche empfohlen werden, slcli nicht bemerk-
bar macht Diese Salbeo aus Lanolio und Vaseline mit 5 — 10**(o
thiophensnlfo saurem Natron hergestellt, wurden in 30 Fällen ver-
wendet Schon nach Ablauf einer Woche trat der gewünschte Er-
folg ein, die Haut wtirde glatt, die Verdickung ging zurück, dag
Jucken verschwand. Da das Präparat nii giftig ist, so hat es gegenüber
der gebräuchlichen Naphtholaalbe gewisse Vorzüge, (Therapeut.
Monatsh, Nr. 2.) Vielleicht ist dieses Präparat dazu berufen^ das
Toinenol, über welches wir im vorigen Jahrbtiche ausführlich be-
ricliteten, zu ersetzen. (Gf* daselbst und Therap, Monatsh. Nr. 5,)
In der Dermatotherapie sind ferner mit einem von Sei bei her
gestellten neuen Schwefelpräparate Versuche angestellt worden. Er
nennt dasselbe
Thilaniri (braanes gesthwi^felteiä Lanolin).
4
Es ist ein con staute b Präparat, welches etwa ^^^^ Schwefel
enthält^ eine salbenartige Masse darstellt, von derselben Oonsistens
wie gewöhnliches Lanolin; es hat gelbbrännliche Farbe, den charakte-
ristischen Geruch solcher Schwefelverbindungen. Saalfeld empfiehlt
es bei oberflächlichen leichteren Dermatosen, es soll gewissermassen das
Ungüentum Hebrae, Borvaseline oder Borlanolin ersetzen. Besonders
angewendet wurde es bei verschiedenen Formen des subacaten,
trockenen und schuppenden Ekzems, bei Herpes zoster etc. Auf der
behaarten Kopfhaut soll unverdünntes Thilanin nicht verwendet
werden. (Allgem. med* Centralztg. Nr, 5*) Als Vorzug wird von
Saalfeld die Reizlosigkeit des Mittels hervorgehoben, was von
Werman {Schmidt's Jahrb. Nr. 6) bestritten wird. Ausgedehntere
Versuche in dermatologischeii Kliniken sind abzuwarten. Leider
werden die meisten neuen Mittel auf Grund kurzdauernder Be-
obachtungsreihen empfohlen.
An Stelle des Ichthyols {e. d.) wurde seinerzeit das schwefel-
haltige
Tbiol
empfohlen. Die Firma Riedel bringt Thiol in drei Formen in den
Handel, von denen das Trocken präparat mit 12% Schwefel und das
Thiolum liquidum die bevorzugteren Marken Bind, Bidder will es
ArÄTjeimittel lehre und ToxikoJogie,
tiL^i)
bei VerbrermuDgen angewendet wissen. Tiiiol wirkt reducirend, aus-
trocknend, gefösö verengernd, verlornen d, schmerKstillend, reizt nickt,
hemmt aber das WachBthum gewisser inficirender Mikroorganismen,
Er läast die Brandstellen und deren Umgebung bei Verbrennungen
ersten und zweiten Grades mit Tliiolum liquidum und Wasser ana be-
pinseln und mit einer dicken Schicht sterilisirter und nicht ent-
fetteter Watte bedecken. Der Inhalt der Brandblase wird hierbei
resorbirt, tbeils trocknet er ein, und man bebt sie nach ca» 8 Tagen
mit dem Verbände ab. Sind schon unzweckmässige Heil versuche^
namentlich mit dem zu verwerfenden Leinöl und Kalkwasser gemacht,
so muss man erst die Wund fläche desinficiren. Bei älteren ver-
nachiässigten Fällen sollte zuvor die Brfindblasenmembran entfernt
werden. Man pulvert dann zunächst Borsäure auf und dann Thiolum
siccnm. Wir sind mit der Anwendung von Dermato! und Borsäure-
präparaten bei Behandlung von Brandwunden ho zufrieden gewesen,
dass wir keinen Grund hatten, Thiol zu verwenden. Gegen die An-
wendung von Leinöl und Kalkwasser möchten wir die Practiker
aber auch auffordern zu Felde zu ziehen, (GeEitrnlbL f. Chirurgie
Nr. 42.)
In der Frauenheilkunde hat Kurtz das Thiol angewendet.
Es handelt sich um 19 genau beobachtete Fälle von Endometritis
ttnd Parametritis. Es wirkte gut hei Exulcerationen der Portio und
bei entztindlicheii Processen der Uterussohleimhaut. Er verordnete
Bepinselungen mit 10— 20ö,(jigen Thiol lösnngen oder Tampons von
derselben ConcentrtitioD, Besonders bewährte es sich auch bei
cbroniacben exsudativen Parametritiden. Er gibt dem Thiol den
Vorzug vor dem Ichthyol, weil Thiol ohne Geruch sei, kein
Brennen verursache und schmerzstillend wirke, was beim Ichthyol
nicht der Fall sei. Auch lassen Kich Thiolflecke leicht aus der
Wftsche mittels Seife entfernen. ( Allgem. med, Centralztg. Nr. 82.)
IciitliyoL
Für kein Mittel ist wohl in der letzfen Zeit so viel Propaganda
gemacht worden, wie für das Ichthyol, zu viel Anpreisungen schaden
&ber meiner Ansicht nach eher als sie nützen^ denn dass im Ichthyol
ein üniveraaiheil mittel gefunden sei ^ wird NieiBand dauernd
behaupten wollen. Dass es seinen Werth hat, haben wir stets her*
vorgehoben, aber nicht für alle Krankheiten. Einen guten Erfolg
haben wir nur beim Erysipel gesehen^ dies wurde dnrch verschiedene
Arbeiten festgestellt und wird auch neuerdings wieder bestätigt» Für
tiSO
Buchwald.
den iDnereii Gebrauch ist es ganz eutbehrlicb, Zwar hat Reale es
bei LuDgeDtaberculosef Typhus^ Gastrektaaie und Qastro-
xynsis verwendet, doch köiiDen wir es bei diesen Krankheiten
durch Beflsereö erset2en. (Gazetta delt© Cliniche Nr. 24.) Daes es
in der Frauenheilkunde gute, wenn auch nicht sichere Dienste leistet,
ist durch die zahlreichen Arbeiten früherer Jahre, jetzt durch Ar-
beiten von Herr man (Lnauguraldisaertation aus Strassburg), Ket-
sch au etc. festgestellt. Der enthusiastischen Anpreisung können
jedoch verschiedene Gynäkologen, so auch Pee (Therap. Mouatsb.
Nr, 5) u. A. nicht beiatimmen. Uns hat es atrch wiederholt im Stich
gelassen.
Niemirowsky sah nach der Anwendung von lO'^.^igen Ichthyol -
glycerin- Tampons bei chronischer Para- und Perimetritis glänzende
Resultate, während sich bei Oophoritis der Zustand nur erheblich
besserte, und bei Endometritis, öalpingitis, Erosionen der Erfolg aus-
blieb. Die schmerzstillende Wirkung wird hervorgehoben, doch
aollen Pruritus und Hautausschläge an den Genitalien entstanden
sein. (CeutralbL f, Gynäkologie Nr. 23,}
Phil Ups behandelt die Rhinitis atrophicans mit Bepinse-
lungen einer "iO^^igen Ichthyollösung» {Med. Record»)
O ehren wendet es bei wunden Brustwarzen an nach
folgender Vorscbri ft :
Ichthyol. 4,
Lanolin.,
Glyceriü. ana 5,0,
OL Olivar. 1,0.
Schon nach einmaliger Application lassen die Schmerzen nach, die
Schrunden heilen rasch , auch kann Ichthyol laicht abgewaschen
werden, schadet übrigens dem Kinde nicht. (Therap. Monatshefte
Nr. 2.)
4
Schwimmer verwandte es bei Eryibemformen verschiedener
Art, eine wirklich gpecifische Einwirkung auf die Erysipel-
kokken und somit auf das Erysipel selbst erkennt er an; ein dank-
bares Object für die Ichthyolbehandlung bildet ferner die Acne
Simplex und rosacea. Bei Erysipel verwandte er Lösungen von
10 Ichthyol auf 30 Wasser, bei Acne wurde erst 1—2 Wochen lang
Abends 1 — 2 Stunden eine Paste aus Lac. sulfun, Naphthol. ana 6,0,
SapoD, virid. 10,0, Axang. porci 20 — 30 aufgelegt, diese dann mit
d
ArzneiiDittellehre and Tüxikolog:ie.
warmem Wasser abgöwascheu, und später Icbthyollöauög aufgepinselt.
(Wiener meil. Wochenschr. Nr. 29 a. 30.)
Neu ist die Anwendung des Iclithyols bei der Gonorrhoe,
wie sie Manganoki (Journ. de Media Nr. 41) und Jadassohn
(Deutsche med, Wochenschr. Nr, 38 n, 39) vorschlagen. Ersterer
empfiehlt 1 — 30|Qige Lösungen sowohl im acuten als im stjbacuten
Stadium 3 — 5mal tägliub, Jadassohn gibt an, dass 1 — o^'ö^ge
Lösungen von der Urethra anterior des Mannes, 1 — 10%^ige Lösungen
von der Urethra posterior des Mannes und dem Cervicalkanal des
Weibes gut vertragen werden. Selbst stärkere Lösungen kann man
verwenden: 7^^i%^^^ rmp^ 2ü\ige. l^^'o^S^ Lösungen des Ichthyols
haben eine zweifellose, sehr beträchtliche antigonorrhoische Wirkung.
Die Gonokokken verschwanden schneller als nach Anwendung von
fc^ablimat, Kalium hjpermanganicum, Resorcin, und blieb der früh
eintretende Effect ein dauernden Di© eiterige Secretion wird relativ
schnell in eine mehr dünnäiis&ige seröse verwandelt. Ichthyol ist
»war weit entfernt davon .^ ein Idealmittel der Gonorrhoe bebandlung
zu sein, seine Wirkung ist aber der des Argentum uitricum zu ver-
gleichen. Dabei ist die An wendungs weise eine einfache und billige.
Er kommt zu dem Schlüsse, da^^s Ichthyol einen hervorragenden
Platz in der Behandlung der Gonorrhoe in allen ihren Localisationen
verdient,
Glnther (Correspondenzbh für Schweizer Aerzte Nr. 8) rühmt
die schmerzlindernde und trocknende Wirkung bei Erythemen, Inter-
trigo^ Rhagaden, Perityphlitis etc.
Natrium l»iboracieimi.
Huchard und Mairet wollen den Borax bei der Epilepsie
in denjenigen Fällen angewendet wissen, wo Bromsalze nicht ver-
tragen werden. Der Borax muss chemisch rein sein. Manchmal
ruft er Verdauungsstörungen und Hautausschläge, Abmagerung und
Conjunctivitis hervor. Man muss daher für reichliche Nahrungszufuhr
sorgen und gegen Diarrhoen Bismuthum äalicylicum geben. Nach
Mairet ist Borax wirksamer bei den symptomatischen Epilepsien.
Man beginnt die Behandlung mit 0,5--l,0 pro die und steigt succes-
sive auf 4, 5, 8, ja 10 g. Sind Dosen von 8—10 g unwirksam, so muss
man das Mittel aussetzen. Sind die Anfälle geschwunden, p^
man die Dosis herab auf 4 g, steigt event. wieder auf8—
Borax soll in grösseren Zeiträumen vor der Mahlzeit gegel
Nach den Erfahrungen anderer Autoren , Eulenburg
63^
Buchwald.
Borax nichts bei der Epilepsie. (Revae g^n^r, de chir. et de
tberapeut Nr, 0, CeDtraibl. f. d. ges. Therapie Nr. 4.)
Daes Natrium tetraboracicum bei leichten Ohreneite-
rungen gute Dienste leii^tet, bei schwereren wenig nützt ^ lehren
die Unters tichungen von Max aus der Klinik von Urbantschitsch.
Die Cibertriebenen Anpreisungen von Kafeman weist er mit Recht
zurück. (Intern, klin. Rundschau Nr. 2 u, 3.)
Natrinm chlorft-borosum.
Als neues giftfreies Antisepticum hatte die Firma Wass-
muth & Comp, obiges Praparal in den Handel gebracht. Ausgedehnte
Versuche sind mit dem Mittel nicht angestellt worden. Das sog.
Antimyceton bat jedenfallB nicht die hervorrageodeii Eigenschaften^
welche ihm beigelegt wurden. Bull er hat bacteriologische und
klinieche Beobachttingeo über Natrium cMoro-borostim angestellt und
veröffentlicht. Der Liqaor Natrii chloro-borosi 3— 5ü(^ig ist nach
seinen ünterauchangen ein mildes^ wirksames Antisepticum. Er ist
inditferent, klar löslich, wasserhell, relativ ungiftig, verliert aber bei
längerem Stehen an antiaeptischer Kraft. Das Pulver, sowie dessen
Lösung hat keine anttseptischen Eigenschaften, es ist ein harmloses
Streupulver. In der Ohren- und Nasen heil künde ist es nicht an-
wendbar, weil es su festen Klumpen verbaUt und durch Eetention
von Eiter gefahrlich werden kann. Eine dtrect specifiache Wirkung
konnte nicht nachgewiesen werden. Hände und Instrumente werden
vom Liquor nicht angegriffen. Die bacterientödtende resp, wachs-
thumhemmende Eigenschaft wurde am Bacillus pyocyaneua erprobt.
Nach Büller's Untersuchungen kann das Mittel als entbehrlich
bezeichnet werden. Wir haben ja am Liquor Aluminii acetici ein
besseres und sichereres, dabei ebenfalls uugiftiges Antisepticum,
CliloräÜiyl (ÄPthykhlDridj.
Seit dem vorigen Jahre wurde dieses neue iocaleAnästhett-
cum in den Handel gebracht und namentlich in Frankreich in An-
wendung gezogen. ChloräthyJ, welches eine vollkommen farblose
Flüssigkeit von stark ätherischem, aber nicht unangenehmem Ge-
rüche darstelltn, hat eine sehr wichtige physikalische Eigenschaft,
durch welche es sich von anderen localen Anästheticis unterscheidet
und die ihm auch ein bleibendes üebergewicht sichern dürfte, näm-
lich einen ungemein niedrigen Siedepunkt. Es verdampft schon bei
einer Temperatur von 10— ll^C, man kann die damit behandelte
AmneimiUellehre und Toxikologie.
cisa
Körperstelle bis auf —3b^ C. abkühleü. Die Flüssigkeit kommt in
zugeschmolzenaii Pbiolen von der Gestalt eines Keagenzglases mit
schnabelförmigem Ende in den Handel, Durch die Wärme der Hand
wird nach Abbrechen des zugespitzten Endes der Aetbylcbloridspra}^
ia einer Entfernung von 30—50 cm von der zu a näst b es ir enden Stelle
gegen dieselbe zerstäubt, Licht ^ brennende Kerzen sind fern zu
lialten wegen eventueller Explosionsgefahr, An der zu anästhesiren*
den Stelle wird erst Prickeln, bei wunden Stellen Brennen empfunden.
6s stellt sich Hyperämie ein, dann wird die Stelle weiss, bei voU-
flt&ndiger Anästhesie kreideweiss; dies ist der geeignete Moment für
den operativen Eingriff Umgebende Schleimhäute schützt man durch
Oompressen, wunde Flächen werden am besten vorher cocainisirt^
dk Mundböhienschleimbaut abgetrocknet. E h rm a n n hat unter Aethjl-
ohloridspray Excochleationen von Lupusknötchen vorgenommen,
Farunkelabscedöe gespalten, Baudouin kleine G-eschwülste entfernt,
Nagy Zähne extrahirt. Bei den Zahnertractionen wurde zuvor
^i^i—'^l'i Spritze 20,oige Cocainlösung submucös injicirt, dann das
Zahnfleisch mit Aetbylchlorid berieselt, bis eine dicke weisse Krystall-
schiebt sich gebildet bat. (Pester med»-chir. Presse Nr, lö. Wiener
med. Wochenschr. Nr. 26, Progree medic. Nr. 10. Centralbl. t d,
ges. Tberap. Nr. 4.)
CMorufürm*
Durch G-efrier enlassen bat Pictet ein verhältnissraässig reines
Chloroform aus dem bisher gebrluchlichen Chloroform hergestellt.
Die Untersuchung über dieses Chloroformium medicinale Pictet
ist von verschiedenen namhaften Chemikern, so Valpius, Schatz,
Blitz, Heibing, Passmore etc, in AngriflT genommen worden.
Sie äussern sich darüber: Das CMoroformium abaolutum Pictet ist ein
sehr reines Präparat und hinsicbtHch seiner Beschaffenheit constant.
Bas specifische Gewicht beträgt 1,5<')02 bei 15 o, der Siedepunkt liegt
bei 61 ^'^ Es hinterlässt beim Verdampfen keinen nennenswerthen
Rückstand. Die Gegenwart eines kleinen Prooantsatzes Alkohol
druckt den Siedepunkt herab. Früher oder später wird wohl dieses
Präparat die anderen verdrängen^ da aus den Versuchen du Bois-
Rejmond's hervorgeht, dass in den Beimengungen des Handels-
cbloroformes Stoffe enthalten sind^ welche die Athmung bedeutend
heftiger und ungünstiger beeinflussen, als das krystalJreine Chloro-
formium medicinale Pictet. (Pharmac. Centralhalle,) Jedes Chloro-
form zersetzt sich übrigens nach Biltz am Tageslicht^;
dies liegt in der Eigenschaft des Chloroforms, mag e» rein oder ttii*
()34
BuchwAld.
rein seio, im Sommer achnelier als im Winter. Nur Aufbe Währung
im Duökeln und ein genügender Älkoholzusatz verhindern die Zer-
setzung oder machen sie unschädlich. (Pharmac. Centralhalle Nr. 19.)
Die vielfachen Erörterungen über die Ohloroformnarkose in
den letzten Jahren, uher welche wir auch im vorigen Jahrbnche
berichtet hahen^ beweisen^ daas die bisherige Methode, grosse Gaben
in Zwiächenräumeii zu geben, unzureichend und gefährlich ist. Man
ist jetzt allgemein der Ansicht, dass es zweckmässiger sei, stetig
tropfenweise auf eine gute (S c h i m m e 1 b u sc hasche) Maske
aufzuträufeln , am besten aus dunklen Tropfgläsern , absolnte
Ruhe während der Narkose bewahren und die Patien-
ten vor dem Erlöschen der Eeäexe unberührt zu lassen. Nach
Gisevius (Deutsche med, Wocbeüschrift) ist das Erlöschen des
Cornealreflexes oft nicht zu verwerthen. Bei dieser Methode (Labb6j
gibt es kaum ein eigentliches Exaitationsstadiumf die Synkope ist
so gut wie ausgeschlossen^ auch das Stadium der tiefen Narkose
kann mit geringen Mengen Chloroform weiter erhalten werden. Die
Morphium- Ob loroformnark ose ist von Gisevius aufgegeben worden«
Ob diese jetzt wohl allgemein zur Geltung kommende Methode auch
Gefahren mit sich bringt, müssen weitere Erfahrungen lehren, der
Practiker thut jedenfalls gnt, sich streng an dieselben zu halten,
Ourlt gibt an, dasa auf 94123 Cbloroformnarkosen 36 Todesfälle
kommen oder 1:2614, auf 8431 Aethernarkosen nur l Todesfall,
auf 2891 Mischnarkosen (Aether- Chloroform) 1 Todesfall, auf 1221
Bromäthylnarkosen kein Todesfall, auf 219 Pentalnarkosen 1 Todes-
fall. (Sammelforschung zur Narkotisirungsstatistik. Centralbl. ftr
Chirurgie Nr. 32.)
Auf eine ausführliche ejcperimentelle Arbeit über C h 1 o r o-
form- und Aethernarkose von Arthur Cushnj (Zeitschr, f.
Biologie Bd. 28) wollen wir besonders aufmerksam machen. Nach
seinen Untersuchungen sind Aether- und Chloroform Wirkung keines-
wegs qualitativ, sondern nur quantitativ verschieden. Maas
(Berl. klin. Wochenschr. Nr, 12) beschreibt eine eigene Methode der
Wiederbalehung bei Herztod nach Ohlorofarmeinathmung^ die nach
Kraske modificirte Sil ve8ter*sche Methode, Ob sie etwas Wesent-
liches nutzt, muss dahingestellt bleiben. Kouig lässt zweckmässig
einfache Compressionen der Herzgegend vornehmen. Bei wirk-
licher Synkope nutzen nach den Erfahrungen fast aller Autoren
keine Manipulationen. Immerhin kann man nach den Empfehlungen
eines so hervorragenden Chirurgen die Methode anwenden. Man
*
»
Arznei mUteUehre und Toxikologie.
6S&
tritt auf die linke Seite des Kranken, das Geeicht dem Kopf des-
selben zugewandt und dr&ckt mit raseben^ kräftigen Bewegungen
die Kerzgegend tief eiti, indem der Daumenballen der geÖfPoeten
rdcbten Hand zwiscbeo die Stelle des Spitz enstosses und linken
IStemalrand gesetzt wird. Die HäuEgkeit der Oompressioneo beträgt
120 and mehr in der Minute. Man kann sich die Arbeit erleichtern,
indem man gleichzeitig mit der linken Hand die rechte Tboraxseite
des Kranken umgreift und den Körper fixirt Künstüch erzeugter
Carotidenpuls und Myosis la&sen die Wirkung erkenneD. (Med. Nenig-
keiten, Pract. Arzt Nr. 7.)
üeber die Einwirkung des Chloroforms auf den nor-
malen Gebur tsverlauf nach Untersuchungen mit dem Toko-
dynamometer bat Dönhoff Untersuchungen angestellt Aas den
interessanten Scblussfolgerungen wollen wir nur hervorbeben , dass
Chloroform auch in der leichten Narkose einen lähmenden Einfluss
auf die Uterincontractionen ausübt Die Summe des Wehendruckes in
einer gleichen Zeit sinkt in der Narkose bis fast auf die Hälfte von
dem Drucke vor der Narkose. (Crede*s Arcbiv Bd. 42, H. 2.)
Hör ran d (1867) und Du ff empfehlen Chloroform bei Eclam-
psia gravidarum innerlich. Die schweren Symptome und die
Älbaminurie sollen schwinden, (Wiener med. Presse.)
ferner glaubt im Chloroform oin ausgezeichnetes Mittel
bei der Typhusbehandlung zu geben, namentlich in den ersten
beiden Wochen. Nach den Erfahrungen B e h r i n g's und S a 1 k o w s k i* s
gehen Typhusbacillen und Ciiolera Vibrionen nach 1 Stunde durch
^'^ — ' 4**i'ö^S® OhloroformloBungeo zu Grunde, Werner gab von einer
lo^igen Lösung 1— Sstündllch 1 — 2 Esslöffel voll, und zwar im
Hdhestadium Tag und Nacht, beim Nöcblassen der Eracbeinungen
wird weniger und seltener Cbloroformwasser verabreicht. Nur wegen
auftretenden Icterus wurde Chloroform ausgesetzt, sonst waren keine
Nebenwirkungen au beobachten. An l!26 Patienten wurde die gün-
stige Wirkung erprobt [St. Petersb. med. Wocbenscbr. Allg, med.
ralztg. Nr. 59.)
Von Desprez u. A. ist auch Chloroform bei Cholera
^asiatica angewendet worden. Er gibt von folgender Lösung halb-
adlich 1 Esslöffel: Chloroform 1,0, Alkohol 8, Ammon. acet 10,0,
"Aq. destill 110,0, Sirup, morph, hTdrochl. 40,0,
t»3G
Biiclm^ild.
Pental ( Tntnetliyliitljer),
Pental iat em© überaus flüchtige ^ nacla Benzio, Senföl schar
riechende, wasserhellej ätherähniiche Flüssigkeit von kühlend eöss-
lichem, zum Schluss etwas zaaammenKiehendeni Geschmacke, Die
Haut wird vom Pental, ähnlich dem Chloroform, schwach weisslich
geätzt Es ist leicht entzündlich und brennt mit gelber, sehr stark
mssender Flamme. In Wasser ist Penlal unlöslich, dafür mischbar
mit Cbloroform, Äether^ ÄlkohoL Dem Lichte ausgesetzt verändert
es sich nicht; specifisches Gewicht = li, 6383— 0,6783 bei 36,8 0 C,
Siedepunkt zwischen 36 «nd 38^ C. Holländer hatte Pental als
ß e tau bungs mittel in der Zahnheilkunde empfohlen , seitdem
sind mehrfach Versuche mit diesem neuen Anästheticum angestellt
worden. Holländer selbst äussert sich in einem neuen Aufsatz e
folgend ermassen: Bei ruhigen Personen, die vertrauensvoll und ruhig
einathmen, denen das Mundstück des Junker'schen Apparates —
diesen hält er für den besten für die Pentalnarkose — Nase und
Mund so bedeckt, dass keine Pentaldämpfe zum Auge gelangen,
tritt die Narkose in 1 — ^3 Minuten ein. Der Zustand der Narkose
kennzeichnet steh zuweilen durch Hinten üb er neigen des Kopfes oder
durch Weitauf^itehen der Atigenlider mit gleichzeitiger MydriEtsis,
seltener Myofcsis, oder durch leichte Zuckungen in den Fingern, oder
dadurch, dass die aufgehobene Hand des Patienten von selbst herabfällt.
Niemals sah er ein Aussetzen der Herzthätigkeit oder der Athmung.
Das Erwachen aus der Narkose findet nur allmählich statt; einige
Patienten klagen über leichtes Kribbeln otler Schwäche in den Händen
und Füssen; schwerere Zustände: Aphasie, Seh windele heftigen Kopf-
schmerz, Zittern am ganzen Körper, Trismus etc., wie sie Soheff
beschreibt, hat Holländer nie beobachtet, ersterer will unter
72 Narkosen 12mal Opisthotonus beobachtet haben, Holländer
sah diesen bei 800— !XK) Narkosen einmal, ferner fand er Larynx-
stenose, doch schwanden die Symptome nach Einathmung von 5 — 6
Tropfen Amyluitrit, Kopfschmerzen sah er nie nach Pentalnarkosen,
jedoch häufig Heisshunger, was auf eine durch Pental angeregte
Salzsäureausscheidung im Magen zurückgeführt wird. Wie Pental
wirkt, müssen erst ausgedehnte experimentelle Untersuchungen lehren.
Für absolut gefahrlos hält Holländer übrigens das Mittel auch
nicht, es gibt ja auch kein absolut gefahrloses Anästheticum. Es
ist aber nach seinen Angaben für kurz dauernde Operationen in allen
Fällen wirksam^ während Bromäther in einzelnen Fällen unwirksam
bleibt Die Anästhesie tritt langsamer ein, dauert aber dafür länger,
I
I
I
Arzneimittellehre und Toxikologie»
mi
Herzthätigkeit und AtlimiiDg sind nicbt beschleunigt, doch kann der
Pttls bei Anämiöolien etwas achwächer, bei sehr Aafgerögten etwas
lebhafter werden. Bei ruhigee Personen genügen schon 2— B com
zur BetäubuDg, 10 ccm reichßn in fast allen Fällen zu einer Extrac-
tioü von 5^10 Zähneo aua, die Narkose, mit dem Junker^Hoben
Apparat eingeleitet, tritt in 1—3 Minuten ein. Er bält Pental
wegen seiner öicheren Wirkung und wegen des Wohlbefindens nach
der Narkose für das beste Mittel für alle nur kurz dauernden Nar-
kosen* (Deutsche med, Wochenschr, Nn 33.)
Nacli V. Rogner, der 15 g auf einmal aufgieöst, trat dip
Narkose nach Ablauf von 60 — 70 Secunden ohne jedwedes Excitationa-
Stadium ruhig und allmählich ein* Er hält es fär ein sehr brauch-
bares Betäubungsmittel für kleinere chirurgische Ope-
rationen. (AUgem, med* Gentralztg* Nr, 10,)
Weber verwandte Pental ebenfalls bei kleinen chirurgischen
'iügriffen in etwa 200 Fällen; er beobachtete manchmal ein Exci-
ätadium und daran sich anschliessend bald verübergehende
ige tetaniscbe Krämpfe in Armen und Beinen. (Münchener med.
ocbeoschr. Nr. 7.)
Nach Hägler ist das Bild eines gut Narkotisirteu folgen dee:
Ke Arme hängen schlaflF herunter, die Augen sind weit und Btarr
^ffnet, die Pupillen erweitert, der Gomealreflex zumeist vorhanden^
<3a8 Sensorium scheint gewöhnlich nicht ganz erloschen zu sein,
t^nangenebme Nebenwirkungen, in einem Falle CyanoBe, Dyspnoe,
^«81*. inspiratorische Apnoe, sind seltea. (Correspondenzblatt f&r
Schweizer Aerzte.)
Nach Calalb ist die Pentalanäathesie eine oberflichliche^ die
^^it bis znm Eintritt ist eine grössere, als nach Anwendung von
Chloroform. Pental setzt den Kreitflaof herab, in groiisen Dosan
kann es gefährlich werden, als locales Anästheticum steht es weit
ii&ter dem Aeiber. Während Philipp ebenfalla Pental empfiehlt,
warnt Schede davor « im Pental ein gaos anachuldigea llittal ani
erblicken, Gurlt berichtet ja tber einea Todesfall, er aelbei «ah
schwere Sjnkope und A^yicie. Die Pentaloarkose bal maocbe
Kigenthümliehkeit, will eben auch betfondera gelernt aesn, der pradi-
«che Arst wli^i^r gat tban, falle er nicht Gelegenbait hat, me
ungeo abntwairten. Ret der waaamkr mM-
düifUi die Oe£a^ ^ftcMr aebi, ab
'^e sieh übrig» tar knrs
638
Buchwald,
Snlfoiäl.
Dass ctacL dem von Käst eingefahrteu , vortreif liehen
vorsichtig angewandt^ unschuldigeQ Hjpnoticam geringere oder
schwerere IntoxtcationseräobeinangeQ vorkommen können , ist durch
Fälle aus der Litteratur bekannt^ obglemli es sich auch hierbei em-
pfehlen würde, eicht alle Erscheinuiigen dem Snlfonal zur Last zu
lögen. (Cfr. Kobert, Centralbl f, klin. Med. Nr. 10.) Neuerdings
iflt von J olles, Quincke u. A, auf das Auftreten von Hämata-
porphyrin im Urin nach Suironalt^ebrauch aufmerksam ge-
macht worden. Das Auftreten einer kirschsaftähnliohen Färbung im
Urin nach Sulfonalgebrauch soll zur Vorsicht mahnen. Der Nach-
weis des Hämatoporphyrins geschieht meist nach der Salkowski-
sehen Methode (s, Pharmac. Centralhalle Nr. 4). Gold stein hebt
nun hervor, dass das Hamatoporphyrin, das Spaltnngaprodnct des
HämatinSf auch vorkommt^ ohne daj^s je Sulfonal gebraucht worden
ist, So beobachtete Sobernheim (Deutsche med, Wochenschrift
Nr. 24) eine chronische Hämatoporphyrinurie bei eintm Manne, der
nie Sulfonal erhalten hatte. Garrot (The Lancet) zeigte, dass diefle
Urin Veränderung eine nicht seltene Erscheinung bei Arthritis und
Chorea ist. Er beschreibt 14 Fällen wo kein Sulfonal gegeben
wurde. Es ist daher nicht erlaubt, Hämatoporphyrinurie als spect-
fisches Symptom der Sulfonalintoxication ansusehen, wenn sie auch
dabei vorkommt, wie obige Autoren und auch Hammarsten zeigten.
Sulfonal begünstigt das Auftreten bei dazu Disponirten. 1— 2 g Sul-
fonal werden nie toxisch wirken, grössere und längere tortgesetsste
Dosen können wegen ihrer cumulativen Wirkung Gefahren mit sich
bringen. Sulfonal häuft sich nach längerem Gebrauch im Körper
an und wird immer reichlicher durch den IVin ausgeschieden,
doch genügt eine 2 — 3tägige Pause in der Darreichung, um den
Körper vollständig von Sulfonal zu befreien. (Gold stein, Zur
Kenntnias der Sulfonalwirkung, Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 2 u. 30
Trioual tmd Tetronul.
welche ala Ersatzmittel des Sulfonals empfohlen und von
Schnitze geprüft wurden, sind auch in diesem Jahre Verhältnisse
massig wenig gebraucht worden. Eine ausführlichere Arbeit hat
Schäfer veröffentlicht. (Berl. klin. Wochenschr, Nr. 2^.) Verab-
reicht wurden gegen 630 Einzeldosen. Die Zahl der behandelten
Kranken } Geisteskranke und Nervenkranke, betrug für Trionai 77.
4
I
Arzneimittellehre und Toxikologie.
6S»
för Tetronal 49, bei 42 Kraokee kam Trional und Tetronal neben
einander zur Verwendung. Die Einzel dosia schwankte zwischen 0,5
imd 4 g. Die grössten Dosen betrugen B— 8 g. Die meisten Kranken^
welche an Schlaflosigkeit litten, erhielten eine einmalige Abenddosia
von 1 — 2 g in heisser Milch. Bei psychischer Erregung und moto-
rischer Agitation erfolgte die Darreichung von 1 — 3 g in 4 — Sstündigen
Zwischenräumen» Trional und Tetronal sind Mittel mit ausgezeich-
neter hypnotischer Wirkung. Tetronal ist beruhigender. Der Eintritt
der Wirkung erfolgt schon nach 10 — 20 Minuten» Die wirksame Gabe
iät 1 — 2 g, aber auch einmalige Dosis von 3— 4 g, 6— 8 g pro die
kann ohne Bedenken gegeben werden. Die Darreichung erfolgt
am besten direct vor dem Schlafengehen» Erhebliche schädliche
Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Der Practiker wird gut
thno, weitere Erfahrungen abzuwarten,
Böttiger hält Trional ebenfalls für ein gutes Hypnoticum,
2 g Trional entsprechen nach seinen Angaben 3—4 g Chloralamid
and 3 g Amylenhydrat, (Berl. klin. Wochenschn Nr, 43.)
Creolii.
Jacob Munk u» A» befürworten neuerdings die Behandlung der
Diphtheritis mit Oreolin« Ersterer wählt eine Lösung von
Creolin 1^2: 100 Wasser, befestigt Wattetampons an einem Stäb-
chen, lässt diese mit der Creoltnlösoiig vollsaugen und wischt mit
diesen Tampoos dreimal täglich die afhcirten Rachengebilde aus, bei
Kindern unter einem Jahre wird eine schwächere Lösung gewählt.
Die Behandlung soll gleich im Beginne der Erkrankung eingeleitet
werden» Verf. hebt hervor, dass er bei dieser Behandlung seit
3 Jahren keinen Kranken verloren, auch bei Scharlachdiphtherie das-
selbe günstige Resultat erzielt habe, Dass hei leichteren Formen
diese von vielen Collegen angewandte Methode nützen kann, wollen
wir nicht bestreiten, bei den schwereren Formeti nützt keine Be-
handlungsmethode , auch die methodische Creolinbehandlung nicht,
wie wir aus eigener Erfahning hervorheben können. Vor stärkerem
Auswischen möchten wir überhaupt warnen. (Allg. med, Central-
ZeituDg Nr. 9.)
LysoL
(raun, Director der Hebammenschule in Metz, befürwortet die
Einführung des Lysols an Stelle des Creolins als obliga-
lorischea Desinfectionsmittel in der Hebammenpraxis,
^eolin wird neeh seinen Angaben bei längerer Aufbewahrung dick*
4H0
Blichwald.
tlü8sig^ har^äbuiicb und Biesat dann ich war atis der Flasche^ es bilder
terner mit Wasser vermischt eine milchige Emulaion^ läast sieb auch
schwer vertheüeDj es biuterlässt in den benutzten GefäSBen einen
schmierig-öligen, schwer zu entfernenden Belag und verdirbt nament-
lich die Kants chuköchläuche der Irrigatoren, Er hält die l^^/o^gß Lösung
von Lysol für weit empfehlen s wert h er , es ist nicht nur in Reincufturen,
sondern auch in Bacteriengemischen wirksamer als Carbulsäure und
Creolin* Die Desinfection gelingt bei Anwendung von l"/^iger Lö-
sung ohne Seife. Es ist ungiftiger als die gleichwerthigen Antisep-
lica. Mit destillirtem Wasser mischt es sich klar^ mit kalkhaltigem
Wasser trübt es sich nur wenig. Die Hände werden nach Lysol-
waschungen weich, geschmeidig, völlig schlüpferig, so dass die Heb-
amme auch ohne Anwendung von Bor Vaseline bald untersuchen
kann, es sterilisirt auch die Hände vollkommen. Auch in concen-
trirten Lösungen wirkt Lysol nicht ätzend, verursacht in concen-
trirter Form höchstens das Gefühl von Brennen , welches übrigenö
nicht lange anhält. Auch ist der Preis billiger als der des Creolins
und Phenols. Lysol wird von der Firma Schul ke & Mayer in
Hamburg dargestellt,
Szuman verwendet in der Chirurgie meist O,50|(jige Lösungen
von Lysol, die Lastrumente legt er meist in 2ö|'^,ige GarboUösung,
doch können diese ja ebenso gut vorher sterilisirt werden durch
heiases natronbaltiges Wasser. (Schimmelbuach, Internat, klin.
Rundacbau Nn 19.) Zu Blaaeoausspülungen eignen sieb übrigens
auch 0/t*^n)ige Lösungen nicht. Selbst auf der Vaginalschleimhaut
verursachen solch schwache Lösungen oft genug Brennen,
Die Nacbtheile und Vorfcbeile des Lysols gegenüber dem Creolin
sind aus Vorstehendem ersichtlich j ob Lysol das Desinfectionsmittel
der Zukunft ist^ wie Fee meint, wollen wir d ab ingestellt sein laBsen,
mit destillirtem Wasser verdünnt , ist es jedenfalls ein gutes und
brauchbares Antisepticom. Es wird bald mehr Willkür sein, ob
man diese oder jene Cresol Verbindung wählen will, wir kennen nun
bereits die Sapocarbole, zu denen Pearson's und Artmann's Creolin
gehören, das Sapocarbol OT, das Lysol und neuerdings werden
uns die Solveole, Solu toi und Saprol anempfohlen.
Das s Ly Solu m purum concentratum äuss erheb angewendet Gift-
wirkung entfaket, zeigen die von Anton und Reich bebandelten
resp. erwähnten Fälle. In einem Falle starb das Kind, welches mit con-
centrirtem Lysol behandelt war, in dem anderen Falle wurde Epilepsie
und Albuminurie beobachtet. Für ganz einwandsfrei halten wir die
Falte allerdings nicht, immerhin soll auch das wenig giftige Lysol
ArssneiDaitteUehre und Toxikologie.
G41
Bit Vorsicht gebraucht werden, (Therap» Monatsh. Nr. 12. Pharm,
rZeitODg Nr, 617.) lonerlich genommen hat eine Frau 1 Theelöffel
'Lysol, ohne Intozication zu zeigen, wie Fotjan mittheilt. (Therap*
iKonatah* Nr. 12.)
Solveal
Bt eine neutrale, durch cresotingaures Natron bewirkte
roonoentrirte Creaollößung, midcht sich mit jedem, auch kalk-
Italtigem Wasser zu klaren neutralen Ldsungen, welche der chirur-
gischen CarboUösung gleichen* Hammer schlägt für chirurgische
und medicinische Zwecke eine 0,50(oige Lösung vor, ftir aseptische
Operationen genügen nach Hueppe O^l^j^lge Lösungen. O^ö^ige
Lösung ist gleichwerthig einer 2 — 5%igen CarboUdsung, es entfaltet
auch in eiweisshaltigen Flüssigkeiten seine Wirksamkeit, da es nicht
wie Sublimat die Albuminate fällt, es ist mischbar mit jedem be-
hebigen Wasser, ist in Lösungen nicht schlüpfrig wie Lysol und
relativ un giftig.
SnUi&l
ist durch Cresoinatrium gelöstes Cresol, es enthält in
100 ccm 60,4 g Cresol, davon ein Viertel als freies Cresol, drei Viertel
als Cresoinatrium gebunden. Solütol ist namentlich für die grobe
Desinfection verwendbar, für Sputum, Krankenwäsche, Excremente,
Viehtransport wagen etc. Hammer zeigte, dass Milzbrandsporen
durch 10— 20"j(jige Solutollösungen schon nach 5 Minuten bei 50"' C.
abgetödtet werden. Am besten verwendet man das reine Solutol,
man kann Krankenzimmer damit besprengen, Nachtgeschirre, Aborte
damit desinficiren. (Archiv fßr Hygiene Bd. 12, Pharm. Central-
halle Nr, 2L) Cresolkalk empfiehlt Foder als bilhges, wirk-
sames Desinficiens. (Merck's Jahresbericht/)
Saprol
igt ein weiteres Oresolpräparat,, welches von der Firma Nord linger
in Bockenheim bei Frankfurt a, M. in den Handel gebracht wird»
Es ist ein Gemisch von rohen Cresolen, denen noch grosse Mengen
Pyridinbasen und Kohlenwasserstoffe beigemengt sind ; das Gemisch
wird dadorch leichter und schwimmt auf Wasser. E.s aoU sich be-
sondere zur groben Desinfection eignen: für Aborte, für Äbwasser-
bahlltar, Sammelgruben, Schlammfäuge u. dergl. Man giesst ent-
sprechende Mengen auf, dass eine Saprotschicht oben hchwimmt.
Die Fäcalien sollen ihren vollen Werth für die Landwirtbscbaft be-
ithrbuch d. prscc. Medicin. 1893. 41
<>42
Buchwttld.
halten^ was bei andere» DesinfectionBiuitteln zum Thei) nicht der Fall
iat. Allerdings ist es als ein Nachtbeil zu betrachten, dass Saprol
brennbar ist, Saprol stellt ein dunkelbraunes Oel dar; nach
Laser genügt l%ige Saprollösung^ um Fäces unti Urin zu desin-
ficiren. Saprol ist ein brauchbares Präparat.
Mit dem Namen
ANapt'ol
belegen Starkler nnd Dubiel ein nicht zu der Cresolreihe ge-
höriges Präparat: /^-naphthol «- mono sulfon saures Calcium, welches
bei den verschiedensten KrankheiteD, Gicht, BheumatiBmoa, Gelenk*
rbenroatismue, lofluenza etc, intern gegeben (1— 4 g), wirken soll.
Der Arzt wird wohl vorläufig keinen Gebrauch vom Asaprol machen*
(Bulletin göneral de therapeutique, Nouveaux rem^dea.)
Ebenso wird der Practiker weitere Versuche mit dem Trij öd-
ere so 1 oder Losophaii abwarten müJiBen. Es wurde dies neue
Mittel von Saalfeld bei verschiedenen Dermatomykosen in Anwen-
dung gezogen. Hergestellt wurde es von der Firma Friedr. Bayer
& Comp, (Therap, Monatsh. Nr. 10.)
Ein Gleiches gilt von dem Diaphtherin oder OxjchinaaeptoL
Es bildet bernsteiogelbe , durchsichtige, dem hexagonalen System
angehörige secbsecktge Säulen^ welche gepulvert sich in gleichen
Theilen Wasser lösen. Beim Erhitzen über 2(X)** tritt Abspaltung
von Phenol und Oxychinolin ein. Lembach und Schleicher
stellten es dar, Emmerich und Kronach er (Mönch* med. Wochen-
schrift Nr. 19) verwandten es als Antisepticum. Es wurde in 0,2 bis
0,3 — lo/ßigen Lösungen angewendet und soll an Wirkung dem Lysol^
Cresol, Phenol gleichkommen, sogar diese Stoffe übertreflFen. Be-
sonderes Bedürfniss nach neuen Antisepticis liegt bei der heutiges
chirurgischen Anschauung , wesentlich aseptisch zn verfahren,
nicht vor.
€re«80t
In der Behandlung der Tuberculose mit Creoaot sind
neue Gesichtspunkte nicht gewonnen worden. Semon gibt zu, dsas
die Behandlung eine empfehlenswerthe sei. Von Revillet n. A.
wird die Einverleibung als Clysma empfohlen. Er gibt folgende
Formel an:
Araieirailtelleiire und Toxikologie.
US
Creoeot. 2 — 4,
Ol. Amjgdal. 2ö,0,
Vitell. ovi onius,
Aqu. destill. 200,0.
M. f« emulsio.
^e, welche die inDerliciie DarreicbuDg mcht vertragen, könneti
auf diese Weine geniigende Mengen von CreoBot bekommen. Auch
reaorbirt der Darm sehr gut, (Journal de m^d, de Parie.) Als gut
lösliche und zerreibliche Pillen atellen Jungfer und Upjohn 0,OÖ
and 0,1 Creosot haltige Präparate dar. (Pharm, Centralhalle Nr, 27, j
Sommer bro dt empfiehlt ausser bei Tuberculose auch die Creosot-
behandluüg bei d er Scrophulose. Tages mengen von ^ii—l^g
bei Kindern, ca. 4 g bei Erwachsenen sind nach seinen Anschauungen
imgefährlich und können sogar noch (iberöchritten werden. Der
practische Arzt wird gut thun, mit der Verabreichung von Creosot
langsam und vorsichtig zu Werke zu gehen, Sommerbrodt hat
aar Erfahmngen bei Kindern über 7 Jahren gesammelt. Man be-
ginne mit 3 mal täglich I Tropfen Creosot in Milch oder Wein und
steige allmählich auf 1 g pro die. (BerL klin. Wochen sehr. Nr, 26,
Aufforderung zur Behandlung der Scrophulose mit
Creosot*)
Ferrari hat Versuche Ctber die Resorption des Creosots bei
Tuberculosen angestellt, er kommt zu dem Resultate, dass die heste
Methode die hypodermatische ist; diese ist jedoch in der Privatpraxis
nicht durchzuführen, die zweitbeste iat die Application per rectum.
Statt des Clysmas kann man Suppositorien anwenden, welche 0,5
bis 1,0 Creosot enthalten. Dadurch gelangt man, ohne den Ver-
dauungstract zu belästigeD, zu den wirksamen Dosen von 3—4 g
pro die.
Mit dem Benzosol (benzoesauren Guajacol) als Ersatz*
mittel des Creoeotä sind ausgedehnte Versuche nicht angestellt wor^
den. Hughes läset Trochiscen aus Benzosol darstellen:
^^L Ben zü sei, 5,0^
^^^^ Ol. Menthae pip. 0^1 ^
^^^^P Fiant trochiBci XX,
^^^r tässt davon in der 1. Woche 3mal 1 Stück nehmen, in der
I 2, — 4, Woche 3mal 2 Stack, in der 5, Woche 1 Pastille, ha der
6. Woche wird es ausgesetzt^ und mit der 7, Woche ein neuer
Cyclus begonnen. (Deutsche med. Wochenschr. 1891, Nr. 53. Therap.
Monatflh, Nr, 3.)
644
buchwald.
(inajacol
in Form d es G u a j a c o 1 u m c a r b o n i o u m wurde im vorigen J abre
von Seifert and Hol seil er an Stelle dea Oreosotö empfohlen. Es
iflt ein einheitlicher, chemisch reiner Stoff, fest und krystallieisch.
Es ist geruchlos, geschmacklos, unlöslich in Wasser, von neutraler
Reaction und ohne Reiz Wirkung auf die Schleimhäute, Es belästigt
die Verdauungöwerkzeuge in keinerlei Weise. Bei Phtbisikern trat
nnter GuajacolcarbonatbebandluBg eine ßassemng des Appetites,
Hebung des Ernährungszustandes und der allgemeinen Widerstands-
fähigkeit Bin. J)\e Husten an fälle wurden aUmäblich milder, der Ans-
wuri lose, schltfimig, eiterig, spärlicher, das Fieber schwand, ebenso
die Nacbtschweisse. Das Mittel wurde Morgens oder Abends oder
'/M beiden Zeiten in Dosen von 0,2—0,5 g aUmählich steigend bis zu
G g pro die gegebt^n und von allen Patten t«n, auch solchen, welche
OeoBOt nicht vei trugen, ohne Beschwerden genommen. In einem
weiteren Aufsatze (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 3) schliessen obige
Autoren eine speci fischt* Wirknn g im Sinne Sommerbrodt^s
auö, «ebenso halten sie die Ansicht^ dass Guajacol nur als Bittermittel
wirke, für irrig. Alles Guajacol soll sich nach ihrer Ansicht an im
kranken Körper kreisende labile Eiweissstoffe anlegen zu Verbin-
dungen^ welche ungiftig sind und nun der Oxydation anheimfallen.
Durch Vernichtung solcher Krankheitsproducte wurden auch die
K rank hei tssym ptome , wie Fieber, Nachtschwei^ise , Verdaaungs-
titö rangen beseitigt*
Sohüller hebt hervor^ dass man des Guajacolcarbonates, welches
übrigens eine ausgedehntere Verwendung nicht gefanden so haben
ficlieiut, nicht bedürfe, da man mit dem Guajacol, welches er einge-
führt habe, ganz gut auskomme. Im Handel sind ja Guajacol kapseln
und Pillen von gleicher Stärke wie die Creosotpräparate za haben*
Sob filier empfiehlt bei der chirurgischen Tubereulose ausser
looaler Jodoformbehandlong eine allgemeine Guajaeol-
bebandluDg« Er verordnet folgende Mischung:
GuajaooL 5.0 (2,0),
Spir» Vin. rect,
Aqu. Menth, pip. ana 50,0.
Ol Papaveris (Jecor. Aselli» 50,0 (30,0\
M* D. S. Wohl umgeschüttelt 4— 5mal täglich 1 Esslöffel
^1 Kinderlöffel).
Da« EingekUmmerte gilt ftir kleine Kinder. Aach reines Goajacol
kann gegeben wierden. Man verordnet dann 4 — 5mal täglich 2 bis
I
d
ArzneiiDitte] lehre und Toxikolog^ie,
645
5 Tropfen in einem Glase Milch oder Zuckerwasser. Auch bei der
Anwendung des Guajacols wird man gut thnn^ anfangs niclit mit so
starken Dosen vorzugeben^ sondern erst mit kleinen Gaben die To-
leranz des Organismus zu prüfen* Man kann dann die in der Prager
Burtdschaii Nr. 13 verordnete Formel wäblen :
(GuajacoU 2fi^
Spirit. 20,0,
B Tioct. Gentiao. 20,0,
^M Eitr, Coffeae concentr. 20^0,
" Aqu. destilh 200,0.
M. D. S. Täglich 2—4 Eealöffeh
ucb bierbei würde sich eventuell die Application per rectum in
iprchenrorm empfehlen. t*oggi empfiehlt als Normaldose 1,0 g pro
die. (La Bi forma medica Nr, 10.) Pohl bat daa Guajaeol auch
bei der Cholera angewendet. (Allgem. med. Centraktg. Nr. 96.)
Der practiöche Arzt wird am bebten thun, sich an die Guajacol-
kapseln zu hatten , eventuell GuaJaGolcarbonat zu verwenden^ oder
Suppositorien mit Guajacol zu verordnen. Wirkliebe Heilerfolge
»oD er sich jedoch weder vom Oreosot nocb vom Guajacol ver-
sprechen, immerbin aber gelten diese Mittel auch nach unseren Er-
^hningen als Hülfsmittel in der Phthiseotherapie.
Für die Behandlung d er T u bereu lose ist anch der zi mm t-
saure Guajacolätber, da^ Styracol empfohlen worden, doch
sind ausgedehnte Versucha damit nicht angestellt worden.
PyoktauJii
resp. Methylviolett wird von Jaenicke auf Grund bacteriologiscber
Untersuchungen bei der Diphtherie empfohlen. Wir haben
unsere Anschauungen über den Werth dieses Mittels bei Diphtherie
und malignen Neubildungen (v. Mosetig-Moorhof) bereits in
früheren Jahrgängen ausführlich auseinandergesetzt; wir halten das
Mittel für vollkommen entbehrlich und können es dem Practiker
nicht anempfehlen.
Bnphorjii (PbenyUi'ethaii).
lieber dieses von Sansoni angepriesene an ti thermische, anti*
neuralgische und an tirbeuma tische Mittel haben wir uns schon im
, vorigen Jabrbuche ablehnend ausgesprochen. Die ausführliche Arbeit
von Kdster (Therap. Monatsh. Nr, 8) zeigt^ dass wir Recht hatten.
ti4G
Bwchwald.
Köater sagt in aeinam Eesume: Das Mittel füllt keine Lücke in
unserem Ärzneiscbatse auä. Aucli die biBher bekannten Antipyretica
wird es nicht verdrängen, obgleich ihm hierbei ein gewisser Werth
nicht abzuaprechen ist. Ais Sedativum und AntirheamaticQm steht
es den bekannteu Mitteln entschieden nach* Wozu es noch weiter
zu verwenden?
Ob dem neuen Anodjnum und Antirbeumaticum, dem
A^atliin cSalieyl-m^thyl-phcüijlh ydrazon )
ein anderes Loos beschieden sein wird^ muss abgewartet werden.
Eloßenbaum, La quer, Löwenthal verwandten das Mittel in
Gaben von 0,5 2 — 3mal täglich. Agatbin stellt weiss© Plättchen
mit schwachem Stich ins Grünliche dar, die gerucb- und geschmack-
ioSf in Walser unlöslich, in Alkohol und Aetber löslich sind, und
bei 74 ü C. schmelzen. Das Roo stäche Mittel Agathin, von Meister,
Lucius «fc Brüning hergestellt, hat unangenehme Nebenwirkungen
im Allgemeinen nicht erkennen lassen. Augenblicklichen Erfolg
scheint das Mittel nicht zu haben , erst uach 4 — 6 g tritt die ge-
wünschte Wirkung ein.
EbeoBO entbekrlich ist das in den Mandel gebrachte Exodyn.
Dieses neue Antipyreticum und Antineuralgicum besteht aus 90 ^^
Acetanilid, 5 " q Natriumsalicylat, 5 o>\^ Natrium bicarbonioum.
Welches Schicksal dem neuesten Antipyreticum und Nervi-
num, dem
beschieden sein wird, muss ebenfalls abgewartet werden. Chemisch ii
Acalgen als Ortho-Oxäthyl-a-Monoacetyl- Amido-ChinoHn
zu bezeichnen. Es ist ein weisses, volumioöses, bitter scbmeckendes
Pulver, welches in kochendem Wasser ziemlich leicht, in kaltem Wasser
schwer löslich ist. Später wurde als Benz*Analgen an Stelle des
Phenaceto-Chinoli na (Analgens) dii^Benzoylverbindung verwendet
Bisher wurde das Mittel ausschliesslich von Lob eil und Vis (Beutsche
med. WocheDSchr. Nr, 44) angepriesen. Es kam bei verschiedenen
Formen der Neuralgie, Lumbago, Ischias, Facialisneuralgie, Schmerzen
der Gichtkranken etc. zur Verwendung. Unangenehme Nebenwirkungen
oder Nachwirkungen wurden nicht beobachtet. Als Einzelgahe gilt
bei Erwachsenen 0,5, mit welcher bis zu 3,0, selbst 5,0 g pro die
gestiegen werden kann*
Arzneimittellekre und Toxjkoiogie.
Ii4i
Auch ein Antithermin (Phenylhydrazin-Lävülinsäure)
haben wir nunmelin Hoffentlich verschwindet das von Nicot,
Drobner eingeführte Mitte! bald wieder. Wir haben am Antifebriu
und Antipyrin genug* (Wieiier med. Presse Nr. 14,)
An der Berliner ÜDiveraitatapoliklinik wurden im Jahre 1891
35 Kranke^ welche an Chorea litten, mit ExaJgio behandelt, nnd
swar wurden meist drei Dosen von 0^2, ausnahmsweise fünf solche
Dosen gegeben^ bei einem 3jährigen Knaben nur 3mal 0^1, immer
in warmem Zuckerwaßser gelöst. Frische Fälle heilten mitunter
schon nach 8 Tagen, ältere erst nach 5 — 6 Wochen. Neben ersehe i-
nungen waren Ohrensausen, Gefühl von Trunkenheit, Uebelkeit und
Erbrechen, Kopfschmerz uod Cyanose; ernste Vergiftungserschei-
nun gen kamen nicht vor. Da es keine specifiHche Wirkung hat,
auch schon nach veihältnissmäsaig kleinen Gabeo von Prentisi
schwere Vergiftungseriächeiniingen beobachtet wurden, kann es besser
ganz bei Seite gelassen werden. (Löwenthal, Behandlung der
Chorea St. Viti mit Exalgin. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 5,
Therapeut. Gazette, Febr. Vergl. auch Joris, Moncorvo, Behand-
lung der Chorea mit Exalgin, Wien. med. Presse Nr. 44,
DoÄen von 0,15 — 0.8 wurden Bmal täglich gegeben*)
Phenoi'olliim liydruehknciiin
im vorigen Jahre als Antipyreticum , Antirheumaticum und Ner-
vinum in den Handel gebracht worden. Diesbezügliche Arbeiten
hatten Hertel, Herzog, Aronsohn, Schmidt veröffentlicht. In
diesem Jahre haben Cohnbeim, Bum, Balzer Arbeiten ver-
offeDtlicht»
Cohnheim (Therap, Monatsh. Nr, 1) hat schon von 0,25 anti-
pyretische Wirkung gesehen, gewöhnlich wurde 0,5 pro dosi gegeben,
höchste Einzelgabe betrug 1,0, Tagesgabe 4^5 g. Starke Seh weisse
and leichtes Frösteln heim Wiederansteigen des Fiebers wurden
ebenfalls gesehen , auch zeigte der Urin eine dunkle Färbung mit
charakteristischen Heactlonen. Eiweiss oder Urobilin fand sich nicht
im Urin, Ein zuverlässige?! Äntineuralgicum und Antirheumaticum
ist es nicht. Bum verwandte PhenocoUum als Antifehrile bei Phthisis
und Erysipel, als Antirheumaticum und Antineuralgicum hei Myelitis,
Ischias, Gephalaea. Er gab es intern in Oblaten in Dosen von
0,5 — 0,7^1,0, pro die bis 5 g. Unangenehme Nebenwirkungen,
«48
Buchwald.
nameBtlieh ColkpSi Erbrechen etc. felüten. Auch seine Erfolge sind
keine gläüÄenden. Nach Balser's Unterauchungen wirkt Phenocolluir
in Dosen von 1^0 gut und prompt antipjreti seh, bei achwachen Kranken
darf man jedoch solche Gaben nicht verwenden, sondern nur 0,25— U,5
versuchen j überhaupt besitzt es keine besonderen Vorzüge vor
Phenacetin and Antipyrin. (Wiener med. Presse Nr. 20—22. Tharap.
Monateh. Nr, 6.) Als Antitjpicum soll es nach Prati'ö und Novi's»
sowie Venturini*B TJutersuchuogeu in gewisaen Fällen dem Chinin
vorzuziehen sein. Es ist; aber auch hierbei als entbehrlich zu be-
trachten.
Salopliei
ist ein neues von der Firma F. Bayer eingeführtes SalicyUäure-
derivat, welches besondere Vorzüge besitzen soll. Chemisch ist es
als BaHcyleäureacetylparamidophenoläther anzusehen, mit
einem Gehalte von 50,9 ü|,^ Salicj^isäure. Es ist relativ ungittig. Es
stellt kleinste weissei krystallinische Blättchen dar, welch© in Wasser
fatit ganz unlöslich sind. Es ist vollkommen geruch- und geschtnack-
lo8. Ein Tbeil des Salopheus wird im Körper in seine Componenteu
gespalten, ein anderer Theil wird unverändert durch die Fäces aus-
geschieden. In pharmakologischer Beziehung kommen dem Salophen
dieselben günstigen Eigenschaften zu wie dem Bald; vor letzterem
aber hat ea den Vorzug der absoluten G*?ruch- und Geschmacklosig-
keit und der ganz beträchtlich geringeren Giftigkeit. P. G^ttmann
äussert sich günstig über die Erfolge, hat auch keine unangenehmen
Nebenwirkungen eintreten sehen. (Siebel^ Pharmakologische
Untersuchungen über Salophen ^ein neueaSalicylaäure-
derivat. Thersp* Monatsh. Nr. 1.) Arbeiten über das Salophen
sind von Fröhlich (Wiener med. Wochenschr.), Flint (New York
med. Journ.), Dräsche (Wien. med. Wochenschr.), Caminer u. A.
erschienen. Fröhlich wählte zu seinen Versuchen elf Fälle von
acutem und sechs Fälle von chronischem Gelenkrheumatismus. Meist
gab er 6 g pro die, nach dem Schwinden der Hauptgymptome ging
er zu 4 g herab. Auch bei anderen fieberhaften Erkrankungen ver-
wandte er Salophen, begann aber dann mit 3 g, stieg allmählich bis
SU (i g. Auch als Streupulver und bei Cystitiden wurde es local als
Antisepticum verordnet. Beim Gelenkrheumatismus (acutem) hat es
gute Dienste geleistet, erbebliche cerebrale Störungen waren nicht
vorhanden, bei chronischem Gelenkrheumatismus ist seine Wirkung
Eweifelhaft^ als Antipjreticum ist es nicht zu verwerthen. Dräsche
hebt hervor, dass nach dem Gebrauche von Salophen häufig reich-
Arznei mittel lelire und Toxikologie.
B41>
liehe Scbweisaauescheiduixg zu Stande kommt, uod nach Verdunstung
desflelben eine grosse Menge kleinster, ponkt förmiger, V.^ — 1 mm
grosser Krystalle auf der Haut zurückbleiben. Die Haiat sieht aus
wie mit Diamantetaub beetreut. Die Furchen an Gelenken^ Hals,
Hohlhand etc. sind mit weisser , aab est ahn lieber, glänzender Masse
ausgefüllt. Caminer gab Salopben bei Migräne^ Neuralgie, Ce-
phalalgie.
Salophen. 5,0,
Divide in partes V.
S. 2atündlicb 1 Pulver bis aur Wirkung,
Seine Erfolge ermuntern zu weiterer Anwendung, zumal die ge-
bräucblichen Dosen von mehrmals täglich 1 g gefahrlos za sein
scbeiiien, (Tberap. Monatab. Nr. 10.)
Salipyrin (Riedel).
AufGrond der Empfehlungen P. Gutt man n's und der Arbeiten
Hennig^b, Mosengeil's u. A. wurde dos aus Antipyrin und Salicyl*
säure bestebende neue Präparat sowobl als Antifebrile, als auch
namentlich als Antineuralgicum und bei Influenza angewendet.
Namentlich hielt es Mosengeil für ein Bpeciflcum bei der damals
herrschenden InEuenzaerkraDkung. Dem Mittel ist ein gewisser Werth
nicht abzusprecherj, ein Specificum ist m jedoch bei keiner Erkrankung,
und in vielen Fällen hat es keine Vorzüge vor den Componenten.
Zu bemerken ist allerdings^ dass verhältnissmätiBig wenig unangenehme
Nebenwirkungen vorhanden sind. Die Empfehlungen haben zu
mannigfachen Nachprüfungen Veranlassung gegeben. So hat Wit-
ting Salipyrin in 80 Fällen von Influenza verordnet| ohne besondere
Erfolge erzielt zu haben. Er gab 6 g pro die, die ersten 3 g in
Grammdosen halbstündlich, (Allg. med. (Jentralztg, Nr. 30.) Argo
gibt kleiner« Dosen, ist meist mit 3 g pro die ausgekommen, beson-
ders rühmt er das Salipjrin bei Hemicranie, bei Kopfschmerz nach
Alkoholexcessen, bei Gelenkrheumatismus. (Tberap. Monatsh. Nr. 5.)
Prof. Müller gab Salipyrin bei Influenza der Kinder zu 0^3 — 1,0
Bmal täglich mit gutem Erfolge, bei schweren Fällen von Influenza
Hess es, wie alle anderen Mittel, im Stich. Kleinwäcbter ver*
wandte das Antifebrile ausserdem bei Phthisikern, Besondere Vor-
süge hat es dabei nicht, ßei Menstruationsbescbwerden, namentlicb
klimakterischen Blutungen soll es nach Znrheüe besser wirken als
Seeale und Hjdrastispräparate* (Deutsche Med.-Ztg. Nr. Ü9.j Go-
grewe meint, dass im Durchschnitt fnst jede Form der Influenza auf
mo
Buchwald»
SaUpjrm reagire. Eine AuaDahma machen nur die mit schwereD
bronebopneumoiiisGlien Eracheicungen ein hergeben den InfectioneD
und dicsjenigen FormeD, bei denen die gastris^chen Eröcheitiungen in
den Vordergrund treten, bei welchen es auch meist sofort erbrocheü
wurde. (Deutsche Med. -Ztg. Nr. 5.) Am besten scheiiit es noch
beim acuten Gelenkrheumatiamua zu wirken. (Vergl. auch Trachten-
berg, Salipyrin gegen Gelenkrheiimatiömu», Der Arzt Nr. 18,}
Zunächst wird sich der practiache Arzt immer an die erprobten
Mittel, Natrium aalicvlicum^ Antipyrin, Phenacetin halten köunen, die
neueren Mittel jedoch, zu denen auch das Antinervin (Kägl) gehört
{Dosis 0,5 mehrmals täglich), sich für diejenigen Fälle ver sparen^
iß denen diese Mittel wirklich keine Heilkraft zeigen. Die bekannten
Mittel sind nebenbei auch die billigeren.
Ob dem Antinervin und dem ebenfalls bei Gelen krhenmatiemus
empfohlenen Natron dithiosalic jlicum (Linden born, May,
Voit), in Tagesdosen von G— Bg (zu je 1 g), ein besonderer Warth
beizumeaaen ist, müsaen weitere Untersuchungen lehren. (Deutscheö
Archiv £ klin. Med. — Antinervin [Salicylbromanilid] von
Dr. Eilippi. Rif. med. Deutsche Med .-Ztg. Nr. 5)
Salt»!.
Die giftigen Eigenschaften des Saiols habeo wohl die meisten
€ollegen mit Becbt dasu veranlasst^ von diesem Mittel möglichst
wenig Gebrauch zu machen. Am meisten Endet es noch Verwendung
bei den Blasenkatarrhen und kann hierbei, vorsichtig verwendet,
auch thatsächlich empfohlen werden. Ein Aufsatz von Arnold be-
leuchttit aufs Neue den Wertb des Saiols bei acuten und chroni-
schen Biasenkatarrhen. Es macht den alkaliscjien Urin sauer,
beseitigt den fauligen Geruch, der trübe Urin klärt sich, das eiterig-
schleimige Secret nimmt stetig ab; die Harnmenge wird in der Regel
vermehrt. Vom Magen wird das sieb erst im Darm spaltende Salol
sehr gut und längere Zeit vertragen. Am besten wird der Arzt
thnn, 3 g pro die nicht zu überschreiten. (Therap. Monatsb, Nr. 12.)
Sympson empliehlt es ebenfalls bei ohroniachen Blasenkatarrhen.
(Fractitioner, Juni.) Löwenthal will eine specifische Heilwirkung
des Saiols bei der Cholera geäeken haben. (Deutsche med.
Woebeoschr. Nr. 32.) Das« Salol sich bereits im Magen spaltet,
ako sur Prüfung der Fanciionsfahigkeit des Magens ungeeignet ist,
zeigt die experimentelle Arbeit Steines. (Wiener med. Wochenacbr.
1892, Nr. 43.)
I
I
I
I
Anineimiiteliehre und Toxikologie,
(»51
tierbsäiirp.
Die gerbBäurehaltigen Pflanzenstoffö werden von den Aorzten
der neueren Sehnle zweifellos za wenig gewürdigt. Wahrend die
älteren Aerzte ihr Extractum oder Decoctum Colombo, Eatanbae
Monesiae noch oft genug verordnen, ist die jüngere Generation zu
den Bismuthpräparaten etc. übergegangen, Weber bescbreibt die
vortheilhafte Wirkung einiger gerbsänrebaltiger Arznei-
Stoffe bei chronischen nicht compHoirten Bünndarm-
katarrhen. Vom Extractmn Monesiae gab er 2 g pro die in ge*
theilten Dosen. Hugo Schulz epricht der Tinctura Colombo
einen besonderen Werth bei den genannten Krankheiten zu; herge-
etelit wird diese Tinctnra im Verhältuiss von 1 : 10 reinem Alkohol
Die Dosiä betrug anfänglich 1,5 g, doch konnte rasch auf 6 — ^8 — 10 g
pro die gestiegen werden, Der Vortheil der Golombotinctur gegen-
über dem Decoct liegt auf der Hand, Die Tinctnr ist unbegrenzt
haltbar^ der Geschmack läsat sich durch Verdünnung und Versüssung
mildem^ der Preis ist ein erheblich billigerer, die An wendunga weise
bequem. (Therap. Monatsh, Nr. 2.)
Acidum tannicum wurde von Cantani als gerbsaure En-
teroclysebei Cholera in Dosen von 5—10—20 g Acidum tannicum
verordnet. Diese werden xn 1 V^ — 2 Liter Wasser- oder Camil leninfug,
mit oder ohne 2(^—30 Tropfen Opium, zuweilen auch mit HO— 5^J g
Oumnii arabicum angewendet, und zwar immer in heisaer Lösung
von 38— -40^ C. Je früher die Enteroclyse ausgeführt wird, je öfter
sie wiederholt wird, desto rascher und sicherer soll ihr Erfolg sein.
Jedenfalls ist die Behandlungs weise Gantani's rationell und kann,
wenn nöthig, mit anderen Methoden combinirt werden* 8ie ist leicht
auszuführen,
Heidelbeertlätter,
Alte Mittel kehren aufs Neue wieder. Jetzt wird das Heidel-
beerkraut besonders als ein Mittel gegen die Zackerkrankbeit em-
pfohlen* Knorr in Colberg bestätigt diese Angaben und hat ein
Fluidextr actum Myrtilli aus frisch gesammelten Blättern her-
gestellt. Die ausgede hu testen Versuche hat jedoch Weil, welcher
von einer Abkochung der Heidelbeerblätter gute Erfolge sah, ange-
stellt. Er bediente sich zuletzt der Pilulae Myrtilli Jasper, von
denen jede 0,12 Extractam foliorum Myrtilli = 1 g getrockneter
Heidelbeerblätter enthält. Die von ihm behandelten Diabetiker nahmen
neben entsprechender Diät:
*
652
je
Bueliwald.
Pille
Pillen
darauf Smal tägUch je 5 Pillen rej^elmässig weiter, Belbst 24 Pillen
wurden okne Schaden am Tage ganommen. Der Zuckergehalt sank
bei einer Patientin von 4,<i8 allmäblich aar 0^0 'Vq. Schon Dach
8—14 Tagen sank der Zuckergehalt wesentlich; wo Verstopfung
durch die Püleu eintritt, wird sie durch Carlsbader Salz bekämpft.
Weil fordert zu weiteren Versucben auf, die Diät allein soll nicht
genügen f um das günstige Resultat zu erzielen. Wir haben bereits
mehrfach die Pilulae M3Ttilli Jasper bei Diabetikern schwerer Art
verordnet, bislang aber keine Erfolge gesehen. Ein endgültiges ür- '
theil wagen wir aber noch nichl abzugeben^ da die Beobachtungszeit
eine zu kurze ist
Das io den letzten Jahren namenthoh von Amerika aus empfohlene
antidiabetische Mittel Sy2>'gium Jainbolanum hat bislang eine
sichere Wirkung nicht erkennen lassen. Jambul wird in Form der
gepulverten Samen oder des Fluidextractea %'er wendet, besonderen
Werth bat es jedoch nach den bisherigen Erfahrungen nicht, (Therap.
Monatshefte Nr. 4, Lenn*^^ ibid. Nr, H. Ger lach, ibid. Nr. 7.)
Wenn es auch bei experimentell erzeugter Zuckerharnrakr im Stande
war, die Ausscheidung aufzuhalten (Robert), so ist doch daraus
auf die Erkrankung der Menscbeu, welche doch nicht identisch ist
mit einer Glykosurie, kein Scbluss zu ziehen.
Die Zimmtsäure wird zur Behandlung der Tuber culoae
von Landerer angepriesen. Trotzdem der Autor einen guten Namen
hat, würden wir nicht ratheu, den von Lander er eingeschlagenen
Weg, ohne weitere Erfolge abzuwarten , zu betreten. Intravenöse
Injectionen halten wir überhaupt nicht für ungefährlich. Die Miss-
erfolge mit der einst so gepriesenen Benzoesäure mahnen doch zu
vorsichtigem Abwarten. Wir geben auch deshalb auf die ausführ-
hebe Arbeit Landerer*« nicht ©in. Ein Referat findet der Arzt in
den Therap. Monstsb. Nr. 5. Die Tabercuioae ist keine Krankheit,
bei der einige wirkliche oder vermeintliche Heileriblge einen schnellen
Schluss zulassen. Ganz dasselbe gilt auch fUr die Behandlung der
Tubercuiose mit Oleum camphoratumj welche neuerdings befür-
wortet wird.
*
ArzneimiUellehre und Toxikologie.
(i53
DigitaliiL
Ueber einig© Digitalisspeciei hat Goldeoberg ünteranc hangen
«ngestellt £s wurden geprüft Digitalis purpurea, unsere officineUe
Pflanze, nervoaa, gigantea, ferruginea, eriostachys, glandulosa, Fon-
tanesii, von allen die verscbiedeneii Theile. Qualitativ wirken alle
beim Frosche ähnlich der Digitalis purpurea, nur quantitativ «ind
fiie verschieden, so wirkt Digitalis ferruginea beispielsweise lOmal
stärker als Digitalis purpurea. Digitalein und Digitonin fand Golden-
berg «iemlich rein und wirksam, Digitaün wurde nicht charakte-
ristisch wirksam gefanden, (Dorpater Inaugural* Dissertation.)
Die Frage, welches von den Glykosiden und Alkaloiden man
event. prsctisch an die Stelle unserer Digitalispräparate setzen solle,
ist noch nicht entschieden. Auch die neaeren Arbeiten von Haudas
(Untersuchungen über das Digitaleii} SchmiedebergV) und von
Kiiiani (üeber das Digitalin, Pharmac. Gentralhalle Nr, 12 u. 31)
kommen der Praxis nicht zu Gute- Die Versuche von Mottes sind
nicht ausgedehnt genug, um das Digital in verwenden zu können.
Lupine verwendet das Digitalinum crystallisatum Nativelle
milligrammweise. (Semaine mSd. Nr. 4.J An Stelle der inneren Appli-
cation des Digitalisinfuses ist neuerdings nach dem Vorgange Stol-
nikow's das Di gitali »infus O^S — 10 subcutan verwendet worden,
2 — 3mal täglich eine Pravaz'sche Spritze obigen Infuses. (Zi^netz
u. A. Sem, med. Nr. 1.) Gegen die grossen Dosen von Digitalis^ 3— 4 g
pro die, tagelang fortgesetzt^ haben wir uns ans naheliegenden
Gründen sehr entschieden ausgesprochen , auch die neuen Arbeiten
von Mas ins (Acad^mie royaie de möd. de ßelgiq;ue) und vou flöpfel
(Beitrag aur Digitalisbehandlung bei Pneumonie) machen
uns in unseren Anachauungen nicht irre. Die Ansichten Petresoo^s
(Therap. Monatsh. 1891) halten wir für falsch, die Digitalisbehand-
Inng der Pneumonie für irrationell, mit hohen Gaben für geradezu
gefährlich. Wenn Höpfel das Erbrechen nach solch starken Digi-
talisgaben für die Folge einer Idiosynkrasie hält, so kann er dies
halten, wie er will; wir sind der Ansicht, dass diet» ein Vergiftungs-
symptom ist, und warnen ausdrücklich^ Digitalis bei Pneumonien zu
geben. Bei der Pneumonie sind wirkliche Herzstärk ungs mittel am
Platze, braucht mau überhaupt Antipyretica, so gibt es hebsere als
die Digitalis. Die Digitalishehandlung i^t gerade so verwärflioh, wie
die frühere Veratrinbehandlung. (Therap. Monatsh. Nr. 7.)
*r54
Btichwald.
[>ie Anregung rassischer Autoren, die Trunkaucht mit sub-
cutanen Strycbnininjectionen zu heileo, hat bei uns in
Deutschland nicht die Wirkung gehabt, welche man bei einar so
wichtigen Sache erwarten sollte. Es sind nämlich nur sehr ver-
einzelt Untersuchungen über den Werth dieser Behandluogsmethode
gemacht, resp* veröffentlicht worden. PortugaloW| der bereits
über 455 Heilungen verfügt, behandelt seine Patienten folgender-
masäen: Er wählt eine Lösung von
Strychnin. nitric. 0,06,
Aqu. des tili 15,0
und macht täglich 1 — 2 Injectionen^ erst zu 0^5, dann ^a 0^25 obiger
Lösung. Starck bat einen Fall nach dieser Methode mit gutem
Erfolge behandelt Rabow hat gegen 000 subcutane Injectioneo bei
AlkoholiamUB gemacht Einen nennenswerthen Eri'olg hat er in keinem
Falle erzielt. Hoffentlich werden in nicht allzu langer Zeit staatliche
Trinkerasyle und Tritikerheilstätten gegründet werden, in denen dann
die hoffentlich vorhaDdenen ärztUcben Leiter ausgedehnte Erlah-
rungen mit obiger Heilmethode machen können. (Therap. Monatsh.
Nr, 3,) Bold au ist der Ansicht^ dass das Strychnin vielleicht daa
krankhafte Verlangen der Potatoren nach Alkohol aufhebe, es wirke
bei DipBomanen, weniger bei chronischen Alkoholikern, (Fortschr,
d. Med. Nr. 8.)
Hjrlra^iuinuiii hjdroi'liloricniu,
welches nach Freundes Untersuchungen mehr und mehr in Auf-
nahme kommt j ist ein ganz schwach gelblich gefärbtes, intensiv bitter
schmeckendes Kr y stallpul ver, welches zwischen 205—208^ unter
Zersetzung schmilzt und, auf dem Platinbleche erhitzt, ohne einen
Rückstand zu hinterlassen, verbrennt. Es ist in Wasser und Al-
kohol leicht löslich , die wäsBerige Lösung ist gelblich und zeigt
Fluorescenz. (Pharm* Centralh. Nr, 20.)
Abel verwandte Hydrastinin bei primären Blutungen, bei Endo-
metritis, Metritiö, Myomen^ sowie secundären Erkrankungen der An-
hänge ^ ferner bei Menorrhagien und Metrorrhagien ohne objectiven
Befand. Er spritzte von einer wässerigen lO^pigen Losung V-^ — l»t)g
ein. Die Zahl der Einspritzungen wurde abhängig gemacht von der
Schwere der Erkrankung (cf. Berl, klin. Wochenechr. Nr, 3), meiat
1 g während der Blutungen täglich. Faber (Therap. Monatsh* Nr. 6)
spricht sich dahin aus, dass Hydrastininum hydrochloricum Merck-
*
I
Arzneimitteilebre und Toxikologie. (}55
Freund den Uterus zu Cootractionen anrege^ was von anderer Seite
bestritten wird; er hält das Mittel für ein gutes, zieht die subcutane
Anwendung der internen vor. Andere bey orangen die bequeme An-
wendung der von Czempin verwendeten Perles, welche 0,025 Hydra-
stinin enthalten, letztere wurden bekanntlich zu 4—5 Perlen täglich
2 — 3 Tage lang verabfolgt. Gottachalk empfiehlt als Injections-
stelle die Musculatur der Giutäalgegend. Das Alkaloid ^ welches
intern ebenso gut gegeben werden kann, wird in grosseren Gaben
nicht vertragen, gerade so nicht, wie das Extractum fluid um Hydra*
stis canadensis. Als Indication für den Gebrauch gibt er an:
diejenigen Gebärmutterblutungen, welche auf gesteigerte Congestion
am Uterus zurückzufahren sind. Dahin gehören die oft «ehr pro-
fasen Menstrualblutungen juegirättlicber Mädchen, ftmer Blutungen
nacb Auskratzungen, in dem Klimacterium, die Erkrankungen der
Adnexe. (Therap, Mouatsh. Nr. 5.)
Tlieabromin (Diaretin KnoU).
Die Ansichten, welche wir im Einklang mit den meisten ünter-
sachern im vorigen Jahre aussprachen, werden auch durch die neuesten
Arbeiten bestätigt: Diuretin ist bei vielen mit Hydrops einhergehen-
den Grundkrankbeiten ein brauchbares, manchmal sogar ein hervor-
ragendes Mittel. In einzelnen Fällen lässt es jedoch im Stich. Man
wählt am besten die Losung 5—7 g : 90 Aq. destilL, 100 Aq. Menth,
pip., 10 g Syrup. aimpL Ueber die physiologische Wirkung ist
eine Arbeit von Co hn stein unter der Leitung von W. v. Schröder
erschienen. Darnach ist eine Steigerung des Blutdruckes nach
Tbeobromindarreichuiig nicht nachweisbar. Eine irgendwie constaute
Beeinflasi^aDg der Pulsfrequenz ist ebenfalls nicht vorhanden, auch
die Energie der Herzcontractionen wird nicht erhöbt. Bei grossen
Dosen machte sich im Gegeatheil ein Sinken des Blutdruckes und
der Pulsfrequt^nz bemerkbar. Dem Theo bromin kommt somit in
physiologischer Dosis eine nachweisbare Wirkung auf Herz und Ge-
f&ABsystem des Säugethieres nicht zu, Coffein hingegen bewirkt
in kleinen Dosen eine Erhöbung des Blutdruckes, es wirkt reizend
auf das vasomotorische Ceutrum, auch übt es einen directen Einfluss
auf das Herz aus. (Schmidt^s Jahrbücher Nr, 6.) Wenn daher der
Blutdruck auch nicht direct durch Diuretin beeinflusst wird, so ge-
acbieht dies doch indirect durch Verschwinden der Oedemflussigkeit,
der Pols wird grösser und kraftiger, und die indirecte tonisirende
Wirkung auf das Herz geht der Zunahme der Harnausscheidung im
Ganzen paralleh Masius fand das Diuretin besonders wirksam bei
<J56
Bttchwald.
cardialeiö Hydropa, und bei den mit Arteriosklerose und Herzaffec-
tioneD complicirten Nephritiden, Ala unangenehMe Nebenwirkung
fand er ebenfalls Erbrechen nnd Durchfall. (Balletin de racadömie
royale de medec.) Frank {Prager med. Wocbenachr. Nn 12 u. 13)
hatte günstige Erfolge bei verschiedenen Herz- und Nierenleiden ,
Pleuritis j Peritonitis , Lebercirrhose. Ale Dosis wählte er 5 — 7 g
pro die. Die Wirkung zeigte sich meist schon am ersten Tage» um
nach ,H— 7 Tagen ihr Masimuai zu erreichen. Es übertrifft nach
seinen Anschauungen die Wirkung des Coffein, Galomel, Kali aceti-
<^um als barntreibendes Mittel, während es als wirkliches Herzmittel
mit der Digitalis nicht concurriren kann. Man wird aber in ent-
sprechenden Fällen Diuretin mit Herzmitteln combiniren können»
Demme hat Diuretin bei 11 Kindern angewendet, und zwar
4mal bei Hydrops und stockender Diurese im Gefolge von Scharlach*
Nephritis, 3mal bei Hydrops der Mitralinsufficienz , bei chronischer
Peritonitis und Pleuritis, die Tageadosia betrug bei Kindern von
2—5 Jahren 0,5— 1,5 g, bei Kindern von G— 10 Jahren 1,6— 3 g,
Kinder unter 1 Jabr vertragen das Mittel schlecht, weil sie Darm-
reizung und Magen Störungen bekommen. Bei ScharJachnephritis
lässt Demme das Diuretin erst dann verabreichen, wenn die acute
Periode vorüber ^ und die Harnmenge schon auf 300— 40C> ccm ge-
stiegen istj zur Bekämpfung der hydropischan Erscheinungen. Oumn-
lative Wirkung hat Demme auch nach woehenlangem Gebrauche
nicht eintreten sehen.
I
I
Sparteinuüi snlfuri^^um
bat sich bislang nicht einbürgern können; ob die neue Empfehlang
von Rhode zu weiteren Versuchen Veranlassung geben wird, mnifi
dahingestellt bleiben. Vorläufig ist es dem Practiker nicht zu em-
pfehlen, (ßerl. klin. Wochenachn Nr. 32,) Dasselbe gilt vom Ne-
rium Oleander (L )» welches v. Oefele als Cardiotonicnnä in
der Aerzf liehen Randstihau Nr, 38 u. 39 anpreiat. Es wurde so-
wohl als Tinctur wie als Infus verordnet^ und zwar wurden diese
aus frischen, aus trockenen Blättern, Rinde, Früchten hergestellt.
Eür den ersten Gebrauch soll sich am besten ein Infus aus noch
nicht ausgereiften Frörhten empfehlen, welche den giftigsten Theil
darstaUen (Tagesdosis 0,OÖ— 0,25J, für längeren Gebrauch di& Merck-
ache Tinctur, aus unreifen Früchten im Verhältniss von 1 : 10 her-
gestellt, 2— 3mal taglich 20 Tropfen, oder Pillen resp. Pulver aus
den Blättern in der Tagesdosis von 0,1—0,2.
AfÄiieiinit teil ehre and Toxikologie,
6sr
Cocain.
An Stelle des Cocainum hydrochloricam iat von Ghadbourne
Tropocain^ ein Benzoyl-Pgendotropein , als lacales Anästbeticum
in Anwendung gezogen worden. Es ist nach seinen Angaben riel
weniger giftig als Cocain, soll in den meisten Fällen ebenso gnt, in
einigen Fällen besser als Cocain sein. Weitere Vers ticke sind ab-
zuwarten. V, Oefele will das Cocainum pheoyiicnm an die
Stelle des Cocainum hydrocbloricam gesetzt wissen. Ein besonderer
Grund liegt nicht vor, an Stalle eines erprobten, in seinen guten
and schlechten Wirkungen genau bekannten Mittels andere noch nicht
erprobte zu setzen. (Therap, Monat ah. Nr. 9. Aerztl. Eundechau
Nr. 9.) Auf die Vorsichtsmassregein bei Anwendung selbst geringer
Meogen Cocains haben wir in früheren Jahrgängen ausfübrlicb auf*
merkaam gemacht. Selbst nach sehr kleinen Mengen kann man In-
töxicfttionen beobachten. Wir verzichten daher darauf, die be-
heraigenswerthen Vorschriften Magitot's noch einmal zu recapitu-
Uren, da wir annebmeQ, dass jeder Arzt bei Anwendung des Cocatos^
namentlich in subcutaner Formf die grösste Vorsicht obwalten Iftest.
(Deutsche Medic.*Zeitg.)
Caatfaaridtn.
Ueber die Behandlung der Tuberculose mit cantbaridinsaurem
Natron und Kali nach der Methode Liebreiches haben wir im vorigen
Jahrbuch ausführlich berichtet. Das Mittel ist kein Heilmittel bei
Tabercnlose, in geringen Dosen ist ea andchädltch| in grossen Dosen
«in di^Terentas, sogar gefahrlicbea Mittel Mögen die Deductionen
liebreiches auch noch so richtig sein, so ist es doch vorlduüg tUr
die allgemeine Verwendung nicht zo gebrauchen« Kranke^ welcbo
ait der Injectionstherapie nach Liebreich behaudelt werden, be*
iftrfen einer steten Aufsicht, dazu eignet sich nur die Klinik odar
^das Hospital. Im Allgemeinen ist man auch in Kliniken und Spitälern
misstrauisch geworden, and sind nur wenig Pnblicaticmen trorhandeo.
Demme sagt zwar, dass das Mittel nicht von der Hand zo weisen
^■ei, da es gewisse Erfolge zu erzielen vermag, die wir mit gleicher
ücherheit bei kanm einem anderen Mittel finden, doch muM ea mit
Vorsicht angewandt werden. AlbamiDOiie kann dabei ver-
werden. Anf den Proeeos in den Longen war nur ein ge-
ringer £infla^ zn constattreo, doch beMOten sich die verMcbiedenÄO
Formen der Langen tnbercnloee in verschiedenen FäUen. fTherftpw
Monatsh. Nr S,} Kahn sagt fibid^a Nr, 5): JedenfalU ermttnt^m
lubfliiKBii d. pract. Umiiem, nm. 42
H58
Buchwald.
die Yeräuche mit schwachen Canthandiiilösungeii durchaus nicht zur
Fortsetzung, und da die VenvenduDg concentrirterer Löaungen kaum
rathaam erscheint^ so wird wohl von der localen Anwendung der
cantharidinsauren Salze wenig zu erwarten sein. Liebreich wendet
sich in einem längeren Artikel gegen die abfälligen Urtheile Kahn'g,
V, Bergmann'» u. A. und wird mit der für diese Therapie notb-
wendigen Ruhe seine Bebandlungsmethode weiter fortsetzen* (Tberap^
Monatsb, Nr. <i.)
Piporaziii
4
bat die Erwartungen ^ welche man an dasselbe knüpfte^ nioht erfüllt.
Wenn auch Piperazin in kalter wässeriger Lösung 12iiial so viel Harn-
säure auflast^ als das kohlensaure Lithion^ so geschieht dies zwar im
Reagensglase, aber nicht im lebenden Körper. Piperazin wurde als
Gichtwaäser empfohlen: 1 g Piperazin auf 1 Flasche Sodawasser als
Tagesdosis; äusserlich sollre eine Lösung von 1 g Piperazin auf 80
Wasser und 2i) Alkohol angewendet werden. Für giclitische Wanden
und Blasenauääipülangen sollen l^'oige Lösungen dienen. Mendel-
sobn sagt: Der Urin einer längere Zeit der Wirkung des Fiperazins
imterworfenen Person löst keine Öpur von Harnsteinen , selbst bei
wochenlang fortgesetzter Behandlung, Eine innere Darreichung ist
demnach harnsauren Steinen gegenüber vollkommen wirkungslos^
denn das Mittel kann in der Blase noch viel weniger wirken , weil
der Stein sich immer am Boden der Flüssigkeit befindet und ge-
wöhnlich einen complicirten und fefitgefügten Körper darBtellt. Auch
wenn man eine Piperazinlösung direct in die Blase einfliessen Hesse,
w&rde kein besserer Effect erzielt werden, weil durch den nach-
träufelnden Urin bald die Verdünnung der Piperazinlösung eine su
grosse werden würde. Für die innere Behandlung von hamaauren
Steinen können unter den jetzigen Verhältnissen nur die Mineral-
wässer, iür die locale die Lithotripsie in Betrauht kommen. Bei
offenen Gichtknoten mit Freiliegen der Harnsäure kann hingegen
Piperazin ev. nutzbringend sein. (Deutsche Med.-Zeitg, Pharmac
Centralhalle Nr. 17,)
Van der Klip spricht ebenfalls dem Piperazin als Harnsäure
lösendem Mittel nur geringen Werth zu. (WeekbU van het Nederl.
Tijdschr. voor Geneesk. Bd, 1, Nr. 14.)
Biesenthal und Schmidt äussern sich günstiger, ein ab-
acbiiessendea Urtheil ist nicht zu fällen« Piperazin wirkt auf die
Schleimhäute nicht ätzend und ist in 1 — 2" feiger Lösung vorzüglich
geeignet sor Blaaenauaspülung. Zu Bubcotanen Injectionen kann
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ArzneimJUellehre und Toxikologe.
(i5t*
0,1 Piperazin auf 1 g Wasser verwendet werden* Ea kann auch
zur Differentialdiagnose zwischen Gicht und anderen Arthritisformen
dienen. (BerL klin, Wochenschr. Nr, 2.)
Mordhorst (Deutsche med. Wochenschrift Nr* 45 u. 46) sah
ebenfalls keine besonderen Resultate von der Piperazindarreichung.
Das Mittel ist nicht bilüg, soweit man bis jetzt sehen kann, nicht
zaverJässig, daher besser durch die bekannten Mittel zu ersetzen.
TaUtrcttlin und TnbercHloeidin.
Auf die Arbeiten über obige beiden Mittel gehen wir nicht näher
ein. Bevor nicht ausgedehnte Versuche in den Kliniken gemacht
worden sind^ wozu diese wenig Lust zu spüren schein en^ kann man
eine derartige Behandlung nicht in der allgemeinen Praxis verwenden.
Es muss dahingestellt bleiben^ ob das Klebs'sclie Tuberctilocidin
mehr leistet, als das Tuberculin, oder ob eine combinirte Tuber-
cul in -Tube reu loci diu -Behandlung mehr leistet als jedes Mittel
allein. Wer die Mittel versuchen will — wir haben keine nennens-
werthen Resultate gesehen — » der halte sich genau an die Angaben
von Klebs, Behandlung der Tuberculose mit Tuberculo-
cidin (Verlag von Leopold Voss in Hamburg), und beziehe das Mittel
direct von der Firma vormals Meister, Lucius & Brüning,
oder halte sich an das Verfabren von Spengler (Deutsche med*
Wochenschr* Nr. 14 u. ff,), wo auch die genaue Dosirung angegeben
ist, Vergl. auch Patschkowski (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 6)^
Bornträger (Deutsch, med. Wochenschr* Nr. 18), ßotkin (Deutsch.
med. Wochenschr. Nr. 15), Hämatologisohe Untersuchungen
über das Tuberculin.
Auf die interessanten Arbeiten Behring's über die ßluteerum-
therapie (Leipzig, Verlag von Georg Tbieme) wollen wir besonders
aufmerksam machen. Inwieweit diese Methode später bei Behand-
lung verschiedener Infectionskrankheiten, namentlich des Tetanus
eine Rolle spielen wird, müssen ausgedehntere Versuche lehren.
XIIL
Klimatologie und Balneologie.
Von Dn Felix Beetz in München,
AMgemeini'B.
Im Vorjahre hatte der BalneologeD-CoDgreas beschlossen,
durch eine Commissi on einheitlich© Vorschriften ausarbeiten zu lassen,
nach welchen künftig Mineralwassüranalyöen auszufübren sein
würden. Den Bericht tiber die Vorschläge der Commission hat gelegent-
lich des diesjährigen Oongresses G- r ö de 1 -Nauheim erstattet: Die
Analysen sollen möglichst einfach gehalten werden und sich nur auf
Litermengeü beziehen, die festen Rückstände sollen nach Grammen,
die Gase nach Cubikcentimetern berechnet werden. Die Temperatur
wird nach Celsius angegeben; die im Wasser gelösten kohlensauren
Salze werden als einfachkohlensaure angeführt^ ausgenommen die
wirklich als doppeltkohlensaure Salze darstellbaren des Natrium,
Kalium und Ammonium. Alle übrige an Salze nicht festgebundene
Koblen säure wird als freie Kohlensäure angeführt, und demnach die
Trennung in freie und halbgebundene K-ohlensäure unteriaBSen. —
Auch die ungarischen Oollegen sind zu einem Baineologen*
Congress zusammen ge treten j nachdem sie im vorigen Jahre einen
balneologisehen Verein gegründet haben. Der Verein versendet an die
Mitglieder ein Jahrbuch und an alle Aerzte des Landes eine prospect*
artige Schilderung der ungarischen Ourorto* Der Verf* des letzteren
Buches bezweifelt übrigens in seinem dem Congresse erstatteten
Keferate seihst die Zuverlässigkeit seiner Zahlenangaben, und soll
deshalb für eine verlässHcbe Bäderstatistik Vorsorge getroffen
werden. Misslich steht es jedoch bezüglich der Hauptsache: der
I
A
Klimntologie und Balneologie. \\k\\
Analyse. Denn die vom Staat© errichtete Anstalt zur Unter-
suchung heimlBcher Quellen scheint aus Mangel an Mitteln eingehen
£U solleii.
Der Hygiene der Badeorte nimmt sich der Tküringer
Bäderverband energiach an. Schenk^Sulza trug in der nennten
allgemeinen Versammlung über die Beschaffung unverfälschter
Milch vor und wünschte die Besorgung dieses wichtigen Gurmittels
durch Milchcuranstalten , während der Correferent, Bürgermeister
GröschnerSulza, mehr die polizeiliche ControUe betont, üeber cur-
gemässe Unterhaltung in Bädern referiren K aem pf-Friedricharoda
und Schütse-Kdsen« Musik und Spielplätze, auch für Erwacbsene,
werden empfohlen.
Wie im Vorjahre von Fiinsberg berichtet wurde (dieses Jahr-
buch 8.718), hat auch Salzbrunn unter Director Manser^s Leitung
eine M 1 1 c h a t e r i 1 1 s i r u n g im Grossen eingerichtet (Verhandle des
XX. schles. Bädertages 8* 31), Die Milch wird dort durchgeseiht,
auf S*" C, gekühlt und dann in Halbliterflaschen ^ deren 324 im
Apparate Platz haben, sterilisirt* Der Flaschen verschluss ist nicht
der einfache Soxhlet' sehe, sondern es ist der ^■og, Patentverschluss,
bei welchem die Drahtbügel nach dem Oeffnen des Apparates zum
Schiiessen gebracht werden müssen. Die Sterilisirung und et nach
Mstündigem Stehenlassen der Flaschen noch einmal statt. Die Molke
wird nur einmal steriliBirt.
Die Pflege des Auswurfes behandelt Willrich-Berka; er
empfiehlt die Benutzung von Spuckgefässen mit WasserfüUung, um das
Vertrocknen au verhüten^ ohne Sublimat oder Carbolsäure, da diese
Kosten verursachen, aber mit Seifenzusatz, weil in diesem der Aus-
wurf dem Äuge entschwindet, Practischer als solche Spucknäpfe
dürften die in Beichenhall eingeführten sein, welche^ mit ilessend^m
Wasser versehen^ den Auswurf sofort entfernen. Eine dortige districta-
polizeiliche Vorschrift gibt überdies genaue Anleitung über die Hand-
habung der Gesundkeitspflege im Currayon, Aus dieser ist wichtig
das Verbot, ganze Zimmerböden mit Teppichen zu belegen; von
irfiheT vorhandene müssen am Ende jeder Saison im städtischen Des-
infectionsapparate desinficirt werden. Das Nämliche hat mit Betten
zxk geschehen, in denen Curgäste gestorben sind oder an Infections-
krankheiten gelitten haben. Die lahalatorien müssen bei beschränkter
Anzahl der gleichzeitig Anwesenden gut ventilirt und bis auf 2 m
Höbe abspülbar sein^ ebenso der Fussboden. KuhstäÜe, aus welchen
r>«2
Beets,
Milch zu Ourzweckeo abgegeben wird, müssen unter amtsthieränst-
lieber Controlle stehen.
Reinl hat die schon früher dem schlesischen Bädertage mitge-
theilten bacteriologischen Untereuchungen von Mineral-
wässern fortgesetzt ( Rothes Kreuz VIIIj 13) und dabei ganz beträcht*
liehe Verunreinigurigeii nachgewieseTi. Die nicht koblensäureh alt igen
Wässer pflegen stärker vernnreinigt zu seio, als gewöhnliches Trink-
wasser j die KohleQsäure verhindert die Bacterienentwickeiung kräftig;
die stark saliniachen nicht kohlensäurebaltigen Wässer sind so ver-
unreinigt^ dass Eeinl sie für nngeeignet zum innerlichen Gebrauche
erklärt Die Veranreinignngen stammen nicht aus den Quellen gelbst,
sondern vermuthh'ch aus den Flaschen ond Korken» Um ein nicht
kohlensäurehaftiges Wasser aaf Flaschen füllen zu können, so dass
es dauernd frei von Bacterien bleibt ^ müst?en die Flascheü ausge-
kocht oder mit Dampf behandelt werdeo , in umgekehrter Stellung
an ataub Meiern Orte auskühlen, gefüUt und mit ausgekochten Korken
verschlossen werden.
Unter dem Titel: ^.Die Balneotherapie in der Augenheil-
kunde" hat Goldzieher auf dem zweiten ungarischen Balneologen-
Oongress eine ZusammenfassuDg derjenigen Erkrankungen des Auges
gegeben, bei welchen die Allgemeinerkranktmg durch die an ver-
schiedenen Badeorten zur Verfügung stehenden Factoren beeinflusst
werden kann, also z, B, die öcrophuiösen Ophthalmien durch Sool-
bäder, Lues durch Schwefelthermen, Diabetes durch Karlsbad, Tabes
duri?h Eiöenbuder bezw. bydropathische Procedoren (Pester med.
chir. Presse 1892 Nr. 16—18).
;l
Guinard ist der alten Frage nach der Eesorptionsfäbigk
der Haut wieder nähergetreten (Hef. im Oesterr.nngan Centralbl,
f. d, med. Wissenschaften Bd. 1, Nr. 92). Er liess einständige Arm- und
Fussbäder in wässerigen Lösungen von Sublimat 2 öj^p^ Jodkalium 2<>|,^,
Chlorlithium l^l^ nehmen; ferner in alkoholischen Lösungen von Jod-
kalitJm 1 ^iq, Chlorlithium 1 "/q, Salicylnatron 2 0|p* Sodann wurden
Einreibungen gemacht von 10" ^^igem Jodkalivaselin, 20%igem Chlor-
lithium vaselin und 15%igem ÖalicylnatronvaÄeliß. Nach Application
der Lösungen konnte der betreffende Stoff im Urin nachgewiesen
werden, mit Ausnahme der Salioylsänre, Für in fetten Medien sua-
pendirte Substanzen bildet die intacte Epidermis eine undurchdring-
liche Hülle. In der Mehrzahl der Fälle, in welchen scheinbar eine
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KHmatologie und Balneologie,
663
BasorptioB von StoÖeKi aus der SalbeDfonn stattfindet^ bandelt es
sich um ä&chtige Stoffe, deren Beeorption durch die Ätheni%vege
stattgefunden hat.
Für diejenigen , welche sich über die Bäder Frankreichs
instruiren wüUen , bringt Axel W i n c k 1 e r im balneo logischen
Centralbl. 1892, Nr. 12 ff. einen tiott geBchriebenen Ueberblick.
KIiiiiatDlo;s:ic.
Ueber die Vermehrnng der Blutkörperchen beim Auf ent-
halte im Hochgebirge, ein Beitrag zur Deutung der Bergkrank-
heit, wird von Egger in Arosa berichtet (Corre«pondenzbl, f. Schwei-
zer Aerzte 1892, Nr. 20). Egger weist zunächst E^li's Theorie über die
Entetehung der Bergkrankheit durch Abnahme des Hämoglobingehaltes
Burück» Dann berichtet er über eigene Untersuchungen, welche die
von Vianlt in den Oordilleren angestellten bestätigen und nacb-
weiaen, dass Hchon in einer Höbe von 18O0 m sich bei den aus dem
Flachlande neu Angekommenen die Zahl der Blutkörperchen rasch
vermehrt. Bei 13 gesunden oder kranken Personen stieg die Zahl durch-
schnittlich in IGTagen um 780000 im Cubikmillimeter. Bei Kaninchen^
die Egger in Basel und Arosa untersuchte, nachdem sie an beiden
Orten unter gleichen Bedingungen gelebt hatten, fand er ebenfalls
eine bedeutende Vermehrung, und zwar sowohl im Blute aus dem
Capillargebiet, als in dem Blute, das er grösseren Arterien ent-
nommen hatte. Bei fünf untersuchten Eingeborenen fand Egger
eine Blntkörperchenanzahl von durchschnittlich 7 Millionen. Egger
glaubt, dass es sich nicht om eine Eindickung der Säfte, sondern um
eine wirkliche Vermehrung handele, and fasst diese als Compenaa-
tionserscheinung auf. Wenn schon nach den Ergebnissen der La*
boratoriumsexperimente die Sauerstoffaufnahme erst beeinträchtigt
wird bei einem viel niedrigeren Sauerstoffgehalte der Inspirationsluft,
als ihn unsere bewohnbaren Höhen noch aufweisen , so sehen wir
doch in viel geringeren Höhen Athembesch werden auftreten und
Symptome, welche auf Sauerstoffmangel im Blute deuten» Egg er
erklärt das Wesen der Bergkrankheit als relative Anämie. Ein Ge-
sunder, der im Flachlande eine normale Zahl von Blutkörperchen
besitzt, hat deren zu wenig, wenn er auf grosse Höben kommt
Daher die identischen Beschwerden der Chlorotischen und der an
Bergkrankheit Leidenden. Die Acclimatisation beruht in nichts
Anderem, als in der Vermehrung der rothen Blutkörperchen, Bei
H4i4 Beetz.
öesüDdeu tritt diese rasch eiia, viel laogaAmer bei solchen, welche
aohon im Unterlande anämisch waren, und oft gar nicht bei denen,
deren blutbildende Organe schwer erkrankt sind (Lenkämie) oder
nicht mehr fanctioniren (hohes Alter). Die regnlatorische Tbätig-
keit des Oirculations- und Eespirationssystems, grössere Frequens
der Herzschläge und der Äthmung wird nur in der allerersten Zeit
in Anspruch genommen, bis die eigen tlicbe Compensation durch Ver-
mehrung der rothen Blutkörperchen erfolgt ist.
Veraguth in St. Moritz tritt in einem in der Internationalen
klinischen Bundschau veröffentlichten Aufsatze der Anschauung ent-
gegen, daas Herzaff ectionen im Hochgebirge ungünstig be-
einiluBst würden. Das sei nur der Fall, wenn dem Herren durch
Touren oder dergleichen eine Ueberanstrengung zugemuthet werde.
Die Wirkung des Hochgebirgsklimas auf das Herz ist eine zweifache:
eine vorübergehend excitirende und eine dauernd tonisirende. Am
geeigneteten sind die Kenroeen des Herzens für das in Rede stehende
Küma^ Klappenfehler bilden an sich keine Gegeuanzeige, nicht ver-
tragen wird es jedoch^ wo die Spannung im arteriellen System über
die Norm erhöht ist; ein günstiger Erfolg ist dagegen zu erwarten,
wo die Tension der Arterien eine zu geringe ist, falle dies nicht in
irreparablen Degenerationszuständen des Myocards seinen Grund hat.
Die besten Erfolge werden erzielt bei tünctioneller Herzschwäche und
bei anämischem Fettherz; die Patienten haben während der ersten
Wochen Anstrengungen zu meiden.
Hössli in St. Moritz veröffentlicht in der Deutschen med. Wochen-
schrift 1892, Nr. 35 ,j einige Bemerkungen zu den klimatisch an
Guren in den Alpen"^ im Specielleo über die Erfolge der Winter-
curen bei kleinen Kindern* Dieselben zeigen den grossen Nutzen,
welchen Trainirung des Muskelsystems bei schwächlichen, durch
Modethorheiten von dtsn Bewegungen in freier Luft ferngehaltenen
Kindern bringt, und dass dies am Besten im Hochgebirge anzu-
streben sei. Nicht auf die blosse Zunahme des Körpergewichtes, die
durch Fettansatz oder Wasser bedingt sein kann, kommt es hierbei
an, sondern auf das Krfiftigwerden der Muskeln, das normale Funo-
tioniren der Nerven und die bessere Widerstandskraft gegen Er-
kältungskrankheiten. Verf^ bringt als Beleg eine Krankengeschichte
mit den betreffenden Messungen. Was für die Kinder gilt, das gilt
oeteris paribus auch für schwächliche und besonders anämische Er-
wachsene, Freilich frieren diese im Hochgebirge mehr, als in der
Klimatologie ond Balneologie
mh
llbene; aber eben der dort eintretende W&rmeverlast bringt den
Patienten mit der Notb wendigkeit zu essen einen besseren Appetit.
Derjenige Mnskel, welcher der Stärkung am dringendsten bedarf,
das Herz^ £ndet diese am ersten im Gebirge; hierher gehören auch
die Neorastheniker, nicht zum Herumreisen, sondern zu länger dauern-
der consequenter Behandlung. Die bei den letzteren anfangs auf-
tretende Verschlimmerung ihres Leidens bringt keine Gefahr, sondern
ist eine Reaction, nach welcher sich der Kranke nm so schneller
accliinatiairtf je eher sie eintritt.
Beiträge „zur Klima tologie des Südens^ bringt C o n-
rad dar in der Wiener klin. Wochenschrift 1892, Nr. 35.
Zwei Wege bieten sich, wenn im Winter die Sonne sieb ent>
femt(?), derselben näher zn rucken und der heimatbliclien Nebel*
hülle zu entEiehen : der Weg in die Höhe und jener zum Süden,
Die geringe Dichte und Feuchtigkeit der diathermanen Höhenluft
bedingt einen Gegensatz ^wisoben Sommerwärme und Ltiftk<e,
der sich geltend macht in der einseitig erwärmten Körperoberfläche
gegenüber der mit kalter Luft versorgten inneren Oberfläche des
Respirationstractus. Diese Gegensätze sind oft erwünscht, indom
sie anregend auf Respiration, Circuktion und ötoflEwechsel einwirken,
aber sie sind uupaBsend, wo die klimatische Grandwirkung eine
sedative sein solL Wo die feuchte Wärme angestrebt wird, wie bei
allen subacut entzüiidlichen Processen^ ist die Insel ^ und wo die
trockene Wärme gesucht wird, wie bei den Störungen im uropoetigcheu
System, ist die Wüste das Paradigma des gewünschten Aufenthaltsortes»
Von den vier möglieben Combi nationen der Wärme und Feuchtig-
keit der Luft ist die Combinatioo feuchtkalt klimatotherBpeutisch
anbrauchbar; das trockenkalte, trockenwarme und fenchtwarme Luft-
regime finden sich im Hochgebirge, der Wüste und der Insel Ein
Mittelglied zwischen den beiden letzteren bilden die Küsten, Verf.
bat nun ^ um ^die klimatische Charakterfestigkeit^ einer Eeibe von
Stationen zu prüfen, den nngünstigen Winter des Jabres 1891 go-
wählt und die Temperatur im ersten Vierteljahr einer vergleichenden
Betrachtung unterzogen. Aus dieser hat sich ergeben^ dass von don
WintersuLtionen des westlichen Mittelmeergebietes Biskra in Nord-
afrika und Ajaccio die grösste Stabilität der WftrmeverhältniBse auf-
wiesen. Abbazia zeigt grössere Unregelmässigkeiten^ besser ist Lussin
piccolo (Insel im Quamero). Nizza und Algier verhalten sich ftbn*
lieh wie Abbazia, Das zum Vergleich angezogene Wien zeigt alle
denkbaren Unregelmässigkeiten» indem nicht nur die GrOnsc dut
rp66
Beet«.
AmplitadeD, soedero auch die TemperaturänderuDgen von emem Tage
zum andern ungeniem schwanken.
Aerztliche Mittheüungen aus Abbazia. Unter diesem Titel
läsBt Prof. Julius Glas seinem im Vorjahre in Gemeinschaft mit
Dr. Schwarz herausgegebenen Büchlein über den geBannten Oarort
eine Fortsetzung in xwanglos erscheinenden Heften folgen. Das eben
erschienene erste Heft enthält einen Ueberblick über die hygienischen
und meteorologischen Verhältnisse von Abbazia. Aus den beigegebenen
Tabellen geht hervor, dass die mittlere Jahrestemperatur Abbazias
höher ist, als jene der anderen österreichischen Wiiiterstationen,
welche unter dem nämlichen Breitengrade liegen, aber im Binnenlande
(Grörz und Arco). Ferner^ daes die mittlere Jahrestemperatur Abbaziaa
jener der Riviera di Ponente näher steht, ala jener von Görz, Arco
und Gries, sowie daas die Teraperaturextreme geringer sind, als an
den genannten Curorten des Binnenlandes. Abbazia ist somit im
Winter wärmer und im Sommer kälter als Arco, Görz und Gries.
Die relative Luftfeuchtigkeit Abbazias ist wesentlich grösser, als
jene der Riviera und der südtjrolischen Winterstationen, und die in
Abbazia beobachtete Niederschlagsmenge ist mehr als doppelt so gross,
als jene der genannten Orte. Schnee fällt in Abbazia seltener, als
in Arco, Görz und Gries.
In Leysin (Canton Freiburg) hat sich in der Höhe von 1460 m
«in neuer Luftourort auf^ethan , von dem Lerebouillet in der
Gazette hebdomadaire 1892, Nr. 80 berichtet. Das Klima von Leysin
ist besser als das von Daves für die überwinternden Patienten, denn
es ißt trockener, mehr besonnt, mindestens ebenso ruhig, weniger
kalt und geringeren Temperaturschwanknngen ausgesetzt Natürlich
sind die Bewohner sowohl gegen Phthisis wie gegen Infectionskrank-
heit^n immun; wie auch andere klimatische Curorte passt Leysin
weniger für vorgeschrittene Phthisen, als für Prädisponirte. Die in
anderen Stationen übliche Ueberemährung, „qui r^pugne aux estomacs
fran^^is", wird in Leysin nicht eingeführt. Das Sanatorium ist unter
Berockaichtigung der in Falkenstein, Davos und Canigon gemachten
Erfahrungen mit allem Comfort erbaut und wird unter der Pro-
tection der französischen Aerzte wohl seinen Weg machen , zumal
M. le Dr, L a u t h „saura varier le traitement suivant las indications
individuelles".
In der Wiener med. Wochenscbr. empfiehlt E. Kohn Sexten
im Pustertbale (Ötatiou Jnnicben) als Terraincurortj wozu es sich
I
I
I
I
Kliniat4Dlogie und ßalneologie.
(i67
wegen der gieiclimäasigen Steigung des au der Kirche begi du enden
Weges ^ seiner prachtvollen Natur und leichten Erreichbarkeit auch
eignen dürfte.
Algerien als Winteraufenthalt für Leidende von l>r. Herrn.
Reimer (Deutsche med, Wochenscbr. 1892, Nr, 42). Es eacistirt
kein zweiter Punkt^ der uns so schnell und bequem in die orientali-
sche Welt versetzt wie Algier, und hat dies für solchej welche den
milden Winter und die Möglichkeit reichlichen Laftgenusses suchen,
dadurch an Werth gewonnen, dass Unterkunft und Verpflegung sich
gegen fr&her bedeutend gebessert haben. Für den Winteriücht-
ling bietet Algier drei Stationen: Der relativ Gesunde, welcher
den Winteraufenthalt in einem milden Klima als eine Wohlthat
empfinden und sich dem vollen Reiz des orientalischen Lebens und
Treibens hingeben will, bleibt am besten im Strandquartier der
Stadt, Brustkranke thun am besten, die Strandhotels nur als Ab-
steigequartier zu benutzen und nach Mustapba sup^rieur überzu-
siedeln. Mustapha supt^rieur ist der hochgelegene Theil einer Vor-
stadt, welcher ein Villen quartier mit Gärten darstellt, von wo aus
man in luftiger Lage eine prachtvolle Aussicht auf die untere Stadt
and das Meer hat. Für Deutsche werden hier Hotel Kiacb und
H5tel d*Orient et continental empfohlen. Rheumatiker, Arthritiker
und Neuralgische, welche eine Therme gebrauchen wollen, ebenso
wie Blutarme und Nervöse, die vor Allem einen behaglichen Auf*
enthalt^ Ruhe und gute Luft suchen^ gehören nach Hammam R'irha;
dieser Ort, die alte Rdmerstadt Aquae calidae, ist in 4i;.| Stunden
mit Bahn und Post von Algier aus zu erreichen und lie^t 550 m
über dem Meere auf einer gegen Norden geschützten Terrasse.
Die ergiebigen Quellen haben in den Bassins eine Temperatur von
42—440 0, und enthalten Gips (1,30%) und Ciiloralkayen (0,9%).
Man badet 10 — lö Minuten und ruht dann, in Decken gebullt, in
den Scbwitzstuben. Ausserdem entspringt in Hammam RVirha eine
schwache, 19** 0. warme Eisenquelle (Ferrum bicarbonicum 0,01 "/qq),
die Mittags mit Wein gemischt getrunken wird.
Die Beschaffenheit der Nordseelnft hat Kruse untersucht
[ (Baineolog. Centralbl Bd. 2, S. 294). Setzte er bei starkem Winde
und kräftigem Wellenschläge einen Objectträger in aenkrechter Lage
in einer Entfernung von 10 m von den Ausläufern der Wellen der
Luft aus, 90 sah die dem Winde zugewendete Seite in 15 Minuten
wie angehaucht aus. Unter dem Mikroskop sieht man hier kleine
mB
Beetz.
Tröpfchen, welciie bei der Verdunstung Salzkryötalle Kurücklaseeo*
Bei Windstille gelingt der Versuch nicht. Die Menge des ange-
ilogeneo Salzes richtet sich nach der Windstärke. Auf offener 8e©
fehlt der NiederJäcblag - derselbe iat also abhängig von der Brandung.
Hierbei zerschellt ein Theil der Woge in unzählige Tropfen, von
denen die kleinsten vom Winde entführt werden. Bei Aspiration
der Luft durch einen oben offenen Trichter konnte der Chlorgehalt
der Seeluft quantitativ bestimmt werden, und fanden sich in 1000 Litern
Luft bei mitteSmäasfg starkem Wind und kräftigem Wellenschlag am
Strande 52 mg Chlor, bei Sturm ','2 km vom Wasser entfernt 35 mg.
Balneologie,
M, Höfler in Tölz-Krankenheil hat während der Trink- und
Badecur eine grosse Anzahl von Körpergewichtsbestimmungen
vorgenommen (Balneolog* Centralbl. Bd. 2^ S. 160). Seine Tabellen
zeigen, dass neben OewichtKabnabme auch ein Gewebsansatz erfolgen
kann, ferner, dass trotz sichergestellter Gewichtszunahme das Unter-
bautfettgewebe auffälüg geschwunden, die Taille schlanker geworden
sein kann, Drüsenanschwellungen .sich zurückgebildet haben, Exsudate
aufgesaugt worden sind n. e. w. , wie ja auch Schuster bei seiner
Arbeit über die Kost in Gefängnissen festgestellt hat, dass bei besserer
Kost und Bewegung die Gefangenen leichter werden, da der
Wassergehalt des Körpers verhältnissmäsaig ab-, die Mnekelsubstanz
aber zunimmt. H 5 f l e r nahm eine derartige Ahnahme bei guter
Ernährung hauptsächlich bei Männern wahr. Zunahme des Körper-
gewichts findet sich Öfters heim weiblichen Geschlechte; am stärksten
ist die Zunahme bei den Serophulöaen. Bei Luetikern ist die Con-
Btanz des Körpergewichts prognostisch günstiger, als Aenderungen
des Gewichts, selbst wenn es Zunahmen sind. So grosse Schwan-
knngen, wie sie der kindliche oder jugendliche Organismus zeigt^
kommen beim älteren nicht mehr vor.
Einen Beitrag zur Kenntniss der m edica men tosen Seifen
liefen Pas ch k i s-Wien in der Pbarmaceut. Post 1892, 8.20.
Keine der Krankenheiler Jodsodaseifen enthält Jod; es sind diese
Seifen schwach parfümirte weisse Cocosnussol sodaseifen von ge-
ringer Alkalescenz, und ist sowohl die Bezeichnung Jodsoda- wie
Jodsoda schwefelseifen unrichtig, da auch Schwefelsiure in der
mit Nr. 1 bezeichneten Seife gar nicht, in Nr. 2 und 3 nur in Spuren
vorbanden ist.
Klimatologie und Balneologie.
6ü**
Lindem an n^Helgolatid hat lo der balneologischen GeBelbchaft
ztt Berlin (11, März 1892) über die Wirkeng des Meerwassers
yorgetragen. Zur Klarstellung der Frage, in wie weit man berechtigt
sei, die fftr kalte Wasser- und Soolbäder beobachteten Thatsachen
auch auf die Seebäder zu übertragen, hat Lindamann eine grossere
Anzahl Süss- und Seewasserbäder unter möglicbfit gleichen ße-
dingnngen in der Wanne genammea, bezw. von Anderen nehmen
lassen, und hierbei den Puls, die Respiration, Blutdruck, die Tem-
peratur der Haut und der Höhlen bestimmt. Der Salzgehalt betrug
3,7 0(q. Nach den Bädern trat PulBverlangsamung ein, die nach
dem Seewasserbade länger anhielt, als nach dem Süsswasserbade.
Der Blutdruck war nach den Bädern erniedrigt, nach etwa einer
Stunde aber erhöht; ein deutlicher Unterschied zwischeia Süss- und
Seewasser war nicht nachzuweisen. Der Puls verlangsamung ent-
sprach eine Verminderung der Ke.Hpirationsfrequenz. Die Lungen-
temperatur war nach den Seewasf^erbadern höher^ bIb nach den Süss-
wasserbädem. Die Hauttemperatur verhielt sich bei Theilbädem
umgekehrt; bei den Vollbädern steigt die Hautwärme nach dem
Bade schneller bei den Seebädern, als nach den Süss wasserbädem
und überschreitet die vor dem Bade gemessene Temperatur. Der
Wellenschlag im Seebade wirkt wie eine kräftige Abreibung als
reactionsbefördernder Hautreiz* Aehnliche Versuche sind im Vor-
jahre von Keller -Rheinfelden angestellt worden^ die sich wesentlich
auf die Unterschiede im Stoffwechsel bezogen und eine deutliche
diuretische Wirkung des 3%igen Salzbades ersehen Hessen.
üeber den Gebrauch der Nordseebäder (Deutsche Med .-Ztg.
18i>2, Nr, 23). Kruse in Norderney hat bei einer chlorotisohen Dame
nach dem Gebrauche von Nordseebädern acute Dilatation des rechten
Herzens gesehen; er warnt vor zu langdauernden Seebädern bei
Chlorose, lässt anfangs nur eine Minnte, später 8^ — 4 baden und bei
stürmischem Wetter ganz aussetzeiij um Ueberan strengung der Mus-
culatar zu vermeiden. Ebenso bedarf das Verhalten bezüglich des
Luftgennsses genauer Regelung, da die geschwächten Patienten schon
der mhige Aufenthalt in der kühlen, bewegten Meeresluft ermüdet,
in den Fällen, in welchen die Anämie mit parametriti&chen Exsudaten
verbanden ist, werden warme Seebäder genomn^en, bei Nacht feucht-
warme Eiopackungen des Unterleibes, event Massage» Der übliche
Gebrauch geistiger Getränke ist einzuschränken.
Unter dem Titel: Die Seebäder und ihre Anwendung hat Axel
Winckler einen Leitfaden herausgegeben, der alles Wissen swerthe
670
Bc^tz.
Über die Wirkang der Seebäder, Seeschlamm- und Sand-
bäder, sowie die zu beobachtenden Baderegelo ond ferner ein Ve
zeichniaa nebst kurzer Charakterisirung der verschiedenen Badeorte
enthält. Das mit bekannter Grewandtheit und gut lesbar geschriebene
Büchlein wird der mit den einschlägigen Verhältnissen nicht persön-
lich bekannte Arzt gern als Rathgeber benutzen.
Prof. E, Ludwig hat den Säuerling von Selters bei Weilbnrg
in Nassau analysirt» Die Quelle war in den zwanziger Jakreo infolge
der Labnreguliriing verschwunden und ist kürzlich wieder autge-
fnnden worden. Die Quelle liefert stündlich 1200 Liter Wasser.
Lodwig fand in KXXK) Gewichtstbeilen; Chlorkalium 0,2, Chlor-
Batrium 5,3, Chlormagnesium 5,4, doppekkohlensaures Calcium 21,7,
doppeltkohlensaures Mangan 0,3, Kieselsäure 0,3, freie Kohlen-
säure 2B,7. Das Wasser wird unter der Bezeichnung Originalselters
in den Handel gebracht.
In der BerL klin» Wochenschr. veröffentlicht Emil Pfeiffer-
Wiesbaden in einer Reibe von Artikeln Neues über Harnsäure und
Gicht. Beim Gichtkranken in den ersten Stadien wird weder mehr
Harnsäure auage schieden, noch mehr Harnsäure producirt, als in der
Norm, sondern der Hsuptunterschied zwischen dem Gichtkranken
und dem Gesunden beruht in der Production einer allzu ausscheid-
baren Harnsäure. Das vornehmste Bestreben muss also sein^ die
Harnsäure zu binden. Dies geschieht am sichersten und ausgiebigsten
durch den andauernden Gebrauch von Alkulien und am angenehmsten
durch den Gebrauch von alkalischen Mineralwässern^ wie Vichy,
Bilin, Fachingen, Offenbach, Salzbrunn. Das in den Wässern von
Vichy und Fach in gen reichlich vorhandene doppeltkohlensaure Calcium
wirkt unterstützend auf das doppeltkohlensaure Natrium^ indem es
eäuretilgend in den ersten Wegen wirkt und so einen Theil des
Natriums vor der Bindung an starke Säuren schützt. Die Wirkung^
dieser alkalischen Wässer darf jedoch nicht nach dem Säuregrada
des Urins gemessen werden, soDdern nur nach der wirklichen Bin-'
düng der Harnsäure im Urin. Es kann ein sehr saurer Urin alle
Hajmsäore in gebundenem Zustande, und ein schwach saurer viel
freie Harnsäure enthalten. Wenn man sich nur nach dem Säure-
grade des Urins richten wollte, so müsste man den Urin fortgesetzt
alkalisch erhalten. Ein solcher Vorschlag ist in der That von Mord*
hörst (s. dieses Jahrbuch 1892, 8. 718 u. 331) gemacht wordöiij
dieses Verfahren ist aber ungeeignet ^ da durch die Möglichkeit d€
Klimatologfe and Balneologie.
671
^Fbo8|kluitftosscheidaiig im alkaUscben Urin die Idslicbeii bamsaareii
mit einer unldslicbeo Scbicbt van Pbo^pbaten ombülit werden
rkAnnten and &o far weitere Lösung sversncbe nicbt geeignet sein
würden« Tut die völlige Bindang der H&msäore im Urin eines Gicbt-
imd Stein kranken ist aber ein täglicb getrunkener Krug einee der
genannten Mineralwässer völlig anareicbend, obne dass der Uria
jemals alkalisch oder auch nur neatral sa sein branelile. In etoem
Bef(»ate über die genannte P fei ff er'scbe Arbeit bemerkt die Aent«
liebe Bnndsebau ^ Dr. Kröcbe ^ 1892, S. 29& iber das toh
Mord hörst empfohlene Wiesbadener Gicbtwasser: Tom rhiwni'Pffm—
betrachtet eignet steh wohl kein Mineralwaaser so ven%
eÄDSD Zosttts TOD doppeltkohlensaurem Natrium wie der Wie»*
KoeUnmiiisiL Es finden dorch die in dwmsallwm moflmii-
denen Calcium-, Msgnwtiom- und Eiseasahe so qmfsa^gyeiefce Zer-
setemgen mit doppel&ohlensaurem Natrium slatl^ daas w» dea ar-
^rtagltdieB Salieo des Eochbmnnens fast nidiis aafe llitig bleib^
tmd daas das Eadneoltat fast nur eiee Aaflasaag
and doppeltkohleasaaram Natrium in eine
waranrciitlgtga Wasser ist. Wegen der
KocUmaraaBwaaser bei Zuaats von
TOT aicli gellen, maas das Frodaet wimKoh ta graesea Ge*
einer Klärung unterworfeoi werden, and bei
eatwiekein sich in demselbea^ ab ia einer gutan Hüirleanag^ i
Bacterien; es wäre eatachiedea rationellerf daaa maa, weoB mtm mh
SB dea PriacspieB des Wiesbadener OJehrwaacri bekamt, daanriii^
dordi Asfldaen yud 7,5 g doppahkohlfiaeanfm Nairiam aad 7^ g
Chlomatfigm m 1 liter baelecieDGreieii !biakwaaaera aeftai
ab eia nmdk anhjgieaiaebefi Principien bermtelaa Oetviak
Mordhorst bringt ubrigeaa Ia der ]
189S, Nr* 4&-^7 eine Eeihe von
hei¥orgehty daaa ein ToUätiodiges
kiTslalle dorrb kam aaderea Mjitel i
Wicabadaaar 0icbtwaaaer, darah wc
dea Kaefatbanea, aaf 2,^—0^
neatral und seibat alkaliseh; o* war
hielt kein 8i%dimetft ▼oo
aacb langwai Stäben tribte
faraacbe voa sehr kaflcraicbi
gnaa soll alaa dareb das Wieabadener
war, ala dareb
i die Aiftdififl, aal
Ta^awarderH
i^7U
Beetz.
Die Oberaalzbriinner Kronenqüelle wird aufs Neue von
Alafberg (Müüch* med. WocbeDacbn 1892^ Nr. 10) gegen barosaure
Diatbese empfohlen. Yerf* atammt aus einer Familie von Artbntikeni
und hat selbst wiederholt an der Krankheit gelitten. Seit 188B
trinkt er jährlich 50—60 Flaschen Kronenquelle und ist seit 9 Jahren
von der Gicht verschont geblieben, mit Ausnahme eines leichten
Anfalles im Jahre 1889, als er den Oebrauch des Wassers ausgesetzt
hatte. Gleiche £rfabruogaD wurden hei anderen Patienten gemacht,
und betont Alafberg, dass die Cur consequeDt sehr lange Zeit
hindurch fortgeführt werden muss.
Die Auflösung eines harnsauren Blasensteinas durch
das Emser Wasser theilt E. A r o n s o h n in der BerL klin.
Wochenschr. 1892, Nr, 41 mit. Dem Patienten war im Jahre 1878
von Langenbeck und Schönborn das Vorbandensein eines
Blasensteines bescheinigt worden; ersterer hatte , weil Patient eine
Operation ablehnte, den Gebrauch der Emaer Trmkcur gerathen,
und hatte Patient 4 Wochen lang taglich 1 Glas Kesselbrunnen,
ü Glas Kräöchen und 2 Victoria getrunken. Hierauf verschwand
der Stein, und wurde dessen Nichtvorhandensein von Langen-
beck 1878 und wiederholt im Jahre 1885 bestätigt.
Kalk- und Magnesiabrnnnen als Heilmittel der Nieren*
Steinerkrankungen von Dr. Golovien in St. Petersburg (Aerztl.
Rundschau 1892, 19. März). Anstatt nach Lösungsmitteln für die Harn-
säure zu suchen, würde es rationeller sein^ die überflüssige Bildung
der Harnsäure zu verhüten. Das im Harne befindliche phosphor-
saure Natron bindet Alkali wie eine Säure und macht Harnsäure
frei. Man muss demnach Diät und Heilmittel so einrichten, dass
nicht zu viel phosphorsaures Natron im Organismus gebildet wird.
Bei Einnahme von Kalk- und Magnesiasalsen findet eine Abnahme
der ausgeschiedenen Phosphorsäure und gleichzeitig eine Steigerung
der Urinmenge statt; dabei wird aber wenig Kalk und Magnesia in
den Satteatrom aufgenommen. Es wird also „derjenige Brunnen der
beste sein, welcher reichlich Kalk und Magnesia enthält Die bisher
aus miäs verstandenen chemischen Anschauungen hervorgegangene
Perhorrescirung der kalkhaltigen Mineralwässer ist eine irrige, wenn
es sich darum handelt, die Harnsäurebildung au beschränken". In
Deutschland ist übrigens diese Perhorrescirung nicht üblich, und
Golovien führt selbst an, dat>s dte bei Nierensteinen hauptsächhch
gebrauchten Wässer reich seien an Kalk- und Magneeiasalzen. Die
Versuche, mittels innerlichen Gebrauches von Alkalien Concremente
von einigermassen erbebHohem Umfange zur Auflösung zu bringet}
Klimatologie und Balneologie.
673
Ü
haben keine ernste Bedeutung; gegen den Nierensand kann man
aber erfolgreich kämpfen. Magnesia und Kalk machen, indem sie
Pbosphorsäure binden, Natron in einer zur Neutralisation der Harn-
säure nöthigen Menge frei uod verhindern nicht nur das Auftreten
der Nierensteinkölik , sondern beseitigen auch die Schmerlen und
neurasthenischen Beschwerden, welche von der Heizung der ner-
vösen Elemente der Nieren und der Harnleiter abhängen.
, gäure
^^«•stei
¥
Zur Behandlang der Scrophulose und der Chorea minor
bei scrophulösen Kindern bat Fürst- Leipzig die Guberquelie in
Srebrenica verwendet (Deutsche Med.-Ztg. 1892, S. 663) in ähn-
licher Weise, wie dies im Vorjahre durch Kersch geschehen ist
(8, dieses Jahrb. 1892^ S. 728), Das genannte Wasser, welches im
1000 TheiJen 0,37 schwefelsaures Eisen oxydul uod 0^006 Arsenik-
Bäureanhydrit enthält, eignet sich zu längerem Gebrauche, da es gut
agen und nicht ungern genommen wird. Die Gabe war in der
ten Woche 2mal täglich ein Kinderiöffel, zweite Woche 3mal ein
Kinderlöifelj dritte Woche 3mal ein Esslöffel. Vorletzte Woche der
Cur wie in der zweiten, Schlusswocha wie in der ersten Woche j
stets eine Stunde nach den Mahlzeiten zu geben. Die Hämoglobin-
bestimmongen ergaben im DnrchschDitt eine Zunahme von 1B\^
die Blutkörperchenzählungen eine solche von i^b^QO0. Zelt der Be-
handlung durchschnittlich 8 Wochen. Die nach Arsengebrauch sonst
auftretende Oligocythämie blieb aus. Fürst schliesst aus seinen
Versuchen, dass die GuberqueUe die mit Anämie verbundenen Formen
der Scrophulose rasch und sicher heile, bei Chlorose weniger auf-
fällige, aber befriedigende Resultate ergebe und gegen die mit Anämie
verbundene Chorea minor eine fast speci lisch e Heilwirkung habe.
Kleinwächter empfiehlt im Frauenarzt (1892, Xj die Guber-
quelle zu Srebrenica gegenüber Boncegno- und Levicowasser, weü
bei dem ersteren der Arsengehalt kein coustanter, und das letztere
eine Mischung des starken Wassers mit QueUwasser ist, Klein-
wächter wendet die Guberquelie vorzugsweise bei Chlorose, die
mit Anämie complicirt ist, an, lässt dieselbe 6^8 Wochen lang
ninken und begiont mit zwei Esslöffeln des Tages, bis zu sechs Ess-
löffeln steigend. Gegen das Ende des Trinkens wird in gleicher
Weise die Gabe vermindert.
Ewald und Dronke haben mit Levicowasser eirperimentirt
(Berl klin* Wochenschr. 1892, Nr. 19), Es handelte sich um eine
21 Jährige Erzieherin, welche an allgemeiner Körperschwächa mit
Jahrbuch d. pract Medicin. 18Ü3 4S
B74
Beetz.
Olmmächtsanfälleii^ heftigem Durcbfalte und Erbrechen litt. Vor Be-
ginn der Behandlnng feinden sich 82% Hämoglobin und & 120000
rothe BlntkörpercheUi und bandelte es sich nicht um Chlorose oder
Auämiei sondern um einen nearastheniöchen Zustand. Die Patientin
wurde nicht auf eine bestimmte Kost gesetzt, aber es wurden die
Speisen, welche genossen wurden, genau abgewogen. Während der
ersten 8 Tage wurden zwei Esslöffel schwächeres, dann zwei Eäs-
löffel starkes Levlcow asser gegeben. In der ersten Periode bat Pa-
tientin 45/1 g ö tickst off == 1294 Fleisch augesetzt, in der zweiten
37 j8 Stickstoff = 10ti*i g Fleisch. Diese Zunahme war nicht bedingt
durch günstigere Lebensbedingungen im Augustahospital , da sich
Patientin vorher in den günatigaten äusseren Verhältnissen be-
funden hatte.
Das Schwefelbad Ilidze bei Serajevo io Bosnien, von E. Lud-
wig-Wien. 13 km westlich von Serajevo au der Bahn Serajevo-Moetar
liegt eine mächtige Therme von 51*> 0. Dieselbe enthält in 1000
Theilen: 0,8 schwefelsaures Natrium, 0,5 Chlorcalcium, 1,0 Kalium-
bicarbouat, 0,4 Magnesiumbicarbonat, 0,4 freie Kohtensäure* Dan
Wasser ist sehr ähnlich der Ficoucellaqiielle bei Civitavecchia* Es
Endet innerlichen und äusserÜchen Gebrauch und wird zu letzterem
in zwei grosse Kühlbassins geleitet, von wo es mit der gewünBchten
Badetemperatur zur Verwendung kommen kann.
Nach einer MittheiluDg von v. Tjmovski wurde in8chinznach
ein Neubau für Gurgelungen, Trink- und Inhalationscur hergestellt.
Für letztere bestehen Apparate zur Pulverisiruug des Wassers
— dies wird auch äusBerlich gegen Ekzem und Akne verwendet —
und für feuchte und trockene Inhalationen, je nachdem sich die
Patienten im feuchten Nebel oder im gaserfüllten Raame aufhalten.
Pro 11, Curarzt in Meran und Gasteiu, bedauert in einer Bro-
schüre über die Gebrauchsmethode des versendeten
Gasteiner Thermalwassers, dass das Gast ein er Wasser noch
zu den indifferenten Thm'men gezählt werde» „da durch die Gasteiner
Heilquelle die Elektricität stärker geleitet wird, als durch jede andere
Wasse^gattuug^^ Er wünscht^ dass in jeder grösseren Stadt und
jedem Seehafen Europas ein grosses Depot von Gasteiner Wasser
sich befinden möge, um jedes weit fahrende Schiff und auch die
grösseren Städte jenseits des Meeres mit einer genügenden Menge
desselben versehen zu können. Da^u dürften »llerdings selbst die
Oasteiner 4 Milliouen Liter nicht reichen.
Klimatologie und Ealneolagie.
675
SteinscliDeider-Franzeoöbad^ Wie sollen Moorbäder ge-
braucht werden? (Wien. med. WocheDschr. 1892, Nr. 25 and Med.-chir,
Rundschau S. 507.) In FranzenBbad werden 75^150 kg Moorerde
zu einem Bade verwendet; das fertige Moorbad enthält eine grosse
Menge (750|q) unlöslicher Bestandtheile; je nach dem Verhältnisse, in
welchem es mit dem Mineralwasser gemengt ist^ stellt es einen mehr
oder weniger dicken Brei dar^ dessen Wärm ecapaci tat geringer idt,
als jene des Wassers. Ein Moorbad von mehr als indilFerenter
Wärme erhitzt daher nicht so, und ein kühleres entzieht nicht so
viel Wärme, wie ein gleich warmes Wasserbad, Die 26% löslichen
Stoffe wirken theils reizend, theils zusammenziehend auf die Haut.
Ein Eisenmoorbad j dessen Temperatur über die indifferente Bade-
wärme hinausgeht, bewirkt daber eine nach Temperatur und Üonsi-
stenz verschieden grosse Erregimg, Vermehrung der Puls- und Re-
spiration sfrequenz und Zunahme der Eigenwärme auch bei geringerer
Dauer des Bades, als ein Wasserbad. Aehnlich ist die Wirkung des
Moorbades, dessen Temperatur niedriger ist, als die indifferente Bade-
wärme, nur dass es im Anfang sich aJs kühl bemerkbar macht. Wo es
sich um Hebung der Ernährung und nm Anregung des Stoffwechsels
handeltf ist ein Moorbad mittlerer Consistenz, indifferenter Wärme und
8 — 12 Minuten Dauer angeKeigt^ jeden 3. — 4. Tag, im Ganzen zehn
Bader. Soll mehr die adstringirende, tonisirende Wirkung der Moor-
bäder zur Geltung kommen, wie bei den Katarrhen der weiblichen Sexual-
organe, bei Erschlaffung der Schleimhäute und Bänder (!), so wird der
Moor dicker genommen, und bei indifferenter Badewärme alle 2 Tage
mit längerer Dauer, 10 — 20 Minuten, gebadet, im Ganzen 12 — 15 Moor-
bäder und zwischendurch Stahlbäder. Bei chronisch entzündlichen
Processen, Exsudaten kommen dicke warme Bäder von längerer
Daner, in Summa 18 — 20 an die Reihe. In jenen Fällen^ in welchen
ein einmaliger Gebrauch einer massigen Reihe von Moorbädern nicht
«um Ziele führt, ist es besser, die Cur zu wiederholen, als in einer
einzigen Behandlungsreihe den Erfolg auf Kosten der Widerstands-
kraft gewaltsam anzustreben.
Deicbmüller- Muskau hat dem XX. schlesischen Bädertag©
über Moor und Moorbäder berichtet. Er pol emisirt gegen Forel^
welcher die Wirkung der Bäder als auf Autosuggestion beruhend
bezeichnet hat, und sieht den Einfluas des Moores neben der allge-
mein anerkannten physikalischen Einwirkung in der Aufsaagung
dttrch die Haut. Er betont hierbei, dass die saure Reaction einer
Moorart den darin enthaltenen Harzen zuzuschreiben sei; das ist
weht richtig, denn hieran ist in erster Linie die Schwefelsäure schy
G7(>
Beetz.
und temer, dass im Muskauer Koor nach gewiesen werden könne ^
dass Ozon an die Harze gebunden sei, was allerdings noch merk-
würdiger ist.
Bei Gunzendorf zwiaclien Nürnberg und Eger sind beträcht-
liche Moorlager aufgedeckt worden^ deren therapeu tische Verwendung
beabsichtigt ist. Die Analyse einer Durchschnittsprohe ergab in
100 Theilen: Wasser 3 7,0^ organische Substanz 30,1, Kieselsäure 1,0,
Eisenoxydul 7,6, Eisenoxyd 3,2, Schwefelsäure 10j4
Hydrotlierapie.
Heber die hydrotherapeutische Behandlung der Cholera
berichtet Winternitz (BL f, klin. Hytiroth, 1892^ Nr. 7), Nachdem er
einer vernünftigen Abhärtung durch feuchte Abreibungen bezw. kalte
Kegenbäder das Wort geredet, bespricht er die eigentliche Behandlung
der Cholera. Auf Grund der Erfahrungen von Gull, Dtetel, sowie
seiner eigenen wiU Winternitz die prämonitijrische Diarrhoe ener-
gisch bekämpft wissen. Am promptesten wirkt die hjdriatische Be-
handlung. Winternitz siebt das Wesen der Cholera in der massen-
haften Transeudation und in der Anhäufung der sonst fortgeführten
und neutraliöirten Hückbildungaproducte des Stoffwechsels, nicht
aber in einer ausschliesslichen Giftwirkung seitens des Cholera«
bacillus. Der causale Process bleibt immer die Lähmung der Darm-
nerven, die Lähmung der Darmgefäsae. Die Hauptaufgabe ist es
demnach, eine mächtige Innervationserregung im Splanchnicus und
dem von diesem versorgten Gefässgehiete hervorzurufen^ selbst wenn
die Kommatoxine die Lähmung veranlasst haben. Durch den thermi-
schen und mechanischen Eingriff der Wassercur werden von den sen-
siblen peripheren Nervenendigungen dem Centralorgane Reize zuge-
leitet, und von hier aus Reüexe zu den verschiedensten Organen fort-
geleitet. Unter solcher Einwirkung wird dieHerzaction eine kräib'gere
und die Innervation in den Vasomotoren eine höhere; man sieht,
wie die so bewirkte Innervatianssteigernng im Splanchnicus die Ge-
fässe des Darmes und der Unterleibsorgane zu mächtiger Zusammen-
Ziehung bringt, den Blutdruck erhöht und die Circulation kräftigt.
Ein Gefäss mit hoher tonischer Spannung seiner Wand wird dem
Durch tritte seines Inhaltes einen grösseren Widerstand entgegen-
setzen, als ein erschlafftes paretisches oder paralysirtes Gefäss; anter-
stiktzt wird dieser Effect durch Proceduren, welche nachweislich die
peristaltische Bewegung verlangsamen, die Ausscheidung in den Darm
vermindern und die Aufsaugung fördern* Die Methoden, mit dene^
KHmatologie nnd Balneologie,
t)77
solclie mächtige Effecte zu erzielen sind, können ziemlich verschieden
sein. Die einfachste, am leichtesten überall durchführbare und fast
ausnahmalos wirksame ist die einer Abreibung mit einem in mög-
lichst kaltes Wasser getauchten, meist etwas ausgerungenen Lein-
tnche, der man unmittelbar, ohne vorherige Abtrocknung, ein
8 — 10 — 12gi'adigeB Sitzbad in der Dauer von 15, 20 — 30 Minuten
folgen läsöt. In diesem Sitzbade muse der Kranke an allen nicht
im Wasser befindlichen Theileo gut in eine Wolldecke gehüllt sein
tuod dessen Unterleib kräftig frottirt werden.
F o d 0 r in Wien hat eine Reihe von Malariakranken,
bei welchen der Gebrauch des Chinins keine Hülfe gebracht hatte,
mittels hydrotherapeutischer Proceduren zur Heilung ge-
bracht: kurzer kalter Begen^ Fächerdouche 20 — 30 Secunden gegen
die Milz bezw. die Leber» Wesentlich ist hierbei , dass die Appli-
cation der feuchten Kälte kurz vor Beginn des erwarteten Frost-
aDfailes erfolgt.
Im Vorjahre hat W i n t e r n i t z ein neues hydriatisches
Verfahren in Vorschlag gebracht, welches darin bestand, zwischen
der trockenen und der feuchten Einpackung des erregenden Stamm -
omschlages eineo aufgerollten Schlauch anzubringen, durch welchen
warmes Wasser fliesst. Dies Verfahren wurde durch B a x b a q m-
Wien mehrfach angewendet, welcher es bei Hyperemesis gravidarum ,
Dysmenorrhoe und Parametritis angelegentlich emptiehlt.
Generalarzt Dr. Förster gibt in der Aerztlichen Rundschau 1892,
8. 67 ein vorzügliches Kühlungsmittel für das Hinterhaupt
bekannt, das er besonders für die Kioderpraxis empfiehlt; das Eis-
kataplasma. Auf ein Stück alter Leinwand von 60 : 90 cm wird in der
Mitte in einer Ausdehnung von 20 : 30 cm eine 1 ^f^ Finger starke Schicht
Pkcenta seminis Lini pulverisati ausgestreut. Dieses wird mit einer
r gleich hohen Schicht Eissttickchen belegt, und auf diese wieder
1 Finger dick Leinkuchenpulver gestreut. Das Ganze wird nach Art
eines warmen Kataplasma zusammengefaltet und als Kopfkissen unter
das Genick des Kranken gelegt« Mit der Eisblase ist eine derartige
r Kühlung nicht möglich. Das Bett wird hierbei nicht durchnässt, weil
das schmelzende Eis vom Leinkuchen aufgesogen wird, Wechsel je
nach Zimmertemperatur erst in 4-^7 Stunden nöthig. Krüche em-
pfiehlt statt des Leinsamens die Holzwolle ^ welche auch das Eib^
.'irasser gut aufsaugt.
Erttohe hat ein Lehrbuch der practiBoIieii Waäserheil-
künde eräcbmnen laisen. Das Buch wird den zahlreich eu CoMegen ein
practischer Eatbgeber sein ^ welche wenig GelegeBbeit hatten^ sieh
mit der genannten Disciplin vertraut zu machen. Da bassoDders die
Technik kurz aber trefflich geschildert und durch Illustrationen leicht
Teratändlioh gemacht ist^ kann die Schrift auch dem L^aien in die
Hand gegeben ^verden^ als Gegengewicht gegen die vielen Wasser-
bücher eweifelbafter Provenienz, die sich heutzutage in fast jeder
Familie finden.
XIV.
Grerichtliclie Mediciii.
Von Kreifiphysicus Geb. SaDitätsrath Dr, Wiener in Uraudeos«
A. Allgemeiner ThelL
U e b e r L e i c lie D V e r fä r b u D g: e n.
Gelegentlich eines Ob ductionst alles bei einer aufgehängt gefun-
denen Leiche y welche ß Tage in der Wohnung und 3 Monate im
Grabe gelegen hatte, wurde der Wissenßchaftlichen Deputa-
tion die Frage zur ßegutachtung vorgelegt^ ob die vorgefundenen
Verfärbungen am Halse, dem recfateo Oberschenkel und dem rechten
Arme Folgen des Verwes ungsprocesses seien, oder ob diese An-
nahme bestimmt ausgeschlossen werden könne« Nach dem Obductions-
protocoU waren die Bauchdecken schwär zlichgrün verfärbt, die Rücken-
fläche blauroth, die Extremitäten biadsröthlich-gelb»
1) Auf der also verfärbten rechten oberen Extremität fand sich
am Oberarme^ über dem Ellenbogen beginn end^ ein gelber 10 cm langer
und 6 cm breiter Fleck, den deutliche Venen durchzogen. Einschnitte
in den Fleck zeigen keiuen Blutaustritt.
2) Der Fleck an der Hüfte, 10 cm lang und 5 cm breit, wird aJs
schwärzlich verfärbt bezeichnet. Er zeigte kein freies Blut im Unter-
hautbindegewebe,
3) An der rechten Seite des Halses ist die Haut nach Abwischen
der Schimmelbildung rothbräunlich. Schnürfurche, unterhalb welcher
die Haut noch in der Länge von 7 cm und der Breite von B <:.isi Vy^&«Tk.>
dera dunkelrothbraun gefärbt iat.
680
Wiener,
Das MedicinalcoUegium hat diese Flecken bezw. Verfärbungen
auf Gewalteinwirkungen, welche die lebende Person trafen, bezogen,
weil die betreffenden Stellen ausserhalb des Gebietes liegen, welches
erfabrungsmässig Hypostasen ausgesetzt ist^ und weil sie scharf um-
schrieben waren. Die Veränderungen am Halse fährte das Gollegium
auf Blatergüsae an der Lebenden im ünterbautzellgewebe und den
tieferen Weichtheilen zurück wegen ihrer Lage an der vorderen
Halsüäcbe, woselbst naturgemäas Stockungen am meisten auage-
schlössen sind, und weil sie streng umsebrieben waren, während
Verfärbungen an Leichen durch Btutfäulniss sich auf weite Ge-
biete erstrecken und verschwommene Grenaen haben. Dieser
Ansicht träfe die Wissenschaftliche Deputation entgegen. Solche
Flecken, wie am Oberarme, fäcden sich an Leichen nach 8 bis
14 Tagen und noch später sehr häufig. Sie entständen nach Ab*
hebung oder Abstreifung der Oberhaut vor und wäbrend des Ver-
wesangsprocesses, infolge von Eintrocknung. Niemals dürften sie
als sicheres Zeichen einer Gewalteinwirkung, welche im Leben statt-
gefunden, ange^sehen werden. Das wäre nur dann zulässig, wenn im
ünterhautbindegewebe Sparen eines Blutergasses^ vor allen Dingen
Einlageningen geronnenen Blutes, gefunden worden wären. Die
Annahme des MedicinalcüUegiumB, dass im Laufe der nach dem
Tode vergangenen Zeit ein früher an dem Orte vorhandenes Blut-
gerinnsel wieder sich aufgelöst und zerflossen sein könne, ist durch-
aus willkürlich und wird durch den Leichenbefund nicht unterstützt,
da von besonderen Verfärbungen in dem ünterhautbindegewebe im
ObductionsprotocoU nicht die Rede sei. Bei dem Flecke an der
Hüfte fehlte es an jedem Anhalt, ihn anders zu deuten, als die
gleiche Hautveränderung am Rücken^ nämlich als eine Verwesungs-
erscheinung. Ais Folge einer Gewalteinwirkung, welche den leben-
den Korper getrofien hätte ^ dürfte er nur dann angesehen werden,
wenn in den entsprechenden Stellen unter der Haut Spuren von
Blutergüssen nachgewiesen worden wären, was nicht der Fall ge-
wesen. Die Beschreibung der Hau tver färb un gen am Halse entspricht
dem gewöhnlichen Aussehen der Haut am Halse von Leichen, die
Erhängten angehören und schon einige Wocben alt sind. Die roth-
braune Hautfarbe, die dunkelrothbraane Hautfarbe unterhalb der
Schnürfurche, das atarkgeröthete Gewebe der eingeschnittenen Mus-
keln sind Befunde, wie sie auch sonst an den Leichen Erhängter
gefunden werden. Diese Verfärbungen sind mit gross ter Wahr-
scheinlichkeit Folgen des Verwesungsproceases und entsprechen der
schon 24 Stunden nach dem Tode roth gewordenen Strangulatioog-
Gericbtliclie Uedicin.
681
K
marke (Aussage des Leicbenwfisehers). Sie sind daher hier mehr
entwickelt, als an anderen Körperstellet}. In keinem Falle dürfen
sie als Beweis einer während des Lebeos stattgehabten Gewaltein-
wirkung, wie von Erwürgungsversuchen herrührend, angesehen wer-
den. (Vierteljahrsechrift für gerichtliche Medicin, 3. Folge, Bd. 4,
Heft 1.)
Den ßlutCQchwei^ störende Einflüsse.
Infolge einer von der medicin Ischen Facultät zu Inns-
bruck gestellten Preisfrage: ^Durch welche Einiüsse wird Blut
derart verändert, dass es mit keiner der bekannten Methoden mehr
nachgewiesen werden kann?'*^ stellte Hammerl (Yierteljahrsacbr* fiir
gericbtL Med., 3. Folge, Bd. 4, H. 1, S, 44) auf Anregung seines
Lehrers K ratter Versuche an, die im Institut für gerichtliche
Medicin unter Leitung Kratter's ausgeführt wurden. Es wurde
hierzu theils Menscbenbtut aus Leichen^ theils irisches Tbierblut ver-
wendet und 1) dem directen äonnenlichte. 2) atmosphärischen Ein*
Aussen, 3) der Faulniss in Erde, 4) der Einwirkung hober Tempe-
raturen ausgesetzt, Einfiüöse, die den Blutnachweis besonders stören.
Hammerl fasste die Oesammtergebnisse seiner Versuche in folgende
Sfitze zusammen:
1) Durch die Einwirkung des Sonnenlichts, der Faulniss^ durch
Slörtel, Schimmel- und Rostbildung wird der Nachweis des Blutes sicht-
ch erschwert. Ob und in welcher Zeit er durch diese Einflüsse gang
unmöglich wird, konnte wegen der beschränkten Versuchszeit nicht
festgestellt werden«
2) Heisse, trockene Luft verändert das Blnt derart, dass der
Nachweis nicht mehr gelingt: a. mittels der Ozonprobe bei Erhitzung
auf 130— 1350 0, durch eine Stunde; b» mittels der Darstellung der
Teichmann'schen Häminkry stalle bei einstündiger Einwirkung einer
Temperatur von 140 — 1450 C; e. Blutkörperchen, in der Regel schon
durch Erwärmung des flütssigen Blutes über 52**C, verfallend, können,
vor der Hitzeeinwirkung in dünnen Schichten auf Glas oder Holz
angetrocknet, hohe Wärmegrade (bis über 2000 0.) überdauern; der
spectralanalytische Nachweis ist am längsten möglich; er gelingt noch
bei auf 2000 0. durch viele Stunden erhitztem Blute.
Eine sichere Grenze für die Leistungsfähigkeit der einzelnen
Retraction&mittel lägst sich nicht bestimmen, weil sehr hoch erhitztes
Blut für Lösungsmittel wieder lösbar wird, welche hei Einwirkung
niederer Temperaturen bereits den Dienst versagt hatten. Am zu-
verläesigsten wirken Eisessig, concentrirte Salzsäure und concentrirte
mu
Wiener.
Schwefelsäure. Die Salzsäure ist zudem ein Keageut^, welches spec-
tralanalyttsch erkennen lässt, ob Blut sehr höhen Hitzegraden aus-
gesetzt war.
lieber den Wertli des Häm b top orpbyri na pect rums für den
I o r e n F i c li e n ß I ti t n a c h w e i s.
Kratter (Vierteljahrsscbr, f, gerichtl. Med. ^ 3. Folge, Bd, 4,
fl. 1, S. 62) hat zur Prüfung der Richtigkeit der vorstehend von
H a m m e r l angegebenen Hesultate Untersuchungen angestellt. In
ersterer Linie überzeugte er sich von der Richtigkeit der Angaben
HammerFs. Sodann suchte er festzustellen, bis wie weit und wie
lange Blut erhitzt werden dürfe ^ um mittels des Hämatoporphyrin-
spectrums nachweisbar zu sein. (Dies Spectrum wird gewonnen durch
Einwirkung co ucen tri rt er Schwefelsäure aufHämatin, dem das Eisen
entzogen wird, und wodurch das sehr charakteriatieche Spectrum noch
bei sehr starker Verdünnung sichtbar Ist. Es besteht aus zwei Absorp-
tionsstreifen, einem achmaleren und schwächeren dicht vor Linie D, und
einem breiteren, dunkleren in der Mitte zwischen Bond E.) Kratter
steigerte die Erhitzung auf 1^0 '\ 200'* und 2100, und zwar wurde
stets zuvor getrocknetes oder auf Gegenstände, namentlich Holz, an-
getrocknetes Blut zu den Versuchen verwendet. Einige Krümelchen
des 80 überhitzten Blutes wurden in der Eprouvette mit concentrirter
Schwefelsäure übergössen. Nach »(.^ — 1- oder mehrstündiger Einwir-
kung war., wenn inzwischen wiederholt geschüttelt wurde, aus-
nahmslos das Hämatoporphyrinspectrum sichtbar geworden. Die
Blutkrümelchen selbst waren aber keineswegs aufgelöst, sondern aus
ilinen nur eine meist geringe Menge von FarbstofiF extrohirt worden.
Sie selbst waren gequollen, an den dünnen Händern durchscheinend
und von granatähniicher, leuchtender Färbung — nach Kratter
höchst charakteristische Erscheinung. Geeignete Objecte für diese Me-
thode sind nach seinen Untersuchungen: a. Blutspuren, welche hohen
trockenen Temperaturen ausgesetzt waren ; b. der Flammen wirkung auö-
gesetit gewesenes, angebranntes und verkohltes Blut; c. angetrocknetes,
altes Blut auf allen Gegenständen und Werkzeugen: d* verwittertes Blut
auf Zeugen und Stoffen; e. verfaultes und eingetrocknetes Blut. Un-
brauchbar ist die Methode für die Untersuchung von flüssigem oder
balbMssigem und irische rn nicht eingetrocknetem Blute, bei schon
durch kalte conoentnrte Schwefelsäure leicht verkohlbaren organi-
schen Substanseu.^ ong&nstig bis unbrauchbar bei Anwesenheit von
Kohle oder in Schwefelsäure löslicheni färbenden Steifen.
Gerichtliche Medicin,
68a
Qerichlsärztliche Beurth eilung der Fussspuren des
M e n s e li e n.
Von den Spuren, die am Orte einer verbrecherischen That
zurück blieb en ^ haben etwa vorhandene Fussspuren für den ünter-
sachungeriohter ein ganz beaendersB Interesse, weil sie oft die alleinige
Handhabe zur Entdeckung des unbekannten Thäters sind. Der
Richter wird sein Urtheil nur auf physikalischer Grundlage allein
flieh bilden, indem er die etwaige Fussbökleidang (Stiefel, Schuh)
CKier den unbekleideten Fuss mit der zurückgebliebenen Spur ver-
gleicht. Hierdurch kann es aber leicht zu Trugsohlüssen kommen.
Mit der physikalischen Diagnose muss steh die physiologische^ auch
oft die pathologische des menschlichen Bewegungsapparates (Gang*
trt) verbinden, und zu letzteren wird er der Beihülfe des Arztes
kaum entrathen können. Eine scharfsinnige, dankenawerthe Arbeit
hierüber veröffentlicht Vocke in Friedreich's Blättern für gericht-
liche Medicin^ Heft 1 u. 2 des Jahrgange 1892, Der Inhalt kann
entsprechend der Tendenz eines Jahrbuchs nur skizzenhaft excerpirt
werden. Die einzelne Spur kann einen plastischen, negativen Ab-
guss des Kusses (Fusseindruck) oder lediglich einen flächenhaften
Abdruck desselben (F n s s a b d r u c k) d arstellen. Bei dichteren Lagen
der plastischen Medien (Staub, Sand, Erde, Scbmntz, Schlamm,
Schnee u. dergL) kommt ein Eindruck zu Stande, aus dem man das
Relief durch Abgnss gewinnen kann, während dünne Schichteo jener
Medien auf unnachgiebigem Boden lediglich einen Abdruck der ba-
salen Fusstheile gestatten. Abdrücke entstehen auch durch färben-
des, den FuBSSoMen anklebendes Material (fettige Substanzen, Blut,
Farbstoff, Staub, Schlamm, Schmutzwasser) auf festem Boden, nament-
lich auf den Dielen und Fliesen gedeckter Kaume und auf zufallig
am Thatorte liegenden Brettern oder Steinplatten. Ist der Fues be-
kleidet, so werden einfach diejenigen Theile abgedruckt, auf denen
der FusB ruht, beim Schuh ohne Absatz die ganze Sohle, beim Schuh
mit Absatz dieser und ein Theil der Sohle, Der Scbuhabdruck in
dünnen Deckschichten bleibt in seinen Maassen stets derselbe, da-
gegen wechselt er in seiner Oonfiguration, wenn er durch färbende
Flüssigkeiten erzeugt wurde, da es hier auf die der Sohle anhaftende
Menge ankommt. Momentane Un Veränderlichkeit der Fussbekleidung
gewährt durch Maasse und Form hinreichende Sicherheit, identische
Fussspuren als zusammengehörig zu bezeichnen. Besonderheiten des
Abdrucks bei Flickstücken, Defecten der Sohlen^ Nägel, Randnähte
liefern wichtige Anhaltspunkte. Schwieriger sind die Verbältnisse
684
Wieticr
beim Abdruck des nackten FusaeSi zumal wenn der Fassabdrnck
keine charakteris tischen Merkmale zeigt. Die Veränderungen des
Fasses bei den einzelnen Bewegungsarten^ die Anpassungsfähigkeit
an die jeweiligen Bodenverhältnisse machen den scheinbarön Werth
der am Abdruck gewonnenen Maasae völlig illusorisch. Fus sein-
drücke hioterlässt der Füss im plastischen Material, Der Eindruck
wird sich in einer homogenen Masse, die eine gewisse Zähigkeit be-
sitzt (Schnee, Lehm, feuchte Erde), am besten ausprägen. In trocke-
nem und lockerem Material, wo Theile in die Spur zurückfallen,
wird der Eindruck kleiner sein als der denselben erzeugende Fues,
dagegen grösser in schlüpfrigem Material, wo der Fuss gleitet. Die
plastische Form des Eindruckes gestattet viel bestimmtere Urtbeile
über die Fnssform, als dies bei Abdrücken der Fall ist. Ferner
können bei Eindrücken aus der einzelnen Spur Schlüsse auf die Be-
wegungsart gezogen werden, die sich verschieden darstellen beim
aufrechten Stehen, beim Lauf, beim Einwärtsgehen (Plattfuss), beim
Hinken. So zweifellos es ist, dass aus den zurückgebliebenen Fass-
spuren eine Menge scharfsinniger Schlüsse gezogen werden können,
80 nothwendig ist es doch, alle Details in der SchlassfoJgerung su
beachten, alles nit'hfc Erwiesene, aÜes Hypothetische möglichst aus-
zußchliessen. Wir haben nur einen skizzenhaften Auszug der Arbeit
gegeben und verweisen im Uebrigen auf das Original, daa im hohen
Grade leaens werth ist.
Können frische Leichen j^chwimmenV
Diese Frage erörtert Haupt gelegentlich der Begutachtung fol-
genden Falles. Ein Hirtenjunge im Alter von 5\.^ Jahren, der Nach-
mittags das Vieh auf die Weide getrieben hatte, wurde bei einge-
tretener Dunkelheit schwimmend im Weiher gefunden, die Kücken-
flache nach oben gekehrt, dns G-esicbt auf der Wasserfläche aufliegend,
Obducenten hatten Ertrinken angenommen, obwohl die Sections-
ergebnisse nichts dafür Charakteristisches ergaben. Die Lungen
waren zwar sehr ausgedehnt und aulgebläht, Helen aber nach deren
Herausnahme sehr zusammen. Sie waren wenig blutreich , und bei
Druck entleerte sich nur wenig blutige Flüsaigkeii aus den Schnitt*
flächen. Bezirksarzt G. erklärte diesen Mangel an Ertrinkungs-
flüssigkeit dadurch, dass beim Herausziehen der Leiche und beim
Transport unbemerkt Wasser ausgeflossen sein, auch die Fäul-
nissvorgänge (die Leiche wurde 13 Tage nach dem Tode obducirt)
daran ihren Antheil gehabt haben mögen. Dem tritt Haupt ent-
gegea. Die Lungen halten aspirirte Fliisgigkeit so fest, wie ein
nicht v5lUg gesättigter feiner Schwamm das eiDgesaugte Wasser,
and bezüglich der Fäulniss lehre die Casuistik, dasa in Leichen
notorisch Ertrunkener noch nach viel längerer Zeit, als hier ver-
flossen war, sich das Lungengewebe infolge von Imbibition stark
wasserhaltig zeige. Haupt weist den ErtriDkungstod zuriick und
mifistdeai Umstände^ dass die frische Leiche schwarnm, überzeugende
Beweiskraft für die Berechtigung dieser Zurückweisuag bei. Er
deducirt folgendermaseen: Frische Leichen Ertrunkener sind durch
die in die Lungen eingetretene Flüssigkeit schwerer als Wasser und
müssen deshalb nach physikalischen Gesetzen untersinken, Lungen^
die bis zum Stande tiefster Inspiration aufgebläht sind, können den
Körper specifisch leichter machen, als Wasser, und ihn über letz-
terem schwimmend erhalten. Auf diesem Lnspirationsmechanismus
zum übergrosaen Theile beruhe das Wesen des Schwimmens im Ali-
gemeinen* Ermüdet dieser Inapirationsmechaoianius, so sinkt selbst
der beste Schwimmer. Die Lungen hatten sich bei dem Hüte-
jongen im Zustande der tiefsten Inspirationsthätigkeit befunden, als
er starb, und deshalb konnte die frische Leiche schwimmen. (Fried-
reich'e Blätter fiir gerichtliche Medicin 1892, H. 4 u. 5,)
k
La Suggestion hvpuotique au point de vue medicol^gaL
Gilbert Ballet hielt hierüber Vortrag in der Salptoi^re. Er
geht scharf ins Gericht mit denjenigen, welche die Suggestion schon
als förmlich ausgebildete Methode in der Hand der Verbrecherwelt
betrachten möchten und geneigt sind , in jedem Dieb oder Mörder
Dicht einen Verbrecher, sondern das ahnungslose automatisch han-
delnde Opfer eines im Hintergrunde lauernden, in kaltblütiger Be-
rechnung mit Hypnose und Suggestion manipalireuden Bösewichta
m erblicken. Es sei aus der Vergangenheit auch nicht ein einziger
stichhaltiger Fall bekannt ^ dass eine Person durch Suggestion zu
einem Verbrechen angetrieben worden sei, und es sei auch keines-
wegs anzunehmen, dass dergleichen in Zukunft vorkommen werde.
Laboratorium kann man wohl die V^orstellung gewinnen, als ob
Hypnotisirte mit magischer Gewalt dem Willen des Hypnotiseurs
müsse, und es ist ietoht^ die Hypnotisirten Dinge vornehmen
die einem Diebstahl oder Mord täuschend ähnlich sehen,
das sind aber ^Laboratoriumsverbrecben^. Im that sächlichen Leben
liegt die Sache ganz anders, da hier tausend Einflüsse des täglichen
Lafaena stdrend und verwischend auf den Gang des Erperimeuts ein-
wegs anz
^_im Laboi
Hier Hypn
^^polgen ml
Vau käsen
♦»86
Wiener,
wirken. Die Erfahrmig zeigt, dsss die Hypnotisirten die ilmen sug-
gerirteo Handlungen nach dem Erwachen bereitwilligst ausföhreo,
sobald ihnen dieselben gleichgültig oder gar aßgenelim sind ; dass
sie aber Widerstaud leisten oder den Gehorsam verweigern, sobald
die von ihnen verlangten Handlungen ihren Lebensanschanungen
widersprechen . Moralisch int acte Menschen sind für ver-
brecherische Handlungen auch auf dem Wege der Sug-
gestion nicht zu haben. (Gazette hebdomatre de M6decine et de
Chirurgie, Paris 1891, Nr. 44 ff.)
l
B. Speoieller Theil.
Mecbanisclie Verletzimgen,
Ueber Blutgerinnung in den Körperhöhh^n bei todtlichei
Verletzungen.
Bei grösseren Blntergüssen in die freien Körper-hohlen ist das
aus grösseren Geiässen, dem Herzen oder zerrissenen Organen ent- I
leerte Blut meist flüsstg. und nur ein kleiner Theil ^ selten ^ 3 oder
gar *J.2 des Blutergusses, tindet sich in Form ziemlich fester, dankler
Gerinnsel, die in dem flüssigen Blute schwimmen. Seydel-Königs*
berg beschreibt in Nr. 7 der Deutschen medicinischen Wochenschrift,
1892, zwei Fälle von Selbstmord durch Erschiessen, bei deren einem
im Bmstfellsacke 150 tg fast nur dunklen, geronnenen Blnttts neben
nur sehr wenig flüssigem Blute, während im extremsten Gegensatze
hierzu bei dem andern Fall© im Pleurasäcke etwa 1 Liter dunkles
flüssiges Blut fast ohne jegliche Gerinnung gefunden wurde. Diese
so abweichenden Befunde gaben Seydel Veranlassung, auf experi-
mentellem Wege der Frage über die Blutgerinnung bei tödtlichen
Verletzungen n ab er zutreten. Es wurden 18 Hunde durch Pistolen
verschiedenen Kalibers und aus verschiedener Entfernung durch
Scbuss in die linke Thoraxsette getodtet. Hierbei gelangte er zu
folgenden Resultaten:
I) Aus zerrissenen normalen Gelassen entleertes Blnt gerinnt
gelbst bei schnell eintretendem Tode vollstÄndig, wenn es sich unter
hohem Drucke in zerrissene oder zertrümmerte Gewebe ergiesst; es
ist stets fest geronnen in den Maschen des Unterhautbindegewebesi
in der Schädelhöhle (ausser bei pachymeningitischen Blutungen), im
Herzbeutel und ähnlichen Körperhöhlen mit zerrissenen Geweben,
worin es sich relativ schnell ergiesst.
I
Gerichtliche Mtdicin»
687
2) Die GerinnuDg acheint proportional zu sein mit der Zerstörnng
reap. Veränderung der Gewebstiieüe, die mit dem Blutergusa in Be-
miining kommen«
3) Eine längere Lebensdauer nach der Verletzung scheint die
ßlatgerinnung zu befördern, und umgekehrt,
4) Ebenso wie stark veränderte Gewebstheile scheinen Fremd-
körper (mehrfache Projectile) und Gase ( Pul vergas e) zu wirken.
Ueber die durch Einwirkung äusaerer Gewalt auf den Schädel
entsteh enden Verletzungen und Er krau klingen des Gehirns
und seiner RünU'.
ünt^r diesem Titel verötFent licht Moritz in Schlochau ©ine
Arbeit, die zwar nichts Neues bringt^ aber doch durch fletssige
Sammlung und geordnete Zusammenstellung des Stoffes von Werth
ißt. Er beginnt mit den Verletzungen der Weichtheüe, geht über
za denen der Meningen, der Hirnsubßtanz und schliesst mit denen
der Schädetbasis.
Auf Commotion bat der Gericbtsarzt zu schliessenj wenn
eine Veranlassung zu derselben vorhanden^ der Tod bald nach Ein-
wirkung von Gewaltthätigkeiten auf den Kopf erfolgte, die äusseren
begleitenden Umstände dafür und die Sectionsbefunde nicht dagegen
aprechen. Stumpfe und schwere Instrumente mit grosser Angriffs-
fläche bewirken leichter Commotion als scharfe Instrumente, Faust-
schläge und ähnliche Gewalten können schwere Commotion erzeugen.
Das Entstehen einer Fraetur mindert ceteris paribus die Intensität
einer Commotion. Trinker disponiren zu Commotion. Ob Bewusst-
loBigkeit infolge von Alkoholgennss oder Commotion eingetreten, ist
unter Berücksichtigung des genossenen Alkohole, des Verhaltens des
Betreffenden vor dem Insult, der Art des Insults zu ermitteln, in
vielen Fällen aber nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Die nach
der Commotion vorhandene^ das Ereigniss der Verletzung betreffende
Gedächtnisslöcke ist für die Diagnose von grosser Wichtigkeit. Be-
wusstlosigkeit tritt nicht immer sofort nach dem Insult, sondern oft
etwas später infolge des Schreckens über denselben ein.
Meningeale Blutungen treten nicht immer unmittelbar nach
dem Insulte ein, es kann längere Zeit bis zum Beginn derselben
vergeben.
Beträchtliche Hämorrhagien über die Oberfläche des
Khirns entstehen fast nie spontan, gesunde Gefässe bersten niemals
mtan.
■
ÜB8
Wietier.
Für die ßeurtheilang der Entatehutig von Blutergüssen in
der 8ubstanz des Gehirns gibt Moritz folgende Anhaltspunkte:
Traumaiiscbe Ergüsse sitzen gewöhnlich in der Rinde, spontane
meist in der Tiefe der Himsiibstanz, Nach Trauma findet sich meist
auch meningeale Hämcrrhagie, bei spontanen Blutungen nicht. Bei
traumatischer Entstehung ist die Quantität des ergossenen Blutes
eine beträchtliche , bei spontaner relativ gering, Hämorrhagien aus
innerer Ursache eind Folge einer Gefässerkrankuug.
Verf. bespricht sodann die Abscessbildung. Acute Abscess-
bildang ist ein häufiger Obductionsbefund nach perforirenden Traumen
und gewöhnlich mit eiteriger Meningitis verbunden, bei nicht per-
forirenden TraiimeG kommt es häuÜger zu chronischer Abscesabildung.
Für die Altersbestimmung von A bscessen und anderen pathologischen
Befunden im Schädelinnern werden die bekannten L an genbec kuschen
Kriterien reprodacirt. Die Beurtheilung, ob ein Abscess Folge innerer
Ursachen, besonders Caries des Felsenbeins, Ohraffection ete, iat,
wird sich nach den Erscheinungen richten^ welche diese Leiden bereits
vor dem Trauma darboten.
Die Prognose der Verletzungen der Schädelbasis ist im
Allgemeinen schlechter als andere Schädel Verletzungen.
Motorische Lähmungen und Aphasie nach Schädel-
verletzungen bessern sich meist im Laufe der Zeit, aber langsam,
doch ist die Prognose stets unsicher,
Psychosen nach Kopfverletzungen geben durchweg schlechte
Prognose. Neurosen oder Psychosen sind nur dann abhängig von
einem Trauma zu erklären, wenn vor dem Trauma keine Spur der*
selben bestand, z. 6. leichte geistige Ermüdung, Stimmungswechsel^
Neigung zu Affecten und Congestionen, Intoleranz gegen AlcohoUoa,
(Vierteljahrssohr. f. gerichtl. Med. 1892, Aprilheft,)
Verlust des erkrankten Augapfels.
Ein mit einem starken Glotzauge, welches durch Eindringen
von Kalk fast erblindet war, behafteter Arbeiter wurde auf das Auge
getreten, wodurch es sofort auslief. Es war Phthisis des Augapfels
die Folge, von dem nur ein kleiner, erweichter Rest am Grunde der
Augenhöhle lag. Kornfeld, der hierüber in Friedreich's Blättern
für gerichtliche Medicin 1892, Heft 3 berichtet, erörtert hierbei die
Fragen, ob es eich um Verlust des Sehvermögens auf einem Auge,
den Verlust eines wichtigen Gliedes des Körpers oder um Entstellong
handle (§ 224 Str.-Ges.^B.) Um Verlust des Sehvermögens konnte es
Gerichtliche Median,
689
eich nicht handelDi da letzteres scbon vor der Verletzmig nicht mehr
vorhanden war. Ein wichtiges Körperglied ist auch nicht verloren
gegangen, da nach einer Beichsgerichtsentscheidung vom
9, Juni 1882 als Kdrpergliöd jeder mit einem anderen durch Gelenke
verbundene Körpertheil zu betrachten ist, eine Deutttug, der auch
Skrzeczka folgt (Eeferent). Es bleibt daher nur „Entstellung"
ftbrig. Die Vertheidiguog hob hervor, dasa der Verletzte vor dem
Verlust des Auges durch die Entartung des Augapfels in erhebe
Uoherein Maasse entstellt gewesen sei, als nachher, während der
Sachverständige dem entgegenhielt, dass der kranke Augapfel früher
nie eine Verunstaitung verursachte, immerhin jedoch ein an das Nor-
male erinnerndes, nicht ahstossendes Gebilde vorhanden war. Die
leere, knöcherne Augenhöhle dagegen ist geeignet^ den Gedanken an
etwas Skeletartiges, Todtes za erwecken. Auch bei dem Tragen
eines künstlichen Auges würde die Entstellung nur als eine erträg-
liche zu bezeichnen sein, (Juridisch kommt nur der wirklich vor-
handene^ nicht der etwa erreichbare Zustand in Frage. Beichs-
gerichtsentscbeidung vom 25. März 1886. — Ein Erkenn tniss des
Reichsgerichts vom 1. October 1886 sagt: „Eine erhebliche Enfc-
stellang verliert diese Eigenschaft nicht dadurch, dass sie durch
künstliche Mittel nicht oder nicht leicht erkennbar gemacht wird.
Wenn , . * das Verbergen des Defects das Begriffemerkmal der
danernden erheblichen Entatellung beseitigen könnte, würde dieses
seine objective Bedeutung völlig verlieren. Entscheidend ist nur, ob
der entstellt« Körpertheil nach den natürlichen und socialen Lebeos-
verhältnissen des Verletzten derart verdeckt zu werden pflegt, dass
der Mangel als wesentliche Entstellung nur unter besonderen Ver-
hältnissen nach aussen erkennbar ist und als solcher empfunden
wird,-' Bef.)
Stichverletzungen des Bauches.
Behn berichtet in Friedreich's Blättern für gerichtliche Medicin
1892, Heft 1 über drei Sectionsbefunde bei Stiohverletznngen des
Bancbes. In zwei Fällen war eine dreifache, im dritten Ealle eine
vierfache Verletzung des Dünndarms vorhanden^ welcher jedesmal in
einem grossen Stück durch die Bauchwunde herausgedrungen und
von den Aerzten scheinbar zurückgebracht worden war. Im ersten
Talle war ausserdem der Messerstich bis in die Harnblase gedrungen
und hatte die epigastrischen Blutgefässe getrennt, im zweiten war
das Gekröse verletzt, im zweiten und dritten Falle die Arteria epi-
gastrica unversehrt. In allen drei Fällen hatten die Aerzte die
Ithfimob d. prict. Modidßa iim. ^
B9(»
Wiener,
\
Darmwunden genaht, io den ersten beiden die SaesereD Wunden der
Bauchhant verlängert, tun die vorgefalleneo Därme leichter zurück-
bringen zu können. Sie hatten dies aber in der Weise gemacht,
daHS sie die Theile der Baoch Wandungen au seinander drängten und
so innerhalb derBclhen geräumige Höhlen schufen^ in welche sie die ■
Gedärme betteten, während diese in der inoeren Baucbwunde ein-
geklemmt verblieben. Im ersten Falle befand sich die Höhlung nach
oben von der Stichwunde, im zweiten und dritten nach unten bis
ins klein© Becken. Der Tod war in einem Falle nach kürzester Zeit
auf die Operation, in den anderen l*/-^ und 2*12 Tage darauf erfolgt.
Auch in letzteren beiden noch keine Peritonitis. Es haben in sUen
drei FäUen die Äerzte gegen die Regeln der Chirurgie Verstössen,
Es müBs in Fällen der Art die Erweiterung der Wunde in der
ganzen Dicke der Bauchwaßd vorgenommen werden ; sonst geschieht
eSf dass die durch die äussere grössere Wundöffnung gegen die
im Bauchfell befindliche kleinere von der Hand des Arztes ange-
drückten Gedärm© nicht durch die kleine Wunde hindurch in die
Bauchhöhle gelangen, und dass falsche Wege oder Höhlungen inner-
halb der Bauchwand selbst geschaffen werden^ wie es in allen hier ■
beschriebenen drei Fällen geschehen ist. Im ersten Falle zeugten
auch die zahlreichen kleinen Kinrisee im Üeberzuge des Qekröees
für die zur Anlegung der künstlichen Höhle und zur Einbettung der ■
Gedärme in dieselbe verwendete Gewalt. Die Epigastrica war nicht
unterbunden worden. Nur die erfabrungamässige Wahrscheinlichkeit
des tödtlichen AusgangeB dieser Baüchwunden auch ohne das un*
richtige ärztliche Handeln liess vor Gericht von der Frage d6B
Kunstfehlers absehen.
Die Letalität der penetrirenden Schuseve rietzungen de»
Unterleibei vom gerichisarz tllchen Standpunkte.
P, Seliger (Prager med. Wochenschn 1892, Nn 22—25) kommt
zu folgenden Ergebnissen:
1) Die Bauchßchussverletzungen von vorn sind viermal so häufig,
als die von hinten. Mortalität 64 ^^q, bei Complication mit Knochen-
verletzungen 78%. War ein Auaachuss da, 4^2%; wenn das Projectil 1
stecken bHeb, 65<5,j. Complication mit Eröffnung der Brusthöhle,
auch ohne Lungen Verletzung, war stets tödtlicb. Von 236 TodesfUllen
trat in 98 Ffillen der Tod in der ersten, in dS in der zweiten, in
28 in der dritten, in 14 in der vierten, in 12 in der fQnften und in
46 Fällen nach der fünften Woche ein.
Gerich Üiöhe Medidn.
2) HeÜQDg erfolgte auch noch in später Zeit, sogar noch in zwei
Jahren und spater.
3) Vorfall von Eioge weiden verschlechtert die Prognose.
Verf. bespricht hierauf speciell die Verletzungen der einzelnen
Bauchorgane: a. Verletzungen des Netzes werden tödtüch durch
Gefass Verletzungen, Bonat ist die Prognose gut. b. Magenschuas-
wunden — meist tödtlicli, c. Duodenalwunden — stets tödtlich.
d. Wunden des Colon descendens und der Flexura eigmoidea sind selten
tödtlich, ungünstiger die des Cöeam und Colon ascendens, am un-
günstigsten die des Colon transversum. e. Die intraperitonealen
Blasen Verletzungen sind stets tödtlich , die extraperitonealen haben
15 O'q Mortalität. Diagnose wird gestellt durch Hämaturie. Aeusserst
langwierige Folgezustände (Urin fisteln , Blaaenateine). f. Nieren Ver-
letzungen, Mortalitäfc 44%, Diagnose: Neben Lage und Bichtung
der Wunde ^ Hämaturie, Nierenkoliken. Folgezustande : Nieren-
fisteln, g, Leber Verletzungen. Mortalität: 26,8% bis 39 o^, Com-
pUcationen mit Verletzungen anderer Organe sehr häufig. Diagnose:
Neben Lage und Richtung der Wunde — ßallenausfluss.^ Abstossung
nekrotischer Leberfetzen, bisweilen Icterus. Folgezustände: Abscesse,
Gailenfisteln, b. Milzverletzungen, Mortalität 65<^i(j. Complicirt oft
mit anderen Organverletziingen, Diagnose: schwer* i. Bei Ver-
letzung des Lenden rücken marks entsprechende Functionsstörungen —
Lähmungen, Anästhesien. Bei wirklicher Mark Verletzung ist der Aus-
gang stets tödtüch. Besser ist die Prognose bei Blutergüssen^ bei
Verletzungen der Wirbelsäule, wenn sieb der Wirbelkanal bald scblieast.
k. Verletzungen der Geschlechtstheile sind leicht diagnosticirbar und
geben quoad vitam gute Prognose. Folgezustände: Urethralfigteln
sind unter Umständen als Siechthums zustände, Spaltungen des Penis
als erheblich dauernde Entstellung, Verlust beider Hoden als Verlust
der Zeugungafähigkeit gerichtsärztlich zu begutachten. 1. Verluste
grosserer dreier Bauchgeföase heilen ohne KuDsthülfe selten. Die
Blutungen entstehen direct durch die Geschosse oder durch mit-
gerissene Knocbensplitter, secundär durch Arrosion der Gefäss-
Wandungen infolge von Wundkrankheiten. m. Verletzungen des
knöchernen Beckens geben hohe Mortalität. In später Zeit noch Tod
durch langwierige Eiterungen an Erschöpfung, amyloider Degeneration.
4) Bei etwaiger Beartheilung von Kunstfehlern wird man die
Ansicht der modernen Chirurgen bei Darmachussverletzuingen in der
Friedenspraxis zu Grunde legen müssen : möglichst baldige Laparo-
tomie, Nähen der Darm wunde, Stillung der Blutungen, scrupuldse
Asepsis und Antisepsis*
69Ji
Wiener.
Die niclit peDetrirenden Bauchscbn »nverletzangen vom
g-erichtaärztlichen Standpunkte.
P, Seliger (Prager med, WocheDeclir. Nr. 19 u, 20) föhrt
in seinen Betrachtungen ans, daes die nicht penetrirenden
Bauchschuaaverletzungen eine weit bessere Prognose liefern^ als
die penetrir enden. Die Wunden können dnrch Mitlei denscbat^
des Peritonenm, Blutungen, indirecte Verletzungen innerer Organe
auch ohne Verletzung des Peritonenm tödtlich werden, FolgazustaDd
dieser Verletzungen ist die grosse Neigung zu Bauchbrüchen durch
Beimung der Narbe, Ist durch eine Bauchs chuss wunde Leberruptur
entstanden, so kann die Bauchdeoken wunde und auch der Leberriss
schon geheilt sein, und doch kann von dieser gebeilten Leberqaetschung
eine secundäre difiuse Peritonitis in späterer Zeit mit tödtlichem
Ausgange ausgehen. Eiterung in der Leber quetachang kanu ent-
stehen durch Uebertragung des Lafectionsmaterials von der änsseren
Bauchdecken wunde aus oder per contiguitatem auf das Peritoneum
parietale. Dabei muas natürlich vorausgesetzt werden, dass die
äassere Wunde auch dem Leberriss gegenüber liegt, andernfalls
mnss man eine palpable oder nicht palpable oder auch nicht mehr
nacbwei&bare Verletzung des Darmes annehmen, aus der die Eiter-
erreger in den von der Leberquetsobung herrührenden ßlnterguss
eingedrungen sind.
Zwei Fälle von Eingeweideverlptznngen durch Einwirkung
»tumpfer Gewalt ohne änssere Wunde,
Ein llj ähriger Knabe wurde von einem in schnellem Laufe
umstürzenden Wagen herabgeschleudert, wobei auch ein oder zwei
Bierfässer mit 20 und 67 Liter Inhalt auf ihn fielen. Meist bewusst-
loser Zustand bis zum Tode nach etwa 20 Stunden. Mehrfache
Kopfwunden, Abreissung eines Ohres,* ausgedehnte Schädelfracturen
mit sehr grossen Blutextravasaten unter den weichen Hirnhänteiit
Beckenbmoh mit bedeutendem Bluteintritt in die Beckenhöhle. In
der rechten Brusthöhle ca. 500 g dunkelflüssiges Blut. Starker Ein-
riss der rechten Lunge, der an der äusseren El ach e des Unterlappens
beginnt und bis auf die Basis herab sieh erstreckt, sa zwar, dass
der ünterlappen zur Hälfte seiner ganzen Dicke durchrissen ist; an
einigen Stellen ist über diesen Riss das Lungenfell noch brücken-
artig darüber gespannt und unverletzt. Der ganze Unterlappen ist
blutig infiltrirt, Aeusserlich war an der rechten Brustseite gar keine
Verletzung oder Blutnnterlaufung zu sehen, und auch am kodchernen
I
I
Gerichtliche ÄTedicin.
^93
Brustkorb und an der Wirbelsäule iet uirgendg eine Läsion naoh-
zuweisöDi auch an den Rippenpleuren wurde niclits Besonderes con-
Btatirt. Die Mechanik der BrustverletzuDg erklärt sich Verf. so,
dass durch Auftauen einer schweren Last, und zwar nicht des
Wagens^ der leichter Aiilass zu Sugillationen gegeben hätte^ sondem
wahrscheinlich der oyEndrischeo Fläche des Bierfasses der jugendlich
elastische Brustkorb so zusammengepresst wurde, daas das Lungen-
gewebe einriss. Von Interesse ist, dass die zäh- elastische Pleura der
quetschenden Gewalt mehr Widerstand entgegensetzte, als das
schwammige Lungengewebe ^ so dass sie zum Theil brüokenartig
über dem tiefen Einriss gespannt erhalten blieb.
Im zweiten FaJlo handelte es sich um einen sehr kräftigen Mann
von nahe 30 Jahren, der einen Stich in den linken Unterschenkel er-
balten hatte und dann drei Stockwerke hoch hinabgestürzt war, wo-
bei er mehrmals auf ein am Hause befindliches Baugerüst aufheL
Tod nach ungefähr 4 Stunden bei ziemlich ungetrübtem Bewusetaein.
Die Baucheingeweide zeigten sich schon bei der oberflächlichen Be-
sichtigung mit Blut beschmiert, das Netz mit verschieden grossen
Blutaustritten durchsetzt Bohnengrosser Blutaustritt unter dem
Bauchfellüherzug des rechten Leberlappens am unteren Ende des
Ligamentum Suspensorium* Etwas rechts von der Mitte des rechten
Leberlappens auf der oberen Fläche befindet sich ein dr eis trah liger
Riss, der einige Millimeter in die Substanz eindrang. Länge der
Strahlen 3, 4 und 5 cm» Im Bindegewebe hinter und unter der
Leber reichlich ausgetretenes Blut. An der unteren Fläche des
rechten Leberlappens ein horizontal verlaufender, kleinfingerlanger,
mehrere Centimeter tiefer Riss, 4 cm davon nach unten ist der ser5se
Ueberzug durch ein Blutextravasat von der Lebersubstanz abgelöst.
Die Milz ist förmlich in Blutextravasate eingebettet und zeigt an der
oberen Fläche zwei grosse Einrisse einige Millimeter tief. An der
unteren Fläche, vom Hylus ausgehend, vier grossere und zwei kleinere
Hisse mit zackigen Rändern, die zum Tbeil fast das ganze Organ
durchdringen. Im retroperitonealen Bindegewebe, besonders links,
ganz enorme Blutaustritte bis in das Becken hinab. Die linke Niere,
von einem kindskopfgrossen Blutextravasate fast umschlossen, zeigt
einen grossen Einriäs, der am Hylus beginnt, ober die ganze Hinter-
fläche geht zur Vorderfläche und am Anfang 1 cm tief, auf der
Vorderfläche fast 2 cm tief ist und die ganze Niere zum grössten
Theil quer durchtrennt. In der Magenschleimhaut, der Schleimhaut
des Dünndarms kleine Blutaustritte. Freies Blut neben der Wirbel-
äule, auch beiderseits unter der Kippenpleura ohne Läsion des
f;94
Wiener:
Bippenfelle oder der Bippen« Badeutende BliitauBtritte unter dem
serösen Ueb erzage der linken Lunge, ebenso an der rechten Lunge.
Die Verletzungen der Leber und Milz erklärt Müller eo , dajsa
beim Auffallen oder Anstossen diese Organe in der Ricbtong Ton
vom nach hinten stark zusammengedrückt wurden; die der Niere,
dase dieselbe beim AufTallen oder Anstossen. vielleicht an einem
Gerüattheil, so stark in ihrer Längenaxe gebogen wurde, dass sie
fbrmlich in der Mitte durchrias. Die Läsionen in der Brusthöhle
lässt er durch starke Quetschuog des Brustkorbes in querer Richtung,
Auffallen der linken Seite entstanden sein. Als Todesursache sei
kaum die Verletzung eines bestimmten Organs anzusehen , sondeirn
das Zusammenwirken der verächiedeneu Läsionen, die zusammen
einen so gewaltigen Blutverlust zur Folge hatten, dasg dadurch der
Tod eintrat, ehe noch andere Momente zur Geltung kamen. Diese
Annahme wird unterstützt durch die ganz auffallend blasse Hautfarbe
und die allenthalben sehr trockene und blutarme Musculatur der
Leiche. (Muller, Fnedreich'ä Blätter t gerichtl Med, 1892,
H. 2.)
I
I
Ein Fall von Tod durch Einwirkung des elektrißchen Stromes.
Ein 31 Jahre alter Arbeiter wurde auf dem Bauche liegend todt
aufgefunden, Seine linke Hand lag unter der Brust, mit der reohten
ausgestreckten Hand hatte er einen Drabt einer elektrischen Leitung
gefasstf in dem ein durch Wechselstrommaschinen erzeugter elektri*
acher Strom von 8000 Volt*Ampere geleitet wurde '). Die Kleidungs-
stücke waren an den Stellen, wo der Körper mit dem Erdboden m
innigere Berührung gekommen war (linker Arm^ rechtes und linkes
Bein, rechter Fuas u. s, w.) , siebartig durohlöchert, die einzelnen
Löcher steoknadeikopf- bis halbkreusergross ^ die grosseren sackig
gerändert, die Ränder überall braunschwarz verkohlt Obduction:
Quer über die Mitte der Innenseite der zweiten Fingerglieder dea
2.^ 3. ond 4. Fingers der rechten Hand, mit denen der Verstorbeud
den Draht gefasst hatte, hefanden sich bis 5 mm breite, tief einge-
drückte, rinnenartige, blaugraue^ malachitähniich gefärbte Furchen
in der Haut, die sich in gerader Linie über alle drei Finger zogen
und sich bis zur Spitze des kleinen Fingers sowie bis zum ersten
Fingergliede des Daumens fortsetzten. Ferner war überall da, wo
i) Nach iuigefiteliben Vertucheii in Amerika sollen lOOO— läüO V, mr
Tod tun g eines Menschen genügen.
I
I
Gerlclitliche MediciD«
695
II. Erstickung.
Zwei scheinbar gewaltflam ausgeführte Erstickungen, bei
deren näherer Würdigung sich irideßa natürlicher Tod
he ra USA teilte.
der Körper mit dem Erdboden id nähere Berührung gekommen war,
die Haut in grosserem oder geringerem Umfange tlieils braunächwarz^
vertrocknet, wie verkohlt, theils gel blich weiss mit roth violettem Hof,
die Oberhaut in Fetzen abziebbar — Veränderungen, die jedenfalls
durch den Austritt des elektrisches Stromes hervorgerufen waren
und den verschiedenen Graden der Verbrennung entsprachen. In
den inneren Organen nichts CharakteristischeB. Auffallend waren die
zahlreichen Austrittsstellen des elektrischen Stromes. Oh wohl der
Verstorbene nur einen Draht berührt hatte, lässt sich daraua doeh
der Schloss ziehen, dass die Ableitung einer grösseren Menge Elek-
tricität durch seinen Körper erfolgt war* Friedinger fülirt dies
auf die ganz durchfeuchteten Kleider des Arbeiters zurück, die einen
I guten EJektricitätsleiter abgaben. (Friedinger, Wien. kliu. Wochen-
schrift 1891, Nr. 48.)
i
^^M Ein plötzlich verstorbenes Kind land der Leichenschauer cyano-
^^Bsch, aus dem Munde ragte die tiefblaue geschwollene Zunge, das
Gesicht zeigte Verletaungaspuren. Durch die Obduction eriuittelte
man eine Reihe eingetrockneter Hautau fach ürfungen ao der Oberlippe,
der rechten Wange und hinter dem linken Ohre. Einzelne sahen
wie Nagel eindrücke aus. Blut Überfüllung der Halsvenen, der Hirn-
h&ate, kleine Blutauatritte an der äusseren Dura, Aofgedunsenheit
der Lungen, subpleurale Blutaustritte, dunkles flüssiges Blut in den
Herzhöhlen u. s. w., also Merkmale der Erstickung. Die äusseren
Befunde gaben der Vermuthung Raum, dass die Erstickung durch
Verschluss von Nase und Mund mit der Hand erfolgt sei. Durch
Zeugen ward jedoch festgestellt, dass der Tod an Eklampsie erfolgt
I ißt, und dass die Excoriationen durch Versuche, dem noch lebenden
^^Kinde den Mund zu öffnen, entstanden sind.
^B Der zweite Fall betraf einen auf der Landatrasse todt gefundenen
I^Tfann, dickleibig, untersetzt, mit kurzem Halse, Er lag mit dem
Gesicht auf dem Boden. Seine Cravatte war so fest um den Hals
I gezogen, dass sich eine ötrangrinne gebildet hatte. Dieselbe Uef
' rings um den Hals herum und war nirgends unterbrochen. Innerlich
Befunde der Erstickung. Die Vermuthung der Erwürgung Hess sich
696
Wiener«
nicht bestÄtigeo, Es wurde vielmehr angenommen, daae der fetta
Mann, welcher bald nach Verlassen eines BierkeUere veninglüokte,
einen Schwindelanfall erlitt, hierbei mit dem Gesiebt auf den Boden
fiel und erstickte. Durch die Riickatauung des Blutes zum Halse
und Kopfe schwoll der Hals an, und die ohnehin enge Binde mnsate
80 denselben zusammengchnüren. Wäre die Eingchnüruog durch
dritte Hand geschehen, 80 hätte man eine Unterbrechung in der
Strangrinne sehen müeßee. (Leonpacher^ Eriedreich's Blätter für
gerichtliche Medicin 1892, H. 3.) (Die Beweisführung ist nicht
überzeugend^ besonders was die Erklärung der Halsanschwel-
lung und der Schnürfurche betrifft. Es war auch anzugeben,
ob der Leichnam bereits Verwesungszeichen darbot oder nicht.
Eef.)
Einige Bemerkongen über den Tod durch Ertrinken,
Die Bemerkungen bilden gewissennassen einen Nachtrag und
eine Ergänzung der Pal tauf sehen „Studien über den Ertrinkungstod
und über die Beziehungen der Thymus zum plötzhchen Tod". Dem
Oedem der Schleimhaut des Kehlkopfeinganges sei deshalb keine
besondere diagnostische Bedeutung für den Ertrinkungstod zuzu-
erkennen, weil man eine gleich aussehende Quellung des submucösen
Zellgewebes auch am ausgeschnittenen Leiehenpräparate zu erzielen
im Stande ist^ dieselbe sonaeli nicht mehr typisches und :£U verlas siges
Zeichen de.s Ertrinkungstodes ist Die von Seydel beschriebene
Trübung und Quellung der Cornea bezw. der Epitheidecke hält
Paltauf nur für eine Leiohenerscheinung, vielleicht infolge Herab-
hängens des Kopfes im Wasser, Durch Thierversuche hat der Verf.
den Nachweis erbracht, dass die Dojchfeuchtung der Lungeu bei
Thieren vorzugsweise durch Aspiration von Erträn kungsfiüssigkeit
bedingt sei, weniger Transsudat oder ein Gemenge der Ertränkungs-
flüssigkeit und Transsudat sei, wasLoye und Brouardel bestätigten.
Um festzustellen, ob dieser Modus auch beim Menschen stattfinde^
erörtert Paltaof des Näheren das VerhältniBa zwischen dem specifi-
schen Gewichte, dem Gewichte der Trockensubstanz und dem der
Adche bei Ertrinkungsfiüssigkeit einerseits und Oedemfiüssigkeit
andererseits, ein Verbältniss, das beim Lungenodem eiti ziemlich
oonstantes, beim Ertrinkungstod aber je nach der Zusammensetzung
der Ertränkungsfiüssigkeit ein verschiedenes sein wird. Im Fluss-
wasser ist a priori ein Minus der Aschen bestand th eile zu erwarten.
Bei einschlägigen Versuchen, welche mit ausreichenden Cautelen bei
Gerichtliche Medicin.
697
der Entoabme der im Broochialbaame enthaltenen FiüsBigkeit aus-
geführt wurden f ergab eich, dasB beim Lungenödem die aus den
Lungen ausfliessende FIüsBigkeitf welche stets wenigstens 10 com
betrug, um ein Geringes weniger verbrennbare Substanzen enthält,
«ie die Lungenä^üssigkeit beim Ertrinkungstode^ dass sie dagegen
ein ebenso grosses Plus im Aschengewichte zeigt. Dagegen besitzt
die Lungenüüssigkeit beim Tode durch Ertrinken viel weniger an-
organische Bestandtheile als beim Lungenddem, ohschon die Ver*
unrein igongen der Erträn kungsflössigkeit die Menge der anorganiachen
Substanzen vermehren. Verf*. weist auf die Möglichkeit hin, unter
Umständen diese Beziehungen, falls sie sich bei weiteren Unter*
anchungen bestätigen eoHten, in der forensischen Praxis zur Diagnose
der Todesursache zu benutzen, Verf. führt sodann einen cbarakte-
ristischen Fall von synkoptischem Tod im Wasser bei Thymus-
hjpertrophie und sonstigen Oonatitntionsanomalien auf. Ein 26jäbrige8
Mädchen war in den Fluss gestürzt und, obwohl alsbald heraus-
gezogen, leblos. Die zweilappige Thymus 7 cm lang, 5 cm breit und
1,5 cm dick. Vergrösserung der Papillen des Zun gen grün des, Mandeln,
Lymphdrüsen, Milz, Stenose der Aorta, Dilatation des Herzens. Die
linke Lunge war fest angewachsen, überall Infthaltig, sehr blutreich;
die rechte Lunge frei, lufthaltig, stumpfrandig und entleert auf Druck
viel Blat. bafolge des Umstandes, dass der Tod durch Synkope
bedingt war, fanden sich nicht die bei anderen Ertrunkenen be-
obachteten Unterschiede des Feuchtigkeitsgehaltes zwischen adhärenten
und freien Lungenabschnitten, wohl aber eine hämometriscb nach-
weisbare Blässe des Blutes, namentlich im linken Ventrikel, die aber
nicht als Blutverdünnung durch Ertrinken und Uebergang von Er-
tränkungHflüssigkeit in die Bluthahn aufzufassen war, vielmehr auf
die verminderte Färbekraft des Blutes bei Constitutionaanomalien,
die zur syn koptischen Todesart disponiren, zurückzuführen ist* End-
lich wird noch der Blutungen (8u£Fusionen) in den Halsmuskeln
Ertruokener Erwähnung gethan und über einen solchen Befund bei
einem zu einem Ei.^block gefrorenen, aus einem vereisten Flusse ge-
zogenen Mädchen berichtet. Diese Suffnsionen werden als postmortal
betrachtet, obwohl sie ein scheinbar vitales Entstehen vortäuschen
können. (Pal tauf, BerL klin. Wochenschr. 1B92, Nr. 13.)
Ein Fall von Erstickung durch Aspiration von Speieebrei>
Eine 24j ährige Frau flollte durch Misshandlungen seitens ihre«
Mannes getödtet worden sein. Es fanden sich auch mehrere Con*
Wdb
Wiener,
tusioneu uitd Spuren yqu Bigswanden, ausderdam punktförmige
Ekchymoseu auf Brust und Rücken, Lungeo balloDirt, hyperämisch,
sübpltjurale Ekchymosen, die Luftwege bis in die mittleren Bron*
chien mit Speisebrei erl'üUt. Der Vorgang batte sich ao abgespielt,
dass die Frau nach dem Eesen misshandelt worden war, dabei ge-
brochen batte und durch Aspiration erstickt war. Der Erstickungß-
tod war alä Folge der Misehaud langen anzuseben. (Zeitschrift für
Medicinalbeamte 18^2, Nr. 22,)
Erection und Samenerguss bei Erhängten ^k
In den Lehrbücbern der gerichtlichen Medicin wird der Erection
des Penis sowie der S ame ii entleer ung eine symptomatische Bedeutung
für die Diagnose des Erhäng ung st o des nicht zuerkannt Krabmer
bezeichnet sie als Leicheasymptome^ Casper-Liman die Erection
als Fäulnisserection , wie sie bei jeder faulenden Leiche wahr-
zunehmen ist.
Ebertz -Weilburg dagegen berichtet im Supplementheft der
Vierteljahrsschrift für gerii^btliche Medicin pro 1892 über einen un-
zweifelhaften Tod durch Erh äugen bei einem 71 Jahre alten Manne
mit starker Erection des Penis and deutlich ejaculirtem Samen, ohne
dass die Leiche die geringsten Fäalniesspuren zeigte. Am wenigsten
hatten sich im Zellgewebe des Scrotuin und des Penis Fäulnissgase
angesammelt.
Einen mit der Beobachtung von Ebertz übereinstimmenden
Fall hat Feld verötf'entlicbt. Er fand 3 — 4 Standen nach d^m Er-
hängungstode eines Sträflings das Glied in starker vollkommener
Erection f mit stark gefüllter Vena coronalis und im Hemde einen be-
trächtlichen Fleck von ergossener Feuchtigkeit. 22 */,^ Stunden nach
der ersten Besichtigung war der Penis schlafi', nicht mehr verlängert,
ohne Zeichen von Erection und Verwesung, obwohl letztere ajn
liumpf bereits eingetreten war.
Au einem erhängten Epileptiker beobachtete Huppert Samen-
abgang ohne Erection des Gliedes und wies nach, dass die Turges-
üenz des Penis und die Ejaculation des Samens nicht als Leichen*
erscheinung aufgefasst und nicht auf die gleiche Stufe mit dem bei
Eintritt des Todes so häufig zu beobachtenden Koth- und Urin-
abgang zu stellen, sondern als activer physiologischer Vorgang ssu be*
trachten sei.
1) Cfr auch bei Kapitel »SexueÜe«^.
Gerichtliche Medidn«
tiüy
Ebertz hält diese drei einwandfreien Beobachtungen für ge-
eignet, den von Casper-Liman so kategorisch au jgea teilten Satz,
dass Erection und Samenerguss bei Erhängten eine Fabel und eratere
als Fäulnisaerection aufzufassen sei, zu widerlegen* Bemerkenswerth
ist noch bei dem E bort zischen Falle, dass bei einem 71jäbrigee
Alkoholiker die Functionen der Geacblechtaorgane vom Alterascbwunde
noch unberührt geblieben sind.
ni. VergiftuBgen*
Phyaoatigmin.
Leibholz berichtet in der Vierteljahröschrift für gerichtüche
Medicin 1892, Aprilheft über zwei von ihm beobachtete Vergiftungs-
fälle mit Eeerin. Zwei Mädchen auf einem Rittergute waren ge-
ständig, die Absiebt gehabt zu haben, sich uma Leben zu bringen*
Zu dem Zwecke nahm das Stubenmädchen vom Schreibtische ihres
Herrn aus einer mit dem Giftzeicben signirten Schachtel ein Gläs-
chen mit Eaerin, löste den Inhalt in einem Topfe mit Waaser auf
und leerte dann den Topf gemeinaam mit der Wirthin. In der
nächsten halben Stunde hatten sie nichts verspürt und ihre Haus-
arbeit in gewohnter Weise verrichten können. Dann wäre ihnen un-
wohl geworden und plötzlich das Bewusstaein geschwunden. Der
telegraphisch gerufene, 2 Stunden nach Beginn der Erkrankung an
Ort und Stelle eingetroffene Arzt fand das eine Mädchen bereits bei
Bewusstaein, das andere noch hewnsstlos. Beide lagen mit ge-
rdthetem glänzendem Gesichte da, Papillen ad maximiim erweitert,
auf Lichteinfall nicht reagirend. Puls voll, stark gespannt, 60 Schläge,
Respiration flach, stöhnend. Kein Fieber, Erbrechen. Das eine
nicht mehr besinnungslose Mädchen jammerte über heftige Schmerzen
in der Magengegend und im Unterleibe, Jedes Mädchen hatte etwa
0,05 des Giftes, also das 50fache der Maximaldose genossen. Auf*
ÄUend war der günstige Verlauf der Erkrankung. Da die Unter-
suchung des Präparats, obwohl schon vor 5 Jahren von Merck in
Darmstadt bezogen, ergab, dass dasselbe noch alle von der Pharma-
kopoe verlangten Reactionen zeigte, also noch nicht zersetzt war, so
muss die schwache Wirkung des stark giftigen Physoatigminum sul-
furicom auf die starke Verdünnung und den Umstand zurückgeführt
werden 1 dass dasselbe bei gefülltem Magen genossen wurde* Auf-
fällig war die starke Erweiterung und Reactionslosigkeit der Pupill«*
Während die Einbringung von Eserin in den Conjunctivalsac
700
Wiener.
die Pupille stark und Anhaltend vereogt^ blieb diese Wirkung in
beiden FälleD aus, obwohl das Präparat in grosseo toziecben Dosen
verschluckt worden iat.
ÜB tersiichungen über dae Verhalten dea Strychnin» im
ürg-anismiii.
Eine anter der Aegide seines Lehrers Kratter von Ibsen ange-
stellte sehr fleissige, lehrreiche, ergeh nias wichtige Studie, zu welcher
folgender Fall das Material lieferte: Eine ledige, 2B Jahre alte weibliche
Person wurde im Hause einer Hebamme todt aufgefunden^ nachdem sie
einige Stunden früher anscheinend wohl die Wohnung des Vaters
verlassen hatte. Section 44 Stnnden post mortem, Scbädeldecken,
Meningen , Gehirn , Rückenmark sehr byperämisch , hämorrhagische
Infarcte in den Lungen, zablreicbe Blutextravasate auf der Lungen-
pleura» Heris schlalf, Muskelfleisch fettig degenerirt. Blut von
dunkler, flüssiger Beschaflfenheit, Im Magen 100 c cm rothbraune,
sauer reagirende Flüssigkeit, in der zwei Stückchen Speck suspen-
dirt sind. Schleimhaut ohne Hämorrhagien. Milz 14, 9, 4 cm, pulpa-
und blutreich, brüchig. Leber, Nieren sehr blutreich. Graugelber
Eiter im Nierenbecken, Schleimhaut geröthet, geßchwellt ebenso in
beiden üreteren, der Harnblase und Harnröhre. Eiterherd im Sep-
tom urethro-vaginale, Eiter auf der Scbeidenschleimhaut, Die InneQ-
fläche des vergrösserten Uterus mit eit^irigen Exsudatmassen belegt,
welche sich auf das uterine Segment der Eileiter fortsetzen. Also
eiterige Entzündung des ganzen Genitalschlauchea, welche ascendirend
die Harnorgane, Lungen mit consecutiver Entzündung der inneren
Organe befiel und zu einer pyämischen AllgemeinerkrAnkung gefuhrt
hatte. Dass die Milz keine Schwellung zeigte, stimmt mit den Unter-
suchungen Hahnes*) überein, durch welche dargethan ist, dass das
für pyämische und septische Processe bis jetzt unerlässlich gehaltene
Postulat der Milzschwellung hinfällig sei. Bei neun puerperalen Er-
krankungen mit multiplen Abscessen unh Infarcten fand Hahn nur
zweimal Milztumoren vor. Inzwischen war von der Hebamme mit
vielem Lärm und Aufsehen das Gerücht ansposaunt worden, dass
sich das Mädchen seibat mit Strychnin vergiftet habe. Bei der vöUigen
Unkenntuiss der dem Tode vorangegangenen Krankheitserscheinungen
and dem bekannten Mangel jedweden sicheren pathognomi sehen Merk-
*) Hahn, Zur Leichendiagnose der »eptiBchen und pyämischen Processe.
Virchow'B Archiv Bd. 123, H. 1, S. 1.
Gerichtliche Medicin.
701
zeiohens des Stryokniotodea ward von K ratter selbst die chemische
Analyse des Magens und seines Inhaltes vorgenommen, die das that-
aftchliche Vorhandensein einer nicht geriogen Menge von Strychnin
ergab. Demnach mosste Stryciin in Vergiftung als die unmittelbare
Todes Veranlassung bezeichnet werden. Bei so günstig gebotenem
Material lag es nahe, mit den bei der Saction in 9G%igem Alkohol
sorgfältig aufgehobenen Organen weitere Experimente anzustellen
1) über das Verhalten und die Vertheüung des Strychnins im Orga-
msmua, 2) die Ausscheidung deaselben durch den Harn und B) seine
Eesißtenz gegen die Fänlniss, worüber bekanntlich noch grosse Con-
troversen bestehen,
Ipsen fasste die Resultate seiner Untersuchungen in folgende
8ätze zusammen:
1) Das Strychnin wird von jeder Applicationsstelle aus sehr
rasch resorbirt und durch den ßlutstrom in allen Körperbezirken
gleich massig vertheilt.
2) Der Strychningehalt der einzelnen Organe ist proportional
dem jeweiligen Blutgehalt derselben.
3) Weder die Resultate der Thierversuche^ noch das Verhalten
im menschlichen Organismus rechtfertigen die Annahme einer Bin-
dung und Aufspeicherung des Strychnins in den Körperorganen. ■
4} Strychnin wird nuzersetzt mit dem Kam ausgeschieden; die
^ Ausscheidung beginnt sehr rasch nach der Aufnahme , so dass es
[schon 3^ — 5 Minuten nach der Einführung im Harn erscheint.
5) Bei toxischen Gbkben scheint ein Paraüelismus zu bestehen
zwischen der Dauer der Ausscheidung und der Intensität der Wir-
kung des Strychnins auf die Nieren arter ien.
Die Versuche p nnn die noch offene Frage des Verhaltens des
Strychnins zur Fäulniss zu lösen, sind im Gange, Doch macht
Ipsen schon jetzt die Mittheilnng, dass bei monatelanger Eäulniss
in verschiedenen Medien der chemische und physiologische Nachweis
immer gelingt. (Vierteljahrsschr. für gerichth Medicin 1802, H. 3.)
Zur gerichtsärstlichefi Beurlheilung von Vergiftungen
durch VVurmfarnejctract
Neben gastroenteri sehen Erscheinungen stehen Herzschwäche
mit Dyspnoe und Cyanose und nervöse Symptome tLähmungs-
erscheiniuigen and Krämpfe bis zum Tetanus) im Vordergründe.
Fast typisch bezeichnet Pal tauf die Amaurose, manchmal mit
Pnpülenstarre , Nystagmus und Aufhebung des Cornealreflexea,
702
Wiener.
bald eiuöeitig^ bald doppelseitig. Forensisch wichtig wurde ala blei-
bende Folge EinenguDg des Gesichts Feldes und Herabsetzung der
Sehscbärfe beobachtet Palt auf berichtet über einen durch eine
Schmiercur geBchwfichfeen Mann, welcher einer Dosis von 4,5 g erlag.
Nach einer Beobachtung von Er man trat der Tod nach 6 g ein*
Bamberger und Nothnagel sahen bei Gaben von 6 — 10 g hoch-
gradige Vergiftungserscheinungen ')* Das Ergebniss der gerichtlichen
Section fiel negativ aus, die Chloroformausschüttelung des Dickdarm-
inbaltes war grünlich gefärbt und zeigte das Chlorophyllspectrum.
Pal tauf siebt die Ursache der Vergiftungen nach geringen Dosen
entweder in einer abnormen Wirksamkeit der Drogne oder in einer
eigenthümlichen , die Resorption besonders begünstigenden Körper-
beschaffen heit* Nicht ohne EinUnss ist auch die Art des Vehikels,
In fetten Oelen ist das Ejd:ractnm Filicis maris leicht löslich. Man
gebe deshalb nicht ^ wie das gewöhnlich nach Einnahme von Band-
wurmmitteln geschieht, Oleum Ricini, sondern, wenn erforderlich,
salinische Abführmittel. Anch durch ein längeres Zurückhalten des
Darminhalts kann eine vermehrte Resorption des Mittels bewirkt
werden. Anf dieses Moment führt Pal tauf den tödtlich verlaufenen
Erm aussehen Fall zurück, bei dem die Section Verengerungen und
Verwachsungen des Darms ergeben hatte. (Paltauf, Prager med.
Wochenscbr. 1892, Nr. 5 u. 6.)
Muflkaln ufiSTergiftung.
I
Eine solche wird von B e Et lif- Jersey im Brit. med. Journal
beschrieben. Eine Ehefrau, die auf erhaltenen Rath ihren MaDn von
einem Bläschenauaschlag heilen wollte , that ihm nahezu eine ganze
geschälte Muskatnuss in die Abendmilch. Derselbe schlief bis gegen
Morgen, begann aber im Moment des Aufstehens über Verlust des
Sehvermögens und unerträglichen Kopfschmerz zu klagen. Bei der
Untersuchung, bei welcher er nur auf starkes Anschreien reagirte,
zeigten sich die Beine wie abgestorben und unfähig, den Körper zu
tragen. Snbjectiv wurde noch ausserordentliche Trockenheit des
Mundes angegeben. Objectiv zeigte sich die Zunge rein und trocken^
Herztöne normal, Puls und Temperatur regelmässig, die Pupillen
eng. Calomel und Ricinusöl beseitigten den Zustand*
') Vergl, Vergiftung mil Extractum Filide aetherenm, Jahrbuch 1801,
8. 678.
Gerichtliche Medicin.
7ÜH
Wurstvergiftung.
Ph. ßeiasz theilt in Nr. 49 der Wiener mediciniacheD Presse
eine WuratvergiftuDg bei der aus sieben Köpfen bestehenden Familie
mit Die Leberwurst, theils roh, theils gebraten genossen, hatte einen
dumpfigen Geruch und schmeckte etwas sauer. Tags darauf stellten
sich Erbrechen, Stuhl Verstopfung und grosse Schwäche ein^ Mund
Tmd Pharynx trocken, bei einigen Ejranken Doppeltsehen, Alle
zeigten stark erweiterte Pupillen, Ptosis beider Aogen, kleinen Puls.
Stimme heiser ^ klanglos, Schluckbe seh werden, erhebliche Dyspnoe.
Die Ehefrau, die allein Fiebertemperatur darbot, starb am 7* Krank-
heitstage. Die gerichtliche Section ergab Hyperämien der Meningen,
des Gehirns f ReBpirationskanals , acuten Magenkatarrh, Milzschwel-
long. Bei den übrigen Kranken trat erst nach 14 Tagen merkliche
Besserong ein, aber selbst am 42. Tage wurden noch Scbluckbe-
acb werden und Trockenheit des Mundes empfunden, (Viertel] ah re-
Bchrift f* gerichtl. Medicin 1892, Juli.)
Salzfiänre.
Ueber einen bemerkenswerthen Fall von Salzsäure Vergiftung be-
richtet Wunschheim-Prag in der Prager med icinischen Wochen-
schrift 1891, Nr. 52. Ein 35jähriger Mann hatte 25 ccm Salzsäure
gemischt mit einer Spur von ScbwefelsÄure getruoken. Acht Tage
darauf Tod an Peritonitis. Bei der Section zeigten sich graugelb-
liche Verschorfungen am Gaumensegel und der hinleren Wand des
Beb 1 and köpf es, gelbbraune, längsgeatellte ^ streißge in der Schleim-
haut der Speiseröhre, und umfangreiche Anätzang der Magenschleim-
haut. Die gelbbraunen , zottigen , im Wasser flottirenden Schorfe
fanden sich zumeist an der Gardia, zogen sieh über die kleine Cur-
vator nach rechts und nahmen den ganzen Pylorus ein, dessen ganze
Mucosa in eine dunkle Pulpa verwandelt war. An zwei thalergrossen
Stellen war es zu totaler Nekrose gekonamen. Geringe Anätzung
im oberen Duodenalabschnitt. Oberflächliche Gerbung der Leber,
Milz, FlejEura coli dextra und des dem Pylorus gegenüberliegenden
Peritoneum der vorderen Rauchwand^ Ausser einer handtellergrossen
Stelle von normaler Farbe war die Oberfläche der Leber gelblich
grau. Interessant bei diesem Falle ist die G e Ib f ä rb un g der Schorfe,
die für Salpetersäurevergi^ng als charakteristisch gilt. Bericht-
erstatter deutet dieselbe als Imbibition der Schorle mit den Deri-
des Blutfarbstoffs, indem die Mineralsauren &«a ^Qjtoio^tJ^^vcv
704
Wieoer,
sehr rasch zur Lösung bringen und in seine Derivate umwandeln.
Es gelang auch, spectroskopiscb die Äbsorptionsatreifen des Häma*
tins m mit Kalilauge behandelten Aetzschorfen nachzuweisen. (Zeit-
schrift f. Medicinalbeamte 1892, Nr, 2.)
Acii le Queckailbetvergiftung.
8 ackur- Breslau, berichtet in der Berliner klinischen Wochen-
flchrift 1892, Nr. 25 über einen letal verlaufenen Fall, entstanden
durch Einreibung von 5 g grauer Salbe in tiefe Rhagaden der Hand
und des Vorderarms. Eine Stunde darauf tritt üebelkeit, Ohnmacht,
Erbrechen, Sebwindelgefiihl ein. Bei der Aufnahme ins Hospital bot
die sehr anämische Kranke das Bild schwerer Erkrankung dar. Er*
brechen gallig gefärbter Massen. Die linke Hand und die Dorsai-
seite des unteren Drittels des Vorderarms massig stark geschwollen,
grau weis 8 verfärbt, undeutlich fiucttiirend. Fortbestehen des Er-
brecheuB, Tenesmus, leichte Albuminurie. Am nächsten Tage Diar-
rhoen, Koliken, Abendtemperatur 36,2. Am 3. Tage 35^7 Temperatür,
blutige Durch (alle. Am Zungenrande bilden sich kleine Geschwür-
chen. Am 4. Tage gangränöse Gingivitis, Glottitia, Durchfall, Er-
brechen. Am 5. Tage Tod* — Sectionsergebnisse : Im unteren Ab-
schnitte des Diinndarmä in ca. 1 Fass Länge kleine Hämorrhagien
uDi^ nach der Bauhin'dchen Klappe zu oberfiächliche Nekrosen der
SchleimJiaut. Im ganzen Dickdarm das Bild der schweren Dysen-
terie. Bemerkenswerth ist die Entstehung der Vergiftung und der
schnelle Eintritt derselben. Sackur konnte nur zwei analoge Fälle
tödtlicher Mercurialintoxieation in der Litteratur finden und schliesst
sich Buohner's Anschanuug an^ dass nicht nur die Resorption des
Hg von wunder Haut aus für die deletäre Art der Vergiftung ver-
antwortlich zu machen ist, sondern dasg auch eine gewisse Disposi-
tion oder Idiosynkrasie des Individuums eine Rolle spielt. Nach
Kaufmann bilden Nephritis, Septikämio und Anämie Contraindica-
tionen gegen die Anwendung von Mercurialien. (Zeitschrift f. Medi-
oinalbeamte 1892, Nr. 14.)
KohleDdunstTergiftung.
Voss hatte in der mediclnischen Klinik zu Greifswald Gelegen-
heit, folgenden intressanten Fall zu beobachten. Es handelte sich um
die Familie eines Stein scblägers. In der Nähe des mit Kohlen ge-
heizten Ofens, dessen Thüre und Klappen Abends 8 Uhr geschlossen
GerichtUche Medicin*
705
bi
wurden, schliefen die Elteni. An der dem Ofen gegenüberliegenden
Wand fahrt eine Thür in die Schlaf kftmmer der Söhne, welche in
der Nacht weit offen stand. Morgens 6^;^ Uhr erwachte der Vater
mit heftigen Kopfschmerzen» Er schleppte sich mit Mühe bis vor die
Tbür nnd rief die Nacbbaraleute, die den ältesten Sohn von 16 Jahren
mit Schaam vor dem Monde todt, den jüngeren von 12 Jahren
schwach röchelnd fanden» Letzterer wnrde in die Klinik gebracht.
Andauernde Bewusstlosigkeit, Um 11 Uhr trat ein Erregungs-
Äustand auf mit Krämpfen^ die das Symptombild der Tetanie aus-
machen, nämlich tonisch intermittirende Krämpfe der Extremitäten,
der Gesichts- und in geringem Grade der Kaumuskeln. Patellar«
refiex normal. Die Anfälle wurden immer häufiger ^ Lungenödem,
Exitus Nachmittags 4 Uhr. — Sectionaresultat: Lungenödem, frische
Bronuhopneamonie, nicht ganz frische Schwellung der Darmfollikel,
der Peyer'schen Plaques, der Mesenterialdrüsenj der Milz. Im Hirn
und Rückenmark nichts Pathologisches. Bei dem todtaufgefun denen
Bruder derselbe Befand. Im Blute des letzteren wurde Koblen-
oxydhämoglobin, wenn aüch relativ schwach ^ nachgewiesen, dagegen
Tjicht bei dem jüngeren Bruder. In den aus Milz und Lymphdrüsen
angelegten Culturen entwickeln sich keine Golonien von Typhus-
bacillen, Änamnestisch ist zu bemerken, dass die Kinder vor 7 Jahren
[Typhus überstanden und eine Neigung zu Darmkatarrhen hei Diät-
fehlern zurückbehalten hatten. Auch in den letzten Wochen vor
der Vergiftung sollen dieselben mit einem solchen Katarrh behaftet
gewesen sein. Die Befunde im Darme erklären sich leicht aus dem
Darmkatarrh. Für CO* Vergiftung sprechen vor Allem die charak-
teristischen Zeichen , wenn es sich ancb nur um die Aufnahme von
geringen Mengen des Giftes gehandelt haben kann, was dnrch die
schnelle Wiederherstellung der Eltern und den spectroskopischen
Befund bewiesen wird. Es zeigt der Fall wieder deutlich, dass
Kinder für CO viel empfänglicher sind^ als Erwachsene. Nach
V. F ran kl-H och wart ist für das Entstehen der Tetanie zunächst
ein specifisches Agens anzunehmen, sodann aber als Aetiologie der
übrigen Fälle Kropfexstirpation, Magen- und Darmkatarrh, Vergif-
tungen mit Infectionskrankheiten aufzustellen. Bei Kindern kommen
luptsächlich Magen- und Darmkrankheiten in Betracht. Man wird
nach annehmen können, dass trotz der geringen Menge des ein-
athmeten Kohlenoxydgases der Tod dadurch erfolgte, dass durch
flexein Wirkung des erkrankten Darmes auf ein durch Intoxication
in erhöhte Erregbarkeit versetztes Centralnervensystem tetanische
^Krämpfe ausgelöst wurden .^ die auf die Athmungsmusculatur über-
iahrboch d. praet Medlcin. 18^3. i&
706
Wiener.
gifigen und so den Tod im Gefolge haben mussten. (Deutsche m«jd*
Wochenacbr. 1892, Nr. 40.)
ßcnzinvergiftUDg.
Ein 2 Jahre alter Knabe hatte aus einer FJasche Benzin, wie
es zur EfitfernuEg von Flecken aus Kleidern gebraucht wird, ge-
trunken, nach Aussage der Mutter nur einen „Schluck", alabald die
Augen verdreht und war nach 10 Minuten verschieden ♦ Ein hinzu-
gerufener Arzt nahm nocb eine Magen aus spülung vor^ und war im
Spülwasser durch Geruch und die chemische Untersuchung deutlich
Benzin nachzuweisen. Bei der Leichenobduction konnte bei Er-
öffnung der Bauchhöhle zweifellos Geruch nach ßenzie wahrgenommeu
werden. Im üebrigen aber war das anatomische Sectionsergebniss
negativ. Die chemische Analyse des Mageninhalts ergab, ganz wie
in der Spülflüssigkeit^ Petroleum-Benzin, d. h, das gewöhnliche Fleck-
wasser des Handels; in den zweiten Wegen konnte nichts davon
aufgefunden werden, obwohl doch der Tod durch die resorbirte Sub-
stanz herbeigeführt war. (F. Falk, Viert eljahrsschrift f. gerichtl.
Medicin 1892, ApriliieftO
IV. Sexuelles.
S p e r m a t o z o i d e n.
i
Einen Fall von langer Lebensdauer der Spermatozoiden beobach-
tete Ja eger-Langenburg. Er hatte die Section eines Selbstmörders
vorzunehmen, welcher sich 2 Tage vorher an einer Leiter aufgehängt
hatte. An der Hamröhrenmündung wurde Sperma in ziemlicher
Menge gefunden. In demselben konnten mehrere sieb sehr lebhaft
bewegende Spermatozoiden nachgewiesen werden, die demnach 44 bis
45 Stunden nach Eintritt des Todes ihre Lebensfähigkeit noch nicht
verloren hatten. Verf. fuhrt die Ursache auf die damals herrschende
milde, mit hohem Feuchtigkeitsgrade der Luft verbundene Tempe-
ratur, sowie auf die kräftige Constitution des Selbstmörders zurück.
(Med. Oorrespondenzblatt des Württembergischen ärztlichen Landea-
vereins 1891, Nr. 38.)
Bezugnehmend hierauf theilt Räuber-Nordhausen einen Fall
aus seiner Beobachtung bei einem G5 Jahre alten ^ gleichfalts durch
Seibster hängen gestorbenen Manne mit, wo noch 55 Stunden nach
Eintritt des Todes in einem Tröpfchen ans der Harnröhre genom-
menen Samens die Samenfäden selbständige Bewegungen zeigten.
Gerichtliche Medicin,
7or
Räuber möchte jedoch diesen Fall^ ebensowenig wie deo von Lan-
gen b er g mitgetheilten als eine Ausnahme auffassen, vielmehr nur
als einen neuen Beweis einer öfters beobachteten Thatsache, dass die
jl Samenfäden unter gewöhnlichen Verhältnissen eine lange Lebens-
I fähigkeit haben. In gerichtsärztlicher Beziehung lasse ^ich dieselbe
I in geeigneten Eällen als Anhalt zur Bestimmung der Zeit^ weiche
^^ seit dem Tode verflossen ist, verwerthen. (Zeitschrift f. Medioinal-
^■beamte 1892, Nr. IL)
^^H F ä r b T] Ti g von S p e r m a t o z o e n.
^H Bräutigam-Königsberg i. N. gibt folgende Methode der Oon-
^^Bervirung als sehr zweckmässig an:
1) Einlegen der einzelneE Leinwandstücke in je ein Uhrglas,
Zusatz einiger Tropfen Aqua deatillata.
2) Nach dem Aufweichen Ausdrücken mit einem Glas Stabe.
3) Herstellung von Deckglas-Trockenpräparaten.
4j Färbung mit Alauncarmin (Carmin, rubr, optim. 1^ Alumin. 5,
Äq. destill/ 100, Solve, coque K^ h.), in angewärmtem 10 Minuten
oder besser in kaltem 24 Stunden liegen lassen^ dann Abspülen in
Wasser mit Zusatz von 1^ — 3 Tropfen Essigsäure.
5) Färbung in Malachitgrün (Malachitgrün in Alkohol gesättigt,
davon 1 : 5 Aq. dest, , darin V^ — 1 Minute liegen lassen , dann Ab-
spülen in Wasser mit Essigääure).
6) Trocknenlassen an der Luft.
7) Einbetten in Canadabalsaroi der in Xylo! gelöst ist.
Dann sind die Köpfej meist nur in der hinteren Hälfte^ kräftig
rothf manchmal auch der ganze Kopf, der dann kleiner ist. Meist
ist die vordere Hälfte heller oder grünlich. Die Schwänze sind
grün. Die Färbung mit Alauncarmin hält sich monatelang und ist
80 deutlich f dass die Spermatozoon auch Laien leicht zu demon-
striren sind. Sie ist die angenehmste Kernfärbung, färbt nie zu
stark. Die Farbe muss allerdings mindestens 5 Minuten einwirken
nnd mit Essigwasser abgespült werden , weil in gewöhnlichem die
Färbung wieder verschwinden würde. (Zeitechr. f* Medicinalbeamte
1892, Nr, 5.)
L'eber die Zeit, in welcher nach Anwendung der veröchiedeuen
Abtreibemittel die Anaatoösung der Fracht erfolgt
W. Dölger (Friedreich'ö Blätter f. gerichth Med. 1892, H. 1
und 2) hebt einleitend hervor, dass die Feststellnng einer strei»
tigen vorsätzlichen Fruchtabtreibung zu den schwierigsten Aufgaben
f'Os
Wi
des Oerichtsarztea gehört, und dass als Bichere und absolut zuver-
lässige Verfahren nur einige mechanische Mittel betrachtet werden
dürfen , während innere Mittel den abortiven Erfolg haben können,
aber nicht noth wendig haben müssen. iDdividuelle Verhältniase,
Disposition und die verschiedene Reizbarkeit des Uterus spielen eine
wichtige Rolle» Letztere ist znr Zeit des Menatmationatermins er-
höht und nimmt mit der Annäherung an den physiologischen Ge-
burtatermin stetig zo. Zur Zeit der Piacentaraolage^ also im Laufe
des 3. Graviditätsmonats ist die Disposition gleichfails entschieden
erhöht, Verf, wendet sich nun zu denjenigen inneren Mitteln, die
im Rufe stehen, die Unterbrechung der Schwangerschaft zu bewirken.
Es gibt unstreitig Stoffe^ nach deren Genuse der Abort tbatäächltch
manchmal erfolgt ist. Hierbei hängt viel ab voo der Dosis und der
Qualität des Mittels (ob frisch, Zeit der Ernte, Form der Einver-
leibung) und von der Wideratandafähigkeit des weihlichen Organis-
mus, Die Wirkung ist nach allgemeiner üeberoinölimmung nicht
sowohl eine specifische, contractionserregende , sondern meist als
Theilerscheinung einer Allgemeinintoxicatioo aufzufassen, ddrch welche
die spinalen oder parenchymatösen Oentren direct getroffen oder auf
reflectorischem Wege von Seiten des Magendarmkanala oder durch
vasomotorische Beeinflussang erregt werden ; der mechaniache Insult
des Erbrechens allein mag in manchen Fällen genügen. In allen
Fällen wären Uteruscontractionen die nächste Folge* Durch üeber-
gang des toxischen Agens durch den Plaeentarkreialauf in die fö-
talen Bahnen kann ein Absterben der Frucht und als entferntere
Folge Abort eintreten.
Dölger stellt hierauf die Erfahrungen der Praxis mit den ein-
aelnen als Abort iva in Ruf stehenden und gebräuchlichen Mitteln
zusammen, deren Zahl gross isti Stjcale corniituni, Jyniperus Sabina
(wohl die am häutigsten gebrauchten)^ Herba Tbujae, Taxus baccata
(Eibenbaum), Terpentinöl, Bernsteinöl, Ruta graveolens (Raute), die
Drsstica, Cantbariden, Schwefelarsen, Phosphor^ Strychnin, Schwefel-
säure und Brennöl, Ammoniaklösung, Kohlenoxyd, Leuchtgas, Jod-
kali, Safran, Pilocarpin^ Salicylsäure und Natrium aalicylicum. Die
zahlreichen von Aberglauben und Gewinnsucht gehegten nichtssagen-
den Volksmittel werden übergangen. Für die Beurtheilung der Wir-
kung ist wichtig die Berücksichtigung der Zeit, in welcher nach
Einnahme des Mittels die Ausstossung der Frucht erfolgt. Letztere
tritt in der Regel auf der Höhe der dyrch das Mittel bewirkten Ver-
giftungserscheinungeü oder bald darauf ein — nach den bisherigen
Beobachtungen zwischen 5 Stunden bis 13. Tag, im Durchschnitt
Gerichtüclie Medicin,
709
aus 27 genauen Einzeldaten nach 60 Stunden. Fälle, in welcben die
getödtete Frucht noch länger im Uterus verblieb, sind äusserst schwer
zu beurtbeilen.
Die mechanischen FrucbtäbtreihuDgsmittel haben LachLiman
sämmtlich den Zweck, das Ei zu lösen oder die dasselbe einhüllen-
den Membranen zu durchbrechen , oder sie bezwecken, direct durch
Erregung von Uteruscontractionen die Loalösung und Ausstossung
des Eies zu bewirken. Die primitivste und wohl nur von Laien
geübte Methode der mechanischen Fruchtahtreibueg besteht in roher
Einwirkung auf den Unterleib oder auf den Körper überhaupt durch
StÖßse, Kneten, Drücken des Unterleibes: ßeizung der ßrustdrüßen-
nerven (Scanzoni regte dadurch Frühgeburt an); Verletzung des
Eies durch in den Utems eingebrachte Instrumente (Drähte, Sonden,
Stricknadeln, Federhalter, Blattstängel, ßrenneiseD), Ei hautstich.
Aus Beobachtung von 30 tbeila foransiscben, theils klinischen Fällen
war die kürzeste Zeitdauer für den Eintritt des Aborts 13 Stunden^
die längste 8 Tage, im Mittel 64^ ^ Stunden. Für den Eintritt der
Frühgeburt betrug die kürzeste Dauer 4 Stunden, die längste 117 Stun-
den, mittlere A3V^ Stunden.
Nächst dem Eihautstich kommt in der Verbrecherpraxis wohl am
häu%st6n die Co hen^scha Methode zur Anwendung (intrauterine
Injection). Sie wird bei der Baßchheit der Wirkung von gewerbs-
mässigen Abtreiberiunen gern angewendet. Bei Abort betrug die
Minimaldauer 7 Stunden, die Maxiinaldauer 2'^ Tage, durchschnittlich
18 Stunden nach der Injection, bei Frühgeburt minimal 8 Standen,
maximal 5 TagUj durchschnittlich 31 Stunden, Dio Veröchiedenbeit
des Erfolges mag wohl von der Tiefe, bis zu welcher das Injectiona-
robr neben dem Ei in die Höbe geführt wird, einerseits und anderer-
seits von der Menge der eingespritzten Flüssigkeit abhängen — ob dies
Aqua picea oder sterilisirtes Wasser ist, dürfte ohne Belang sein,
Douchen. Ueber Aborte, durch Douchen herbeigeführt, liegen
Erfahrungen nicht vor, dagegen über Frühgeburten. Nach 49 zu-
sammengeätellten Beobachtungen betrug die geringste Dauer von der
ersten Douche bis zur Vollendung der Oeburt 10 Stunden, die längste
12 Tage, die mittlere 3*/^ Tage.
Beize, deren Angriffspunkt die Vagina ist (Tamponade,
Colpeurynter, Hue herrsche Blase, Kautschuktampon, Einleitung von
Kohlensäure). Beim Kautachuktampon trat Frühgeburt nach 5*f^ Stun-
den, auf Anwendung der Hu ehe raschen Blase in zehn Fällen nach
14 Stunden bis 11 Tagen ein. Nach Einleitung von Kohlensäure
täglich zweimal K^ Stunde erfolgte die Frühgeburt nach 82 Stunden,
710
Wiener,
Krause's Metbode (Einführen von Sonden und anderen loatru-
menten zur Ablösung des Eies von der Uteruswand). Bei Aborten
in neun Fällen betrug die geringste Dauer 8 Stunden, die längste
5 Tage, die mittlere 2^4 Tage. Hier war die Zeit der Schwanger-
schaft bis zum 4. Monat vorgeschritten^ und der EingrifiF fast aus-
schliesslich von är^tücher HaBd, die Ablösung also gründlich und
ausgiebig bewerkstelligt worden. Bei l&G Frühgeburten war die
kürzeste Dauer 3*12 Stunden j die längste 12 ',.2 Tage, mittlere
47^,3 Stunden,
Es werden noch der Vollständigkeit wegen als Abtreibungsmittel
erwähnt; die manuelle Cervixdilatation , Busches Dilatatorium, der
Pressflchwamm , Laminariastift, die Cauteriaation der Cervicalhöhle
mit Höllenstein, die Elektricität^ auch Aderlass.
Oft findet ein combinirtes Verfahren zum, Zwecke der Frucht-
abtreibung statt Als Gesammtergebniss nach Anwendung mechani-
scher Frucbtabtreibungsmittel stellte Do Iger fest: Es erfolgte unter
940 Fällen der Abgang der Frucht in mioimo nach 2 Stunden, in
inaximo nach IG Tagen, im DurchBchnitfc aus 618 Fällen nach 44 Stun-
den. Meist erfolgte durchschnittlich am 2. Tage der Abgang der
Frucht j etwas langsamer^ durciischnittlich am 3, Tage, nach Anwen-
dung von Douchen und bei combinirtem Verfahren. In nur 2 Fällen
wurde fcrensiseb ein längerer Zeitraum beobachtet von Ca sp er-
Lima n, in welchen nach Einwirkung roher Gewalt der Abort nach
29 resp. 37 Tagen erfolgt war.
Fruchtabtreibnng durch Injection heissen Waesers»
Plötzlicher Tod durch LungenemboHe.
Fruchtabtreibungen durch Injectionen waren früher seltener als
gegenwärtig und sind unter umständen viel bedenklicher für die
Mutter als der Eihautstich, weil zu der Gefahr einer Verletzung
der Genitalien durch das eingeführte Instrument oder durch septische
lufection mit diesem auch die besondere Gefahr hinzukommt, welche
durch die Injectionsfidssigkeit gesetzt werden kann: septieche Endo-
metritis, Metritis^ diffus sowohl wie local; in letzterem Falle kann
es zu localen septischen Erweichungen und secundären Durchlöche-
rungen kommen. Ruptur des Uterus bei dünnen Wandungen und
bei forcirter Injection direct in die Uterusböhle ist nicht unmöglich.
Dorch Eindringen der Injection eflüssigkeit in die Tuben und von da
in die Bauchhöhle kann Peritonitis und Salpingitis entstehen» Eine
weitere Gefahr besteht im Eintritt von Luft in die Uterusvenen,
Gerichtliche Medicin.
711
was schon bei der aufsteigenden Scheidendouchü nach Kiwiach ge-
schehen kann. Es werden durch den bei offenem Muttermunde mit
Gewalt einströmenden einfachen Wasaeratrahl die Eihäute abgelöst,
und der Lufteintritt in die Venen begünstigt, was natürlich noch
leichter erfolgen kann, wenn die Fliisaigkeit direct in den Uterus
«ingespritzt wird. Allzu holie Temperatur der lojectionsflüssigkeit
fahrt einerseits zur Verbrühung der Theile, andererseits zu einer
Ooagalation des Blutes in den Uterusvenen mit schweren Erschei-
nungen, selbst Tod im Gefolge. Dies ist schon bei Anwendung der
heissen Scbeidendouche ^ noch mehr aber dann möglich ^ wenn alku
heisBes Wasser in den Uterus eingespritzt wird, Kiwi seh hatte
30-350 R., Braun nur 22-28" R. empfohlen. Letzterer fand, dass
schon bei 30— 350 E. die Scheide verbrüht werden kann. Die Blut-
gerinnsel können aus den Uteruavenea in die untere Hohlvene und
ins rechte Herz und weiter in die Lungen eingeschwemmt werden
und EmboHe verursachen.
Einen Fall von plötzlichem Tod an Lungenembolie nach Injection
einer coagulirenden Flüssigkeit theilt Hof mann (Friedreich'ö
BlÄtter für gerichtliche Medicin 1892, Heft 1) mit. Er betraf ein
22 Jahre altes Mädchen, das mit dem Ansuchen bei einer Heb-
amme erschien, es wegen Schmerzen im Unterleibe zu untersuchen.
Bevor noch die Untersuchung erfolgte^ stürzte das Mädchen todt zu-
sammen (nach Aussage der Hebamme)* — Sectionsbefund ; In den
feinsten Verzweigungen der Lungenarterien steilenweise missfarbige,
kleine Gerinnsel, welche sich aus einsselnen dieser Gef^sscben wurst-
förmig herausdrücken liessen. Das untere Drittel des Eies miss-
farbig, in seiner Consistenz vermehrt, wie gekocht — im Gegensatze
sa den oberen zwei Dritteln, die sich unverändert präsentirten.
Mutterkuchen sowie Innenwand der Decidua und die ans tosa enden
Eihäute erscheinen im ümfiioge von nahezu einer halben Handfläche
missfarbig, wie gekocht und mit schwärÄÜchen starren Blutgerinnseln
durchsetzt. Diese gekochte Beschaffenheit war auch auf dem Chorium
und dessen Innenfläche vorhanden. Im geöffneten Amnium befindet
sich in reichlichem klarem Fruchtwasser Eottirend ein 11 1.2 cm
langer Embryo von ganz frischem Aussehen. Nabelschnur 11 cm
I lang, geht zur Mitte des Mutterkuchens. In vorliegendem Falle wurde
i das Kindringen der Flüssigkeit in die üterusvenen durch den Um-
stand begünstigt, dass die Placenta ungewöhnlich tief sass und den
inneren Mattennund tbeilweise bedeckte, so dass das eingeföhrte
Instrument oder der mit Gewalt eingespritzte Wasserstrnhl die Deci-
IduÄ sprengte^ zwischen Placenta und Uterus gelangte, ond so ein
7U
Wiener.
directes Einspritzen der heisaen Flüssigkeit in dio erweiterten Uterus-
venen atattland. Dies veraolasate einerseits ein sofortiges Gerinnen
des Blutes, andererseits ein Fortspülen der Gerinnsel und Ein-
schwemmen durch die untere HoMveDe ins rechte Herz und von da
in die Lungen und vielleicht auch ein Eindringen von Luft in diesfr
Wege, woraus sich der plötzliche Tod des Mädchens vollkommen
erklärt.
Abort zehn Wochen nach dem Tod des Fötus.
Dass abgestorbene Früchte hie und da noch sehr lange im Uterus
verweilen, bis sie ausgestossen werden, illustriit Leonpacher aa
folgendem Falle. Eine erstgeschwäogerte, junge, gesunde Frau aber-
tirte mit Zwillingen» Diese befanden sich in einem Fruchtsacke und
waren todtfauL Die Länge eines Fötus betrug nur 22 cm, was dem
5. Seh wanger seh aftamonatö entspricht, während die Schwangerächaft
bereits 30 Wochen dauerte. Es waren also die Früchte in der
20. Schwangerschaftswoche abgestorben und erst 10 Wochen später
auBgeötoeöen worden* Im Gegensätze hierzu hatte sich Leonpacher
über folgenden Fall gutachtlich zu äussern. Eine Frau bezog ihre
angebliche Frühgeburt auf einen 7 Wochen vor der Geburt gegen
den Bauch erlittenen Schlag. Das Neugeborene hatte aber eine
Körperlänge von 47 cm und ein Gewicht von 2335 g, ging also erst
im letzten Monate der Eatwickelung zu Grutide.
I
Läflfit sich an der abgf'gangeneo Frucht die Fruchlabtreibung
erweisen?
Durch zufällige Einwirkung stumpfer äusserer Gewalten : Schlag^
Stügö, Tritt ^ Sturz, Fall, sind mannigfache Verletzungen vor der
Geburt am Kampfe, den Extremitäten, am Schädel bemerkt worden,
aber nie absichtlich oder per vaginam» Absichtliche Verletzungen
der Fracht während der Geburt sind beobachtet durch Ziehen an
vorgefallenen Extremitäten^ Einiübren von langen Stiefelhakan^
scharfen Instrumenten. Dölger gelangt zu dem SchiuBSf dass sich
an der abgegangenen Frucht nur dann die Abtreibung erweisei>
lasse ^ wenn sich an ihr Verletzungen Enden, die durch das einge-
führte Werkzeug gemacht worden sind. Am ehesten werden Stiebe
Verletzungen am vorliegendea Kindestbeil zu Stande kommen. Oh*
wohl in den ersten Wochen daä Ei in der Regel in toto ausgestossen
wird, kann die Zerreissang der Eihäute allein nicht als Zeichen des>
provocirten Abortus gelten, und man darf sie in criminellen Filiea
Gerichtliche Medicin,
7ia
nicht allein für beweisend erklären , selbst wenn sie sich in den
ersten Monaten findet (nach 3 — 3 '/.^ Monaten ist die Zerreissuug der
Eihäute die Regel), Dass der Tod der Frucht durch Vergiftung
in der Weiße erfolgen kann^ dasa das Gift von der Mutter zu ihr
t gelangt und dann seine toxiöcbe Wirkung entfaltet^ ist bislang nur
bei Jodkalium erwiesen» Bei zwei öyphiUtiachen Schwangeren, die
Jodkalium b Wochen lang gebraucht hatten, ergab das eingeäscherte
Meconium deutliche Jodreaction, (Dölger, Friedreich's Blätter für
gerichüiche Medicin 1892, H. 3,)
V. Neugeborene,
Der EinfluBs von Bewegungen einer Kindesleiche auf derer»
Respiration b- und Digestiünatractus.
Auf Anregung Messerer'd hat 8. Merkel- Nürnberg zu den be-
reits vorhandenen Versuchen seinerseits weitere vorgenommen ^ um
deu Erfolg verschiedener Manipulationen ala Schwingungen, rhyth-
mische Compressioneß des Thorox u* dergl. m Bezug auf die Luft-
einfohr in den Respirations- und Dar mtr actus festzas teilen. Er ge-
langte zu folgendem Resultate: Durch ca. 30 Sehn Uz ersehe
Schwingungen kann bei einer vor dem Blasensprunge abgestorbeneu
reifen Frucht fast genau dasselbe Bild in den Lungen erhalten
werden^ als wenn das betreffende Kind gelebt hätte und dann ge*
atorben wäre. Bei allen Versuchen waren die beiderseitigen Unter-
lappen nicht in toto lufthaltig nnd seh wimmfähig, Bewegungen der
Kindesleiche, wie sie beim Transpart oder Schütteln und Stossen
derselben vorkommen^ oder absichtliches Comprimiren und Dehnen
des kindlichen Thorax, sowie endhcb nur wenige S c h ul t z e'sche
Scshwingnngen haben nie — selbst uicht einen geringen Grad —
Luft in den Reapirationstr actus gelangen lassen. Bei Anwendung
»von ca. 30 Schultze'scben Schwingungen wird der Magen schwimm-
r&liigi der Anfang des Darmtractus luiihaltig. Haiin fand schon
nach 4 — 5 ausgeführten Schultze'scken Schwingungen Luftbläechen
im Magen, wahrend Rango, Reinsberg und Schauta mit be*
deutend mehj^ Schwinguugen ein negatives Resultat hatten. Wenn
Bo von irgend einer Seite angegeben wird, es seien regelrecht auÄ-
' gefiihrte Schul tze^scbe Schwingungen in grösserer Anzahl gemacht
worden, so will Merkel den Luftgehalfc der Lungen auf* die
Schwingungen zurückgeführt wissen und nicht auf ein Gelebthaben
des Kindes. Ebenso sei in Zukunft ein Befund von Luft im Magen
714
Wiener.
eines Neugeborenen erst dann als ein Beweis für das extrauterine
Leben des Kindes zu verwertben, wenn eine intrauterioe Luftaufnahme
ans zu schli essen ist, und nach der Geburt keine Luft in den Magen
dnrcb Schwingungen eingetreten sein kann. Durch wenige Schnitze-
sehe Schwingungen, rhythmische Compressionen des Thorax, Trans-
portiren etc, Luft in den Magen oder Darm zu bringen, gelang nie.
(Friedreicb's Blätter f, ger. Med. 1892, H, 6,)
Zweifelhaftes Leben einen Neugeborertep (fötale Lungen
über Entwe leben der Luft ans flexi Lungen),
(Gutflchten der Wissenßcbaf tli clien Depn tal ion.)
Eb handelte eich um die Leiche eines in einem Teiche gefun-
denen neugeborenen Kindes, dessen nachträglich ermittelte Mutter
aussagte, daea das Kind sich bewegt und etwas geBchrieen habe.
Sie habe es in ein Leinwandtuch gewickelt nnd ins Bett an dessen
Fussende gelegt. Bei der Section zeigen sich die Lungen von
fötaler Beschaffenheit und sinken im Ganzen und in allen Theilen
unter. Magen und Dänndarm sinken in einem mit kaltem Wasser
gefüllten Gefässe zu Boden. Auf dem hinteren Theil der Zungen-
oberääcbe beündet sich ein feines schwarzes Kornchen, ein eben-
solches im nnteren Theil der Luftröhre, welches mikroskopisch sich
ohne nachweisliche Structur zeigt. Ausserdem zeigen sich in der
Luftröhre und im Kehlkopfe ziemlich reichliche röthliche und schwärz-
liche Massen und daneben kleinere schwärzliche Theile von theils
rundlicher, theils mehr eckiger Form. Im Magen keine Luft, 3 — 4 com
leicht dickflüssiger^ röthücher, trüber Flüssigkeit. Diese besteht, mikro-
skopisch untersucht, aus zelligen Zerfallsproducten, aus vereinzelt in
Büscheln angeordneten Nadeln nnd rundlichen glänzenden Körperchen
(anscheinend krystallioischen Zersetzungsbestandtheilen), — Die
Wissenschaftliche Deputation verneint die Frage, dase es unvereinbar
sei mit dem Sectionsbefnnde, dass das Kind nach der Geburt leise
geschrieen nnd sich bewegt habe, und dass es die gleichen Lebens-
äusserungen noch am Abend des anderen Tages gezeigt habe. So
nngewöbnlich es ist, dass nach stundenlangem Leben, d, h. Aihmen^
die Luft aus den Lungen wieder gänzlich entweicht, so kommen
solche Fälle doch vor. Bei kräftigem stundenlangem Athmen und
lautem Schreien allerdings nicht ^ wohl aber kann es vorkommen,
wenn ein Kind höchst mangelhaft geathmet und dabei nur geringe
Theile seiner Lungen mit Luft gefüllt hatte; dabei kann das Leben
auch einen ganzen Tag bestehen. Wenn es somit nicht unmöglich
I
I
I
I
Gerichtliclie lledicin.
715
erscheintj dass das Kiod gelebt hat, so wird diese Anealime unter-
stiitat 1) durch den Mangel aller subpleuralen Ekchymosen an den
Langen^ die wabrscheinlicli nicht gefehlt hätten, wenn das gut ent-
wickelte und lebensfähige Kind unter der Geburt abgestorben wäre;
2) spricht das Auf finden eines schwarzen Körncheos auf dem hinteren
Theile der Zunge und eines gleichen in dem unteren Theile der
Luftröhre für eine stattgehabte Atbmung des Kindes. Da jedoch
die Natur dieser Körnchene mikroskopiach nicht sicher featgeateÜt
'et, so kann nicht mit Sicherheit aus dieaem Befunde geschlossen
werden, dass diese Substanzen von aussen in den Körper hinein*
gelangt sind, was auf stattgehabte Athmung wurde schliessen lassen.
Fest steht, dass die Atbmung eine sehr unTollkommene gewesen ist,
und es ist möglich^ dass das Neugeboreoe durch die über Nase nnd
[und liegenden Gegenstände an vollkommener Athmung gehindert
riirde; wahrscheinlicher aber, dass es von Anfang an nicht gehörig
nthmet hat und nicht zum ordentlichen Schreien gekommen ist. Wäre
letzteres auch nur einige Minuten der Fall gewesen, so wäre schwer-
lich die Luft aus den Lungen wieder völlig entwichen. Wahrschein-
lich war Schleimansammlung im Munde und Schlünde das Hinderniss
der Athmung, welche zu beseitigen gewesen wäre, um das Kind
zum vollen Schreien zu bringen. Wann der Tod erfolgt ist, ob nach
Stunden oder nach noch längerer Zeit, ob das schwache Leben schon
vor dem Hineinwerfen in das Wasser erlosch, oder ob der Tod erst
dojch Ertränken herbeigeführt wurde, das entzieht sich nach dem
blossen Sectionsbefunde jeder Beurtheilong. Beides ist möglich. Bei
dem Mangel an HÜfe wäre das sehr schwache Leben des Kindes auch
ebne Hineinwerfen ins Wasser sehr bald erloschen, ( Viertel jahrsschr,
t ger. Med* 1892, Supplementheft.)
Ueber dit* Obliteration der Nabelgefäese.
Arrigo Tamassia (Hiviata veneta, November 1891) wollte
durch Versuche feststellen , ob aus den verachiedenen Phasen der
Umwandlung der Arteria und Vena umbilicalis zum Ligamentum
hepaticum rotundam resp. Ligamentum vesicae latum Bückschlüsse
auf die Zeitdauer des extra uteri nen Lebens des Kindes gemacht
werden könnten. Dauert das Leben auch nur einige Stunden an,
so nimmt das Lumen der Getässe eine gezähnte, fast sternförmige
Zeichnung an, das Endothel ein opakes Aussehen, das mit dem
Fortschreiten der Obliteration immer deutlicher auftritt. Die Blut-
coagula, welche beide Gefässe mehr oder weniger a^sMV<&\i^ XA^'safe'ß.
7HJ
Wiener.
vom 4. Lebenstage ab üllmälilicli ab. Vom 12. Tage ab leitet
sieb iü der Arterie der cbaraktermttsctie Vorgacg der Organisation
des Thrombus eio, das Lumen wird fortscbreiterid enger. In der
Vene ist der Vorgang verschieden, je nachdem das Lumen frei
von Blutgerinnsel oder ebenfalls von einem Coagulum angefüllt
ist Am 45, Tage ist der Tbrombiis vollständig organisirt^^ das
Lumen der Arterie meist geschlossen, und die Umwandlung in ein
Ligament perfect geworden. Aebnlich verhält es sich mit der Vene*
Zwischen den Nabelschnurgefässen eines todtgeborenen Kindes und
eines solchen, das nur kurze Zeit extrauterin gelebt hat, werden sich
Unterschiede, die forensisch verwerthbar wären ^ nicht aufstellen
lassen. Tamassia kommt zu dem Facit, dass der Befund an der
Nabelschnur die bisherigen Zeichen ^ also auch die Lungenprobe^
nicht zu ersetzen vermag* Aber auch für die Feststellung des vor-
geschrittenen Alters der Neugeborenen werden sich die Befunde nur
vorsichtig verwerthen lassen, da der Zustand der Ernährung vielfach
das Bild ändern wird.
Murd des Kindes am 10. Tage Jiach der Geburt. Zwei fei haflc
Zurech n Q ngsfä higkei t der Mutier.
Eine 33jährig6 ledige Dienstmagd N. gibt zu, am .% Juli in der
Entbindungsanstalt zu K. geboren und am 15. Juli das Kind durch
Niederhalten des Gesichte auf den Boden ermordet zu haben ^ und
bleibt bei dieser Aussage. Das Gemeindeamt gibt der N. ein gutes
Zeugniss. Ihr Charakter sei ehrlich, ihre Gemiithaart hitzig, reisbar^
ihr Temperament aufgeregt. Sie lebte atill und zurückgezogen. Ein
gleichfalls gutes Zeugniss stellte ihr der Dienstherr aus» Die Geburt
war eine normale, der Verlauf des Wochenbetts ein regelmässiger.
Die Gerichtsärzte wiesen auf die Möglichkeit geistiger Schwäcbe-
zustände nach der Geburt hin. Auf Antrag des Vertheidigers wurde
Dn B. mit der Exploration des Geisteszustandes beauftragt. Er
hielt die N, für nicht geisteskrank, auch nicht zur Zeit der incrimi-
nirten That Daraufhin ward auf Antrag der Staatsanwaltschaft
daa Gutachten der Facultat eingeholt und die N. zu Graz am 9. und
10. November explorirt. — Befund; Die N. ist von Reue gefoltert.
Sie ißt von gesunden Eltern geboren^ litt als Kind an Convulsionen,
sei im 13. Lebensjahre an Kopftyphus krank gewesen. Seitdem
leide sie öfter an Kopfgchmerzen. Mit 14 Jahren Labe sie zum
ersten Male menstruirt. Explorata hat treue Erinnerung für die
Details ihrer That, Das Kind habe sie erbarmt, die Möglichkeit
einer Versorgung des Kindes erschien ihr ausaichtslos. Sie habe
Gerichtliche Medkin.
717
keinen anderen Ausweg gewuast Als das Kind todt war, habe sie
noch für dasselbe gebetet Die N, ist kräftig gebaut, von regelmässiger
Schädelbildung.
Outachten der Grazer medicinischen Facultät (Ref. Krafft-
Ebing): 1. Frage: Kann bei einer Gebärenden auch noch
10 Tage nach dem Geburtsacto jener durch den Geburtsact hervor-
gerufene pathologische Zustand ^ welcher die Willensfreiheit der
Wöchnerin zu beeinträchtigen geeignet ist, vorhanden sein? Diese
e berücksichtigt die Thatsache, dass der moralisch und physisch
Ichtig eingreifende Vorgang der Geburt nicht so selten psychisch©
Ausnahmezastände bis zur vollkommenen Binnesverwlrrung herbei-
führt, die als Delirium, Mania transitoria, Raptus melancholicus u. s. w.
auftreten. Derartige Zustände sind durch Anomalien der Constitution,
präexistirende Krankheiten^ anomale Verhältnisse des Geburtsorganes
bedingt, treten im Allgemeinen nur während der Geburt und in den
ersten Tagen nach derselben auf, Wohl zu berücksichtigen ist aber^
dass die Rückbildung der Genitalien von der Geburt ab f> Wochen
beansprucht, und dass während dieser Zeit die Wöchnerin nicht nur
leichter gemütblich erregt und afficirt wird^ sondern auch erfabrungs-
gemäBS viel mehr zu psychischer Erkrankung disponirt ist, als ausser-
halb dieser Zeit.
2, Frage: Hat sich die N. zur Zeit der That, d. b. am 15. Juli,
in einem solchen Zustande befunden? Dieser Zustand ist bestimmt
auszuschliessen , was schon aus den Thatumstäoden zu folgern ist,
die auf Prämeditation und Ueberlegung hin weisen j und daraus, dass
die N. treue Erinnerung für alle Erlebnisse an jenem Tage hatte.
Es dürfte nicht zu bezweifeln sein, dass die Thäterin zur Zeit der
That gemüthlich sehr afficirt war, doch muss verneint werden, dass
dieser affectvolle Zustand die Grenze des physiologischen Affects
überschritten habe. Es wäre denkbar, dass N. zur Zeit der That
geisteskrank gewesen wäre. Die einzige sich hier ergebende Mög*
lichkeit wäre Gemüthskrankheit (Melancholie). Auch diese Ver-
mutbuDg ist nicht haltbar, wenn man erwägt, dass eine solche Krank-
heit mindestens Wochen anhält, deutliche geistige und auch körper-
liche Symptome bietet, von denen keines bei der N, weder während
der Schwangerschaft, noch im Wochenbett, noch später in der Haft
Laien wie Aerzten auffindbar ist. Die Explorata muas desbaib als
eine Persönlichkeit bezeichnet werden, bei der weder vor, noch
während, noch nach der incriminirten That Zeichen einer Sinnes-
verwirrung oder einer Geisteskrankheit nachweisbar sind. (Friedreich'ß
Blätter f. ger. Med. 1892, H. L)
718
Wiener,
I
Kann die Strangfarche bei Tod durch Nabel scb im r-
Dmschlingang fehlen?
Gasper-Liman sagt: ^Die Atiabilduiig siner Straogmarke kanD
gar nicht anders als nach dem Tode erfolgen; sie ist nur eine
Laichen^racheinuDg/^ Eine experimentelle Bestätigung am lebenden
Menschen büdet ein von Klein (WwÄburg) beschriebener Fall Bei
einem Kinde, dessen Herztöne bis etwa 5 Minuten vor der Geburt des
Kopfes noch normal waren-, konnte die zweimal fest um den Hals ge-
schlungene Nabelschnur nicht gelockert werden, sondern musste vor
Geburt des Rumpfes am Halse durchachnitteu werden* Sie lag nicht
nur sehr fest dem Halse an, sondern war überdies sehr straff gegen
die Placenta hin angezogen. Die Gesichtsfarbe war ebenso blaas wie
die übrii^e Hautfarbe. Keine Druckiuarke am Kopf, Gesiebt und
Hals* Für die Praxis ist vor Allem wichtig, dasa bei Tod durch
Nabelschnurumschlingung um den Hals die Strangrinne fehlen kann
und stets fehlen wird ^ wenn die Nabelschnur bald nach dem Tode
des Kindes gelockert wörde oder sich selbst lockerte. Noch weist
Klein auf den von allen Autoren betonten Umstand hin, dass durch
Beugung des Kopfes nach dem Tode Falten am Halse entstehen
können, die in Bezug auf Verfärbung, Yertiefung, ja gelegentlich
selbst im Verlaufe den Strangrinnen vollkommen gleichen« (Viertel-
jahrsßchr* f. ger. Med. 1892, Januar.)
Sarggeburt.
Im Januar- und Aprilheft 1892 der Vierteljahrsschrirt für ge-
ricbtliche Medicio veröfientlichen Bleisch-Kosel und Bezirksarzt
Hankel- Glauchau je einen Fall von Sarggeburr, Im ersten Falle
war das Kind ein reifes, im zweiten eine Frucht von 32 Wochen,
In beiden Fällen lagen die Kinder zwischen den Schenkeln der
Mütter, vor den Geschlechtstheilen der Mutter in beiden Fällen die
umgestülpte uod vorgefallene Gebärmutter. Kinderleichen, Nabel- _
schnür und Nacbgeburtstheile wurden in ihrer ganzen Vollständigkeit I
unverletzt und in ungestörtem gegenseitigem Zusammenhange vor-
gefunden. Bei der £in&argang waren die Mütter unentbunden,
künstliche Entbindungseingriffe hatten nicht stattgefunden. Im Falle
Bleisch wurde die gerichtliche Obduction am 4. Tage und die im
Falle Hank ei gleichfalls am 4. Tage vorgenommen. Die Leichen
der Mütter befanden sich im Zustande hochgradiger Fäulniss. Der
Bauch derselboü war stark autgetriebenj und Hankel fiiblte, dasa
die Darmpartien hinter der umgekehrten Gebärmutter stark gespannt
I
Gerichtliche Medtcin.
719
wareii. Iq beiden Fällen handelt es aich. zweifellos om Geburten
iffl Sarge. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen^ dass die Geburten
durch die Wirkung der Fäulnissgase zu Stande kamen. Wo bei
Eröffnung des Sarges Kindeäleiche, Nabelschnur und Nachgeburts*
theile in ilirer ganzen Vollständigkeit und im Zusammenhange un-
verletzt, sowie in einer Lagerung bei der mütterlichen Leiche ge-
funden werden, welche der aus dem Befunde an der Kindesleiche
SU reconstruir enden Kiudeslage in der Geburt entspricht, würde man
sich bei der Begutachtung ohne Bedenken dahin aussprechen dürfen,
dass die Geburt vor der Sarglegung der Leiche nicht stattgefunden
habe. Die Möglichkeit von Sarggeburten ist lange angezweifelt
worden. Obwohl angenommen werden kann, dass in den meisten
FäQen die Faulnissgase die allein austreibende Wirkung haben, 60
muss doch die Möglichkeit einer Entbindung durch die postmortale
ContractioD der Gebärmutter zugegeben werden* Eine solche post-
mortale Contraction dauert aber höchstens bis eine Stunde nach dem
Tode an.
XV.
Medicinalwesen im engeren Sinne.
Von KreiBphysicui Gelh ßanitätsrath Dr. Wiener in Graudenz,
A. Deutschland.
Aledieinallieaiiite.
Wenn das Wort: ,, Künftige Ereiguiöse werfen ihre Schatten
voraus" sich hier bewahrheiteii solltei dann dürfte es endlich zn einer
Aenderung des preuas lachen Fhysikats kommen in dem
Sinne, dasa die Stellung der Physiker eine selbstindigere wird, dass
sie aus eigener Initiative in Fragen des öfFentlichen Gesundheite-
Wesens vorgehen dürfen. In Bezug auf Infectionskrankheiten wird
das Beichsseuchengesetz vorauasichtlLch die Bestimmung enthalten,
4 aas die Anzeigen vom Ausbruch derselben Dicht durch die Polizei-
behörde und das Landrathsamt^ sondern direct an den Physicus ge-
langen, und dass letzterer fortan nicht erst vom Landrat li requirirt
werden musa, um einzugreifen. Für eine solche selbständigere Stel-
lung der Physiker haben wir immer und immer wieder plaidirt.
Dass die Nothwendigkeit derselben oben erkannt wird, haben die
vorjährigen Ministerialverfügungen während der Cholera dargethan.
Es ist aber nicht richtig, erst solche aufrüttelnde Anlasse abzu-
warten^ um das für nothwendig Erkannte zur practischen Ansfilh-
rung zu b riß gen. Das ist die Ursache, weshalb es in Preussen mit
der öffentlichen Gesundheitspflege bislang eigentlich recht übel be-
stellt war.
Schon vor mehreren Monaten berichteten politische Blätter^ dass
der Cuhusmio ister beim Finanzminiater die Bereitstellung von
Mitteln zu einer gründlichen Medicinalreform angeregt
Medicinalwescn im engeren Sinner Deu(ach!and,
721
habe, in jilogster Zeit, dass eixie Summe ftir die Aufbesserung
der Pliysikate bereits in den Etat eingestellt seiO* An-
dererseits wieder liest man, dass die vom Caltusminister eingefor-
derten Nachweise der EinDahmen der Kreisphysiker Ergebnisse ge-
liefert haben, wonach sieb die letzteren materiell so gut und besser
stehen^ als die Reglerungsmedioinalräthe. Hierbei ist nur, die Rich-
tigkeit dieser Ergebnisse zugegeben, der grosse Unterschied, dass
die Thätigkeit der Physiker eine aufreibendere und gefahrlicbere ist
und dassi wenn sie im Dienste des Staates früher als andere Be-
amtenkategonen dieustunfähig geworden sind, oder wenn sie, wie es
nicht vereinzelt vorkommt, sich in Ausübung der Berufspflicht bei
Constatirung von Infectionskrankheiten den Tod holen, dass in allen
solchen Fällen sie bezw. die Ihrigen hülflos bleiben und verhungern
können* Was die Physiker beanspruchen und was ihnen zu grossem
Unrecht vorenthalten wird, das ist die volle Beamtenqualität — Pen-
sionsberechtigung. Nicht auf hohes Gehalt kommt es so sehr an, als
darauf, dass für sie im Älter in gleicher Weise, wie für alle übrigen
Beamten, gesorgt sei, önd dass im Todesfalle Wittwen und Waisen
nicht betteln dürfen. Denn bei ihnen heisst es: ^toajours en vedette^.
Sie müssen bei Sturm und Wetter zur Constatirung der Infectiona-
krankheiten in die elendesten Hütten treten. Wie leicht können sie trot^
aller Vorsicht Infectionskeime forttragen, in die Familie einschleppen,
ihre eigene und die Gesundheit und das Leben der Ihrigen gefährden 1
Das Exempel von den guten Einnahmen stimmt also bdchstens nur
so lange, als der Physicus dienst- und arbeitsfähig ist^ nicht aber,
wenn er verbraucht ist und ihm der Dienst gekündigt wird. Hie
bhaeret aqua!
Dass es in den anderen deutschen Etnzelstaaten anders und
schon darum besser um die Medicinalbeamten bestellt ist, als sie
volle Beamten qualität haben, ist bekannt In Bayern sind in jüng-
ster Zeit Gehaltsaufbesserungen eingetreten, die mit dem Dienstalter
steigen, was bei einer etwaigen Pensionirung für die bayerischen
Amtsoollegen von grosser Bedeutung ist. Auch der Wohnungsgeld -
saschuss wurde erhöbt.
Bezüglich Ausstellung von Attesten der Kreisphysiker
für Staatsbeamte sind seitens der preussischen Minister der öffeni-
1) Scheint eich nach der Rede des Fiiianzininisters bei Einbringung
des Etats in der Abgeordnelen hanflsitznng vom 12, Januar 1893 leider nicht
lu bestätigen.
I d, prtct Hedicin. 1H93. ^
722
Wiener.
lieben Arbeiten und der Finanzen zwei wichtige Entscbeidungen ge*
troiTen worden. Die eine dafcirt vom 31* Januar 1B92, die »weite
vom 13. August 1892. Nach denselben sind die Kreis-
phyöiker berechtigt, bei Abgabe eines eingehenden moti-
virten Gatacbtens über den Gesundbeitezuatand eines
Beamten nach Massgabe des § 3 Nr. 6 des Gesetzes vom
9. März 1872 eine Gebühr ssu beanspruchen. Der Ministerial-
erlass vom 16, Februar 1844, wonach die Kreismedicinaibeamten zur
unentgehlichen Bewirkung der UiiterBUchung des Gesundheitszustandes
königHcher Beamten, sowie zur unentgeltlicberi Ausstellung der Befund-
attehte verpflichtet werden, bezieht sieb nur auf die Ausstellung von
Befund sehe inen ohne nähere gutachtliche Aeusserung, nicht aber auf
Gutachten im Sinne der Nr. G gedachten Gesetaea. Solche Gut-
achten, zumal wenn sie in der durch den Circularerlass des Ministers
der geistlichen etc. Angelegenheiten vom 20. Januar 1853 bezw.
11, Februar 1856 vorgeschriebenen Form abgegeben werden, fallen
immer nnter § 3 Nr. 6 des Gesetzes vom 9. März 1872.
Vom 1. April 1893 ab sollen, wie der preussische Herr Minister
der geistlichen etc. Angelegenheiten auf eine Eingabe der Kreispbjsiker
des Kegierungsbezirks Trier erwidert bat, die bei sämmtlicben Staats-
behörden lind einzelötebenden Beamten, insbesondere auch den Kreis-
physikern in Ötaatsdienstangelegenheiten entstehenden Postporto-
und Gebühr enbe träge in einer Durchscbnittssunme gezahlt werden.
Der gleichzeitig gestellte Antrag, den Physikern Schreibhülfe zu ge*
währen, iät abgelehnt worden.
unterm 23. März 1892 hat der preussische Handelsminister eine
Dienstanweisung für die Gewerbeaufsichtsbeamten erlassen.
Dieselben haben sich nach § 12 der Anweisung mit den technischen
Beamten des Kreises (Kreisphjsicus und Kreisbaumeister) über die
den amtlichen Wirkungskreis derselben berührenden Fragen ins Be-
nehmen zu setzen und, falls sie eine Mitwirkung dieser Beamten bei
den von ihnen vorzunehmend en Besichtigungen für erforderlich
halteup ihre darauf gerichteten Anträge bei dem zuständigen Regie-
rungspräsidenten anzubringen.
Mittels Erlasses vom 5. März 1891 hatte der preussische Cultns-
minister den Regierungspräsidenten ein Druckexemplar des Berichtes
der Königlichen Wiseenschaftlichen Deputation für das Medicinalwesen
vom 29. October bis 1. November 1890 mitgetheilt, betreffend die
Feststellung gewisser Grundsätze für die Beurtheilung der Proj ecte
Medicinalwesen im eogeren Siime; Deutschland.
723
zur Anlage oder Erweiterung von Begräbnissplätzeu,
sowie der Begräbnissplatzordnungs weise vom Standpunkte der öffent-
lichen Gegundheitspflege. Durch Runderlass vom 20. Januar 1892
bestimmt nun der Herr Minister weiter, dass die BeurtheüuDg durch-
weg unter Beachtung der Beschlüsse der genannten Depotation statt-
finden soll, und dass fortan zur Prüfung in jedem Falle der zustän-
dige Medicioalbeamte (Kreispiiysicus etc) hinzuzuziehen ist. Die
Mitwirkung denselben hat in der Regel unter eigener örtlicher Prü-
fung der Verhältnisse zu erfolgen. Von dieser Prüfung darf in ein-
zelnen Fällen, und zwar dann Abstand genommen werden, wenn die
geplante Benutzung des Platzes zu Begrahnissz wecken unzweifelhaft
als hygienisch unbedenklich zu erachten ist (dünnbevölkerte Gegend,
weite Entfernung des gewählten Platzes von Wohnatätten und
Wasserentuahmeatellen, tiefer Stand des Grundwasserspiegels, eine
dem trockenen Leichenzerfalle günstige Bodenbescbaffenheit). Hier-
über haben die Präsidenten zu entscheiden. — Nach einer weiteren
Ministerialvertügung vom 18. Octoher 1892 ist jedes Physikatsgut-
achten über derartige Neuanlagen oder Erweiterungen von dem zu-
ständigen Regierangs- und Medicinah-ath zu prüfen und mit einem
Vermerk, dass dies geschehen ist, zu versehen. Im Fall das amts-
ärztliche Gutachten nicht genügt, ist dasselbe zur VervoUstfindigung
an den Gutachter zurückzugeben.
Zur Erstattung der General-Sanitätsberichte derRegie-
r ungsmedicinalräthe hat der preussische Cultusminister Bemer-
kungen erlassen, die, weil sie auch als Richtschnur für die Berichte
der Kreispbysiker gelten können, hier auszugsweise wiedergegebeo
werden sollen.
1) Bei der Mittheilung über meteorologische Beobachtungen
soll auf Einzelheiten nur insoweit eingegangen werden, als es der
Bedeutung für die Gesundheit und Sterblichkeit entspricht. Das-
selbe gilt bei der Schilderung von Ueberschwemmungen.
2) Bezüglich der Bewegung der Bevölkerung sollen die Angaben
für die einzelnen Berichtsjahre unter einander verglichen werden
können. [Sind für eines der drei Kalenderjahre, auf welche sich
der Bericht bezieht, die Ergebnisse einer in demselben erfolgten
Volkszählung bereits festgestellt, so sind diese zu benutzen. Für
andere Berichtsjahre sind die Ziffern der zwischen den letzten beiden
Volkszählungen stattgefundenen Zu- bezw. Abnahme durch 5 zu divi-
diren, und der sich hierbei ergebende Quotient ist mit der Zahl der auf
die letzte dem Berichtsjahr vorangegangene Volkszählung bis ein-
724
Wiener»
liesslicb des Berichtsjabres gefolgten Jahre zu malttplicireii und
zu den ZifFem jener Volkszäblung in Addition bezw. Subtraction zu
bringeta.] (Siehe im Folgenden: Zu Formular L)
3) EiDzelbeiten, welche in dee Berieb ten der Physiker eine be-
rechtigte Stelle finden p eignen sich meist nicht zur unverkürzten
Wiedergabe. Inabesoodere wird die Darstellung des Verlaufs von
Epidemien zu weitschweifig und wenig übersichtlicb, wenn über jede
Infectionskrankheit gesondert f^r jedes Jahr und jeden Kreis be*
richtet wird. Die Mittheilung jeder einzelnen Ortschaft, in welcher
Falle einer Infectionskrankheit vorgekommen sind, kann zwar fär
den Phyaikatsbericbt zweckmässig sein, für den General bericht wird
es ausreichen^ wenn in demselben für das flache Land angegeben
wird, auf wie viele Ortschaften sich eine gewisse Zahl von Erkran-
kungs- und Todesfällen in einem Kreise vertheilt*
Es sind Formulare zur Benutzung beigegeben und daran Be-
merkungen geknüpft.
Zu Formular 1 : Zahl der Einwohner. (Siehe im Vorhergehen-
den Ziff, 2 das in eckigen Klainmern Bemerkte.)
Zu Formular 2: Oeburten. Bei der Berechnung der Geburts-
Ziffern auf IQQO Einwohner ist die Volkszählung zu verwerthen.
Zu Formular 3: Zahl der Gestorbenen. Todtgehurten sind aus-
zuschliessen. Zur Berechnung muss die Gesammtzahl der Gestor-
benen benutzt werden. Die Ortsfremden sind nicht nur von der
Zahl der Gestorbenen in Abzug zu bringen , vielmehr muas deren
Zahl auch von der Volkszabl abgesetzt werden. Bei der Berech-
nung der Sterbeziffer auf 1000 Einwohner ist die Volkszabl zu ver-
werthen.
Die Todesursachen sind nach den Bezeichnungen des Kdnig-
liehen Statistischen Bureaus zu geben (Nummer und Name),
Von principieüer Wichtigkeit ist eine Entscheidung des Ober-
landesgericbts zu Posen vom 26. März 1892^ wonach der Sachver-
ständige zur Wahrnehmung eines Termins unter Umständen
für 2 Tage Tagegelder zu beanspruchen hat. In der Ausführung
heisBt es: „Die Wahrnehmung des Termines vor dem Schwurgericht
bedingte es, dass der Sachverständige in voller Frische vor dem Ge-
riebt erschien, um im Stande zu sein, einer über eine Reihe von
Stunden sich hinziehenden Verhandlung zu folgen und demnächst
ein sachgemässes Gutachten abzugeben. Die Frische musate oder
konnte doch beeinträchtigt werden ^ wenn der Sachverständige zur
Reise nach 0. sich des um 5 Uhr 50 Minuten von J. abgehenden
Medidnalweaen im engeren Sione: Beutflchland.
725
Morgenzuges bedieDte oDd dadurch genöthigt war, in froher Morgen-
Btonde B6)ne Nachtruhe zu unterbreclieQ und dafür zu sorgen , dasa
er rechtzeitig den abgeheoden Zug erreichte. Es war daher, zumal
der Termin in den tiefen Winter fiel und vor dem Schwurgericht
Bustand, fnr den Beschwerdeführer angezeigt^ daBs er die Reise be*
reits Tags vorher antrat^ und sind ihm demgemäss auf Gruod der
Vorschrift in § 14 der Gebührenordnung für Zeugen und Öachver-
stäüdige auch für diesen Tag Tagegelder in der vorgeschriebenen
Höhe zu gewähren,"
Betreffend Erstattung von Gutachten seitens der Medicinal-
beamten beiFestatellung von Unfall-, Invaliden- und Alters-
renten bestimmt das Grossherzoglich ba diso he Ministerium durch
Erlass vom 7- December 1891 , dass , wenn der Antragsteller die
Kosten für das eribrderiiehe ärztliche Zeugniss zu tragen ausser Stande
ist, das BezirkBamt an Stelle desselben eine Begutachtung durch den
Bezirksarzt herbeiznluhreo hat. Glaubt das Bezirksamt^ dass durch
das ärztliche Attest die Frage der Erwerbsunfähigkeit nicht aus-
reichend aufgeklärt ist^ daun ist gleichfalls ein Gutachten des Be-
zirksarztes zu erheben. Kann die Untersuchung des Antragstellers
nicht am Wohnsitze des Bezirkaarztes erfolgen, dann können neben
der Geschäftsgebühr noch Diät- und Beisekosten in Ansatz gebracht
werden,
Muster für die ärztlichen Zeugnisse sind zur EeststelluDg ge-
langt. Die Bezirksärzte sind in denjenigen Fällen ^ in welchen von
ihnen Gutachten zur Aufklärung der nach Erstattung und Vorlage
eines ärztlichen Zetignisseä verbleibenden Bedenken erhoben wird^
nicht gehalten, das vorgeschriebene Muster zu Grunde zu legen.
Bezüglich der Gebühren erhielt die Verordnung vom 17* No-
vember 1887 folgende Zusätze: 13) Untersuchung des körperlichen
und geistigen Zustande nebst Erfundsbericht und Gutachten behufs
Feststellung der Erwerbs Unfähigkeit bei Beantragung einer Invaliden-
rente auf Ersuchen einer Behörde: 2 Mk. 14) Untersuchung nebst
Erfuudsbericht und Gutachten über den Zustand und den Grad der
Erwerbsunfähigkeit eines durch Unfall Verletzten auf Ersuchen der
landwirthschaftlicheo Berufagenossenschaft: 2 Mk* Ist eine längere
Beobachtung oder eino schwierige oder mehrmals vorzunehmende
Untersuchung erforderlich, kann die Gebühr um f* Mark erhöht
werden*
Das Grossherzoglich mecklenburg-schwerin'sche Mini-
sterium ermächtigt durch Runderlass vom 22. September 1892 die
7W
Wiener,
Kreisphysiker, wenn sie es nach pflichtroägBigem Ermessen fnr nöthig
halten, sich — auch abgesehen von der Bestimmuiig in Ziffer 2 der
Instruction vom 13. Mai 1841 — beim Auftreten von Typhus an
einem Orte ihre«) Bezirkes ohne zu vorige Genehmigung des Mini-
steriums an Ort und Stelle zu begeben and dort gemäss Kap, II
§ 4 der Medicinalordnong mit der Ortsobrigkeit die erforderlichen
Anordnungen zu trefTen. Die Kosten derjenigen Reisen, welche die
Kreisphysiker auf Requisition der Ortsobrigkeiten machen, sind bei
den letzteren zu liquidiren.
Eine Verfügung des Obersanitatscoliegiums des Hersogthums
Braunschweig vom 22, Juli 1892 an sämmtliche Pbyaiker fordert
mit Bezugnahme auf das Eundschreiben vom 5. November 1891, alle
Leichenschau berichte so abzufassen, als ob dieselben den ersten
Tbeil der gerichtlichen Section bildeten, insbeeondere dieselben in
ihren einzelnen Theileu zu nummeriren, Lei eben verfärb an gen ^ Ex-
corialionen etc* einzoschDeideu und darüber einen Vermerk zu
machen* Ergibt sich aus der äusseren BeBichtigung die Todesursache
nicht, so ist das Ghutachten dahin abzugeben, dass sich aus der
äusseren Besichtigung die Todesursache nicht feststellen lasse, viel-
mehr die Vornahme der Section erforderlich sei.
Eine Rund Verfügung des Ministeriuins der Justiz, des Cultus
und des Unterrichts des Grossb erzogtbums Darmstadt vom
2. Juni 1892 an die Staatsanwaltschaften und Amtsgerichte, sowie
abschrifUtch durch Verfügung vom 30. Juni 1892 an alle Bezirks-
ärzte, empfiehlt nachdrücklich, bei gewaltsamen Todesurten in
der Regel die Vornahme der gerichtaärztlichen Leichen-
beaichtigung anzuordnen und hiervon nur in aolchen Pälien
abzusehen, in denen das Vorhandensein einer strafbaren Handlung
von vornherein oder durch zuverlässige Erhebungen mit Bestimmt*
heit ausgeschlossen ist. Die Grunde der Unterlassung der gerichts-
ärztlichen Leichen besichtigung sind jeweils in den Acten festzu-
stellen.
.4erzte.
Nach dem Heichsmedioinalkalender pro 1893 beträgt die Zahl
der Aerzte in Deutschland 20&I30, die der Zahnärzte 828. In
Preussen ist die Zahl der Aerzte von 11201 auf 12074, die der
Zahnärzte von 457 auf 521 gestiegen. Berlin hat 1 6B6 Aerzte gegen
1524 des Jahres vorher und 149 Zahnärzte gegen 114 des Vorjahres.
Während auf 10000 Einwohner in Preussen 4^5 Aerzte komme
Medicinalweaen im engeren Sione: Deutschland.
7t47
kommen auf lOOlH} Ein wohn er Berlins 10^36. Trotz dieser Ueber-
fülle von Aerzten merkt man nichts von eioer Abnahme der Medicin
Studirenden. Und wönn nun gar noch Frauen zum Studium der
Medicin zugelassen werden ^), wag nur eine Frage der Zeit ist, dann
fuimus Troes!
•
Der preuasiache Herr Cultusminister hat den Erlass einer
neuen Taxe auf Gnitid des § 80 der Keichsgewerbeordnung als
Norm für streitige Fälle in Aussicht genommen und durch Eund-
erlass vom 19. November 1892 an die Oberprüsidenten es als wün-
schenswerth bezeichnet^ über mehrere allgemeine Fragen die Aerzte-
kammem gutachtlich zu hören ^ und zwar: 1, ob eine einheitliche
Taxe für die ganze Monarchie oder besondere Taxen für di& ein-
zelnen ProvinÄen zu erlassen; II, ob nur der Mindestbetrag der zu
gewährenden Gebühren oder ein Mindest- and Höchstbetrag festzu-
stellen sei; 111. wie die Frage zu Behandeln ^ei, falls der Arzt beim
Besuche eines Kranken einen längeren und zeitraubenderen Weg
zurückzulegen hat, ob ihm dann neben der Gebühr für die ärztliche
Verrichtung Enteohädigangea für die Fubrkosten etc, und die Zeit-
versäumniss zuzubilligen sind. Ausserdem sind Untertragen gestellt.
— Dem Eef. liegen zur Zeit die ProtocoUe der Aerztekammern West-
preussens und Schleswig-Holsteins vor, aus denen sich ergibt, dasß
viele Fragen eine veröchiedene Beantwortung erfahren hoben, so dase
zu befürchten steht, dass der in Aussicht genommene Erlass an der
tnangelnden Uebereinstimmung der Aerztekammern scheitern könnte,
wie ehemals der vom Minister Falk ausgearbeitete Entwurf einer
neuen Taxe durch die Verschiedenartigkeit der Gutachten der ge-
hörten Regierungen gescheitert ist. Warum tritt in Fragen von so
allgemeinem ärztlichen Interesse nicht der Aerztekammer-Ausscbuss
zu gemeinsamer Action zusammen?
Aerztekamnieru and Aerzterereine.
Eine Königliche Verordnung vom 21. Juni 1892 bestimmt unter
Aufhebung des ersten Absatzes des § 3 der Verordnung
vom 25. Mai 1887, betr, die Einrichtung einer ärztlichen Standes-
vertretung, dass zu den Sitzungen der ProvinzialmedicinalcoUegien
und der Wissenschaftlichen Deputation, in welchen allgemeine Fragen
*) Der p reu s 81 «che anü bailische Landtag haben auf dies bezügliche
tiiifiripn hereiis in diesem Sinne ßeechlüsfie gefa^tst.
728
Wiener,
oder besonders wichtige Gegenstände der öfFentlicben Gesundbeits-
pflege zur Berathang stehen^ oder in denen über Anträge von Aerzte-
kammem beschlossen wird, Vertreter der Aerztekammem alä ausser-
ordentlicbe Mitglieder mit voller Stimme zuzuziehen sind.
Der in ärztlichen Kreisen bestehende Wunsch, die Disciplinar-
bef'ugnisse der Aerztekammern ku erweitem und ähnliche
ehrengerichtliche Institutionen einzuführen, wie solche für die Rechts-
anwälte bestehen, hat den Herrn Minister veranlasst^ die Aerzte-
kammem zu einer gutachtlichen Aeusserung über diese Frage auf-
fordern zu lassen, Wohl haben sich sämmt liehe Aerztekammem in
bejahendem Sinne zur Frage ausgesprochen und eine Aenderung der
bisherigen Ausnahmestellung der Medicinalbeamten und Militärärzte
in irgend einer Form für unerlässlicb bezeichnet. Diese Form dürfte
sich indess schwer Hnden lassen, und daran dürfte die Sache
sob eitern»
In der am 30. November 1891 abgehaltenen Sitzung des Landes-
medicinalcoliegiums des Königreichs Sachsen wurde der von Prof.
Bircb-Hirschfeld-Leipzig gestellte Antrag, daas die ärztlichen
Vereine mit gesetzlichen Berechtigungen ausgestattet würden, die
ihnen mehr als bisher eine Disciplinargewalt über sämmtliche Aerzte
gewähren^ einstimmig angenommen mit dem von Med.-Bath FHnz er-
Chemnitz beantragten Zusatz, die Kreisvereinsansschüsse zu beauf-
tragen, mit thunlicbater Beächleunigung bestimmte Vorlagen zu
machen, dazu auch die Mitwirkung der medicinischen Facultät zu
erbitten und die gewonnenen Unterlagen sodann dem Landeemedi-
cinalcollegium zu unterbreiten.
I
Krankenkaäs«"!}, Herufs^eiK^sseiiBehaneii^ l^o fall versieh cruuji^s-, Alters-
fiiiil ItivalitlitutsverdcherttngS'Attstalteii.
Die vom Reichstage angenommene Novelle zum Rranken-
kasseDversioherungBgesetz hat die Kaiserltche Sanction er-
halten und ist am 1. Januar 1893 in Kraft getreten. Danach ist
den Krankenkassen das Hecht eingeräumt^ durch 8tatut festzusetzen,
dass den Versicherten ärztliche Behandlung, Arznei, sowie Cur und
Verpflegung nur durch bestimm te Aerzte^ Apotheken und Kranken-
häuser zQ gewähren ist, und die Bezablang der durch Inanspruch-
nähme anderer Aerzte etc. entstandenen Kosten, von dringenden
Fällen abgesehen, abgelehnt werden kann. Jedoch ist nach § 55a
die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag von mindestens 30 be-
Medfciiialwesen im engeren Sinne: Deutschland, 739
theiligteD Versicherten nach Anhörang der Kaase und der Aufaicbts-
behörde befugt, die Ge Währung der Krankenleistungeo durcb weitere
^als die von der Kasse bestimmten Aerzte etc. zu verfügen, wenn
durch die von der Kasse getrojffenea Anordnungen eine den berech-
tigten Anforderangen der Versicherten entsprechende Gewährung
, jener Bestimmungen nicht gesichert ist. Durch § 75 iat bestimmt,
dasa die freien Hülfskassen künftigbin ebenfalls freie ärztliche Be*
bandluDg üEd Arznei oder als Ersatz der ersteren die Hälfte des orts-
üblichen Tageiohnea zu gewähren haben. Apothekergehülfen ond
-Lehrlinge werden aus der Krankenversicherung ausgeschieden.
Handlungsgehilfen und -Lehrlinge sind nur dann beitrittspflichtig,
wenn durch Vertrag die ihnen nach Art 60 des Handelsgesetzbuches
zustehenden Kechte aufgehoben oder beschränkt sind. Die Ans*
dehnußg der Krankenversicherung auf das Gesinde wurde einem be-
sonderen Gesetze vorbehalten.
Nach einem Erlass des Königlich säch eis eben Ministeriums des
Innern vom 24. März 1892 ist unter der in § 6 Abs. 1 Ziff. 1 des
Krankenversicherungsgesetzea vom 15. Juni 1883 erwähnten „ärzt-
lichen Behandlung" die Behandlung durch einen approbirten
Ar st zu verstehen. Doch können sich Versicherte in einzelnen
besonderen Ausnahmefällen mit Genehmigung des Kassenvorstandes
an einen Nichtarzt wenden. Hierbei musB selbstverständlich dem
Kassenvorstande das Becht vorbehalten bleiben^ in Fällen, wo es die
Art der Krankheit erfordert, auch gegen den Willen des Ver-
sicherten die Behandlung durch einen approbirten Arzt bezw.
darch einen Specialarzt vorzuschreiben. Eine Gleichstellung von
approbirten Aerzten und sog, Natorbeil kund igen betrachtet das
'Ministerium fijr gänzlich unstatthaft. Es müssen insbesondere
den approbirten Aerzten gewisse autoritäre Befugnisse fZeugniss*
ertheilung, Atteste über die Nothwendigkeit von Krankenpflege etc.)
vorbehalten werden. Endlich dürfen nicht approbirte Personen von
der Krankenkasse nicht unter der Bezeichnung ,, Kassenarzt '^ ange-
Btetit worden.
Nach Entscheidung des Reichs versicherungsamts vom 26. März 1892
tfinden in Unfallversicherungsstreitj^achen bei Festsetzung
der Gebühren für medicinische Sachverständige die Be-
stimmungen des Gesetzes vom 9. Mär« 1872 bezw. 17. September 1876
Anwendung, auch für nichtbeamtete Aerzte, denen nach § 7 dieses
Gesetzes im Falle amtlicher Bequisition dieselben Gebuhren, Tage-
gelder and Beisekosteu zustehen, wie beamteten Aerzten.
730
Wiener.
Alters- und InvalidenrentöU. öebuliren für Ga tackten etc.
üiehe badisciie Min isterial Verfügung vom 7, December 1891 unter
Kapitel ^Medicinalbeamte".
Apotheker.
Von den eocialdemokratiachan Abgeordneten des Reichatages
wurde der Antrag auf Verstaatlichung des Apotheken weaens
gestellt unter Beleuchtung der Missstäode des jetzigen Concessions-
systems, Staatssecretär v. Botticher erklärte die Verstaatlicbung
in dem SiuDe^ dass das Beich die Verwaltung der Apotheken oder
auch nur die Beaufsichtigung der veralaatiichten Apotheken über-
nimmt, für kaum durchführbar. Dazu müasten Organiaationen ge-
schafFen werden, die einzutukreD er dem Reich nicht ratken würde.
Doch sagte er zu^ die Vorlage eines Geaetzentwurfs an den Bundes-
rath und Reichstag, betre^Tend die Regelung dea Apothekenweseos,
zu beächleunigee.
Einzelne Bezirke des deutschen Apotheker vereine hatten an den
Cuitusminister eine Eingabe, betreffend die Einrichtung einer
Staats Vertretung der preussischen Apotheker, gerichtet. Der
Minister erklärte, es zur Zeit nicht fiir zweckmässig erachten zu
können, dieser Angelegenheit näherzutreten. Er sei iudeas nickt
abgeneigt, zur Erörterung allgemeiner pharmaceutischer Fragen auch
Apothekenbesitzer aus den Provinzen nach Bedürfniss als Sachver-
ständige einzuberufen.
Die Genehmigung zur Verlegung von Apotkeken iat nach
ErlasB des preussischen Cultueminiatera vom 24. Februar 1882 sack-
liok einer Neuconcesaionirong gleich zu erachten^ und unterliegt in-
folge dessen der Inhaber einer verlegten A[)otheke den Beatimmungen
des Erlasses votn 21, Juli 1886, betreffend die Vorstellung eines
Geschäftsn ach folgers vor Ablauf von 10 Jakren seit Eröflfhung einer
Apotkeke. Dabei mackt es keinen Üntersckied, ob eine Apotkeke
aus dem biskerigen Grundstock in ein anderes oder in einen anderen
Stadttkeil oder in eine andere Ortschaft verlegt wird. Es ist dem-
gemäss vor Abiauf von 10 Jakren nach Eröffnung der Apotheke auf
dem neuen Grundstück die Vorstellung eines Geschäftsnachfolgers
ohne Genehmigung des Ministers nickt gestattet.
Unter Vorsitz des Geh. Medicinalraths Dr* Fi stör tagte vom
12» — 16. December die durch sechs Apothekenbesitzer und ebensoviel
1
I
*
HedksamhPSiB im
IHmiMUaad.
>, OBL Beatummuigeii Qber Etnrichtttiig «nd Betri»^
ler Apotliekeii« sowie eine neue Anwmiam^ lor emtliolMii BtTismi
ApotbekeB ete, xa beimtben. Näheres bt iiocb aidit bekanal«
Dondi £rbs3» v^om 22:. April 1892 hal der preoesisiolie Hiiiisleir
bestimmt, dass in jeder Apotheke ein Nermslgewichtasalg mr
Prafuiig der Gebranchsgewichte vorhanden sein muas, ferner daaa
in jeder Apotheke mindestens rwei InfuDdirbüchsen you Porcellait
Torriihlg sein müssen»
Ovale Gläser dnrfen iur innerliche Armeieii na^ etaeiB
Ministerialrescript vom 8, Marx 1892 fernerhin nicht verweiidet
werden.
Nach einer Ministenalverfügung vom 15. Februar lfc?S'J kouneu
die mit Sublimat and Jodoform etc. getränkten Verbaud-
stoffe, welche durch die Verordnung vom 27* Januar 1890 § 1 Abs« 2
dem freien Verkehr ohne Einschränkung überlassen sind, von Apo-
thekern anstandslos ohne ärztliche Verordnung abgegeben und an
jeder gesonderten Stelle der Apothekenraume aufbewahrt werden.
In der preussischen Arznei taze pro 1893 ist bei 61 Arsnei*
xaitteln eine Erhöhung^ bei 110 eine Ermässigung der Preist^ i^inge*
treten. Die Bestimmung über Oomprimiren mehrerer Subdtunsen
zu einer Tablette hat den Zusatz erhalten, dasa för jedes Stück aber
25 hinaus nur die HälTte des sonst üblichen Arbeitspreisos (10 Pfg.
for das Stück) in Anrecbnung gebracht werden darf« Weisse Glftser,
Gläser mit eingeriebenen Stöpseln, Tropfglaser, gefärbte Glttssr, so*
wie Holzkorkstöpsel und KautHchukstöpsel dürfen künftighin nur
2Gr Anwendung und Berechnung kommen, wenn sie ausdrücklich
verlangt und verordnet worden sind, oder wo sie durch die Natur
des Arsneimittela nothwendig erfordert werden.
HeLamuRu*
Das kürzlich erschienene Preussiache Hebamsionlshrbueh
zdchnet sich äusaerlich von dem froheren durch grösseren Druck
und trotzdem geringeren Umfang aus. Inhaltlich ist ein^ KütÄung
fi&mmtÜcher Abschnitte eingetreten, dafür grössere Präcislon in Be*
arbeitung derselben. Die Ausdrucksweise ist dem Verständnisse von
Personen mit einem Bildungsgrade, wie ihn Hebammen uwiV ^v^X^*
73^
Wiener.
amineDlehrtöohter besitzen^ angepasst. Die dem Texte eingefügten,
nicht wie iVüiier am Schlüsse angefügten Abbildungen sind natur-
getreu und instructiv. Bezüglich der BefugniBse ist den Hebammen
nach wie vor in Ausnahmefallen das Eingehen in den Uterus zur
Vornahme der Wendung und Herausholung bezw* künstlichen Lösung
der Nachgeburt gestattet Letztere darf nur im äuss ersten Nothfalle
vorgenommen werden (lebensgefährliche Blutiingen). Unter gewöhn-
lichen Verhältnissen soll die Placenta durch den äusseren Handgriff
exprimirt werden. Die Nabelschnur soll, abweichend von der früheren
Vorschrift, stets doppelt unterbunden werden. Den Neugeborenen
soUen zur Vermeidung von Augenentzündiingen zwei Tropfen einer
20 (^^ igen Höllen st ei olösung gleich nach der Geburt in die Bindehaut
der Augen eingeträufelt werden. Die Antiseptik bei der Geburt
und im Wochenbett schliesst sich in allen Theilen an die Ministerial-
verordnung vom 22. November 1888, betreffend die Verhütung des
Kindbettfiebers aHj jedoch wird statt Carbolöl die Verwendung von
Vaselin vorgeschrieben.
Nach einem ErkenntnisB des Oberverwaltnngsgerichts vom
8. Februar 1892 ist die Zorücknahme des Prüfungs Zeugnisses
einer Hebamme auf Grund des § 55 der Gewerbeordnung nicht
zulässig, wenn sich dieselbe bei Ausübung ihres Berufes eine an-
steckende Krankheit (Syphilis) zugezogen hat^ wenn also diese An-
steckung auf ein Ereignies zurückzuführen ist, welches ausserhalb
des Kreises der von der Hebamme vorgenommenen Handlungen liegt
und sich lediglich als ein unglücklieber Zufall darstellt.
Drojs^ui steil.
Nach einem Erkenntnias des Oberverwal tungsgerichts vom
5. Mai 1892 können Droguenbändler, die als Apotheker ge-
prüft sind, sich auf Geschäftsanzeigen etc. „geprüfte Apotheker"
nennen. Das Wort „Apotheker^ bezeichnet den persönlichen Stand,
die persönliche Qualifieation, es kommt nicht nur denen zu^ welche
eine Apotheke besitzen oder betreiben. In der Bekanntmachung
vom &. März 1875 ^ betr. die Prüfung der Apotheker^ ist von dem
Erforderoiss des Besitzes oder des selbständigen Betriebes einer
Apotheke nirgends die Rede.
Anzeigen oder sonstige Veröffentliehtingen , wie r^alle frei-
gegebenen Arzneimittel und Apothekerwaaren" geben nach
dem Erkenn tnisö desselben Gerichts keine genügende Veranlassung
1
Medicinalweaen im engeren Siiiue: iJeutschlaTid. 733
«om Einschreiten der Polizei Verwaltung. Eine solche Veranlassung
würde nur vorliegen^ wann die Anzeigen an sich geeignet sied, das
Publikum in den Glauben zu versetzen, daas in der Droguerie Apo-
thekerwaaren unter denseibeo Garantien wie in einer Apotheke zu
kaufen seien. Anzeigen des angegebenen Inkalts aber sind an sich
deutlich, und mit der blossen Möglichkeitj dass ein Theil des Publi-
kums sie aus Irrthum und ÜDkeniitniss anders auffassen könnte,
darf nicht gerechnet werden.
ÖewissermasseBi im Widerspruch hiermit hält das Ob er ver waltun gs*
gericht durch Urtheil vom 5. Mai 1892 (vom selben Tage wie das
Torstehende ErkenntniBs) die Worte „Apotbekerwaaren, deren
Verkauf gesetzlich erlaubt ist^* und „Thierarzneimittel"
auf den Schildern der Droguenbändler für unzulässig , dagegen die
Anbringung des Genfer Kreuzes (rothes Kreuz auf weissem Grunde)
für erlaubt.
In einem Urtheil des Kammergericlits vom 24. März 1892 hat
dasselbe den Grundsatz ausgesprochen ^ dass der Verkauf von
Thierbeilmitteln seitens der Droguenhändler nach der Kaiser-
lichen Verordnung vom 27, Januar 1890 verboten sei, da auch Thier-
heilmittel zu den „Zubereitungen, Arzneien, Apotbekerwaaren^ im
8inne jener Verordnung zu rechnen seien. In gleichem Sinne sprachen
sich die Oberlandesgenchte Stettin, Kiel, München aus.
Ein Droguenhändler hatte die einzelnen Bestandtheile des
Brusttbees in je einem besonderen Fache aufbewahrt, die sich in
einem gemeiusamen Kasten bezeichnet ^.ßrusttbee^ befanden. !Nach
Erkenntnisß des Kammergerichts vom 24, Mai 1892 ist die Zerlegung
des Brustthees in seine Bestandtheile und die Scheidung derselben
von einander noch als ein „Gemenge"' anzusprechen und der Verkauf
durch Nichtapo theker unzulässig« Es waren hier nicht beliebige
Substanzen wahllos neben einander in irgend eine Hülle gepackt,
sondern nur solche, welche in der vom Angeklagten abgewogenen
Menge zusammengesetzt Brustthee ergehen. Hierbei muss es ein*
iusalos bleiben, dass die von ihm gewollte letzte Vermengung, für
die er Alles bereitgestellt hat, und die nur noch ein Herausnehmen
der Zwischenwände durch einen Handgriff erfordert, nicht durch ihn
selbst geschehen, sondern dem Käufer überlassen worden ist. Solche
in ihrer Zusammensetzung ausgewählte, in ihren Verhältniss mengen
abgewogene Bestandtheile, welche in gemeinsamer, die Einzel Ver-
packungen zusammenfassender HüUe unter einem Gesammtnamen
feilgehalten werden, müssen daher als ein Gemenge im Sinne der
AUerhÖcbsten Verordnung vom 27« Januar 1890 angesehen werden.
734
Wiener.
Das Restitutionsfluid ist nach Entscheidung deaßelben Ge-
richts von demselben Tage eine Lösung (Mixtura) und fällt daher
zweifellos unter Nr. 5 des Verzeiohmsses A. zu der genannten Ver-
ordnung» Dieselbe erstreckt sich nicht nur auf Arzneien für Menschen,
Unter „Arznei" in der Sprache des Gesetzgebers sind die Heilmittel
für Menschen und Thiere zusammengefasst. Weder das Strafgesetz-
buch noch die Allerhöchste Verordnung von 18fiO scheidet hier. Und
wo das Gesetz nicht scheidet ^ hat der Richter keinen Anlass, eine
solche Scheidung ohne zwingende Gründe seinerseits vorzunehmen.
Der Verkauf von Mercurialsalbe {IJnguentum Hydrargyri
cinereum) seitens der Droguisten ist nicht strafbar, wenn dieselbe
nicht als „Heilmittel" verkauft wird^ § 1 der Kaiserlichen Verordnung
vom 27* Januar 1890 und Nr. 10 des der Verordnung beigefügten
Verzeichnisses A. behalten den Apothekern das Peilhalten und den
Verkauf der dario aufgeführten ZubeTeitungen nicht allgemein, son-
dern nur insoweit vor, als sie als Heilmittel in Betracht kommen.
(Urtheil des Reichsgerichts vom 3. November 1891.) Doch ist der
Droguist nach Urtheil desselben Gerichts vom 27. Mai 1892 ver-
pflichtet, den Käufer über die Anwendung der Quecksilbersalbe zu
unterrichten. Thufc er dies nicht, und entstehen bei dem auch nur
äusserlichen Gebranch krankhafte Zustände^ so hat er diejenige Auf-
merksamkeit ausser Augen gesetzt^ zu der er vermöge seines Ge-
werbes als Droguist besonders verpflichtet war, da er den einge-
tretenen Erfolg bei Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit vorher-
zusehen in der Lage war.
Infolge einer Eingabe des Vorstandes der Berliner Droguen-
innung bat der Minister durch Erlass vom 12. Nov^ember 1892 die
Begierungs Präsidenten aufgefordert, sich darüber zu äussern, ob es
nach den gemachten Erfahrungen angezeigt erscheine, dem Wunsche
der Bittstellor gemäss das bei Apotbekenre Visionen übliche
Verfahren, nämlich durch Irrthum und Unkenntniss entstandene
Unregelmässigkeiten nicht sofort durch Bestrafnngen, sondern zuerst
durch Verweise ahnden zu lassen, auch auf die DroguenhaDdlungen
auszudehnen.
Gebe i mm 1 1 te 1 w e hv a , € i rp f u s cli e rei .
BeBtrt&iigen sind in reichlicher Menge erfolgt. Trotzdem dauert
das schamlose Treiben, begünstigt vornehmlich durch die Presse, fort.
Das Verbot der öflFentlichen Anpreisungen mnss sich nicht nur auf
die Geheimmittel, sondern auch auf die Beclamemittel erstrecken.
I
I
Modicinalweflen im engeren Sinne; Oest^rreich.
735
Durch ürtlieil des Oberlaßdesgerichts zu Naumburg vom
2L Januar 1892 wurde ein Naturheilkundiger, der flicb in einer
Annonce die Bezeichnung „practicirender und geprüfter Vertreter
der arzneilosen Heilweise"^ beilegte, venirtbeilt, weil der Titel den
Glauben erweckt und erwecken muBS, der Angeklagte sei eine nicht
von einer unzuständigen Privatperson oder von einem unberufenen
Vereine etwa geprüfter Arzt, sondern eine staatlich geprüfte und
zugelassene Medicinalperson, Eine Verstärkung erhält diese offenbar
auf Täuschung des Publicums berechnete Annonce durch den Zusatz:
i^Bebandlung Kranker jeder Art nach den Grundsätzen der giftfreien
Heil weise. ^
B. Oesterreich.
Von Dn lleinrieli Adler in Wien,
1« Orj^aDi^atioiK
Durch das Gesetz vom 2B. Juni 1892 ist der Sanitätsdienst
in den Gemeinden des Kronlandes Steiermark geregelt worden.
In sämmtlichen Kronländern mit Ausnahme von Schlesien, Ober»
Österreich, Salzburg und Görz ist 8omi.t der Gemeindesani tätsdien st
organistrt.
11. Apotliekpr, (ieheitiiiiiittel, lürpfaselierei.
Hinsichtlich der Lehrzeit der ApotbekertironeD ordnet
das Ministerium des Innern mit £rlass vom 22. August 1892 an^
dass eine Abkürzung der vorgeschriebenen dreijährigen Lehrzeit im
i Princip unzulässig sei*
k
Der Erlass der böhmischen Stattbalterei vom 31. Mai 1892 ver-
bietet die Erzeugung und den Verkauf von Santoninzeltchenf
da nach der österreichischen Pharmakopoe vom Jahre 1889 das San-
tonin zu jenen Heilmitteln gehört , welche nur auf ärztliche Ver-
schreibung aosgefolgt werden dürfen.
Mittels Erlasses des Ministeriums des Innern vom 6. Juni 1892
wurde das mit Erlass vom 21. Juni 1890 erfolgte Verkaufsverbot
der R. Brandt'schen Schweizerpillen auch auf die A. Brandt-
schen Schweizerpilien ausgedehnt.
k
73(i
Adler.
Der gegen allerlei KraDkheiten in ZeittingsbLättern iii markt-
scbreier jacher Weise angeküDdigte, voaMazzolini in Born erzeugte
„ P a r i g l i B a - S y r u p ^' ist wegen Nichtvorhandenseins einer präciseo
Bereitungövorscbriffc durch Erlass der Statthalterei für Tirol und
Vorarlberg vom 10, December 1891 vom Verkaufe in Apotheken und
allen Geschäften ausgeschlossen worden.
Durch Erlass der Statthalterei von Galiäsieu vom 24, November 1891
wird der Verkauf der unter dem Namen ^Spitzer's Sommer-
sprossenaalbe*^ erzeugten Pomade gegen Sommersprossen verboten,
da die chemische Analyse dieser Pomade geäundheitsschädliche Be-
etandtheile^ nämlich Quecksilberoxyd- und Quecksilberoxydulsalze
ergeben hat
Der Erlass des Ministeriums des Innern vom 4. Februar 1892
verbietet den Vertrieb aller zusammengesetzten Ärznei-
fabrikate der Firma Ad. Bichter & Co. in Rudolstadt^ da
die densBlben beigegebenen B er ei tungs Vorschriften die Substanz der
betreffenden Arznei Zubereitungen nicht durchweg in quantitativer
und qualitativer Beziehung mit hinreichender Bestimmtheit und Ver-
lässhchkeit erkennen lassen.
Auf Grund eines Gutachtens des obersten Sanitätsrathos , dass
nichtärztliche Personen unter verschiedenen Formen sich
gewerbsmässig mit Orthopädie befassen, die Orthopädie je-
doch einen besonderen, sehr gründliche medicinische Kenntnisse
voraussetzenden Zweig der chirurgischen Wissenschaft darstellt,
dessen Ausübung in sanitärer Beziehung von bedeutender Tragweite
istf verfugt das Ministerium des Innern durch Erlass vom 27. Mai 1892,
dass bei der angestrebten Errichtung orthopädischer Privat-
institute jeder Art die Mitwirkung eines Arztes nicht bloss formell
angemeldet, sondern die in medicinischer Hinsicht allein verantwort-
liche Leitung und ausübende Wirksamkeit eines in diesem Zweige
wohlerfahrenen Arztes sichergestellt sein müsse,
111. WnliüungHliygiene.
Als ein wichtiger Fortschritt ist das Gesetz vom 9, Februar 1892
betreffend Begünstigungen für Neubauten mit Arbeiter-
wohnungen zu bezeichnen. Abgesehen von den ausschliesslich
nur den zum Zwecke der Vermiethung an Arbeiter bestinmiten nen-
errichteten Wohngebäuden gesetzlich gewährten Steuererleichterungen
sind in dem Gesetze auch wiobtige sanitäre Grundsätze enthalten,
I
I
I
I
92 I
I
d
Medicinftlwefien im engeren Sinne: Oeaterreich,
737
welche die aanitätsgemäase Beschaffenheit der Wohnräume betreffen.
In dieser Hinsicht ist besonders die Beatimmung des § 3 hervor-
zuheben, gemäfiB welcher Gebäude, welche Wohnungen enthalten,
deren Fussboden unter dem Strassenniveau liegt, von der Steuer-
freiheit auBgeBchlosaen sind. Durch dieses Gesetz wird es in Zukunft
1 denjenigen Gemeinden, welche eine zahlreiche Arbeiterbevölkerung
haben, leicht möglich sein, auf billige Weise für entaprechende
Woheungsverhältniase der arbeiteeden Clasaen Vorsorge zu treffen
and einer groaseo Keähe von sanitären Uebelatänden, welche sich
erfahruDgsgemäss in Arbeiterquartieren zeigen, den Boden zu ent-
ziehen.
lY. Zatintechniker.
Durch ErlasB des Handelsministers und des Ministers des
Innern vom 20, März 1892 wurde das Zahntechnik er ge werbe
unter die concessionirten Gewerbe eingereiht. Dasselbe umfasst die
Herstellung von künstlichen Zahnen und Ersatzstücken : der Zahn-
techniker darf die Abdrucknahme und die Anpassung von Zahn*
ersatzstücken mir im vollkommen gesunden menachltchen Munde
ausfuhren; das Extrahiren, Plombiren ^ Abfeilen, Äbkneipen von
Zähnen ist ihm nicht gestattet. Als Befähigungsnachweis sind ein
Lehrzeugniss (die Lehrzeit beträgt 3, für Mechaniker ^nd Goldarbeiter
2 Jahre) und ein Arbeitszeugniss als zahntechnischer Gehülfe (je
3 Jahre bei einem Zahntechniker und bei einem Zahnarzte) bei-
zubringen. Die Bezeichnungen „Zahnkunstler^*, „Zahnartist"^ „Den-
tist" sind verboten.
?. Prophylaxis der JnfeeüonBkratJklieiteu.
Von der Mittheilung der sehr zahlreichen Verordnungen in Be-
treff der Cholera-Prophylaxifi glauben wir hier absehen zu aollen.
Es mag genügen, zu erwähnen, dass die im Jahre 1886 erlassene
sehr ausführliehe Cholera-Inetruction repubücirt, eine gemein-
verständliche «Belehrung über Cholera und Cholera-Maassnahmen",
eine ^Anleitung zur Desinfection während einer Cholera-Epidemie'*,
und für Aerzte eine ^,Anleitung zur Behandlung der Cholera** von
Amts wegen herausgegeben wurden.
Der Erlass des Ministeriums des Innern vom 28. März 1892
betrifft die Maassnahmen zur Hintanhaltung von Ueber-
tragungen ansteckender K.rankbeiten durch den Betrieb
von Waschanstalten. Den Inhabern oder Leitern von gewerb-
lichen Waschanstalten ist es verboten, Wäsche, welche vermuthlich
jBisrbiicli d. pnct Metiieim 1893, ^
738
AdJer.
von ac Infectionskrankheiten Erkrankten oder Verstorbenen herrührt,
vor erfolgter Desinfection zur Reinigung zu übernehmen. Der Trans-
port der schmutzigen Wäsche hat stets in sicherer Verwahrung und
derart zu gescbehen, dasa sie mit der gereinigten in keinerlei Berührung
kommen kann. Die mit dem Sortiren und Einweichen der schmntzigen
Wäsche beschäftigten Personen sollen während ihrer Arbeit leicht
zu reinigende Oberkleider tragen, welche nach geschehener Arbeit
abzulegen und zu reinigen sind, dürfen während des Sortirens und
Einweichens der schmutzigen Wäsche keinerlei Nahrung gentessen
und haben bei Unterbrechung der Arbeit zu diesem Zwecke Gesicht
und Hände gut zu reinigen. Die Waschgefässe sollen dicht und glatt,
die Waschiocali täten mit undurchlässigem Boden versehen, alle Be-
schäftigten sollen geimpftj bezw. revaccinirt sein.
Durch die Verordnung der niederösterreichi sehen Statth alterei
vom 16. April 1892 werden die Bezirksbauptm an n schaffen angewiesen,
zu veranlassen, dass in Orten, wo Sommerwohnungen vermiefchet
werden, ein Verzeichniss aller jener Häuser angelegt werde, in denen
sich seit dem 1. Januar d. J. anzeigepflichtige Infections-
krankheifcen ergeben haben, in welche Verzeichnisse die wohnung*
suchenden Parteien im Gemeindehause Einsicht nehmen können.
Die Landesregierung von Kärnthen bestimmte nach eingeholtem
Gutachten des Landessanitätsrathes durch Eriass vom 24. Februar 1892,
daas die Blennorrhoe der Neugeborenen von nun an der
Anzeigepflicht unterliege.
Durch Eriass der ßukow inaer Laudesregierung vom 25, Juli 1892
wird die Abhaltung der üblichen Todtenmahle ausnahmslos ver-
boten, indem dieselbe mit grossen Gefahren für die Gesundheit
verbunden ist, da hierdurch erwiesenermaasseu schwere ansteckende
Krankheiten verschleppt werden.
Im Laufe der beiden letzten Jahre ist die epidemische Aus-
breitung von Trachom in mehreren niederöBterreichischen
Landes-Humanitätsan stalten constatirt worden und erwiesenermaassen
nur dadurch zu Stande gekommen, dass der Einschleppung und den
ersten Anfangen dieser Augenkrankheit seitens der hierzu bestellten
Organe die entsprechende Beachtung nicht zugewandt worden war.
Die Bezirkshauptmannschaften wurden daher durch Eriass der nieder-
öBterreichischen Statthalters i vom 13. Februar 1892 angewiesen, die
in den Anstalten fungirenden ärztlichen Organe zur Protokoll irung
des in vierteljährigen Zwischenräumen aufzunehmenden Befundes der
Augenhindehaut der ihnen anvertrauten Individuen zu verhalten.
Medicicialwe^en im engeren Sinne: Oesteireich.
':y^
An das Mintsterium ist eine Beschwerde über die h&ofig »1*^
SU treffen de UnreiDlichkeit in den Hotels gelangt. Nach
Idem Inhalte dieser Beschwerde besteht die Reinigung gebrauchter
rServietteni Tischtücher und gebrauchter Bettwäsche darin^ dass dJaae
Wäschestücke mit kaltem Wasser bespritzt and in einer Presse eine
.Zeit lang eingelegt belassen werden, worauf dieselben, ohne vorher einen
[gründlichen Reinigungsprocess durchgemacht zu habeo, ftlr andere
[Oiste in Yerwendung gesogen werden. Da durch ein solches un-
sauberes und ekelerregendes Gebahren, welches dadurch noch straf-
barer wird, dass die Bespritzung sehr bäuEg durch von einem Hotel-
bediensteten in den Mond genommenes und aus demselben ausge-
spucktes Wasser erfolgt, Infectionskrankheiten übertragen werden
könneUi weist das Ministerium des Innern durch Erlaas vom 2d* Sep-
tember 1892 die Landesbehörden an, die Abstellung dieser sanitats*
widrigen Zustände mit aller Energie bewirken zu lassen*
VL Nahriiagsmittclb.ygiciie.
Anlässlich der infolge der Choleragefahr angeordneten Abstellung
sanitärer UebelstHnde wurde das Ministerium des Innern darauf auf-
merksam gemacht, dass häufig Kochsalz in Verkaufslocalitttten
derart am Fussboden aufbewahrt wird, dass dasselbe der Bo-
achmutzung und Verunreinigung durch Thiere ausgesetzt ist. In
ihnltch nachlässiger Weise werden auch Mehl und andere Nahrung»-
und Genussmittel untergebracht Das Ministerium weist deshalb mit
Brlass vom <i. December 1892 die unterstehenden Behörden an^ diese
Üebelstände abzustellen.
Der von einer Firma in Prag erzeugte „We in extract" wurde
vom Obersten Sanitatsrathe als gesundheitsschädlich erklärt und
daher dessen Erzeugung > Verkauf und Vertrieb mittels Verordnung
der Ministerien des Innern und des Handels vom 2. Mai 1892 verboten.
Die Verordnung des Ministeriums des Innern vom 10. August 1892
verbietet die Einfuhr von mit Theerfarbstoffen gefärbten
Weinen nach Oesterreich,
Das Ministerium des Innern weist die politischen LandeebehÖrden
durch Erlass vom 27, November 1892 an^ dem in jüngster Zeit mehr-
\hch vorgekommenen üebelstand, dass Trauben wein mit Obst-
rein verfälscht unter der Bezeichnung von ^Wein** zum Ver-
kaufe gebracht wurde, in wirksamer Weise zu steuern, indem dnrob
en Fäbchttng sowohl die Interessen der Ck^nsumenteOi als atiob
i d«r reelle Weinhaodel geschädigt werden*
740
Adler.
Der Erlaas der oberdsterreichisclien Statthalterei vom 13. Jänner
1892 lenkt die Aiilmerksamkeit der politischen Bebörden auf die
bleihaltigen Top ferglastireik. Es sind alle jene Geschirre ssu
beanstandeoj deren innere Fläche schon beim bloesen Befeucbten mit
Schwefelwaeaeratoffwasaer eine dunklere Färbung der Glasur bis zur
vollkommenen Schwärzung derselben aeigt.
Zum Zwecke eines gleichmässigen Vorganges bei der markt-
polizeilichen Untersuchung der Glasuren und Email-
Überzüge von Thon- und Eisengeach irren gibt das Miniaterimn
des Innern durch Erlaas vom 6. December 1892 eine ausführliche
Anleitung, Die Untersuchung dieser Geschirre hat sich darauf «u
beschränken, featzustellen, ob die zum Verkaufe gebrachten Geräthe
Bieioxyd und eventuell auch Kupferoxyd in einem aolcbeii Zustande
enthalten, dass ein Uehergang derselben in Speisen statthnden könne.
Die Statthalterei von Galizien hat durch Erlass vom 15* De-
cember 1831 die politischen Behörden auf den in vielen Gemeinden
herrschenden Mangel an gutem Trinkwasaer aufmerksam
gemacht und dieselben angewiesen , die Gemeinden , in welchen der
Mangel an gutem Trinkwasser behördlich erwiesen ist^ zur Bescbaffmng
desselben durch Errichtung öffentlicher Brunnen anzuhalten. Mit
Bezugnahme auf diese Verordnung trifft das Ministerium des Innern
durch Erlass vom 20. Jänner 1892 dieselbe Verfügung für sämmt-
bche Landesbehörden.
Die eigenthümlichen Verhältnisse des stellenweise wasserarmen
Königreichs Balmatien haben den Erlass des Gesetzes vom 5, Au-
gust 1892 nothwendig gemacht, welches sich mit Vorkehrungen
zur Beschaffung von Wasser zum Trinken für die häos-
lichen und landwirthschaftlichen Bedürfnisse beschäftigt. Das Ge-
setz sagt: Es ist Pfiicht der Gemeinde^ einen Evidenzstand fiir
jede einzelne Ortschaft ihres Gebietes zu führen, welcher constatirt,
ob und was für öffentliche Anlagen zur Beschaffung des nöthigen
Wassers (Wasserleitungen, Wasaerreßervoirs, Brunnen, Cisternen,
Tränken etc.) daselbst bestehen, nnd in welchem Zustande der Er-
haltung sie sich behnden, sowie ob deren Wasserdotation und Be-
schaffenheit des Wassers für den betreffenden Gebrauch entspricht,
oder ob endlich eine Ortschaft derartiger Anlagen gänzlich entbehre
und Mangel an Wasser für den Haus- und Wirthschaftsbedarf leide.
Auf Grund der von den Gemeinden eingebrachten Ausweise und des
sonst bekannten Bedarfes bestimmt der Landesausschuss die in jedem
Jahre auszuführenden Arbeiten und die Eeihenfolge derselben.
MediomalweeeD im engeren Sinne: Oesterreich.
741
VII, (tewerbehygiene.
Rücksicht darauf, dass der zu gewissen gewerblichen
Betrieben zur VerweuduBg kommende Brech weiDßtein
zu den Giften gehört, die durch denselben bedingten Oefahren jedoch
unter Berücksichtigung gewisser Vorschriften vermieden werden
können, beötimuit die niederösterreichische Statthalterei durch den
Erlass vom 24. Juni 1892, dasa für alle aus der Anwendung des
Brech wein st ein 3 sich ergebenden Gesund hei tß Schädigungen ein der
poHtischen Bezirksbehörde namhaft 2u macbender sachverständiger
Leiter des betreffenden gewerblichen Betriebes verantwortlich zu
machen sei ; ferner ißt die Ableitung der beim Betriebe sich ergeben-
den Abwässer in Kanäle , in die Kähe von Brunnen , Dünger-
haufen u. B. w* untersagt.
VUL Leichenwesel.
Die Statthalterei in Triest hat mittels Rundschreibens vom
8. August 1892 auf die Unsitte hingewiesen, dass mit der Reinigung
und Bekleidung Verstorbener sich beschäftigende Personen die am
Leibe des Verstorbenen vorfindlichen Wäschestücke an sich
nehmen, welcher Vorgang, da er eine Verschleppung von Infections-
krankheiten ermöglicht, verboten wird.
Die Leichenverbrennung ist in Oesterreich nici^t gestattet.
Anlässlich des Ansuchens einer Wittwe, dass ihr gestattet werde,
die in einer Urne eingeschlossenen Aschenreste der im Auslände
der Feuerbestattung zugeführten Leiche ihres Gratten in ihrer
Wohnung aufzubewahren, gelangte die Frage der Unterbringung
von licichenasclien zur principielleu Entscheidung, Dem Ansuchen
wurde von den Ministerien des Innern ^ der Justiz und des Cultus
keine Folge gegeben, ^da hier nicht allein der sanitätspolizeiliche
Gesichtspunkt massgebend ist, von welchem aus allerdings im Princip
niohts einzuwenden wäre, sondern auch die Wahrung der Oultus*
in ter essen ",
Oeffentliclie Gesundlieitspfiege.
Ton Efi^,- nnd Ifed.-Ralh Dr. A. Pffiffer in Wiesbaden.
A. Hygiene.
L AügemeiBes.
Luft.
Ohlmöller, üeber die Einwirkung des Ozons auf Bao-
terien. Auf Grand sehr umfassender Versuche kommt Ohlmüll er
ma dem Bestütate, daas das Ozon auf Bacterien, welche in Wasser
«ofgesehwemmt sind, in kraftiger Weise serstorend unter der Be-
diqgQiig einwirkt, dass das Wasser nicht zu stark mit lebloser
ofganischer Sobslana verunreinigt ist,- der Erfolg ist der gleiche)
wenn die Menge der leblosen organischen Masse bis lu einem g»-
wiaieD Grade durch das Oson ozjdirt wird. (TeröfFentL d. Kai&
Oerandh.-Amt6 1892.)
Budde, Versuche aber die Verunreinigung der Luft
bewohnten Bäumen durch undichte Fussböden bei ver-
schiedenen Modalitäten der Lufterneuerung. Durch Irüherej
Tersoehe hatte Verl festgestellt, daas, wenn man aus einem Zimmer ^
ndt midiehtem Fusaboden, aber undurchlässigen Wänden und gut
echliessenden Thären und Fenstern durch Absaugung eine groäsere
Loftmeoge entfernt, als durch den Lufleintrittskanal zatreten
die abigeeaiigte L«ft eine grtesere Menge Kohlensäure enthil
dem Zimmer produoirt wird mit derjenigen der Auaeenlull so
Dieser Untas^ed Heee sich zum wesentlichsten TheQ nm
StB8tr5>Bieii TOtt 00^ ^tirch den undichten Fussböden ana
OefTenUiche Gesund hei tspüege*
743
reinaD ZwischendeckeDfüIluiigsmaterial bezw. aus einem unter dem
Zimmer gelegenen Kaume (Keller) Äuröckfähren. Er warnt deshalb,
bei künstlicher Ventilation von Wohnräumen in diesen einen üeber-
druck zu erzeugen, jedenfalls aber dem Einströmen von CO.^ durch
den Fuasboden durch Anwendung impermeabler Fassböden, sowie
Verwendung reinsten Füllmaterials zu begegnen. (Zeitsohr. f. Hygiene
Bd. 12, H, 3.)
Lieht,
^f Geiseler, Zur Frage über den EinfluBS des Lichts auf
1 die Bacterien (speciell die Typhasbacillen).
I 1) Einen qualitativen Unterschied hinsichtlich der Wirkung des
I Sonnen- und elektriflcheo Lichtes konnte Geissler nicht bemerken;
^K^er Unterschied ist nur ein quantitativer: das Sonnenlicht hemmt
^^stärker als elektrisches Licht das Wachsthum der Typhushacillen
auf Fleiscbpeptongelatine.
2) Nicht nur die sog* Licht- und chemischen Strahlen des Sonnen-
and elektrischen Lichles wirken hemmend auf das Wachsthum der
Tjphttäbacillen, sondern auch die Wärmestrahlen,
3) Alle Strahlen des Sonnen- und elektrischen Spectrums, aus-
genommen die rothen, wirken hemmend auf das Wachsthum der
Typhusbacillen, und diese Wirkung ist um so starker, je grösser der
Brechungöindex ist, oder je geringer die Wellenlänge der betrefifenden
Strahlen.
4] Der ungünstige Kinüuas des Sonnen- und elektrischen Lichts
auf das Wachsthum der Typhusbacillen in Nährgelatine hängt nicht
nur von der unmittelbaren Wirkung desselben auf die betreffenden
Mikroben ab, sondern auch von den Veränderangen , welche dieses
Licht in dem Nährmedium bor vorruft (Referat aus: Hygienische
Rundschau 1892,)
WasBer.
Wasserversorgung Berlins. Im Berichtsjahre 18{)Dj91 be-
trug die Zahl der an das städtische Wasserlei tangsnetz angeschlosse-
nen Grundstücke 21598 mit 1434778 Einwohnern. 560 Grundstücke
(2,660[(l) sind nea hinzu gekommen mit 37815 Einwohnern. Mit
Ananahme von ISO Bedärfnissanstalten waren überall Wassermesaer
^ '^ »sammtverbrauch an Wasser belief sich auf
baten war der Verbrauch im August, am
qgermenge lieferte das Werk
Werk Stralau. Der Ver-
744
Pfeiffer,
brauch an Wasser pro Kopf UBd Tag bezifferte sich auf 67,98 Liter
und hat gegen das Vorjahr etwas abgenommen. Das Rohrnet« be-
stand aus 703317 m Rohrleitung, in welche 2277 Schieber, 4640
Hydranten und 46 LnftveDtile eingeschaltet waren. Waßsermesser
waren 21625 im Betrieb und erforderten eine Auswechselung von
18,540f„. Die Reineinnahme betrug 6256196 Mk. (VeröffentL des
Kais. Gesundh.-Amts.)
Ueber chemische und bacteriologisehe Wasserunter-
Buohung sprach sich Gruber auf der Versammlung der Nahrnngs-
mittelchemiker und Mikroekopiker in Wien 1891 dahin aus, dass
nach dem Ausfall der chemischen Untersuchung man beurtheilen
könne, ob ein Wasser nicht nur augenblicklich, sondern dauernd
brauchbar sein werde. Es sei in jedem Falle erforderlich, nicht nur
die bacteriologische, sondern auch die chemische Untersuchung eines
Wassers möglichst rasch nach der Probenahme zur Ausführung zu
bringen, da eine Aenderung der ursprünglichen Beschaffenheit durch
Bildung neuer und Zerstörung vorhandener Stoffe in Kurzem ein-
treten könne. Aus der bei der bacteriologischen Untersuchung ge
wonnenen Zahl der Bacterien einen Schluss auf die Beschaffenheilj
des Wassers zti machen, müsse man sich hüten ^ da Grund wässe
trotz eventueller schlechter chemischer Beschaffenheit meist keine
Bacterien enthalten. Wichtig ist es, 3iu erfahren, woher die gefun-
denen Bacterien stammen. Grub er zieht es vor^ bei Untersuchungen
des Wassers von Schachtbrunnen diese leer zu schöpfen, in de
Schacht hinabzusteigen und die einzelnen Zu Busse von Wasser
trennt zu untersuchen. Bei allen Untersachungen von Brunnen ia
auf die Bodenbeschaffenheit der Umgebung des Brunnens besonder»"
zu achten. (Qyg- Rundschau 1892.)
Boden.
Karlinski, Untersuchungen über das Verhalten dea
Bodens zu Typbusbacillen (Archiv f. Hygiene Bd. 13).
1) Die längste Lebensdauer der Typhusbacillen im Boden beträgt
nach Versuchen S Monate,
2) Die Lebensdauer der Typhusbacillen, die mit typhösem Koth
in die Erde eingeführt und dort unter natürlichen Verhältnissen be-
lassen wurden, ist wesentHch kürzer, als die der in Heincultuxen
angefügten Bacillen ^ was wohl der Thätigkeit der gleichzeitig zuge-
setzten Kothbacterien zuzuschreiben ist.
Oeffentliclie Gesund heitopflege.
745
3) In den tieferen ßodönschichten vermögeß die Typhußbacillen
den wechselnden Einflüssen der Temperatur, der Eenclitigkeit und
Thätigkeit der ßodenmikroorganiemeii Trotz zu bieten,
4) Auf der Oberfläche der Erde, der Befeuchtung und der Sonn
ausgesetzt, gehen dieselben bald zu Grunde,
5) Die wechselnde reichliche Befeuchtung, einerlei ob dieselbe
von oben oder von unten die inficirte Bodenschicht trifft, kürzt die
Lebensdauer der eingebrachten Typhusbacillen wesentlich«
6) In den Bodenschichten^ in welche die PÖanzeo wurzeln reichen,
ist die Lehensdauer eine sehr kurze.
7) Während der Fäuiniss der Organe von Typhusleichen kommt
es zu einer beträchtlichen Temperatürsteigerung.
8) Die Typhusbacillen können in den Organen begrabener Typbus-
leichen unter Umständen bei verzögerter Eäulnisa und bei behindertem
Zutritt von specifischen Fäulnissorganismen noch nach 3 Monaten
nachgewiesen werden. (Hyg. Rundschau 1892.)
IL Specielles.
lieHeitlg^ung der imreiDOii Abgiiiigo ans StiltUen.
^^P Schmutz Wässer, Nach dem VerwaUungsbericht der städtischen
Kanal isationewerke in Berlin pro 1890(91 betrug die Gesammt-
länge der aasgefüiirten Leitungen 43000 m. Es bestehen neun Radial-
syateme mit zehn Pumpstationen und waren hieran 20 307 Grund*
stücke angeschlossen. Bie Berieselnngsanlage erreichte eine Aus-
dehnung von 3229 ha, auf weiche täglich 50859272 cbm Schmutzwasser
geleitet wurden, so dass durchschnittlich jedes Quadratmeter täglich
4^32 Liter zu bewältigen hatte. Bie Kosten betrugen bei einer Aus-
gabe von 6694226 Mk. und einer Einnahme von 4660861 Mk.:
2033365 Mk, oder pro Kopf der Bevölkerung und 1 cbm Wasser
0,57 Mk. — Bor Gesundheitszustand der Arbeiter auf den
Rieselfeldern war im Allgemeinen ein guter, Infectioaskraiikheiten
kamen selten vor, dagegen vielfach Magen- und Darmerkrankongen,
Von 86 so erkrankten Personen starben 2 Kinder. (VeröflFentl. d.
Kais. Ge&andh.-Amts.)
Der Gesundheitszustand der München er Kanal ar bei ter^
von Prausnitz aus den Arbeiterlisten des Stadtbauamts i^r die
letzten 5 Jahre 1886—90 ermittelt, stellte sich, trotzdem diese
Arbeiter den ganzen Tag ^ häufig auch die Nächte in den alten
7 40
Pfeiffer
uad Deuen Kanälen MüQcbeQS Bich aufhalten mussten, als ein sekr
guter heraus. Es entfallen pro Jahr nur 3^2 Krankheitstage durch-
schnittlich. Arbeiter, welche 4 — 9 Jahre in dieser Thätigkeit standen,
waren zum Theil nicht einen Tag erkrankt. Im Vergleich mit den
Zahlen der Fahriks- und Betrieb skrankenkassen stellt sich die Mor-
bidität unter den freilich meist dem jüngeren Lebensalter angebörigen
Kanalarbeitern auf etwa die Hälfte (Büchner, Hyg. Rundschau,
1892). Man ersiebt hieraus wohl zunächst, welchen ungünstigen
hygienischen Verhältnissen der Mensch sich anzupassen im Stande ist.
Pfuhl, Ueber die Desinfection von städtischen Ab-
wässern mit Kalk. Verf* verlangt auf Grund erneuter Versuche
über die Desinfection städtischer Abwässer mit Kalk einen Mindest-
zusatz von 1%^^ Kalkhydrat, wenn frisches Kanalwasser in 1 — 1*/2
Stunden von Cholera- bezw. Typhuakeimen befreit werden soll. Hier-
bei ist noch unbedingtes Erforderniss , dass das Kanalwasser mit
dem zugesetzten Kalk in fortgesetzter Berührung bleibt (Zeitschr.
f. Hygiene 1892;)
Wieba, Betriebsergebnisse der Kläranlage zu Essen.
Die Stadt Essen klärt ihre Abwäaser nach dem Röckner-Rothe-
schen System in vier gemauerten Brunnen mit aufgesetzten Eisen-
cylindern von je 7 m Höhe and 4,2 m Durchmesser. Die Anlage
ist für täglich 180CK) cbm Abwasser eingerichtet. Im Jahre 1891 _
sind bei einer Einwohnerzahl von 84000 6 990 682 cbm AbwasiflH
geklärt worden und 816CKX) cbm ungereinigt abgeflossen. Es wnr^^
demnach täglich 19152 cbm Abwasser geklärt, demnach pro Kopf
der Bevölkerung 228 Liter. Diese ausser gewöhnlich grosse Zahl ist
daliin zu erklären, dass täglich etwa 8000 cbm Wasser aus drei
Kohlenbergwerken mit zur Reinigung kommen. Für Chemikalien
wurden im Jahre 1891 16520 Mk. verausgabt. Die gesammten Be-
triebskosten betrugen 33497 Mk., so dass die Reinigung von 1 cbm
Abwasser auf 48 Pfennig zu stehen kam. Ohne die Reinigung der
Bergwerks wäsäer, welche demnächst eine besondere Behandlung er-
fahren öollen, wird sich der Kostenbetrag nur auf 39,9 Pfennig be-
rechnen. Der bei der Klärung gewonnene Schlamm fand zu land-
wirthschaftHchen Zwecken nur sehr wenig Verwendung, obgleich er
unentgeltlich abgegeben wurde. Es musaten zu seiner Unterbringung
grosse Erdbecken hergestellt werden.
Die Klärbeckenanlage in Wiesbaden entspricht ihrem
Zweck nur sehr unvollkommen, insofern als auf dem langen Wege,
OeffeotÜche Geatindheit« pflege.
747
welcbeD das geklärte Wasser von der Anlage bis zuim Rhein zurück -
zolegen hat, eine zu lebhaften Klagen führende Ablagerung von
Schlammmassen in dem sog. Mühlgraben eintrat. Wiesbaden besitzt
ain sog. Doppelkanalsystem und leitet infolge die.ser Einrichtung die
nicht unbeträchtlichen Meteorwäaser, in welche Fäcalien jetzt nicht
mehr gelangen, nicht durch die Klärbecken, sondern um dieselben
beroni und führt sie erst unterhalb der Kläranlage dem geklärten
ßchmutzwasser zu. Diesea letztere enthält bei seinem Austritt aus
der Kläranlage eine nicht unbeträchliche Menge gelösten Kalkes,
welcher mit den organischen Stoffen des Meteorwassers alsbald die
belästigenden 8chlammmeDgen erzeugt. Infolge der wiederholten
Klagen der an dem Mühlgraben anliegenden Mühlenbesitzer und der
Stadt Biebrich, oberhalb welcher der Mühlgraben in den Rhein
einmündet^ wird die Stadt Wiesbaden jetzt vor die Nofchwendigkeit
gestellt, die MühlengeffiUe zu erwerben und die gesammten Abwässer
Wiesbadens in geachlossenem Kanal unterhalb Biebrichs in den
Ebein einzuleiten. Irgend ein desinEcirender Einflass macht sich
bei der Klärung mit Kalkmilch, wie er in den Wiesbadener Klär-
becken erfolgt^ nach den wiederholten üntersnchungen des Ref, nicht
bemerklich. Hierzu genügt weder der Kalkzusatz noch die Dauer
der Klärung, Die Schlammmassen finden keinerlei Absatz, weil sie
wegen ihres Kalkgehaltes bei den hiesigen Boden* und landwirth-
^^ftgchaftlichen Verhältnissen nicht allgemein verwerthet werden können.
^^rlnfolge dessen haben sich schon ganz enorme Schlammmassen in der
1 Umgebung der Anlage angesammelt. Die Betriebskosten sind nicht
I unbeträchtlich und werden sich auf ungefähr 70 Pfennig pro Kopf
^^der Bevölkerung belaufen,
^^ Von den Anwohnern des Mains unterhalb Frankfurt a.M,
sind in letzterer Zeit Klagen laut geworden über die Verschlam-
mung der Ufer dieses Stromes, welcher durch die Kanalisation
desselben in seinen Stromverhältnissen eine beträchtliche Aenderung
erlitten hat Es stellte sich heraus, dass die Abwässer der Stadt
Frankfurt in der Zeit von 10 Uhr Abends bis 8 Uhr Morgens über-
haupt nicht geklärt, sondern ganz unberechtigter weise ungeklärt
dem Main während der angegebenen Zeit überliefert wurden. Es
it der Stadt aufgegeben worden, versuchsweise wenigstens die
'mechanische Klärung der Abwässer für die Nachtstunden voran •
nehmen, mit dem Vorbehalt, dass bei weiteren Klagen auch für die
^acht die chemische und mechanische Klärung angewandt werden
üAse.
748
Pfeiffer.
8trasB6iireiuigueg, WelcheSnmmendieStrasBeQreLnigung
in ßerlin verschlmgt^ gekt aus dem Berichte des Magistrat« über
das städtische Reinignugsweaen im Etats jähre 1890.91 hervor. Der
Reinigung wtirden anter^sogen im Glänzen 8158241 qm Fahrdamm
und Bürgersteige, Die täglich zu reinigeode Fläche beziffert sich
auf 8156376 qm. Beschäftigt wurden 722 Personen mit 42 Kehr-
maschinen. Die Abfuhr erfolgt vertragsmässig durch Unternehmer
und erforderte 96774 Fuhren. Für die Schneeabfuhr mussten allein
367601 Mk. verausgabt werden. Zur Strasaensprengung waren
808688 cbm Wasser erforderlich. Die Gesammtkosten beziffern sich
auf 2107255 Mk,, welchen nur eine Einnahme von 127 720 Mk. meist
für die Reinigang von Pferdebahnstrecken gegenübersteht. Die Aos-
gabe betrug demnach 1979534 Mk. (Veröffentl. d. KaiserL öeanndh.-
Amts,)
ßHnpDüzei.
Für die Revision der ßauordnnng in Frankfurt a,
hat der dortige Clesondheitarath folgende Funkte als beacbtenswerth
empfohlen:
1) Eine angemessene Abstufung in dem Verhältniss der Häuaer-
höhe zur StraBsen breite bezw. Festsetzung geringerer Haus höben für
Neubauten an noch nicht fertiggestellten Strassen.
2) Geringere Höhe selbständiger Hofgebäude an Höfen von ge-
ringerer Breite.
3) Bestimmungen über die Neigung der Dächer nach den
Höfen zti.
4) Verhindernng der Entstehung von SackgaBsen auf hinterliegen-
den Hofgrund stücken.
5) Grössere Bemessung der HolHächen nach Massgabe der Q^rund-
stücksgrösse und der Höhe der Häuser, bezw. der Zahl der Woh-
nungen.
6) Bemessung, Anordnung und Benutzung von Lichthöfen,
7) Bestimmung über Einrichtung von Luftkanälen bei Keller-
räumen.
8) Beschränkung der Zulässigkeit geringerer Stockwerkshöhen
in engen Strassen.
9) Schärfere und bestimmtere Anforderungen betreffend Erhellnng
und Lüftung von Wohnräumen.
*
Geffentliche Gesundheitspflege*
BesinfeetioQ.
r49
Kirchner^ Sputtimdesinfection bei Lungentubercalos
(Zeitschr. f. Hygiene 1892). Auf Grund von Versuchen und Er-
wägungen kommt Kirchner zu dem Eesultat, dass die Desinfec-
tion der Speigläser in strömendem Wasserdampf die einzig sichere
and hygienisch zulässige Beseitigungsart des Ansteckungsstoffes
sei. Er hat hierzu einen kleinen Apparat construirt nach dem be-
kannten Princip der einfacben Lab oratoriumsappa rate für strömenden
Dampf. Die Verwendung ist bei einiger Vorsicht einfach und büHg,
der Bruch der Oläser beträgt etwa 5 0q.
Leieheiiscliaii und Bogräbnisswesen,
Leichenschau, Die Herren Minister des Innern und der
geistlichen etc. Angelegenheiten haben durch Erlass vom 4, Sept. 1891
auf V^eranlassung des Ausschusses des Vereins deutscher Lebens*
Versicherungsgesellschaften Erhebungen darüber herbeigeführt, in-
wieweit infolge der in mehreren Städten seit Jabren durchgeführten
obligatorischen ärztlichen Leichenschau eine Besserung früherer Miss-
Stände insbesondere in medicinal polizeilicher Hinsicht sich bemerkbar
gemacht habe, und ob eventuell der Einführung einer allgemeinen
obligatorischen Leichenschau entweder nur für Städte über bOOO Eiji-
1 wobner oder auch für Landgemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern
namentlich rücksichtiich der Kostenfrage Bedenken entgegenstehen.
Die Aufnahme dieser wichtigen Angelegenheit, deren Bedeutung auch
für die Frage der Leicbenverbrennung unverkennbar ist, dürfte mit
Freude zu begrüssen sein.
Feuerbestattung. Aller wärts regt sich die Bewegung für
die Einführung der Feuerbestattung* Die Bildung zahlreicher Vereine
in Deutschland dürfte auch hier als ein Maassstab für das Bedürfnis^
nach Einführung dieser hygienisch und ästhetisch als ideal zu bezeich-
nenden Leichenbestattung zu betrachten sein. In Preussen kann man
sich aus joristischen und theil weise religiösen Bedenken noch immer
nicht zur Errichtung von Crematorien und zur Erlaubniss der freiwilli-
gen Feuerbestattung entscbliessen. Ueber die bei dem preussiscben Ab-
Egeordnetenhause von 14911 Personen eingereichte Petition wurde in
der CommissIonsBitzung vom 25. Mai 1891 mit elf gegen fünf Stim-
men beschlossen, dem Hause zu empfehlen, über die Petition sur
Tagesordnung überzugehen« — In den ausserpreussischen Staaten ist
man weniger ängstlich, so dass in Heidelberg vor Kurzem d«ft
dortige Crematoritim in Benutzung genommöD werden koDnte, Ueber
die wenig aciiwerwiegende Bedeutung der juristiBChen Bedenken^
über die viel umstrittenen religiösen Skrupel oder gar über die
hygienische Bedeatnng der Frage hier weitere Worte zu verlieren,
dürfte überflüsBig sein.
Pro»titiitioii nnd AlkolioltttisHbraiteh.
Prostitution. Nach Lavasse ar beträgt die Zahl der Prosti-
tuirten in Paris annähernd 10000 eingeschriebene Personen, Bie
heimliche Prostitution hat natürlich mit ganz anderen Zahlen zu
rechnen. Zu den letzteren zahlen meistens miuderjährige Mädchen.
Viele von diesen aus den unteren Volksclasaen leben zudem im Oon-
cubinat. Auch die vielen unterhaltenen Frauen in den verschieden-
sten Vermögensverhältnissen sind hierher zu rechnen. In Paris ist
der vierte Theü aller Geburten unehelich. Seit 10 Jahren vermehrt
sich die Zahl dieser unehelichen Geburten in erschreckender Weise.
In den Jahren 1821 — 25 betrog die Zahl der unehelichen Geburten
ungefähr 69000, in den Jahren ISSO-^Sö aber 73 (.XX). Im Jahre 1886
hatte Frankreich ungefähr D Millionen Einwohner mehr als im Jahre
1806, 1886 zählte man 73357 Eheschliessungen mehr als im Jahre
1806, und dennoch übertraf im Jahre 1807 die Zahl der ehelichen
Geburten diejenige deä Jahres 1887 um mehr als öO<XX). (OentralbL
L allg. Gesundheitspflege 1892.)
Trunksucht Gegen Trunksucht hat die Stadt St. Grallen
unter dem 25. Mai 1891 ein Gesetz erlassen, welches als muster-
gültig in seiner Einfachheit zu bezeichnen sein dürfte. Die hier
interessirenden Paragraphen lauten:
§ L Personen, welche sich gewohnheitsmässig dem Tranke er-
geben, können in einer Trinkerheilanstalt untergebracht werden.
§ 2. Der Aufenthalt in der Anstalt beträgt 0 — 18 Monate; bei
Rückfällen kann eine Verlängerung eintreten.
§ 3. Der Eintritt erfolgt entweder freiwillig oder auf Erkennt-
niss des Gemeinderaths der Wohngemeinde*
§ 5. Es bedarf dazu eines Gutachtens eines Amtsarztes, welcher
den Zustand des Trinkers und die Nothwendigkeit constatirt^ ihn zu
seiner Heilung in der Anstalt unterzubringen*
§ 7. Besitzt der Trinker Yermdgen, so trägt er die Kosten.
§ 8. Für die Dauer der Yersorgungszeit erhält der Internirte
einen interimistischen Vormund.
I
Alkohol verbrauch in Frankreich. Der Alkoholverbrauch
bat in Frankreich seit dem Jahre 1875 infolge der Verheerungen
der Reblaus ganz beträchtlich zugenommen. Er betrug in den
Jahren 1830—40 je 7B0OO0 hl, 1H41--50 je 1194000 hl und im
Jahre 1886 2ü52U<J0 hl. Dabei hat sich die Qualität des Alkohols
angeblich erheblich verschlechtert, da statt des seither gehrauchten
Cognacs ebenfalls infolge der Reblaus Verheerungen auf andere Weise
gewonnener Alkohol den Bedarf decken muss. Der jährliche Ver-
brauch von Alkohol beziffert sich in Frankreich auf 10 Liter pro
Kopf, und auf je 90 Einwohner kommt eine Ayasohankstelle. Der
Zunahme des Alkoholgenusses entspricht eine Zunahme der Selbst-
morde, der Todesfälle durch Unfälle, der Geistesstörungen etc.
Trunksucht als Todesursache in der Schweiz. Im Jahre
1891 starben in l'i grösseren Städten der Schweiz 425 Personen im
Alter von 20 Jahren und darüber mittelbar oder unmittelbar an den
Folgen der Trunksucht, und zwar 366 Männer =: 10% aller Ge-
storbenen, und 59 Weiher ^ 1,7 ('.q. Auf 100 Gestorbene kamen im
Alter von 20— -SJ» Jahren 11,6, im Alter von 40 — 59 Jahren 14,8
solcijer Todesfälle. Am häufigsten waren dieselben hei Handwerkern
und Fabrikarbeitern (139), dann bei Wirthen (46). (Veröffenth des
Kaiser]. Gesundh.-Amts,)
Oei8te»kranklieiieii aud Irrenhäuser.
Geisteskrankheiten. DieZahlderGeisteskrankenin Wien
betrug im December 1890 bei einer Civilbevölkerung von 1341897
3964. Davon waren 1627 irr- oder blödsinnig, 374 Oretins (983 Blinde
und 980 Taubstumme). Es ergab sich eine Zunahme der Geistes-
kranken einschliesslich Cretins von 32fid%, In Privatpflege be-
fanden sich hiervon 287 Irr- oder Blödsinnige und 145 Cretins, von
welch letzteren nur 45 mit häuslichen Arbeiten beschäftigt werden
konnten. (Veröffentl. d. Kais. Gesundh.-Amts.)
Statistik der Irrenanstalten in Preussen. Während der
Jahre 1886—88 wurden iu den Irrenanstalten Preussens 32068 Per-
sonen aufgenommen, und kamen durch Uebergang von ausserpreussi-
sehen Anstalten 8008 in Zugang. Die meisten der Kranken befanden
sich in den 79 öffentlichen Irrenanstalten, und zwar 21876; in den
Privatanstalten befanden sich 7650. Mehr als die Hälfte aller Kran-
ken Bf and im Alter von 30—50 Jahren. Unter 15 Jahren waren
1332 Kranke, welche sich meistens in Privatanstalten befanden.
i
752
rfeiffer.
überwiegende Form der ErkrankuDg war die einfache Seelenstörung
mit 19497 oder 61% des Zugangs. Paralytische Seelenstörung fand
sich bei 404.1 {12fi%\ Seelenstörung mit Epüepsie bei 2023 (6,3 0,^),
Imbecillität und Idiotie bei 2563 (S",/), Säuferwahnsinn bei 3&31
(11 0|'qX darunter 154 Weiber, Als Krankheitsursache wird, abgesehen
von Erblichkeit, nicht nur beim Delirium, sondern bei fast allen Formen
verhältnisßmässig oft der Abusus spirituosorum angegeben, und zwar
betrug der Procentsatz der Geiste ekrankheiten infolge von Alkoholis-
mus in den drei Berichtsjahren 39, 41^ ^^Jn* (VeröffentU d. Kais,
Gesuadli.-Amt8.)
Statistik der Irrenhäuser in Norwegen 1890. Die An-
zahl der Irrenhüuser betrug im Ganzen elf mit 1329 Stellen* Irren-
häuser sind drei in Cbristiania, je zwet In Christianssund und Trond-
hjem^ je eines in Stavanger und Bergen. Dazu kommen zwei Privat-
irrenanstalten in Bergen. Die Gesammtsumme der behandelten
betrag 2164 (darunter 795 Zugänge) mit im Ganzen 503990 Ver-
pfleguogstagen. Das Verhältniss der Belegung zur Zahl der Stellen
betrug etwa G0%. Männer kamen 52,^H»:^, Weiber 47,1 f*,o zur Auf-
nahme. Als geheilt wurden 219, als gebessert 230^ ungeheilt 234^
auf besonderen Wunsch 15 entlassen. Gestorben sind 94, so daes
am Ende des Jahres ein Bestand von 1372 verblieb. Auf Staats-
kosten wurden 1802=83,3%, auf eigene Kosten lßj7 % verpflegt.
Der GesundheitazuBtand in den Anstalten, selbst in somatischer Be-
ziehung, war ein sehr günstiger. Nur in dem Staatsasyl zu Bergen
kamen 50 Inflnenzafälle vor. Unter den Todesursachen nimmt die
Lungentüberculose die erste Stelle ein mit 28 Todesfällen =^29,8**io
sämmtlicher. Die Behandlangsdaner erstreckte sich auf 2 und mehr
Jahre in 26,3 «(,, auf unbekannte Zeit 6,8^*1;,, auf weniger als *i'2 Jahr
in 47,1*%,, auf «'-^—1 Jahr in I2fi%^ auf 1—2 Jahre in 7,15 o^ der
Fälle. Unter den Krankheitaursachen steht die erbliche Belastung
mit 186 Fällen an erster Stelle. Im Anschluss an fieberhafte Krank-
heiten traten lOmal Geistesstörungen auf^ davon 6mal nach Influenza,
2mal nach Masern, je Imal nach Typhus und Rose. (Veröffentl,
Kais. Gesund h.- Amts.)
I
1
1
SterbUclikeiL
1 d.|
ahre ■
Sterblichkeit im p reu ssi sehen Staate. Im Berichtsjahre
1889 betrug die Sterblichkeit im preussisohen Staat nach den Ver*
öfFentlichungen des Preussischen statistischen Bureaus 23^1 ^l^yf^ und
war etwas höher als im Vorjahre mit 22,9 ^q^^^ niedriger aber als in
^
Oeflfentliche ü es u nd hei ts pflegt
753
dem ganzen Zeitraum von 187&— 87* Nameütlicii die Ältersclasse
bis zum 10. Jahre zeigte eine Sterblichkeits zunähme. Vom 10. bis
25. Jahre war dieselbe nur ein wenig hoher, und von 25 Jahren imd
darüber in allen Ältersstafen geringer als im Vorjahre. BezügUob
der Todesursachen ist zu bemerk en, dass besonders die Zahl der im
Kindbett gestorbenen Frauen seit 1885 ununterbrochen abgenommen
hat. Dagegen ißt bezüglich des Typhus, der Diphtherie, Scharlach,
Hasern seit dem Jahre 1888 wieder eine Zunahme der Todesfälle zu
verzeichnen. Ebenfalls eine Zunahme erfahren die Todesfälle an
Alkoholismus und Syphilis, an Herzkrankheiten und Nierenleiden,
bei Krebs und Luftröhrenentzündung. Die höchste Steigerung er*
fuhren die Todeef^ille an Brechdurchfall bei Kindern, und zwar
starben hieran incl. einfacher Diarrhoe und Krämpfen auf je 100
lebendgeborene in den Groasstädten Säuglinge überhaupt 26,4 , dar-
unter 14,2 an Brechdurchfall etc.; in den Mittelstädten 21, i^^ davon
12,1^ Id den Kleinstädten 21^8, davon 12^1 und in den Landgemeinden
l19,4, davon 9,6. lo den grösseren Städten waren Tuberculose,
■ Bcropheln, Krebs und Selbstmord die häufigeren Todesursachen,
während Diphtherie, Scharlach und Masern auf dem Lande öfter
als in den Städten tödtlich verliefen. Typhus ist am häufigsten in
den Mittelstädten, Altersschwäche auf dem Lande die Todesursache.
Todesfälle im Wochenbett kamen häufiger auf dem Lande als in
Städten vor, so dass von 1000 Todesfällen weiblicher Personen im
Alter von 20 — 50 Jahren auf dem Lande 123, in den Städten G6 im
Wochenbett verstarben. Durch Selbstmord starben 4430 männliche
iund 1185 weihliche Personen. Die Zahl der Selbstmörder wuchs
vom 26. Jahre an mit jeder Altersstufe bis zum 80, Jahre (relativ).
Verunglückt sind 9615 männliche und 2585 weibliche Personen.
! 3479 kamen durch Ertrinken, 207 durch Blitzschlag ums Leben*
1 (VeröflFentL d. KaiserL aesundh.-Ämts. j
^M Sterblichkeit in Kr&kau. Während der Jahre 1888
[bis 1890 starben 2460 {M^Iqq), 2344 (320,^,0) und 2797 (37,72 %o).
Auf je 10000 der Bevölkerung starben 405 Männer und 345
Weiber. Im 1, Lebensjahre starben von je 100 22,5, 22,6 und 19»
Von Neugeborenen starben von 100 17,3, 18,3 und 18,1 ehelicher
Geburt und 29,6, 28,1, 20,2 unehelicher Abkunft. Den Pocken er-
lagen 5.^ 1, 0; den Masern 94, 18, 101; dem Scharlach 43, 31, 54;
Diphtherie und Croup 106, 114, 195; Keuchhusten 3, 14, 21; Unter-
leibstyphus 52, 33, 49; Flecktyphus 14, 6, 20; Ruhr 10, 11, 14;
Lungenschwindsucht 525, 501, 549; Lungen- und Brustfellentzün-
Jahrbach d, pract Medicfn. f89:i, ^
754
Pfeiffer.
düng 447, 386 und 5114 Personen, (Veröffentl. d. Kais. Gesucdh.-
Amts.)
Sterbliclikeit in den Niederlanden 1891. In den an
Deutschland angrenzenden niederländisclien Provinzen Friealand und
Groningen starben nach amtlichen Ausweiaen 11019 Personen auf
die Bevölkerungszahl von SUIS«.», demnach 18 %u. An Influenza
starben 236, an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane 1494, an
Lungen- und Kehl kopfsch wind sucht 1268 Personen. 3368 der Ge-
ötorhenen hatten das 65* Lebenejahr überschritten, 2255 standen im
1, Lebensjahre. Ohne ärztliche Behandlung starben 70L Todesfälle
an Pocken 0, an Typhus 98, an Scharlach 15, an Diphtherie und
Croup 226, durch Ertrinken 148, an Krebs 535 Personen, Im
Wochenbett oder an den Folgen desselben starben 95, und zwar
kam in Friesland auf 225, in Groningen auf 182 Geburten 1 Todes-
fall im Wochenbett. Die Zahl der Lebend geborenen überstieg die
der Gestorbenen um 7652, so dass auf 1000 Einwohner ein Bevöl-
kerungszuwachs von 12,5 kommt. Die SäugUngesterblichkeit war sehr
gering, von 100 Lebendgeborenen starben im L Lebensjahre 12,6.
(Veröffentl. d. Kais. Gesundh^^Amts.)
Kahler, Die Lebens- und Sterblichkeitsverhältniaae
im preussischen Staat, ein statistischer Versuch« In
dieser die Jahre 1875 — 37 umfasäenden Znsammen Stellung aus den
Publicationen dea Königlichen statiatischen Bureaus wird die Zahl der
Gebarten auf 40,3 : 1000 Einwohner angegeben , mit Schwankungen
in den einzelnen Kegierungsbezirken zwischen 4G,8 ( M ari en werde r)
und 31,0 (Lüneburg). Die grösste Fruchtbarkeit herrscht in den
Bezirken, in denen die alavische und die Landbevölkerung überwiegt«
Die Zahl der auf dem Lande geborenen Kinder beträgt 40,70, die-
jenige der in den Städten geborenen 39,44, Auf 100 Mädchen kom-
men im Durchschnitt 106^2 Knaben. Die Zahl der unehelichen Ge-
burten beträgt im Mittel 7,48 %, in den Städten ^,11 %, auf dem
Lande 6,29 ^^y Ihre Zahl stieg bis 1885 und nahm von da an stetig,
wenn auch wenig, ab« In den öinzeinen Bezirken schwankt die Zahl
aiwiöchen 14,26 (Stralsund) und 2,41 (Münster). Die Zahl der Todt-
geburten betrog im Mittel bei ehelichen Kindern 3,91 f ^^, bei ausser-
ehelichen 5,39 ^^,q. Die Sterblichkeit bezi^Terte sich im Mittel auf
25,4 ^'iQQ und schwankt in den einzelnen Biegierungsbezirken zwischen
28,9 (Liegnitz) und 18,2 (Auricb). In den Städten beträgt die Stert
Jiahkeiteziffer 28,6, auf dem Lande 26,3, Fftr das männliche
I
Oeffentliehe Gesund h ei tapflege.
755
ht 27)0, für das weibliche 23,8. Di© Säuglingssterblichkeit be-
ziffert sich im Mittel auf 23,9 %. Sie ist am höchateu in LiegnitK
mit 32,9, am niedrigsten in Aarich mit 15,Ö. Von ehelichen Säug-
lingen starben 19,4, von unehelicheD 35,1 "o. Von 100 Gestorbenen
kamen auf Scharlach 2,14, Masern 1,56, Diphtherie 6,53, Keuch-
husten 2,17, Typhas 1,07, Ruhr 0,51, Kindbettfieber 1,92, Lungen-
entzündung 4,98, Tuber CO lose 12,44, Krebs 1,24, Selbstmort] 0,74.
(Centralblatt für allgemeine Gesundheitspflege 1892/)
Bewe^iiili^ der BeviMkernD^.
Im Deutschen Reich vollzog sich die Bewegung der Be-
völkerung im Jahre 189() in folgender Wtise: Bei einer mittleren
Bevölkerungszahl von 46 239 00t J Einwohnern wurden lebend geboren
1759 253 Kinder, davon 158652 (9^*/ol auaserehelioh. Todtgeboren
wurden 61011, davon 7020 (11,5 "/ti) rniehelich» Es kamen demnach
auf 100 Geburten 3,96 eheliche und 4,24 unehelicbe Todtgeburten.
Die wenigsten Geburten fielen in den October {Einfluss der Influenza
des Vorjahrs I, die meisten, und zwar täglich 5388, auf den De-
cember. Es starben (excK Todtgeborene) 1199 0<Xj Personen beiderlei
Geschlechtes, und zwar am meisten (täglich etwa 4674) im Januar
(Influensa), die wenigsten im October und November (2836 bezw.
2858), Der üeberschuss der Geborenen beträgt 560247. Auf je
1000 Einwohner kamen 35,7 Lebendgeborene (21,9 in Frankreich,
29,6 in England, 22,5 in Irland, 36,0 in Italien); es starben (excl.
Todtgeborene) 24,3 (22,9 in Frankreich, 19,2 in England, 18,4 in
Irland, 26,5 in Italien). Der Oeburtsüberschiisö war demnach in
Deutschland am höchsten (11,4^*0^) gegen 10,4 «Jq^j in England (ohne
Irland). In Frankreich kamen 3844G Sterbefälle mehr als Geburten
vor. (Veröffentl, d, Kais. Gesundb.-Ämts.)
In England betrug im Jahre 1889 die Zahl der Bevölkerung
ungefähr 29000000, davon 14iXKJü(X) Männer und 150000(X> Weiber.
Geburten ereigneten sich 885944 oder 30,5 %tj. Seit 1876 (36,3 %o)
hat die Geburtsziffer beständig abgenommen. Unehelich geboren
wurden 40627 Kinder = i,^%i^ der Bevölkerung, 46 0|(ja der Ge-
burten. Es starben 51835B Personen ^ 17,9%» gegen 17,8 %q im
Vorjahre. Im 1. Lebensjahre starben 127198 Kinder = 144 %^j der
Geburten. Eines gewaltsamen Todes starben 17497, davon durch
Selbstmord 2170, durch Hinrichtung 12, durch Mord 172, davon
74 Kindesmorde. (VeröffentL d. Kais. Ges und h.- Amts,)
756
Pfeiffer,
In Italien bat uDter dam EidAiibs der Influenza im Jahre IB9Q
di© Bevölkerung eine geringere Zunahme erfahren. Die Gebnrten-
siffer sank gegenüber dem Vorjahre anf 35,91 %q gegen 38,35 ^/qq.
Die Sterbe zifTer stieg von 2&,63 auf 26^39. Bei einer berechneten
Bevölkerung von 30158408 wurden 1083103 Kinder lebend geboren,
und starben ausscbliesBlich der Todtgeborenen 795911 Personen«
Auf 1000 Geburten kamen 37|4 Todt- und 982,6 Lebendgeborene, Am
höchsten war die Sterblichkeit im Monat Februar, am niedrigsten
im Monat Mai. Die Zahl der Lebendgeborenen war am geringsten
im November (Influenza), Die Kindersterblichkeit stieg von 18,6 Oi^j
der Lebend geborenen auf 19,2 % , war jedoch im Verhältniss zur
Geaammtzahl aller Gestorbenen geringer als im Vorjahre. (VeröffentL
d. Kais. Gesundk-Amts.)
Die Einwohnerzahl des ganzen russischen Reichs im Jahre
1889 wird anf 114378520 angegeben. Hiervon kommen 96009426
auf den europäischen Theil, 7 712316 auf den Kaukasus, 4594842,
auf Sibirien und 6061936 anf die asiatisclien Gebietstheile. In dem
enropäischeu Theile Eusslande wurden geboren 4580873 Kinder,
demnach 47,7 ^Jqq der Bevölkerung* Die Zahl der Todesfelle belief
sich hier auf 3206506 oder 33,4 ^/i^). Der Geburtenüberschuss be-
trägt demnach 14,1 \q» (VeröfFentHchung des Kais, Geaundhetts-
Amts.)
Fflraorge ftir Kranke, Genesende and Kinder*
In den Heimstätten für Genesende der Btadt Berlin,
in Heinersdorf und Blankenburg, wurden 1890—91 518 Männer und
584 Frauen verpflegt. Die Zahl der Verpflegungstage betrug in
Heinersdorf 15433, ftr Blankenburg 17 177. Erstere Anstalt hat 60,
letztere 70 Betten zur Verfugung. Das Personal beider Anstalten
bestand aus je zwei Schwestern, je einer Köchija, je einem bis zwei
Hausmädchen und je einem Hausdiener. Die Kosten für den Ge*
sammtbetrieb betrugen in Heinersdorf 30057 Mk., in Blankenburg
32467 Mk, und haben trotx einer etwas geringern Frequenz gegen
das Vorjahr eine nicht unerhebliche Vermehrung erfahren. (VeröffentL
d. Kais. Gesundh.-Amts*)
Volksküchen. In Barmen wurden im Jahre 1890 ans der
dortigen Volksküche 32 780 Portionen Fleisch und 27301 Portionen
Chmüse verabreicht und hierfür vereinnahmt 5674 Mk. Für Rech-
Oeffentliche Gesund hei tspöege.
757
nung der Armenverwaltung wurden durchsclmittlich täglich li)S Por-
tionen Fleisch und 90 Portionen Gemüse verabfolgt.
Eeriencolonien. Die Barmener Feriencolome 11\t arme kranke
und schwächliche Schulkinder bat im Jahre 1891 im Ganzen 407 Per-
sonen beherbergt. Von Epidemien blieb die Anstalt vollkommen ver-
schont» Von den Pfleglingen litten 195 an Scropbulose , 139 an
Blutarmut und allgemeiner Schwächei 35 an Affectionen der Athmungs-
organe, 4 an rbeumatiacben Erkrankungen und deren Folgeasuständen,
8 an Erkrankungen des Nervensystems, 7 an Ehachitis, 5 an Flechten.
Die Erfolge waren sehr gut bei 167, gut bei 178, befriedigend bei
42 und ohne sichtlichen Erfolg bei 6 Pfleglingen. Namentlich in die
Augen springend war der Erfolg bei den gcrophulösen Kindern, in
zweiter Linie bei den blutarmen und nervösen Kranken. Ausser
diesen in der Anstalt befindlichen Kindern wurden auf Veranlassung
des Vereins noch 136 Schulkinder wahrend der 4wöchentlichen
Herbstferien in 4 Colonien in der Nähe Barmens täglich mit Milch
und Brot beköstigt und zu Spielen und Spaziergängen tagsüber
ins Freie geführt. Die Einnahmen betrogen 21 606 Mk,, die Aus-
gaben 32016 Mk., so dass ein Deficit von rund 10000 Mk, zu
decken blieb. (Centralbl. für allg» Gesundheitspflege 1892.)
Kinderbewa h ranstalten. Die Maria -Apollonia* Krippe in
Düren, eine Anstalt^ welche Kinder armer Leute tagsüber in Pflege
nimmt, damit die Eltern ihrer Arbeit nachgehen können, hat im
Jahre 1891—92 im Ganzen 110 Kinder, 47 Knaben und 63 Mädchen,
verpflegt. Von diesen starben 37 im 1. Lebensjahre, 11 Kinder wur-
den nach zurückgelegtem 3. Löbensjahre entlassen* Die Pflege tage
betrugen im Ganzen 12931 Tage. Die Einnahmen an Zinsen, Pflege-
geldern, Sammlungen etc. betrugen 11279 Mk,, die Ausgaben
11082 Mk. Die Krippe besitzt ein Vermögen von über 300000 Mk.
DerBerlinerKinderschutzverein hat in den Jahren 1880—89
864 Kinder verpflegt, demnach jährlich dttrchschnittlich 165* Für
den Verein ist ein eigener Arzt angestellt. Die ärztliche Beaufsich-
tigung bei den Pflegeeltern besorgen weitere 70 Aerzte unentgelt-
lich. Die Kosten fnr jedes Kind belaufen sich bei einer Pflege von
höchstens 3 Jahren auf 272 Mk. im Durchschnitt abzüglich des
Pflegegeldes mit 167 Mk. Die Sterblichkeit der Kinder schwankt
awißchen 25,3 und 14,5 ^[q, 40 % der Verstorbenen gingen an Magen-
und Darmkatarrhen «u Grnnd. (Centralblatt für allg, Geeundheits-
18920
75Ö
Pfeiffer.
Rahts, Die Htjilanetalt en des Deutsclieii Reichs aach
den Erhebungen der Jahre 1886 — 88. Die bei dem Kaiser-
lichen Gesundheitsamt in den Jahren 1886, 1887 und 1888 nach ein-
ander eingegangenen Ausweise über die allgemeinen Krankenhäuser
im Deutschen Reich beziehen sich auf:
1777, 1791, 1803 öffentliche Anstalten und
5*20, 541, 586 Anstalten mit privatem Cbarakter.
Die Gesammtzahl der Betten in diesen Heilanstalten beüef sich 1888
auf 107 7U2, von denen 82979 aul' die öffentlichen und 24723 (etwa
23%) auf Anstalten mit privatem Charakter entfielen. Im Darch-
ßchnitt hat jede öffentliche Anstalt rund 46, jede der an der Be-
richterstattung betheiligten Privatan stalten etwa 42 Betteo enthalten.
An Kranken wurden in den 3 Jahren nacheinander 626195, 640410,
667593 verpflegt, von denen 518575, 528394, 548986 auf die öffent-
lichen Anstalten kamen. In den Privatanstalten sind hiernach nur
17 — 18 '';„ der Kranken verpflegt worden. Dem weihlicben Geschlecht
gehörten durchschnittlich 35 — 36 von Je IW Kranken (35^53 *\y) an,
und zwar in den öffentlichen Anstalten 35,7^ in den Friva tan stalten
34,5 'V|t< ^^3 mittlere Dauer der Verpflegung eines jeden Kranken
schwankte i^r jedes der 3 Berichtsjahre in den öffentlichen Anstalten
zwischen 28,8 und 29,0, in den Privatanstaiten zwischen 40,3 und
41,4 Tagen. Im 3jährigen Durchschnitt wurde jeder der verpflegten
Kranken 32,9 Tage behandelt, denn auf 1818984 Kranke entfielen
59858500 Verpflegungätage. Auf 10000 Einwohner des Deutschen
Reichs kamen im Jabre 1888 138 verpflegte Kranke. An Kranken-
betten standen für 10t300 Einwohner 22^3 zur Verfögungj davon in
öffentlichen Anstalten 17,1. Die im Jahre 1888 am besten mit Betten
versehenen Staaten waren Hamburg ^nd Bremen mit 62,9 auf 10000
Einwohner. Die wenigsten Betten waren in Posen mit 10,8 auf
lOOOt» Einwohner, In den allgemeinen Krankenhäusern kamen in
den Berichtsjahren auf 100 verpflegte Kranke 8 Todesfälle- Auf je
3 Kranke mit äusserlichen Leiden kamen 4 mit innerlichen Leiden.
Schätzt man nach den ErgebnisHen der neueBten Volkszählung die
mittlere Bevölkerung des Reichs \ü der ßerichtszeit auf 47,67 Mil-
lionen, so wind von je 1000 Bewohnern in den drei Jahren etwa B9
in die allgemeinen Krankenhäuser aufgenommen, von denen 17 an
äusserlichen, 22 an innerlichen Leidea behandelt worden sind. (Me-
dicinalstatistische Mittheilungen a. d. Kais. Gesundh.*Amt Bd. 1,
E. 1 u. 2.)
Oeffeniliche Gesnndricitdpflege.
759
KrankoDkaggen nM Unfallversiklieriiu;^,
In Oesterreich waren Ende 188Ü im Ganzen 1310379 Per-
sonen in 2402 Krankenkasaeo versichert. Die Zahl der Erkrankuoga-
fSlIle betrug 353118, mitbin auf je 100 Vereicberte 33,6 Erkran-
kungen. Krankengeld wurde für 4723710 Krankentage gezahlt, so
dasa die durchschnittliche Dauer jedes Erkraukungsfalles 13^4 be-
trägt. Es starben im Ganzen 6Ö38 versicherte Personen = 5 *^|'(jq der
Mitglieder, und zwar männliche 4,7 o^^,, weibliche ö^.oo' Von je
100 ii, Ausgaben fielen 56^1 auf Krankengeld, 14,3 auf ärztliche Be-
zahlung^ 11,3 auf Arzneien, 3,3 auf Beerdiguagskosten, Im Ver-
gleich mit Deutschland wurde erheblich mehr an Kraukengeld, für
Arzt und Apotheke etwas weniger verausgabt» (Veröifentl. d. Kaia.
Ge8undh,-Amts,)
Ueber die Ausführung des Unfallversicherungsgesetzes
im Deutschen Reiche liegen folgende Zahlen für das Jahr 1890
vor: Die Zahl der Berufsgenossenschaften, auf welche sich die nach-
folgenden Zahlen beziehen, betrug 112, wovon 64 gewerbliche und
48 landwirthschaftliche. in 5234243 Betriebsstellen waren 13015 370
Personen, bei 316 Reichs-, Staats-, Provinzial- und Gemeindebetrieben
€40380 Personen beschäftigt und versieh ort. Im Ganzen gelangten
(mit Ausnahme der Baugewerksberufsgenossenachaft, wofür die An-
gaben fehlen) 2rXJ(X)l Unfälle zur Anmeldung. Feststellungen von
Entschädigungsrenten für UnföUe aus 1890 erfolgten 42038, ein-
schliesslich 6047 Unfälle mit tödtlichem Ausgang und 2708 mit
dauernder völliger Erwerbannfahigkeit Die Gesammtsumme der Ent-
schädigungen (Kosten des Heilverfahrens, Renten an Verletzte und
Hinterbliebene Getödteter, sowie an Angehörige in Krankenhäusern
untergebrachter Verletzter, Beerdigungskosten etc.) betrug 20315319
Mark; die Ausgaben für Unfalluntersuchungen, Feststellung der Ent-
schädigungen, Schiedsgerichts- und Unfall verhütungakosten betrugen
1436763 Mk. An Verwaltungskosten wurden bezahlt 4835669 Mk.
Totale Ausgabe demnach 26 587 751 Mk. Die Häufigkeit der ün-
föUe betrug bei den gewerblichen Genossenschaften 30 %^^ der Ver-
sicherten^ bei den landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften 4 ^i^^y.
Am häufigsten waren die Unfälle Folgen von Beschäftigung an be-
wegten Maschinen (Motoren, Transmissionen und Arbeitsmaschinen),
danach in absteigender Häufigkeit durch Einstürze (Zusammen-
brach, Einsturz, Herab- und Umfallen von Gegenständen), durch
Fall (von Treppen, Leitern und Luken und in Vertiefungen) ^
760
Pfeißer-
und Abladen, Fahrzeuge (Ueberfahreii mit Wagen, Karren etc., Eisen-
bahnunMle, Schiffa- und Wasserverkelirannl^Ue) , Handwerks zeuge
(Hämmer, Aexte, Spaten, Hacken etc.), durch feuergefährlicbe, beisae
und ätzende Stoffe, durch Fabr stuhle (Aufiaüge, Krahneu und Hebe-
maacbinen), durch Explosion (Dampfkessel, Dampf kochap parate und
Sprengstoffe) und durch Thiere (Stoas, Schlag, Bisa etc). Im
Allgemeinen ergab Bich eine Zanahme der Verietziingeo bei dei^ .
Gewerbebetrieben um 0,86 %^q , bei den iandwirthachaftlichen Be
trieben um 1,55 %f^^y gegen das Vorjahr, Auch die Zahl der Ent-
schädigungen war höher als seither, (VeröflFentl, d. Kaia. Gesundh.-
Amts.)
In Berlin belief sich im Jahre 1891 die Zahl der Kassenmit-
glieder auf 304550, darunter 74145 Weiber. Davon gehörten de
Ortfikrankenkasse 296044 an. Auf je 100 kamen 35,4 Erkrankungenrl
Die Dauer derselben betrug durchscbnittlich 26,2 Tage. An Kranken-
geld wurden bezahlt 3188591 Mk., an Sterbegeld 246479 Mk. Die
Ausgaben für ärztliche Behandlung^ Arzneien und Heilmittel, sowie
Krankenbauspflege betrugen 2,5 Millionen Mark, wovon nur 20, 4**i'^^
auf ärztliche Behandlung und 40 ^^^ auf Krankenhauabebandlung ent-
fallen. Die übrigen 40 "'/q kommen auf den Arznei- und Heilmittel*
(Verbandstoff- )Bedarf, (Veröffentl. d, Kais. Gesundb^-Amts.)
Bäder aad Bad eau stalten,
Bericht über die schlesischen Bäder Die schlesischen
Bäder ausschliesslich Langenaus wurden 1891 von 23 504 FamiHen
mit 44 503 Personen besucht. Hiervon waren 18761 wirkliche Gar
gaste, und 21655 Erholungegäate und Durchreisende, Am zahl-
reichsten waren Warmbrunn, dann Beinerz, Sakbrnnn und Landeck
besucht. Es starben in Görbersdorf 26, in Salzbrunn 13, in Bein-
erz 7, in Warmbrunn &, in Oharlottenbrunn und Flinsberg je 2 Per-
sonen. Mineralbäder wurden 359 317, Moorbäder 30616, Süsswasser-
bäder, medicinische und Gaabäder 18 073 ^ Zellensoolbäder 13200,
Sooldampfbäder und gewöhnliche Dampfbäder 1283^ Ficbtenrinde-
und Fichtennadelbäder 9995, Sitzbäder 137, Kiefernadelbäder 5753,
KaltwasseranwenduDgen 5930, Inhalationen 5492 und Douchen 62242
gebraucht. Curgemäss wurden getrunken 43000 Liter Kuhmolke,
47611 Liter Ziegenmolke, 3056 Liter Scbafmolke und 21962 Liter
Kefir, Der Brunnen versand belief steh auf 745 448 Flaschen zum
überwiegendsten Theil aus Satzbrunn, Aerztlich behandelt wurden
OefTentliche Gesund heitopQege.
761
12020 PersoneD, darunter 00% Frauen. Die Burchsdinittadauer
der Cur belief sich auf 30,8 Tage. (Veröffeiitl. d. Kaiß, ßesuudh.-
Amts,)
in der Badeanstalt zu Barmen wardeo vom 1. April 1890 bis
ult März 1891 176213 Bäder verabreicht gegen 191 707 im Vorjahre,
Die Zahl der Abonnenten betrug 543, Schwimmunterricht wurde an
136 Schüler ertheilt. Die stärkste Frequenz fällt auf den Monat
Juli mit 31527, die schwächste auf den Janaar mit 5335 Bädern«
Die Einnahmen betrugen 56814 Mk. Die Ausgaben 40271 Mk,
Demnach ein Brnttoüberschuss von 16 741 Mk. (Centralbl. f, allg.
Gesundheitspflege 1892»j
In der Badanstalt der Stadt Duisburg wurden im Jahre 1890
verabreicht 2086 Bäder L GlaBse und 4249 Bäder II. Claaee. An
arme Kinder 2782 Freibäder. Die Frequenz der Anstalt ist in be-
ständiger Zunahme begrifTen, so dass ihre Einrichtungen den An-
forderungen nicht mehr genügen; es sollen daher zn den Wannen-
bädern Brausebäder und ein Schwimmbassin eingerichtet werden.
In der städtischen Badeanstalt in Dortmund wurden 1890^91
verabreicht gegen Bezahlung 165633 Bäder, anentgeltlich 2898, wo-
bei sich bezüglich der Gesammtsumme ein Weniger gegen das Vor-
jahr von Sböl Bädern ergibt. Die stärkste Frequenz war im August.,
die schwächste im December. Die Ausgaben betrugen 62646 Mk.,
die Einnahmen 52 542 Mk., mithin ein Deficit von rund 10000 Mk.
Impfung.
Die Ergebnisse des Impfgeschäfts im Deutschen
Beiche für das Jahr 1889 (Medicin als tat istische Mittheilungen
aus dem Kais. Gesundh,-Amt Bd. 1, H. 1, 1892). Die Zahl der im
Jahre 1889 zur Impfung vorzustellenden Erstimpflinge betrug 1 554864,
die der Wiederimpflinge 1233456. Von der Impfung befreit waren
95524 Eratimpflinge und 8949 Wiederimpflinge. Es verblieben dem-
nach noch impfpflichtig 1458393 Erstimpflinge und 1 224 507 Wieder-
impflinge, zusammen 2 682 9(X) Impflinge überhaupt Geimpft wurden
1299981 Erstimpflinge und 1185504 Wiederimpflinge, zusammen
2485485. Ungeimpft blieben 158 41 2 Erstimpflinge und 39003 Wieder-
impflinge, zusammen 197415. Vorschriftswidrig der Impfung ent-
zogen wurden 30238 Erstimpflinge und 9908 Wied<«vm^S^\t!t^ ^
76ä
Pfeiffer.
d. h, 2263 bezw. 314 mehr als im Vorjahre. Mtt MeDschenljanplie
wurden geimpft 135259 Erstimpfliuge und 123942 Wiederimpflinge,
zusammen 259 201 (etwa die Hälfte gegen das Vorjalir); mit Thier-
lymphe 116800B Erstimpflinge und 1057193 Wiederimpfiinge , zu-
sammen 2225196 = 89% gegen 77,4% im Vorjabra
E r 8 1 i ßi p f u n g e n. Zur Erst impf ung waren vorauatellen 1 654 364
:^ 3j240,j der mittleren Bevölkerung, Hiervon wurden von der
Impfung befreit: a» weil sie in den letzten 5 Jahren Blattern über-
standen hatten, 182; b. weil bereits im Vorjahr mit Erfolg geimpft,
92382; c. weil im Vorjahr mit Erfolg geimpft, aber erst im Berichta-
jahre zur Nachscliau erschienen^ 3960; zusammen 96524« Von den
1485347 verbliebenen Erstimpfungen wurden geimpft mit Erfolg
1258348, ohne Erfolg 37206, mit nnbekamitem Erfolg 4430, äu-
aammen 1299984. Das Kesuitat des Erfolgs beträgt daher 96,80%,
des Misserfolgs 2,55% und des unbekannten Erfolgs 0,3%, ünge-
impft blieben (abgesehen von 46 Kindern in Hamburg, welche drei*
mal zurückgestellt waren) : a. auf Grund ärztlicher Zeugnisse 118862
^8,15^^,ö; b. weil nicht aufzufinden oder ortsabwesend, 9266^0,64%;
c. weil vorschriftswidrig der Impfung entzogen, 30238 ^ l,92ö/(y; zu-
sammen 158 366» Die meiaten vorschriftswidrigen Entziehungen
kamen im Eerzogthum Oldenburg und im preuasi sehen Regierunga-
bezirk Magdeburg vor. Von den Erstimpflingen wurden mit Men-
ßchenlymphe 135259 = 10,24";,,, mit Thieriymphe 1 108003 =88,46 o/,j,
mit nicht näher bezeichneter Lymphe 17112 geimpft.
Wiederimpfungen, Zur Wiederimpfung waren vorzustellen
1233456 ^ 2,57*J,t> der mittleren Bevölkerung. Befreit von der
Impfung wurden: a. (s, o.) 218, b. 8731, zusammen 8949. Es ver^
blieben demnach wieder impfpflichtig 1224 507. Hiervon wurden
wiedergeimpft: a, (s. o.) 1068552 — 88,20",'o, b. 113385 = 9,26o,o,
üngeimpft blieben
b.
c, 3568 = 0j29*^^>, zusammen demnach 1185505,
38967 -= 3,18% und zwar: a. (s. o.) 15482 = 1,26%, D. wegen
Aufbörens des Besuches einer die Impfpflioht bedingenden Lehr-
anstalt 10227, c (s. o,) 3350, d. 9908 = 0,81%, Von den Wieder-
impfungen wurden ausgeführt mit Menschenlymphe 123942^ mit
Thieriymphe 1067193 = 89,18%, mit nicht näher bezeichneter
Lymphe 4370.
Besondere Vorkommnisse. Eine Verbreitung von anstecken-
den Krankheiten durch das ImpfgeschÖft (nicht die Impfung) ist
nirgends beobachtet worden, trotzdem allenthalben Masern, Schar-
lach, Diphtherie u. s. w. herrschten. Bei der Ausluhrung der Ope-
ration selbst wurde überall der erforderlichen Antisepsis gebührend
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d
Oaffeniliche G«sundheitepflege.
763
I
RechDung getragen, 00 daas irgend nennenswerthe BcbädiguDgen
ilurch die Impfang nirgends vorgekommen sind. Todesfälle infolge
der Impfung (nicbt post boc, ergo propter boc) sind in ganz Deutsch-
land niobt zur Beobachtung gekommen. Die Todesfülle, welche in
unmittelbarem seitlichem Zusammeiibang mit der Impfung vorkamen,
konnten bei den amtlichen Ermittelungen immer auf Ursachen zu-
rückgeführt werden, welcbe nichts mit der Impfung zu thun hatten.
Oewerlilicbes.
Marx, Hat die Handhabung der Gewerbebygiene in
Preussen in den letzten Jahren Fortschritte gemacht?
Ist die Betheiligung der Medicinalbeamten an derselben
ausreichend? Verf. beantwortet diese Fragen durch nachstehende
Sätze:
1) Das Verzeichniss der genebmiguiigspfiichtigen Anlagen des
§ 16 der Keichsgewerbeordnung wurde erweitert durch die Auf-
nabme von Kalifabriken und Anlagen zum Imprägniren von Holz
mit erhitzten Theerölen; Kunstwoilfabriken und Gewerbeanlagen zor
Herstellung von Celluloid; Ddgrasfabriken ; Fabriken, in welchen
Röhren aus Blech durch Vernieten hergestellt werden f Anlagen zur
Erbauung eii^erner Scbi0e, zur Herstellung von eisernen Brücken
oder sonstigen eiäernen Bauconstructionen ; Anlagen zur Destillation
von oder zur Verarbeitung von Theer oder Theerwasaer; Anlagen,
in welchen auB Holz oder ähnlichem Fasermaterial auf chemischem
Wege Papierstoff hergestellt wird (Cellulosefabriken) ; Anstalten, die
2um Einsalzen und Trocknen ungegerbter Thierfelle dienen ^ sowie
VerbleiuDgs-, Verzinnungg- und Verzinkungsan^talten; Anstalten, in
welchen Albuminpapiere hergestellt werden.
2) Die die Gewerbehygiene berührenden Gesetze aind: das
Reiehsgesetz , betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter in
gewerblichen Anlagen; das Gesetz, betreffend die Anfertigung und
Verzollung von Zündhdlxem; das Unfall versicherungsgesetz; das Ge*
Betz^ betreffend die ünfallverBicherong der bei Bauten beschäftigten
Personen.
3) In das Gebiet der Gewerbehygiene schlagen die Bekannt-
machungen u. s, w,f betreffend die Redaction der Gewerbeordnung
für das Deutsche Reich; die Beacbäftdgung jugendlicher Arbeiter in
Steinkohlenbergwerken; die Auadebnung der Unfallversicherung auf
Arbeiter und Betriebsbeamte in Betrieben, welcbe sich auf die Aos-
fUirang von Bauten erstreoken ; die Beschäftigung von AxVi«i\v«c>3S!Wfe'«i
f64
Pfeiffer.
und jugendlichen Arbeitern in Drahtziehereien mit Wasserbetrieb;
die Fabrikation von Bleifarben und Bleizucker ; der Betrieb oed die
Einrichtung von Anlagen, in denen Cigarren angefertigt werden ; das
Verbot der Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Ar-
beitern in Gammiwaarenfabriken bei der Anfertigung sog* Präser-
vativs und anderer zu gleichen Zwecken dienender Gegenstände.
4) Die Betheiligung der Medicinaibeamten in der Handhabung
der Gewerbehygiene ist eiße unziireichende»
5) Es muss vom hygienischen Standpunkt gefordert werden,
dass den Medicinalbeamten bei der OonoeBsionsertheilung zur Anlage
gewerblicher Betriebe eine entscheidende Mitwirkung wie früher zu-
gestanden wird,
6) Dem Modi ein albeamten ist neben dem Fabrikinspector eine
ständige Ueberwachung der gewerblichen Anlagen ssu übertragen.
Diese Ueherwacliung seitens der Medi ein albeamten hat sich auf die
Verhütung der Gewerbekrankheiten und sonstiger Gesundheitsschädi-
gungen dnrch den Gewerbebetrieb, sowie auf die Verhütung einer
Schädigung der Anwohner von gewerblichen Anlagen in Rücksicht
auf deren Gesundheit zu erstrecken. ( Vierteljahr ©achrift f« öflFentl.
Gesundheitspflege Bd. 23,)
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(iebrauch^gegi^nüitäiide.
lieber die schädlichenBestandtheile vonGummiwaaren
für Kinder. Nach Balowsky -Moskau ist der Hauptbestand theil
der Gummiaachen infolge der Bereiten gsmethode der Schwefel, welcher
etwa 5EU 30 Oy mit dem Gammi mechanisch verbunden ist. Er selbst
ist unschädlich. AnsBer ihm werden jedoch noch eine Reihe von
Stoffen gebraucht, um den Gummi zu färben und schwerer zu machen,
von weichen man dies nicht behaupten kann. Es sind dies besonders
Zinkozyd und Blei. Daneben Eisen, Alttminium, Magnesium, Kiesel-
säure nnd Antimon. Letzteres fand sich in allen in der Masse roth-
gefärbten Gummi waaren. Schädlich ist hiervon namentlich das Blei^
jedoch auch Zink, Die Menge der in den Gummi eingeführten Me-
talle etc. soll sich nach Donath leicht aus dem specifischen Gewicht
ermitteln lassen, welches für reinen Gummi unter 1,3 betragen soU«
Auch die Farben , mit welchen namentlich Gnmmiapielsachen häu^
bemalt sind, sind zum Theil beÄügltch ihrer Schädlichkeit verdächtig.
Für die ungeflüire Beurtheilung der Schädlichkeit lassen sich fol-
gende Sätze aufstellen:
I. Alle Gummiaachen, mit welchen Kinder in Berührung kom-
I
I
Oeffen tische Gesandheifc^pilege.
765
men, sind unschädJich, weon sie a. in Wasser schwimmen, b, wenn
sie elastiscli uBd c. von weicher Conaistenz aind«
II* Schwärze Saugbütchen sind unschädlich.
III. Schwarze Puppen sind öchädlich, wenn sie im Wasser unter-
sinken, weil sie dann mit ßleioxyd beschwert sind.
IV* Reihe oder rotbbraune Gammisachen sind unschädlich , da
sie swar Antimon enthalten, dieses sich aber aus der Gummimasse
mit Speichel nicht auälöaen lässt (?). Graue Guminiäachen sind wegen
ihres Gehalts von Zinkoxyd, welches sich im Speichel und in säuer-
licher Milch löstj gefährlich. (Aerztl. Rand sc hau 1S92.)
Ohim&ller und Heise, Untersuchungen über die Ver-
wendbarkeit des Aluminiums zur Herstellung von Ess-,
Trink' und Kochgeschirren,
L Das Aluminium wird innerhalb der für Ess-, Trink- und
Kochgeschirre Im Allgemeinen in Betracht kommenden Zeit durch
saure und alkalische Flüssigkeiten, sowie durch Salzlösungen an-
gegriffen, und zwar bei Zimmerwärme in verhältnissmässig geringem
Orade, Bei Siedehitze ist die Löslichkeit sehr verschieden und er-
reicht in manchen Fällen eine beträchtliche Grösse.
II. Die Ängreif barkeit der Geachirre wird mit der Zeit infolge
von Veränderungen des Metalls häufig geringer.
III. Mit der Reinigung ist je nach der Art derselben stets ein
verhältnissmässig bedeutender Material verluBt verbunden,
IV. Eine Schädigung der Gesundheit durch den Genuss von
Speisen und Getränken, welche in Aluminiumgeachirren gekocht oder
aufbewahrt worden sind, ist bei den hier gewöhnlich in Betracht
kommenden Verhältnissen nicht zu brwarten. (Veröffentl. d. Kaifl.
Gesundh.-Amt8 1892.)
Weyl, Bleivergiftung durch einen schlecht emaillirten
Kochtopf. Im vergangenen Jahre erkrankte in der Praxis des
Herausgebers dieses JahrbuchB ein ganzer Hausstand von sechs
Köpfen unter auffallenden Vergiftungserscheinungen mit Uebelkeit,
Erbrechen, Diarrhoe, Fieber und grosser Abgeschlagenheit einige
Stunden nach einer Mahlzeit. Die Erscheinungen verloren sich bald,
als Ursache wurde ein Gericht Maccaroni ermittelt, weil das er-
krankte Hausmädchen an dem fraglichen Mittag nichts Anderes ge-
gessen hatte. In den übrig gebliebenen Maccaroni konnte ein schäd-
h'cher Farbstoff nicht nachgewiesen werden. Die Untersuchung des
Kochtopfes aber ergab beim Kochen von Esaig in demselben einen
76<;
Pfeiffer
deutlichen Bleigehalt des Essigs. Es war dömoach bei Herätellung
des Topfes eine bleihaltige Glasurmasse verwandt worden, welche
nicht genügend eingebrannt war, da gut eingebrannte Bleiglasuren
nach Kochen mit Esaig an dieeeii kein Blei abgeben. (Deutsche
medic. Wochenschrift 1892, Nr. 13.)
Im Scblachthause zu Wiesbaden wurden in der Zeit vom
L April 1891 bis 1. April 1892 geschlachtet 7244 Stück Rindvieh,
16667 Kälber, 6792 Schafe und 25218 Schweine. Hiervon waren
tüberculös 112 Stück Rindvieh und 14 Schweine. Mit Finnen be-
haftet waren 20 Schweiue, Trichinen wurden nicht nachge-
wiesen. Zum menschlichen Genuss ganz ungeeignet waren 30 Stück
Rindvieh, 162 Kälber» 2 Schale und 32 Schweine. Theilweise
geniessbar war das Fleisch von 89 Stück Rindvieh, 3 Kälbern und
27 Schweinen* Yon den 152 tlür ungenieasbar erklärten Kälbern
waren 145 nicht geboren. Die Zahl der in der Roasschlächterei ver-
wertheten Pferde betrug im gleichen Zeitraum 261 , wovon eins
tuberculÖB, das Fleisch jedoch noch geniesebar war, — Es fungiren
am Schlachthaus 1 städtischer Thierarzt, 2 Hallenmeister und
10 Trichinenschauer.
In Frankfurt a. M. betrug die Zahl der vom April 1891 bis
dahin 1892 geschlachteten Thiere 789 Pferde, 22819 Rinder, 55161
Kälber, 28141 Schafe, 66615 Schweine. Hiervon waren mit Tuber-
culose behaftet 2216 Rioder, 6 Kälber, 267 Schweine. Finnen hatten
5 Binder^ 28 Schweine. 4 Schweine war den trichinös ge-
funden. Als angeeignet zum meiiBchlicben Genuas wurden gänElich
verworfen 8 Pferdoj 77 Rinder, 22 Kälber, 29 Schafe und 34 Schweine.
Minderwertkig waren 272 Rinder^ 76 Kälber, 145 Schafe, 147 Schweine.
Der Abdeckerei wurden an einzelnen Organen ynd Fleiachstticken
zur Vernichtung überwiesen 2996 Organe tind 2H9 kg Fleisch von
Rindern, von Kälbern 59 Organe und 30 kg Fleisch, von Schafen
4899 Organe und 26 kg Fleisch , von Schweinen 6384 Organe imd
405 kg Fleisch, und von Pferden 24 Organe und 64 kg Fleisch,
Am Schlachthaus amtiren 1 Blädtiecher Schi ach thofthierarzt mit
3 Hailetimeistern und 28 Trichinen schauern.
In Bockenheim wurden im Schlack thause, welches unter der
Leitung eines städtischen Thierarztes steht, im gleichen Zeitraum
geschlachtet 2549 Rinder, 1769 Kälber, 751 Schafe und 5062 Schweine.
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Oeffenüiche Geauodbeitspüege.
7H7
Taberculös fanden sich biervoa 259 Rinder und 16 Schweine, finnig
1 Schwein, Ganz verworfen wurden 17 Rinder und 5 Schweine.
Auf der Freibank verkauft 107 Stück Rindvieh^ meist Kühe und
2 Schweine, Zahlreiche einzelne Theile wurden dem Abdecker über-
wiesen.
Fleischbeschau in Berlin. In den öffentlichen Schlacht-
häusern des städtischen Ceotralachlachthofes sind im Jahre 1890 — 91
geschlachtet worden 124593 Rinder, 115431 Kälber, 371943 Schafe,
472859 Schweine^ zusammen 1084826 gegen 1142700 im Vorjahre.
Hiervon wurden beanstandet und zurückgewiesen 5899 ganze Thiere,
K944B Organe und einzelne Theile, Ea wurden ausserdem von der
Verwerthung ausgeschlossen 108 Thiere, welche in den Ställen des
Schlachthofes verendet waren, und 1395 ungehorene, fast ausge-
.tragene und 7272 ungeborene ^ nur wenig entwickelte Kälber, Den
rand zur ßeanatandung ganzer Thiere bildete in erster Reihe die
Tuberculose mit 3318. Weiter wurde beobachtet: käsige Langen-
entzündung (14), Finnen (1409), Trichinen (170), Echinokokken (3),
Psorospermien (IG), Strahlenpilz (16), Kalkconcremente (49)^ ekel-
erregende Beschaffenheit des Fleisches (240), Schweinerotblauf (209),
Schweineseuche (2) und Wassersucht (182), Von den Organen bezw,
einzelnen Theilen wurden zurückgewiesen wegen Kchinokokken
|5 740 Lungen und 7732 Lebern von Rindern, Schafen und Schweinen,
^i^egen Fadenwürmern 14242 Lungen von Rindern, Schafen und
Schweinen, wegen alter pathologischer Veränderungen 6390 Lungen
and 362 Lebern, wegen blutiger Beschaffenheit 1654 kg, und wegen
PäuLniss 215 kg Fleisch, 123 Lungen und 113 Lebern wegen Fäulnisa.
Die Tuberculose zeigte sich in verschiedenen Graden bei 14397 Rin-
dern, 91 Kälbern, 18 Schafen, 8513 Schweinen, zusammen 23019
Igen 15735 im Vorjahre. In den Fieiöchuntersuchungsstationen
sind von auswärts eingeführt untersucht worden 128308 Rinder-
viertel, 133145 Kälber, 57235 Schafe und 96 697 Schweine. Davon
wurden beanstandet wegen Tuberculose 2C6 Rinderviertel, 1 Kalb,
Schafe, 25 Schweine, 175 Theile und Organe. Wegen Trichinen
Schweine, 4 Theile uod Organe, wegen Kalkooncremente 2, Faoro-
enuien 4 uod Rothlauf 4 Schweine, wegen Egel 11 Lebern von
Rindern und Schafen, wegen Fadenwürmern 61 Schaf- und Schweine-
lungen, ausserdem eine grössere Zahl von Thieren, Organen und
Theilen wegen wässeriger und ekelerregender Beschaffenheit, Fäul-
Hias, Gelbsucht, Abscesae und Entzündungen. Wegen Krankheit
[Oder mangelhafter Ursprungsatteste wurden polizeilich geschlachtet
768 Pfeiffer.
1542 Rinder, 391 8cli weine, 9€ Kälber, 684 Schafe; von diesen
Thieren wurden als ungeoiessbar verworfen: 342 Rinder, 1 20 Schweine,
75 Kalb er und 185 Schafe. Yon den auf dem Transport oder nach
der Ankunft verendeten Thieren sind 1251 Stück der Abdeckerei
überwiesen worden. Leider ist nicht angegeben, ob dies alle ver-
endeten Thiere waren. (Veröffentl. d. Kais. GeBundh.-Amts.)
Fleischbeschau in Weimar« Im InnungsBchlachthaus wur-
den 15C>2 Stück Rindvieh, 8246 Schweine, 8(:)81 Kälber und Schafe
und 61 Pferde, zusammen 1781K) Stück Vieh geschlachtet . Hiervon
wurden 228 Thiere beaostaudet, davon 83 Stück Rindvieh und
3 Scb weine mit Taberculoße, 30 Stück Rindvieh, 23 Schweine^
18 Hammel mit Hülsen wünnern , 12 Stück Rindvieh mit Leber-
abscessen, 2 StCick Rindvieh und 4 Hammel mit Egelkrankbeit, je
2 Schweine mit Fienen oder Roth lauf und 9 Hammel mit parasitärer
Lungen Verhärtung. Ganz vom Verbrauch auizuscblieesen waren
27 Thiere, davon 16 Stück Rindvieh wegen allgemeiner Tuberculosen
(Veröffentl, d. Kais. Qeauiidh--Amt8.)
Im Königreich Sachsen wurde in den öffentlichen Schlacht-
häusern im Jahre 189« > bei 15,7 ^i^^ aller geschlachteten Rinder Tnber-
culose nachgewiesen, während dieselbe nur bei 0,03 (^'^ der Kälber,
0,84 0|q der Schweine, und 0,02 ''/o ^^r Schafe vertreten war. Von
den tuberculösen Rindern wurden 4,2 ^j^^ gänzlich verworfen, 10,1 *^;q
der FreibaDk überwieäen und 8&,6öiy für bank würdig erklärt. In
Leipzig erstreckte sich die Erkrankung bei 4546 tuberculösen Rindern
und 775 tuberculöBen Schweinen auf ein Organ bei S800 bezw» 231,
auf die Organe einer Körperhöhle bei 203 bezw* 7. Auf mehrere
Kdrperhöhlen bei 543 bezw. 537, auch auf das Fleisch bei 50 besw.
81, auch auf das Euter bei 23 be«w. 3 der genannten Thiere. (Gen-
tralbl f. allg, Gesundheitspflege 1892.)
Im SchlachthauBO zu Dortmund ^vurdeu im Jahre 1890 — 91
von 35062 Schlachtthieren 1589 Stück beanstandet, darunter 328
wegen Tuberculose (299 Kühe, 6 Ochsen, 2 Stiere, 21 Schweine).
Die Gesammtzahl der Beanstandungen entspricht einem Procentsatz
▼on 4,8. Von den beanstandeten Thieren wurden als gesundheits-
schädlich gänzlich vernichtet 27, für minderwerthig erklärt 155. Die
übrigen zwar beaiiätandet , aber zum freien Verkehr zugelassen.
Trichinen sind in dem genannten Jahre nicht gefunden worden. In
der Pferdeschlacht halle wurden 905 Thiere geschlachtet und von
diesen 50 beanstandet, (Centralbl f, allg. Gesundheitspflege 1892.)
1
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OefTentliclie QeBondlieitspfiege.
Nahraiiz«- und Genvssmittel.
»
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Milch. Oßtertag stellte auf dem VII. internationalen CoBgress
ftir Hygiene in London für den Betrieb von Milch wirtbacbaften
folgende Forderungen auf:
1) Alle Milchwirthschaften unterliegen einer polizeilichen
ControUe.
2) Alle zur Milcbgewinnung benutsten Tbiere werden tbierärzt-
Jicb untersucht und von Zeit zu Zeit controllirt,
3) Es darf nur gutea^ uö verdorbenes Futter verabreicht werden.
Jede Erkrankung der Thiere ist dem Tbierarzt anzuzeigen, und die
Milch des erkrankten Tbieres ist dem Verkehr zu entziehen*
4) Peinlicbste Sauberkeit ist beim Milchgeschäft zu beobachten,
an Infectionskrankbeiten leidende Personen dürfen zum Melken nicht
verwendet werden»
5) Die gesammelte Milch muse alsbald gekühlt und in besou-
dereu Michkamaiernj nicht in Wohn- oder Schlafräumen aufbewahrt
werden.
6) Der Transport der Milch ist nur in geeigneten Gefässen zu
gestatten.
7) Bei Äphthenseuche und Tuberculoseverdacht darf die Milch
nur gekocht in den Verkehr gebracht werden. Alle als ekelhaft
oder gesundbeitsgefäbrlicb zu betrachtende Milch ist vom mensch-
lichen Genuss auszuschltessen. Beim Ausbruch einer epidemiächen
(soll wohl beissen ansteckenden) Krankheit in dem Hause^ in welchem
Molkerei betrieben wird, ist der Milch verkauf aus diesem Hause zu
untersagen.
8) Bei Gewinnung der Kindermilch sind ganz besonders hohe
Anforderungen in Bezug auf Fütterung, Sauberkeit, auf die Ab-
kühlung der Milch und den geeigneten Transport derselben zu stellen*
Butter. Der Verbrauch von Kunstbutter in Dänemark
scheint ein besonders grosser zu sein. Neben 14 eigenen Fabrik-
betrieben, welche im Jahre 1890 91 5136025 kg Margarine herstellten,
worden von Deutschland, Norwegen und den Niederlanden noch im
Ganzen in demselben Jahre 1 040 201) kg eingeführt, Uebertretungen
gegen die Fabricationsbestimmungen kamen nur wenige zur Anzeige.
Kaffee. Eine neue Art der Kaffeeverfälschung besteht
darin, dass die Bohnen zuerst des grössten Theiles ihrer aroma-
tischen Bestandtheile zur Herstellung von Kaffeeextract beraubt, dann
nochmals unter Zusatz von Zucker geröstet und nicht extrabirte
J«bilHicfr d. praet. MBdicin, Wm. ^^
770
Pfeiffer.
Kaffeesorten beigemischt werden, womit natürlich eine ganz erheb-
liche Täuschung und SchädigEEg der Consumenten verbunden ist.
Fleisch. Der Verbrauch von Fleisch pro Kopf betrug
nach englischen Zuisammeo Stellungen in Australien 111,6 kg, in den
Vereinigten Staaten 54^4 kg, in Engküd 47,6 kg, in Schweden and
Norwegen 39,5 kg, Frankreich 33,6 kg, Deutschland 31,3 kg, Belgien
und den Niederlanden 31,3 kg, Oeaterreich 21,0 kg, Spanien 22,2 kg,
Russland 21,8 kg und in Italien 10,4 kg. (VeröffentL des Kaiserl,
Gesundk-Amts.)
Kindernäbrmehle, Bezüglich der Beschaffenheit der Kinder-
n&hrmehle fordert Hanau seck, dass hierzu praparirte Getreidemehle
möglichst frei von Kleie und von der Kleberzeilschicht seien, ins-
besondere aber keine Fragmente der spitzen, starren Haare enthalten;
Leguminosen m eh! soll aus den sorgfältig geschälten Samen der
Bohne, Erbse und Linse hergestelltf und alle Mehle sollen einem ent-
sprechenden Röstprocess unterworfeö werden, wodurch ein Auf-
schliesseo der schwerverdaulichen Stoffe, niemals aber eine unange-
nehme Geschmacks Veränderung herbeigeführt werden aolle, (Viertel-
jahraachr. f Chemie d. Nahrungs- u. Genussmittel 1891.)
Wein. Nach dem Gesetzentwurf betreffend den Verkehr mit
Wein sollen lösliche Aluminium- und Bariumverbitidungen, Borsäure,
Glycerin, Kermesbeeren , Magßesiumverbindnngen , Salicylsaure, un-
reiner Sprit und unreiner Stärkezucker, Strontiumverbindungen und
Theerfarbstoffo bei der Weinbereitüng nicht zur Anwendung kommen.
Für gewisse Rothweine , ausgenommen Dessertweine ausländischen
Ursprungs, soll ein Maximalgehalt von Schwefelsäure vorgesehen sein.
Als Weinfälschung soll die Herstellung von Weinen mittels Auf-
gusses von Zuckerwasser auf halb oder ganz ausgepreaste Trauben
oder Weinhefe gelten. Die Verwendung von Saccharin oder ähn-
lichen Süasstoffen soll bei der Herstellung von Schaum- und Obst*
weinen als Verfälsohnng anzusehen sein. Dagegen soll die sog.
Kellerbehandlung und Haltbarmachung des Weines, wobei Alkohol,
geringe Mengen von Klärungsmitteln, Kochsalz, Tannin, Kohlensäure,
schweflige Säure verwendet werden , nicht als Verlalschung gelten,
wenn die Menge des zugesetzten Alkohols bei Weinen, welche als
deutsch© in Verkehr kommen, nicht mehr wie 1% beträgt. Auch
der Verschnitt von Wein mit Wein, der Zusatz von reinem Zucker
in geringen Mengen, die Entsäuerung mit reinem gefälltem kohlen-
Oeffentliche Geanndheitspflege.
771
I
Bauram Kalk sollen zulässig sein. Weon wemhaltige oder wein-
ähnliche Getränke unter Verwendnug von RosineB, KorintheUj Sac-
charin und anderen Süssatoffen^ Ton Säoren und Bouquetatoffen, von
Gummi u, dergl hergestellt werden, so sollen sie nur unter einer
ihren Charakter präcisirenden Bezeichoung verkauft werden dürfen,
(Pbannac. Zeitung.)
Gesalzene Weine in Frankreich. Neuerdings hat man in
Frankreich die Weine zur Conservirung mit Chlornatrium zu ver*
aetzen hegonneuj so dass die Behörden bereits genöthigt waren,
hiergegen als eine Verfälschung des Weines vorzugehen. Der Justiz-
minister hat angeordnet, daas ein grösserer Gehalt des Weines an
Kochsalz als 1 g im Liter an dem Fälscber zu bestrafen sei. (Ver-
öffentl. d» Kais. Gesundh^-Amts.)
Conserven. Tschirch glaubt, da ungefärbte Conserven von
hönem Aussehen nicht zu haben sind, dass es zweckmässig sei,
eine Maximalgrenze für den zulässigen Kupfergehalt festzusetzen.
Die geringen Mengen Kupfer, die zur Bildung des grünen phyllocyanin-
üauren Kupfersalzes, welches durch Einwirkung von Kupfersulfat
auf Chlorophyll entsteht, erforderlich sind, hält er nicht für ge-
sundheitsschädlich. (Hyg. Kundschau 1892.)
Beaufsichtigung des Marktverkehrs mit Nalirnngsinitteln.
I
^M Vorschläge zur Beaufsichtigung der Gemüsemärkte stellte
^^Nevenny bei der Versammlung der Nahrungsmittelchemiker in Wien
in folgenden Sätzen auf:
Gemüse. 1) Altgewordenesj welkes, sowie ungereinigtes und
^verschimmeltes Gemüse ist als Marktwaare nnznläasig*
^m 2) Das %um Beinigen des Gemüses verwendete Wasser musa
"rein sein.
3) Die zur Aufbewahrung des Gemüses verwendeten Itäumlich-
keiten dürfen weder ständig noch zeitweise von Personen oder Thieren,
namentlich nicht von solchen, die an In fections krank hei ten leiden^
besucht werden.
|ft 4) Es ist darauf zu sehen, dasa die Gemüöearten nicht mit
*** schädlichen Pflanzen oder aolchen Pflanz ent heilen vermengt oder
verwechselt öind.
Kartoffeln. 1) Marktfähig sind nur solche Ka
gesund und reif sind.
77i3
Pfeiffer.
2) Junge, unrei Pe, ausgekeimte, schimmliche und faule, erfrorene
Kartoffelü Bind vom Marktverkelir auszuschliessen,
Obst. UoreifcB, verschimmeltes, faules, künstlich gefärbtes,
geschwefeltes und altes Obst ist zum Marktvarkehr nicht ziizulassen.
Schwämme. 1) Die Kenn tniss der essbaren bezw, schädlichen
Schwämme ist zu fördern.
2) Alle zum Verkauf gelangenden Schwämme sind von einem
sachverständigen Aufseher vorher zu untersuchen,
3) Der Hauäirhandel mit Schwämmen ist zu untersagen.
4) Zum Verkaufe dürfen our ganze^ höchstens halbirte und ge-
sunde Schwämme kommen.
5} Zerfressene, madige, faulige^ zerschnittene und getrocknete
Schwämme sind vom Marktverkehr ganz auszuschliessen. (Hyg.
Rundschau 1802.)
Verfähchnng vim Nalirangsmittt^ln.
4
Bestrafungen vonPäUchern etc. im Deutschen Reiche
18 7 9. Wegen Verfälschung von Kahrungs- und Genussmitteln,
Feilhalten verfälschter oder verdorbener Nahrungs- und Genussmittel
wurden im Ganzen 833 Personen bestraft. Die meisten Bestrafungen
mit 187 kamen auf Bayern (hiervon allein 5ü auf Oherbayern), dann
auf Berlin 121, Württemberg 105, Regierungsbezirk Schleswig 60.
Wegen Herstellung und Feilhaliens gesundheitsschädlicher Nahrungs-
und Genussmittel, sowie solcher Gebrauchsgegenstände wurden im
Ganzen 343 Personen bestraft. Am meisten Bestrafungen fielen auf
den Regierangsbezirk Oppelii mit 97 und Bayern mit 68. Im Re*
gierungsbezirk Stettin kameo 15^ in Berlin 8 Fälle zur Bestrafung,
Im Allgemeinen haben die Verurtheiiungen eine nicht unerhebliche
Zunahme erfahren. (Statistik des Deutschen Reichs.)
In dem Lebensmitteluntersuchungsamt zu Hannover wurden
959 Proben untersucht und hiervon im Ganzen 132 beanstandet. Die
Untersuchungen erstreckten sich auf Nahrungs- und Geoussmiltel^
Gebrauchsgegenstände, Futtermittel^ Gegenstände aus dem Gebiet der
Hygiene (Fluss- und Abwässer), steueramtliche Untersuchungen und
technische Producte.
üefFenUiche Gesundheitspflege.
** Kl O
B* Epidemiologie.
Cholera,
Woher und auf welchem Wege die Cholera im August d. J.
ihren Eingang in Hamburg genommen hat, wird mit Sicherheit wohl
kaum noch zu ermitteln sein. Von Indien^ woselbst im Anfang dteseii
Jahres ein heftiger Ausbrach der Seuche stattfand, hat sie diesmal
ihre Hauptverbreitung auf dem Landwege nach Afghanistan übtr
Persien nach Ruasland gefunden. Anfang Mai trat sie bereits in
Herat in heftiger Weise auf, und Ende dieses Monats finden wir sie
bereits in Turbeti Scheich j Djam auf dem Wege nach Mesched.
Mitte Juni herrschte sie in Baku, immer den grossen Verkehrs-
Verbindungen folgend, und faiid zu Eiade Juni ihren Eintritt in
Astrachan, nachdem sie auch einen Abstecher nach TiEis nnter-
nommen, von hier aus aber wohl keine Weiterverbreitung gefunden
hat, da Oonstantinopel in diesem Jahre vollkommen verschont blieb.
Einmal in Astrachan angelangt, waren ihr die grossen Eisenbahn-
linien nach dem Innern Russlands nicht mehr zu verlegen, und wir
sehen, wie sie diesen Schritt für Schritt folgend Moskau und Petersburg
erreichte, natürlich auf ihrem Wege überall und nach allen Seiten
zündende Funken verstreuend. Auch in Frankreich, und zwar in
der Umgebung von Paris und in Havre, hatten sich, und zwar auf-
fallen der weise schon im April, choleraverdachtige Fälle gezeigt, die
damals und bis zum August als Cholera nostras bezeichnet wurden,
über deren Natur als echte Cholera man jedoch heute nicht mehr
zweifelhaft sein kann, um so weniger^ als die allerhöchste Wahrschein-
lichkeit vorliegt, dass die furchtbare Epidemie zu Hamburg auf aus
Frankreich bezw. Belgien eingeschleppte Fälle zurückzuführen sein
wird, weit eher wie auf Einschleppung aus Ruesland, Die ersten
als Cholera constatirten Fälle waren am 19. August in das städtische
Krankenhaus zu Altona aufgenommen worden, welchen bald am 20»
und 21. weitere Erkrankung» fälle folgten. Am 22. wies auch in
Hamburg die bacteriologische Untersuchung bei einigen Erkrankungen
Cholera nach, obgleich zweifellos schon seit längerer Zeit, und zwar
schon seit Mitte August, Er krankungs fälle in Hamburg aufgetreten
waren ^ von welchen es jetzt wohl kaum noch einem Zweifel unter-
liegen kann, dass auch sie Fälle echter Cholera gewesen sind. Die
Zahl dieser Erkrankungen betrug, wie nachträglich festgestellt wurde,
bis zum 20. August bereits 85 Erkrankungen mit 36 Todesfalles).
Warum die angeblich vorgenommenen bact^TVQlo^\ÄC.\^'ft.w \lxiX'JÄViNisiQL-
774
Pfeiffer.
ungöü des Medicinalamtes nicht sofort zur richtigen Erkenntoiss der
autfallendea Erscheiimngen, bei welchen nur ein kindliches Gemüth
sich noch mit der Diagnose Cholera noßtras begnügen konnte, führte,
let unbegreiflich, und der Leichtsiiin, mit welchem diese Uuter-
Buchuugen angestellt worden sein müssen» ist als unverantwortlich
zu bezeichnen, er musste für das blühende Gemeinwesen Hamburgs
verhfingnissvoll werden. Schon am 21. August stieg die Zahl der
Erkrankungen auf 83 mit 22 Todesfällen , in den folgenden Tagen
auf 200, 270, um von da an stetig zuzunehmen, bis am 30. August
mit 1081 Erkrankungs- und 484 Todesfällen die höchste Ziffer er-
reicht war. Nur sehr allmählich begann hierauf die Epidemie zurück-
zugehen, denn erst vom 7. October ab wird die Zahl voa 20 täg-
lichen Neuerkrankuagen nicht mehr erreicht Der 24. October war
der arsta Tag seit dem 19. August, an welchem einmal keine Er-
krankung zur Meldung gelangte. Im Ganzen erkrankten im Ham-
burger Staatsgebiet nach den Meidungen an das KaiserUche Ge-
sundheitsamt vom 16. August bia 12. November 17974 Personen
= 58,8% der Bevölkerung,, von welchen 7611 ^ 42,34«;^ der Er-
krankten und 23,5 Op(j der Bevölkerung verstarben. Dass die enorme
Ausdehnung der Epidemie den mangelhaften sanitären EiiirichtuDgen
der Stadt Hamburg und in erster Linie den geradezu abschreckenden
Trinkwasserverhältoissen zuzuschreiben ist, kann nach dem Gang
tler Krankheit keinem Zweifel mehr unterliegen. Näher auf diese
Verhältnisse einzugeben, ist hier nicht der Ortj es muss aber den neuer-
dings wieder in altbekannter Eassuag aultretenden Behauptungen
der Localisten gegenüber nochmals betont werden, dass die Ham-
burger Epidemie in erster Linie durch das Trinkwasser ihre Ver-
breitung gefunden hat, dass nebenher diese Verbreitung ungemein
be^gtinstigt wurde durch die mangelhaften sanitären Verhältnisse
Hamburgs und die überaus ungünstigen Witterun gs Verhältnisse,
welche die Vermehrung der Krank hei ts keime wesentlich unterstützten ,
dass aber für die Anschauungen der Localisten auch diese Epidemie
die Belege schuldig gebliehen ist. Wie zu erwarten war, pflanzt«
sich von Hamburg, namentlich auf dem Wasserwege die Krankheit
nach verschiedenen Orten fort, ohne, dank den umfassendsten und
sorgfältig durchgeführton sanitätspolizeilichen Massregeln, bei welchen
zum ersten Male keine Kosten gescheut wurden, irgendwo eine
nennenswerthe Verbreitung zu finden. Wo es gelang, den oder die
ersten Fälle festhalten zu können, ist nirgends eine Weiter Verbreitung
der Krankheit erfolgt, Beweise, wie sie glänzender für die contagio-
nistieche Lehre nicht erbracht werden können. Leider wird za be-
Oeffentliche (xesundheitapllege.
775
<»:
fürchten sein, dass mit Beginn der besseren Jahreszeit die hin und
wieder noch unter der Asche glimmenden Eanken der Krankheit in
Hamburg zu neuem Aufflackern angefacht werden, oder dass von
Russland, Frankreich, Holland, Belgien oder Ungarn eine Neuein-
«chleppung stattfindet; wir werden der Krankheit auch dann, viel*
leicht noch besser als seither, gerüstet gegenüberstehen und mit
derselben Umsicht, Energie und Gewissenhaftigkeit den Kampf mit
ihr wieder aufnehmen.
Von den übrigen europäischen Staaten waren die soeben genannten
die einzigen , welche mehr oder weniger heftig von der Cholera er-
griffen wurden, der Süden Europas blieb von der Seuche vollkommen
verschont.
Iniaenza.
Im Vergleich zu den Vorjahren betrug in der Zeit vom 1. Septem-
ber 1889 bis 30. November 18^ die Sterbeziffer im Deutschen
Beich 24,33 %Q gegenüber der aus dem Durchschnitt der 3 Vorjahre
berechneten Ziffer von 23,88 t^/V^ I^^» Mehr an Sterbefällen über den
Durchschnitt betrug demnach 0,45 %o der Bevölkerung oder 22,157
Personen, welche als Opfer der Influenza zu betrachten sind.
'^2
l^^urt
Sperling} Beobachtungen über das Auftreten der In-
fluenza im Jahre 1891, nach einer Denkschrift des Kais, Gesund-
heitsamtes amtlich zusammengestellt für die Mitglieder des Reichs-
tags. Die Gesammtsterblichkeit stieg schon während des Monats
November 1891^ während sonst der November als ein besonders
günstiger Monat zu bezeichnen ist, io mehreren deutschen Städten
Idtslich an, und diese Steigerung der Sterhüohkeit Hess keinen
Zweifel daran, dass sie durch ein erneutes Auftreten der Influenza
bedingt war. Bis Mitte December wurden in Deutschland haupt-
sächlich einige Städte des Nordens und Ostens von der Seuche stark
ergriffen, so Kiel, Bremen, Posen, Stettin, Frankfurt a. 0.^ Rostock,
Lübeck, Elbing, Königsberg, Potsdam, Berlin, in deren einigen die
Sterblichkeit bis zu 44 bezw, 48,4 ^'^jq stieg. In Mittel- und Siid-
deutscbland Hess sich eine solche Steigerung im Allgemeinen nicht
erkennen, dagegen zeigten einige Städte im Westen, namentlich
Essen und Münster, eine sehr hohe Sterblichkeit. In der zweiten
Hälfte des December begann meist schon eine Abnahme der Krank-
heit einzutreten. Keine oder nur eine massige Erhöbung der Sterb-
lichkeit zeigte sich io den Grossstädten Leipzig, Halle, Erfurt, Frank-
a*M. Dortmund, Nürnberg, Stuttgart, Karlsruhe, Düsseldorf, Kre-
77iy
Pfeiffer.
feld und Strassburg, Im Ausland waren es anfangs zunächst die qds
benachbarten russischen und österreichiachen Grenzgebiete, sowie
Kopenhagen und Edinburgi welche von der Krankheit ergriffen wurden.
Später breitete sie sich in England und Irland, in Holland, Belgien,
Frankreich und Oesterreich- Ungarn^ schliesslich auch über Amerika
aus» In einzeleen Grossstfidten der genannten Länder stieg die
Sterblichkeit auf 50--60%,). Verglichen mit den Sterblichkeitsziffern
der Inäuenzaepidemie von 1889j90 steht das Auftreten der Seucha
im Jahre 1891 , so wohl was Intensität als Extensität betrifft, gegen
diejenige im Vorjahre erheblich zurück. Während damals die Sterb-
lich k ei tsziif er in einigen Städten bis zu 10%qj häu£g wenigstens
über 50 ö/^,^^ stieg, hatte 1891 nur eine über 50%>ö hinausgehende
Sterblichkeitsziffer. Mit dem Beginn des Jahres 1B02 trat fast überall
ein erheblicher Bückgang in der Sterblicbkeitaziffer ein, welcher
sich manchmal mit überraschender Schnelligkeit vollzog. Heftig
dagegen wüthete die Krankheit noch um diese Zeit in HoEand.
(Hjgientscbe Bundschau 1892.)
Typhus und verwandte KraakheitserscheiiiiitgcD.
Typhus trat in nicht besonderer Art in den Vordergrund.
Dagegen erregt unser Interesse eine Krankheitsform , deren Aetio-
logie noch nicht vollkommen aufgeklärt ist. Es ist dies die im Beg*-
Bez. Oppeln aufgetretene sog, Schlammkrankheit, Ein« Bekannt-
machung des BegieruDgspräsidenten über dieselbe vom 15. October 1891
lautet: „Im Anscbluss an meine frühere Miitheüung vom IL Juli d. J.^
betreffend die im Kreise Kosel aufgetretene typhat^ähnliche Epidemie^
bringe ich nachstehend die wichtigaten Ergebnisse der hier angestellten
Erhebungen zur Kenntniss : die eigenartige Krankheit, welche zuerst
im Kreise Kosel sich bemerkbar machte, ist innerhalb des hiesige n
Bezirks in weiteren sieben Kreisen: Batiborf Neustadt, Neisse,
Grottkau^ Falkenberg, Oppeln und Lublinitz aufgetreten, ausserdem
im Reg,-Bez, Breslau (Oblau) und im Beg.-Bez. Liegnitz (Glogau)
iD gleicher Weise beobachtet worden. Ziffernmäsaige Angaben über
die Zahl der Erkrankten lassen steh nicht gewinnen, da vielfach,,
insbesondere nachdem der gutartige Spontanablauf der Krankheit
bekannt geworden, die Krankheitsfälle nicht mehr zur öffentlichen
Kenntniss kamen; es lasi^t sich jedoch ans den Meldungen ersehen,
da&B ein erheblicher Theil der Bevölkerung der genannten Kreise
(von einem Arzt auf ^'^ der Gesammthevölkerung geschätzt) von der
Krankheit heimgesucht wen Von besonderer Wichtigkeit war
Oeffentliche Gefiundheitspflegp.
777
Thatsache, dass fast ausschliesslich mit Feld- und Erdarbeiten be-
ßcbäftigte Personen, insbesondere Drainagearbeiter, von der Krank-
heit heimgesucht wurden. Ausser den Erkrankungsfällen in dieser
Bevölkerungsciasse sind noch zwei Gmppenerkrankungen in der
Koseier und Oppelner Garnison zu verzeichnen. Die ärztliche Auf-
fassung hinsichtlich des Wesens der Krankheit kennzeichnet sich
in den vorliegenden Berichten als eine sehr mannigfaltige und
vielfach weit auseinandergehende, wie sich dieses in den gebrauch-
ten Benennungen ausdrückt. Besonderes Eingehen beansprucht
mit Rücksicht auf die Folgerungen für das aanitätspolizeiliche
Handeln die vielfach vertretene Anschauung, welche die Krankheit
in das Gebiet der Typhen (Flecktyphus, Unterleibstyphus und Kück-
falltyphos) verwiesen wissen will Die fehlende Contagiosität, indem
trotz der zahlreichen Erkrankungsfälle eine Uebertragung von Person
2U Person in keinem Falle nachgewiesen ist, sowie die Un Wahrschein-
lichkeit der gleichzeitigen Einschleppung des Flecktyphuskeims an
so vielfach ausser Verkehr stehenden Orten, gestatten neben anderen
aus dem Krankheitsbild sich ergebenden Gründen nicht, die Krank-
heit dem Flecktyphus zu2uzählen. Die Fiebercurve, welche in
raschem, zumeist mit Schüttelfrost ein hergehen dem Ansteigen den
höchsten Grad (41,8^^) bei Beginn der Krankheit erreicht, sich
etwa 2 Tage auf der Höhe hält, und dann bis zum 4 oder 5. Tage
zur Norm und darunter abfällt, sowie die fehlenden charakteristi-
schen Darmerscheintingen, der Verlauf und das sonstige Krankheits-
bild lassen sich mit dem typischen Krankheitsbilde des Unterleibs-
typhus auch in seiner abortiven Form nicht vereinen. Gegen den
Hückfalltyphus (Eecurrens) ist anzuführen, dass von zwei Seiten
ausgeführte Untersuchungen Spirillen im Blute nicht ergeben haben.
Durch die vergleichende Prüfung der Berichte, sowie diti Beob-
achtung einzelner Krankheitsfälle seitens des Regierungs- und Medi-
cinalraths (S c h m i d t m a n n) ist nunmehr die für die Beurtheilung
wichtige Thatsache festgelegt, dass sämmtlicbe Er kranknngs fälle
mit dem Boden in Zusammenhang zu bringen sind, und die nasse
Bodenbeschaffenheit, bezw. der hohe Grandwasserstand, welcher in
verschiedenen Gegenden des Bezirks infolge der im Monat Juni und
Juli stattgehabten Niederschläge und Ueberschwemmungen vorhanden
war, ein begünstigendes Moment und geeigneten Nährboden für die
Entwickelung des speci fischen Krankheitskeims dargeboten hat. Ob,
wie und wann die erkrankt© Person mit dem siechhaften Boden in
Berührung gekommen ist, bleibt deshalb die CardinaHrage, die bei
der Beurtheilung der E rk ran kuogsf alle in den Vordergrund zu stellen
778
Pfeiffer,
ist, uiid in der Beantwortung dieser Frage ist der Schliiasel gefunden
für die Beobachtungen^ dass fast auBschliesslick der Stand der L and-
iente, Feldarbeiter und Drainagearbeiter befallen ist^ dass die Zahl
der weiblichen Kranken überall da überwiegt, wo dieselben mehr
als die Männer zu ländlichen Arbeiten herangezogen wurden, dass
fast ausschlieBslich das arbeitsfähige Alter das Krankencontingent
stellte, während das Eindesalter fast ganz verschont blieb, dass die
Constitution der Personen oboe Bedeutung war, dass in der Zeit der
meisten Feldarbeit, Juni, Juli, August und September, die zahl-
reichsten Erkrankungen sich einstellten. Auch die auffälligen
Gm ppenerk rankungen der Koseier und Oppelner Garnison lassen
sich auf dieser Basis ungezwungen den anderen Krankheitsfällen
anreihen, denn für sämmtliche Erkrankte ist nachgewiesen, dass
sie theils bei Erdarbeiten auf feuchtem Boden beschäftigt waren,
tbeils heim Baden Gelegenheit hatten, inßcirtes Wasser zu schlucken.
Die Uebertragung des Krankheitskeim es auf den ]Men sehen wird
nämlich nicht etwa durch Einatbmung der Bodenluft bewirkt, son-
dern erfolgt durch directe Einverleibung von Boden bestandtheilen
in den Hagen, sei es beim Essen mit erdbeschmutzten Händen, oder
sei es beim Trinken von Grabenwässern oder inEoirten Flusswässern,
In letzterer Hinsicht sind charakteristische Beispiele die Erkrankungs-
fälle unter den Soldaten nach dem Baden und weiterhin die Erkran*
kung eines Mannes, welcher während der Ueberscbwemmung def
Gefahr des Ertrinkens ausgesetzt war und reichlich Neissewasaer
geschluckt hatte. Der Verlauf der Krankheit ist in allen gemeldeten
Fällen ein gimstiger gewesen, indem meist nach ca. 14 Tagen volle
Genesung eintrat. Immerhin war eine 14tägige Arbeitsunfähigkeit
und damit eine relativ erhebliche Schädigung der arbeitenden Be-
völkerung durch die Krankheit veranlasst. Die Incubationszeit der
Krankheit beträgt anscheinend 3 Tage. Welcher Art die Krankheits-
ursache ist, konnte bisher nuch nicht mit Sicherheit festgestellt
werden, doch ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass
dieselbe als ein belebtes Wesen anzusprechen ist, welches in seinen
Wirkungen im menschlichen Organismus dem Malariakeim am
nächsten steht und deshalb in der Reihe der Mycetozoen und Proto-
zoen ztt suchen sein dürfte. Der Krankheitskeim dürfte im Boden
praformirt und unter dem Einflüsse günstiger AVitterungs- etc. Ver-
hältnisse zu aussergewöhnlicher Entwickelung gelangen. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach ist derselbe auch jetzt noch im Boden reichlich
vorhanden, und das Erlöschen der Epidemie ist zur Zeit deshalb
eingetreten, weil die Gelegenheit zu Feld- und Erdarbeit und damit
I
I
I
I
Ä
Oeffentlichc Gesundheitspflege.
r?!t
b
zur Infectioü der Jahreszeit entsprechend eine geriügere ist. Für
die aanitätgpollzeiliclie Bebandlang der Krankheit ergeben sich so-
nach folgende Sätze:
1) Besondere Massregelii für Isoliriing der Kranken » Desinfec-
tion etc sind nicht erforderlich,
2) Vor dem Trinken der Grahonwässer ^ sowie dem Essen mit
erdbeschmutzten Händen ist za warnen, sobald durch erneutes Auf-
treten der Krankheit die Gefahr der Infection auf diesem Wege
vorhanden ist.*^
Pocken.
Rahts, Ergebnisse der amtlichen Pockentodesfalls-
^tatistik im Deutschen Reiche vom Jahre 1890 nebst
Anhang, betreffend Ergebnisse amtlicher Erhebungen
über die Pockenerkrankungen des Jahres 1890. Während
des Jahres 1890 sind im Deutschen Reiche 58 Todesfälle von Be-
wohnern des Reiches ao den Pocken zur amtliclien Kenntniss ge-
langt, d. h, 142 weniger als im Vorjahr und 111 weniger als im
Durchschnitt der seit Beginn der amtlichen Erhebungen über Pocken-
todesfälle abgelaiitenen 4 Jahre. Es starben an den Pocken von
1886—90 nach einander im Deutschen Reiche 197, 168, 112, 200,
58 Personen, mithin im Mittel jährlich 147 oder auf je eine Million
Einwohner Sfiö^ im letzten Jahre aber nur 1,18:1000000, Die
58 Pockentodesfälle des Jahres 18Ö0 vertheilen sich auf 33 Ort-
schaften, von denen 17 in Preussen, 8 in Ba3^ern, 5 im Königreich
Sachsen und je 1 in Baden, Bremen und Elass- Lothringen gelegen
sind* Die Unempfänglichkeit der durch dit^ gesetzlich angeordneten
Impflingen und Wiederimpfungen geschützten Bevölkerung des Reiches
gegen todtliche Pock^nerkraukungen geht wiederum aus der That-
sache, dass durchschnittlich auf jede betreflFende Ortschaft nur
1 — 2 Pockentodesfälle entfielen, deutlich hervor. Eine stärkere
Verbreitung haben die Pocken, soweit man aus der Zahl der
Pocken todesf alle urtheilen kann , nur in der Stadt München- Glad-
bach gewonnen, von wo 15 Todesfälle gemeldet worden sind, im
Üebrigen sind in 4 Ortschaften, Berlin, Bremen, Oelsnitz und
Ist ein (Baden), je 3 Personen, in 3 Ortschaften, Aachen, Leobschütz
und Klein-Hoschütz (Ratibor), je 2 Personen, in 25 Ortschaften nur
j« 1 Person an den Pocken gestorben, 49 Pocken todesf alle, etwa
85% der Gesammtzahl, sind in den Grenzbezirken des Reiches, d.h,
in Verwaltungsbezirken (Kreisen etc), welche entweder unmittelbar
an das Ausland grenzen, oder doch nahe der Grenze liegen, vorge-
780
Pf elfter.
kommen, davon 22 in den Oesterreicb benachbarten Gebieten und
21 in den an Belgien oder Luxemburg greozenden Bezirken.
Die während des Jabres 1890 beobachteten Erkrankungen
an den Pocken in Elaass- Lotbringen geben ein bezeichnendes
Bild von dem Auftreten der Pocken Im Deutschen Reiche seit Durch-
führung des Impfgesetzea vom Jahre 1874, Es sind insbesondere
folgende Wahrnehmungen hervorzuheben :
1} Die Einschleppung der Pocken atia dem Auslande bat sich
bei jedem Auäbruche derselben nachweisen lassen»
2) Ein grosser Theil der ErkraDkungen betraf Personen, welche
nicht zu den Bewohnern des Deutschen Reiches gehörten,
3) Die ßchwereu Erkrankungen bei Personen im Älter bis zu
20 Jahren betrafen nur iingeimptte Kinder.
4) Bei wiedergeimpften Personen war der Verlauf der Krankheit
stets ein leichter* (Medicinalstatistische Mittheilungen aus dem Kais.
Gesttßdh.-Amt Bd. 1, H, 1.)
Im Heg.'Bez. Oppeln traten im Jahre 18G2 die Pocken in
grösserer Verbreitung auf* Eine genauere Angabe bleibt dem nächst-
jährigen Berichte vorbehalten.
ScliarlacU, Diplitlierie nntl Mastern,
namentlich letztere Erkrankung, kamen im Berichtsjahre häufig lur
Beobachtang. Zuverlässige Zahlen lassen sich iber diese Krankheit^'
formen nicht erhalten,
Flecktyphus.
Der Flecktyphus trat im Osten des Deutschen HeicheSj wenn
auch in häufigen, so doch vereinzelt gebliebenen kleinen Epidemien
von 6, 8, 10 Fallen auf. Nur in Pa vonkau im Kreise Luhlioitz trat
eine grössere Zahl von Erkrankungen auf. .Im Westen des Keicbs
ist nur Düsseldorf mit 5 Fällen verzeichnet. In Königsberg i. Pr.
erkrankte eine Wärterin des dortigen Krankenhauses infolge An-
steckung von einem eingeschleppten Fall
Genickstarre,
Die Genickstarre trat üherall im Deutseben Reiche nur in
vereinzelten Fällen auf, so in Düsseldorf, Schleswig, München,
Berlin, in den Reg. Bezirken Arnsberg und Marienwerder. Erst
Oeffentlidie Gesundheitepflegc,
781
Schlüsse des Jahres scheint bei der Garnison in Karlsruhe eine
grössere Häufung von Fällen eingetreten zu sein, über welche je-
doch Näheres noch nicht bekannt geworden ist.
Pest.
^P Die Pest trat in Persien in Astarabad und Bagdad, in Tut«
" kestan und Askabad auf. In letzterer Stadt tödtete sie in G Tagen
1300 Menschen, um dann spurlos zu verschwinden. Auch das rus-
I sische Gouvernement Kars wurde von der Seuche ergriffen. Eine
weitere Ausdehnung hat dieselbe nicht genommen«
Gelbtlel»er.
Das Gelbfieber trat im Jahre 1892 mit grosser Heftigkeit in
Südamerika auf. Ungewöhnlich früh beginnend, zog es sich weit
bis in das Jahr hinein, zahllose Opfer fordernd. In Eio de Janeiro
starben im ersten Quartal circa 3500 Personen an der Krankheit.
Auch Santos und Buenos Aires wurden ergriffen. Erst im Mai bts-
g&nn die Epidemie nachzulassen. In Genua in Italien mnssten während
einer längeren Zeit sämmtliclie aus Brasilien kommenden Schiffe unter
Quarantäne gehen, weil sie theils noch Gelbßeberkranke an Bord
hatten, theils unterwegs solche Krankheitsfälle sich auf ihnen er-
eignet hatten.
TollWHtll.
Verbreitung der TollM^uth im Deutschen Reiche 1891.
1 Gegen das Vorjahr ist die ToUwutfa bei den Thieren erheblich zorück-
h gegangen. Es erkrankten 445 Hunde, 8 Katzen, 10 Pferde, 1 Esel,
m^O Rinder, 8 Schafe, 1 Ziege und 4 Schweine. Diese Erkrankungen
^Kertheilen sich auf 36 Regierungsbezirke und 146 Kreise, Die
^Bneisten traten wieder in den Bezirken Königsberg, Gumhinnen,
^^Posen, Bromberg, Breslau, Liegnitz und Oppeln auf, während die
im Vorjahr stark verseuchten Bezirke Marienwerder, Oberfranken
und Bautzen dieses Jahr weniger stark betroffen wurden. Von den
an Russland angrenzenden Kreisen sind nur Tilsit, Pillkallen, Briesen,
Inowrazlaw, Benthen und Kattowitz verschont gebliehen. Die gröasten
Herde fanden sich in den Kreisen Osterode in Ostpreussen und
. Mohningen, Schroda, Schrimm und Plessen, In Ebasa-Lothringen
sind 10 Kreise, davon die meisten an der französischen Grenze, be-
iallen worden, in den übrigen Theilen des Reiches sind nur ver-
einzelte Toll wuth fälle bei Hunden vorgekommen. Einschleppungen
78:3
Pfeiffer.
d^r Tollwuth aus dem Auslände haben wiederholt stattgefucden n&cl
Ostpreuasen , Schlesien uud Elsasa-Lothringenj auch in eioem Fall©
nach dem Königreich Sachsen, Namentlich zahlreich kamen die
EiBBchleppungen ams Ruasland vor, so in 5 Gememdeo des Kreises
Ortelaburgj in mehreren Gemeioden des Kreises Roseoberg L 0,-S.,
aucb in einer Gemeinde des Kreises Goldap, Im Königreich Sachsen
wurde an einem aus Böhmen zugelaufenen Kund die Tollwuth con-
statirt, desgleichen bei einem im Kreise Forbach zugelaufenen Hunde
aus Frankreich. In den Kreisen Hagenau, Kappolts Weiler, Ältkirch
und Erstein wurde je 1 aus den französischen Vogesen zugelaufener
toller Hund getddtei. Die Zeit des Ausbruchs der Krankheit nach
dem Bisse schwankt bei Hunden zwischen G und 102 Tagen, beim
Kindvieh zwischen 19 Tagen und 11 Monaten, bei den Schafen
zwischen 25 und 57 Tagen. Eine Uebert ragung auf den
Menschen hat in 3 Fällen stattgefunden. Die Erkrankten
sind 50 bezw. 59 Tage nach dem Biss gestorben. (Ver-
öfFentl. des Kais. Gesund h.- Amts.)
Trichinose.
In Altena trat die Trichinosis bei ungefiSlhr 30 Personen au£^
die von einem zu Wurst verarbeiteten Schweine gegessen hatten»
welches in dem städtischen Schlachthaus für trichinenfrei erklärt
worden war. Erst die spätere üntersuchiing stellte das Vorhanden-
sein von Trichinen fest. Der Schlacht haus Verwalter wurde vom Amte
öuspendirt. (Und der Trichieenschauer ?)
In Purochen im Kreise Glogau trat ebenfalls infolge leicht*
fertiger üntersucbung bei der ganzen Familie eines Landwirths
Trichinose auf. Von den Erkrankten starben 2, die übrigen genasen
nach langwieriger Reconvalescenz. Der Fleischbeschauer hatte bei
der Untersuchung des fraglichen Schweines nur eine knappe Viertel-
stunde verweilt und die Untersuchung^ wie sich später bei der ge-
richtlichen Verhandlung herausstellte, gewobnheitsgemäss in leicht-
fertigster Weise vorgenommen. Er wurde zu einjälirigem Gefangnisg
verurtheilt.
xvn.
r
Militärmedicin.
Von Stabsarzt Dr, Schill in ürfsden*
1. Oesintlheitsberichtc.
Der ofEcielle^ von der Medicinalabtheilung dea K6iii^U^ V^^^^^
siscben Kriegsministeriams bearbeitete Sanitätabericht Obei
die Königlich p reu sei seh© Armee, dta XII (Kö-
niglich sächsische) und XIIL (Königlich würitem*
bergische) Armeecorps für das Berichtsjahr vom 1* April ISJS8
bis 31. März 1889 ist seinem Vorgänger, welcher den Zeitraum von
1884—88 umfasste^ rasch gefolgt. Nur wenige Zahlen und I>«t«(i
können hier Platz finden. Bei einer DurchschnittakopfstÄrke (ab^«h
kürzt: K.) von 420320 Mann gingen 75Ö 7op (gegen ^iÖ im Durch-
schnitt der letzten 10 Jahre) als Kranke zu* Es wurden lOlt^ti»
Kranke im Lazaretb, 106486 im Hevier nnd 20813 im La»areth und
Revier behandelt. Die wenigsten Kranken gingen im September,
die meisten im März zu. Täglich waren 29 Mann von UXK^ der
Kopfstärke (K.) krank, davon 19 im Lazareth und 10 im Reviei*.
Aaf jeden Kranken entfallen 34,4 Behandlungatage, jeder Mann dor
Armee war im Jahre durchschnittlich 10,5 Diensttage krank. Dnroh
den Tod verlor die Armee 1339 Mann = 3,2 V,o K. (gegen 4,2 *U K.
im Durchschnitt der 10 voraufgegangenen Jabre). An Allgemein«
krankheiten betrug der Zugang 31%^ K, und 41^/^0 M. (= Morbi-
dität). An Pocken erkrankte nur ein Mann, an Masern 1,3 %« K,
(1 Todesfall), an ßose 1,8%, (4 f), an Diphtherie 0,9%, (14 f), an
AbdominaltyphuB 3,5 %„ K. (122 f), an Flecktyphus 1 Mann, an
Eückfallfieber 3, an Malaria 3,6 %o K. (1 f), an Influenaa 3,7 "/o« K.,
784
Schill.
an acutem Gelenkrlieumattsmus 10 %o K,, an Hitzschlag 98 Mann,
von welchen G starben* — Au Krankheiten des Nervensystema be-
trug der Zugang bVm K. (74 f)^ an Krankheiten der Athmunge
Organe 85 %o K. (davon 11 '7,h* K, Limgenentzündungen, von denen
3,5 7ü ßtarhen, und 3%^ K. Tuberculose, von deoen 15% Btarben).
Weiter betrug der Zugang an Krankheiten der KreisJaiiforgane
13 7g» K. (31 t), der Emäbrungsorgane 134 7oo K, (0,11% f)» ^er
Harn- und Geschlechtsorgane 6,5 7o« K. (38 f), an venerischen Krank-
heiten 27 7.10 K. (2 t), an Krankheiten der Äugen 27%« K,» der
Ohren 11 %o ^r ^^^ äusseren Bedeckungen 205 %p K. , der Bewe-
gungsorgan e 63 7üü K. und an mechaniachen Verletzungen 158 %o K,
Der statistische Sanitätsbericht über die Kaisc^rlich
deutsche Marine für die Zeit vom 1. April 1889 bis 31. März 1891
behandelt 1) die Kränklichkeit, Abgang durch Dienstunbraucbbarkeit
und Invalidität, sowie die Sterblicbkeit; 2) die Kra nkb ei ts Verhält-
nisse auf den verschiedenen Schiffsstatiotien im Auslände, den hei*
mischen Gewässern und den Marinetheilen am Lande; 3) tabellarische
Krankheitsübersichten. Die Kopfstärke betrug a, im Berichtsjahr
1889,90= 15507, b. 1890/Ül = 15576; der Krankenzugang a. = 998,
b. = yil7io K, (— der Kopfstärke); der Abgang als gebeilt
a. = 893 7üQ K., b, = 790 V^ K., als gestorben a, ^ 2,8 \oi b. = 1,8 %„
als anderweitig a. - 73 Vm t b. — 88 7oti ^* Der Gesammtkranken-
zugang hatte gegen das Vorjahr 1889 90 zu- und 1890,91 abge-
nommen. Der tägliche Krankenstand betrug 35 7ü« K.j er war am
höchsten auf den SchifFcn in Afrika. Als dienstunbrauchbar kamen
in beiden Jahren zusammen 605 Mann = 19 " ö^ zur Entlassung,
davon über die Hälfte sofort oder in den ersten 3 Monaten nach der
Einstellung, meist wegen Augenleiden und geringer Sehfähigkeit,
sodann wegen Leiden der ßewegungsorgane, Herz- und Ohrenleiden.
Als halbin valid wurden 3, als ganzinvalid 6 Voo entlassen, meist wegen
Unterleibsbrüchen, Leiden der Bewegungsorgane und Brüchen, Die
Sterblichkeit betrug 159 Todesfälle» Die Sterblicbkeit war an Bord
grösser als am Lande und zumeist bedingt durch Tuberculose, dann
durch Lungen- und Brustfellentzündung, Malaria und Typbus. Im
Marinelazareth zu Yokohama wurden 101 Mann mit 3569 Tagen be-
handelt. — Durch den ßiss eiues Haifisches wurde ein Mann auf
„Sperber" während des Schwimmunterrichts an der Angel in der
Südsee schwer verletzt* Der Hai riss ihm einen grosseu Theil des
Gesässes fort und brachte ihm zugleich erhebliche Verletzungen am
Ober- und Uoterachenkel, sowie am Fuss bei; es wurden 17 Unter-
MilitÄrmedicin.
785
bindungen und 74 Nähte erforderlich. Nach Smonatlicher ßehand*
lang war in der Geaässwiinde noch eine Stelle {4,il%^om) unbe-
Darbt; der Mann konnte ohne Beechwerden wieder länger gehen. —
Malaria war an der Westküste von Afrika sehr häufig, Die'Incu*
bationsdauer betrug 1 — 3 Wochen. Der Verlauf der Erkrankungen,
meist von intermittirendem Charakter, war günstig: ?on 327 Kranken
starb nur einer. An der Oatküste betrog die Incubatiou etwa
10 Tage; die Fieber waren schwerer; das Verhältniss der remittiren-
den zu den intermittirenden Fiebern = 2:1, Prophy laotische Veraus-
gabung von Arsen an der West* und von Chinin an der Ostköate
war ohne merkbaren Erfolg. (Beiblatt zum Marine -Verordnungs-
blaU Nr. 13.)
Nach dem Sanitätsbericht über die Königlich ttalie-
oische Armee für das Jahr 18tK) war der Gesundheitezustaod trotz
der in das Jahr 1890 fallenden Infiuenzaepidemie sehr gönstig. Die
terbHchkeit sank von Sfl%^ K. im Jahr 1889 auf 7,5 Voo K. Die
anklichkeit betrüg 796 7oo H.. und war höher als io den beiden
Vorjahren. Die Zahl der Todesfälle an Tuhereulose ist in den beiden
letzten Jahren auffällig gestiegen. Die Sanitätscompagnien haben
eine sehr hohe Sterblichkeit durch ansteckende Krankheiten.
Die Verluste der ostafrikaniacben Schutztruppe vom
Beginn der Niederwerfung des Aufatandes bis zum Ende des Reichs-
ommissariats waren hauptsächlzch Folge der AnstreogungeD in dem
ttgewohnten Klima, Der Geaammtverluat der Truppe im Gefecht
betrug (Todte und Verwundete) 21 Europäer und 150 Farbige (= 14
zw. 12 7o). Der Gesammtverlust der Truppe betrug 20 Europäer
ad 208 Farbige = 10 bezw, ll^/^V«. (Deutsche Heeres - Zeitung
Nr. 366.)
Der Bericht über den Geaundheitsstand der französischen
irmee 1889 ergibt, dass bei einer Effectivstärke von 524000 Mann
^«ine Mortalität von 6 7oo hei der Armee im Binnenlaode, in Algier
und Tunis bestand, und dass dieselbe in den letzten 10 Vorjahren zwi-
^Ächen 6,75 und ll;98 7oo achwankte; bei der Armee im Biunenlande
lein betrug sie 5,39 "/oo* Die Morbidität war etwas h5her als im
Vorjahr; aber es besteht keine GleichilSrmigkeit zwischen der Höhe
der Morbidität und Mortalität bei den einzelnen Truppenkörpem.
Von je 1000 Mann der Effectivstärke litten 19 an Bronchitis, 16 »n
Krankheiten des Verdauungsapparats ^ 14 an Malaria, 12 an Rhea-
matismufl, 11 an Typbus, 9 an mechanischen Verletsungen^ 8 an
iahfbaet rf. prad. Medicin. im:t ^
78(1
Schill.
MaserD, 7 an Diarrhoe und Dysenterie, 6 an Brouchopneomonie nn
Pnenmonie, 6 an Mamps, je n an Pleuritis, Tuberculose oder Grippe,
je 4 an Scharlach, Tripper oder Syphilis , 2 an weichem Schanker.
— Die Malaria zeigte vermehrtes Auftreten, Rheumatismus bildet
wegen der Häuügkeit seines Auftretens, seiner Recidive und der Ent-
lasflungen, die er bedingt, ein die Armee ernst bedrohendes Leiden^
Typhus hat zwar nur noch 11,6 %(> (g^ge^i 1Ö|2 %,, im Vorjahr) Mor-
bidität, biidet aber noch die Hauptseuche in der französischen Armee ;
er verursachte noch 1024 Todesfälle {— 1,95 auf 1000 Mann)! Von
350 Garnisonen waren nur 55 typhusfrei, und alle diese 55 waren
nur achwach besetzt; keine hatte über 1500 Mann Garnison. Die
Dysenterie trat mit einer seltenen Heftigkeit auf; in einzelnen Garni-
sonen lasat sich der EinEuas des Wassers auf dieselbe nicht ver-
kennen. Die Tuberculose zeigte trotz sorgfältiger Entfernung aller
Erkrankten aus der Armee noch immer eine hohe Zahl Syphilis
und Tripper sind nach wie vor sehr häuhge Leiden, Die 190 an
Blattern Erkrankten, von welchen 20 starben, waren fast sämmtjich
Leute, welche der Revaccination entgangen waren. (Statistique m4d.
de Tarra^e 1889.)
2. Militär^esnDdfaeitspfle^e.
Daw letzte Jahrzehnt bat eine reiche Fülle von Hand- und Lehr»
büchern der Hygiene gebracht; nunmehr ist auch auf dem Gebiet
der militärhygienischen Lehrbücher eine neue Erscheinung zu ver-
zeichnen: Der Grundriös der Militärgesundheitspflege von
Kirchner, 1. Abtheilung (Braunschweig, H. Bruhn). Das vortreff-
liche Lehrbuch von Roth und Lex» lange Jahre eine Quelle für
alle hygienischen Schriftsteller und Belehrung Suchenden, ist t heil-
weise veraltet, ebenso das Werk von 0. Kirchner, Der vorlie-
gende Grundriss, von welchem erst eine Abtheüung (=: ein Drittel
des Ganzen) erschienen ist, behandelt die Mikroorganismen^ Wasser
und Wasserversorgung, Luft, Witterung, Klima, Boden und Grund-
wasser, Infectionskrankheiten und Desinfection. Die zweite und
dritte Abtheilung sollen umfassen; Kleidung und Ausrüstung, Woh-
nung im Allgemeinen^ Baubygiene, Grund und Boden, Material^ Ven-
tilation und Heilung, Beleuchtung, Beseitigung der Abfallstoffe,
Leichenbestattung, militärische Unterkunft, Kasernen und Bürger-
quartiere, Festungen, Lager und Cantonnementa, Lazarethe, Gefäng-
nisae u. A., Hygiene des Dienstes, Armeekrankbeiten und £r-
aäbrang.
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I
Militärmedicia.
7b7
Eiae auf dem Gebiet der SchifTsbygiene wicbtige Arbeit ist die
yon Hohenberg über die z weckmäsaigste Bekleidung von
Scbiffabesatzungen anter den verschiedenen klimati-
scbeo Verhältnissen, weiche sich auf eigene ErfabxungeD und
die in den Acten des Reicbsmarineamtea enthaltenen Berichte stützt.
Nach Beaprechong der physikalischen Eigenschaften der verschie-
denen Kleidungöstoffe und ihres hygienischen Einflusses werden die
einzelnen Kleidungsstücke für den Seemann unter den verschiedenen
klimatischen Verhältnissen besprochen. Verf. hält für Unterkleider
die Wolle in locker gewebten oder gewirkten Stoßen für allein
zweckmässig; als Oberkleider eignen sich dich tge webte wollene
Stoffe, fiir die Tropen auch heile baumwollene, waschbare Stoffe, für
kalte Gegenden dicke wolleoe Kleider in mehreren Lagen ond Pelze.
Schnitt und Farbe der Kleider ist bei allen Kriegsmarinen fast die
gleiche. Die Unterkleidung besteht ans wollenem Hemd aus weissem
Flanell und wollener Unterhose. Verf. wünscht die Einführung von
zwei Arten Unterzeug: aus gauzwoHenem Flanell für den Norden,
und dünner gewirktem Tricot für die Tropen. BaumwoHebarchend
erwies sich den Italienern in Massaua als ganz ungeeignet Der tiefe
HalBausschnitt der Hemden bietet hygienisch überwiegend VortheUe ;
die Leibbinde ist für die Tropen anentbehrlich, soll aber nur Nachts
und bei ruhendem Körper getragen werden* Von Oberkleidung be-
besitzt der Matrose blaues Zeug und Arbeitszeug. Ersteres ist aus
dunkelblauem wollenem Stoff, letzteres aus weissem, waschbarem
starkem Baumwollstoff gearbeitet; letzteres wird in den Tropen an
Bord fast ausächliessiich getragen, ist aber für Landungen dort selbst
auch nicht geeignet; für diesen Zweck wird ein leichter Anzug aus
blauer Serge empfohlen. Der blaue wollene Ueberzieher^ welcher
zum Schutz gegen Kälte und Nässe dient, gleich dem gestrickten
blauwollenen Halstuch, sollte bis zum Knie reichen* Die sonst sehr
brauchbare blaue schirmlose Tuchmütze bezw. Segel tuchmütze wird
in den Tropen bei Landungen zweckmässig durch den Strohhut oder
besser breitkrämpigen weichen Filzhut ersetzt. Als Fussbekleidung
empfiehlt Verf. zwei Paare Leder- und Segeltuch schuhe und Strümpfe
bezw. Socken. (Marine-Rundschau H* 11 u. 12.)
Feldflaschen und Kochgeschirre aus Aluminium haben
in Plagge einen warmen Vertheidiger gefunden auf Grund zahl-
reicher im hygienischen Laboratorium des Friedrich- Wilhetms-lnstitute
ausgeführter Versuche. Als Vorzüge der Aluminiumfeldflasche wer-
den gerühmt: Leichtigkeit, Rostfreiheit, Ungiftigkeit gegenüber an*
788
Schul.
deren MetaUcompositionan , ün Zerbrechlichkeit gegenüber der bis-
herigen Glasflascbe. Die beobachteten Mängeh Bildung schwarzer
Flecken d urcb gerb saure Fl öasigk ei teo, weisser Flecken durch schwache
Salziösungee, z. B. auch durch gewöhnliches Trinkwasser bei län-
gerem ruhigem Stehen, sind durch zweckmässige Behandlung, even-
tuell durch zeitweise gründliehe Beiniguug mit heiaser Sodalösung,
im schlimmsten Fall mit concentrirter kalter Salpetersäure zu be-
heben. — Die Alnminiumkochgefasse werden zwar von den meisten
Speisen und Getränken angegriiFen, aber nur in geringem und bei
fortgesetztem Gebrauche rasch abnehmendem Maasse, ao dass die in
Betracht kommenden Aluminiummengen pro Mann und Tag nur
wenige Milligramm betragen. Die Aufnahme geringer Mengen Alu-
minium mit den Speisen in den Körper ist nach den vom Verf. an-
gestellten Versuchen und den Untersuchungen von Siem ganz un-
bedenklich. {Deutsche militärärztliche Zeitschr. Nr. 329.)
Für die Verwendbarkeit des Aluminiums für die Aufbewahrung
flüssiger Nahrungsmittel stellt der Leiter des Intendanturlaboratoriums
20 Paris eine sehr günstige Prognose, Er hält es für den häus-
liehen Gebrauch , wie tiir militärische Zwecke für hervorragend ge-
eignet. Luft, Wasser, Wein, Bier, Cider, Kaffee, Milch, Oel^ Butter,
Fett, Urin, Speichel, Erde greifen es weniger an als Eisen, Kupfer,
Blei, Ziok und Zinn. Essig und Seesalz greifen Aluminium an, aber
in aohr geringem Grade. (La France mil. Nr. 2474.)
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Nogier gibt eine Betrachtung über die Morphologie des
menschlichen Fuaaes, welche die Grundlage bilden muss für die
Anfertigimg rationeller Fussbekleidung. In Deutschland haben wir
in der 1879 erschienenen Arbeit von Starke: „Der naturgemässe
Stiefel" eine vorzügliche wissenschaftliche Grundlage für die mili-
tärische Fusibekleiduug. (Arch. de m6d. mil. Bd. 19, S. 337.) Ein
das gleiche Thema behandelndes Werkeben ist das von Beely und
Kirch hoff herausgegebene „Der menschliche Fuss" (Tübingen bei
Laupp), welcbea seine Aufgabe: die Bewahrung der normalen Gestalt
der Füsse und in vielen Fällen die Rückfnhrung nicht allzu ver-
änderter zur normalen, in sehr anregender und practischer Weise
löst. VerC schildern den Nornaalfuss mit seiner der Körpergrösse
entsprechenden Länge und Breite, Sohienwölbung und geraden Zehen-
bildung und die Art, wie ein dieser Form entsprechender Schuh be-
schaffen sein soll Sohlenform, Oberleder^ Absatz finden eingehende
Beachtung. Dem Satze, dass ein alter getragener Schuh das best^
Hülfsmittel für einen verständigen Schuhmacher sei, wird man gern
Militärmedicin. ^ ^ 7jR9
s5SlimmeD nnd die übrigen practischen Regeb für das HasBoehmen
ji&ch der gegebeßen Begrandung voll gelten lassen.
Hiller macht folgenden Vorschlag zur Gresundheits-
pflege des Soldaten: Wie die Pferde jeder Schwadron im
Manöver an jedem Ruhetage nnd in der GarniBon zu bestimmten
Zeiten in Gegenwart des Rittmeisters, Rossarztes und Wachtmeisters
einzeln vorgetlihrt und einer Besichtigung unterworfen wnrdeUj deren
Gegenstand in erster Reihe die Beine bildeten , so solle beim Infan-
teristen eine regelmässige Besieh tigang der Füsse stattfinden. Der
Nutzen einer solchen Massregel bestehe 1) in frühzeitigem Erkennen
und Behandeln von Schäden an den Gehwerkzeugen und dadurch
ermöglichter AbkürzuDg der Behandlungsdauer; 2) in Gontrolle der
vorgeschriebenen Reinigung (Pflege) der Füsse. Erwünscht wäre
auch die Ausdehnung der Besichtigung auf die Hände. Bie Ge-
sundheitspflege des Soldaten fängt mit der Hautreinigung an. *d) Seien
auch Hals und Ohren zu besichtigen, wegen der Häufigkeit der
Furunkel unter der Halsbinde. Seife und Handtuch sollten etat-
mäasige Bestandtheile des Putzzeugs der Soldaten bilden. (Deutsche
militärärztliche Zeitschr. S. 389.)
In dem Werke von F. und R. Putxeys: „La construction
des casernes" (mit Atlas, Li^ge bei Nierstrasz) wird der Stoff in
9 Kapiteln abgehandelt: Lage^ Baumaterial, Systeme, Nebenbauten,
Heizung, Ventilation, Beleuchtung, Wasserversorgung und Entfernung
der Abfallstoffe. Von Kasernen Systemen finden besondere Dar-
stellung die quadratische Form um einen Hof (System Vauban),
die lineare Anordnung^ die lineare Form mit Seitenflügeln, die Ka-
sernen mit mittlerem Corridor, die französiscbe Kaserne vom Typus
1874, welche beute allgemein vernrtheilt ist, ferner die Decentrali-
sationsanlagen: das System der Einzelbauten von Tollet und das
System Gruber und Völkner, Verö. tjrklären sieh durchaus zu
Gunsten der einstockigeo Einzelbauten an Stelle der massiven Ka<
semen trotz des Einwurfs, dass sie den Dienst ersohweren und daas
sie tbeurer seien. Bei beschränktem Raum empfiehlt sich Anwen-
dung des Blocksystems. Der lineare Typus sollte nur für Festungen
und fiir das Innere von Städten zugelassen sein. Den Tpyus der
geradlinigen Anlagen mit rechtwinkligen Seitenflügeln halten Veiff.
nur für bombensichere Gebäude rathsam, und den Rechteckbau mit
innerem Hof verwerfen sie vollkommen. In dem Atlas finden f
Pläne von den Kasernen St. Charles zu Marseille, der Schut
Schill.
Dresden, der Infanterie zu Verviers, der Artillerie zu Brüssel-Etter-
beck, der Carabiniers zu ßrüssel-Scborbeck, des französiacben Typu^
1874, für ein ßegiment zu Bourges nach Tollet. Die in ibrer Art
einzigen Kasernen der Albertstadt bei Dresden , in welcben für
Wobnen ^ Scblafen , Essen , Wascben und Putzen besondere Räume _
vorbanden, und die Scblafsäle in den Seitenilögeln so angeordnet ■
sind, dass sie von drei Seiten Liebt und Luft baben, sind gar nicht
berücksichtigt. Das Buch ist reich an Oonstructionseinzelbeiten auf
dem Gebiet der Heisungs- und Latrinenanlagen« ■
Ein Versuch, Soldaten in einer Winternaoht unter einem
Zelte schlafen zu lassen, ergab ^ dass dieselben in dem auf dem
hartgefrorenen, vom Schnee gereinigten und mit leichter Strohscbicht
versehenen Boden aufgeschlagenen Zelte in gewöhnlicher Winter-
bekleidung und Ausrüstung bei — 13 — Iß^ K. Aussen temperatur von
9 übr Abends bis 3 Uhr früh gut schliefen, sich dann aber durch
Bewegung erwärmen mussten. Im Innern des mit 8 Mann belegten
Zeltes stieg die Temperatur bis zum Maximum von — H^ um 1 Uhr,
(Rev. du cercle miL Nr. 9.)
Zur Unterbringung der französischen Truppen in Dahomey be-
stimmte Baracken sind aus Tann enholzj wasserdichter Pappe, Eisen
und Ziegeln hergestellt Sie haben Doppelwände und eine vom
Dache getrennte Zimmerdecke ; ringsnm aber eine 3 m breite, über-
dachte Veranda. Sie erheben sieh 1,70 m über dem Erdboden und
fassen 40—50 Mann. (Le Progr^s mil Nr, 1203.)
Das Gesammtgewioht der Feldausrüstung des französi-
schen Infanteristen beträgt 28 kg, was entschieden zu viel ist;
es sollte wenigstens der schwere Hokeinsatz des Tornisters weg*
fallen. Das Gewicht setzt sieb zusammen auB dem Mantel 2020 g,
Flanellleibbinde 200. Hoseu uad Träger 1100, Leibbekleidung 1000,
Käppi 280, Halsbinde 30, Hemd ^*50, Schnürschuhe 1800^ Schuhe
1400, zweites HemdD50, Unterhose 340, Feldmütze 52, Gamaschen 130,
2 Taschentücher 50, Mantelriemen 30, Bürsten 110, Löffel 50, Be-
atecktasche 200, Becher 120, Trittriemen 6, Feldflasche 470, Ver-
bandzeug 40, Werkzeug 360, Tornisterbeutel 150, Schanzzeug 900,
Gewehrriemen Uo, 3 Patrontaschen 750 » Leibgurt 706, Tornister
3400, Gewehr 4800, Patronen 3290; dazu kommt Zwieback mit 1200
und Lebensmittel mit 676 g. (La France miL Nr. 2503.)
I
Militärmedfcin.
791
Staecker theilt zwei Fälle von Selbststrangulation mit-
tels der eigenen Halsbiode im Zustande der Betrunkenheit mit
uod kommt, namentlich in ßlicksicUt atif die verhängnissvolle Rolle,
welche die Halsbinde bei anstrengenden Märschen bei grosser Hitze
für den Soldaten zuweilen spielt zu dem Scbluss: 1) dass die Hals-
binde als solche am besten ganz abgeschafft und, um das Durch-
schwitzen der Kragen zu vermeiden, durch einen in den Kragen ein-
genähten Bin den streifen ersetzt werde^ und 2) dass bei Gelegenheit
der Instruction^ solange die Halsbinde noch getragen wird, auf die
GefÄhrlichkeifc der Halsbinde in gewissen Fällen, namentlich bezüg-
lich Entstellung von Hitzschlag, hingewiesen werde. (Deutsche
militärärztliche Zeitschr. S, 31/)
Ueber den Dauerproviant und die Präserven in der
Schiffs Verpflegung und deren Bedeutung für die Schifffahrt
wie Hygiene hat Richter eine eingehende Arbeit veröffentlicht. Als
Daaerproviant bezeichnet Verf, : ein gesalzen es, geräuchertes, getrock-
netes Fleisch, Erbsen, Bohnen^ Linsen^ Reis, Mehl, Gries^ Graupen.
Sauerkohl, eingemachte Schnittbohnen, Backobst und Hartbrod, Das
Pöckelieisch hat wegen der geriugereu Löslichkeit der Fleisch-
fasern nur etwa zu 2,^ vom frischen Nährwerth. Die geräucherten
Fleiachwaaren (ausser Speck) finden wegen des hohen Preises fast
nur auf dem Tisch der Ofüciere und Cajütenpassagiere Verwendung*
Hartbrod hat hohen Gehalt an Nährstoffen, aber faden Geschmack;
sein Verhranch ist durch Einführung von Backöfen auf Kriegs- und
Passagierschiffen sehr eingeschränkt; eingesalzene Schnittbohnen
werden besser durch Dörrschnittbohnen ersetzt. — Von den Prä-
serven sind die durch einfaches Trocknen oder Einsalzen und Aus-
trocknen, mit nacbherigem Mahlen des Fleisches hergestellten Fleisch-
mehle nicht schmackhaft. In Blechbüchsen nach Appert's Ver-
fahren hergestellte Fleischconaerven sind gut, der Geschmack aber
fade, und nach einiger Zeit tritt Widerwillen ^egen dieselben ein.
In der deutschen Marine werden corned beef und präservirtes Eind-
und Hammelfleisch verwendet. Präser v^rung des Fleisches durch
chemische Mittel hat im Allgemeinen für die Marine keine Bedeu-
tung. Ein empfehlenswerthes Präparat sind in Essig eingekochte
Fische. Nach Appert hergestellte Gemüsepräserven genügen allen
Anforderungen; die animalische und vegetabihsche Nahrungsmittel
vereinigenden Präserven haben für die Schiffs Verpflegung keine Be-
deutung, doch sind Höppinger^s Fleischgemüsepräaerven , z, B.
Hammelfleisch mit Kohl, sehr angenehm. — Nachtheile der Ver-
792
Schill.
pflegiing mit Daiierproviant sind ecbwerere Verdaalichkeit und Mangel
an Abwechslung; ikre Beziehungen zur Entstehung von Anämie^
Darmkrankheiten und Scorbut werden ausführlich erörtert,
Bas französische Kriegsministerium will den Soldaten schon im
Frieden an Feldzwieback gewöhnen* Derselbe darf zu 100 g pro
Tag und Mann ausgegeben werden und soll in mundgerechter Zu-
bereitung mit dem Morgenkaffee ausgegeben werden. Die Zuberei-
tung besteht darin, dass der Abends vorher eine Viertelstunde lang^j
in verdünnten gezuckerten und mit E.um vermischten Kaffee ge-
tauchte, dann unter Leinwand aufgestapelte Zwieback am anderen
Morgen zum Kaffee genossen wird. Eine andere Zubereitung be-
steht in Eintauchen in Salzwasser am Abend, Scbwitzenlassen unter
Leinwand in der Nacht und Bereitung einer Suppe aus dem zer-
kleinerten Zwieback unter Zusatz von Zwiebeln, Lauch, Kohl und
dergleichen mit Speck und Butter. (Bull offic, du minist^re de la
gnerre,)
Da der Zwieback dem Soldaten wenig angenehm ist, m&ohte
man in Frankreich vielfache Versuche mit Dauerbrod: gepresstem
oder getrocknetem Brod nach verschiedenen Verfahren bereitet. Dasj
Bispain Serran's besteht aus gewöhnlichem, mit Salzzusatz gebackenem
Brod, welches nach dem Garwerden stundenlang gedörrt und dann
gepreest wird. Es nimmt wenig Platz ein und bleibt gut erhalten.
Das Pain de conserve Perier ist Brod, dessen Gährung verhindert
wird, bis es in den Ofen geschoben wird. Das Pain condense Eon-
Orillon wird aus gewöhnlicbem gegcbrenem Brodteig bereitet, welcher J
unter Druck in verschlottsenen Gefässen gebacken wird, Nachtheilöi
sind : umständliche Herstellung, geringe Dichtigkeit, Zugänglichkeit für
Wurmfraas ; der Geschmack ist vorzüglich. Das Pain comprim^ Ber«
nard wird ähnlich dem P6rier*a durch Abpressen der wässerigen 1
Bestandtheile aus gewöhnlichem Brod bereitet. Alle genannten
Dauerbrod arten sind ans Weizenmehl bereitet. (Milit. Wochenblatt
S. 137G.)
In Italien sind neue Verpflegungssätze eingeführt worden
Jeder Soldat erhält 800 g Brod, 200 g Fleisch, 180 g Nudeln oder^
Reis, 15 g Speck, 20 g Salz, ausserdem Kaffee und eventuell WeinJ
sowie 4 Centimes für Gemüse und Gewürz. (Militärisches Wochenbh]
S. 1060.)
3« Militärkrankeuptiege.
Sudour hat während zweier Masernepidemien in der Garnison
Carcassonne eineHeihe von Tbatsachen ermittelt, welche dafür sprecheni
Militärmedicin»
79a
dass das äeinem Wesen nach zur Zeit noch unbekannte Contagium
l'der MaaexB durch die in den Kasernenquartieren deponirten Keime
[übertragen werden kann, ohne dass es der Gegenwart eines Masern-
Fkranken bedarf^ sowie dass diese Keime mindestens einige Wochen
lang in den Wohnungen sich erhalten können^ ohne von ihrer Wirk-
samkeit zu verlieren. (Bis za 22 Tagen beobachtet) Besondere»
[Interesse verdient die ErkrankuDg eines Mannes^ welcher nie mit
I Hasern kranken in Berührung gekommen war, aber ein Zimmer
Ischeuerte und mit den Betten zu thun hatte, in einem Zimmer, in
['Welchem ein Masernkranker gelegen hatte. Verf. behauptet, dass
[manche Kasernen gegen Masern Immunität zeigten, (Arch. de med.
et pharm, mil Bd. 19, S. 24,)
Der Typhus hat in der i'ranzösischen Armee in dem Jahrt^
1891 wiederum beträchtlich abgenommen. In einem von dem Kriegs-
minister an den Präsidenten der Republik gerichteten Bericht wird
die« mit Recht den ergrifFenen sanitären Massregeln ^ insbesondere
Ider Einführung vorwurfsfreien Trinkwassers zugeschrieben. Die
berüchtigtsten Typhusgarnisonen sind hierdurch epidemiefrei geworden ;
fiberall wo Epidemien von Typhus aasbrachen, lieas eich Verunreini-
gung des Wassers dorch Beschädigang der Röhren u. s. w. nach-
weisen, Es wird berechnet, dass im Jahre 1892 die Zahl der Todes-
ftlle infolge Typhus^ um 50 ö/^^, diejenige der Erkrankungen um GOO'q
gegen den Durchschnitt der Jahre 188(3 und 87 zurückstehen werde.
Wo tadelloses Wasser nicht zugeführt werden konnte, wurden Filter-
anlagen geschaffen. Durch die Aufmerksamkeit der Commandeure
and Sanitätsofhciere und die Vorsichtsmassregein in den Caserne-
ments und bei den Uebungen wird, wie der Bericht ausführt, sicher
mit der Zeit der Abdominaltypbus aus den Kasernen verschwinden,
und die allgemeine Sterblichkeitsziffer der Armee geringer werden.
(Sem. med* Nr* 11.)
Auch in der italienischen Armee fordert der Typhus nach der
einen 11jährigen Zeitraum {1878—88) umfagsenden Zusammenstellung
von Sforza nicht unbeträchtliche Opfer, In den einzelnen Garnisonen
schwankte die Erkrankungsziffer von 3— B3t»/o„ der Kopfstärke; am
schlechtesten stehen Udine und Brescia mit 33 bezw, Sl^^j^j; Neapel
hatte 2y, Rom 10, Mailand 6^^^^ Erkrankungen. Die Sterblichkeit
betrug von 0,5 — ^i^^oa ^^^ Kopfstärke. Die durchschnittliche Mor-
bidität der Garnisonen betrug IS^J^q der Kopfstärke, die Mortalität
22 %0 der Behandelten» (Giorn. med. del r. esercit S. 1,)
794
SchiU.
Arnaud liat das Blut aller 1891 in das Müitärlazareth von
Tanis aufgenommenen Malariakranken uofcersuciit und schliesst
auf Grund von 289 Blutuntersucbungen j 1) daas die verschiedenen
Formen vod Laveran's Hämatobium nur verschiedene Entwicke-
hingBzustände eines polymorphen Parasiten und nicht verschiedene Arten
sind* 2) Die Körperchen in ihren verschiedenen Formen (sphärisch,
mit und ohne Geisöel, halbmoad förmig, rosettenfönaig) findet man in
allen Fällen, wenn man das Blut zu Beginn eines Anfalls untersucht^
und der Kranke noch kein Chinin erbalten bat. 3) Man mnss des-
halb nach dem Hämatozoon so zeitig als möglich suchen. 4) Mit
dem Aufsueben des Malariaparaaiten verbinde man das Fahnden nach
Blutpigment, dessen Wichtigkeit nicht mehr fraglich ist. 5) Auf
Grund dieser beiden symptomatologiscben Elemente kann man die
Malaria stets sicher diagnosticiren. (Archives de m6d. mil. Bd. 20, M
S. 226.) 1
Üeber die Plasmodien bei Malariaerkrankungen hat
Enge eingebende Studien veröffentlicht, deren Ergebniss folgende
Sätze bilden: 1) Der von Laverau im Blute Malaria kranker ge-
fundene tbierische Mikroorganismus ist als Erreger der Malaria-
erkrankungen anzusehen. 2) Nach den bisherigen Untersuchungen
ist anzunehmen, dass der Malariaparasit in drei Unterarten vor-
kommt: a. Haemamoeba malariae, b, Kaemamoeba vivax, c, Laverania,
und es demnach drei Grund typen voü Malariafiebern gibt: die Febris
quartana, hervorgerufen durch die Haemamoeba malariae, die Eebrig
tertiana, hervorgerufen durch die Haemamoeba vivax und das aty-
pische Fieberj hervorgernfen durch die Laverania. Die Febris quo*
tidiana ist nicht als ein Grund typus anzusehen. 3) Die Krscheinungen
der Malartafieber sind anzusehen als Wirkungen der giftigen StofF-
wechselproducte der Parasiten. 4) Die Kenntniss der Malariapara- ■
siten ist namentlich deshalb für den Marinearst wichtig, weil sie in ■
zweifelhaften Fällen das Stellen einer Diagnose aui' Malariafiober ge-
stattet, und es ausserdem möglich erscheint, den Farasitenbefund für
die Malariaprophylaxe zu verwerthen. 5) Wegen der grossen Wider-
standsfähigkeit der Halbmonde gegen U hinin sind Kranke, welche
an atypischen Makriati ehern gelitten haben, vor ihrer Entlassung
aus der Lazaretbbehandlung stets auf Malariapara siten zu unter-
suchen. 6) Die intravenösen Chinininjectionen Baccelli^s sind nur
als letztes Hüüsmittel in verzweifelten Fällen anzuwenden, 7) Die
Methylen blanbebandlung ist zu versuchen. (Deutsche militärärstliche
Zeitflchr. S. 49.)
Militärraedicin.
795
Das in Massaua herrschende Fieber, welches man zuerst
für Malaria, dann für eine Misohform von Malaria und Typhus an-
sah, ist nach Pasquale keine der italienischen Oolonie eigenthüra-
liehe Fieberform j sondern mit dem Fever common continued der
Engländer, welches auch als Erkältuoga-^ katarrhalisches, herpeti-
sehes, gastrisches oder Eintagsfieber benannt wird, identisch. Pas-
quale hält die Krankheit für eine Infectionskrankbeit, doch gelang
es noch nicht, deren Erreger aufzufinden . Geiegenheitsurßachen sind
Erkältungen infolge der auf die heissen Tage folgenden kühlen
Abend winde und niedrige Nachttemperatur und Verdauungsatörungen
infolge von Eingeweidewürmern. Das plötzlich einsetzende und hohe
Fieber dauert meist 1 — 3 Tage und endet kritisch, doch dauert es,
wenn erneute SchädHchkeiten einwirken^ auch bis zu 9 Tagen mit
Inter- nnd Remissionen. Die Prognose ist günstig; es bedarf nur
symptomatischer Behandlung; Chinin ist ganz ohne Wirkung. Die
Reconvalescenz daxiert oft lange; ea besteht Neigung zu Rückfällen.
Es soUen nur Leute mit guter Verdauung nach Masaaua gehen; die
dort lebenden Europäer müssen sich vor Erkältungen und Diät-
fehlern hüten. Malaria kommt in Masaaua nicht vor; anderwärts
erworbene Malaria und Malariakachexie bilden aber bei fieberhaften
Erkrankungen in Massaua sehr erschwerende Complicationen; des-
halb sollen Leute mit Malariamilz erst mit Gbinin behandelt werden,
ehe sie nach Massaua aur Colonialarmee kommen. (Giorn. med, del
r. eserc. H, 11.)
De Santi hat die chronische Diarrhoe der heisäen Län-
der wesentlich auf Grund eigener Beobachtungen in Tonkin mono-
graphisch bearbeitet. Symptomatologie, pathologische Anatomie und
Therapie sind eingehend behandelt. Der Verf, läsat die chronische
Enteritis entstehen aus dem Heimischwerden eines bis jetzt noch
unbekannten epecifiachen Agens in dem durch Malariainfection zuvor
zu einem günstigen Nährboden umgeschaffenen Darmkanal. (De FEn-
terite chronique paludeenoe, Paris, Rtieff & Comp, 216 S.)
üeber die Gefahr für das militärärztiiche und Sanitatöpersonal,
an Cholera und Flecktyphus zu erkranken, hat Erismann im
^Wratsch" interessante Thatsachen veröffentlicht. Wenig bekannt
ist, dass Militärärzte im Kriege häufiger erkranken und in höherem
Procentsatz sterben als Officiere. Von den Infectionskrankheiten
richtet insbesondere der Flecktyphus enorme Verheerungen unter
dem ärztlichen Personal an. Dies bewies z. B. der letzte russisch-
f9(i
Schill.
türkische Krieg. Bei Jaasy erkrankten am Typhus exanthematicas
in der ersten Hälfte des Januar 79 ö'(, aller Hospitaldienerj 67 ^^l^^ aller
Heilgehülfen, and von 8 Aerzten lagen zur Zeit eineß Besnciies des
Verf^'s, welcher den Krieg als Präsident des Sanitätscorps in Romänien _
und Bulgarien mitmachte, 7 krank; alle barmherzigen Schwestern ■
hatten die Kranklieit durchgemacht ^ und von 16 derselben blieben
nur die Wirthschaltsschwestern am Leben. In einem andern Lazareth
zu Jaasy erkraukten an Flecktyphus 60*^i'q der Aerzte, 100 o/^^ der ■
Schwestern, 8lJ% der Heügehülfen und 60— 70ö/o des unteren Pflege-
personals* In Frateschty erkrankten vom Pflegepersoual 427 Per-
sonen; von 300 Pflegedienem bei Eröffnung des Hospitals blieben
schliesslich nur 7 ; alle anderen waren theils gestorben, theils krank
in die Heimath zurückgeschickt. Aehnliche Verhältnisse waren in
Simnitzi, Siatowo und Rasgrad ; an letzterem Orte muaste das Pflege- ■
personal dreimal neu completirt werden. In Bela erkrankten von
18 Aerzten 16, in St. Stephane last alle Aerzte an Flecktyphus und
Recurrens.
In der österreichischen Delegation erörterte Prof. Billroth die
Frage, ob in dem Maasse^ in welchem die Zerstörungsmittel vervoll-
kommnet worden, aüch die Mittel, den Verwundeten zu helfen, zu-
genommen hätten. Billroth hebt hervor, dass auch in einem
künftigen Kriege die hauptsächlichste Aufmerksamkeit der Militär-
äraste den Ge wehrprojectilen gebühre, da diese etwa 80% aller
Wunden herbeitÜhrten ^ während die Artilleriegeschosse nur 15%
und blanke Waffen nur b^'^ nach den Erfahrungen des deutsch-
franÄÖöiscben Krieges hervorriefen. Ob dieses Verhältniss durch die
neuen Geschosse und das rauchlose Pulver eine Verschiebung er-
leiden werde, könne zwar Niemand aus Erfahrung beurtheilen, aber
infolge der stärkeren Percussionskraft werde die Zahl der Scbwer-
verletaten, znmnl der Knochenverletzten ^ bei Massenkämpfen wahr*
scheinlich eine grössere sein als früher. Die von Manchen vertretene
Ansicht, die Verluste würden nicht so gross sein, da man aus sehr
grossen Entfernungen mit recht schlechten TreflzaJilen schiessen
und mehr dahin streben werde, den Feind aas seinen Btellungen
herauszumanövriren, theilt Billroth nicht, da eine Truppe ohne be-
trächtliche Verluste ihre Stellung nicht aufgeben werde, und gum
Herausmanövrireo immer günstige Terrain Verhältnisse und eine wenig-
stens locale Uebermacht gehören. Beim Kampf grösserer Truppen-
körper gegen einander würde die Zahl der Verwundungen weit grösser
sein, abgesehen von dem Fall, dass hei besonders günstigen Terrain-
I
I
I
I
Militärmedicin,
797
Verhältnissen die Deckung des angegriffenen Trupp enkörpera selbst
beim Kückzug günstig sei. Es sei aber gar ntcbt nothwendig, auf
die schweren Verletzungen besonderes Gewicht zq legen, da diese
wohl die Behandlung erschwerten, für den Feldherm aber, fUr den
nur die absolute Zahl der Verletzten entscheidend sei, nicht mehr
■ Gewicht hätten, als die leichten Verletzungen, deren erhebliche Ver-
' mebrung durch die neuen Waffen mit grösater Wahrscheinlichkeit
vorauszusagen sei. Die weitere Tragfähigkeit der Geschosse habe
1^ die Verbandplätze die wichtige Folge, daas dieselben mehrere
hundert Schritte weiter zurück verlegt werden müssen als bisher,
natürlich aber auch jetzt in Anlehnung an ein Haus, einen Graben,
ein Stück Wald, Die grössere Zahl der Verwundeten und der
' weitere Transport zum Verbandplatz bedingen eine bedeutende
Vermehrung der Träger^ welche in der österreichisch-
ungarischen Armee schon an sich eine ausserordentlich
geringe und unzureichende sei, ja es werde überhaupt
nicht mehr möglich sein, die Verletzten vom Scblachtfeld durch
Träger wegzubringen, wenn sich das nicht auf Tage hin er-
strecken solle; es müssten eine grosse Anzahl leichter Wagen
bereit sein, um die Verwundeten nicht uur in die Feld-
lazaretbe, sondern schon vom Schlachtfelde wegzufahren. Der
Einwand, welchen alle Kriegsminister in Bereitschaft hätten,
.grosse Schlachten seien wie Naturereignisse, denen man nicht be-
gegnen könne, sei nur bedingt richtig. Man könne weDigstena für
die bisherige Kampfesweise die Verluste scbätzen. In der Schlacht
bei Graveiotte - St. Privat habe der Sstündige Kampf 5000 Todte
und 15000 Verwundete gefordert, wovon er etwa 5000 als Schwer-
verwundete reebne. Hätte eine Trage mit awei Trägern den Weg
vom Schlachtfeld zum Verbandplatz lOmal gemacht — eine unwahr-
'acheinliche Annahme — so seien 500 Tragen mit 1000 Trägern
nöthig gewesen; doch da die Deutschen als Sieger auch die verwun-
deten Franzosen zu versorgen gehabt hätten, so seien 1000 Schwer-
^ verwundete durch 2000 Träger zu befördern gewesen. Solche
len seien nicht durch Träger zu bewältigen, zumal ja natür-
lich Hülfs vereine in der ersten Linie nur wenig thun könnten;
auch landesübliche Gefährte seien , abgesehen von der schlechten
Lage der Verwundeten auf ihnen, selteo aufzutreiben, es bleibe also
nur die Vermehrung des Trains übrig. Den Einwand aller hohen
Militärs, bei einer entsprechenden Vermehrung des Trains sei das
Heer zu schwer beweglich , will B i 1 1 r o t b nicht gelten lassen.
Weiterhin fordert Billroth noch die von Mundy warm befürwortete
79S
ScbiJL
Einfübruog vod elektrischen Beleuohtctngsapparaten^ mit
welchen das Schlachtfeld bei Nacht behufs Aufsuchen der Verwun-
deten strichweise zu beleuchten sei (Frankreich^ England und Deutsch-
land besässen diese Apparate) und die Wiedererrichtung des Josephi-
numS| dessen Aufhebung ein sehr grosser Fehler gewesen sei. Das
Aussetzen von Studienstipendien und Commandtrung an Kliniken
könne eine militärärztliche Akademie nicht ersetzen. Es fehle ins^
besondere der militärische Corpsgeist, infolge dessen der Arzt dem
Officier gegenüber nicht die gehörige Stellung habe. Die militär-
ärztliche Akademie aolle sieb nar auf die klinischen Semester er-
strecken und dem Institute ein möglichst grosses Material an Verletzungen
zugewiesen werden, Bie Österreichische militärarztliche Zeitschrift ^Der
Militärarzt**, welcher die vorstehend im Auszug wiedergegebene Kede
Billroth^s im Wortlaut bringt, führt dieselbe mit einigen Sätzen ein, in
welchen hervorgehoben wird, Billroth habe mit sicherer Hand einige
Gebrechen des Österreich! seh -angarischen Militärsanitätswesens bloss-
geiegt; der verbindliche Dank des Kriegsministers für die erhaltenen
„Impulse" werde hoffentlich nicht an dem Widerstand des Finanz-
ministers wie bisher scheitern , denn es sei nicht anzunehmen , dass
der Kriegsminister von seinen berufenen Fachorganen über die Notb-
wendigkeit der Ausgestaltung der Sanitätshülfsmittel im Unklaren
gelassen worden sei. Leider habe es sich Billrotb entgehen lassen,
die dringend nothwendige Verbesserung der Verhältnisse der Militär-
ärzte in den Kreis seiner Besprechung zu ziehen.
Prof. V. Bardeleben bat in einer im Königlichen Friedrich-
Wilhelms -Institut zu Berlin gehaltenen Rede die kriegs-
chirurgische Bedeutung der neuen Geschosse,
und zwar bezüglich der vorauösiobtlich von ihnen zu erwar-
tenden Wirkungen und bezüglich der Mittel erörtert, mit denen
der Feldarzt ihnen entgegenzutreten haben wird. Das Schlacht-
feld der Zukunft wird mehr denn je der Schilderung ent-
sprechen: Jam Corpora procumbunt humi truncata» Membra täte dis-
persa Stern untUT. Manat undique cruor. Salus una restat man-
bundis: vocant hominis aroioum, Ecce cbirurgusl" Im Wesentlichen
werden nicht Hieb- und Stichwunden, sowie Verletzungen durch
grobes Geschütz, wohl aber die modernen Gewehrgeschosse dem
feldärztlicben Handeln neue Aufgaben stellen. Wir haben es jetzt
zu thun mit einem GeschosS) welches mit ungemein gesteigerter
Geschwindigkeit und mit relativ sehr kleiner Berührungs-
fläche aufschlägt, welches wegen der Härte des Mantels nur wenig
und selten deformirt werden kann. Dies Oescboss mit den eben
4
MiliiäroiediciD.
79i»
Bzeichneten EigeDBchaften wird nach den Gesetzen der Physik nicht
Inr Wunden von geringerer Weite erzeugen, sondern auch solche,
|ie nur wenig gequetscht sein werden* Ist der zu überwindende
Widerstand nicht zu gross, so wird aus dem getroffenen Theile ein
cylindrisches Stück iocheisenförmig herausgeschlagen ^ aber nicht als
Ganzes, sondern in tausend Stocke zermalmt durch die Ausschuss-
öffnung hinausfiiegen. Die Heilung einer solchen Wunde wird, wenn
sie nicht verunreinigt ist, wie bei einer Schnittwunde erfolgen , wie
Redner in einem Falle in seiner Klinik beobachten konnte. Die
geringe Quetschung der Wunde birgt aber auch Gefahren in sich;
selteneres Auftreten spontaner Blutstillung und öftere Verletzung
grösserer Pulsadern, so dass die Zahl der Getödteten erheblich steigen
wird. (In dem einzigen Krieg, in welchem kleinkaliberige Geschosse
verwendet wurden, im chilenischen Bürgerkrieg, soll die Zahl der
Todten viermal grösser gewesen sein als die der Verwundeten.)
Für die Verletzungen des Skeletts ist noch ein dritter Factor neben
den obengenannten, welche f&r Weichtheilverletzungen allein in Be-
tracht kommen, zu beachten: der Widerstand, welchen der ge*
troffene Theil dem Geschoss entgegensetzt« Die Grösse dieses
Factors entzieht sich zur Zeit bei der Un Vollkommenheit unserer
Kenntnisse von der Festigkeit, Biegsamkeit und Elasticität der ein-
zelnen Röhrenknochen der Berechnung. Practische Schiessversuche
auf Thiere und Leichen (Br uns, Kikuzi, Habart^ Delorme und
Cbavasse) entsprechen bezüglich der reinen Fleischscbüsse den ge-
hegten Erwartungen; Schädelschüsse bestätigen die von Beger be-
gründete Lehre von der Bedeutung des hydraulischen Drucks, Die
Epiphysen der Röhrenknochen erlitten bei Schüssen bis 400 m fast
stets erhebliche Splitterungen, bei Schüssen aus grösserer Entfernung
glatte SchuBskanäle. Die Diaphyse erlitt durch Schüsse aus grosser
Nähe (bis 100 m) stets völlige Trennung ihrer Continuit4t mit aus-
gedehnter Splitterung, selbst durch Streifschüsse; bei weiterer Ent-
fernung ist die Splitterung geringer , die Splitter sind grö^^ser und
durch die Knochenhaut susammengebalten, ja es werden einfache
Schrägbrüche und Durchlochungen beobachtet. Bei über 800 m
werden Sprengwirkungen immer seltener. Rinnenschüsse , einfache
Schrägbrüche, lochfbnnige Durchbohrungen verdrängen die Splitter-
brücbe^ welche^ wenn vorhanden, geringe Ausdehnung und grosse,
von Knochenhaut zusammengehaltene Splitter haben. Bei über 800 m
werden selbst Schädellochschüsse beobachtet. Der Vorzug der
neuen Geschosse vor den alten, die geringere Sprengwirkung^ erklärt
sich leicht aus der grösseren Härte ^ gerui^<&t^\i ^"akKös^stk. xssä.
800
Schill
grösseren Geschwindigkeit. Als Ursache der Zersprengung der
harten Mittelatücke der Röhrenkoochen sieht Redner nicht den hydrau-
lischen Druck, sondern die Elasticitat des getroffenen Theiles an. Das
neneOaschoBs ist also michtsOf^human^^, wieihmiiacbgesagt
wird, denn es wird in gleichen Zeiträumen und unter
sonst gleichen VerhältniBsen mehr Menschen tödten und
verwunden als das alte; aber die Verletzungen, welche ea
macht, werden, wenn sie nicht sofort tödten, dem
Wundarzte im Grossen und Ganzen ein erfreulicheres
Feld erspriessliüher Thäligkeit bieten. Im Bereich des
ieiudlichen Feuers wird die Fortschaffung der Verwundeten die
Hauptaufgabe der ärztlichen Leitung bilden. Wenn auch ge-
fährliche Blutungen auf dem Schlachtfeld selbst gestillt, zer-
schossene Knochen geschient werden müssen, die eigentliche ärztliche
Tbätigkeit kann erst auf dem Verbandplatz, dessen richtige Wahl
das Wohl Tausender entscheideo kann, beginneii. Auch dort darf
bei der spärlichen Zahl der Aerzte und der Masse der Verwundeten
nichts geschehen, was nicht wirklich noth wendig ist: dringende Ge-
fahren, als Blutungen^ Erstickungsnotb, schwere Knochen- und Körper-
höhlen Verletzungen, verlangen schnelles, zielbewusstes Handeln; die
meisten Verwundeten bedärfen ausser Lagerung and Bedeckung der
Wunden mit anti- oder aseptischem Verbandmaterial nichts bis zu der
möglichst schüellen Ueberführung in das Feldlazareth. Amputationen,
Hesecttonen, Trepanationen werden zu den alleräuss ersten Vorkomm-
nissen auf den Verbandplätzen gehören. Durchsuchen der Wunden
nach Bruchstücken von Geschossen, welche entstehen können, wenn
das Geschoss vor dem Eindringen in den Körper auf einen Stein
aufschlug, darf selbstverständlich auf dem Verbandplatz nicht statt-
finden. Liegt Anlass vor, eines der neuen Geschosse^ welche selten
in der Wunde stecken bleiben und selten Kieiderfetzen in die Wunde
treiben, aus einer Wunde zu entfemeu, so werden schmale, schlanke
Kornzangen zu benutzen sein^ wenn man nicht vorzieht, den Schuss-
kanal aufzuschlitzen. Die gewöhnlichen und amerikanischen Kugel -
Zangen werden nur beim Ausziehen von Bleistticken, nicht dem von
ganzen Geschossen zu verwenden sein.
In einem auf dem letzten Chirurgencongress gehaltenen Vortrag
über die kriegschirurgische Bedeutung der neuen Feuer-
waffen hebt Bruns hervor, die Kenntniss der Wirkung der Ge-
sohosse auf den menschlichen Körper muss ein Theil der ärztUchen
Kriegsbereitschaft sein. Als £igenthümlichkeiten der neuen Ge-
schosse (gleichviel, ob aus dem Lebel-, Manlicher- oder Mauserge wehr)
I
I
I
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I
I
I
Miiitarmedicin.
ÖUI
fld zu bezeichnen : enorm gesteigerte Durcbschlagskraitj verminderte
Erschütterung des Ziels, veränderte Beschaffenheit des Schusskanals
und eine durch die grössere Geschwindigkeit gesteigerte, durch das
kleinere Kaliber aber und geringe De formir barkeit herabgesetzte
Sprengkraft in flüssigen Zielen. Bruns unterscheidet mit Delorme
und Habart drei Zonen der Geschosswirkung: Die erste bis auF
400 m ist die Zone der explosiven Wirkung, welche furchtbar schwere
Wunden aufweist (aber doch geringere als die früheren Bleigeacbosse),
Inder zweiten Zone (auf 400 — 800 m) iehlen die Erscheinungen der
Explosiv Wirkung^ welche nur noch bei Schädelechüssen hervortreten;
die Yerletsungen sind weniger ausgedehnt und mit geringerer Zer-
trümmerang verbunden. In der dritten Zone (8(X) — 12(X) m) kommt
der günstigere Charakter der 8chuss Verletzungen am meiatea zur
Geltung: es entstehen reine Defecte mit engen ^ glatten Schusskanälen.
Indireote Schüsse werden infolge Deformirung des Geschosses oft
farchterliche Verletzungen hervorrufen* Die Zone der tödtlichen
Schüsse reicht annähernd so weit wie die Tragweite der Waffe:
B — 4000 m. Verf glaubt, dass künftige Schlachten blutiger werden.
Bezüglich des Heilungsverlaufs stellt Bruns für einfache Fleisch-
schüsse, Lungenschüsse, Gelenkschüsse, Durchbohrungen der platten
und kürzen Knochen^ ja selbst der Splitterbrüche der Röhrenknochen
aehr günstige Resultate in Aussicht. Die ärztliche Thätigkeit in
der ersten Linie werde sich etwas verändern: infolge der nöthigen
weiteren Verlegung hinter die Feuerlinie würde der erste Wund-
verband oft verzögert werden, was indess, da die Wunden bei der
Eigenart der gesetzten Verletzungen länger aseptisch blieben, nicht
allzu schwer in das Gewicht falle. Die eigentliche ärztliche Thätig-
keit beginnt auf dem Verband platze. Bei der Seltenheit blinder
Schusskanälö und des Steckenbleibens von Geschossen entfalle das
Ausziehen von Kugeln, und auch andere Operationen seien auf Fälle
dringender Lebensgefahr eingeschränkt. Die meisten Verwundeten
bedürfen nur der ärztlichen Desinfection und der Bedeckung der
Wunden mit anti septischem oder aseptischem Verbandmaterial.
Langenbuch*8 Vorschlag, bei Leichtverwundeten an Stelle des
aufsaugenden Verbandes den hermetischen Wund verschluss durch
Heftpflaster oder Wondnaht zu setzen, verwirft Bruns, (CentralbL
f. Chir., Beil. zu Nr. 32.)
üeber dasselbe Thema hatte das Correferat Eeger. Derselbe
bespricht eingehend die seit 1870/71 angestellten Schiessversuche,
unter welchen bekanntlich seine eigenen einen ganz hervorragenden
Platz einnehmen, und die durch dieselben erreichten richtigen An-
lahrbucJ) d. pracL Medicin. ih^. ^V
W2
SchiU.
schaonngeii über Gesdiosswirkung, Den Habar tischen Schiess*
vereuclien misst er volle Beweiskraft bei, während er die von Bruns*
Kikuzi, Obauveau, Delorme, Chauvel und Nimier als nicht
einwandfrei bezeichnet. Sodann macht Heger auf den weit*
verbreiteten Irrtham aufmerkfiam, dasa voo allen Schüssen, welche
in die Zone des hydrauliaohen Drucks fielen — gleichviel ob sie
tangential oder voll den Knocken treffen — heftige explosion saitige
Zerstörnng zu erwarten sei, welche nur bei voller Eröffnung der Mark-
höhle und entsprechender Entfernung auftrete» Durch das neue Pulver
werde die Durchschlagskraft der Geschosse erhobt, und die Zone des
hydrauljBchen Drucks ungünatig beeinfluast. Die beste Prognose er-
geben die Schüsse der platten spongiösen Knochen, der Gelenke and
durch die Lunge. Bei den U uteri eibsschüssen hänge der Effect
wesentlich ab von der Füllung der Eingeweide und der Entfernung,
da leere, luftgefüUte Därme nnr mit kleinster Verletzung durch-
Hchossen werden, welobe event. Kothauatritt nicht gestatte, Gelass-
verletzungen und sofort tödtliche Schüsae würden procentual seltener
werden, das Steckenbleiben von Geschossen nur auf den Endbahnen
des GeechoBses auftreten. Das Resultat werde also gegenüber den
Wirkungen des alten Bleigeaehosses ein befriedigendes sein. — Die
Wunden würden im Allgemeinen wegen der engen Schusskanäle,
der kleinen Ein* und Ausgangswunden einer Verslopfung durch
Blutgerinnsel forderlich, einem Eintritt von Mikroorganismen hinder-
lich sein und deshalb bessere Prognose, einfachere, in kürzerer Zeit
anzulegende Verbände zulassen. Gliedabsetzungen würden selten
sein. Dem Hauptverbandplatz sollen nur die unaufschiebbaren Ope-
rationen, Amputationen, Unterbindungen, Tracheotomien, Versorgung
vorgefallener Eingeweide, Einlegen von Kathetern, die übrigen Opa-
rationen dagegen dem Feldlazareth zufallen. (Ibid,)
MesBoer prüfte die Frage, ob die Geschosse beim Verlassen
des Laufes infolge der Erhitzung steril seien ^ indem er mit Rein-
culturen von Staphylococcus pyogenea, von grftnem Eiter oder Pro-
digiosus inficirte Geschosse auf 125 und 250 m mit voller Pulver-
ladnng auf Büchsen, welche mit Koches Nährgelatine gefüllt waren,
abschoss. Alle mit Inficirtei^ Kugeln beschossenen Büchsen zeigten
im Schusakanal der Nährgelatine Bacterienentwickelung , ebenso
Büchsen, welche über dem Pergamentdeckel einen FlaneUüberzug
trugen, welcher inficirt war, (Ibid.)
Lauenstein weist darauf hin, dase durch möglichste Beiniich-
keit an Körper und Kieidung der Soldaten bessere Aussichten für
die Heilungen von Wunden geschaffen werden konnten* (Ibid.)
ik
MilitarmediaiD,
8oa
Seinen Vorschlag, die Wunden der Leicktverwundeten auf dem
Scblachtfelde direct durch Nalit oder PMaster fest zu schliessen^ be-
gründet Langenbuch in einer besonderen Arbeit. Er glaubt^ dass
von allen Verwundeten ^/g zu den Leichtverwundeten zu reebnen
sind^ und dass bei diesen wegen fehlender Blutung und SecretabE^on-
[derung ans der frischen Wunde Gaaecompreaaen und Binden nicht
fest haften, sondern sich leicht verschieben. Es soll nun jeder Soldat
in einer lackirten Blechdose in steriler Watte eine eingefädelte ver-
nickelte Nadel und zwei Kautschuk pflaster tragen ^ mit deren Hßlfe
Aerzte wie hülfa ärztliches Personal^ welches mit Nadelbalter und
Scheere ausgeriiatet werden solle, sofort Naht, bezw. Verschlnaa
durch PÜaster anlegen könnten. Versuche am Lazaruskrankenbaus,
die weder mit Antiaepticis gewaschene noch rasirte Wunde sogleich
durch Naht zu schliessen, tubrten zu guten Resultaten. Anti- und
Asepsis lassen sich nach Langenbuch bei der grossen Menge der
Verletzten nicht durchführen, und eine ßertibning der Wunde beim
Nähen lasse sich durch Ausrüstung des Hülfspersonals mit Nadel-
haltern vermeiden.
In Spandau-Kubeleben fand am 2, April 1892 nach einem ein-
leitenden Vortrag des Hauptmanns y. Heyking, in welchem er auf
die Untersuchungen von Bruns, Habart, Delorme, Ghavasse
u. A. einging, welche er, weil mit abgebrochener Ladung auf ver-
kürzte Entfernung geschossen wurde, für nicht einwandfrei hält, ein
Belehrungsschiessen für Sanitätsofficiere statt, bei welchem auf Holz-
balken, Brustwehren ana Sand, Erde, Dünger, gesiebtem Sand, Eisen-
platten, Aesten, Blechbüchaen, Schweinsblasen, Thonwürfel, Knochen
und thieriscbe Körpertheile geschosseo wurde,
Ueber kriegssanitäre Vorgänge im letzten chileiiischen
Bürgerkriege hat auf Grund eigener Beobachtungen Marine-
oberstabgarzt Prinz berichtet. Im Allgemeinen wurden von dem
8 nun klein kalibrigen Mehrlader sehr gerühmt die grosse Durch-
schlagskraft, die grosse Präcision und Rasanz, sowie die auf 500
bis 650 m sichere TrefFfähigkeit, die leichte Handhabung der Waffe,
die Solidität und Güte der Ck^nstruction, Die Schusawunden waren
im Allgemeinen klein, glatt, rein, ohne schwere Quetschung der
Ränder, ohne grosse Zerreissung, selbst nicht an der Auaschuss-
Öffiiung, Fremdkörper sollen nur sehr selten durch das öeschoss
mitgerissen gewesen sein. Deformirungen der Geschosse kamen
selten vor und dann vielleicht nur durch A uff seh lagen auf Steine.
Die moralische Wirkung der Ueberlegenbeit der neuen Geschosse
war eine auffallende. (Deutsche mil,-ärztl Zeitachr. 8, 425/^
804
Schill
Dass die von vielen Autoren auf Grund von Beobachtungen
bei zufälligen Verletzungen und von Lei cbenschiess versnoben be-
hauptete humanere Wirkung der kleinkalibrigen Gescbosae sich
auch im Kriegsfall zeige^ konnte Stitt im chileniscben Bürgerkrieg
um so sicherer beobachten^ als ibm gleichzeitig zahlreiche Verwun-
dungen durch gross kalibrige Gewehre vorkamen. Der Stahlmantel
des MannlicbergeBcbosaes hatte sich nur in einem einzigen Falle
vom Hartbleikern abgestreift. Infolge der glatten Oberfläche ist
das neue Gescboss sehr leicht verschieblich, so dass es bei Ex-
tractions versuchen oft nicht gefunden wurde, trotzdem es kurz vor-
her genau seiner Lage nach bestimmt worden war. In dem Hospital
St. Augustini welches über 20«X) Verletzte aufgenommen hatte, blieben,
nachdem alle durch klein kalibrige Geschosse Verwundeten längst
entlassen oder evacuirt waren, 300 ausschliesslich durch grosskalibrige
Geschosse Verwundete zurück. (New York med. Record, 6, Febr.)
I
Ueber die Behandlung durchbohrender Bauchwunden
hat Luhe eine sehr eingehende, die reich© Caauistik vortrefflich
verwerthende Arbeit ve r offen tl ich t. Als Endergebniss seiner Be-
trachtungen stellen sich folgende Sätze dar t 1) Bei allen durchbohren-
den Bauchwunden ist der Bauabschnitt angezeigt, und zwar sowohl
in der Krankenhaus- als in der Hauspraxis, sowohl im Krieg als
im Frieden. 2) Derselbe ist so bald als möglich auszuführen, in
den Verhältnissen des Krieges womöglich schon auf dem Verband-
platz^ verspricht aber auch noch im Feldlazareth gute Erfolge.
3) Dem Bauchschnitt hat Durcbmuaterung der Bauchhöhle und
cbirurgiBche Behandlung der vorgefundenen E in ge weide wunden zu
folgen. 4) Die vorläufige Anlegung eines widernatürlichen Afters
durch Befestigung der verwundeten Darmschhnge an der Bauch-
deckenwunde ist unter Umständen, besonders auch durch den Mangel
an Zeit, gerechtfertigt» (Deutsche mil.-ärztL Zeitschr, S. 145.)
Auf Orund von Versuchen an Hunden verwirft Chaput bei
Darmwunden die exspectative Behandlung, welche 50—00%
Mortalitöt babe, während er bei Hunden, welchen Darmwunclen bei-
gebracht waren, ICW^ Heilungen hatte. Die von Senn vorge-
schlagene Feststellung des Bestehens penetrirender Darmwundeu
durch Wasserstoffgas^ weiches, in den Mastdarm eingeleitet, beim
Entweichen aus der Bauchwunde angezündet wird, gelingt wegen
des Widerstandes der lleocöcalklappe nur bei sehr hohem Druck,
welcher die Gefahr in sich birgt, dase aus unvollkommenen voU-
irommene Perforationen entstehen und beginnende Verklebungen
J
Krilitarmedldn*
805
I
zerrissen werden* Chaput will Senn's Verfahren durch vorsichtiges
Sondiren der Bauch wnnde und Probelaparotomie ersetzen. Beim
Absuchen des Darmes nach einer Perforationsstelle soll man Irgend
eine DünndarmschHnge hervorziehen, durch deren Mesenterium eine
fioblsonde führen und nun bis zum Duodenum bezw. Cöcum hin
den Darm absuchen, wobei man jede gefundeue Perforation durch
Klemmpincetten fasst tind dann näht. Zur Reinigung des Bauch-
fells empfehlen sich besser trockene antiseptische Schwämme als
antt- oder aseptische Flüssigkeiten. Bei stärkeren Blutungen soll
die Aorta von der Bauchwunde aus digital comprimirf werden, bis
die blutende Stelle unterbunden ist. Darmwunden, welche mehr als
ein Viertel des ümfangs des Darmrokrs betragen, sollen mittels
einer anderen gesunden Darmschlinge geschlossen werden, welche
etwa 20 cm ober- oder unterhalb der Perforation liegt und durch
doppelte Etagennaht mit den Wundrändern vereinigt wird. Dasselbe
Verfahren iäast bei doppelter Perforation, doppelt angewendet, die
Resection des verletzten Darmstücks umgehen. Zwei dicht zu-
sammenliegende Perforationen werden in eine grössere Wunde ver-
wandelt^ und diese durch die beschriebene Einpflanzung einer ge-
sunden Darmschlinge geschlossen. Diese Einpflanxungsmethode hat
Chaput 18mal bei Hunden, stets mit Heilung, ausgeführt. (Gaz»
des höp, Nr, 138.)
Auf Grund von zwei Schussverletzungen des Unterleibs aus
Kraske's Klinik spricht Zimmer sehr entschieden für sofortiges
operatives Vorgehen bei Verletzungen der Baucheinge-
weide. In den beschriebenen Fällen wurden Magen- und Cöcum -
Perforationen durch die Naht mit Erfolg geschlossen* Der eine Fall
ging durch Verblutung aus einer Milzwuode zu Grunde* (Bruns'
Beitr. z. kiin. Chir. Bd, 8,)
Jn einer nach einer Comminutivschussfractur des rechten
Oberschenkels zurückgebliebenen Fistel sahSeydel sich nach
20 Jahren ein Sarkom entwickeln^ welches die Absetzung des
Beines nöthig machte. (BeibL zu Nr, 28 des Centratbl. f. Chir.)
Einen neuen elektro-mikrophonischen Kugelsucher hat
Klein angegeben. Derselbe besteht aus einem Telephon, einem sehr
handlichen Quecksilberoxj^dulelement, zwei Holzheften, vier Nadeln^
zwei Knopfsonden, einer Kugekange und drei Leitangsachnüren. In dem
einen Holzheft beiludet sich eine Knopfsonde, in dem anderen eine
Nadel, beide sind mit dem Element verbunden. Die Sonde wird in den
806
ßchill.
Wondkanal emgeftihrt, und die Nadel in dassen Nähe eiagastochen.
Beim Berühren von Metall dorch den Sondenkopf entsteht eio deut-
liches Gerfiusclu Bei fehlendem Wuodkanal sticht man zwei Nadeln
nahe bei eiDander in das Gewebe auf die Kugel ein. (ÄerztL Poly-
tecbnicum, März,)
Kaufmann stellte Unters uchungeo an mit der von Bell er-
fundenen tölephonischen Sonde und der von Hughes ange-
gebenen Inductionawage zum Nachweis metallischer Fremd-
körper. Er hält die telephonische Sonde für die sicberste und ein-
fachste (überall leicht zu improvisirende, wo sich ein Telephon findet)
Kugelsonde* Bei Berührung des Fremdkörpers mit der Sonde hört
man einen hellen Ton oder ein kratzendes Geräusch im Telephon.
Auch die Inductionewage findet hohe Anerkennung; für manche
Fälle empfiehlt sich die Anwendung beider Unterauchuiagsmetboden.
(Wiesbaden, Bergmann.)
I
I
I
Als Ergänzungsband zu seinem ^Handbuch der kriegs-
chirurgischen Technik*^ hat Professor v. Esmarch in Verbindang
mit Kowalzig eine ^^Chirurgische Technik^ b erausgegeben ^
welche eine vollständige Operationslebre darstallt Der Grundsatz,
durch bildliche Darstellung der Operationen lange Beschreibungen
zu sparen, ist mit Glück und Consequenz durchgeführt. Das Buch
wird neben der kriegscbirurgisckan Technik und Porfslmprovisations-
technik in der Ausrüstung des Feldarztes willig einen Platz finden.
Die VerwundungeUi welche fünf Landwehr] eute durch
Platzen einer Granate beim Einsetzen in das Rohr am 18. Juni 1890
in Swinemünde erlitten, bat Brettner eingehend geschildert. Sie be-
trafen Kopf^ Qesicht, Augen, Brust und obere Gliedmassen und
waren bedingt durch Sprengstücke, Pulverkörner, fortgeecbleudertes
Holz, Verbrennung und Fall (Deutsche mib-ärztl. Zeitscbr. S. 473.)
Eine Stichverletzung der Vena jugularis externa und
interna durch ein Messer, deren Ausgang nach ausgeführter Üntar-
bindung unter dem Schutze der Antisepsis ein günstiger war^ schil-
dert Körting^ weicher darauf hinweist ^ dass der Arzt sich einer
schweren Verletzung schuldig machen würde, welcher eich bei Ver-
letzung der grossen Halavenen auf die Wirkung eines Tarapona ver-
lasaen wollte , auch wenn unter dessen Emfiuss die Blutung beim
Eintritt in die Behandlung zum Stehen gelangt ist. (Deutsche mil.-
ärztl ZeitBchr. S. 97,)
Miliiarmedidn.
807
Nieb ergall berichtet von einer wiederholten Laparotomie,
welche an einem Jäger ausg;eführt wurde, der sich selbst mit dem
Hirschfänger in den Unterleib g68tochen hatte. Der den ersten
Verband anlegende Lazarethgehülfe hüllte die vorgefallenen Darm-
schlingen in trockene Snblimatgaze, worauf der Transport in d&a
Gamisonlazareth stattfand. Dort wurden von Prof. Braun die etwa
2 m vorgefallenen, unverletzten Därme desinhcirt, durch einen
züT Wände senkrecht angelegten 7 cm langen Schnitt in der Linea
alba in die Bauchhoble znrückgehracht , und Catgutetagennaht an-
gelegt. Nach der binnen 15 Tagen erfolgten Heilung that der Ver-
letzte 9 Monate Dienet; dann traten innere Einklemmungserscbei-
nungen auf, welche eine abermalige Laparotomie ndthig machten,
durch welche die Ursache der Erscheinungen, ein von der Gekrös-
wurzel entspringendes, eine Dtinndarnu^chlinge abquetschendes Band,
welches sogleich unterbunden und durchschnitten wurde, entdeckt
wurde. Nach der in 4 Wochen erfolgten Heilung wurde der Mann
mit einer Felotte auf der Narbe aus dem activen Dienst entlassen.
(Deutsche milit-ärztl. Zeitschrift, H. 8.)
Die Entfernung des Hauptverbandplatzes von dar
feindlichen Feuerlinie setzt Ha ase auf250Om in der Hegel an;
je nach der Gefechtelage würde er sich 1300— 210<) m hinter der
eigenen Feuerlinie befinden, doch ist diese Entfernung zu verringern,
sobald sich genügende Deckung für den Verbandplatz findet. Der
Wagenbalteplatz wurde etwa 1600 m von der feindlichen Fenerlinie
entfernt sein müssen. Den zwischen ihm und der Fetierlinie sich
bewegenden Rranken trägem läset sich ein Schutz nicht gewähren.
Den Verlust derselben, welcher 1870 nur 6,6 ö^^ betrug, berechnet
Haase auch für die Zukunft als nicht sehr belangreich. Die vor-
handene Zahl der Krankenträger hält Haase, da er ein Mehr
von höchstens M% Verwundeter in Zukunftsschlachten annimmt, in
Anbetracht der seit J870 erfolgten Vermehrung, nach welcher jet^t
jedes Armeecorps 11 BS Krankenträger ond Hilfskrankenträger hat,
für ausreichend, {Chirurg, CentralbL Nr, 32, Beibl.) Für die Nacht-
arbeit der Sanitätedetachements empfiehlt er kleine tragbare elektri-
sche Lampen und im bedeckten Gelände Verwendung von Spür-
hunden. Die deutsche Sanitätsorganjsation verfügt in der ersten
Linie über 45CXJ3 Mann gut ausgebildeten niederen Sanitätspersonals
(Lazarethgebülfen , Krankenwärter, Krankenträger und Trainmann-
scbaften der Sanitätsfahrzenge).
808
Schill.
Ecot hat eine gründliche Studie über die Herrichtung von
Gebrauchswageo zum Verwundetentraneport veröffentlicht.
Als Vorarbeiten bezeichneter: 1) Sorgfältig© Listeofuhrung über die
Evacuation der tran&portabeln Verwundeten, 2) Auswahl genügender
vier- und zweirädriger Wagen» 3) Weitere Eintheilung der Wagen nach
den Specialzwecken, zu welchen dieselben dienen sollen, und zwar: a. Zu-
rückstellen der geforderten Wagen für Schwerverletate; b. Zusam-
menstellen der Wagen I welche einer elastischen Suspension bedürfen ;
0, Bezeichnung der Wagen für die sitzenden Verwundeten; d. für
liegende Verwundete; e. für sitzende und liegende zusammen, 4) Be-
achtung folgender Vorsichtsmassregeln: Berechnuüg des Inuenraums
der Wagen und der Zahl der verfügbaren Plätze, Verstärkung der
Wagen wände durch feate Qaerstäbe, Bedeckung der Wagen zum
Schutz gegen Sonne, Regen und Wind, Rücksichtnahme auf die Zu-
gängliclikeit beim Beladen^ Ausstattung sämmtlicher Wagen mit je
zwei Reißigwellen, Hacke und Schaufel für schwierige Wegstellen. Er
bespricht dann die Einrichtung der Wagen für Sitzende oder Leicht-
verwundete (durch Stroh, Längsbänke, Querbänke^ zusammengebun-
dene Stühle, Rücksitze), sowie für Schwerverwundete, die Herrich-
tung der französischen Park wagen (in diesen will Ecot die Ver-
wundeten in einer und nur im Nothfali in zwei Etagen unter
AnweDdung einer modificirten S mit haschen oder der Port'schen
Methode transportiren), sowie der Packwagen Modell 1887. Beson-
ders eingehend ist die Verwendbarkeit von Matratzenstahlfedern für
elastische Aufhängung und Aufstellung von Tragen studirt. (Arch,
de m6d, mil Bd. 20, S, 204.)
Jacoby macht zur Reform unseres Verwnndetentranaport*
Wesens im Felde den Vorschlag, jede Trage nur von drei Mann be-
dienen zu lassen ; er hat eine Krankentrage construirt und beschrieben,
welche 7*'.^ Pfund weniger wiegt als die vorschriftsmässlge Feidtrage;.
er glaubt, die Trageteistung der Krankenträger dadurch um l^j^ km
täglich zu erhöhen. (Deutsche mil.-urztl. Zeitschr. S. 499.)
Im Auftrage des Königlich Bayerischen Kriegsministeriums hat der
Verf. des bekannten Taachen buche der feld ärztlichen Improvisations*
tecfanik, Port, eine Anleitung zu ärztlichen Improvisations-
arbeiten verfasst Das mit zahlreichen instructiven Abbildungen ver-
sehene Werkchen behandelt die Herrichtung von Schubkarren, zwei-
rädrigen Hand- und Baukarren, vierrädrigen Handwagen, Leiter- und
Brücken-, sowie Eisenbahnwagen iür den Verwundetentransport, die
Einrichtung von Fluss- und Kanalschiflen für den gleichen Zweck, diÄ
Militännedicin.
809
{erstellung von gewöhülichen und Stuhlbahren, die ImprovisatfoE voq
Verbänden^ Bettgalgen, Zug Vorrichtungen, BeckenheberD und -Stützeu,
Dammstützen, ReifeDbahreii, Krücken und LaterneUj gibt auch Wink©
über Kostzubereitung und ErrichtuDg von Oefen aus Backsteinen.
Auch für die Landpraxis dürfte maecher Hinweis recht gut ver-
werthet werden können. Von der Herricbtung einrädriger Fahrzeuge
zum Verwundet ent ran sport, welche sehr zeitraubend und doch un-
sicher ist, wird aber wohl kaum jemand Gebrauch machen, (Port^
Anleitmig zu Improvisationearbeiten, Stuttgart, Enke, 48 8,)
Von dem Gentralcomite der deutschen Vereine vom rothen Kreuz
wurde, wie wii^ dem von Menger erstatteten Bericht entnehmen,
ein transportables Barackenlazareth zu Tempelhof vom L Juli
bis 31, December 1891 zur ErprobuDg der dauernden Gebrauchs-
fähigkeit der Dock ©raschen Baracke aus Pappe und der Doppel-
Ißegeltuchbaracke des Königlich preuesiöchen Kriegsministeriuma einge-
richtet Es bestand ans sechs Baracken, von denen drei je 16 Kranke
aufnahmen, während die vierte Operationszimmer, Apotheke, Bade-
l^inrichtung, Pflegerinnenraum, die fünfte Geßchäftszimmer für Aerzte,
ate, WäBchekammer und Pflegerwohnungj und die sechste Küche^
iWaschraum und Speisekammer enthielt Die Pappebaracken be-
anspruchen zu ihrer Herstellung sehr lange Zeit und können deshalb
^im Kriegsfall nicht raech geiiefert werden , sie besitzen aber grosse
Dauerhaftigkeit, lassen sich gut desmüoiren und abwaschen, sowie
gut heizen. Die Doppelsegeltuchbaracke ist rasch herstellbar, luftiger
als die Pappbaracke und bei Beschädigungen leicht wieder herzu-
stellen. — Auf Grund der günstigen Ergebnisse des Versuchs fasste
das Centrakomit(& den Beachluss, für den Ernstfall schon im Frieden
50 Kranken- und 30 Wirthschaftsbaracken unter Aufwendung von
400000 Mk. zu beschaffen, so dass sofort für 1000 Verwundete Unter-
kommen geschaffen ist. (Meng er, Das transportable Baracken-
lazareth zu Tempelhof.)
Ein heizbares Winterzelt für Verwundete stellte Düms
lauf der Ausstellung für das rothe Kreuz in Leipzig aus. Dasselbe
rbeeteht aus zwei über einander gezogenen Krankenzelteu der Kriegs-
sanitätsordnung. Zwischen den beiden Zelten bleibt 30 cm Luftraum*
In Frankreich wurde ein fliegendes Fei dl azar et h hergestellt,
welches 20 Lagerstellen umfasat und auf drei zweispännigen Wagen
(jeder wiegt beladen rund 1000 kg) transportabel ist. Es ist 19 m
lang, 6 m breit und wird aus im breiten Rahmen, welche eine
doppelte Lage Oellulose tragen, gebildet. Es erhebt sich auf einer
810
SchilL
auf den drei Wagen ruhenden Plattform. Das Dach besteht gleich*
falle aus Rahmenatlicken mit CellulosefülluDg, von welchen je zwei
auf dem First durch Charnlere verbunden sind. Zur Aufstellung
brauch au einige Mano etwa eine Viertelatußde. ( Militär wochenbL
8. 139.)
In die Lazarethgehülfentasohe will Düms, um eine gründ-
liche Reinigung der Hände des SaDitätsunterpersonals bei Hülfe-
leistungeu im Manöver zu ermöglichen, ein Stück Seife tind eine
antiseptische Bürgte aofgenommen wissen. (Deutsche milit-arztL
Zeitschrift S. 440,)
Bungartz schildert in einem Büchlein f^DerHund im Dienste
des rothen Kreuzes" (Leipzig, Twietmeyer)| wie er sich die Heran-
ziehung geeigneter Hunde (am besten schottischer Schäferhunde]
1) zum Aufsuchen Verwundeter, 2) zum Botendienst, S) zum Fort-
schaffen von Verwundeten denkt Den hauptsächliehöten Inhalt des
Baches bildet die Belehrung darüber^ wie der Sanitätshund zum
Gehorsam zu erziehen ist und Versteckte bezw, Verwundete auffinden
lernt. In den Vorschlägen des Verf.'d über die Verwendung des
Sanitätehundes im Kriege sehen wir sehr viel unserer UeberzeuguDg
nach im Ernstfall Undurchführbares. Die Kapitel über Dressur,
Pflege oad FCktterung sind offenbar mit grosser Sachkunde ge-
scbrieben.
Longuet und Schneider schildern eingehend den englischen
Sanitätsdienst Das Militärlazareth zu Netley dient einmal zur
Aufnahme der aus den Colonien evacuirten Kranken , sodann aber
zur Aosbildting der Militärärzte. Letzterem Zwecke dienen ausser
VorlesongeQ ein chirurgisches Museum^ ein hygienisches und bac-
teriologischeß Laboratorium. Eben dort besteht auch ein besonderes
Militär-Irrenhaus. Ein den im Krimkriege erlegenen Aerzten ge-
widmetes Denkmal nennt bb Opfer der Cholera, des Typhus und des
feindlichen Feuers, Sodann werden das Militärlazareth zu Wool-
wich, die Kasernen zu Cbelsea, das Lager von Aldershot, das De-
pot und die Schule des „medical staff corps" , die K ranken träger-
compagnien und das Feldmaterial der Sanitätsformationen eiogehend
beschrieben.
Ein Wort zum Schutz geisteskranker Soldaten glaubt
8chaefer an das Officier- und Sanitätsofficiercorps richten za sollen^
da die wiÄsenachaftlichen Errongenachaften der Psychiatrie im Mili-
I
1
d
M liitärmedicin. ~^^^^ 811
tirwBseo keine praktischen Folgen gehabt hatten. Die vom Varf
gemachten Vorschläge beziehen steh anf die Recratining^ Belehrung
der Ofßciere über gewisse psychiatrische nnd besonders criminal-
^psychologische Anschauungen, Einfügung der Psychiatrie in den
Fortbüdungscnrs der Militärärzte , Commandirnng der Aerzte von
grösseren MUitärgefangnisden nnd Arbeiterabtheilnngen 2— 3 Jahre lang
an Irrenanstalten I Berofang eines psychiatrisch gebildeten Militär-
arstee in das Oentrnm der Militar-Medicinalverwaltung, (Stuttgart,
Lata. 8*», 120 Sj
Auf die relativ grosse Zahl simulirter Leiden in der Armee
weist Benz 1er hin. Unter ihnen sind die von Augenleiden am in-
teressantesten. Verf, schildert einen Fall von simulirter einseitiger
Blindheit nnd die bei demselben angewandten Verguche von B a b 1-
Hückhard, Burchardt, Heiter, Heller, Miller, Michaud|
Berthold u. A., denen in ihrer Gesammtheit auch die darchgebU-
detsten und stndirtesten Simulanten nicht gewachsen sind. (Deutsche
mait&r&rztliche Zeitschr. S. 31.)
Von dem namentlich für militÄrärztUohe Zwecke sehr brauchbaren
diagnostischen Farbenapparat von Wolffberg, bei welchem
der Lichtsinn nicht direct^ sondern der quantitative Farbensinn, ge-
messen durch den kleinsten Winkel, unter welchem eine Farbe noch
erkannt wird, gemessen wird, ist die 3. Auflage erschienen,
„Die practische Diagnostik der Simulationen von Gefuhk-
iähmung, von Schwerhörigkeit und Schwachsichtigkeit^ von Bnr-
chardt, ein Werk, welches auf reiche Erfahrung sich stützt, ist in
3. Auflage erschienen; es wird dem Militärarzt wie dem Arzt der
Krankenkassen gleich gute Dienste leisten. (Berlin, Enslin; mit
Stereoskop 15 Mk,)
Nimier bespricht den Einfloss des schnellenden Fingers
auf die Militärdiensttaugüchkeit. Nach Erörterung des Wesens des
Leidens und der über seine Entstehung aufgestellten Hypothesen
kommt er zu dem Schlüsse, dass verdchiedene Zastftnde unter dem
Begriif dea schneUendeo Fingers beschrieben worden sind, welche
indess stets die klinische ErscheinuDg boten, dass Flexion oder Ex-
tension oder eine dieser Bewegungen der Finger eine plötzliche
Unterbrechung erfahre, an welche sich eine plötzliche ruckweise
Ansföhrung der begonnenen Bewegung anschüesst Nimier hält
ee für wahrscheinlich, dass eine sorgfältige Analyse der charakter
«tischen Erscheinungen und der verschiedenen Begleiterschelnu
812
Schill.
unter Beachtung der Aetiologie und der EntwickeluQg des Leidens,
vielleicht auch der Heilerfolge zu einer exacten Diagnose und zur
Aufstellucg verschiedener Abarten des schnellenden Fingers fuhren
werde. (Arch. de med. mil. Bd, 19, 8. 53.)
De Santi beobachtete einen plötzlichen Todesfall nach dem
Genasse von 120g 5%iger Ca rh Ölsäure (6 g reine Carbolöäure),
Der Tod erfolgte 10 Minuten nach dem Genaase des Giftes. Die
Section ergab intensive Coogestion des Venensystems und aller Brust-
und Bauche ingeweide, welche an Volumen und Gewicht zugenommen
hatten j Fehlen von Gerinnseln in dem Herzen and den grossen Ge-
fassen, schwarzes, flüssiges, klebriges ßiut und Oarbolgeruch im
Magen und Darm, Verf. bespricht an der Hand der sehr grossen
Litteratur über Carboltod die drei besonders auffälligen That-
Sachen: 1) die geringe caustische Wirkung des Giftes auf den Ver*
dauungskanal, 2) die Plötzlichkeit des Todes, 3) die Geringfügigkeit
der tödtlichen Dosis. (Arch. de m^d, mil. Bd, 20, S, 64.)
Sachregister.
1
k.
Alböminiirie bei Diphtherie 303
Albuminurie bei Pneumonie 304
■
Abftszia 666,
Alexie, subcorticaie 166.
^^H
Ab<luceusIähmuTig^ primäre einseitige
Algerien 667.
^^H
inlracranielle traumatische, infolge
Alkohol^ Ei weiss ersparend 61.
^^^^
TOD Basißfractar 176.
Alkohol, Nierenreizung durch 305.
^^H
Abfübnnittel 289.
Aiküholisraos als äliologiachea Mo-
H
Abort, crimfneller 709.
ment für Psychosen 214, 216,
jl
Abort nach dem Tode de« Fötns 712.
Alkoholismus. Epilepsie bei 216.
Alkoholismns^ Folgen für die De-
Abwafser^ Desinfectiop städtiacher
mit Kalk 746.
acendenz 216-
AcoeaBonoslähronng bei Syringonaye-
Allylsulfocarbamid gegen Liipns 481,
De 181.
Alopecia areata 478.
Accommodation 76, 5<M, 508.
Alpen., klimatiache Curen in den 664.
Acidität des Magens, Beeinfltiasang
Altmann'sche Zellgranula, Verände-
durch Therapie 282, 283,
rungen der, bei Nekrosen 108.
Acidam tannicum 651.
Aluminium, Verwendung zu Ess*,
Acne syphilitica 496.
Trink* und Kochgeschirren 765,787.
ActinomykoBf 102, 291, 354.
Aluronol 125, 487, 605.
Acosticue, Beziehung zum Kleinhirn
Amblyopie bei Hysterischen 532.
169,
Anaemia infuntilis pseadoleucaemica
AcnaticQSf Erkrankungen dea 546.
448.
Adenokyatom, miiUiloculäres 120.
Anaemia splenica im Kindesalter 449.
Adenokyetoin der Niere 315,
Anämie, acute, Kochsalz inj ectionen
Aderliaat, Gefäfisvertheilang der 503.
^cgen 6(>4.
Aentekammern 727.
Anämie, perniciöse, nach Ictenis 330.
Aerztevereine 728.
Anämie, Behandlung der acuten 127.
Aertte, Zalil 726.
Anämische Zustände 326.
Aerztliche Improvisationsarbeiten 808.
Anästhesie, locale, bewirkt durch
Aetherschwefelsäxire im Harn und
Rückenroarkläaioncn 179.
^ DarmdesinJectioD 286.
Anaigen 646.
^^Aethylchlorid 632.
Anatomie, chirurgische 2.
^V Agathin 646.
Anatomische Folge zu stände iiu
1 Ainhnm 474,
Rückenmark nach Entfernung der
1 Akinesia algera 207.
motorischen Centren 75.
1 AlaUe 195.
Anatomische Lehrbücher 1.
d
l AlbmniDurie 298, 299, 300,
Angina, prodromale 583.
1
814
Sachregister.
AngiokeratonQ 473.
ÄcophtbalmuP 1J3.
Anorexie, byeti^rische 194.
Anticiiolerin 34ü.
Antimon 618.
Antimyceton 632.
Anti nervi B 650,
Antipyrin als Ursache eines Exan-
thems 470.
Antipyrin bei acuten Hahentaöndnn-
geti 577.
Antithermin 647.
Antriim mastoideara, Beiold'pche Per-
foration des 567.
Aortennneürysma 202.
Aphagie 195,
Aphaaie 164, 165, 166.
AphabieundTflubh*eitniitSehwundd<r
eBtsprech enden Rinden fei drr 167,
Aphakie infolge von Waßsermangel ^
im Geliirn 165.
Aphasie, senForiacbe 166,
Aplasie der Geaclilecbtsorgane 114.
Apotbekeo^ Be^timmnngen über Ein-
ricbtung und Belneb 731.
Apolbeken, Verlegung von 730.
Apotliekenwe^^en, Verataailicbmig 730.
Apotheker, Lehrzeit 735.
Apotheker, Standes Vertretung 730,
Apparat zur Behandlung der Skoliose
136.
Apparat zur Bekämpfung von Knie-
gelenkscontraciuren 137*
Aproaexia iiasblis 411.
Aqua calcia bei Diphtherie 430,
Arbeiter Wohnungen 736.
Argfntnm nunc um gegen Gonorrhoe
486.
Argin P.
Ariatol 6*26.
Ariatalbeb and lang der Tnberculaße
238.
Arni^ Dracklähmang des 192.
Arsen gegen Cholera 838.
Arsen gebrauch , Braun färbung der
Haut durch 485, 615.
Ar.'^enikläbmung 615*
Arsenik Vergiftung, Verhalten der Le-
ber bei 614.
Arieria pulmonalis 20.
Arteria thvreoidea, Unterbindung der
143.
Arten ae popliteae, Aneurysmen bei-
der 156.
Articulatio cricoaryiaenoidea, primäre
EnfEündung der 592.
Aryknorpel, zitternde Bewegung wib-
rend der Reppiralion 5Ö6,
ArsEueiausöclilÖge 471.
Arznei tax e 731,
Asaprol 642.
Ascariden im Darm 344.
Aficarideneier im men&chl, Darm 419.
Ascari^ lumbricoides 420.
Ascites, freier 39i*.
Aseptische Lösung^ milde 126.
Aseptisches Wund verfahren 124.
AsparBgin-Queckeilber 614,
Aephyxie der Extremitäten 471.
Astaeie-Abasie 195.
Asthenopie, nervöse 531»
Asthma bronchiale 246.
Aethma bronchiale, Complication mit
Lungenschwindsucht 245.
Asthma nervosum 43.
Ataxie, cerebrale 172.
Athmung, Chemismus 46,
Athmung, nervöse Regulation 48.
Atlas, Internationaler, seltener Haut-
krankheiten 461,
Atresia ani uterina et vesicalls 114.
Atrophie auf dem Wege dea Reflexes
159,
Atrophische Lähmung 193.
Ätropin, Wirkung auf das Hera 259.
Ätropmkeradtis 521.
Audiphon 546.
Augapfel, Verlust des erkrankten 688.
Auge, Bewegung infolge rfympathicos-
reiiung 78,
Auge, hysterische und organisch be-
dingte Störungen der Functionen
des 195.
Auge des Neugeborenen 30.
Augenerkrankungeu infolge von Na-
sen rachenraumerkrankungen 519.
Augenheil künde , Balneotherapie in
der 662.
Augenheilkunde, Lehrbäoher 497,
Angen Untersuchung bei Milteloh rei le-
rn ng 566.
Auswurf, Ptlege des 661.
Autoin tüxicationen 284.
Axillarislähmung 192,
B,
Bacillen, Wirkung Uniter 96.
Bacillus pyocyaneufl 94, 549.
Bacteriämie bei Neugeborenen 93«
Bacterien, Ausscheiden aus dem KC
per 88.
^H ^^^^ Sachregieter. ^Hi^ 816 ^^B
W Beeterien, EindriDgea in den menfich-
Bevölkerungsbewegung 755. ^^H
1 lieben Orgatiic^mufi Sf).
ßewegiingsorgane, Anatomie 4, ^^H
1 Bäcterien^ EinEuss des Lichtes auf
ßezold'sche Perforation des Antrum ^^H
1 auf 743,
mastoideum 567. ^^H
^^ Bacterien, Eintltise des Ozon aof 742.
Bildungehemmung bei Neugeborenen ^^H
^H Bacterieu^ Mortjhologte 85.
451. ■
^VBacierieD, Physiologie 86.
BillrothWbes Verfahren der opera- H
Baclerieji, Uebertragung durch Ver-
tiren Behandlung der tuberciilöseo ■
erbuDg 87.
Gelenke 132. M
Bacterien, V'orkommen im mensch-
Bmdebaut, Croup der 515, ^^^M
lichen Körper 86.
Binoculares Sehen 504. ^^^|
Bacterien, Wirkungsweise 88.
Blasenektopie 152. ^^B
Bacterien in der Milch gesünder
Blasenkatarrh, Behandlung mit Salol H
Fraoen 8^,
650. ^^
BacterieDaasflcheidung aus dem Or-
Blasenscbeiden^stel Operation 391. ^^H
^m ganismuB 31X2. i
Blasenstein, Auflösung dea hamf^auren ^^^M
^^B Bacteri en p rod q cte , vasomotori sehe '
durch Emser Wasser 672, ^^^|
^ Wirkung 498.
Blasentumoren, Exstupation von 154. ^^^|
Bacterium coli comtntine 93, 98,
Bleivergiftung 180, 217. ^^1
Bftdeanetalten 761.
Blennorrhoea neonatorum gonorrhoi* ^^^|
Badeorte, Hygiene der 661,
ca 384 V
Bäder, schlesiacbe 760.
Blnt, Pathologie des 328. ^^B
Balken tu moren 17(1.
Blut, Veränderung durch Medica- ^^H
Balneologt'Di'ongrefi» , deutscher 660. ;
mente 35. ^^^|
^^K BalneologencongreEF^ ungarischer 660.
Blut, diastatisches Ferment im 35. ^^^|
^^g Balneotherapie d. Augenheilkunde GG2.
Blut, speci Uschis Gewicht 34. ^^H
^^ Bai-acken im Felde 790.
Blutbildung 37. ^^H
l Baracken] azaretb^ transportables 809*
Blutgerinnung 36. ^^^|
^v Bar]ow*5che Krankheit 444.
Blutgerinnung in den Körperhöhlen ^^B
^P Baaedow Vhe Krankheit 143, 198,199,
bei tödUicben Verletzungen 686. ■
^■^ 580, 598.
Blutkörperchen, Menge der rothen 33. H
I Ba^isfractor, AbducenaJähmuiig in-
Blutkörprchen , Vermehrung beim ^t
^_^ folge von 176.
Aufenthalt im Hochgebirge 663. ^^^t
^^fc Bafisorinpasle 481.
Blutkörperchen, Zahl der weissen S7. ^^^|
^^k Bauch, Anatomie 1.
Blutnachweis, t^törende Einilü0se 681. ^^^|
^B Bauch, ScbussTei letzungen 690, 691.
Blutserum , bacterienTemicbtende ^M
^^K Bauch, Stichverletzungen 690.
Kmft 89. ■
^Hf Bancheingew^ide^ Verletzungen 805.
Blutsei um, giftzeretörende Fähigkeit H
^m Bauchhöhle, Tamponade der 397.
üo. ■
V Bauch mas^age 289.
Blutserumtherapie 659. ^^H
1 B&uchoperationen 290.
Blutunterauchung bti Magenkrank- ^^H
1 Bancbspeicheldrüee 297.
beiten 281. ^^M
L Baachwunden, Behandlung durch-
Blut Veränderungen durch Gebrauch ^^H
^K bohrender 804
von Quecksilber und durch Sypbi- ^^H
^B Bauordnang in Frankfurt 748.
lis 611. ^H
^H Becken, Architekiar 13.
Boden, Verhalten zu Typhusbacillen ^^H
^H Becken, Asymmetrie des weiblichenl3.
744. M
^ Becken Organe, normale Lage der weib-
Bogengangseymptome, Beziehung zu ^^H
lichen 24.
Klein hirni^ymptomen 539. ^^H
Begräbniss platze, Anlage und Erwei-
Borax 631. ^H
terung 723,
Braehycephalen,Tiefer^tehender mitt- ^^H
Beözinvergiftung 706.
leren SebädeJgrube recbterseits ge> ^^^|
Benzoesaures Guajocol 643,
gen links 537. ^^H
fienzonapbthol 126, 2B3.
Bradycardie 259. ^^H
BenzoEiol 643.
Brom 623. H
Bergkrankheit 663.
ßromäthylnarkofie 621, ^^
^^M ^k; SachregiBter, ^^^^^H
^H Bromoform 431, 432, 619, 62a
Cephalaematoma neonatorum 453.
^H Bromoformvergittnng 432, 620.
Cerebellum, geröse Cysten im 173.
^^m BronchioldrüseD, Hypertrophie der
Cerebrospinale Syphilis, muliiple 165.
^M
CerebrospinalllüBsigkeit 75.
^^M BroDchialmuskdn 43*
Cerebrospinalmeningitis 552, 553»
^^m Bronchien, Bezieh uiigen zwischen der
Cerrix uteri, traubiges Sarkom 110.
^^m Arteria [itilmoDalia und den 2Ü.
Chairou'sches Zeichen 193.
^^B Bronchopneumonie 97.
Chalazion 96.
^H Bruchband 136.
Charcot-Rübin'sche Kry stalle in den
^^B Briicke, Herdeikrankungeti der 171.
Fäces 2111,
^^H Bf u^taneurysma , Beziehungen icu
Cheiropompholyx 472.
^^m LuugeDblQtungen 26 L
Chemische Reizung von motorischen
^H Brnstdrüsc. Paget'Bche Erkrankung
Nerven 69.
H
Chiasma 5Ü3.
^^H BrustfellentEUndtiBg^ eiterige 249.
Chinin gegen Malaria 353.
^^B Brustwarzen, Uornplatten aut'den4B2.
Chinin in der Kinderpraxia 456.
^H Brnstwarten, überzählige 18, IB,
Chirurgische Technik, Handbuch von
^H Bülau'^che Aepirationsd rat nage 250,
V, Esmarch 806.
^^m Bulbarlähmung 175.
Chlorätiiyl 632.
^^M BuJ&äfparaJyse 175.
Chloroformium medicinale Pictet 633.
^H Bulbus olfactoHus 28.
Chloroformnarkose 109, 634.
Chloroforra-Bromäthyluarkose 623.
^^^K
Chlorxinkhjsung bei Diphtherie 430.
Cholecystitis im Anschluss an Typhus
^^^^ Cachexia strumipriva 119, 598.
344. ■
^^m Caissonarbeiter, AlTection der 178.
Cholera 332^342, 635, 644, 650, 659. ■
^^m Calcaneua und Talus, Zugänglich-
676, 737, 773, 7H5. ■
^^M tnachung ohne Verletzung von Ge-
Cholerabaciilus, Giftwirk ung^ des 99. 1
^^M fassen und Nerven 160,
Choleradejectionen , Behandlung der U
^H Calci um f)u] fit gegen Tonsillitis 577.
312. H
^H Calomel gegen Cholera 338.
Choleranephritis 120. B
^^m Camphernaphtholinjeciion in acrophn-
Choleraniere 304. ■
^m lose Driläün 131.
Choleravibrionen , Jodoformwirkui^^^J
^^B Cantharidin 657.
gegen Culturen von 626. ^^^B
^^B CantharidiDpÜaster bei Hals- und
Cholesteatom 112. ^^H
^^B Ohrenkrankheiten 577.
Cholesterin fett 462. ^^H
^H Canthßridinsaure Salze bei Larynx-
Chorea. Aetiologie der 200. I^H
^^B tuberculo^e 577,
Chorea, Behau d hing mit Ejcalgin 200^^H
^H Oarbolaäure, Vergiftung durch 812.
647. 1
^^B Carcinoin, primäres in der Eauten-
Chorea, Emlluss der Jahreszeit auf
^^B grübe 170.
200.
^^fl Carcinoma uteri, palliative Behand-
Chorea, pathologische Anatomie der ■
^H luiig mit Aikohol 385.
200. ■
^^B Carcinome, Uultiplicitär primärer 474.
Chorea chronica progressiva 201. fl
^^B Cardiatgie 276.
Choreanephritis 304, 409. ■
^^B Card iopneuma tische Bewegung 43.
Chorioideal Sarkom 523. V
^^B Castration wegen Osteom alacie 381.
Cinchonidinum e«uifuricuro 353. 1
^H Castration uterine 395.
Circulationsstörungeo beim epilepti- ■
^^B Cataracta pyramidalis 527.
sehen Anfall 198. ■
^^B Cauterisator, vereinfachter 134.
Cladothrixformt-n 102, ^^B
^m Cecite verbale 167.
Cocain 522, 657, ^^M
^H Ceutralnerrensyitem, Veränderungen
Cocain um phenylicum 657. ^^^|
^^B und Altersbestimmungen von Blu-
Coffein 655. ^^H
^H ttingen im 107,
Collap^Edetir 224. ^^M
^H Centrifuge zur ünteranchnng der Fü-
' Coüin'scher Transfufleur 604. ^^M
^^t ces 287.
"" 1
^^^^V mi^^^^^f S^iiregiater, ^l'J H
Comedonen 467.
Darmdesinfection 125, 286. 1
Cömmimitivschü38fractiir 8Q5.
Darmein klemmung 290. H
CommotiQ retinae 530.
Darmepithelzellen des Regenwurma H
Compendiiini der normalen Anato-
57. ■
mie VOD Voll 1.
Darmfäulniss 286, 287. ^^H
Comppnditim der vt'rg:leichenden Ana-
Barminvagination 290. ^^^t
iomie von Rawita 3.
Barmkanal, Bau bei Kindern 414« ^^^|
Condurango in der Tlierapie des
Darmklemme 138. ^^H
MageDS 283.
Darmkrebs 149. ^^H
CüojuBCtiva, breite Exciaion 517,
Darmmassage 289, ^^^^|
CünjuDCtivitj.s, chronische 514.
DarmneurüE^en 291. ^^^|
Conjunctivilis, chirurgieche Behand-
1 »armparasiten 291. ^^^H
lung der granulöflen 517.
Darm Perforation, operative Behand> ■
Conjunctivitis diphtheritica 515.
lung 348. ^^M
CoD^angumität in der Angenheil-
Darmperforation bei Typhus 344. ^^H
künde 533.
Darmtyphus 342. ^^H
^H Confierven^ Kupfergehalt 771.
^V Comeatriibungen 523.
Darm Verdauung beim Menschen 53, V
Darmverletzung 148. H
Corpora amylacea 109.
Darm verschluss, acuter, Behandlung ■
Corpora versicolorata s. Virchowii 109.
mit Quecksilber 610, J
Corrigenden , Geisteskranke unter
Darm wunden 804. ^^^|
223, 224.
Dauerbrod 792. ^^H
Colitis, auf epecifischer Basis ent-
Defecte, angeborene 452. ^^^^
standene 159.
Delirium tremens 215, ^^H
Cntnkncepbalometer 134.
Dementia paralytica infolge von Blei- ^^H
Cramocerebrale Topographie 27.
ver^nftung 217. ■
Craniotoniie und Craniektomie bei
Dementia paralytica, S}^hilis als 1
Idiotie 231.
Factor der 219, 220. ■
Creoün 338, 639.
Dementia paralytica und Neuras Ihenia ■
CreoflOt 235, 440, 577, 642.
cerebralis, Ditlerentiaidiagnoae 221. H
CreoBotkUanien Revillet's 236.
Dermatitis herpetiformis 469. ^^H
Cresolkalk 641.
Dermatol 288, 457, 485, 616. ^H
Crimineller Abort 709,
Dermatol in der Ki n der praxi s 457, ^^H
Croup der ßindebaut 515.
Dermatol Vergiftung 616. ^^H
Croup der Nasenschi eimhaut bei Kin-
Dermatomyome 475. ^^H
dern 411.
Detentionslieber im Kindesalter 451. H
Croup, Löirier's Bacillen b» reinem 584.
Diabetes mellitus 59, 300, 317, 319, ■
Curpfu schere i 735.
320, 322, 3'i3, 450, 492. ■
Cutis laxa 47 G,
Diabetes mellitus syphiliti&chen ür- ^
Cy an Vergiftung, Behandlung mit Ka-
Sprungs 492. ^^H
lium hypermanganicum 607,
Diabetes im Kindesalier 450. ^^H
Cystenniere 120.
Diabetes infolge Pankre^sexstirpa- ^^B
Cystische Lebererkrankung bei Nea-
tion 59. ■
geborenen 422.
Diabetiker, Albuminurie der 3O0. ^^^t
Cy*ititis, chronische 153.
Diaplianoskopie des Magens 270. ^^^|
Cysdti», Sriblimatbehandlung 613.
Diaphtherin 642. ^^M
CyBLoskopie 152,
Diarrhoe, chronische in heissen Lan- V
dern 795. ■
■
Diarrhoe und Erbrechen im Kindes- H
■
alter 418. ^M
Dammplastik, Lappenbüdung bei der
DJathepe, h am saure 311. ^^H
392.
Diaxoreaction 345, 441. ^^H
Darm, Aoatoraie und Entwickelnngs-
Digi talin 653. ■
geschichte 22.
Diphtherie 100, 171, 187, 303, 346, M
D Annbeweg o nge n,Ein Aus» derOp i um -
424, 534, 585, 639, 645. ^M
alkaloide auf 288.
Diphtherie, Albuminurie bei 303. ^^H
^K liüirbnch d, pract, Medictn. 1893.
^H
818
Sachregister.
Diplitherie, CoiDplication mit Typhus
346.
Diphtherie ^ Hemiplegia cerebralie
na«h 171.
Diphtherie^ Löffler'ache Bacillen bei
585.
Diphtherie im Kindeaalter -124.
DiphtheriebehaDdluiig 585, 639, 645»
Diphtherische Lähmungen 187, 584.
Diplococcus pneumoniae 74, 97, 54H.
Diplokokken^ pytigene Fähigkeit 98.
Diplopie, monocirläre 172,
Diaposition zur Ini'ection 88.
Distomiim tanceolalum 103.
üistomuin pulmonale 103.
Diuretin 310., 655.
Drogiiisten 732.
DruckguDgrän infolge von Eczema
int^ertrigo 465.
Dracklahtnung de« Arms 192.
DuboiBimim sulfiiricum als Sedati-
vnm 229.
Diictae coclilearis 539.
Dünndarm^ Falten des menflchlichen
20.
Dünudarra, Occlu&ion darch Gallen-
steine 290.
Dünndarmkatarrh^ Therapie des 288.
Dnra mater, Entzünduugen 569.
Durchleuchtung bei Krankheiten der
Nebenhöhlen der Nase 578.
Diirchleuehtiingsmethode für den
Processus mastoideus 544.
Dysenterie 103.
Dysidrosia 472.
Dyspepsia nervosa 277.
Ei^ Entwickelung des befruchteten in
einer fremden Mutter 83»
Eifersnehtswahd beim Manne 215^ 216.
Eingewdde Verletzungen ohne äussere
Wände 69Z
Eisen^ Aufnahme in den Organismus
dej Säuglings 56«
Elisen im thierischen Organismus 608.
Eiseiichloridlösnng bei Diphtherie 430.
Eisenrcaorption 609.
Eiskataplasmen 677.
Eiter ^ bncteriologieche Untersuchung
aas tnberculöaen Cavemen stam-
menden 242.
Eklampsie 121, 3d9, 373, 374, 410.
Eklampsie bei Kindern 410.
Ekzem 464, 465, 468, 479,
Ekzema marginfttom 479.
Elektrische Erregbarkeit, Beziehung
zur Blutvergiftung 188.
Elektrischer Strom, Tod durch 694.
Elektrisches Organ desZitterrochensÖl*
Elektrolyse bei Actinomykose 354,
Elektrolyse bei chronischer Pharyn
tis 578.
Elektro-mikrophonischerKugelsucher
805.
Elektrotherapie der Myome 339, 390.
Elytrotomie, intraligamentire 393.
Emaillirtes Geschirr^ Bleivergiftung
durch 765.
Embolie der Lungenarterien 247.
Emboli e infolge EndocarditiB bei Kin-
dern 414,
Embryonen, über den Schwan» der
menschlichen 31.
EmpiH^m 250.
Empyema antrl Highmori 580.
Emser Wasser gegen Blasenstein 672.
Endocardttis^ nlcerose 253.
Endothelkrebs der Pleura, primärer
250.
Enteritis dissecans 114.
Enteroklyse, heisse gerbsaure 338L
Enteroptose 316.
Entleerungen, Wertli der mik
skopischen Ontersuchangen bei Kin*
dem 417.
Entmündigung von Geisteskranken,
Gesetz betre0"end 213.
Ent \v i ck el u ngsgee chich te, m ensch i iche
32,
Enlwickelungstheorien ^ altere und
neuere 31,
Entzündung, historische und kritische
Uebersicht über die Lehre der 106.
Entzündung, Herkunft der zelligen
Elemente 104.
Enuresis nocturna 424.
Eosinophile Zellen bei Tripper 485,
Epidermin 484,
Epididymitis 487.
Epiglottis. Hyperirophie der 590*
Epilepsie ISTi^ lÖG, 197, 198, 623, 631.
Epileptiforme Krumpfe bei Kindern
410.
Erblindung nach Influenza 534.
Erblindung^: bei Hysterischen 532.
Erbrechen Schwangerer 278,
Ergotinin 500.
Erhängte, Erection und Saroenerj
bei 698.
Erinner ungsdefecte 75.
Sacliregister.
819
Erstickung durch Aspiration von
Speisebrei 697»
Erstickungen, scheinbar gewaltsame
695.
Erstickungstod 696,
Erysipel 94, 358, 612.
Erythem 478.
Erythrodermia exfoliativa 466.
Elserinverg-iftung 699.
Eüphorin 645,
Europiien 125, 465, 485, 495, 577, 626.
Ejtalgin 410, 647.
Elxanthena, Fieber vor Ausbruch des
»yphilitischen 491.
Excavation, glaiikomatöae 527.
Exodyn 646,
Exophthalmas 174.
Exostosen aua dtin Knochen der Naecn-
muecheln 110.
Exostosen im Gefiörgang, Entfernung
mit elektrischer Sctilitige 556.
Exostosen, multiple 110.
Extensionebelrnndlnng mit voran sge-
schick ter Oeifoiomie 157.
Extendonsweise tMJi Coxitis 159.
Extraction der ungetrübten Linse 5€6.
Extrauteringravidität 401,
Exiremitäteu, 3ymmetrische Asphyxie
der 471.
F.
Fadalislähmnrig, periphere 190.
Fäces^ Untersuchung der 287 ♦
Fidchi^nkeratitis 521.
Farbeoapparat, diognoa tischer 811,
Favus 479,
Feldausriiatung, Gewicht 790,
FeldÜaÄChen und Kochgeschirre aus
Aluminium 787,
Feldlflzareth, aiegeudes 809.
Feldzwieback 792,
Ferien cokmien 757.
Fermentationen 49.
Fermente, Wirkungen der 49.
Ferrum oxychloratum 608.
Ferrum oxydatum saccharatum solu-
bile 608.
Fettige Substanzen, Ausscheidung
von 462.
Feuerbestattung 749,
Fibrinferment Solution 127.
Fibrin-Jodkali n m-Päckchen 269.
Fibrom der MBrnina 121.
Fieber bei tun gen tu bereu lose 243,
Fieber, hysterisches 194.
Fieber in Massaua 795.
Fistel an der Pars pendula des Penis,
VerschlieBsung einer 151.
Fixe Ideen 214.
Flecktyphus 349. 780, 795.
Fleischbeschau 766.
Fleischverbrauch 770.
Flohstichencephalitis 363.
Flures fiulfuriö lot. und Chinin bei
Diphtherie 430.
Fluor albus im Kindesalter 423.
Fötale Lungen 714.
Fötale Nierensecretion 385.
Fötale Rhachitis 442.
Follikel, Zerdrückung, bei Trachom
517.
Frankreich, die Bader in 668.
Fremdkörper» Nachweis von metatlH-
schen 806.
Friedlönder'scher Bacillus 245.
Frösche, Farbe der 82.
Frostsalbe 485.
Frühgeburt^ künstliche^ 372*
Fühlsphären 73.
Fu rchu ngskugeIn.,Treniiungder ersten
beiden 32.
Fern neu lotom 556.
FuHB, Morphologie des menschlichen
788.
Fussgeachwüre 468.
FussBpuren des Menschen, genchtfi*
ärxiliche Beurtheilung der 683.
G.
GallacötophrTiOn 485.
Galle nfarbstotfe des Blutef», Ausschei-
dung durch die Leber 54.
GalJengangsunterbindung , Leberver-
änderungen nach 115«
Gallensteine.^ OcclusioD des Dünndarms
durch 290.
Galleusteinkolik 297.
GaMeuwege^ Erkrankungen der 253.
Gangraena symmetrica 471.
Gasbildung im Magen 279.
Gasteiner Thermalwasser , Gebrauch
des versendeten 674.
Gastritis phlegmonosa diifasa im Ver-
lauf von Magenkrebs 275.
Gastroentexofitomie 148*
Gavage bei Säuglingen 456.
Oebiihreu bei Feststellung von Renten
725.
öeburtöhfllfe, Narkose in der 368, 635.
Gefasaerkrankungen 117.
^^^^^KMf' Sachregister. ^I^^^^^^l
^H GetäBSTerhältniBfle der Schnecke 30.
Ge«ichbfeldamblyopie 172. ^^H
^^H Oeheinunittelwesen 734^ 735.
Gesichtsfeld Veränderungen 531,
^H Gehirn. Afihasie infolge von Wasser- '
Gesundheitfipflege der Soldaten 789.
^^B mangel im 165,
Gewebe, Aufnahme von Sauerstoff
^^M GehirnaffectioneD infolge vod Mittel-
in 49,
^^M ohreiterungeii 573.
Gewebelehre, Grundriss von Disse 3,
^^1 Gehiiijceüfren für BeweguDgen der
Gewerbehvgicne 763.
^H VagiDB 163.
Gicht 670^
^^m Gehirn Byphilis 164.
Gicht und Harnsäure 323.
^^m Gehbrcentrnm 575«
Glaskörper, Bin tinjectionen in den 523.
^^m GehörfunctioDS Prüfung , difTerential-
Glaukom 525.
^^B difignostisclie Bedeutung 576,
Glaukom, Priklisposition zum 526.
^^m GebÖrgang^ fibrinöäe Membranen itn
Glottis, Membran bildung unterhalb
^^m äasseren nach Influenza-Otiti» 546,
der 593,
^^B Gehörorgan^ Tafel von Sandmann 30.
Glottis, Sarkom unterhalb der 594,
^H Gchöror^ane,WechBelbezielinrigen bei-
GlottifiÖdem 577, 592. .
^H der 575.
Glycerin, Erregen der Wehenthätig^^^H
^^H Gehörs emp find ungen ^ subjective 564.
keil durch 373, ^^1
^^m Gehöraballucinatiönen 564,
Glykogen 54.
^^m GehörsUirnogeo, Simulation einseiti-
Glykogene Metamorphosen lü9.
^m ger 545.
Glykogenbildiing nach Aufnahme
^H Geisteskranke^ Behandlung mit Voll-
verschiedener Zuckerar fcen 60.
^M bäderu 230.
Glykosurie im Kindesalter 450.
^H Geisteskranke, Bettbehandlung der
Gonococcus 369, 486.
^1 230.
GoDorrlioe 252, 369, 4Ö5, 488, 631.
^H GeifltCBkranke^ Einiliiss derLu ftd ruck-
Gott8tein*8ches Messer für die adenoi-
^^m ermedngnng auf 226.
den Vegetationen 578.
^^m Geisteskranke^ Gesetz bet reitend die
Granate, Verwundungen durch das
^^m EntniündiguDg von 213.
Platzen 806.
^^M Geisteskranke^ Salzsäure im Magen-
Granulöse Conjunctivitis, chirurgi-
^^B saft von 51.
sche Behandlung 517,
^H Geisteskranke^ Statistik 751.
Granulöse, Behandlung 516. ^^^B
^^m Geisteskranke unter den Corrigeoden
Grosshim, der Hund ohae 70. ^^H
^m 223, 224.
Grosshirn, Topog^raphie des 27» ^^B
^H Geisteskranke Soldaten 810.
Grundriss der Gewebelehre vonDiaae3. M
^^m Geisteskrankheiten, Simolation von
Guajacol 237, 644. ^^M
^m 227.
Guajacoläther, zimmtsaurer 645, ^^H
^H Geiateaatörung bei Kindern 407.
Guajacolcarbonat 644/ ^^H
^^m Geiätefistorungen unter den Farbigen.
Guberquelle in Srebrenica 673. ^^^|
^H der Vereinigten Staaten 2'23.
Günzbiirg sches Reagens 267. ^^W
^H GelhReber 781.
Gumma der Scapula 491. ■
^^B GelenkrheiimaUsmufi 35S.
G u m mi wa a re n , Seh adlich kei t für ^^fl
^^B Gelenkrheumatismus, Nephritis bei
Kinder 764. ^H
H ^^
Gunzendorf 676. ^^H
^H Qelenktnberculose 132.
Gutachten bei Feststellung von Renten B
^^H Gemüsemärkte. Beaufsichtigung der
725. ■
^1
Gynäkologie und Geburtshälfe, Litte- fl
^H Genera] -Sanitätsberichte der Eegie-
ratur 405. H
^^B rungsmedjdnalräthe 723.
Gynatresie 387. ■
^H GecickBtarre 760.
Gyrus angularis^ traumatischer Aba- U
^^B Genitalsecret 515.
cess im 167. ^^M
^H GenitaUractQS, Tuberculoae des 460.
^^^H
^H Gerbaiiure 651.
^^1
^^B Geschlechtsorgane^ Aplasie der 114.
^^B Geschoss, kriegschiriirgisehe Bedeu-
Hämatokrit 33. ^^^
^^B lung des neuen 796,
Bamatologie der Neugeborenen 446. ■
^^^^^^^^^^^^^^K^^' Sachregiater. ^^^^P g^l 1
Häraato log »sehe Untersuchungen bei
Hemeralopie naeb Influenza 534, H
Lues and Khachitis im KinrIesuUer
Hemianopsie 167. H
449.
Uemiatrophie der Gesichtsmuekeln H
HämatolKJTpliyrinapectrum, W«rtli für
bei Sklerodermie 206. ■
den forensischeii BlutDückweis G82.
Hemicephahis 113. H
Hämaturie beim Kinde 446.
Hemiplegia cei^bralifl nacb Diphtherie H
Hämogailol G08.
171, ^6. ■
HämoglabiBurie 3UÜ, 301, 352.
Hemiplegie, functionelle 189, ^M
Hämorrhagißcbe Erosionen dea Magens,
Hemmungsvorgange 67. ^M
^B Be^iehun^ zu den runden Magen-
Hermaphroditiiimtis verus 113. H
^B geschwür^n 114.
Herpes atypicus gangraenoeus hysteri- ^^H
P Hämorrhoiden, WhiteheadVche Ex-
cos 478. ^^M
stirpation 149.
Herpes tonsurBns 479. ^^^|
Halsbinde 79 L
Herz, ernährende Ge fasse 40. ^^^|
Hamuier-Anabosextraction 563,
Herz, Lageanomalie 25'2. ^^^|
Hand, vierfingerige 11^,
Herz, Materialverbrauch bei der Ar-
Haodbuch der chirurglsclien Technik
beit dea 42.
von V. EsmüTch 806.
Herz, Ueberanstrengung 257.
Handbuch der Ohrenheilkunde von
Herz, Verhalte» bei Typhus 345.
Schwarlze 31,
HerzalTectiooen im Hochgebirge 664,
Handbuch der Untrtllverletzungen von
HerzarbeU 40,
Kaulmann 209.
Herzbeutel, Flüssigkeit im 261.
Harn^ Eiweiss im 62.
Herze rnährnng 39.
Harn, Gefrierpunkt 63.
Herzfehler, Diagnose combinirter 255.
Harn, Zucker im 321.
Herzfehler7.ellen 246.
Harnblase, Wassereingiessungen in
Henfleiach, Mediastinopericardilis und
die bei Cholera 340.
Tiiberculose 261*
Harnröhre, Fremdkörper in der weib-
Herzklappenfehler bei Schwanger-
lichen 386.
schaft 370.
Harnsäure und Gicht 323, 670.
Herzkrankheiten , Aetiologie der
Harnsäure Diathese 311, 324.
eil ron lachen 252.
Harnsteine^ e-\perimentelle Erzeugung
Herzkrankheiten bei Gonorrhoe 252,
von 311,
Herzkrankheiten, diätetische Behand-
Haaen gehart en naht 14 L
lung 26Ü.
Hauptverbandplatz, Lage ß07.
Herzkrankheiten, hydriatische und
Haut^DurGhläj^aigkeit für Mikroben 87,
mechanische Therapie 260,
Haut, Resorptionsfiihigkeit der 661.
Herzlähmung 117. ^_
Hautkrankheiten^ internationaler Atlas
Herzmuijkel, Tuberculose des 117. ^^^|
seltener 461.
Herzatosscunre 42* ^^H
Hautkrankheiten, Lehrbuch von Joaeph
High mors hoble, Empyem der 142, 580. ^M
462.
Highmorshöhle, Vereiterung der, hei ^^H
Hautkrankheiten, Pathologie und
Kindern 414. ^^^M
Therapie der, von Kaposi 461.
Himlocälisation 170. ^^^^
Hautodem 472.
UimsintJS, Thrombose der 174- ^^H
Hantperipiration bei Kindern 457.
Hirntumor, durch Operation beseitigt fl
^L Hautsinn 80.
138. ^M
^B Haut- und Haar wachs tb um, Zueam-
Hist^iogie, Lehrbücher 3. ^^^|
^t menhang zwischen 463.
Histologie menschlicher Organe, Bei- ^^B
1 Hebammen, Zurücknahme dea PrU-
träge zur 21. H
^H fungszeugnisee» 732.
Hochgebirge, Herzafliectionen im 664. H
^H Hebammen ehrbuch 731.
Hochgebirge, Vermehrung der Blut- ■
^H Hefegährnug im Magen 280.
kbrperchen beim Aufenthalt im 663. H
^m Heidelbeerblatter 651.
HollensteinloBung, Behandlung der H
^^ Heilanstalten des Deutschen Reiches
Linsenkapsel mit 502. H
1 758.
Hörprüfung bei reinem Tubenkatarrh H
^^ Heimstätten für Genesende 756.
Ö4U. ^^M
^H g29 ^^^ir Sachregister. ^^^^^^^^^^^^^^^M
^H B5rprüfun^ des normalen Ohrs 540.
Impfslatigtik 761. ^^^^^^^B
^^H Hörprüf ungsmethoden bei Beiirthci-
Impft^yphilis 436. ^^^H
^^m lung der Schwerhörigkeit 544.
Implantation 128. ^^H
^^H Hornhaut, Erweiterung der Saft-
Incisura Santorini des Gehorgang- V
^H lückeh 5t21.
knorpels 538. H
^^B Horpbaut,Krtimmung8verhültuis8e76.
Indicanausächeidung bei tuberculöseo H
^^m Bora hau tgeschwüre 5!20.
Kindern 441. H
^^H Hornplatten auf den Brustwarzen 4U2,
Influenza 101, 221, 3()4, 359—365, ■
^^H HüftgfelenksYerrenkung. aogeborene
432, 437, 533, 775. J
^m
InÜtienzaapoplexie 362. ^^^M
^^H Bühnertuberculose, Histologie der 94.
Intluenzabacillus 101, 360. ^^H
^^H Hamor aqueus, Abflusswege de^ 505.
InlluenEaotUis 546, 547, 561. m
^H Hunde im SanitätsdieDst dÜ7. 810^
Infusion, intraarterielle bei Cholera ■
^^m Hyalin^ Beziehung des Keratohyalins
340. ■
^H 2um 110.
Infusion, intravenöse bei Cholera 339. ■
^^1 Hydrargyram sozojodolicum 613.
Infusion, subcutane bei Cholera 339. H
^^m Hydrastininum hyd roch lori cum 654.
Insufßcientia velo-palatina 583. H
^^m Hydriatische Behandlung der Neur-
Interpli^uraler Druck 45. ^^^|
^m algie 188.
Intracranielle Geschwülste 169. ^^^f
^^m Bydriatisches Verfahren^ neues 677,
Intrauterine Injection 709. ^^^|
^^M Bydrocephalie des Grosahims, Ver-
Intravenöse Transfusion 127. ^^^|
^^H auderangeii dea Kleinhirua infolge
Intubation 427, 587. ^^H
^H \on 169.
Ischias 157, 193. ^^M
^^H Bydrocephalus bei einem syphilEti-
IsobutylorthocreoBoljodid 626. ^^H
^H 'gehen Kinde 442.
^^^H
^^m Bydrocephal ud internus cbrouicua 494.
^H
^^m Hydrocepbalus^ Lumbalpuuction des
^H ^^'
Jackson 'sehe Epilepsie 137, ^^H
Jaesche-Arlt'sche Operation 510. ^^H
^H Bydniphthalmos 527.
^^H Hydropa, mechanische bezw. chirur-
J&mbul 652. ^^1
^^H giscbe Behandlung 310.
^H Hyarotherapie gegen Cholera 676.
Japanische Tanzmäuse 80. ^^H
Jodismus, acuter 495. ^^H
^^1 Hydrotberapie gegen Malaria 677.
Jodkali als Tumorerreger 471. ^™
^H Eyoscin als Sedativum 229.
Jodkali, Larynxödem infolge dea Ge*
^H Byperäatbesie gegen Salzsäure ^78.
brauch es von 577.
^H Hyperthelle 18, 19.
Jödkalium bei Chorea 410.
^^m Hypertrichosis 474, 485.
Jodoform 131, 132, 217, 237, 238,
^^H Bypertrichosis linnbalis 113.
338, 625.
^^m Hypertrophie der Prostata 153.
Jodoform gegen Cholera 338.
^^m Hvpodermoklsr^e 603.
Jodoform Vergiftung, Psychose durch
^H Hypopbysis und Thyreoidea 600.
217.
^^m Hysterektomie, vaginale 395.
Jüd tri Chlorid gegen Tu bereu lote de«
^B Hysterie 193, 194, 195, 407, 491, 531.
Genitaltr actus 480.
Jod um tribromatum bei Dipbtheria,^^H
Jucken bei Sclmrhich 432. ^^H
^H
^H Ichthyol 358, 629.
Jucken bei Syphilis 4'j2. ^^H
^^1 Ichthyosis corneae univeraalis 473.
^M
^H Icterus 296.
^H
^m Idiotie 231.
^m
^^m Jleus^ Heilung durch constanlen Strom
Räi^ige Pneumonie 118. ■
^B 290.
Kaffee, Wirkung auf das Nerven- 1
^H UeoB nach Laparotomie 397.
eyaiem 61. H
^H Ilidste bei Serajewo, Schwefelbad 674.
Kaffeeverfälfichung 769, ^M
^H Immunität 89.
Kaiserschnitt 380. ^^B
^^^^ Impetigo 463.
" ■"■" 1
^^^^^^^^^^^^^^^^F Sachreg^ist^r. ^P^^^ ^^g ■
Kalk- und Ma^nesiabninnen gegen
Kochsalz- und Höllensteinberie^elung ■
Nierensteiae 672.
des Mageos 282. ■
Kalkmilcli als Dednfectione mittel bei
Koch'sches Heilverfahren 233, 438, ■
Cholf-ra 342.
481. ■
KaJte Äbfice^ße 132.
Koch'scbelnjectionen bei Kindern 438« . ■
KaTialarbeiter,Gesnndheitazuatandder
Körpergew ich tsb es tiramun gen bei Cu- H
Münchfner 745.
ren 668. H
KaserDenanlageo 789.
Kohleh3-drate, Bedeutung bei der Er* ■
Katarrh, chronischer, infolge über-
nährung 58. H
löäsBjgen Fahrena mit dem Vela*
KohlehydratnabruDg bei Diabetes ■
ciped 592.
mellitus 323. ^^B
Kehlkopf, künstlicher 135.
Kohlendunstvergiftung 704. ^^H
Kehlkopf exstiq>ation 591
Koliken 1 Laparotomie bei 147. ^^^|
Kehlkopfmiiskeln 68,
Kopfhaut, Krankheiten der behaar- ^^M
Keilbeinhohle., Etttziindong der 581,
ten 484. M
Keimgeholt in der Milch gesunder
Kosmetik 4B3. ^^M
Frauen 86.
Krämpfe im Kindesalter 410, ^^^H
H Keratltie., bösartige eiterige 520.
Krankenkassen 728. 759, 760. ^^B
^H Keratohyalin, Be2iebiiDgen znm Hva*
Krankenträger, Zahl, 607, ^^1
™^ lin 110.
Kraske'sche Mastdarmresection 150, ^"
Keratoiritiden 500.
Krebs des Ohrs 549.
Kern und Protoplasma 10.
Kreislauforgaoe, Veründenmgen der-
KernschwuTidT iDfantiler 176.
selben bei Nephritis 120.
Keuchhusten 431, 619.
Kreisphysiker, Ausstellen von Atte-
Keuchhasten behandlting mit Bromo-
sten für Ötaatsbeamte 721.
form 619.
Kreisphysiker, Befugniss bei Typhus-
Kinderbewahranstal ten 757.
epidemie 726.
Kinderheilknnde^ Litteratur 406.
KreisphTSiker und Gewerben ufsichts-
Kindermehle 458, 770.
beamte 722,
Kinderschutz verein, Berliner 757.
Kreissende, innere Desinfection 366.
Kiodesleiche. Eintlusa von Bewegnn-
Kriegs sanitäre Vorgänge in Chile 803.
gen aaf den Respirations- und
Kropf, Exstirpation des 143
ÜJgestionstf actus 713.
KugeUhrombus 258.
Kindeamord zehn Tage nach der Ge-
Kunstbutter 769.
burt 716,
Kupiervitriollösung bei Trachom 517.
Klärbecken an läge in Wiesbaden 747.
Kystome, papilläre der Ovarien 121.
Kleinhirn 169.
^
Kleiohirnabscess, Operation 572.
^1
Kliraatieche Curen in den Alpen
^B
664.
Labenzym bei Säuglingen 415. H
Kiimatologäe des Südens 665.
Labyrinth- und JÜttelohrerkrankun- ■
Kniegelen kacontracturen , Schienen*
gen, Diflferentialdiagnose 542. H
Apparat zar Bekämpfung von 137,
Lactfttion, Fehlen des Sehvermögens ^^H
Knochen, Gesetz der Trensformation
während der 533. ^^M
der 122.
Lähmung, atrophische 193. ^^^|
Knochendefecte, Ersatz durch decal-
Lähmungen 187. H
cinirte KDOcbenplatten 129.
LammbUilserumLuiectiDn gegen Lues ■
Knocheiihöhle, plastische Ausfüllung
496. ■
nach Nekrotomie d. Diaphysen 160.
Lanolin im Blut-, Leber- und Nieren- ■
Knochenleitnngsprufung 543.
fett 46^. ■
Knochennaht 129.
Laparotomie 147, 148, 396, 398, 807. ■
Knochenplasiik mit prothetischer
Laparotomie bei Darm Verletzung 148, H
Wirkung 161.
Loparntomie bei tuberculöser Perito- H
Kochsalzinjectionen 126, 60*2, 604.
nitis 148. ■
KochaalalÖsung, subcutan einverleibte
Laparotomie bei ünterleibskoliken H
^ indifferente 126.
^^M
^^m 824 Sachregister. ^^^^^^^^^^^^H
^^1 Luppe nbildung bei Dammplaetik 392.
Leukonuclein 36. ^^^^^H
^^M L&rynj^iemu.^ 5tridiilu8 5B6,
Leukoplakie 476, 583. ^^^^B
^H Lan^ngüie ulcerosa 5'77.
Levicow asser 67.3. ^^^|
^^H Lüiyngotomien 504,
Leysin 666. ^^M
^H Larynx, Syphilis und Tiiberculose des
Liehen planus 468. ^^H
H 593.
Liehen ruber 468.
^^H Larytixcarcjnom 594.
Liehen scrophtiloaorum 468.
^^H La rvDx Croup 425,
Licht, Einduss auf den Stoffwechsel 59.
^^H Laryti:c(Ii|ihtherie 587.
Liebreich'ache r an tharidin saure Salze
^^B Laryaxpapillom 593.
gegen Tuberculose 239, 240.
^^m LaryDxpmchomiritis 592.
Linien kapsele Behandlung mit Holten-
^^B LarynxphthisiB^Traelieotamie bei 593.
flbeinlosung 502.
^^m Larynxsyphilis bei KinderiL 422^ 495.
Lipomatosigi universalis, Oxalßäure-
^H Lazaretligeliiilt'eiUaeche 610.
ausscbeidung' 325.
^^1 Leber, ÄitsscheidiiDg der Galknfarb-
Lipome, Einklemmung präperitooea-
^H fltoflfe des Blutes 54.
1er 278.
^^m Leber^Blntzellenbilduiig derembryo*
Liquor ferri sesquichloratl bei Di*
^^m naJen 115.
phtherie 430.
^^m Leber, Verhalten bei Arsenikvergif-
Löfflereche Bacillen bei Croup 584.
^H tung 614.
Loffler'flche Bacillen bei Diphtherie
^H Leber, Verkleinerung 2113.
585.
^^B Leber, cystiäcbe Erkrankung bei Neu-
Losophan 642.
^^B geborenen 4'i2.
Lucae^sche Drucksonde bei Mittelohr-
^^B Lebercjrrhose, biliäre Itti.
erkrankungen 557.
^^B Lebercirrhoae^ hypertrophische 296.
LuftveruDreinigung durch undichte
^^B Leberentzündung, chroBieche 2H3.
Fussböden 742.
^H Leberkolik 297.
Luftwege, primäre Geschwülste der
^^H Leber Veränderungen nach Galleu-
119.
^^B gan<^BiiDterbindung 115.
Lumbalpunktion d.Hydrocephalusl 64.
^H Leber- und Mihdämprimg 293.
Lunge, compensatoriache Hypertro-
^^B Lehrbuch der gerichtlichen Psycho-
pliie 118.
^H Pathologie v. Krafft-Ebing 212.
Lunge, VerkäsutJg in einer pneumo-
^^B Lehrbuih der Hautkrankheiten von
nischen 118.
^H Joseph 462.
Lungenabscesg, Nachweis des Fried-
^H Lehrbuch derMililärgeaandheitspQege
länder'schen Bacillus 245,
^^B von Kirchner 786.
LangenarterienembüHe 247.
^^B Lehrbuch der prac tischen Waseerheil-
Lnngenarterieidihi|)pen , Schlussun-
^H künde von Krtiche 678.
lahigkeit der 255. ^^M
^^H Lehrbücher, anutomiBche 1.
Lungen blutun gen 246, 261. ^^^B
^^B Lehrbücher der Augenheilkunde 497.
Lun^endistomenk rankheit in Japi|^^^|
^^H Lehrbücher der Histologie 3.
^H
^^B Lehrbücher der Psychiatrie 211,
Lungenembolie 247. ^^
^^B Leichen, Schwimmen frischer 684.
Lnngenemphysem 118.
^^B Leichenschau 749.
Lungenerkmnkungen^ Therapie chro-
^^B Leichenschauberichte 726.
niacher 248.
^^B Leichenverfarbuug 679.
Lungengangnin 103, 246, 413.
^H Leistenhoden, Herabrücken in den
Lungengangnhi bei Kindern 413.
^H Hodensack 136.
Lungenodem , Auftreten bei fibröser
^H Lepra 479.
Pneumonie 245.
^H Lepra anaesthetica 480.
LungenschwindFucht 233, 235, 236,
^M Leukämie 32^, 329, 330.
240, 241, 243, 245.
^^B Leukämie^ lienale 550.
Lungentubercuiose, kliniBche Formen
^^B Leukämie^, Complication nait Hämo-
der 241.
^H globinurie 301.
Lungenluberculoße, Fieber bei 243.
^H Leukocytose bei Influenza 362.
Lungentubercnlose^ Miscblnfeclioaen
^^M Leakoiütt adhaerene 526»
bei 241.
^^^^^^^^^^^^^^^V Sachregister. ^^^^ ^^B
^H Lnpüs 4SI.
Masernepidemie bei den Truppen 792, ^^H
^^V Lapus erytliemalosus 476.
Äfassage. Wirkuogauf die Muskeln 66. ■
^^ LyTnpbdrüsenetitzündung, retropha*
Massage bJlittelohrerkrankungen557. ^^H
l ryiigeale 411»
Mastdarm , Resorption von Salz- ^^H
^^ Lymphosarkom ^ Behandlung mit
Ibsungeu 56. ^^H
^B 'Arsenik 615.
Mastdarmerkrankuugen, syphilitische ^^H
H Lysol 639.
292. ^H
1 Lyssa 356,
Mastdarm freschwüre 115, 292, V
Mastdarmreaection, Kraske'sche 150. ^^H
^B M.
Mastdarmstrictur 150, 492. ^^H
Mechanotherapie bei chronischer Ob- ^^H
^^■fl|lgen^ braun farbige Fetten Im 273.
stipation 289 > ^^H
^^liigen, Gasbildung im 279, 2^0, 281.
Meco-NarceiqueB 216. ^^H
^^^Magen^ GescbwuJstbildting im 276.
Mediastinopericarditis im Herzlleiech ^^H
1 Magen, patbologisclie Veränderungen
261, ■
1 des, und ibre Beziehungen zu pri-
Mediciual reform, preussische 720. ^^H
1 mären Psychosen 219.
MeduUa oblongata 175. ^^H
^H Magen, Salzsäure im 265, 266, 267,
Meduüa oblongata, Abscesse In derl76, ^^H
^B Magencarcinom 275.
Meerwasaer, Wirkung des 669. ^^H
^H Magendoucbe 232.
Melaena neonatorum 451. ^^^^
^^ft Magenelektrisirung 264.
Meni^re'scher Scbwindel 194. ^^^|
^^B Magener wei lern nt;: 276,
Meningitis, Taubheit infolge von B62. ^^H
f Magengäbrung 279, 2ÖÜ,
Meningitis cerebrospinalis 552, 553. ^M
^^ Magengeach wäre 274.
Menstruation ond Krankheiten der ^^H
^H MagengTöfise, Bestimmung mittels
oberen Respirationswege 590. ^^^|
^P Lnffc 270.
Metalldreherlahmung 189. ^^M
P Mageninhalt, Ammoniak im 266.
Metatarsalnenralgie 162. ^^^|
L Mageninhalts unter8uclioiigen265,4l7.
Methylal gegen Schlaflosigkeit 2?{). ^^H
^K Magenkranke, Blut bei 281.
Metliyleublau gegen Malaria 353. ^^H
^^B Magenkrankheiten, Behandlung mit
Methylenblau gegen Tuberculose 237* ^^^|
^^ Salzsäure 281,
Methyhiolett bei Diphtherie 429. ^^M
1 3Iagenkrankheiten, Casiüstik der 273.
Migräne, Psychose nach 224* ^^^|
^H Jdagenkraokheiten, Diagnostik d.268.
Mikrognathia inferior 113. ^^^|
^B Hagenneurosen 2M.
Mikroskopit^che Anatomie 3. ^^^H
^H M&genoperationen 275»
Milch, Beschulung unverfälschter 661. ^^^B
^^1 Magensaft, SaUeaai^e im 5U,
Milch gesunder Früuen, Keimgehalt ^M
^^K MageoBaftsecr^tioii 278,
der 8(1. ■
^^K Magenschleimhaut 49.
Milch, hygienisehe Vorschriften 769. H
^H Magenscbleimlmut, Ausscheidangvon
Milch und Casein, Verhalten zur ^^H
^^V Giften durch die 55.
Sal^i^äure 416. ^^M
^^ft M8genthättg;keit, Prilfung dnrch Salol
Milchdiät bei Scharlach 433. ^^M
H 27a
Milchlinie 19, ^^M
^^K Magenverdauung bei Säuglingen 417.
Milehsterilisaüon 459, 461. ^^M
^^K Magen- undDarmdm'chleuchtung27U.
Miliartuberculose 341. ^^H
^^f Magen- und Darmbewegung, Ab-
MilitärgesundheitepQege, Lehrbuch ^^B
^^ h&ngigkeit derselben vom Nerven-
von Kirchner 786. ^^H
l System 54.
Milz und Pankreas 21. ^^H
^^1 Magen* und Darmhautatrophie 276,
Mihbraod 355, ^M
^■Malaria 102, 301, 350, 352, 353,
Milzschwellungen bei rhechitischen ^M
^m 677, 795,
Kindern 443. H
^^m Mamma, Fibrom der 121,
Mineralwasser, Untersuchung von 662» ^^
^^V Mandeln, Fremdkörper in den 582.
Mineralwasseranalysen 660. ^^^ä
^^B Manne! pratique de mMecine mcn-
Mitralklappenfehler 255. ^^^M
^B tale TOn Rfegis 212. '
Mitralstenose, uncomplicirte 254. ^^^H
1 Maeern 433, 551, 566.
Mitielohreiterung 549, 560, 566. ^^M
^^ Mager nbacill US 433.
Mittelohrerkranknngen, TherapieÄ^^^^^^B
^H 826 ^^^^m Sachregister. ^^^^^^^^^^^M
^H Mittelohrkatarrhe 565.
^
^H Hoor uDd MüorbädfT 675.
^
^^^^^ Morbus Adtiisonii 121.
Nabelblutung bei Neugeborenen 384.
^^^m Morbus Baeedowii 598, 580.
Nabelgefässe, Obliteration 715.
^^^M Morbus Brjghtii 304.
Nabelschnurumschlingung, Fehlender
^ Morbus Weilii 353,
Strangfurcbe 718. 1
^H Morbus maciilosiis 445.
Nachtschweisfl der Phthisiker 240, 1
^m Mollusca fibrosa 474.
Nabesehen, anstrengendes 506.
^H Morphinismus.^ Behandlung dea 218.
Nahrung.^ Ausnutzung unter dem
^H Morph i 0 man ie 217.
Eiolluas von körperlicher Anstren-
^H Morphium .^ AbslinenzerscheiDUDgen
gung 53.
^B inid Magen 285
Nahrungßbedürfnisfl 58, i
^^m Morphium -Cocain -Wahn sinn 217.
Nahrungamittelfälachung 772. 1
^^M Morphologie der Bacterien 85.
Nahrungsverweigerung 232^ 604.
^^M Morphologie und Biologie des Tuber-
NaphtnlJn, Einwirkung auf die Netz-
^^H culoseer regers 94.
haut 499. -
^M MorvanVche Krankheit 180, 181.
Napbtulin gegen Oxyiiris 419. |
^^B Mund^ Tumoren des 582.
Narkose in der GeburtshüUe 36S, i
^^m Mnndschleimhauti Erkrankung be!
Nase, Ausschnauben der 579.
^^m Neugeborenen 383.
Nase, Behandlung der, bei Morbus
^^1 Miindschleimhaut.^Leukop]akie der583.
Baaedowii 580.
^H Mandspeichel^ Farben reactionen 272,
Naaenathmung bei Kindern^ behin-
^H Mundverdaaung und Mnodspeickel.,
derte 411.
^H Bedeutung Tür die Thätigkeit des
NasenOügel, Ansaugen der, bei Iil*
^^m Mßgcns 272.
Spiral ion 579.
^H MuBculas cremaster 24.
Nasenstein 580.
^V Muskatnuesvergiftuug 702.
Nasen-, Rachen- etc. Erkrankiingeo.,
^H Mnskel^ durch Arbeitsleistung ge-
Litteratur 600.
^H bildete Wärmemenge 66.
Natrium biboracicum 631.
^^m Mudkeln^ Zusammensetzung der em-
Natrium chloratum 602.
^H bryonalen 458.
Natrium chloroboroaum 632.
^H Muskelatrophie, progresaive nenro-
Natrium tetraborocicum 632.
^H tische 186.
Natrium tetraboricum bei Ohmtertin-
^H Mtiskel fasern^ Regeneration der i^uer-
gen 560.
^H gestreiften 107.
Natron dithioaalicylicum 650.
^H fttu^kellibriUe 65.
Nebenhodenkopf, Drüsen im 23.
^H Muskelbemmuiigen 67.^ 68.
Nebennieren 37.
^m MuskelinBuftlcitnz 506.
Neben pankreaa 116,
^^B Muskelleielung IB.
Nekrose der Streckmuskeln 109.
^^m Muskelma&chine 66.
Nekrosen, Verändern ngen der Alt*
^^1 Muskelschwund durch Syringotuyel ie
mann^schen Zellgranula bei 108.
^m 181.
Nekrotomie der Diaphyaen, plastische
^m Muskelsyphilia 494.
Auflföllung der Knochenhöhle nach
^H Muskelvarietäten 16.
160.
^H Mnskelwarme 67.
Nephrektomie im Kindeaalter 422.
^H Mfcositi fungoides 482.
Nephrin 311.
^B Mjocarditis 266.
Nephritis, acute 119.
^H Myocardtum., Fragmentalion des 116.
Nephritis, acute, infectiöse 302.
^M Myome, Elektrotherapie der 39ü.
Nephritia, diffuse 302.
^m Myomotomje 378.
Nephritis, toxische 302,
^H Myositifl ossificans progressiva 12X
Nephritis, Veränderungen der Kreis-
^H Myrrholin gegen Eczema narium 577.
lauforgane bei 120.
^H Myrrholin gegen Larvnxtuberculose
Nephriti9beiGelenkrheumatismus304.
^m 577.
Nephritis bei Lnetikern 610,
^m Myxödem 492, 599.
Nephmlitbtasis 311. \
Nerium Oleander 056. ^^fc
^^^^^^ Sachregister. ^^^^^T 937 ^^M
Nerr, AufBQchuBg de», jenseits des
Nieren ei terung 313. ^^^|
runden Lochs icnerhalb der Schädel-
Nierenentartiing, polycystiache 315. ^^^|
liöhle 138.
Nierenentzündung, med icamentÖ^eBe* ^^^|
Nerven, chemische Reizung von ino-
handlang 310. ^^H
toritM^hen 69*
Nierenepithelien.^ Veränderungen bei ^^^|
Nenren, Wülenareiz (59.
der Harnaecretion 22. ^^^|
Nerven dea Armes und der Hand bei
Nierenerkrankungen bei Syphilis 307, ^^^^
Äffen und Menschen IS*
Niei^nexstirpation 314. ^^H
Nervendehnnng bei Ischias 157.
Nierenge webe, Regenerationsfähigkeit ^^^|
Nervenerkrankungen bei Lues 493.
des 108. ^H
Kerrenlähniune: infolge Entbrndung
Nierenkranke^ Stoffwechsel der 307. ^^M
379.
Nierensaek. Herstellung der Cooti« ^^^|
KeTveii03r8tein^ toxiBche Erkrankungen
nuität mit Harnblase 154. ^^H
dts 205.
Nierensecretion, fötale 385- ^^^|
Nervensvstem, Veränderungen durch
Nierenstein, Behandlung mit Kalk- ^^^^
Syphilis 532.
und Magne^iabrunnen 672. ^^^|
KervöaeCentralor^ne,Anieitungbeim
Nierenstrumen 314. ^^^|
ßtndium de« Baues der, Ton Ober*
Nieren thätigke it., Einüuss auf den ^^^|
Steiner 211»
KreislauJapparat 305. ^^H
Nervosität und Psychosen im Kindes-
Nierentuberculoi^e 313. ^^H
alter 202,
Nierenl uberculose im Ktndepalter 4'23. ^^H
Nervns acusticus, Torpor des 574.
Nieren Untersuchung. physikalische ^^^|
Nerrus lar\*ngeus inferior., Functionen
^H
des 589/
Nierenveränderung bei Influenza 304. ^^H
Nervus museal o-catanens . Lähmung
Nordseebäder, Wirkung der 669. ^^M
des 191.
Nordseeluft^ ßeschafrenheit der 667. ^^H
Nervus octavns 79.
Ncrmalgewichtasatz in den A potheken ^^H
Nervus pharyngeus medius e vago^
^^M
elektrische Reizung des 589.
Nncleinplättchen 36. ^^H
Netzhaut^ Degenerationen durch Naph-
Nncleoalbuminurie, renale 299. ^^^|
talin 499.
Nystagmus der Bergleote 509. ^^H
Netzhaut, helle Streifen auf den Venen
^^^H
^^a der menschlichen 504.
^^1
^nietzbauUblösun^ 529.
^^Bleixgeborene, Erkrankung der Hand*
^HT Schleimhaut 363.
Oberhautabscess durch Eiterkokken ^^H
verursach 1 463. ^^^|
^■«eageborene, gonorrhoische ßlcn^
Obersalzbrunner Kronenquelle 672. ^^^^
r norrhoe 384.
OberschenkeL Contnctnr der Addoc* ^^H
^^ Neugeborene, spontane Nabel blutung
toren 156. ^^H
^^k 384.
Obstipation^ Bebandlong durch He* ^^H
^KKengeborene , zweifelhaftes Leben
chanotherapie 289. ^^^|
1 714.
Oeulomotorius 28. ^^H
1 Neuralgie 188.
Ociüomotonnslihinttng 190. ^^H
^^^euritlfl diabetica 187.
O^Dwyers Intubation 587, ^^M
^^^enritis optica nach Influenza 534.
Oesophagitia dissecans 263. ^^H
Nenri»i*, periphere 436.
Oesophagitis dis«ecaoi t uperllcialiil 14, ^^H
Neuritis, retrobulbäre nach Intlaen^
Oesophagopkatik 142. ^^1
533.
Oesophagus, Fremdkörper im 7$L ^^H
Neu rem lll.
Oesophagaserkmnknogen 263. ^^H
Nenroretinitls, beidersefUge nach In-
0«8ophaguBsteDOde 263. ^^H
fi urnza 534.
Ohr, Erkrsnkaiigea bei liilhi€fua 547. ^^M
Neurosen der Prostata 2<^.
Ohr, Fistelbildung im 501 ^V
Nieren, Blntdupchsirömang 64.
Ohr. Krebs de« &I9, V
^_ liieren^ patpable und bewegliche 316.
Ohr. Syphilis des laoeren 540. ^^1
^BKiereiL, Thidgkdt d. fiberlebenden 63.
Ohr. ütaügm Eid im 556. ^^^^M
H|^rai6ysten 314.
Ohr. mdligne Tnmonn des 549. ^^B^^^|
^^M Ohreiterongen^ Behandlung mit Na-
^m
^^1 tri lim teirat>oradcum 632.
^^m Ohr^Ti^ Seh Qsa wunden beider 575.
Pachydermia laryngis 592. ^^^|
^^B Olirenerkrftnkungen bei Blasern 566*
Paget*sche Erkrankußg der Bmit- V
^^m Olireoheilkunde^ Lehrbücber^grädeere
rirüae 472. ■
^H Schrifkn und Atlanten 31^ 536.
PambotanQ 353. ■
^^m Olirfurunculoäe 555.
Panaritium 93. H
^H Ohriabyrlnib^ ßedentung der Bogen-
Pankreas», Tubercwlose de« 116* ■
^^M gänge 538.
Panophtbalmitis 523. ■
^^m Obriiiusctiel^ Epitbeliom der 555.
Papillom 119.
^^M Olirmuäcbelcjsten 555*
Pa<|uelin'flcherApparat.>Vereiiifachting
^^B Obrpolypen 560,
des 134.
^^M Ohrscb Windel 574.
Paracenteae der Shrapneirscheii Mem-
^^M Ohränmoien mH ScbwindelanräUen
bran 558.
^m 565.
Paracentese des Trommelfells bei
^^m Oleum Amygdalanim gegen Syphilis
Mittelohrentzündung 558.
^m
Parncuais Willisii 574.
^^m Ophthalmia scrofiilosa 510.
Paralyse 185, 201, 204, 219, 220. 221.
^^B Ophthal [nie, pnruiente 514.
Paralyae^ Beziehung der allgemeinen
^^m Ophtha Jmie,^ .sympathiscbe 524.
zur Tabes 185.
^^m OphthalmobletiGorrhoea neonatomm
Paralyire, acute ascendirende 185.
H
Paralyse, autointo.Yicatorische 204.
^^m Opiumalkaloide^ EinÜuss auf Darm-
Paralyse, geograph. V^erbreitüng 221.
^^B bewegungen 288.
Paralysis agitaDS 185, 201.
^^m Onentirungsstorungeii nach Hirnver-
Paranoia, periodische 225, M
Parasitäre Protozoen 103. ■
Parasystolisches Geräusch über der
^^m letz un gen 539,
^H Osteitis deformans 122.
^^m Osteoarthropathie hypertrophiante
Mitralis 254.
^^1 pneumonique 206, 490.
Partienligatur Zweifel's, fortlaufende ■
^^m Osteomalacia ad u! forum 130.
133. ■
^H Osteomalacie ]22, 381.
Paata cerafa 125. ■
^^m Osteophlebitis cronii 138.
Patellarreilex, Wiederherstellung des fl
^H Oöteütoniie,Trendelenbnrg'8chesiipra-
184. ■
^H malleolare 162.
Patellarsehnenreaex 187. ■
^^m Olalgia tympitnica 5G4.
Pathologie und Therapie der Haut- 1
^H Oihämatoni 546.
krankheiten von Kaposi 461 ■
^^H Otitis externa diffusa 565.
Pathologie uod Therapie der psychi- V
^^M Otitis interna 553.
sehen Krankheiten t. Grieainger 211.
^^m Otitis inUma^ Tatibheil infblge von
Paukenhöhle^ Uebergang von Er-
^^m scarlatinöser 551.
krankungen derselben auf das
^^m Otitia media 94.
Schädelinoere 554.
^^m Otitis media catarrlialis chronica 562.
Paukenhöhlenentzimdung 558. ^^^H
^^m Otitia media purulenta chrüuica 562.
Paukenhöhlenerkrankung 565. ^^^|
^^m Otitis media, Pyämie nach 568.
Pediculi pubis 47!:l« ^^^|
^H Otorrhoebehaudlung 558.
Peduncuü cerebri, Tuberkel der 1W^|
^M Ovale Gläser 73L
Pelioais rheumatica 445. ^H
^^M Ovarien^ papilläre Kystome der 121.
Pemphigus des Larynx u. Pharynx 582. V
^H Ovariotomie 370, 308.
Pemphigus im Kindesslter 455. ■
^H Oxalsänreausscheidung bei Lipoma-
Pemphigus foliaceus 477.
^^M tosis universalis 325.
Penis, VerschliesBung einer Fistel an
^^m Oxalurie^ alimentäre 311.
der Pars pendula des 151. ■
^M Oxamid 311.
Pental 636. ^J
^H Oxjchinaseptol 642.
Penlosen 61. ^^H
^H Ozyuris 410.
Pepsinweine 263. ^^H
^H Ozäna 577.
Peptone, giftige Eigenschaften 47. V
^H OioDy Einwirkung auf Baderien 742.
~""""3
^^^^^^^^^^HP^^ Sachregister. ^^^^" 329 ^^|
Perforation? Peritonitis bei Keiigebo*
Pneumonie nach Malaria 352. ^^H
reuen 4'iO.
Pocken u. Varicellen, Identität von 435. ^^H
Perforation »Peritonitis bei Schwanger-
Pockeufitatistik 780. ^^M
schaft 371.
Polymyositis, primäre^ acute 186. ^^^M
Periarteriitis nodosa 118,
Polyneuritideu 188. ^^^|
Peritoneal tuberciilose 116,
Polyspermie 84, ^^^|
Peritonitis, Laparotomie bei tu bereu -
Pompholyx 472, ^^H
I0.W 147.
Posticuslähmung 595, ^^^|
Peritonitis, tuberculöse im Kindea-
Po8ttyphÖE;e Eiterungen 316. ^^^|
alter 421.
Post typhöse Epididymitis 346, ^^^|
PeritypMitia291.
Posttyphöse Lähniungen 345, ^^H
Peritj^phlitis bei Kindern 415,
Processus mastoideus, Durchleuchtung ^^H
Perlflucbt beim Menscheu 244,
des 544. ■
Pes planus dolorosue 1Ü2.
Frostaia, Hypertrophie der 153. ^^^M
Pefit 781.
Prostata, Neurosen der 201. ^^H
Phänomen der flecundären Empfin-
ProstitutiOQ 750, ^^H
dong 81,
Proteus vulgaris 369. ^^^|
Phagocytose 92,
Protozoen, parasitäre 103. ^^^|
Pharyngitis 578.
Pruritus ani 476, ^^H
Pharyngomykosii l^enigna 582.
Pruritus vulvae 476» ^^B
Pharvnxtonaille, Tonsillotona für die
Psammom 111. ^M
578.
P&eudobulbärparalyse, echte cerebrale __^^
Phenocollnm hydrochloricunn 647,
^M
Phenylurethan 645,
Fseudogallensteine 297. ^^M
Phlyctänuläre Conjunctivitia 518,
Pseudohydrouephrose ^13, ^^H
Pbonationscanüle,Verbes8enmgd.l35,
Psoriasis 469. ^^1
Phoaphor gegen Rhachiiis 444,
Psychiatrie, Lehrbücher der 21 L ^^B
Phosphorvergiftiing^, Behandlung mit
Psychische Krankheiten, Pathologie u. H
Kalium bypermanganicum 6u7,
Therapie der^ von Griesinger 211. H
Phthifiiker, Naehtach weiss der 240,
Psychische Vorgänge, Beeintlusaung H
Physikat^ Aendenmg deä pretiss, 720.
durch Arzneimittel 231. ■
Physiologie der Baclerien 86.
Psychomotorische Schwächezustände H
Pilocarpin 46.
225. ■
Pilocarpin gegen Glottisödem 577,
Psychopathologie, Lehrbuch der ge- ■
Pilocarpinbehandlung der Mittelohr-
richtlichen, von T. Krafft-Ebing 212* H
cit**rüngeu 557,
Fsychaeen, Beziehungen zu paCholo- H
Pincette zur Trachombehandlung 518.
gischen Veränderungen des Magens ^^B
Pinguecula 519,
^H
Piperazin 312, 324, 658,
Psychosen, Eint heil ung der 213. ^^H
Pityriasis rosea 479,
Psychosen durch gewerbliche Vergif* ^^H
Pityriasis rubra 466, 467,
tungen 217, ^^H
Pityriasis versicolor 479,
Psychosen im frühen Lebensalter 226. ^^H
Plasmodien bei Malaria 794,
Psychosen nach Migräne 224, ^^H
Plattfoss ein Degene ratio nsze;chen204.
Pterygium 519. ^^H
Pleu ra, p ri märerE n d otlie 1 k r ebfi der250.
Ftosisoperation 510. ^^^|
Pleara, Verdickung der 119.
Puimonalosiium 256. ^^B
Pleura empyem 249.
Pupille, Wirkung der Farben auf ■
Pieuriria 97, 24Ö, 249.
die 77. ■
Plexus brachialis, Lähmung im Be-
Pupillenerweiterung durch Cocain 522. H
reiche des 191, 192.
Pupillenreaction, hemiopische (Wer- ^^H
Plexus coeliacus, Exstirpation des 109.
nicke's) 168, ^^M
Pneumatotherapie 24B.
Pupillenstane, hemiopische 168. ^^H
Pneumonie, Albuminurie bei 304,
Pupillenstarre, reüeclorieche 532, ^M
Pneumonie^ acute, käsige 118, fi42.
Pupillenweite 77, 78. ■
Pneumonie mit Ausgang in Indura-
Purpura haemorrhagica 445. ^M
ttOD 244,
Pyämie nach Ottiis media 568, ■
^H gSO Sacliregtster. ^^^H
^H Pyelonephntiä 313.
Rhinitis pseudomembranacea im Kin> 1
^^1 i^lorus^ Bewegung deF 55,
deealter 411. ■
^^m PylaruBreflectioneti 275.
Rhmosklerom 483. M
^H Fyoktanin 429, 5(jl, 645.
Riechsclileimbaut, menschliche 29. H
Riesenkind 379, 452. ■
^h
Randenfeld des Auges, Beziehungen zu B
den primären Opticuscentren 168. ■
^^f Qoeckflilber 610.
Rippenabschiiitte, Resection der hin* ■
^^1 Quecksilber^ Verdunstung aus der
teren^ mittels Meisselzatige 145. M
^H grauen Salbe 612.
Rotheln 434. ^^B
^H Qnecksilberchlorid 612.
Rotz 355. ^^M
^H QnecksilbervorgiiltuDg 704.
Rubeolen 434. ^^B
^^B Quecksilbervergiftung durch graue
Rückenmark^ combinirte Erkrankung ■
^m Salbe 491,
der Stränge des 177. ■
Rückenmark , combinirte System- 1
^H
erkrank ung des 177. H
Riickenmarkderkrankungen bei In- 1
^H Rachendiphtberie, Taubheit nach
Üuenza 863. ■
^B 550.
Rücken niarksfunctio neu 179. ■
^^H Hacken poljrp 580.
Rüekenmarksveränderungen bei 5ko- M
^H Radicalepilatioa bei Hypertrickosis
iiose tdO. ■
H
Rumination 276. __U
^^H Ranula^ Exsiirpation des ßalgea einer
^m
^H entleerten 142.
^H
^^B Rapkanieepidemie 533.
^^H Kautengrube^ primäres Carcinom in
Sachverständige, Tagegelder 724.
^H der 170.
ßängerknoten 590.
^H RavTmtid'Bche Krankheit 471.
Salicyl-meibyl'phenyl-hydrazon 646.
^^m Eeaction des Orins auf Traubenzucker
Salicylpräparate gegen Pleuritis 249.
^m
Salipyrin 649.
^^H Keetum Prolaps, Heilung dea 151.
Salol 650.
^^H Reetumstrictur, sBcrale Methode 491.
Salol gegen Cholera 338.
^^m HefractioDsbeBlimmungen 507.
Salol, Verwendbarkeit bei Priif^ing
^^M Refructionszu stand der Augen ^ Be-
der Magenthatigkeit 270.
^H ziehatig zum Schädelbau 5ü7.
Salophen 648.
^m Reicbeohall 661.
Salzsäure, Behandlung van Ilagen-
^H Reinfectio syphilitica nsch acht Jahren
krank hei ten mit 281.
^m 491.
Salzsäure im Magensaft 50.
^H Reize der Vagina 7ü9.
Salzsanrebindung bei küD^tlicher Ver-
^H Resorcin 501, 577.
dauung 269. ^^H
^^m Resorption fester Körper 106.
Salzsäurevergiftung 703. ^^M
^^1 ReBpirationskrampf bei Kindern 189.
Samen Strang, Torsion des 152. ^^H
^^H Retinal« und ChorioidealafTectionen^
Sanität^berieht der deutschen Marine H
^^m syphilitische 532.
784, ■
^^m Eetiuitls pigmentOBa 530.
Sanitätsbericht der französischen Ar- ■
^H KetinitiB proliferans 529, 530.
mee 785. ■
^^B Retrobulbäre Neuritis nach Inllueuza
Sani tätsberi cht der italienischen Ar- H
^m 534.
mer 785. ■
^H Eelroilexio uteri 284, B93.
Sanitätsbericht der prenssischen Ar- ■
^^B Relropharyngeale Lymphdriiseoent-
mee 783. _^^
^H Zündung 411.
Sanilätsdienst, englischer 810. ^^H
^H Rbabdomyom 111.
Sanitäti^dienst in Steiermark 735. ^^H
^1 Rbaishitis 442, 449.
Saprol 641. ^^1
^H Ehetimatismus , £influBfi der Jahres-
Sarggeburi 718. ^^H
^H zeit atif 200.
Sarkom, retroperitoneales 111, V
^^^^ Rhinitis chronica roembranacea 565.
Sarkom, traubiges, d.Cervix uteri IIO.^^B
Sachregister,
831
Sark omatos is nach Tliymussarkom
330.
Sarflaparille 491.
Sattel na st', AufriclituBg der 139,
Sa ne reto fT, A u f nah me i d d i e Ge we be 49 .
Souerstoflftherapie 248.
Scapula, Gumma der 491.
Seh ad elnerveD,ür5p rang einzelner 175.
Schsdelrückgratshöhlu, ßlutclrciila-
tlon in der 178.
Schädeherletzungen durch Einwir-
kung äusserer Gewalt 687,
Schanker nm Augeolid 492.
Schanker, StreptobucilluÄ bei weichem
469.
Scharlach 101, 432, 481, 550.
Schftrlach, Lupus im Gefolge von 481.
Scharlach, Streptokokken im Blute
der Kranken 101.
Scbarlflch, Taubheit nach 550.
Schiefhal^, spastischer 142.
Schiffabesatiang, Bekleidung 787,
SchifFsproviant 791.
Sch)l{!drüäe, accefisorische 6O0.
SchilddräB€, Beziehung zum Nerven-
System 37.
Schilddrüse , oompensatorieche Ver-
änderung der 108.
Schilddrüae, Entfernung 37, 144, 598,
600,
Schilddrüae, Function der 599.
Scbilddrüsenparenchym 144.
Schinznach G74.
Schläfenbein, topograpliiscbe Verän»
deningen um 537.
Schlaf losigkeU als Symptom der Psy-
chosen 227.
Schlammkrankheit 776.
Schieimhaotcyaten der HighmorflhöhJe
110.
Schlempen milch 459,
Schlüssel bei nbriiche, Verband für die
Behandlung von 144.
Schmier cur 496.
Schmatzwässer in Berlin 745.
Schneckennekrose 573.
Schnellender Finger, Einfluss auf
die Miliiürdiensttauglichkeit 811.
Schrumpfniere 305,
Schrnmpfniere, arten oBkleroti seh e306.
Schuasverletzungen 690, 691.
Schutzimpfung gegen Cholera 34 L
Seh u tat! rap fang gegen Milzbrand 356.
Schotztriippe, Verluste der ostafrika-
niöchen 786,
Schwangere, Erbrechen der 278.
Schwangerschaft, Complication mit
Herzklappenfehler 370.
Schwangerschaft, tödtliehe innere Bln-
tuug bei 372.
Schwefelätherinjectionen 1 93.
Schwefelkohlenstoff Vergiftung, Manie
entstanden durch 217.
Schwefelsäure, quantitatives Verhal-
len im Harn bei Diarrhoe 287.
SchwefclwaßserBtoflT im Magen 281.
Schweißs, Reacdon dea menschlichen
64, 462,
Schweisa nerven 462.
Schwielenbildung an den Händen 475.
Schwimmblase, Gase der 46.
Scorbnt 330, 444.
Seebäder und ihre Anwendung 670.
Sehnendurchschiieidung 128.
Sehnenreßexe 202, 204.
Sehnerven . bacleriologische Unter-
such angen 524.
Seh nerve aalTection bei Hysterie 194*
Sehnervenaffection infolge von In-
Üueuza 533.
Sehorgan, Ermüdung und Erholung
des 505.
Sehschärfe, Verbesserung darch Dis-
cision 507.
Sehvermögen, Fehlen während der
Lactation 533.
Seifen, medicamentöfle 668.
SelterFer Wasser 670.
Senn'sche Implantation decalcinirter
thurischer Knochenatücke 128.
Septikamie und Typhua, Differential-
diagnose 345.
Septum,varicöseErkrankungen deul 17.
Septum, Verbildungen des knöchernen
und knorpeligen 579,
Serum, immunisirende Wirkung des
90.
Serumtberapie 356, 357,
Sexten 666.
Shok gegen Shok 209.
Shurly-Gibbes^eche Methode 238.
Siebbein, Entwickelang und spätere
Ausbildung 11,
Siebbein, nekrotisirende Entztindung
des 581.
Simulanten in der Armee 811.
Simulation einseitiger GehÖrsiörongen
545,
Simulation von Gefühlelähmung, von
Schwerhörigkeit und Sehwachaich-
tigkeit 811.
Singen, Gefahr für zarte Fersonea 5dl.
832 Sachregister. ^^|
SiDgatimme, Behandlung der 590»
Stirn mbandränd er, bogenförmige Ex-
Siiius lateralis 567.
cavation der freien während der
Sir usthrom hose 569.
Reapiration 596,
Sirenenbildung 113.
Stimmgabel versuch 542.
Sklerodermie 206, 475.
StofTwecbsel 57.
^ Sklerose 162.
StoiTwechseJ, Einllnss des Lichtes auf
^^B Sklerose des Hirn> und RückenmarkB
den 59.
^H
Strassenreinigung in Berlin 748.
^^B SkoliOBe, Lagernngeapparat zur Be-
Streckmuskeln, Totalnekrose der 109.
^^B bandJuijg der 136.
Streptothrixarten 102,
^^m Skoliose, Hückennaarks^erBuderungen
Stroutiumsalze 60^. J
Struma 93. t|
^H bei 160.
^H Skrophitlose 440, 643, 673.
StrumaexBlirpation bei Morbus Base-
^H Solntol 641
dowii 199.
^m SolTeo! 125, 641
Strycbnin 654.
^^f Sommerdiarrhoen der Kinder 413.
Strychnin in der Therapie des Ma-
^^ Soor, endemischer 460,
gens 283.
■ Sozojodolqu eck Silber bei Ohrpolypen
Strychnin, Verhalten im Organismus
1 560.
700. ■
■ Sparteinum aulphuricum 261, 656,
Styptica 127. ■
1 Spaatischer Schiefkalfl 142.
Styracol 645. ^^H
1 Speichel 272, 273,
SubcortLcale Alexie 166. ^^M
^^_ Spdseröhrenverengung^Dilatiriiiigder
Sublimat 612. ^^B
^m 264.
Soblimatinjectionen bei Kerato-Irili*
^m Spermatogenese 6.
den 500.
Spermatozoiden, Färbiiii|[^ 707.
Substantia propria des Trommelfella
Spermatozoideji, Lel>enedaner 706.
538.
Sperr canüle Tür den Irrigator 134.
Süden, Klimatologie de» 665.
Spina bifida 155.
Suggestion, Heilung von Hvsterie
Spina bifida occulta 113.
durch 195,
Spinalganglien 76.
Suggestion vom gerichtsärjEtlichen
Spinalparalyse, fipaölische 178.
Standpunkte beurtheilt 685. J
Spinalparalyse, sy[«hilitißche 177.
Sulfonal 228, 302, 638. ■
Splenektoraie 148.
Sulfonalvergiftiing 302. ^^H
Spondylitis, tuberculöse 145.
Sycosis idtopathica 469, ^^H
Spondylilitfche Senkungsabscesse 131.
iSymphyseoiomie 375. ^"^^
Sprachstörung im Atischluss an Pocken
Öyndactylie, Beseitigung der angebo-
^—^ 350.
rt' neu 156.
^^B Sptitumdesinfection bei Lungentuher*
Syphilis, Beziehung zur Dementia
■ culose 749.
parnlyüca 219, 220.
Staarejttraction 528.
ÖyphiliB, Beziehung zur progressiven
Staphylococcus albus 93,
Paralyse 493.
Stapliyloooocus citreus 93,
Syphilis, Nierenerkrankungen bei 307.
Staphylococcus pyogenes aureus 94-
Syphilis, Subliraatbe band lang 613.
Staphvlococmis pyogen es aureus et
Syphilis, Veränderungen im Nerven-
albus 519.
system durch 532.
Steigbügeiextraction 564.
Syphilis, Vererbung 87, 489, 494.
Steinkrauke. Innerliche Behandlung
Sypldlis, intracranieOe 493,
313,
Syphilis, multiple cerebrospinale 165.
Sterblichkeitsetatistik 752.
Syphilis des Larvnx bei Kindern
Stichverletzungen 690.
495.
Stickstoifhauahalt Im Kierenkrank>
Syphilis im Kindesalter 442, 449.
heilen 308.
Syphilis cerebralis 164. a
SlielversorgiiDg, retroperitoneale 383,
Syphilis und Tabes 184. ■
400.
Syphilis und Tuberculöse im Laryfll
Stimmbandläbmung 595,
593. 1
Sachregisier.
883
Syphiiisbehandlung mit Asparagin-
Qaeckailber 614.
Syphilisbehandlung mit Hydrargyrum
sozojodolicnm 613.
SyphillsbehandlnDg mit Quecksilber
610.
Syphilitische Mastdarmerkrankungen
Syphilitische Retinal- und Chorioideal-
alFectionen 532.
Syringomyelie 180, 181.
Syzygium Jambolanum 323, 652.
T.
Tabak- und Alkoholamblvopie 534.
Tabes 183, 184, 185.
Tachycardie 260.
Taesia nana bei Kindern 418.
Talns, Zngänglichmachnng ohne Ver-
letzung der Gefasse und Nerven 160.
Tamponade der Bauchhöhle 397.
Taubheit, einseitige, durch scarlati-
nöse Otitis intima 551.
Taubheit infolge von Meningitis 552.
Taubheit mit Schwund der entspre-
chenden Rindenfelder 167.
Taubheit nach Masern 551.
Taubheit nach Scharlach und Rachen-
diphtherie 550.
Taubstumme 80.
Taubstummheit 553.*
Taxe, ärztliche 727.
Temperatursinn 80.
Tendopiastik 128.
Terpentin gegen Erysipel 358.
Terpentin gegen Typhus 437.
Terpentin- Jodoformdämpfe gegen Tu-
berculose 239.
Tetanie gastrischen Ursprungs 285.
Tetanus 100, 130, 357.
Tetanustoxin 100.
Tetrcoal 638.
Theobromin (Diuretin Knoll) 655.
Thermopalpation 61.
Thilanin 628.
Thiol 628.
Thiophendijodid 627.
Thiophensulfosaures Natron 627.
Thränendrüse , doppelseitige Erkran-
kung 511.
Thränensack, Auskratzung des 512.
Thränensack, blennorrhoische Affec-
tionen 512.
Thränensack, fistulöses Geschwür511.
Thränensackblennorrlioe 513, 515.
Jahrbuch d. pract Medicin. 1893.
I Thränenwege, chronischer Katarrh
511.
I Thromben, Genese der 104.
I Thüringer Bäderverband 661.
i Thymusdrüse, vergrösserte 412.
' Thyreoidea und Hypophysis 600.
' Tinctura Benzoes gegen Pruritus ani
I 477.
Tinctura Colombo 651.
Tüllwuthstatistik 781.
Tonsilla pharyngea, Instrument zur
Amputation der 578.
Tonsillitis 577.
Tonsillotom für die Pharynxionsiile
578.
Topographische Anatomie. Lehrbuch
von Joessel 1.
Torpor nervi acustici 574.
Trachea, Fremdkörper in der 596.
Trachealpulsation 589.
Tracheotomie 428, 587, 592.
Tracheotomie bei Diphtherie 428.
Tracheotomie bei Larynxphthisis 593.
Trachom 516.
Transformation der Knochen 4, 10.
Transfusion, intravenöse 127.
Traubenzucker, Reaction des, im Urin
321.
Traumatische Neurosen 208, 209, 320.
Traumatische Perforationen des Trom-
melfells 565.
Trendelenburg'sche supramalleolare
Osteotomie beim Pes planus dolo-
rosus 162.
Trepanation, intermediäre 138.
Trichinose 782.
Trichorrhexis 478.
Trigeminus, Reaction des dritten Astes
139.
Trigeminusneuralgie 194.
Trijodcresol 642.
Trional 638.
Trional und Tetronal gegen Schlaf-
losigkeit 227.
Tripper 485, 486.
Tripperrheumatismus bei Kindern
488.
Tro m m el fei 1 , t ra n mat i sehe Perfora -
tionen 565.
Trommelfellexcision 563.
Trommelfellperforationen 561.
Trophische Fasern im Nervus trige-
minus 70.
Tropocaiii 657.
Trübe Schwellung 109.
Trunksucht 750.
834
chregister.
TninksiichtbebandluTjgmilStrychnin- |
injertionen G54.
TiibDr£cliwflngersclmften , operative '
Behündliing- geplatzter 404, ?
Tübtnkatarrh, Hurprürutig bei 5-40»
TiibenversehluBs, SeriiniansarnmliiDg i
im Muteiolir bei i.*infHchem 547.
TubeQWönd, Fettpolster der lateralen
538.
Ttiberctiliji 96, *ZS3, 234,235,314, 695.
Tub^rciiJocidin *234, 235, 659.
Tubei'L'ulöse üelfiikatTectionen 13*Ä
Tabeiculö.se Peritünitis im Kindes-
üller 421.
TiibLTculöSe 233^240.
Tubercufose der Nier*fn 323, 423.
Tnberculose, JnfectioDtigefiibr 241*
Tiiberkelbacillus, Vorkommen beim
MeDscbeii 95.
Tubertnilose dt8 Genital tractiis 480.
Tuberculosedes HerzmnakeJ8ll7,259.
Tu bereu lose des Keblkopfes uml der
Lunge 593.
Tnberculose de« Pankreas 116,
Tuberculoye im Herztlebcb 261.
Tuberculoae im Kindesalter 438.
Tuberciiloöe innerer Orgitm; 233,
Tabercu lose beliand hing mit Cantlia-
ridio 657.
Tu bereu loi^ebehandlung mit Creo^ot
042.
Tuberculosebehftndluisg mit Jodoform
625.
TnbtrrculosebehandlQDg mit Styraeol
645.
TübereiilosebühMndliing mit Tuber-
culoeidin ti59.
Tu bereu loee be ha nd hing mit Zimmt-
simre 652.
Tiiberctilrifeerreger, Morphologie und
Biologie des 94.
Tumore«, atigeborene 414, 454.
Tnssis convulsiva 431.
Typhoid, biliöses 353,
Typhus 342-^349, 635.
Typhus in der franzosisehen Armee
793.
Tvpbuü in der italiemachen Armee
^793.
Typhusbacillen, L'nter.'^cheidung vom
Bacterium coli commune 98.
Typhuiböcillen, Verhallen des Bodens
iu 744.
TyphusbaeilliiB. paibogene Wirkung
Ö8.
Ulcuä durum. Excision 496.
Uleua molle 485, 489,
Ulci\s vetitriculi 274.
Umriöse zum Einzeichnen dea Faser-
ve rl aufs im Central nerveasyslem 28.
Unfallverletzungen , Handbuch der
von Kaufmann 109.
ünfallveraicherung 729, 759.
Unna'scher Zinkleimverbaud 614.
Unterarmatiiinpr 161.
Urämie 301.
Ureterscheide 27.
Urethritis 487.
Urobiiinicteraa 234.
urogenital! uberculose des Weibea$89.
Urticüria 472.
Uterus, Fremdkörper im 385.
Uteruß^ liijeetion von Lit|üor ferri
sesquichlorati 387.
Uterus bicornis unicolli» mit Schwan-
gerschaft 387.
Uteruscarcinum 386.
Uteru8ex8lirpaiion 393.
Ü te r u s fi bro m y o me 388.
Uterusmyome, elektriache Behandlung
der 389.
Uteruö- und Vagi na- Prolaps 391,
Uvea, Pi^menippittiel 522.
Vagi, DuiehschiieJdung der 48»
Vagina, Gehirncentren für Bewegung
tter 163.
Vagiualeinlagen aus festem GJycerixi
386.
Varicös« Gestalt der Muakelflbrille 65-
Variola 350, 435.
Vasomotorieche Wirkung der ßaü*
terieiiproducte 498.
Vena jogulaiis, St ich Verletzung 806,
Ve neun übt 126.
Veueiilhrümba-e, Cnmplicalion mit
Typhus 3-16.
Venen wunden 126.
Ventrikel. Verschluss dea vierten mit
CO n Beeil ti Vera Hydnncephalus 173.
Veratrin gegen Cholera 338.
Verbandstoffe, mit Sublimat uiid Jodo-
form gel rankte 731.
Verbrennungen 455, 465, 169.
Verdauung 53, 54, 269, 417.
Verdauung de^ Mageaa bei Säug-
lingen 417.
Sachregister.
835
Verdauung, Salzsäurebindung bei
künstlicher 269.
Verdauungsenzyme, Verhalten bei
Temperaturerhöhung 271.
Verdauungstractus , Krankheiten des
277.
Vererbung erworbener Eigenschaften
83.
Vergleichende Anatomie, Compen-
dium von Rawitz 3.
Verpflegungssätze in Italien 792.
Verschlammung der Mainnfer 747.
VerwuDdetenpflege gegenüber der
WaflFentechnik 796.
Verwundetentransportwesen 808.
Vibrationstherapie 210.
Virus der Masern 433.
Vitiligo 475.
Vocale, Wesen der 79.
Volksküchen 756.
Vollbad bei Geisteskranken 230.
Vulvovaginitis im Kindesalter 424.
W.
VVaft'entechnik und Verwundeten -
ptlege 796.
Wanderniere 316.
Warzenfortsatz, Entzündung des 561.
Warzen fortsatz, Knochenerkranknng
des 548.
Warzenfortsatz, Percussion des 545.
Waschanstalten , Uebertragung an-
i^ leckender Krankheiten durch den
Betrieb von 737.
Wasserheilkunde, Lehrbuch der prac-
tischen von Krüche 678.
Wasserstoffsuperoxyd in der Kinder-
praxis 457.
Wassernntersuchung 744.
Wasserversorgung Berlins 743.
Wehen, Erregung durch Glycerin 373.
Weinbereitung, Gesetzentwurf betr.
770.
Whitehead'sche Ezstirpatlon der
Hämorrhoiden 149.
Wiederkäuen beim Menschen 278.
Willkürliche Bewegungen, Energie
und Schnelligkeit der 205.
Winterzelt für Verwundete, heizbares
809.
Wirbelkanal, operative Eröffnung des
145.
Wirbelsäule, traumatisches Aneu-
rysma an der 178.
Wismuth bei Verbrennungen 469.
Wortblindheit 167.
Wund verfahren, aseptisches 124.
Wurmfarneztrat, Vergiftung durch
701.
Wurstvergiftung 703.
X.
Xeroderma pigmentosum 473.
Y.
Young-Helmholtz'sche Farbentheorie
79.
Z.
Zähne, Beadehung cariöser zur Acti-
nomykose 354.
Zahntechnikergewerbe in Gestenreich
737.
Zelle 4.
Zelle und Gewebe 1.
Zelleinschlüsse 112.
Zellkern als Vererbungsträger 82.
Zellkern, Unsicherheit der Structnr-
verhältnisse 5.
Zelltheilung 5.
Zelt, Benutzung im Winter 790.
Zeugungsfähigkeit nach Epididymitis
Zimmtsäure 237, 652.
Zonula, Bau der 501.
Zucker, Glykogenbildung nach Auf-
nahme von 60.
Zuckerkrankheit 317, 319, 320, 322,
323.
Zungengrund, Angiom des 584.
Zungenmandelentzündung 584.
Zungentonsille, Affectionen der 584.
Zwerchfell, sichtbare Bewegung 45.
Autorenregister.
A.
Abadie 500.
Abegjr 3t»6.
Abel 654.
Abeles 311.
Abelous 37.
Abeod 277.
AboByi 62*2.
Achard 93. 180.
Adamück 512.
Aeby 20.
Aeyräpää 140.
Alafberg 325, (572.
Albanese 38.
Albarran 313.
Albert 161.
Aluerium U2.
Albrand 521.
Alba 236.
Aldehoff 59, 317.
Aldibert 421.
Alt 55, 219, 448
Althaus 359.
AUhen 237.
Anderlya 163.
Antnl 607.
Anton 640.
Antonelli 533.
Appenzeller 145.
Argo 649.
Aruaud 794.
Anu'inann 310.
Arnold 113, 177, 527, 650.
Arnould 343.
Arnozan 462.
Aron 45.
Arons 625.
Aronsohn 612, 617. 672.
Arthus 49.
A$ch 617.
Aschatfenburg 224.
Aschoff 103, 104.
Askanazv 420.
Aubert 496
Auerbach 171. 426.
Aufrecht 12(», 304.
Aust 250.
Azna 475.
B.
Habes 198, 360.
Haccelli 262. 352.
BUumler 361.
Haginsky 309, 412, 413, 415, 422,
424, 58<5.
Ball 443.
Hallet 685.
Balowskv 7t)4.
IJalzer 487, (>48.
IJamberger 702.
Barabascher 50l\
Barbier 586.
V. Banleleben J>. 18, 19, 469, 798.
Baregjri 360.
Barr 556.
Barsonv 382.
Barth 108, 340.
Bartüschew lisch 287.
de Bar^' 450.
Autorenregister.
837
V. Basch 45.
Baudouin 633.
Bauholzer 529.
Baumgärtner 136.
Baumgarten 87, 118, 577, 590, 592.
Baur :2S0.
Bay 134.
Bayer 583.
V. Bayern, Prinz Ludwig Ferdinand
248.
Beau 238.
V. Bechterew 163.
Becler6 488.
Beevor 167.
Behring 91, 357, 659.
Bein 351
Beldau 654.
Belfield 480.
Belmondo 230.
Benario 109.
Benczür 61.
Benda 6.
Benedikt 197, 209.
Bentlif 702.
Benzler 811.
Beresovvsky 108.
Berger 151.
Brrggriin 421.
V, liergniann 2, 658.
Berkhmn 16l5.
Bei! TDK 12a
Bernhardt 190, 191.
Bernheim 165, 240.
Bernstein 49.
Berry 609.
Berthenson 233, 330.
Bei wnld 252.
Besnier 355, 483.
Betz 577.
Bexelius 306.
Bial 35.
Bidder 628.
Biedermann 82.
Biedert 433, 435.
Biegansivi 611.
Bier 132, 160, 161, 290.
Blermer 378.
Biernacki 126, 265, 271, 272, 605.
Biesenthal 312, 324, 658.
Bignami 102, 351.
Bihler 121.
Billroth 796.
Biltz 633.
Bing 542.
Birch-Hirschfeld 325.
Bircher 290.
Bimbacher 510.
Bitfich 131.
Blachstein 47.
Blaschko 478.
Blasi 460.
Blass 267.
Blatty 144.
Bleibtreu, L. 34.
Bleibtreu, M. 34.
Bleisch 718.
Blix 33.
Bloch 149.
Bloebaum 617.
Bloodworth 585.
Blum 269.
Boas 268, 281.
Bobroff 155.
Bo6 523.
de Boeck 219.
Bock mann 517.
Böhm 101.
Böhni 626.
Böttiger 227, 639.
Bogdanik 160.
Bohr 46.
Boisleax 393.
Bökai 411, 607.
Bongartz 810.
Bonome 90.
Bonorden 111.
Bordaz 4^i.
Borger 420.
Borntrftger 233, 659.
Borrel 112.
Borschke 116.
Botey 564.
Botkin 659.
BoQchard 361, 498.
Bourgea 122.
Boimievilk 193, 231.
Bcuveret 172, 285.
Bovero 496.
Braatz 137, 603.
Braiitbrd 162.
Bräutigam 707.
Braun 639, 711.
Brayton 473.
Bresgen 411, 579.
Brettner 806.
Brie 227.
Brieger 88, 90, 341, 606.
Brisken 514.
Bristowe 361.
Brocq 475.
Brösicke 1.
Brooks 20.
^H ^^^0 ^^^^^^^^^H
^m Brosiuä 230.
Chadboume 657. ^^^^^^^^|
W Broflken 454.
Challenron 475. ^^^^^H
1 Brouardel 696,
Championni^re 137, ^^^^^^1
^K Browne 591.
(Jhaniowski 618, ^^^^|
^^ Brit^dmann 248.
Miaute in p.-^se 98. ^^^|
V. Brunn 29.
(Jfiapell 577, 578. ^H
Brimner 93, li4, 113.
Cbapotot 172. ^^M
Brune 80ü.
Cbaptit 8<i4. ^^M
Bnisehettini 88, 130, 358.
Charazac 549. ^^^|
Bryan 592.
Charcot 157, 183, 192. ^^B
Bryant 625.
Ghaumier 408. V
Büchner 86, 704.
Chazal 134. ■
Budde 742.
Chiari 110, 142, 169, 580, ■
Büller 632-
Chindamo 193. _^^H
V, Büngner 144
Cbolewa 555. ^^H
ßnlkley 478,
Choizen 487, 606. ^^M
Bull 529.
Cbfjiippe 165. ^M
BnUer 524
Clägsen 261. ■
Bora 289, 647.
Clar 665. ■
Biimm 366.
Cle^^ 584. ■
Bung^e 56.
Ciopatt 417. ■
Burchardt 81L
Clutlon 569. ^^B
Burger 595.
Cocheril 555. ^^^M
Burnett 562.
Cohen 594. ^^H
Bnrnev Yen 347,
Cohn 245, 459, 498. ^^^H
Euro 353.
Cobnbeim 647. ^^^^^^1
Bttjy 345, 436.
ColiJislL'in 655. ^^^B
Bnxbancn 677.
CkjlasaBll 288. V
^^,
('om bemale 35tL H
^^m
Compaired 590. ^M
V c.
Cnncetti 585. ^^H
Conitzer 580. ^^H
Cttdet de Gassicourt 586.
Consian 343. ^^^|
Caheti-Brach 423.
Cotiiejean 50. ^^^B
Cfilalb 637. 1
Cornet 241. ^^^|
Caliari 130,
Curnil 346. ^^H
Calroetle 349.
Corunedi 609. ^^^B
Caminer 648,
Co u et 011 X r>19. A^^^l
Caniszaro 598.
Cramer 151. ^^^^^^|
H Canou 360, 433.
Crooke 117, ^^B
^P CaBtaii) 338, 339, 603. 65 J.
Csillag 424. ■
^" Capitahi 6^2.
Cuffer 30(1 ^^B
1 Carter 189, 197,
Cunningham 27. ^^H
^_ Caryophjlifi 195.
Cuslinv 634, ^^B
^m Caaati 130, 357. 361.
C*itler* 479. H
^1 Caapary 471.
Czaplewski 92, 96. ^^B
^m Ca^aalt 106.
Czempin 392. 655. ^^H
m Cmel 431.
* ^^^^1
Caataldi 520.
^^^B
da Castel 476.
^^M
Catbelmeait 193.
Cattanni 91, 92, 130, 356, 357.
Ualbj 549. ^^H
CavaxzAtii 75.
Dami^vitte mA. ^^B
CecharelJi 147,
Dannehl 1<»9. ^^H
H Chaband 236.
Darembero 240. ^^H
^1 Chabri^ 299.
Darier 50r.>, 517. ^^H
Alltorenregister.
839
Darkschewitsch 128, 190.
Davidsohn 118, 54(5, 578, 618.
Davier 442.
Davoli 472.
Dean 572.
Debagorv 517.
Decker 278.
Dehio 259, 328.
Deichmüller 675.
D^jerine Kw.
Delboeuf 472.
Delfitanche 542.
DeUbie 239.
Demant lu- 204.
>emTOe, 240, 310, 582, 656, 657.
Dent>i 260.
Desprez 635.
Dessoir 80.
Determann 363.
Deutschmann 530.
Devic 285.
Diakonoff 139.
Dietz 227.
Dieiilafoy 311.
Dimmer 504.
Dionisio 579.
Disse 3, 22.
Dittel 62:^.
Dittrich 355.
Doehle 433.
Dölger 707, 712.
DönhofT 635.
Dörnberpcr 457. 485.
Dohrn 87, 494.
Doraec 102.
Dornblüth 223.
Dowd 492.
Dransart 509.
Dräsche 648.
Dreesmann 143, 199, 626.
Dreser 47, 63.
Driesch 32.
D robner 647.
Dronke 673.
Dsirne-Livland 379.
Dubiel 642.
Dnbrulle 343.
Dührssen 368, 374.
Düms 809, 810.
Dürck 107.
Duff 635.
Dujardin-Beaumetz 309, 609.
Dunbar 98, 255.
Dnnin 88.
Diipont 304, 358.
Duprez 98, 346.
Durozier 254.
Dutto 288.
O'Dwyer 588.
£.
Eberliard 379, 452.
Eberth 106.
Ebertz 698
Ebstein 61, 261, 311, 320, 322,
323.
Eckhard 70.
Ecot 808.
Edle 43.
Edwards 345.
Egasse 297.
Egger 663.
Egidi 587.
Ehlers 485.
Ehrlich 327.
Ehrmann 478, 633.
EichhoflF 483.
Eichhorst 187, 329, 470.
Eichler 30.
Eimer 65.
Einthoven 43.
Eiseisberg 38, 144, 598, 600.
Eisenhart 372.
Eisenlohr 170, 176, 276, 305, 340.
Elliot 469, 472. 484.
Elsenberg 471, 481.
Eltz 289.
ICmmerich 642.
Enderlen 35G.
Eudrea 22.
Engel'ReJtiiers 492.
V. Engelhard t :W1.
English 59 J,
Epstein 419.
Erb 177, 183, 184, 583.
Erdös 607.
Erismann 795.
Erlicks 615.
Erman 702.
Ernst 110, 111.
Escherich 438.
V. Eemarch SOG,
d'Kspine lOt
Euleuburg 364, 623.
Eversbusch 617.
Ewald 65, 263, 268, 277, 284, 314,
673.
Ewart 589.
^H^^^4ü ^^^^P Autorenregister. ^^^^^^1
■
^^r
Freudberg 35. ^^H
Freund 209, 654, ^M
^H
Faber 654.
Frey er 435. ^|
^^^^^^1
Faillard 33^.
Freyhan 260, 296. '
^^^^^^^1
Falk 7(16.
Frieden reich 228.
^^^^^^H
Falkeiiheim 4'li},
Fried inger 695.
^^^H
Fasching 346.
Fried raaiin 202, 226.
^^^1
Faiivel b\)b.
Friöcbniann 330.
^^^^M
Feer 441.
Friudi 131, t>17.
^^^H
Fehling 382,
Fröhlich 501, 648,
^^^1
Feinberg 320. 492.
Fromme 218,
^^^1
Feiss 384.
Froinmel 368, 4ü3.
^^^H
Feld 69B.
Fuchs, 362, 437, 4i)8, 511, 519,
520. ^H
F^lizet 141, 156.
Fürbringer 297, 310, 315, 327,
333, ^H
Feleenthal 447,
348, 363.
^^^H
Fenwick 239.
Fürst 414, 451, 458, 580, 673.
^^^M
F^re 204, 205, 609.
Füratner, 225. 230,
^^^M
FergUF80n 202,
Fiikftla 507, 508, 516, 518.
^^^H
Ferrand 297.
Fulton 585.
^^^1
Ferrari 643.
^^^H
Ferrier 150, 623.
^^^1
Fick 10, 66, 310.
ii.
^^^H
Fiedler 353.
^^^1
FiesBinger 188, 304,
Gabrilsohewsky 328.
^^^H
Fißger 478, 489, 49a
Gad 81,
^^^^^H
Finot 62,
Gärtner 33.
"^^^^^1
Fiscbbaeb 410.
Galatü 587,
^^^^^H
Fiscliel 94.
Galeotti 85.
^^^1
Fischer 97, 180,
tialliard 333, 345.
^^^H
FiBclil 459,
Gariialeta 91 J,
^^^H
FlaischleD 378, 396.
Gamel 489,
^^^1
Fleischer 308.
V. Ganrier 501, 526.
^^^1
Flemming 5.
Garrä 133, 625.
^^^1
Fletcker 118.
Garri'rou-Desnrenes 56<),
^^^H
Flick 238.
Garrnd 228.
^^^^t
Flint 648.
Garrot 638.
^^^^^^H
Fou 112.
Gaaton 300.
I^^^^H
Foder 641,
Gaucher 5SI5.
^^^^^^H
Fodor 677.
Gaadin 495.
^^^^^^H
Förster 485, 615, 677,
Gavde 70, 76,
^^^^^H
Foltanek 428,
Gauüer 351.
^^^^^H
Forssberg 4*/2.
Gay 588.
^^^^^1
Förster 86.
Gebhard 486, 612.
^^^^^^K
Fortunato 491.
Geigel 267, 277.
^^^^^H
Foster 83.
Geiesler 743.
^^^^1
Füurtiier 47t, 489, 491.
Gelle 546.
^^^H
Füx 443,
Gemayel 353.
^^^1
Friukel 50, 54, 109. 147, Zi^.
Gen«erich 421.
^^^^M
Fraenkel, A. 119, '250, 242, 244.
Gerber 496, 560.
^^^H
Fraenkel, C, 335, 337.
Gerde» 122, 369,
^^^H
Fraenkel, E. 120, 334, 425, 384, 585.
Uerhnrdl 114, 115, 255, 274,
'^ö3, ^m
V, FranckI Hoch wart 705,
310, 344,
^M
Frank 91, 150, 357. 656.
Gerke 515.
^^^^^
Frtokel 68, 360.
Gerlacb 226, 323, 652.
^^^H
Frt^che 590.
GerlocÄy 346
^^^1
Freud 166.
1
8t. Germain 475.
1
Alltorenregister.
841
Gervais 152.
Giese 170.
GiflFord 510.
Gilbert 2«3.
Gilles 621.
Gilles de la Tourette 193, 194, 210.
Gillet 301.
Gillet de Grandmont 520.
Gillette 159.
Girode 346.
Gisevius 634.
Glaeser 387, 616.
Glaser 305.
Glax 666.
Glayson 577.
Gleich 623.
Gley 37.
Glogner 34.
Gluck 422.
Qlnziaski 'H5.
Gorde^ 3m,
Gogrewe 649,
Gold 355.
Goldberg 367, 373.
Goldeiiberg 48H, 653.
Goldliam '204.
Gold mann 111.
Güldscheider 81^ 97, 249.
Goldäteiu 228, 638.
Goldzieher 661.
Golgi 350.
Golovin 312, 672.
Goltz 70.
Gompertz 537.
Gott^tihalk 655.
GottsteiB 612.
Gould 142.
Graddy 534.
Gradenigo 546.
GrafFenb<?rger 59.
Grammatiichikojr 86, 95, 96.
Graneber 96,
Grandis 47.
Grant 582.
Grashey 178.
Grasset 181.
Graux 312.
Grawitz 104, 118, 353.
Gray 493.
Gredig 313.
Greef 504, 524.
Greenwood 57.
Grehaut 61.
Griesinger 211.
Grindon 468.
Grödel 660.
Groenouw 534.
Gross 405.
Grossmanii 45.
Grösz 450.
Gruber 744.
Grünhagen 78,
Griinwald 578, 592.
Grütiner 69.
Gmndaach 273,
Grunert 563.
Gu6oiot 382.
Günther 631.
Günz 626.
iMLILzäMir^^ 2G9,
Uürber 3fi, 4ll.
iiiiermrmpitfz 555.
Gulmbail 217,
Guinard 661.
Gniteras 486.
Gumpertz 188.
Gundobin 414.
Gurlt 634, 637.
Gurowicz 584.
Gusserow 399, 404.
Guttmann, P. 332, 333, 334, 648.
Guttmann, S. 359.
Guye 567.
Guyon 153, 612.
H.
Haase 807.
Haasler 118.
Habennann 553.
Habs 587.
Hacker 623.
Hadji-Costa 352.
Häßler 369, 637.
Ha£fkine 341.
Hagedom 141, 586.
Hahn 292, 626, 700.
Haitier 293.
Hajek 590.
Hajnos 607.
Hall 274.
Hallopenu 355, 479.
Halpem 465.
Hammer 641.
Hammerl 681, 682.
Hampeln 261.
Hanau iT2.
Hanausek 770,
Hankel 718.
Hankin 92.
Hansemann 276.
^H ^42 Aulorenregiater. ^^^^^^^H
■
^m Harnack 618.
HiJlyer ^^^^|
^^1
^H Hartridf^e 534.
V, Hippel 518. V
Hirschberg 497. ^
^^^H
^H HafiFe 13.
^^^^H
^H iiaiig 56G.
Hirechel 98, 346,
^^^^^1
^B Haun 713.
Hirscbfeld 260, 309, 32t
^^^H
^H Haupt 684.
His 252.
^^^^
^H Hauser 89,
Hitzig 218, 285,
^^^H
^H Hflvem 265,
Hocken egg 142.
^^H
^H H^'vkraa 43, 65.
Hocbhaiia 187, 584,
^^^H
^H HelioM 503.
Hock 627.
'^^^H
^H V, H(>bra 481.
Höfer 29.
^^^1
^H Hecbt'Lobnau 264.
Höfler 668.
^^^H
^H H^Tke 568, 569.
Hdlacber 237, 644.
^^^1
^H Heddeeiis 513.
Hopl'el 653.
^^^1
^B Hedin 33.
Hössli 664.
^^^H
^H Heer] ein 61.
HofTa 157, 159,
^^^H
^m Heese 78.
HofTmann 1, 181, 186, 372, 562.
^^H
^H HefTter 39.
Hofmeier 369.
^^H
^H Heiberg 389.
Hofmeister 37, 122, 600,
^^^^
^^H Heifiemann 105.
Hof mann 711.
^^^M
^m Heidenbai n 10. 40, 136, 468.
Hohenl>erg 787,
^^^H
^^B Heilbronner 164.
Holländer 62L 636.
^^^1
^H Hei mann 252.
Hcilmea Spiee r 514.
^^^1
^m Heinz 125, 606, 616.
Holragren 79.
^^^H
^H Heise 249, 765.
Holz 596.
^^^H
^M HeiHler 479.
Hook 348,
V
^m He] bitig 633.
Hoppe-Seyler 175, 279, 334, 425.
H
^H Heller 442. 494.
Horner 278.
H
^m Heliner 62,
Horrand 635.
^^B
^^m Herne nsvuy 582.
Hnrdey 27, 144, 167, 599.
^^^H
^H Hennfg *239.
Hondas 653.
^^^M
^M Hei-czel 492
Huber 49, 93, 588.
^^^^H
^H Herhig 50(5.
Hucbani 631,
^^^^1
^H Hermann 79.
Hübner 430.
^^^^1
^^B Herr mann 63lK
Hüfler "mi
^^^1
^^H Herrnheiser 507.
Hüfner 46.
^^^1
^m Hertel 355,
Hünermann 379.
^^^^1
^H Hertwig 2, 31.
Hueppe 641.
^^^H
^H HerUka 445,
Hürtble 42. 1
^^^^H
^^m Herxheimt^r 464.
Hüter 453.
^^^^1
^M llenng 270, 578, 582.
lluft^chmid 120.
^^^H
^M Herz 287,
Hughe.s 643,
^^^H
^H Herzog 438.
Hiighlinge Jackson 184,
^^^H
^H Hesa 504, 521.
HuLsliolT 456.
^^^H
^H Hessler 565. 568.
Hon 185.
^^^H
^H Heubner 444,
Hunt 59 L
^^^1
^H Heuk 354.
Huppert 698.
^^^1
^H Hetiss 64, 462.
Hutrael 586.
^^^^1
^^B Hevmann 110.
^^^^1
^H Hevse 338, 340,
^^^^1
^H Heysinger 586.
I.
^^^1
^H Higier 179.
^^^1
^m Hi^ert 113, 316,
Ibsen 700,
.^^^H
^m Hildebrandt 323,
Ikeda 398.
^^^^1
^m HUi-Griftilb 523.
llberg 217, 232, 604.
^^^^1
^m Hitler 125, 789,
Inonye 401.
J
Autorenregister.
843
Israel, J. 307, 314.
Israel, 0. 120, 305.
Iszlai 354.
Ittmann 469.
Ivanoif 344.
J.
Jaccoud 307.
Jack 563.
Jacobi, A. 588.
Jacobj 54, 63.
JacobsohD 245.
Jacoby 808.
Jacques 430.
Jacquet 468, 475..
Jadassolm 466, 631.
Jäger 343, 706.
Jaenicke 429, 585, 645.
Jahreiss 401.
Jakowaki 97.
Jakttbüwitsch 458.
Jankam 54Z
Janowaki 115.
Jansen 670.
Jawein 273.
Jeanseime 355.
Jendrifz^i 6*33,
Jersey 413.
Jessner 468.
Jetter 89.
Joel 578.
Joessel 1.
Joflfroy 164, 180.
Johannovsky 400.
Johansson 41.
JoUes 228, 638.
Jolly 180, 407.
Jolyet 61.
Jonas 61.
Jones 34, 432.
Jordan 94.
Joris 647.
Joseph 462, 473, 474.
Josserand 93.
Jürgens 95.
Jullien 489.
Jungfer 643.
K.
Kaempf 661.
Känsche 275.
Kahane 441.
V. Kahlden 119.
Kahn 577, 657.
Kalischer 303.
Kallmeyer 100, 358.
Kamen 102*
Kanthück 422.
Kaposi 4G1, 467, 477, 483.
Karewski 158.
Karlinski 744.
Kassel Gl 9.
Katz 421, 558.
KtitzeDsteJn 589.
Kaöfmann 209, 704, 806.
Kausch 225.
ICayser 70, 543.
Knzaurow 511.
Kazzander 20.
Keibel 31.
Kelle 256.
Kelling 270.
Kelsch 346.
Kelynack 276.
Kemwood 472.
Kenny 278.
KeresÄtszeghv 111.
Kern 364, 545.
Kirschbaum er 522.
Kickhefel 105,
V. Kiesevitzky 346.
Kit r3 sei back 544.
Kilani 653.
Killian 142.
Kipp 566.
Kirby 107.
Kirchhoff 211.
Kirchner 94, 477, 749, 786.
Kirn 362.
Kirstein 95.
Kisch 312, 325.
Kitasato 90, 91, 96, 101, 3G0
Kiwisch 711.
Klamann 560.
Klcbs 96, 234, 328, 340, 659.
Klein 310, 358, 432, 718, 805.
KleiDwÜchter 649, 673.
Klcmann 614,
Ki eraperer 9ü, 341.
van der Klip 658.
Klippel 180.
Klotz 397.
Knapp 169, 518.
Knies 498.
Knörr 216.
Knorr 651.
Kober 301
Kobert 49:
^^m 344 Antorenre^sler, ^9I^^^^^^|
^B Küch 562.
Kruse 92, 07, 103, 105, 667, 669. ^J
^m Koehler 134, 4^, 494, 556, 754
Krypiakiewicz 226. ^^H
^B V. Eölliker 2S,
V. Krzywicki 576. ^^^M
^m König 189. t207, 634. ,
Kuck 303. ^^M
^H Küiiiger 246
Kiidrewetzky 116. ^^H
^H Konigfidorr 363,
Kühn 223. ^^H
^H Korn er 537, 345, 554.
Künimell 123, 197. ^^M
^H Körting 806,
Kiirstdiier in, ^^M
^H KÖBter 249, ii45.
Küster 154. ^^H
^H Költschau 114, 1530.
Kahrt 2^1 ^^M
^m KohUtock 289. 301, 352.
Kiilcnkampr 594. ^^^H
^H Kühn 484, 666.
Kumpf 289. ^^M
^H KoUrnüiiTi 419i;.
Knnkel 612. ^^M
^H KoJst^r 40.
\\ Kupfer 21. ^^H
^^M Koiiow 3^^.
Kurtz 629. ^^M
^^1 Kopp 37
Katner 443. 603. ^^M
^H Koppei mi.
^^^H
^H Kurach 338
^^^H
^^H Kiirntiyi 607.
^H
^^H Korczyiiski 345.
^^H
^^m Koinbliim 307, 308.
Laborde 609. ^H
^H Kornlekl 24o, 688.
Laennec 479. ^^^H
^H Koroiko 102
Lagana 310. ^^H
^^m KortmaTm l'^7. 604.
Laker 557. ^^B
^^M Kortnew 533.
Lamdau 395. ^^H
^^H Koi?egarteu 547.
LtiBd^^rer 230, 237. 652. ^^M
^H Kussa 607.
Landergren 64. ^^^H
^H Koai<ler 2m.
Landgraf 247. ^^H
^B Kovert 617. 618.
Landois 3. ^^M
^H Kowaliig 84^6.
Lang !158, 298, 307, 467, 594, 610. ■
^H Krüpdin 231.
Lange 34, 169. 539. _^^B
^m V. KraflVEbiu^ 212. 215 221. 229,
Lan^enbiicii 803. ^^^|
^m
Langeriijann 235, 266« ^^H
^M Kriihmer 696.
Langbans 37, 119. ^^H
^H Kram^ztyk 434.
Langley 78. ^^^H
^M KrannbnlH 361.
LaiigloiB 37. ^^^H
^m Kraeke 622.
Langrandet 386. ^^^^^1
^K KrassiQ 140.
LanDcloni^^tie 93. ^^^^|
^H KraUtir 681. 682, 701.
Lannois 550. ^^^H
^H Kraus 43(K
Lnnz 291. ^^H
^H Krause 131. 138, 589.
Laplace 155. ^^H
^m Krehl 48, 257.
Laqiieur 646. I^^^l
^H Kreidel 538.
Larven 552. ^^^H
^H Kreid) 79.
Laser 334. 642. ^^H
^B Kre^ 3 t 6.
Lassar 465, 479. ^^M
^m Kriege 274.
Lauenstein 147, 151, 156, 802. ^^M
^B V. Kriea 66.
LavasBeur 750. ^^^|
^m Kroell 356.
Lavrand 555. ^^^|
^H Kramer 200.
Uzanis 91, 342, 356. ^^M
^H Kröpleiti 139.
Leber l94. 531. ^^M
^H KrÖFing 105.
Lecorcbi^ 307. ^^H
^H Kromayer 464, 469.
Ledermann 469. ^^^H
^H Kronacber 642.
LedoQX- Lebard 96. ^^^H
^^m Krowczvnskv 599.
Legend re 586. ^^^M
^m Krliehe'67i;277, 678.
Legiebn 6*26. ^^H
^H Krakenberg 215.
Legroux 47L 586. ^^H
Autoreoregister.
845
Leibholz 699.
Leichtenstem 291, 362, 620.
Leloir 481
LembacL G4i,
Lemcke 553, 598.
Lenare 652.
Lenn6 300, 320.
Lenzmann 578.
Leo 323.
Leoniiacher 696, 712.
Leopold 367, 375, 401.
LrpiDe 318, 653.
Lerebouillet 666,
Lermoyez 583.
Lesshaft 4, 13.
Letienne 164.
Leu 345.
Leubuscher 51, 283, 288.
Leiich 256.
Leusden 96.
Lfcva 201, 253.
Lf'vt II 30ti.
Levinstein-Schlegel 211.
Levy 97, 462.
Le wasche w 339, 349.
Leyden T^O, 168, 184, 304, 309, 859.
Lichtheini 316.
Lickft^tt 334.
Liebrecht 125, 605.
Liebreich 418, 465, 657.
Liegeois 364.
Lihotzki 371.
LilleDfeld 36.
Li man 709.
Limbourg hl2.
LiDcohi 58*3.
Lindemann 669.
Lindenborn 650.
Lindner 148.
Lipmann 347.
Litten 45, 228.
Lfjckhart-Gillebsie 300.
Loeb 538-
Löbell 646.
Löbker 2.
Löwen berg .^74.
Löwenthal 200, 278, 282, 338, 409,
646, 647, 650.
Lohnstein 386.
Longaker 586.
Longard 204, 208.
Longuet 810.
Loott 480.
Lorenz 128, 158.
Loye 696.
Lu barsch 335.
Lubliner 349.
Luciani 74.
Ludwig 670^ 674.
Lücke 160.
Luhe 804.
Lukasiewicz 475, 613.
Luksch 98.
Lundie 144.
M.
Maas 527, 634.
Mac Clintock 231.
Macfadyan 53.
Mackenrodt 390, 393.
Macpherson 144.
Mader 236.
Maes 491.
Maggiora 68, 103.
Magitot 657.
Magnany 343.
Maguire 254.
Mairet 631.
Maiseis 476
Makroefci 530.
Manara 523.
Manasse 104.
Manchot 34o.
Mandry 474.
Manganoki 631.
Mann 309.
Mannaberg 351.
Manser 661.
Maragliano 241, 304, 328.
Marandon de Monthyei 229.
Marc 113.
3Iarchand 106.
Marchiafava 102, 351.
Marianelli 482.
Marignac 101.
Mariu8 655.
Markowski 171.
Marmaduke 556.
Martha 94, 549.
Martin, A. 390.
Martin, M. 100.
Martin-Sidney 100.
Marti ndale 586.
Marvand 343.
Marx 573, 763.
Masins 653.
Massei 587, 593.
Master 444.
Mateme 468.
Max 560, 564, 632.
84()
Antorenregister.
V. Maxiniuwitsch 255.
May 650.
Maydl 148.
Mayer 217.
Mayer, C). 173.
Mayer, W. 428.
Mazet 41)2.
Medin 585.
Meige 192.
Mellinger 528.
Meltzer 48, 476.
Mendel 199. 213.
Mendelsohii 312, 324, 658.
Mtijjuer i^Ui).
V. Meriri^^ 274,
Merkd Z\K 713-
Menimim 367.
Mertens 418.
Merttens 453.
Meschede 221.
du Mesnil 282.
Messerer 713.
Messner 113, 802.
Metaxas 534.
Metschoikoff 90, 92, 106.
Mettnitz 623.
Metzner 66.
Meyer 4J0.
Meyer, W. 152.
Meyer (Petersburg) 276.
Mibelli 479.
Michael 339, 603.
Michelsohn 592.
Mierzinski 267.
Mikulicz 140, 152.
Mills 575.
Minerbi 419.
Minkowski 59, 317, 319.
Miuot 32.
Mintz 275. <Si.
Mislawski 163.
Miura 61.
Mizerski 51.
Möbius 176, 198, 206, 207, 208, 615.
Möller 381.
Moizard 122.
Moncorvo 647.
Mono«! 313.
M(K)i< 550.
Mordhorst <;59, 671.
Moritz 172, 687.
Morris 200.
V. Mosetig-Moorhof 645.
Mosny 91.
Mounier 558.
Mucha 223, 361.
Mucbin 177.
Müller, H. (Zürich) 451.
Müller 308, 416, 649, 694.
Müllerheim 376.
Miinzer 177
3Iunk 68, 73, 639.
Muralt 588.
Musehold 143.
Muter milch 514.
Mygind 551.
i ^•
j Näcke 217, 224, 229, 626.
I Nagy 633.
Narath 2ü.
, Nasse 103.
Nauwerck 116, 120, 315.
Neisser 338, 355, 626.
Nencki 51. 63.
Netter 97, 334.
Nettleship 533.
Neumann 339, 459, 467, 504, 614.
Neuäser 4>S5.
Newmack 306,
^Nickel 115, 292,
Nicolaier 100, 311, 358.
Nicot 647.
Niebergall 126, 807.
N i e iiH i o vv fl U i 630 .
Nikilbroff 93.
Nimier 811.
Nöggerath 112.
N()j,ner 788.
Nolda 182.
Nolden 620.
Noltenias 594.
V. Noorden 45, 246, 308.
Nordmann 121.
Norlury 577.
Nothers 565.
Nothnagel 702.
Novi 648.
Nuel 502.
0.
Übermayer 299.
Obersteiner 211, 220. 493.
Obolonskv ()15.
Ochs 239.
Odebrecht 399.
Oebecke 219.
Oeder 247.
Aatorenregister.
847
V. Oefele 656, 657.
Oestreich 257, 258.
Ogata 103.
Ohlmüller 742, 765.
Ohlsen 459.
OhinaTin-Dmiie9niI 477.
Okew-ßlom 153.
Ülachanvtzky 56.
Omosi 398.'
Opitz 259.
Oppel 84.
Oppenheim 205, 208, 410.
Oppenheimer 65.
Orr 30.
Oser 55.
Osters pey 281.
Ostertag 769.
Ostmann 538, 539.
Ostwalt 532.
V. Ott 397.
Ouvry 205.
Overweg 19.
Ozegowski 585.
P.
Page 209.
Pagenstecher 192.
Palleske 86, 460.
Paltauf 696, 701.
Panas 516.
Panecki 284.
Pansini 92, 97.
Parinaud 508, 528.
Paschkis 668.
Pasquale 795.
Passmore 6P3.
Paisthkowski 233, 659.
Paul 609.
Pawlowsky 95, 330.
Pean 346, 395.
Pee 630.
Pekelharing 36.
Pelman 212.
Pelzer (Köln) 373.
Penrose 149.
Perachia 344.
Per6 98.
Pernice 3o2.
Pescarolo 74.
Peter 236.
Petermann 356.
Peters 513.
Petersen 125, 428, 627.
Petersen 217.
Petresco 653.
Petruschky 99.
V. Pettenkofer 337.
Peyer 201.
Pfander 94.
Pfannenstiel 110.
Pfeiffer, E. 323, 670.
Pfeiffer, R. 99, 101, 192, 334, 360.
Pflürrer 57, 58, 596.
Pfuhl 94, 342, 363, 746.
V. Pfungen 286.
Phelps 159.
Philipp 637.
Philippoff 432.
Philippson 466, 476, 481, 482, 488.
Phillaps 630.
Pick 195, 284.
Picot 237.
Pictet 633.
Pielicke 433.
Pilcher 588.
Piotrowsky 67.
Piraccini 216.
Pitres 196.
Pizzini 95.
Plagge 787.
Pletzer 387.
Placzek 185, 209.
Podack 143.
Podwyssozki 87, 112.
Pölchen 115, 292.
Poeller 50G.
Poggi 645.
Pohl 644.
Poirier 2.
Politzer 473, 560.
V. d. Poll 383.
Pollack 564.
Pollak 117, 259.
Pomorski 451.
Popoff 86.
Port 808.
Portugalow 654.
Posner 313.
Pospelow 491.
Pospischil 260.
Postempski 138.
Potain 344.
Pott 412, 454, 596.
Pouison 573.
Powers 617.
Prati 648.
Prausnitz 745.
Prengrueber 231.
Prentisi 647.
Printz 803.
848
Autorenregister.
Prior 308.
Prochownick 388.
Pröbsting 523.
Pröll 674.
Prntz 121.
Pulawski 273.
Putzey, F. 789.
Patzey, R. 789.
(jaain 1.
Qu^nu 150.
Quervain 93.
Quincke 164, 228, 638.
(^uinquaud 472.
B.
Rabeck 122.
Rabinovitsch 348.
Rabow 220, 654.
Radais 102.
Räuber 706.
Ragonnean 592.
Rahts 758, 779.
Ramon de la Sota v Lastra 593.
Randall 537.
Rauber 1.
Haudnitz 417.
Raum 108.
R.awikow lisch 424.
Rawitz 3.
Kaymond 184.
Reale 319, 630.
Reboul 131.
Redlich 532.
Redtenbacher 258.
Reger 801.
R^is 212.
Regli (>23.
Rehn 430, 586, 689.
Reich 640.
Reichinann 270, 281, 587.
Reimer 667.
Rein 402.
Reinl 662.
Reinsberj:^ "713.
Reisner 138.
Reissz 703.
Renault 496.
Renon 357.
V. Rensselaer 178.
Renvers 234, 360.
de Renzi 319.
Reussen 134.
Revillet 642.
Rey 475.
Reynolds 166.
Rhode 656.
Ribbert 111, 120.
Rice 590.
Richardiere 301.
Richter 61u, 791.
Rieder 362.
Riegel 278.
Rieger 212.
Riehl 200.
Riese 114.
Rindfleisch 117.
Ripperger 360.
Rissmann 385.
Ritter 431.
Ritzema Bos 83.
Rizzoli 130.
Robertson 153, 578.
Robinson 577.
Roch 2.
Kodet 98.
Köhmann 35.
Römer 37.
Rörig 488.
V. Riogner 637.
Rohde 261.
Rohrer 574.
Rolleston 422.
Roloflf 96.
Romberg 257, 315.
Romei 130.
Komi6e 509.
Roosa 567.
Rosenbach 272, 299, 321.
Rosenberg 53. 114, 263.
Rosenheim 264, 265, 266, 275, 28*^
Rosensiein 293.
Rosenthal 586, 646.
Rosenthal (Berlin) 83, 436, 485.
Rosenthal (San Francisco) 39.
Rosin 98, 346.
Rosinski 383.
Rouget 100, 358.
Roiisell 353.
Rousset 221.
Routschewsky 124.
Roux 32, 93, 98.
Rovighi 286.
Rückert 84.
Rueter 391.
RuiTer 112.
Rüge 113. 350, 794.
^^^^BHP ÄutorenregiBler, 849 ^J
Ruggieri 310.
Schlatler 427, 587. ^H
Ruhenaanii 360,
Schleich 125. ^M
Rumpf 33,S.
Schleicher 642. ^M
■ ßimeberg %il).
SchleifTarth 105. ^H
m Kiuige 713.
Schlichter 426. ^H
r^ Rüshton Parker :i7L
Schlier 344. ^M
L_ Rybalkin fil5.
Schmidt 105, 152, 156, 658. ^M
H Ryinssa 507.
St-hmidt, A. 36, 181, 201, 312, 324 ^M
■
Schmidt, H. 490. ^M
■
Schmidt, M. 313. 579. ^H
■
Schmidt, M. B. 115. ^H
■ Saaireld 484, 486, 628, (i42.
Schmidtmann 777. ^^M
■ Sabrazes 590.
Schmidt- Rimpler 2ü9, 525. ^H
n SqcIis 77, 117, 165, 1%, 358.
Schmiegelow 561, 587, 588. ^H
Sack 468, 485.
Schmitz 287. ^H
Sackur 491, 611, 704.
Schmorl 121. ^H
Sänger 493, 532.
Schmal 608. ^H
Öalkowski 638.
Schnabel 527. ^H
Sallier 193,
Schneider 114, 622, 810, ^H
1 Sftlomone 49L
Schneider (BerHn) 401. ^H
■ Salvioli 53.
Schnitzler 139. ^H
■ Samuel 107, 338, 339.
Schönemann 600. ^H
'^ Sanareili 91, 99.
Scbünfeid 529. ^H
iSanchez-Toledu 358.
Schfjnthal 226, 407. ^H
Öaiiclford 5JN).
ScboU 211. ^H
jgandnianE 30.
Scholze 362. ^H
Sandmeyer 75.
Schott 252. ^H
Sansoni 645.
Bchreider 89. ^H
Santi 462, 47*i, 795, H12.
V. Schröder 176, 655< ^^M
öarbo UH.
Schubert 557. ^H
Sattler 96.
Schuchardt 627. ^H
Sauvageau 102.
Schule 178. ^M
Sawlschenko 112.
Schüller 644. ^H
Saxer 121.
Schuetz 469, 578. ^H
Scagliosi 302.
Schütze 661. ^H
Schäfer 227, 283, 638, 810.
SchuUze 190, W^, 530, 1
ScbäiTer 228, 58K
SchahitN Oscar 19. ■
Schäffer, R. 385, 389.
SchuU 338, 651. ■
SchaiTer 21, 23.
Schulz (Budapeil) 386. ■
Schau 633.
Schulze 119, 577. ^H
Schau ta 713.
Schwartze 31. ^H
Schede 126, 136, 157, 291, 637.
Schwarzmüller 442. •
Scheff 636.
Schweigger 525.
Scheibe 547, 548.
Scbweni^HTs 487,
Scheimpllug 439.
Schwimmer 613. 630.
Schein 4R3.
See 309, 609,
Schein m nun 594^
Seegen 319, 321,
Schenk 661.
Seeligmann 477,
Schepers 387.
Segond 395.
Scherer 452.
Sei bei 6^28.
Schievekamp 134.
Seifert 237, 64^1.
SciiiflF 54, 446, 449, 484
Seilz 297, 361.
Schild 361-
Seliger 61H), 691.
SchilÜDg 586.
Selvatico 229.
Schimmel buicli 640.
Seminola 290.
Schlager 370.
SeiDOii 642.
JabrJjycli d. iirdcl. Modirjn ^m.
- j
^^m 850 ^^^^^ Alltorenregister. ^^^^^^^^H
^H Senator 175. 2m, 309, 315.
StelTen 441. ^^B
^H Send 1er 25a
Stein 269, 221, 43^», 5R5, 592, 61
^H Sewenin^^ 410.
Steinnch 77, ■
^H 8extün 563,
Sleinbrügge 552. ■
^H Seydel 342, (>8G, GIHI 805.
V. Stdnbiichel 515. ^^U
^H Sforza 793.
Steinhans 11!^. ^^M
^H Shakespeare 106.
SteinlioiT 248. ^^M
^m 8haw 167.
SteiiiBchneider 675. ^
^H Sick 491.
Stell wa^en 482. ^M
^H Giebel 465. B27, fUB.
Stembn 181. ^H
^^H Siebenmal! n 54(K
Stenheck 39. WM
^H Sieber 53.
Sten. 89, 9tJ, 91, 101, 192, 357,
^H Siefart BIO.
Steyerthal 336.
^H Siegert 10^^ 119.
Stierlin 109. 143, 199, 485, 59ffl
^^m iSiemerling 216
Stiner316.' |
^H Silbennano 340.
Stiller 315. 1
^H Simmonde 120, 304^ 336.
StiUin^- 501. ■
^H Simon 586^ 626.
Stintzing 314, 316. ^^^
^H Singer 278.
Sütt 804. ^H
^H Sippel 384, 402.
Stock(.'r 394. ^^M
^^m SJöbring 85.
Stohr 3. ^^M
^m Skrxeczka 689.
Stonc 617. ^H
^B Smitb, Ch, 5BB.
Storch 301. ^^1
^^^ Smilb, J. 474.
Straub 510, 519. ^H
^^H SmJtb, Noble 142.
Strauß, R. 44'i. ^^1
^^^m Snell 509, 534.
Strauss 495, 603. ^H
^ Snellen 499.
Straudd, A., 187. ^^M
^H Sobemheim 229^ 638.
Strazzeri 130. ^^1
^^m V. Sobiecanski 63.
Streclier 112. ^^M
^m Sollier 194.
Strelitz 455. ^^1
^H Solowj 382.
Stj^ng 103, 246. ^H
^H Sommä 449.
Strümpell 186, 243. ^H
^B Sommerbrodt 23r), 440^ 643.
Stiibenrniich 133, U'Ib. ^^
^H Sottafi 344.
Stnrges 418. 1
^H Souctake witsch 112.
Stuver 457. ■
^m Souplet 487.
Sucklin^ 474. ■
^H Sonques 180.
Sadour 792. 1
^^B South am 145.
Sulzer 76. ■
^H S{}eDcer 178.
Sntberland 596. ^JM
^H Spengler 23i, 659.
Sulngiu 372. 401. ^^|
^^b Sperling 775.
Szana 89. ^
^^H Spiegier 299, 627.
Sze^ö 426.
^^^^M Spillmfinn 496.
Szekely 89.
^ Spitzer 419.
Szenes 565, 617.
^H Sjjoron 128.
Szogö 303.
^H Spratiin^ 564.
Szumati 640.
^H Spronck 104».
Szydlowski 415.
^^B Sfiokolow 457.
^m Stadelmann 295.
T-
^B Stadenni 505.
*#
^H Staecker 791.
Talamon 307.
^H Stamm 411«
Talma 330.
^H St^rck 654.
Tamaasia 715.
^H StarkbT G42.
Tammann 49. '
^m Starr 179.
Tannen 385. j
^^^^^b 478.
, TarufTi 130. ^H
Autoren regia ter.
851
Taube 4'29.
Tavel, 93, Ü8, 125.
Taylor 184.
Tedeschi 116.
Teissier 304, 360.
Terray 354.
Terson 511.
Tescliemüchei' 3*20.
Testut 15.
Theobald 510.
Th6r^8e 301.
Thibierge 473.
Thiem 150.
Thoinot 349.
Thomas 304, 409, 412.
Thompson 509.
Thomson, H. 133.
Thomson, John 189, 446.
Tibbet 575.
Tigerstedt 39, 41, 64.
Tipjakoff 394, 398.
Tischkow 546.
TizzoDi 88, 91, 92, 130, 356, 357.
Tochtermann 198.
Törngren 377.
Toldt 24.
Tooth 175.
ToQchard 290.
Toulemin 350.
Toulouse 410.
irJichtenLKT«r mO.
Trambüsti 85, 109.
Trautmann 566.
Trendelenbiirg 162, 391.
Tricomi 148.
Troitzky 456.
Troje 95, 244, 327, 329, 425.
Trombetta 89.
Trousseau 533.
Tscherning 76.
Tßchirch 771.
Tschistowitsch 242.
T^^chJenoff 267
Tuffier 154.
Turner 175, 586.
V. Tymovski 674.
Tyrmowsky 577.
U.
ückermann 551.
üffelmann 33.').
Ulrich 526.
Unna 463, 489.
Upjohn 643.
ürban 146.
Urbantschitsch 544, 575.
Uschinsky 106.
V.
Vacher 508.
Vaülard 89, 90, 100, 358.
Valien 217.
Vas 299.
V. Velits 131, 376, 382.
Venturini 648.
Veraguth 664.
Verwom 82.
Vibert 424.
Vidal 98.
Vinay 626.
Vincent 100, 358.
Virchow 315.
Visa 646.
Vissmann 96.
Vocke 683.
Vohsen 558.
Voit 60, 650.
Volkmann 106.
Voll 1.
Voss 704.
Vosseier 65.
Vossins 498.
Vonwillers 583.
Vulpius 633.
Wagenhäaser 550.
Wagner 75, 283.
Waibel 358.
Waldeyer 24.
Walker 112, 471.
Walthan 88.
Walton 189, 197.
Warmer 67.
Warrcn 600.
Wasmtith 87.
Wwsermaim 88, 90, 341.
WÄtkins 5n:i.
Watkiiii'Pi teil fori 450.
Waogb 477.
WaxhMD 5^,
Weher 268j 637, 651.
de Wecker 512.
Weeka 534.
Weide ob am m«r 128.
Weieerl 106.
Weiobold 485.
^H g52 ^^^^m Auborcnregist^n ^^^^^^^^^^^^^^M
^B Weiss 448, 513.
Wolff, E. 241, ^^^^^H
^1 VVelaoder 48d.
WoM, J, 4, tO, 122, 135. ^^B
H WelBford !23a
WollT 360. ^H
^1 Wt^TKk^Lstadt 34.
Wolkow 615. ^^M
^m Weiiderolh C>12.
Wolter 393, 481. ^H
H Werigo 47, 92.
Wolters 206. ^^B
H Werner 216, 635.
Wood 240, 437, 515. ^H
^H Werner [Pt^tersbarg) 347.
WrighL 127. ^^B
H WerDicVe 91, 213, 214.
Wroblewsky 584. ^^B
^B Wertheim 3G9.
V. Wanschheim 17t), 7t)3. ^^^B
^H Wertheimber 455.
Wurtz 98. ^^B
^H Wertheimer 54.
^^^B
H Werther 283, 485, 617, 618.
^^^1
B Weyl 335, 356, 765*
^H
■ Whipple 314.
^^^M
H White 296, 593,
Yaiuägiva 96, 103, 246. ^^H
^H Whittniann 417.
Yoon 126. ^^H
H V. Wiehert 95.
^^^H
^m Wichmann 208.
^^^B
H Wiener 669.
^B
^1 Wies'ini,^ 565.
^^^1
^m Wig^ti 355.
Zacher 224. ^^^B
^H Wilbaina 566«
Zambaco Pascha 480. ^^^^^|
^1 Wilbrand 209, 53 J.
Zander ^^^^^M
H V. Wild 545.
Zapgger 306. ^^^^B
^1 Wilhelmy 430.
Znrniko 110. ^^^^1
H WiUe 129.
Zelkr 162. ^^^H
^m Wllljnmson 173, 319.
Zenker 98. ^^^^H
^B Willrich 661.
Ziegler 106, 148, 302, 615. ^^^^H
H WiTickel 380.
Ziegler (Fotedani) 433. ^^^^H
H Wiiickler 358, 663, 669.
Ziehen 51. J^^^H
^m Wiiikler 580.
Ziem 174, 342, 577, 57B. ^^^H
H Wind3€heid 191.
Ziemaeki 621. ^^^^H
^m \¥ipkflrjed^ Williams 476.
Ziembicki 153. ^^H
^H Winter (Paris) 265.
V. Ziem!<sen 127. ^^^^^|
^B Winternitz 188, 676, 677.
Zienetr. 653. ^^^H
^H Witmer 223.
Zienie^ 2^iL i^^^^^l
^1 Wittbauer 262, 613.
Zimmer 91. 805. ^^^^^1
^H Wjiting 649.
Zinn 168. ^^^B
^m Wimkea 581.
Znckerkandl IL ^^H
^1 Wöliii 625.
ZuDtz 42, 47. ^^^B
^M V. Woerz 383.
Zurhelle 649. ^^^^H
^^i Wolfberg 606, 811.
Zweifel 377. ^^^^B
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