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Full text of "Jahrbuch der praktischen Medizin. Kritischer Jahresbericht für die Fortbildung der praktischen Ärzte. .."

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JAHRBUCH 


DER 


PRACTISCHEN  MEDICIN. 


BEGRÜNDET  VON  DR.  PAUL  BÖRNER. 


UNTER  MITWIRKUNG  TON 

Or.  Heinrich  Adler  in  Wien,  Prof.  Dr.  A.  Baginsky  in  Berlin,  Prof.  Dr.  Karl 
T.  Bardeleben  in  Jena,  Dr.  Felix  Beetz  in  München,  Privatdocent  Dr.  A.  Buchwald 
in  Breslau,  Dr.  A.  Czempin  in  Berlin,  Dr.  Frey  ha  n,  Assistenzarzt  am  stä  dt  Krankenhause 
Friedrichshain  in  Berlin,  Medicinalrath  Prof.  Dr.  Fürhringer,  Director  am  stidt  Kranken- 
haoM  Priedrichshain  in  Berlin,  Prof.  Dr.  P.  Grützner  in  Tübingen,  Prof.  Dr.  Horstmann 
in  Berlin,  Dr.  M.  Joseph  in  Berlin,  Dr.  H.  Koch  in  Braunschweig,  Prof.  Dr.  Kolaczek  in 
Breslau,  Dr.  Lewald  in  Liebenburg  (Bann.),  Dr.  J.Michael  in  Hamburg,  Reg.- u.  Medicinal- 
rath Dr.  A.  Pfeiffer  in  Wiesbaden,  Prof.  Dr.  Bibbert  in  Zürich,  Privatdocent  Dr.  Th. 
Roaenheim,  Assistenzarzt  an  der  mediciniscben  UniversitSts-Poliklinik  In  Berlin,  Stabsarzt 
Dr.  Schill  in  Dresden,  Dr.  Schwalbe  in  Berlin,  Prof.  Dr.  Seeligmüller  in  Halle  a.  S., 
Dr.  E.  Strelitz  in  Berlin,  Kreisphysicus  Geh.  Sanititsrath  Dr.  Wiener  in  Graudenz 


HERAUSGEGEBEN  VON 

D»  S.  GUTTMANN, 

GEH.  SANITÄTSRATH  IN  BERLIN. 


Jahrgang  1893. 


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STUTTGART. 

VERLAG    VON   FERDINAND   ENKE. 

1893. 


Druck  der  Union  Deutsche  Verlapsfzesellschaft  in  Stuttgart. 


Vorwort. 


Der  neue  Jahrgang  des  Jahrbuches  für  practische  Medicin 
bildet,  wie  seine  Vorgänger,  einen  Sammelpunkt  derjenigen  Ar- 
beiten des  verflossenen  Jahres,  welche  den  Endzielen  der  prac- 
tischen  Medicin  auf  ihren  verschiedenen  Gebieten  und  Wegen 
zustreben.  Je  riesenhafter  der  Umfang  des  Materials  ist,  —  und 
gerade  in  der  Medicin  wächst  es  von  Tag  zu  Tag,  —  eine  um  so 
genauere  und  bessere  Organisation  .und  Anordnung  gehört  dazu, 
um  sich  nicht  in  dem  Labyrinth  dieser  Publicationen  zu  verlaufen. 
Der  EntwickeluDgsgang  und  das  Gedeihen  dieses  Jahrbuches  ist 
seinen  bekannten  und  berufenen  Mitarbeitern  zu  danken,  welche 
durch  strengste,  kritische  Auswahl  der  zu  referirenden  Arbeiten 
den  Arzt  vor  solchen  Irrwegen  zu  schützen  suchen. 

Von  Tag  zu  Tag  verbessern  und  erweitern  sich  die  Methoden 
der  Forschung  und  Untersuchung.  Die  Fortschritte  in  der  Chemie 
werden  immer  mehr  den  Interessen  der  Medicin  dienstbar;  die 
physiologische  Chemie  hat  die  Anschauungen  über  die  krankhaften 
Vorgänge  des  Stoffwechsels  bei  zahlreichen  Krankheiten  geklärt; 
Symptomencomplexe,  welche  bei  den  Erkrankungen  des  Central- 
nervensystems  unentwirrbar  erschienen,  sind  durch  pathologisch- 
anatomische  Untersuchungen  zu  wohlumschriebenen  Krankheits- 
bildem  und  der  Diagnose  immer  mehr  zugänglich  geworden ;  die 
Chirurgie,  die  Gynäkologie  und  die  anderen  Specialfacher  vervoll- 
kommnen nicht  weniger  ihre  Methoden  und  arbeiten  mit  an  der 
neugewonnenen  Richtung  der  wissenschaftlichen  Forschung,  welche 


IV 


Vorwort. 


der   raediciBischen  Wissenschaft   wie    der  ärztliclien  Praxis 
anderes  Gesieht  aufgedrückt   hat     Während  die  Äetiologie  i 
die  auf  sie  begründete  Prophylaxe  in  der  Krankheitslehre, 
auf  dem  Gebiete  der  üffeiitlicheii  Gesundheitspflege  Eingang 
funden  haben,  kann  man  nicht  sagen,  dass  die  Therapie  geg 
tiber  den  Infectionskrankheiten.  so  der  Cholera,  frischen  Ai 
denkens,  nennenswerthc  Erfolge  aufzuweisen  hat.    Wohl  ist 
Förderung  der  wissenschaftlichen  Therapie  durch  die  Darstell 
neuer  Körper  auf  synthetischem  Wege,  die  als  Heilmittel  erkf 
sind,  erkennbar,  allein  es  kann  nicht  geleugnet  werden,  dass 
diesem  Gebiete  etwas  zu  viel  des  Guten  gethan,  und  eine  1 
grenz utig  nach  den  verschiedensten  Richtungen  hin  nothwe] 
geworden  ist.    Die  durch    die  Koch'schen  und  Pasteursc 
Forschungen  erschlossenen  Wege  haben  2U  einer  weiteren  R 
von  Arbeiten  geführt,  welche  die  Therapie  der  Infectionskn 
heiten  in  eine  ganz  andere  Bahn  geleitet   haben,    und  zwai 
der  sogenannten  Serumtherapie,  sowie  zur  Imnmnisirung  gi 
Infectionskrankheiten.    Es  steht  zu  erwarten,    dass  auf  die 
Wege  den  Erfolgen   am  Thierexperimente  sich  auch  solche 
Menschen  anschli  essen  werden. 

Die  Gliederung  des  Jahrbuches   ist,   weil   sie  sich   als 
bewährte  gezeigt  hat,  unverändert  geblieben.   Für  die  Bcarbei 
des  Capitels  „Infectionskrankheiten''  und  „Laryngo-RhinoU 
sind  die  Herren  Frey  hau  und  Michael,  zwei  auf  ihrem 
biete  wohl  bewanderte  Fachmänner,  eingetreten, 

Berlin,  im  April  1893. 


Dr,  S.  Guttmaa 


Iihalt 


Ij.  Tp|Kg3mjffiiiitrriif  I  maiHiiit.    £.  1 
c.  Tfiwui'tf^riP.  mämKigDHäkf:  Aanzimit.    £.  !: 
c.  Tcf^ieääieiiäe  JLiaiBaBDe.     S.  ^ 
^  AI^CBvözieE.    S.  4. 

Z&Iie-     S.  4. 

^  <9cüfsik&    SusfeehiL    Bmriit.    S.  a^. 

^  B«t.  's.  1^ 

7.  AiiiTMiT^saigifcut.    5.  ^ 

S*.  Hsm-  lad  GcK^jec^üiccfKie.    S.  ^^ 

iQ.  35ö"*^eiifTFÄBL     5-  27- 

a.  Gratrajcf  Star^nsTSSEm.     S.  ^I. 

11.  SizLsesoTfizie.    5.  2i*. 

a.  G«rDcii«org«iL     S.  "2?. 

b.  A:i^.    S.  30. 

12.  Emtwkkd«x:g9g«s)däc3itCL     5.  31. 


VI  Inhalt. 

IL 
Physiologie.    Von  Professor  Dr.  P.  Grützner  in  Tübingen.    S.  33—84 
I.  Blat.    S.  33. 
IL  Blutbewegung.    S.  39. 
IIL  Athmung.    S.  43. 
IV.  Verdauung.    S.  49. 
V.  Resorption.    S.  56. 

VL  Stoffwechsel  und  thierlsche  Wärme.    S.  57. 
VIT.  Harn  und  Harnbildang.    Schweiss.     S.  62. 
VIII.  Muskeln  und  Nerven.    S.  65. 
IX.  Centralorgane.     S.  70. 
X.  Sinnesorgane.     S.  76. 
XL  Zeugung.  S.  82. 

IIL 
Allgemeine  Pathologie  and  pathologische  Anatomie.    Von  Prof.  Dr.  H  u  g  o 
Ribbert  in  Zürich.    S.  85—123. 

I.  Allgemeine  Aetiologie,   Infectionskrankheiten  und  pflanzliche  Para- 
siten.   S.  85. 

1.  Allgemeines.     S.  85. 

2.  Einzelne  Infectionskrankheiten.    S.  93. 

a.  Septikämie  etc.    S.  93. 

b.  Tuberculose.    S.  94. 

c.  Pneumonie.    S.  97. 

d.  Typhus.     S.  98. 

e.  Cholera.    S.  99. 

f.  Diphtheritis.     S.  100. 

g.  Tetanus.     S.  100. 
h.  Influenza.     S.  101. 
i.  Scharlach.    S.  101. 

k.  Actinomykose.     S.  102. 
1.  Malaria.    S.  102. 
m.  Thierische  Parasiten.    S.  103. 
IL  Allgemeine  Pathologie  und  pathologische  Anatomie.    S.  104. 

1.  Blut.    S.  104. 

2.  Entzündung.    S.  104. 

3.  Pigment.    S.  107. 

4.  Regeneration.    S.  107. 

5.  Regressive  Processe.    S.  108. 

6.  Neubildung.    S.  110. 

7.  Missbildung.    S.  112. 

III.  Pathologische  Anatomie  der  Organe.    S.  114. 
1.  Verdauungsorgane.    S.  114. 

a.  Leber.    S.  115. 

b.  Pankreas.    S.  116. 

c.  Peritoneum.    S.  116. 


Inhalt  VII 

2.  Circulationsorganc.    S.  116. 

3.  RespiratioDSorgane.    S.  118. 

Schilddrüse.    S.  119. 

4.  Hamorgane.    S.  119 

Nebenniere.    S.  121. 

5.  Geschlechtsorgane.    S.  121. 

6.  BewegUQgsorgane.    S.  122. 

IV. 

€]lirmr^ie.     Von  Prof.  Dr.  Kolaczek  in  Breslau.    S.  124—162. 
I.  Allgemeine  Chirurgie.    S.  124. 

1.  Wuuden  und  deren  Behandlung.    S.  124. 

2.  Entzündungen.    S.  130. 

3.  Instrumente  und  Apparate.    S.  133. 
II.  Spedelle  Chirurgie.    S.  137. 

1.  Krankheiten  des  Kopfes.    S.  137. 

2.  Krankheiten  des  Halses  und  der  Brust.    S.  142. 

3.  Krankheiten  des  Unterleibes.    S.  146. 

4.  Krankheiten  der  Extremitäten.    S.  156. 

V. 

Imnere  Mediein.    S.  163-365. 

1.   Krankheiten  des  Nervensystems.    Von  Professor  Dr.  Seelig- 
m aller  in  Halle.    S.  163. 
A.  Krankheiten  der  Centralorgane.    8.  163. 

1.  Gehirn.    S.  163. 
Allgemeines.    S.  163. 
Localisation.    S.  165. 

a.  In  der  Hirnrinde.   S.  165. 
Aphasie.    S.  165. 

b.  Im  übrigen  Gehirn.    S.  169. 

2.  Krankheiten  des  yerlängerten  Marks.    S«  175. 

3.  Rückenmark.     S.  177. 
Allgemeines.    S.  177. 

Höhlenbildung  und  Syringomyelie.    S.  180. 

Multiple  Sklerose.    S.  182. 

Tabes.    S.  183. 

Land ry 'sehe  Paralyse.    S.  185. 

4.  Krankheiten  der  Muskeln.    S.  186. 

B.  Krankheiten  der  peripheren  Nerven.    S.  187. 

1.  Allgemeines.    S.  187. 

2.  Krankheiten  der  Himnerven.    S.  189. 

3.  Krankheiten  der  spinalen  Nerven.    S.  191. 


vm 


Inhalt. 


C.  Neurosen.     S.  lt)3. 

1.  Hysterie.     S,  193, 

2.  Epilepsie.     S.  19Ö, 

3.  Die  übrigen  Neiiroaen.     S.  198, 

D.  Aügemeinea,     S.  202. 

ünfallflnervt^nkrarjkbeiten,     S.  208. 

E.  Therapie.     B.  210. 

2.  Psychiatrie.     Von    Dr.    Lewald^    Arzt   der    Privat-lrrenanstalt 
Lieben  bürg  (Hftiinover).     S,  211, 

3.  Refipiratioiifäkrankbeiten.  Von  Dr.  J.  Schwalbe  inBerlin.  S.Ti 

4.  Herzkrankheiten.     Von   Dr.  J.  Schwalbe  in  Berlin,     S.  2i 

5.  Krankheiten  des  Digea tinn sapparatea.  Von  Dr.  Th,  Rose 
heim,  Privatdocenten  und  AsBistenten  an  der  medicinischen  üniver 
tÄtfi-Pnliklinik  in  Berlin.     S.  263. 

6.  Nierenkrank heiten.  Von  Mediciniilrath  Prof,  Dr.  Fiirbringi 
Director  am  Krankenhanse  Friedrichehain  in  Berlin.     S.  2ü8. 

7.  Con  s  ti  tnii  o  n  skr  an  k  heilen.  Von  Dr.  J.  Schwalbe  in  Berlin.  S.3: 

8.  Infection »krank heiten.  Von  Dr.  Frey h an,  Asaistenzarzt  i 
Krankenhauße  Fried ric ha hain  in  Berlin.     S.  331. 


VI. 

Oclmrtshülfe  und  Gynäkologie,  Von  iir.  A.  Czemp  in,  Frauenarzt 
Berlin.     S.  366—405. 

I.  Allgemeines.     S»  366. 
_  IL  Geburfcshülfe.     S.  370, 

1.  Schwangerschaftsstörungen  ^  künstliche  Fnihgebnrt;  Eklarapi 
S.  370. 

2.  OvariO'  und  Myomotoinie  in  der  Schwangerscbaft.  SymphyB 
Ujmie.     S.  375. 

3.  KaiserßchnitL     Osleomaiade.     S,  380. 

4.  Erkrankungen  der  Neugeboreneo,    S.  383. 

III,  Gynäkologie.     S.  385. 

1.  Aligemeine  gynäkologißche  Pathologie  und  Therapie.   S.  3 

2.  Vaginale  Operationen,  Ejtstirpation  des  Uterus.     S.  391. 

3.  Allgemeines  über  Laparotomien  i    Ovariotomie;   Myomoton 
S.  39t>. 

4.  ExtrauteriDgravidität.    S.  401, 

IV,  Neue  Bacher.    S.  405. 

Vll. 

Kinderlieilkiutdp.  Von  Dr.  Adolf  Baginsky,  Prof.  der  Kinderheilkui 
in  Berlin,  und  Dr.  Ernst  StrelitÄ,  Assißtenten  an  der  Baginflky'*cJ 
Poliklinik  eu  Berlin.     S,  406-^460. 

Krankheiten  des  Nervensystems.    S.  407. 
Krankheiten  der  Respirationsorgane.     S.  4t  1. 


Inhalt  IX 

Krankheiten  der  Clrculationsorgane.     S.  413. 
Krankheiten  der  Verdanungsorgane.    S.  414. 
Krankheiten  des  Urogenitalapparates.    S.  422. 
Acute  Infectionskrankheiten.    S.  424. 

Diphtherie.    S.  424. 

Tossis  convulsiva.    S.  431. 
Acute  Exantheme.    S.  432. 

Scarlatina.    S.  432. 

Morbillen.    S.  433. 

Rubeolen.    S.  434. 

Vaccine  und  Variola.     S.  435. 

Typhus  abdominalis.    S.  436. 

Inflaenza.    S.  437. 
Constitutionsanomalien  und  chronische  Infectionskrankheiten.  S.  438. 

Tuberculose.    S.  438. 

Syphilis.    S.  442. 
Allgemeink rankheiten.    S.  442. 

Rhachitis.    S.  442. 

Hämorrhagische  Diathese.    S.  444. 

Diabetes.    S.  450. 
Krankheiten  der  Neugeborenen.    S.  451. 
Hantkrankheiten.     S.  455. 
Therapie.    8.  456. 
Physiologie,  Diätetik,  Hygiene.    S.  457. 

VIII. 

Harnt-  ud  venerische  Krankheiten.    Von  Dr.  Max  Joseph  in  Berlin. 
S.  461—496. 

A.  Hautkrankheiten.    S.  461. 

I.  Lehrbücher,  Anatomie,  Physiologie.    8.  461. 
II.  Entzündliche  Dermatosen.     8.  463. 

III.  Circulationsstörangen  der  Haut.    8.  470. 

IV.  Progressive  Ernährnngsstörungen  der  Haut    8.  4'72. 
V.  Regressive  Ernährnngsstörungen  der  Haut    8.  475. 

VI.  Neuritische  Dermatosen.    8.  476. 
VII.  Parasitäre  Dermatosen.    8.  478. 
VIIL  Chronische  Infection.skrankheiten  der  Haut.    8.  479. 
IX  Therapie.    8.  483. 

B.  Venerische  Krankheiten.     8.  485. 

I.  Gonorrhoe  und  deren  Complicationen.    8.  485. 
II.  Venerische  Helkosen.    8.  489. 
III.  8yphilis.    8.  489. 

a.  Allgemeiner  Theil.     8.  489. 

b.  Haut  und  8chleimhaut.    8.  491. 


X  Inhalt. 

c.  Visceral lues.    S.  492. 

d.  Hereditäre  Lues.    S.  494. 

e.  Therapie  der  Syphilis.    S.  495. 

IX. 

Aagenheilkunde.     Von  Prof.  Dr.  C.  Horstmann  in  Berlin.    S.  497- 
jL  Allgemeines,  Lehrbücher,  Heilmittel,  Instrumente.    S.  497 

2.  Anatomie  und  Physiologie.    S.  501. 

3.  Refractions-  und  Accommodationsanomalien.    S.  506. 

4.  Anomalien  der  Muskeln  und  Nerven.    8.  508. 

5.  Erkrankungen  der  Lider,  des  Thränenapparates  u.  der  Orbita.  { 

6.  Erkrankungen  der  Conjunctiva,  Cornea  und  Sclera.    S.  5 

7.  Erkrankungen  der  Iris,  des  Ciliarkörpers,  der  Chorioidea  (ei 
sympathischer  Ophthalmie)  und  des  Glaskörpers.    S.  522 

8.  Glaukom.    S.  525. 

9.  Erkrankungen  der  Linse.     S.  527. 

10.  Krankheiten  der  Netzhaut  und  des  Sehnerven.    S.  529. 

11.  Augenerkrankungen  bei  Allgemeinleiden.    S.  531. 


Ohrenheilkunde.    Von  Dr.  H.  Koch  in  Braunschweig.    S.  536—576. 
L  Lehrbücher,  grössere  Schriften  und  Atlanten.    S.  536. 
IL  Anatomie.    S.  537. 
HL  Physiologie.    S.  538. 

IV.  üntersuchungsmethoden  und  Diagnostik.     S.  540. 
V.  Pathologie.    S.  546. 
VI.  Therapie.     S.  555. 
VII.  Casuistik.    S.  564. 

a.  Aeusseres  Ohr.    S.  564. 

b.  Mittelohr.    S.  505. 

c.  Inneres  Ohr.    S.  573. 

d.  Diverses.    S.  574. 

XL 

Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens,  des  Nasenrachenraumes,  des*Mii 
des  Kehlkopfes  und  der  Luftröhre.  Von  Dr.  J.  Michael  in  Harn 
S.  577-601. 

ArzneimitteL    S.  577. 
Durchleuchtung.     S.  578. 
Instramente.    S.  578. 

Krankheiten  der  Nase,  des  Nasenrachenraumes  und  Mundes.    S. 
Allgemeines.     S.  579. 

Verbiegung  der  Nasenscheidewand.    S.  579. 
Nase  und  Morbus  Basedowii.    S.  580. 
Rachenpolyp.     S.  580. 


Inhalt  XI 

Rhinolithen.     S.  580. 

Highmorshöhle.     S.  580. 

Sieb-  und  Keilbeinhöhle.    S.  581. 

Fremdkörper  der  Mandeln.    S.  582. 

Tumoren  des  Mundes.    S.  582. 

Pemphigus.    S.  582. 

Pharyngomykosis.    8.  582. 

Prodromale  Angina.    S.  583. 

Insufficientia  velo-palatina.    S.  583. 

Leukoplakia.    8.  583. 

Zungenmandel.    S.  584. 

Diphtheritis.    S.  584. 

Diphtheritisbehandlang.    S.  585. 

Tracheotomie  und  Intubation.     S.  587. 
Larynx  und  Trachea.    8.  589. 

Anatomie  und  Physiologie.    8.  589. 

Allgemeines.    8.  590. 

Entzündungen.    8.  592. 

Lues,  Phthisis,  Pachydermie.     8.  592. 

Neubildungen.    8.  593. 

Neurosen.    8.  595. 

Fremdkörper  in  der  Trachea.    S.  596. 
Schilddrüse.    8.  598. 
Neue  Bücher.    8.  600. 

xn. 

Ameiiüttellehre  und  Toxikologie.    Von  Dr.  Alfred  Buchwald,  Privat- 
dooenten  und  Primärarzt  am  Allerheiligenhospital  in  Breslau.   8.  602—659. 
Natrium  chloratum.     S.  602. 
Alumnol.    S.  605. 
Kalium  hypermanganicnm.     8.  607. 
Eisen.    8.  608. 
Strontiumsalze.     S.  609. 
Quecksilber.    S.  610. 
Quecksilberchlorid.    8.  612. 
Hydrargyrum  sozojodolicum.    8.  613. 
Asparagin-Quecksilber.    8.  614. 
Arsenik.    S.  614. 

Basisch  gallussaures  Wismuth  (Dermatol).    8.  616. 
Antimon.    8.  618. 
Bromoform.    8.  619. 

Bromäthyl  (Aetlier  bromatus  purissimus  Merck).    8.  621. 
Brom  Präparate.    8.  623. 
Jodoform.    8.  625. 


XII  Inhalt. 

Arifltol.    S.  626. 

Europhen  (Isobutylorthocreosoljodid).    S.  626. 

Thiophendijodid.    S.  627. 

Thiophensulfosaures  Natron.    S.  627. 

Thilanin  (braunes  geschwefeltes  Lanolin).    S.  628. 

Thiol.    S.  628. 

Ichthyol.    S.  629. 

Natrium  biboracicum.    S.  631. 

Natrium  chloro-borosnm.    S.  632. 

Chloräthyl  (Aethylchlorid).     S.  632. 

Chloroform.    S.  633. 

Peutal  (Trimethyläther).     S.  636. 

Sulfonal.    S.  638. 

Trional  und  Tetronal.    S.  638. 

Creolin.    S.  639. 

Lysol.    S.  639. 

Solveol.    S.  641. 

Solutöl.    S.  641. 

Saprol.    S.  641. 

Asaprol.     S.  642. 

Creosot.    S.  642. 

Gaajacol.    S.  644. 

PyokUnin.    S.  645. 

Euphorin  (Phenylurethan).     S.  645. 

Agathin  (Salicyl-methyl-phenylhydrazon).    S.  Ü4G 

Anaigen.     S.  646. 

Exalgin.    S.  647. 

Phenocollum  hydrochloricam.    S.  647. 

Salophen.    S.  648. 

Salipyrin  (Riedel).    S.  649. 

Salol.    S.  650. 

Gerbsäure.    S.  651. 

Heidelbeerblätter.     S.  651. 

Zimmtsäuro.    S.  652. 

Digitalin.    S.  653. 

Strychnin.     S.  654. 

Hydrastininum  hydrochloricam.    S.  654. 

Theobromin  (Diuretin  Knoll).    S.  655. 

Sparteinum  sulfuricum.    S.  656. 

Cocain.    S.  657. 

Cantharidin.     S.  657. 

Piperazin.    S.  658. 

Tubercnlin  und  Tubercalocidin.    S.  659. 


Inhali.  XIII 


XUI. 


KliMfttologie  nnd  Balneologie.   Von  Dr.  Felix  Beetz  in  Mönchen.  S.  660 
bis  678. 

Allgemeines.    S.  660. 
Klimatologie.    S.  663. 
Balneologie.    S.  668. 
Hydrotherapie.    S.  676. 

XIV. 

€eriektliehe  Medicin.     Von  Kreisphysicus  Geh.  Sanitätsrath  Dr.  Wiener 
iB  Graudenz.    S.  679—719. 

A.  Allgemeiner  Theil.    S.  679. 

Leichenverfärbungen.    8.  679, 

Den  Blutnachweis  störende  Einflüsse.    S.  681. 

Werth  des  Hämatoporpbyrinspectrums  für  den  Blutnachweis.  8.  682. 

Gerichtsärztl.  Beurtheilung  der  Fussspuren  des  Menschen.    8.  683. 

Können  frische  Leichen  schwimmen?    8.  684. 

La  Suggestion  hypnotiqne.    8.  685. 

B.  Specieller  Theil.    8.  686. 

I.  Mechanische  Verletzungen.    8.  686. 

Blutgerinnung  bei  tödtlichen  Verletzungen.    8.  686. 

Durch  äussere  Gewalt  auf  den  8chädel  entstehende  Verletzungen 

und  Erkrankungen  des  Gehirns  und  seiner  Häute.    8.  687. 
Verlust  des  erkrankten  Augapfels.     8.  688. 
Stichverletzungen  des  Bauches.    8.  689. 
Penetrirende  8chu88verletzungen  des  Unterleibes.    8.  690. 
Nichtpenetrirende  Schussverletznngen  des  Bauches.    8.  692. 
Eingeweideverletzungen  ohne  äussere  Wunde.    8.  692. 
Tod  durch  Einwirkung  des  elektrischen  8tromes.    8.  694. 
II.  Erstickung.    8.  695. 

Scheinbar  gewaltsame  Erstickungen  —  natürlicher  Tod,    8.  695. 
Tod  durch  Ertrinken.    8.  696. 
Aspiration  von  Speisebrei.    8.  697. 
Erection  und  Samenerguss  bei  Erhängten.    8.  698. 
III.  Vergiftungen.    8.  699. 
Physostygmin.    8.  699. 
Strychnin.    8.  700. 
Wurmfarnextract    ?.  701. 
Mnskatnuss.    8.  702. 
Wurstvergiftung.    8.  703. 
Salzsäure.     8.  703. 
Quecksilber.    8.  704. 
Kohlendunst.    8.  704. 
Benzin.     8.  706. 


XIV  Inhalt. 

IV,  Sexnelles.    S.  706. 

äpermatozoiden.    S.  706. 

FärbuDg  von  Spermatozoen.    S.  707. 

Zeit  der  Wirkung  der  Abortiva.    S.  707. 

Frachtabtreibung  durch  Injection  heissen  Wassers.     S.  710. 

Abort  10  Wochen  nach  dem  Tode  des  Fötus.    S.  712. 

Läset  sich  an  der  abgegangenen  Frucht  die  Abtreibung  erweis 

S.  712. 
V.  Neugeborene.    S.  713. 

Einfluss  der  Bewegungen  einer  Kindesleiche  auf  den  Respiratic 

und  Digestionstractus.    S.  713. 
Zweifelhaftes  Leben  eines  Neugeborenen.    8.  714. 
Obliteration  der  Nabelgefässe.    S.  715. 
Kindsmord  am  10.  Tage  nach  der  Geburt  —  Zurechnungsfähig 

der  Mutter.    S.  716. 
Strangfurche  bei  Nabelschnurumschlingung.     S.  718. 
Sarggeburt.    S.  718. 

XV. 

Nedicinalwesen  im   engeren  Sinne.    Von  Kreisphyslcus  Geh.  Sanitätsi 
Dr.  Wiener  in  Graudenz  und  Dr.  Heinrich  Adler  in  Wien.  S.  720 — ' 
A.  Deutschland.    Von  Kreisphysicus  Geh.  Sanitätsrath  Dr.  Wie 
in  Graudenz.    S.  7*^0. 
Medicinalbeamte.    S.  720. 

Aenderung  des  preussischen  Physikats  (Stellung  des  Phys 

in  amtlicher  und  ökonomischer  Beziehung).    S.  720. 
Gehaltsaufbesserung  in  Bayern.    S.  721. 
Ausstellung  von  Physi katsattesten  für  Staatsbeamte.    S.  1a 
Pauschalsumme  für  Postporto-  und  Gebührenbetiäge.    S.  7 
Gewerbeaufsichtsbeamte  und  Physiker.    S.  722. 
Anlage  und  Erweiterung  von  Begräbnissplätzen.    S.  722. 
General-Sanitätsberichte  der  Regierungsmedicinalräthe.    ß. 
Tagegelder  für  Termins  Wahrnehmung.    S.  724. 
Gutachten  bei  Feststellung  von  Unfall-,  Invaliden-  und  AI 

reuten  der  badischen  Medicinalbeamten.    S.  725. 
Constatirung  von  Typhus  in  Mecklenburg-Schwerin.     S.  71 
Leichenschauberichte  in  Biaunschweig.    S.  726. 
Leichenbesichtigungen  im  Gn>ssherzogthum  Darmstadt.   S. 
Aerzte.    S.  726. 
Statistik  S.  726. 

Erlass  einer  neuen  Medicinaltaxe  in  Preussen.    S.  727. 
Aerztliche  Standesverlretung  bei  den  Provinzialcollegien  und 

Wissenschaftlichen  Deputation.    S.  727. 
Disciplinarbefugnisse  der  Aerztekammern.    S.  728. 
Gesetzliche  Berechtigungen  der  ärztl.  Vereine  in  Sachsen.  S. 


Inhalt.  XV 

Novelle  zum  Krankcnkassenversiclierungsgesetz.    S.  728. 

„Aerztliche  Behandlung^  im  Sinne  des  §  6  Abs.  1  Ziff.  1  des 
Krankenversicherungsgesetzes.    S.  729. 

Gebührenfestsetzung  für  Aerzte  in  ünfallssachen.    S.  729. 
Apotheker.    S.  730. 

Verstaatlichung  des  Apothekenwesens.   S.  730. 

Standesvertretung  der  preussischen  Apotheker.    S.  730. 

Verlegung  von  Apotheken.    S.  730. 

Normalgewichtssatz  in  Apotheken.    S.  731. 

Verwendung  ovaler  Gläser  für  innere  Arzneien.    S.  731. 

Verbandstoffe  mit  Sublimat  oder  Jodoform  getränkt.    S.  731. 

Preussische  Arzneitaxe  für  1893.    S.  731. 
Hebammen.    S.  731. 

Preussisches  Hebammenlehrbuch.    S.  731. 

Zurücknahme  des  Prüfungszeugnisses.    S.  732. 
Droguisten.    S.  732. 

Berechtigung,  sich  geprüfte  Apotheker  zu  nennen.    S.  732. 

Bezeichnung  „alle  freigegebenen  Arzneimittel  u.  dergl."  S.  732. 

Verkauf  von  Thierheilmitteln.    S.  733. 

Zerlegung  des  Brustthees  in  seine  Bestandtheile  ist  unter  Um- 
ständen ein  „Gemenge"  und  Einzelverkauf  strafbar.  S.  733. 

Restitutionsfluid  ist  „Arznei".     S.  734. 

Verkauf  von  Mercurial salbe.    S.  734. 

Uebertretungen  der  Droguisten  und  deren  Ahndang.    S.  734. 
Geheimmittelhandel,  Curpfuscherei.    S.  734. 

Bezeichnung  „geprüfter  Vertreter  der  arzneilosen  Heil  weise".  S.735. 
B.  Oesterreich.     Von  Dr.  Heinrich  Adler  in  Wien.     8.  735. 
I.  Organisation.    S.  735. 
II.  Apotheken,  Geheimmittel,  Curpfuscherei.    S.  785. 

III.  Wohnungshygiene.    S.  73G. 

IV.  Zahntechniker.    S.  737. 

V.  Prophylaxis  der  Infectionskrankheiten.     S.  737. 
VL  Nahrungsmittelhygiene.     S.  739. 
VII.  Gewerbehygiene.    S.  741. 
VIII.  Leichen wesen.    S.  741. 

XVJ. 

Oeffentliche  Gesundheitspflefe.     Von    Regierungs-  und   Medicinalrath   Dr. 
A.  Pfeiffer  in  Wiesbaden.    S.  742—782. 
A.  Hygiene.     S.  742. 

I.  Allgemeines.     S.  742. 
Luft.    S.  742, 
Licht.    S.  743. 
Wasser.    S.  743. 
Boden.     S.  744. 


XVI  Inhalt. 

II.  Specielles.    S.  745. 

Beseitigung  der  anreinen  Abgänge  aus  Städten.    S.  745. 
Baupolizei.     S.  748. 
Desinfection.    S.  749. 

Leichenschau  und  Begräbnisswesen.     S.  749. 
Prostitution  und  Alkoholmissbrauch.    S.  750. 
Geisteskrankheiten  und  Irrenhäuser,    S.  751. 
SterbUchkeit.    S.  752. 
Bewegung  der  Bevölkerung.    S.  755. 
Fürsorge  für  Kranke,  Genesende  und  Kinder.    S.  756. 
Krankenkassen  und  Unfallversicherung.    S.  759. 
Bäder  und  Badeanstalten.    S.  760. 
Impfung.     S.  761. 
Gewerbliches.    S.  763. 
Gebrauchsgegenstände.    S.  764. 
Fleischbeschau.    S.  766. 
Kahrungs-  und  Genussmittel,    S.  769. 

Beaufsichtigung  des  Marktverkehrs  mit  Nahrungsmitteln.  S.  771. 
Verfälschung  von  Nahrungsmitteln.    S.  772. 
B.  Epidemiologie.    S.  773. 
Cholera.    S.  773. 
Influenza.     S.  775. 

Typhus  und  verwandte  Krankheitserscheinungen.    S.  776. 
Pocken.    S.*  779. 

Scharlach,  Dichtherie  uud  Masern.    S.  780. 
Flecktyphus.    S.  780. 
Genickstarre.    S.  780. 
Pest.    S.  781. 
Gelbfieber.    S.  780. 
ToUwuth.    S.  781. 
Trichinose.    S.  782. 

XVII. 
Militännedicin.    Von  Stabsarzt  Dr.  Schill  in  Dresden.    S.  783-812. 

1.  Gesundheitsberichte.    S.  783. 

2.  Militärgesundheitapflege.    S.  786. 

3.  Militärkrankenpflege.     S.  792. 


Anatomie 

(einaoldiesslicli  der  Zellen-  und  Gewebelehre,  sowie  der 
EntwickeluDg^sgeschichte)* 

Von  Professor  Dn  Karl  von  BurdGlebeu  in  Jena. 


1.  Lehr-  und  Handbücher.    Bililerwerke. 
a.  Systematische  Anatomie. 

Von  dem  im  vorjährigen  Berichte  besprochenen  Qaain-Hoff- 
maDD-Hauber^schen  Ltjhrbuche  der  Anatomie  des  Manschen 
sind  drei  neue  Lieferungen  erschienen^  welche  die  Bänder  und  Muskehi^ 
Eingeweide  und  Gefässe  entbaiten.  Der  Schlnss  des  Werkes  (Bd.  II, 
Theü  2:  Nervensystem  nnd  Sinnesorgane)  soll  Ostern  1893  erfolgen* 

Von  Brösike^s  Cursus  der  normalen  Anatomie  erschien  die 
dritte  Aoilage.  (Mit  2  Taf,  und  88  Holzschnitten.  Berlin ,  Fischer^s 
medic.  Bnchandlg.  16  M.) 

Ein  neues  ^Oompendium  der  normalen  Anatomie^*|  welches 
Itlr  den  Präp&rirsaal  und  das  Staatsexamen  berechnet  ist,  hat  A.  Voll 
geschrieben.  Die  HaupteigeuBchaften  dieses  Compendiums  sind  Kürze 
des  Textes   und  geringe  Anzahl   von  Abbildungen  (26). 

h.  Topographische  Anatomie« 

Von  JoesaeTs  grossem  Lehrbaoh  dar  topographisch-chi- 
rurgischen Anatomie  ist  die  zweite  Abtheilung  des  II.  Bandes 
erschienen^  enthaltend  den  Bauch,  (Mit  40  grösstentheils  in  Farben- 
druck ausgeführten  Holzschnitten  und  2  iithogr.  färb.  Tafeln.  Bonn, 
Fr,  Cohen.  Preis  8  M.)  Diese  Lieferung  schliesst  sich  würdig  den  früheren 
Jahrbuch  d.  pract.  Medicin.    1S90.  t 


V,  Cardeleben. 


(Bd.  1:  Extremitäten;  Bd.  11,  Lief.  1:  ßmst)  an  und  wir 
Aerzten,  welche  practiacb  mit  dem  Abdomen  au  tiiun  haben 
vom  Standpunkt  der  inneren  Medicin  oder  der  Obirorgie,  eit 
zuverJäeeiger ,  wie  brauchbarer  Führer  sein,  ^  Leider  ist  di 
im  December  1B92,  vor  Vollendung  der  Liefernn^^:  Beck* 
storben.  Jedoch  ist  zu  hoffen,  dass  das  Werk  im  Sinne  d 
storbenen  fortgesetzt  und  vollendet  werde. 

Löbker's  Operationslehre,  welche  aucb  die  cbirur 
Anatomie  berücksichtigt^  erlebte  die  dritte  Auflage,  währ 
V,  Bergmann  und  Eoche' Anleitenden  Vorlesungen  t 
Operationscursuö  die  zweite  Auflage  erschien. 

Schliesslich  sei  noch  ein  hervorragendes  französische 
erwähnt:  P.  Poirier,  Trait^  d'anatomie  medico-chirur 
von  dem  das  1-  Heft  (Paris,  Bab^,  1892.  151  Fig.,  204  I 
gröBSten  Theil  des  Küpfes  (Schädel,  Gehirn,  Ohr)  enthaltend^ 

c»  Histologie,  m  i  k  roekup  ii^f  lie  Anatomie. 

Vor  Allem  ist  hier  ein  Werk  von  OskarHortwig  zu 
Die  Zelle  und  die  Gewebe,  Grundztige  der  allgemeinen  ^ 
und  Physiologie.    (Mit  168  Abbildungen.    Jena  «^1893'*,    G. ' 
Das  vorliegende   erste   Buch  enthält  die   allgemeine  Anato: 
Physiologie  der  Zelle    in    neun  Kapiteln,    deren  Inhalt  ku 
geben  Ref*  nicht  umhin   kann.     Kapitel  1  :    Geschichte   dei 
und  Protoplasma-Theorie.  —  Kapitel  2:  Die  chemisch^physil- 
und     morphologischen    Eigenschaften     der    Zelle,     des   Ze' 
die   Central-   oder  Polkörperchen   der   Zelle.   —    Kapitel  3- 
Lebenseigenschaften  der  Zelle,  —  Kapitel  3 :  Die  Bewegung 
nungen    (Protoplasma-^    Geissei-   und   Flimmerbewegung,    ^ 
passive    Bewegung).    —    Kapitel   4:    Die   Reizerscheinunge 
mische,   Licht-,   elektrische,    mechanische^   chemische  Reize], 
pitel  5:   StoflPwechsel  und  forraative  Thätigkeit  (Aufnahme, 
Umsetzung   von  Stoffen)*  —  Kapitel  ii:  Die  Fortpflanzung  < 
auf  dem  Wege  der  Theilung.    Die  öeacbiohte  der  Zellenent 
der    Process   der   Kerntheilung   und   die   verschiedenen   Ar 
selben;  Kemsegmentirung  (Mitose,  Karyokinese),  Kernzerst 
(Fragmentirung,  Amitose);   verschiedene   Arten   der  Zellver 
(ilquale,   inäquale  Theilung^    Knospung,   p»Ttielle  Theilung, 
bildungf   ReduotioDstheilung);    Beeinflussung  der  Zelltheilu) 
iaroere  Facioren,  abnorme  Kerntheilung.  —  Kapitel  7:  Die 
nungen  und  das  Wesen  der  Befruchtung.    Die  Morphologie 
fruchtungsproceesos  (Befruchtimg  das  thierischen  Eies,  der 


Anatomie^  Zellen-  und  Gewebelehre,  Entwickelungfigesehichte. 


3 


gamen,  der  iDfuaorien);  die  verschiedene  Form  der  Geschlechtszellen, 
die  Aeqiiivalenz  der  beim  Zeugungsacte  betheiligten  Stoffe  und  die 
Begriffe  „männliche  und  weibliche  GeschlechtazeUen*'.  Die  Ur-  und 
Grundformen  der  geßchlechtlichen  Zeugting.  Die  Physiologie  des 
Befrucbtangsprocesses.  Die  Befruchtungsbedürftigkeit  der  Zellen 
(Parthenogenese,  Apogamie),  die  sexuelle  Afdnität.  —  Kapitel  8: 
Wechselbeziehungen  zwischen  Protoplasma,  Kern  und  Zellprodoct. 
—  Kapitel  9:  Die  Zelle  als  Anlage  eines  Organismus  (Vererbungs- 
iheorieo).  Schon  aus  dieser  sehr  knappen  und  unvollständigen 
Wiedergabe  des  Inhalts  dürfte  zu  entnehmen  sein,  welcher  Reich- 
thum  an  Thatsachen  und  Gedanken  in  diesem  Werke  Hertwig's 
enthalten  ist»  Selbst  den  theoretischen  Fächern  femer  stehende 
Aerzte  werden  das  Buch  mit  loteresse  und  Gewinn  flQr  ihre  allge- 
meine Fortbildung  lesen. 

Einen  recht  brauchbaren  „Grundrias  der  Gewebelehre" 
hat  J,  Disse  in  Göttingen  verfasst.  (Mit  57  Holzschnitten.  Stutt- 
gart, Ferd.  Enke,  18t>i.  lU  S.  8'».  Preis  3  M.)  Es  ist  ein  für  den 
Studirenden  berechnetes  Compendium  der  Zellen-  und  Gewebe- 
lehre, welches  neben  grösseren  Büchern  vielen  Nutzen  stiften 
dürfte. 

Ph.  Stöhr^s  Lehrbuch  der  Histologie  (nud  der  mikro- 
akopischen  Anatomie  des  Menschen  mit  Einschlnss  der  mikro- 
skopischen Technik.  5.  verbesserte  Auflage.  Mit  216  Holzschnitten. 
Jena,  G,  Fischer^  1892)  ist  schon  wieder  neu  aufgelegt  worden,  ein 
Beweis f  dass  sich  dieses ^  wesentlich  für  den  Gebrauch  bei  mikro- 
skopischen Cursen  bestimmte,  aber  auch  sonst  gute  Buch  schnell 
und  fest  eingebürgert  hat. 

Von  Landois^  Lehrbuch  der  Physiologie,  welches  auch  die 
Histologie  und  die  mikroskopische  Anatomie  enthält,  er- 
schien bereits  die  achte  Auflage  (1.  Hälfte^  4S<)  8,). 

d.  Vergleicheode  Anatomie. 

Ein  hübsches  kleines  Buch,  in  dem  sich  der  Mediciner  schnell  in 
der  vergleichenden  Anatomie  und  Zoologie  orientiren  kann,  ist  das 
^Compendium  der  vergleichenden  Anatomie'Won  Bernhard 
Rawitz,  (Zum  Gebrauche  für  Studirende  der  Medicin.  Mit  9(J  Ab- 
bildungen im  Texte.  Leipzig  „1893^^  Härtung  Ä  Sohn.  272  8. 
kL  8^.)  .^Es  soll  den  angehenden  Arzt,  der  fleissig  die  Vor- 
lesungen seines  Lehrers  besucht  hat,  dazu  befähigen,  seine  erwor- 
benen Kenntnisse  in  der  so  überaus  wichtigen,  aber  leider  zu 
eehr  von  unseren  gegenwärtigen  Studentengenerationen 


V.  Barde  leben. 


vernachiäBBigten  WisseiiBchaft  der  vergleichende 
toMie  leicht  und  bei^aem  aufzufrisclieD.  Zu  diesem  Behufe  a 
dfts  Büchlein  wirklich  sehr  geeignet  zu  seiD,  wenn  es  auch  ft 
Geachmaek  des  Bef.^  quoad  Yertebrata,  ein  bischen  sehr  ku 
fasst  ist. 


d 


2,  AUi^emeines. 

^Grundlagen  der  theoretischbn  Anatomie"  neniit  b 
Von  P.  Lesshaft,  Professor  der  Anatomie  in  St.  Petersburg,  1 
gegebenes  eigenartiges  Werk,  (Erster  Theil.  Mit  52  Holzsch 
Leipzig,  Hiorichg,  1892.  3S3  S.  gr.  8^^.  5  M.)  Der  vorli 
erste  Theil  enthält  die  theoreti sehen  Grundlagen  der  Anatom 
Bewegungsorgan 6,  im  zweiten,  der  bald  folgen  soll,  werc 
allgemeioen  Grundlagen  des  Baues  der  vegetativen  Orgaue  dm 
psychischen  Thätigkeit  ansei  nandergesetzt  werden,  worauf  dai 
historische  Uebersicht  der  biologischen  Theorien  und  die  B 
lung  der  Yererbungsfragen  folgen  soll.  Der  erste  Theil  eat 
Kapitel  I  die  allgemeine  Aimtomie  der  Stützsubstanzen  (Kl 
Knorpel,  Bindegewebe,  elastisches  Gewebe,  Fett,  Blut),  un 
zunächst  die  Histologie,  Hiatochemie  und  Histophysik  dei 
Kapitel  II  bringt  dann  die  EiDtheilung,  Architektur  und  En 
long  der  Knocheu^  Kapitel  III  die  allgemeine  Anatomie  der  Ki 
Verbindungen  (Nähte,  Synchondrose,  Synostose,  Gelenke).  K&) 
bdfasst  sich  mit  der  allgemeinen  Anatomie  des  Muskelsystg 
Kapitel  V  werden  Schwerpunkt,  Länge,  Gewicht  und  Fr* 
nalität  des  menschlichen  Körpers  abgehandelt. 

Von  höchstem  allgemeinen  Interesse  sind  grosse  Abgch 
dam  Werke  von  Julius  Wolff,  Das  Gesetz  der  Tri 
mation  der  Knochen,  (Berlin,  Hirschwald,  1892.  Mit 
152  8,  gr»  Fol)  Da  die  allgemeinen  Folgerungen  sich  a 
Verhältnisse  des  Knochdns,  seine  innere  Architektur  und 
Form  stützen,  soll  das  Referat  in  dem  Kapitel  „Knochensyäte 
wegungsapparat)  Platz  Enden« 


3.  Zellei'  und  (Mewebelekre. 
Zelle, 


Wie  schon  im  vorigen  Berichte  hervorgehoben  war  de, 
Lehre  vod  der  Zelle  immer  mehr  in  den  Vordergrund;  die  i 
welche  sich  ausschliesslich  mit  der  Zelle,  ihren  morphologtsc 
physiologischen  Verhältnissen  beschäftigen,  werden  immer  z&^ 


Anatomk^  Zellen-  und  Q^webelehre^  Entwickelungegeschicbte.  5 

and  wichtiger,  während  die  Gewebe  mehr  in  den  Hintergrund  treten ^ 
da  man  zunächst  hier  nicht  viel  weiter  wird  kommen  können ,  ehe 
nicht  die  ganze  Zellenlehre  aufs  Neue  durchgearbeitet  ist.  im  Ka- 
pitel 1  (i?.  o,)  ist  schon  des  Werkes  von  O.  Hertwig  Erwähnung 
gethan  worden,  welches  sich  in  seinem  ersten  Theile  ausschliesslich 
der  Zelle  widmet.  Nochmals  sei  auch  an  dieser  Stelle  aof  dis 
vorzügliche  Buch  hingewiesen. 

Ein  zusammenfassendes  Resum^  der  neuen  Arbeiten  überZell- 
theilung  gibt  ein  Vortrag  von  Richard  Zander  aus  Königsberg, 
der  im  ßiolog.  Centralblatt  (Bd,  12,  1892,  Nr.  9  u,  10)  veröffentlicht 
ist  (Ueher  den  gegenwärtigen  Stand  der  Liehre  von  der  Zelltheilung. 
Vortrag^  gehalten  in  der  Biolog.  Gesellsch.  zu  Königsberg  tn  Pr., 
L  c.  S.  281—309),  wo  auch  die  ganze  neuere  Litte ratur  (94  Nam- 
mern)  aufgeltihrt  ist.  Der  Vortrag  Zander^s  kann  gleichzeitig  zur 
Ergänzung  bezw.  Fortsetzung  für  die  Darstellungen  des  Ref.  in 
Eulen bnrg's  encyktopädischen  Jahrbüchern  and  Flemming's  Refe- 
rat auf  der  Münchener  Anatomen  Versammlung  (s.  vorigen  Bericht) 
dienen. 

Die  viel  ventilirte  wichtige  Frage,  ob  die  Unsichtbar keit  von 
St ructur Verhältnissen,  besonders  im  Zellkerne,  die  Nichtexistenz 
solcher  Structuren  beweise,  hat  Flemming,  veranlasst  durch  eine 
Aeusserung  von  L.  Anerbach  (Breslau),  von  Neuem  besprochen  (Ueher 
Unsichttarkeit  lebendiger  Kernstructuren.  Anat.  Anzeiger  Jahrg.  7, 
1892,  8,  75&— 764).  Während  Auerbach  (Sitzungsbericht©  d.  Kgl. 
Preusa.  Akad.  der  Wiss.  Berlin  1890,  8.  735  ff)  die  Gerüst-  und 
Netzstracturen  als  unbeständige  und  nebensächliche  (accidentelle) 
Bildungen  auffasst^  die  durch  Umformung  der  Grundstructur  eot* 
stehen,  theilweise  allerdings  schon  im  Leben  sich  einfinden,  ,^aber 
auch  da,  wo  dies  nicht  der  FaD  ist,  ausserhalb  des  Körpers 
durch  verschiedene  Behandlungsweise  herbeizuführen 
sind^i  weist  Flemming  nach,  dass  viele  Stracturtheile  des  Zell- 
kerne im  wirklich  lebenden  Zustande  völlig  oder  beinahe  ansicbibar 
sind  und  erst  mit  dem  Absterben  oder  der  künstlichen  Abtödtting 
kenntlich  werden.  Die  Fäden-  oder  Stranganordnung  tritt  bei  be- 
stimmter Behandlung  (Essigsäure)  unter  dem  Mikroskop  mit  einem 
Schlage  auf,  ohne  dass  Körnchen  oder  Fäden  eine  Bewegung  zeigten. 
Diese  Anordnung  muss  daher  hier  lebendig  präformirt  sein  in  Ge- 
stalt von  zarten  Fäden,  welche  die  Ohromatinkörper  enthalten,  und 
kann  nicht  auf  einer  zufälligen  Aneinanderreihung  vorher  frei 
schwimmender  Körnchen  beruhen,  —  Abgesehen  von  solchen  Kernen, 
wo   man   die  Strnctur  durch  Reagentien   plötzlich   sichtbar  machen 


6 


V.  Bsurdeleben. 


kaun,  gibt  6B  aber  auch  noch  andere,  bei  denen  diese  Bildm 
im  sicher  lebendeo  Zustande  ohne  Weiteres  sehr  wohl  s 
bar  siud. 


Sehr  merkwürdige  Thatsachen ,    welche  vor  Allem  die  Moi 
legie   der  Zelle   betreffen,   abgesehen   von   dem  epeciellen  Intel 
welches  die  Bildung  der  männlichen  Zeugungaatotfe  bietet,  erg 
eich    bei   dem   näheren  Studium   der   Spermatogeneso  für  Sj 
paiden    (Reptilien^    Vögel)    nind   Säogethiere.      Bei    ersteren    u 
suchte  C,   Benda   in   Berlin    (Ueber   die  Histiogenese    der   B 
psidenspermatozoen.    Verhandlungen  der  Anatom.  Ges.  a.  d,  i\ 
in  Wien,    1892,    S.   195-^199),  —  bei  letzteren,   speciell   beim 
sehen  Ref.  (Ueber  Bp er matogeneae  bei  Säuge thiereu,  besonders 
Menschen*    Verli  and  langen  der  Anatom.  Ges,  a.  d.  6.  Vers,  in  A 
1892,  S.  *J02-'208),    Ret"   hatte  die  seltene  Gelegenheit,  ganz  Iri 
Material   von  drei  Hingerichteten,   unmittelbar   nach  der  Exec^ 
zu  erbHken,  —  und   zwar  standen   diese   Männer   in    den  drei 
vor  Allem   in   Betracht  kommenden  Decennien   des  Lebens,    ii 
20er  j    SOer    und    40er    Jahren.      Ausserdem    wurden    noch    S 
und  M  e  e  r  8  c  b  w  e  i  n  c  h  e  n  untersucht.    Die  theilweise  sehr 
raschenden   Ergebnisse  betreffen   erstens   die  näheren  Vorgang 
der    Bildung    des    Samenkörpers,    zweitens    die   allgemeine   2 
lehre,    besonders    die    Beziehungen    zwischen   Mitose    und  An 
Auf   Durch  seh  aitten    menschlicher    Hodenkanälchen    von    gesi 
zeugungstllhigen  Männern,   sowohl   Längs-   wie  Quer-   oder  S« 
achnitten,  sieht  man  die  verschiedenartigsten  Formen  von  Zelle 
Kernen.     Der   Mao  gel    an    Uebereinstimmung    oder   Gleichar* 
oder  auch  nur  Aehnlichkeit   nahe  henachbarter   Elemente   un 
gionen  des  Kanälchens,  die  Anwesenheit  vieler,  oft  weit  ausein 
liegender  Stadien  von  in  Bildung  begriffenen  Spermatozoon  ad 
selben  Querschnitt  oder  in   derselben  Gegend  eines  Lan gaset 
daa    Fehlen    jeglicher    regelmässigen    Reihenfolge    auf   Quer- 
Längaacbnitten ,  machen  bekanntlich  das  Studium  der  Spermato 
gerade  beim  Menschen  so  ausserordentlich  schwierig.   Da  nun 
wie   die   Formen   des  fertigen  Samenkörpers  auch    schon    d 
EntwickelnngfjStadien,  abgesehen  von  den  frühesten^  bei  den  1 
erheblich    von    denen    beim    Menseben    abweichen,    hat    das 
gleichende   Studium   in  dieser  Richtung    bisher    noch    oicl 
Erfolg   gehabt.     Ausser  den   bisher   beschriebenen    zwei  Zell 
fand  Ref.  im  menschlichen  Hoden  noch  solche,  die  entweder  i 
Menachen   oder    überhaupt    noch    nicht   bekannt   zu    sein   sc 


Anatomie,  Zellen-  nud  Gewebelehre,  Entwickehingsgepcbichte, 


Erstens  Zellen  von  15  //  Durchmesser^  die  Aehnlichkeit  mit  Lympli- 
zellen  besitzen,  mit  grossem,  oft  wurstförmigem  Kern  von  7,5 — 10  /i. 
Sie  liegen  meist  niclit  weit  von  der  Kanäleben  wand  ung.  Zweitens 
finden  sieb  in  der  Nähe  der  Wandung  Zellen  (10— 12jü),  deren 
gleichfalls  sehr  grosser,  öfters  gelappter  Kern  eine  oder  mehrere 
EiDbtichtangen  zeigt,  in  deren  blindem  Ende  ein  sehr  kleines  Kör- 
perchen  (Central körperchen?)  liegt,  oder  deren  Kern  durch  einen 
engen,  wohl  aus  jener  Einbuchtung  entstandenen  Kanal  vollständig 
in  zwei  Theile  bezw,  durch  zwei  Kanäle  in  drei  Abschnitte  zerlegt 
ist.  Es  scheint  so,  als  wenn  ein  Centralkörperchen ,  statt  um  den 
Kern  herumzugehen  und  die  iür  den  Gegenpol  bestimmte  Spitze  der 
achromatischen  8pindel  zu  fähren,  durch  den  Kern  wandere,  ohne 
dass  eine  Spindel  auftritt ^  oder  dass  die  beiden  Centralkörper  an 
einander  vorbei  marachiren.  Das  Kemkörperchen  dieser  Zellen  mit 
gelapptem,  zerklü^'tetem  oder  kanaliüirtem  Kern  erscheint  öfters 
viereckig  oder  polygonal,  an  seinen  Ecken  liegen  feine  dunkle  Punkte 
(mehrfache  Centraikörperchen?).  Vielfach  sieht  der  Kern  auch  so  aus, 
als  wenn  er  im  Begriffe  wäre,  in  viele  einzelne  Theilchen  zu  zerfallen. 
Die  am  Rande  der  Kanäleben  liegenden  Zellen  (wandständigen), 
etwa  10 /i  gross,  besitzen  einen  bei  Färbung  meist  donklen,  häufig 
belle,  glänzende  Körper  einschliessenden  Kern  von  6 — 7  ß. 
Auf  die  Handzellen  folgen  solche  mit  höchst  charakteristischem 
Kern,  Auf  den  ersten  Blick  scheißt  es,  als  wenn  man  lauter  be- 
ginnende Karyokinesen  vor  sich  habe.  Die  chromatische  Substanz 
ist  in  Form  des  lockeren  Knäuels ,  man  kann  die  chromatischen 
Fäden  oder  Schleifen,  sowie  ihre  einzelnen  Elemente  (Mikrosomen) 
zählen,  da  die  Zwischensubstanz  des  Kerns  ganz  hell  ist.  Höchst 
auffallend  ist  nun,  dass  man  überall ^  in  ganzen  (nicht  dtirchschnittenen) 
Kernen  (5 — 6  ^  j  ein  oder  zwei  Kemkörperchen  als  kreisrunde  in  der 
Mitte  vertiefte,  mit  einem  hellen  Hofe  umgebene  Scheibe,  einem 
rothen  Säugethier* Blutkörperchen  ähnlich,  sieht;  die  Grösse  beträgt 
1,5 — 2  ju.  Neben  diesen  scheinbaren  —  oder  beginnenden  —  Karyo- 
kinesen  sieht  man  wirkliche ^  mit  achromatischen  Spindeln,  in  ver- 
schiedenen Stadien.  Es  gelang  mir  nun,  die  Zahl  der  chromatischen 
Elemente  beim  Menschen,  Stier  und  Meerschweinehen  festzustellen. 
Sie  beträgt  abereinstimmend  16  oder  8,  letzteres  nach  der  letzten 
karyokinetischen  Theihmg.  Die  Ohromosomeo  sind  entweder  Stäb- 
chen- (Stier)  oder  länglich-eiförmig  (Mensch).  Die  Centralkörperchen, 
sowie  das  ^Archoplasma^,  entweder  in  der  Einbuchtung  zwischen 
den  beiden  neuen  Kernen  oder  Zellen  —  oder  der  einen  als  Kappe 
aufsitzend,  wurden  beobachtet.    Die  Karyokinesen  sind  nicht  häofig, 


8 


▼.  B&rdeleben, 


in  vielen,  ja  den  meisten  Kandlchen  fanden  sich,  und  zwar  beS 
veröchiedensten  Arten  der  Behandlung,  specteli  auch  mit  Flemni 
scher  Fixirung    und   Färbung ,    gar    keine   Mitosen ,    äberhaupt 
mehrere  hundert  Zellen  einea  GesicbtBfeldes  aetten   mehr  ak  i 
Dies  Verhältnisö  erscheint  doppelt  auftauend  btii  der  in  jedem  Kt 
eben  vorhandenen  grossen  Anzahl  in  Bildung  begriöener  Spem 
zoen.     Deutet  dieser  Umstand   schon   darauf   hin,    dass  die  w€ 
Zerlegung  der  samenbildeuden  Zellen  nicht  gut  auf  dem  Wege 
mitotischen  Zelltheilung   vor   sich  gehen  köone,   so  eprechen  g 
diese  auch  die  positiven  Beobachtungen.     Man  sieht,  wie  eine 
mit  grossem,   hellem ^   im   lockeren  Knäueistadium  begriffenen  l 
durch  Abschnürung  in  vier  Zellen  zerfällt^  und  dass  in  den  Kl 
der  vier  Tochterzellen  das  Chromatin  aiob  wiederum  zusammen 
um    dann    eine    eigen thüm liehe  Gruppirung    um    helle  Stellen 
Körper  herum  einzugehen,   Jn  besonders  deutlichen^  typischen  1 
siebt   man    einen    kreierunden   oder  ovalen   Zellkörper  mit  gr< 
gefärbtem    Kern^    und    in    der   Mitte    dieses   einen   hellen    Kl 
um  eine  kurze,   nicht  prajudicirende   Bezeichnung  für  diese 
weisse^  glänzende  Substanz  zu  haben,   die  schon  in  frühen  St 
beobachtet    wird    und    welche    schliesslich     den     oder    die    1 
glänzenden   (Central-) Körper   im   Kopf   des    fertigen   Spermato 
bildet,    nennt   Ref.  dieselbe    „Argin^   (von  apyog,    bell   gläB 
achnell).     Die   naheliegende    Verwechslung   mit   Vacuolen    ist 
ifftändig  ausgeschlossen.    Auch  um  Feltkörper  handelt  es  sich 
Das    nächste  Stadium    ist    nun    der    direcfee    Zerfall    der 
Abachnürung   entstandenen  Zellen   in   erst   zwei   und   dann  in 
oder  auch  gleich  in  vier  Th eile.   Es  bandelt  sich  hier  wohl  um  8r 
auf  einander  folgenden  Zerfall  in  zwei  Hälften^  von  denen  jedi 
nochmals  halbirt,  so  dasti  man  ausser  dem  Stadium  der  Zweithi 
des  Ganzen  (a)  eine  (b)   oder  beide  (c)  Zweitbeilungeo   der  B 
zu    beobachten   Gelegenheit    hat.     In    dem   Falle  b   siebt    man 
Theile,  der  Fall  c  charakteriairt  sich  durch  die  Form  des  Tetr 
Jedes  der  so  neu  entstandenen  vier  Elemente  hat  vorn  (der  frt 
Mitte    entsprechend)    einen     ovoiden    oder   kugeligen    Argink 
darauf  folgt  Chromat  in^  dann  der  protoplasmatische  Zellleib, 
umwächst  dimn  den  Arginkörper,  oder  letzterer  tritt  etwas  in 
zurück.  Wir  haben  jetzt  ein  Spermatozoon  in  primitiver  Form  v< 
Die  weiteren  Veränderungen  betreffen  die  Form  des  Ganzen  u: 
einzelnen  Tbeile,   sowie  Umlagerungeo  und  Theilungen    im   I 
Modellirung  des  Ganzen  und  der  eitizeinen  Kiemente*    Die  Z< 
Ganzen  wird    eiförmig,    dann    kometen-    und    spindelförmig. 


AfUttomie^  ZelJen-  und  Gewebelehre^  Entwickelungf^geschiolite. 


''Chrotnatixk  wächst  nach  vom  und  hioten  atid,  zur  Anläge  des  Spiesses 
oöd  als  Oentralfadeti  des  SchwanzeSp  Ferner  entsteht  um  das  Chro- 
znatin  beram  eiD  Ring  (Saturn form) ;  dieser  wandert  ^  indem  er  sich 
SU  einer  Spirale  umwandelt ,  nach  b inten  und  bildet  scbliesslich 
don  Spiraliaden,  Die  hier  schnell  auf  einander  folgenden  Formen 
lusen  sich  etwa  vergleichen  mit  einem  Napoleonsbutj  der  Glaos 
penis  mit  Präputium  (in  verschiedenen  Stadien  der  Bedeckung  und 
Sotblössang  der  Glans),  Schraube  oder  Korkzieher,  Der  Ärgin- 
kdrper  theilt  sich  in  zwei  und  mehr  Theile  (bis  vier  beobachtet)« 
W&hrend  so  Kopf  mit  vorderer  und  hinterer  Hälfte,  Spiess^  Oentral- 
köfper  immer  deutlicher  werden,  streckt  sich  der  ZelUeib  mehr  und 
mehr  Die  Spermatozoen  stehen  nicht  alle  oder  immer  mit  der  Spitze 
nach  dar  Kanälchenwand  zu,  sondern  nehmen ^  entsprechend  der 
obao  angegebenen  urspränglichen,  einander  zugewandten  Lage  einer 
Gruppe  von  vier,  jene  bisher  allgemein  angegebene  Lage  erst  später 
an  und  auch  dann  nicht  tiberall.  In  vielen  wesentlichen  Punkten 
atioiniao  die  genauer  untersuchten  Säugethiere  mit  dem  Menschen 
ftbeittDf  der  Stier  sogar  betreffs  der  primitiven  Form  des  Kopfes, 
Wikr^id  das  Spermatozoon  des  Meerschweinchens  schon  sehr  früh 
die  spitze,  langgestreckte  Form  zeigt  Uebereinstimmend  verhält  sich 
Palgaudes:  die  Zahl  (nicht  die  Form)  der  Chromosomen  in  den 
EBjyokineaen ,  das  relativ  seltene  Vorkommen  derselben  im  Ver- 
gleich SU  den  massenhaft  sichtbaren  Samenkorpern^  die  amitotischen 
ThailoBgeD  und  der  Zerfall  bei  der  letzten  Theilung,  dds  Vorhanden- 
aeill  des  Arginkörpers  und  seine  späteren  Theilungen,  das  Anwachsen 
det  Chromatiiis  nach  vorn  und  hinten,  das  Auftreten  des  Ringes 
and  die  Bildung  der  Spirale.  Nachdem  Ref.  so  die  Bildung  des 
Spertnatosoona  von  Anfang  bis  zu  Ende  beobachtet  hat,  betont  er 
wiedefhoU,  dass  es  ein  Zellderivat  und  demnach  ein  Zelläquivaient, 
w^un  nicht  quantitativ,  so  doch  qualitativ  darstellt,  Man  kann  ja 
dariher  streiten,  ob  es  einer  ganzen  oder  einem  Theile,  etwa  Vi« 
Zelle  entspreche,  aber  das  würde  schliesslich  auch  bei  jeder 
»uf  indirectem  Wege,  durch  wiederholte  Zweitheilung,  ent- 
ilUKteiieD  Ururenkelzelle  der  Fall  sein.  Die  Hälfte,  das  Viertel,  Achtel 
1*  s*  w«  einer  ursprünglichen  Zelle  wird  doch  wieder  zu  einer  ganzen 
Seile.  In  dieser  Hinsicht  siebt  Ref.  keinen  wesentlichen  Unterschied 
iwiM^heii  einer  auf  mitotischem  oder  auf  amitotischem  Wege  ent* 
•undtDen  Zelle«  Die  Idee  der  Copulation  erscheint  nicht  mehr 
ItehinU'.  Dase  die  Spermatozoon  eine  Zeit  lang  in  dem  Protoplasma* 
oeti  der  rerfifitelten  Zellen  stecken,  ist  ja  richtig,  aber  es  dürfte 
cicli    doch    wohl    nur   um    ein    mechanisches   Festhalten,    eine  Auf* 


3 


bewahrung  oder  vielleicht  atich  um  eine  Zufuhr  \'oa  Nahrang  ha 
dein.  Durch  den  Nachweis  einer  amitotiscben  Theiluog  der  samei 
bildeDdeu  Zellen  erhalten  wir  nun  eine  nicht  zu  unterschätzend 
üebereinstimmting  zwischen  den  höcbsteii  Wirbeithieren  und  niedere 
Wirbellosen;  war  ja  doch,  wie  das  Waldejer  in  der  ihm  eigene 
klaren  Weise  1887  aussprach,  eine  solche  Uebereinstimmung  a  prio 
als  Postulat  zu  erachten.  Trotzdem  nun  könnten  Verschiedenheite 
in  diesem  Punkte  kaum  überraschen,  wenn  wir  die  verschiedene  A 
der  Hamenbildung  bei  verschiedenen  Thieren  als  Anpassung  an  äuBsej 
Lebensbed  in  gangen  betrachten ,  wie  sie  ja  gerade  im  Geschlechfei 
leben  bekaontlich  auch  ianerhalb  der  Säugethierej  so  häutig  vorkomm 
Wichtiger  erscheint  vom  theoretischen  Gesichtspunkte  aus  für  d 
allgemeine  Zellenlehre  die  Thatsache,  dass  mitotische  und  amitotiscl 
Theilung  neben  einander,  oder  besser  hinter  einander ,  vorkomm< 
und  dass  sie  darch  eine  Zwischenstufe,  die  Abschniinmg,  verbuudi 
werden. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt  eine  monographisch  angelegte  A 
heit  von  M,  Heidenhain  (Sohn,  Prosector  in  Würzburg),  ^Ueb< 
Kern  und  Protoplasma^  (Festschrift  zum  50jährigen  Docto 
Jubiläum  von  GeL-R.  v.  KöUiker,  Leipzig  1892,  S,  111—16 
5  Taf*  gr.  4^)^  welche  sich  hauptsächlich  mit  den  feineren  imd  feinsti 
Structuren  in  den  Leukocyten  de^  Salamanders  beschäftigt  und,  t 
mal  auch  wegen  der  Technik  der  Untersuchung  sowie  der  se 
schönen  Abbildungen^  als  ein  erheblicher  Fortschritt  für  die  Zelle 
lehre  hegrüsst  zu  werden  verdient. 

Attf  dem  Gebiete  der  eigentlichen  Gewebelehre  sind  diesu 
keine  Arbeiten  vorhanden^  welche  an  dieser  Stelle  interessir 
dürften. 

a.    K  II  oc  h  e  n  sy  3  te  Dl.  ^ 

Vor  Allem  soll  hier  des  bereits  oben  (S.  4)  erwähnten  gross 
Werkes  von  Julias  Wolff  über  das  Transformationsgese 
der  Knochen  gedacht  werden,  ßereita  vor  bald  25  Jahren  1 
Wolff  an  dem  theoretischen  Ausbau  der  Entdeckungen  Her  mal 
v.  Meyer's  und  Culmann^s  von  der  Gesetzmässigkeit  in  c 
Arcbitektnr  der  Spoogiosa  hervorragenden  Antheil  genommen  n 
die  hier  gef  an  denen  höchst  ioteresisanten  Tbatsachen  wie  ihre  g: 
phiach^Btatische  Begründung  weiteren  mediciniscben  Kreisen  in  eiui 
•Itel    in    Virchow*s  Archiv    zogängig  gemacht.     Nachdem  dt 


rveit«re  üntersuehuDgeD  von  H.  v.  Meyer,  Wolff  selber,  dem 
Ref.  tWirbelaäale)  u.  A«  gefolgt  waren,  hat  diese  gan^e  Frage 
«ine  Zeit  lang  scheinbar  geschlnrnmert ,  bis  Wolff  jetzt  abermals 
mil  emem  theoretisch  wie  prac tisch  gleich  wtchtigeD  Werke  zu« 
Mannen  fassender  Natur  hervorgetreten  ist  Wolff  ^i  Aibeit  zerfallt 
fn  etBen  theoretischen  und  einen  practischen  ThelL  Die  normale 
isittere  Architektur  des  Knochens  entsteht  —  wovon  sich  auch  Ref« 
in  tifter  Reihe  bisher  nicht  veröffentlichter  Untersuchungen  über* 
Mögt  hat  —  intrauterin^  ist  sonach  an  geerbt.  Die  OsäiEcabion  erfolgt 
an  be^immten  Stellen,  in  bestimmter  Weise  und  Richtung.  Dagegen 
tat  das  Fortbestehen  der  normalen  Architektur  bei  fertigen  Knochen 
und  ihre  Transformation  bei  Aeuderung  der  Inanspruchnahme  oder 
der  ftnaaeren  Form  des  Knochens  von  dem  Gebrauche,  der  Function 
—  abo  von  statischen  und  mechanischen  Bedingungen  abhängig, 
Efl  handelt  sich  also  hier^  wie  der  Ref.  in  einem  allgemein  gehaltenen 
Artikel  im  14,  Heft  der  Leopoldina  —  der  sehr  wenig  bekannt  zu 
•ein  scheint  —  ausgeführt  bat^  um  eine  Anpassung  des  KnocheuB 
an  inasere  Einwirkungen,  um  die  Bildung  von  Knochenbälkcbeu  an 
deajanigen  Stellen  und  in  denjenigen  Richtungen,  und  zwar  nur  in 
.  dieeeOf  wo  Druck  und  Zug  wirken^  —  kurz  gesagt  um  eine  „func- 
llioaelle  Anpasaung^^,  wie  Wilhelm  Roux  dies  kurz  und  treffend 
[httttehnet  hat.  —  Die  hier  wirkende  Naturkraft  nennt  Wolff  ^Trans- 
foraatioiiakraft'^^  deren  practische,  therapeutische  Bedeutung  er  er- 
drtart.  Wo  Knochenbäikchen  —  infolge  einer  Verkrümmung  oder 
dergL  —  nicht  mehr  in  Anspruch  genommen  werden,  verschwinden 
de;  wo  eine  neue,  anders  gerichtete  Inanspruchnahme  des  Knochens 
I eintritt,  werden  Knochenbäikchen  neu  gebildet  Kurs  Bio  haben 
I  Mel0  das  Bestreben,  sei  es  unter  normalen,  sei  es  unter  patho- 
logischen Verhaltnissen,  sich  in  den  gesetzmässigen  Richtuo^en  der 
Druck-  und  Zugeurven  auszubilden  und  zu  erhalten.  Auf  die  Nutz- 
anweikduiigen ,  welche  Wolff  für  die  Pathologie  des  Knochen- 
Sf^lems  und  vor  Allem  die  Therapie  aus  seinen  UnterBuchuogen 
imd  Experimenten  zieht,  kann  hier  nicht  eingegangen  werden 
(8.  Ghirurgie)* 


Bekanntlich  sind  wir  in  der  groben  Anatomie  und  besonders  in 
der  £otwickelung8gesnhtchte  des  menschlicben  Schädels  noch  immer 
VBft  zurück.  Da  ist  es  denn  mit  Freude  zu  begrüssen,  dass  Zucker- 
kaadJ  die  Entwickelang  und  spätere  Ausbildung  des  Sieb- 
hsioas  bei  Embryonen  and  Erwachsenen  genau  studirt  hat,  Seine 
Srgeblllsfle,  über  welche  er  auf  der  Anatomen  Versammlung  in  Wien 


la 


V.  Bardeleb^n. 


bericlitete  (VerhaDdliingeii  d.  Anat  Gep.  1882,  S.  263)  sind  folgend 
Drei  Siebbeinmuaclieln  repräsentiren  die  tjpiscbe  FaltuDgsweise  d 
Siebbeiaes^  denn  me  finden  sich  in  W^j^^  beim  Erwacbaenenj  welch« 
Verbalten  in  den  Lehrbüchern  Reclinong  getragen  werden  sollte,  ^ 
man  immer   noch   v€»n  ^wei   Muscheln    lieBf.      Id   einzelnen   Fäll 
tritt  über   der  Fiasura   ethmoidaliß  superior  noch  eine  Siebbeinfa 
auf,  in  welchem  Falle  wir  es  mit  vier  Muscheln  und  drei  Siebbe 
spalten  zu   thuo  haben.     Die  oberste  Muschel  (Ooncha  suprema) 
nicht    immer    durch    eine    tiefe  Fissur  von    der    oberen    geschied 
Es  kommt  vor,    dasa    bei  Gegenwart    von    vier  Muscheln    nur  d 
oberflächlich  liegen;  diesfalls  lagert  die   mittlere  Siebbeinmuschel 
der  Tiefe  der  Fißsnra  etfemoidalia  inferior.     Die  geschilderten  Th 
Sachen  ötelien  die  anatomische  Gleichheit  zwischen  dem  Siebbeine  i 
Menseben   und  dem  vieler  Thiere  her,  insofern  als  bei   den  meia 
Tbieren  fünf  Biechwülste  in  der  medialen  Reihe  aufzutreten  pfleg 
Von  Tbieren    hat   Zuckerkandt    an    Kaninchen-    und    Katz 
embryonen  die  Entwickelring  des  Siebbeine;^  studirt ;   sie  stimmt 
Grossen    und   Ganzen,    was    die  Entwickelnngaweiae   der  Muacl: 
anbelangt,    mit    der    des    Menschen    überein.     Die    Muscheln    t 
Mußchelderivate    begrenzen    vier    bezw.    fünf    S  i  ebbein  spalten ,    t 
zwar  eine  zwischen  Processus  uncinatus  und  Bulla  etbmoidaUSj  f 
zweite  zwischen  dieser  und  der  unteren  Si ebbein muschel,  eine  di 
zwischen    letzterer    und   der  mittleren  Siebbeinmuschel,    eine   vi' 
zwischen  dieser  und  der  oberen  Muschel,  eventuell  eine  fünfte   s 
sehen  Concha  superior  und  snprema.     Mit  der  Anlage   der  Fiss! 
ethmoidales  ist  der  Beginn  zur  Bildung  der  Siebbeinzellen  gege 
deren   Hauptmasse    sich    dem  Wesen   nach    aus    den    au 
weiteten    und    von    den    breiten    Mnachelflächen     verdeckten    i 
stücken    der    Nasengänge    zusammengesetzt.      Bei    den    oamatisc 
Thieren  stellen  diese  Räume  wegen  der  dicht  an  einander  gedrän. 
Riech  Wülste   enge    und    mehr    regelmässig    verzweigte   Spalten 
Die   Variabilität^    die    hinsichtlich    des    Hauptcomplexes    der    IE 
beinzellen   beim  Menschen   beobachtet  wird ,   kann  aof  der  unn 
massigen  Stellung  der    Ursprungelamellen ,   auf  ihrer    mangelhf 
Entwickelung,  oder  auf  beiden  beruhen.    Es  ach  Hessen  sich  zuwi 
die  Ursprungslamellen   zweier  Muscheln   eng   an  einander  oder 
wachsen  gar  unter  einander,  wodurch  eine  der  Siebbeinspalten 
nichtet    wird ,    während    eine    andere    steh    wesentlich    ausgew 
hat«     Bei   defecter    Ausbildung    oder   beim   Fehlen   von    Urspn: 
lamellen    gerathen   die  Hohlräume   nachbarlicher  Muscheln   in  ( 
munication. 


Diier  dk  Üa^si  bekumte^  in  ikrea  UiBMbdB  ab«r  oodi  imoMir 

nm  weibiiclieii  Beek^at  mMkk  C.  flasae  (Broilaa)  lßith«fäi&Bg 
^1  AbbUdan^eci  yod  der  Lage  der  laoereii  Or^fene:   UtoffiMi 
TWjtmn,  Eierstock,  Eileiter^  Infandiboltuo  (SpoUa  efiatomice. 
'ArctÖT  mr  AiiaU  and  FhystoL,  AoaL  Abtbg.  ^1891-,  S.  380—384. 
2  Tal.    MArz  1892  ersciiieiiea).    Naob  Hasse  lassen  sieb  die    Un- 
Äteo  der  betdeo  Beckenbalfteu  auf  drei  Ersob  ein  äugen  surüok- 

L  Die  Settw&rtaoeigiiiig  der  Wirbelsäule  (Skoliose), 
li.   Dia  Drebong  der  Wirbel^ule  um  ibre  L&ngsajce   (8|)iral- 
drehuDg). 

III.  Das  Ueberwiegen  der  rechten  Hälfte  an  Masse. 

Bei  der  Seitwärtsneigang  der  Wirbelsäule  naob  rechts  ist  die 

üm/irbelsäald  nach   links  gedreht ,    umgekehrt  dagegen   nach 

i,    wenn   die  Wirbelsftale  seitliche  Neigung  naob   links  seigt* 

welchem  Sinne  auch  immer  die   Wirbelsäule  seitwärts  geneigt 

gedreht   ist^   in   der  Regel  überwiegt  die   rechte   Beckenhälfte 

an  Masse  und  Ausdehnong.  Welche  Ursache  oder  welche  Ursachen 

allmählich  im  Laufe  der  körperlichen  Entwicküluug  nach  der 

des  Menschen  zu  Tage  tretenden  Grunderscht^inungen  haben, 

ist  an  bekannt, 

Vtelleiebt  kommen  wir  auf  dem  von  Lesshaft  eingeschlageßen 
^  in  diesen  Fragen  weiter.  Der  Genannte  stellte  Untersuchungen 
die  Architektur  des  Beckens  an,  Über  deren  Ergebnisse 
auf  dem  Anatomencongress  in  Wien  (Verhandlungen  der  Anat. 
a.  d,  6.  Vers-,  1892,  S.  175-^177)  berichtete.  Lesshaft  kam 
folgenden  Schliissen: 
1)  Das  Becken  ist  ein  sphärisches  oder  öfters  eio  elliptisches 
,  welches  aus  drei  Theilen  besteht  und  durch  einen  complicirten 
von  nnten  befestigt  wird.  Die  drei  Tb  eile  des  Gewölbes  sind 
darel»  awei  Geknke  (Articulationes  sacro-iliacae)  verbunden^  liber  und 
OliflT  walelieo  jederseits  swet  Bindegewebs  Verbindungen  (Hyndesmosis 
■MTMliac»  att|ierior  et  inferior)  gelagert  sind.  Der  BchlusH  wird  in 
dar  Mitte  dorcb  eine  Knorpelverwachsung  verbunden. 

Z)  Oieaes    6ew5lbe    ist   als    das    stärkste   Gewolbti    ansuseheu^ 
vekbaa  in   der  Architektur  des  thierischen  Organismus  vorkommt^ 
;  di^  Gelenke.  Bindegewebs-  und  Knorpelverwachsiingen  werden 
m  gl 6— iMögl icJMrter  Stärke  die  Stdsse   und  Erschütterungen  vor* 
gwildert. 


14 


Barddeben. 


3)  Bei  nonn&ler,  verticaler  StelluDg  des  Menschen  ist  das  Gewöl 
verdcal  gelagert,  auf  seine  Mitte  wirkt  die  Belastung  des  Obc 
kOrpers,  nnd  mittels  seiner  Schenkel  wird  diese  Belastung  auf  c 
Sitzl>eiiihöcker  übertragen. 

4)  Bei  verticaler  Lage  des  Gewölbes  dringt  eine  frontale  Sa^ 
däche  durch  folgende  Theile:  in  der  Mitte  durch  die  vorderen  The 
der  Gelenkfortsätze  des  fünften  Lumbalwirbeis,  durch  die  Basis  d 
Kreuzbeins  und  den  unteren  Theil  des  Körpers  der  ersten  falsch 
Kreuzwirbel;  seitlich  geht  sie  durch  die  Kreuz-Hüftbeingelenke,  c 
Hüftbeine  und  die  Centren  der  Huftgelenkspfannen;  unten  streift  c 
Sägefläche  die  Mitte  des  unteren  Kaodea  des  Ligamentum  arcuatx 
pubis  und  die  absteigenden  Schambeinäste,  gleich  aber  ihrer  V< 
schmeUung  mit  den  aufsteigenden  Sitzbein  ästen, 

5)  Die  verbreiteten  Hüftbeine  und  der  Körper  des  Kreuz-  u 
Steissbeins  sind  als  Wände  der  grossen  und  kleinen  Beckenhdl 
anzusehen,  die  dem  Gewichte  der  Eingeweide  und  ihrem  seitlicl: 
und  sagittalen  Ausweichen  entgegenwirken* 

6)  Der   Neigungswinkel    des   Becken  eingangs    ist    grosser, 
es   gewöhnlich  nach  N  a  e  g  e  I  e   angenommen  wird :   dieser  Win 
kann    nur    im  Verhältniss   zu    einer    bestimmten  Stellung  gemeai 
werden  und  durchaus  nicht  ohne  jedes  Verhältniss  zu  einer  solcl 
Stellung. 

7)  Am  Leichnam  künn  durch  Befestigung  am  Kopfende  die 
eignetste  Stellung  erlangt  werden,  eine  Stellung,  welche  der  8 
^bequemen  Haltung^  von  W.  Braune  und  0,  Fischer  entsprit 
wobei  die  Senkbleie  beiderseits  in  eine  Frontalfläche  fallen,  wel* 
vor  das  äussere  Ohr,  die  Mitte  des  Acromialfortsatses ,  die  Spi 
des  Trochanter  major  und  *|  oder  1''  (18— 25  mm)  vor  die  8p 
des  Melleolus  extemus  fäiiU 

8)  lo  dieser  Haltung  ist  der  Winkel  der  Beckeneinganganeigi 
im  Mittel  ^  TP  24^,  und  der  Winkel  der  Ausg^ngsneigung  im  Mi 
=  22  0  SB',  so  dass  die  mittlere  Beckenneigung  =^  49  ^^  ist.  Bei  dii 
Beckenneigung  ist  dss  Beokengewölbe  ^t  vertical  gestellt,  so  c 
aetae  Schenkel  der  Mitte  der  beiden  Hüftgelenke  enteprech^i^ 
Mine  Mitte  mit  der  Mitte  des  Körpers  der  ersten  falschen  Kn 
Wirbel  zusammenfallt. 

9)  Bei  dieser  Haltung  des  Beckens  lagern  sich  die  beiden  8pj 
anieriores  soperiores  ilium  fast  in  einer  Frontalfläche  mit  den  8ob 
heiahdekiem  beider  8eit«n.  Die  Spitze  des  Steissbeins  liegt  über 
flicke  des  ant^^n  Randes  der  Scbambeinsynchondrose. 

10)  In  einem  normal  gebauten  Körper,  bei  vollständiger  Haim 


AiBiWwwie.  Zeücn-  «nd  G««ciiei«ärc.  EacuiAä^iipgamieäLie. 


i'> 


BeckjHinägwi^  sräz .  di<t  bä  W^ob^ra  woisl  izl  AH^GnöneEL  sfcii.* 
Keiler  iäc  eis  bä  Männeni,  und  dck  bei  der  A&>  ssd  AcdiccctL  in 
Häftgelenke .  eb^i^^o  wie  b<i  der  RocauiciL  nor  'iüo'  isti-33.  kamt. 
veC  dieäe  BewegTni^en  cur  bei  Beogu^  im  H±r^gfei>nk  Toilfzitr? 
werdcc  können. 

1!  Die  Widerstaniäkrmfc  dss  Beeksxs  kann  ziaccL  icr  Fane&. 
P  =  2  Q  sin*  i^  bereciuicc  w&den  zmd  durcc.  ConTQubeiaäCsnj^  Toi- 
rcirt  wwdoi.  In  an^efunrcer  FiKinel  bedeicec  P  die  Xiaf^  der  Be- 
latfCnng.  welche  in  der  Bickson^  der  Mine  de;»  Gewclxses  wirke  Do- 
Winkelf  welcner  durch  die  Bichcon^  dieser  Kran  mh  der  Rächmijg 
der  Widerscandädäche  der  beiden  Seirensheile  des  Becken^ewÖLOes 
gebildet  wird,  iac  mit  ff  bezeichnec  Q  iac  die  Wicerscand^kraft.  die 
i:irch  (Ee  qoere  Schni*i^ache  der  Scösae  mohiplicfr:  mis  dem  Co^i- 
ciencen  der  Druckfesdgka:  des  Knochens  besdmm?  wir^.  Es  erwies 
sich  AUS  der  Berechnang^  daas  die  Wid^scand^kiar:  d^s  Beckois 
im  Mittel  =  15ö5  kg  Lr. 

12  Dieee  Widerscaodskr^  des  Berkwift  ist  aber  groägen  indiri- 
daellen  Verschiedenheiten  nnterworfo,  und  die  Untersochangen  hab^en 
erwiesen,  daas  sie  in  geradem  Vghältriiw  zor  Entwickehzng  der  Mas- 
culütor  stehe  Das  Beck«i  eines  Arbeöers  mit  stark  entwkkeoB^ 
Moacolarary  der  durch  Brandwanden  eines  sehr  schnetloi  Todes 
§tarb,  wurde  erst  b^  Belastung  von  2ä&^6  kg  aas::ört.  der  CceiS,' 
cient  der  Druckfestigkeit  des  Kncchens  war  tbZgüch  bei  ihm  =  S.*I6  kg. 
wahrend  das  Becken  einer  alten  Bettlerin,  die  an  einem  chronfschen 
Lnngenleiden  starb  and  eine  sehr  schwache  Moscolasar  aufwies,  nizr 
eine  Last  von  578,51  kg  anshiek  Der  Coe&cient  der  Drncktesdg- 
keit  des  Knochens  war  im  letztoi  Falle  ^  0.744  kg.  Im  Mitsei  er- 
wies das  Becken  einen  Widerstand  Ton  1S22L3  kg,  wobei  der  Cc- 
eficient  der  Druckfestigkeit  des  Knochens  =  1,70  kg  ist. 

13»  Von  einer  bestimmten  Lage  des  Schwerponktes  des  mensch- 
lichen Korpers  kann  nor  in  ideal  normalen  Verhältnissen,  bei  einer 
bestimmten  Haltung  nnd  Lagerang  des  gans^n  Körpers  and  seiner 
»•i>«^)ti<*ti  Theile  und  b^  normalem  Verhiltniss  des  Moskelantago  ni- 
sten die  Bede  sein. 

b.   Gelenke.     Mafkeln.     M<e':haaik. 

Eine  sehr  hübsche  Arbeit  von  L.  Testat  Lyon,  aus  dem  Ge- 
biete der  angewandten,  practischen  oder  topographischen  Anatomie 
—  einer  wie  es  acheint  im  Aassterben  begriäTenec  EHsciplin  —  be- 
mei*:   Las  anomalies  moscolaires  considerees  ati  point  de  vne  de  !a 


16 


T,  ßardeleben. 


ligBtare   des  art^res   (avec   dorne    planches    en    ckromolitJiogrÄpk 
Paris  1892,  ^%  knno  leider  im  Rahmen  dieses  Berichtes»  oder  dai 
nicht  im  diesjährigeo,  ausführlicher  refenrt  werden.    Vielleicht  fiad 
eich  näciiates  Jahr  Platz.    Verf.  beschreibt  die  an  oder  io  der  Nä] 
der  Unterbinduiigsstellen  vorkommenden  Muekelvarietäten,  weld 
manchmal  höchst  störend  auf  den  Operateur  an  der  Leiche  oder  a 
Lebenden  wirken,   zumal  auf  solche,  deren  anatomische  Kenntnis 
sich  kaum  auf  das  gewöhnliche  regelmässige  Verhalten  aller  Factor 
(Muskeln,  Arterien,  Nerven),  geaohweige  denn  auf  Varietäten  die£ 
letzteren  erstrecken.    Nach  den  Erfahrungen  des  Ref.  und  der  Pn 
tiker  soll  dies  doch  öfter  vorkommen,  als  man  von  der  „bekannte 
dentachen  Gründlichkeit,  Gewisseohaftigkeit  und  deutschem  FJeii 
erwarten   sollte.     In   diesen   Dingen  sind    uns   die  Frau^sosen   & 
schieden  ^.über*\    In  Frankreich  ist  die  Trennung  zwischen  ^wiss* 
schaftlich  er  ^^  Anatomie  und  den  practischen  Fäcbern^  besonders  i 
Chirurgie,  auch  noch  nicht  so  scharf  durchgefübrt,  wie  hei  uns. 
Ob  eine  allzu  scharfe  Trennung  für  die  practischen  Fächer  o 
für  die  Anatomie  den  grösseren  Schaden  bringen  durfte,  wagt  I 
nicht  vorherzusagen,    Wahrscbeinlich  werden  ihn  beide  Richtung 
Theorie  wie  Praxis,  tragen,  wenn  sie  sich  nicht  wieder  etwas  m 
gegenseitig  auf  einander  besinnen. 


Ueber  die  Arbeitsleistung  der  an  den  Fussgelenl 
(oberes,  unteres  Sprunggelenk,  „queres  Tarsalgelenk^^  =  Chop 
sches  Gelenk,  Zi^hengelenke)  wirkenden,  d.  h.  über  diesel 
hinweggeb enden  Muskeln  bat  R,  F  i  c  k  Untersuchungen  angest 
fiher  welche  er  in  der  Festschrift  für  v.  Kölliker,  sowie  im 
tract  auf  der  6.  Versammlung  der  Anatomischen  Gesellschaft  in  \ 
(Verhandlungen  derselben  1892,  S.  227—234)  berichtet  hat. 

Danach  ist  der  M.  gastroenemins  ein  sehr  kräftiger  Stre 
des  oberen  und  Supinator  des  unteren  Sprunggelenkes;  er  stehl 
beiden  Gelenken  nur  dem  Kolens  an  Wirksamkeit  nach.  Ein  Ui 
schied  zwischen  lateralem  und  medialem  Kopf  konnte  nicht  i 
gewiesen  werden,  Dass  der  Muskel  auch  auf  das  Kniegelenk  ^ 
ist  trotz  der  gegentheil igen  Angabe  Ducbenne^s  nicht  zu  hezwe 

DerM.  soleua  ist  der  kräftigste  aller  Fussgelen km uskeln  i 
haupt,  er  vermag  bei  einer  Contraction  allein  4,4  Kilogrami 
Arbeit  zu  leisten,  er  steht  obenan  unter  den  Streckern  und 
Supinatoren  des  Fasses,  dabei  fällt  dem  fibularen  Kopf  der  grö 
Antheil  zu. 

Der  M.  flexor  digitorum  communis  longus  hat  sich. 


AnAtomie^  Zmiieu'  und  Gewebelehre.  Enlwick^langsgedchtchte.         17 


4i»  Qwammt&rbeit  betri^'t,  als  einer  der  schwächsten  herausgestellt, 
miub  fijiQptwirkuDg  besteht  in  der  Beugnog  der  Zehen,  doch  ateht 
Sm  •spbuFende  Wirkung  desselben  aaf  das  unfere  Sprunggelenk  nur 
wm^  liiiiter  dieser  zurück  (0^18  bezw.  0,12  Ki  log  ramme  ter)^  als 
Scf^eker  dee  oberen  Sprunggeleokes  und  Supinator  des  queren  Tarsal* 
gctaUies  (Chopart)  steht  er  an  vorletzter  Stelle. 

Der  M.  tibialis  postieus  gebort  zu  den  schwächeren  Muskeln^ 
£a  weniger  als  *2  K.ilogramineter  leisten  können;  ganz  überwiegend 
in  seiiie  Wirkung  auf  die  Supination  des  Fasses  im  Talocalcaneua- 
f«lisDkf  wo  er  gleich  nach  den  dicken  Wadenmuskeln  kommt  und 
ftit  kaib  80  viel  Arbeit  dabei  leisten  kann,  wie  der  mächtige  Gastro- 
ta^&nins;  der  Solans  freilich  überwiegt  ihn  selbst  an  diesem  Gelenk 
um  mehr  als  das  Dreifache. 

0er  M.  flexor  halluois  longus  kann  im  Ganzen  circa  doppelt 
40  Tiel  lotsten  als  der  vorige;  Hauptwirkung  ist  wieder  bei  ihm  die 
Zellenbewegung,  dann  folgt  die  Fussstreckang,  wobei  er  nur  vom 
Trieeps  surae  übertrofifen  wird,  doch  ist  er  auch  im  Talooalcaneus* 
gelesk  Doch  ein  respectabler  Supioator;  sehr  schwach  ist  seine 
'  .  iQAtioo  im  queren  Tarsalgelenk,  An  Gesammtleiötuogsfähigkeit 
«Ulli  der 

IL  peronena  longus  ziemlich  auf  gleicher  Stufe  mit  dem 
Ttbialis  postieus.  Er  ist  der  Hauptpronator  des  Fasses ,  bei  beiden 
PrvßiTioiiB-Süpinationsgelenken  steht  seine  Wirkung  an  erster 
^Ttrlle;  an  absolutem  Werth  überwiegt  natürlich  bei  Weitem  die 
AHi^it  mm  unteren  Sprunggelenk  wegen  der  grösseren  Spiel  weite  des- 
»e(bc^  Unter  den  acht  Streckern  des  Fasses  nimmt  er  die  vierte 
:^Udi^  ein. 

Der  M*  peroneus  brevts  ist  der  zweitschwächste  Muäkei 
ObeHiaupt,  eine  relativ  bedeutende  Wirkung  übt  er  auf  die  Pro- 
QfttkMi  im  unteren  Sprunggelenk  aus,  erheblich  schwacher  ist  dieselbe 
^af  d^^  quere  Tarsalgelenk,  äusserst  schwach  die  auf  das  obere 
rjjirutrfggrjjenk* 

U*fr  iLperoneus  tertius  besitzt  zwar  eine  sehr  bedeutende 
Verkurzangs grosse  an  beiden  Sprunggelenken^  aber  bei  seinem  kleinen 
Q^orschnitc  ist  die  Spannung  so  gering^  dass  er,  was  die  Gesammt« 
tfk'itj^Lidtung  betrifft,  hinter  allen  übrigen  Muskeln  zurücktritt. 

Der  M*  c^xtensor  digitorum  communis  longus  kann  an  Ge- 
«4iDmtarbeitskraft  <itwa  dem  M.  Üqxqt  Lalhicis  longus  zur  Seite  gestellt 
vsrd^n;  femer  zt^igte  sich,  d aas  keineswegs  die  Zehengelenke 
«•in  HAQptarbeitsfeld  darstellen^  sondern  dass  er  fast 
dtt  doppelte  Arbeit  als  M,  flexor  pedis  zu  leisten  im 
Mrteeli  d.  pract  MedIciD.    1893.  2 


18 


V,  Bardekben. 


Stande  ist,  ja,  dass  auch  aeine  Wirkung  als  Pronator  im  unter 
Sprunggelenk  an  Grösse  fast  die  an  den  Zehengelenken  erreiol 
auch  auf  da«  quere  Tarsalgelenk  wirkt  er  stark  pronirend. 

Bei  der  UntersuchuDg  des  M.  extensor  hallucis  longus  l 
sich  ergeben,  dass  seine  Gesammtarbeit  nicht  viel  grüsser  als  die  c 
langen  Zehenbeugers  ist.  Auch  er  iät  in  erster  Linie  Fai 
beuger,  in  zweiter  erst  Strecker  der  grossen  Zehe^  de 
ist  hier  der  Unterschied  nicht  so  gross  wie  beim  vorigen  Mual 
(Ojlö  gegen  0,14  Kilogramm  et  er).  Ferner  stellte  sich  also  bei  seil 
Untersuchung  heraus,  dass  er  auf  das  untere  Sprunggele 
in  entgegengesetztem  Sinne  wirkt,  wie  auf  das  qvn 
Tarsalgelenk,  auf  das  arstere  pronirend,  auf  das  letzt« 
supinirend,  und  zwar  auf  beide  ziemlich  gleich  stark. 

Der  M,  tibialis  anticus  zeigte  uich  als  der  stärkste  n 
dem  Triceps  surae.  Seine  Wirkung  erstreckt  sich  fast  nur  auf 
obere  Sprung-  und  amf  das  quere  Tarsalgelenk,  während  er  von 
Norm  als  tellung  aus  fast  gar  keinen  Einfluas  auf  das  untere  Sprt 
gelenk  bat,  da  seine  Sehne  gerade  Über  die  aus  dem  Talusl 
auetretende  Axe  hinzieht.  Von  dieser  Mittelstellung  aus  kanr 
ziemlich  gleich  viel  proniren^  wie  supinirenj  es  scheinen  übri^ 
individuelk  Verschiedenheiten  in  der  Lage  seiner  Sehne  vorzukomr 

5.  OefässsjHtom. 

Die  mit  schöneo  Tafeln  ausgestattete  Arbeit  von  Eichler 
die  Abflosswege  des  Blutes  ans  dem  inneren  Ohr  soll  unter  ^Sin: 
Organ e**  referirt  werden. 

Wegen  der  Unterbindungaötelleu  der  Arterien  (Testut)  s.  c 

G.   Haut. 

Bef.  hat  seine  Untersuchungen  über  die  Häuügkeit  über  zähl 
Brustwarzen  ( Hyperthelie)  beim  Manne  (s.  vorigen  Bericht,  ^ 
fortgesetzt,  sowie  die  Anregung  zu  solchen  an  grosserem  Ma 
beim  Militär  gegeben,  die  bereits  sehr  auffallende  Ergebnisse  gel 
haben.  Unter  192  Bekruten  des  B.  Baiaillong  Ü4.  Begiments  h 
27  Mann  im  Ganzen  56  überzählige  Brustwarzen,  nur  rechts 
nur  links  je  8,  beiderseits  11  Mann.  27  auf  192  ergibt  14^!^,  I 
AuflbilduDg  der  .„Warzen"  zeigte  alle  Abstufungen  von  einer  wij 
erectilen  Warze  mit  pigmentirtem  Warzen hof  und  Haaren  — 
einer  Mamma  virilis  —  bis  zum  „Pigmeulüeck'*,  dessen  Bede* 
nur  aus  der  Lage  (s,  u.)  and  auch  nicht  immer  sicher  sich 
gibt.  —  Die  Lage  der  aceessorischen  Mammillae  bietet  höchst 


Aaatoniir^  ZeUtsn-  und  Gewebelehre^  Entwickelimgsgeschichte. 


19 


Irdige   Verhältnisse.    Von  56  Warzen  saasen  nicht  weniger  als  21 

tber,    Bo   unter   der  normalen^   die   oberen  fast  ausnahmslos   auch 

htevmli  die  unteren  medial  von  der  Mammillarlinie.    Distansiuessungen 

«pj>eiii,    daas   die  Entfernungen  der   überzähligen  Brustwarzen  von 

der  normalen  stetes  ein  Vielfaches  einer  Grunddistans  —  etwa  vier 

nitmeter  —  betragen.     Ferner  stellte  sich   heraus,   dass  die  Än- 

von  mindestens  zehn  Papillen  vorhanden  sein  müssen,  wovon 

drei  ftber,  sechs  unter  der  normalen  liegen^  und  dass  unsere  normale 

rille  die  vierte  von  oben  ist.     Wiederholt  wurden   drei,  ja  vier 

Alge    Warben    beobachtet.     Die    anf   Anregung    des    Ref.   im 

eben  (XIL)  Armeecorps  angestellten  Untersuchungen  ergaben 

einzelne  Regimenter  gjeichfalls  hohe  Zahlen,  so  il  auf  634  beim 

Inianterie-Beg.  102;  50  anf  445  beim  Artillerie- Reg.  12^  in  Procenten 

6^%  —  beaw.  ll,20f^. 

Noch  erheblich  höhere  Procents  ätze  haben  sich  bei  der  durch 
r»t  Dr.  Overweg  (Jena)  bewirkten  Untersuch ung  von  Militär- 
btigen  in  der  hessischen  Rheinpfalz  ergeben  (K,  v.  Barde- 
lebeo,  üeber  GOO  neue  Fälle  von  Hyperthelie.  Verhandlungen  der 
Anatom.  Ges.  a,  d.  6.  Vers,  in  Wien,  Juni  1892,  S.  199  ff.).  Auf 
Geaammt^ahl  von  2736  Gemusterten  kamen  G3T  Individuen  mit 
liUgen  Brustwarzen,  —  oder  23,3  ^*|,1  Die  Procentsätze  waren 
in  den  verschiedenen  Bezirken  etwas  verschieden,  so  z.  B.  in  Worms 
ad  lt*,l,  in  Worms  Stadt  28,7.  Die  Differenzen  zwischen  den 
Jen  AUS  verschiedenen  Bezirken  ( Ob  er  1  ahn  stein,  Rheinpfalz,  Thä- 
rifigeo,  Sachsen)  sind  sehr  erliebliche.  Wahrscheinlich  sind  die  ersten 
alle  zu  klein  gewesen,  weil  viele  „Pigmentflecke*'  u.  dergl. 
Hyperthelie  erkannt  wurden.  Aber  trotzdem  liegt  die  Ver- 
duthung  nahe,  dass  sich  innerhalb  Deutschlands  sehr  beträchtliche 
■anthro|iolog]8che  Differenzen  auch  auf  diesem  Gebiete  finden 
Weitere  Untersuchungen  sind  theils  schon  ausgeführt, 
iila  —  und  zwar  in  ganz  grossem  Massstabe  —  für  die  ganze 
de  Armee  geplant. 
Inswischen  hat  Oscar  Schultse  (Ueber  die  erste  Anlage  des 
Bbdrftaenapparates.  Anat.  Anzeiger  Jahrg.  7^  1892,  Nr.  9  u.  10) 
Varhältnisse  bei  Säugethierembryonen  studirt  und  bei  frühen 
lien  eine  von  vom  nach  hinten  laufende  Epidermisleiste  gefunden, 
die  gemeinsame  epitheliale  Anlage  des  Milchdrüsenapparates 
li  und  welche  er  ^Mi Ichlinie**  nennt.  Später  tritt  eine  Ab- 
EilLrung  der  primitiven  Zitzen  von  der  linien förmigen  Anlage  auf. 
Dtt  trsi  folgen  die  bekannten,  bisher  als  Anfangsstadien  angesehenen 
bcisttogen. 


ao 


V.  Bardelebeii. 


7.  AtliiiiungEurgauo. 

Die  von  Aeby  Ende  der  70er  Jahre  aufgestellte  Theorie  ü 
die  Beziehungen  jiwischen  der  Arteria  pulmonalis  und  c 
Bronchien,   die  Unterscheidung  von  j^ep arteriellen*^  und  nhypa 
riellen"  Bronchien,  die  von  Aeby  gelehrte  Asymmetrie  zwischen 
rechten  und  linken  Lunge,  welch^  letzterer  der  ,veparterielle"  Bronc 
fehle  und  deren  „oberer^  Lappen  deshalb  von  Aeby  dem  mittleren  I 
pen  der  rechten  Lunge  homologisirt  wurde^  —  das  alles  scheint  n 
neueren  auf  dem  Wiener  Anatomencongress  (Juni  1892)  vorgetrage 
sehr  umfangreichen   vergleichend- anatomigchen  Untersuchungen 
Narath  (Verhandlungen  der  Anatom.  Qtes.  a,  d,  6.  Versammlung 
Wien.     Jena,  O.  Fischer,  18i)2,  S.  168)  nicht  mehr  haltbar  zu  e 
Von  300  Thierlungen  (100  Species)  zeigte  keine  die  Ueberkreua 
des  Stammbronchns   durch    die  Arterie,   keine   einen   durchgahi 
dorsalen  Verlauf  derselben.     Narath  geht  so  weit,  den  bestimi 
den  Einüuas   der  Arterie   auf  die  Gestaltnug   des  Brunchialbai; 
überhaupt   in    Abrede    zu    stellen.   —    Der    ,,üparterielle"    Bron 
Aeby's  ist  nach  Narath,    der   ihn  aU  ,vapicaleß'^  bezeichnet, 
Seitenast  des  ersten  Ventralbronchua,  welcher  sich  von  seinem  Mu 
aste  losldsen  und  auf  den  Stammbronchus  hinaufwandern  kann, 
durch  werde  dann  beim  Menschen  z.  B.  die  scheinbar  asymmetrj 
Anordnung  der  Bronchien   herbeigeführt.     Nach  Narath   sind 
die  Lungenspitzen   der   beiden   Seiten   homologe   Theile.     Nan 
Aaefttbrungen    haben    viel    Bestechendes    für   sich,      Ob    damit 
Ae besehe  Theorie   vollständig    beseitigt    ist,    muss  allerdings 
gewartet  werden. 

*  8.  Darmtraetns* 

Wie  Kaszander  (Oamerino,  Italien)  im  Anat*  Anz.  (Jahi 
Nr.  23  u*  24)  mittheilt,  zeigen  die  Palten  (Valvulae  conniv 
Kerkringii)  des  menao blichen  Dünndarmes  drei  verschi 
Formen.  Ein  Theil  nimmt  nur  einen  mehr  oder  weniger  gr 
Bruchtheil  des  inneren  Umkreises  ein ;  sie  aind  senkrecht  oder  g 
zur  Darmaxe  angeordnet  oder  bilden  Spiralen ^  enden  eiufacb 
gabelförmig,  ^  oder  legen  eich  an  eine  benaohbarte  Falte  f 
Andere  Falten  bilden  vollständige  Einge.  —  Schliesslich 
spiralförmige  Falten  vorhanden^  welche  gewöhn  Heb  bin 
seltener  mehrere  (bis  zu  drei)  Male  um  die  Peripherie  deö  D 
ununterbrochen  herumlaufec*  —  H.  8 L  John  Brooks  in  Dubl 
diese  früher,  wie  es  scheint,  unbekannt  gewesenen  Spirallalten  \ 


Jl«»tomie,  Zellen-  and  Gewebcilehre^  EntwickelungBgeediicbte,        ^i 


i8B0  beobachtet  unü  demonstrirt  (Brit.  Med.  Journal  1890,  p.  300 
and  Anaf,  Ans.  Jahrg.  B,  Nr.  2  n,  3),  was  wenig  beachtet  worden 
m  wma  acheint, 

Daas  die  feineren  bistologiscben  Verbäitnisse  vieler  menscliliGher 
Organe  noch  immer  nicht  genügend  bekannt  sind,  zeigen  aufs  Neue  die 
•  BeitrlLge  zur  Histologie  menschlicher  Organe^^  von  Joseph 
Sabaffer  (Wien),  welche  sieb  auf  das  Duodenum,  den  übrigen  Dunn- 
dniii^  besonders  Jejunum,  und  den  Mastdarm  beziehen  (Sitzungtiber.  d. 
Kas*  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  math.-nat,  Cl.  Bd.  IOC»,  Abthlg.  III, 
Dec  1891),  Seh  äff  er  stellte  auch  in  den  menschlichen  Dünndarm* 
drfteeii  eioa  lebhafte  Zellnenbildang  durch  Mitose  fest,  während  diese 
in  ZoUeDepftbel  gänzlich  zu  fehlen  scheint.  Der  mitotische  Kern  rückt 
gegen  daa  Druaenlumen  empor,  aber  auch  der  Zellleib  scheint 
Terbindung  mit  der  BasaJmeuibran  zu  lösen,  —  Das  Zotten- 
i|iiUial  beaiU^t  beim  Menschen  kerne  längeren  Ausläufer,  sondern  sitzt 
dar  BiMsItiiembran  glatt  auf.  Diese  ist  ein  endothekrtiges  Häutchen 
imd  eine  Fortsetzung  der  Membrana  propria  der  Krypten.  —  Die 
I^jthelJiBllen  können  &ich  in  Becherzellen  umwandeln  ^  wobei  ein 
Dieil  ihres  Protoplasma  erhalten  bleibt;  dieser  Rest  kann  sich  wieder 
gar  Bpilbebelle  regeneriren.  Das  Epithel  steht  nach  Seh  äff  er  in 
katoer  genetischen  Beziehung  zu  den  Leukocyten  (wie  dies  neuer- 
dingß  vielfach  behaapict  wurde,  s.  unten),  welche  sich  je  nach  dem 
Vfrdaaungsiettafand  aparlich  oder  zahlreich,  und  zwar  hauptsächlich 
rapitbeli&l  in  demselben  finden.  Die  Leukocyten  vermehren  sich 
Mitose  Qberall  im  Zwischeogewebe  der  Krypten,  im  Stroma 
der  Zolten,  sowie  im  Epithel  selbst.  —  Ausserdem  finden  sich  im 
Daandarsa  noch  f^eosioophile''  Zellen,  ferner  Paneth'sche  Köm- 
«bafneOeo  (becherzellenartige  Gebilde  Ton  unbekannter  Beden  long), 
«»wie,  beeondera  im  submucösen  Bindegewebe,  plasmareicbe  Zellen 
mX  reielilicbeii  Granulationen^  die  sich  mit  Kemfärbemitteln  intensiv 
ArbetL 

Vergleichend^anatomische  und  eatwickelungsgeschichtliche  Be- 
^Btfe  beben  in  den  letzten  Jahren  der  AuFchauung  immer  mehr 
Sernm  gegeben,  dass  die  Milz  ursprünglich  in  die  Kategorie  der 
Dumdröeea  gehöre,  dass  sie  genetische  Beziehungen  zum  Darm- 
cfilbely  aar  Leber  und  zum  Pankreas  habe.  Diese  Auffassung  wird 
ilbr  trbrbliob  geetQtst  durch  die  Untersuchungen  von  C.  v.  Kupffer« 
nCeber  die  Entwickelung  von  Milz  und  Pankreas^  (Münch. 
«id.  Abbendlaogen^  7.  Reihe.  Arbeiten  a.  d.  anat.  Institute,  4.  Heft, 
lÄL    171  S,    7  Abbildungen).     Die  Wirbelthiere  besitzen   ein   za- 


n 


V.  Bardeleben. 


aammenbäQgendsä,  aber  in  Rückbüdang  begrififeueSf  aus  dors&Ien  u 
ventralen   Danndivertikelti    hervorgeheßdes  Drüsenbystem,    welcl 
mit  seinen  Schläneheu  den  Mitteldarm  umzieht    Eg  entsteht  dari 
eineraeits    das    Pankreas,    andererseits   die   Milz    und    autsgedehn 
subchordaleö  Lympbgewebe,     Die   Lymphocyten   dieser   letzte 
Organe  sind  also  endudermaler  Herkunft  und  entstehen  unter 
ErBcheiüuiig   regressiver   Metamorphose   epithelialer  Schläuche, 
steigt   hiernach,   ho   fährt  v.  Kupffer  fort,   die  Wahrsche 
lichkeit  für  die  Aai^ahme,   daes  auch  im  postembryona 
Leben  dieBildong  der  Ly mphfollikel  dea  Darmes  und  ^ 
Zerfall   von  Darmdrüsen  Hand   in  Hand   gehen,   dass   a 
auch    hier    die    Lymphocytüu    rub    den    Drüsenz eilen    e 
ätehen.     Es    dürfte    ferner    keine   Schwierigkeit   sich 
gegen  erheben,  so  achliesst  v.  Kupffer  diesen  hoch  interessai 
Aufsatz,    auch    die    gleichen  Elemente  anderer,    vom  l>£ 
abgelegener  iymphoider  Organe,  wie  des  Knochenmari 
vom  Endoderm  herzuleiten. 

Mehr  von  theoretischem  Interesse  sind  Hermann  End 
„Beiträge  zur  Entwickelungageschichte  und  Anatomie 
Darmes,  des  DarmgekrÖaes  und  der  Bauchspeicheldrüse^^,  we 
den  ersten  Theil  darstellen  von  ,H,anatomiscli-ent\vickeluugsgesch 
liehen  Studien  über  die  formbildende  Bedeutung  de^  Biutge 
apparates  unter  besonderer  Berücksichtigung  der  damit  verbünd 
mechanischen  Einflüsse'*,  (Archiv  f.  mikroskop,  Anatomie  Bd 
S.  435—483.   a  Taf,) 


il.  Harn'  und  GescMeclitüorgaa«, 

a.  Hartiorgane. 

Soweit  bekannt,  findet  die  Absonderung  der  Harnbestandt 
in  den  gewundenen  Rindenkanälchen  und  in  den  weiten  Schei 
der  He  nie' sehen  Schleife  statt.  In  beiden  AbschnitteD  sine 
Epithelzellen  übereinstimmend  gebaut,  sie  sehen  trübe  und  k 
aus  und  sind  sehr  undeutlich  gegen  einander  abgegrenzt.  J,  I 
in  Qöttingen  hat  nun  die  Veränderungen  derNierenep: 
lien  bei  der  Harnsecration  (Anatomische  Hefte,  hersttsgei 
von  Merkel  und  Bonnet,  1.  Ahtheilg.,  Heft  V,  8.  143—170.  1 
Wiesbaden  1892)  studirt  und  die  Ansammlung  des  Secre 
den  Epithelzellen,  bis  zu  deren  vollständigen  Füllung,  an 
loe    erhaltenen  Nieren    mit    dem   Mikroskop  verfolgt.     Das    E 


Afkatomk^  Zellen-  tind  Gewebelehre,  Entwickehingsgescliichlev 


Ji3 


ier  Ttibali  contorti  erscheiut  Dicht  gleichartig,  sondern  in  ver- 
adenen  Kanälchen,  sowie  in  yerschiedenen  Abschnitten  des- 
Kanälohens  verschieden.  Man  findet  1)  niedriges  Epithel, 
ae  sichtbare  Zellgrenzen,  mit  einem  Besatz  dicker,  starrer  Här- 
and  dicht  unter  dem  Stäbchenaaum  gelegenen  Kernen;  2)  gibt 
gewundene  Kaoälchen  mit  höherem,  cylindrischem  ^  fieckig  aus- 
bendem  Epithel.  Das  Lumen  ist  ziemlich  eng,  ein  Stäbchenäaum 
Hiebt  zu  sehen.  Die  Zellen  sind  der  ganzen  Länge  nach  un- 
idmitlich  Htreifig,  gegen  das  Lumen  wie  gegen  die  Nacbbarzellea 
|#eiiarf  abgegrenzt.  Der  Kern  liegt  in  der  Mitte  der  Zelle;  nur  die 
BiHts  derselben  ist  dunkel  und  gestreift.  3)  Endlich  findet  man 
Abachoitte  von  gewundenen  Kauälchen,  deren  Epithel  ganz  und  gar 
aoa  derartig  veränderten  Epithelzellen  besteht  Jede  Zelle  hat  einen 
dllDiidD  ßaaalabschnitt  mit  Stäbchenstructur  und  einen  grossen, 
I  selten  dem  Lumen  zugekehrten  becherförmigen  Abschnitt ,  der  den 
Kern  enthält.  Das  Lumen  der  Kanälchen  ist  dort  eng  und  uuregel- 
niflsi^  —  Dieselben  Veränderungen  beobachtete  Disse  an  den  Epi- 
tBeUeo  der  weiten  Schenkel  der  Henle'schen  Schleifen.  —  Die 
E^KitheUen  der  engen  Scbleifenschenkel,  der  Schaltstücke,  Verbin- 
diQtgakaxiälchen  and  Sammelröhren  zeigen  immer  ein  gleichartiges 
Aiiaselien-  Das  Secret  der  Niere  sammelt  sich  also  in  den  Epithelzellen 
der  gewundenen  Kauälchen  und  der  weiten  Schielten  Schenkel  an; 
6»  tritt  zuerst  tu  der  Nähe  des  Kerns  auf,  nimmt  an  Bienge  zu  und 
AUt  den  dem  Lumen  zugekehrten  Abschnitt  der  Zellen  an.  Dar 
Kern  Hegt  im  secrethaltigen  Abschnitt  der  Zelle.  Während  das 
Seeret  sich  ansammelt,  bekommt  die  Zelle  scharf©  Grenzen.  Die 
Entleerung  de«  Secrets  f^hrt  zu  einer  beträchtlichen  Verkleinerung 
der  Zellen ;  dabei  werden  die  Zellgrenzen  undeutlich,  und  bei  einigen 
Speeies,  so  beim  Menschen,  bildet  sich  auf  der  freien  Fläche  der 
ZcUen  ein  Besata  kurzer  Härchen  aus. 

b.  Männliche  Ge^chlecli tsorgone. 

^JToe.  Schaff  er  (Wien)  fand  bidher  übersehene  oder  nicht  be- 

rtebeue   Drösen   in   den  Kanälchen   des   Nebenhodenkopfes 

^Va^a  e0erentia  teatis)  (Sitzungsber.  d.  mathem.-naturwissenschaftl. 
^L  d.  Kais.  Akad.  d.  Wissensch.  Wien,  Juli  1892.  —  Anatom.  Anz. 
Jahrg,  7,  Nr.  21  u,  22),  Diese  kleinen  Drüsen  sind  beereuförmig 
(alreolftr)  oder  kurz  schlauchförmig.  Ihr  Epithel  ist  polygonal,  mit 
gromon^  runden  Kernen,  und  unterscheidet  sich  sehr  auffallend  von 
__  hoben  cylindrischen  Flimmerepithel  der  Umgebung.  Die  Drüsen 
i  faden   aich   sowohl   vereinzelt  als   in  grosser  Anzahl  bei  einander. 


24 


Bardeleben. 


(Kef.   hatte  sie  bei  seinen  Unters udiungeu  über  Spermatozoen  am 
beobachtet) 

Ueber  den  Muacultts  cremaster  (externus)  machte  C.  Tol< 
(Wien)  unter  Vorzeigung  von  Prü paraten   eine  Mittheilung  auf  d 
Wiener  Anatomen  Versammlung  (Verhandlungen  der  Anat.  GesöUsc] 
6.  Vers,,  1892,  S.  243).     Im  Allgemeinen  bilden  die  groben  Bund 
des  Cremaster   allerdioga  Schlingen   oder  Schleifen  an  der  vorder 
Fläche  des  Hodens;   doch  sind   diese  nicht  so  aufzufassen,    als 
einzelne    Muskelfasern    oder    feinere    Bündel    von    solchen    wah 
Schleifen    mit    einem    ab-    und    aufsteigenden    Schenkel    darstell 
würden.    In  dem  Scheitel  der  leicht  darstellbaren  gröberen  Schleif 
verflechten   sich  vielmehr  die  Muskelfasern  netzartig  und  treten, 
mikroskopisch  feine  Bündel  und  einzelne  Fasern  aufgelöst,   aus  (? 
oonvexen  Seite  der  Schleife  hervor,  um  in  dem  benachbarten  Binc 
gewebe  zu  endigen.    Im  Verein  mit  diesem  Bindegewebe  stellt  c 
Cremaster  eine  besondere,  von  der  Tunica  vaginalis  communis  iei< 
ablösbare  Schicht  dar;  die  Auffassnng  dieses  Muskels  als  selbständi 
Hülle  des  Hodens  und  Samenstranges  (Tunica  erjthroides)  ersehe 
daher  berechtigt.  —  Es  gibt  zwei  Hauptzüge  der  Muakelbündel,  ( 
eine,  stets  vorhandene,  lost  sich  in  der  Umgebung  des  Nebenhod« 
kopfes  in   ein   mehr   oder  weniger  dichtes  Flechtwerk  auf,   der  \ 
dere,   häufig  fehlende  oder  nur  spärlich   aus^gebildete  zieht  sich 
der  dorsalen  Seite   des  Nebenhodens  herab  und  durchsetzt  das  b 
aufsteigende  Venengeflecht.    Auf  Grnnd  dieser  Anordnung  lässt  s 
die  functionelie  Bedeutung   des  Cremaster  externus  dabin  definir 
d&88  derselbe  nicht  nur  geeignet  ist,  den  Hoden  au  heben,  send 
dass  er  auch  befähigt  ist,    einen  Druck  auf  den  Kopf  dea  Neb 
hodens  auszuüben  und  so  die  Fortbewegung  des  Inhaltes  der  Duci 
efferentes   zu   befördern,   überdies   aber   unter  Umständen  einen 
günstigenden  Einfluss  auf  den  venösen  Blutstrom  zu  üben* 


e.  Weibliche  Geschlechtsorgane. 

Trotz  aller  Bemühungen^  welche  in  den  letzten  beiden  Jahrzehn 
seitens  der  Gynäkologen  wie  der  Anatomen  stattgefunden  haben, 
die  normale  Lage  der  weiblichen  Becken organe  zu 
gründen,  sind  wir  hier  doch  noch  über  eine  gansse  Eeihe  von  Fr« 
nicht  vollständig  im  Reinen,  und  ist  deshalb  jeder  neue  sorgfl 
nntersuohte  und  beschriebene  Fall,  zumal  wenn  ihm  Abbildun 
beigegeben   werden,   von  hohem  Wertbe.     Waldeyer  hat  nun 


AaftUMnte,  Z^Ueti-  und  Gevvebelcbre^  Entwickeltiiigsgeßchlchte,        25 

aaltüie  Gelegenheit,  eine  gegnnde,  jange,  17jälirige  Virgo  (Suicidiiim) 
iBKlanQcheii  zu  können,  benutzt  und  eine  genaue  Beschreibung  nebst 
gmtter,  schöner  Abbildung  gegeben.  Dasselbe  Werk  bringt  ferner 
lue  Beecbreibung  eines  bieher  überhaupt  noch  nicht  angefertigten 
frontalen  Oefrierachnittes  des  Abdomens  und  Beckeng  einer 
«ehwangeren  NuUipara  am  Ende  des  tauften  Monate^  gleiciifaUs  mit 
AbbilduBgen  (Beitrage  zur  Kenntniss  der  Lage  der  weibHeheu 
Beekenorgane ,  nebst  Beschreibung  eines  frontalen  Gef rierschnittes 
dai  Uterus  gravidus  in  situ*  Mit  5  Tafeln.  Bonn,  Fr.  Cohen,  1892. 
gr,  4^.  29  8,).  Ausserdem  gibt  Waldeyer  in  dem  citirten  Werke 
Doch  die  Beschreibung  und  Abbildung  von  zwei  Medianächnittea, 
fon  eiaer  Gravida  nuUipara  und  einer  Fuerpera  mit  vorgescbrittener 
Eückbildang  der  Gebärmutter,  Waldeyer  bestätigt  in  der  neuen 
Arbeit  im  Allgemeinen  die  früher  von  ihm  selbst,  wie  vor  Allem 
foa  B.  Schultze,  ferner  von  W,  His,  dem  Ref.  u.  A.  gemachten 
Angabeo  über  die  Lage  der  weiblicben  Beckenorgane»  In  einzelnen 
PcQkiaii  weicht  er  jedoch  von  der  bisherigen,  etwas  schroff  formu- 
Urlen  Liebre  von  der  „normalen''  Lage  des  Uterus  ab  (s.  u,).  Ausser- 
dem therlt  er  neue  Einzelheiten  mit,  die  ohne  die  dazu  gehörigen 
Abbildungen  nicht  gut  referirbar  sind.  Die  Ergebnisse  der  neuen 
Befknde  und  der  Vergleiche  derselben  mit  den  Li tteraturan gaben 
fiBit  Waldeyer  selbst  in  folgenden  Sätzen  zusammen: 

1]  Bei  normalen  Beckenorganen  und  Beckenverhältnisseu  hat  der 
ütents  nicht  in  allen  Fällen  dieselbe  Lage. 

2)  Die  Lage  des  Uterus  wird  beeinilusst:  a.  durch  den  intra- 
aMoioinalen  Druck  ^  b.  durch  die  Füllungszustände  der  Harnblase 
Qttd  des  Rectum. 

d)  Am  bäußgBten  findet  sich  hei  NuUiparen  und  bei  leerer  Blase 
eme  starke  Anteversio  und  Anteflexio;  der  Knick iiagswinkel  ent- 
^ricbt  dem  inneren  Muttermunde.  Diese  Lage  kommt  ebenso  häu£g 
bei  Fmaeii,  die  geboren  haben,  vor;  sie  findet  sich  auch  bei  der 
pnerpermlefi  Involution  der  Gebärmutter,  sowie  bei  Schwangeren  in 
den  ersten  Monaten. 

4)  Abweichungen  von  dieser  Lage  kommen  vor:  a.  dui'ch  Ver- 

nuideruiig  der  Anteflexio  (auch  bei  leerer  Blase)  —  dies  ist  das 

hiofigere  — ;  b.  durch  Verminderung   der  Anteversio   (auch  bei 

I  leerer  Bleee),  so   dass  der  Uterus  —  bei   aufrechtem  Stehen  —  in 

ae  »elir  verticale  Lage  kommt,  und  sich  dann  Dilnndarmschlingen 

der  Excavatio  vesico- uterina  finden.    Diese  Abweichung  ist  selten. 

teide  noter  4)  auigeführten  Uteruslagen  kommen  jedoch 

bei  gern  normalen  Verhältnissen  des   UteruSf  sowie  der 


m 


Y,  Bardeleben. 


übrigon  Beckenorgane  vor  and  können  deshalb  nichi 
schlechthin  als  abnorme  bezeichnet  werden. 

5)  Mit  Rücksicht  auf  diese  Befunde  dürfte  es  sich  empfehlen  zi 
unterscheiden:  1)  die  für  das  Genus  Homo  typische  Lage,  2)  di< 
normalen  Lagen,  3)  die  aboormen  Lagen  des  Uterus, 

Als  typische  Lage  bezeichnet  Waldeyer  —  bei  aufrechte 
Stellung  und  leerer  Blase  —  die  antevertirte  und  zugleich  aoteflec 
tirte.  «^ Normal^  können  nach  Waldeyer  auch  die  beiden  anderei 
(s,  Nr,  4)  Lagen  genannt  werden.  Bezüglich  der  Gründe  für  di 
physiologische  Anteveraio  uteri  schliesat  sich  Waldeyer  der 
von  K.  V.  Bardeleben  (s.  dieses  Jahrb<  1889)  vorgebrachten  an.  - 
Eine  Erklärung  der  Anteflexio  musa  gesucht  werden:  1)  in  Bau 
verhÄltnisaen  des  Uterus  selbst,  2)  in  dem  Umstände,  dass  die  Porti 
vaginalis  ein  fast  allseitig  befestigter ,  das  Corpus  dagegen  ein  frei 
liegender  Theil  des  Uterus  ist;  hierzu  kommen  die  Wirkungen  de 
Ligamenia  rotunda  tind  sacro-uterina. 

G)  Häutiger  als  eine  genaue  Medianstellung  des  Uterus  ist  eic 
Extra  med  ianstellung  desselben,  Waldeyer  findet  diese  häi 
figer  nach  links,  die  meisten  Autoren  (auch  ReiJ  nach  rechts. 

7)  Auch  für  den  Tube- Ovaria  lapparat  unterscheidet  Wald  eye 
zwischen  einer  typischen  und  mehrfach  möglichen  normalen  Lage^ 
Als  typische  bezeichnet  er  die  von  His  angegebene  unmittelbare  Ai 
lagernnK  an  die  seitliche  Beckenwand  (Fossa  ovarü),  Längsaxe  senl 
recht,  Hilusrand  nach  vorn,  der  freie  Rand  nacli  hinten  etc, 

8)  Abweichungen  von  dieser  Lage  sind  gegeben  durch  eii 
grössere  oder  geringere  Schrägstellang  de;^  Eierstockes,  durch  höhe 
oder  tiefere  Lage  desselben  j  grösser©  oder  geringere  Bedeckung  de 
selben  durch  die  Tube,  durch  grössere  oder  geringere  Ueberlagerm 
des  Uterus  seitens  der  Eierstöcke.  Das  sind  aber  keine  ,,abtiormei 
Lagen,  sondern  gewissennasseo  Varietäten  (RetV). 

y)  Die  Lage  der  Ureter en  findet  Waldeyer  im  Wesentlich' 
80,  wie  sie  von  Freund ^  Luschka  und  Hell  angegeben  ist,  E 
typischer  Lage  des  Eierstocks  umkreisen  siu  den  unteren  Rand  d 
Fossa  ovariii  berühren  somit  den  convexen  Rand  des  Ei« 
Stocks.  Bei  tieferer  Lage  des  Ovarium  berührt  auch  die  Wan 
fläche  des  letzteren  den  Harnleiter,  der  dann  also  lateral  vom  0\ 
rmm  liegt  und  von  diesem  bedeckt  wird.  Der  Ureter  zieht  W6it< 
hin  am  Kniokungswinkel  der  Gebärmutter  vorbei,  deckt  hier  v 
aussen  her  die  Arteria  uterina  und  liegt  zwischen  Venengeüeohf 
(Plexus  vesicjilis  und  Plexus  utero- vaginalis).  Hier  beginnt  das 
der    vorderen   Vaginalwand    gelagerte    Endstück     des    Harnleit€ 


All*tomi<s  Zellen    und  Gewebelehre,  Entwickdangi«geflcliicble,        37 

v^cher  bis  Kiir  Eiamundiiag  in  die  Blase  von  einer  starken  beeon- 
deren  Scheide,  der  von  Waldeyer  so  genanntem  Ureterscheide 
üiBgelieQ  ist. 

Ueber  die  eben  erwähnte  „üreteracheide'-  hat  Waldeyer 
auf  dem  Anatomencongress  in  Wien  (Verhandlangen  d,  Acat.  Ges., 
6,  Vers,,  1832,  S.  259)  eine  besondere  Mittheilung  gemacht.  Die  von 
dar  Bt&8d  auf  die  Ureter en  übergebende  longitudin&Ie  Masketschicht 
—  nebet  dem  diese  zusammenhaltenden  Bindegewebe  —  ist  durch 
einen  icjicirbaren  Zwiächeoraum  vom  Ureter  getrennt.  Die  Ofi  bis 
QJh  mm  dicke  „Scheide**  lässt  sich  etwa  3—4  cm  weit  leicht  vom 
Ureter  abprapariren.  Der  Zwischenraum  ist  wohl  als  Lymphscheide 
SD^nfiiAseQ. 


W 


Id  einer  von  der  Dorpater  medicinischen  Facultät  mit  der  goi- 
MedaOJe  prämiirten  Freissch rift  behandelt  Alexander  Keil- 
mann,  ein  Schüler  Küstner'S}  die  seit  Jahr^hnten  ventilirte 
^Cervix frage-,  (Mit  2  Taf.  und  U  Holzschnitten.  Sep.-Abdr,  aus: 
Zeitschrift  f.  Geburtehulfe  u.  Gynäkologie  Bd.  22,  H.  1,  74  S.j  Nach 
tinem  Referat  der  Litteratur  geht  Verf,  zu  der  Beschreibung  von  acht 
firiedipoerperalen  Uteri  über,  um  sich  sodann  der  vergleichenden 
Anatomie  des  Uterus,  wesentlich  an  Vesperugo  Nilssonii  Blas,  zu- 
mwenden.  Von  dieser  Fledermaus,  also  einem  anatomisch  dem  Men- 
ecken  sehr  nahe  stehenden  Thiere  werden  der  virginale  resp.  der 
nieblgrnvide,  der  hochschwangere  und  der  frischpuerperale  Uterus 
beeohrieben,  Bas  Ergebniss  der  Beobachtungen  an  Mensch  und 
Fledermauua  ist  im  Wesentlichen  die  Bestätigung  der  bekannten  An- 
Bebauungen  Ktistner's  über  die  Cervixj  insbesondere  das  „untere 
üteriuaegment^.  Die  feste  Anheftung  des  Bauchfells  gibt  die 
Sieile  «»1  an  der  sich  am  Ende  der  Schwangerschaft  die  wesentlichen 
TbeOe  des  inneren  Muttermundes  finden;  sie  fällt  stets  mit  der 
oberen  Grenze  des  ^unteren  Uterinsegments^^  zusammen,  während  sie 
«a  nichtgraviden  Organ  der  oberen  Grenze  des  Gervicalkanals  ent- 
epricbt. 


r 


10,  Nervensystem. 

Centrales  Nervensystem. 


Ein  sehr  hervorragendes  Werk  ist  in  England  erschienen  über 
die  Oberfl&cbe  des  Grossbirns  und  die  cranio-cerebrale 
Topographie:  Contributions  to  the  Surface  Anatomy  of  the  Cere- 
farml  Hemispheres,  by  D.  J.  Oanningham  (Dublin),  with  a  Chapter 
npon    craoio- cerebral    Topography    by  Victor  Horsley    (London). 


(Royal  Irish  Academy.  CuiiniDgham  Memoirs.  N,  YU,  Dubliß  1892. 
8  Tafeln.  358  S,  40,  Preis  15  sli.)  Ein  Eeferat  ist  hier  leider 
Eicht  gut  möglich. 

Ueher  den  feineren  Bau  «Jes  Bulbus  ol facto rius  hat 
A.v.Koelliker  in  der  Würzburger  Phjs.- med.  Ges»  (1892,  I,  Sitzung, 
11,  Dec.  1801,  Sep.-Abdr.  5  S.)  berichtet.  Vor  Allem  interessant 
sind  dieallgomeioen  Folgerungeo,  welche  v,  Koeliiker  aus  eeinen 
Beobachtangen  zieht.  —  Der  feinere  Bau  der  „Glomernli  0 Ifacto rii" 
beweist  mit  Beatimmtheit ,  dass  auch  ProtoplasmafortsäUe  die 
Eolle  von  leitenden  nervöseo  Apparaten  übernehmen 
können.  —  Femer  zeigt  dieser  Bau,  dasa  nervöse  Uebertra- 
gangen  auch  direct  von  Faser  auf  Faser  stattfinden 
können,  und  dass  deren  Zustandekommen  nicbt  nothwendig  eine 
Einwirkung  von  Zellen  auf  Fasern  oder  von  Fasern  auf  Zellen  vor- 
aussetzt. —  Aebnlicbe  Uebertragurigen  fanden  sich  in  der  Netz- 
haut, —  ferner  (Betz ins)  in  den  Ganglien  von  Wirbellosen,  sowie 
in  der  Kleinhirn  rinde  (Ramön  y  Cajal). 

A.  V.  Koelliker  beschäftigte  sich  ferner  mit  dem  Ursprung 
des  Oculomotorius  heim  Menschen  (Sitzungsber*  der  Würz- 
burger Phys.-med.  Ges.  1802,  13.  Sitzung,  Juli),  v.  Koeliike] 
leugnet  den  von  Duval  beschriebenen  gekreuzten  Ursprung 
aus  dem  Abducenskern  e.  Dagegen  ergab  sich  (achtmonatliche] 
Embryo)  eine  theilweise  Kreuzung  der  im  Oculomotorius 
kerne  selbst  entspringenden  Fasern  (Gudden).  v.  Koeliike' 
beschreibt  dann  des  Genaueren  den  Verlauf  der  gekreuzten  Fasen 
und  erwähnt  schliesslich  den  sog.  ,,oberen  Kern'*  des  Oculoma 
torius  (Da  rksc  he  witsch),  der  nach  v.  Koelliker's  Untersuchungei 
gar  nicht  dem  Oculomotorius,  sondern  der  Commissuraposterio 
angehört. 

Recht  practisch  für  solche,  welche  sich  mit  den  feineren  Ver 
hältnissen  des  Oentralnervensystems  beschäftigen,  dürften  sein  di 
Umrisse  zum  Einzeichnen  des  Faserverlaufs  im  Central 
nervensystem  (Zürich,  Ebeü,  1892.  30  Fig.  und  0  Windungi 
Schemata). 

k  Peripheres  Nervensyeleüi. 

•Vergleichend-anatomische Studien  aber  die  Nerven  des  Arme 
und  der  Hand  bei  den  Affen  und  dem  Menschen'^  (Mit  5  Tafieh 
MiXnchener  medicin.  Abhandlungen,  7.  Reihe,  3.  Heft,  1892»  Müncber 


ADAtomie^  ZaUen-  and  Gewebelehre,  Entwickelungageschichte,        2Ö 


i 


1  M.)  führen  Wilhelm  Höfer  zu  folgenden  ^wahrschem- 
»**  Ergebnissen: 

1)  D^T  N.  ultiaris  und  N.  masculo-cataneus  kdnneo  ak 
FA^erbündel  üiifgefasst  werden,  welche  ursprünglich  in  der 
Uedianasbfthn  gelagert  waren  und  erst  im  Laufe  der  (phylo- 
geDeliBohen)  Entwickelung  sich  vom  Medianus  ablösten  und  jetzt 
acbeinbar  selbständige  Nerven  darstellen, 

2)  Die  für  die  Beugeseite  der  oberen  Extremität  bestimmte 
Harvanfiifiersumme  kann  bei  verschiedenen  Individuen  und  Gattungen 
m  Tanabler  Weise  bald  mehr  auf  der  Hauptbahn,  dem  N,  me- 
^acms^  bald  mehr  auf  den  eben  genanDten  Nebenbahnen  vertheüt 
Mfi.  I>iQ  Zusammensetzung  der  drei  Stämme  ist  also  wechselnd, 
ebenso  der  periphere  Verlauf  einzelner  Nervenfasern  innerhalb  dieser 


r 


3)  Es  können  also  sonst  übereinstimmende  Beugemuskeln  der 
ob«reD  Extemität,  auch  wenn  ihre  Nervenfasern  in  verschiedenen 
bahnen  gelagert  sind^  trotzdem  homolog  sein,  vorausgesetzt^  dass 
die^  Nervenfasern  von  den  gleichen  Spinalnerven  stammen. 

4)  Da  die  Nervenfasern  für  die  nämlichen  Muskeln  oicht  in 
allüH  F&llen  denselben  Spinalnerven  angehören,  so  ist  es 
iB2^6h|  daes  solche  Muskeln ,  trotzdem  ihre  Nerven  gauz  gleich 
gelagert  siod,  dennoch  nicht  vollständig  homolog  sind. 

Sonach  eigneu  sich  die  bisher  fast  ausschliesglicb  zur  Homo- 
logisirung  verwandten  Nervenbahnen  der  Beugemusculatur  des 
Annes  (abgesehen  von  den  Schultermuskeln)  nicht  mehr  hierzu, 
wemgatens  geben  die  Nerven  keinen  sicheren  Anhalt  mehr.    iDer 

Vert  mehrfach  eitirte  Ref.  ist  gleichfalls  dieser  Ansicht,) 


11.  Sinneiiorgane. 

e.  Geruchsorgan, 

Im  vorigen  Berichte  wurden  Mi ttheüungen  von  v*  Brunn  (Bestock) 
äher  die  menschliche  Biechschleimhaut  erwähut.  Inzwischen 
igt  die  ausführlichere  Arbeit  (Archiv  f  mikroskop.  Anatomie  Bd.  39, 
S.  6^2 — 651.  2  Taf.)  erschienen,  welche  die  vorländgeu  Mittheilungen 
bestätagtr  weiter  ausführt  und  mit  Abbildungen  belegt  In  dem  ersten 
der  geoftQ  untersuchten  und  gemesseoen  Fälle  (Hiogerichtete)  betrug 
die  Aoedehnang  des  Hieebepithels  257  qmm  in  der  rechten  Nasen- 
ll5Ua;  davon  kommen  124  qmm  atif  die  Seiten  wand,  133  qmm  auf 
dae  Sefitam.  Die  Regio  olfactoria  ist  auf  den  mittleren  Theil  der 
oherm  Ifitseliel  und  den  gegenüber  liegenden  Theil  des  Septum  be* 


30 


V.  Bardeleben. 


scbräDkt;  ihr  Band  bleibt  von  der  biDteren  Wand  der  Nasenhöhle 
etwa  5  mm,  von  der  vorderen  ca*  10  mm  entfernt,  —  Im  zweiteE 
Falle  beträgt  die  Ausdehnung  des  Smnesepitbels  (auf  einer  Seite] 
238  rimm,  99  am  Septum,  139  an  der  lateralen  Wand.  Auch  hier 
ist  die  obere  Muschel  allein  Sitz  der  Riech  Schleimhaut^  welche  den 
unteren  Rand  dieser  Muschel  nirgends  erreicht, 

b*    Auge. 

Von  dem  Auge  des  Nougeboren  en,  welches  in  Form  unc 
Grösse,  sowie  verschiedenen  Einaelheiten  von  dem  des  Erwach 
senen  erheblich  abweicht,  haben  Merkel  (Göttingen)  und  Ori 
(Dablio)  genaue  Beschreibung  und  Abbild nng  gegeben  (Das  Aogt 
des  Neugeborenen  an  einem  scbematiBchen  Durchschnitt  erläutert 
Anatomische  Hefte,  herauageg.  von  Merkel  u.  Bonnet^  III,  S, 27; 
bis  *^09.  1  Taf\  (Muss  im  Original  studirt  werden  wegen  der  Tafel. 

c.  Gehörorgan. 

Für  dieses  schwierigste  all' unserer  Organe  hat  G.  Sandmani 
eine  grosse,  eventuell  auch  an  die  Wand  zu  bangende,  auf  Leinwan< 
aufgezogene  Tafel  (bei  Boas  u.  Hesse  in  Berlin,  Preis  12  M.)  i 
Farbendruck  herausgegeben,  der  ein  erlänternder  Text  und  seh 
ausführliche  Ziffern-  und  Buchetabenerklfirung  beigegeben  sind*  Bi 
sonders  für  die  Ohrenärzte  dürfte  sich  diese  Tafel  sehr  empfehlei 
Aber  auch  dem  nicht  specialistischen  Arzt  wird  dieselbe  von  Nutze 
enr  Orientirung  in  diesem  compiicirtesten  Sinnesorgane  sein. 

Die  verwickelten  Gefässverhältnisee  der  Schnecke  sin 
im  Physiologischen  Institut  zu  Leipzig  von  Oswald  Eich  1er  vo 
Neuem  untersucht  worden  (Anatomische  UnterBUcbungen  über  di 
Wege  des  Blutstromes  im  menschlichen  Olirlabyrinth.  I.  Theil  D\ 
Schnecke.  Abhandlung,  d.  matb.-pbys»  CL  d.  XgU  Sachs,  Ges.  d,  Wi» 
Bd.  18,  Nr.  V,  Leipzig  1S92,  ö.  311'-H49.  Mit  4  Taf.  ii.  3  Holzsch? 
Preis  3  M.),  Jede  Schnecken windung  besitzt  ein  zuführendes  (A 
terie)  und  ein  abführendes  Gefass.  Zwischen  beiden  be£ndet  sie 
Knochenmasae  und  der  RosentbaTsche  Nervenkanal,  welcher  d( 
Schneekennerven  und  das  Ganglion  spirale  enthält.  Die  Arterie  tbei 
sich  in  zwei  Aeste,  der  eine  steigt  nach  der  Lamina  ^piralii^  binunte 
I&uft  auf  deren  vestibulären  (oberen)  Fläche  und  geht  in  ein  Capilla 
netx  über.  Aus  diesem  entsteht  der  obere  Ast  der  Vene,  welcb 
aoi'  der  tympanalen  Fläche  des  Spiralblattes  läuft,  um.  dann  zu 
Venenstamm  abzusteigen.  Dies  ist  der  kleinere  innere  oder  d 
Kreislauf  der  Lamina  spiralis.  —  Der  andere  Äst  der  Arterie  stei 


Anatomie,  Zellen-  und  Gewebelehre,  Eutwickelangegescliielite.         gj 

zur  Scaia  vesübuli  hioauf,  läuft  in  der  unteren  Fläche  der  Zwischen- 
wand zweier  Windungen  und  wendet  sich  im  Bogen  nach  der  Aussen- 
wand,  um  sich  hier  zunächst  in  ein  oberes  Gapillarnetz  aufzulösen, 
das  dann  in  ein  mittleres,  an  der  Aussenwand  des  Ductus 
cochlearis,  und  ein  unteres,  lateral  am  Boden  des  Ductus  coch* 
learis  gelegenes  sich  fortsetzt.  Aus  diesen  Capillarnetzen  geht  dann 
der  laterale  oder  untere  Venenaat  hervur,  der  an  der  äusseren,  so* 
dann  an  der  unteren  Wand  der  Scala  tympani  nach  dem  Stamme  hin 
verläuft.  Der  zuletzt  beschriebene  Kreislauf  konnte  als  der  äussere 
oder  grosse  bezeichnet  werden.  Ein  Zusammenhang  zwischen  beiden 
Kreisläufen  besieht  nur  an  dem  Ausgangs-  oder  Endpunkte,  d.  h. 
an  der  Theüung  der  Arterie  in  die  beiden  Hauptäste  bezw.  dem  Zu- 
samtnenüuss  der  Vene  aus  den  beiden  Aesten.  Insofern  kann  man 
nnn  beide  Ströme,  den  des  Spiralblattes  und  der  Scalenw&nde, 
zusammen  als  einen  in  sich  gescblossenen  Strom  zusammenfassen, 
wie  dies  Verf.  thut;  dabei  ist  aber  die  Einschiebung  von  zwei  oder, 
nach  der  obigen  Darstellung,   von  vier  Capillarnetzen  zu  beachten. 

Zum  Schlüsse  dieses  Abschnittes  sei  des  grossen  Handbuches 
der  Ohrenheilkunde  gedacht,  welches  Herrn.  Schwartze  (Halle) 
(Verlag  von  F,  C.  W.  Vogel  in  Leipzig)  herausgegeben  bat.  Die 
Anatomie  des  Obres  wird  darin  von  verschiedenen  Forschern  be- 
handelt: die  Entwickelungsgeschicbte  von  0.  Hertwig,  die  ver- 
gleichende Anatomie  von  A.  Kuhn,  makroskopische  Anatomie  von 
E.  Zuckerkandl^  die  Histologie  des  äusseren  und  mittleren  Ohres 
von  Kessel,  die  Histologie  des  inneren  Ohres  nnd  dt^s  Acusticus 
von  Steinbrügge,  die  Missbildungen  von  Moldenhauer* 

1 2.  Eatwiekelungs^egeliii^litP. 

Eine  am  2.  August  1892  bei  der  Feier  des  Stiftungstages  der 
militärärztlichen  Bildungsanstalten  in  Berlin  gehaltene  Rede  0.  Hert- 
wig*6  (Berlin,  Otto  Lange.  30  S.  8<')  behandelt  in  allgemein  ver- 
ständlicher Weise  „ältere  und  neuere  Entwickelungstheorien".  Wir 
verweisen  Interessenten  auf  das  ja  leicht  zugängige  Original* 

Auf  Grund  von  Untersuchungen  an  sehr  jungen  menschlichen 
Embryonen  konunt  Franz  Keibel  (Freiburg)  (üeber  den  Schwanz 
der  menschlichen  Embryonen*  Archiv  f.  An at.  u.  PhysioL,  Anat. 
Abthlg,  „18in",  S.  356—389.  2  Taf.  1892  erschienen)  zu  folgendem 
Ergebnise:  Der  menschliche  Embryo  bat  in  ^üben  Entwickelungs- 
stufen  einen  äusserlich  sichtbaren  and  einen  höher  entwickelten 
Schwanz,   als  es  dem  ausgebildeten  Menschen  zukommt.     Die  Ver- 


32 


V.  ßardeleben. 


bältniflse  des  embryonalen  Schwanzes  gestatten  feroer  den  Schluß 
das6  der  Mensch  von  Vorfahren  abstammt,  die  mit  einem  stäFki 
eotwickelten  Schwänze  auegerüstet  waren.  Hierfür  sprechen  no< 
andere  Gründe:  1)  das  Steiasbem  des  erwachBeneu  Menschen  m 
seinen  3 — 6  Wirbeln;  2)  die  zwei  caudalen  Spinalnerven;  B)  d 
Schwanzmuscnlatur ;  4J  der  Steisshaarwirbel  (nebst  Fovea  und  Gl 
bella  cocej'gea,  Ecker);  5)  die  Variabilität  im  Schwanzgebiet  u.  j 

Kurz  vor  Abschlusa  dieses  Berichtes^  zu  spät,  um  noch  genüget 
gewürdigt  zu  werden,  erschien  ein  neues  grosses  Werk  über  mensoi 
liehe  Eotwickelungsgeschichte:  Charles  Sedgwick  Minot,  Humi 
Embryology  (New  York,  1892:  463  Illustrationen,  8^  815  S.),  Rc 
wird  das  Buch  auf  Wunsch  des  Verf.  in  einer  deutschen  medicir 
sehen  Zeitschrift  besprechen. 

Auf  die  interessanten  Versuche  von  W.  R  o  u  x  und  m 
H,  Driesch,  welche  durch  Zeratörußg  von  einzelnen  Tbedleo  thie; 
8cher  Eier,  bezw.  durch  künstliche  Trennung  der  ersten  beidi 
FurchuDgskugeln  die  normale  Entwickelting  störten,  soll  diesn 
noch  nicht  näher  eingegangen  werden,  weil  sich  die  Ergebnisse  u 
vor  AHem  die  Detitung  derselben  bisher  noch  diametral  gegenüb 
stehen.  O.  Hertwig  bat  sich  gegen  die  Roux'sche  Deutung  frühei 
Versuche  ausgesprochen.  Inzwischen  hat  Roux  aber  auf  der  Ar 
tomenversammlung  in  Wien  (Ueber  das  entwickelungsmechanisc 
Vermögen  jeder  der  beiden  ersten  Furchungszellen  des  Eies,  V< 
handlungen  der  Anat.  Ges.,  G,  Vers.,  1892,  S,  22—62)  eine  Rei 
neuer  Thatsacheu  vorgebracht  und  seine  Anschauungen  auch  theo 
,  tisch  gestützt. 

Weiteres  in  dieser  Angelegenheit,  welche  geradezu  fnndament 
sn  sein  oder  zu  werden  scheint^  muss  noch  abgewartet  werden. 


Ein  f&r  den  Arzt,  wie  wir  glauben,  ungemein  werthvollea  In- 
ttnimeiit,  welches  in  wenigen  Miouten  einen  genauen  und  sicheren 
Sehluaa  gestattet  auf  die  Menge  der  rothen  Blutkörperchen 
ita  Blot»  ist  der  nach  dem  Prinoip  von  Blix  und  Hedin  (Skandinftv. 
ArcL  L  Physiol.  Bd.  2,  S.  134  und  Jahrbuch  1891)  construirte  und 
iofi  Girtner  (Berl  klin.  Wochenschr.  1892  ^  Nr*  36)  verbesserte 
HifflStokrit.  Er  besteht  aus  einer  kleinen  Pipette^  die  eine  genau 
Ipttnaeaesie  Blatmenge  (0,02  com)  fasst,  sowie  einer  kleinen  in 
1(0  g^che  Theile  getheilten  engen  Glasröhre^  welche  genau  die 
gleksbe  Meiige  Flüssigkeit  aufnimmt  und  an  einem  Ende  eine  trichter- 
förmige  Erweiterung  trägt*  Füllt  man  die  Pipette  mit  Blut  und 
mächt  dasselbe  in  der  Trichterröhre  mit  MöUer'scher  Flüssigkeit 
oder  einer  Lösung  von  Kalibichromat  von  2 ^i^  % «  so  senken  sich 
■Um&liUch  die  Blutkörperchen,  die  vollkommen  ihre  Gestalt  und 
GrOflse  behalten,  zu  Boden.  Gentrifugirt  man  aber  auf  einer  hdcbst 
cm&cben  Kreiselcentrifuge^  die  wie  ein  Kreisel  einigemal  aufgezogen 
wird^  dieses  Blatgemisch,  so  haben  sich  die  Blutkörperchen  in  dem 
graduirtan  Röhrchen  in  einigen  Minuten  scharf  abgesetzt,  die  rothen 
Qsteo,  die  weissen  als  zarter  grauer  Saum  oben.  Bei  normalem  Blut 
rbclieii  sie  etwa  bis  zum  TheiLstrich  40  oder  50 j  die  Menge  der 
Blutkörperchen  betrüge  hiernach  ihrem  Volumen  nach  40—50  ^Jq  vom 
fitiwmmthlTit  Bei  krankhaft  verändertem  Blut  weisen  sie  ent- 
spfttcbend  kleinere  Zahlen  auf, 

[  d,  iir«Ot.  Il«dlcin.    i9Sß*  ^ 


34 


Grütiuer. 


Dieselbe  Aufgabe  löstan  mit  complicirteren,  wenn  auch  vielleicht 
genau eren  Methoden  M.  und  L.  Bleibtren  (Pflüger's  Ärcb.  Bd»  51 
S,  lol)^  indem  sie  auf  hier  nicht  näher  zu  achildernde  Weise  nach  dei 
KjeldahrHcheD  Methode  den  Stickstoffgehalt  des  BlutplaBinas,  bezw 
Serums  und  der  Blutkörperchen  bestinimten.  Für  Pferde-  und  Haude 
blut  schwankte  das  Volumen  der  körperlichen  Elemente  zwischei 
23— 450 ^j,  wobei  aber  nicht  zu  vergessen,  dasa  die  Tödtungsart  dei 
Thiere,  je  nachdem  sie  mit  starken  Kreislaufsatörnngen  verknüpf 
war  oder  nicht,  wie  Aehnlicbes  schon  Zantz  und  Gohnsteii 
fanden  I  die  Blutkörpercbenmenge  in  dem  aufgefangenen  Blate  ver 
mehrte  bessw.  verminderte.  Der  Eiweisagehalt  der  Blutkörperche! 
war  indessen  auffällig  constant  nnd  betrug  rund  46  ^\q»  Weiter  habej 
dann  Wendelstadt  und  L*  Bleibtreu  (ebenda  Bd.  52,  S,  323 
nnd  Lange  (ebenda  S.  427)  ähnliche  Versuche  angestelh  und  da 
Volumen  eines  einzigen  Blutkörperchens  berechnet 

Ueber  das  specifische  Gewicht  des  Blutes  machte  weiter 
ünteraucbungen  (a*  Jabrk  1888)  Lloyd  Jones  (Journal  of  physio 
Bd,  12j  S,  209)  nach  der  Methode  von  Roy,  indem  er  kleine  Menge 
Blut   in   Giycerinmischungen    von   verschiedenem    bekanntem   spec 
ßfichem  Gewicht  tropfte   und,  je  nachdem  das  Blut  untersank  odt 
nichts   ohne  Weiteres  das   speci fische   Gewicht  des  Blutes   kannt 
Aus   seinen   umfangreichen  Untersuchungen  heben  wir  hervor,  da! 
das  Blut  verschiedener  Körpertheile  verschiedenes   specihsches  G 
wicht  hat.     Es  scheint  dies  mit  der  Schnelligkeit  des  Blutaustritt< 
zusammen   zu   hangen,   indem   langsam   austretendes   Blut   (wie   ai 
kalten  erstarrten  Fingern)  schwerer  ist,  als  solobea,  welches  achn< 
aus  der  Wunde  rinnt    Das  Blut  ändert  (wie  schon  früher  erwähn 
sein   apecihscbes    Gewicht   utid^   was   ziemlich  auf  dasselbe    binau 
kommt ^  seinen  Gebalt  an  rotben  Blutkörperchen  bezw.  Hamoglob 
mit  dem    Alter  des   Lidividuums.     Die   Schwankungen   des  Häm 
globingeb  altes     gehen    mit    denjenigen    des    speci  fischen    Gewi  et 
parallel.     Bemerkens%v6rtb  ist  nach,  dass  das  Blut  von  Mädchen 
dem  Alter  der  Pubertät   gewöhn  lieb   ziemlich  leicht  ist  und  bei  d 
Chlorose  nocb  leichter  wird.    Auch  bei  Leuten  in  den  Tropen  wur 
von  G logner  (Virchow's  Arch.  Bd,  128,  S.  160)  das  Blut  specifis 
leichter  gefunden^   ohne  dass  sich  die  Zahl  der  Blutkörperchen  | 
ändert  hätte.    Höchst  wahrscheinlich  war  ihr  Eiweisagehalt  gesunki 
und  wurde  so  der  Organismus  geschädigt. 


Im  vorigen  Jahrbuch  wiesen  wir   auf  die  Fähigkeit  des  Blu 
bin,  den  in  ihm  befindlichen  Zucker  2u  zersetsen  (Glykolyee).   Neu 


Physiologie. 


35 


liiag«  i«t  nun  auch  ein  diastatiscbea  Ferment  im  Blut,  von 
oiftn  2war  schon  früher  einige  Kenntniss  hatte,  des  Genatieren 
liitdirt  worden.  Röhmann  und  Bial  (Pflöger's  Archiv  Bd.  52, 
S.  137  und  S.  157,  und  Bd.  53,  S.  156)  stellten  in  üiren  Unter- 
«ttchuiigen  im  Wesentlichen  Folgendes  fest«  Auch  wenn  man  das 
Blal  aseptifioh  auffangt,  und  sich  in  ihm  keine  Mikroben  entwickeb, 
eutltili  es  das  besagte  Ferment,  welches  aber  von  dem  diasta lisch eii 
Fenoesit  der  Speicheldrüsen  und  de^  Pankreas  insofern  verschieden 
Mf  als  es  aus  Stärke  nicht  Dextrin  und  Maltose^  wie  diese  beiden, 
MMiderD  Traubenzucker  (Dextrose)  bildet.  Die  Blutkörperchen  haben 
att  dem  Ferment,  wie  frühere  Forscher  annahmen,  nichts  zu  than; 
et  findet  sich  vielmehr  in  dem  Serum.  Eine  weitere  Frage,  ob  diese 
fermentative  Eigenschaft  des  Blutes,  wie  Artbus  (ö.  oben)  für  die 
Glykolyse  annahm,  ebenfalls  eine  postmortale  ist,  ist  schwierig  zu 
entecheiden.  Wohl  aber  kann  sie  entschieden  werden  für  die 
Ljmphe.  Injicirte  Eöhmann  z.  B.  Glykogen  in  ein  Lympbgefäss 
der  Pfote  eines  Hundes,  so  erhielt  er  aus  dem  Ductus  thoracicus  eine 
nickenreiche  Lymphe*  lojection  von  physiologischer  Kochsaklösung 
lutte  eine  derartige  Wirkung  nicht,  sondern  eher  die  entgegengeaetste. 
Hiernach  ist  es  sicher,  dass  die  lebende  Lymphe  diastatiaches  Fer- 
mmkt  enthält,  und  es  ist  höchst  wahrscheinlich,  dasä  dasselbe  auch 
fir  das  lebende  Blnt  gilt.  Es  enthält  also  schon  das  lebende^  nicht 
«f»!  das  abgestorbene  thierische  Blut  diastatisches  Ferment.  Auch 
dem  menschlichen  Blut  kommt,  wie  Bial  zeigt,  diese  Wirkung  zu^ 
in  bei  Weitem  geringerem  Grade,  als  dem  Blute  des  Hundes 
oder  Rindes.  G^nz  frei  von  diastatischem  Ferment  ist  das  Blut 
Nettgeborener,  deren  Gewebe  aber,  wie  bekannt,  grosse  Mengen  von 
Qkfhogen  enthalten.  Dieses  Glykogen  kann  also  von  keinem  diastati- 
tehen  Ferment  in  Zucker  umgewandelt  werden,  da  auch  die  ver- 
Drüsen  der  Föten  oder  Neugeborenen  noch  keine  dia- 
Fermente  bilden* 


Die    vielfach  verbreitete  Annahme,   als  könne  man  durch  Dar- 
Limbimg   von  Medicaujunten   die  Beschaffenheit  des  Blutes 
D  Haasse  verändern,  wird  durch  eine  sorgfältige  Untersuchung 
VOL  Freodberg  (VirchoVs  Arch.  Bd,  125,  S.  566)  insofern  wider- 
legt, als  In  derselben  gezeigt  wird,    dass  dergleichen  Aenderungen, 
venu  wirklich  vorhanden,  nur  äusserst  geringfügige  sind.    10 — 30  g 
msw.  Weinsäure   pro  die   setzten   allerdings  die  Alkalescenz 
\im  BIttloe  ein  wenig  herab,  5—15  g  Natron  bicarbonicum  erhöhten 
im  ein  weai^.     Ganz  anders  verhält  sich   der  Harn,   der  durch  die 


36 


Grützner. 


g8Baniiten  MedicatioEen  stark  sauer,  bezw.  stark  alkalisch  gemacht 
werden  kaon. 


lieber  die  GeriDDung  des  Blutes  handelt  eio  umfangreiches 
Werk  von  Ä.  Schmidt  (Zur  Blutlehre,  Lbipzig  bei  Vogel,  1892), 
in  welchem  dte  ungeheure  Menge  der  von  Schmidt  und  seinen 
Schülorn  angestellten  Uatersuchuiigeo  znsamuiengefasst  ist.  Das 
wesentlich  Neue  darin  dürfte  wohl  die  Thatsache  sein,  dass  sowohl 
die  Gerinnung  wie  die  Nichtgerinniing  des  Blutes  Zellenfun  et  ioneii 
ßind|  indem  die  Züllen  bestimmte  Stoffe  bilden,  welche  die  Gerinnung 
einleiten  oder  verhindern.  Was  das  für  Stoffe  sind  und  woher  sie 
Btammeni  darüber  geben  uns  Arbeiten  von  Gürber  (Sitz.-Ber.  der 
Würzburger  phys.-med.  Ges.  1892)  und  von  Lilienfeld  (Du  Bois- 
Beymood'ö  Archiv  1891,  S.  636  und  1892,  S.  115  und  167)  näheren 
Aufschluss.  Gürber  stellt  durch  Zählungen  der  weissen  Blutkörper- 
chen im  frischen  und  im  defibrinirten  Kaninchenblut  die  vielfach 
bestrittene  ThatsacJie  fest,  dass  die  Zahl  der  weissen  BlutkÖrpereiien 
in  letzterer  Flüssigkeit  nur  etwa  halb  so  gross  ist,  als  im  frischen 
Blatf  und  zwar  zeigte  sich,  dass  hauptsächlich  die  vielkernigen 
Leukocyten  bei  der  Gerinnung  zu  Grunde  gehen.  Erhält  man  das 
Blut  durch  Kälte  oder  durch  Zusatz  von  einprooentiger  Kaliumoxalafe- 
lösung  flüssig,  so  gehen  die  Leukocyten  nicht  zu  Grunde,  Ebenso 
bleiben  sie  bestehen,  wenn  man  gekühltes  Blut  nachträglich  gerinnen 
lässt.  Wohl  aber  zeigte  sich  hierbei,  dass,  wenn  die  vielkarnigen 
weissen  Blutkörperchen  sich  an  Zahl  nicht  verringert,  sie  doch  viel- 
fach ihre  Kerne  eiugebüsst  hatten, 

Diiös  nun  geradezu  die  Kerne  der  Leukocyten  bei  der  Ge- 
rinnung des  Blutes  die  allergrösste  Rolle  spielen,  behauptet  Lilien- 
feld, welcher  ehenfaÜB  durch  vereinigte  mikroskopische  und  chemi- 
sche Untersuchung  feststellt,  dass  die  Bizzozero^schen  Blutplättchen, 
welche  er  deshalb  Nucleinplätlchen  zu  nennen  vorschlagt,  keine 
selbständigen  Elemente,  sondern  Derivate  des  Zellkernes  der  Leuko- 
cyten sind  und  ferner,  dass  ein  in  diesen  Kernen  beßndliche 
phosphorreiches  Protein,  Leukonuclein  genannt,  die  Geriiinun| 
auslöst;  denn  von  den  Kernen  der  weissen  Blutkörperchen  ode 
ihren  Derivaten  gehen  bei  der  Blutgerinnung  die  feinen  gierliches 
Fibrinfäden  aus,  die  man  bei  der  Gerinnung  eines  Blutstropfen 
unter  dem  Mikroskop  nach  Auflösung  und  Abwaschung  der  rothe 
Blutkörperohen  zu  Gesicht  bekommt. 

Die  Ursache,  warum  Peptonblut  nicht  gerinnt,  findet 
Pdkelharing  (Festschrift  lür  Yirchow)  darin,  dass  das  Pepton  di« 


Physiologie, 


37 


Kalksalse  fest  bindet  (äbülicli  wie  ja  auch  oxalfiaures  Kali  Dach  den 
üntersiichuDgen  von  Arthus  und  Pages),  also  dem  Blute  Sab« 
stanxen  entzieht,  die  durchaua  zur  Bildung  des  Faserataffee  notii- 
ireüdig  sind.  Spritzt  man  daher  einem  Thier  ein  mit  Kalksalzen 
gea&Uigtea  Pepton  ein,  ao  hemmt  diesea  die  Gerinnuug  nicht  und  iät 
aadk,  was  höchst  interessant,  nicht  giftig.  Ja  wenn  sich  schon  die 
Vergütungssjrmptome  infolge  Peptoneinapritzung  entwickelt  haben^ 
gniifrfi  sie  dnrch  Einspritzung  von  Chlorcalcium  ins  Blut  wieder 
sarbck. 


An  der  Blutbild ang  betheiligen  sich  nach  allgemeiner  An- 
i»cbAnisng  die  sog.  Geiussdrüsen  ohne  Auefübrungsgangf  wie  Milz, 
L^fibdrüsen,  Schilddrüse  o*  s,  w.  Die  Litteratur  über  die  letztere 
in»  Horsley,  Internationale  Beiträge  n,  8.  w,^  Berlin  1891)  nimmt 
iminer  grössere  DimeuBionen  an,  und  es  zeigt  sich  mehr  und  mehr, 
tTots  einiger  gegentheiliger  Behauptungen,  ein  wie  wichtiges  Organ 
dieses  Gebilde  ist.  Hofmeister,  der  hierüber  in  meinem  nnd  in 
Ebertb's  Laboratorium  gearbeitet  und  immer  junge  Kaninchen 
etiles  Wnries  operirte  und  dann  mit  ihren  Altersgenoseen  aufwachsen 
lieBS,  beschreibt  seine  hauptsitchlichstön  Erfahrungen  in  den  Fort- 
sdiritten  der  Medicin,  1892  Nr.  3,  Er  findet,  dass  die  operirten 
Tbiere  giegenüber  den  normalen  viel  dicker  und  plumper  sind  und 
insbesondere  einen  aufgetriebenen  Bauch  haben.  Die  Milz  und 
Tbjmns  zeigen  keine  vicariirende  Hypertrophie^  wohl  aber  in  hohem 
Missse,  wie  schon  früher  in  meinem  Laboratorium  festgestellt,  die 
fijppopbvsis  cerebri.  Im  höchsten  Grade  auffallend  ist  nun  bei  den 
0|>6rirten  Tbieren  das  Zurückbleiben  des  KnochenwachBthums,  das 
nsmentlich  an  üen  langen  E xtremi täte ukno eben  aufs  Deutlichste  zu 
Tage  tritt.  Nebenher  sei  hier  bemerkt,  dass  auch  beim  waciiseßden 
Menschen  von  chirurgischer  Seite  Aehnliches  nach  vollständiger  Ex- 
siirpfitioD  de«  Kropfes  beobachtet  worden  ist.  Die  Epiphysen  ver- 
kideberi]  auffallig  spät.  Bei  weiblichen  Thieren  hnden  steh  in  den 
Ovarien  ungemein  viel  reife  Follikel^  so  dass  ein  Schnitt  dnrch  solch 
isiii  Ovsrium  wie  ein  Sieb  aussieht.  An  den  Hoden  Hess  sich  nichts 
Abnonnes  nachweisen. 

Anch  öley  (Compt  rend.  de  la  soc*  de  bioL  1B91,  Nr.  37  und 

|Arcbiv.   de  physioL    Bd.  4^   S.  BI    and  1B5)   bat  zahlreiche  Unter- 

adbungen  über  die  Entfernung  der  Schilddrüse  angestellt  und 

tt.  A,  behauptet^   dass  das  Kaninchen  noch   schneller  als  der  Hund 

der  Operation  unterliegt,  wenn  man  ihm  alle,  d.  h.  auch  noch  ein 

pssr   kleine  Nebenschilddrüsen  entfernt,   die  man  bisher  gar  nioht 


38 


Grützner. 


beachtet  hat.  Alles  weist  also  darauf  kin,  dass  die  Drüaen  einei 
Stoff  bereiten  und  ins  Blut  übertreten  laasen^  der  für  die  Ernäbnini 
des  Ceutralnerveneyetems  von  der  gröasten  Bedeutung  ist,  oder  eine 
Stoff  im  Körper  zerstören^  der  genanntes  System  scbädigt.  Dafö 
Bpricbt  auch  die  Aogabe,  dase  Einlieilung  von  Schüddrüsengeweb 
oder  Einspritzung  vog  Schild drösensaft  die  durch  die  Exstirpatio 
gesetaten  Symptome  beseitigt  oder  abschwächt  (Gley,  Compt  renr 
de  la  soc,  etc.  1891,  S.  841  und  Eiseisberg,  Wiener  klin.  Wochet 
ßchrift  1892,  8.  81). 

Diese  innige  Beziehung  der  Schilddrüse  zum  Nerver 
System  geht  dann  weiter  aus  wichtigen  Untersuchungen  vo 
Lang  h  ans  und  seinem  Schüler  Kopp  hervor  (Virchow's  Arol 
Bd,  128,  S.  290,  318  u,  369).  Kurz  gesagt,  fanden  eich  iofolge  d< 
Operation  bei  Menschen,  Hunden  und  Äffen^  sowie  bei  Cretins,  gai 
eigenthümliche  herdförmige  Veränderungen  peripherer  Nervenstämm 
in  welchen  eigenartige,  ein-  oder  mehrkammerige  Blasenzellen  aufträte 
Auch  zeigten  die  Nervenfasern  von  centralen  BahDen  im  Bücke 
mark  (in  den  Pyramidenseiteügtrangbahneo)  und  io  der  Medul 
obloDgata  eine  pathologische  Schwellung  ihrer  Axenoylinder» 

Auch  tlie  Nebennieren^  an  denen  experimentell  bisher  wen 
festgestellt  werden  konnte,  sollen  in  ähnlicher  Weise  auf  das  Nerve 
System  wirken  ^  iodem  üire  Zergtöriing  bei  Fröschen  und  Met 
echweinchen  unter  lahmungsartigen  Erscheinungen  zum  Tode  füb 
ähnlich  einer  Vorgifluog  mit  Curare  (Abelouis  und  Langlo 
ebenda  1891,  S.  792  u.  855,  u.  1892,  S,  1Ö5).  Namentlich  soll  i 
müdung  auf  derartig  operirte  Thiere  scbnelldeletär  wirken  (Albaner 
Arch,  ital.  de  biol.  Bd.  17,  S.  239). 


Höchst  beachte nswerth  ist  die  Angabe  von  Römer  (Berl  kl 
Wochenachr.  1891  Nr.  36  und  Virchow's  Archiv  Bd,  128,  S.  98),  di 
eine  ganze  Reihe  von  Proteinen,  die  von  Bactenen,  pflanzlichen  o< 
thierischen  Zeilen  stammen ,  die  Zahl  der  weissen  Blutkörp 
chen  im  Blute  ausserordentlich  vermehren,  wenn  man  sie  d 
kreisenden  Blute  zuführt.  Mehrfache  Injectionen  steigern  di 
„Leukocytose"  ins  Enorme.  Zu  gleicher  Zeit  steigt  die  Menge 
gebildeten  und  aus  dem  Ductus  thoracicus  aufgefangenen  Lymp 
Diese  Stoffe  sind  auch  Lymphagoga  im  Sinne  H  e  i  d  e  n  h  a  i 
(s.  Jahrb,  1892).  Nach  1^2  Tagen  zerfallen  die  im  Blute  gebilde 
Lym|)hzellen  wieder,  und  zwar  in  Kömerbaufen. 


Phjsiologi«?. 


39 


Deber  die  ErntliruDg  desHersens,  &eiUch  Dar  dea  Frosoh- 
beruDfl,  macht  Heffter  (Archiv  f,  exper.  PathoL  u*  s.  w.  Bd*  29, 
&  41)  die  bemerkeoswerthe  Angabe,  ä&ss  entgegen  früheren  An- 
Mhaausgen,  nach  denen  nur  ein  bestimmter  Eiweisskörper  (Serum- 
ilbiiniiii)  für  die  Emäbrung  nothweudig  ist,  hierzu  wesentlich  die 
rotheii  Blutkdrperchen  erforderlich  sind.  Und  zwar  müssen  die- 
selben in  einer  Flüssigkeit  suspendirt  sein,  die  sich  dem  Blutserum, 
Sttmeotüch  was  sein  spect^sches  Gewicht  anlangt,  ähnlich  verhält, 
wie  0twa  eine  2<^Qige  Lösung  von  Gummi  arabicum  oder  Hühner- 
etweifiSi  ab^r  z*  B«  nicht  physiologische  Kochsalzlösung^  die  bekannt- 
Heb  ein  rtel  kleioeres  specifisches  Gewicht  hat« 

Nicht  ohne  Interesse  ist  in  dieser  Beziehung  eine  Angabe  von 
Bosenthal  in  San  Francisco  (The  rotatory  motion  etc.  of  the  circu- 
btang  blöod),  nach  welcher  das  Blut  in  den  grösseren  Arterien  »ich 
m  Kreide  am  eine  durch  die  Mitte  der  Arterie  gehende  Axe  be- 
Wigt,  was  für  die  EmähruDg  und  den  Mechanismus  der  Oirculation 
(ScUnae  der  SemÜunarklappen)  von  grosser  Bedeutung  sein  soll« 

Da  das  Leben  sofort  erlischt,  wenn  das  Herz  nur  kurze  Zeit 
Mine  Tfoätigkeit  einstellt,  so  ist  es  ungemein  zweckmässig,  wenn  das 
HefE  auch  höherer  Geschöpfe  sich  mögbebst  widerstandsfähig  gegen- 
Qber  den  verschiedenen  Schädlichkeiten  erweist.  Ein  gesundes  Herz 
Ibat  dies  bekanntlich  auch  in  hohem  Maasse  und  pa^st  sich  in  be- 
wunderungswürdiger Weise  den  verschiedensten  an  dasselbe  gestellten 
Anforderungen  an,  Tigeratedt  (Skaod.  Arch.  für  Physiol.  Bd,  2, 
6*  394j  und  andere  schwedische  Forscher,  machen  hierüber  eine  Reihe 
wichtiger  Mittheilaugen.  Selbst  bei  hochgradiger  Erstickung,  wie 
Kono w  und  Stenbeck  (ebenda  Bd.  1,  S»  403)  angeben,  sowie  bei  voll* 
konuDeDer  Abklemmung  der  Vorhöfe  von  den  Ventrikeln,  so  dass 
alao  das  Herz  leer  arbeiten  muss,  bleibt  es  doch  trotz  dieser  Schä- 
dignngeii  verhftltnissm&ssig  lange  Zeit  (etwa  5  Minuten)  leistungs- 
fikhig  tLod  arbeitet,  wieder  unter  normalet  Bedingungen  versetzt,  mit 
alter  Kraft  weiter.  Freilich  ist  seine  Ausdauer  bäu£g  deshalb  er- 
fo%lo8y  und  der  Tod  der  Thiere  (es  handelte  sich  um  Kamncbeu) 
trtit  ein,  weil  die  nervösen  Centralorgane,  die  der  Gefässinnervation 
TOfStaben,  eine  derartige  langdauemde  Schädigung  nicht  ertragen 
k6iiaeii*  Die  Gefäsae  bleiben  schlaff^  und  trotz  grösster  Anstren- 
gung ▼on  Seite  des  Herzens  geht  der  Blutdruck  nicht  in  die  Höhe, 
Modafii  bleibt  so  niedrig,  dass  dabei  kein  Leben  bestehen  kann. 

Tut  ernährenden  Gef&sse  des  Herzens  höherer  Thiere  sind 


40 


Grütaaer. 


bekanntlich  die  sog.   Kranzarterien ,   die  dasselbe  reichlich  mit  BIqi 
versorgen,    Abklemmung  einer   derartigen  Artene  oder  Schädigniij 
derselben  durch   pathologische  Processe  {Verkalkung,    VerengemDg" 
schädigen  auch  das  Herz  in  Eohem  Maasse  und  haben  unter  eigen 
thümlicben,  namentlich  von  Cohnheim  studirten  Erscheinungen  dei 
Tod  des  Thieres  bezw.  Menschen  zur  Folge.     Es  ist  nun  Kolstei 
(Skand.  Archiv  f.  Physiol.  Bd.  4,  S.  1)  gelungen^  Hunde,   denen  e: 
AeBte  einer  Kranzarterie  unterbunden  hatte,  längere  Zeit  am  Lebet 
zu  erhalten  und  die  dann  eintretenden  anatomiseiieD  Veränderungei 
genau   zu  verfolgen,     Da   nach  Cohnheim  die  Kranzarterien  End 
arterien  sind,  d.  h.  also  nicht  unter  einander  anaatomosiren,  sonden 
ein  Arterienast  allein  immer  nur  ein  bestimmtes  Gebiet  versorgt,  B( 
ist  es  begreiflich,  dass  nach  Unterbindung  eines  derartigen  Gei^sei 
der  von  ihm  vordem  ernährte  Gewebebezirk  wegen  Mangels  an  jeg 
lieber   arteriellen  Zufuhr   zu  Grunde   gehen  muss.     Kolater  unter 
Bucht  nun    diese   allmählich   sich   einstellenden   Veränderungen   vo 
Tag   zu  Tage  und   findet,   ohne  dass  wir  uns  hier  auf  histologisch 
Einzelheiten  einlassen  können,  dass  zunächst  eine  typische  Coaguls 
tionsnekrose  mit  Kernschwund,  so  wie  sie  Weigert  beschrieben  hai 
auftritt.      Um    dießen    Bezirk    absterbenden    Gewebes    herum,    abc 
heirscht   lebhafteste  Zellwucherung,    wie    die  zahlreichen  Kemthe: 
lungsfiguren  aufweisen.    Das  Muskelgewebe  geht  zu  Verlust,  und  c 
entsteht  ein   derbes   Bindegewebe   (sog,   Schwielen) ,   die ,    weil  vh 
weniger  widerstandsfähig  als  die  Muskeln,   bei  starkem  intracardii 
lern  Druck  ausgebaucht  und  sogar  gesprengt  werden,  d,  h,  zu  Her. 
aneurysina  und  Herzruptur  führen  können, 


Die  Arbeit  des  Herzens  wird  bekanntlich  der  Hauptsact: 
nach  bestimmt  (wie  nicht  zuerst  R.  Mayer,  sondern  vor  et^ 
100  Jahren  Passavant,  der  anter  Dan,  Bernoulli^a  Leitung  a 
beitete  [Heidenhain,  Pflüger's  Archiv  Bd.  52,  S.  415],  fand 
1)  durch  die  Menge  von  Blut ,  welche  dasselbe  bei  jeder  Systole 
die  arteiiellen  Gefässe  wirft  und  2)  durch  den  Druck,  unter  welche 
das  in  den  grossen  Arterien  (Aorta  und  Arteria  pulmonalis)  befin^ 
liehe  Blut  steht.  Mit  der  Zunahme  des  Productes  jener  beid< 
Factoren  nimmt  die  physikalische  Arbeit  des  Herzens  zu,  mit  ihr 
Abnahme  ab.  Ueber  die  in  den  grossen  Arterien  herrschenden  Druc 
grossen  bestehen  wesentliche  Di^erenzen  zur  Zeit  kaum  (Drur 
in  der  Aorta  etwa  166  mm  Hg,  in  der  Pulmonalis  ^/^  davon).  Wo 
aber  über  die  andere  Grösse,  nämlich  über  die  systolisch  ausg 
worfene  Blutmenge,  das  von  Ludwig  so  genannte  Schlagvoiume 


L  die  AnBichteo  weit  aus  einaDder.  Nacli  älteren  Berechnungen  und 
Sck&tsimgeo  von  Tierordt  und  Volkmann  nahm  man  dasselbe 
iiii>d  za  180  g  an.  Verschiedene  neuere  Untersucher,  wie  Fick 
■Bf!!  Hoorweg  (s,  Jahrb.  1890),  sowie  unter  den  älteren  Tb.  Young, 
nahmen  zwar  viel  kleinere  Mengen,  etwa  nur  50  g  an ;  indessen  er- 
hiah  sich  jene  ältere  grössere  Zahl  mit  ziemlicbor  Beharrlich* 
JmL  Gegen  diese  tritt  nun  auch  Tigers tedt  in  mehreren  zum 
Tbaü  in  OemeinschafD  mit  Johansson  angestellten  Untersuchiangen 
(Skaad,  Archiv  f.  Physiol.  Bd.  1,  S,  331,  Bd,  2,  S.  409  u.  Bd,  3, 
8.  145)  auf,  indem  er  vermittels  sinDreicher  Methoden  sich  tbeils 
iniUalbttr,  theils  unmittelbar  von  der  Grösse  des  Schlag voiamens 
KeimtiiisB  verscbafifte.  Er  tindet  es  [vorausgesetzt  natürlich  ^  dass 
»dl  die  beim  Kaninchen  gefundenen  Werthe  matatig  mutandis  auf 
dm  Menschen  tibertragen  lassen)  zu  etwa  51  ccm.  Im  Uehrigen 
idiwukt  selbstverständlich  diese  Grösse  auch  bei  ein  und  dem- 
felbea  Geschöpf  innerhalb  erheblicher  Grenzen,  und  zwar  zeigt 
ttdi  im  Allgemeinen,  dass  bei  zunehmendem  Widerstände  die  in 
d&t  Zeiteinheit  ausgetriebene  Blutmenge  (das  Secundenvoiumen) 
cilEiaclist  dtmlicb  leständig  bleibt  und  erst  später  abnimmt.  Be- 
sonders beachtenswerth  aber  scheint  uns  die  Angabe,  dass  das 
Herz  sich  keineswegs  immer,  ja  vielleicht  nur  ansnehmsweise 
oder  gar  nicht,  vollständig  entleert,  sondern  auch  auf  dem 
Höhepunkt  der  Systole  noch  Blut  in  seinem  Innern  enthält.  Dies 
schlief sen  Johansson  und  Tiger ste dt  einmal  aus  der  anatomi- 
ichea  Thatsache,  dass  selbst  das  durch  Alkohol  oder  Wärme  voll- 
kraumen  erstarrte  Herz  noch  kleine  Hohlräume  in  seinem  Innern  auf- 
weist, sowie  aus  physiologischen  Versuchen.  Chauveau  und  Faivre 
ftb^rxeugten  sich  unmittelbar  hiervon  am  schlagenden  Herzen  des 
Flerdes,  in  dessen  Ventrikel  sie  einen  Finger  einschoben,  Roy  und 
Adsmi  am  Herzen  des  Hundes,  und  die  oben  genannten  Forseher 
an  demjenigen  des  Kaninchens.  Wird  z.  B.  die  Blutmenge  dieser 
Thiare  durch  Transfusion  vermehrt,  so  vermehrt  sich  allerdings  das 
Sdltagvolumen  y  trotzdem  aber  bleibt  immer  etwas  Blut  im  Herzen 
snrQek,  und  es  kann  schliesslich  das  Herz  infolge  übergrosser  An* 
«trf-ogung  so  ermüden,  dass  der  Blutdruck  bedeutend  sinkt,  und  der 

eintritt  Ein  kräftiger,  rechtzeitig  vorgenommener  Aderlass 
iC  d&A  Herz  und  wirkt  lebensrettend.  Wird  den  Thieren 
^ts  ßlut  entzogen,  so  kann  das  Herz  in  einer  Systole  oft 
wahr  Blut  hinaustreiben,  als  es  von  den  Venun  bekommen  hat,  was 
BStftrtich  nicht  möglich  wäre,  wenn  es  sich  regelmässig  vollkommen 
flllleeirte*   Im  Uebrigen  wird  bei  künstlicher  Vermehrung  des  Blutes 


42 


Grützner. 


oder^  was  viel  besser  ertragea  wird,  bei  Vermebrung  der  Blatäüssigk« 
durch  physiologiBcbe  KochBalzlöBiingf  die  überacküssige  Flüssigkeit 
menge  im  Xörper  untergebracht,  wo  es  nur  immer  möglich  ißt: 
den  verschiedenen  Geweben ,  den  naohgiebigen  öefässen,  vor  alb 
Dingen  aber  in  der  Leber,  die  geradezu  die  grossen  VeneD  uod  d 
rechte  Herz  von  ihrer  Blutfülle  befreit.  Durch  die  Darmscbleimha 
und  durch  die  Nieren  wird  ferner  aus  dem  Körper  so  viel  Plössigke 
wie  nur  immer  möglichj  entfernt  und  das  Gefösssystem  entlastet,  I 
der  Blutentziehung  hingegen  entleert  sich  ^  was  natürlich  ungeme 
zweckmässig  ist  —  das  Herz  so  vollständig  wie  möglieh  und  trei 
stets  eine  möglichst  grosse  Blutmenge  in  die  Gef^lsse.  Indem  81 
die  Gefasse  contrahiren,  die  Gewebe  auch  von  ihrer  Flüssigkeit  h< 
geben,  wird  der  Zustand  moglichBt  zur  Norm  zurück  geführt^  ab 
wie  man  siebt,  hier  wie  dort,  neben  den  genannten  Hülfsvorric 
tungen,  wesentlich  mit  durch  die  regulirende  Thätigkeit  d 
Herzens. 

Ueber  die  Menge  von  Material,  welche  das  Herz  für  sich  1 
seiner  Arbeit  verwendet,  macht  Zuntz  (Deutsche  med.  Wochensc 
1892)  beachtenswerthe   Mittheilungen.     Die  Arbeitsleistung   des  / 
eamcnten  Herzens^  die  neaerdings  pro  Minute  auf  etwa  12  Xilogram 
tneter  veranschlagt  wird,  wird  von  irgend  einem  beliebigen  andei 
Muskel  unter  normalen  Bedingungen  geleistet  durch  den  Verbrai 
von  etwa  15^18  com  Sauerstoff;  1  Kilogrammeter  gebraucht  1,3 
1,5  cm   Sauerstoff,     Daraus   ergibt  sich   dann   bei  Vergleichung  ■ 
gesammten  von  den  Muskeln  verbrauchten  Sauerstoffmenge  und 
von  ihnen  geleisteten  Arbeit,  dass  das  etwa  1  ^Jq  von  der  gesamm 
Mußcu!atur  betragende  Herz  3 — lOmal  so  viel  braucht,  als  die  Dur 
schnittsmuBcutatur  des  Körpers,  offenbar  weil  es  der  thätigste  a 
Muskeln  ist. 


Ueber  die  vielfach  umstrittene  Herzstosscurve  (s,  die  frühe 
Jahrbücher)  I heilen  wir  nur  Folgendes  mit.  Hürthle  (Pflüg 
Archiv  Bd.  53,  8.  286)  überzeugte  sich  durch  genaueste  und  s< 
f&ltigste  Prüfung  der  für  die  Aufzeicbnuog  der  Curven  nöthi 
Apparate,  daes  dieselben  vielfach  höchst  unzuverlässig,  undanfd 
Weise  vielfache  Fehler  entstanden  sind.  Gerade  die  ^^scbö 
Curven  ^^  mit  recht  ausgiebigen  Ausschl&gen  erwiesen  sich  als 
fehlerhaftesten.  Hürthle  zeigt  mit  seinen  neuen  verbessei 
Apparaten,  dass  die  Systole  des  Ventrikels  nicht  von  dem  nied 
eten  Punkte  der  ansteigenden  Curve,  sondern  von  einem  zwei 
höheren,  ebenfalls  in  dem  Anstieg  gelegenen  kleinen  Knick  begi 


b 


Physiologie.  43 

den  die  meisten  früheren  Apparate  gar  nicht  gezeichnet  haben. 
SchlieBslich  ist  es  ihm  gelnogen,  durch  ein  auf  den  Thorax  aufgesetztes 
Mikrophon  die  Herztöne  in  genau  gleichzeitige  elektri^ohe  8chwan> 
kuDgen  bezw.  Reize  umzuwandeln ^  die  den  Nerven  eines  empfind- 
lichen Froschmuekela  treffen.  Die  Zuckungen  deaeelben  geben  una 
uniüittelbar  Kunde  von  den  zeitlichen  Momenten  der  Herztöne  und 
zeigen  beispielsweise^  dass  der  erste  Herzton  thatsächlich  nicht  in 
den  Anfang  des  aufsteigenden  GiirvenscheDkeiB,  BODdem  etwa  in  die 
Mitte  seines  Verlaufes  zu  liegen  kommt. 

Die  sog.  cardiopueumatische  Bewegung,  welche  in  einer 
pulsatorischen  Bewegung  der  Lungen luft  besteht  und  auf  die  pulaa- 
torisch  wechselnde  Füllung  der  Lungengefäsae  bezogen  wurde,  ent- 
steht nach  Hay kraft  und  Edie  (Journ.  of  phyeiol.  Bd.  12,  S.  426) 
durch  die  unmittelbaren  AustÖsse  des  Herzens  an  die  Lunge.  Die 
genannte  Bewegung  hört  auf,  wenn  man  durch  Hebung  des  Herzens 
seine  Berührung  mit  den  Lungen  verhindert. 

III.  Athmang. 

Eine  für  den  Arzt  und  den  Fhy&iologen  in  gleichem  Maasse 
wichtige  und  interessante  Arbeit  lieferte  Einthoven  (Pflüger^s 
Archiv  Bd.  51,  S.  367)  über  die  Wirkung  der  Bronchialmuskeln 
und  im  Zusammenhang  damit  über  das  Asthma  nervosa m.  Wie 
bekannt,  ist  dies  ein  ziemlich  umstrittenes  und  schwieriges  Gebiet, 
weil  die  Methode  der  Unteröuchung  grosse  Schwierigkeiten  darbietet. 
Zwar  haben  kürzlich  mehrere  Forscher  (s.  Jahrb.  1B92)  diese  Frage 
bearbeitet,  sie  aber  wohl  methodisch  nicht  in  dem  Maasse  gefördert, 
wie  Einthoven,  welcher  den  betreffenden  TMereu  ( curarisirten 
Hunden),  deren  Thorax  eröffnet  ist,  stets  eine  bestimmte  Menge 
Luft  in  die  Lungen  bläst  und  den  Erfolg  dieser  Einblasung  fest- 
stellt. Nehmen  wir  an,  dass  wir  La  einem  leicht  dehnbaren,  dünn- 
wandigen Kautschukballon  eine  bestimmte  Menge  Luft  einblasen ,  so 
wird  der  in  ihm  befindliche  Druck,  indem  der  Ballon  sich  stark 
ausdehnt,  nur  wenig  erhöht  werden.  Blasen  wir  aber  dieselbe  Luft- 
menge unter  sonst  gleichen  Bedingungen  in  einen  ebenso  grossen 
dickwandigen  Kautschukballon,  so  wird  sich  derselbe  nur  wenig 
ausdehnen  und  die  in  ihm  befindliche  Luft  unter  starken  Druck 
setzen.  So  ähnlich  verhält  es  sich  mit  den  Lungen  curarisirter 
Thiere;  sind  ihre  Bronchialmuskeln  schlaff,  so  werden  sie  durch 
eine  bestimmte  eingeblasene  Luftmenge  leicht  gedehnt,    und  der  in 


u 


Ürützner. 


den  Bronchien»  Bronchiolen  u.  s,  w,  herrschende  aog.  intrapi 
nale  Druck    ist    gering;    sind  dagegen  die  Bronchialmuskeln    zu 
sam mengezogen ,    so    dehnt    sich    die  LuDge  schwerer  ans,  und  de' 
intrapulmonale  Druck    ist    natürlich    grösser.     Wie  aber  misst  mai 
diesen  Druck?    Nun,  Einthoven    verfährt   so,    dass   er    wahrem 
jeder  Einblaöung  der  Luit  auf  ganz  kurze  Zeit  eine  Commiinicatioi 
herstellt  zwischen   dem  Bronohialbaum   der  Langen    und    einem    re 
giatrirenden  Manometer.  So  findet  er,  zum  Theil  io  ü  eberein  Stimmung 
mit  früheren  Forschern,  unter  Anderem  Folgendes-     Der  motorisch 
Nerv  für  die  Bronchialmuskeln  ist  der  Vagu:*,  dessen  Reizung  nacl 
einem  kurzen  Stadium  der  Latenz    den    intrapulmonalen  Druck  be 
deutend  in  die  Höhe  treibt.     Ungemein  lehrreich  sind  die  zahlreicl 
der  Arbeit  beigegebenen  Cur  von,  in  denen  z,  B.  zu  gleicher  Zeit  de 
Blutdruck    und  der  intrapulmonala  Druck  über  einander  gezeichne 
sind.   Der  letztere  erweist  sich  von  erste  rem  als  nahezu  unabbängi| 
ja  sogar  noch  nach  dem  Tode,  wenn  also  jegliche  Circulation  vorübe: 
bringt  Vagiisreizuug   die  ja  langsam  absterbenden    glatten  Muskel 
zu  starker  Contraction.     Im  Leben  aber  tritt  bei  Vagusreizung  ein 
massige  Lungenblähung  auf.     Indem  die  contrahirten  Bronchia 
ringe  der  austretenden  Luft    einen    relativ  grossen  Widerstand  en 
gegensetzen,    während  inspiratoriBch  ja  stets  die  gleiche  Luftmeng 
eingebiasen  wird,   stellt   sich  ein  anderer^    und    zwar  mehr  inspirj 
torischer  Oleich  gewichte  zustand  der  Longe  ein,  wie  der  unmittelbai 
Versuch    lehrt,      Aehnlich    der  Vagusreizung    wü-kt  die  Einblasun 
von  Kohlensäuregemischeo  in  die  Lunge,  während  andere  GasOj  w 
Sauerstoff,  Stickstoff  and  selbst  schweflige  Säure  derartige  Bronchia 
krämpfe    nicht    oder    kaum    veranlassen.      Interessant   ist   noch    d 
Wirkung    des  Atropins,   welches    nicht   bloss,    wie  allbekannt,    d 
hemmende  Wirkung    des  Vagus    auf  das   Herz^    sondern    auch    d 
Wirkung  auf  die  Bronchialmnskeln  aufhebt. 

Hieran  schlieast  sich  nun  die  Besprechung  des  Asthma  nervosa] 
über  das  wir  kurz  Folgendes  mittheilen.  Die  Einen  erklären  diesi 
Zustand  f^r  einen  Zwerchfellkrampf  (natürlich  nur  für  einen  partiellei 
der  hin  nnd  wieder  vorkommen  mag,  aber  sicher  nicht  wesentli< 
ist;  Andere,  wie  v.  Basch  und  Grossmann,  sind  der  Meinun 
dass  eine  Hyperämie  der  Lunge  und  die  unter  verhältnissmäss 
hohem  Blutdruck  stehenden  Lungencapillaren  das  Lungengewe 
starr  machen.  Gegen  beide  Auffassungen  wendet  sich  Einthove 
weicher  im  Wesentlichen  im  Einverständniss  mit  Biermer  in  de 
ÄBthma  nervosam  einen  Krampf  der  Bronchialmuskäln  sieht  und  a 
Grund  seiner    Versuche    an   Thieren  Atropin  gegen  denselben  ei 


Physiologie.  45 

Oass  aber  auch  eine  venöse  Hyperämie  in  der  Lunge,  wobei 
li^^ke  Vorbof  ungemein  erweitert  und  prall  mit  Blut  erfüllt  ist, 
iitlimadsche  Zustände  and  Lungenodem  erzeugt,  wie  v.  Basch  und 
Gros 8 mann  (ebenda  Bd.  52,  S.  417  u.  567)  behaupten,  dürfte 
wohl  ebenfalls  eicher  stehen*  Auch  die  Anwesenheit  von  Zellen  in 
4eai  Auswurf  von  Aathmatikern,  die  zersetzten  Blutfarbstoff  ent* 
hatten,  von  sog*  Hämosiderinzellen  (s.  v.  Noorden,  Zeitschr.  für 
kHm  M&d.  Bd.  20,  S.  Ij  spricht  für  die  Thatsache,  dass  Blutstauungen 
qod  damit  verbundene  Blutaustritte  bei  dieser  Krankheit  eine  grosse 
BoDe  BpteleD, 


Litten  (Deutsche  med.  Wochenschr,  1892^  Nr,  13)  beschreibt 
bei  jeder  Athmung,  namentlich  an  Männern  deutlich  sichtbare 
Bewegung  des  Zwerchfells.  Zu  diesem  Behufe  muss  sich  die 
VersQ dispers on  horizontal  hinlegen  und  mit  dem  Gesicht  gegen  ein 
keOaB  grosses  Fenster  gerichtet  sein,  während  der  Beobachter  vorn 
vnd  etwas  seitlich  steht.  ^Die  Erscheinung  läuft  ab  in  Form  einer 
WeÜenbewegnng,  welche  beiderseits  etwa  in  der  Höhe  des  6.  inter- 
ooitalraams  beginnt  und  als  gerade  Linie  oder  seichte  Furche 
(«alchb  mit  den  Rippen  einen  spitzen  Winkel  bildet)  bei  tiefster 
Iiwpiration  mehrere  Intercos talräume  weit,  zuweilen  bis  an  den 
Et|»peiib<>gen  herabsteigt,  um  bei  der  Exspiration  um  das  gleiche 
wieder  in  die  Höhe  zu  steigen."  Bei  oberflächlicher  Athmung 
fKe  Bewegung  1 — IV^  Intercostalräume. 


Ueber    die    Grösse    des    interpleuralen    Druckes    beim 
laoscheni    der,    weil  die  selbst  exspiratorisch  ad  minimum   ver- 
■erian  Lungen    immer   noch    nicht    in    ihrer    elastischen  Gleich* 
iehtalage  sich  beflnden,  sondern,  wenn  innen  und  aussen  derselbe 
ack  auf  ihnen  lastet,  sich  noch  weiter  zusammenziehen,   der  also 
diesem  Grande  immer  negativ  in   Beziehung  zum  Atmo  Sphären - 
ist,  macht  Arou  (Virchow'a  Arch.  Bd.  126,  8.  Uli)  Mittheilung, 
er    bei    einer    38jährigen   Frau,    deren   Thorax    infolge    von 
flieht  tuberculöseii  Empyem  punctirt  war,  diesen  Druck  maass 
anfaeiohnete.      Der    luftdicht    eingesetzte    Drain,    der    in    dem 
Dm    lag,    ging    nach   aussen  in  einen  Gummischlauch  über, 
Bf    auf   den  Boden    eines    mit    desinficirender  Sperrflüsaigkeit 
jten  Ge^ses  reichte  und  seitlich  an  einem  T-Stück  einen  Mano- 
'  trog*   Dieser  gab  die  Höhe  des  Druckes  zu  —  4,5  bis  —  6,85  mm 
Iber  an.     Donders  hatte  Ihn  an  Leichen  etwa  —6  mm  ge* 


40 


Grötzner. 


Dass  der  Chemismus   derAthmung   ein    noch  nicht  völlig 
klarer  Vorgacgf  sicherlich  ein  solcher   ist,    über  welchen    sich  zwe 
verschiedene  Anschauungen  geradezu   gegenüber  stehen,   dürfte   am 
früheren  Berichten,   sowie  aus  den  nachfolgenden  Arbeiten   dentlicl 
hervorgehen.     Pflüger  und  seine  Schule  sehen  bekanatlich  in   de: 
Abscheid  ung  und  Aufnahme  der  Gase  in  den  Lungen  einen  wesent 
lieh  physikalischen  Process,  der  sich  also   etwa  so  abspielt,    wie  ii 
einem  Reagenzglas,  oder  wie  in  einer  Flasche  mit  Selterwasser,  auj 
der  die  Kohlensäure  entweicht,  weil  sie  in  dem  Wasser  unter  starke; 
Spannung  steht,  in  der  darüber  befindlichen  Luft  aber  unter  äussere 
geringer.   Wenn  diese  Annahme  schon  deshalb  etwas  verdächtig  ist 
(siehe  namentlich  die  Arbeiten  von  Bohr,  Jahrb.  1888  n«  Centralbl 
f.  PhysioL  1892,  Bd.  0,  S.  225),  weil  bei  allen  Processen,  bei  denei 
es   sich  um  die  Aufnahme  oder  Ausscheidung  von  Flüssigkeita  ] 
handelt,  die  einfache  physikalische  Diffusion  nach  den  Unteraucbunge 
Heidenhain's  und  seiner  Schüler  keineswegs   als  ausreichend  bc 
funden  worden   ist,    so  dürften   folgende  Thatsachen    direct    darai: 
hinweisen,  dass  vielleicht   auch   die  Lungeu   nicht   einfach  Apparat 
sind,  in  denen  Gase  eintreten  bezw.   aus   ihnen  austreten^   wie    au 
einer  Selterfiasche,  sondern  eben  Drüsen  darstellen^  die  bestimmt 
Oase  aufnehmen    und   andere   ausscheiden  ^    gerade   so ,    wie    es   di 
EpithelzeMen    des  Darmes    oder    die   Endothekellen    der   Blut-   un 
Lymphcapillaren  mit  festen  uod  llössigen  Stoffen  thun. 

Hüfner  (Du  Bois-Reymond'a  Archiv  1892 j  S.  64)  untersucht 
die  Gase  der  Schwimmblase  verschiedener  Fische  und  fac 
eine  ältere  Angabe  bestätigt,  nach  welcher  sich  unter  gewissen  B^ 
dingungen,  z.  B.  wenn  man  die  Blase  künstlich  entleert  bat^  pr 
oentiBch  mehr  Sauerstoff  in  der  Blase  befindet,  als  in  der  Luft,  bezi 
Jm  Wasser,  in  welchem  die  Fische  leben.  Wenn  dies  aber  dt 
Fall ,  so  kann  es  sich  hier  um  keine  einfache  Düfusion  handel 
sondern  es  muss  sich  eine  Arbeit  dazwischen  schieben ^  wenn  m 
einem  Raum,  in  welchem  der  Sauerstoff  unter  niedriger  Spannui 
steht,  er  in  einen  Raum  übergeht,  in  welchem  er  nnter  höher 
Spannung  steht.  Gewisse  Apparate  müssen  Sauerstoffmoleküle  ai 
dem  Blut  herausnehmen  und  im  Innern  der  Blase  aahäufen.  Die 
Apparate,  die  man  mit  kleinen  Pumpwerken  vergleichen  kann,  sii 
offenbar  besondere,  die  Schwimmblase  anskleidende  Zellen,  welc 
den  Sauerstoff  secerniren. 

Ein  Stoff,  der  bekanntlich  die  verschiedensten  Drüsen  zu  le 
hafter  Thätigkeit  anregt,  ist  das  Pilocarpin,  Es  lag  die  V< 
mutbung  nahe,  dass  es  a  ir*h  diese  Sauerstoff  secemirenden  Appart 


Physiologie, 


47 


in  ähnlicher  Weise  beeinflusste.  Thatsächlicb  findet  D  res  er  (Archiv 
für  experiment.  PathoL  etc.  Bd,  30,  8.  159),  dass  Hechte,  deoen 
man  mehrere  Tage  hinter  eioander  kleioe  Meogen  von  Pilocarpin 
einspritzt,  viel  mehr  Sauerstoff  in  ihrer  Schwimmblase  enthalten,  als 
nicht  injicirte  Hechte,  die  ersterea  etwa  40^'(}t   ^^^   letzteren   25*);,|* 

Holmgren  behauptete  vor  längerer  Zeit,  dasa  der  Sauerstoff 
im  Stande  sei,  Kohlensäure  aus  dem  Blute  auszutreiben.  Wenn  man 
daher  dieselheu  Blutmengen  unter  gleichen  Bedingungen  mit  Gas- 
gemengen  schüttelt,  die  Sauerstoff  enthalten,  so  gibt  das  Blut  mehr 
Kohlensäure  ab,  als  wenn  dies  uicbt  der  Fall  ist.  Diese  freilich  an- 
gezweifelte Angabe  sucht  Werigo  (Pflüger's  Archiv  Bd.  51,  S.  321) 
in  der  Weise  zu  erhärten,  dass  er  nicht  das  (mehr  oder  weniger 
veränderte)  Blut  ausserhalb  des  Körpers,  sondern  das  circuürende 
Blut  selbst  auf  diese  Eigenschaften  hiu  in  ungemein  sinnreicher  Art 
untersucht.  Er  lässt  nämlich  die  verschiedenen  Lungenhälften  eines 
Tbieres  verschiedene  Gase  eiuathmen ,  also  z.  B.  die  rechte  Lunge 
gewöhnliche  Luft,  die  linke  Lunge  Wasserstoff  und  später  Sauer- 
stoff und  findet  in  der  That,  dass,  wenn  Sauerstoff  geathmet  wird, 
die  Lungen  mehr  Kohlensäure  abgeben^  als  wenn  dies  nicht  der 
Fall  ist.  Es  kann  sich  also  hier  auch  nicht  um  eine  einfache 
Diffusion  handeln,  falls  eben  die  Schlüsse  richtig  sind,  und  in  den 
ungemein  complicirten  VersuchsbedingUDgen  nicht  etwa  irgendwo 
Fehlerquellen  versteckt  liegen,  was  Zuntz  (ebenda  Bd.  52,  S.  191) 
allerdingH  behauptet,  Werigo  aber  bestreitet. 

Bekannt  sind  die  ei  gen  th  timlichen,  zum  Theil  giftigen  Eigen- 
schaften der  Peptone,  sobald  sie  unmittelbar  ins  Blut  gebracht 
werden;  neu  und  wichtig  die  Thatsache,  die  in  Ludwig^s  Institut  über 
das  Verhalten  der  Kohlensäure  im  Peptonbtut  gefunden  und  von 
Blachstein  (Du  Bois-Reymond's  Archiv  1891,  S.394)  und  Grandia 
(ebenda  S.  499)  bearbeitet  wurde.  Beim  Hunde,  wie  beim  Kanin- 
chen wird  nämlich  durch  Peptoninjection,  obwohl  nur  bei  ersterem, 
nicht  bei  letzterem  Thier  das  Blut  hierdurch  seine  Gerinnbarkeit 
verliert,  die  Kohlensäuremenge  des  Blutes  bedeutend  herabgesetzt. 
Die  Ursache  hiervon  liegt  nach  genannten  Forschern  zunächst  nicht 
in  der  herabgesetzten  Oxydation  der  Gewebe,  welche  dem  Blute 
wenig  Kohlensäure  liefern;  denn  die  Lymphe,  welche  diese  Gewebe 
durchspült,  behält  ihren  normalen  Kohiensäuregehalt  bei.  Sie  muss 
vielmehr  in  der  Fähigkeit  des  Peptons  gesucht  werden,  die  Kohlen- 
säure aus  dem  Blute  geradezu  auszutreiben  oder,  wie  man  sich  ge- 
wöhnlich ausdrückt,  ihre  Spannung  im  Blute  zu  erhöhen.  Dies  be- 
wiesen einmal  Athem  versuche,  welche  ergaben,  dass,  wenn  bei  Spiels- 


48 


Grützoer, 


weise  das  Pepton blut  pro cen tisch  viel  weniger  Kolüensäure  enthiel 
als  das  normale <,  es  doch  au  die  Lungenluft  mehr  Koblensäure  ab 
gab,  als  das  normale.  Der  Koklensäuregelialt  der  Alveolarlaft  be 
trug  bei  normalen  Hnnden^  wie  schon  durch  Pflüger'e  Unter 
sucliungen  bekannt,  etwa  3,75 O'qJ  bei  Peptonthieren  7 — 80q^  und  dies 
Eigen thiimlichkeit  des  Peptona,  die  Koiilenaaurespannutig  zu  erhöhei 
ist  nun  nicht  —  woran  man  ja  im  Anschluss  an  obige  MittbeiliiQge 
denken  konnte  —  eine  besondere  Eigenschaft  des  Luugengewabei 
sondern  sie  kommt  dem  Blute  selbst,  ja  sogar  seinem  Serum  et 
Wird  feraer  Peptonblut  durch  Miaskeln  hio durchgeleitet,  so  erlisch 
binnen  Kurzem  deren  Erregbarkeit:  offenbar  lauter  höchst  merli 
würdige  und  wichtige  Thatsachen,  welche  darauf  hinweisen,  wie  ei 
normal  im  Körper  gebildeter  Stoff  den  ganzen  Mechanismus  der  Atl 
mung  verändern  und  selbst  verderblich  wirken  kann,  wenn  er  au 
den  ihm  vorgeschriebenen  Grenzen  heraustritt. 


Die  n  er vöse  Regulation  der  Athmung  besorgt  der  Yagu 
dessen  centrale  Reizung  den  Mechanismus  der  Athmung  in  hohe; 
Maasse  verändert  tind  namentlich  zu  stärkerer  Inspiration  und  ii 
apiratoriBchen  Stillständen  fiibrt,  während  der  Laryngeus  superh 
der  antflgonistische  Nerv  des  Vagus  ist  Meltzer  (Du  Bois-Re, 
mond's  Archiv  1892,  S.  340)  untersucht  nun  in  eingehender  Wei 
die  Wirkungen  gleichzeitiger  Reizung  der  beiden  Nerven  und  find 
im  Allgemeinen,  dase  der  Vagus,  der  Actionsnerv,  DamentEch  h 
stärkerer  Reizung  den  LaryngeuSi  den  Hemmungsnerv  nberwind 
und  nicht  zur  Geltung  kommen  lässt. 

Durchechneidung  beider  Vagi  hat  bekanntlich  den  Ti 
der  Thiere  zur  Folge,  die,  wie  man  gemeiniglich  annimmt,  an  sc 
Verschluckungspneumonie  zu  Grunde  gehen  sollen.  Ganz  kürzH 
zeigte  nun  Krehl  (Du  Bois-Rejmond's  Arohiv  1892,  SuppL  S.  21 
in  Ludwig*ö  Institut,  dass  die  Thiere  (Hunde)  auch  hei  ganz  tu 
malen  Lungen  zu  Grunde  gehen,  falls  nur  die  Vagi  oberhalb  r 
Lunge  durohschnitten  sind.  (Durchschneidet  man  sie  in  der  Mi 
der  Brusthöhle  oder  unter  dem  Zwerchfell,  so  bleiben  die  Thi« 
am  Leben.)  Das  rührt  nach  Krehl  daher,  dasa  die  den  Oei 
phagus  und  Magen  versorgenden  Aeste  schon  zeitig  oben  abgeb 
und  nur  bei  hoher  Durchschneiduog  getroffen  werden.  Gescbii 
dies  aber ,  so  leidet  die  Thätigkeit  des  Magens ,  wie  Versuche 
Magen fi Stelhunden  lehren,  in  so  hohem  Maasse,  dass  Krehl  sich  ; 
diese  Weise  den  verhältnisamässig  frühen  Tod  der  Thiere  erkll 
denn   der  Mageninhalt  reagirt  nicht  mehr  in  normaler  Weise  sar 


Physiologie. 


49 


Er  stinkt»  fault  und  wimmelt  von  BacterieOt  Die  AufDahme  der 
giftigen  Fäulaiaaproducste  hebt  zunäcbat  den  Appetit  auf  and  tödtet 
dann  geradezu  das  Tiiier. 

Dass  die  Verbrennungeprocesse ,  insonderheit  die  Aufnahme 
des  Sauerstoff«  in  den  Geweben  selbst  und  nicht  im  Blute 
stattfindet,  zeigt  neuerdings  Giirber  (Sitzun gaber*  d,  Würzb.  pkys.- 
mddic.  Ges,  1892),  indem  er  Kaninchen  eine  grosse  Menge  Blut  ent- 
zieht und  es  durch  phyöiologiöche  Kochsalzlösung  (genauer  7  g  Koch- 
salz, 35  g  Rohrzucker,  0,2  g  Natriumbydrat  im  Liter  Wasser)  er- 
setzt. Dabei  findet  er,  dass  derartig  blutleere  Kaninchen  keinen 
geringeren  respiratorischen  Stoffwechsel  haben,  ala  diejenigen  mit 
normalem  Blutgehalt,  Auch  Bernstein  (Vers,  deutscher  Naturf. 
in  Halle  1891)  kommt  auf  ganz  anderem  Wege  zu  der  gleichen,  ja 
schon  von  Pfluger  vertreteneu  Anschauung,  indem  er  überlebende 
Oewebe  selbst  wie  Muskeln,  Nieren  u.  s.  w,  oder  deren  ausgepresste 
Säfte  mit  Oxyhämoglobinlösungen  bei  Luftabschlnss  zusammenbringt. 
Nur  die  erateren  raduciren  das  Oxyhämoglobin ,    die  letzteren  nicht. 

IV.  Terdaaojig. 

Auf  eine  interessante  Eigenschaft  aller  Fermente  weist  Tarn- 
mann  hin  (Zeitschr.  L  phys.  Ohem,  Bd.  16,  S.  271),  die  darin  be- 
steht, dass  ihre  Wirkungen  stets  unvollständig  sind  und  niemals, 
mag  Wenig  oder  viel  Ferment  in  Thätigkeit  sein,  die  gesammte 
Masse  der  ihnen  unterliegenden  Stoffe  yotlkommen  umgesetzt  wird. 
Er  begründet  dies  damit,  dass  sich  ^  wie  ich  das  zuerst  für  das 
Pepsin  nachwies  —  ein  Theil  des  Fermentes  bei  seiner  Thätigkeit 
in  eine  unwirksame  Modificatlon  umwandelt  oder,  wie  ich  sagte,  ein- 
fach zerstört  wird. 

Art  h  US  und  Hub  er  (Arch.  de  physiol»  Bd.  4,  S.  651)  finden, 
dass  eine  l^ioige  Fluornatriumlöaung  die  durch  Lebewesen  (Mikroben) 
erzeugten  Fermentationen  vollständig  verhindert,  während  sie  die- 
jenigen, die  einfach  chemischer  Natur  sind  und  den  sog.  ungoformten 
Fermenten  (Ptyalin,  Pepsin  etc.)  zugesckrieben  werden,  nicht  stört. 
£s  gliche  hiernach  also  dem  Chloroform. 

Der  gröaste  Theil  der  Magenschleimhaut  enthält  in  seinen 
Drusenschläuchen,  abgesehen  von  den  oberBächlichen  Cylinderepithel- 
zellen,  nach  den  bekannten  Arbeiten  von  Heidenhain  und  RoUett 
zweierlei  Zellen,  die  dem  Binnenraum  der  schlauchförmigen  Drüsen 
zugewendeten  Hauptzellen  und  die  uussen  aufliegenden  Belegzellen. 
Den  eri^teren  wurde  von  Keidenhain,  Ebstein,  mir,  Langley  u.  A. 


50 


6rilUi\er, 


die  BiidaDg  des  Pepsins,  den  letzteren  mit  böchster  Wabracheinlick- 
kelt    diejenige    der   Säure    des    Magensaftes   zugeschrieben.     Neuer- 
dings sind  nun  gegen   diese  Dehaaptungen  wieder  Zweifel  laut  ge- 
worden,   Swiecicki  machte  unter  meiner  Leitung  diö  merkwürdige^ 
übrigens  allseitig  bestätigte  Beobachtung,  dass  der  untere  Theil  der 
Speiseröhre  bei  Fröschen  eigenthüinliche  Drüsen  trägt,  welche  alka* 
lisch  reagiren  und  Pepsin  bereiten.   Wenigstens  kann  man  aus  diesen 
Sühleimhaiitstücken   ausserordentlicli  viel  Pöpsiu  extrahiren ,    bedeu- 
tenil  viel  mehr  als  aus  der  eigentlichen  Magenschleimhaut,  in  welcher 
aber  unzweifelhaft  Säure  gebildet  wird.    Hier  im  Magen  finden  sich 
nun  Zellen,  welche  mit  den  Belegzellen  anderer  Thiere  einige  Aehn* 
lichkeit  haben.     Die   von  ans  offen  gelassene  Frage,   ob  der  Mager 
des  Froöches  auch  Pepsin  bildet,  wird  nun  nenerdiogs  von  Pranke 
(Pflügfr's  Archiv  Bd.  48,   S,   63   und  Bd.  50,    S.  293)   und   Oonte 
jean  (Journal  de  physiol  Bd.  4^  S,  250)  bearbeitet,  obwohl  sie  schoi 
von   Langley   in    bejahend  ein   Sinne  gelöst   war.     Beide   Forsche 
kommen   zu  der  auch  von  Langley  vertretenen  Anschauung,   das 
auch   Pepsinabsonderang    im    Magen    der    Frösche   stattiindet,    wa 
princiidell  insofern  von  Bedeutung  ist,  als  den  Belegzellen  ähnlich 
Gebilde  dann   nicht   bloss   Säure  ^    sondern   auch  Pepsin   bereiteter 
aber  auch  deshalb  wieder  an  Bedeutung  verliert,  weil  dem  Frosch 
verwandte  Thiere  (z,  B.  Salamander)  überhaupt  nur  eine  Zellart  i 
ihrem  Magen  besitzen,  welche,  wie  längst  bekannt,  sowohl  Säure  wi 
Ferment  liefert.     Ein   nn mittelbarer   Schluss  auf  die  physiologisch 
Bedeutung  der  Haupt-  und  Belegzellen  höherer  Thiere  dürfte  hieran 
noch   lange  nicht  gezogen   werden,     Cootejeau   macht   weiter  dj 
mir  allerdings  ungemein  zweifelhafte  Angabe,  daes  das  isolirte  Seor« 
der  Pylorusschleimhaut  des  Magens,   die   keine  Belegzellen  enthäl 
sauer  reagiren  soll,  während  Heidenhain  und  ich  es  stets  alkaliso! 
aber  pep  sin  halt  ig  fanden. 

Des  Weiteren  vertritt  er  die  schon  oft  geäusserte  Ansicht,  dm 
sich  im  Magensaft  der  verschiedenen  höheren  und  niederen  Thiei 
zwar  Salzsäure  vorlindet,  aber  nicht  in  freiem  Zustand 
Versetzt  man  nämlich  Magensaft,  z.  B.  den  vom  Hund,  mit  frisch  g 
ftült4^m  kohlensaurem  Kobaltiixydhydrat  im  Ueber.Hchuss.,  so  löst  sii 
dasselbe  theilweise  unter  Hu:^afärbang  auf.  Die  gebildete  rosa  g 
färbte  Substanz,  welche  in  der  Wärme  blau  wird,  ist  Kobaltchlort 
das  man  durch  Alkohol  extrahiren  und  nach  Verjagung  des  Alkoh* 
in  Wasser  lösen  kann.  Es  krystallisirt  dann  in  charakteristisch 
„rectangulären^  Kry  stallen.  Milch  saures  Kobaltoxyd  ist  in  I 
kohol   vullkommen   uatöslich.      Die  Methode    eignet   sich    auch   i 


Fhyaiologie. 


51 


gßBM  kleine  Mengeii  von  Magensaft,  wie  man  sie  beispielsweise  vou 
kleineii  Thieren  ( Fröschen  u.  s,  w.)  erhält,  Baas  diese  Saksäure  aber 
nkiki  frei  im  Magen  itst,  scbliesst  Contejean  aus  folgenden  Tbat- 
sacken.  Salzsäure  von  I  ^1^,^^  lost  dat^  fri.soh  gefällte,  feuchte  kohlen- 
More  KobaltoxydhyJrat  ungemein  Jeicht  und  Bcbnell,  Magensaft  da- 
I^Bgm  BAlur  l&ngsani*  Wird  Magensaft  destülirt^  so  liefert  er  nie  Salx* 
Mva,  während  schwache  Salzsäure  destüMn  immer  deutlich  Dämpfe 
tbeftreten  liess,  welche  Silbemitrat  trübten.  Dass  die  Salzsäure 
isi  dem  Chloriden  des  Blutes  gebildet  werden  muss,  ist  klar  (s.  Jahr* 
bttdi  1892).  Contejean  ersetzt  nun  das  Blut  eines  Frosches  durch 
pli;»iologiaohe  Kochsalzlösung  und  ändet,  dass  auch  diese  ,,Salz- 
frteobe^  Salzsäure  bis  zum  Tode  abscheiden^  and,  was  höchst  be- 
Qierkeoiiwerth,  dass,  wenn  man  statt  des  Kochsalzes  salpetersaures 
Na^^sn  (7^00^  verwendet,  die  Frösche  jetzt  Salpetersäure  in  ihrer 
Ifagenschteimhaut  bilden.  Der  Magensaft  enthält  ferner  nach  Cunte- 
jean  0l«td  Miloh£^äure,  nicht  bloss  wenn  dieselbe  durch  Gähfung 
ft»  AMjlaeeen  im  Magen  entstanden  isr,  sondern  anch  bei  hungern - 
dfla  ThieiBD.   Die  Milchsäure  ist  also  für  ihn  ein  Product  der  Magen- 

Wettere  Unters uchun;;en  über  den  Nachweis  der  Salzsäure 

ta  Megeoaafty  sowie   über   ihre  Bildung  unter  verschiedenen  Be* 

fliaguogen    liegen  vielfach  von     Wir   beschränken  uns  auf  die  Mit- 

IlMihmg  folgender.    Leubuscher  und  Ziehen  stellten  ausgedehnte 

UtnMcbe  Untersuchungen  über  die  Salzsäureabscheldung  des 

Mageae   bei  Geisteskranken  (Jena  1892)  an   und  landen  unter 

raovgfikhigdr  Berücksichtigung   des  ^ch  ^>  vorliegenden  wie   des   von 

geeanunelten  Materials^  dass  im  Allgemeinen  mit  Verfall   ein- 

bende  P^ohosen  zu  d^r  Abscbeidung  eines  säurearme»,  ja  sogar 

' liiirefreitm  Magensaftes  führen,    während   bei  den  meisten  anderen 

tVjcboMiiy  anch    unabhäugig  von   dem  motorischen   Verhalten   der 

.Kmiketi^  bestimmte  Gesetzlichkeiten  nicht  2u  erkennen  waren.    Der 

ifroeeiittBche   Gehalt    an    Salzsäure    schwankt    unter    normalen    Be- 

fdingaiigeii   rtwa  awischen  1,5 — 2,5  o/^^^,  unter  krankhaften  zwischen 

Etaeo  grossen  Fortschritt  jr  .ler  Methode  erkennen  wir  in  der 
«k;ga]iteo  Arbeit  von  Mizerski  und  Kencki  (Archives  de  scienoes 
Uolog,  eto,  Bd  1,  S.  235,  Petersburg  1892).  Genannte  Forscher 
and  vergleichen  unter  einander  folgende  drei  Methoden: 
If  Die  Methode  von  Sjöquist,  nach  welcher  der  Magensafi  mit 
Baf^ntsktarbonat  im  Ueberschuss  versetzt,  dann  bis  zur  vollständigen 
Zetildrsikg  der  organischen  Substanzen  erhitzt^  und  die  Menge  des 


52 


Grütziier. 


so  gebildete»^    in   Wasser  leicht  loslichejD   Chlorbaryams    beatimmt 
wird.     2}  Die  Metbode  von  Sehmann;  man  versetzt  Magensaft  mit 
einer  bestimmten   reicblicben  Menge   Sodalösung,   trocknet^   erbitzt 
wie  oben  und  versetzt  die  weisse  Asche  mit  einer  bestimmten  Menge 
Salzsäure^  aus  welcher   man   die  von   Anfang   an  vorhandene  Salz- 
ßäuremenge  berechnen   kann.     Hierbei   fanden   nun   Mizerski  und 
Nencki   die   wichtige   Thatsache,   daas  reines   in    Wasser   gelöstes 
Pepton  (welches   kein  Chlor   und   keine   Albumose   enthält)   sich  in 
dem  bestimmten  Verhältniss  von  10(3 ;  16  mit  Salzsäure  verbinde!;,  und 
diese  Verbindung  bei  100^  sich  nicht  zersetzt.     Biu  hat  alle  Eigen- 
schaften der  freieu  Salzsäure,  solange  nicht  mehr  Pepton  zu  ihr  hin- 
ÄUgefügt  wird,  und  dürfte  sich  als  8oIcbe,  sowie  in  diesen  verschie- 
denen^  noch   nicht  genau   gekannten  Onmbinationen  mit  mehr  odei 
weniger  Pepton  im  Magensaft  verenden.     Die  Salzsäure  des  Magen- 
saftes^ die   Irei  wohl   nar   znll^üig   im   Magensaft   angetroffen   wird 
ist   auf  einfach    ti  tri  metrischem   Wege    nach    genannten    Forschen 
demnach   nicht  genau  zu  bestimmen.     3j  Die  Methode  von  Prout 
Winter,   welche  zu   bestimmen   gestattet   1)   die   freie ,   2)  die  mi 
Pepton   verbundene   und   3}   die   an  mineralische  Basen   gebunden» 
Balzsäure.     Der  gesammte   filtrirte   Magensaft   wird   in  drei  gleiohi 
Theile  a^  b  und  c  zu  je  5 — 10  ccm  getheiltj  und  in  der  ersten  Portio: 
das  gesammte  Chlor,  in  der  zweiten  die  freie  Balzsäure  und  in   de 
dritten  die  an  Basen  gebundene  Salzsäure  bestimmt.   Zu  a  fügt  ma: 
Sodalösung  im  Ueberschuss,  trocknet  auf  dem  Wasserbad  ein,  vei 
ascht,  extrahirt  mit  Wasser,  ueutralisirt  mit  Salpetersäure  und  titrii 
das    Ohlor   mit    Silbernitrat.     Fortion    b    verdunstet   man    auf  dei 
Wasserbad  zur  Trockne,  hält  sie  darauf  etwa  eine  halbe  Stunde,  m 
alle  freie  Salzsäure  zu  verjagen^  versetzt  sie  mit  einem  Ueberschuf 
von  Soda  und   verfäbrt   dann   wie   mit  a.     Die   Differenz   der  Sab 
üäuremengen  a — b  gibt  die  freie  Salzsäure  an.    Portion  c  ver dunst 
man   in   gleicher  Weise,   verascht  ohne  Soda  und  erhält  so  die  e 
Basen    gebundene    Salzsäure,      Auf   Grund    ihrer    Untersuchung« 
kommen   die  Forscher   zu  dem  Ergebniss,  dass  die  zahlreichen  M 
thoden,    welche   vermittels    Aenderung   von    Farbstoffen   die  Säur 
menge    zu    bestimmen  suchen,    durchweg    unzuverlässig   sind.     A 
meldten    auoh     für     den    Arst    zu    empfehlen    ist    die    P  r  o  u 
W in ter's che  Methode;  sie  ist  ^^genau  und  eini^oh,  ihre  Anwenduj 
ist  leicht". 


So  wie   ein  voller  Bauch   nicht   gern  studirt  und,  wie  wir  hi 
zufügen,  sich  auch   nicht   gern  lebhaft  bewegt,  so  zeigt  sich  au 


«ader erseits,  dass  Btarke  Ermüduog  die  Lust  zum  Essen  bedeutend 
benftaetzt  oder  aufhebt.  SalvioU  (Archiven  ital,  de  bioL  Bd.  17, 
8,  248)  tindet  dementsprechend  an  Hunden  mit  Magenfisteln,  welche 
kiige  Zeit  durch  Arbeit  in  einem  Tretrad  sich  ermüdet  hatten^  einen 
Miigeiisait,  der  au  Menge,  Säuregehalt  und  Yerdauungskraft  weit 
hxBter  dem  normalen  surücksteht  und  überreich  an  Schleim  iät.  Der 
HAg<Bii  des  ermüdeten  Thieres  entleert  sich  aber  schneller  seines  In- 
Ute«  als  ein  normaler  und  kehrt  erst  in  etwa  swei  Stunden  zu 
fräen  normalen  Verhältnissen  zurück. 

Zo  einem  wohl  nur  scheinbar  entgegengesetzten  Ergeh niss  ge- 
li&gte  Rosenberg  (Pflügers  Arch.  Bd  52^  S.  401),  der  die  Aus» 
nutsting  der  Nahrung  unter  dem  Einflu^s  körperlicher 
AnatreDgung  an  einem  Hunde  untersuchte  und  fand,  dass  beim 
ferdftuungagejiunden  Hunde  die  Ausnutzung  der  Nahrung,  berechnet 
ms  der  Menge  des  verlotterten  Ei  weiss  es  und  Fettes  und  der  Menge 
des  durah  den  Koth  ausgeschiedenen,  ganz  unabbäogig  davon  ist, 
ob  das  Thkr  sich  während  der  Verdauung  in  Ruhe  befindet  oder 
etce  sehr  energische  Arbeit  leistet. 

Deber  die  Barmverdaoung  am  Mensclieii  berichten  Mac- 
fmdjmn^  Nencki  und  Sieber  (Archiv  f.  exper.  PathoL  Bd.  28, 
&  3U>,  An  einer  d^jährigen,  40  kg  schweren  Frau  war  wegen 
«^geklemmter  Hernie  ein  Stück  des  in  das  Oocum  eiomüDdenden 
Andes  vom  Ueum  excidirt,  und  ein  Anus  praeternaturalis  angelegt 
word^j).  Nachdem  sich  nach  Verheilung  der  Wunde  eine  Fistel  ge- 
bildoe  hatte,  sammelte  man  bei  bestimmter  Diät,  die  aus  Brod,  Fleisch^ 
QrieBlirei,  Pepton,  Zucker,  Eiern,  Milch  und  Bouillon  bestand,  den 
Msfliesseilden ,  stets  sauer  reagirenden  Chymas,  der  pro  Tag  etwa 
660  g  betrug  und  4,9 ^f;^  feste  Stoffe  enthielt.  Es  fanden  sich  in  ihm 
gmlmibareB  Eiweiss,  Mucin,  Peptone^  Dextrin,  Zucker,  verschiedene 
Mileb*  und  Fettsäuren^  hauptsächlich  Essigsäure^  Oallensäuren  und 
Bütmbifi)  das  sich  an  der  Luft  zu  Biliverdin  oxydirte.  Niemals 
bodeo  sich  dagegen  die  Zersetzungs-  oder  Fäulüissproducte  der  Ei- 
^rpe^  (Indol,  Scatol,  Leucin,  Tyrosio),  die  sich  also  er&t  im 

idarm  unter  EinwirkuDg  von  Fäulnissbacterien  bilden,  während 
10  Dtoodarm  auch  unter  Einwirkung  von  Bacterien  die  Kohlen- 
kjdimte  sich  versetzen  und  Milch-  und  Fettsäuren  erzeugen^  welche 
feradexo  die  Fauhiiss  der  Eiweisskörper  verhindern.  Im  üebrigen 
wurdeo  etwa  *^l^  das  als  Nahrung  eingeführten  Eiweisses  verdaut,  das 
leiste  Siebentel  wird  also  sonst  wohl  noch  vom  Dickdarm  resorbirt. 
ich  vertreten  Verff.  die  Anschauung^  dass  die  im  Darm  be* 


54 


ürützner. 


findlicben  Bacterien  keineswegs  zur  Verdauung  nöthig  seien,  sondern 
die  für  den  Körper  verwerthbareo  Stoffe  in  werthlose,  zum  TJieil 
scbädlicbe  und  für  den  Dann  lästige  Producte  nmwandeln. 

Schuf  (Arcli.  de  pbysiol  Bd.  4,  S.  703)  macht  an  Hunden  mit 
tief  sitzender  Magen fiatel,  deren  Pankreas  durch  ausgiebige  Paraflin- 
injection  in  den  Auelührungsgang  verödet  war,  interessante  V^r- 
dauungsversucbe,  indem  er  die  in  Säcke  von  thierisclier  Membran 
eingeschlossene  Nahrung  in  den  Dünndarm  der  openrten  Thiere  ein- 
schiebt und  nach  einiger  Zeit  auf  den  Orad  ihrer  Verdauung  unter- 
sucht. Trotzdem  der  die  Nahrung  eiuschliessende  Sack  nicht  ver- 
daut wird,  falls  er  nicht  in  den  Magen  kommt,  verschwinden  au£ 
ihm  doch  Eiweias,  Fett  und  Küblehydrate  ^  die^  wie  Schiff  meint 
durcb  den  in  den  Sack  auf  osmotischem  Wege  eintretenden  Darm 
saft  in   ähnlicher  Weise   aufgelöst  werden,   wie   vom  Pankreasönft 

Interessante  Mittbeilungeo  über  das  Glykogen  in  den  Qewebei 
macht  Fränkel  (Pfliiger^ä  Archiv  Bd.  52,  S.  125).  Er  empfiehl 
für  die  einfache  und  bö*[ueme  Darstellung  desselbeu  eine  2— 4% ige 
wässerige  Trioblor essigsaure  (250  ccm  auf  100  g  Substanz)  und  findet 
dass  wenn  glykogenbaltige  Leber  frisch  oder  nach  vorheriger  Ei 
härtung  in  Alkohol  mit  Wasser  oder  physiologisch  er  Kochsalzlösun 
extrahirt  wird,  sie  fast  kein  Glykogen  abgibt ^  dieses  aber  sofoi 
thul,  wenn  man  verschiedene  Eiweiss  fällende  Mittel  wie  Kochei 
Sublimat,  Küliumtiuecksilber Jodid  u.  a.  f,  anwendet,  Wahrscheinlic 
ist  alöo  das  Glykogen  in  irgend  einer  Art  ao  das  Eiweiss  der  Zelle 
fixiit  oder  existirt  ähnlich  wie  die  Fermente  in  einer  Vorstufe  in  de 
Leberzellen  und  wird  durch  die  genannten  Stoffe  erst  in  eigentlichi 
Glykogen  umgewandelt. 

Durch  neue  Versuche  von  Wertbeimer  (Arch,  de  physic 
Bd.  4j  S.  724)  wird  die  zuerst  von  Schiff  aufgestellte  Behauptuu 
dass  die  Leber  im  Blute  kreisende  Galleufarbötoffe  unmittelbi 
durch  die  Galle  tuv  Ausscheidung  bringt,  von  Neuem  erhärtet,  inde 
ein  bestimmter  io  der  Rindergalle  spectroskopisch  nacbweisbar 
Gallen farbstoff  (Cholobamatin)  thatsäcblicb  in  die  Hundegalle  übe 
geht,  wenn  man  Rindergalle  den  Hunden  einverleibt. 


Ueber  Magen-  und  Darmbewegung  und  deren  Abhängigb 
vom  Nervensystem  bemerken  wir^  dass  Jacobj  (Archiv  f.  exp- 
Pathol  u.  ».  w.  Hd.  29,  S.  171)  an  hungernden,  nicht  narkotisirt 
Kaninchen,    die  in   körperwarmes   physiologisches  Wasser  getauc 


Physiologie, 


55 


i^erden,  eioan  völlig  rahigen  Darm  vorüodet,  der  auch  bei  Vagus- 
reizung  in  seiner  Rtihe  verbleibt,  aber  darcb  diese  Reizuug  in  Be- 
wegung geräth|  wenn  vorher  der  SplanchnicuB  durchschnitten  iat. 
Aehnlich  wirkt  auch  (wohl  auf  nervösem  Wege)  die  Entfernung  der 
NebenniereUi  nur  dass  bei  Durchs  ebne  iduug  des  Splanchnicus  sich  die 
Därme  röthen,  bei  Entfernung  der  Nebennieren  dies  aber  nicht  thun. 
Auch  Oser  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd,  20,  S.  285)  zeigt ^  wie  bei 
Bewegung  des  Pylorus  Vagus  und  SplanchDicus  in  einem  ge- 
wissen antagoniötischen  Verhäitnias  stehen,  indem  in  der  Regel 
Vagusreizung  den  Fylorus  schliesst,  Splanchnicusreizung  ihn  erweitert 
oder  eröffnet. 


Wie  früher  (s.  Jahrb.  1890)  mitgetheilt,  wird  Morphium,  welches 
man  dem  Organismus  subcutan  einverleibt,  durch  die  Magen- 
schleimhaut ausgeschieden,  und  kann  durch  Erbrechen  oder 
Ausspülung  des  Mngens  grossen theils  aus  dem  Körper  entfernt,  eine 
sonst  eingetretene  Vergiftung  hiermit  verhindert  werden.  Alt 
(Münchener  med*  Wochenschr.  1892,  Nr.  41),  der  diese  interessant« 
Thataache  fand,  erweitert  sie  nun  dahin ^  dasa  auch  andere  Gifte, 
sog.  Toxalbumine,  namentlich  das  Gift  unserer  Kreuzotter 
(sowie  der  Puflfotter)  in  gleicher  Weise  aus  dem  Körper  geschafft 
werden  können.  Lässt  man  eine  Schlange,  die  längere  Zeit  nicht 
gebissen^  in  einen  Schwamm  beissen  und  injicirt  diesen  Geifer  sub- 
cutan einem  Hunde,  so  treten  je  nach  der  Menge  des  injicirten 
Giftes  mehr  oder  wem*ger  heftige  Vergiftungserscheinungen,  die  im 
Wesentlichen  in  Apathie  und  Lähmung  der  hinteren  Extremitäten 
bestehen,  bessw.  der  Tod  ein.  Bringt  man  nun  einem  Thier  mehr 
als  die  tödtiiche  Gabe  bei,  spült  aber  unmittelbar  nach  der  Vergif- 
tung eine  Stunde  lang  seinen  Magen  aus,  so  sind  die  Vergiftungs- 
.  Symptome  ausserordentlich  geringfügig,  das  Thter  ist  nach  kurzer 
Zeit  wieder  ganz  gesund.  Dass  thatsächlich  von  der  Magen  seh  leim* 
haut  das  Gift  ausgeschieden  wird^  davon  überzeugte  sich  Alt,  indem 
er  68  aus  dem  Erbrochenen  bezw.  Ausgepumpten  darstellen  konnte. 
Hieraus  ergibt  sich  die  wichtige  Nutzanwendung^  dass  man  einem 
von  einer  Schlange  gebissenen  Menschen  sofort  und  ausgiebig  den 
Magen  ausspülen  muss,  um  womöglich  das  Gift  aus  seinem  Körper 
zu  entfernen.  Es  scheint  mir  aber  weiter  noch  des  Versuches  werth, 
auch  bei  anderen  Krankheiten,  bei  denen  man  eine  Vergiftung  mit 
Toxalbuminen  wie  bei  der  Cholera,  Diphtherie  u.  8.  w.  annimmt,  auf 
diese  jedenfalls  unschädliche  Weise  die  Gifte  aus  dem  Körper  zu 
beseitigen . 


56 


Grötzner, 


V,  ReiiorptiOD, 

Ueber  die  Schnelligkeit,  mit  welcber  der  menöc bliche  Maßt- 
d  arm  Sakfösungen  resorhirt,  stellt  0  1  s  c  h  a  o  e  t  z  k  y  (Deutgcheg 
Archiv  t  klin.  Med.  Bd.  48,  S,  619)  Versuche  an  und  ündet,  dass 
nach  Injection  von  einer  etwa  ^'^^'o^S^^  Jodkalilösung  die  erstei] 
Jodreactionen  im  Speichel  durchschnittlich  nach  7,5 ,  im  Harn  nacb 
12 Minuten  erschienen*  Verwendete  man  nahezu  körperwarme  Lösungen, 
80  gingen  diese  Zeiten  herab  bezüglich  auf  5  und  9^5  Minuten.  Auch 
war  das  Jod  innerhalb  kürzerer  Zeit  ganz  aus  dem  Körper  entfernt 
wenn  die  Lößungen  warm  injicirt  wurden,  nämlich  nach  44,  24,  20  unü 
10  Stunden  bei  Anwendung  von  Lösungen,  welche  bezüglich  erwarml 
waren  auf  25,  36,  40^  45 ö.  Je  wärmer  alao  die  Lösung,  um  s< 
Kchneller  wird  sie  resorbirt  und  eliminirt.  Lösungen  von  gewöhn, 
lieh  er  Stnbentemperatur  brauchten  etwa  47  Stunden,  um  vollstfindif 
den  Körper  zu  verlassen.  Im  Wesentlichen  gleich  verhielten  sicI 
Lösungen  von  Bromkali  nnd  Lithium  carbonicum,  so  daas  also  di( 
genannten  S  alz  löaut  igen  von  der  Mastdarmscb  leim  haut  mindesten! 
ebenso  rasch  resorbirt  werden,  wie  vom  Magen  auh% 

Die  interessanten  Unter öuchungon  Bunge^s  (a.  Jahrb.  1892 
über  die  Hesorption  des  Eisen*»,  nach  denen  nur  das  in  orga 
nischer  Form  dem  Körper  zngefiihrte  Eisen  für  ihn  eine  ßedeutuni 
habe  und  resorbirbar  sei,  werden  von  demselben  Forscher  (Zeitschr 
f.  physiol.  Chemie  Bd.  16,  S.  173)  auch  auf  die  Aufnahme  des  Eisen 
in  den  Organismus  des  Säuglings  aus^gedebnt.  Bunge  hatt 
froher  die  wichtige  Thatsache  festgestellt,  dass  die  Aschen  bestand 
theile  irgend  einer  Milch  ganz  dieselben  sind,  wie  die  Aschen 
beetandtheile  dea  Süuglings,  der  von  ihr  lebt.  Diese  eratBunlic! 
zweckmässige  Einrichtung,  welche  zur  Folge  hat,  dasa  eben  gena 
dasjenige  gegeben  wird j  was  nothwendig  ist,  nicht  mehr  und  nich 
weniger^  erleidet  eine  scheinbare  Ausnahme,  wenn  man  den  Eisen 
gehalt  des  Säuglings  und  der  Milch  mit  einander  vergleicht.  De 
Sauglingökörper  ist  niimlich,  so  lange  er  von  der  Milch  lebt,  verhältöiBH 
massig  reich  an  Eisen,  die  Milch  dagegen  daran  arm.  Junge  Kaninche 
nehmen  daher  fortwährend  an  Eisen  ab^  so  lange  sie  saugen,  un^ 
enthalten  erst  wieder  mehr  davon,  wenn  sie  eisenhaltiges  Grünfutte 
verzehren.  Der  Organismus  dieser  Thiere  hat  also  einen  aUMreicher 
den  Vorrath  von  Eisen  von  seiner  Geburt  an  mitbekommen^  vo 
dem  er  die  erste  Zeit  zehrt.  Meerschweinchen,  die  neben  der  Muttei 
milch  schon  vom  ersten  Tage  der  Geburt  Grünfutter  zu  sich  nebmei 


Physiologie. 


57 


wd^en  jene  YerhältDisse  nicht.     Ibr  Eisengehalt  ist  Lei  der  Geburt 
ein  Terhähuissnülssig  sehr  geringer. 

Greenwood  (Journal  of  phyaiol.  Bd.  13,  S.  B29)  spricht  die 
amtbinig  aus^  dass  die  CilieTi,  welche  die  Darmepithelzellen 
dea  Regenwurms  bekleiden,  activ  sich  bewegen  und  selbst  feste 
Pmrtiktsloben  der  Nahrung  in  ihren  Leib  ayfnehmenj  wie  Äehnliches 
mach  an  dem  Härchen bes atz  der  Darmepithelzellen  höherer  Tbiere 
koptet  worden  ist. 

VI.  StolFWeefasel  and  tliierisebe  Wärme. 

Pflttger  (sein  Archiv  Bd.  52,  S.  1  u.  S»  239)  setzt  die  irüberen 
(Jtlirb.    1892)    gegen    die    Voi tische   Schule    gerichteten    Versuche 
■weiter  fort.     Da  die  ganze  Frage  sich  uoch  im  Fluss  befindet,  und 
▼CO  gagneriscber  Seite  noch  keine  Antwort  erfolgt    ist,    so    ist   es 
eehwer,  hier  irgend  eine  Uebersicht  aus  der  grossen  Fülle  von  Einzel- 
ilen  zu  geben,  auf  denen  ja  naturgemäss  die  theoretischen  Scbluss- 
^fUgemogeo  aufgebaut  werden  müssen.     Wir  beben   daher  hier  nur 
kurz  Folgendes  hervor.     Zunächst  den  wohl  von   keiner  Seite  ange- 
fochtenen Satz:   Als  oberste  Bediugung  aller  Mast,   d.  h.  einer  Ab- 
bgenmg  von  Fett  oder  Eiweiss,  ist  festzuhalten,  dase  dem  thierischen 
Körper  mehr  Nahrung  zugeführt  wird,   als  er  zu   zersetzen  vermag 
end  tum  Lebensunterhalt  durchaus  nothweudig  braucht   Magen  und 
>  Darm  sind  befähigt,  oft  doppelt  eo  viel  und  mehr  zu  verdauen  und  dem 
Binte  zuzuführen,  als  dem  Bedürfniss  gemäss  wäre.    Der  Nahruugs- 
AberscbuBs  wird  aufgespart   und  bildet  die  Mast.     Pflüge  r    theilt 
iDe  Nalirang  in  zwei  Arten  ein,  1)  in  die  Nahrung  erster  Ordnung^ 
Drnmbrung,    zu    welcher   die  Eiweissstoffe    gehören^    2)  in  die 
Nahrung    zweiter    Ordnung,    Ersatznahrung,    zu    welcher    Fett, 
Kohlehydrate  und  andere  im  Körper  verbrennende  Stoffe  zählen. 
£a  ist  für  ihn  sicher,  dass  ein  höheres  Thier,  wenn  nicht  im  strengsten 
Sinne,   so  doch   nahezu  ausschliesslich  mit  Eiweissnabrung  erbalten 
werden  ki^no,  während,  was  ja  allgemeiu  bekannt,  die  auaschliessliche 
Znfblur  von  Nahrungsstoffen  zweiter  Ordnung  niemals  das  Leben  zu 
«iiallen  vt^rmag.     Ein  nur  mit  Fett   und  Kohlehydraten  gefütterter 
Hund  setzt  von  sisinem  eigenen  Fleische  zu.    Dagegen  hatPflüger's 
grosser  Hund  durch  etwa  acht  Monate  fast  nur  von  Ei  weiss  gelebt 
Qsd  blieb   dauernd   zu   jeder  Leistung    befähigt,    was    in    ähnlicher 
Wti*e   ja    auch    schon    früher    bekannt    war,    nur    dass    Pflüger 
di0  Beweiskraft    dieser    früheren    Behauptung    bestreitet,    weil    das 
deo  Fletsch  vorhaF;dene  Fett  und  Kohlehydrat  nicht  ausreichend 


58 


Gnltzner* 


iu  ßeröcbuung  gezogen  worden  sei.     Die  kleinste  Menge  magerstei 
Flöiachea,  welche  StiekstofFgleicbgewicht  erzeugt^   ohne  dasa  neben 
bei  Fett  oder  Kohlehydrat  zur  Zereetzung  gelangt,  nennt  Pflügei 
das    »^Nabrungsbed  ürf  nisb^    und    findet     es,     wenn    sich    de: 
Huöd    in    mittlerer    Temperatur   ruKig   verhält,    für    1  kg    Fleisch 
gewicht  des  Thieres  zu  2,07B  g  Stickstoff'  des  gefütterteo  Fleisches 
Das  Nabrungabedürfniss  wacbät  mit   dem  Fieiscb-,    nicht    mit    deu 
Fettgebalt   des    Thieres^    so    dass    ein    durch    Fett    scbweres   Tbie 
scbeinbar  ein  germgerea  Nabrungabedürfniss  hat»     Eine  FJeiscbmas 
ist   hierbei    nur    möglich,    wenn    die   Eiweisszufuhr   das  Bedürfnis 
überscbreitot.    Das  überücliü&sige  Eiweies  wird  aber  nicht  wie  über 
echüssige  stickstofffreie  Nahrang  aufgespeichert,  sondern  zum  gröastei 
Tbeil    zersetzt.     Bei    gemischtem  Mastfutter   kann   Fleischmast    mi 
erzielt  werden,    wenn    die    Zufuhr    des    Eiweisses    die    uneotbehi 
liebe  Menge  übertrifft*     In  diesem  Falle   wird    aber    im  Mittel  ou 
7 — 9  0j'^,    im   höchsten  Falle    etwa  16  Oi,^   des   gefütterten  Eiweiase 
durch  die  im  Ueberscbusd   gereichten   stickstofffreien  Nährstoffe  g( 
spart.    Wili  man  dagegen  (hei  einem  Hunde)  durch  gemischte  Nal 
rung  eine  Fettmaat  erzielen  unter  der  Bedingung,  dass  das  gereicht 
Ei  weiss  nicht  allein  schon  zur  Befriedigung  des  Bedürfnisses  zu  vU 
ist,  80  kann  man  die  stickstofffreie  Nahrung  beliebig  steigern,  obn 
dadurch  eine  Steigerung  des  Stoffwechsels  hervorzubringen.  Je  gross« 
diese   Steigerung  der  Zufuhr    an    stickstofffreier  Nahrung    gemacl 
werden  kann^  ohne  Gefährdung  der  Gesundheit  des  Thieres,  um  e 
vortheiihafter  ist  die  Mästung;  denn  die  ganze  iiberscbüssige  Mass 
wird  ohne  Abzug  in  Fett  umgewandelt  und  als  Fett  abgelagert»   Ab 
möglichst  wenig  Eiweiss   und  möglichst  viel  Stärke  dürfte  die  vo 
theilhafteste  Kost  sein,    wenn  es  sich  um  Erzeugung  von  möglich 
viel  Fett  handelt.     Hierbei  kann  es  sich  ereignen,   dass,  wenn  mf 
verbal tnissm&ssig    wenig   Eiweiss    reicht,    und   für    dieses   febient 
EiweiöS  stickstofffreie  Stoffe,    wie  oben   erwähnt,    zersetzt   und   d 
überschüssigen  als  Fett  angesetzt  werden,   dann   bei  Erhöhung  d' 
Fleischration  ein  Fettansatz  ei  folgt.    Dies  kommt  daher,  weil  dies 
mehr  zugefüj^te  Eiweiss  sofort  einen  Tbeil  des  Nabrungsbedürfniss 
befriedigt,    welches  bis  dahio   durch  stickstofffreie  Stoffe  befriedi 
wurde.     Diese  werden  deshalb  entbehrlich  und  lagern  sich  als  F( 
ab,  aber  nicht  deshalb,  weil  sich  —  wie  man  eben  früher  glaubte 
aus  Eiweiss  Fett  gebildet  hat,   sondern   weil   es  fettbildende  Stoi 
ersparte. 

Eine   zweite  umtkngFeicbe  Arbeit  Pflüger's   handelt  über  d 
Bedeutung   der    Kohlehydrate    bei    der   Ernährung.     Da 


Physiologie, 


5i> 


\  dieten  Stoffen  sich  Fett  bildet,  ist  wobl  jetzt  aügemeio, 
luiiiLöQtlich  auch  voo  der  Voit'flchea  Schale  anerkannt.  Pflüger 
üt  zum  Theil  zn  denaelbeo  Ergebnissen,  bemangelt  aber  die 
eweisführung  der  Voi tischen  Schute  aU  nicht  ausreichend  und 
gelang  schliesslich  zu  folgenden,  den  älteren  Anschauungen  theil- 
wet»6  widersprechenden  Angich ten.  Mastfett  bildet  gich  bei  ge- 
iBtsebter  Kobt  nur,  wenn  ein  Nabrungafiberschuss  von  Sohlehydraten 
tvrhaiiden  ist,  dagegen  nicht,  wenn  bei  noch  so  grossem  Ueberscboss 
TO»  Eiweissnahrung  nicht  gleichzeitig  Kohlehydrate  gereicht  werden. 
Die  Menge  des  neugebildeten  Fettes  hängt  in  keiner  Weiße  davon 
wie  viel  Ei  weiss  sich  zersetzt,  sondern  wie  gross  der  aus  Kohle- 
bydraten  bestehende  Nahrungsüberschuss  ist.  Selbst  dann  ündet 
loeb  Fiüttmast  aus  Kohlehydraten  statt,  wenn  gar  kein  Eiweiss  ge- 
litort  wird,  utid  der  Stoffwechsel  deshalb  auf  Kosten  eines  Theiles 
Körpereiweisses  mit  unterhalten  wird. 

Lehrreiche  Untersuchungen  über  den  Einfluss  des   Lichtes 
«of  den  Stoffwechsel  uDterninimt  neuerdings  Graffenberger 
(Mftgei'a  Archiv    Bd,  53,   S.  238)    an    Kaninchen    und    findet    ent- 
r^w^cb&od  den   Angaben  von  M  o  1  e  s  c  h  o  1 1  u.  A.   eine  Erhöhung 
dtm  n«piratorischen  Stoffwechsels  unter  dem  Einflüsse   des  Lichtes^ 
»  die  aber  nicht  mit  einer  Erhöhung  des  Gesammtstoffwechsels,  nament- 
^fidi  alao  auch  nicht  mit  einem  grösseren  Stickstoffumsatz  verbunden 
ist,     Wohl   aber    zeigt    sich    bei    einer  -nicht  zu  lauge  andauernden 
'  müeigeo  Dunkelheit  eine  Vermehrung  des  Körpergewichtes,   indem 
ibtt   dem  herabgesetzten   (Jmsatz   der  kohlenetoffhaltigeo  Stofife  sich 
preidüieh  Fett  im  Körper  ablagert.     Allzulange  Dunkelheit   schädigt 
i  Oesundheitszustand  der  Tbiere  und  lässt  wohl  deshalb  den  Fett- 
au  wieder  etwas  zurückgehen.   Weiter  ändert  sieb  die  Beschaffen- 
des Blutes,  indem  zunächst  eine  Verminderung  des  Hämoglobins 
'md  später  eine  scheinbare  (nur  relative)  Vermehrung  desselben  ein- 
triU^  weil  höchst  wahrscheinlich  die  gesammte  Blutmenge  abnimmt. 
I  Hiermit  ist  die  dem  Thierzüchter  bekannte  Erscheinung  experimentell 
rl»tet&tigt|    dass  Mästung  von  Thieren   sich    viel    besser  in  dunklen, 
ali  in  beUen  Ställen  ausfuhren  läset. 

Der  infolge  totaler  Pankreasexstirpation  eintretende  Diabetes, 

an  dem  die  operirten  Thiere  (Hunde)  unter  starker  Abmagerung  zu 

Ornnde  gehen ^    wird   von   Minkowski    (Berl.  klin.  Wochenschr. 

ri89^,  Nr.  5)  weiter  verfolgt.   Er  fand,  dass  die  Operation  den  gleichen 

folg  hatte  bei   einer  Katze   und  einem  iSchwein ;    bei  Vögeln  und 

beo  blieb  häufig  der  Eifolg  aus,  während  AI  dehoff  (Zt^itschr. 


bo 


ÜTÜtEner. 


f*  Biolog,  Bd.  28,  S.  293)  ihn  außh  bei  Fröschen  and  Schil<3krötei 
regelmässig,  wenn  auch  mitunter  etwas  spät,  eintreten  8ah.  Trans 
plantirte  Minkowski  Pankreasstucke  ausserhalb  der  Bauchhöhle 
HO  hatte  die  Entfernung  der  i  ü  der  Bauchhöhle  befindlichen  Pankreas 
antheile  keinen  Diabetes  zur  Folge,  wohl  aber  stellte  sich  ein  Diabetet 
schwerster  Form  ein,  wenn  er  die  unter  der  Haut  eingebeilten  Stückr 
nachträglich  entfernte.  Dies  weist  also,  wie  namentlich  von  öcbif 
und  von  französischen  Forschern  betont  worden  ist,  darauf  hin,  dasi 
öine  derartige  Einpflanzung  von  Drüsenstücken,  wenn  sie  nur  ebei 
einheilen  und  nicht  nekrotisiren ,  den  verderblichen  Folgen  der  Ex 
atirpation  der  Drüse  ent  liegen  wirkt.  Auch  versteht  man,  wie  Injectioi 
von  Drüseesaft  wenigätena  für  einige  Zeit  ähnlich  wirken  kann 
wovon  ich  bei  Injection  von  Scbilddrösensaft  einen  Fall  gesehen  zt 
haben  glaube.  Die  Analogie  dieser  beiden  Drüsen  für  den  Stoö 
Wechsel  —  davon  natürlich  abgesehen,  dass  das  Pankreas  auch  nocl 
ein  ungemein  mchtiges  Verdauungssecrefc  liefert  —  ist  in  der  Tha 
eine  ausserordentlich  gross e.  Ja  es  wird  vieUeicht  jede  Drüe 
—  von  Leber  und  Pankreas  wissen  wir  davon  schon  mancherlei  - 
ausser  ihrem  Beeret,  das  sie  durch  den  Ausführangsgang  entfern^ 
auch  noch  Stoffe  ans  Blut  abgeben  oder  aus  ihm  beseitigen,  di 
eben  für  den  öeaammtötoffwechsel  nothwendig  oder  schädlich  sine 
Jede  eigentliche  Drüse  ist  nebenher  auch  noch  eine  sog.  „Blu^ 
getllssdrüse"* 

üeber  die  Gljkogenbildung  nach  Aufnahme  verschi< 
dener  Zackerarten  theilt  Voit  (Zeitscbr.  f.  Biolog.  Bd.  28,  8.24? 
eine  grosse  Reihe  eingehender  Versuche  mit.  Wie  allgemein  ai 
genommen^  wird  Glykogen  in  der  Leber  abgelagert  1)  beim  Eiweisi 
aerfall,  indem  ein  stickstofffreier  Rest  sich  zu  Glykogen  aufban 
2)  direct  gebildet  aus  Kohlehydraten,  z.  ß,  aus  Traubenzucki 
(C^HfiO^),  der  durch  Verlust  von  einem  Molecül  Wasser  in  Glykoge 
(C^H^jO^)  übergeht,  wie  die  Stärke  in  den  Pflanzenzellen  aus  den 
selben  oder  ähnlichem  Zucker.  Die  Kohlehydrate  vermehren  ah 
den  Gljkogengehalt  der  Leber  einmal,  indem  sie  selbst  zu  Glykogc 
werden,  das  andere  Mal,  indem  ^ie  als  sehr  leicht  verbrenn  lieh  äi 
aus  Eiweiss  entstandene  Glykogen  vor  Zersetzung  .schützen,  ünte 
sucht  man  nun  die  verschiedenen  Zuckerarten  darauf  hin,  ob  s 
mehr  nach  der  einen  oder  nach  der  anderen  Richtung  wirken,  inde 
man  sie  hungernden  Thieren  am  besten  durch  den  Mund  einverleil 
so  zeigt  sich,  dass  zunächst  Traubenzucker  unmittelbar  sieh 
Glykogen  umsetzt;  denn  das  in  der  betreffenden  Zeit  zersetzte  I 
weiss   deckt  z.  B,  noch   lange   nicht  die  Hälfte  des  gebildeten  Gl 


Physiologie. 


61 


kogeuö*  Aehnlich  verhält  sich  der  Rohrzucker,  die  Laevulose 
und  dieMaltoBe^  iadem  sie  theils  ab  solche^  theiU  oach  vorheriger 
Umwandlung  io  Traubenzacker  zu  Glykogen  aufgebaut  werden, 
ÖalaktoBB  und  Milchzucker  oehmen  dagegen  eine  AuiiDatime- 
atellung  ein,  indem  nach  ihrer  Einführung  nur  ao  wenig  Glykogen 
in  der  Leber  angehäuft  wird,  dass  es  reichlich  durch  den  gleioh- 
Äeitigen  Ei  weiss  zerfall  gedeckt  sein  kann. 

Beachtenswerth  ist  das  Verhalten  einiger  Zuckerarten  ^  die  den 
Namen  Pentoaen  führen ^  wie  Xylose  und  Arabinose,  welche  nach 
UntereuchuDgen  von  Ebstein  (Centralbl.  f,  d,  med.  Wissensch.  und 
Virchow's  Archiv  Bd,  129,  1892,  S.  401)  von  gesunden  Leuten  im 
Harn  ausgeschieden  werden ,  welcher  dann  die  bekannten  Zucker- 
reactionen  gibt. 

Interessant  ist  eine  Angabe  von  Gr6haut  und  Joljet  (Oompt. 
rend*  da  la  soc.  de  biol*  1891 ,  8.  687),  nach  welcher  das  elektrische 
Organ  der  Zitterrochen  bei  seiner  Thätigkeit  Harnstoff  pro- 
dacirt,  sich  also,  falls  man  den  Vergleich  eben  aufrecht  erhalten 
kann,  ganz  anders  wie  der  tbätige  Muskel  verhält,  der  dabei  unter 
normalen  VerhäUnissen  nur  stickstofffreies  Zersetzungsmaterial  liefert. 

Nach  Versuchen  von  Miura  (Zaitschr.  f.  klin.Med.  Bd.  20,  S.  137) 
soll  Alkohol  entgegen  irüheren  Angaben  (s.  Jahrb.  1892)  in  keiner 
Weise,  äbnUoh  wie  die  Kohlehydrate  dies  thun,  Eiweiss  ersparend 
wirken;  nur  hei  sehr  fettreichen  Personen,  die  luhig  im  Bette  liegen, 
oder  überhaupt  bei  reichlichem  Fettan^satz  kann,  wenn  zu  gleicher 
Zeit  viel  Eiweiss  gereicht  wird,  eine  derartige  Wirkung  vorgetäuscht 
werden. 

Der  allbeliebte  Kaffee  wird  durch  Stoffwechsel  versuche  von 
Heer  lein  (Pflüger^s  Archiv  Bd.  52,  S.  165)  als  das  hingestellt,  was 
er  in  Wirklichkeit  ist,  indem  er  aus  der  Keihe  der  directen  wie  der 
indireoten  NahruDgsmittel  gestrichen,  und  seine  Wirkung  einzig  und 
alleio  auf  die  Eiregung  des  Nervensystems  beschränkt  wird. 

Eine  mittheilenswerthe  neue  Beobachtungsmethode  ist  die  sog. 
Thermopalpation,  welche  kürzlich  von  Benczür  und  J6ni8 
(Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd,  48,  8,  B78)  eingeführt  wurde. 
Sie  besteht  darin,  den  Kdrper  des  Betreffenden  abzutasten  und  die 
in  der  Haut  herrschenden  Temperaturen  festsustellen,  sei  es  einfach 
mit  dem  Finger,  sei  es  mit  feineren  Apparaten.  Die  Forscher  geben 
an,  dass  im  Allgemeinen  diejenigen  Körper gegenden,  welche  bei  der 


B2 


Grittzner» 


Perctissioo  vollen  Schall  geben,  aldo  diejenigeo,  welcbe  lufthaltige 
Gewebe  anter  aich  habeD,  sich  wärmer  anfühlen ,  als  die  mit  ge- 
dämpftem Schau,  die  also  weniger  lufthaltige  oder  lufrleere  Organe 
unter  sich  haben*  Genaue  thermoinetrische  Messungen  bestätigten 
diese  subjectiven  Angaben,  die  am  deutlichsten  beobachtet  werden 
könneD,  wenn  die  Haut  nach  Ablegung  der  Kleider  sich  abküblt. 
Die  Temperatur  der  Haut  ist  also  hiernach  nicht  allein  und  nicht 
wesentlich  von  ihrer  eigenen  BlaJfüUe  abhängig,  sondern  mehr  von 
der  Blutfülle  der  unter  ihr  liegenden  Organe,  wobei  namentlich  äiB 
Blutgeachwindigkelt,  d.  h.  die  in  der  Zeiteinheit  das  Organ  und  ins- 
besondere die  der  Haut  anliegenden  Schichten  durchsetzende  Blnt- 
menge  von  Bedeutung  ist.  Hiemach  müsste  die  Lunge  mit  ihrer 
ausserordentlich  grossen  Blutgeschwindigkeit  und  der  grossen  Fläche 
ihrer  Capi Haren  die  über  ihr  liegende  Haut  am  meisten  heizen,  die 
Leber  dagegen  mit  ihrem  zwar  ebenfalls  reichen  Gapillarnetz,  in 
welchem  das  Blut  aber  viel  langsamer  strömt,  viel  weniger«  That- 
sächlich  ist  dies  der  Fall  G-egen  diese  theoretischen  Deductionen 
ist  wohl  nichts  ©inzuwenden;  es  fragt  sich  nur,  ob  sie  sich 
practiöch  immer  bewähren  und  verwenden  lassen,  was  Hellner 
(ebenda  S.  597)  bezweifelt. 


ViL  flarii  an«!  Harnbild ting.    Schweig», 

Dass  auch  unter  normalen  Yerhältnissen,  d.  h.  bei  gesunden 
Leuten  der  Harn  vorübergehend  Ei  weiss  enthalten  köone,  wird 
vielfach  angenommen  und  neuerdings  wieder  von  Finot  und  Capitan 
(Comptt  rend,  de  la  soc.  de  biol,  1892,  S,  133  und  144)  an  einer 
grossen  Menge  junger  gesunder  Leute  nachgewiesen.  Am  häufigsten 
fand  sich  Eiweiss  im  Harn  nach  angestrengten  Muskelübtingen  (wie 
Reiten  und  Fechteu)  und  regelmässig,  was  mir  jedenfalls  beachtens' 
werth  erschtiint,  nach  kalten  Bädern, 

Wenn  man  desttlHrtes  Wasser  und  Kochsalsldsungen  gefrieren 
l&sst,  80  wird  man  finden,  dass  die  Salzlösungen  um  so  später  ge 
frieren,  d.  h.  also  um  so  stärkere  Kältegrade  zu  ihrer  Erstarrung 
bedürfen,  je  concentrirter  sie  sind,  und  zwar  zeigt  sich,  dass  mi 
jedem  Molecül  Kochsalz  mehr,  welches  man  in  der  Gewichts-  ode: 
Yolumeneinheit  WasBer  auflöst,  der  Gefrierpunkt  der  Lösung  un 
ein  Bestimmtes  herabgesetzt  wird.  Diese  Erniedrigung  des  Gefrier 
punktes  einer  Salzlösung  hat  man  andererseits  geradezu  zur  Be 
Stimmung  der  Menge  der  in  ihr  gelösten  Molecüle,  also  zur  Best  im 
mang   des    Moleculargewichtes    des    gelösten    Körpers    angewendel 


Physiologie 


G3 


Diejenigen  Lösungen  nun,  welche  gleichen  GefritTpunkt  haben 
(nebenbei  bemerkt  enthalten  öie  auch  die  gleiche  Zahl  von  Molecülen), 
behalten  ihren  Wasaergehaltp  mögen  Bie  sonst  zusammengesetzt  sein, 
wie  sie  wollen ;  die  Wanderung  des  Wassers  erfolgt  aber  um  so 
energischer,  je  grösser  die  Differenz  ihrer  Gefrierpunkte  ist.  Bestimmt 
man  daher  z.  B.  den  Gefrierpunkt  des  Blutes  und  denjenigen  des 
Harneö,  so  würden  also  gar  keine  DiffuBlongprooesse  zwischen  diesen 
beiden  Flüssigkeiten  vor  sich  gehen  können^  wenn  sie  den  gleichen 
Gefrierpunkt  besässen.  Das  haben  sie  nun  aber  nicht,  sondern,  wie 
Dreser  (Arch.  f.  exp.  Path,  u.  s.  w,  Bd.  29,  S.  303)  zeigt,  gefriert 
der  concentrirte  menschliche  Morgeuharn  bei  — 2,3^  C,  das  menschliclie 
Blut  bei  — 0j56c  G,  Damit  nun  diese  beiden  Flüssigkeiten,  nur  durch 
ausserordentlich  «arte  Wiinde  von  einander  getrennt,  als  solche  sich 
bilden^  bezw;  bestehen  können,  muss  die  Nierenzelle  gegen  die  öon&jt 
unweigerlich  eintretende  Diffusion  arbeiten,  und  zwar  um  so  mehr, 
je  verschiedener  in  ihrem  Salzgehalt  oder  in  ihrem  Gefrierpunkt  dio 
genannten  beiden  FlCissigkeiten  sind.  DreBer  berechnet  nun  diese 
nicht  unbeträchtliche  Arbeit  auf  Grund  der  Grösse  des  osmotischen 
Drucke»,  wie  er  eben  in  derartigen  Fällen  direct  gefunden  wurde. 
Andererseits  kann  aber  auch  der  Harn  diluirter  als  das  Blut  sein, 
indem  er,  wie  nach  reichlichem  Wasser-  oder  Biergenuss  (beim 
Menschen)  oder  Injection  starker  Kochsalzlösung  ins  Blut  (beiTbteren), 
schon  bei  -^,16öC.  gefriert,  während  das  Blut,  wie  oben  erwähnt, 
erst  bei  — 0,56*^  C.  erstarrt.  Hier  müssen  die  Nieren  wiedt^rum  Arbeit 
geleistet  haben,  wenn  auch  in  entgegengesetztem  Sinne  wie  vorher. 
Diese  Arbeit  wird  ebenfalls  ausgewerthet  und  ist  auch  recht  be- 
trächtlich, 

üeber  die  Thätigkeit  der  überlebenden  Nieren,  durch 
deren  GefÖsse  vermittels  eines  sinnreichen,  von  Jacobj  conetruirten 
Apparates  Blut  getrieben  wird,  arbeitete  der  Genannte  mit  v,  Sobie- 
canski  (Archiv  f,  exp.  Pathol.  u*  a.  w.  Bd,  29,  S.  25J.  Sie  linden, 
dass,  wie  früher  Andere,  namentlich  I.  Munk  festgestellt  hatten, 
derartige  aus  dem  Körper  entfernte  und  durchblutete  Nieren  noch 
gecerniren.  Die  abgesonderte  Flüssigkeit  war  sauer,  hin  und  wieder 
ganz  eiweissfrei  und  hatte  achtmal  mehr  Harnstoff  als  das  Blot.  Ja 
wenn  man  dem  Blute  Indigo  oder  andere  Stoffe  zusetzte,  so  wurden 
diese  in  ganz  ähnlicher  Weise  von  der  Niere  eliminirt,  wie  es  nach 
den  Untersuchungen  Heidenhain^s  die  normalt^  Niere  thut>  Das 
mikroskopische  Bild  einer  derartig  überlebenden  Niere  zeigte  die 
Farbstoffe  in  ganz  ähnlicher  Art  in  den  Drüsenepith eilen  angehäuft, 
wie  ea  eben  die  normale  im  Körper  behndliohe  darbietet.    Allerdings 


B4 


GrüUner, 


—  wie   leicht   begreif  lieb  —  befanden  sich    Deben    diesen    offenbar 
lebenden  Drüsenabschnitten  auch  Bolcbe,  die  abgestorben  waren. 

Dass  durch  die  Nieren  ausserordentlich  viel  niebr  Blut  strömt, 
ais  durch  andere  nahezu  ebenso  grosse  Organe  unseres  Körpers, 
geht  schon  aus  dem  einen  Umstand  hervor,  dasa  sie  mit  ihren  weiten 
zuführenden  und  abfuhren  den  Blutgefässen  so  nahe  dem  Herzen,  also 
an  den  Anfaog  des  arteriellen  und  an  das  Ende  de-;  venösen  Systems 
gesetzt  sind.  Die  Blatmenge  and  der  Druck  unterschied,  das  Gefäll 
des  Blutstroms  muas  also  ausserordentlich  bedeutend  sein^  wie  es  diese 
wichtigen  excretörischen  Apparate  benöthigen,  Landergren  und 
Tigerstedt  (Skandin*  Archiv  für  Fhys,  Bd,  4,  S.  241)  suchen  sich 
nim  durch  unmittelbare  Versuche,  indem  sie  die  Menge  des  in  der 
Zeiteinheit  durch  eine  Niere  strömenden  Blutes  vermittels  einer  von 
Tigerstedt  conetrairten  Stromuhr  messen,  von  der  örösse  dieser 
Blutuienge  zu  überzeugen  und  tindeUj  dass  durch  die  Niere  de« 
hungernden  Thieres,  namentlich  aber  durch  diejenige  des  mit  harn» 
treibenden  Steifen  vergifteten  Thieres  ungehenre  Mengen  Blutes  (im 
Vergleich  zu  anderen  Organen  etwa  zehnmal  so  viel)  in  der  Zeiteinheit 
htndurchgetrieben  werden,  indem  die  Gefilase  der  Niere  sich  dann 
bedeutend  erweitern.  Mit  dieser  reichlichen  Durchblutung  steht  auch 
die  überaus  grosse  Empfindlichkeit  der  Niere  für  Störungen  der  Blut- 
zufuhr  im  Zusammenhang,  Es  gibt  kaum  einen  Theil  des  KörperSf 
auch  das  centrale  Nervensystem  nicht  auigenommen^  der  in  dieaei 
Hinsicht  mit  der  Niere  zu  vergleichen  wäre.  Wenn  man  beiapiels 
weise  durch  Abkiemmung  der  Vorhöfe  den  ganzen  Kreislauf  3 — t 
Minuten  lang  vollständig  sistirt,  so  erhebt  sich  der  Blutdruck  nacl 
Lösung  der  Klemmen  (s.  oben  8,  39)  oft  wieder  sehr  schnell  auf  sein* 
ursprüngliche  Höhe.  Trotz  der  Anämie  des  centralen  Nervensystemi 
hat  sich  also  wenigstens  das  vasomotorische  Centrum  sehr  sehne! 
wieder  erholt.  Bindet  man  aber  eine  Nierenarterie  nur  eine  haJbi 
Minute  lang  zu,  so  stockt  die  Thätigkeit  der  Niere  etwa  ^(j  Stundei 
lang,  wie  derartiges  von  keinem  anderen  Organ  bekannt  ist. 


lieber  die  Reaction  des  menschlichen  Schweisses,  ein 
wie  man  glauben  sollte,  ungemein  einfache  und  leicht  zu  entscheidend 
ThatsachOf  berichtet  ausfiihrlich  Heues  (Monatshefte  für  prac 
Dermatül.  Bd.  14)  und  findet  zunächst,  dass  auch  die  nicht  schwitzend 
normale  menschliche  Haut  eine  bestimmte,  und  zwar  eine  saure  Rf 
action  hat.  Die  gesammte  Hornhaut  zeigt  diese  Reaction  bis  in  di 
Tiefe,  desgleichen  Nägel  und  Haare,  die  Cutis  aber  reagirt  alkaliscl 
Der  Seh  weiss,   von   dem  Luchsinger   behauptete,   er   reagire   vo 


Physiologie, 


65 


Haus  aus  alkalisch  txnd  nehme  nur  durch  Zersetzung  vou  Fetten 
aus  den  TalgdrüseQ  eine  saure  Beaction  an,  wird  von  Heues  in  der 
Buhe,  d.  h.  bei  sehr  langsamer  Secretien  stets  sauer  gefunden;  bei 
gesteigerter  Secretion  jedoch  nimmt ^  wie  auch  Lucbsinger  anga- 
geben,  die  Acidität  immer  mehr  ab  und  kann  nach  Pilocarpingenuas 
sogar  in  Alkalität  umschlagen.  Ausäerdem  ist  die  Reacbion  des 
Schweisses  bei  Gesunden  und  bei  Kranken  ungemein  weebflelnd, 
weil  er  eich  eben  wahrscheinlicb  aas  einem  schwach  slkaligchen 
Drüsensecret  und  aus  einem  sauren  ^Oberhaataecrat^  zusammensetzt. 


Vin.  Bkskeln  nid  Nerven. 

Wenn  man  frische  MuskelfaBern  auf  ein  Häutchen  Ton  balb^ 
flüssigem  CoUodium  aufdrückt  und  dieses  sofort  mikroskopisch  be- 
trachtet, 80  erhält  man  einen  überraschend  getreuen  Abdruck  der 
Muskelfasern,  so  dasa  man  glaubt,  die  Muskelfaser  selbst  unter  dem 
Mikroskop  vor  sich  zu  haben.  Wie  hat  man  sich  diese  merkwürdig© 
von  Haykraft  (Zeitschr.  iür  Biol  Bd.  10,  1891,  S.  105)  entdeckte 
Thatsache  zu  erklären?  Nun,  Haykraft  ist  ebsn  der  Meinung, 
dass  eine  Muskel fibrille  einer  Perlachnur  zu  vergleichen  sei,  auf 
welcher  grössere  und  kleinere,  rundliche  und  längliche  Perlen  hinter 
einander  aufgereiht  sind;  denn  nur  so  könne  man  sich  erklären, 
dasa  sie  in  dem  weichen  CoUodium  sich  in  so  vollkommener  Weise 
abdrücke.  Oppenheim  er,  der  bei  Ewald  in  Strassburg  (Pflüger's 
Archiv  ßd.  52,  S.  186)  die  Sache  nachprüft,  kann  sie  vollständig 
bestätigen,  macht  sich  aber  den  Einwurf,  dass  ein  ähnlicher  Abdruck 
wohl  auch  dann  zu  Stande  kommen  könnte,  wenn  die  Fibrille  ein 
überall  gleich  dicker  Cylinder  wäre,  der  aber  verschiedene  Con- 
sistenzgrade  darböte,  wie  etwa  ein  dünnwandiger  Qummischlauch, 
der  wechselweise  mit  kleinen  Eisen-  und  Kautsch ukcy lindern  an- 
gefüllt wäre.  In  sinnreicher  Weise  überzieht  nun  Ewald  die 
MuskeLfasem  mit  einem  undurchsichtigen,  dünnen  Silberbelag  und 
kommt  so  ebenfalls  zu  der  Ansicht,  dass  die  Muskel  fibrille  eine 
varicdse  Gestalt  besitzt 

Diese  Gestalt  oder  sagen  wir  unverfänglicher  diese  eharakte^ 
ristiacben  Längs-  und  Queratreifen  erwirbt  nun  die  Muskelfaser  nach 
Eimer  und  Voöseler  (Zeitschr.  f,  wissengeh,  ZooL  Bd.  53,  SuppL 
S»  67)  durch  ihre  besondere  Thätigkeit,  Die  Qaerstreifen  können 
z.  B.  verhältni&smässig  scbneli  verschwinden  durch  Unthätigkeit,  wie 
man  das  am  besten  an  den  Brustmuskeln  unserer  gewöhnlichen 
JtbrbQOli  d.  praoi.  Medicin.   1893.  ^ 


66 


liriitKner, 


Fliege  während  de&  Winters  beobachten  kann  ^  die  keine  Queratrei- 
fung  zeigen. 


Erf  gibt  wohl  kaum  etwas  Yollkommeneres  end  Zweckmässigeres, 
als  die  Mnskelmascbine.  Ihre  Theorie  zu  ergriinden  hat.  mancher 
begabte  Kopf  in  mühevoller  Arbeit  versucbt  (von  Neueren  nenne 
ich  hier  nur  Müller,  Ghauveau,  Rieger,  Schenck  und  Gad); 
aber  zu  einem  völlig  befriedigenden  Ergebniss  ist  wobl  biß  jetst  noch 
Niemand  gekommen»  Der  Muskel  producirt  Arbeit  und  Wärmei  und 
schon  das  Verhaltniss  dieser  beiden  Actionen  zu  einander  ist  ein  un- 
gemein verwickeltee  und  scbwifcrigee.  Dient  der  Muskel  mehr  zum 
Heizen  oder  mehr  zum  Arbeiten?  Denn  wenn  er  auch  eiue  vorzüg- 
liche Arbeitsmaschine  ist,  so  könnte  er  ja  vielleicht  auch  eine 
ebenso  gute  Heizmasebine  sein.  Heidon  ha  in  fand^  dass  bei  gleich 
grossen  (maxincalen)  Heizen  die  im  Muskel  gebildete  Wärme  mit  dem 
Grade  der  Spannung  bezw.  Belastung  zunimmt,  v.  Kries  und 
Metzner  (Centralbl.  f.  Physich  1892,  Bd.  6,  8.  33)  zeigen  neuer- 
dings, dass  auch  die  Art  des  Reizes  hei  gleichen  Leistungen  des- 
selben Muskels  einen  Einfluss  auf  die  gebildete  Wärmemenge  bat, 
indem  langsam  ansteigende  elektrische  Reize  viel  mehr  Wärme  pro- 
duciren,  als  schnell  ansteigende  Inductionssebläge.  Es  macht  mir 
immer  den  Eindruck,  als  fasse  man  den  Muskel  zu  sehr  als  physio- 
logische Einheit  auf,  was  er  eben  nicht  ist»  Die  grössten  Verschie- 
denheiten in  einem  Muskel,  der  ja  aus  vielen  Hunderten  von  FaHern 
besteht,  sind  wesentlich  quantitativer  Natur  und  hängen  ab  von  der 
Zahl  der  gleichzeitig  thiitigen  Fasern.  Je  mehr  man  einen  Muskel 
spannt,  um  so  mehr  Fasern  gerathee  bei  einem  bestehenden  Heiz 
in  Tbätigkeit,  und  so  erklären  sieb  eine  Menge  von  ETscheinungen, 
wie  ich  glaube^  sehr  einfach,  unter  anderen  auch  die  obige  voi] 
Heidenbain. 

Eine  auf  diesem  Gebiete  wichtige  Thatsache  berichtet  neuerdings 
Fick  (Pflüger's  Archiv  ßd.  52,  S.  541)»  dem  wir  bekanntlich  eben- 
falls eine  Reihe  grundlegender  Arbeiten  hierüber  verdanken.  Wenr 
man  die  Wärmemenge  misst,  welche  ein  Muskel  bildet,  indem  ei 
sich  von  seiner  natürlichen  Lange  aus,  ein  Gewicht  hebend,  alsc 
positive  Arbeit  leistend  zusammenzieht ,  so  ist  dieselbe  viel  grösser 
als  wenn  der  tetanisch  zusammengezogene  Muskel  durch  aussen 
Arbeit  zu  seiner  natürlichen  Ruhelänge  gedehnt  wird.  Kurz  aus 
gedrückt,  kann  man  sagen,  bat  im  ersten  Falle  der  Muskel  Arbei 
geleistet  und  ist  im  zweiten  Fall  an  ihm  Arbeit  geleistet  wordef] 
Wenn  wir  einen  Berg  besteigen,  geschieht  das  Erste;  wenn  wir  voi 


Physiolügie. 


67 


ibm  berabgeLcu  ,  ^t^ochieht  das  Zweite,  und  Jeder  weiss,  dass  das 
Btrgptni'gehea,  wie  tsciioii  aus  dem  gesteigerten  At^iembedürtoiss  und 
der  erhöhten  Hensarbeit  hervorgeht ,  mit  viel  grösserem  Stoffver- 
liTMieh  verbunden  ist,  als  das  Bergabgehen, 

Früher  bat  man  an  Menschen  vielfach  Yerstiche  über  Mus kel- 
Wirme  gemacht,  indem  man  Thermometer  auf  die  Haut  setzte  und 
deren  Temperatur  bestimmte,  je  nachdem  die  darunter  befindlichen 
MuskeLn  ruhig  oder  thätig  waren.  Obwohl  bei  der  Thätigkeit  der 
Moftkeln  die  Temperatur  der  über  ihnen  liegend tm  Haut  sich  erhöht, 
t0^  doch  karalich  Waller  (Gentralblatt  für  PhyaioL  1892,  Bd.  6, 
3,  407),  dass  diese  Temperaturerhöhung  ledigUch  der  besser  durch- 
blotetoii  Haut  und  nicht  den  darunter  liegenden  Muskeln  zukommt; 
dflBn  bebt  man  durch  eine  Esmarch'sche  Binde  die  Circulation  auf^ 
m»  bat  selbst  eine  starke  Muskelactton  keine  Temperatur  Steigerung 
der  Haut  zur  Folge* 


Neue  Anschauungen  machen  sich  aUmählich  geltend  über  ge- 
wisse Hemmungsvorgänge,  die  sich  im  Muskel,  nach  Anderen 
ftoeb  im  Nerven  abspielen.  Fick  hatte  gelegentlich  beobachtet,  dass 
em  maximal  durch  den  Willen  contra  hirter  Muskel  ein  wenig  in 
•einer  Spannung  nachlässt,  wenn  mau  ihn  zn  gleicher  Zeit  durch 
Blorke  Ströme  faradisirt.  Diese  Erscheinung  konnte  man  als  eine 
;<  recte,  reflec torische  Hemmung  auffassen ,  indem  bekanntlich 

äke  Willensaction  durch  eine  mehr  oder  weniger  schmerz- 
haAe  Empfindung  in  ihrer  Kraft  vermindert  wird.  Man  konnte  sie 
<  li  als  eine  directe  Hemmung  ansehen^  indem  ein  ad  maximum 
tter  Muskel  durch  einen  neuen  Reiz  entspannt  wird,  wie  ja 
uliidiche  Vorgänge  im  Centralnervensystem  bekannt  sind.  Waller 
I  Braan  Bd.  15,  S.  35)  macht  nun  hierüber  Studien  und  findet,  dass 
mAn  eine  directe,  die  Muskelsubstanz  selbst  treffende  Hemmung 
nickt  anzunehmen  habe.  Die  starken  elektrischen  Ströme  reizen 
aatoi  den  sensiblen  Nerven  auch  die  Antagonisten  und  machen  so 
mkUkemmen  die  Erschlaffung  oder,  besser  gesagt ^  geringere  Span- 
mag  der  prtmür  contrahirten  Muskeln  verständlich.  Hierbei  zeigte 
äcb  veiter,  dass  der  Wille  im  Vergleich  mit  elektrischen  Reizen 
dar  bei  Weitem  kräftigere  Reiz  war;  denn  ein  durch  elektrische 
Stfönne  maximal  tetanisirter  Muskel  konnte  durch  den  Willen  noch 
ia  flt&rkerer  Cantraction  gebracht  werden,  niemals  aber  ein  willkOr- 
Üdl  ma¥ifT>a4  oontrahirter  Muskel  noch  in  seiner  Spannung  durch 
tUckrbcbe  Beize  erhöht  werden. 

Oeni  oeoerdings  hat  nun  Piotrowsky   (Centralhl.  f.  Physich 


68 


örülstner. 


1892,  Bd.  6,  S.  597 j  die  Ansicht  ausgesprochen,  datiä  doch  that- 
sächlich  solche  directe  »Muskelhemmuugen'^  zu  Stande  kommen, 
und  dass  ein  Muskel  infolge  eines  Reizes  sieb  nicht  zusammengeht^ 
sondern  verlängert.  Von  glatten  oder  überhaupt  sehr  trägen  Mus- 
keln waren  ja  ähnliche  Verhältnisse  schon  bekannt.  Piotrowsky 
aber  zeigt,  dass  Krebsmuskeln  durch  schwache  elektrische  Reize 
verlängert,  durch  stärkere  verkürzt  werden.  Ströme  von  gewisaer 
mittlerer  Stärke  haben  beiderlei  Wirkungen,  erst  lassen  sie  (natür- 
lich eine  ganz  kurze  Zeit)  den  Musktsl  schlaff  werden,  dann  bringen 
sie  ihn  zur  Contraction.  Jeder  Muskel  hätte  hiernach  wie  dai»  Harz 
einen  Kemmungs-  und  einen  Actionsnerv.  Es  ist  nicht  unmöglich^ 
dass  die  sog.  verschiedene  Erregbarkeit  physiologisch  verschiedeaer 
Muskelgruppen  wie  der  Beuger  und  Strecker  zum  Theil  aut  derartigen 
Hemmungsvorrichtungen  beruht.  Nur  verfügen  wir  noch  nicht  über 
die  passenden  Reize, 

Dass  die  Massage  auf  ermüdete  Muskeln  ausserordentlich  vor- 
theilhaft  wirkt,  so  dass  sie  sehr  bald  wieder  leistungsfähig  werden, 
und  auch  bei  nicht  ermüdeten  Muskeln  die  Arbeitsfähigkeit  erhöht, 
zeigt  Maggiora  (Archiv.  itaL  de  bioL  Bd.  16,  S.  225)  durch  ver- 
gleichende Versuche  mit  Mosso^s  Ergograph  (s.  Jahrb.  1892). 

^^Die  von  Exner  (s.  Jahrb.  1892)  aufgestellte  Behauptung,  dass 
Kehl  köpf  muskeln  infolge  der  Durchschneidung  ihrer  sensiblen 
Nerven  atropbiren,  wird  von  ihm  selbst  zurückgezogeo,  so  dass  also 
H.  Munk,  der  daa  Entgegengesetzte  behauptete,  Recht  behält.  (Du 
Bois-Reymond's  Archiv  1892,  8.  162  u.  Centralbl.  f.  Physiol.  1892, 
Bd.  6,  S.  289.) 

Alle  Nerv'en  uaserea , Körpers  werden,  soweit  wir  wissen,  im- 
mer nur  von  ihren  Endappa raten  aus  erregt,  'die  entweder,  wie  he; 
den  oeutripetal  leitenden,  in  den  sensiblen  Endigungen,  oder,  wie  he 
den  oentrifugalen ,  in  den  Centralorganen  gelegen  sind.  Wenn  als«, 
ein  Nerv  unseres  Körpers  in  Action  geräth,  muss  er  stets  eeinei 
ganzen  Länge  nach  von  dem  Reize  durchsetzt  werden,  ihn  also  voi 
Anfang  bis  zu  Ende  leiten.  Neben  dieser  Leitungsfähigkei 
besitzt  er  aber  noch  eine,  soweit  wir  eben  ein  Urtheil  darüber  haber 
mehr  nebensächliche  Eigenschaft,  Der  Nerv  kann  nämlich  auch  i 
seinem  Verlauf  einen  Reiz  aufnehmen  und  ihn  ebenfalls  an  sei 
physiologisches  Endorgan  leiten.  Diese  Aufnahmefähigkeit  eine 
Erregung,  welche  für  den  Experimentalphysiologen  das  ^  und  i 
jeder  Nervenphysiologie  ist,  geht  nun  nicht  immer  mit  der  Leitungl 


I 


keit  in  ihrer  Grösse  parallel.     Vielmehr  kano,  und  das  ist  das 
Häu^erey  dte  Aufnahme  eines  Reizes  in  der  Gontiuuität  nicht  mehr 
ftatt  haben,  während  die  viel  wichtigere  Leitung  fortbesteht    Derlei 
Torliältnisse    kann    man   DameDtlicL   sehr   gut  stiidiren   bei   chemi- 
scher   Reizung    von    motorischen    Nerven,    wie    ich   dieselbe 
kftnlich     in    ausgedehntem    Maasse    mit   den    verschiedensten    Salz- 
Itettn^en  angestellt  habe  (Pflüger's  Archiv  Bd.  53,  8.  83).     Ich  ver- 
wendete Lösungen  von  chemisch  nahe  verwandten  Stoffen  und  prüfte 
deren   Wirkung  auf  die  unmittelbare  Erregung  von  Nervenstämmen 
(wosu   man  sie  ziemlich  stark  verwenden  muss),  sowie  auf  die  Ver- 
Änderung   der  Erregbarkeit,  insoweit  äich  dieselbe  eben  in  der  Auf- 
ttakme    und  Leitung    eines  Reizes   zeigte.     Vergleicht  mau  da  z.  B, 
gleichprocentige  Losungen    von   Chlor-,    Brom-  und  Jodnatrium,   so 
sind  die  erateren  stets  wirksamer,  als  die  letzterer^  und  das  gilt  in 
ihiiHcher  Weise  von  anderen  Körpern,  die  chemisch  in  so  naher  Ver- 
wandiscbaft   stehen,   wie  die  drei  Halogene  Chlor ^   Brom  und  Jod. 
Wenn  man  nun  aber  gleich  viel  Molecüle  des  einen  Stoffes  in  ihrer 
Wirkung   vergleicht  mit  gleich    viel  Molecülen  eines  anderen,   ver- 
wandten, so  zeigen  sich  andere  Beziehungen  ^  und  zwar  ergibt  sich 
im   AUgemeinen,   dass   die  Körper   mit  grösserem  Moleculargewicht 
durchweg  stärker  reizen,    als  diejenigen   mit  kleiutjfem  Molecular* 
gewicht.     Ohne  hier  in  Einzelheiten  eingehen  zu  können,  scheiut  es 
oiir   doch  von   grundsätzlicher  Wichtigkeit^    folgenden   Funkt  ganz 
beaonders  hervorzuheben.     Wenn    man    nämlich    die   Giftigkeit  oder 
iberhaupt  Wirksamkeit  von  zwei  oder  mehr  verwandten  Stoffen  mit 
«naader  vergleichen   will,   so  darf  man  nicht,   wie   das  bisher  der 
Bequemlichkeit   halber  immer  geschehen  ist,   die  Gewichtseinheiten 
dar   Stoffe   in    ihren  Wirkungen   neben   einander   stellen;    denn    das 
ttl  ja  nur  etwas  Zufälliges,  Conventioneiles.    Man  könnte  ja  ebenso 
gut  die  Maasseinheiten   nehmen,   wie  man    in   einer  Stadt  die  Kar- 
U'ffeln    nach   dem  Gewicht,    in   einer   andern    nach   dem  Maass  ver^ 
kauft.    DiLS,  was  von  irgend  einem  8toff  wirkt  ist  seine  ehemische 
Ein  bei  t,  ist  das  MoleciiJ.     Stellt   man  also  vergleichende  Versuche 
«it  xwei  oder  mehr  Stoffen  an,  so  muss  man  in  erster  Linie  darauf 
•eken,  dass  man  stets  dieselbe  Zahl  von  Molecülen  in  Wirksamkeit 
treten   l&sst;    man    muss   also    sog,    äqutmoleculare    Lösungen    ver- 
wenden. 

DaaB  der  den  Nerven  passirende  Willensreiz  etwas  Anderes 
•eis  DQuaS)  als  ein  elektrischer,  ihm  von  aussen  applicirter^  ^eht  aus 
folgendem  Umstände  hervor.  %Schickt  man  einen  constanten  Strom 
dardi  den  Kerven,  so  ist,  wie  bekannt,  die  anelektrotonische  Nerven- 


70 


Grützner. 


strecke  ud fähig,  eineit  derartigen  Reiz  zu  leiten^  wohl  aber  kann  der 
Willensreiz  Dach  den  Angaben  von  Waller  (».  o.)  eine  derartige 
Stelle  wie  eine  normale  passireu. 

Waller  ist  nicht  geneigt,  derartige  hemmende  Einrichtungen 
in  den  Nerven  und  Muskeln  höherer  Thiere  anzanelimen,  wie  wir 
sie  oben  geschildert,  wenn  er  ihre  Anwesenheit  auch  bei  niederen 
(Krebsen,  Fröschen)  zugibt»  Indessen  scheint  uns  hier  eine  wichtige 
von  Kayser  {Zeitschn  f.  Biolog;  Bd.  10,  S.  4IG)  in  Kübne'ä  La* 
b Oratorium  gefundene  Thatgache  von  aufklärendem  Einäuss  zu  sein. 
Kayser  fand,  dass  ein  durch  Nerveoreizung  erzeugter  Tetanus  ver- 
ringert werden  kann,  wenn  man  den  Nerven  noch  stärker,  oiler  sagen 
wir  beflser  in  anderer  Art  reizt.  Wie  bekannt,  erzeugt  Grlycerin,  auf 
einen  motorischen  Nerven  gebracht ,  starke  Zoaammenziehiingen 
bezw.  Tetanus  der  zugehörigen  Muskele*  Hat  man  nun  einen  der- 
artigen Tetanus  erzeugt  durch  Reizung  von  unteren,  dem  Muskel 
nahe  gelegeneu  Nervenahscbnitten,  so  wird  dieser  Tetanus  bedeutend 
verringert,  sobakl  man  den  Nerven  oben  noch  mit  Inductionsströmen 
reizt,  die  an  und  für  sich  ja  auch  einen  Tetanus  erzengen  würden. 
Auch  ich  habe  vielfach  bei  meinen  chemischen  Reizversuchen  ähn- 
liche Erscheinungen  gesehen,  die  uns  alle  darauf  hinweisen,  dass  hier 
noch  mannigfache  Rathsel  zu  lösen  sind. 

Die  interessanten  Mittheilungen  Gaule^s  (s.  Jahrh,  1892)  über 
die  trop  bis  eben  Fasern  im  Nervus  trigeminua,  deren  üurch- 
schneidung  nur  dann  eine,  und  zwar  in  kürzester  Zdt  auftretende 
nutritive  Störung  dtjr  Hornhaut  zur  Folge  hat,  wenn  der  Schnitt 
zwischen  Ganglion  Gasseri  nnd  Cornea  erfolgt  istf  diese  also  von 
den  Ganglienzellen  jenes  Organs  getrennt  ist,  werden  von  Eckhard 
(Centralbl,  f,  Physiol.  1892,  Bd.  G,  S.  328)  in  Zweifel  gezogen,  vob 
Gaule  aber  (ebenda  S,  361)  aufs  Neue,  und  zwar  wesentlich  durch 
mikroskopische  Untersuchungen  bekräftigt.  Immer  wenn  die  Cornea 
nutritive  Veränderungen  zeigt,  sind  vorher  die  Ganglienzellen  de* 
Gasse r'schen  Ganglions  geschädigt  bezw.  von  ihren  peripheret: 
Verbindungen  getrennt  worden,  deren  nutritives  Centrum  sie  dar 
stellen. 

IX,  Centralor^aue. 

Die  wichtigste  und  interessanteste  Arbeit  auf  diesem  Gebiete 
die  daher  etwas  eingehender  zu  behandeln  ist,  dürfte  wohl  diejenig 
von  Goltz  (Pfiügers  Arch.  Bd.  51,  S.  570)  sein,  welche  den  Tit€ 
trägt:  Der  Hund  ohne  Grosshirn.    Dem  genannten  Forscher  ge 


* 


Physiologie.  71 

laD^  t«s,  wad  man  bisher  lUr  unmöglich  bielt^  eiDen^  ja  sogar  mehrere 
erwachsene  Hunde  nach  Wegnahme  des  ganzen  Grosöhirns  Jangere 
^^t  am  Lehen  zn  erhalten«    Das  erste  dieät;r  Thiere  lehte  51  Tage, 
das  zweite  92  Tage,  und  das  dritte,  an  dem  Laupt  stich  lieh  die  wich- 
ti^eiL,  jetzt  miUutheilenden  Beohachtungen  gemacht  werden  konnten, 
wurde  bei  voller  Gesundheit  etwa  18  Monate  nach  der  Operation  ge- 
tddtet.     Im  Juni   and  November   1889  wurde   ihm  die  linke  Eemi- 
apliiLre,  und  am  17,  Juni  1890  die  ganze  rechte  Hemisphäre  entfernt, 
£ode    December  1891   wurde  das  Thier  getödtet.     Wie   die  Section 
«rgab,  hatte  es  die  gesammte  Mantelsubstanz  des  Grosshirns  mit  Aus- 
nahme   des    basalen   Endes    des   Schläfelappens   (Uncus)  eingebüsst 
I>er  basale  Rest  war  atrophirt  und  braungelb  erweicht.    Ferner  war 
VOQ  den  Streifenkörpern  und  Sehhügeln  nur  noch  ein  Theil  vorhan- 
den *    und  auch   dieser   im  Zustande  braungelber  Erweichung:    Der 
Erweiehungsprocess  hatte  ferner  auch  auf  die  linksseitigen  Vierhilgel 
übergegriffen. 

Dieses  grosshirnlose  Thier  konnte  sich  nun  zunächst  beweg« u; 
eioen  grossen  Theil  des  Tages  wanderte  es  ruhelos  in  seinem  Käfig 
auf  und  ab.  Des  Nachts  schlief  es  ©ingerollt  wie  ein  normaier  Hund. 
Bereitet  man  ihm  Hindernisse  beim  Gehen,  indem  man  ihn  Qbar 
kleine  FaiUhüren  treten  lässt,  so  folgt  der  Fuss  zwar  eine  Weile  der 
ainkenden  Thür^  aber  der  Hund  verliert  dabei  keinedwegs  das  Gfeich- 
gewicht,  sondern  hebt  ahibald  die  Pfote  wieder  aus  der  Versenkung 
heraosi.  Datei  benimmt  er  sich  aber  keineswegs  wie  oiu  normaler 
Hund«  der  viel  rascher  und  geschickter  handelt  und  durch  eine  Wen- 
dung des  Kopfes  und  neugiei^e  Betrachtung  des  im  Tische  durch  die 
Oeffouog  der  Fallthür  plötzlich  entstandenen  Loches  sein  Erstaunen 
knodgibt,  Derarii^^e  Aeusserungen  des  Verständnisses  fehlen  bei 
dam  ^osshim losen  Hunde  vollständig.  Er  setzte  die  Füsse  nicht 
auf  die  Rückfiäche,  wie  es  die  der  sog.  motorischen  Centren  be- 
iBubteo  Thiere  su  thun  pflegen,  obwohl  er  überhaupt  gar  keine 
^Ceotren**  mehr  besass.  Als  sich  das  Thier  einmal  eine  Hinterpfote 
YarieUt  hatte,  hinkte  ea  mehrere  Tage  hindurch  unter  freiwilliger 
daaeroder  Hebtixig  des  wunden  Beines  auf  den  drei  gesunden  Beinen 
Iwfltllli  wie  anter  ähnlichen  Umständen  auch  normale  Hunde  zu  thun 
pflegen. 

Monatelang  nach  der  Abtragung  der  zweiten  Hemisphäre  musste 
lli<  Thier  künstlich  gefüttert  werden,  wobei  es  sich  leicht  verschluckte. 
AD  mahl  ich  lernte  es  wieder  freiwillig  saufen  und  fressen.  Nur 
iSQSAte  ihm  die  Nahrung  in  unmittelbare  Berührung  mit  der  Schnauze 
Itabracbt  w^^^rden.     Häufig  verschmähte  es  allerdings  auch  dann  die 


i 


72 


Grätzner 


ihm  gebotene  Kabning.    Mit  der  Zeit  erlitten   die  Bewegungen  des^ 
Tbieres  Einboßse ;  Bamentlicb  wurde  d er Hinterkorper immer  scbwächer. 

Wns  DQn  die  Empfindnng  des  Hondes  anlangt ,  so  war  zu- 
näctißt  fest^uetellfcn,  dasa  er  hörte.  Erzeugte  man,  wenn  er  fich lief, 
mit  besonderen  Instrumenten  (Eadfahrer pfeifen  etc.)  laute  Töne,  so  er- 
wachte das  Tbier,  zuckte  mit  den  Ohren,  als  wenn  es  etwas  Unan- 
genehmes los  werden  wollte,  schüttelte  mit  dem  Kopf  und  stand  end- 
lich auf.  Viel  schneller  gelangte  man  zu  diesem  Ziele ,  wenn  man 
den  Hund  durch  irgend  welche  Tastreiae  erweckte,  Fas&t  man  ihn 
irgendwo  an  seinem  Körper  etwas  derb  an,  so  wacht  er  nicht  bloss 
auf^  sondern  antwortet  sofort  mit  deutlichem  Knurren.  Macht  man 
dann  gar  den  Versuch  ^  das  erwachte  Thier  aus  dem  Käfig  Leraus- 
suheben,  so  bekommt  es  einen  förmlichen  Wuthaufail,  strampelt  aufs 
Heftigste  mit  allen  Gliedmaassen ,  bellt  äusserst  laut  nnd  beisst  um 
sich,  Aebnlich  benimmt  es  sich,  wenn  man  es,  sobald  es  gans 
munter  ist,  durch  Zerren  oder  Drücken  reizt.  Jedenfalls  also  fühlt 
das  Thier,  Nebenbei  bemerkt,  zeigte  es  diese  selben  sinnlosen  Wuth- 
anfälle regelmässig  in  gleicher  Art,  alle  Tage,  obwohl  e^  nach  dem 
Herausheben  aus  dem  Käfig  gefüttert  wurde.  Ein  normaler  Hundj 
der  eben  Erinnerungavermögeu  besitzt,  würde  sich  niemals  andauernd 
60  benehmen.  Der  grosshirnlose,  der  das  nicht  besitzt^  erlebt  über- 
haupt nichts  mehr,  denn  erleben  kann  nur  der,  welcher  Erinnerungen 
besitzt;  er  ist  wesentlich  nur  noch  ein  Kind  des  Augenblicks» 

Ob  das  Thier  sieht,  ist  schwer  zu  entscheiden.  Schrader 
und  Steiner  haben  gezeigt,  dass  niedere  Wirbelthiere  (Vögel,  Am- 
phibien, Eische)  nicht  bloss  ohne  Grosshirn  sehen,  sondern  die  Ge- 
sichtsein drücke  auch  zu  zielbewusstem  Handeln  verwerthen  können. 
Zunächst  war  bei  dem  Hund  leicht  festzustellen,  dass  die  Pupillen 
beider  Augen  sich  auf  Licbtreiz  lebhaft  zusammenzogen,  Ferner 
konnte  sicher  beobachtet  werden,  dass  der  Hund  die  Augen  schloss, 
wenn  man,  während  er  im  Finstern  daeass,  plötzlich  des  grelle  Licht 
einer  Blendlaterne  auf  ihn  richtete.  Ob  er  mit  Hülfe  des  Gesichts- 
sinnes in  den  Weg  gestellte  Hindernisse  vermieden  hat,  Hess  sich 
nicht  feststollen.  Erkannt  hat  er  jedenfalls  mit  Hülfe  dieses  Sinnes 
nichts.  Mochte  man  drohende  Geberden  gegen  ihn  machen,  ihm 
Kaninchen  oder  Katzen  vorhalten,  immer  zeigte  er  den  stieren,  blöd- 
sinnigen Ausdruck  seiner  übrigens  klaren,  glänzenden  Augen, 

Der  Geruchssinn  hat  ihm  gefehltj  denn  andere  Hunde  oder 
stark  duftende  Katzen  in  den  Bereich  seiner  Nase  gebracht,  Hessen 
ihn  vollständig  kalt.  Scharfe  Dünste  (Tabakßqualm,  Ammoniak 
tt.  8.  w.)  belästigten  ihn  allerdings,  wenigstens  suchte  er  sich  ihnen 


Physiologie. 


7a 


sa  entsiehen,  so   gut  es  ging,  wobei  es  sich  natürlich  am  einfache 
Rfitumg  «eufiibler  Aeste  (des  1  n^emtous)  bandelte. 

Oeschmack  hatte  das  Thier.  Wenigsteos  verzehrte  es  mit 
gWMPcr  Gier  —  namentlich  wenn  es  einige  Zeit  gehungert  hatte  — 
tMi6  Nahrung  und  verschmähte  dieselbe^  wenn  man  sie  ihm  mit 
CSuiim  wrsetstey  oder  wenn  es  sich  satt  gegessen  hatte. 

Höhere  geistige  Fähigkeiten  mangelten,  wie  znm  Tbeil 
aAtm  erwähßt,  dem  HuDde  vollkommen.  Ziemlich  alles,  was  er  sah» 
köite  oder  fühlte,  Hess  ihn  gleichgültig.  Andere  Hunde,  drohende 
Geberden  erkannte  er  nicht.  Das  Bellen  anderer  Hnnde,  Uebkosende 
oder  eehmeichelnde  Worte  üesaen  ihn  gämslich  gleichgültig.  Seine 
Nmlirazig  konnte  er  nicht  selbständig  suchen ,  weil  er  keinen  Ge- 
mdifftiin  besass.  Das  Thier  befand  sich  also  im  Zustande  tiefsten 
Blddstnns. 

Wie  hat  man  sich  nun  die  Erscheinungen  su  deaten,  die  be- 
obmektei  werden,  sobald  man  nur  Terfa&ltnissmässig  kleine  Abschnitte 
der  vorderen  Hirnrinde,  jene  sog,  motorischen  Centren  in  der 
Kibe  dee  Solcns  cruciatus  entfernt  hat?  Bass  dergleichen  Exstir- 
patioDen  ganz  charakteristische  Folgen  an  der  entgegengesetzten 
Körper faälfte,  namentlich  an  den  Extremitäten  nach  sich  ziehen,  steht 
nn bestreitbar  fest.  Es  hat,  kurz  gesagt,  die  Sensibilität  und  die  Mo- 
tilität dieser  Stellen  gelitten,  Goltz  f aast  diese  Störungen  als  Hern- 
BUtngser^cheinungen  auf,  d,  h.  dadurch  bedingt,  dass  Nervencentren, 
die  aoeb  vorhanden  sind ,  zur  Zeit  infolge  der  Operation  oder  ihrer 
Kacbwirkungen  ihre  Fancttonen  eingestellt  haben.  Von  anderer 
Seite  werden  sie  anders  gedeutet.  So  hat  kürzlich  H,  M  u  n  k 
(SÜTOiigsber.  der  Preuss.  Akad,,  physikal.-math.  GL  Bd.  3ß,  1892) 
diese  Partien  des  Vorderhirns,  seine  von  ihm  so  genannten  Eühl- 
sphären^  des  Genaueren  untersucht  Es  sind  das  bekanntlich  im 
Wesentlichen  jene  oben  eiwähnten  Centren,  deren  elektrische  Heizung 
Bewegungen  in  den  Muskeln  der  entgegengesetzten  Korperhälfte  aus- 
Itet  Wird  eine  solche  Sphäre  oder  ein  Centrum  einer  Extremität 
fCiUständig  zerstört,  so  treten  die  bekannten  Bewegungsstörungen  ein, 
die  spüer  mehr  oder  weniger  zurückgehen^  daneben  aber  auch  Em- 
pfiBdongastdrungen,  äie  sich  dahin  cfaarakterisiren  lassen,  dass  zwar 
die  Oemeinreflexe,  die  zu  keinen  bestimmten  Sinnesempfindungen 
fUireii^  besteben  bleiben,  die  Berükrangsreäexe  dagegen  und  die  mit 
fluoi  sonst  Terbundenen  örtlichen  EmpEndungen  aufgehoben  sind« 
Wenn  also  beispi  eis  weise  einem  Hunde  die  (links  gelegene)  Extremi- 
tüesregion  ganz  entfernt  worden  ist,  so  wird  er  gegen  jede  leichte 
eder  starke  Berührung  seiner  linken  Extremitäten  in  normaler  Weise 


74 


Oriitzn^r. 


reagiren,  indem  er  nacli  der  berührten  Stelle  hinäieht,  den  Fusa  fort- 
zieht oder  deo  Kopf,  am  zu  beissen,  schnell  an  sie  heran  bewegt. 
Reizt  man  in  gleicher  Weise  seine  rechte  Extremität ,  natürlich 
auch  ohoe  dass  er  es  sieht,  bo  sind  leichte  Heize  (Borübrmig  mit 
einem  Pinsel,  einem  Stab  oder  Pinger)  zu  allen  Zeiten  wirkungs- 
los;  reizt  man  starker  durch  einen  kräftigen  Druck  n.  s.  w.,  80 
zieht  der  Hund,  ohne  hinzusehen,  regelmäasig  den  Fuss  fort  oder 
sucht,  wenn  der  Reiz  fortbesteht,  zu  entÜieheni  macht  allerhand 
Strampelbewegungen,  winselt,  knurrt  und  beisst,  Der  Hund  weiss, 
wenn  ich  so  sagen  darf,  nicht,  wo  ihn  der  Schuh  drückt,  er  empfindel 
überhaupt  nnr^  dass  er  irgendwie  gedrückt  oder  belästigt  wird, 
Freilich  sind  in  der  ersten  Zeit  nach  der  Operation  auch  die  Ge- 
meinreflexe  und  die  Schmerzempfindlichkeit  bedeutend  berabgesetst 
eie  nehmen  erst  wieder  aämählich  an  Gröase  zu.  Aehnliche  Unter 
schiede  in  den  Emptindungen  und  Reaetionen  nimmt,  nebenbei  be- 
merkt,  Munk  auch  für  die  hinteren,  dem  Gesichtssinn  dienender 
Abschnitte  der  Hirnrinde  an.  Werden  diese  gestört,  so  hören  aO* 
Sehreflexe  auf,  die,  kurz  gesagt,  auf  dem  Verständnis^  des  Gesehenei 
beruhen,  aber  nicht  die  Opticus-  oder  Retinareflexö,  welche  ohue  daj 
Groesbirn  durch  Yermittelung  niederer  Centralorgane  zu  Stand* 
kommen.  Einem  Hund  ohne  Grosshirn  kämen  hiernach  nur  dii 
letzteren  za. 


üeber  die  Bedeutung  des  Kleinhirns  veröffentlicht  Lu  c i  a n 
(11  cerveletto,  Firenze  1891)  eine  unil angreiche  Untersuchung,  dere: 
Hauptergebnisse  Pescarolo  (Ärcb,  ital  de  biol.  Bd,  10,  St  280)  mit 
theilt.  Infolge  der  ganzen  oder  theil weisen  Exstirpatiou  dos  Klein 
hirns  treten  zunächst  Reizersoheimingen  ein,  die  im  Wesentlichen  i 
tonischen  Contractionen  der  Nacken-  und  Vorderbeinmnskeln  hi 
stehen.  Ganz  besonders  aber  sind  als  Folgezustände  solche  zu  bc 
zeichnen,  die  gleichsam  das  Gegeutheil  jener  dar^telien,  nämlich  ein 
gewis.sb  Atonie  und  Astasie,  wornmerLuci  an  i  einerseits  eine  dauernd 
Schlaffheit  aller  Muskeln  in  der  Ruhe  und  andererseits  eine  for 
währende  Unrube  versteht,  welche  durch  Zittern,  discontinuirlicl: 
Contractionen,  Schwanken  u,  s,  f.  bei  Bewegungen  auftritt,  d 
ilurchweg  in  ihrer  Kraft  bedeutend  abgeschwächt  sind.  Inteiligei 
und  Sinnesemptindungen^  sowie  die  geschlecbtlichen  Functionc 
blieben  auch  nach  vollständiger  Exstirpation  des  ganzen  Kleinhirt 
intact  Alle  Theile  des  Kleinhirns  sollen  einander  gleich  werth  sei: 
In  summa  sind  seine  Functionen  dreifach:  1)  verstärkt  das  Kleb 
hirn  die  potentielle  Energie  der   wUlkürlichen  Bewegungen   (actic 


lique);  2)  steigert  es  den  Muskeltonus  während  der  Ruhe  (action 
toDiqua)  und  3)  beschleusigt  es  den  Rhythmus  der  einzelnen  cen- 
tr^eo  motoridcheu  Itn pulse  und  yerächuiibt  dieselben  zu  einem  mehr 
QOQVimiirUchen  Act  (action  statique). 


* 


i» 


Die  anatomischen  Folgez  ustände  im  Rückenmark  nach 
£iitfemuDg  der  motoriiichen  Gentra  bei  Hunden  untersucht  von 
cso^m  in  eingehender  Weise  Sandmeyer  (Zeitschr.  f  BioL  Bd.  10^ 
177/  und  findet  I  dass  nach  neun  Tagen  oder  mehreren  Wochen 
idare  Degenerationen  einseitig  und  doppelseitig  auftreten»  Der 
BftQplMkche  nach  finden  sie  sich  in  dem  Seitenstrang  der  entgegen* 
gesetsten  Seite,  weniger  und  seltener  in  dem  gleichseitigen^  niemals 
ia  dem  Vorderstrang,  so  dass  also  Satidmeyer  gegenüber  anderen 
Forschern  dem  Hunde  die  Pyramiden vordersirangbahn  abspricht. 
Nadi  längerer  Zeit  können  auch  noch  sog.  tertiäre  Degenerationen, 
wie  sie  Langley  und  Bherrington  nannten,  in  den  Vorder-  und 
Hintefislrangen  auftreten,  die  aber  nicht  in  unmittelbarem  Zusammen- 
kin^  mit  der  Operation  stehen  sollen. 

Wenn  von  dem  Grosshim  einige  Zeit  das  normale  ernährende 
Btut  abgebalten  wird,  wie  es  bei  Kobienoxyd Vergiftung  oder  bei 
Erhftngung  vorkommt,  so  treten  nach  Wiedergenesung  bezw.  Wieder- 
belebong  oft  vollständige  Erinnerungsdefecte  ein,  die  sich  auf 
6m  unmittelbar  dem  krititächen  Ereigniss  vorausgegangenen  Erleb- 
mmäB  be^itihen,  eine  offenbar  höchst  intereBsanteErHoheinung  (WagneFi 
Wieocr  klin.  Wochenschr.  1801,  Nr.  53), 

Die  das  ganze Centraln er vensystem  umhüllende  Cerebrospinai- 
flftafligkeit  wird  von  den  Gebrüdern  Oavazzani  (üentralbl.  fUr 
PhyaiaL  1892,  Bd.  6,  S.  393  u*  583)  auf  ihre  Zusammensetzung  hin 
^e|Mr&ft«  £d  zeigt  sich,  dass  sie  des  Morgens  (bei  Hunden)  anders 
tummmtingea&t&t  ist,  als  des  Abends*  Sie  ist  Dämlich  am  Morgen 
•lArker  alkalisch  und  reicher  an  festen  Bestand thetien ,  so  dass  es 
den  Anschein  hat,  als  ob  die  im  Schlafe  befindlichen,  ruhenden 
Gemralorgane  gewisse  Stoffe  in  sie  hinein  absondern.  Aehnhches 
kqiutte  man  auch  an  einem  Menschen  mit  einem  Defect  des  Schädels 
beoerken.  Ferner  zeichnet  sich  die  genannte  Flüssigkeit  dadurch 
MM,  dass  sie  einen  sehr  iangsamen  und  trägen  Wechsel  in  ihrer 
ZnwntWfffiffifttBUftjf  aufweist.  StofiPe  (Jodnatrium^  Ferrocyankalium  etc.) 
tat  Tht^^Q  in  die  Bauchhöhle  einverleibt^  lassen  sich  gar  nickt 
«der  erst   nach    aiemlich  langer  Zelt  in  der  Oerebrospinalflüssigkeit 


7G  Öriitzn<*r 

nachweiserj,  während  sie,   wie  bekannt,  in  kürzester  Zeit  im  Blute^ 
im  Hare  oder  in  anderen  Körperflüeaigkeiten  zu  finden  sind. 

Eine  ganz  besondere  Rolle  in  der  Ernährung  der  Gewebe  weist 
Gaule  (CentralbL  l  Phyaiol  1892,  Bd.  5,  S.  682  u.  ßd.  6,  S.  313) 
den  Spinafganglien  zu^  die  sich  in  gewisser  Beziehung  ähnlich 
wie  das  Ganglion  Gasseri  (s.  oben  S.  70)  verhalten  sollen.  Zerstört 
man  dieselben  nämlich  durch  Einstich^  so  treten  als  folgen  der 
Operation  auf:  1)  Verändeningen  in  der  Haut^  die  «ich  je  nach  der 
Thierart  (Frosch,  Kaninchen)  bXs  Verfiirbungen ,  Verschorfungen 
u.  dergl  documentiren;  2)  elgenthöm liehe  Blutungen,  in  den  Muskeln 
durch  Veränderungen  des  Blutes  bedingt;  3}  Veränderungen  der 
Nebennieren  und  4)  das  Allermerkwürdigste,  Grösöenvermintlerung 
des  gekreuzten  Geschlechtsorgans  und  des  gekreuzten  Schilddrusen- 
kppens. 

X.  Sinnesorgane. 

Dass  die  menschliche  Hornhaut  nicht  ein  vollkommenes  Kugel- 
segment  ist,  eondern  in  der  verticalen  Richtung  gewöhnlich  starker 
gekrümmt  ist,  als  in  der  horizontalen  ivvodurch  der  normale  Astig- 
matismus bedingt  wird),  ist  allj^emein  bekannt  Neuerdings  abei 
zeigt  Stilzer  (Archiv,  d'ophtalmolog,,  Bd.  11,  S.  419  u.  Bd.  12, 
Ö.  32)  durch  sinnreiche  Methoden  ^  dass  die  KrQmmungsverhältnissi 
der  Hornhaut  noch  viel  complicirter  eindj  dass  z.  B.  die  Nasenhäirtc 
der  Hornhaut  stärker  abgeplattet  ist,  als  die  Schläfen  half  te,  die  ober* 
stärker  als  die  untere«  und  dass  die  stärkst  gekrümmte  Stelle  dei 
Hornhaut  nicht  im  Durchschnittspunkte  der  Gesichtslinie  mit  dei 
Hornhaut  Oberfläche,  sondern  nach  innen  von  diesem  Punkte,  halc 
höher,  bald  tiefer  als  die  Gesichtalinie  zu  liegen  kommt.  infolge 
dieser  ^Dissymmetrie"  der  Hornhaut  ergehen  sich  eine  Menge  inter 
essanter  Thatsachen^  betreffend  den  Sehact,  indem,  wie  leicht  be 
greif  lieh,  je  nach  Verwendung  des  einen  oder  des  anderen  Hörn 
hAutobschnitteSy  z,  B.  bei  verschieden  grosser  Papille,  die  Brechkral 
des  Anges  eine  andere  wird. 

Tscherning  (Archiv,  de  physioL  Bd.  4,  S.  158)  gibt  an,  das 
bei  der  Accommodation  in  der  Nähe  die  Linse  neben  der  bekannte 
Verdickung  auch  eine  Verschiebung  nach  unten  erfährt,  weil  die  b< 
kannten  Linsenbildchen  sieb  nicht  bloss  verkleinern,  sondern  auc 
ein  wenig  nach  aufwärts  bewegen.  Hierdurch  soll  eine  Centrirun 
der  drei  brechenden  Flächen  herbeigeführt  werden. 


Teber  die  Weite  der  Pupille  unter  verteil iedeueo  BedinguDgen 
Bin  die  folgenden  Arbeiten.  Steinach  (Pfiüger's  Archiv  Bd,  B2, 
4ö5)  verfolgt  im  Deutcjchen  physiologischen  Institut  zu  Prag  die 
koohintereääante  Thatsache^  welche  zuerst  von  Arnold,  dann  später 
von  Brown -Sequard  n,  A.  beschneben  wurde,  nämlich  die 
atkiniitelbare  Erregung  der  Muskeln  durch  das  Licht. 
Wenn  man  das  herausgeschnittene  Auge  eines  Frosches  oder  noch 
beoBor  eines  Aales  ^  welcher  sich  vorher  im  Finstern  aufgehalten 
hat,  dem  Liebt  aussetzt,  so  zieht  sich  dessen  Iris  zusammen,  und  zwar 
nicht  etwa  infolge  der  Heizung  eines  reflectorischen,  im  Auge  selbst 
oder  in  der  Iris  gelegenen  nervösen  Apparates.  Denn  der  Erfolg 
besieht  fort,  auch  wenn  man  die  etwa  belichtete  Ketzhsut  zerstört 
und  nnr  die  Iris  beleuchtet^  oder  wenn  man  eile  nervösen  Apparate 
durch  A tropin  gelähmt  hat  Der  Erfolg  tritt  dagegen  nicht  ein^ 
ivesn  man  nur  die  Betina  oder  die  peripheren  Theile  der  Iris  be- 
iaoohtet^  dagegen  am  allerbesten,  wenn  man  die  centralen  beleuchtet, 
wo  eben  die  Fasern  des  Sphincter  liegen.  Die  Zellen  dieses  Muskels 
nd  hier,  d-  h.  bei  den  obigen  Tbieren,  alle  dunkel  pigmentirt; 
pigmeolfreie ,  glatte  Muskeifaserzellen  kommen  gar  nicht  von  Sie 
räftd  langgestreckt  bei  grosser  Pupille  und  ziemlich  dick  (contrabirt) 
bei  kleiner.  Am  besten  wirkt  auf  diese  pigmentirten  Muskelzellen 
veo  den  Farben  des  Spectrums  das  Gelbgrün,  gar  nicht  das  Roth 
bifl  ser  Linie  C. 

Wie  die  verschied eoen  Farben  oder  Lichter  auf  die  mensch- 
F  liehe  Pupille  wirken,  untersuchte  ebenda  in  siunreicher  Weise 
Sachs  (Pflugers  Archiv  Bd,  52,  S.  79),  indem  er  die  Weite  der 
Papille  feststellte,  je  nachdem  er  z.  B.  ein  blaues,  grünes  oder  anders 
geäLrbteB  Papier  betrachtete.  Er  schreibt  jeder  Farbe  eine  bestimmte 
motorische  Valenz  zu  und  nennt  diejenigen  Farben,  die  die  erweiterte 
Papilla  in  gleichem  Maaas  verengern,  motorisch  äquivalent.  Nach 
Hering  kommt  den  verschiedenen  Farben  ein  gewisser  Wetsswerth, 
«ine  bestimmte  weisse  Valenz  zu  (s.  Jahrb*  1892),  die  sie  um  «o 
heller  erscheinen  lässt,  je  stärker  sie  in  ihnen  vertreten  ist.  Diese 
weisse  Valenz  allein  bestimmt  nun  nicht  die  Wirkung  auf  die  PupiEe, 
indem  z.  B.  ein  gelbes  oder  grüues  Papier  eine  grössere  motorische 
Valenz  besitzt,  das  heisst  die  Papille  stärker  verkleinert,  als  ein  graues 
Papier  von  derselben  Weissvalenz.  Es  ist  ako  auch  die  Farbe  an 
sich  von  Bedeutung,  und  es  ergab  sich,  dass  alle  diejenigen  Farben 
Atch  sIs  motorisch  äquivalent  erwiesen^  die  dem  Auge  unter  den 
betrefiendeo  Bedingungen  gleich  hell  erschienen.  Von  hohem  Interesse 
w4re    die  Untersuchung    von  Farbenblinden,    da    denen   ja    gewisse 


78 


ürfltiner. 


Farben    viel    weniger    hell    erschdoeo    als    Leuten    mit    normalem 
Farbensinn. 

Die  ungemein  vielfach  diacutirte  Frage,  welche  Mechanismen  die 
Weite  der  Pupille  beötimmen,  wird  Denerding»  wiederum  auf- 
gerollt und  von  der  Mehrzahl  der  Forscher  in  dem  Sinne  enlscMeden, 
dass  die  Verengerung  der  Pupille  eben  durch  den  Sphincter  und 
die  Erweiterung  durch  den  Dilatator  besorgt  werde.  Zwei  Forscher » 
Heese  (Pflüg er'd  Archiv  Bd.  52,  S.  535)  und  Langley  (Journal 
of  phyaioL  Bd,  13,  S.  554)  kommen  ganz  unabhängig  von  einander 
wesentlicli  zu  denselben  Ergebniaserj.  Die  Behauptung  Grßnhagen's, 
dass  bei  Reizung  dest  Sympathicus  die  Pupille  sich  wesentlich  deshalb 
erweitere,  weil  die  GefUsse  der  Iris  sich  zusammenziehen,  ist  nach 
Heese  dadurch  hinfällig  geworden,  dass  auch  das  blutleerej  ja  sogar 
das  Äuge  des  todteu  Thiercs  bei  Sympathicusreizung  in  derselben 
Weise  reagirt,  und  dass  häufig  die  beiden  Vorgänge  der  Gefäss- 
verengeruDg  und  der  Pupillenerweiterung  völlig  unabhängig  von 
einander  beistehen  können.  Eine  zweite,  wesentlich  von  Gas  kell 
herrührende  Auffassung,  dass  der  Oculomotoriua  der  Aclionsnerv  des 
Sphincter  und  der  Sympathicus  ähnlich  wie  der  Vagus  beim  Herzen 
(s.  oben  S«  67)  der  Hemmnngs-  oder  Erschlaffimgsnerv  desselben 
sein  soll,  dessen  Beizang  also  den  Tonus  des  Sphincter  herabsetzt, 
wird  ebenfalls  als  unrichtig  bei  Seite  geschoben.  Gegen  diese  Anf- 
fassong  sprechen  nämlich  folgende  Versuche,  Kölliker  zeigte 
zuerst^  dass,  wenn  man  bei  dem  Auge  eines  getödteten  Kaninchens 
die  Cornea  entfernt^  dann  den  Sphincter  iridis  vollkommen  abtrennt, 
eine  elektrische  Reizung  des  Sympathicus  oder  eine  unmittelbare 
des  peripheren  (ciliaren)  Irisringes  von  einer  Erweiterung  desselben 
gefolgt  ist.  Diese  anch  von  Bernstein  und  Dogiel  ansgeitährten 
örtlichen  Reizungen  der  Iris  werden  nun  in  ausgiebiger  Weise  von 
den  beiden  oben  genannten  Autoren  benutzt  und  führen  zu  dem  un- 
zweifelhaften Ergebniss,  dass  in  dem  peripheren  Tiieil  der  Iris  radiäi 
angeordnete  contractüe  Elemente  sind^  die  sich  bei  directer  Reizung 
oder  bei  Reizung  des  Sympathicus  zusammenziehen ,  nnd  die  aucl 
Heese  mikroskopisch  nachweist.  Indem  Griinhageu  tPäöger^i 
Archiv  Bd.  oB,  S.  S48)  diese  Übrigens  auch  von  ihm  constatirt« 
Thatsache  keioeswegs  bestreitet,  sie  aber  auf  die  Muskeln  der  ge 
ftillten  oder  leeren  Blutgefässe  bezieht  und  vor  aOen  Dingen  dei 
anatomischen  Nachweis  des  Dilatator  iridis  bestreitet,  bleibt  er  be 
seiner  Anachauang  bestehen. 

Betreffs  der  Bewegungen  des  ganzen  Auges  infolge  Sym 
pathicnsreisung   macht    Heese  noch    folgende  interessante  Mitthei 


PliyiMo|ficu 


7^ 


Die  gewölmlicli^  Angabe  lautet,  da&s  bei  Reizung  des  ge- 
Rieii  Nerr^n  unler  Vergr&ssemng  der  Papille  das  Aage  aus  seiner 
hermuatritt.  Merkwürdigerweise  aber  Endet  Heese  beim  Ka* 
geimde  das  Entgegeogeseizte;  ea  sinkt  hier  in  seine  Höhle 
:,  wähfood  es  bei  der  Katze  ond  dem  Hunde,  wie  genaue 
Measaiigen  objectiv  erw€>isen,  bervortritt  Dies  rührt 
her  von  dem  verecbiedenen  V€:ihalten  der  Gefasse  in  der 
Orbitm.  Ziehen  sich  dieaelbeUf  wie  beim  Kaninchen,  stark  zusammen^ 
Ml  sliikt  das  Auge  in  die  Tiefe,  trotzdem  der  MQlIer'sche  Muskel 
iwsth  Mine  OoQtJBCtion  es  nach  vom  zu  treiben  sucht.  Beim  blut- 
laertttt  {g^MtMmn)  Kaninchen  gibt  dieser  Miiakel  den  Ausschlag» 
«od  die  SympatfaidtsreizuDg  lisst  jetst   daa  Auge  ebenfalla  hervor- 


HemaiiQ  (Pfläger's  Archiv  Bd.  53,  8*  1)  aetst  die  Ünter- 
«ocbangeii  aber  das  Wesen  der  Yocale  mit  einem  Edison'schen 
Qngiz^alapparat  fort  und  findet  unter  Anderm,  übereinstimmend  mit 
frdJien^o  Untersuchungen  (s.  Jahrb.  1892),  dass  den  einzelnen  Vo- 
ojen  cbarakt^ristische  Partialtone  eigen  sind,  die  eine  annähernd 
fale  lAge  besitzen.  Manche  Vocale,  wie  ü,  A,  £,  haben  zwei  cha* 
lakteriMiäche  Tone,  die  anderen  dagegen  nur  einen. 

Für  die  Young'Helmholtz^sche  Farbentheorie  tritt  von 
H«Qem  Ho  Imgren  (Skand,  Archiv  f,  Physiol.  Bd.  3,  8,  253)  ein, 
Sidtm  er  dem  Auge  ganz  kleine  farbige  Punkte  darbietet  und  hier- 
dansh  die  specifiach  verschiedenen,  also  kurz  gesagt^  die  Roth,  Qtün 
md  Violett  empfindenden  Endel erneute  einzeln  zu  reizen  versucht. 
btet  nun  z.  B*  das  Auge  einen  kleinen  hellen  Pankt  von 
monochromatischem  Licht,  welches  nach  obiger  Theorie  durch 
bitige  Reizung  der  Roth  und  Grün  empHnd enden  Elemente  zu 
iä  kommt,  so  siebt  es  bei  kleineu  Bewegungen  dieses  gelben 
Panktchens  auf  der  Ketzbaut  dasselbe  bald  roth,  bald  grün,  bald 
AeJmlicbes  wurde,  wenn  auch  nicht  so  deutlich,  bei  blauen 
wahrgeooQuneD,  die  bald  grün,  bald  violett,  bald  farblos 
ieneo. 

Uebtf  dflfi  NerTtia  octavus,  gewöhnUeh  Acusticus  genannt, 
eni    nmCangreicbea  Werk   von   R.  E  w  a  l  d    in   Straasburg, 
r  $xif  Grund  glänzender  Technik  eine  eingehende  Untersuchung 
Iber   die    nicht   acustischen  Functionen   diesea  Nerven   enthält,    di^ 
Weeentlichen  schon  fr&her  (a.  namentlich  Jahrb.  1892>  aua* 
dargelegt  haben.    Kr  ei  dl  (Pfl&ger's  Archiv  Bd.  51,  S.  119) 


macht  Unter&uchuo^eD  an  T  a  u  b  s  t  u  m  m  e  o  und  findet,  dasa  viele 
unter  ihnen  keinen  Drebschwindel  bekommeD,  dagegen  bei  geschlos- 
senen Äugen  sich  im  Eaume  schwer  orientiren  können.  Ich  glaube 
—  nebenbei  bemerkt  — ,  dass  auch  die  sog,  japani gehen  Tanz- 
möuse,  die  ebenfalls  (vielleicht  durch  iDzucht)  taub  sind  und  wagen 
ihrer  Tanzkunst,  d.  h.  der  in  rasender  Eile  von  ihnen  ausgeführten 
Drehbewegungen  zur  Beluätigueg  gehalten  werden,  diesen  Taub- 
st nmmeo  ähnlich  sein  dürften.  Jedenfalls  werden  sie  nicht  vom 
Drehscbwindel  erfasst,  sonst  könnten  sie  ihre  Kunststücke  nichi 
aufführen. 


!Etne  umfaDgreichei  zum  grossen  Theil  philosophische  und  wie 
uns  scheint  scharf  durchdachte  Arbeit  veröffentlicht  D  e  s  s  o  1  r 
(Du  ßoia  Reymond's  Archiv  1892,  S.  175)  über  den  Hautsinn. 
Wir  heben  aus  derselben  Folgendes  hervor.  Der  Temperatur- 
siuQ  ist  nach  Dessoir  eine  einheitliche,  zu  den  Summationa- 
empfindungeo  gehörende  Wahmehmungsart  mit  zwei  Qualitäten,  die 
sich  von  einem  Nullpunkt  entfernen  und  dabei  immer  grosser  werden. 
Es  gibt  nicht,  wie  das  Herzen  u«  A.  angenommen  haben,  einen 
besonderen  Kälte-  und  WSrmesinn,  wie  ja  auch  die  Physik  nur 
eine  mehr  oder  weniger  starke  Wärraebewegnng  der  Atome  oder 
Molecüle  kennt  Auch  der  Endapparat  des  Temperatursinnes  ist 
ein  einheitlicher  und  steht  in  unmittelbarer  Abhängigkeit  zur  Art 
des  Reizes»  Die  Kalt-  und  Warmpunkte  von  B  H  x  und  G  o  1  d- 
soheider  sind  ein  KunsterzeugnisSf  wenn  auch  nicht  geleugnet 
werden  kann^  dass  an  einzelnen  Hautsteilen  die  Kälte,  bezw.  Wärme 
einer  Metallspitze  besser  gefühlt  wird  als  an  anderen,  Bass  wir  Kälte 
oder  Wärme  fühlen,  ist  nach  Dessoir  nicht  davon  abhängig ,  ob 
ein  Kälte-  oder  Wärmepunkt  von  einem  beliebigen  Eeise  getroffen 
wird,  sondern  davon,  welcher  Reiz  auf  den  einheitlichen  Apparat 
einwirkt  Er  denkt  sich,  dass,  wenn  bei  der  Kälteempfindung  die 
Hantwärme  sinkt,  der  nervöse  Endapparat  sich  vielleicht  ausdehnt 
und  einen  ganz  bestimmten  Reiz  mit  Hülfe  des  indifferenten  Leitungs- 
nerven an  das  Gehirn  übermittelt,  während  ein  andersartiger  Beiz 
an  das  Centrum  gelangt  (also  auf  denselben  Nervenbahnen,  wie  wir 
hinzufügen),  sobald  die  Hautwärme  durch  Zufuhr  von  aussen  oder 
durch  Behinderung  ihrer  normalen  Ansstrahlung  steigt,  und  der  End- 
apparat sich  verdichtet.  Weiter  spielen  auch  noch  die  Hautgefässe 
eine  wichtige  Rolle  bei  der  Kälte-  und  Wärmeempfiöduag,  indem, 
wenn  Abkühlung  die  Haut  ausdehnt  und  Wärme  sie  zusammenzieht, 
die  Hautgefasse  ebenfalls  in  bestimmter  Art  so  oder  anders  gezogen 


Pliysiolug^te. 


81 


«md  gesperrt  werden  und  diese  ihre  Zastimde  durch  ihre  directen 
Nerven verbindangen  dem  Hirn  mittheileia.  Ohne  uns  ein  UrtheE 
diese  Anschaanngen  zu  erlauben ,  glauben  wir  mit  D  e  s  s  o  i  r, 
BS  ein  Fortschriit  in  dieser  Frage  wohl  durch  die  vergleichend- 
^uiatomische  Untersuchung  derjenigen  Hautpartien  gemacht  werden 
kfinnte,  die  wie  die  Glans  penis  nach  Herzen^^^  Beobachtung  völlig 
imemptindlich  gegen  Temperaturen  sind,  während  das  benachbarte 
Praputinm  sehr  wohl  Wärmt?  und  Kälte  empfindet  und  unterscheidet. 
ferner  dürfte  sich  eine  genaue  Untersuchung  von  Hautuarben  em- 
pfUileQ,  die  bis  jetzt  ergeben  hat,  dass  der  Sitz  der  Temperatur* 
emp&ndung  an  die  tieferen  Schichten  der  Epidermis  gebunden  ist. 
Ist  die  Epidermis  ganz  fort,  so  fehlt  jeder  T empe rat ur sinn j  liegen 
aber  noch  untere  Schiebten  der  Epidermis  der  Narbe  auf^  so  besteht 
eine  mehr  oder  weniger  grosse  Temperaturempfindiichkeit,  Weiter 
MshetDt  uns  noch  die  Angabe  wichtig,  dass  elektrische  Reizung  von 
Hantnerreii  niemals  eine  Kälte-  oder  Wärmeempfiudung  auslöste, 
wilirend  doch  z.  B.  eine  elektrische  Reizung  des  Opticus  Liebt- 
«aipfindung  erzeugt. 

Eine  leicht  festzustellende,  von  0,  Rosenbach  zuerst  be- 
schriebene^ dann  von  diesem,  Nauuyn,  Quincke  u,  A,  (s.  Jahrb, 
1890)  stadirte  Thatsache  besteht  in  Folgendem.  Sticht  man  sich  in 
die  Haut  oder  berührt  man  dieselbe  mit  einem  heissen  Gegenstand, 
HO  emptindet  man  augenblicklich  die  Beriihruiig  mit  dem  betreffen- 
dwätk  Gegenstand,  den  Schmerz  aber  erst  viel  später,  d,  k  vielleicht  eine 
hadhe  bis  ganze  Secunde  später.  Ueber  ein  ähnliches,  höchst  inter- 
mmnio»  Ph&nomen^  welches  sie  als  Phänomen  der  secundären 
Empfindung  bezeichnen  ^  berichten  nun  neuerdings  G  a  d  und 
Goldscheider  (Du  Bois-Reymond's  Archiv  1891 ,  8.  164  und 
Zettschr.  f,  klin.  Med.  Bd.  20,  18d2).  Sie  beschreiben  dasselbe  fol- 
gsodeniiaBaen.  „Uebt  man  mit  einer  Nadelspitze  einen  leichten  Ein- 
drsolt  auf  die  Haut^  so  hat  man  auijsar  der  ersten  sofort  eintretenden 
ilBcbondea  Empfindung  nach  einem  empündnngslosen  Intervall  (von 
mtgefthr  ^i^^  Secunden,  wie  wir  hinzufügen)  eine  zweite,  gleichfalls 
stoohende  Empfindung^  welche  sich  in  ibrem  Charakter  dadurch  von 
d«r  ersten  unterscheidet,  dass  ihr  nichts  von  Tastempfindung  bei- 
gem.i«cbt  ist,  sie  vielmehr  gleichsam  wie  von  innen  su  kommen 
tchdiiiL'*'  Dieselbe  Erscheinung  kann  man  beobachten,  wenn  man 
dia  Hant  mit  mehreren,  mindestens  zwei  Inductionsschlägen  reizt 
Di^e^e  Erscheinung  erinnert  an  eme   ganz  ähnliche,    neuerdings  von 


fi 


II  «a 


(8.  Jahrb.  1892) 
d,  pracL  Medicin. 


studirte    am   Augei    indem 


auch   hier 
6 


das 


go  Griittper. 

positive  Nachbild  sieb  nicht  unmittelbar  an  das  gesehene  Bild  selbst 
anschlosB,  sondern  erst  nach  einer  kurzen  Pause  auftauchte.  Die 
Forscher  erklären  ihre  Secundärempfindung  für  ein  Summations- 
phänomen  im  Rückenmark,  indem  die  Erregung  einmal  direct  in 
einer  langen  Bahn  dem  Bewusstöeinscentrum  zuläuft  und  anderer- 
seits vermittels  der  sog,  Coliateralen  (s.  Jahrb.  1802)  auf  eingelagerte 
Ganglienzellen  stösst,  die  gewissermassen  erst  so  stark  geladen 
werden  müssen,  bis  die  in  ihnen  aufgespeicherte  Energie  wieder  zu 
einer  Erregung,  eben  der  secundären,  den  Änlass  gibt. 

Erwähnenswerth  dürfte  hier  noch  die  Thatsache  sein,  dass  die 
Farbe  der  Frösche,  x.  B.  der  Laubfrösche,  welche  bekanntlich 
von  dem  Oontractionszustande  der  pigmenti rten  Bindegewebszellen  der 
Haut  abhängt,  nicht  durch  das  Auge  der  Thiere  regulirt  wird,  son- 
dern lediglicli  auf  reflectoriscbem  Wege  durch  die  Reizung  der  Haut. 
Setzt  man  also  z.  B.  blinde  oder  sehende  Laubfrösche  auf  grüne 
Blätter  oder  ähnliche  glatte  Gegenstände,  so  werden  sie  grün,  setzt 
man  sie  auf  rauhe,  etwa  ein  feinmaschiges  Drahtgitter,  so  werden  sie 
ganz  dunkel  Licht  kann  (s,  o*  S.  77)  übrigens  jene  pigmentirten 
Bindegewebszellen  auch  unmittelbar  erregen*  (Biedermann, 
Pfiöger's  Archiv  Bd.  51,  S.  455.) 


XI.  ZeugüBg* 

Der  vielfach  geäusserten  Ansicht^  dass  lediglich  der  Zellkern 
der  Vererbungsträger  sei  (s.  Jahrb.  1891),  wird  in  einer  schönen 
Arbeit  von  Verworn  (Pflüger's  Archiv  Bd.  51,  S,  1)  über  die 
physiologische  Bedeutung  des  Zellkernes  widersprochen.  Der  genannte 
Forscher,  dem  wir  schon  manche  interessante  und  wichtige  Arbeiten 
auf  dem  Gebiete  der  vergleichenden  Physiologie  verdanken,  bat  auch 
über  obiges  Tb enm  experimentell  gearbeitet,  Aus  der  Fülle  des  Materials 
heben  wir  nur  Folgendes  hervor.  Er  operirte  wesentlich  an  Proto- 
zoen, die  er  mit  Scheere  und  Lanzette  in  kernhaltige  und  kernlose 
Stücke  zerlegte.  Die  kernhaltigen  entwickelten  sich  wieder  zu  voll- 
ständigen Individuen,  die  kernloeen  dagegen  nahmen  zwar  auch  wieder 
die  Gestalt  der  normalen  Geschöpfe  an,  streckten  Pseudopodien  aus  und 
nahmen  Nahrung  auf,  die  sie  aber  nicht  verdauten,  gingen  aber  über 
kurz  oder  lang  alle  zu  Grunde,  Befrucbtete  man  sie  gewissermassen 
mit  kernhaltigen  Stücken,  so  blieben  sie  länger  am  Leben.  Aus 
diesen  Versachen  zieht  Verworn  den  Schlues,  dass  weder  der  Kern 
für  sich  allein,  noch  auch  das  kernlose  Protoplasma  dauernd  am 
Leben    erhalten    werden    kann,     Vielmehr    besteht   der  Einfluss  des 


PhyiioJogif*. 


Kemee  auf  die  Thätigkeit  der  Zelle  in  seinen  StofFwechselbeziehungen 
fOBl  Protoplasma;  beide  gehören  zu  einander,  beide  ergänzen  ein- 
•nder.  Das  gilt  nun  auch  für  die  Vererbung,  indem  keineswegs  der 
Kam  allein  als  der  Trager  der  Vererbnugsstoffe  zu  betrachten  ist, 
•ondera  sich  sowohl  Plasma  wie  Kern  an  der  Vererbung  betheiligen, 
wie  man  dies  am  besten  und  uü mittelbarsten  an  der  Fortpflanzung 
dorch  Theilung  sehen  kann. 


I 


lieber  die  Frage,  ob  sich  erworbene  Eigenschaften  ver- 
erben  ^  berrschen  verschiedene  Ansichten*  Lehrreich  in  dieser  Be- 
xiehang  ist  eine  lange  Versuchsreihe  von  Ritzema  Bos  und 
Rosen  thal  (BioL  Oentralbl.  Bd*  11,  S.  734),  welche  neugeborenen 
Hatten  die  Schwänze  amputirten,  die  schwanzlosen  wieder  zur  Paa- 
ruELg  brachten,  und  das  durch  zehn  Generationen  fortsetzten.  In 
swei  anderen  Versuchsreihen  setzte  man  die  Versuche  nur  bis  zur 
dritten  und  fünften  Generation  fort.  Von  den  1200  auf  diese  Weise 
gasäebteten  Hatten  zeigte  keine  einzige  bei  der  Geburt  eine  Ver- 
MjsoDg  oder  gar  ein  Fehlen  des  Schwanzes. 

Wenn  ein  Ei  eines  Säugethieres  sich  im  Leibe  seiner 
Mutler  entwickelt,  so  konnte  mau  denken,  dass  diese  noch  während 
der  £ntwickelung  dem  in  ihr  befindlichen  Fötus  eine  Beibe  mütter- 
licber  Eigenschaften  aufdrückt«  Dass  dies  aber  wahrscheinlich  gar 
üicbt^  oder  vielleicht  nicht  in  hohem  Maasse  stattfindet,  lehrt  folgender 
intereeeante  Versuch.  Einem  Aogorakaninchenweibchen ,  welches 
32  Standen  vorher  von  einem  Bock  derselben  Race  befruchtet 
worden  war,  wurden  zwei  in  Segmentirung  begriffene  Eier  ent- 
fionunen  und  sofort  in  das  obere  Tubenende  eines  belgischen  Ka- 
nincbenweibchens  gebracht,  welches  drei  Stunden  vorher  durch  einen 
Boek  derselben  Zucht,  und  zwar  zum  ersten  Male  befruchtet  worden 
war  Dieses  belgische  Kaninchen  gebar  nun  sechs  Junge,  vier 
Beigier  and  zwei  zweifellose  Angoras*  Keines  der  Thiere  hatte  ein 
Merkmal  der  andern  Race,  obwohl  die  Angoras  sich  in  der  belgischen 
Mütter  vom  befruchteten  Ei  aus  bis  zu  Ende  entwickelten.  Alle 
E^oachaften  stecken  also  in  Samen  und  Ei;  hinterher  entwickelt 
sieh  das  befruchtete  Ei  in  einer  fremden  Mutter  wie  ein  Samen - 
kam  einer  Pflanze  in  einem  neuen  oder  fremden,  aber  ihm  zu- 
titglichen  Boden.  (Foster,  Proc,  of  the  Royal  Society  Bd»  48^ 
188Ü,  8.  467.) 

Wilbrend  bei  vielen  Thieren  zur  Befruchtung  eines  Eies 
otir  ein  Spermatozoon  nötbig  ist,  und  das  Eindringen  von  mehreren^ 


H4  .  Grützoer. 

wie  aus  den  lehrreiohen  Arbeiten  von  Born,  von  den  Gebrüdern 
Hertwig  u.  A.  (s.  Jahrb.  1888  und  früher)  hervorgeht,  zur  Zer- 
störung des  Eies  oder  zu  Missbildungen  führt,  scheint  nach  neueren 
Unters»H5hungen  von  Rücker t  (Anat.  Anzeiger  Bd.  6,  8.  308  und 
Bd.  7,  S.  320)  und  Oppel  (Archiv  f.  mikr.  Anat.  Bd.  39,  S.  215) 
doch  bei  manchen  Thieren  (Selachiern  und  B.eptilien)  die  Poly- 
spermie, d.  h.  das  Eindringen  vieler  Spermatozoon  in  das  Ei  die 
Regel  zu  sein. 


L  AllBemeine  Aetiologie,  Infectionskrankheiteo  und  pflanzliehe 

Parasiten. 

L  Allgemeines. 

Zur  Morphologie  der  Bucterieo  machten  Sjobring  und 
Tramboäti  und  Galeotti  neue  ßeobRchtungen.  Eraterer  (CentralhL 
L  Bscter.  Bd.  11,  Nr.  8  u.  4)  beschrieb  bei  Milzbracd-  und  Heubacillen 
nmch  bestimmter  Methode  sich  färbende  Körper^  die  zunächst  im 
Protoplaama  ohne  Regel  angeordnet,  später  nach  der  Mitte  hin  zu- 
flunmenti^eten  können  zu  ovalen  Figuren^  die  dann  schart' contourirt 
iMiBcheinen  und  Kernen  ähnlich  stnd^  für  die  Sjö bring  sie  hält 
Andere  Figuren  scheinen  auf  karjokinetiäche  Vorgänge  zu  deuten, 
jedoch  sah  Sjöbring  keine  eigentlichen  Mitosen,  Trambusti  und 
Galeotti  (ibid.  Nr.  23)  berichteten  über  ähnliche  Beobachtungen 
an  einem  grossen  aus  Wasser  gezüchteten  Bacterium^  welches  sich 
attftn^Kch  gleichmässig  färbt,  später  aber  in  dem  schwach  gefärbten 
Leil>e  intensiv  tingirte  Gebilde  hervortreten  lä^sst,  die  sich  weiterhin 
in  kleine  rand  stand  ige  Körner  zerlegen.  Diese  treten  dann  femer 
m  oralen  Gebilden  inmitten  der  Bacterienfäden  zusammen ,  können 
dveli  Plataen  der  letzteren  frei  werden  und  wieder  auswachsen. 
Ver£  betonen,  dass  es  sich  nicht  um  Sporenbildung  handeln 
k&nne,  jedoch  musa  abgewartet  werden,  ob  man  es  wirklieb  mit 
Ki(n>efi  zu  thun  bat. 


86 


Ribbert 


Die  Physiologie  der  Bacterien  wird  durcb  die  beides  fol- 
genden Mittheilungen  illustrirt.  Büchner  (ibid.  Bd,  11,  S,  781) 
fand,  dass  das  Bacteriiim  coli  commune  in  deätillirtem  Wasser  unter 
Einwirkung  des  Sonoen lichtes  innerbalb  einer  Stiinde  abstirbt.  Er 
meint,  dass  diese  Lichtwirkung  für  die  BaeterienziicbtuDg  und  für 
das  Absterben  von  Bacterien  unter  natürlichen  Verhältnissen  im 
Wasser  von  Bedeutung  ist  Porst  er  (ibid.  Bd.  12,  S.  431)  stellte 
fest,  dass  es  auch  Bacterien  gibt,  die  bei  Eistemperatur  zu  wachsen 
vermögen. 

üeber  das  Vorkommen  voo  Bacterien  auf  und  in  dem 
menschlichen  Körper  liegen  nur  wenig  Beobachtungen  vor.  Aus 
dem  vorgehenden  Jahre  sei  zunächst  noch  nachgetragen^  dass  Pop  off 
(Wratsch  1891,  Nr.  39)  gefunden  hat,  dass  der  Oesophagus  der 
einzige  Weg  ist,  aui'  welchem  Bacterien  bei  Neugeborenen  in  den 
Darmkanal  gelangen,  dass  abo  der  Anus  nicht  in  Betracht  kommet 
Die  Zeit  ihres  Auftretens  hängt  von  der  Milchdarreichung  ab,  durch 
welche  ihr  Erscheinen  im  Darm  in  wenigen  Stunden  vermittelt  wird, 
—  Palleske  prüfte  in  ähnlicher  Weise,  wie  es  Uohn  UDd  Neu- 
mann (s.  Jahrb.  1892}  gethan  habt^n,  die  Milch  gesunder  Frauen 
auf  ihren  Keimgehalt  und  gelangte  wie  diese  zu  dem  Ergebnisa, 
dass  sich  bchon  innerhalb  der  Mamma  in  der  Milch  Bacterien  ünden 
können.  Er  hatte  alleniings  nicht  so  häufig  positive  Befunde,  da 
er  in  ^%i  jene  in  Bb%  aller  Fälle  Mikroorganismen  nachwies.  Er 
fand  ausschliestihch  den  Staphylococcus  pyoganes  albus,  während 
Cohn  und  Neu  mann  daneben  jo  einmal  auch  den  Staphylococcus 
aureus  and  den  Streptococcus  pyogetaes  beobachtet  hatten.  Pal- 
leske lässt  es  zweifelhaft,  ob  die  Kokken^  wie  jene  Untersucher 
meinen^  stets  von  aussen  durch  die  Milcbgänge  in  die  Mamma  ge- 
langen.    Ihre  patbogene  Bedeutung  ist  gering. 

Einen  Beitrag  zu  der  Frage,  wie  die  Bacterien  in  den 
menschlichen  OrganismUB  eindringen,  lieferte  Giamatschi- 
koff  (Arbeiten  aus  dem  patholog.  Institut  zu  Tubingen  Bd.  1.^ 
S.  450).  la  einem  früheren  Jahrgang  dieses  Buches  (1889)  ist  über 
VerBache  von  Buohner  berichtet  worden,  aus  denen  anscheinend 
mit  Sicherheit  heTvorging,  dass  die  Lungen,  ohne  selbst  zu  erkranken, 
f^r  eingeathmete  Milzbrandbacillen  durchgängig  sein  können,  dass 
alao  auf  diese  Art  eine  Allgemeiniefection  möglich  ist.  Örama- 
tschikoff  hält  die  Experimente  Buchner*s  nicht  für  beweiskräftig. 
Denn  da  sie  vermittels  Einathmung  fein  zerstäubter  Bacterien  an- 
gestellt wurden,  so  hält  er  es  für  möglich,  daas  die  AUgemeininfection 


* 


Allgemeine  Pathologie  und  pathologische  Atiatomve. 


b7 


doreh  Eündringen  der  Mikroorganismea  in  der  Nase  und  den  Hacken- 
cirgando  zu.  Stande  gekommeD  sein  könnte.  Er  verfahr  nun  sOf  dass 
ir  die  Bacillen  mit  einer  Spritze  in  die  Trachea  icjicirte  unter  aorg- 
dliiger  Vermeidung  einer  localen  Wundinfection.  Er  sah  dann  die 
Tkiere  niemals  an  Milzbrand  zu  Grunde  gehen,  auch  keine  Milz- 
brmndantzucdung  der  Luuge  eintreten.  Er  sah  aber  ferner,  dass  die 
BaciUen  in  den  Lungen  sehr  rasch  zu  Grunde  gehen,  indem  sie 
I>eigetieratioDserscbeinuDgen  darboten  und  schon  nach  zwölf  Stunden 
Biclil  mehr  gezüchtet  werden  konnten.  Eine  Erklärung  für  diesen 
«cboallen  Untergaog  der  Bacillen  in  den  Lungen  vermag  Grama- 
taehikoff  nicht  zu  geben.  DieEesultate  der  Versuche  stehen  aller- 
dings in  directem  Widerspruch  zu  Bu ebneres  Ergebnissen,  es  wird 
tndesseii  abzuwarten  sein,  ob  sie  dieselben  endgültig  widerlegen. 

Die  Durchlässigkeit  der  Haut  für  Mikroben  wurde  aufs 
Neue  von  Wasmuth  geprüft  (Gentralbl  für  BacterioL  Bd.  12,  Nr.  23 
und  24).  Er  rieb  Staphylokokken  in  die  eigene  und  in  thierische 
UBTörletzte  Haut  ein  und  ebenso  Milzbrand bacillen  bei  Meer- 
dchweinchen  und  fand,  dass  auch  die  normale  Haut  durchgätigig 
tat,  and  dass  der  Durchtritt  zwischen  Haarschaft  und  Haaraoheide 
erfolgt. 

Die  üebertragung  von  Bacterien  durch  Vererbung  fasste 
Banmgarten  (Arbeiten  aus  dem  patholog.  Institut  zu  Tübingen 
Bd.  I,  S,  322)  wiederum  ins  Auge.  Er  stellte  Alles,  was  anatomiacb 
ofid  experimentell  bisher  über  congenitale  Tuberculose  bekannt  ge* 

I worden  ist,  zusammen  und  borichtete  auch  über  eigene  Versuche* 
In  üöbereinstimmung  mit  Maffucci  (s,  Jahrgang  18D0)  fand  er, 
datfa  liüt  Tuberkelbacilien  inßcirte  Hühnereier  sich  entwickeln,  und 
4mm  die  auskriechenden  Hühnchen  nach  einiger  Zeit  an  Tuberculose 
sa  Grunde  gehen  können.  Gewiss  beweisen  die  von  Baum  garten 
lasaiiuiieEDgeetellten  Tbatsacben  die  Möglichkeit  einer  placectaren 
aad  einer  genninativen  Uebertragung ,  in  welchem  Umlange  sie  in- 
deaseli  (ur  die  Vererbung  der  menschlichen  Tubtsrculose  verwerthet 
Verden  dürten ,  ist  noch  nicht  abzusehen.  —  Dohrn  fasste  seine 
Ansicht  über  die  Uebertragung  der  Syphilis  von  Mutter  auf 
Kind  dahin  zusammen,  dass  dieselbe  nicht  auf  dem  Wege  der  Pla- 
eenta  zu  Stande  komme,  sondern  durch  das  Ei  und  ebeijso  auch  vom 
Vater  hör  durch  das  Sperma  vermittelt  werde  (Deutsche  med. 
Wi>cheii«ohr.  Nr.  37).  Podwyssozki  jun.  (Gentralbl.  f.  pathoiog. 
Anatomie  Nr.  14)  fand  bei  einem  Kaninchen  einmal  im  Li«|Uor  foUi- 
cQli  imd  im  Ei  zellige  Gebilde,  die  er  nach  ihrer  Beachaflenheit  als 
Cöoe^dien  ansprach,  und  legt  diesem  Befund  für  die  Vererbung  in- 


gg  Bibbert. 

fectiöser  Processe  grosse  Bedeutung  bei,  da  eine  Entwickeluiig  def» 
EieB  nicht  ausgeschlossen  ist, 

Was  die  Ausscheid ung  der  Bacterien  aus  dem  Körper 
angebt»  Bo  fand  Tizzoni  (Kif.  med,  1891  S.  289)  in  einem  Falle 
von  Eiterung  durch  Staphylokokken  diese  auch  im  Harn  wieder, 
ebenso  in  Bläschen  der  Hant.  Im  Schweiss  sind  sie  bekanntlich 
mehrere  Male  gefunden  worden  (a.  Jahrg.  1802).  Leichter  als  die 
Bacterien  selbst  erscheinen  die  Toxine  derselben  im  Harn.  So  be- 
obachtete BruKchettini  (Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  16),  dasa 
Kaninchen,  denen  der  Harn  an  Tetanus  erkrankter  Menschen  sub- 
cutan einverleibt  worden  war.  unter  tetani&chen  Erscheinungen  zu 
Grunde  gingen.  Brieger  und  Wassermann  (Charitc-Annalen 
Bd.  17)  berichten,  dass  der  aus  dem  Harn  eines  Erjsipelkratiken 
gewonnen©  und  dialysirte  Alkobolnied  erschlag  für  Mäuse  und  Meer- 
schweinchen toxische  Eigenschaften  hatte.  Die  Wirknngswuiae 
der  Bacterien  wird  ja  jetzt  allgemein  in  erster  Linie  auf  die  von 
ihnen  herrührenden  toxiscben  Substanzen  (i^Toxalbumine*^)  bezogen. 
Brieger  und  Wassermann  (l  c.)  konnten  solche  aus  Typhus- 
nnd  Diphtherieleichen,  und  zwar  ans  inneren  Organen  gewinnen. 

Zur  Frage  der  Disposition  sind  die  folgenden  Mittheilungen 
erwähnenswerth,  H.  Frenkel  (Arcb.  de  mt^d.  exp<T.  Nr.  5)  nnter- 
«Qcbte  den  Einfluss  der  Nervendurchschneidung  auf  die  Infection. 
Während  Ochotine  zu  dem  Hesultat  gekommen  war,  dass  die 
Durch trennung  des  Sympatbicus  die  Erysipelentzündung  des  Ka- 
ninchenohres fördert,  gelangte  Frenkel  zu  dem  Schlass,  dass  im 
Gegentheil  der  gleiche  Eingriff  die  am  Ohre  vorgenommene  Milz- 
brandinfection  der  Art  beeinfSusst,  das»  die  Allgemein erkrankung 
dadurch  verzögert  wird,  —  Walt  bau  {Arch.  f.  cxper.  Pnth.  u.  Pharm. 
Bd.  30j  S.  276)  lieferte  Beiträge  zu  der  Frage  nach  den  Bedingungen, 
unter  denen  die  Peritonitis  nach  Operationen  entsteht  Er  fand, 
dass  die  iDJection  von  Kokken  in  das  Peritoneum  für  sich  keino 
Entrundung  zur  Folge  hat.  Scliädigucj^en  der  Serosa  bedingen  da- 
gegen Peritonitis.  Zu  ibnen  gehört  besondere  ein  Blossliegen  der 
Serosa  an  der  Luft,  das  daher  bei  Operationen  durch  eine  Kocbsal»- 
bespClIung  vermieden  werden  sollte,  Disponirend  wirken  ferner  be- 
reite bestehende  oder  gleichzeitig  eintretende  anderweitige  Infectionen. 
Dun  in  (Congr.  poln.  Naturf.  1891}  bat  betont^  dass  man  unter- 
scheiden mlisse  zwischen  einer  durch  eine  Infection  bedingten  Ab- 
Bcbwächung  des  Organiämus^  welche  anderen  Bacterien  einzuwirken 
ermöglicbe,  und  einer  Eröffnung  neuer  Infectionspforten.     Zur  letz- 


Atlgcfiieioe  Fathologie  nnd  pathola^isch*^  Anatomie. 


89 


Kategorie  geb&rt  z,  6.  das  £!□  dringen  von  Eiterkokken  durch 
l^hua^eechwüre.  Zur  ersteren  brachte  Hauser  eine  Beobachtung 
bei  (Müiich.  med.  Wocbenachr.  Nr.  7).  Er  sah  in  einer  im  Anschluas 
as  L«eicheD Vergiftung  aufgetretenen  Abscedirung  des  Armea  neben 
Strapiokokken  den  Proteus  vulgaris.  Erstere  haben  die  Eiterung 
ferulftaat,  letzterer,  der  für  gewöhnlich  nur  ein  Fäulniaspilz  ist, 
koniite  sich  auf  dem  entzündlichen  ßoden  anaiedeln  und  bedingte 
«ine  Verjauchung  des  Absceeaes.  —  Trombetta  (Centralbl  f.  Bact. 
Bd.  12,  Nr.  -k  u.  5)  schloss  aus  seinen  Untersuchungen  über  Misch- 
oifectioQ  bei  eitrigen  Procesaen,  dasa  das  gemeinsame  Vorkommen 
iJiiiaaror  Eitererreger  die  Abscessbildung  begünstigt^  ferner^  dass 
iVRMliiedene  Saprophyten  abgeschwächten  pyogenen  Kokken  bei 
^leiehseittger  Impfung  ihre  Virulenz  wiederzugeben  vermögen.  — 
Sehr  eider  (CentralbK  f.  Bacteriologie  Bd,  12,  S.  289)  legte  Misch- 
calturen  von  Streptokokken  und  Diphtheriebacillen  an  und  tand^ 
daes  letztere  unter  diesen  Umständen  virulenter  sind:  was  auch 
aehoD  Hotix  und  Yersin  (vergl.  Jahrb  1891:  Diphtheritis)  beobachtet 
Die  grössere  Virulenz  beruht  auf  der  Bildung  einer  giftigeren 
Substanz. 


^endeD  wir  uns  nun  zur  Imtnonität  und  den  damit  in  Zu* 
enhang  stehenden  Fragen^  so  haben  wir  zunächst  die  so  vielfach 
te  bacterienvernichtende  Kraft  des  Blutserums  zu 
bedachten.  Wenn  man  auf  sie  von  manchen  Seiten  die  Immunität  zu- 
rückzuführen versuchte,  so  sprechen  dagegen  ausser  den  früher  geltend 
achten  Bedenken  (s.  vor.  Jahrb.)  auch  neuere  Arbeiten.  Vaillard 
äales  de  Pinstitut  Pasteur  Nr.  10)  gibt  an,  dass  die  Tet^nus- 
im  Serum  immuner  Thiere  sich  sehr  gut  entwickeln,  dass 
überhaupt  keinen  vernichtenden  EinOuss  auf  die  Bacillen 
»oeb  auf  ihre  Toxine  habe.  Stern  fand  (Deutsche  med.  Wocb. 
37i,  dass  das  Serum  von  Typhusreconvalescenten^  welches  bei 
leren,  die  mit  Typbnsbacillen  injidrt  wurden,  schützende  Eigen- 
cbaften  entwickelte,  nur  eine  auffallend  geringe  bactericide  Fähig- 
batte,  —  Szekely  und  Szana  (OentralbU  f  Bacter,  Bd,  12, 
Kr.  2—4)  sahen  allerdings,  dass  das  Serum  nach  abgelaufener  Cholera- 
tioo  stärkere  vernichtende  Kraft  hatte  als  vorher,  dass  dasselbe 
P«Ibar  auch  bei  Thieren  der  Pail  war,  die,  wie  die  injicirteUj  durch 
^rmofgegangene  Entnahme  einer  Blutprobe  hydrämisch  gemacht 
a^irdeii  waren.  —  Geht  aus  diesen  und  anderen,  theilweise  noch  zu 
«Mhaeiiden  Arbeiten  hervor,  dass  die  bactericide  Eigenschaft  des 
iWimiff   fraglicher  Natur  ist,   so  kommt  Jett  er  (Arbeiten  aus  dem 


90 


Ribbert. 


pathologischen  lustitut  za  Tübingen  S.  421)  zu  dem  Ergebniös,  daaa 
diefie  Kraft  überhaupt  nicht  vorhanden  ist.  Er  konnte  zeigen,  dass 
der  Untergang  der  ßacterien  nicht  nnr  in  Serumarten ,  sondern  in 
ganz  gleicher  Weise  anch  in  Bouillon  und  destillirtem  Wasser 
beobachtet  werden  kann,  und  dass  er  lediglich  darauf  beruht ,  dass 
bei  Üebertragung  der  PÜzmiächungen  alle  die  älteren  oder  sonstwie 
weniger  widerstandsfähigen  Organismen  zu  Grunde  geben,  während 
die  kräftigeren  übrig  bleiben  und  sich  nachher  wieder  vermehren. 
Damit  wäre  dann  die  Zuröckluhrung  der  Immunität  auf  die  bacteri- 
cide  Kraft  natürlioh  nnm5g!ich. 

Nächst  der  pilztödtenden  hat  man  sodann  die  giftzerstörende 
Fähigkeit  des  Blutserums  herangezogen.  Behring,  der  keine  bac- 
tericide  Wirkung  des  Serums  gegen  Tetanus  immnnisirter  Thiere 
^b,  führte  den  noch  zu  besprechenden  günstigen  Einfluss  desselben 
auf  seine  giftzerstörende  Thätigkeit  zurück.  Auch  Stern  (L  c.) 
beobachtete,  dass  Mischungen  der  Typlmstoxine  mit  dem  Sernm  von 
Typhusreconvaleeceuten  unschädlich  waren.  Andererseits  fehlt  es 
aber  auch  hier  nicht  an  negativen  Angaben.  —  Metschnikoff 
(Annales  de  l'institut  Pasteur  Nr.  5)  tbeilte  mit,  dass  das  Serum 
gegen  die  Schweinecholera  iinmunisirter  Thiere  weder  antitoxische 
noch  antibacterielle  Eigenschaften  habe,  und  Vaillard  hatte  bei 
Tetanus  ähnliche  Resultate*  Er  fand  bei  natürlich  immunen  Tbieren 
(Huhn)  niemals^  bei  künstlich  immunen  nicht  constant  eine  gift- 
2erstdrende  KraiJt  und  bestreitet  also,  dass  sie  eine  Bedeutung  fär 
die  Immunität  habe. 

Was  nun  die  künstliche  Erzeugung  der  letzteren  angebt,  so  bat 
man  sie,  wie  früher,  durch  abgeschwächte  Bacterien  oder  ihre  Toxine 
und  zweitens  durch  das  Sernm  immunisirter  Thiere  hervorzunifen 
versucht.  So  konnte  G.  Klemperer  (Berl.  klin,  Wochenschr.  Nr.  32) 
durch  Cboleracukuren ,  die  drei  Tage  bei  40^  gewachsen  waren, 
Immunität  bei  Tbieren  hervorrufen»  In  anderer  Weise  gingen 
Brieger,  Kitasato  und  Wassermann  (Zeitschr.  f,  Hyg.  S.  91) 
vor.  Sie  basirten  auf  der  Annahme,  dass  im  Körper  giftzerstörende 
Substanzen  vorhanden  sein  müssten,  und  dass  diese  sich  besonders 
in  zellreichen  Organen,  z.  B,  der  Thymus  finden  würden,  Sie  koanteü 
durch  Cultur  der  Bacterien  (Tetanus,  Cholera)  auf  den  Extracten 
aolcber  Organe  ihre  Virulenz  vermindern  und  durch  ihre  dann  er- 
folgende Einverleibung  Immunität  herbeiführen.  Einen  ähnlichei 
Einfluss  sah  auch  Bonome  seitens  des  Thymusextractes  auf  du 
EotsbaciUen  (Deutsche  med.  Woch*  Nr.  44), 

Am    genauesten   wurde   die   immunisirende   Wirkung   dei 


Allgemeine  Pathologie  und  pathologische  Anatoinie, 


91 


S  er  ums  studirt,  besonders  deshalb,  weil  auch  eiue  therapeutbche 
Verwerthung  von  ihr  erwartet  wird.  Auf  diesem  Gehiet  hat  vor 
allem  Behring  gearbeitet  (vergl.  die  früheren  Jahibb.)  Er  hat  in 
Bestätigung  früherer  mit  Kitasato  gemeinsam  aog^steilter  Beobach- 
tungen theils  unter  Mitbülle  von  Wer  nicke  für  die  Diphtherie^  theÜe 
allein  für  den  Tetanui*  gefunden  (Zeitscbr,  f*  Hyg,  Bd,  12),  dass  das 
Serum  von  Thieren,  die  nach  einer  bestimmten  Methode  immunisirt 
worden  waren,  bei  anderen  Thieren  injicirt,  Immunität  hervorruft 
Diese  Untersuchungen  sind  die  Grundlage  geworden  für  zahlreich© 
therapeutische  Versuche,  die  zunächst  bei  Thieren,  dann  aber  auch 
beim  Menschen  angestellt  wurden  (s.  vor.  Jahrb.) 

Behring  hat  wieder  (L  c»)  die  ausgedehntesten  Thierversuchö 
gemacht.  Es  gelang  ihm,  mit  virulentem  Diphtherie-  und  Tetaous- 
material  injiclrte  Thiere  durch  die  Seruminjectionen  zu  retten.  Man 
braucht  aber  weit  grössere  Serummengen  als  zur  Immunisirung  und 
um  so  grossere^  je  längere  Zeit  seit  dem  Krankheitsbeginn  verflossen 
ist.  Kitasato  konnte  diese  Angaben  für  den  Tetanus  bestätigen 
(Zeitscbr.  f,  Hyg.  BJ.  12j,  und  Tizzoni  und  Centanni  (Deutsche 
med,  Wocb.  Nr,  27  u.  31)  geben  an,  dass  sie  auch  bei  der  Hunds- 
wnth  die  gleichen  Resultate  hatten,  dass  a!so  das  Serum  immuoi- 
Birter  Thiere  auch  die  bereits  im  Ausbruch  begriffene  Rabies  heilen 
kann,  Sie  theilen  ferner  mlt^  dass  sie  das  wirksame  Agens  in  einem 
haltbaren  Alkohol  nie  der^ch  lag  aus  dem  Serum  dargestellt  haben, 
"Während  Behring  und  Trank  (Deutsche  med.  Woch.  Nr.  16) 
fanden^  dass  mit  Carbolsäure  versetztes  Serum  sich  zwei  Monate 
wirksam  erhält.  Auch  für  Typhus  ünden  sich  analoge  Angaben. 
Sanarelli  (Anuales  de  rinstitut  Fasteur  Nr.  11)  beobachtete ,  dass 
das  Serum  immunisirter  Thiere  die  Thyphusinfection  zu  hemmen 
vermag,  und  Stern  (1.  c.)  fand,  dass  Serum  von  Menschen  im  Re- 
convalescenzstadium  bei  Thieren  die  Typhusinfection  verhindert. 
Neben  solchen  positiven  finden  sich  auch  einzelne  negative  Mitthei- 
lungen,  Mosny  (Arch»  de  med.  exper,  Nr.  2)  konnte  Thiere^  die 
mit  virulenten  Pnoumoniekokken  inlicirt  wurden,  durch  Serum 
vaccinirter  Thiere  nicht  schützen.  Lazarus  (BerL  klin.  Woch. 
Nr.  4B — 44)  fand,  dass  das  Serum  von  cholerageheilten  Menschen 
Thiere  zu  immunisiren«  aber  nicht  von  der  voraufgegangenen  In- 
fection  zu  heilen  vermag,  und  was  die  Immonisirungsmethoden 
Behring'^s  betrifft,  so  meint  Zimmer  (Deutsche  med.  Woch.  Nr.  16), 
dass  keine  derselben  geuügende  Bicherheit  darbiete.  Diese  negativen 
Resultate  bedeuten  Indess  keineo  principiellen  Einwand  gegen  die 
Verwendung  des  Serums  immunisirter  Thiere  zu  Heilzwecken,  viel- 


952 


ßibbert 


mehr  kann  an  der  Mdglichkeit  einer  günstigen  Kinwirkucg  d6s 
Serums  auf  den  Verlauf  von  Tnfectionakraokbeiten  nicht  wohl  ge- 
zweifelt werden.  Man  hat  denn  auch  beim  Menschen  solche 
therapeutischen  Versuche  gemachtj  und  zwar  insbesondere  bei 
Diphtherie  und  Tetanus,  Von  einer  Aufzählung  der  einzelnen  Be- 
obachtungen  soll  hier  um  so  eher  abgesehen  werden,  als  bis  jetst 
aal'  diesem  Wege  nichts  Sicheres  erreicht  worden  ist.  Es  wird  zwar 
über  viele  Erfolge  der  Seruminjectionen  bei  Tetanus  berichtet,  aber 
da  von  Albertoni  (Therap*  Monatsh.  Nr,  9)  nachgewiesen  warde, 
daas  ohnehin  78 ^^u  aller  Tetanusfälle  heilen,  so  reichen  die  bisherigeji 
Beobachtui]gen  noch  lange  nicht  aus,  um  ein  bestimmtes  Urtheil  an 
ermöglichen. 

Im  Änschluss  an  diese  die  Bedeutung  des  Serums  betreffenden 
Mittheikuigen  sei  nur  noch  erwähnt,  dasa  Hankin  (CentralbL  für 
Bacter.  Bd.  l*i,  Nr.  22)  die  eosinophilen  Zellen  als  die  Quelle  der 
bactericiden  Kraft  deti Serums  ansieht,  und  dass  Tizzoni  und  Cattani 
(ib.  Bd.  li,  Nr.  11)  glauben,  dass  die  Umwandlung  des  Serums  in 
der  Milz  erfolgt,  da  sie  entmilzte  Thiere  nicht  mehr  gegen  Tetanus 
immunisiren  konnten. 

Durch  die  Studien  über  die  Eigenschaften  des  Serums  wurde 
die  Frage  der  Phagocytose  m  den  Hintergrund  gedrängt.  Zur 
Zeit  sind  im  Allgemeinen  die  Anschauungeii  der  intracellulären  Ver- 
nichtung der  Parasiten  wenig  giiostig*  So  betont  u*  A*  A.  Czap- 
lewski  (Zeitschr,  f.  Hyg.  Bd*  12,  S,  ;-U8),  dass  beim  üntergatig 
der  Milzbrand baci  Heu  in  immunen  Tauben  die  Phagocytose  keine 
ausschlaggebende  Bolle  spielte,  ja  dass  die  intracellular  gelegenen 
Bacillen  langsamer  degenerirten  als  die  freiliegenden.  Kruse  und 
Pansini  (1.  c)  betrachten  die  Phagocytose  hei  der  lofection  mit 
Pneumokokken  als  einen  secundaren  Vorgang.  Hankin  versuchte 
(CentralbL  f,  Bacter.  Bd.  12,  Nr.  2S)  die  Serumwirkung  und  die 
Phagocytose  zu  combiniren,  indem  er  annahm,  dass  die  Zellen  bei 
Gegenwart  stark  schützender  Serurabestandtheile  ^  der  sog.  Alexine, 
befähigt  seien,  die  aufgenommenen  ßacterien  zu  vernichten,  bei  Ab- 
wesenheit derselben  dagegen  nicht.  In  ähnlichem  Sinne  ineint  auch 
Metschnikoff  (Annales  de  Tinstitut  Pasteur  Nr,  d),  daas  bei  der 
Seh  wein  echolera  das  immunisirende  Serum  die  Phagocytose  gewisser- 
maseen  anreize  zur  Thätigkeit  und  sie  den  hacteriellen  Giften  gegen- 
über weniger  empfindlich  mache.  Im  Uebrigen  misst  er  dieser 
Phagocytose  die  wichtigste  Rolle  bei  der  Vernichtung  der  Bacterien 
bei.   Werigo  (ib.  Nr,  7)  stadirte  aufs  Neue  den  Milzbrand  und  gibt 


I 


1  nmii   BA.  1^  Kl  17;  b»> 


1899)  Md  Brmaaar  (GberaipbLCI 


€»E 


94 


Ribbert. 


nommen  und  metaatatisch  in  die  Scbilddrüse  verschleppt  war.  — 
Martha  (Archiv,  de  m^d,  exp^r.  Nr.  1}  zficbtete  in  zwei  Fällen  von 
Otitis  uiedia  aus  dem  Eiter  den  Bacillus  pyocyaneus. 

Jordan  nntersuchte  (Archiv  f.  klio.  Ghir.  Bd,  42,  B.  'S2b)  zwei 
Fälle  von  typischem  Erysipel  und  gewann  durch  Cultur  den  Sta- 
phylococcus  pyogene«  aureus.  Er  schliesöt  daher,  dass  das  Erysipel 
keine  ätiologische  Einheit  ist,  sondern  zwar  meist  durch  den  Ötrepto- 
coccna^  iß  einzelnen  Fällen  aber  auch  durch  Staphylokokken  ver- 
ursacht wird»  Kirchner  (CentralbK  f  Bacter.  Bd.  11^  S.  749)  be- 
obachtete bei  einem  Soldaten  eine  Mandelentzündung  and  etwas 
später  ein  Erysipel  des  Gesichts.  Beide  Erkrankungen  wurden  durch 
identische  Streptokokken  bedingt.  Da  man  bei  Vorhandensein  der 
beiden  Affectionen  auf  verschiedenen  Individuen  in  dem  einen  Falle 
von  Streptococcus  erysipelatos,  im  anderen  von  Streptococcus  pyogeiies 
geredet  haben  würde^  so  sieht  Verf.  in  dem  gemeinsamen  Vorkommen 
einen  Beweis  für  die  Identität  beider  Formen.  —  Pfuhl  (Zeitschr. 
f.  Hyg,  Bd.  12)  beschrieb  einen  Fall  von  Erysipel,  in  welchem  ab- 
weichend von  dem  gewöhnlichen  VerhaUen  eine  Allgemeininvasion 
durch  die  Streptokokken  zu  Stande  gekommen  war* 

Ueber  die  eitererregende  Wirkung  des  Diplocoocus 
pneumoniae  machte  Brunn  er  (Correspbl.  f.  Schweizer  Aerzte) 
eine  Zusammenstellung  und  ergänzte  sie  durch  einen  eigenen  Fall, 
in  welchem  sich  in  einem  bei  Pneumonie  entstandenen  Handgelenks- 
abscess  die  Diplokokken ,  in  der  Lunge  diese  und  Staphylokokken^ 
im  Blut  nur  diese  letzteren  fanden. 


b.    T  u  b  e  r  c  u  1  o  8  e. 

Ueber  die  Histologie  der  Hühnertuberculose  berichtete 
Pfander  (Arbeiten  aus  d.  patholog,  Institut  zu  Tübingen  S.  309b 
Er  fand  in  Uebereinstimmtmg  mit  früheren  Beobachtern,  dase  die- 
selbe sich  von  der  menschlichen  Erkrankung  durch  die  SpärUchkeit 
der  Kiesenzellen,  die  abweichende  Form  der  Verkäsung,  die  Neigung, 
eich  mit  einem  BindegewebBgürtel  zu  umgeben^  die  lebhaftere  Ver- 
mehrung der  Bacillen  unterscheidet.  Pfand  er  ist  der  Ansicht,  dass 
der  Mikroorganismus  der  Hühnertuberculose  ein  Bacillus  von  ge- 
ringerer Virulenz  als  derjenige  der  menschlichen  Tuberculose  ist 
Bei  Erwägung  des  Infectionsmodus  kommt  Verf.  zu  dem  Schlass, 
dass  die  Uebertragung  diircb  VerCüttening  auszuschliessen  sei.  Ei 
meint,  daea  eine  Infection  ab  ovo  vorliege  (vergl.  oben  Baumgartenj 
Vererbung).  —  Wichtige  Beobachtungen  über  die  „Morphologie 
und  Biologie  des  Tuberculoseerregers^  theilte  Fiachel  mit 


?«rL  V.  Braamaöller,  Wien).  Hier  können  nnr  die  Resultate  an- 
krt  werden.  Nach  den  Beobachtungen  Fischers  ist  der  Tuberkel- 
Hllus  die  parasitische  Form  eines  ursprünglich  soprophy tischen 
plMULorpben  Mikroorganigmus,  der  in  der  Cultor  makroskopisch 
nd  mikroskopisch  Aebnlichkelt  mit  dem  Actin  omyces  zeigt  und 
Ttetleieht  mit  ihm  verwandt  ist.  Der  Bacillus  der  Hühnertuberculos© 
ül  nur  eine  Ernährung^moilification,  die  auf  dem  Boden  des  Hühner- 
Ibdrpers  ihre  Wachst  hu  möfahigkeit  auf  dem  Menschen  eingebüsat  hat 
Der  Taberculoseerreger  ist  ferner  auch  bei  künstlicher  Züchtung 
noch  variabel,  jedoch  gelang  es  noch  nicht,  den  menschlichen  Bacillus 
80  CQ  beaioflusseD,  dass  er  die  Hühnertuberculose  hervorrief. 

^m        Ueber   das  Vorkommen  des  TuberkelbaciUus  beim  Men- 

^^cben    und    die  Histologie  der  Erkrankung   Hegen  nur   wenige  Mit- 

^^hailoiigeD    vor.     Pizzini   (Zeitschr.  f.   klin.  Med.  B<K  21)   will   bei 

gesmiden  Individuen  in  42 Öq  der  Fälle  Tuberkelbacillen  in  verscbie- 

denea    Lymphdrüsen    gefunden    haben.     Er    stellte    ihre   Gegenwart 

doreh    Verimpfung    der  Drüsen    auf   Thiere    fest,   —    Pawlowsky 

(Aimaled  de  Tinstitut  Pasteur  Nr,  2)  studirte  die  experimentelle  Knie- 

gtleiikstobercalose  der  Meerschweinchen   und  wendete  sich  insofern 

I      gagon  Baumgarten  (s,  Jahrb.  1886)^  als  nach  seiner  Meiouno:  die 

BieseDxeUen   auch   aus  Leukocyten,    nicht  nur  aus   den  fixen  Zellen 

iMnrorgehen  können.   Kirstein  (Heri,  med.  Oesellscb,  ref.  Berl.  kfin, 

I  Woch.  Nr.  3)  demonstrirte  einen  Fall  von  menschlicher  Ttiberculose, 
der  »ch  infolge  des  Vorhandenseins  plaqueartig  oder  gestielt  ußd 
pofyp^s  aufsitzender  tubercalöser  Knoten  des  Peritonenm  durch  seine 
Aabnlichkeit  mit  Ferlsucht  auszeichnet«.     Der  Fall  ist  analog  dem 

|{       fOO  Jürgens   auf  dem  X.  internationalen  Congress   demonstrirten. 

II  Aoeh  Troj  e  (ib.)  sah  eine  perl  such  tähnliche  ErkraokuDg  der  Pleura  und 
I       borichcete  ferner,  dass  bei  Kaninchen,  denen  mit  Jodoform  behandelte 

BfteiUeD  injicirt  worden  waren,  sich  eine  richtige  Perlsucht  entwickelt 
bsHe^  Wahrscheinltch  beruht  das  Zustandekommen  dieser  abweichen- 
d«Q  ürkrankungeD  auf  der  Wirkung  abget^chwächter  Bacillen»  —  Eine 
solche  Abschwächung  konnte  ausser  durch  das  Jodoform  von  Gra- 
matachikoff  (Centralbl  f.  patholog  Anat  1891,  Nr.  25)  auch  da- 
dvrch  erzielt  werden,  dass  er  menschliche  Bacillen  in  Pergament- 
fipter  and  Thiermembranen  in  die  Peritonealhöhle  von  Hühnern 
bmelite.  Nach  einiger  Zeit  fand  er,  dass  diese  Bacillen  deutlich 
abgCMhwächt  warec^  wie  er  durch  Verimpfiing  auf  Kaninchen  fest- 

Fanl    v.   Wiehert   (Nauwerck's    pathoL-anat    Mitth.    Nr.   15) 


* 


brachte  neues  Material  zur  EeurtheiiuDg  der  von  Tang!  (s,  Jahrb. 
1891 J  aufgestellten^  mehrfach  bezweifelten  Behauptung  von  der  tuber- 
culöBen  Natur  des  Chalazion*  Er  untersucbte  34  Fälle  und  konnte 
in  ^i-  derselben  durch  die  histologieche  ünteraiichung  und  in  einigen 
auch  durch  Auffindung  von  Bacillen  den  tubercul5sen  Charakter 
nachweisen. 

Die  Wirkung  todter  Bacillen  prüffcen  Gran  eher  und  Ltdoiix- 
Lebard  (Arch.  de  mM*  exper.  Nr.  1)  öuwie  Vis&manii  (Virchow's 
Archiv  Bd,  129).  Beide  Untersachungön  bestätigten  die  auageeprochea 
entzandliche  Wirkung  der  abgestorbenen  Bacillen  in  Bestätigung  dar 
Angaben  von  Koch,  sowie  von  Prudden  und  Hoden pyl  und 
Straus  und  Gamaleia  (vergl.  vor.  Jahrb.) 


Die  TübereuUnwirkung  wnrde  ausser  in  hier  nicht  zu  er- 
wähnenden klinischeu  UntersuchuDgen  auch  experimentell  wieder  von 
vielen  Seiten  gepriiti.  —  Ein  günstiges  Ergebnias  verzeichnete 
Sattler  (Deutsche  med,  Wocb.  Nr*  1  u.  2).  Bei  einem  Kaninchen 
sah  er  den  durch  Einimpfung  lupösen  Gewebes  in  der  vorderen 
Augenkammer  erzeugten  Frocess  unter  Anwendung  des  Tuberculina 
verschwinden  bis  aof  einen  Rest,  der  exstirpirt  wurde,  und  auf  ein 
zweites  Kaninchen  in  gleicher  Weise  übertragen,  eine  günstig  ver- 
lautende Tuberculose  hervorrief.  Auch  Kitas ato  (Zaitschr.  f.  Hyg. 
Bd.  12)  hatte  gute  Eesultate.  Er  sah  einen  günstigen  Einäuss  auf 
Luogenerkrankung  bei  Meerschweinchen.  Fünf  Thiere  lebten  noch 
nach  sieben  Monaten  und  hatten  sich  so  erholt,  daes  sie  den  Eindruck 
von  gesunden  machten.  Klebs  berichtete  ferner  über  gute  Erfolge 
bei  Anwendung  des  nach  seiner  Methode  von  schädlichen  Bei- 
mengungen befreiten  TuberculiuB^  w^elches  er  in  dieser  Form  Tuber- 
culocidin  nennt.  Die  übrigen  Mittheilungen  lauten  ungünstig.  L  e  n  s  d  e  n 
(Dißsert.  Marburg)  untersuchte  tabercölose  Knochen-  und  Gelenk- 
affecttonen  des  Menschen  nach  Tuberculinbehandlung  und  fand  keine 
auf  Heilung  hindeutende  Veränderungen ,  während  er  an  den  mit 
Jodoform  behandelten  Objecten  u.  A.  eine  weit  fortgeschrittene  Or- 
ganisation des  Graniilationsge wehes  auffand  und  daher  dem  Jodo- 
form eine  günstige  Einwirkung  zuschrieb.  C^aplewski  und  Boloff 
(BerL  kl  in.  Woch.  Nr.  29)  erzielten  bei  experimenteller  Augen-  und 
Allgemeintuberculose  keine  Resultate,  die  auf  einen  heilenden  Einfluas 
des  TubercultDs  hindeuteten^  und  bestätigten  so  die  Kesultate  Baum- 
gar ten't^  (s,  vor.  Jahrb.).  —  Yamagiva  (Virchow's  Archiv  Bd.  12^) 
sah  gleichfalls  keinen  Erfolg  von  der  Methode,  —  Gramat schi- 
lt off  (Arbeiten  au6  dem  patholog.  Institut  zu  Tübingen  Bd.  1,  S.  28+^ 


»7 


.M3)  prafte 


did  plijdologjscben  Wirkungen  und  Imnd, 


6Mi  dm^  ToberciilLn  ein  beBanders  die  rothen  Bltitkorparchen  scbidi- 
ftfidwi  Blat|cift  ist.  £r  inficirte  femer  Kanineben  intraocolmr  mit 
^rnmÜBdaa  TimkiDtam  M&tarial,  beobacbtete  aber  unter  Taberculin- 
Mmdlung  nur  in  mmem  faUd  bei  Anifendong  stark  abgedchwäcbten 
sine  «pschetaeod  ?dttige  Heüang,  jedocb  ging  aacb  bei 
i  OoDtrothhier  der  Prooeas  spontan,  wenn  auch  langsamer  lorück, 
iem  recädiTirte  dort  der  Prooeas  und  vemicbtete  scbliesalicb 
noch  etn  Auge.     Im  Üebngen  sah  er  keioe  vortheilbaften  £r- 


^^m  c  PneamoDie. 

^H       Krase  and  Pansioi  (Zeitscbr.  f.  Hygiene  Bd.  11,  S,  279)  Ter- 

^Hbildic^teii  Untersncbungen  über  den  Diplococcns  pneumoniae 

P^ld  Yerwaadte  Streptokokken.    Sie  fandeo,  daas  es  viele  Spielarten 

1     4ea  Oiplo<x>ccas  gibt^   und  dass   einzelne   derselben   im  Wacbstbum 

[     AiliaUchkeit   mit  den   Streptokokken   zeigen   können.     Der   Verlauf 

der  lafeccton   bei  Kaninchen   hängt  ab   von  dem  Alter   der  Thiero, 

der  Tirulenx  der  Kokken^  der  Meoge  des  Impfmaterlales*    Nicht  alle 

TUere   aind   gleich  empfänglich^  der  Mensoh  im  Allgemeinen  wenig 

ntr  Infection  geneigt.    Netter  (Arch.  de  m6d.  expi^r.   Nr.  1)   stu- 

I      dirte  die  Aetiologte  der  Bronchopoeumonien  und  sah,    dass  de 

j      dnrek  Poeumokokken ,  die  sich  besonders  bei  Erwachaeneii  tinden, 

Ijdarch  Streptokokken,  die  am  meisten  bei  Kindern  vorkommeQ^  durch 

^^VrittdlJInder^s  KapselbLicillus  und  durch  Staphylococcus  aureus,  oft 

^■oroh  mehrere  dieser  Arten  zugleich  bedingt  sind.     Diese  Bacterien 

^^Maunnten  aus  der  Mundrachenhöhle,  die  Bronchopneumonie  ist  daher 

OMWt  das  Resultat  einer  Autoinfection .  Fischer  und  L  e  v  y  (Deutsche 

2Seit9cfar.  f.  Chir.  Bd.  32}  beobachteten    in  Bronchopneumonien,    die 

W  iDcareerirten  Hernien  auftraten,  im  Bruch wasser  und  den  Lungen 

«iaael  das  Bacteriam  coli  commune,  einmcd  den  Staphylococcus  aibusi 

■chtteaaeo  also,   dass  die  Lungenprocesse  in  diesen  Fällen   metasta- 

Natur  waren  (vergl.  Jahrb.  1891,  Septikämie). 

Jakowski  (Q^azeta  lekarska  u.  Centralbl.  f.  Bact«  Bd.  12,  S.  &59) 

aatarsuchta  zahlreiche  Fälle  von  Pleuritis  und  kam  zu  dem  Ergeb- 

dass  dieselbe,  wenn  sie  primär  ist,  meist  durch  den  Diplococcas 

ht  wird.     Eiterige  Exsudate  beruhen  auf  Miachinfection.    In 

^ealtenen  Fällen  ündet  man  keine  Mikroorganismen,   es  handelt  sich 

dann    meist   um  Tuberculose.  —  Goldscheider   (^Zeitschr.  f.  klin. 

üed.)  ^nd,  dass  bei  acuter  seröser  Pleuritis  dreimal  Staphylokokken 

md   Streptckokken  vorhanden  waren,   die  somit  nicht  nothwendig 

ffitenuig  machen  müssen, 

4.  prsct,  Ikiedicio.    18v*i.  '* 


j^H^^^l^fbucii 


98 


Ribberl, 


üeber  die  pyogeoe  Fähigkeit  der  Diplokokken  sieh©  oben 
„Septikämle".  Hier  sei  nur  erwälmt,  dass  K,  Zenker  (DeutaGhes 
Archiv  f.  klin.  Med.  Bd,  50)  in  einem  Falle  von  Pneumonie  am 
Bechsteo  Tage  eine  ongewöhnlicli  ausgedehnte  Vereiterang  den  hepa- 
tieirten  Gewebes  beobachtete,  die  nur  durch  sehr  grosse  Mengen 
von  Diplokokken  veranlasst  war. 

d.   Typhus. 

Mehrere  Arbeiten  betreffen  die  Unterscheidung  des  Typhus- 
baciilus  von  dem  Bacterium  coli  commnne.  Chantemesse 
and  Vi  dal  haben  bereits  im  Jahre  1891  (Le  Bulletin  m4d,  S,  935) 
angegeben,  dasa  daa  Bacterium  coli  Milchzucker  vergährt,  dass  der 
Typhusbacillus  dies  aber  nicht  thut.  Diese  Angaben  fanden  dnrch 
die  folgenden  Arbeiten  Bestätigung,  Luksch  (CentralbL  f.  Bacteriol. 
Bd.  12,  S,  427)  fand  ausserdem,  dass  daa  Bacterium  coli  weit  ge- 
ringere Eigenbewegung  zeigt,  und  dass  es  sehr  schwer  iat,  an  dem- 
eelben  dnrch  Löffler*s  Methode  die  Geissein  zu  färben,  während 
diea  bei  dem  Typhusbacillus  leicht  gelingt.  —  Wurtz  (Arch.  de 
m^d.  exp6r,  S.  85)  hob  her  vor,  dass  öich  die  eine  Bacterlenart  nicht 
mehr  auf  der  Gelatineoberfläche  entwickelt,  auf  welcher  bereits  die 
gleiche  Species  gewachsen  war.  Die  andere  Art  gedeiht  dagegen 
noch  auf  einem  solchen  Boden.  —  P6r6  (Annales  de  Pinstitut  Pa- 
Bteur  S.  512)  studirte  eben  lalle,  die  beiden  Mikroben  und  konnte  sie 
durch  ihren  Einfluss  auf  die  Nährsubstrate  leicht  unterscheiden.  — 
Dnnbar  (Zeitschn  f.  Hyg.  Bd,  12)  hob  hervor^  dass  die  bisherigen 
Züclitungekriterien  für  die  Typhusbacillen  nicht  mehr  genügoo,  dass 
man  sie  aber  durch  Cultnr  auf  Milch,  die  nicht  gerinnen  darf,  und 
in  Bonillon,  in  der  keine  Gase  entstehen  dürfen,  von  dem  Bacterium 
coli  commnne  sicher  unterscheiden  kann.  Auch  Tavel  {Semaine 
m^»  Nr.  8)  betonte  die  Unterscheidungsmerkmale  der  beiden  Arten, 
insbesondere  gegenüber  Roux  nnd  Rodet  (8oci6t^  nation.  de  Lyon, 
1.  Februar),  die  zu  dem  Resultate  gekommen  waren ^  dass  die  beiden 
Bacillen  nur  Varietäten  derselben  Species  seien.  Auf  Grund  der  an- 
gefahrten Arbeiten  kann  man  diese  Auffassung  wohl  als  widerlegt 
ansehen.  —  Was  die  pathogene  Wirkung  des  Typhusbacillus 
angeht f  so  fanden  Rosin  und  Hirsch el  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift 8.  493)  in  einem  Falle  von  Typhus  am  Unterschenkel  eine 
eigenthümliche  harte  Infiltration,  in  welcher  sie  lediglich  den  Typhus- 
bacillus  nachweisen  konnten^  dessen  Fähigkeit  zu  metastatischer  Ent- 
BÜndung  bekannt  ist  (s.  frühere  Jahrbücher).  Auch  Dupraa  fand 
bei  eiteriger  Thyreoiditis  und  in  einem  osteomyelitischen  Herde  nach 


r.  Ckolera. 

Pfeiffer  (Zeitedu-,  f.  Hjg.  Bd.  11,  S.  383)  kouto  Mgeii,  dmn 
tm  OegeoeatB  m  den  von  Hneppa  gwamditea  Abgaben  (s.  Jaiirb.  1S91 
«.  1892)  attcb  die  bei  Loltziicntt  gBctehtefeec  ChoUrabacilleii  duck 
nitapgivB  Gifiwirkmig  wma^ßnkhmt^  mmL  Geringe  mtrmperittmeftl 
iisgelUrte  Menden  jung^  Caltareo  omd  für  Heeraeliwemdien  todt- 
Befc^  obgleich  i&  der  Leicbe  nur  Teretnxelte  lebende  ßacterien  nach* 
tmpciwM  fliiid.  Terf.  Iddtate  hrner  die  CohureB  durch  Hiud, 
vdcbe  die  Gifte  ndgüebBt  wenig  angrifF^i  (ddoroform,  Tfaymo], 
'faiekaea),  and  iaod,  daas  nie  auch  dann  noch  ähnliche  toxische  Wo*- 
kaBgen  nrigtaD,  £r  hält  die  giftigen  Sohstanzen  f&r  einen  inte- 
grifesMien  Bestuidtbeil  der  Bacterienl eiber.  —  Aach  Gamaleia  (Arck. 
da  m^  expör.  Nr*  2)  stadirte  die  Giftbildiing  der  Kommabacilleo. 
fir  oonatatirte^  dass  ans  Onlturen^  die  bei  niederen  Temperatareia 
•tefiBstrt  worden  waren ,  ein  Toxin  tn  gewinnen  war^  weLchea 
Tliiere  unter  den  ih^cheintingen  der  menachlicheii  Cholera  tödtete. 
Atta  den  bei  hohen  Tefaperaturen  getddteten  Cnltttren  stellte  er  gleich - 
idla  ein  Gift  dar^  welches  anter  anderen  Symptomen  todtlich  wirkte. 
Dic0ee  letztere  setzte  er  in  Analogie  mit  dem  Tabercalin  nnd  den 
Alkaiialbnmtnen  Bnchner's,  das  erstere  mit  dem  Diphtherie-  und 

TetKQOsgift.  Die  giftigen  Substanzen  sind  die  wichtigsten  Be- 
aUadtheile  des  Bacterienkörpers. 

Die  CholeraepidemieD  dea  yergangenen  Jahrea  haben  im  Üebrigen 
acfi  Ne^e  Beweise  für  die  pathogene  and  die  diagooetiache  Beden* 
isag  des  Kommabacillas  erbracht« 


lOU 


ÜibberL 


r,  Di  phtkeritis. 

M.  Martin  untersuchte  (Annales  de  Fiostltut  Pasteur  Nr.  5) 
200  Fälle  von  Diphtherie  und  fand^  daas  die  bacteriologisohe  Prü- 
fung stete  ein  raacheö  und  sicherea  Mittel  an  die  Hand  gibt,  um  die 
Diagnose  au  ßtellen  und  Fälle  echter  Diphtherie  von  pseudediphthe- 
rifichen  Erkrankungen  mit  Membranbildung  zu  unterscheiden.  Eiu 
Theil  der  Fälle  von  Diphtherie  ist  nur  duroh  die  Kl ebs-L off  1  er- 
sehen Bacillen,  ein  anderer  zugleich  auch  durch  Streptokokken  be- 
dingt. Diese  cemplicirten  Fälle  sind  die  geflibrlicheren,  —  Spronck 
(OentralbL  f.  patholog.  Anat,  Nr.  1 )  fand  in  mehreren  Beobachtungen, 
daes  von  der  tracheotomißchen  Halöwunde  auts  DiphtheriebaciUen  in 
das  Unterhautzellgewebe  eingedrungen  waren  und  bier  entaundlich- 
ödematöse  Schwellang  bewirkt  haben.  —  Martiu-Sidney  (ßrit.  med. 
Journ.,  26,  Märss)  hat  aus  den  Geweben  an  Diphtherie  verstorbener 
Kinder  Albumosen  gewonnen^  die  bei  Thieren  intravenös  injicirt 
tödtliche  Paresen  hervorriefen.  Er  gibt  ferner  an,  Degenerations- 
erscheinongen  peripherer  Nerven  gefunden  zu  haben,  femer  ähnliche 
Veränderungen  am  SympathicuB.  Die  d ip ht her i tischen  Toxine  seien 
somit  echte  Nervengifte.  Aock  aua  diphtheritLgcben  Membranen  ge- 
waim  er  ähnlich  wirkende  Albumoaeo. 


g.  Tetanus. 

Nieolaier  berichtete  über  die  Aetiologie  des  unter  halbseitiger 
Facialistähmung  und  unter  Krämpfen  der  ScUundmusculatur  nach 
Verletzungen  ^Jm  Bereich  der  zwölf  Hirn  nerven  auftretenden  Kopf- 
tetanua.  Er  konnte  in  einem  Falle  die  Tetanusbacillen  als  Ursache 
nachweisen.  —  lieber  die  Genese  der  Tetanusinfection  machten  Vail- 
lard  und  Vincent  (Annalea  de  l'institut  Paateur  Nr.  5),  dowie 
Vaillard  und  Rouge t  (ibid.  Nn  6)  wichtige  Mittheilungenj  die  im 
WeHentiichen  darauf  hinausgehen^  dass  die  Tetatjusbacillen  durch 
ihre  Toxine  wirken,  daas  sie,  von  diesen  Giften  befreit,  für  eich  allein 
nur  in  grossen  Mengen  vermittels  der  in  ihrem  Leibe  enthalteuen 
SubstaQzen  Bcbädlich  srnd,  dasa  nie  aber,  mtt  anderen  Bacterien arten 
eingeführt)  sich  zu  entwickeln  vermögen.,  und  dasa  eben  nur  unter 
diesen  ümstäBden  eine  Infection  zu  Stande  kommt.  Ein  ladigliok 
mit  Tetanusbacillen  behafteter  Holzsplitter  ruft  daher  keinen  Tetanus 
hervor. 

Während  Kitasato  und  Nissen  (a,  vor»  Jahrbuch)  im  Bluto 
Tetanuskranker  das  Tetanuatoxin  nachweisen  konnten.,  gelang 
es  Kallmeyer  in  einem  Falle  nicht  (Deutsche  med.Wochenschr.  Nr,4), 


AUfemdne  Pathologie  und  pathologische  Anatomie. 


101 


Stero  (ibid.  Nr.  12)  hatte  dagegen  in  zwei  Palleii  eineo  positiven 
Erfolg  und  föhrt  jenes  negative  Ergebniss  darauf  znrück,  daes  Kall- 
meyer  zq  wenig  Serum  angewandt  habe. 

h.    I  D  f  1  u  en  xa. 

Nachdem,  wie  im  Jahrb.  1891  berichtet  warde^  die  zahlreichen 
bacteriologiscben  Untersuchungen  bei  der  damaligen  InÖuenza- 
epidemie  ergebnisslos  geblieben  waren  |  gelang  es  Anfang  1892 
R,  Pfeiffer  in  dem  Bronchialsecret  kleinste  Stäbchen  ausfindig 
«a  machen,  die,  den  Bacillen  der  Mauseseptikämie  ähnlich,  in  uncom» 
plicirten  Fällen  ausschliesslich  vorhanden  waren,  sich  aber  zunächst 
Äof  Zuckeragar  nur  schwer  und  nicht  über  die  zweite  Generation 
hiBaus  züchten  Hessen  (Deutsche  meH,  Wochenschr,  Nr,  2).  Gleich- 
seitig theilte  Ki  tasato  mit,  dass  es  ihm  gelungen  sei,  die  Stäbchen 
aaf  Glycerinagar  durch  mehrere  Generationen  zu  züchten,  dass  die 
CoJonien  äuti^serst  klein  und  daher  leicht  zu  übersehen  seien,  dass 
sie  nicht  confluirten  und  eich  leicht  von  allen  anderen  Bacterienarten 
ODterscbeiden  Hessen  (ibid,).  Später  berichtete  dann  E,  Pfeiffer 
(ibid^  Nr.  21),  dass  er  nunmehr  die  Bacillen  sehr  gut  auf  Agar 
icfichten  könne,  auf  dessen  Oberfläche  etwas  menachliches  Blut  ver- 
rieben wurde.  Die  Stäbchen  bedürfen  offenbar  gewisser  Eiweisa- 
Stoffe  za  ihrer  Entwickelung,  die  im  Blute  enthalten  sind.  Von 
anderer  Seite  gemachte  Angaben ,  dass  die  Bacillen  sich  auch  im 
Blate  fänden,  konnten  nicht  bestätigt  werden,  Die  Mittbeilungen 
Pfeitfer's  and  die  Nachuntersuchungen  durch  andere  Bacteriologen 
lassen  keine  andere  Deutung  zu,  als  dass  in  jenen  Stäbchen  die  Er- 
reger der  Influenza,  die  Influenzabacillen,  gefunden  sind. 


i.   Scharlach. 

Im  Blute  Scharlachkranker  sind  schon  früher  mehrfach 
Itreptokokken  nachgewietsen,  deren  Bedeutung  verschieden  auf- 
gefssst  vtirde.  D^Espine  and  Marignac  (Arch.  de  med.  exp6r.  Nr.  4} 
haben  eioen  solchen  Befund  neuerdirtgs  erhoben  und  glauben,  dass 
der  von  ihnen  gezüchtete  Streptococcus  sich  von  den  anderen  Arten 
in  genügend  sicherer  Weise  unterscheide  —  andererseits  hat  Böhm 
(Arbeiten  aus  dem  pathol  Institut  in  Tübingen  S.  893)  in  einem 
prftgDsnten  Fall  von  Scharlach  ein  völlig  negatives  Oulturresultat  ge* 
habe  und  ist  der  Ansicht,  dass  die  von  anderen  Seiten  gewonnenen 
Streptokokken  secundäre  Eindringlinge  sind,  alüo  mit  der  Aetiologie 
dei»  Scbarlachs  nichts  za  thun  haben. 


102 


Bibbert, 


k.  Actin  üinykoae. 

Während  man  den  Actinomycee  bisher  gewöhnlich  zu  den 
Bacterien  stellte  und  den  GJadothrixarten  zurechoete,  kam  Domec  zu 
dem  Schlusßf  dass  eB  sick  um  eine  Hjphomycetenart  handele^ 
die  den  Mucedineen  angehöre.  Er  stützte  sich  auf  das  Aussehen 
der  Culturi  auf  das  Wachsthum  auf  stark  sauren  und  süsaen  Nähr* 
böden,  auf  das  von  ihm  beobachtete  durch  Abschnüruag  vor  sich 
gehende  Entstehen  von  Sporen  an  den  Enden  der  Fäden  und  auf 
das  Auskeimen  derselben  zu  Fäden.  Auch  Sauvageau  und  Ra- 
dais (Aunales  de  Finstitut  Pasteur  ^v.  4)  Bind  der  Ansiclit,  dass 
die  S  t r  e  p  t o  t h  r  i  X  art en^  zu  deu en  sie  den  Aetin o my ces  rechnen,  z u 
den  Mucedineen  gehöreu,  während  die  Cladothrixformeni  zu  denen 
der  Äctinomycts  meist  gestellt  wird,  Bacterien  seien.  Auch  sie  be- 
gründen ihre  Meinung  durch  das  Verlialten  der  Cultur  und  durch 
die  endständige  Sporen bildung. 


1*  Malaria. 

Das  Interesse  an  den  Malariaparasiten  concentrirte  sich  auf 
die  Frage  nach  den  einzelnen  Arten  derselben  bei  den  verschie- 
denen Malaria  formen.  Bekanntlich  (s.  Jahrb.  1891)  hat  Golgi 
angenommeni  dass  dem  Tertian-,  Quartan*  und  irregulären  Fiebern 
besondere  Parasiten  zukommen.  Die  der  beiden  ersten  Arten  sind 
besonders  amöboide  Formen,  die  der  letzteren  sind  durch  das  Vor- 
kommen der  Sicheln  oder  Halbmonde  auegezeichnet.  Dieser  Aul- 
tassang  schlössen  sich  in  der  Hauptsache  Kamen  (Ziegler's  Bei- 
träge Bd.  11  u.  12)  und  Korolko  (Monogr.  8t.  Petersburg)  an. 
Ersterer  betont^  dass  die  Tertianamöben  zarter,  weicher,  zerfliess- 
licher,  die  Quartanamöben  compacter,  rundlicher  sind,  dass  jene 
sich  in  6 — 8  junge  Zellen,  diese  sich  in  doppelt  so  viel  Theile  zer- 
legen. Die  Sichelformen  sah  Kamen  auch  im  Innern  der  rothen 
Blutkörperchen^  während  man  bisher  annahm,  dass  sie  nur  an  ihnen 
anhaftend  vorkämen.  Korolko  meint ,  dass  man  vielleicht  die 
Amöben  des  Quartan-  und  des  unregelmässigen  Fiebers  als  eine  Art 
anzusehen  habe,  während  er  allerdings  die  TertianamÖbe  gleichfallB 
scharf  von  den  anderen  trennt.  Marchiafava  und  Bignami 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr,  &2)  unterscheiden  vier  Formen  von 
Amöben:  Die  Amöben  der  Quartana,  der  Tertiana,  der  Sommer- 
Herbst  tertiana,  der  Qaotidiana,  Die  beiden  letzteren  Varietäten  be- 
dingen die  perniciösen  Formen  der  Malaria.  Die  Amöben  rufeu  nicht 
nur  im  Blut,  sondern  auch  am  Gefässsjstem,  insbesondere  der  Milz, 


Allgemeine  Pathologie  ntid  psthologische  Anatomie.  IQ3 

aber,  Knochemnark  VeräDderuDgen  hervor,  die  zum  Theil  die  Ma- 
SU  erklären  vermögen« 

HU  Thierieche  Parafliteo. 

Kruse  schrieb  (Hygienische  Hundsohau  Nr.  9)  einen  orientiren- 
Artikel  über  den  gegenwärtigen  Stand  unserer  Kenntnisse  von 
dm  parasitären  Protozoen,  auf  den  hier,  auch  wegen  des  oben 
Qber  die  Malaria  Gesagten,  nur  verwiesen  werden  kann. 

Ueber  die  epidemische  Dysenterie,  die  man  (vergL  vor.  Jahrb.) 
Tielfacb  auf  Amöben  zurückzuführen  versucht  hat^  b'egen  drei  Mit- 
tlHBÜangen  vor.  Maggiora  (Centralbl.  f^  Bacter.  Bd.  11^  Nr.  G — T) 
a|ir«cii  sich  dahin  aus,  dass  die  Aetiologie  der  Dysenterie  nicht  ein* 
iMitücb  sei,  sondern  dass  die  Erkrankung  auch  durch  Bacterien  ver- 
QTBacbt  sein  könne.  Er  selbst  sah  nur  einmal  eine  einzige  Amöbe, 
im  Uebrigen  fand  er  verschiedene  Bacterienarten  (B.  coli  commune, 
Bw  pycM^aneus),  lässt  es  aber  unentschieden,  ob  gerade  diese  die 
DfBiebe  sind.  Ogata  (ibid.  Bd.  11,  Nr.  9^10)  züchtete  in  Japan 
bei  Dysenterie  kurze,  feine  Stäbchen  von  charakteristischer  Be- 
a^Iiaffenheit,  die,  in  verschiedener  Weise  übertragen,  bei  Thieren  vor 
Allem  BlatuDgen  und  Gescbwürsbildung  im  Dickdarm  erzeugten* 
Ogata  hält  si©  daher  für  die  Ursache  der  in  Südjapan  eiuheimi- 
dcb^n  Dysenterie.  Nasse  andererseits  gewann  aus  Leber abscessen 
AaOhm  (Wochenschr.  t  klin.  Chir.  Bd.  43). 

Iln  zwei  Fällen  von  Lungengangrän  konnte  Streng  (Fortschr. 
4.  Med.  Nr.  19)  in  dem  Sputum  Infusorien  nachweisen,  in  Ueber- 
etodlimmong  mit  früheren  Angaben  von  Kannenberg  und  Litten. 
Die  Thierchen  boten  lebhafte  Eigenbewegung  und  vermehrten  sich 
in  Bouillon,  in  welche  Sputum  eingebracht  wurde.  Ueber  die  Be- 
deutung derselben  fQr  die  Lungengangräu  ist  ein  Urtheil  noch  nicht 
Tamagiva  machte  genauere  Mittheil tiogen  (Virchow's  Archiv 
Bd.  127,  S,  446}  über  eine  schon  von  Balz  beschriebene  (s.  Jahrb, 
1884),  durch  einen  Wurm,  das  Distomum  pulmonale,  veranlasste 
Krankheit,  die  in  Japan  endemisch  ist.  Die  Thiere  siedeln  sich  vor 
ABam  in  den  Lungen  an,  wo  sie  in  cystenartigeu  Hohlräumen  sitzen, 
aiMsenlem  besonders  in  der  Leber,  aber  auch  in  anderen  Organen 
(Oabim).  Die  Prognose  ist  je  nach  dem  Sitze  der  Würmer  ver- 
salueda&.  Sie  wandern  wabrscbeiulieb  vom  Darme  aus  ein.  — 
Aacboff  (ibid,  Bd.  130,  S.  493)  beobachtete  einen  neuen  Fall  von 
Ansiedelung  des  Distomum  lanceolatum  in  der  menschlichen  Leber  bei 
l&jäbrigen  Knaben,     Der  Befund   wurde   lediglich   diurch  das 


104 


Ribhert. 


Kikroskop  gewocneD,  was  Verf»  veraiilaBSt^  auf  dies©  Art  der  Unter- 
SüchuDg,  die  Leuckart  schon  gefordert  hat,  bei  Verdacht  einer 
Wiirmkraukbeit  von  Neuem  hinzoweitjen. 


II.    Allgemeine  Pathologie  und  pathologisciie  Anatomie. 

L  Blut. 

Aschoff  studirte  (Virchow^s  Archiv  Bd,  IBO)  die  Genese  der 
Th rem  bei).  Erfand,  dass  sie  sich  zimächst  ans  Blutplättchen  und 
Leukocyten  id  der  Weise  bilden,  das«  aias  jenen  ein  badeschwamm- 
ähnlicher  Aufbau  hervorgebtj  dessen  Balken  sieb  in  ihrer  Peripherie 
yorwiegend  aas  Leukocjten  zusammensetzen.  In  den  Lücken  dieses- 
Gerüstes  circuHrt  in  der  ersten  Zeit  noeb  Blut,  aus  welchem  eich 
mit  zunehmendem  Alter  des  Thromhns  mehr  und  mehr  Fibrin  aut 
die  Balken  und  an  Stelle  derselben  niederschlägt,  so  dass  es  scbliess- 
lich  den  Haupt  antheil  des  Thrombus  bildet.  Die  gerippte  Beschatfen- 
heit  der  Thrombus  Oberfläche  (vergK  Jahrb.  1892)  hängt  mit  dieser 
Bildungsweise  zusammen ,  da  die  jüngsten  Theile  jener  Balken  den 
vorspringenden  Kiffleißten  entsprechen.  Die  Abscheidung  der  Haupt* 
balken  in  Abständen  ist  von  der  Wellenbewegung  des  Blutes  oder 
der  normalen  Faltenhildung  der  Gefasswand  abbängig,  —  Man  aase 
(Yirchow^B  Archiv  Bd*  130,  S.  217)  stellte  in  den  Gehimgefä&sen 
bei  Infectionskrankbeiten  hyaline  rundliche  und  längMche  confiuirende, 
oft  in  feine  tibrin ähnliche  Fäden  endende  Gebilde  fest,  die  tbeils 
lose  im  Lumen  lagen,  theils  dasselbe  obturirten.  Er  lässt  diese  nach 
Weigert's  Methode  färbbaren  Dinge  aus  weissen  Blutkörperchen 
hervorgehen.  Ueber  ihre  Bedeutung  bringt  er  keine  Anhaltspunkte. 
Im  normalen  Gehirn  fand  er  sie  nicht. 


2.  EnlzEndniij?. 

Auf  dem  Chirurgencongress  des  vergangenen  Jahres  machte 
P,  Grawitz  Mittheilungen  über  Untersuchungen,  die  von  ihm  selbst 
und  seinen  Schülern  zur  Frage  nach  der  Herkunft  der  zelligen 
Elemente  bei  der  Entzündung  angestellt  worden  waren.  Er 
berichtete  darüber  ferner  auch  in  Virchow^s  Archiv  (Bd.  127,  S.  96), 
in  welchem  weiterhin  auch  die  Arbeiten  seiner  Schüler  ersehienen- 
Grawitz  glaubt  für  die  Zellen  Vermehrung  eine  neu©  Quelle  gefunden 
zu  haben,  auf  welche  schon  in  der  Arbeit  von  Viering  über  die 
Regeneration   der  Sehne  (s.  vor.  Jabrb,)  hingewiesen   worden  war. 


AlJ^eiDftne  Pathologie  und  pathologidcbe  Anatomie. 


105 


Kr  geht  davon  aus,  dass  die  Z^ischensabstanzen  des  Bindegewebes 
«■twiekeluDgsgeschiebtlich  aus  Zellen  abzuleiten  seien,  die  bei  dieser 
Umwandlung   in   eine  Art  Schlummerzustand   übergingen,   aus   dem 
me  bei   der   Entzündung  wieder  erwachen    könnten.     Das  Grewebe 
Btinint  dabei  wieder  einen   durchaus  zelligen  Charakter  an,  und  die 
«iteri^e  Eioftchmelzung  desselben  beruht  auf  dieser  vdliigen  Umwand- 
^QQg    des    Faaergewebes   in    ein    rein    zelllgea    Gewebe,     Schmidt 
libid.    Bd,  128,  S.  58)   übertrug  diese  Anschauungen   auf  das  Fett- 
gewebe^ dessen  Elemente   er  nicht  als  fetthaltige  Einzelzellen  j  aoo- 
daro   als  Zellverbände  ansieht,  deren  Beatandtheiie   zu   Schlummer- 
Werden*      Bei   der   Entzündung  werden  sie   wieder  sichtbar, 
sm  sieh  und  bilden  so  ein  Oranulationsgewebe^  welches  ent- 
reder  in  Narbengewebe  oder  wieder  in  Fettgewebe  übergeben  kann, 
[rnae  fibid,  Bd,  128,  S-  251)  beschrieb  zunächst  die  Entwickelang 
Cornea,  deren  Fasern  aus  Zellen  hervorgehen  und  durch  andere 
den  Schlummerzustand  übergegangene  Zellen  gegen  die  Saftspalten 
[lEt  werden  sollen.     Bei  der  Entzündung  findet   eine  Rüekbil- 
dieser    Elemente   in    Zellen    statt.     Kr ö sing    (ibid.    S.    445) 
iert    besonders  weitgehende   Umbüdungsprocesse   an   den  qaer- 
tg»#lretfceti  Muskelfasern,  deren  Langen-  und  Dickenwachsthum  durch 
Aneinanderiagerung  von  Zellen    zu   Stande    kommen  soll,    die,    zu 
amerzellen  werdend,  später  nicht  mehr  wahrgenommen  werden 
Bei  Entzündungen,  Atrophien  und  anderen  Processen  treten 
die  Zellen   wieder   hervor  und  können    zu  Bindegewebs*,   Knorpel-, 
fiterseUen  etc.  werden.    Schleiffarth  (ibid.  Bd.  129,  S,  1)  studirte 
die  eep&sen  Organ bedeckungen  und  die  Hirnhäute.    Auch  sie  können 
Hieb  seilig  umwandeln  und  Eiter  bilden.    Er  hebt  ferner  hervor,  dass 
'M  deD  Fasern  auch  Fibrin  werden   kann.    —   Heidemann  (ibid. 
77)  untersuchte  die  zellige  Infiltration  in  Carcinomen,  die  gleich- 
Qa  durch  zellige  Umwandlung  des  Biodegewebes  entsteht,   welches 
iorch   dem    proliferirenden    Epithel   Gelegenheit   zum   Eindringen 
—  Kickhefel  (ibid,  S.  450)  untersuchte  zahlreiche  Objecte, 
deseo    eich    Schleimgewebe    entwickelt    hatte,    ferner    Myxome, 
|Oademe  und  Gallertkrebse.    Das  Bchleimgewebe  entsteht  durch  Um- 
idloDg  von  Zellen  in  homogene  oder  kömige  Substanz,  aus  welcher 
Zellen    wieder   durch    den    umgekehrten    Process    frei    werden 
Köoiieii* 

Dieae  »o  kurz  skizzlrten  Anschauungen  von  Grawitz  würden 
iings,  falls  sie  zu  Recht  beständen,  unsere  jetzt  geltenden  An- 
ftuODgen   über  die  Entzündung   sehr  wesentlich  modificiren.     Sie 
würden  insbesondere  die  Auswanderung  der  Leukocyten,  die  Grawitz 


106 


Ribb«rt. 


nicht  in  Abrede  stellt,  zu  einem  Debensächlichan  Factor  maoheu» 
Von  mehreren  Seiten  sind  indess  schwerwiegende  Bedenken  gegen 
sie  erhoben  worden,  auf  die  hier  im  Einzelnen  einzugehen  nioht 
möglich  ist.  Am  ausführlichsten  hat  sich  Weigert  (Deutecbö  med. 
Wooheuscbr.  Nr.  29  — 31)  gegen  Grawitz  ausgeflprochen  und  bervor- 
geboben,  dass  die  von  ihm  gehegten  Vorstellungeu  sich  mit  der 
Cellularpathologie  nicht  wohl  vereinigen  lassen,  dasa  ferner  von 
Grawitz  keine  ausreichenden  Beweise  für  die  Existenz  der  Schlummer* 
Zellen  beigebracht  seien.  In  der  Tbat  lassen  sich  die  zahlreichen 
von  Grawitz  und  seinen  Schülern  beschriebenen  Bilder  ebenso  gut 
nach  den  bisher  geltenden  Anschauungen  erklären«  Ein  Uebergang 
in  den  Schiummerzustand  und  ein  Wiedererwacben  aus  demselben 
ist  aus  dem  Nebeneinander  der  Zellen  nicht  zu  entnehmen.  Auch 
Marchand  (Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr,  34),  Eberth  (Münch. 
med,  Wochenschr,  Nr,  43),  Ziegler  (dessen  Beiträge  Bd,  12,  S.  152) 
haben  sich  in  ablehnendem  Sinne  ausgesprochen ,  während  Shake* 
speare  (Berl  klin.  Wochenschr.  Nr,  26)  angab,  dass  im  normalen 
Bindegewebe  stets  viele  Zellen  vorhanden  seien,  die  man  für  ge- 
wöhnlich nicht  sehen  könne,  die  bei  der  Entzündung  aber  sich  ver- 
grösserten  und  sichtbar  wurden.  Sie  seien  jedoch  wirklich  als  Zellen 
und  nicht  in  einem  Schlummerzustande  vorbanden. 


Ziegler  gab  (l.  c)  eine  historische  und  kritische  Ueber- 
siebt  über  die  Lehre  von  der  Entzündung,  und  unter  seiner 
Leitung  untersuchte  üschinsky  (ibid,  S.  115)  die  Entzündung, 
welche  durch  Kälteeinwirkung  auf  verschiedene  Gewebe  entsteht 
Er  fand,  dass  niedrige  Temperatur  die  Theile  viel  weniger  schädigt 
als  eine  hohe,  und  dass  sie  eine  lebhafte  Entzündung  bedingt,  die 
aber  trockeuer.j  zellreicher  ist  als  andere  und  Kich  durch  ein  beson- 
ders eiweiBsreiches  Exsudat  auszeichnet,  Schnittwunden  in  gefroren 
gewesenem  Gewebe  kleben  daher  besser  zusammen  und  heilen  in- 
folgedessen sobneller. 

Metscbnik off  schrieb  ein  ausführliches  nnd  interessantes  Werk 
(Paris,  Massen)  über  die  Entaündung,  in  welchem  er  die  biologi- 
sche Bedeutung  derselben  und  insbesondere  auch  die  Rolle  der  Leu- 
kocyten  und  der  Phagocytose  auseinandersetzte«  Das  Buch  eignet 
sich  nicht  zum  kurzen  Referat,  soDdern  muss  im  Original  gelesen 
werden.  —  Cassalt  (Arch.  de  med.  expor,  8.  270)  untersuchte  die 
Resorption  fester  Körper  in  Geweben  und  fand,  dasH  dieselbe 
uacb  den  Anschauungen  von  Mets chnik off  augscbliesslicb  durch 
Phagocytose  zu  Stande  kommt* 


amaei  lieferte  swei  experimentelle  Beiträge  zur  EntzuDduDgs- 
fhtge*  Er  zeigte  erstens  (Virchow's  Archiv  Bd.  127,  S.  467),  das« 
«ift  KaoiocheQohr^  nachdem  es  einmal  eine  Grontonötentziindung 
flterfitaiiden  bat,  gegen  erneute  Application  des  Oeles  weit  weniger 
ettpfiiMiliGh  ist,  also  eine  gewisse  Immunität  erreicht.  Es  reagirt 
ml  weniger  heftig ,  die  Exsudation  erreieht  nar  geringe  Qrade, 
iUiniiig  tritt  kaum,  Gangrän  niemals  ein,  Samuel  sucht  den 
rand  dieser  Erscheinung  in  einer  veränderten  Alteration sfähigkeit 
der  Gela^Be,  Er  fand  zweitens,  dass,  wenn  man  ein  Kaninchenolir 
cmtoiitairt  und  das  andere  in  Wasser  von  15  ^  G,  und  darunter  steckt, 
vilireiid  der  Dauer  dieser  Immersion  die  Entzündung  auf  dem  ero- 
feotiiairteti  Ohr  ausbleibt.  Diese  auf  lallende  Erscheiuung  ist  noch 
nicht  erklärt,  Kedex  kommt  nicht  in  Betracht,  dagegen  vielleicht 
ein©  Lähmung  der  weissen  Blutkörperchen  beim  Durchtritt  durch 
djifi  abgekühlte  Ohr* 


3.  PjgHK^Bt. 

Dürek  (Virchow^s  Archiv  Bd,  130,  8.  29)  lieferte  einen  Bei- 
Jwr  Lehre  von  den  Veränderungen  und  der  Altersbe- 
stimmung von  Blutungen  im  Gentralnervensystem.  Er 
stallte  durch  Untersuchung  einer  grossen  Zahl  cerebraler  Blutungen 
in  üebereinstimmuDg  mit  den  jetzigen  Anschauungen  fest,  dass  die 
Bildung  kömigen  FigmenteS|  sei  es  aus  den  rothen  Blutkörperchen, 
661  00  aus  dem  ausgelaugten  Blutfarbsto^,  ausschliesslich  durch  Yer- 
ottteliing  contractiler  Zellen  zu  Stande  kommt.  Er  konnte  sodann 
di6«e  Befunde  bei  experimentell  hergestellten  Blutungen  bei  Thieren 
beetfttigeix.  Auf  Oiund  der  gewonnenen  Resultate  ist  er  sodann  in 
d6r  Lage,  unter  Zugrundelegung  mehrerer  Gesichtspunkte,  des  Ver« 
kfthflita  der  rothen  Blutkörperchen,  der  Lagerung,  Form  und  Reactton 
d66  Pigmentes  ziemlich  genaue  Angaben  zu  machen,  nach  denen  das 
Aller  einer  Blutung  de:^  Central nervensystems  bestimmt  werden 
kftim.  Die  genaueren  Ausfülirungen  können  hier  nicht  wiedergegeben 
werdet^ 

4*  Regeneration. 

Ktrbj    (Zieglers   Beiträge  Bd.    11,    Ö.  302)    untersuchte    die 

igeoeration  der  quergestreiften  Muskelfasern  (s.  vor* 

fabrb.),      Die   Neubildung   erfolgt  durch    Sprossung   aus    den   re- 

adea  Fasern,    die  dabei   auch  zunächst  eine  Längsspaltung  er- 

^&lireo   können*     Er  beobachtete  ferner  eine  Bildung  umfangreicher 

nioaoniolloD  aus  solchen  Muskelabscbnitten,  die  nicht  mehr  mit  den 


108 


Ribbert. 


alten  Easern  in  Zusammen  bang  standen.  Sie  können  vielleicht  wieder 
mit  ihisen  in  Verbindung  treten  und  dann  ähnlicbe  Sprosenngen 
eeigBD.  —  Das  gleiche  Thema  behandelte  Volkmann  (ibid.  Bd.  12). 
Die  Regeneration  erfolgt  entweder  nach  embryonalem  Typus j  oder 
durch  Sprossung  aus  den  alten  Fasern.  In  beiden  Fällen  gebt  die 
Regeneration  aus  von  den  Körnen  und  dem  sie  umgebenden  Sarko- 
plasma,  nicht  von  der  contractilen  Substanz.  Nach  embryonalem 
Typus  bildet  das  Protoplasma  junge  Zellen^  die  zu  langen  Fasern 
äuawachsenj  bei  der  Sprossung  dagegen  kern  reiche  Massen,  die  sich 
dnrcli  Wachsthüm  zu  Fasern  verlängern,  —  Barth  prüfte  die  Re- 
generationsfähigkeit des  Nierengewebea  nach  Exfltirpation 
von  Stücken  aus  demselben.  Er  fand,  dass  einestheils  die  Harn- 
kanälchen  am  Rande  des  Defectes  in  ihn  hineinsprossen,  ihn  aber 
niemals  auch  nur  annähernd  ausfüllen,  da  er  zum  grössten  Theil 
durch  Bindegewebe  geacblossen  wird,  welches  später  schrumpft  und 
so  Zur  Bildung  einer  Narbe  führt.  Das  restirende  Nierengewebe 
zeigt  andererseits  die  Erscheinungen  der  compensatorischen  Hyper- 
trophie, die  unter  Auftreten  von  Mitosen  vor  sich  geht  Es  ver- 
grössern  sich  sowohl  die  Harnkanalchen  wie  die  Glomeruli  (Habili- 
tationsschrift Marburg)*  —  Die  comp ensatori sehe  Vergrösae- 
rnng  der  Schilddrüse  studirte  Beresowsky  an  Huüden,  denen 
er  in  wechselndem  Umfange  theils  die  eine  Hälfte  des  Organes, 
theils  Theile  von  beiden  exatirpirte.  Am  Rande  der  Wunde  erfolgen 
Regenerationsvorgänge,  im  restirenden  Theile,  unter  lebhaften  karyo- 
kinetischen  Vorgängen ^  Neubildungen  von  Epithelien  in  den  Alveolen, 
und  aus  diesen  zellerfüllten  Drüaeoräumen  geht  die  Bildung  neuer 
Alveolen  hervor.  Die  Hypertrophie  der  Schilddrüse  bleibt  an  Umfang 
hinter  der  Vergrösaerung  anderer  Dröeen  zurück  fZiegier's  BeitrÄge 
Bd.  12,  S.  131), 

r>.  Regressive  Processe, 

Die  Verändernngen  der  A  1 1  m  a  n  naschen  Zül]granu(a  bei 
Nekrosen  suchte  Raum  festzustellen  (Central hl.  f.  patholog.  Anat. 
Nr.  17).  Er  unterband  den  Dactus  choledochus  bei  Meerschweinchen 
und  sah  die  bekannte  herdförmige  Nekrose  der  Leber  eintreten 
(vergl.  nnten  Leber),  Im  Bereich  derselben  verloren  sich  die  Granula 
durch  Auflösung,  nicht  unter  den  Erscheinungen  der  Coagulations- 
nekrose.  Die  absterbenden  Zellen,  insbesondere  im  Rande  der 
nekrotischen  Herde ^  zeigten  die  Erscheinungen  der  Fettentartnng, 
die  Fetttröpfchen  scheinen  durch  Umwandlung  der  Granula  äu 
entstehen.    —    Ein    allmähliches    Verschwinden    der   Granula    beob- 


Allgeraeine  Pathologie  und  ptthalognebe  AnalOfiiic*  I09 

«6fat«id    Dannahl    ^Virebow't»    Archiv    Bd.  12ö,   S.  485;    aach  in 
dtf  Leiche* 

Nach  Stichverletzung^n  der  Arteria  und  Veaa  femoralia  sah 
Siidrlio  nach  voraofgegangener  Pirogofrsciier  Amputation 
wagao  beginDeDder  Gangrän  eine  durch  Streptokokken  bedingte 
Totalnekroae  der  Streckmuekeln  des  Faaaes,  die  leicht  einzeUi 
fftr  aieh  herausgezogen  werden  konnten  (Vircbow^a  Archiv  Bd.  128L)* 

Benario  verfasste  eine  Preisautgabe  aber  Lehre  von  der  trüben 
Schwel  In  Dg,  in  welcher  er  die  histonBche  Entwickelang  dieser 
Lehre,  insbesondere  die  Anachaaung  Virchöw's  bespricht  und  be- 
Umtf  daae  wir  die  trübe  Schwellung  nicht  mehr  als  parenchymatöee 
Satslliidung  auffassen  können,  sondern  als  einen  regressiven  Proceas 
betrachten  müssen. 

E.  Fränkel  hat  (Virchow^s  Archiv  Bd,  127  u*  129)  fünf  Fall© 
■nterauehl^  in  denen  in  Ermangeluiig  anderweitiger  Todesursachen 
der  tddtUohfi  Ausgang  aui'  länger  dauernde  Ghloroformirang  be- 
MgBD  werden  musste.  Im  ersten  Falle  starb  eine  Primipara  drei 
Woeheii  nach  der  Geburt,  während  welcher  sie  betäubt  worden  war. 
Ea  fan4]«u  sich  fettige  Degenerationen  und  partielle  Nekrosen  mehrerer 
Organe,  00  vor  Allem  der  Nieren  und  des  Herzens,  iu  ersteren  waren 
die  Tubali  contorti  erkrankt. 

Trambusti  beobachtete  nach  Exstirpation  des  Plexus 
eoatiacus  bei  Hunden  Veränderungen  in  der  Leber  und  den  Nieren, 
die  ala  hyaline  und  glykogene  Metamorphosen  bezeichnet  werden 
noosten  und  aU  die  Folgen  tiefer ,  durch  jenen  EingrifiT  bedingter 
^metioneller  Störungen  der  Zeilen  anzusehen  waren,  f  Centralbl.  f. 
pathoiog.  Anat.  Nr.  16,)  —  Siegert  (Virchow's  Archiv  Bi.  129, 
Baft  3)  untersuchte  die  Corpora  amylacea  der  Lunge,  Prostata, 
Centralnervensystems  und  der  Schleimhäute  der  Harnwege.  Er 
,  duBs  sie  entstehen  durch  Verbindung  von  Zellproducten  m^it 
DrOaenaecret  und  den  Gewebssäften  und  durch  Niederschlag 
Tarbindungsmasse  auf  eiuen  Kern  von  Kohlepartikeln,  Zell- 
theOafi  ecc  Die  Substanz  gibt  von  vornherein  die  charakteristische 
Jüdreacttön,  sie  zeichnet  sich  ferner  aus  durch  starkes  Lichtbrechungs- 
vamögen  und  grosse  Widerstandsiähigkeit  gegen  die  stärksten 
oheaiiaobdii  Eaagentien.  Verf,  nennt  die  in  dieser  Weise  cbarakte* 
Körper  Corpora  versicolorata  s.  Virchowii,  und  stellt 
eiaa  aweite  Gruppe  von  Corpora  „dava"*  gegenüber,   die  nur 


Ei 


IUI 


Biblyert, 


die  Reactiouen  dea  Hyalhas  geben.  Zu  ibneo  gehören  u.  A.  die  Corpora 
amylacea  der  Centralorgane  irnd  die  Psammomkörper  Vircbow'a. 
—  Ernst  berichtet  über  die  Beziehung  des  Eeratohyalins  zum 
Hyalin  (Vircbow's  Ärch.  Bd.  130^  8.  379),  Nachdem  er  zynächst  eine 
ausführliche  Litteratur  üb  ersieht  gegeben  hat^  pflichtet  er  denen  bei, 
die  das  Keratohyalin  zum  Zellkern  in  Beziehung  setzen.  Er  hält  die 
Kömchen  besonders  auf  Grund  ihrer  Färbung  mit  Hämatoxjlin  für  ! 
Chromatin,  welches  aus  dem  Ziisammanhang  der  Kerne  versprengt 
wird,  wenn  die  Zellen  in  Verhornung  übergehen.  Mit  Hyalin  bat 
also  das  Keratohyalin  nichts  zu  thutii  Ernst  bat  sodann  die  ganze 
Gruppe  des  Hyalins  mit  Hülfe  einer  besonderen  Färbemethode  genauer 
untersucht  und  gezeigt,  dass  sie  durchaus  nicht  einheitlich  ist,  daas 
das  Cülloid  der  Schilddruse,  die  Nierencylinder  und  Anderes  nicht 
dahingehört  f  dass  vielmehr  die  Hyalingruppe  sich  vorwiegend  aus 
Bindegewebs-  und  Oefassveränderungen  zusammensetzt^  zu  denen 
Umwandlungen  dea  interfolliculären  Schilddrüsengewebes ,  hyaline 
Ulomeruli,  hyaline  Massen  io  Geschwülsten  etc.  zu  rechnen  sind  (ib, 

Bd.  130,  H.  3). 

I 

6.  Keubildnng. 

Zarniko  (Virchow^s  Archiv  Bd.  128)  fand  in  mehreren  von  den 
Nasenmuflchelo  ausgehenden  Tumoren  Knochengewebe,  welches  in  der 
Form  von  Exostosen  aus  dem  Knochen  der  Muscheln  hervor- 
gegangen war.  —  Heymann  (ib.  Bd,  129)  öifnete  systematisch  die 
Highmorshöhlen   in  Leichen  und    fand   unter  600  Fällen   31  mal 
Tumoren  j  unter  den  en  die  S  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t  c  j  s  t  e  n  vorherrschten.  — 
Chiari  (Prag,  med,  Wocb.  Nr.  85)  Uötersuchte  einen  sehr  interessanten 
Fall  von  multiplen  Exostosen  bei  einem   19jährigen  Mädchen^ 
welcheB  an  einem  Sarkom  des  rechten  Humerus  mit  Metastasen  in  die 
Lungen  zu  Grunde  gegangen  war.  Die  Exostosen  fanden  sich  vorwiegend 
an  den  unteren  Extremitäten,  in  etwas  geringerer  Zahl  an  den  Armen 
und  dem  Rumpf,   dagegen  nicht  am  Kopf.     Im  Ganzen  waren  übei 
1000  Knochenaus  Wucht!©  vorhanden,  die  meist  in  der  Nähe  der  Epi- 
physen  sasaen   nud  offenbar  aus   abgesprengten  Koorpeltheilen  her 
vorgegangen  waren.     Es  handelte  ^iich   also  um  eine  Wachathums 
anomalte,   es  fehlten  aber  Anhaltspunkte  für   abgelaufene  Hhachitis 
Das  Sarkom  des  Humerus  war  höchst  wahrscheiiibch  aus  den  frühe: 
dort  vorhanden  geweäeneu  Exostosen  berv orgegangen. 

Pfannenstiel  (Vircbow's  Archiv  Bd,  127)  beobachtete  eii 
traubiges  Sarkom  des  Cervix  uteri,  welches  recidivirte  um 
wie  in  allen  bisher  beschriebenen  Fällen  den  Tod  herbeiführte.   Da 


il 


112 


Ribbert. 


der  Gehirnbasiö  aebüD  dem  OlfactoriuB  gebgeoes  OLoleateatom, 
welches  Haare  und  Drüsen  aufwied  und  vom  Verf,  auf  ÄbacbDürüng 
eines  Ektodermkeimes  zurackgeführt  wird.  Die  Geiegenheit  daza  ist 
gegeben  durch  die  Bildung  der  Hypopliyais,  die  bekatmtlich  in  ihrem 
vorderen  TLeile  ans  einer  ÄUöötülpuug  der  Muudbucht  entsteht,  siob 
aber  später  unter  Dazwischen  treten  der  Schädelbasis  ganz  abschnürt. 

Die  Litteratur  über  die  Carcinome  wird  beherrscht  durch  die 
Frage  nach  der  Bedeutung  der  so  vielfach  antersuchten  Z  e  1 1- 
einschlüöse  (vergL  vor.  Jahrb.).  Das  vergangene  Jahr  brachte  eine 
grosse  Zahl  von  Arbeiten  über  diesea  Thema,  auf  die  hier  wegen 
der  zahlreichen  Einzelheiten  unmöglich  genauer  eingegangen  werden 
kann.  Mehrere  Autoren  betonen,  dass  die  von  ihnen  beKcbri ebenen, 
im  Protoplasma  der  Epitbelien  oder  in  kleinen  und  grösseren  cysti- 
scheii  Hoblräumen  derselben  gelegenen ,  meist  rundlichen  und  ge- 
wöhnlich kernhaltigen,  nicht  selten  durch  eine  doppelt  coatourirte 
Membran  eingekapselten  Gebilde  nichts  Anderes  sein  könnten^  als 
Parasiten  I  die  in  die  Nähe  der  Goccidien  zu  steü.en  seien*  Dahin 
gehören  die  Arbeiten  von  Podwyssozki  und  Sawtsohenko 
(Centralbl.  f.  Bacten  ßd.  11,  Nr.  16  ü"),  Foa  (ib.  Bd.  12,  Nr.  6), 
Soudakewitscb  {Annales  de  rinstitut  Pasteur  Nr.  8),  Kürst  einer 
vVirchow's  Arcbiv  Bd.  130),  Ruffer  und  Walker  (Journ.  of  Path.and 
Bact.,  Oet.  1892)^  Borrel  (Mouogr.  Paris,  Maseon),  Sawtschenko 
(Centralbl  f.  Bacter.  Bd.  12,  Nr.  1),  Andere  Beobachter,  wie 
Steinhaus  (Virchow's  Archiv  Bd.  127)  und  Nöggerath  (Monogr. 
Wiesbaden,  Bergmann)  Hoben  hervor,  dass  viele  der  beachriebenen 
Dinge  auf  Zelldegeneration  zu  beziehen  seien,  und  datiis  sie  keine 
Bilder  gesehen  baben,  die  notb wendig  auf  Parasiten  bezogen  werden 
mussten  (vergl.  die  Mittheilungen  des  Kef.  im  Jahrb.  1892),  Auch 
die  zut^rst  genannten  Autoren  geben  an^  dass  nicht  alle  Zelleinschlüsse 
W.U  Parasiten  angesehen  werden  können.  Im  Grossen  und  Ganzen 
haben  also  die  Arbeiten  des  vergangenen  Jabres  zwar  viele  neue 
Einzelheiten  kennen  gelehrt^  eine  völlig  sichere  Entscheidung  über  die 
fraglichen  Zelleinechlüsse  und  ihre  Beziehung  zum  Oarcinom  aber 
nicht  gebracht 

7.  Mitfsbilditiig. 

Strecker  (Virohow's  Archiv  Bd.  127,  S.  181}  beschrieb  eine 
vierfingerige  Hand  bei  einem  G2jährigen  Mann.  Auf  Grund  der 
ausführlich  wiedergegebenen  anatomischen  Verhältnisse  kommt  er  zu 
dem  Schluss,  dass  eine  Verschmelzung  des  vierten  und  fUnften  Fin> 


* 


vorliege.  —  Ruge  (ibid.  Bd.  129,  S,  387)  uatersucbta  einen 
Tkll  v'oa  Sirenenbildang  mit  zablreicben  anderen  Miäsbilduugen 
( Ha£eniK:harte  und  WolfsrachaOi  Mikropbthaliauä^  Abnormiläten  der 
Wirbelsaala  etc.).  £r  fiibrte  die  bocb gradige  SireDenbildung  und  im 
Aiatliimeab&ng  damit  die  Kleinbeit  des  Beckens  auf  eine  zu  eoge 
Sehwmnsscbeide  des  Amnios  zurück.  —  Hilbert  (ibid*  Bd.  127,  &  378) 
beobachtete  bei  einem  dreitägigen  Kinde  einen  doppelseitigen  An* 
ophtbalmne.  In  der  Tiefe  der  mit  Eiter  erfüllten  Aagenböble  sab 
man  nur  je  ein  2  mm  im  DarcbmeBser  haltendes  Knötchen  als  Best 
dem  Angapfettj.  Verf.  meint,  dass  die  MissbilduDg  auf  die  schon  bei 
dar  Geburt  bemerkte  intrauterin  auf  uobekanntem  Wege  entstandene 
Blennorrhoe  zurückzuführen  sei.  —  Arnold  (Ziegler's  Beitn  Bd.  11, 
^L  H.  407)  sobilderte  in  einem  Fall  von  Hemicephalus  die  Verhält- 
^^■fliiBe  des  Gehirns,  Kuckenmarkes  und  des  Schädels.  Das  Rücken- 
^^y  mark  zeigte  hochgradige  Entwickelungsstörungen,  die  sich  auf  die 
I  iFttTSciiiedenen  Abschnitte  in  ungleicher  Weise  vertheilten.  ^  Bas  Ge- 
I  muiere  kann  hier  nicht  wiedergegeben  werden.  —  C,  Brunner 
l  .^Virchow's  Archiv  Bd.  129,  S,  246)  beobachtete  drei  Fälle  von 
^Kfipina  bifida  occulta  mit  Hy  pertrichosis  lumbalis  an  Leben* 
^Bdeo,  In  den  beiden  ersten  Fällen  fand  sich  inmitten  des  Haarfeldea 
^■iine  Narbe i  die  auch  von  y.  Kecklinghausen  in  einer  Beobach- 
tong  beachrieben  worden  war  und  mit  einem  im  Wirbelkanal  und  in 
der  Spalte  desselben  gelegenen  Lipom  zusammenhing  (s.  Jaiirb*  1887). 
Brunner  glaubt  anch  in  seinen  Fällen  die  Gegenwart  einer  solchen 
Oasdiwnlst  annehmen  zu  sollen.  Im  dritten  Falle  war  eine,  wabrscbein* 
Itcb  der  Schrumpfung  eines  Sackes  der  Spina  bihda  entsprechende 
nabeUnige  Einziehung  vorhanden.  —  Ueber  eine  seltene  Missbildung 
berichtete  Marc  (Arbeiten  aas  dem  patholog.  Institut  zu  Tübingen 
Bd.  1,  S,  404).  Bei  einem  im  siebenten  SchwaDgerschaftsmonat  ge- 
borenen Kind  fand  sich  eine  auägesprochene  Mikroguathia  in- 
ferior, eine  sehr  wenig  entwickelte  Mundhöhle  und  im  Boden  der- 
ielbdii  eine  Oeffnung^  durch  welche  die  Zunge  nach  aussen  auf  die 
Mitte  des  Halses  heraushing.  Diese  Oombination  von  Mundboden- 
«palte  und  Mikrognathie  ist  sehr  selten,  ob  ein  Zusammenhang  beider 
Mi3«bi]dnngen  besteht,  und  welcher,  ist  unklar.  Vielleicht  ist  die 
Mikrognathie  das  Primäre  und  die  im  Munde  nicht  Platz  findende 
ioage  verhinderte  den  Mundbodenschluss  und  fiel  nach  aussen  vor. 
Hessner  heschrieb  einen  lebenden  Hermaphroditismus  varas 
;iraflaseralis?)  (Virchow's  Archiv  Bd.  120,  S.  203).  Es  handelt  sich 
etoen  Bijährige  o  Ma^in,  der  verbeirathet  und  Vater  eines  Kindeb 
Der  Penis  seigt  eine  massige  Hypospadie,  das  Sorotum  ist  nur 
MkrlMeti  0.  pneL  Mediciu.   im.  ^ 


: 


114 


Ribbert. 


als  doppelter  Wulst  vorhaüdeti,  in  ihm  rechts  ein  zweifelloser  Hoden^ 
links  ein  nicht  genau  zu  beötimmender  Körpen  Der  allgemeine  Ha- 
bitus weiblich,  alle  3—4  Wochen  treten  spontane  Blutungen  aus  der 
Harnröhre  ein  mit  Molimina  verbunden.  Durch  combinirt«  Unter- 
suchung wird  rechts  noch  ein  vielleicht  dem  Ovarium  entsprechender 
Körper  festgestellt,  —  E-iese  (CentralbL  f.  patholog.  Anat.  Nr.  10) 
beobachtete  bei  einem  55jährigen  Manne  eine  vollkommene  Aplasie 
der  Geschlechtsorgane,  die  offenbar  als  congenitale  aufzntaaaen 
war.  Der  Penis  war  sehr  klein,  die  Hoden  hatten  etwa  die  Grösse 
von  Mandeln,  das  linke  Yas  deferens  war  in  der  Nähe  der  Prostata 
aaf  eine  längere  Strecke  obliterirt,  in  einen  bindegewebigen  Strang 
umgewandelt.  Auch  der  linke  Ductus  ejaculatorius  war  obliterirt^ 
an  der  Stelle,  wo  er  munden  acute,  aass  ein  gestieltes  Fibromyom 
und  hing  frei  in  die  Urethra  hinein.  ^  Schneider  (Arbeiten  aus 
dem  patholog.  Institut  in  Tübingen  Bd,  1,  8.  413)  gab  die  Analyse 
eines  Falles  vonAtresia  ani  uterina  et  veeicalis.  Es  fand  sich 
gleichzeitig  eine  Atresia  vaginae  et  urethrae.  Das  Merkwürdigste 
aber  war,  dass  der  Enddurm  in  die  Scheidewand  des  bei  ausgeblie- 
bener Versebmebsung  der  Müller'scheE  Gänge  doppelt  angelegten 
Uterus,  dann  in  die  beiden  Hälften  desselben  und  weiterhin  auch  in 
die  Harnblase  mündete. 


III.    Pafhotoglsche  Anatomia  der  Organe. 

h  Yerdanatigsargane. 

Kosen  borg  berichtete  über  einen  Fall  von  Oesophagitis 
dist^ecans  superficialis  {Centralblatt  für  patholog.  Anat.  Bd.  3, 
Nr.  18).  Ein  20jähriger  Mano,  der  au  Dyspepsie  litt,  erbrach  eine 
röhrenförmige  Membran,  die  sich  als  die  continuirliche  epitheliale 
Auskleidung  des  Oesophagus  erwies.  Auf  ihrer  Aussenüäche  fanden 
sich  entzündliche  Productöj  Fibrin  and  Rundzellen,  Es  handelte  sich 
also  um  eine  sehr  seltene  und  atiologisoh  unklare  entzündliche  Ab- 
lösung des  Oesopbagusepithek ,  für  die  Verf.  obigen  Namen  vor- 
schlägt. —  Eine  analoge  Beobachtung  am  Darme  machtt^  Kot  tschau 
(ibid,  Nr*  21)»  Bei  einer  Frau  mit  alter  adhäsiver  Peritouitis  fand 
er  im  Verlaufe  des  Dünndarms  eine  cuntinuirliche  Ablösung  der 
Schleimhaut  von  der  Muscularis.  Er  möchte  den  Process  Enteritis 
dissecans  nennen. 

Gerhardt  (Virchow*8  Aroh,  Bd,  127^  S,  85)  erörterte  an  der  Hand 
von  drei  Fällen  die  Besiehung  der  hämorrhagischen  Erosionen 


Allgemeine  Pathologie  und  patliolog^iscbe  Anfttomie. 


115 


)8  Magens  %tx  den  runden  Magengeschwüren  (vergl  vor* 
J&hrbach).  Kr  sah  neben  einander  Erosionen  und  kleine  Ulcera^  die 
«ffiBObar  aus  jenen  entstanden  waren.  £r  spricht  sich  daher  fnr  den 
len  Zasammenhang  beider  AffectioDeo  aus. 


Pölehen  nnd  Nickel  (Virchow's  Archiv  Bd.  127,  S.  187 
resp.  279} «besprachen  die  Aetiologie  der  strictarirenden,  bis- 
ber  gewöbnlich  für  STphilitiBch  gehaltenen  Mastdarmgeschwüre. 
Das  wichtigste  Ergebniss  beider  Arbeiten  geht  dahin,  dass  die  Sy- 
phiUfl  nur  in  wenigen  Fällen  in  Betracht  kommt,  dass  aber  die  Aetio- 
lo^e  aacb  sonst  keine  einheitliche  ist.  Es  kommen  Qtietscbnngen 
bei  der  Geburt,  Dysenterie,  Traumen,  Drucknekroseo  durch  feste 
Koibballen  n.  A.  in  Betracht.  Pölchen  hat  als  eine  nicht  seltene 
Aetiologie  die  Vereiterung  der  Bartholin' »chen  Drusen  und  den 
Durchbrach  des  Eiters  in  das  Kectum  ausfindig  gemacht.  Er  hat 
4tTnTT  entstandene  Fisteln  tinter  212  Fällen  46 mal  erwähnt  ge- 
fraden,  resp.  selbst  beobachtet»  Nickel  legt  besonders  Gewicht  auf 
dsD  Druck  fester  Kothballen,  die  sich  besonders  beim  weiblichen 
Gaacblecbt  leicht  bilden^  dessen  vorwiegende  Neigung  zur  Erkran- 
kung an  Mastdanngeschwüren  sich  aus  den  ursächlichen  Momenten 
kicbt  erkl&rt. 

a,    Leber. 

M.  ß.  Schmidt  (ZiegWs  Beiträge  Bd,  11,  H.  2)  hatdieBlut- 
lellenbildung  in  der  embryonalen  Leber  studirt  und  gefundeUi 
daas  tn  ihr  im  Zusammenhang  mit  der  Gefässentwickelung  weisse 
nad  rotbe  Blutkörperchen  aus  einer  Wucherung  der  Endofchelien  ent- 
i^tehaEi.  Er  prüfte  sodann,  ob  sich  ähnliche  Vorgänge  auch  extra- 
aterin  anter  pathologischen  Zuständen  bilden,  vermisste  sie  aber  bei 
tin^Miber  Leukocytose,  während  bei  manchen  Fällen  von  Leukämie 
•atsprechende  Zellanhäufungen  in  den  Gefässen^  offenbar  aus  Endo- 
tbelwueberung  entstanden,  gefunden  wurden. 

Gerhardt  (Archiv  f.  expen  Pathol.  u.  Pharmaka  Bd*  30)  unter- 
fochte  die  Leberveränderungen  nach  Gallengangsunter- 
b  in  dang  (vergl.  vor.  Jahrbuch).  Er  sah,  wie  frühere  Beobachter, 
herd weise  Nekrosen  entstehen,  in  deren  Umgebung  sich  aus  Capillar- 
esdotbelien  Riesenzellen  bildeten,  durch  welche  kleinere  Herde  reeor- 
bijt  werden.  Grössere  dagegen  erfahren  eine  Resorption  durch  das 
10  ihrer  Umgebung  und  in  sie  hinein  wuchernde  Bindegewebe.  Auch 
Oaüengangsproliferation  sah  Verf.  theils  durch  Sprossung  alter  Gänge, 
theiU  dorcb  Umwandlung  aus  Leberzellen  reiben.  —  Janows  ki  konnte 


116 


Ribbert 


bei  ddm  Stadium  von  sehn  Fällen  mengcMiclier  biliärer  Leber- 
cirrbose  die  experimentell  festgestellten  Ergebnisse  im  G-rosaen  und 
Ganzen  bestätigen  (Ziegler's  Beiträge  Bd.  11),  Er  fand,  dasa  die 
Cirrbose  ausgeht  von  einer  Wucherung  des  interstitiellen  Binde- 
gewebes um  die  auch  beim  Menschen  vorhandenen  nekrolischea 
Herde  und  am  die  lebhaft  wuchernden  Gallen gänge,  deren  Vermeb- 
rung  er  ebenso  wie  Gerhardt  zu  Stande  kommen  lässt*. 

b.    Pankreaü. 

Oeber  die  TuberculoBe  des  Pankreas  machte Kudrewetzkj' 
(Zeitflchn  f.  Heilkunde)  Mittheilnngen.  Er  gewann  unter  128  Fällen 
von  Tiiberculose  xwölfmal  einen  positiven  Befand.  Die  Erkrankung 
ist  stets  secundär,  also  abhängig  von  anderweitiger  Tiiberculose,  nnd 
ändet  sich  entweder,  und  zwar  besonders  häufig  als  Tlieilprocess 
einer  Miliartuberculose  oder  in  chronischer  Eorm*  Praotisch  hat  sie 
selten  Bedeutung  nnd  wird  daher  nur  bei  besonders  grosser  Aus- 
dehnung das  Interesse  des  Klinikers  erwecken.  —  Natiwerck 
(Ziegler^s  Beiträge  Bd.  12)  fand  bei  einem  Manne  2^3  cm  über  der 
Klappe  einen  bleistiftdicken,  ^  cm  langen  Anhang,  der  sich  aus  Pan- 
kreasge webe  zusammensetzte,  also  ein  Nebenpankreas  d arstellte. 
Aebnlicbe  Befunde  sind  bisher  nur  zweimal  erhoben  worden ,  und 
zwar   in    Verbindung   mit     divertikelähnlichen    Ausstülpungen     der 

Darmwand. 

c.    P  e  r  H  o  n  e  u  m. 

Ueber  die  Pathogenese  der  Peritoneal  tu  bereu  lose  beriohtetö 
ßorschke  (Vircbow^s  Archiv  Bd.  127j.  Er  fand  unter  226  Tällen 
des  Breslauer  pathologischen  Institutes  nur  zwei  Fälle  primärer 
alleiniger  Bauchfellerkrankung.  Meist  ist  sie  abhängig  von  Taber- 
culose  der  Bauchorgane,  jedoch  wurde  sie  sechsmal  nur  abhängig 
gefanden  von  Pleura-  und  Langentuberculose,  und  sechsmal  war  sie 
vergesellschaftet  mit  Erkrankung  der  Pleura  und  des  Fericards  ohne 
anderweitige  tuberoulose  Herde. 


I 


2.  Cirealation»(»rj^ane« 

Deber  die  Fragmentation  des  Mjocardium  theilte  Te- 
deschi  seine  Beobachtungen  mit  (Virchow*s  Archiv  Bd.  128),  Die 
Erscheinung  ist  theils  als  ein  bestimmter  Krankbeitszustand,  tbeil^ 
als  agonaler,  theils  als  postmortaler  Prooess  gedeutet  worden  (vergl 
vor.  Jahrb.).  Verf.  fand  sie  in  menschlichen  Leichen,  besonden 
nach  Himaffectionen,  Infectionen  und  Operationen  sehr  häaüg,  konnte 


Allgemeifie  Pathologie  und  patbologlFche  Anatomie,  \lf 

wm  Aach  bei  Tbieren  experimentell  in  der  Umgebung  von  Herzver- 
lilBiBgea  ersengen.  Ob  die  ASPection  scboo  vor  der  Agone  entsteht, 
Uttbl  aber  zweifelhaft.  —  Crooke  beschrieb  (ibid.  Bd.  129)  zwei 
Mk  von  rapider  Herzläbmutig,  von  denen  der  erste  auf  einer 
te«h  Budoaortitls  verar»achten  vollständigen  reep.  fast  völligen  Ver* 
HilititHMiiin£.  der  Abgang»ätellen  der  Coronararterien  berabte.  Die 
Aori0iieiitzüii(iang  bezog  Verf.  anf  die  verhandene  SyphiÜB.  £r  fand 
die  Ver&ndemng  siub  dieser  Aetiologie  immer  an  der  Basis  der 
A«itt«  9l\b  einen  um  die  ganze  Circumferenz  sich  erstreckenden  Ring. 
Dia  S3rpbiliti8che  Aortitis  kommt  farner  vorwiegend  bei  jüngeren 
ladividiien  und  meist  ohne  sonstiges  Atherom  vor.  Im  zweiten 
Iklle  bAndelte  es  sich  um  eine  AorteDruptiir  mit  eigenartiger  Ver- 
andenuig  der  elastischen  Fasern^  die  in  sahireiche  kleine  Theile  zer- 
legt w»reiL  und  so  die  Elaäticität  der  Wand  herabgesetzt  hatten. 

P oll 4k  (Zeitachr.  f.  klin.  Med.  Bd.  21)  stellte  zusammen,  was 
iter  Toberculose  des  Herzmuskels  bekannt  ist^  und  fügte  einen 
tttaep  Fall  hiuzu.  Die  Erkrankung  jindet  sich  meist  in  Gestalt 
■liüarer  Knötchen,  zuweilen  gleichzeitig  mit  grösseren  Neubildungen 
b«  xam  Cmf»ng  einer  Wallnuss.  Sie  sitzen  im  Innern  der  Mubcu- 
latur.  In  dem  von  Polldk  beschriebenen  Falle  war  ein  hühnerei* 
grooBor  Tumor  im  rechten  Vorhof  vorhanden  und  zwar  an  dem  Sep* 
tMü  befestigt.  In  ihm  fanden  sich  Tuberkelbacillen*  Selten  ist  eine 
itffusB  Taberculose  des  Myocards.  Die  Herzmuskettuberculose  ist 
fmt  ausEUuhmslos  aecundär, 

W.  Rindfleisch  (Yirchow'a  Archiv  Bd.  129)  beobachtete  im 
r^cbteo  Vorhof  in  varicösen  Erkrankungen  des  Septum 
kleine  runde  Stein  oben,  die  sich  als  verkalkte  Fibrinmasseu 
«wiesen^     Solche  Dinge  sind  bisher  nicht  beschrieben  worden. 

Sachs  machte  Mittheilung  über  mehrere  Fälle  von  Gefäss- 
•rkrankungen  (Deutäcbe  med.  Wochenschr.  Nr.  20).  Als  Ursache 
profuser  Magen blutungen  sah  er  bei  einem  alten  Manne  ein 
Aneurysma  einer  Magenarterie,  in  einem  anderen  Falle  einen  Varix 
•11  der  Cardia,  der  wahrscheinlich  hervorgerufen  war  durch  Stauung, 
Mtngt  durch  Compression  der  Pfortader  durch  ein  Aneurysma  der 
Brie.  —  Bei  einem  32jährigen  Manne  con statine  er  eine 
■derthrombose  ohne  nachweisbare  Ursache,  — -  An  den  Lungen» 
tr^rien  eines  mit  Ecdocarditis  behafteten  Mädchens  fand  er  aneu- 
rjvmatjsche  Erweiterungen,  die  er  auf  Embolie  zurückführt,  vor  der 
Aich  die  Erweiterung  eingestellt  hat.    Es  war  ausserdem  ein  offener 


IIS  Ribbcrt, 

D actus  ßotalli  vorhanden  und  im  Zusammenhang  damit  eine  Dila- 
tation der  Pulmonalarterie  und  Wucherungen  ihrer  Intima  unter 
dem  von  der  Aort*  aus  fortgesetzten  hohen  Blutdruck. 

Fletcher  (Ziegler's  Beiträge  Btl.  11)  kam  bei  seinen  Unter- 
suchungen eines  Falles  von  sog.  Periarteriitis  nodosa  zu  dem 
Resultat,  daaa  der  Procees  mit  Wucherung  der  Intima  beginnt,  das» 
sich  entzündliche  Procease  der  Ädveutitia  anachlieäsen,  und  daas  dann 
auch  die  Media  betheiligt  wird.  Verf,  meint,  dass  es  sich  bei  diesen 
VeränderuEgeii  um  die  Folgen  einer  uDbekannten  (syphilitischen?) 
Iniection  handelt^  welche  mit  dem  Kreislauf  eindringt  und  sich  zu- 
nächst Beck  weise  in  der  Intima  localiöirt. 


S.  R6s^irati<»xi Morgan e. 

Haas  1er  hat  die  Frage  nach  der  Möglichkeit  einer  compen- 
aatori sehen  Hypertrophie  der  Lunge  experimentell  zu  lösen 
versucht  (Virciiow'ö  Archiv  Bd.  128),  indem  er  bei  Hunden  eiue 
Lunge  exstirpirte.  In  secbs  Fälleu  fand  er  nichts  Bemerkenswerthes, 
in  einem  dagegen,  der  einen  jungen  fiuud  betraf,  war  eine  auege- 
sprochene Hypertrophie  zu  Stande  gekommen.  Das  Organ  zeigte 
anatomiüch  ktiine  Abweichungen  von  der  Norm,  war  also  durcL 
Hyperplasie  grösser  geworden,  —  Bem  Lungenemphysem 
widmete  O  r  a  w  i  t  z  (Beuteche  med.  W^ochenschr.  Nr»  10)  im  Zu* 
sammenhang  mit  seinen  oben  unter  Entzündung  wiedergegehenen 
Anschauungen  eine  neue  Erklärung.  Er  sah  es  im  Anschluss  au 
experimentelle  Oademe  der  scharten  Ränder  bei  Thieren  entstehen 
und  meint,  dass  es  durch  eine  zelb'ge  Umwandlung  des  Lungen- 
gewebes  zu  Stande  kommen  durch  welche  die  Elasticität  aufge- 
hoben wird.  —  Davidöohn  (Virchow's  Archiv  Bd.  127)  sah  in 
einer  pneumonischen  Lange  einen  Abschnitt  in  deuüicher 
Verkäs ung  begriffen»  Da  Tuberkel baciUen  gefunden  wurden,  so 
erklärt  sich  diese  Erscheinung  leicht.  —  Baumgarten  (Arbeiten 
aus  dem  pathoL  Institut  in  Tübingea  ßd,  I,  H.  B)  trat  den  im  ¥or, 
Jahrbuch  referirten  Anschauungen  von  Orth  entgegen,  denen  zu- 
folge die  käsige  Pneumonie  und  die  tuberculöse  Granulations- 
bildung der  Lunge  scharf  von  einander  getrennt  werden  müssten. 
Er  bekämpfte  die  einzelnen  von  Orth  angeführten  Gründe  und 
betonte,  dass  auch  bei  der  käsigen  Pneumonie  Proliferationsvor* 
ginge  neben  den  exsudativen  Processen  eine  Rolle  ßpielten,  so  dass 
ein  principieller  Gegensatz  gegen  die  granulirenden  Formen  der 
Lungentuberculose  nicht  existire. 


Allgemeine  l'nthologte  und  pathoJogisclie  Anatomie, 

Siegert  (Virctow'ö  ArcUv  Bd,  129)  berichtete  über  zwei  pri* 
mire  GeachwüUte  der  Luftwege.  An  der  Bifurcation  sab  er 
eiil  Uiubeaei^ossea  blameDkohlförmiges  Papillom^  dessen  mebr- 
sebichtiger  EpidermiBbelag  VerbornuDg  zeigte.  Verf.  meint,  dasa 
dar  Tumor  auf  Grund  einer  epithelialen  VerlageruDg  bei  der  embryo- 
naleii  Trennung  von  Tracbea  und  Oasopbaguä  entstanden  aein  könne. 
Er  sah  femer  in  einem  zweiten  Falle  in  dem  Bronchus  des  rechten 
lOtteliappens  ein  3  cm  langes  central  verkalktes  ChoDdrom  mit 
talaangiek tatischer  BindegewebskapseL  —  A.  Fraenkel  (Berl.  klin,. 
Wochenschr*  Nr.  21)  beschrieb  einen  Fall  von  diffuser  Verdickung 
dejr  Pleura,  die  sich  als  ein  aus  dem  Endothelbelag  der  Lymph- 
goüade  hervorgegangener  Endothelkrebs  erwies. 

Scliilddrüse, 

Xianghans  (Virchow's  Archiv  Bd.  128)  verwandte  ein  ein- 
gßhende»  Studium  auf  die  Untersucbung  des  peripheren  Nerve n- 
sjftleuis  bei  Cachexia  strumipriva.  Er  fand  ausgedehnte  Yer> 
ioderungen,  beeteheod  in  Gefassverdickungen  und  Erweiteruingen  der 
Lymphbahnen ,  in  denen  odematöse  Zelleu  des  Endoneurium  lagen. 
Am  Perineurium  fanden  sich  als  besonders  auffallende  Gebilde 
apindelfbrmigei  periphere  aus  lockerem  ^  central  aus  mehr  homo- 
genem Gewebe  zusammengesetzte  Verdickungen  von  1—10  mm  Länge. 
Aahnliche  Veränderungen  fanden  aich  auch  bei  Affen  ^  denen  die 
Sciiilddrüse  exatirpirt  worden  war^  ferner  bei  gleicb  behandelten 
Hunden,  bei  Cretinen  und  einfacher  Struma.  Diesen  Angaben  gegen- 
über macbte  Fr.  Schulze  (ibid.  Bd,  129)  die  Bemerkung,  dass  er 
die  beschriebenen  spindelförmigen  Gebilde  auch  unter  anderen  Um- 
Minileti  gelinden  babe  und  da^s  sie  nach  Renaut  auch  an  den 
Yerreo  normaler  Einhufer  vorkommen,  dasa  sie  also  nicht  wohl  aar 
Cftchezia  strumipriva  in  Beziehung  stehen  könnten. 


Hvei 


4.  Bamorgane. 


V,  Kahl  den  publicirte  eine  auafiihrliche  Untersuchung  über  die 
Veriademngen  der  Nieren  bei  a  c  u  t  e  r  N  e  p  h  r  i  t  i  s  (Ziegler's  Beiträge 
IM*  U).  Er  achtete  vor  Allem  auf  die  Beziehung  der  Erkrankung 
im  Parenchyms  und  des  Bindegewebes  und  fand,  dass  Veränderungen 
dee  ersteren  stets  den  Anfang  machen.  Es  handelt  sich  dann  vor 
Allem  um  fettige  Degeneration  des  Epithels  der  gewundenen  Harn- 
ktnilcheo.  Als  Ursache  derselben  ist  die  Ausscheidung  der  im 
Eerper  gebildeten  toxischen  Substanzen  anzusehen.     Auf  die  anato- 


^A 


120 


Ribbert 


miecben  Em^elheiten  kann  Dicht  eingegangen  werden*  —  Ref.  be- 
richtete (Ceotralbl  f.  pathoL  Änat  Nr.  9),  dass  er  die  beginnende 
fettige  Entartütig  der  Niere  meist  nicbt  am  ganzen  System  der  ge- 
wundenen Kanäleben,  sondern  vor  Allem  an  den  Tubuli  contorti 
zweiter  Ordnung  atisgesproehen  fand,  insbesondere  in  dreieckigen, 
unter  der  Nierenrinde  gt^legenen,  den  Strahlen  der  geraden  Harn- 
kanälchen  gegenüber  befindlichen  Feldern.  —  Die  Choleraepidemie 
des  vergangenen  Jahree  gab  auch  wieder  zu  einem  Studium  der 
Niere  Veranlasaang,  So  achilderte  Aufrecht  (Centralbl.  f,  klin. 
Med.  Nr.  46),  daes  bei  der  Choleranephritis  die  schwersten  und 
ersten  Veränderungen  in  den  Papillen  beständen ,  deren  Eanälchen 
durch  CyliDder  veratopft  würden  und  dadurch  zn  Stauungen  in  der 
Nierenrinde  Veranlassung  gäben.  Die  Uraache  der  Nierenaffectionen 
bildet  die  in  das  Blut  gelangte  toxische  Substanz.  -^  E.  Fraenkel 
und  Simmonds  widersprachen  aber  den  anatomischen  Befunden 
Aufrecht's.  Sie  fanden  stets  die  ersten  Veränderungen  im  Laby- 
rinth, während  die  Marksubstanz  erst  später  erkrankt  und  niemals 
so  intenäiv  %vie  die  Rinde*  Dagegen  stimmen  sie  Aufrecht  in 
seiner  Auffassung  bei»  dcisa  die  Nieren affectidnen  durch  Toxine  vir- 
uraacht  seien  (Centralbl  f,  klin.  Med.  Nr.  50).  —  Leyden  anderer- 
seits  meinte  (Verein  f.  innere  Med.,  Sitzg.  vom  21.  Nov,),  dass  die 
Wirkung  eines  Toxines  nicht  angenommen  zu  werden  brauche.  Die 
Erkrankungen  der  Nieren ^  die  besonders  in  Coagulationsnekroae  be- 
stehen, könnten  auch  auf  die  CiTCulationsstdrungen  bezogen  werden. 

Nanwerck  und  Hnfschmid  (Ziegler^^  Beiträge  Bd.  12) 
konnten  es  in  einem  Falle  von  Cystenniere  wahrscheinlich 
machei],  dass  diei^elbe  nicht  durch  Hetention  des  Harns  zu  Stande 
gekommen  war,  sondern  dass  es  sich  um  eine  Geschwulstentwicke- 
lung  handelte,  um  eine  ausgedehnte  cystöse  Umwandlungen  ein- 
gehende Wnchernng  der  Harnkanälchen.  Sie  schlagen  daher  den 
Namen  „multiloculäres  Adenokystom^^  vor  und  glauben^  dass 
die  gleiche  Genese  auch  für  die  übrigen  Fälle  gelten  könne. 


0.  Israel  setzte  in  einem  Vortrag  (Congress  L  innere  Med,) 
auseinander,  dass  die  Veränderungen  der  Kreislauforgane 
bei  Nephritis  and  bei  Niereninsutficienz  überhaupt  als  compen- 
satorische  aufstufassen  seien,  indem  aie,  durch  die  Wirkung  des 
retin irten  Harnstoffes  zu  Stande  gekommen,  in  der  Zeiteinheit  mehr 
Blut  durch  die  Nieren  treiben  und  so  einem  grösseren  Quantum 
Gelegenheit  zvlt  Ausscheidung  der  toxischen  Producta  gebem 


Allgemeine  Pathologie  und  pathologische  Anatoinie. 


121 


Kcbeniiiere. 

KmeB  eigentbümücheii  Faü  von  Morbu»  Addisonii  beschrieb 
Bihlar  (Arbeiten  aus  dem  patboL  Institut  zu  Tübingen  Bd.  1).  Ed 
fiuid  «ch  bei  derSection  keine  Erkrankung  der  Nebennieren,  Semi- 
lanArganglien  und  des  Splancbnicus.  Verf.  nimmt  an^  dass  entweder 
eme  nocli  nicht  nachweisbare  Abnormität  der  Nebennieren  exi&tirt 
littbe,  oder  dass  die  Erscheinungen  deg  Morbus  Addisonii  za  Stande 
^ekomnien  seien  auf  Grund  d^r  vorhandenen  Atrophie  des  Stirn* 
kppecs  des  Gehirne«  der  nach  2  ander  auf  die  Entwickelnug  der 
Hebenmeren  grossen  Einüuss  haben  soll,  und  dessen  Atrophie  eine 
■laiigelhafte  Function  dieser  Organe  bedingt  haben  könnte.  Wenn 
aber  die  Ajischauung  Alexander*»  (s*  vor.  Jahrb.),  daas  die  Neben- 
nkren  Liecithin  bildende  Organe  seien,  richtig  ist,  so  könnte  nach 
Bibler  die  Atrophie  der  Stimiappen  ebenfalls  aus  einer  mngenügen- 
dtn  Fanctdon  der  Nebennieren  abgeleitet  werden. 


6.  OeRCbleelitgorgaiie. 

Nordmann  (Virchow^s  Archiv  Bd.  127)  berichtete  über  eine 
bisher  nicht  beschriebene  Art  von  Fibrom  der  Mamma.  Es 
baodalt  sich  um  Bindegewebsentwickelung  in  der  Umgebung  der 
Milobkan&Ie  der  Brustdrüse,  so  dass  dicke^  gewundene,  knollige, 
itrangfbnnige  Gebilde  entstehen,  die  gegen  die  Mammilla  hin  con- 
rgiren.  Die  Milchgänge  selbst  können  dabei  dilatirt  sein,  ihre 
iventitia  ist  das  Ausgangsgewebe  für  die  Neubildung  Ueber  die 
Aetiologie  des  Proc^sses  ist  nichts  Sicheres  bekannt,  ob  katarrhalische 
Zustl&de  in  Betracht  kommen,  ist  ungewiss.  ^^  Saxür  untersuchte 
liie  papillären  Kystome  der  Ovarien  und  betonte,  dass  diese 
Art  TOD  Tumoren  scharf  begrenzt  ist,  insbesondere  gegen  die  glan- 
linUfeti  Kystome  mit  pseudopapiüären  Bildungen,  dass  sie  ausge- 
tri^Bel  Bind  durch  echte  papilläre  Erhebungen^  die  nach  aussen  in 
St  Bauchhöhle  durchbrechen  können,  und  mit  Flimmer-  oder  poly- 
aotpham  Epithel,  in  welchem  Becherzellen  fehlen^  überzogen  sind 
(Disgert.  Marburg). 

Zar  Eklampsie  Hegen  mehrere  Mittheilungen  vor.  Mit  Bezug 
md  die  anatomischen  Veränderungen  theilte  P  r  u  t  z  (Zeitschr.  für 
OibitrUih*  II.  Gjnäk.  Bd.  23)  mit,  dasa  die  Nierenveränderungen  nur 
a  atBem  kleinen  Theil  der  Fälle  ausreichten,  um  die  Erkrankung 
m  trkJiren  und  als  eine  Urämie  aufzufassen.  Sehr  oft  waren  die 
ÜMiMi  fast  völlig  intact  —  Schmorl  hat   bereits  im  Jahre  1B91 


i2J3 


RibberL 


(NaturfWers.  Hallej  ausführlicbe  Unteraucliungen  mltgetheiU,  aus 
döDen  hervorging,  dass  in  der  Leber  sehr  oft  nekrotische  Herd© 
gefunden  werden,  datjs  in  den  Lungen  häufig  Fettembolie,  embolische 
Verdchleppung  von  Leberz  eil  an  und  von  Riesenzellen  vorkomm  t,  die 
ans  der  Placenta  abgeleitet  werden  miiöaen,  Schmorl  meinte,  dass 
diese  und  andere  Befunde  die  Eklampsie  allein  nicht  au  erklären 
vermöckten,  sondern  dasä  walirscbeinHch  noch  ein  aus  der  Placentar- 
stel!e  eindringendes  toxisches  Agens  in  Betracht  komme.  Aehnlich 
äusserte  sich  Lubarsch|  der  ebenfalls  die  anatomischen  Verände- 
rungen in  ähnlicher  Weise  besprach  (CorrespondenzhL  des  Mecklen- 
burg. Aerzte Vereins),  in  den  Lungen  regelmässig  Fettembolie  antraf, 
die  Riesenzellen  der  Phicenla  dagegen  vermisste*  Er  betonte  auch^ 
dass  die  Ursache  der  Eklampsie  nicht  in  den  Harnorganen  liegen 
könne,  —  Prutz  (Dissert.  Königsberg)  beschrieb  in  mehreren  Fällen 
ebenfalls  nekrotische  Leberveränderungen.  ^—  Favre  hält  in  einer 
weitert^o  Arbeit  (s.  vor.  Jahrb.)  die  Eklampsie  für  eine  Ptomainämie^ 
die  durch  die  Producte  verschiedener  Bacterienarten  bedingt  sein 
könne.  —  Ueber  eine  bestimmte  stäbchenförmige  Bacterienart  be- 
richtete öerdöH  (Deutsche  med.  Wochensehr,  Nr.  26),  der  in  ihr 
die  einheitMche  Ursache  der  Eklampsie  gefunden  zu  haben  glaubte. 
Jedoch  Hessen  sich  gegen  die  Resultate  Einwendungen  erheben,  und 
Hofmeister  (Fortschn  d.  Med.  Nr.  22  u.  23}  hat  bei  seinen  Nach- 
untersuchungen keine  Beatatiguug  erhalten,  sondern  wahrscheinlich 
gemacht,  dass  es  sich  bei  dem  Baeiilus  von  Gerdas  um  eine  post- 
mortal von  dem  Uterns  ans  eingedrungene  Bacterienart,  und  zwar  um 
einen  Fäulnisspilz,  um  den  Proteus  vulgaris,  gehandelt  habe. 


fi.  ßewegnngsorgaue. 

M  0  i  z  a  r  d  und  B  o  u  r  g  e  s  (Arch.  de  med.  exp^r.  Nr.  4)  be- 
öohrieben  einen  Fall  von  Osteitis  deformans,  der  im  Gegensatz 
EU  dem  gewöhnlichen  Verhalten  (vergl.  Jahrb»  1891)  dadurch  ans- 
gezeichnet  war^  dass  sich  die  Erkrankung  auf  die  Untericbenkel 
beschränkte,  wäbreud  der  Schädel  keine  Hyperostose  zeigte.  — 
Hanau  (Correspondenzbl.  für  Schweizer  Aerzte)  hat  sich  an  der 
Hand  eines  genau  unterauchten  Falles  im  Sinne  von  Cohnheim 
und  P 0  m m  e  r  dahin  ausgesprochen,  dass  die  O  s  t  e o  m  a  1  a c  i  e  nicht 
auf  einer  Entkalkung  des  Knochengewebes  beruhe,  sondern  dass  die 
kalklosen  Zonen  neugebildete  osteoide  Substanz  darstellten. 

In  einer  grösseren  Abhandlung  hat  J.  Wolff  (Das  Creßetz  der 
Transformation  der  Knochen^  Berlin,  Hirschwald)  die  Kesul täte 


AUgemeia«  Pathologie  und  pathologische  Anatomie.  123 

•einer  jahrelangen  Stadien  über  den  Bau  der  Knochen  dargelegt, 
wie  er  sich  unter  veränderten  pathologischen  Verhältnidsen  gestaltet. 
Durch  Resorption  einerseits  und  Neubildung  von  Knochensubstanz 
andererseits  nimmt  der  pathologisch  veränderte  Knochen  stets  die 
Stractur  an,  die  am  besten  in  Einklang  steht  mit  der  unter  den 
neuen  Bedingungen  zu  leistenden  Function.  Auf  die  vielen  Einzel- 
heiten der  Arbeit  an  dieser  Stelle  einzugehen,  ist  nicht  möglich. 

Einen  bemerkenswerthen  Fall  von  Myositis  ossificans  pro- 
gressiva beschrieb  Babek  (Yirchow's  Archiv  Bd.  128^  S.  537). 
Es  handelte  sich  um  ein  diesjähriges  Kind,  bei  welchem  die  Affection 
zuerst  im  Alter  von  sechs  Monaten  bemerkt  wurde.  Es  fanden  sich 
ausgedehnte,  die  Beweglichkeit  vielfach  hindernde  Verknöcherungen 
zahlreicher  Muskeln,  ohne  Schmerzhaftigkeit  und  Fieber.  Auch  die 
Kiefermusculatur  war  betheiligt. 


m 


CMrurgie- 


Von  Profeaeor  Dr-  Kttlacsek  in  Brealau, 


I.   Allgemeine  Chirurgie« 

L  Wuiden  und  deren  Beltundlung, 

Bas  aseptisclie  Wand  verfahren  Hndet  in  den  geschloBeenen 
Anstalten  eine  immer  grössere  Verbreitung»  Es  ist  nur  zu  bedauern, 
ilass  die  Einführung  desselben  in  die  allgemeine  ärztliche  Pra^s  auf 
fast  unüberwindliche  HinderniBse  stössb.  Wie  sehr  sich  dieses  Ver- 
fahren dem  Ideal  der  Wundbehandlung  nähert^  beweist  eine  Arbeit 
von  Routschewsky  (Ueber  den  EinÜuss  antiseptischar  Mittel  auf 
die  Wund h eil ung.  Kusnisch).  Darin  bat  er  die  experimentellen  Ee- 
aultate  seiner  Forschung  über  den  Unterschied  der  Heilung 
zwischen  einer  aseptischen  und  mit  antiseptiBchen  Mitteln 
behandelten  Wunde  niedergelegt.  Er  fand,  dass  bei  der  Ver- 
narbung der  nur  mit  physiologischer  Kochaaklösnng  in  Berührung 
gekommenen  Wunde  sofort  die  Fortschaffang  des  abgestorbeneu 
Qewebes  der  Wundoberfiäche  durch  Lenkocyten  einsetzt j  während 
in  unmittelbarer  Nachbarschaft  vom  Ende  des  zweiten  Tages  die 
Karyokinese  des  Bindegewebes  beginnt  und  2 — ^3  Tage  anhält  Nach 
8  Tagen  ist  die  Vernarbung  fertig.  In  der  antiseptisch  tractirten 
Wunde  dagegen  verzögert  sich  der  Heilnngsvorgang  wesentlich. 
Die  Karyokinese  tritt  hier  nur  spärlich  und  spät  auf.  Nach  3  Tagen 
hat  in  der  mit  l^^iger  Sublimatlösung  behandelten  Wunde  die 
Differenzining  zwischen  Oranolations-  und  Narbengewebe  noch 
nicht  einmal  begonnen,     EoutBchewsky  sieht  daher  in  dem  Fern- 


Chirargie. 


125 


der   chemischeD   und  mechaniachen  RqLzq  die  Hauptaufgabe 
4mr  WaDdbebandluQg, 

Schleicb  (Ein  neues  Wund-  und  VerbandmitteL  Verb,  der 
Difdlaehen  Gesellscb.  f.  Cbir*  1892)  sucht  seine  Pasta  cerata  in  die 
Wundbebandlang  einzufübren.  Durcb  Bebandlung  des  Bienenwacbsea 
«it  Ammoniak  lässt  sieb  dasselbe  mit  1 — l^/^  ^'^^*  Wasser  zu  einem 
erioieaTtigen  Salbenkörper  umwandeln.  Diese  Masse  ist  ein  aus- 
geaeiclinetea  Deckmittel  bei  Verbrennangen  und  iässt  sieb  mit  yer- 
len  Arznei  kör  |>em  verbinden.  Mit  Pepton  ^  Zinkexyd^  Gummi 
Amyl  ist  es  ein  vorziigliebeö  Verband  mittel,  das,  weil  es  raacb 
iiTt,  alle  Binden  überflüssig  macht.  Höchstens  kann  ein  Watta- 
hftpnrh  darüber  gelegf  werden, 

Tavel  (Versuche  über  Sodalösungen  als  Irrigations-  und  Steriii- 
«ationamittel  in  der  Chirurgie.  OorrespondenzbL  f.  Schweiz.  Aerzte 
1892,  Kr.  12)  suchte  eine  milde  aseptische  Lösung  zu  gewinnen, 
weiche  den  Salzgehalt  der  physiologischen  Kochsalzlösung  und  die 
Alkmlinitit  des  Blutes  besitzt.  Mit  T^/^^'W  Kochsalz  und  2^j^<^:Qf^  Natron 
cvboulcum  calcinatum  versetztes  Leitungswasser  wurde  ^,'j  Stunde 
gekocht,  worauf  die  klare  Lösung  abgegossen  wurde.  Nach  ange- 
ateUten  Versuehen  erwies  sieb  Tavel  diese  Lösung  als  sehr  zweck- 


Wurme  F\ 
t^(Dm»  Koro 
^^»dftfi  kleine 
Hjnitaiilee, 


Als  ob  die  moderne  Chirurgie  nicht  reich  genug  an  Antisepticis 
wmre,  aucht  man  ihren  Schatz  immer  wieder  mit  neuen  zu  bereichern. 
Wurme  Fürsprache  finden  diese  Mittel  bald,  So  empfiehlt  Petersen 
(Des  £aropbeu  als  Verbandmittel,  St.  Peterab.  Woch.  1892,  Nr,  14)  för 
kleine  Cbirurgie  zunächst  das  Europhen,  ein  28%^  Jod  ent- 
gelbes, angenehm  duftendes  Pulver,  —  Aiuminol  wird 
li^on  Heins  und  Liebrecht  (Ein  neues  Adstnngo-Antisepticum. 
BerL  klm.  Wocbenacbr,  1892,  Nr.  46)  angepriesen^  weil  es  nicht 
wie  die  meisten  anderen  Antiseptica  in  den  obersten  Qewebsschichten 
läweiasgerinnung  erzeugt^  und  so  das  tiefere  Eindringen  desselben 
ermögHcbt  wird.  In  l%iger  Lösung  wirkt  es  bactericid*  ^  Hiller 
wieder  (Einige  Erfahrungen  über  Bolveol  als  Antisepticum,  Deutsche 
laed.  Wochenschr,  1892,  Nr,  37)  preist  das  Solveol,  ein  Gemisch 
IVO&  drei  Kresolen,  in  0,50j^iger  Lösung  als  ein  ganz  ungiftiges,  sehr 
^vailig  reisendes,  deshalb  für  Körperböblenoperationen  sich  besonders 
[ttgnendee  Antisepticum ,   das  von    keinem  anderen  übertroffen  wird. 

Da  euch   der  Chirurg  in  die  Lage   kommen   kann,   von   einem 
Dartüdeeinfioieus  Gebrauch  zu  machen,  so  sei  erwähnt,  das«  das 


12fl 


Kolaczek. 


Benzonaphtliol  von  Yvon  und  Berlioz  (Un  noavel  antiaeptique 
intestieal,  Progr^s  mdd.  1891,  Nr.  46)  als  ein  ganz  vortreffliches 
DarmdeeiDficienSi  pro  die  5  g  für  Erwacbsenej  2  g  für  Kinder^  an- 
gelegen tlicb  empfohlen  wird. 

Während  Niebergall  (Ueber  Verletzungen  grosser  Venenstämme 
und  die  bei  denselben  zur  Anwendung  kommenden  Methoden  des  zeit- 
lichen Verschlusses,  Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd,  38)  noch  kürz- 
lich für  das  schon  früher  empfohlene  und  von  seinem  Lelxrer  Küster 
noch  jetzt  mit  gutem  Erfolge  geübte  Verfahren  der  seitlichen  Ab- 
kiemmung  der  Gefässwand  bei  Veuenwunden  als  die  für  solche  Fälle 
beste  Methode  der  Bliitstillung  eintritt,  gibt  Schede  (Einige  Be- 
merkungen über  die  Naht  von  Venen  wunden.  Archiv  f.  klin.  Chir, 
Bd.  48)  der  Venennaht  unter  solchen  Umständen  den  Vorzug, 
Er  erklärt  diese  Naht  für  sehr  einfach,  zumal  da  nicht  einmal  die 
einzelnen  Häute  der  Gefässwand  exact  gegen  einander  liegen  zu 
kommen  brauchen.  Er  kam  kürzlich  in  die  Lage,  gelegentlich  einer 
Nieren exstirpatiou  auch  ein  2  cm  langes  Stück  aud  der  Wand  der 
V.  Cava  entferEen  zu  müssen.  Dießeii  Defect  verschloss  er  durch 
eine  fortlaufende  Catgutnaht,  während  das  Gefäss  ober-  und  unter- 
halb comprimirt  wurde,  18  Tage  nach  dieser  Operation  konnte  er 
bei  der  Autopsie  des  verstorbenen  Kranken  von  dem  ausgezeichneten 
Effect  der  Naht  sich  überzeugen.  Nichl  einmal  von  einer  Narbe  war 
an  der  Intimu  etwas  wahrzunehmen ;  nur  bestand  eine  massige  Ver- 
engerung des  Gefässiumens  an  der  Narbenstelle*  Auf  Grund  dieser 
und  ähnlicher  älterer  Erfahrungen  stellt  Schede  den  Satz  auf;  „Die 
Heilung  erfolgt  stets  mit  unfehlbarer  Sicherheit,  sobald  nur  die 
Wunde  aseptisch  bleibt;  nie  habe  ich  einen  Misserfolg  gehabt  und 
nie  Ursache  zu  dem  Verdachte,  dass  die  Nahtstelle  zur  Bildung  einer 
Thrombose  Anlass  gegeben  habe." 

Biernacki  (Ueber  den  Einfiuss  der  subcutan  eingeführten 
grossen  Mengen  von  0,7«*üigen  Kochsalzlöaungen  auf  das  Blut  und 
die  Hamsecretion,  Zeitschr.  i\  klin.  Med,  Bd.  19)  kam  auf  Grund 
eingehender  Untersuchungen,  die  er  im  pharmakologischen  Labo- 
ratorium in  Warschau  über  den  Einfluss  der  dem  Körper  subcutan 
einverleibten  „indifferenten^^  Kochsalzlösung  ausgeführt 
und  die  hier  im  Einzelnen  nicht  wiedergegeben  werden  können,  zu 
dem  Schluss,  dass  sogar  grosse  Mengen  derselben  für  das  Leben 
der  Thiere  ohne  Gefahr  sind,  aber  die  normale,  morphologische  und 
chemische  Zusammensetzung  des  Blutes  im  Sinne  einer  Zerstörung 
verändern,   ebenso  die  chemischen  Harnbestandtheile,  und  zwar  flr 


Chirurgie. 


137 


fie  Daaer  von  6 — 8  Tagen.  Die  Besultate  dieser  Arbeit  werden  die 
4iüiai]ger  der  BlntiransfasioQ  nicht  v^eriehleo,  zur  Festigung  ihres 
gkandpiiiiktes  zu  verwerthen.  —  Dieser  Richtung  gehört  bekanntlich 
Mek  ▼.  ZiexnsseQ  (Ueber  die  subcutane  Blutinjectiou  und  über  eine 
Moe  etofache  Methode  der  intravenösen  TransfudioQ.  Miinch«  med.. 
Wodienschr,  1892  Nr.  19)  an,  der  Erfinder  der  subcutanen  Blut- 
injecttoDsmetbode.  Weil  diese  aber  zu  langsam  ihre  heilsame  Wir- 
kaog  entfaltet  and  wegen  Schmerzhaftigkeit  ohne  Narkose  nicht  gut 
aaagefubrt  werden  kann,  so  emptielilt  er  neuerdings  lebhaft  die 
iBlrarenöse  und  zwar  in  vereinfachter  Form,  Er  injicirt 
nixalich  d&8  aus  der  V.  mediana  mittels  einer  Kohlnadel  in  eine 
B  ccm  fassende  sterilisirte  Glasspritze  aspirirte  Blut  sofort  wieder  in 
Üe  Mediana  des  Blutempfängers.  Während  diese  Injection  besorgt 
wird,  seiet  man  die  Aspiration  mit  einer  zweiten  Spritze  fort,  und 
vean  aoeh  diese  ihren  Inhalt  weitergibt,  tritt  an  ihre  Stelle  eine 
dritte  Spritze,  Während  der  Entleerung  dieser  letzten  aber  wird 
die  erste  mit  sterilem  Wasser  ausgespritzt ,  um  etwa  -  anhaftende 
Hatreste  zu  beseitigen.  In  diesem  sich  wiederholenden  Turnus 
ftbartri^  v,  Ziemssen  innerhalb  15  Minuten  etwa  250  g  Blut  ohne 
Bkseh werde  und  Gefahr  für  den  Empfänger. 

Kortmann  (Ueber  den  Werth  parenchymatöser  Salzwasser- 
iajeeiionen  bei  acuten  Anämien.  Deutsche  med.  Wochenschr.  1892, 
Kr.  16)  verwirft  bei  acuten  Anämien  infolge  von  Blutungen 
die  intravenöse  Transfusion,  weil  durch  Steigerung  des  Blut- 
dnicks  die  Blutung  sieh  erneuern  kann.  Von  sechs  in  dieser  Weise 
▼00  ihm  behandelten  Kranken  dieser  Art  gingen  f^f  infolge  Anämie 
so  Gnmde,  wahrend  von  fünf  anderen  mit  Hypodermoklyse  Behan* 
dbtlcn  nur  einer  starb  und  das  infolge  von  MarasmuB. 


Als  bestes  Stypticum  stellt  Wright  (üpon  a  new  styptio 
od  npOD  the  possibility  of  increasing  tbe  coagulability  of  the  blood 
A  tke  Tessels  in  casea  of  haemophilia  and  aneurysm  and  internal 
aaemerrhage.  Brit.  med.  Joum,  Nr.  1616)  eine  mit  l^^jiger  Chlor- 
^einmlösung  versetzte  Fibrinfermentsolntion  her.  Eine 
loUie  wird  am  besten  aus  dem  Blute  der  Herbivoren,  vor  Allem 
iBt  dem  so  übrin reichen  Rinderblute  gewonnen.  Es  bewirkt  besser 
ib  Actdum  tannicnm,  Alkohol,  Glühhitze  Q-erinnung,  dabei  aber  keine 
Sihorfe  und  reactive  Entzündung.  Auch  Kalksalze  allein  haben 
iaeb  seinen  Erfahrungen  einen  die  Blutgerinnung  beschleunigenden 
Ijirff'iffl',  mögen  sie  per  os  oder  per  injectionem  dem  Organismus  bei 
inereo  Blutungen,  also  auch  bei  Hämophilie,  einverleibt  werden. 


128 


IColaczek. 


Anstatt  der  einfechen  Teiiotomie  empfiehlt  Sporen  (Om  Tetido- 
plastik.  Hoßp.  Tidende  18ül,  Bd.  D),  um  eine  Verlängerung  der  Sehne 
zu  erzielen,  eine  Art  Teüdoplaetik.  Er  legt  z.  B.  die  Achillessehne 
durch  einen  b  cm  langen  Langsschoitt  bbea,  legt  dann  etwa  den  Greni- 
iiDien  des  mittleren  Drittels  derSehnenbreite  entsprechend  zwei  parallele 
Schnitte  an,  aber  nicht  in  gleicher  Höbe,  äondern  den  einen  1  cm 
tiefer  als  den  anderen.  Vom  oberen  Ende  des  einen  und  vom  unteren 
£nde  des  anderen  führt  er  nach  entgegengesetzten  Ricixtungen  bis  nahe 
an  d  en  Sehuenrand  gehende  Qaer:ächmtte  durch  die  ganze  Dicke  der  Sehne 
hinzu,  ITumnehr  lässt  sich  die  Sehne  leicht  um  die  Länge  der  beiden 
LangsBcbnitte  verlängern.  Der  in  dieser  Weise  operirte  Mann  konnte 
schon  nach  4  Tagen  ohne  Stock  umhergehen. 

Welch  schönes  Kesultat  man  bei  spastischer  Paralyse  doroli 
eine  conaequente  Durchöchneidung  von  Sehnen  und  Nerven 
erreichen  kann,  beweist  ein  von  Lorenz  (Demonstration  eines 
lljäbrigen  Mannes  mit  angeborener  spastischer  Paralyse.  Internat. 
klin.  Kundscbau  1891^  Nr.  46)  bekannt  gegebener  FalL  Bei  eioem 
Mann  von  17  Jahren  mit  angeborenem  Spitzfuss,  Beugecontractni' 
der  Kniegelenke  und  Ädductionscontractur  der  Oberschenkel,  so  dass 
das  Stehen  unmöglich  war,  machte  er  in  einer  Sitzung  die  Tenotomie 
der  Acbtllesaehuei  des  Biceps  femoris,  die  Besection  von  1 — 2  cm 
langen  Stücken  aus  den  Sehnen  des  Semimembranosus,  Semltendinosas 
und  Graciiis,  im  Ganzen  10  Sehnend urchschiieidungen.  Dieser  Mann 
konnte  nach  einiger  Zeit  stundenlang  sich  auf  den  Beinen  halten 
und  unbebolfeo  umbergehen.  Gegen  die  Adductorencontractur 
Lorenz  die  Resection  des  N.  obturatorius  zu  Hülfe. 


K  ü  m  m  e  11  (üeber  Knochenimplanlation,  Deutsche  med,  Wochen- 
schrift 1891^  Nr.  U)  hat  in  Deutachland  wohl  zuerst  in  ausgedehntem 
Maasse  von  der  Senn^schen  Implantation  decalcinirter  tkieri- 
scher  Knochenstücke  in  Knochendefecte  Gebrauch  gemacht,  so 
zur  Ausfüllung  von  Höhlen  nach  der  Nekrotomie,  grosser  traumati- 
scher Oontinuitätsiücken,  zur  Beseitigung  von  Pseudarthrosen  und 
zum  Ersatz  einzelner  durch  krankhaftü  Processe  zerstörter  Knochen. 
Knochen  j  die  zur  Verwendung  bei  Päeudartbroseu  bestimmt  sind, 
entkalkt  er  nur  soweit,  dass  noch  ein  harter  Kern  in  dem  weichen 
Mantel  erhalten  bleibt. 

Von  grossem  Interesse  eind  die  im  Laboratorium  des  Professor 
Koschewnikow  in  Moskau  von  Darkschewitscb  und  Weiden- 
hammer (lieber  den  Ersatz  von  Trepanationsiücken  durch  entkalkten 
Knochen.     Wratgch  1892}   über  dasj  Schickaal  der  von  Senn  ssuin 


Chirurgie. 


\2d 


Ersatz  von  Knochendef&cten  empfohlenen  decalcinirten 
Knochenplatten  atiegefübrten  Experimente.  Sie  haben  festBtelleE 
köniien,  dass  das  Bernde  impluntirte  Kiiochenstück  in  kurzer  Zeit 
durch  normalen  Knochen  ohne  jede  Spur  von  Entzündung  in  der 
Umgebung  ersetzt  werde,  und  dies  um  so  rascher,  wenn  zwischen 
Defect  und  Ersatzstiick  eine  möglichst  genaue  Congrtienz  besteht. 
Diu  Begenerationstendonz  ist  dabei  so  vollkommeQ^  dass  nicht  nur 
das  äussere  Periost,  sondern  sogar  ein  dem  centralen  Abschnitt  des 
Befects  entsprechendes  Stück  der  Dura  fehlen  kann,  wenn  nur  der 
Ersatzknochen  wenii^stens  an  seiner  Peripherie  noch  mit  einem  Saum 
von  Dura  in  Berührnug  kommt*  Ueber  den  genauen  Vorgang  bei 
diesem  Werdeprocesse  liess  sich  etwas  Sicheres  nicht  ermitteln. 
Jedenfalls  aber  folgt  das  neugebildete  osteogene  Gewebe  den  durch 
das   implantirte   Knochenstück   praformirten   histologisciien  Bahnen. 

Eine  neue,  allem  Anscheine  nach  zweckmässige  Art  von 
Knochen  naht  empfiehlt  Wille  (Eine  Verbesserung  der  Technik 
der  Knochensutur.  Centralbb  f.  Chir.  1892,  Nr.  46).  Während  bis- 
her gewöhnlich  nur  die  eine  Wand  des  in  seiner  Continuität  ge- 
trennten Knochens  unter  schräger  Durchbohrung  der  Segmente  mit 
der  Sutur  versehen  wnrde^  und  so  nachträglich  einer  Lage  Verände- 
rung der  Bruchstücke  ad  directionem  und  ad  peripheriam  nicht  eicher 
vorgebeugt  werden  konnte,  legt  Wi He  seine  Naht  durch  den  ganzen 
Querschnitt  des  Knochens  und  verhindert  somit  jede  Verschiebung 
der  Bruchstücke  im  Verbände.  Handelt  es  sich  also  um  einen  Quer- 
bruch,  so  legt  er  mittels  eines  amerikanischen  Drillbohrers  zu  beiden 
Seiten  der  Trenuungslinie  je  ein  senkrechtes  Bohrloch  au,  führt  dann 
durch  das  eine  einen  dicken  silbernen  Faden,  leitet  dessen  Anfangs- 
theil  an  der  hinteren  Knoohenfläche  mit  dem  Finger  an  die  Mündung 
des  andern  Bohrkanals^  um  hier  denselben  mit  Hülfe  eines  von  ihm 
angegebenen  entgegengeführten  Suturhakena  äu  fassen  und  wieder 
an  die  Vorderfläche  des  Knochens  herauszuleiten.  Hier  werden  die 
Fadenenden  fest  geknüpft.  Bei  Schrägbrüchen  legt  er  nur  einen,  aber 
senkrecht  auf  der  Bruchfläche  stehenden  Bobrkanal  an ,  führt  den 
Silberfaden  im  Querschnitt  seiner  hintern  Mündung  rings  um  den 
Knochen,  erfasst  mit  seinem  Suturbaken  die  Mitte  des  Fadenringes, 
zieht  dieselbe  in  Form  einer  Schlioge  durch  den  Bohrkanal  heraus^ 
zerschneidet  sie,  gewinnt  so  zwei  Fadenriuge^  die  er  dann  um  die 
entsprechenden  Knoehenhälften  festknüpft.  Oder  er  begnügt  sich 
mit  einer  einfachen  Umschlingung  des  Knochen cylinders,  wobei  aber 
Ja)ulKi£ti  d.  prici.  MediciD.   ims.  i> 


130 


Ko]a€2ek. 


der  Faden  in  zwei  mittele  Feile  rechts   und  links  an  der  Knochen - 
Oberfläche  angelegte  Furchen  zu  liegen  kommen  mnss. 


2,  Entxüiidfiiige]]. 

Die  Lehre  vom  Tetanus  traumaticus  erfährt  seit  E-arzem 
von  Bologna  aus  eine  ganz  besondere  Förderung  durch  Tlzzoni 
und  Cattani,  Dieselben  treten  fortdauernd  lebhaft  für  die  thera- 
pen tische  Wirksamkeit  ihres  aus  Hunde-  und  Kanin  chenblutserum 
gewounenen  Antitoxins  ein^  trotz  der  dem  widersprechenden  Resui'- 
täte,  welche  zunächst  experimentell  Brieger  und  Kitasato  damit 
erzielt  haben.  Aber  auch  von  anderer,  allerdings  auch  italienischer 
Seite,  wird  über  positive  Erfolge  des  Antitoxins  berichtet.  So  von 
Casati  (Setlimo  caso  di  Tetano  traumatico  curato  con  Tantitossina 
Tizaoni-Cattani ;  guarigione,  Rifonn.  med.  1892)^  der  bei  einem  am 
siebenten  Tage  nach  einer  Fussverletzung  einsetzenden  Tetanus  mit 
einer  Injection  von  25  cg  Antitoxin  begann  >  dieselbe  noch  viermal 
wiederholte,  das  letzte  Mal  nur  noch  15  cg  einspritzte  und  damit 
Heilung  erzielte.  ~  Auch  Taruffi  (Sesto  caso  di  tetano  traumatico 
curato  con  rantitossina.  Ibid.)  erklärt  sich  auf  Grund  einer  gleich 
gtlnstigen  Erfahrung  als  Anhänger  Tizzoni's.  In  seinem  Faliei  bei 
einem  74jäbrigen,  am  kleinen  Finger  verwundeten  Manne,  erwies 
sich  schon  nach  der  zweiten  Inject bn  das  Blutserum  des  Kranken 
als  ungiftig  für  Thiere,  und  nach  der  vierten  auch  der  Urin.  Aller- 
dings hatte  Taruffi  in  der  Zeit  zwischen  der  zweiten  und  dritten 
Injection  den  kranken  Finger  exarticulirt.  —  Auch  Bruschettini 
(ibid.)  hat  zwei  an  traumatischem  Tetanns  Erkrankte  durch  solche 
Injectionen  geheilt.  —  Aber  puch  die  Injection  von  20/QTger  Oarbol- 
löBung  hat  günstige  Heilresultate  bei  der  in  Kede  stehenden  Krank- 
heit aufzuweisen.  So  hatCaliari  (Un  caso  di  tetano  per  ferita  de 
poUice  sinistro  ed  infezzione  per  mezzo  di  una  raguatela.  Cura  col 
metodo  Baccelli.  Ibid.]  einen  Knaben  von  3  Jahren ^  bei  dem  nacl: 
einer  Schnittwunde  des  Daumens  noch  27  Tage  später  Tetanus  aus 
gebrochen  war,  infolge  subcutaner  Injectionen  von  li%|iger  Carbol 
lösong  gesund  werden  sehen,  —  Strazzeri  (ibid.)  ebenfalls  einei 
9jährigen  Knaben  mit  oberflächliclier  Verletzung  des  Knies. —  Rome 
(Cura  del  Tetano  traumatico.  Ibid.)  endlich  berichtet  über  niehrer 
von  ihm  und  RizzoH  durch  Absetzung  des  verletzten  Gliedes  zu 
Heilung  gebrachte  Fäüe  von  traumatischeiu  Tetanus. 

Als  ein  vielfach  erprobtes,  nicht  nur  proph  y  lac  tisch  es ,  sondei 
absolutes   Heilmittel    für    die    Osteomalacia   adultorum    gi 


]iitst   die  Entfemang   der  FortpflaDzuDgeorgane  des  Weibes,   sei  es 

der  Ovarien,  aei  es  der  Gebärmutten     Nicht  nur  Stillstand,  sondern 

fttttocbiedener  Höckgang  der  Krankheit  ist  danaoh  beobachtet  worden. 

^^Keoerdings  berichtet  v.  Veüts  (lieber  die  Heilung  der  Osteomalacie* 

^■Eeitochr,  f.  Gebnrtshülfe  q,  Gynäkologie  Bd.  23)   über  drei  weitere 

^vTälle  TOD  Heilung  dieser  mysteriösen  Knochenkrankheit  bei  Frauen 

^P  ftftch  der  f&nften  und  sechsten  Schwangerschaft.  —  Friläch  (Beer, 

[       Beitlüge  sror  Behandlung  der  Osteomalacie.  Diss.  Breslau  1892)  ent- 

ichloest  sich  einer  solchen  Indication  zufolge  bei  einer  29jäbrigen  I  V-para 

lur  AasfÄhrung  der  Porro'schen  Operation,   weil  die  Beschwerden 

Id    der    letzten   Schwangerschaft    eine    unerträgliche    Höhe    erreicht 

hmlten*     Der  gute  Erfolg  blieb  mcht  aus. 

Heboal  (Note  sur  traitemeDt  des  ad^oopathies  scrofulo-tnbercu- 
100066  par  les  injections  mterstttielles  de  naphthol  camphrt^.  Bull. 
•i  mtei.  de  la  soc.  de  chir.  de  Paris  Bd.  17)  hat  von  der  schon  im 
vorigea  Jahresberichte  besprochenen  Injection  von  Campher- 
Bftphtho]  in  acrophnldse  Drüsen  gute  Erfolgte  gesehen.  Von 
fi  00  behmndelten  Fällen  wiesen  nach  einiger  Zeit  20  Heilung  auf, 
ohgleicb  darunter  zum  Theil  vereiterte  Drüsen  waren.  Er  injicirte 
aDe  8  Tage  2 — 10  Tropfen,  was  nur  an  der  Einstichstelle  eine  ge- 
linge Anschwellung  zur  Folge  hatte.  Diese  Behandlung  muss  lange 
Ztü  fortgeführt  werden. 


I 


J  Bitach  (Om  Behandlingen  af  spondylitiske  Cangestions  ab- 
•esaser  med  Jodoforminjection.  Hosp.  Ttdende  1890)  hat  eine  Reihe 
von  fipondylitiechen  Senku  ngsabscessen  mit  Injection 
einer  10<>fligen  Jodoformemulsion  behandelt  und  dabei  bis  zu 
b  g  Jodoform  auf  einmal  in  die  entleerte  Abscesshöhle  injicirt.  Dass 
danach  manchmal  Intoxicationserscheinungen  auftraten,  darf  wohl 
nicht  Wunder  nehmen.  Doch  ist  er  geneigt,  dieselben  vornehmlich 
auf  das  Glycerin  zurückzuführen,  und  macht  demnach  den  Vorschlag, 
daa  Glycerin  mit  Wasser  zu  gleichen  Theilen  zu  verwenden.  Nach 
»einer  Beobachtung  hatte  die  Jodoforminjection  sofort  eine  starke 
Schwellung  des  Abscesses  und  eii^e  ln£ltration  seiner  Umgehung  zur 
Folge.  Aber  schon  nach  wenigen  Tagen  wurden  diese  Erscheinungen 
rtckg&ngig  und  gingen  allmählich  in  eine  zunehmende  Schrumpfung 
dar  Abseess Wandung  üben  Diese  Behandlung  dauerte  durchdchnitt- 
Monate,  wobei  das  Befinden  der  Kinder  sich  sichtlich  besserte. 

raose  (Die  operative  Behandlung  der  schweren  Fälle  von 
KoQchen*    aod    Gelen ktuberculose    nach    dem   Billroth^schen   Ver- 


132 


Kolaczek. 


fahren.  Deutsche  med.  Wochensf^hn  1892,  Nr;  0)  hat  das  ßill- 
roth'sche  Verfahren  der  operativen  Behandlung  dertuber- 
oulösen  Gelenke  so  sehr  bewährt  gefunden,  dass  er  es  nicht  ge- 
nug rühmen  kann.  Deshalb  mag  et*  hier  kurz  vorgeführb  werden* 
Nach  möglichst  gründlicher  Entfernung  der  tuberculösen  Masaen 
mittels  schneidender  lostrumente  wird  die  ganze  Wunde  soweit  ver- 
dchlos:^enj  dass  nur  noch  die  Spitae  einer  rnät  Jodoformglycerin  ge- 
füllten Spritze  ciogeFübrt  werden  kann,  um  mit  ihrem  Inhalte  mög- 
lichst alle  Punkte  der  Wundhöhie  in  Berührung  zu  bringen.  Sodann 
wird  auch  die  Injecti an ss palte  durch  Naht  gescbloeaen.  So  von  der 
äussern  Luft  abgeöcblossen,  entfaltet  das  Jodoform  seine  volle  anti- 
tuberculöse  Wirkung,  während  diese  bekanntlich  durch  das  Hinzu- 
treten der  atmosphärischen  Luft  wesentlich  beeinträchtigt  wird. 
Steht  aber  der  Krankheitsherd  durch  Fisteln  mit  der  Aussenwelt 
in  Verbindung,  so  folgt  dem  operativen  Eingriffe  zunächst  für 
8  Tage  eine  reinigende  Taraponade  der  Wund  höhle,  darauf  ein  vor- 
sichtiges Ablösen  der  Gazü^  um  jegliches  Bluten  zu  vermeiden,  und 
dann  unter  Jodoformglycerininjection  der  völlige  Verschluss  der 
Wunde  durch  Secundärnähte»  Während  der  Operation  selbst  wird 
das  übliche  Tupfen  besser  durch  Spülung  mit  physiologischer  Koch- 
sablösung erseUt,  um  ein  Eindrücken  luberculösen  Gi'ftes  in  die 
offenen  Gewebsspalten  sicher  auezuschalten. 

Ein  neues  Princip  in  der  Behandlung  der  Gelenktuber- 
culoäe  kam  in  der  v.  Esmarch'schen  Klinik  mit  einem  gewissen 
Erfolge  zur  Anwendiing,  wie  Bier  (Ueber  ein  neues  Verfahren  der 
conservativen  Behandlung  von  Gelenktuberculose,  Verh,  d.  Deutschen 
Gesellsclu  f.  Chir^  2L  Congreas)  berichtet.  Bier  ging  bei  dem  Ver- 
suche von  der  pathologisch^anatomischen  Thatsache  ans,  dass  die 
Stauungalunge  gegen  Tuberculöse  immun  ist.  An  den  Gelenken  nun 
erzeugte  er  künstlich  eine  Btauungshyperämie  dadurch^  dass  er  den 
antern  Abschnitt  der  Extremität  bis  nahe  au  das  erkrankte  Gelenk 
fest  einwickelte  und  dann  oberhalb  desselben  das  Glied  mittels  eines 
elastischen  Schlauches  massig  einschnürte»  Damit  diese  Einschnürung 
den  Kranken  nicht  zu  sehr  belädtige,  kommt  der  Schlauch  über  eine 
Wattepolsterung  zu.  liegen  und  muss  von  Zeit  zu  Zeit  seine  Appli- 
caiioniästeUe  wechseln.  Meistens  wurde  bei  dieser  Behandlung  in 
kurzer  Zeit  eine  auffallende  Besserung  wahrgenommen,  so  dass  diese 
Methode  einer  weiteren  Prüfung  werth  ist. 

Bei  Behandlung  kalter  Ab.Ncesse  oder  tuberculöser  Ge^ 
lenkaffeetionen  mit  Jodoforminjectioneu  bat  man  nicht  selten 
die  Wahrnehmung  gemacht,   dass  der  Injection   eine   mehr  weniger 


Chirurgie. 


133 


ifte    Heaction   folgte.     Den   Grund    davon   erblickten  Manche 
der  nicht  g&nz  sterilen  Beschaffenheit  der  zur  lojection  verwen- 
LidsoDg.     Daher   begann   man   dieselbe  gewissenhaft  zu  steri- 
ÜmreD«     ^Krause  setzte  der  Jodoformglycet inmischung  etwas  Carbol 
lunzo.      In  der  Tübinger  Klinik  bediente  mau  sich  des  Jodoformöle, 
wobei    das    Oel  vorerst   durch   Aufkochen   keimfrei   gemacht   wurdu 
and  erst  nach  dem  Erkalten  einen  Zusatz  von  feingepulvertem  Jodo- 
&rm  erhielt.    In  der  Mün ebener  Klinik  suchte  man  nach  einem  Be- 
ridita    von   Stubenrauch   (üeber   die   Sterilisation    von   Jodoform- 
iBJectionsflussigkeiten.     Centralblatt  f.  Chir.  1892,  Nr.  34)  die  asep- 
tiache  Beschafiecheit  des  Jodoformgljcerins  durch  eine  enf  sprechende 
Behandlung  im  Dampfsterilisationsofen  zu  erreichen.    Dabei  hat  man 
»her    eine  sonderbare  Erfahrung  gemacht,   dass  nämlich  durch  An- 
vendong  der  so  hergestelhen  Injectionsflüssigkeit  die  oben  erwähnte 
Eeaction    besonders    häufig  hervorgerufen  wurde.     Bei  näherer  Prü- 
fung  überzeugte   man  sich,   dass  daran  das  freie  Jod  Schuld  hatte^ 
velches  beim  Kuchen  der  Emulsion  feich  abspaltete.    Sowie  dieselbe 
tu  kiiri;en,  breithalsigen  und  offenen  Gefässen,  welche  das  Jod  leicht 
eatweiohen  liessen,   sterilisirt   wurde,   gewann    man   eine  völlig  im- 
•efauldige    Flüssigkeit.     Eine    solch»   Zubereitungs weise   eignet   sich 
aber  für   den  practischen  Arzt  wenig.     Derselbe  wird  es  vorziehen, 
nmud  nach  Ferrari's  Vei-suchen  das  Glycerio  für  Mikroorganismen 
iOI   durchaus  schlechtes  Nährmedium  abgibt,    diesem   durch  Zusatz 
FOD   Carbol  eine  noch  grössere  bactericide  Kraft   zu  geben,    odt^r 
daaselbe    vor  dem  Jodoformzusatz   in   einem  mit  Sublimat  ausgewa- 
•ebeD^n    und   mit  Aether   nachgespülten   Gelasse    aufzukochen,   wie 
I  Garr^  (Zur  Sterilisation  von  Jodoformölemulsion.     Centralblatt  für 
1892,  Nr.  39)  mit  dem  Olivenöl  verfährt. 


3.  instruTnento  und  A|iparat(>. 

H*  Thomson  in  Dorpat  emptlehlt  zur  Verschliessung  der  von 
eben  her  geöffneten  Harnblase  die  sog.  fortlaufende  Partien- 
ligatur Zweifei's.  Es  wird  eine  dünne,  gestielte^  mit  langem 
Faden  armirte  Nadel  einige  Millimeter  von  dem  einen  Wundraude, 
ohne  die  Schleimhaut  mitzufassen,  ein-  und  ebenso  durch  den  anderen 
am^stochen,  darauf  der  Faden  zu  einer  weiten  ScLlinge  ausgezogen, 
I  di»  Kadel  wieder  zurückgerührt  und  in  derselben  Weise  1  cm  weiter 
wieder  dorchgestochen.  Inzwischen  durchschneidet  der  Assistent 
die  Schlinge  und  fixirt  die  Fadenenden  mittele  einer  Klemme,  um 
iie  nach  Beendigung  der  ganzen  Naht  zu  knüpfen,     Thomson  hat 


134 


Kölaczek. 


dies6Q  NahtvdrecliluBs   auf  aeine   Darcbläsiigkdit  geprüft  und  sich 
von  seiner  völligen  Haltbarkeit  übarzetigt. 

Eeuaäea  uodSchtevakamp  (Sperrcanüle  far  Injectioaszweoke. 
CentralbL  f*  Chir.  1892,  Nr.  6)  haben  eine  zweckmaBaige,  leicht 
aseptisch  zu  haltende  Sperrcantlle  für  den  Irrigator  an- 
gegöbeo.  Dieselbe  besteht  aus  zwei  in  einander  versehieblichon 
Glasröhren  j  welche  durch  eine  Gummidichtung  zysam  menge  halten 
werden.  Je  nach  dem  Grade  der  Verschiebung  wird  der  Strahl 
bald  erzeugt,  bald  unterbrochen.  An  das  eine  Ende  des  äusseren 
Glasrohrs  wird  der  Schlauch  des  Irrigators  befestigt;  am  anderen 
Ende  sitzt  der  Gummiring.  Das  innere,  eigentliche  Äueflnssrohr  ist 
nur  vorn  an  der  Spitze  oflFen,  hat  aber  in  der  Mitte  seiner  Länge 
eine  Seitenöffnung.  Je  nachdem  nun  dieee  Seitenöffnung  durch  Ver- 
schieben des  inneren  Rohrs  hinter  oder  vor  den  Gummiring  zu  liegen 
kommt,  fliesst  der  Strahl  oder  hört  auf  zu  Eiessen. 

Chazai  (Thermocautere.  Gaz.  des  höp.  1892,  Nr.  25)  hat  den 
Paquelin*8ohen  Apparat  dadurch  vereinfacht,  dass  er  das  den 
Petroleumäther  enthaltende  Gefäss  gleichzeitig  zur  Erhitzung  des 
Flatinbrenners  benutzt.  Dies  erzielt  er  durch  Anwendung  eines  sinn- 
reich conötruirten  j  im  Deckel  des  Gefäsaes  angebrachten  doppel* 
läufigen  Hahns.  Durch  Drehung  desselben  wird  der  Inhalt  des  Ge- 
fässes  einmal  bloss  mit  dem  Brenner,  das  andere  Mal  aber  gleich- 
zeitig auch  mit  der  Aussenlnft  in  Commuoication  gesetzt*  Im  zweiten 
!Falle  wird  das  austretende  Gas  angezündet  und  so  zur  Erhitzung 
des  Brenners  verwandt  Des  leichteren  Transports  wegen  enthält  das 
Gefäss  nicht  flüssigen  Aether,  sondern  damit  getränkte  Schwamm  oben. 

Bay  (Gauterisator.  lllustr.  Monatsachn  für  arztl.  Polytechnik 
1B91,  Dec.J  hat  einen  neuen  einfachen  Canterisator  erfunden, 
welcher  aus  einem  kleinen  Baiion,  dem  sog«  Dampfen twiokler,  einem 
Regulator  und  aus  der  Ansatzspitze,  welche  glühend  zu  machen  ist, 
besteht.  Der  Ballon  wird  mittels  eines  Brenners  erhitzt,  so  dass  die 
darin  behndüche  brennbare  Flüssigkeit  verdampft«  Die  entweichenden 
Dämpfe  treffen  in  der  Spitze  auf  eine  Platinspirate  und  bringen  diese 
«iir  Gluth.    Zur  Handhabung  dieses  Apparats  reicht  eine  Hand  aus. 

Köhler  (lieber  die  Methoden,  die  Lage  und  Richtung  der  Hirn- 
windungen an  der  Aussenfiache  des  Kopfes  zu  bestimmen.  Deutsche 
Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  ^2)  hat  einen  Craniencephalometer,  ein 
haubenfbrmiges  Gestell  aus  biegsamen  und  verschieblichen,  aber  fest- 
stellbaren Drähten,  angegeben,  um  mit  Hülfe  desselben  nach  Beunet- 


Ckinirgie, 


Godlde  dea  Verlauf  vor  Alldm  der  Ceiitraifuroiie  genau  zu  be- 
i^tni*n.  Zu  diesem  Behafe  wird  der  eagittale  Drabt  genau  in  der 
Ttrfailidiingslinie  zwischen  der  Stirn  mitte  und  der  Pro  tuber  au  tia 
oodtpitalia  posterior,  ein  zweiter  senkrecht  auf  dem  vorigen  von  der 
rvderen  Qrease  dea  äusseren  Qehörganga  und  ein  dritter  eben* 
Üb  senkrecht  und  parallel  dem  zweiten  au  dem  hinteren  Rande  dea 
Warseiifort Satzes  eingestellt.  Die  Verbindungalinie  zwisichen  dem 
KzeQxungspankte  der  zweiten  Senkrechten  mit  der  Sagittalen  und 
Mim  2  Zoll  oberhalb  des  Meatns  auditorius  gelegenen  Punkte 
dar  ersten  Senkrechten,  also  der  Grenze  zwischen  dem  mittleren 
ukd  ODterea  Drittel  derselben,  bestimmt  genau  den  Verlauf  der  Cen- 
traifiirelie. 


Hha 


Der  merkwördigei  von  Schmidt  im  Jahre  1888  veröffentlichte 
von  Totalexstirpation  des  Kehlkopfs,  bei  dem  die  Sprechfahig- 
'kiÜ  sUmäbHch  spontan  sich  wieder  eingestellt  hat,  ist  bisher  ein 
üfikwai  geblieben.  Sonst  war  Bruns^  künstlicher  Kehlkopf 
einer  solchen  Operation  nicht  zu  entbehren,  falls  der  Kranke 
Kabenmenschen  sich  halbwegs  veratäudlicli  machen  wollte* 
gab  es  eine  Anzahl  solcher  Operirter^  welche  mit  diesem 
HfilDsmittel  seiner  UebeUtände  wegen  auf  die  Dauer  sich  nicht  be- 
frenndeo  mochten.  Denn  die  künstliche  Stimme  versagte  häufig^ 
woil  der  Schleim  am  Stimmbande  haften  blieb.  Deshalb  miisste  ba* 
hifii  Beintgung  der  ganze  Apparat  aus  seiner  Lage  gebracht  werden, 
treon  nicht  gar  die  nur  lose  befestigte  Gummlzuugo  mit  dem  Ventil 
bei  eioeiii  heftigen  Hustenstosse  Kerausgeschleudert  wurde.  Die 
Mniaie  selbst  blieb  unangenehm  eintönig.  Julius  Wo! ff  (Ueber 
TerlMssorangen  am  künstlichen  Kehlkopf.  Verh,  d.  Deutsch.  Gesellsch. 
L  Qür.j  2.  Gongress)  aber  ruhte  nicht,  bis  er  eine  wesentliche  Ver- 
besser ong  der  Phouationscanule  erzielte.  Er  Hess  dieselbe 
\  ebenso  lang  wie  eine  gewöhnliche  Trachealcanüle,  bauen  und 
Lumen  anteu  durch  ein  allen  Schleim  auffangendes  Brahtsieb 
a.  Die  Öammizunge  wurde  höher  gelegt,  so  dass  der 
b  beEodliche  Ganüleuabschnitt  einen  relativ  weiten  Resonanz- 
ranm  darstellte.  Das  Gummiventil  off a ei  sich  nicht  wie  bei  der 
BrQOs'schen  Canüle  nach  beiden  Seiten,  sondern  nach  der  Mitte 
IS  nad  lisBt  sich  mittels  einer  Schraube  höher  und  tiefer  stellen,  so 
ium  die  Tonhöhe  der  Sprache  abgestuft  werden  kann.  Ausserdem 
Eoss  er  den  Eingang  zur  Oanüle  dadurch  weiter  heritelien,  dass 
dis  des  Otunmi Ventil  enthaltende  Stück  iles  Apparats  nicht  in,  son- 
imn  Clber  dieselbe  hinweg  geschoben  wird.     Der   mit  einer  solchen 


136 


Kolamk. 


CaEüle   versebtne,  von  Wolff  operirte  Mann   declamkte  und 
BOgar  vor  dem  Congress  in  relativ  ausgezeichneter  Weise, 


sang 

liose,    1 
einer      I 


Schede  lEin  neuer  Apparat  zur  BebandluDg  der  Skoliose, 
Deutsch,  med.  Wocheuschr.  1892,  Nr.  12)  empheblt  als  Frucht  einer 
laugen  Reibe  von  Versuchen  und  eingehender  Erwägungen  einen 
neuen  La gerungsap parat  zur  Behandlung  der  Skolioae. 
Derselbe  kommt  aber  im  Verein  mit  Massage,  Gymnastik,  Elektri- 
cität,  unter  Umständen  sogar  mit  Corsets  zur  Anwendung.  Während 
der  Patient  in  Extension  gebalten  wird,  fixirt  Schede  das  Becken 
durch  einen  feststehenden  Rahmen  und  den  Schultergürtel  durch 
Stützen,  om  dann  mittels  zweckentsprechend  an  den  Thorflx  ange- 
legter Heftpflasterstreifen  einen  horizontaien  Zug  aoazQÜben  und 
so  der  Wirbeltorsion  entgegenzuwirken.  Auf  die  Uebergangsstelle 
der  Rippenknorpel  zu  den  Rippen  wird  mittels  einer  Pelotte  ein 
entsprechend  starker  Druck  ausgeübt,  um  hier,  als  dem  uachgiebig- 
sten  Paukte  des  RippenringeSy  der  Entstehung  eines  Buckels  vor- 
zubeugen. In  diesem  Apparat  liegen  die  Kinder  täglich  eine  halbe 
Stunde.  Da  bei  den  vorgeschritteneren  Fällen  das  Trogen  eines  Cor- 
sets sich  empfiehlt,  so  lässt  Schede  während  der  Nacht  ein  bis 
auf  die  Oberschenkel  hinabreichendea,  also  eine  vollkommenere  Hebel- 
wirkung ausübendes  Coraet,  anlegen.  Schede  will  durch  eine  solche 
Behandlung  überraschend  gute  Resultate  erzielt  haben. 

Heidenhain  (Ueber  Behandlung  des  Leistenhodens  mit  einem 
Brtichbande.  Deutsch,  med.  Wochenschr.  1892,  Nr.  14)  gelang  es^ 
durch  consequente  Anwendung  eines  gewöbulichen  Bruchbands  zu- 
nächst bei  jüngeren  Individuen  den  Leistenhoden  allmählich 
in  den  Hodensack  hinab  zu  drücken  und  in  der  abhängigen 
Lage  zur  Anwacbsung  zu  briiigen.  Dieses  Ziel  zu  erreicbeUj  waren 
B — 4  Monate  erforderlich.  Bei  älteren  Knaben  musste  er  aber,  um 
einen  Efi'ect  zu  bekommen,  ein  Bruchband  mit  nach  unten  federnder 
Pelotte  zur  Anwendung  bringen.  Gleichzeitig  wird  auf  solche  Weise 
der  Ausbildung  eines  den  Leistenho den  nicht  selten  begleitenden 
Bruchs  vorgebeugt« 

Baumgärtner  (Darmklemme.  Centrelbl.  f.  Cbir.  1892,  Nr.  18) 
bat  eine  neue  Darmklemme  angegeben,  weiche  vor  der  bisher  als 
beste  angesehenen  öussenbauer'schen  den  Vorzug  hat,  dass  sie 
sich  auch  der  wechselnden  Dicke  der  zusammengelegten  Darmwände 
genau  anpasst  und  weniger  complicirt  ist.  Sie  ist  einer  kurzen 
Orömaillere  khnlicb,  deren  Fassenden  durch  zwei  7  cm  lange  und  4  mm 


Chirurgie.  137 

%rata  EJemmbaLken  dargestellt  werdeo.  Durcli  ein  in  ibrer  Mitte 
ogiöbra^tes  Gelenk  stehen  die  mit  den  bogenförmig  ausgeschweiften 
Bmncben  tu  Verbindung,  so  da&s  also  ihr  Drehpunkt  der  Mitte  des 
von  ihnen  comprimirten  Darms  entspricht.  Dadurch  iet  eine  voll- 
•tioidtg  gleichmäesige  Compression  desselben  gesichert« 

Braatx  (Grundsätze  in  der  Behandlung  \ron  Kniegel enkscon- 
tfintoren  mit  portativen  allmählich  streckenden  Apparaten«  Zeitachr. 
f.  anhop&d.  Chir.  Bd.  1)  empfiehlt  zur  Bekämpfung  von  Knie- 
ctfleiikscontractaren  einen  von  ibm  angegebenen  Schienenapparat* 
D«r»dlbe  gleicht  dem  von  He s sing  zu  demseiben  Zwecke  ange- 
febeneii»  wobei  das  wirksame  Princip  die  Extension  des  ünter- 
«alMiikels  gegen  das  Fus&bleoh  hin  iät,  unterscheidet  sich  aber  durch 
eoie  beBondere  Articulation  der  Ober-  nnd  Unterschenkelschiene. 
Wdi  Bimlieh  der  hintere  Abschnitt  der  Condylen  eine  stärkere 
KrtnicsiaDg  bat  als  der  vordere ^  so  darf  der  Drehpunkt^  wenn  die 
^^fideakfläcban  in  ihren  vorderen  Abschnitten  nicht  gewaltsam  gegen 
^Hpauider  gepresst  werden  sollen,  nicht  ein  €xer  sein,  sondern  muss 
-ridi  wihrend  der  Streckung  verschieben.  Zu  diesem  Zwecke  be* 
w<8gcii  sieh  die  Schienen  gegen  einander  in  einem  entsprechend  ge- 
faHminten  Schlitze.  Dabei  findet  gleichzeitig  die  Distraction  im 
Qdsnke  statt 

II.  Speeielle  Cliirurgle* 
L   Kraoklieitea   des  Eo|»fes. 

Anknüpfend  an  einen  durch  Trepanation  wesentlich  gebesserten 
IUI  von  Jackson'scher  Epilepsie  bei  einem  rijährigen  Knaben, 
Wiisc  Lucas  Championni^re  (Sur  la  tr^panation  dans  Tepilepsie 
Jiekaonienne.  BulL  et  m6m.  de  la  soc.  de  chir.  de  Paris  Bd.  17, 
S.  414)  darauf  hin^  wie  selten  man  eine  ausgesprochene  Veränderung 
an  der  Hirnoberfläche  bei  dieser  Krankheit  finde,  selbst  wenn  seht 
dcotltebe  Symptome,  wie  scharf  begrenzte  Reizungen  oder  Lähmungen, 
mf  einen  beatimmten  Herd  hindeuten.  Wenn  aber  nach  einer  Tre- 
fUStioD  trotzdem  nicht  selten  eine  Erleichtenmg,  ja  vorübergebende 
BsÜnsg  der  Beschwerden  eintrete,  so  möchte  er  den  Grund  für  die 
Wirksamkeit  des  Eingriffs  darin  erblicken,  dass  durch  Eröffnung  der 
Bdiidelbdhie  das  Hirn  eine  Druckentlaetung  erfahre.   Um  aber  eine 

E*"****!  sicher  herzuetüllen,  räth   er,    das   heraustrepanirte  Knochen- 
aickt  wiedereinzusetzen«    ühampionni^re  erzielte  bei  dieser 


Mm 


138 


KolacsdL. 


Art  vorzugehen  stet«  nur  ©me  Besserung  der  krankhaften  Erschei- 
nungen, nie  eine  Heilung. 

Beisner  (Zur  Frage  der  intermediären  Trepanation  bei  Oeteo- 
phlebitiß  eranii.  Beiträge  zur  klin.  Chir.  Bd,  8)  berichtet  über  einen 
ungewöhnhch  glucklichen  Ausgang  einer  intermediären  Trepana- 
tion bei  Oöteophlebitis  cranii  au8  der  Ozerny'ächeii  Klinik. 
So  ganz  ungünstig  wie  bei  MeniDgitis  und  Sinusphlebitis  ist  also  die 
Prognose  dieses  Eingriffs  nicht.  Beiaoer  räth  daher  zur  prophj- 
lacttßchen  Erühoperation  bei  Entzündung  der  Schädelkuocheu,  Eine 
grüngelbe  VerfärbuDg  des  Kiiocheos  erfordert  die  Ausmeisselung  des* 
fielbeu  in  der  ganzen  Dicke  desselben  und  soweit  die  Dip!oevenen 
sich  thrombosirt  erweisen. 

Postempski  (Beitrag  zur  Hirn  Chirurgie,  Gazz.  degli  ospitali 
1891)  theilt  einen  Fall  von  richtig  diagnosticirtem  und  mit  Erfolg 
durch  Operation  beseitigtem  Hirntumor  mit  Bei  einer 
50jähngen  Frau  bestand  seit  10  Jahren  zunebmeöder  Schmerz  und 
Schwäche  des  rechten  Arms;  zuletzt  stellten  sich  hier  und  im  Facialis- 
gebiete  epileptiforme  Krämpfe  ein;  diesen  folgten  Lahmungserschei- 
nungen  mit  transitorischer  Aphasie  und  Amnesie*  Am  linken  Scheitel- 
beio  entsprechend  dem  Lobus  parietal is  superior  wurde  trepanirt. 
In  der  Mitte  der  aufsteigenden  Scheitel  wind  ung  fand  sich  ein  über 
kastaniengrosses  Gliom.  Nach  Exätirpatiou  desselben  trat  Heilung 
©in  bis  auf  eine  leichte  Parese  im  rechten  Arm. 

Bei  einer  47jährigen  Frau,  welcher  wegen  heftiger  Neuralgie  des 
zweiten  Trigeminusastes  zweimal  und  das  zweite  Mal  bis  ana  Foramen 
rotundum  hinan  der  Nerv  resecirt  worden  war,  entachloss  sich 
Krause  (üeber  Trigeminusresection  innerhalb  der  Schadelhöble, 
Verbandl.  d.  Deutsch.  Gesellach,  f,  Chir.,  2L  Congrese)  angesichtj* 
der  recidiven  furch tbare^  durch  kein  Mittel  zu  stillenden  Schmerzen 
2U  einer  AufsucbuDg  des  Nerven  jenseits  des  runden  Lochs 
innerhalb  der  Schädelhöble,  Zu  diesem  Zwecke  führte  er  eine 
umfängliche  osteoplastische  Resection  des  Schädels  in  der  Schläfen- 
gegend  aus,  drang  mit  Finger  und  Elevatorium  zwischen  Dura  und 
Schädelbasis  vorsichtig  bis  an  die  aus  dem  Foramen  spinale  auf- 
steigende Arteria  meniugea  media  und  dann  weiter  nach  vorn  von  dieser 
gegen  das  runde  Loch  vor,  bis  er  den  gesuchten  Nerven  vor  sieb 
liegen  sah.  Wegen  der  hei  dieser  Manipulation  andauernden  starken 
Blutung  tamponirte  Krause  zunächst  die  Wund  höhle  mit  Jodoform- 
gaze, entfernte  dieselbe  am  fünften  Tage  und  schnitt  dann  erst  im 
klaren  Felde,  während  das  Hirn  mit  einem  breiten  Spatel  emporge- 


Cbirurgie-  139 

ie»  ^12  cm  dd8  stark  iojicirten  Nerven  aas*  Die  Wundheilung 
günstig*     Die    Frau  blieb  zimächst  für   4  Monate   von    den 
Sekoierzeii  verschont 

Kröalein  (Ueber  eine  neue  Methode  der  Freilegung  des  dritten 
Ästet  des  N,  trigemiDus  bis  zum  Foramen  ovale.  Archiv  f.  klin. 
Gktr*  JBdL  43)  hat  unter  dem  Namen  der  ^retrobncoalen  Methode" 
OHl  bequemen  Weg  angegeben,  den  dritten  Aat  des  Trtge- 
aimitf  bis  ans  eirunde  Loch  hin  zu  reeecirau.  Von  einem 
ÜMtren,  1  cm  vom  Mundwinkel  beginnenden  und  1  cm  vor  der 
Spiftia  dea  Ohrläppchens  endigenden  Querschnitt  der  Wange  aus  dringt 
AT  lut  Durcbschneidung  des  Masseter^  soweit  derselbe  von  der  Par- 
«cia  imbedockt  bleibt  ^  in  die  Tiefe.  Darauf  isolirt  er  die  Basis  des 
Ptoeeasus  coronoideus  mit  dem  Elevatorium  und  dttrchschneidet  sie 
mm  der  Bjaocbenscheere  scbrög  nach  vom  und  unten»  Wenn  nun  mit 
Sebdftail^  des  nach  vorn  und  unten  verlaufenden  N«  buccinatorius 
der  Fettpfropf  der  Wange  stumpf  aus  seinem  Lager  herausgelöst  ist, 
«bcnao  wie  das  noch  tiefer  die  Nerven  und  Qefässe  auswärts  vom 
Pterygoideua  internus  einhüllende  Fett,  so  gelangt  man  leicht  an  die 
I^a^gnla  des  Unterkiefers  und  kann  den  N.  alveolaris  inferior  und 
lojignüis  bis  an  den  unteren  Rand  des  Pterygoideus  extemus^  die 
Qborda  tympani  und  die  Arteria  maxillaris  interna  freilegen.  Um  die 
Bleu  Nerven  und  den  N.auriculo-temporalis  mit  seiner,  die  Arteria 
umspinneuden  Ansa  noch  höher  bis  ans  eirunde  Loch  ver- 
sa können.,  muss  der  Pterygoideus  extern us  kräftig  nach  oben 
oder  eingerissen  werden,  wenn  nothig,  mit  Unterbindung  der 
Arteri»  maxiUaris  interna.  Jetset  folgt  die  Eesection  des  dritten  Tri- 
gtaunoaaates,  die  Fixatioo  des  Kronen fortsatzes  an  seinem  Standplatz, 
die  Kahl  des  Masseter  und  der  Haut  bis  auf  eine  Drain  stelle.  —  In 
dar  Albert^schen  Klinik  erwies  sich  diese  Methode  zum  ersten  Mal 
«Bi  liebenden  nach  Schnitzler's  Bericht  (Resection  des  dritten 
Iriittiiliiusdated  nach  Krön lein's  retrobuccaler  Methode.  GentralbL 
£  Gbtr.  1892,  Nr  47)   als  leicht  ausführbar  und  dtirchaua  wirksam. 

Dia  operativen  ßemuhungen  zwecks  Aufrichtung  der  Satte U 
aaae  wollen  nicht  sur  Ruhe  kommen.  An  den  bisher  üblichen  Ver« 
tadelt  man  mindestens  die  ,, entstellenden  Narben^'.  Daher 
die  JEinen  diese  Narben  möglichst  wenig  augenfällig  zu  ge* 
ftaltan,  daher  sehen  die  Anderen  von  allen  sichtbare  Narben  bilden- 
te  £ijigrjffdn  gaos  ab  und  nehmen  lediglich  subcutane  Oorrectionen 
for  oder  begn&gen  sich  mit  fein  ausgeklügelten  Prothesen,  So  geht 
Diikoiioff  (Zur    Rhinoplaetik  der  Sattelnase.     GentralbL  f.  Chir. 


140 


Kolaczek. 


1892,  Nr.  4:2)  in  der  Weiee  vor,  dasa  er  zuoäobst  auf  dem  Naaeii- 
rücken  ©inen  /\-förmigen  Schnitt  macht,  dessen  Spitze  dicht  unter  der 
Glabella  lio^t,  und  dessen  Schenkel  zu  beiden  Seiten  der  Nase  «u 
den  Nasenflügeln  hin  verlaufen.  Durch  Äbpräpariron  dieses  Lappens 
wird  der  knorplige  Theil  der  Nase  beweglich  gemacht  Dann  holt 
er  durch  verticate  Schnitte  von  der  Stirn  her  einen  5  cm  langen  und 
1  cm  breiten  oblongen  König'ischen  Hautknochenlappeo  herunter  und 
schlägt  ibn  so  um,  dass*  seine  Hautoberfläche  auf  den  Nasenknochen 
zu  liegen  kommt,  ußd  seine  bewegliche  Spitze  an  die  hintere  wunde 
Flache  des  Nasen r&ckenlappens  durch  Naht  befestigt  werden 
kann.  Bis  auf  eine  kleine,  an  der  Nasenwurzel  gelegene  Stelle^ 
welche  durch  Granulation  heilt,  wird  die  wund©  Fläche  des  Stirn- 
lÄppchens  von  Nasenrücken  haut  bedeckt.  Schliesslich  wird  die  Ver- 
einigung der  zuerst  angelegten  und  der  kleinen  Stimwunde  besorgt. 
Bei  Defecten  der  Nasenflügel  gibt  er  dem  Stirnläppchen  ©ine  f-  oder 
T-Fnrm.  —  Mikulicz  wieder  hebt  nach  der  Darstt^Uung  von  K  o- 
wallek  (Ueber  die  Aufrichtung  von  Sattelnasen,  InBug.*D]8Eert. 
Breslau  1891)  dJe  eingefallene  Nase  durch  Herbeiziehung  der  Wangen- 
haut von  beiden  Seiten  her  nach  subperiostfller  Ablösung  derselben 
von  der  Nasenhöhle  aus.  Die  so  gewonnenen  Hautperiostbrücken 
werden  durch  Platteunähte  gegen  den  Nasenrücken  hin  zusammen- 
gedrängt, HO  dass  dieser  mindestens  seine  ursprüngliche  Höhe  wieder 
bekommt.  Diese  neue  Nase  wird  in  ihrer  Form  erhalten  durch 
Drahtbügel,  die  von  der  Nasenhöhle  aus  eingelegt  werden.,  oder  durch 
AofsetÄen  einer  Art  von  Nasenklemme.  Das  Resultat  soll  ein  blei- 
bend gutes  sein.  —  Aeyräpää  (Die  orthopädische  Behandlung  der 
Sattelnase  mittels  von  der  Zahnbeilkunda  gebotener  Hülfsmittel. 
Kuopio,  0,  W.  Backmann  1892)  stützt  die  einfallende  Nase  durch 
ein  Kautschukger Qst ,  das  aus  einer  senkrechten  Platte  und  einem 
Dachtheil  besteht  und  sich  auf  eine  Gaumenplatte  stützt.  Das  Ganze 
besteht  aus  einem  Stück,  wenn  gleichzeitig  ein  Gaumendefect  vor- 
handen ist;  kann  aber  ©in  solcher  nicht  verwerthet  werden^  so  wird 
der  Dachabschnitt  des  Apparates  durch  einen  Platinatift  gestützt, 
welcher,  in  der  Gaumenplatte  befestigt^  durch  ein  eigens  zu  diesem 
Zwecke  im  harten  Gaumen  angelegtes  Bohrloch  in  die  Nasenhöhle 
gebracht  wird.  Dieser  Apparat  kann  Tag  und  Nacht  getragen ^ 
muss  aber  täglich  einmal  zur  Reinigung  entfernt  werden.  — 
Eraesin  (Die  Rhinoplastik  mit  goldenem  Stützgerüst  Wratsch 
18Ö2,  Nr.  2)  führt  von  einem  in  die  Naaolabialfalte  angelegten  Ein- 
schnitte aus  einen  goldenen  Dachsparren  auf  die  eutblösste  Apertora 
pyriformis  ein.     Derselbe  besteht  aus  einem  der  Apertur  genau  an- 


Chirargie, 


141 


sden  Drahtring,  welcher  an  der  Umrandung  derselbeii  durch 
drei  Pl&tizLDähte  befestigt  wird,  nod  aus  einer  darchl5cherten,  dünnen^ 
<leai  Nasenrücken  entsprechend  geformten  Platte  ^  welche  beide 
Hilften  dea  Hinges  verbiDdet.  Zur  Befestigung  der  Goidplatte  sind 
du  seichter  horizontaler  Kinschnitt  an  der  Schlei mbautEäche  der 
Na0OD8ptt£e  nöthig,  welcher  den  unteren  Band  der  Platte  aufnimmt, 
«ad  MiBserdem  noch  dickwandige  Drainstücke,  welche  von  der  Nasen- 
tohle  «UB  die  Nase  gegen  das  Gerüst  drücken  ^  bis  es  durch  die  auf- 
■cbieHgeoden  Granulationea  festgehalten  wird.  Der  ganze  Stütz- 
c|iparmt  wird  eingekapselt.  Krassin  hat  diese  Methode  in  17  Fällen 
bewährt  gefanden. 


Hagedorn  (Die  Operation  der  Hasenscharte  mit  Ziokzacknaht. 
Geolralbl.  f.  Chir.  1892,  Nn  14)   hat  in  seiner  findigen  Weise  eine 
sweckmisaige  Modification   der  Hasenschartennaht  ausge- 
dacht.    An  dem    Punkte,  wo    die  Anfrischung    der  Spaltränder  be- 
ipuneii  soIl|  sidast  er  unter  AnspHnnung  der  Lippe  mittek  der  Finger 
ein  liesfierohen  genau  an  der  Grenze  des  Lippensaums  ein  und  fthrt 
es   bei  echräger  Haltung,   am  eine  möglichst  breite  Anfrischung  zu 
genrinneD,  ine  Nasenloch  hinein.     Die  abgelösten  Läppchen  werden 
durch  angehängte  Klemmen  nach  abwärts  gezogen.    Je  nachdem  die 
Spanoong   nach   der  Naht   voraussichtlich   grösser  oder  kleiner  sein 
wird,  fogt  er  im  zweiten  Act  an  der  Grenze  des  unteren  und  mitt- 
lerea   Viertels    oder  Drittels    der    lateralen   Anfriuchungslinie    einen 
horizontalen,  dem  unteren  Viertel  bezw.  Drittel  genau  gleich  langen 
Einachnitt  durch  die  ganze  Dicke  der  Lippe  hinzu,    darauf  in  ganz 
derselben  Länge  vom  Beginne  der  medialen  Anfrischungslinie  einen 
BduiiU  in  der  Bichtung  nach  oben  und  aussen,  so  dass  dadurch  der 
hier  vorhandene  Winkel  halbirt  wird.    Schliesslich  schneidet  er  von 
jedem   herabhängenden  Saumläppchen   mit  der  Scheere  so  viel  fort, 
diae  ee  etwa  noch  eine  Länge  von  0,5  cm  behält.    Die  richtige  An- 
emanderlegung  der  Wundränder  ergibt  sich  von  selbst.    Die  Naht- 
ie  bat  eine  Bajonettform.     Die  Spannung  der  neuen  Lippe  fällt 
go  stark  aus,  dass  Seitens chnitte  nöthig  werden.    Die  aufäng- 
Keli  einen  Bürzel  bildenden  Lappenreste  ziehen  sich  aUtnählicb  von 
•elbet  ein.  —  Bei  einer  doppelten  Hasenscharte  wird  zu  beiden  Seiten 
dee  BSmela   in  der  vorbeschrt ebenen  Weise  verfahren.     Der  Bürzel 
wird  seitlich  einfach  senkrecht  und  am  unteren  Kande  durch 
unter  einem  stumpfen  Winkel  zusammentreifende  Schnitte  an- 
U  sc  dass   die  Nahtliuien  die  Form  etwa  einer  zweizinkigen 
Gabel  bekommeD. 


|HStitie  i 
■  Kell  fi 


142 


Eolaczek. 


F  6  Hz  et  (Cure  radicale  de  k  greoomllette»  MWecme  moderne 
1801)  erleichterte  sich  die  Exgtirpation  des  Balges  einer  ent- 
leerten Kanula  auf  die  Weise,  dass  er  denselben  mit  kleinen 
Schwamm  eben  ausätopfte  und  so  bei  der  Enucleation  sieb  genau  an 
die  Grenzen  der  dünnen  Cyste  zu  halten  vermochte.  Dieses  Ver- 
fahren empfiehlt  sich  überhaupt  bei  Äusschälnng  dünnwandiger 
Cysten. 

Chiari  (Ueber  die  Erfolge  der  Behandlung  des  Empjema  antri 
Higbmori.  Prager  med,  Wochenscbr.  1892)  empfiehlt  nach  mannig- 
fachen Versuchen  als  beste  Behandlungs weise  der  Eiterung 
in  der  Highmorshöhle  die  Oooper'sche  Anbohrung  von  einer 
Alveole  aus  und  die  AusstopfuDg  der  Höhle  mit  Jodoformgaze,  welche 
nur  alle  8  Tage  erneuert  zu  werden  braucht  —  Auch  Killian 
(Meine  Erfahrungen  über  die  Kieferhöbleneiteruug.  HüncL  med. 
Wochensebr,  1892)  gibt  der  Co o per* sehen  Methode  der  Behandlung 
des  EmpyejBö  der  Kieferhöhle  den  Vorzug  vor  den  übrigen  Methoden, 
zumal  sie  den  Kranken  in  den  Stand  setze,  die  Nachbehandlung 
durch  Ausspülungen  selbst  fortzusetzen.  Die  gute  Wirkung  der  Jodo- 
formgazetamponade,  mit  der  auch  er  einen  Theil  seiner  44  Fälle 
dieser  Erkrankung  behandelt  bat,  ist  er  bereit,  rühmend  hervor* 
anheben. 

2.  Eraikkeiteu  des  Halses  und  der  Ernst. 

Den  spastischen  Schiefhals  bat  Gould  (Spaamodic  torti* 
collifl  treated  hy  avulsion  of  the  central  and  of  tbe  spinal  accessory 
nerve.  Lancet  1892,  Juni)  durch  Eesection  des  Ramua  ezternus  nervi 
accessorii  in  der  Länge  von  4^2  ^oll  zur  Heilung  gebracht»  Der 
gute  Erfolg  war  noch  2  Monate  später  nacbzuweisen«  Der  Kopf- 
nicker  und  der  Kappen mut^kel  in  seinem  oberen  Abschnitt  blieb 
atrophisch,  ohne  dass  jedoch  die  Pnnction  des  Kopfes  merklich  ge- 
stört wurde.  —  Noble  Smith  ist  ähnlich  verfahren,  hat  aber  noch 
die  hinteren  Aeste  des  zweiten,  dritten  und  vierten  Cervical nerven, 
ftberhanpt  alle  in  den  Splenius  eintretenden  Nerven  resecirt. 

Hoobenegg  (Oesophagoplastik  und  Totalexstirpation  desLarynx. 
Internat  klin.  Rundschau  1891^  Nr,  46)  bat  die  von  v.  Hacker  am 
Htrnde  erprobte  Oesophagoplastik  zuerst  bei  einem  Kranken, 
dessen  krehsigen  Kehlkopf  sammt  dem  dahinter  gelegenen  Abecbnitte 
der  Speiseröhre  bis  auf  einen  nur  0^5  cm  breiten  Streifen  er  ent- 
fernen musste,  sur  Ausfährung  gebracht,  und  zwar  mit  gutem  Erfolge. 
£s  wurden   zunächst   zwei  von  der  Hals  baut  her  geholte  viereckige 


K 


Stierli 


kä  Mocbw  BwedoiriL  Bö»,  i.  USm.  CUr.  Bd.  8) 
Mttöo  ficairan^  m  oiv  bocb  nsw  gssfi^BOii  iMfediipjCB  xliorApie 
d«r  Bmsedow*s«li«n  Krarnkkeit  dvrek  ExBtIrpfttioH  des 
Kropfes,  1&  der  Sindwr  Kliiiik  nai  wiriicfc  vieder  drai  eae- 
FOle  dJeser  Affeotiffli  dmeii  FottBekne  d«e  qB>«tl—  AV 
der  SekOddrtee  nr  Be^Hit  igciinckt  verdes*  Wem  rae 
e  befriedigeode  Kliraaf  ^umr  mgmll^^mBchm  Bmhmkmag 
akkt  gegebeai  weidaii  kaaiiy  eo  ulerliegt  die  üselnclie  tkres  Km- 
tn%Mm  kmneaa  Zweifel  vehr. 

Dreeenaen  (Die  cJürnrgiecheBefceBdlgiig  deeüeriinB  Beeedewü. 
Deeiieobe  ved,  Wocli.  1892,  Nr.  5)  gibt  drei  rtm  Trendeleeborg 
wa^  Kaeber  mit  ünterbiodeng  der  Ariertee  tbjreotdeee 
bebendelte  Felle  Ton  Besedew'eeber  Streiae  bekeimt,  welche 
iifolgB  dicecfl  Singrifii  eioe  weMsatlidie  BeeMieag  des  AUgeoMui« 
wmitmgtdem  wie  eocb  der  Ificekn  knnUbaflea  Yettodenrageii  effobres. 
—  Vcm  eiAen  ebeeaD  giateik  Heüeffecte  berichtet  llnsebold  (ibid.), 
der  durefa  gelymaoceaetieche  AbtraguBg  des  hjpertropliigclieo  binlem 
AhecbmttB  der  reehteo  estem  lloscbel  erstell  wurde. 


Necbdem  die  Cbintrgen  auf  Grand  ihrer  Kr&broflg  ecben  seit 
Jahren  die  üeberzengnng  gevonnes  habeOf  daes  bei  Entfemmig  der 
loopfig  degeoerirteii  Schüddrüee  wenigsteae  ein  kleiner  Best  der- 
eelben  smrOekgelaBBeii  werden  mlkeete,  wenn  den  genngeem  bekanDten 
Keigen  einer  Totalezstirpation  sicher  v^orgebeogt  werden  soll,  ist 
■■■  jeM  eifrig  bemüht,  die  f^  Leben  und  Gesundheit  so  wichtige 
Feaeiion  der  Schilddrüse  experimentell  sn  ergründen.  Wenn  anch 
iber  das  Wie  flieses  Kmflosses  mm  Theil  widersprechende  Ansichten 
bcrrNben,  wie  die  Arbeiten  von  Po  deck  (Beitrige  xor  Histologie 
Bsd  Fonetioo  der   Schilddrüse.    Inaug.-IHesert.    Kdnigeberg   1892) 


U4 


Kolaczek, 


und  Horsley  (Remarka  oa  tke  fanction  of  tbe  thyröoid  gland.  Brit. 
med,  journ.  1892)  beweisen,  so  ist  durch  das  Experiment  unwidar- 
leglich  dargethan^  daBS  das  Schilddrüsenparenchym  ei  neu 
specifiaohen  Stoff  erzeugt,  der  für  den  Organismus,  insbesondere 
aber  f&r  das  Gehirn  von  grössfcer  Bedeutung  ist.  So  hat  v.  Eiseis- 
berg (WieD,  kliii.  WochenBcbr;  1892^  Nn  5)  bei  Katzen  den  sonst 
nach  Exstirpation  der  ganzen  Schilddrüse  unauäblei blieben  Tod  durch 
Tetanie  dadurch  ferngehalten^  dass  er  zunächst  nur  die  Hälfte  der 
Druse  exstirpirte  und  dieselbe  sofort  in  die  Bauohdeoke  traiisplan- 
tirte  und  nach  2  Monaten  die  andere  Hälfte  entfernte.  Sowie  er 
aber  nach  weiteren  2  Monaten  das  transplantirte  Stück  ebenfalls  be- 
seitigtej  trat  innerhalb  3  Tagen  der  Tod   des  Thieres  ein. 

Macpherson  (Notes  on  a  case  of  myxoedema  treated  by  thy- 
reoid  grafting.  Edinb.  med*  journ.  1892,  Mai)  eraielte  durch  Trans- 
plantatiou  von  Scbllddriisengewebe  unter  die  Brusthaut  bei  einer 
an  Myxödem  leidenden  Kranken  eine  wesentliche  ßeseerung  des 
sonst  trostlosen  Leidens,  —  Blattj  (Ä  case  of  mjxoedema  success- 
fuUy  treated  by  massage  and  hypodermic  injections  of  tbe  thyreoid 
gland  of  a  sheep,  Brit,  med.  journ,  1892,  März)  und  Lundie  haben 
durch  subcutane  Injection  von  Parencbymsaft,  den  sie  nach  Murray'a 
Angaben  ans  der  Schilddrüse  des  Schafs  gewonnen  hatten,  voll- 
ständige Heilung  des  Myxddems  erzielt. 


V.  Büngner  (Ueber  die  Bt^handluog  der  Scblüsselbeinbrüche 
und  einen  neuen  Verband  für  dieselben.  Deutsche  med,  Wochen- 
schrift lS92j  Nr,  23)  empfiehlt  einen  neuen  anscheinend  zweckmässigen 
Verband  für  die  Behandlung  von  Schlüsseibeinb rächen,  dar 
Wirksamkeit  und  Bequemlichkeit  fiir  den  Kranken  in  sich  ver- 
einigen soD,  Von  einem  60  cm  langen  und  4  cm  breiten  Querstück, 
das  iu  Form  eines  Ringes  die  gesunde  Schuller  umgibt ,  gehen  drei 
120  cm  lange  und  10  cm  breite  Streifen  ab.  Der  mittlere  unter  einem 
rechten  Winkel  abgehende  wird  über  den  Rücken  hinweg  um 
die  Mitte  des  gegenüberliegenden  nach  dem  Sayre'schen  Princip 
rückwärts  gestellten  Arms  von  dessen  Innenfläche  her  berumgeführt 
bis  zu  seinem  ürsprungspunkte  zurück,  wo  er  befestigt  wird.  Der 
untere  etwas  schräg  an  den  Gurtring  sich  ansetzende  Streifen  um- 
greift in  gleicher  Weise  den  Oberarm  der  kranken  Seite  nur  näher 
am  Ell  böge ugelenke,  verstärkt  also  die  Wirkung  des  ersten  Streifens 
und  hebt  gleichzeitig  die  Schulter.  Der  dritte  obere  Streifen  wird 
aber  die  Brust  weg  zur  Suspension  der  Hand  verwendet  und  kehrt 
über  die  Fragmente  hinweg  zum  Ursprung  des  mittleren  Streifens 


Chirarg-ie, 


145 


eser  Verband  wird   entweder  aaf  blosser  Haut  öder  auf 

r   Tricotjacke  wenigstens    10  Tage    lang   getragen.      Büngner 

mit  dem  HeUungsresultate  dieses  Verbandes  durcbans  zufrieden. 

Daafi  ein  operativer  Eiugriff  bei  tubörculöser  Spondy- 
tilii  doch  nicht  so  ganz  aussichtslos  ist,  beweist  eio  von  South  am 
f.Ltmixiectomy  for  spinal  caries.  Brit.  med*  jom'u,  Nr,  1630)  ver- 
btfaDtlicbter  Fall  Es  bandelte  sich  um  ein  3i/2i^^^^^^^  Kind,  das 
oui  einer  auffallenden  Deformität  der  Halswirbelsäule,  Läbmung  der 
Extremitäten  und  Incontinenz  der  Blase  sowie  des  Mastdarms  be- 
ittflet  war.  Da  eine  weitere  cooservative  Behandlung  keinen  Erfolg 
verspracbf  so  suchte  Southam  auf  operativem  Wege  eine  Llnderting 
dsd  trostlosen  Zastandes  herbeizuführen.  Nach  Resection  der  Dorn- 
fortsilt^  des  sechsten  und  siebten  Halswirbels  sammt  den  nächsten 
Bogeoabechnitten  zeigte  sich  der  Wirbelkanal  mit  weichem  G^ranu- 
faHotisgewebe  ausgefüllt.  Dasselbe  wurde  einfach  ausgelöffelt.  Schon 
diaAer  Eingriff  hatte  zur  Folge ^  dasB  die  Arme  zum  Theil  ihre  Be- 
weglichkeit und  Kraft  wieder  gewannen.  Dadurch  ermuthigt^  wieder- 
iiolle  Southam  ein  Vierteljahr  darauf  denselben  Eingriff  im  Bereiche 
des  föofieo  und  vierten  Halö*  und  ersten  Brustwirbels*  Die  Besse- 
nmg  im  Zustande  der  Arme  nahm  danach  noch  weiter  zu,  und  später 
oiächte  sie  sich  auch  an  den  Beinen  bemerklich.  Schliesslich  konnte 
i_däa  Kind  ohne  Unterstützung  gehen  und  stehen.  Nach  Southam 
It  e^  sich  in  diesem  Falle  um  eine  chronische  Pachymeningitis  ge- 
lelt*  Eine  solche  ist  nach  seiner  üeberzeugung  nicht  selten  ür- 
lie  «poudylitischer  Erscheinungen  und  nicht  immer  eine  Com- 
ptooflion  des  Rückenmarks  seitens  der  Wirbel 

Appenzeller  ( Modificirter  Pleuraschnitt  beim  Empyem.  Med. 
ipodenzbl.  des  Württemb.  äratl  Landes  Vereins  1891)  empfiehlt 
ui  Stelle  der  typischen  Eesection  der  hinteren  Bippenab- 
achiiilte  bei  dort*  localisirten  umschriebenen  Empyemen^  da  dieselbe 
regen  der  tiefen  Lage  der  Kippen  hier  besonders  schwierig  sei,  eine 
reiiifftchte  Resection  mittels  der  Meisselzange*  Nach  Entblössung 
8  Rippenstücks  vom  Periost  schneidet  er  vom  obern  Rande  her 
der  Heisselzange  ein  halbmondförmiges  Stück  etwa  bis  zur 
HAlfte  der  Rippenbreite  heraus ^  so  dass  ein  dickes  Drainrohr  be- 
qmesn  Plutz  findet.  Dieses  von  mir  schon  seit  15  Jahren  bei  mangel- 
hiftei  Assistenz  in  jedem  Fall  von  Empyemoperation  geübte  Ver- 
uhrsQ  ist  durchaus  empfehlenswerth. 

Die  operÄtive  Eröffnung  des  Wirbelkanals  ist  bekannt* 
biaiier   nur  vereinzelt  ^  z.  B.  bei  Entfernung  eines  Tumors^  von 
iL  firtct  lifttliöin     \mi  1^ 


14G 


Kolacaeli* 


Erfolg  gekrönt  worden.  Der  Spondylitis  gegenüber  hat  sich  die- 
selbe jedoch  im  Allgemeinen  als  machtlos  erwiesen.  Kürzlich  aber 
kam  sie  zur  Ausführung  in  Fällen,  wo  sie  von  vorn  herein  einen 
Erfolg  versprechen  musste,  nämlich  bei  Compression  des  Rücken- 
marks durch  diblocirte  Wirbel fragmente.  Da  man  aber  für  solche 
Zwecke  eines  grösseren  Spielraums  ben5thigte,  so  nahm  der  Eingriff 
naturgemäss  einen  osteoplastischen  Charakter  an.  In  der  Thiersch- 
schen  Klinik  wurde  diese  Auf  klappting  der  Wirbelbögen  nach  einem 
Berichte  von  Urban  (lieber  operative  Eingriffe  bei  Compression 
des  Rückenmarks  durch  Verschiebung  der  Wirbelkörper.  Verh.  d. 
Deutsch.  Gesellsch.  f.  Chlr.,  21.  Congress)  bisher  zweimal  mit  ziem- 
lich gutem  El  folge  ausgeführt.  An  der  Brustwirbeisäule  wird  eia 
oblonger,  über  3 — 4  Wirbel  längen  ausgedehnter  und  etwa  6  cm  breiter 
Hautmuskelknochenlappen  mit  unterer  Basis,  im  Bereiche  des  Lenden- 
abschnittg  aber  ein  solcher  mit  oberer  Basis  gebildet.  Dabei  ist 
aber  die  Vorsicht  su  beobachten,  dass  man  den  ersten  zur  Resection 
bestimmten  Wirbelbogeu,  um  Neben  Verletzungen  zu  vermeiden,  nahe 
dem  Dornfortsatze  durchmeisselt  oder,  wie  das  an  den  Hüls-  und 
Brustwirbeln  möglich  ist,  mittels  einer  Kettengäge  durchtrennt.  Die 
nächsten  Bogen  können  dann  schon  in  grösserem  Abstände  von 
diesem  Fortsätze  getrennt  werden,  weil  man  jetzt  schon  genügende 
Einsicht  in  die  Verhältnisse  gewonnen  hat.  Im  ersten  in  solcher 
Weise  operirten  Falle  bandelte  es  sich  um  einen  28jährigen  jnngen 
Mann,  der  in  Höhe  des  zwölften  Brustwirbels  einen  Brach  der  Wirbel- 
säule erlitten  und  demzufolge  eine  Lähmung  der  Blase,  des  Mast- 
darms, des  rechten  Beins  und  eine  unvollständige  auch  den  linken 
davongetragen  hatte.  Nach  der  Operation  konnte  der  Kranke  im 
ftlnften  Monat  mit  Hülfe  der  Bauchpresse  spontan  unniren  und  das 
linke  Bein  in  normaler  Weise  gebrauchen j  während  am  rechten  nur 
noch  die  Peronealmuskeln  gelähmt  blieben.  Ueber  den  zweiten  Fall, 
der  ein  24jähriges  Mädchen  mit  gleichen  Fracturen  und  ähniicheu 
Erscheinungen  betraf,  hat  Urban  zur  Zeit  der  Publication  noch 
Dtchts  Bestimmtes  mittheilen  können,  da  die  Operation  erst  kurze 
Zeit  vorher  gemacht  worden  war. 

8.  Krankheit«!  des  Unterleibes, 

Die  Laparotomie  hat  in  neuester  Zeit  eine  neue  Indication  ge- 
wonnen, nämlich  schwere,  periodisch  wiederkehrende  Unter* 
leibskoliken,  welche  allen  nicht  operativen  Hülfsmitteln  hartnäckig 
widerstehen   und   weder  ätiologisch   noch    diagnostisch   verständlich 


Chinirgie. 


147 


fOuI.  Nachdem  schon  Crede  früher  einmal  aus  gleichem  Grunde 
ifaie  Frobemdsion  der  Bauchhöhle  gewagt  hat,  tritt  für  eine  solche 
pigonwärtig  besondere  Lauen» te in  (Netzstränge  und  Verwachsungen 
m  Leibe  alä  Ursache  schwerer  andauernder  KoUkaa.  Yerh.  der 
Odiltteoli.  Oesellsch.  für  Chir.,  21«  Gongress)  lebhaft  ein.  In  zehn 
lüloB  sah  eich  derselbe,  der  erwähnten  Indtcation  folgend,  ver* 
cnlasst,  die  Baachhöhle  zu  eröffnen,  und  hnd  jedesmal  als  Ursache 
Ar  die  besiehenden  Koliken  verschiedenartige  Verwachsungen 
iwiscbea  Leber,  Gallenblase  und  dem  Intestinaltractus  oder  Pseudo- 
tigamente,  welche  auf  denselben  constringirend  wirkten.  Nur  einer 
(ier  Operirten  ist  gestorben.  Besonders  häufig  aber  fanden  sich  von 
der  Gallenblase  ausgehende  Verwachsungen.  —  So  beschreibt  auch 
FrÄnkel  (Zur  Chirurgie  des  Gallen  Systems.  Uentralbl.  f.  Ghir.  1892, 
St,  35)  zwei  von  Gersuny  aus  solchem  Grunde  Busgefiilirte  Laparo* 
tomien ,  wobei  das  eine  Mal  an  Stelle  der  Gallenblase  ein  derber^ 
lait  dem  Netz  zasammen hängender  Bindegewebsstrang^  das  andere 
UaI  eine  dünnwandige,  an  ihrer  Spitze  mit  dem  Netz  verlöthete 
Gmlleo blase  vorgefauden  wurde.  Die  einfache  Trennung  dieser  Liga- 
mente hatte  den  besten  Erfolg.  Doch  räth  Fr&nkel  nach  dem  Vor- 
gUl^  der  durch  schlimme  Erfahrungen  gewitzigten  Gynäkologen, 
die  mach  solchen  Diacisionen  entstandenen  Wundilächen  in  sich  selbst 
m  vemiben,  um  dem  Entstehen  neuer  Anwachsungen  vorzubeugen. 


Der  Bericht  von  Cecharelli  (Ccntributo  alla  cura  della  peri- 
tanite   labercolare  con  la  laparotomia.     Eif.   med.   1892)   über  neun 
dttrcb  Laparotomie  zor  Heilung  gebrachte  Falle  von  tuberculdser 
Peritonitis  enthält  manche  für  die  Klärung  dieser  dunklen  Frage 
interessante  Momente.    Während  nämlich  bisher  auf  Königes  Auto- 
rit&l  hin  die  Annahme  galt,  dass  es  infolge  der  Eröffnung  der  Bauch- 
bdhle    bei    tuberculöser  Peritonitis    nicht   zu   einer   adhäsiven   Yer- 
klebilOig   «wischen   parietalem   und  visceralem  Blatte  des  Bauchfells 
hat  Cecharelli   bei   einem  wegen   Bauchwassersucht   zum 
reiten  Male  Operirten  constatirt,   dass  die  früher  gelegentlich  der 
Laparotomie   nachgewiesenen    miliaren   Tuberkel   durch   neu- 
letes  und  Adhäsionen  unterhaltendes  Bindegewebe  ersetzt  waren* 
An  den  excidirten  Bauchfellstückchen   erwiesen  sich  die  noch  vor- 
handenen Tuberkel  als   baoillen  freie  Knötchen ,    die    sich   ganz   und 
fir  nicht  mehr  verimpfen  lie.ssen.    Cecharelli  läset  der  Laparotomie^ 
iteU  eine  Auswaschung  der  Bauchhöhle  mit  Thymol  1,  Alkohol  lOO, 
Aqua  destiUata  1000  folgen,  weil  er  davon  einen  günstigen  Einflusi^ 
auf  die  Umwandlang  der  zelligen  Knötchen  in  Bindegewebe  erhoö^t« 


Uh 


Kolacaek, 


Dönmaclj  steht  es  fest,  daea  es,  wie  Liudner  (Ueber  die  operative 
Behandlung  der  Bauchfelltuberculoae.  Deutsche  Zeitschr.  für  Chir. 
Bd.  H4)  anoimmtj  eineo  doppelten  Heilungsmodus  der  BaudifelU 
tuberculoso  gibt,  ohne  und  mit  Bildung  von  Adhäsionen. 

Tricomi  (Tre  splenectomie.  Rü  med,  1892,  Juni)  hat  von 
drei  Splenektomien,  die  er  ausgeführt,  nur  eine  einen  tödtlichen 
Ausgang  nehmen  sehen,  und  zwar  bei  einer  leokämi sehen  Kraokeii, 
infolge  einer  abyodanten  parenchymatösec  Blutung  in  die  Bauchhöhle, 
Von  den  beiden  anderen  Fällen  von  Milzhypertrophie  lies«  sieh  wenig- 
stens der  eine  auf  Malaria  zurückführen» 

Ziogler  (Casuistiscbe  Mittbeilungen  ans  der  Müncliener  chirurgi- 
schen Klinik*  Münch.  med,  Wochenacbr,  1891,  Nr.  47)  vöröffentlicht 
einen  Fall  von  mehrfacher  Darmverletzung  mit  Austritt  flus- 
sigen Kothes  in  die  Bauchhöhle,  wobei  die  Laparotomie  dem  Krankeii 
das  Leben  erhielt.  Die  Stichwunde  des  Unterleibs  erschien  anfäng- 
lich so  unschuldig,  daas  sie  ohne  Weiteres  durch  Naht  geschlossen 
wurde.  Als  aber  kurz  darauf  bedrohlichy  Unterleibseracheinangen 
auftraten,  schritt  mau  sofort  zur  Laparotomie.  Bei  Absuchong  des 
Darmes  stellte  es  sich  heraus,  dass  eiue  Schlinge  an  beiden  Wänden 
eine  1,5  cm  lange,  eine  andere  nur  eine  Trennung  der  einen  Wand, 
und  noch  eine  dritte  eine  solche  der  Serosa  und  Musculariö  aufwies. 
Der  Darm  wurde  nach  der  Naht  mit  0,02t'|<^iger  Bublimatlösung  ab- 
gespült, der  iüssige  Koth  und  das  geronnene  Blut  aus  dem  kleinen 
Becken  ibrtgeschafit.  Bei  ungestörtem  Verlauf  trat  völlige  Heilung 
ein  —  ein  Erfolg,  der  zur  Nachahmung  dieses  Vorgehens  unter  ähn- 
lichen Umständen  ermuthigt. 

Bei  Ausführung  der  Gastroenterostomie  ist  es  bekanntlich 
wiederholt  vorgekommen,  dass  an  Stelle  des  Jejunum  ein  weit 
tieferer  Abschnitt  des  Dünndarmes  an  den  Magen  angeheftet,  und  so 
der  Inanitionstod  der  gewöhnlich  schon  an  und  für  sich  ach  wachen 
Kranken  verschuldet  wurde.  Einmal  um  einer  solchen  Eventuaiit&t 
vorzubeugen,  dann  aber  auch  um  eine  solche  Palliativoperation  rascher 
zn  vollenden,  schlägt  May  dl  (üeber  eine  neue  Methode  zur  Aus* 
föhrung  der  Jejunostomie.  Wiener  med.  Wochenschr.  1892,  Nr.  18 
bis  20)  einen  änderten  Weg  ein.  Er  schneidet  15^ — 20  cm  unterhalb 
der  Plica  duodenogejunalis  den  Dünndarm  quer  durch,  legi  10  cm 
unter  der  Mündung  des  peripheren  Abschnitts  an  der  convexen 
Darmseite  einen  etwa  3  cm  langen  Längsschnitt  an,  näht  in  diesen 
hinem  die  Mündung  des  centralen  Darmsegment«^  versenkt  dann  den 


Cliirnrgie. 


I41i 


Dsmi  bis  aaf  ein  2  cm  Über  die  BauchAäche  hervorragendes  Stück 
«eines  peripbereo  Segments  und  tixirt  dasselbe  in  der  entsprechend 
verkleinert en  Bauchdeken wunde  durch  einige  Nähte,  Es  dient  in  der 
Folge  als  Eioführungspforte  für  (line  zweckmäBsige  Nahrung  und 
Uamt  sich  unschwer  unter  Ver»chlass  halten.  Dabei  finden  die  Secrete 
Mwm  den  oberhalb  gelegenen  Drüsen organen  ihren  natürlichen  und 
HDigeaiSrtea  Abfloas,  während  dieselben  bei  der  durch  Gastro- 
t-QteroBtoniie  angelegten  Fistel  nicht  selten  in  den  Magen  gelangt 
rifld  und  Erbrechen  hervorgerufen  haben,  May  dl  möchte  noch  einen 
treit^ren  Vorzug  setner  Methode  darin  erblicken,  dass  die  Bauch- 
ijitel  laicht  wieder  verschlossen  werden  kann,  wenn  die  ursächliche 
Hagenafifection ,  mag  es  nun  ein  Geschwür  oder  eine  stricturirende 
lafiliratioQ  des  Pylorua  gewesen  sein,  durch  Fortfall  jöder  Reizung 
«tteüs  dt»r  Ingesta  um  so  leichter  von  selbst  zur  Ausheilung  gelangt 
ist  Wie  aber  der  Eintritt  einer  eolchen  erfreulichen  Thatsache  nach- 
xqveiseti  wäre,  darüber  lässt  sich  Maydl  nicht  aus.  Uebrigens  kann 
m&D  sseinti  O^erationämethode  dahin  modificireDp  dass  man  die  Fistel 
nicht  in  der  Bauchdecke,  sondern  in  den  Magen  münden  lässt. 
Ifaydl  bat  seinen  Operationaplan  bisher  zweimal  an  Lebenden  zur 
AtuführuDg  gebracht  und  ist  mit  der  Wirkung  gtinz  zufrieden, 

Ais  ein  von  dem  gewöhnliehen  abweichendes  ^  aber  bemerkens- 
bets  Verfahren,  den  Darmkrebs  zu  operiren,  verdient  die 
Metbode  O«  Bloches  (Om  extra-abdominal  Behandling  af  Cancer 
leBtiaalis  etc,  Nord,  med  Arkiv  1B92,  Nr.  1)  hervorgehoben  zu 
len.  Er  holt  die  vom  Krebs  ergriflTene  Darmscblinge  durch  die 
lebwande  hervor,  ßxirt  sie  an  den  mit  Peritoneum  parietale  um* 
Bten  Wundrändern I  entfernt,  nachdem  der  Kranke  von  diesem 
Eingriffsich  gehörig  erholt  hat,  einige  Tftge  darauf  den  Tumor 
Resection  des  Darmes  und  entlässt  den  Kranken  möglichst 
mit  dem  widernatürlichen  After  für  einige  Monate.  Erst  wenn 
er  aaoh  Ablauf  derselben  sich  überzeugen  kann^  das»  ein  Becidiv 
Bckl  eingetreten  ist,  macht  er  sich  an  den  Verschluss  des  künst- 
Afters.  Der  von  ihm  in  dieser  Weise  behandelte  Kranke 
II  Monate  nach  der  Darmresection ,  aber  an  einem  metastati- 
Leberkrebs.  Bloches  Verfahren  ist  jedenfalls  ein  hoher  Grad 
Ungefähr  lieh  k  ei  t  eigen. 

Die  Emplchliing  der  Wbitehead^schen  Ezstirpation  der 
Himorrboiden  durch  Pen  rose  (Excision  of  hemorrhoids.  Med. 
«ad  furg.  Reporter  Ißf^O,  Nr.  15)  verdient  alle  Beachtung^  da  die 
\  Bebendlang  der  Hämorrhoidalknoten  mit  Oauterisation  sehr  viel 


I 


150 


KolacKek. 


mehr  Zeit  zur  Heilung  beansprucht.  Nach  Whitehead  wird  genau 
an  der  Grenze  zwischen  Haut  und  Schleimhaut  ein  Girkelschnitt 
durch  die  Mucosa  gefQbrt,  nachdem  der  Sphincter  mit  den  Fingern 
erweitert  worden  ist.  Darauf  gelingt  die  ÄblöBung  der  Mucosa  von 
der  Sub mucosa  ohne  Weiteres  gewöhnlich  stumpf  und  fast  unblutig, 
da  die  Arterien  unter  kalb  der  Submucosa  verlaufen.  Oberhalb  der 
Venenektasien  wird  der  Schleimhautcyünder  genau  parallel  dem 
unteren  Schnitte  durchtrennt ,  und  sodann  die  Wunde  durch  eine 
fortlaufende  Catgutnaht  geschlossen.  Wenn  so  von  der  Haut  nichts 
unuöthigerweise  geopfert  wird,  dann  ist  nicht  zu  befürchten,  dass 
nachträglich  ein  Sckleimhautprolaps  sich  entwickelt.  Die  so  Ope- 
rirten  können  nach  10 — 14  Tagen  ihrer  Berufsarbeit  wieder  uachgeheii. 

Nur  selten  lässt  sich  mit  voller  Sicherheit  die  Äetiologie  einer 
Mastdarmstrictur  feststellen.  ^Ebenso  selten  aber  führt  die 
im  Allgemeinen  übliche  Dilatationsbehandlung  mittels  Bougies  oder 
Rectotomie  zu  einem  dauernden  Erfolge.  Thiem  (Verh.  d.  Deutsch. 
Gesellsch.  f.  Ohir.,  21,  Congress)  empEehlt  nun  eine  Oombiuation 
von  Erweiterung  der  Strictur  und  Colotomie  als  eine 
überaus  wirkungs\rolle  Behandlungs weise.  Er  machte  die  Beobach- 
tung, dass  die  Erweiterung  der  vorher  sehr  widerspenstigen  Strictur 
auffallend  rasch  vor  sich  ging,  sowie  der  Darminhalt  vollständig 
durch  den  künstlichen  After  abgeleitet  wurde.  Allerdings  Hess  er 
nebenher  die  zwischen  beiden  Aftern  gelegene  Darmpartie  mit  des- 
inficirender  Lösung  durchspülen.  Nachdem  er  sich  überzeugt  hatte, 
dass  der  Mastdarm  dauernd  erweitert  blieb,  schloss  er  den  künstlichen 
After  wieder.  —  In  ueuererZeit  ist  auch  die  Exstirpation  der  Mast- 
darmstrictur  in  Aufnahme  gekommen  mit  Erhaltung  des  Schlies>^muskels« 
Von  einer  solchen  berichtet  Ferrier  (Eetr^cissement  congänital  du 
rectum  etc.  BulL  et  m6m.  de  la  soc.  de  chir,  de  Paris  Bd.  17,  S.  147). 
Die  Strictur  sass  4Vi  cm  über  der  Analöffuung.  Er  exstirpirte  sie 
von  einem  die  hintere  Mastdarmwand  spaltenden  Schnitte  aas. 
Ebenso  verfuhr  Qu^ na  (Traitement  des  r^trdciasements  ejphilitiques 
du  rectum  par  l^extirpation.  Ibidem  S.  140)  mit  gutem  Erfolge. 
Ausnahmsweise  bei  grosser  Ausdehnung  der  Verengerung  müsste  die 
Kraske'sche  Resection  des  Sacralbeins  zu  Hülfe  genommen  werden, 

Frank  (Wettere  Mittheilungen  über  die  sacrale  Methode  der 
Exstirpation  von  Mastdarmcarcinomen.  Wien.  klin.  Wochensohr. 
1891,  Nr,  43 — ^48)  theilt  einige  weitere  in  der  Albert'ßchen  Klinik 
ausgebildete Modificationen  der  Kraske^schenMastdarmresec- 
tion  mit,  die  den  Eindruck  der  Zweckmässigkeit  machen.   Zunächst 


Cllirurgie, 


151 


bftt  Ho c he n egg  ao  Stelle  des  einfachen  Medianscbnittes  einen 
bogenförmigen  »  von  der  Mitte  der  linken  Synchondrosia  sacro-iliaca 
iNgjaDeiidei],  über  die  Mittellinie  hinweg  nach  rechta  siehenden  und 
\m  an  den  After  reichenden  Schnitt  vorgeschlagen,  um  so  noch  ein 
gfimoreB  und  bequemeres  Operationsfeld  zu  gewinnen.  Bei  der 
ercnl&ren  Resection  des  Hastdarms  begnügt  er  sich  jetzt  nicht  mehr 
mit  der  partiellen  Vernähung  der  Darmsegmente  und  Anlegung  eines 
proviaeriBclien  Anna  praeternaturalis  sacralis,  sondern  zieht  t  wenn 
irgend  möglich,  das  centrale  Segment  durch  das  periphere,  vorher 
ftber  durch  Sxstirpation  seiner  Schleimhaut  berauhte  Segment  bis 
TOT  den  Analring  herab  und  befestigt  es  hier  mittels  einiger  Nähte. 
In  der  Regel  kommt  es  dann  zu  einer  raschen  Verwachsung  beider 
Du-mabschoitte  unter  einander,  und  die  Dafäcation  geht^  da  der 
ßphincter  gut  functionirt,  von  Anfang  an  ungestört  ohne  Vernnreioi- 
gong  der  Wunde  vor  sich. 

Um  einen  nach  Exstirpation  des  krebsigen  Mastdarmes  entstan- 
enen  Rectumprolaps  zur  Heilung  zu  bringen,  legte  Berger 
Epithelioma  du  rectam  etc.  Bull,  et  m6m  de  la  soc.  de  chir.  de  Paris 
18,  8.  146)  in  der  linken  Leistengegend  einen  künstlichen  After 
tind  konnte  denselben  7  Monate  später  wieder  verschllessen,  nach- 
dem iDSwischen  der  Prolaps  sammt  einem  darauf  gebildeten  Gesohwürei 
ft>m  Stahl  drang  aobehelligt,  spontan  zur  Heilung  gekommen  waren. 


Lauenstein  (Zur  Operation  der  lippen förmigen  PenialisteL 
'Deuteche  Zeitschr.  f.  Chir,  Bd.  32)  ist  behufs  Verschliessung 
einer  kleinen  Fistel  an  der  Pars  pendula  des  Penis  unter 
Vcrachtleistung  auf  eine  temporäre  Boutonniere  so  zu  Werke  gegangen, 
dftse  er  den  Rand  der  lippen  form  igen  Fistel  nach  Lawson  Tait 
durch  einen  horizontalen  4 — 10  mm  tiefen  Einschnitt  in  eine  Haut- 
and  Schieimhautpartie  zerlegte.  Beim  Schiusa  der  Wunde  vernähte 
er  icuerst  die  Harnröhren  wand,  dann  die  AntriscbungsEächen  des 
cuboutanen  Zellgewebes  und  zuletzt  die  äussere  Haut,  Bis  zur  Voll- 
endung der  Wundheilung  blieb  ein  Gummiröhrchen  in  der  Harnröhre 
b#g6Q.  —  Gramer  {Zur  Casaistik  der  Urethrafiateln  des  Mannes« 
liOgeDbühK  Dissert,  Strassburg  1891)  verfuhr  bei  einem  lljäbrigen 
Knaben,  dessen  Harnröhre  bis  auf  eine  nur  1  mm  breite  Schleim* 
hiutbrücke  durch  einen  einschnürenden  Faden  zerschnitten  worden 
war,  in  anderer  Weise.  Nach  Ablösung  der  die  weite  Fistel  um- 
gebenden Haut  legte  er  beide  Hamröhrensegmente  soweit  bloss,  daas 
«ie  ohne  Spannung  sich  vereinigen  liessen,  ohne  mit  der  Naht  die 
Uacosa  zu  fassen.    Darauf  folgte  die  Haatnaht*   Ben  Katheter  liesB 


152 


Kolaciek; 


er  Dur  einen  Tag  liegen ;  später  wurde  die  spontane  Entleerung  de^^ 
örina  gestatten  Bis  auf  eine  stecknadelkopfgrosse,  allmaiilich  durch 
Aetzung  zum  Verschluss  gebrachte  Fistel  trat  Heilung  ein. 

Eine  sehr  seltene,  aber  practisch  wichtige  Affection  des  Hodens 
ißt  die  Torsion  des  Samenstranges  gewöhnlich  iniblge  einer  Er- 
flchütterungj  wenn  sie  durch  ein  ausnahmsweise  langes  Mesorchium 
prädisponirt  ist.  In  den  bisher  bekannt  gegebenen  Fällen  dieser  Art 
ist  der  Hoden  immer  der  Nekrose  verfallen,  weil  dieses  Ereignis» 
nicht  rechtzeitig  erkannt  und  operativ  in  Angriff  genommen  worden 
war.  Kürzlich  hat  Mikulicz  (Gervais,  Ein  Fall  von  Torsion  des 
Samenstranges.  Biss.  Breslau  1891)  bei  einem  4jährigen  Knaben 
2  Tage  nach  einem  Fall,  wobei  eine  Scrotal Verletzung  sicher  aus- 
geßchlossen  werden  konnte,  Schmerzen  in  der  linken  Bauchhälfte, 
Erbrechen,  Schwellung  und  Röthung  des  Scrotum  auftreten  sehen 
und  stellte  darauf  hin  per  exclu^ionem  die  Diagnose  auf  eine  Samen* 
Strangtorsion.  Die  sofort  ausgeführte  Operation  erwies  die  Richtig- 
keit der  Diagnose.  Es  fand  sich  ein  geschwollener  blaurother  Hoden 
mit  ausgedehnten  Venen  des  Nebenhodens.  Der  Samenstrang  war 
am  3600  gedreht.  Die  Repoeition  gelang  leicht,  worauf  sich  das 
Bild  sofort  änderte.  Doch  kam  es  zur  Nekrose  eines  ganz  kleinen 
Hodenabsob  nittes. 

Schmidt  gibt  eine  neue  von  C  z  e  r  n  y  geübte  Methode  zur 
Beseitigung  derBlaaenektopie  an{ Die  operative  Behandlung 
der  Blasenektopie.  Beiträge  z.  kÜD.  Chir.  Bd.  8).  Czerny  präparirt 
nimiich  die  BlaseoBchleimhaut  ringsum  vod  ihrem  Boden  ab  bia  auf 
ihren  centralen  Abschnitt  und  vereinigt  sie  in  sich  seihst  zu  einer 
Art  Blase,  allerdings  mit  zunächst  geringer  Capacität.  Als  zweitei^ 
Act  der  Operation  folgt  der  Ersatz  des  Bauchdeekendefects  durch 
äussere  Haut. 

W.  Meyer  (The  progress  ot  Cystoscopy  in  the  last  three  years. 
New  York  med.  journ.  184)2^  Jan,),  ein  begeisterter  Anhänger  dei' 
Cystoskopie,  hat  eine  erdbe ergrosse  und  in  einem  zweiten  Falle 
eine  kirschgrosse  Geschwulst  und  später  einen  kleinen  Stein ,  deren 
Vorhandensein  er  cystoskopisch  festgestellt  hatte ,  durch  Sectio  alta 
beseitigt.  Von  noch  grösserem  Interesse  aber  ist  ein  Fall  von 
cyatiscber  Wanderniere ,  zu  deren  Exstirpation  er  sich  entschloas, 
obgleich  die  andere  Niere  ebenfalls  vergrössert  erschien,  wohl  auch 
iniblge  beschrankter  cystftser  Entartung,  und  dies  nur  auf  Grund  eines 
dgentbftmlichen  cystoskopischen   Befundes,     Während   nämlich   der 


Chirurgie. 


153 


Hnktt  Ureter  an  seiner  BlasenmünduDg  aDgeschwolleu  war  nud  nur 
ük  4 — 8  Minuten  etwas  Eiter  auästieds,  floss  durch  den  normalen 
lHiilten  Ureter  alle  12^ — 25  Hecnnden  ein  normaler  Urin  ab*  Das  b«- 
itiricte  ihn  in  der  AnnuUme,  daäs  diese  Niere  hinreichend  compen- 
öreDd  ihätig  »ei. 

OkeW'BloQi  (Traitemeat  des   cystites  au  moyen   dlojectiona 

'   ales  d^iodoforme  ^there  huileox.    Annal.  de»  mal.  des  org, 

ri.   1892)  hat  bei  acuter  sowie  chronischer  Cystitia  gün- 

Erfolge  durch  Einspritzung  von  Jodoform- Aether-Oel  (1  i  7  :  7)  er- 

Mittels  des  Guyon'schen  Inatillateurs  wurden  alle  2 — 3  Tage 

^6  cctn   dieser  Mischung  der  ßlase  einverleibt    Meist  machte  sich 

•'le   Basserang    schon    nach    der   zweiten  Einträufelung  bemerklieb. 

wirk£>azaäten  erwieä  sich  dieaed  Verfahren  bei  dem  acuten  gonor* 

Aschen   Biaaenkatarrh,  —  Guyon  (Traitement  des  cystites  par  le 

[i6*     Ibid,  1892,  Bd.  10),    der  Meister  in   der  Behandlung  von 

ikrankbeiten ,    suchte    In    der    letzten   Zmt>   durch    15    Monate 

2§  Fälle  von  Gystitis  (darunter  10  tuberculöser  Natur)  lOmal  durch 

Aiwwadefautig  und   18mal   durch   Einträufelung    von   Subltmatlögung 

^ftiksUg  SU  beeinflussen.    Im  Allgemeinen  erwiesen  sich  die  Einträufe- 

fongen    als    wirksamer,    Guyon    ist   geneigt,    den    Grund   hiervon 

dasin    zu  suchen ,  dass    die  Oapücität  der  Blase  bei  verschiedenen 

Bersonon    and     im    krankhaften    Zustande    zumal     aaeserordentlicb 

▼izixrt,    durch    die    Auswaschung    also  nur  zu    leicht    eine  lieber- 

nisong  derselben  bewirkt  würde.    Verwendet  wurde  anfänglich  einc^ 

i^y^ige  Lösung,    die  allmählich ,  wenn  thunlich,  auf  I'^q  %^eratärkt 

worde,    in   der  Menge  von  1 — 2  l  in  einer  Sitzung.     Zur  Einträufe- 

hmg  gelangten  20 — 30  Tropfen ,   später  4  g  in  die  ganz  leere  Blase. 

Biae  Bonetzung  der  so  sehr  emptindlicLen  Karnröhrenschleimbaut  ist 

dabei  Mu  Teimeiden. 

WlUin^nd  Ziembickt  ( Beten tion  d^urine  trait<ie  par  la  taiUe 
bjpaga^nque  et  la  resection  partielle  de  trois  lobes  de  la  prostate, 
BoU.  et  m^m.  de  la  soc.  de  chir.  de  Paris  Bd.  17)  die  Hyper* 
trophic  der  Prostata  mit  ihren  üblen  Folgezuständen  bei  einem 
CarjAhrigeii  Kmnken  in  üblicher  Weise  mittels  der  Sectio  alta  an- 
ipiff,  die  stark  promtnirenden  drei  Lappen  der  Drüse  mit  der  Scheere 
abtmg,  die  Nachbebandlung  unter  Doppeldrainage  der  Blase,  von 
iter  Himröbra  und  dor  Bauchwaud  aus,  einrichtete  und  dabei  ein 
jbcrraachend  gutes  Resultat  erzielte,  empfieblt  Eobertson  (Neues 
Vfrlakren  bei  Fr osTAtahypertrophie.  Pacif.  med.  Journ.  1891,  Nov.  j 
<^  gim2  eigenartiges  Verfahren.    Er  spaltet  nämlich  auf  dem  in  den 


i 


154 


Kolaczek. 


Mastdarm  eingerührten  Finger  die  vordere  Wand  desselben  und  schneidet 
bis  ins  Gewebe  der  Prostata  in  ihrer  ganzen  Länge  ein,  zerreiäst  dann 
aber  mit  der  Zeigetingerspitze  die  brüchige  Substanz  derselben,  nm 
so  eine  kräftige  Narben achnimpfnng  und  damit  einen  Schwund  der 
Drüse  herbeizufübreo»  Was  er  gehofft  und  gewünscht j  trat  denn 
auch  in  ausgiebiger  Weise  eio,  so  dass  die  frühere  Dysurie  definitiv 
ausblieb. 

Die  Exstirpation  von  Blasentumoren  ist  zumal  in  Frank- 
reich in  der  Guy o naschen  Sobule  durchaus  nichts  Ungewöhnliches 
mehr.  Trotzdem  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  Tuffier 
(Taille  hypogastrir^ue  pour  tumeur  v^sicale  avec  fermeture  compl^te 
de  la  plaie  sans  aucun  drainage.  Ann.  de  mal.  des  org.  genito  nrin. 
1892,  Bd.  10)  neuerdings  dringend  empfiehlt,  nach  Vollendang  des 
operativen  Eingriffs  die  Harnblasen»  und  ßauchwiinde  vollständig 
durch  Naht  zu  vereinigen  und  von  jeder  Drainage  der  Harnblase, 
auch  durch  die  Harnröhre,  abzusehen.  Ein  solches  Vorgehen  erwies 
sich  nie  als  nacbtheilig|  vorausgesetzt ^  dass  bei  aseptischer  Durch- 
führung der  Operation  eine  Infection  des  ßlaseninhalts  nicht  statt- 
gehabt hat. 


I 


Küster  (Ein  Fall  von  Resection  des  Harnleiters.  Verband!,  d. 
Deutsch.  Geseltscb.  f.  Cbir.,  2L  Congress),  bekanntlich  ein  entschie- 
dener Vertreter  der  Nephrotomie  bei  Sackniere ^^  machte  sioh's  zur 
Aufgabe,  bei  einem  13jährigen  Knaben^  der  im  Besitz  nur  einer  ein- 
zigen Niere  nach  der  Nepbrotomie  allen  Urin  durch  Lendenfistel  ab- 
eonderte,  die  Oontinuität  des  Nierensacks  mit  der  Harn- 
blase wiederherzustellen.  Mittels  eines  schrägen  Flanken- 
scbnittes  drang  er  in  die  Tiefe  bis  ans  Bauchfell,  ereffüete  dann  den 
an  der  Vorderfläcbe  der  Niere  vorfindlichen  Sack  an  seinem  unteren 
Pole  dyrch  einen  6  cm  langen  Frontal  schnitt,  entdeckte  darauf  die 
schlitzlörinige  Mundung  des  Ureters,  der  4— 5  cm  höher  lag,  spaltete 
denselben  mit  geknöpftem  Messer  bis  an  den  unteren  Pol  des  Sacks. 
Eine  in  die  Fortsetzung  des  Ureters  eingeführte  Sonde  stiess  3  cm 
weiter  abwärts  auf  eine  impermeable  Ötrictiir<  Die  Spaltung  wurde 
bis  dahin  ausgedehnt^  und  darauf  die  striclurlrte  Stelle  in  der  Länge 
von  3  cm  excidirt  Das  untere  Uretersegment  wurde  in  seinem  Lager 
soweit  gelockert,  dass  es  sich  an  die  hintere  Sackwand  anlegen  und 
hier  festnähen  liess.  Nach  Versclilass  des  Nierensacks  durch  Naht 
wurde  die  ganze  Wunde  mit  aseptischem  Mull  ausgestopft  und  nach 
einigen  Tagen  erst  durch  Secundärnähte  geschlossen.    Wenn  auch 


kige  Moiiale  der  grösste  Theil  dea  Urins  darch  die  Wimde 
00    begamn  doch  schon  bald  nach  der  Operation  etwas  blu- 
tigv  l}rm  doTch  die  H&mröhie  abzugehen.    Spater  gelang  der  Yer- 
der  L«0nd0nßfftel  nach  WonBch« 


O^leich  von  der  Londoner  Commission  noch  im  Jahre  18^^  ald 
und  tmgetahrlichste  Methode  der  Behandlung  der  Spinn 
lifida  die  Ponction  mit  nacbfolgender  Jodinjection  empfahlen  worden 
Wt^  60  fietgeD  doch  die  modernen  Chirurgen  unter  stetiger  VervoU* 
bnomnimg  des  yerfahrens  immer  mehr  und  mehr  zur  operativen  Beset- 
l^pog  dieser  Gedchwulste.  Laplace  (Spina  bidda.  Treatment 
mnd  Register,  Philad.  1891)  hat  Eobson^s  Vorgehen^  den  Sack 
tncidiren  and  dann  durcb  Etagennäbte  £Q  schlierigen,  und  zwai^ 
des  MenLogealeackB,  dann  der  Muskeln  und  zuletzt  der  Haut 
dem  seinigen  gemacht.  Ebenso  Baird  und  Senenko,  welche  von 
30  in  dieser  Weise  operirten  Fällen  24  zur  völligen  Heilung  gebracht 
litbedl.  8eoenko  hat,  ähnlich  wie  früher  schon  DolUnger,  den 
Htttli9  des  Wirbelbogeui^  osteoplastisch  geschlossen.  Neuerdings  hat 
mm  Bobroff  (Ein  neues  osteoplastisches  Verfahren  bei  Spina  bifida. 
OeKtralbL  f*  Chlr.  1892,  Nr.  22)  diese  osteoplastische  Methode  weiter 
«Dfewsekelt.  Das  zum  Verschluss  des  Defectes  bestimmte  KnocheD- 
§Hiädk  holte  er  in  einem  Falle  von  Spina  bifida  sacralis  eines  Sjähngen 
Kiiabea  von  der  Crista  ilei.  Nachdem  er  einen  Theil  der  Hautdecke 
das  Tumors  exstirpirt,  einen  Theil  der  Oauda  equina  und  das  untere 
Bfiekenmarkende  in  den  Wirbelkanal  versenkt  und  die  innere  Aus- 
U«idtisig8inembran  ausgeschnitten  hatte^  führte  er  vom  oberen  Wund» 
wmkd  aus  einen  Schnitt  nach  rechts  und  oben  längs  der  Orista 
oasis  tlei,  präparirte  den  M.  glutaeus  magnus  eiü  Stück  weit  vom 
^^Kiiochen  ab  und  schob  ihn  nach  aussen,  meisaelte  dann  ein  3  cm 
^^Mcges^  2  cm  breites  und  fast  1  cm  dickes  Knochenstück  ab,  so  dass 
^BUese  Lamelle  mit  dem  Ursprungsstäcke  des  M.  erector  trunci  als 
I^Pfltmn  Nährboden  im  ZusammeDhaDge  verblieb.  Die  periostale  Seite 
d«r  Lamelle  kam  dann  auf  die  angeirischte  Oe^nung  des  Wirbel* 
fcaasla  su  liegen,  wurde  hier  genau  eingepasst  und  mit  zwei  Kuochen- 
Dihteo  in  ihrer  Lage  befestigt.  Während  der  Knabe  bei  der  Naoh- 
bdiandlung  meist  die  Bauchlage  eiuhielt^  trat  mnerhalb  zweier 
Monate  die  Gonsolidation  ein.  Eine  Besserung  in  der  Function  der 
Sphineteren  blieb  auch  nicht  aus»  —  Bei  hoher  Lage  der  Spina  bi* 
fida  köDDte  das  Ersatzknochen  stück  gegeben  eo  falls  von  den  Rippen 
betfeholt  werden. 


Mastdarm  ein gefy kr ten  Einger  die  vord< 
bis  ins  Gewebe  der  Prostata  in  ihrer  ga 
aber  mit  der  Zeigeüiigerspitze  die  briii 
so  eine  kräftige  Narben  Schrumpfung  u 
Drüse  herbeizuführeia»     Waa   er  geiio 
auch,  in  ausgiebiger  Weise  ein,  so  dass 
ausblieb. 

I        Die  Exstirpation  von  Blasentu 
reich  in  der  Guyon'scben  Schule  durchti 
mehr,    ^Trotzdem  verdient  hervorgehoben 
(Taille  hypogastrifine  poar  tumeur  vösicale 
de  la  plaie  sans  aucun  drainage.     Ann.  de 
J892,  Bd*  10)  neuerdings  dringend  empiieh: 
operativen   Eingriffs   die  Harnblasen-   und 
durch  Naht  zu   vereinigen  und  von   jeder  L 
auch  durch  die  Harnröhre,  abzusehen.    Ein  b 
lieh  nie  als  nacbtheilig^  vorausgesetzt ,   dass 
führung   der  Operation  eine  Infection  des  Bla. 
gehabt  bat. 

Küster  (Ein  Fall  von  Resection  des  Han 
Deutsch.  Gesellsch.  £  Cbir.,  21,  Congress),  beka 
dener  Vertreter  der  Nephrotomie   bei  Sackniere, 
^ufgabe.,  bei  einem  IBjährigen  K.naben,  der  im  B 
sigen  Niere  nach  der  Nephrotomie  allen  Urin  dm 
sonderte,    die  Continuität    des    Nierensacks 
blase   wiederherzustellen.      Mittels    eines    si 
Schnittes  drang  er  in  die  Tiefe  bis  ans  Bauchfell,  i 
|in  der  Vorderfläche  der  Niere  vor  find  liehen  Sack  r 
Polo  durch  einen  6  cm   langen  Frontalschuitt,   eatd 
scblitzförmige  Mündung  des  Ureters,  der  4— 5  cm  ht 
denf^lben  mit  geknöpftem  Messer  bis  an  den  unterei 
Eine  in   die  Fortsetzung  des  Ureters  eingeführte  Soi 
weiter  abwärts  auf  eine  impermeable  Strictur,     Die  S 
bis  dahin  ausgedehnt,  und  darauf  die  striclurirte  Stelh 
von  3  cm  excidirt.    Das  untere  Uretersegment  wurde  in 
soweit  gelockert,  dass  es  sich  an  die  hintere  Sackwand 
^ier   festnähen  Hess.     Nach  Verschluss  des  Nierensackfc 
(-wurde  die  ganze  Wunde  mit  aseptischem  Mull  aasgesto^^ 
{isinigen  Tagen  erst   durch  Seen  n  dar  nähte   geschlossen. 
I  - 


154  Kolaczek* 

Mastdarm  eingö lu kr  ten  Finger  die  vordere  Wand  desaelbj 
bis  ins  Gewebe  der  Prostata  in  ihrer  ganzen  Länge 
aber  mit  der  Zeigefiiigerspitze  die  brüchige  Substav 
so  eine  kräftige  NarbeDschrumpiung  und  damit  ein 
Drüse  lierbeiziiföiiren,     Waa   er  gehofft  und   gewönF 
auch  in  ausgiebiger  Weise  ein^  so  dass  die  frühere  I> 
ausblieb. 

Die  ExstirpatioB  von  Blasentumoren  ist  z 
reich  in  der  Öuyon'sclieii  Schule  durchaus  nichts 
mehr.  Trotzdem  verdient  hervorgehoben  zu  werden, 
(Taille  hypogastri^iue  pour  tumeur  v^sicale  avec  ferj 
de  la  plaie  sans  aucun  drainage,  Ann,  de  mal  des 
1892^  Bd.  10)  neuerdings  dringend  empiiehlt,  nach 
operativen  Eingriffs  die  Harnblasen-  und  ßaucliwuni" 
durch  Naht  zu  vereinigen  und  von  jeder  Drainage  ^M 
auch  durch  die  Harnröhre,  abzusehen.  Ein  solches  Vo^ 
sich  nie  als  eachtheiligf  vorausgesetzt,  dass  bei  asept  " 
führung  der  Operation  eine  Infection  des  Blasen  in  haltt 
gehabt  hat, 

Küster  (Ein  Fall  von  Resection  des  HamleiterM 
Deutach.  Geaellsch.  £  Chir.,  21,  Gongress),  bekanntUc 
dener  Vertreter  der  Nephrotomie  bei  Sackniere,  maa 
Aufgabe,  bei  einem  13jährigen  Knaben,  der  imBesital 
zigen  Niere  nach  der  Nephrotomie  allen  Urin  durch 
sonderte^  die  Continuität  des  Nierensacks  m| 
blase  wiederherzustellen.  Mittels  eines  schr| 
öchnittes  drang  er  in  die  Tiefe  bis  ans  Bauchfell,  eröl 
an  der  Vorderfläche  der  Niere  vorfindlichen  Sack  an  seii 
Pole  durch  einen  6  cm  langen  Frontalschnitt,  entdecktöl 
sclditzförmig©  Mündung  des  Ureters,  der  4=5  cm  höher  tt 
denselben  mit  geknöpftem  Messer  bis  an  den  unteren  Pol 
Eine  in  die  Fortsetzung  des  Ureters  eingeführte  Sonde  i 
weiter  abwärts  auf  ein©  impermeable  Strictur,  Die  Spall 
bis  dahin  ausgedehnt,  und  darauf  die  striclurirte  Stelle  iil 
von  B  cm  ©xcidirt.  Das  untere  üretersegment  wurde  in  sei 
soweit  gelockert^  dass  es  sich  an  die  hintere  Saekwend  a 
hier  festnähen  liess.  Nach  Verschluss  des  Nierensacks  < 
wurde  die  ganze  Wunde  mit  aseptischem  Mull  ausgestopi 
einigen  Tagen  erst  durch  Secuodärnähte  geschlossen* 


i54 


KolaczeJu 


Mastdarm  eiuge  fuhr  tan  Finger  die  vordere  Wand  desselben  und  ßchneidet 
bis  ins  Gewebe  der  Prostata  in  ihrer  ganzen  Lange  ein,  zerreiöst  dann 
aber  mit  der  Zei getingerspitze  die  brücbige  Substanz  derselben,  um 
so  eine  kräftige  Narbenecbrumpfung  und  damit  einen  Schwund  der 
Drüse  berbeizuführen.  Was  er  gehofft  und  gewünscht,  trat  denn 
auch  in  ausgiebiger  Weise  ein,  so  dass  die  frühere  Dysurie  definitiv 
ausblieb» 

Die  Exstirpation  von  Biaeentumoren  ist  zumal  in  Frank- 
reich in  der  Guyon'schen  Schule  durchaus  nichts  Ungewöhnliches 
mehr.  Trotzdem  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  Tuffier 
(Taille  hypoga8trii|ue  pour  ttimeur  vdsicale  avec  fermeture  complöte 
de  la  plaie  sans  aucun  drainage.  Ann.  de  mal.  des  org*  g4nito-urin. 
1892,  Bd*  10)  neuerdings  dringend  empfiehlt,  nach  Vollendung  des 
operativen  Eingriffs  die  Harnblasen-  und  ßauchwunde  vollständig 
durch  Naht  zu  vereinigen  und  von  jeder  Drainage  der  Harnblase,  ■ 
auch  durch  die  Harnröhre,  abzusehen.  Ein  solches  Vorgehen  erwies  ■ 
sich  nie  als  naehtheilig,  vorausgesetzt,  dass  bei  aseptischer  Durch- 
führung der  Operation  eine  Infection  das  Blaseninhalts  nicht  statt- 
gehabt bat. 


Küster  (Ein  Fall  von  Resection  des  Harnleiters.  Verb  an  dl.  d. 
Deutsch.  Gesellsch,  f,  Chir.,  21,  Congress),  bekanntlich  ein  entsohie- 
dener  Vertreter  der  Nephrotomie  bei  Sackniere ^  machte  sich*s  zur 
Aufgabe,  bei  einem  13jährigen  Knaben,  der  im  Besitz  nur  einer  ein- 
zigen Niere  nach  der  Nephrotomie  allen  Urin  durch  Lendenfistel  ab- 
sonderte, die  Ooniinuität  des  Nierensacks  mit  der  Harn- 
blase wiederherzustellen.  Mittels  eines  scbrägen  Flanken- 
schnittes drang  er  in  die  Tiefe  bis  aus  Bauchfell,  eröffoete  dann  den 
ao  der  Vorderfläche  der  Niere  vorfindlichen  Sack  an  seinem  unteren 
Pole  durch  einen  6  cm  langen  Frontalschnitt,  entdeckte  darauf  die 
schlitzförmige  Mündung  des  Ureters,  der  4—5  cm  höher  lag,  ßpaltete 
den&elben  mit  geknöpftem  Messer  bis  an  den  unteren  Pol  des  Sacks. 
Eine  in  die  Fortsetzang  des  Ureters  eingeführte  Sonde  stiess  3  cm 
weiter  abwärts  auf  eine  impermeable  Strictur.  Die  Spaltung  wurde 
bis  dahin  ausgedehnt,  und  darauf  die  striclurirte  Stelle  in  der  Länge 
von  3  cm  excidirt  Das  untere  üretersegment  wurde  in  seinem  Lager 
soweit  gelockert,  dass  es  sich  an  die  hintere  Sack  wand  anlegen  und 
hier  festnähen  Hess,  Nach  Verschluss  des  Nierensacks  durch  Naht 
wurde  die  ganze  Wunde  mit  aseptlachem  Mull  ausgestopft  und  nach 
einigen  Tagen  erst   durch  Secundärnähte  geschlossen.     Wenn  &uch 


d 


Chirurgie. 


155 


noch  einige  Monate  der  gröaste  Tkeil  des  Urins  durch  die  Wunde 
abfloss,  so  begann  doch  schon  bald  nach  der  Operation  etwas  blu- 
tiger Urin  durch  die  Harnröhre  abzugehen.  Später  gelang  der  Ver- 
echlues  der  Lendenfistel  nach  Wunsch. 


Obgleich  von  der  Londoner  Commiasioo  noch  im  Jahre  1885  als 
beste  und  ungefährlichste  Methode  der  Behandlung  der  Spina 
bifida  die  Punction  mit  nachfolgender  Jodinjection  ©mpfohien  worden 
ist,  Bo  Beigen  doch  die  modernen  Chirurgen  unter  stetiger  VervoU- 
kommnung  des  Verfahrenö  immer  mehr  und  mehr  zur  operativen  Besei- 
tigung dieser  Geschwülste.  Laplace  (Spina  bitida.  Treatment. 
Times  and  Register,  Philad.  1891)  hat  Robson's  Vorgehen,  den  Sack 
z\x  incidiren  und  dann  durch  Etagennähte  zu  schlie^sen  ^  und  zwar 
zneröt  des  Meniogealaacks,  dann  der  Muskeln  und  zuletzt  der  Haut 
2U  dem  seinigen  gemacht  Ebenso  Baird  und  Senenko^  welche  von 
30  in  dieser  Weise  operirten  Fällen  24  zvlt  völligen  Heilung  gebracht 
haben.  Senenko  hat,  ähnlich  wie  früher  schon  Dollinger,  den 
Hiatus  des  Wixhelbogens  osteoplastisch  geflchlossen.  Neuerdings  hat 
nun  Bobroff  (Ein  neues  osteoplastisches  Verfahren  bei  Spina  biüda« 
Centralbl.  f,  Cbir.  1892,  Nr,  22)  diese  osteoplastische  Methode  weiter 
entwickelt.  Das  zum  Verschluss  des  Defectes  bestimmte  Knochen« 
stück  holte  er  in  einem  Fall©  von  Spina  bifida  sacralis  eines  8jährigen 
Knaben  von  der  Crista  ilei.  Nachdem  er  einen  Theil  der  Hautdecke 
des  Tumors  exstirpirt,  einen  Theil  der  Cauda  equina  und  das  untere 
Büokenmarkende  in  den  Wirbelkanal  versenkt  und  die  innere  Ana- 
kleidungsmembran  auggescbnitten  hatte^  führte  er  vom  oberen  Wund» 
winket  aus  einen  Schnitt  nach  rechts  und  oben  längs  der  Orista 
ossis  ilei,  präparirte  den  M.  glutaeus  magnus  eio  Stück  weit  vom 
Knochen  ab  und  schob  ihn  nach  aussen,  meisselto  dann  ein  8  cm 
langes^  2  cm  breites  und  fast  1  cm  dickes  Knochanstück  ab,  so  dass 
diese  Lamelle  mit  dem  Ursprungsstücke  des  M,  erector  trunci  als 
ihrem  Nährboden  im  Zusammenhange  verblieb.  Die  periostale  Seite 
der  Lamelle  kam  dann  auf  die  angefrischto  Oeffnung  des  Wirbel - 
kanals  zu  liegen^  wurde  hier  genau  eingepasst  und  mit  zwei  Knochen- 
nähten  in  ihrer  Lage  befestigt  Während  der  Knabe  bei  der  Nach- 
behandlung meist  die  Bauchlage  einhielt,  trat  innerhalb  zweier 
Monate  die  Consolidation  ein«  Eine  Besserung  in  der  Function  der 
Sphincteren  blieb  auch  nicht  aus*  —  Bei  hoher  Lage  der  Spina  bi- 
hda  könnte  das  Ersatzknoohenstück  gegebenenfalls  von  den  Rippen 
hergeholt  werden. 


15Ö 


Kolaczek. 


4.  Krankheiten  der  fixtremitsiten* 


F^lizet  (Op^ratioi]  de  la  eyndactylie  coDgünitale.  Revae  d'or- 
thopedie  1892,  Nr.  1)  hat  ein  laeues  zweckmässiges  Verfahren  zur 
Beseitigung  der  angeborenen  Syndaktylie  angegeben.  Das* 
selbe  setzt  sich  aus  mehreren  Acten  ssüsammen  und  ist  deshalb  etwas 
langwierig.  Zunächst  wird  die  Schwimmhaut  in  eine  Commtssur  der 
Finger  umgewandelt.  Zu  diesem  Zwecke  werden  in  der  Höhe  der 
ersten  Phalanx  an  beiden  Flächen  aus  Haut  und  Ünterhautzell- 
gewebe  zwei  gegenüberliegende  Läppchen  gebildet,  der  eine  auf  der 
volaren  Seite  mit  distaler^  der  andere  auf  der  Dorsalseite  mit  proxi- 
maler Basis.  Das  die  beiden  Wundßäcben  noch  trennende  spärliche 
Gewebe  wird  darauf  durchschnitten,  die  Lappen  durch  das  so  ent- 
standene Fenster  durchgesteckt  und  mittels  einiger  Nähte  in  ihrer 
Lage  fixirt.  Ist  die  Anheihing  derselben  gelungen,  so  wird  die 
Commissur  gespalten*  FMizet  bedient  sich  dazu  der  langsamen 
Trennung  durch  Seiden fadensächlingen  und  sorgt  durch  Interpoaitiou 
von  Jodoformgaze  dafür,  dasa  die  Trennnngsflächen  nicht  wieder  zu- 
.^ammen  wachsen. 

Schmidt  (Die  Exstirpation  des  Foplitealanearysma.  Verhandl. 
d.  Deutsch.  Ges.  f-  Chir,  1892)  kam  in  die  Lage,  bei  einem  Manne 
in  zwei  Sitzungen  Aneurysmen  beider  Arteriae  popliteae  zu 
exstirpiren*  Die  Entfernung  deä  ersten  dauerte  3  Stunden^  da  die 
Loslösung  der  Vene  sich  als  sehr  schwierig  erwies.  Das  Aneurysma 
war  von  doppelter  Länge  des  kleinen  Fingers  und  von  der  Breite 
fast  dreier  Finger,  Bei  tiefgreifenden  Nähten  trat  die  Heilung  per 
primam  ein  biö  auf  einen  2 — 3  mm  breiten  Saum  der  Wondr&nder, 
welche  brandig  wurden.  Das  andere  nur  wallnussgrosse  Aneurysma 
wurde  auch  operativ  entfernt,  da  alle  anderen  Verfahren  ohne  Nutzen 
blieben.  Bei  der  Wnndheiltiiig  wurde  auch  hier  die  Wundrand- 
gangrän wahrgenommen.  Schmidt  räth  daher^  die  Wunde  immer 
erst  für  einige  Tage  zu  tamponiren,  bis  ein  auch  zur  Ernährung  der 
Wundränder  ausreichender  Collateralkreislauf  sich  entwickelt  habe, 
am  darauf  Secundärnähte  anzulegen. 

Lauenatein  (Die  Resection  des  N.  obturatorius  zur  Beseitigung 
der  Adductorencootractur  aus  centraler  Ursache.  Centraibh  f.  Chir.  1892, 
Nr.  11)  beseitigte  eine  auf  myelitischer  Grundtage  entstandene  hoch- 
gradige Coiitractur  der  Adductoren  des  Oberscbenkels 
bei  einer  dOjährigen  Frau,  die  zudem  noch  an  einer  schweren  Cystitis 
litt,  durch  Resfcction  des  N,  obturatorius  mit  gutem  Erfolge.  Darauf 
tjrst  konnte  auch  die  Cyatitis  in  Behandlung  genommen  werden.    Um 


Chinirgie. 


1Ö7 


den  genannten  Nerven  blosszulegeu,  fuhrt^i  Laaen stein  an  der 
äusseren  Grenze  des  Tuberculum  pubicum  parallel  und  nacb  innen  von 
der  V.  saphena  einen  liügerlangen  Einschnitt  durch  die  Weichtheile 
bis  auf  den  äusseren  Rand  des  M,  adductor  longus.  Nacb  aussen 
von  diesem  Muskel  trennte  er  die  Fasern  des  M.  pectineus  stumpf, 
bis  die  dünne  Fascie  des  M.  obturatorius  extern us  sich  zeigt.  Unter  der- 
selben entdeckte  er  sofort  die  fächerförmig  sich  ausbreitenden  Aeste 
des  gesucbten  Nerven.  Unter  deren  Leitung  Hess  sieb  der  Stamm 
unschwer  etwas  höher  bloBslegen  und  reseciren. 

Cbarcot  (Trois  observations  de  nevralgies  sciatiques  tralt^es 
par  Felongation.  ßulb  et  mem,  de  ia  soc,  de  chir.  de  Paria  Bd.  17) 
sucht  die  fast  ganz  in  Vergessenheit  geratbene  Nervendehnung 
bei  Ischias  wieder  in  Aufnahme  zu  bringen,  da  er  selbst  damit 
drei  hartnäckige  Krankheitsfälle  dieser  Art  zur  Heilung  gebracht  babe» 

Bemerkens werth  ist  der  Erfolg  einer  von  Schede  (Ueber  die 
nachträgliche  Beseitigung  starker  Verkürzungen  der  Knochen  als  Folge 
HcMecbt  geheilter  Fracturen*  Archiv  t  klin,  Chir.  Bd.  43)  einge- 
leiteten Extensionsbehandlung  mit  vorausgeschickter 
Osteotomie,  die  er  bei  einem  19jährigen  Manne  zwecks  Verlänge- 
rung des  infolge  Bruchs  um  10^, ^  cm  verkürzten  Beines  ausführte. 
Da  9^2  ^^  Verktirzung  nach  seiner  Ueberzeugung  der  bestehenden 
Dislocatio  ad  longitudinem  zugeschrieben  werden  mussten,  so  wandte 
er  bei  der  Nachbehandlung  eine  recbt  kräftige  Extension  an,  zuerst 
mit  Hülfe  von  20,  später  von  25  Pfund,  Er  bält  noch  eine  weitere 
Steigerung  der  Last  für  zulässig,  falls  man  die  Längsstreifen  des 
Heftpflasters  durch  dachziegeliörmig  angelegte  Cirkelstreifen  fixirt. 
Der  Patient  behielt  eine  Verkürzung  des  Beines  von  kaum  2  cm. 

Die  Frage  bezüglich  der  Dauererfolge  der  operativen  Be- 
mühungen, die  angeborene  Hüftgelenksverrenkung  zu 
beseitigen,  steht  noch  immer  im  Vordergrunde  des  ärztiicben  In- 
teresses. Hof  f  a  (Zur  operativen  Behandlung  der  angeborenen  Hült- 
gelenksverrenkung.  Centralbl.  f.  Chii\  1892,  Nr,  46),  dem  wir  zum 
grossen  Theil  die  kühne  Initiative  zu  dieser  orthopädischen  Leistung 
verdanken,  hat  die  operative  Wiedereinrenkung  des  Sehen kelkopiea, 
wie  sie  im  letzten  Jahresberichte  bescbrieben  worden  ist,  bisher 
24mal  ausgeführt,  und  zwar,  abgesehen  von  einem  durch  einen  un- 
glücklichen Zufall  verschuldeten  Todesfalle,  immer  mit  dem  Erfolge, 
dass  die  Wunde  prima  intentione  heilte,  das  neue  Gelenk  frei  be- 
weglich wurde,  und  entsprechend  der  mehr  oder  weniger  vorgascibjtvV 


158 


KolaczeJf. 


tenen  Atrophie  des  Schenkelhalses  eine  geringe  Verkürzung  der  Ex- 
tremität zurückblieb.  Hoffa  hat  schon  mehrfach  Nachahmung  ge- 
funden, aber  auch  eine,  wie  es  scheint,  nicht  ganz  berechtigte  Kritik* 
So  vornehmlich  aeitens  Lorenz  (Operative  Therapie  der  angeboreneii 
Hüftverrenkang,  Oentralbl  f.  Chir.  1892,  Nr.  31).  Diesem  ist  es 
begegnet,  dass  er  nach  „Skeletirung'^  des  obersten  Femurendes,  also 
trotzdem  alle  pelviotrochanteren  Muskeln  abgelöst  waren,  doch  nicht 
im  Stande  war,  den  hochstehenden  Scbenkelkopf  ia  die  Pfanne  zu 
bringen.  Demzufolge  gewann  er  die  Ueberzeugung,  dass  der  besagte 
Widerstand  wesentlich  durch  die  vom  Becken  entspringenden  und 
am  Unterschenkel  und  Femurschafte  sich  inserireoden  Muskeln  be- 
dingt wäre.  Daher  schickte  er  spater  der  Operation  am  Hüftgelenk 
die  Teuütomie  oder  Myotomie  der  vom  Tuber  ischii  und  der  Spina 
ilium  anterior  superior  ausgehenden  Muskeln  voraus.  Ausserdem  meint 
er  eine  einfachere,  weniger  verletzende  und  gefährliche  Methode  der 
f  Gelenkeröffnung  gefunden  zu  haben.  Er  greift  nämlich,  ähnlich  wie 
es  früher  schon  Hueter  vorgeschlagen  hat,  das  HüR^gelenk  von  vom 
an*  Während  die  Extremität  in  kräftiger  Extension  gehalten  wird, 
fahrt  er  von  der  Spina  anterior  superior  direct  nach  abwärts  einen 
6 — 7  cm  langen  Schnitt,  durchtrennt  nach  Auseinanderziehung  der 
Wundränder  den  Tensor  fasciae  latae,  den  vorderen  Rand  des  Glu- 
taeus  med  ins  und  den  Sartor  lus  quer,  geht  zwischen  diesem  Muskel 
und  dem  Tensor  fasciae  in  die  Tiefe  und  durchneidet  die  Rectus- 
gehne  dicht  unter  der  Spina  anterior  inferior.  Jetzt  folgt  die  Spaltung 
fder  Gelenkkapsel  in  Kreuzt'orm,  unter  Nachlass  der  bis  dahin 
[ausgeübten  Extension  dm  Wiederh erstell iing  der  fehlerhaften  Stellung 
Fdes  Schenkelkopfes,  die  Ablösung  einzelner  sich  noch  anspannender 
Kapseltheile  von  der  vorderen  und  medialen  Seite  des  Schenkelhalses 
mitteis  des  Knoptmesäers^  die  Aushöhlung  der  rudimentären  Pfanne 
mittels  eines  von  ihm  für  diesen  Zweck  besonders  angegebenen 
Löffels  und  scbiiesslich  die  Reposition  des  Gelenk kopfes.  Wenn 
auch  Lorenz  schon  einige  Fälle  von  congenitaler  Hüftverren- 
kung in  dieser  Weise  operirt  hat,  so  sind  seine  Resultate  doch  noch  zu 
i  jung,  um  ein  entscheidendes  Urtheil  darüber  gerechtfertigt  erscheinen 
]  SU  lassen.  —  Darüber  herrscht  aber  bei  Allen,  welche  diese  Opera- 
I  tion  öfter  ausgeführt  haben ,  Uebereinstimmung,  dass  die  Wirkung 
derselben  um  so  besser  austollt ,  je  früher  sie  vorgenommen  und  je 
länger  die  orthopädische  Nachbehandlung  fortgeführt  wird.  Karewski 
(Die  operative  Behandlung  der  angeborenen  und  anderer  Hüfcver- 
renkungen.  Cenrralbl.  f.  Chir.  1892,  Nr.  3G)  macht  auf  Gruud  seiner 
eigenen   Erfahrung  bezüglich   der  letzten  Bedingung  allerding»  sehr 


Die    Pmset-Tslpiaa'i 


1 00 


Kolaczek. 


ganz  besonders  atrophirten  Streckmuskeln  sind  zugleich  Spanner 
der  Gelenkkapsel  Den  Nervenendigungen  dieser  also  tbeilt  sieb 
vor  Allem  die  im  Gelenke  sich  abspielende  EntzünduBg  mit  und 
pflanzt  eich  dann  centripetat  bis  ins  Rückenmark  fort. 

Lücke  (Zur  osteoplaetiachen  Nekrotomie.  Centralblatt  i\  Chir, 
1892,  Nr.  48)  hat  sich  durch  eine  Publication  Bier*s  (Arcb,  1.  klin. 
Ghir.  ßd.  48)  veranlasst  gesehen^  auf  seine  schon  vor  4  Jahren 
bekannt  gegebene  plastische  Ausfüllung  der  Knochenhöhle 
nach  Nekrotomien  der  Diapbyaen  hinzuweisen.  Er  benutzte 
dazu  einen  Knochen  Periostlappen,  welchen  er  dadurch  gewann,  dass 
er  an  Stella  der  nachweisbaren  Kloakeu  durch  die  Weicbtheile  einexi 
Längeschnitt  machte  und  in  dar  B-ichtung  desselben  die  Ladenwand 
bis  in  die  Öequeäterhöhlö  hinein  durch meisaelte.  Entsprechend  den 
Seiten  rändern  des  projectirten  Lappens  trennte  er  sodann  die  Lade 
auch  in  querer  Richtung,  tind  schliesslich  von  kleinen,  in  Abständen 
von  einander  angelegten  Einach nitten  der  Weicbtheile  aus  mit 
schmalem  Meissel  unter  möglichst  grosser  Schonung  des  Periosts 
a^ch  an  der  der  Basis  des  Lappens  entsprechenden  Stelle,  um  dann 
mittelö  eines  in  die  erstangelegte  Meiaselrlnne  eingesetzten  Elevato- 
riiims  den  Weichtheilknochen läppen  herauszuhebein  und  wie  einen 
Deckel  einzuklappeu.  Ist  die  Nekrotomie  beendet^  t»o  trug  er  in  der 
ganzen  Ausdehnung  des  Stiels  von  der  scharfen,  prominenten  Knochen- 
kante mit  Meisael  und  Meisselzange  etwas  ab,  um  jed^y  Hinderniss 
für  die  leichte  Reposition  des  Lappens  aus  dem  Wege  zu  räumen. 
Durch  ein  solclies  Verfahren  wurde  die  Heilungsdauer  wesentlich 
abgekürzt.  —  Dieselbe  Operation  ist  in  letzter  Zeit  nach  Bier's 
Bericht  in  der  Kieler  Klinik  13mai  aut^gefübrt  worden,  aber  mit  ge- 
wissen Modihcationen.  Den  dort  gewonnenen  Erfahrungen  gemäss 
eignet  sich  eben  diese  Methode  nur  für  oberflächlich  liegende  Knochen, 
also  in  erster  Reihe  für  die  Tibia.  Eine  Heilung  unter  dem  Blut- 
scliorfe  gelang  nur  selten  bei  diesem  Verfahren. 

Bogdan ik  (Eine  neue  Schnittmethode  zurResectiou  des  Sprang- 
oder Fersenbeins.  Centralblatt  f.  Chir.  1892,  Nr.  5)  veröffentlicht 
eine  neue  Methode,  auf  einfache  und  betjueme  Weise  ohne 
Verletzung  von  Gelassen  Und  Nerven  den  Calcaneus  und 
Talus  sich  zugänglich  zu  machen.  Er  fiibrt  nämlich  den  Ein> 
schnitt  von  einem  Knöchel  zum  andern  über  den  prominentesten 
Theil  der  Ferse  hinweg,  durchsägt  darauf  das  Fersenbein  in  der- 
«elben  Richtung,  klappt  dann  den  Fuss  auf  die  \'ürderfläche  des 
Unterschenkels  um,    so  dass   der  Talus  frei  heraae   tritt,    mit  der 


* 


Chirurgie. 


161 


^  Chi 
HSSahü 


Kiiocli&iizaiige  gefa88t  und  mühelus  exstirpirt  werden  kant).  Selbst- 
imÜBdlich  lassen  sich  auch  vom  Oalcaeeus  beliebig  grosse  Brücke 
be^tieoi  entferoeiip  Obgleich  Bogdanik  bei  dieser  Operation  von 
4et  Ao^rendttiig  der  Blutleere  abgesehen  hat,  so  war  doch  der  Blut- 
tcrlttst  nur  sehr  gering.  Die  Segmente  des  Fersenbeins  räth  er 
darak  Knocbennaht  zu  yereinigen*  Er  hat  eine  ganz  freie  Beweg- 
Bbhkeit  des  Ftissgelenks  nach  diesem  Eiugrifife  sich  wieder  einstellen 
•eben.  I>iirch  Hilfsschnitte  aufwärts  längs  der  AchillesBehne  lässt 
mh  der  SinbUck  ins  Sprunggelenk  noch  freier  gestalten. 

Eine     nutzbringende    Anwendung    der    Knochen plaatik    mit 

pro tbeti scher  Wirkung  bringt  Bier  {Ueber  plastische  Bildung 

fiiiies  künstlichen  Fusses  aus  der  mit  ihren  Weichtlieilen  bedeckten 

Tibia    nach    tiefen    Unterschenkelamputationen.     Deutsche   Zeitsohr. 

Ghir.  Bd.  HB).     Um    Amputationaatümpfe   des  Unterschenkels   für 

Frotbese  (Stelzschnürstiefel)  brauchbarer  zu  gestalten,  will  er 
HeiluDg  der  Amputation s wunde    das  untere  Stumpfende  unter 

nlfanalime  einer  keilförmigen  Resection  der  Tibia  von  ihrer 
Vorderdäohe  ans  und  nach  ümklappung  des  unteren  beweglich  ge- 
wordenen Abschnitts  bis  zum  rechten  Winkel  eine  Art  von  Fuss 
herstellen.  Für  die  Fibula  genügt,  einfache  Durch meisselung.  Bier 
bst  Bi<^  überzeugen  können,   dass  die  Haut  des  sog.  neuen  Fusses 

Kimäblicb    derb    wird,    und  die  Function    eines    solchen   als   breite 
t&tse  nichts  za  wünsclien  übrig  lässt. 
Dieses  Verfahren   hat  Albert   (Bildung   eines   Gelenk  stumpfes 
mA  Ampatation  des  Unterarms.    Wiener  med.  Presse  18D2,  Nr.  29) 
versnUsst,   auch  den  langen  Unterarmstumpf  durch  Httrstellnng 
etaes  beweglichen  Abschnitts  rlesselbou.  nach  Art  eines  Hakens  brauch- 
berer   zu  gestalten.     Zu  diesem  Zwecke  wählt  er  bei  tiefer  Vorder- 
«rauuHipatation   einen  Dorsal-  und  Volarhautlappen.     Vor   der  circa- 
Dnrehflchneiduüg   der  Weichtheile   isoiirt   er  die  Streck-  und 
ebnen    der   Kadial*   und    UJnarmuskeln  ^    durchschneidet    sie 
rm&glicbst  tief,  führt  dann  die  Amputation  zu  Ende,  legt  durch  die 
chenstümpfe   schräge  Bohrlöcher   an ,   zieht  mittels  Seidenfädtin 
irorher  erwähnten  Sehnen   durch  dieselben  und  lässt  sie  so  mit 
Knochen  verwachsen.    Später  fügt  er  eine  Oontinuitätsresection 
beiden  Vorderarmknochen  hinzu  und  sorgt  für  die  Bildung  einer 
Paeudsrtbrose  an   dieser  Stelle,   so   dass  der  Kranke   in  der  Folge 
Tdas  Endstück   seines  Stumpfes   wie    einen  Finger  zur  Beugung  und 
ttmg  benutzen  kann. 


i  d.  pr»ot.  Medidn.    189H. 


11 


in^ 


Kolaczek. 


Die  Berechtigung  der  Trendeleiiburg'schen  supramaileo- 
lareD  Osteotomie  beim  Pee  planus  dolorosus  ist  noch  nicht 
zweifellos,  da  der  dauernde  Erfolg  dieaer  jungen  Operation  sich 
naturgemäss  noch  Dicht  sicher  bestimmen  la^et.  Auf  dem  letzten 
Chirurgen  CO  ngretise  (Vorstellung  eines  jungen  Mannes  mit  geheilten 
Piattfüösen,  Verb,  d.  Deutschen  GeBellach.  f,  Chin,  21.  Congresö)  hat 
Trendelenburg  einen  vor  3  Jahren  wegen  Plattfiisa  osteoto- 
mirten  Mann  vorgestellt  und  auf  die  vortreffliche  bleibende  Wirkung 
des  Eingiiffs  in  diesem  Falle  hinge wieseu.  Er  gab  jedoch  zu,  das^ 
nach  seinen  bisherigen  Erfahrungen  die  Eeaukate  seiner  Operation 
nicht  gleich  zufriedenstellend  smd^  zumal  nicht  bei  älteren  Leuten^ 
bei  denen  die  statische  Umbildung  des  Fussgerüstes  auf  besondere 
Schwierigkeiten  stösst.  —  Zeller  (Die  Behandlung  des  Plattfusses, 
Med.  Oorrespond,  d.  Württemb.  ärztl.  Landesvereina  1801,  Xr.  38) 
hat  dieselbe  Operation  bei  einer  25jährigen  Prau  und  einem  Lehr- 
ling von  15  Jahren  ausgeführt  und  hat  nach  Ablauf  von  20  Mo- 
naten zwar  eine  Wiederabplattung  des  oorrigirten  Plattfusses  aber 
trotzdem  nicht  die  alten  Schmerzen  wiederkehren  sehen.  Demnach 
wird  es  sich  empfehlen,  trotz  eines  nnmittelbar  nach  der  Operation 
noch  so  guten  Effectes  consequent  einen  Platt fussdtiefel  tragen  zu 
lassen,  damit  das  richtige  Verhältniss  zwischen  Belastung  und  Stütz- 
bogen noch  lange  Zeit  erhalten  bleibe. 

Bradford  (Metatarsal  nearalgla  or  Mortoß'S  affection  of  the 
foot,  Boston  med,  and  surg.  journ.  1891,  Juli)  theilt  Morton*s  An- 
sicht vollständig,  dass  den  sog.  Metatarsalneuralgien  gewöhnlich 
ein  Druck  auf  den  Plantarnerven  seitens  des  Köpfchens  des  fünften 
Metatarsalknocbens  gegen  den  vierten  bei  seitlicher  Oompreasion 
des  Passes  zu  Grunde  liege.  Er  beobachtete  dieses  Leiden  bei 
16  Kranken,  darunter  13  Frauen.  Doch  hatte  er  nicht  nöthig,  im 
Gegensatz  zu  Morton,  zu  einer  Resection  des  drückenden  Köpfchens 
seine  Zuflucht  zu  nehmer<. 


Innere  Medicin. 

U    KrftQklieiteii  des  XerTeQSrstems. 

Von  Profeeor  Dr.  geeljg«il1er  in  H  ä  U  *.  ^ 

A.  Krankheiten  der  Centrajorgane. 

Allg^rmeines» 

W.  V.  Bechterew  imd  N.  Mislawski,  üeber  die  Gehirn* 
iDtren  f^r  Bewegungen  der  Vagina  an  Thieren  (Medi* 
koje  Obosrenie  1891,  Nr.  15),  stellten  Experimente  an  Kaninoben 
Hündinnen  an,  um  die  höheren  Gehimoentren  für  die  Bewe- 
der  Vagina  testziistellen.  In  die  Vagina  wurde  ein  dünn* 
waadiger  Ballon  eingeflahrt,  dessen  Höhlung  durch  eine  Glasröhre 
mk  einem  Wassermanometer  in  Verbindung  stand,  das  die  Drurk* 
•ohwankungen  vermittels  eines  Marey'ächen  Schrei bapparates  auf 
tine  rotirende  Trommel  aufzeichnete.  Es  ergab  sich,  dads  die  Grosa- 
kifnrmde  {zweierlei  Centren  f^r  die  Innervation  der  Vagina  enthalt^ 
ftkr  die  Anregung  und  für  die  Hemmung  derselben;  dieselben  liegten 
betm  Kaninchen  im  vorderen  motorischen  Gebiet,  beim  Huuda  im 
Gjrrus  sigmoides.  Auch  durch  Eeizung  des  vordertMi  SehhQg*ilK  ne- 
lang  es,  Bewegungen  der  Vagina  hervorzurufen* 

IL  Anderlya,   Ein  Fall    von  echter  cerebraler  Pagudo- 
bftlbirpar&lyse  (Inaug.-Diss.  Berlin  1892).    Eiu  &2jähnger  Mann^ 


f)  Die  rachtzeitige  Fertigstellung  dieses  ßdtraga  zum  Jabrbuch  «laiike 
Idb  der  ilfltfe  tntfin««  AfisUtenteo,  de»  Üerra  Dr.  Karl  Ürubi*. 


WH 


Seeligmüller. 


der  bereits  zweimal  »n  Lab  mang  emer  Seite  mit  SprachstöniDg  ge* 
litten  batta^  bekam  abermale  eine  Apoplexie  mit  Lähmung  der  linken 
Körperhälfte ,  Sprachstörungen  und  Schluckbescb werden.  Dw  Be- 
wegungen der  Zunge  geaehahen  langsam  und  unvollkommen;  links- 
aeitige  Faciaiislähmung,  Die  Section  ergab  eine  Erweichung  im 
rechten  Centrum  eemiovale,  die  besonders  den  mittleren  Theil  des 
Lingonkernes^  die  innere  Kapsel  und  den  äuseersten  Theil  des  Cor- 
pus gtriatum  durchsetzte.  Ein  erheblich  kleinerer  Erweichangsherd 
tand  sich  auch  im  Linsenkern.  Medulla  oblongata  und  Pone  waren 
vollkommen  normal. 

Quincke,  Die  Lumbalpunction  des  Hydrocephalus  (Berl. 
klin.  Woebenschr.  Bd.  28,  l^r.  39,  1891)  empfiehlt  die  Ponction  des 
öubaracbnoidalraumes  in  der  Lendengegend*  Es  wird  zu  dem  Zwecke 
eine  0^6—1,2  mm  dicke  Hohlnadel  im  dritten  oder  vierten  Wirbel- 
bogenzwiscbenraum  etwas  seitlich  von  der  Mittellime  so  eingeflilirt, 
dasB  sie  den  Duralsack  in  der  Mittellinie  trifft  Man  kann  den 
Druck  an  einer  mit  der  Canüle  verbundenen  Steigröhre  ablesen  und 
die  Fliieaigkeit  bis  zur  Herstellung  der  gewünschten  Druckermässi- 
ang  ablassen. 


A.  Jüffroy  und  A.  L^tienne,  Contribution  k  l'^tude  de 
la  Syphilis  cerebrale  (Arch.  de  m^d,  exp^rira.  Bd.  3^  H.  3,  8.  4Uij 
1891),  beschreiben  einen  Fall  von  Hirnblutung  infolge  von  Periarte- 
riitis syphilitica  und  Thrombose  der  Basilaris.  Der  Kranke,  ein 
39jähriger  Mann,  hatte  1B83  den  Primäraffect  an  der  rechten  Hand 
und  bis  1889  eine  Periostitis  am  liuken  Ellbogen,  dann  traten  Xopf- 
gchmerzen,  Stottern,  Öohlatlosigkeit  und  einmal  eine  complete  Aphasie 
von  1  Minute  Dauer  aul.  Mitte  1889  stellte  sich  Verlust  der  Sprache 
nnd  Paralyse  des  rechten  Armes  und  Facialis  ein ;  nach  Mercurialcur 
und  Jodkali  ging  in  5  Monaten  alles  zarück^  aber  1800  erfolgte  ein 
neuer  Anfall  mit  Lähmung  der  Zunge  und  des  rechten  Armes,  der 
letal  ausging.  Die  Section  ergab  einen  alten  linsengrossen  Herd 
vor  dem  rechten  Lobus  paracentralis,  einen  zweiten  im  linken  Tha- 
lamus, einen  dritten  am  Foss  der  dritten  Stirawindimg,  Die  Arteria 
basilaris  war  durch  einen  15  mm  langen  Thrombus  obÜterirt;  die 
linke  Brückenhälfte  weich,  atrophisch  und  von  einer  grossen  frischen 
Blutung  durchsetz!, 

K.  Heilbronner,  Ein  Fall  von  Aphasie  bei  CTehirnlues 
(Allgem,  Zeitschr,  f.  Psychiatrie  Bd,  49,  H,  1  u/2)^  beobachtete  bei  einer 
38jährigen  weiblichen  Person,  die  im  16,  Lebensjahre  Lues  acquirirt 


ICrATilLlieit^n  tle«  Nervenfiyatems. 


165 


Wt«,  MIM»  pl&tsVicli     olme    Bewusstseinsverlast  aufgetretene  Sprach- 

iltog,  bei  der    D&nientlicb  das  Fehlen  der  Verba^  besonders  des  an 

kSdblnaa    des    Sa.tzea     gehörigen  Infinitivs  oder  Particips  auffällt, 

ttmo  irtxrm&g    sie     die     ihr  bei  der  Sprache  fehlenden  Verba  nicht 

ifQiitin  mederxiiÄcKr eiV>en  *     Die   fehlenden  Verba  sind  vornehmlich 

^mgeiiiy    mit    denen    sich  eine  concreto  sinnliche  VorstelJung  ver- 

Üstf  WAB    ganz     d.em    von   Kussmeut   aufgestellten  Gesetze  ent- 

fncbt,  ^dasa   diejenigen  Worte  am  leichtesten  dem  G-edächtniss  ent- 

Nkvioden ,    die   inx    Be^wusatsein  stets  mit  concreten  sinnlichen  Vor- 

Mlmg^n     ver\>Tinden      sind**.      Bereits     7    Tage    später    war    eine 

WeiEiexide  Bes»em,ng    zu  bemerken^  und  am  8,  Tage  war  weder  in 

B|Siehe  Boch   in    Schrift  eine  Abnormität  zu  beobachten. 

Ckoappe,  Aphasie  infolge  von  Wassermangel  im  Ge- 
kirn (deahydx^tnie  cerebrale)  (Gazette  m^dicale  Nr.  30)*  Ein  Mensch 
tunie  nuf  der  Strasse  anscheineiid  schlafend  gefnodeD.  Er  wurde 
Q  einem  Arzte  geschafft.  Wieder  zu  sich  gekommen^  beantwortete 
«r  i&  ihn  gestellte  Fragen  durch  Gesten;  er  war  vollständig  stumm; 
i»ch  ergab  sich  aus  seinen  Mienen,  dass  er  wohl  hören  konnte. 
beitand  ^ollstäiidige  Aphasie,  keine  Spur  von  Hemiplegie.  Auf 
Papier.»  das  der  Kranke  bei  sich  hatte  und  das  ihm  im  Ho* 
qvHil  St.  Antoine  ausgeHtellt  war,  stand;  Polyurie  simple.  Es 
Indulte  sich  also  um  eine  durch  Wassermangel  eingetreten  e  Aphasie. 
Xiti  gab  ihm  ^Wasser  zu  trinken ,  und  er  trank  sofort  2  Liter  und 
koanle  nach   10 — 12  Minuten  wieder  sprechen. 

B.  Sachs,  Multiple  eerebrogpinale  Syphilis  (New  York 
»ed.  Joam.|  19»  Sept.  1891)  tbeilt  sechs  Fäll«  von  cerebrospinaler 
Bypbüis  mit,  einer  Erkrankung,  die  er  für  recht  häufig  hält.  Der 
ijpbilitifiche  Process  ist  am  Gehirn  am  häufigsten  an  der  Basis,  be- 
•Qaders  srwischen  den  PeduncuH  und  in  deren  nächster  Umgebung 
bttUsirt,  seltener  an  der  Convexität.  Im  Rückenmarke  ergreift  der 
BrooesB  mit  Vorliebe  die  Seitenstringe ,  seltener  die  Hinterstränge, 
in  seltenstexi  die  graue  Substanz*  Die  Syphilis  des  Centralnerveo- 
tyviems  ist  oft  durch  eine  ganz  bestimmte  Reihe  von  Symptomen 
Aaiaklerisirt. 


Localisation. 

ft.  In  der  HimriDde. 

Aphasie. 

leroheim,  Beitrag  zum  Studium  der  Aphasie  (Revue  de 
Be,  Mai  1891,  S.  372),  beobachtete  bei  einem  54 jährigen,  früh 


an  Lues  erkrankten  Manne  rechtsseitige  Hemiplegie  und  folgende 
aphatische  Störungen:  1)  anf^nglicli  totale  motomcbe  Aphasie; 
2)  motorifiche  Agraphie;  3)  Seelenbtindheit ;  4)  Worttaubheit  Die 
Section  ergab  einen  alten  embotüehen  Erweichungsherdf  der  fast  die 
ganze  dritte  Stirnwindung ,  dag  untere  Viertel  beider  Centralwin- 
dungen,  die  an  den  Suleus  Holandi  angreazenden  Tbeile  der  oberen 
zwei  Drittel  der  liinteren,  des  obersten  Drittels  der  vorderen  Cen* 
tr&l  Windung  die  ganze  oberste  Schlafen  Windung,  einen  grossen  Tbeil 
der  unteren  Parietalwindung,  die  ganze  Insel,  äussere  Kapsel^  Corpuß 
etriatum  und  den  vorderen  Schenkel  der  inneren  Kapäel  zerstört 
hatte. 

8*  Freud,  Zur  Auffassung  der  Aphasien  (Wien,  Frans 
Deuticke  18^1)»  steUt  aast^&hrLich  die  Entwickelung  der  ge^ammteu 
Apha^ielahre  dar  und  bespricht  die  einzelnen  Formen  der  Aphasie* 
Die  Uuteri$ebeidung  von  Centrum-  und  Leituogsaphasie  ht  zu  ver- 
werfen sowie  femer  die  Trennung  von  Aphasien  und  Amnesien.  Er 
stellt  folgende  drei  Arten  der  Aphasie  auf:  1)  die  verbale  Aphasie, 
2)  die  asymbolische  und  3)  die  agnostische  Aphasie. 

£.  S«  Reynolds,  Bensorische  Aphasie  (Brit,  med.  Journ. 
1891,  28.  November,  8.  1151),  beobachtete  bei  einer  Frau  dauernde 
senBorische  Aphasie,  während  gleichzeitig  entstandene  Lähmung  und 
motorische  Aphasie  bereits  nach  2  Tagen  zarückgingen.  Patientin 
konnte  jedes  Wort  sprechen,  war  aber  worttaub.  Geschriebenes 
und  Gedrucktes  vermochte  sie  nicht  zu  lesen,  auch  die  Benennung 
eines  Buchstabens  nicht  anzugebeo,  also  Wortblindheit^  und  endlich 
bestand  vollständige  Wortamnesie»  Die  Diagnose  wurde  auf  Er- 
weichung  oder  Blutung  in  der  ersten  temporosphenoidalen  Windung 
linkerseits  gestellt,  wodurch  die  Worttaubheit  hervorgerufen  wurde; 
Wortblindheit  und  Wortamneaie  dagegen  sollen  secundär  entstan- 
den sein. 


O.  Berkhan,  Ein  Fall  von  subcorticaler  Alexie  (Wer- 
nicke)  (Archiv  f.  Psych.  Bd.  23,  H.  2),  sah  bei  einem  Bäcker  nach 
einer  Kohienoxj^d Vergiftung  folgende  Sprachstörung:  anfangs  Fehlen 
der  Hauptwörter,  später  häufiges  Verwechseln  derselben.  Nur  ein* 
seine  gedruckte  Bunhstaben  wurden  richtig  gelesen,  und  zwar  erst 
nach  einigen  Secunden.  Beim  Schreiben,  besonders  beim  Abschreiben 
wurden  Buchstaben,  Silben  und  Worte  weggelassen,  oder  an  Stelle 
einzelner  Bachataben  falsche  gesetzt.  Ferner  bestand  ^Schreib*  und 
ßprachstammeln".  Die  Intelligenz  war  intact.  Die  Autopsie  ergab 
einen  haselnussgrossen  Erweichungsherd  am  Gebiet  des  Unken  Gyrua 


Krankheiten  dea  Nei-vensysleme,  j^tjy 

■ipilmrifi ,  der  Rinde  und  Mark  afBcirte ,  sowie  eine  hochgradige 
Sodarterittis  im  Gebiete  der  linken  Artena  fossae  Sylvü,  die  an  einer 
Stdle  gans  obüterirt  war, 

J.  Döj^rine,    Verschiedene  Formen  von  Wortbliodheit 

(Uiai,  de  ia   soc.  de  Biol.,  Februar  18d2)j  UDterscheidüt  zwei  Formen 

rm  AUxie:     1)     c^cit4   verbale    avec   agrapbie,    bestehend   in 

WonbliDdhtfit    tnit   Störung  des  Spontan-  und  Dictatächreibcns;    sie 

Wraht  auf  einer  Xiäüion  des  linken  Gyrns  angularis;  2)  cecit^  ver- 

btle  pare,      bestehend    in    Wortblindheit   mit   mangelhaftem   Ab- 

«tbreiben.      Ale    Heispiel   für   die   Localisation    dieser   zweiten  Form 

Ueelireibi  Ver£.    einen  Fall  mit  Section,    Der  Kranke^  ein  64jährig6r 

Hami,   erkrankte   plotzücb  nach  leichten  Prodromata  an  der  ^c6cit4 

^wWe  pure".    Vier  Jahre  später  trat  unter  apoplektiformen  Erschein 

anngeo    Agrapbie    und    Paraphasie    hinzu.      Die    Section    des    nach 

10  Ta^en  im  Goma  gestorbenen  Patienten  ergab  frische  Erweichungs- 

httd%   im    linken  Lobus  pariet^is  inferior   und    im  Gyni^  angularis, 

4la  Herde   links  im  Caneus,  Gyrus  lingualis  und  fusiformis,  sowohl 

m  der  Spitze  de«  linken  Occipitallappens  und  im  Balken.   Die  cecit^ 

lirbale    pure    erklärt  Verf.    durch   eine    Unterbrechung   der  Verbin- 

iaogsbaliQ    zwischen   den  beiden  Ounei  und  dem  optischen  Sprach- 

«enlnun    im  linken  Gyrus  angularis ,   und  zwar  soll  diese  Uoterbre* 

«hiQg    durch    den  an   der   Spitze  des    Occipitallappeas   befindlichen 

Bcffd  bewirkt  worden  sein. 

IL  A.  Shaw,  Aphasie  und  Taubheit  mit  Schwand  der 
«iitaprecbenden  Rinden  Felder  (Brit.  med,  Journ.,  27*  Febr.), 
toad  bei  einer  Frau^  die  nach  einem  epileptischen  Anfall  nur  noch 
wwolgß  nn verständliche  Worte  hervorbringen  konnte ,  eine  apfel- 
iOieiiruthe  Krweichung  in  den  oberen  und  zum  Theil  mittleren  Tem- 
porotfpbeiioidalwindungen  und  am  Gyius  angularis  sowie  an  den 
obeHi&cblicbeii  Windungeti  der  Insula  HeilrL  An  der  Verbindung 
xvia^en  zweiter  frontaler  und  vorderer  Central  Windung  ebenfalls 
zviugß  Erweichung. 

Beevor  und  fioraley,  Traumatischer  Abscess  im  linken 
Qfrnm  angularift  mit  rechtsseitiger  Hemianopsie  und  Wort- 
liltadhett  aperativ  behandelt  (Brit.  med.  Journ.  1891^  21.  Nov.), 
vMrateD  einen  r2jährigen  Knaben^  der  beim  Reiten  auf  die  linke 
Köplbill^e  gefallen  war  und  8  Wochen  lang  an  heftigem  Kopf- 
aJiBiiiifT,  Uebelkett,  Bewusstlosigkeit  nnd  Krämpfen  gelitten  hatte; 
<;  Woeb^D    nach   dem   Trauma   trat  ErbUndung   bei  Neuritis  optica 


Hi^ 


SeeligmülJer. 


beiderseits  ein  sowie  rechts  Hemianopeiei  Trepanation  und  Ocßfnuiig 
eines  Abscesses,  der  am  oberen  Theil  des  Gyras  angularis  ußd  an 
der  Oberfläche  des  Lobus  occipitalis  seinen  Sitz  hat.  Nach  der 
Operation  besteht  Wortbiindheit  Nach  anfänglichem  WohlbefiiideD 
bildet  sich  eine  Hemia  cerebri.  Nach  einigen  Monaten  Exitus.  Im 
Innern  der  Hemiaphäref  von  der  Hernia  ausgebend,  Endet  man  eine 
bedeutende  Erweichung. 

E,  L^yden,  Ueber  die  hemtopische  Fapillenreaction 
Wnrnickt>'ii  (hemi  epische  Pupille  na  tarre)  (Deutsche  medicin. 
Wochcmucihr.  Nr,  1,  8.  3),  gibt  die  erste  Beobachtung,  welche  die 
Hichtigkeit  d*>r  von  Wernicke  aufgestellten  bemiopiscben  Pupiüen- 
raieibfi  durch  diu  Beotion  beweist  Der  ReÖexbogen  zwischen  der  Betina 
Qfld  dircn  \rmMi«  thn  Oculoinotonua  reicht  nur  bis  zu  den  Vierbügeha; 
JMK#r  Tnutifin  Ut^nyii  innnitil  mit  einem  reßexvermittehiden  Centrum 
Ifl  dtr»  Vk#fitf)f(i»ln  i«uii(imitifitif  und  zweitens  mit  einer  Leitungsbahn, 
wulisti«  diiv  lilobfAtnpfirMlufig  tut  llirtHinde,  zum  Occipital läppen  leitet. 
Li#gt  dulmr  bi))  Utfwtitiyim^r  IlMiriiiinöjjäit?  die  Unterbrecbung  vor  den 
Vi#rlittgi»lirf  mi  iNt  dvrr  lUiflcnbugon  zur  Iris  zerstört,  der  Pupillarrefler 
muiii  atüo  für  die  Lieh iMtraf den  auHbluibeUi  welche  die  unempfind- 
llcbi^  lUttiuthillfte  triiffuti;  li4'gt  hI*^  hinter  den  Vierhügeln,  so  ist  der 
liifllitA  urbnltont  Leyden  bijobacbtete  dieses  Symptom  bei  einer  an 
H<»iiiip(t»Kia  «inintra  mit  Uemifmopsia  homonyma  siniatra  erkrankten 
Fritij^  uitd  rlie  Autopsie  ergab  im  rechten  Linsenkern  einen  spindel- 
fl^rmigeu  Rrweichungaherd,  welclier  sich  bis  in  den  Hirnschenkel 
binain  «rstreekte   und   den  Tr actus  opticus  zum  Theil  mitergri^Fen 


W*  Zinn,  Das  Rindenfeld  des  Auges  in  seinen  Be- 
«iahungen  zu  den  primären  Opticuscentren  (München,  med» 
Wucheudchr.  Nr.  28  und  29,  19.  Juli  1892),  kommt  zu  folgendem 
HchlusMsatz  durch  Beobachtung  eines  Falles  von  Erkrankung  des 
Ocoipitalhirneä :  „In  einem  relativ  reinen  Falle  von  Erkrankung  des 
Occipitalhirnes  wird  ein  degenerativer  Process  in  den  primluren 
Opticuscentren  und  im  Tractua  opticus  derselben  Seite  nachgewiesen, 
während  in  den  übrigen  Theilen  des  Gehirns  ähnliche  Veränderungen 
fehlen*  Es  kann  also  diese  Entartung  in  den  primären  Opticus- 
ganglien  und  im  Tractus  opticus  nur  durch  Läsion  des  Hinterhaupts- 
lappens  bedingt  sein ,  und  ist  damit  durch  eine  neue  Beobachtung 
bewiesen,  dass  das  Rindenfeld  des  Auges  und  die  primären  Opticus- 
^xen  in  einer  engen  nutritiven  Eelatiou  stehen. "^ 


Krankheiten  des  NerTensyslemF. 


169 


b.  Im  übrigen  ßelürti. 

B.  Lange,  Inwieweit  sind  die  Symptome,  welche  ii&ch 
Zerstörung  des  Kleinhirns  beobachtet  werden^  auf  Ver- 
letzuDgen  des  Aeusticus  zurückzuführen?  (Pflüger^s  Archiv 
Bd.  55,  H.  11  u.  12)  hat  bei  einer  Anzahl  von  Taubeo  das  Klein- 
hirn in  bedeutendem  Umfaoge  exstirpirt.  Als  dauerndes  Symptom 
ergab  sich  darnach  schwankenderi  unsicherer  Gang;  ferner  stellten 
sich  nach  der  Operation  ein;  unwillkürliche  krampfhafte  Streckungen 
der  Zehen  und  Beine,  leichter  Intentionatremor  beim  Freasen,  hellere 
Färbung  and  flüflsige  Natur  der  Excremente,  Störungen  des  Gleich- 
gewichts wie  nach  Labyrintlioperationen  traten  nicht  auf.  Bei  den 
operirten  Thieren  nahm  Lange  nach  einiger  Zeit  die  Exstirpation 
des  Labyrinthes  und  Plombirutig  der  Bogengänge  vor.  Die  Stö- 
rungeD  waren  in  diesem  Falle  ganz  dieselben,  wie  sie  schon  von 
Ewald  beschrieben  worden  waren,  nur  mit  dem  Unterschied,  dass  sie 
früher  und  heftiger  aul*traten  und  sich  weniger  oder  gar  nicht  zu- 
rückbildeten. Ans  diesen  Versuchen  sohliesat  Verf.,  daes  mau  zwi- 
schen Kleinhirn-  und  Labyrinth  Symptomen  streng  unterscheiden 
müsse. 

H.  Chiari,  Ueher  Veränderungen  des  Kleinhirns  in- 
folge von  Hydrocephalie  des  Grosahirna  (Deutsche  medicin. 
Wochenachr,  Nr»  42,  1891),  stellt  drei  Typen  von  Veränderungen  des 
KJeiohims  bei  Hydrocephalus  des  Grosshirns  auf:  1)  Verlängerung 
der  Tonsillen  und  der  medialen  Theile  der  Lobi  inferiores  des  Klein- 
himB  zu  zapfenförmigen  Fortsätzen,  welche  in  den  Wirbelkanal 
hineinragen.  2)  Verschiebung  des  Pons  und  der  WeduÜa  oblongata 
nach  unten  und  Verlagerung  von  Theilen  des  Kleinhirns  in  den  er- 
weiterten Wirbelkanal.  3)  Verdrängung  des  Kleinhirns  durch  das 
Foramen  occipitale  gegen  die  Wirbelsäule  zu.  In  dem  vom  Verf. 
beobachteten  Falle  war  das  ganze  Kleinhirn  in  eine  Spina  bifida 
cervicalia  eingelagert;  letztere  wurde  operirt  und  als  Hydromyocele 
cervicalis  angesprochen.  Erst  die  Autopsie  ergab,  dass  die  bei  der 
Operation  abgetragene  Blase  das  Kleinhirn  gewesen  war.  Der  Pons 
lag  zum  Theil,  die  Oblongata  ganz  im  Wirbel kanal. 

Ph.  Coombs  Knapp,  Ueher  Pathologie,  Diagnose  und 
Behandlung  intracranieller  Geschwülste  (Boston  1891),  gibt 
zunächst  eine  Uebersicht  unserer  Kenntnisse  von  der  Aetiologie, 
Pathologie  und  Symptomatologie  der  Hirntumoren  und  schliesst 
daran  eine  Besprechung  von  40  Fällen  von  Hirntumor  an.  Es  wer- 
den nur  Fälle  mit  tödtlichem  Ausgang  gebracht,   und  jedesmal  dbaa. 


170 


Steligmüiier. 


SectionsargebniäB  beigefügt.  Therapeutisäch  empfiehlt  Verf.  bei  Tu- 
tnoreD ,  die  bestimmt  oder  wabrBcbeiuIieb  sypbilitiscber  Natur  sind^ 
eine  energiöcbe  t^peciiische  Cur.  Neben  Quecksilber  aucb  Jodkali 
in  starken  Dosen  begionend  mit  0  g  pro  die  und  ansteigeiid  bia  auf 
18—20  g.  Zum  ScbliiBS  bespricht  Verf;  die  Indicationeo  ftir  einen 
operativen  Eiucrriff  bei  Hirngeschwülateö. 

Giese,  Zur  Casuistik  der  Balkentumoren  (Archiv  f. 
PtsycL  u.  Nervenkr,  Bd,  23,  H.  B),  theilt  KrankeDgeschicbte  und 
Sectionsbericht  eines  53jährigen  Patienten  mit,  der  mit  einem  apo- 
plekti formen  Anfall  erkrankte,  dazu  kamen  epilepti forme  Anfälle,  die 
im  recbten  Arm  und  Böin  begannen,  dazu  Kopfschmerz,  Erbrechen, 
Paraparesen  und  Somnolenz.  Nach  monatelang  vorhandener  Ötauung 
in  den  Betinalge fassen  entwickelte  sich  Stauungspapille.  Nach  8 
bis  9  Monaten  trat  unter  Zunahme  der  Paresen,  rechtsaeitiger  Hemi- 
contra ctur,  Sopor  der  Tod  ein.  Die  Autopsie  ergab  ein  GHosarkoin 
am  hinteren  Balkenende,  das  theil weise  in  den  rechten  Qccipitallappen 
gewuchert  war*  Die  untere  Fläche  druckte  auf  den  Vierhiigeli  die 
hintere  auf  das  Kleinhirn. 

V.  Wunschheim,  Ueber  einen  Fall  von  primärem  Car- 
cinom  in  der  Rautengrube  (Prag.  med.  Woch.  Bd.  16,  Nr.  29, 
1891),  beubachtete  in  einem  Falle  von  wallnussgrosöem  carcinomatööem 
Tumor  im  vierten  Veotrikel,  der  nach  oben  bis  zum  Calamus  scriptorias, 
nach  vorne  bis  zu  den  Foveae  aeterioras  reichte,  folgende  Symptome: 
Schmerzen  am  Hinterkopfe  ^  Bruätac  hm  erzen  und  Breclireiz,  zu* 
nehmende  Schwäche  in  den  Gliedern,  ferner  Fussclonus,  ferner 
Seh merzan fälle  im  Nacken  mit  steifem  Kopf,  Reientio  urinae  und 
5  Tage  vor  dem  Tode  unstillbaren  Singaltus. 


C.  Eisenlohr,  Beiträge  zur  Hirnlocaliaation  (D^Zeitschr.  f. 
Nervenh.  Bd.  1,  H.  5  u.  6,  S.  888,  1891),  fand  bei  einem  67jähngen 
Patienten,  der  seit  einem  Jahre  an  Heiserkeit  und  Incontinentia  urinae 
sowie  Schwäche  in  den  Beinen  litt,  dabei  psycbisch  ein  abnormes 
Verhalten  zeigte,  folgenden  Befund :  Parese  der  meisten  Beinmuskeln 
mit  Spasmen  in  den  Oberechenkeln,  geringe  Schwäche  der  Arme. 
Absolute  Aphonie:  linkes  Stimmband  absolut  unbeweglich,  rechtes 
nur  in  geringem  Grade  beweglich.  Krampfhafte  Thätigkeit  der 
mimischen  Muskeln.  Die  Autopsie  ergab  Erweichungsherde  im  rechten 
Streifenhügel  nnd  im  Mark  des  Gyrus  angularis;  stecknadelkopfgi'osse 
Erweichungen  im  vorderen  Schenkel  der  inneren  Kapsel  und  am 
dritten  Gliede  des  Linsenkernes,  am  HintA^rhauptlappen  oberhalb  der 
Decke    de«    Hinterhinis    eine    grosse   Verfärbung    ohne    Consistenz- 


ad^runs.  Beide  Tbalanii  optici  im  Pulvinar  erweicht  und  dunkel- 
^onroth  gefärbt.  l'jTamidenböiidel  in  der  Oblongata  nnd  im  Föns 
gma  verfärbt,  graue  Substanz  am  Boden  des  vierten  VentrikeJß  braun- 
lotb  and  eiDgesunken,  Beide  Hinterstrange  im  Rückenmark  grau 
fit&rbt^   Pyramiden babneD  massig  degener irt. 

Markow»kt,  Zur  Casuistik  der  HerderkrankuugeD  der 

BriÄcke     (Archiv   f    Pöych.   u,    Nervenkr.    Bd.  23,   H.  2,   S,   367), 

bwilMichtete  folgeaden^  einen  Gegenbeweis  gegen  die  Ansicht  Kuss- 

naaTi»    and    Wernicke^s,    dass    die   sog.   Spracbbahn    nur   in   der 

üllkeill  fir&cke  lierab^iebe,   darstellenden  Fall.     Eine  52jftbrige  Frau 

«knuikte    mit   Schwindel   und    erwachte   nach    kurzem   Schlafe   mit 

Lfcbmiiii^  des  rechten  Armes  und  Beines,  sowie  Verlust  der  Sprache. 

Die  14  Tage  später  vorgenommene  Untersuchung  ergab:  Parese  des 

Facialis  rechts,  Zunge  nach  links  abweicbendi  rechte  obere  und  untere 

Extremität^  sowie  die  Schultermuskeln  ausser  Cucultaris  und  Ehomboi- 

demi,  ferner  Scaleni  and  rechter  Sternocleides  vollständig  gelähmt.  Vier 

Wochen  spater  Sprachstörung  und  Schluckbeschwerden,  2^^  Monate 

ipiter  Tod  durch  Schiuckpneumonie.    Die  Autopsie  ergab  zwei  Er- 

veicbangsherde   in  der  Brücke;   der  eine  sass  linkt»,    begann  in  der 

Hdbe  des  umbiegenden  Facialisschenkeis  und  zog  sich  in  einer  Breite 

von  6 — 7  tum  durch  die  ganze  Brücke.    Der  zweite  Herd  sass  rechts 

begann  an  der  AustrittssteUe  der  obersten  Trigeminuswurzebp  hatte 

•eine  grösste  Ausdehnung  in  der  Höhe   der  Hindearmkreuzung,   wo- 

•ieli    der  Herd   durch   die   ganze  Brücke   von   der  Schleife   bis   zur 

QMitraUn  OherÜäche  erstreckte.   Ausserdem  sassen  noch  zwei  kk^ne 

Htf^e   in   der   rechten  Brückenhälite.     Der  Sectionsbefund   erklärte 

▼otikommen   die  Symptome;   die   Erscheinungen   des   ersten  Anfalls 

worden  durch  den  linki^seitigen ,   die  des  zweiten  durch  den  rechts- 

•eittgen  Herd   erklärt.     Die  Sprachstörungen   traten    bei   schon   zer- 

stftrter    linker    BrückenbäUte    erst    durch    die    Läsion    der    rechten 

Hllfte  auf. 


I 

I 


S.  Auerbach,  üeber  einen  Fall  von  Hemiplegia  oere*- 
braiis  nach  Diphtherie  (D*  med.  Wochenscbr.  Nr.  8,  S*  165), 
beobachtete  eine  Hemiplegie  bei  einem  7jährigen  an  Rachendiphtherie 
«krankten  Mädchen,  in  deren  Verlauf  sich  eine  Nephritis  einstellte. 
Am  20.  Tage  nach  dem  Erscheinen  der  Diphtheiie,  am  8.  nach  dem* 
}$mgtn  der  Nephritis,  traten  clonisch -tonische  Krämpfe,  Benommen- 
kmt  auf,  um  folgenden  Tage  Lähmung  des  rechten  unteren  Facialis, 
Uvula  nach  rechts,  Lähmung  der  linken  Körperseite,  Pateüarreflexe 

Baaobdeckenrt^Üexe    beiderseits    erloschen,     Aphasieartige   Er- 


172 


SccIigmiUler. 


echweriing  der  Sprache,  Verf.  nimmt  zur  Erklärung  der  Sym- 
ptome eine  Blutung  in  die  vorderen  zwei  Drittel  des  hinteren 
Schenkels  der  Gapeula  interna  an.  (Sollten  die  Himsymptome  nicht 
emboliachen  oder  urämischen  Ursprungs  seiu?  Ref.) 

Bouvaret  nnd  Chapotot^  Monoculäre  Diplopie  in  einem 
Falle  von  Tuberkel  der  Pedunculi  cerebri  (Revue  de  m<Sd. 
Nr.  9,  S.  728),  beobachtete  einen  Fall  von  Diplopia  monoctilaris,  durch 
den  die  Theorie  Pariusud's  über  die  Entstehung  der  Doppelbilder 
bestätigt  wird,  Diese  Theorie  sagt,  dass  die  Doppelbilder  durch 
Spasmus  des  Accommodationsmuskels  zu  Stande  kommen.  Die  Linse 
besteht  aus  drei  Segmenteo,  deren  jedes  ein  besonderes  Bild  auf  der 
Retina  entstehen  lässt.  Im  normalen  Zustande  bewirkt  die  Accommo- 
dation,  dass  diese  Bilder  zu  einem  einzigen  verschmelzen,  Ist  die 
Accommodation  aber  gestört,  so  tritt  diese  Verschmelzung  nicht 
mehr  ein.  Der  22jährige  Patient  erkrankte  an  Hemiplegia  sinistra 
mit  Kopfschmerzen,  Sehstörungen  und  Erbrechen.  Auch  die  Sensi- 
bilität links  ist  gestört.  Alle  Bewegungen  des  linken  Auges  sind 
behindert,  die  linke  Pupille  ist  grösser  als  die  rechte.  Der  Kranke 
sah  hei  geschlossenem  rechtem  Auge  links  Doppelbilder.  Beiderseits 
beginnende  Neuritis  optica.  Im  weiteren  Verlaufe  convulsive  Anfalle, 
üebergehen  der  Lähmung  auf  die  rechte  Seite.  Tod,  Die  Autopsie 
ergab  einen  kleinen  käsigen  Herd  am  Fusse  der  zweiten  Hirnwin- 
dung an  der  Vereinigiingsstelle  von  grauer  und  weisser  Substanz, 
sowie  käsige  Herde  in  beiden  Hirnschenkeln.  Der  rechtsseitige  Herd 
erstreckte  sich  bis  zum  hinteren  Ende  der  grauen  Säule  des  dritten 
Hirnnerveni  also  bis  zum  Accommodation scentr um.  Verff.  schliessen: 
Es  gibt  eine  Diplopia  monocularia  nuclearen  Ursprungs,  und  diese 
Diplopie  kann  durch  eine  organische  Läsion  bedingt  sein, 

Moritz,  Gerebellare  Ataxie  und  Gesichtsfeldamblyopie 
nach  einer  Kopfverletzung  (D.  Archiv  f,  klin»  Med.  S,  4?2). 
Bei  einem  durch  Aulfalleu  eines  grossen  Steines  auf  den  Hinterkopf, 
durch  den  ein  Knochenbruch  hervorgerufen  wurde,  verletzten 
19jährigen  Arbeiter  stellte  sich  circa  einen  Monat  später ^  nachdem  die 
Wunde  reacticnslos  geheilt  war,  Schwindel  beim  Gehen  und  scblecht^s 
Sehen  ein,  die  beide  zunahmen.  Ein  Jahr  später  bestanden  folgende 
Erscheinungen :  zeitweilige  heftige  Kopfschmerzen^  schlechtes  Sehen, 
Schwindelgefühlj  Urjöicherhcit  beim  Gehen  und  Stehen,  Am  Augen - 
hintergrund  nichts  Äbtiormes,  Gesichtsfeld  für  Weiss  und  Farben 
stark  eingeengt;  Asthenopie.  Hochgradige  Coordinationastörung  nm^ 
bei  aufrechter  Hallung  des  Kranken.     Patellarreflexe   fehlen  beider- 


Krank  bei  ten  des  NerTensystems. 


173 


Tollkommeo.  Dabei  bewegten  sich  vor  den  Patienten  gehaltene 
Osgenstände  scheinbar  im  Sinne  des  Uhrzeigers.  Da  nach  mehr- 
vtehentlicher  Beobachtang  eine  Besserung  nicht  eintrat,  wurde  an 
aar  BtAUe»  wo  das  Trauma  stattgefunden  hatte  ^  die  Trepanation 
Torgonomnien»  Bieeelbe  ergab  keinerlei  Störung  an  der  Hirn  Oberfläche 
«Js  esBO  narbige  Verdickung  der  Dura.  Eine  Besserung  wurde  durch 
dkadbe  nicht  herbeigeführt,  ausser  dass  die  scheinbare  Eotations- 
bew^gung  der  Gegenstände  verschwand.  Sechs  Monate  später  war 
«ine  Besserung  eingetreten.  Das  Taumeln  beim  Gehen  hatte  abge- 
nominell*  Verf.  nimmt  al^^  Ursacbe  der  Erscheinungen  eine  Läsion 
dee  Kleinhirnes  an. 

Williamson,  öeröse  Cysten  im  Cerebellum  (American 
Joamal  of  the  med,  seien ces,  August  1892).  Im  Kleinhirn  werden 
xaweilen  Cysten  beobachtet,  deren  Unterscheidung  von  einem  Tumor 
oft  sehr  schwierig  ist.  Verf.  beobachtete  zwei  Fälle,  bei  denen  die 
lukroekopische  Untersuchung  ergab,  dass  es  sich  um  einfache  seröse 
Cysten  handelte.  Häufig  handelt  es  sich  bei  den  serösen  Cysten  um 
TooioreD,  bei  denen  eine  so  starke  cystisehe  Degeneration  aufgetreten 
iel^  dass  das  ganze  Tumorgewebe  verschwunden  ist,  oder  nur  ganz 
mimmale  Reste  davon  übrig  bleiben,  wie  in  einem  der  beiden  Fälle 
des  Terf,,  bei  welchem  die  mikroskopische  Untersuchung  in  der 
_WaiidQOg  einen  ganz  kleinen  Fleck  einer  Neubildung  erkennen  Hess. 
ae  Differentialdiagnose  zwischen  Tumor  und  Cyste  des  Kleinhirns 
unmöglich.  Uebrigens  ist  die  cystische  Begenm'ation  bei  Tu- 
9reti  des  Kleinhirns  häutiger  als  bei  solchen  in  anderen  Hirnpartien. 
Die  operative  Behandlung  der  Kleinhimtumoren  weist  bis  jetzt 
keine  Erfolge  auf,  Verf.  meint^  dass  man  vielleicbt  bei  bestehenden 
Symptomen  von  Kleinhirntumor  trepaniren  und  mit  einer  feinen 
Nadel  punctiren  könne  ^  um  im  Falle  dass  es  sich  um  eine  Cyste 
adelt,  helfen  zu  können. 

C,  Mayer,  Verschluss  des  vierten  Ventrikels  mit 
^osseoativem  Hydrocephalus  als  Ausgang  acuter  Menin- 
(ilis  (Wiener  klin,  Wochenschr,,  7.  Juli  1891),  beobachtete  bei  einem 
rigen  Manne,  der  im  15,  Lebensjahre  eine  scheinbar  eine  acute 
;itis  darstellende  Erkrankung  durchgemacht  hatte  und  seitdem 
'Unfig  an  Kopf-  und  Nackenschmerzen,  Auftreten  von  Krbrecbon, 
PaiMtliesien,  Schwäche  und  motorischen  Reizerscheinungen  an  der 
lixiken  Hand  litt,  eine  Steigerung  dieser  Erscheinungen,  Schwindel- 
aad  Ohnmachtsanfiille,  Stauungspapille»  Taubheit  des  linken  Ohres; 
üemer  Blaeenschwäche,  Fehlen  der  Patellarreflexe,  Parese  der  unteren 


174 


SeelJgmöller, 


KxtremiUtenj  sensible  and  motorisebe  Reizerscheinungen  aa  den 
Eztremititen  und  nach  ii]ODate]aDgar  Somnolenz  Exitus  letalis* 
SectionBbefund:  Vom  Ependym  der  Eauteugrube  ausgeheede  Neu- 
bilduDg,  die  mit  der  Tela  cLorioiden,  dem  Wurme  dea  Kieinbirns 
and  den  Seitenwändeo  des  vierten  Ventrikels  verwachsen ^  nur  dessen 
caudalöten  und  cerebralsten  Abscbnitt  frei  laysit,  den  übrigen  Rauni 
de»  vierten  Ventrikels  jedoch  fast  vollkommen  austullt  uüd  als  ein- 
zige Gommunication  zwischen  Aquaeductus  Sylvii  und  Eoramen 
Magendii  (oberhalb  dessen  die  Neubildung  liegt)  einen  streck enweiae 
capillaren  Kanal  übrig  lässt.  Dieses  neugebildete  Gewebe  erweiet 
sich  dem  histologischen  Charakter  nach  als  entzündlichen  Ursprungs, 
als  bindegewebige  Schwiele  mit  einge^iprengten  frischeren  Ent- 
zündungsherden. Chronisch  entzündliche  Veränderungen  finden  sich 
ferner  an  den  weichen  Häuten  der  HirnbaHisi  an  Oblongata  und  Klein- 
hirn^ am  liiiken  Acusticus,  an  der  Tela  chcrioidea  des  vierten  Ventrikels, 
in  besonders  intensiver  Auöbildung  an  der  Arachnoidea  spinalis. 


Zinn,  Exophthalmus  und  Thrombose  der  Hirnsinus 
(Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  26  u,  28).  Die  Diagnose  eines  durch 
Thrombose  der  Orbital venen  hervorgerufenen  Exophthalmus  isst  zu 
ßtelleu,  wenn  die  Erscheinungen  von  Phlebitis  im  Gesicht  eich  ein- 
gteilen,  die  Venen  der  Stirn  und  Schläfe  in  harte  Stränge  verwandelt 
sind,  Schreitet  diese  Thrombophlebitis  auf  die  Sinus  cavernosi  fort, 
so  treten  noch  die  Symptome  der  Sintistbrombose  und  Meningitis 
hinzu.  Eine  Thrombosirang  der  Sinus  cavernosi  ist  daher  anzu- 
nehmen, wenn  s#chwere  Hirn  erschein  ungen  auftreten,  und  wenn  sich 
auch  Exophthalmus  der  anderen  Seite  entwickelt.  Dieselbe  Be- 
deuUmg  für  die  Thrombosirung  der  Sinus  cavernosi  hat  ey,  wenn 
umgekehrt  zu  cerebralen  Erscheinungen  Exophthalmus  hinzutritt. 
Die  cerebralen  Erscheinungen  geben  eiu  Wechsel  volles  Bild*  Meist 
treten  zuerst  Kopfschmerzen  auf,  Uebelkeit  und  Erbrechen,  Dazu 
kommen  bei  remittirendem  Fieber  andere  motorische  und  sensible 
Störungen  —  Reizerscheinungen,  Gontracturen,  clonische  Zuckungen, 
Hyperalgesien  oder  Paresen,  Paralysen  oder  beides  in  Abwechslung. 
Psychisch  besteht  Depressionazustand,  der  in  Ooma  übergeht,  oder 
dem  Sopor  gehen  Delirien  vorher.  Bei  dem  von  Verf.  beobachteten 
Falle  handelte  es  sich  *jm  eine  46jährige  Frau,  bei  der  neben  ge- 
ringem Com«,  Schmerzen  im  Kopf,  Steifigkeit  des  Nackens  und  er- 
höhter Temperatur  linksseitiger  hochgradiger  Exophthalmus  bestand 
mit  starker  Schwellung  und  Rothting  der  Lider  und  ihrer  Umgebung. 
Rechts   geringerer    Exophthalmus.      Die   2   Tage   nach   der    Unter- 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


175 


wuhtmg  zu  machende  Autopsie  ergab:  Thrombophlebitis  venarum 
nkxobnlbariain  lateriß  siDistri  ex  empyemate  sinus  frontalis  sub- 
«^oente  phlebitide  sinus  cavemosi  utriusque;  Pachymeningitia  et 
Mc&ingttis  purulenta  circumscripta*  Septicaemia;  Encephalitis  ob- 
iakta  ad  apioem  gyri  centralis  sinlstri. 


2.  Krankhi'iteii  des  rerlängerten  Marks. 

^ena'or,  Ein  Fall  von  Biilbärlähmuiig  ohEe  anatomi- 
icken  Befund  (Neurol  Centialbl.  Bd,  6,  S.  168),  beobachtete 
«Ben  FaU,  der  die  Erscheinungen  der  apoplektischen  Bulbörlähmung 
bot,  LähmoQg  beider  Faciales,  Vagi  und  Hvpoglossi  sowie  recbts- 
»sitige  Hemiplegie,  doch  fehlten  Sensibilitätsstörungen.  Der  Sections- 
Wuid  gab  keine  Aufklärung  über  den  Sitz  der  Erkrankung,  doch 
wurde  mir  makroskopisch,  nicht  mikroskopisch  untersuciit, 

H  op  p  e- Sey  ler,  üeber  Erkrankung  der  Medulla 
^bloQgata  im  Kindesalter  (D,  Zeitschr,  f,  Nervenh.  Bd,  2,  H,  2 
Qt  3^,  6ah  bei  einem  14jährigen  Mädchen  Lähmung  des  Gesichts  uud 
der  ZuDge,  Verlust  der  Sprache,  Erschwerung  des  Schluckens  und 
ttirke  Speichelabsonderung.  Die  Erscheinungen  sollen  im  Auächluss 
IB  Krämpfe  aufgetreten  sein ,  die  das  Mädchen  im  3. — 4«  Lebens- 
jahre durchmachte  und  die  8  Tag©  anhielteu,  Nach  Verf.  handelte 
IS  sieh  um  eine  abgelaufene  PoliomyeHtis  der  Bulbärkerne.  Nach 
isr  .Äjnwendung  des  faradischen  Stromes  und  Sprach  Übungen  besserte 
mek  der  Zustand.  Im  Anschlusa  an  diesen  Fall  beschreibt  Verf.  noch 
•bta  Fall  von  angeborener  Lähmung  bulbärer  Nerven.  Das  zur  Zeit 
Itr  Untersuchung  5jährige  Mädchen  kann  seit  der  Geburt  das  Gesicht 
aidit  bewegen.  Hier  soU  eine  intrauterine  ErkraiikuDg  eines  Theites 
im  Faciabskerne  vorliegen.  Später  kam  noch  eine  Poliomyelitis 
anterior  binsu. 

Tootb  und  Turner,  Ein  Fall  von  ßuibärparalyse  mit 
Eemerkangen  über  den  Ursprung  einzeln  er  Schädelnerven 
Brato,  Winterabschnitt  1891),  geben  die  genaue  anatomische  Unter- 
Mcliong  eines  Falles  von  unterer  Bulbärparalyse  mit  spinaler  Muskel- 
itropbte.  Besonders  wichtig  sind  folgende  Punkte:  Die  Faciaiiskerne 
»wiB  der  erste  Theil  des  intrameduilären  Verlaufes  der  Facialis- 
varzelDf  ^^^  Facialisknie,  waren  ganz  atrophisch,  degegen  enthielt 
4m  aufitretende  Theil  des  Facialis  wieder  gesunde  Fasern.  Diese 
^if»*i  aach  den  Verff.  von  den  unteren  Partien  des  Oculomotorius- 
kmee  berkommen.  Ferner  waren  derjenige  untere  Theil  des  Haupt- 
ügaskemes,    der  als  Kern  des  Accessorius   vagi  augesehen  wird, 


176 


Se«ligmüller. 


und  der  Kucleus  aiDbigauä  intact;  da  aber  dennocli  Parese  dea 
weichen  Gaumeos  und  ÄbductorenläkmiiQg  der  Stimmbänder  bestand, 
fio  Dehmen  dl€  VqtÜ\  an^  dass  die  betreffenden  Acoessorins fasern  aas 
dem  Hypogloäöuskern  kommen. 

MöbiuSi  Ueber  infantilen  Kernechwnnd  (Münchener 
med,  WochenBcbn  Bd,  39,  Nr.  2,  3  u,  4),  faeat  unter  der  Beaseicbnung 
diejenigen  Fälle  sueammeiij  in  denen  angeborene  oder  in  der  Kind- 
heit langsam  entstehende  und  z\jl  einem  stationären  Zustande  führende 
Augenmuskellähmungen  beobachtet  werden.  Dieselben  sollen  mit 
Wahrscheinlichkeit  auf  einen  primären  Kernschwund  zurückzufahren 
sein.  Verf,  theilt  46  Fälle  mit,  die  theils  aus  der  Litteratur  zu- 
aamm  enges  teilt ,  theila  von  ihm  neu  beobachtet  eiud.  Die  Augen- 
muskdllähmungen  sind  beim  infantilen  Kernschwund  alle  exteriore; 
die  vollständigste  Form  ist  die  Ophthalmoplegia  exterior  bilateralis 
totalis.  Bei  der  vollständigen  Porm^  sowie  bei  der  doppelseitigen 
angeborenen  Externaslähmung  hat  man  Schwund  der  Gesicbtsmuskeln 
beobachtet.     Sensibilitätsatörtingen  fehlen  immer. 

Th.  V.  Schröder,  Drei  Fälle  von  primärer  einseitiger 
intracrunieller  traumatiBcher  A  bducenelähmung  infolge 
von  Basisfractur  (Petersb-  med.  Wo  eben  8  ehr.  ^  N*  F.  Bd.  8, 
Nn  44,  1891),  beschreibt  zwei  Fälle  von  Abducenslähmang,  die  sofort 
nach  einem  Falle  auf  den  Hinterkopf  aufgetreten  und  wahrscheinlich 
durch  einen  Querbrach  der  Felsenbeioapitze  verursacht  war,  sowie 
im  A lisch luss  daran  einen  dritten  Fall  derselben  Lähmung  nach  einer 
durch  Sturz  herbeigeführten  seitlichen  Oompression  des  Schädels, 
In  diesem  Falle  bestanden  neben  der  Abducenslähmung  noch  Har- 
sch wache  und  Trigeminusparäatheaie  derselben  Seite.  Hier  nimmt 
Verf.  einen  transversalen  Baaisbruch  als  Ursache  au. 


I 


C  Eiseniohr»  Ueber  Abscesse  in  der  Meduila  oblon- 
gata  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  6,  8.  111),  sah  zwei  Fälle 
dieser  Affection.  In  dem  einen  Falle  trat  im  Anschluss  an  Em- 
pyem nnd  Bippenabscess  Parese  des  linken  Armes  und  Beines 
mit  Herabsetzung  der  Sensibilität  am  linken  Vorderarm  und  an 
der  linken  Hand  auf.  Einige  Tage  später  stellten  sich  auch  Parese 
der  rechten  Extremitäten,  SensibilitätsHtorungen  am  linken  Bein  und 
Lähmung  der  Bauchmuskeln  ein ,  die  linke  Pupille  war  weiter  als 
die  rechte.  Die  Autopsie  ergab  einen  erbsengrossen  Abscess  zwischen 
Oliven  und  OberEäche  des  vierten  Ventrikels.  Die  Eiterung  erstreckte 
sich  nach  unten  bis  zur  «weiten  HalswurzeL     In  dem  zweiten  Falle 


RnuiltlmleB  des  ütrwtmsy^^cm^. 


177 


tnXen  lofc  Verlaufe  einer  Cerabrotspiiiftlaidfiiiigitia  Besomaanlidity 
8|AEiiiuii|(  dar  Beinmoa^keln,  aügeiii^iie  Hjrpenlgoeie  moft  dam  links 
iMicble  F&cialispareae.  Nach  einigen  Tagon  ipikptifQfmd  Krämfife 
«id  Strabismus  di^ergens.  Bei  der  Sedioit  fiuid  Dan  ein  fixradai 
ia  der  unteren  Kleinhirn fl&che  ond  Bf€eke,  dowie  eüiea  Ahncicii 
ia  der  Höbe  der  Vierbügel 


3.  Riekenairfc. 
Allgemeine  t. 


^HhRSiiL  Nr,  G),  beobachtete  eine  Eeihe  von  £rkr&nkungan  bei 
sf pliilitiBclieG  Individuen ,  die  ihrem  Symptombüde  nach  aU  Myelitis 
traasveräa  zu  diagnosticiren  waren,  sich  aber  noch  dorch  bestimmte 
Etgentbümllchkeiten  charakterisirten,  so  dass  es  berechtigt  erschien^ 
dieselben  als  selbständige  klinische  Krankheitsform  au  betrachten* 
Die  8ymptome  sind:  spastische  SpiiiallahmuDg,  gesteigerte  SeKnen- 
rsAexe,  aber  uar  geringe  Mtiskelspanoaug,  Bethetligung  der  Blase, 
nur  geringe  Störang  der  Sensibilität.  Die  obere  Körperhälfte  bleibt 
hm*  Der  Beginn  ist  ein  allmählicher^  der  Verlauf  aeigt  bei  energischer 
«peetfischer  Cur  eine  Tendenz  ssur  Besserung.  Wahrscheinlich  handelt 
ee  aicb  um  eine  partielle  Querschnittsläsion  im  Dorsalmark,  dorch 
wddii»  die  hinteren  Hälften  der  Seitenatrange,  die  grauen  Hinter* 
sänlen  und  die  weissen  fiLinterstränge  afdcirt  sind.  Erb  schlägt  fär 
das  Leiden  die  Bezeichnung  ^syphilitische  Spinalparalyse^  vor. 

IMuchin,  Paralysis  spinalis  syphilitica  (Erb)  (Centralbl. 
|.  Nervenheilk.  Bd.  15,  8.  201),  theüt  mit,  dass  er  in  den  letzten 
S  Jahren  28  solcher  Fälle  beobachtet  habe.  Er  gibt  8  Beobachtungen 
YOD  den  28  wieder. 
J.  Arnold,  Ueber  combinirte  Erkrankung  der  Stränge 
des  Bückenmarks  (Virchow's  Archiv  BJ.  127,  H.  1),  beschreibt 
einen  Fall,  der  zu  der  von  Q-owers  als  ^Ataxia  paraplegica'*  be- 
seJebneten  Form  von  combinirter  Strangerkrankung  des  Rückenmarks 
gebort.  Verl  will  bei  dieser  Krankheit  eine  paraplegische  und  eine 
spastische  Form  unterschieden  sehen,  bei  der  ersteren  sind  die 
Hintersiränge  in  grösserer  Ausdehnung  und  speciell  auch  die  Wurzel» 
gebiete  in  höherem  Grade  erkrankt,  während  bei  der  letzteren  die 
Beitlichen  Partien  der  Hinterstränge  frei  bleiben. 

Monser,    Caauistischer    Beitrag    zur    Lehre    von    den 
eombtnirten  Systemerkrankungen  des  Rückenmarks  (Wien* . 


pract,  Mediciti.    IIRK). 


n 


178 


SeeJigmtiller. 


kliD,  Wochenschr.  Nr.  1),  hat   einen  Fall   von   aMyotrophiscJier  La-     . 
teralskteroöd  combinirt  mit  Sklerose  der  Kleinliirnseiteiistratjgbahnen 
und  der  PyramidenvorderatraogbahneD  beobachtet. 

A*  Schule,  Ist  die  ^^spaatiache  Spinalparalyse"  eine 
Krankheit  smi  generis?  (Inaug.-Diss.  Strassbnrg  1891)  kritisirt 
die  in  der  Litteratör  bekannt  gemachten  Fälle,  von  welchen  er  nur 
sieben  als  echt  anerkennt.  Fünf  neue  Fälle  aus  der  Heidelberger 
Klinik  entsprechen  genau  dem  von  Erb  vorgezeichneten  Bilde,  das- 
selbe fcbuQ  drei  Fälle  aus  des  letzteren  f  rivatklientel  und  ein  Fall 
aus  der  Leipziger  Poliklinik,  Die  als  Thema  aufgestellte  Frage  wird 
bejahend  beantwortet. 

Spencer,  Traumatisches  Aneurysma  an  der  Wirbel- 
säule (Brit  med,  journ,  1891,  ö.  Dec),  berichtet  über  den  Ausgang 
und  Befund  eines  Falles  von  W  irbel  Säulen  an  eurysma.  Das- 
selbe war  durch  Fall  von  einer  Höbe  von  30  Fuss  mit  Diaiocations- 
fractur  zwischen  Dorsal-  und  Lumbartheil  entstanden  und  wurde 
18  Monate  nach  dem  Trauma  gefunden.  Die  Symptome  bestanden 
allein  in  heiligen  Schmerzen  inlblge  der  Compression  der  Nerven- 
wurzeln. Bei  der  Autopsie  fand  man  ein  Aneurysma  beideräeita  von 
der  Wirbelsäule  mit  der  Form  einer  Hufeisenniere.  Dasselbe  hatte 
den  Körper  des  ersten  und  zweiten  Lendenwirbels  erodirt.  Zwischen 
hinterer  Aneurysma  wand  und  Aorta  bestand  eine  Verbindung. 

H,  Grashey,  Experimentelle  Beiträge  zur  Lehre  von 
der  Blutcirculation  in  der  Schädetrückgratshöhle  (Mün- 
chen 181>2),  hat  experimentell  die  Frage  nach  der  Blutcirculation  in 
der  SchädebrückgTatshöhle  behandelt.  Letztere  wurde  durch  gerade 
Cylinder  dargestellt,  die  reichlich  mit  Hähnen  versehen  und  von 
elastischen,  die  Gefässe  darstellenden  Schläuchen  durchzogen  sind* 
Der  im  Gefässe  herrschende  Druck  wird  durch  ein  Manometer  ge- 
messen. Im  ersten  Theile  wird  die  Hydrostatik  dieses  Systemea  ab- 
gehandelt, also  die  Verbältnisse  bei  stillstehendem  Blute,  während 
der  zweite  Tiieil  die  Hydrodynamik  enthält,  die  Verhältnisse  bei 
strömendem  Blute. 

Howard  V.  Rensselaer,  Üeberdie  Affection  der  Caisson- 
Arbeiter  (New  York  med.  Record  Bd.  40,  H.  6  u.  7,  August  1891), 
bespricht  im  Anschlyss  an  zwei  von  ihm  beobachtete  Fälle,  deren 
einer  in  Besserung,  der  andere  letal  ausging,  die  Sectionsergebnisse 
von  27  bisher  beschriebenen  Fällen  der  Erkrankung.    Die  klinischen 


* 


Kv«iikh«9t«i  dm  Kenren^stcns. 


\7'j 


^i  sind  nach  Veri.  in  einer  Blotüborfullmig  sammtlicher 
Ov^ftne,  specteü  des  Rückenmarks,  sq  Sachen,  Biese  Blut- 
ftberfuUon^  beruht  auf  eicier  Labmimg  der  Gefäss wände  infolge  der 
ituimlLiime*^"  Aagdehnimg  derselben  durch  den  hohen  Druck.  80 
ggtgfjijlnjn  ErDährungj^stöniDgen,  Die  directen  Ursachen  sind :  lang 
■Bdaii<»nicier  hoher  Atmosphärendmck  irnd  pldtzltches  Anf hören  des- 
ielben;  prÄdi«poiiireDd  wirken;  höheres  Alter,  Alkoholistaus,  Her«- 
«nd  Nierenk rankheiten.  Pathologisch-anatomisch  handelt  es  sich  um 
«e  diffode  M^relilis^  besonders  im  ßrustniark,  dem  physiologisch 
wm  wenissien  wtderataodaföhigen  Theil  des  Rückenmarks. 

H«  Higier,  Neues  über  einige  Rnekenmarksfnnotionen 

)eatacbe   med.  Wochenschr,  Nr.  18,  S,  399),   gibt  in  einer  kurzen 

f  einen  Udherblick  über  die  im  letzten  Jahre  in  dieser  Frage  er- 

BD  Arbeiten  mit  besonderer  Beröcksichtigung  der  Thatsachen, 

die  etn  mehr  praoi^ii>cbes  Interesse  haben. 

Allen  Starr,  Locale  Anästhesie  als  Führer  bei  der 
)iagnose  von  Läsionen  des  unteren  Abschnitts  des  Rücken* 
larks  (Ämer.  joum,  of  med.  aciences,  July  1892),  beschreibt  zwölf 
Fälle  mit  partieller  und  umschriebener  Anästhesie,  die  zum  TLeil 
von  ihm  selbst  beobachtet  wurden,  bei  Läsionen  des  Sacra!-  und 
Lambiilnkarkes.  i^  ergeben  sich  aus  dem  Studium  dieser  Fälle 
folgende  Schlussfol gerungen : 

1)  Dass  die  Localisation   der  Centren   im  Rückenmark,  welche 
Blase  und  das  Rectum  controlliren,  bei  einander  liegen  müssen, 

id  das«  die  Con  trolle  verschwind  et,  wenn  die  drei  unteren  Sacral- 

'  Segmente   l&dirt    sind.     Wahrscheinlich    liegen    die   Centren  in    den 

beiden  unteren  Sacralsegmenten,     Der  Spbinoter  ani   erschlafft,  und 

d&fl  ganze  Rectum   verliert   die  Fähigkeit  sich  zu   contrabiren;   von 

der  Bla&e  besteht  leichte  Incontiuenz,  sobald  geringer  Druck 

der  Blase  vorhanden   ist.     Retentio    urinae    entsteht  nur  selten^ 

die  Blasencentreu  zerstört  werden,  eher  wenn  die  Läsion  ober- 

sitzt  und  irritirend  auf  die  Centren  einwirkt.     Wenn  in  einem 

iFalle  von  Paraplegie  Blase  und  Rectum  normal  functioniren,  so  sind 

rdie  beiden  unteren  Sacralsegme  ite  intact. 

2)  Zur  Veranschaulichung  der  Vertheilung  der  Anästhesie  bei 
Liatoiien  des  unteren  Abschnittes  des  Rückenmarks  gibt  er  eine 
BeÜie  Ton  Zeichnungen. 

3)  Wie  bei  transversaler  dorsaler  Myelitis  über  der  anäetheti- 
eebeo  Zone  in  der  Regel  eine  hyperästhetische  vorhanden  ist,  so 
tanitt  o^an  etwas  Analoges  auch  bei  Myelitis  des  Lumbal-  und  Sacral- 


1^0 


Secligiöftllen 


markes,  and  zwar  entspricht  die  Hyperästhesie  dem  durch  die  näcbüt 
höheren  Segmente  versorgten  Gebiete, 

E.  Fischer^  Ein  Fall  von  Blei  Vergiftung  etc«  (Am.  Jonm, 
of  med.  sciencea,  Julj  1892),  beobachtete  einen  Fall  von  Bleilähmnng 
bei  einem  Maler,  Patient  war  anämiBch  und  klagte  über  Schwäche 
in  beiden  Vorderarmen  und  Händen;  letztere  waren  atrophiBoh. 
Herz  hypertrophisch^  Radial-  und  Temporalarterieii  gespannt*  ün- 
regelmäsaige  Hemianopäie;  rechts  Neuroretinitia  mit  Exsudat  über  der 
Papille  und  benachbarten  Eetina,  links  Atrophie  des  Sehnerven  und  der 
B-etina.  Im  Uriß  Eiweiss*  Patient  starb  nach  10  Monaten.  Die 
Autopsie  erj^ab:  Herz  hypertrophisch^  Art erioakle rose  der  Hirnarte* 
rien*  Degeneration  der  peripheren  Nerven  und  im  oberen  Brusttheil 
dea  Rückenmarkes  Atrophie  der  Vorder  hörner  besonders  einer  Seite 
und  des  Tractus  antero-lateralia  der  anderen  Seite.  Ferner  stellen- 
weise Sklerose  der  GolFschen  Stränge,  des  Lisaauer^schen  Stranges 
und  Verdickung  der  Meningen  und  Blutgefässe,  Degeneration  der 
vorderen  Nervenwurzeln. 

Klippel,  Rüekenmarkeveränderungen  bei  skolioti- 
sehen  Kindern  (Gaz,  hebd.  Bd.  38,  H.  13,  1891j,  theilt  zwei  Fälle 
mit,  in  denen  bei  seit  der  Kindheit  bestehender  Skoliose  Schwund 
der  Rumplmusculatur  und  ein  entsprechender  Defect  in  den  Vorder- 
hörnern  gefunden  wurde.  Er  will  nicht  entscheiden,  ob  die  Skoliose 
oder  die  Läsion  in  deo  Vorderhörnern  das  Erste  war,  neigt  aber  zu 
der  letzteren  Ansicht, 


Höhlenbihl  uijg  und  Sy  ringomyelit?, 

A.  Souques,  Ein  Fall  von  Syringomyelie  (type  Morvan) 
(Nouvelle  loonogn  de  la  SalpetriÄre,  4  ann^e,  Nr.  4,  1891),  will  durch 
den  Fall  besonders  die  von  Charcot  vertretene  Ausicht  darthun, 
d&ss  es  einen  Unterschied  zwischen  Morvan'scher  Krankheit  und 
Syringomyelie  nicht  gibt,  sondern  erstere  nur  eine  atypische 
Form  der  letzteren  sei. 

Bestätigt  wird  diese  Anschauung  durch  einen  von  A,  Joffroy 
und  Achard  mitgetheilten  Fall  der  Malad ie  de  Mo r van  (Syringo- 
myelie) mit  Autopsie  (Areh.  de  M6d.  exp^r,  Bd,  3,  H,  6,  8.  67i, 
1891),  —  Auch  Jolly,  Ein  Fall  von  Morvan^scher  Krankheit 
(CharitÄ'Aunalen  Bd,  16^  8.  336,  1891),  glaubt,  dasa  die  sog.  Mor- 
van'sohe  Krankheit  zur  Syringomyelie  gehöre.  Bui  dem  Kranken 
JolJy's  bestand  Sklerose  nach  rechts,  eine  Erkrankung  des  Eadia- 


i 


Ef«lkkbeitCT  des  Nenr«mf$ICQi6. 


181 


Oobitälgalrnkes  moeä  Subloxstioii  der  Hand  rechtg,  Tbermo-Anaigeaie 
dir  reehifin  Seite,  mit  räsiger  Hattt  der  rechten  Hand  and  Ter- 
üftmatttoii^  des  rechten  Zeigeüngers.  Der  Kranke  liatte  drei  schwere 
Pafimritiaii  gehabt. 

F&r    eine    Trennung    der    Morva naschen    Krankheit    von    der 
Sjnringomyelie  tritt  dagegen  Graaaet,  Ein  Fall  von  Maladie  de 
Morrao  (Paris,  3.  26)  ein.     Die  Syringomyelie  ist   anatomisch    be- 
lel^  Ar  die  Morvan'ache  Krankheit  ist  noch  keine  einheitliche 
e  Baats  vorhanden*    Nach  Verf.  ist  in  den  ausgesprochenen 
filleD   eine  ücterscbeidung  wohl   mdglich.     Bei  der  Syringomyelie 
MaakelatrophieD   vor,   bei   der   Morv anfachen  Krankheit 
bilden  die  analgiscben  Fan&ritien  das  Hauptsymptom. 
Eine    eigenartige    CompHcation   in    einem    Falle  von    typischer 
Syringomyelie    beschreibt   A.  Schmidt,   Doppelseitige  Acces- 
floriaaläbmnng   bei   Sjringomyelie  (Deutsche   med.   Wochen* 
edirift  Nr.  26).  Der  linke  Eecurrena  war  vollkommen  gelähmt;  das  linke 
bauid  befand  sich  in  Cadaverstellung  und  war  atrophisch;  rechts 
Q  eine  Parese  des  M.  crico-arytaenoideus  posticud  su  bestehen* 
Stembo.    Ein    Fall    von  fortschreitendem   Muskel- 
wund   syringomyelitischen    Ursprungs   (St   Petersburger 
Wochenschr.  1892,  Nr.  So),  beobacbtete  bei  einem  40jährigen  aus 
1er  Familie  etaroinenden  Kranken   folgende  Symptomengrappe: 
reitenden  Muskelschwund  ^  besonders   der  beiden  oberen  £k- 
tfemitäteOi   Fehlen  der  Patellarrefiexe ,    Dissociation   dtrr  Hautsensi- 
bJUtfti  und  Hygromata  olecrani,  fibrilläre  Zuckungen.    Verf.  hält  die 
Affeotioo  1^  syringomyelitischen  Ursprungs. 

J.  HoffmanUf  der  bereits  in  einem  klinischen  Vortrag  (s.  diesen 
Jahrbuch  Jahrg.  1892,  S,  187)  eine  Uebersicht  über  den  damaligen 
Stand  der  Lehre  von  der  Synngomyelie  gegeben  hatte,  tasst  jetzt 
seine  Untersuchungen  aus  der  medicinischen  Klinik  und  dem  patho- 
logisch-anatomischen  Institut  in  Heidelberg  in  einer  umfangreichen 
Abhandlung^  Zur  Lehre  von  der  Syringomyelie  (Deutsche 
Zeitschr.  f*  Nervenheilkundej,  zusammen.    Abgesehen  von  einer  Reihe 

iaeaer  kliniitcher  Beobachtungen,  welche  das  Krankheitsbild  in  seinen 
Varianten  voH  Öhren,  führt  Hoff  mann  durch  einige  eigene  und  andere 
in  der  Litteratur  vorhandene  Krankengeschichten  mit  Autopsie  den 
Kachweis,  dass  die  Maladie  deMorvan  sich  weder  klinisch  noch 
inatomisch  von  der  Syringomyelie  unterscheide  ^  eine  Anschauung, 
4er  auch  C  her  cot  und  seine  Schule  nach  den  letzten  Publicationen 
m  arüieilen  beizupflichten  scheinen,  wenn  sie  auch  für  ihren  Lands- 
auum  noch  einen  ^type  Mo r van''  in  Anspruch  nehmen.   Die  Syringo- 


18^ 


Seeligmiillen 


myelie  und  alt  Lepra  dagegen  sind,  wie  bereits  Schultze,  Cliarcot 
und  vor  Allen  Marestrang  baryorgehoben  haben,  zwei  kUniscb 
wie  anatomisch  ganz  verschiedene  Krankheiten^  —  BeBonders  wichtig 
ißt  der  Abschnitt  über  Genese  und  pathologische  Anatomie  der 
Syringomyelie.  Die  Grundlage  und  den  Ausgangspunkt  der  Krank- 
heit bilden  in  der  MehrKahl  der  Fälle  congenitale  Entwickelnngs- 
anomalien^  welche  aich  io  dem  Zurück  bleiben  von  Nestern  embryo- 
nalen Keimgewebes  hinter  dem  normalen  Centralkanal^  in  der 
SchlieaBungslinie  desselben  äussern.  Im  Gegensatz  zu  der  von 
Leyden  gegebenen  Genese,  lässt  Hoff  mann,  ganz  unabhängig 
von  einer  Googenitalen  Erweiterung  des  Oentraikanals ,  die  Höhlen- 
bildurjg  durch  Zerfall  des  neugebildeten  Gliagewebes  entstehen, 
welches  auch  seitlich  und  in  verschiedenen  Bicbtungen  Gewebs- 
knospen  treibt^  durch  deren  Zerfall  von  der  centralen  langgestreckten 
Höhle  völlig  getrennte  Nebenhöhlen  entstehen  können.  —  Schliess- 
lich unterscheidet  Hoffmann: 

L  HydromyeluB;  derselbe  verläuft  latent  oder  unter  uns  un- 
bekannten S3^mptomen. 

IIa.  Primäre  (centrale)  Gliose  des  Rückenmarks  mit  und 
ohne  Hydromyelus. 

a)  Ohne  Höhlenhildung  (periependymäre  Sklerose,  periependy- 
märe  Myelitis,  centrale  Myelitis), 

/?)  Mit  Spalt-  uufl  Höhlen bildnng  (^myelite  cavitaire'^). 

In  diese  Gruppe  IIa  gehören  fast  alle  als  Syringomyelie  be- 
schriebenen Fälle  mit  dem  bekannten  Krankheitsbild. 

IIb.  Centrale  Gliomatoae  ohne  oder  mit  Spalt-  und  Höhlen- 
bildung mit  wenig  scharf  umschriebenem  Sympt^imenbild. 

Malliple  Sklernae. 

Nolda,  Ein  Fall  von  multipler  Hirn-  und  Rückenmarks- 
sklerose im  Kindesalter  nebst  Bemerkungen  über  die  Be- 
ziehungen dieser  Erkrankung  zu  Infectionskrankheiten 
(Archiv  f.  Psych.  Bd.  23,  H.  2,  S.  565,  1891),  beschreibt  einen  üi 
der  Bonner  Klinik  beobachteten  Fall  von  multipler  Sklerose  bei  einem 
Mädchen  von  9  Jahren.  Das  Leiden  ist  bis  jetzt  im  jugendlichen 
Alter  nur  selten  beobachtet  worden,  und  nur  eine  Autopsie  liegt  bis 
jetzt  vor.  Das  Leiden  war  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  (85,7  ^jf^)  nach 
einer  Inftctionskrankheit  aufgetreten;  in  einem  Falle  war  dies  nicht 
nachzuweisen.  Verf.  hält  es  für  nicht  unwahrscheinlich,  dass  man 
bei  Sectionen  von  Leichen  an  Diphtherie  oder  Scharlach  Gestorbener 
an  den   Gefässen   des    Central  nerven  Systems    Veränderungen    finden 


Kirnnkheiteii  des  KerTendysteais* 


IdS 


vftnfei  die  die  eraten  Anfänge  einer  von  den  ßd&ssen  ausgehenden 
flUflrose  darstellten, 

Charcot^  Die  T^Formes  fraßtes^  der  8cl6ro8e  en  pla- 
i(ie6  (ftogres  m&d.  1891^  Nr.  11) »  stellt;  im  AnachluBS  an  einen 
innen  i^escbiclitlichen  Rückblick  aut  die  Entstehung  unserer  Kennt- 
wm6  von  der  xcuJtipIen  Sklerose  folgende  Groppen  der  ^.Formea 
Ihislea^  aaf : 

A,  Formea  atypiques  ou  frustes  par  effacement  (d.  s. 
Forin^ni  die  d^^s  Bild  der  spastischen  Paraplegie  darbieten,  während 
eiiiea  oder  melirere  Symptome  der  Scl^rose  en  plaques  bei  genauer 
Oatarsucbung    zu   enkennen  sind). 

B,  Formes  atypiques  abortives  uu  frustes  primitives 
d.  s.  Formen,  die  auf  einer  bestimmten  Stufe  der  Entwickelung 
^ben  geblieben  sind  und  sich  ebenfalls  als  spastische  Paraplegie 
prtaentiren ,  iPiräbrend  die  typischen  Symptome  der  multiplen  Skle- 
rose fehlen. 

C,  F*ornje8  atypiques  ou  frustes  par  intervention  de 
p)i4noiD^nes  insolites. 

a)  L#a   vari^t^  h^mipUgique* 

b)  La   Variete  tabique, 

c '   La   vari4t6  laterale  amyotrophiqae. 


Tabes. 

Die  ^Prage  nach  dem  Zusammenhang  zwischen  Tabes  und  Syphilis 
im  leisten  Jahre  der  besondere  Gegenstand  der  Disoussion  ge- 
Zunächst  bespricht  Erb,  Zur  Aetiologie  der  Tabes 
IlUd.  Wochenschr.  1891,  Nr.  29  u,  30)^  an  der  Hand  eines  be- 
^MStieiiden  Materials  (370  FäUe]  diß  in  Deutschland  von  ihm  zuerst 
aai^regte  Frage  nach  dem  ätiologischen  Zusammenhang  zwischen 
Syphnis  und  Tabes.  Von  den  370  Fällen  stammen  300  aus  den 
IllÄaren,  50  aus  den  niederen  Ständen,  und  da/ji  kommen  noch  10 
an  Tabes  leidende  Frauen,  Bei  den  300  F&Uen  bestand  in  89  ^m 
frühere  syphilitische  Infection,  dieselbe  fehlte  nur  bei  11%,, 
sh  ist  von  diesen  11%  nur  bei  S^^  die  Infection  mit  Sicherheit 
iliesaen.  Etwas  anders  ist  der  Procentsatz  bei  den  50  Fällen 
den  niederen  Ständen  :  Nichtinficirte  24 <*,(,,  früher  Inücirte  76  «''^y; 
aind  auch  hier  einige  der  ersteren  sehr  zweifelhaft.  Erb  kommt 
i^ch  diesen  statistischen  Thatsachen  zu  dem  Schluss,  dass  der  8y- 
Lakilis  als  ätiologischem  Momente  der  Tabes  eine  grosse  Rolle  zn- 
iJeotniiie.     Endlich   hat  derselbe  Autor  in  einem  klinischen  Vortrag 


184 


Seeiigmiüler. 


(Sammlung  klin,  Vonn  N.  F.  Nr.  53)  die  Aetiologie  der  Tabes 
noch  einmal  auefubrlicb  besprochen  and  kommt  auch  bier  durch 
Btatietiöcbe  Vergleicbiing  der  ätiologiscben  Momente  zu  dem  Schlüsse, 
dass,  wenn  es  auch  einzelne  Fälle  vod  Tabes  ohne  vorausgegangen« 
Sy(>hiliB  gibt,  die  Tabes  in  der  weit  überwiegenden  Mehrzahl  der 
Fälle  auf  Syphilis  beruht, 

E.  Leyden,  üeber  die  Behandlung  der  Tabes  (Berliner 
klin.  Wochenschr.  1892,  Nr.  17  u.  18),  leugnet  dagegen  jeden  Zu- 
aammenhang  zwischen  Lues  und  Tabes  und  hält  deahnlb  auch  eint^ 
antisyphilitisch <^  Behandlung  der  Tabes  für  nutzloa. 

Gegen  diese  Auifasfäung  wendet  sich  Erb,  Syphit  is  und  Tabes, 
Zur  Kritik  und  Abwehr  (Berh  klin.  Wochenschr.  1892,  Nr.  23). 
Er  wendet  sich  t^egen  die  bekannten  von  Leyden  schon  früher  vor- 
geführten Gründe,  daes  einmal  Statistiken  keinen  Werth  hätten ;  das» 
zweitens  die  Erfolglosigkeit  der  antiluetischen  Behandlung  beweise, 
daes  kein  Zusammenhang  zwiBchen  beiden  Leiden  besiehe,  und  dass 
drittens  die  anatomigch- pathologischen  Processe  sehr  unähnlich  seien. 
Erb  holt  vielmehr  die  Statistik  lür  hinreichend  beweiskräftig;  die 
Erfolglosigkeit  der  an tilueti sehen  Onr  beweist  gar  nichts,  denn  ntchC 
alleö,  was  syphilitisch  ist  kann  dnrch  Hg  oder  Kalium  jodatum 
geheilt  werden,  und  endlich  ist  die  pathologische  Anatomie  bis  jetzt 
noch  nicht  einmal  im  Stande,  mit  annähernder  Sicherheit  z\i  sage% 
was  von  den  in  Betracht  kommenden  Dingen  syphilitisch  ist  und 
was  nicht. 

F,  Raymond,  Aetiologie  der  Tabes  dorsalis  (Progres 
m^dical  Nr.  24),  bespricht  unter  Berücksichtigung  der  einschlägigen 
Litteratur  die  Aetiologie  der  Tabes.  Was  die  neuropathische  Be- 
laatnng  angeht,  so  spielt  dieselbe  auch  bei  der  Tabes  eine  grosse 
RoUe,  dagegen  ist  die  directe  Heredität  nur  sehr  selten  nachzu- 
weisen.  Als  Oelegenheitsursachen  sind  Erkältungen,  Durchnässungen, 
üeberanstrengungen,  Traumen,  Excesse  in  Venere  anzusehen»  da& 
hauptäächliche  Aetiologiache  ist  aber  die  Syphilis.  Es  muss  als  er- 
wiesen angesehen  werden ,  dass  die  Mehrzahl  der  Tabischen  früher 
an  Lues  gelitten  hat. 


J*Hughlings- Jackson  und  Farn.  Taylor  (Brit.  med.  Journ,, 
IL  Juli  1891,  8,  58)  beschreiben  einen  Fall  von  Tabes,  der  insofern 
interessant  ist,  als  er  das  einzige  bekannte  Beispiel  ist,  bei  dem  sich  der 
gänzlich  verschwundene  Patellarreflex  wieder  herstellte.  Als 
der  Kranke  ins  Hospital  aufgenommen  wurde^  bestand  Ungleichheit  der 
Pupillen  and  Eiioschensein  der  Patellarreflexe.    Kurz  zuvor  war  eine 


Kranit  heilen  des  Nerveniy8l<?in», 


185 


Hemiplegie  aufgetreten  und  der  Anfall  wiederholte  sich  wenige  Tage 
«achher  wieder  Die  Sprache  hatte  nicht  gelitten,  am  stärksten  ge- 
lähmt war  der  rechte  Aroa.  Am  47.  Tap^e  nach  dem  zweiten  hemi- 
tieo  Anfalle  wurde  der  Patellarreflex  rechts  wieder  aufgefunden ^ 
trfiger  als  normal^  links  dagegen  fehlte  er  noch.  Nach  2  Jahren 
ad  ein  anderer  Arsst  oehen  Atrophie  der  Sehnerven  den  Patellar- 
iex  aoch  links,  ebenfalls  träger  als  normal,  während  er  jetast  rechts 
normal  war.  Vor  der  Hemiplegie  and  der  daran  sich  anschliessenden 
LÄteralflklerose  waren  von  der  Sklerose  der  Hinteretr&nge  au  wenig 
M^mAem  intact,  um  auf  die  Vorderhörner  so  einwirken  zu  können, 
dsAtt  das  Kaiephänomen  zu  Stande  kam.  Beim  Auftreten  der  Seiten- 
Sknutgsklerose  wurden  die  Vorderhdrner  erregbarer,  und  die  wenigen 
intiet  gebliebenen  Fasern  der  Kintersti^ange  genügten  jetzt,  um  das 
bisomen  nu  bewirken. 

Flaczek,  Combination  von  Tabes  dorsalis  und  Paralysis 
agitacs  (Deateche  med.  Wochenschr.  Nr.  29),  beobachtete  Tabes 
und  Paralysis  agitans  bei  demselben  Individuum.  Diese  Oombina- 
üotk  ist  bis  jetzt  erst  einmal  beschrieben,  und  zwar  in  der  Inaug.-Diss. 
Fan  Heimann  (Berlin  1888),  doch  war  in  dem  letzteren  Falle  die 
DimgDOse  der  Schüttellähmung  nicht  ganz  sicher  zu  stellen. 

V*  Raymond,  üeber  die  Beziehungen  der  allgemeinen 
Paralyse  zur  Tabes  (Societ^  m«^d,  des  Höp.  S6ance  8  Avril. 
Bulletin  m*iä,  1892,  Nr.  29),  beschreibt  einen  Fall  von  Tabes  und 
aflgemeicer  Paralyse  und  kommt  zu  folgenden  Sätzen:  Die  Paralyse 
afld  Tabes  treten  häuüg  zusammen  auf;  erstere  kann  mit  den  Er- 
•ehemangen  der  letzten  beginnen  und  vice  versa.  Zieht  man  die 
Aetlolo^^o  beider  Affectionen  in  Betracht,  so  scheint  ea,  als  ob  beide 
sar   eine  Krankheit  seien. 


Landry'flehe  Paralyse. 

Henry  Hun^  Pathologie  der  acuten  ascendirf^nden 
Paralyse  (New  York  med.  Journ.,  30.  Mai  1891),  beobachtete  einen 
Fall  der  bis  jetzt  noch  keineswegs  aufgeklärten  Erkrankung,  Vier 
Moiiata  vor  dem  Beginne  des  Leidens  war  Patient  auf  das  Os  sacrum 
gafailen,  sonst  war  keine  Schädlichkeit  zu  ermitteln.  Der  patbo 
lo^tsohe  Befund  war  ziemlich  negativ.  Bacterien  wurden  nicht  ge- 
fanden.  Abgesehen  von  einer  leichten  cerebrospinalen  Meningitis, 
Inältration  der  Wandung  einiger  Venen  in  der  Pia  spinalis  und  De* 
gengration  weniger  Nervenfasern  in  den  vorderen  Wurzeln  der  Oauda 
♦fioSna   erschien   das   Nervensystem   intact,     Verf.   glaubt,    dass   die 


18ti 


Seelig  müiler. 


acute  aufsteigeiide  Paralyse  daroli  chemische  und   nicht   durch  ana- 
tomische  Veränderuegen  im  Nervensystem  verursacht  üoi. 

4.  Krankheiten  der  Maskeln. 

J.  Hoffmauu,  Weiterer  Beitrag  zur  Lehre  vou  der 
progressiven  neurotischen  M  uskelatrcphie  (D.  Zeitschr.  f. 
Nervenh.  Bd-  1,  H.  1  u,  2,  S.  95,  1891),  bespricht  die  Form  von 
Muskefatrophie,  die  zuerst  von  Charcot- Marie  aufgastallt,  von 
Tooth  als  „pöroneal  form"  oder  „leg  type^  bezeichnet  wurde,  und 
deren  cbarakteristiache  Merkmale  der  symmetrische  Beginn  in  den 
Beinen,  mehrfaches  Yorkommeo  in  einer  Familie,  Parese  und  Atrophie 
der  Unterschenkel-  und  Fussmusculatur  und  erst  öpäterer  Uebergang 
auf  die  oberen  Extremitäten  sein  sollen,  Verf,  zeigt,  dasa  der  Be- 
ginn in  den  Unter  ex  tremi  täten  nicht  die  Hegel  sei^  sondern  dass 
das  Leiden  auch  an  den  Händen  beginnen  könne.  Als  Belege  hier- 
für führt  er  die  Kranken  beschichte  zweier  von  ihm  selbst  beobach- 
teter Geschwister,  sowie  Fälle  von  Eulenburg  und  Dubreuilli 
an*  Letztere  sind  besonders  wichtig,  weil  die  Autopsie  gemacht  würde, 
und  man  starke  Veränderungen  an  den  peripheren  Nerven  fand^  die 
von  der  Peripherie  nach  dem  Centrum  zu  abnahmen,  während  das 
Mark  nur  sehr  wenig  afficirt  war.  Ho  ff  mann  schlägt  für  das 
Leiden  die  Bezeichnung  „neurale  Muskelatrophie'^  vor. 

A,  Strümpell,  Zur  Kenntnisa  der  primären  acuten 
Polymyositis  (D.  Zeitschr,  f.  Nervenh.  Bd.  1,  H.  5  u.  G,  18^1), 
fügt  zu  den  bereits  bekannten  10  Fällen  von  primärer  acuter  Poly- 
myoeitis  einen  neuen  klinisch  und  anatomisch  genau  von  ihm  unter- 
suchten Fall,  Efi  handelte  sich  um  einen  TOjäbrigen  Gärtner,  bei 
dem  8  Tage  nach  Erbrechen,  Kopfiach merzen  und  allgemeiner  Mattig- 
keit heftige  Schmerzen  in  Armen  und  Beinen  und  bald  darauf  An- 
schwellungen an  ersteren  und  im  Gesiebt  auftraten.  Patellarreflexe 
undeutlich,  elektrische  Erregbarkeit  für  beide  Ströme  anscheinend 
herabgesetzt  Die  Lähmungserscheinungen  nahmen  zu,  rechts  trat 
Ptosis  aui\  und  die  Bewegungen  der  Bulbi  waren  besonders  nach 
unten  beschränkt.  Nach  einigen  Tagen  trat  der  Exitus  unter  den 
Erscheinungen  einer  schweren  Bronchopneumonie  aui\  Die  mikro- 
skopische Untersuchung  ergab:  an  den  Muskeln  starke  feinkornige 
Trübung,  häufiger  Verlust  dar  Querstreifung,  Neigung,  in  Längs- 
fibrilleo  zu  zerfallen;  ferner  hyalin  aussehende  Fasern  und  zwischen 
den  Muskelfauern  viele  weite  und  stark  gefüllte  Biutcapiilaren,    An 


I 


I 


* 


Kmnk  heilen  des  Kerveasystems* 


187 


^^^BittpräparateD  faad  Verf.  Vacuolenbildatig  und  Vermehrung  der 
^Bttakelkerna  f  femer  zahlreiche  Herde  von  echter  ^  mterstitieDer 
Mfoaitia.  Axxi  Bückenmark  war  ausser  kletneui  wahrscheinlich  Benilen 
Vtrtiideniiigen  Bichts  Abnormes  zu  sehen.  Di«  Ursache  der  Er- 
krmnknng  bilden  yielleicht  ioi  ßlote  gelöste  und  dem  Muskelgewebe 
wmgB^hrte  Toxine. 


B.     Krankheiten  der  peripheren  Nerven. 


t.  Allgeineiiies. 

H.Hochhaas,  üeber  diphtherische  Lähmungen  (Virchow'a 
'Archiv  Bd,  124,  H.  2,  S.  226,  1891),  weist  nach,  dass  sich  in  den 
paretißcben  und  gelähmten  Muskeln  nach  Diphtherie  Eutzüodungeu 
aach weisen  lassen,  welche  vorwiegend  im  Zwischeugewebe  sitzen, 
aber  auch  das  Muskelgewebe  selbst  involviren.  Daneben  besteht  eine 
geringtf  interstitielle  Entzündung  des  Nerven^  während  die  Gentral- 
orgf^oe  ganz  normal  sind.  Verf.  untersuchte  in  vier  Fällen  von 
dtplitlieritiBcher  Lähmung  und  fand  starke  Verbreiterung  des  inter- 
fititiellea  Bindegewebes,  stellenweise  ^^tarke  KernaDi^auimluDg.  Auf 
Qoersehnitten  erscheinen  die  Muskelfasern  meist  eckig  oder  oval^ 
nicht  rand.  Die  Gaumen-  und  Schi  und  musculatur  soll  direct  durch 
(laa  diplitherisobe  Gift  angegriffen  werden,  die  übrige  Musculatur 
*»r^  anf  «I^to  Wege  der  Blut-  und  Lymphcirculation. 

H.iiiicUüorflr ,  Neuritis  diabetica  und  ihre  Beziehungen 
mm  fahlenden  Patellarsehnenreflex  (Virchow's  Archiv 
Bd.  127^  H.  1,  S.  1),  fand  zweimal  bei  Diabetes  mit  Fehlen  des 
Palell&rreflexes  eine  Entartung  des  N.  cruralis;  bei  den  beiden 
pAcienten  bestanJ  weder  Lähmung  noch  Anästhesie,  aber  der  Pateilar- 
reüex  fehlte.  Verf.  nimmt  an,  dass  das  Gift  den  Nerven  soweit 
ichidige,  dass  das  Kniephänomen  schwindet,  aber  keine  sichtbaren 
Verftncierangen  auftreten;  diese  stellen  sich  erst  bei  längerer  Ein- 
wirktmg  des  Giftes  ein. 


A#  Straasa,    Zwei    Fälle    von    peripheren    Lähmungen 

it  partiellen  Empfindungslähmungen  (D.Zeitschr.  f  Nervenh, 

Bd.  2,  H.  2  u.  3,  S*  248),  beobachtete  zwei  Kranke  mit  peripherer 

ArmläbiDung.     Im  ersten  Falle  von  schwerer  Verletzung   am  Ober- 

war   in    dem  vom  Radialis  versorgten  Gebiete  die  Empfindung 

Temperaturunterschiede  gans  aufgehoben^   die  f^r  Ber&hrungen 


ußd  achmerzbafte  Reixe  nur  herabgesetzt.  Im  zweiten  Falle  mit 
traumatischer  Plexusläbmutig  war  Anästhesie  an  der  Inuenseite  des 
Vorderarmes  und  der  Hand  vorband en^  der  Tastsinn  war  aufgehoben, 
Nadelstiche  wurden  nur  als  Berührung  resp,  gar  nicht  empfunden, 
der  Temperatnrginn  war  pervers.  Verf.  nimmt  an,  daaa  in  den  peri* 
pheren  Nerven  Mr  die  verschiedenen  Qualitäten  der  Empfindung 
besondere  Fasern  vorbanden  sind. 

K.  GumpertZy  lieber  Anomalien  der  indireeten  elektri- 
schen Erregbarkeit  nnd  ihre  Beziebung  sur  chronisclien 
Blutvergiftung  (Deutsche  med.  Wocbentfchr.  Nr,  23),  untersuchte 
eine  Anzahl  von  Patienten,  bei  denen  der  Verdacht  auf  Bleivergiftung 
vorlag  f  ohne  da^s  aber  Lähmungserscheinungen  vorhanden  waren.. 
Er  kommt  auf  Grund  der  üntersucbungen  zu  dem  Schiusa,  dass  bei 
Bleikranken  auch  heim  Ftibleu  von  Extensoreniähniung  am  Radialis 
Anomalien  in  der  indirecten  Erregbarkeit  zu  erkennen  wären,  und 
soll  zuerst  die  Reaction  für  den  positiven  Pol  des  Oeffnungsinductions- 
stromes  und  später  des  galvanischen  Stromes  schwinden,  und  ferner 
der  Verlust  dieser  indirecten  Erregbarkeit  das  früheäte  Zeichen  einer 
degenerativeii  Neuritis  äein. 

Fiessinger,  Ueber  die  nach  pulmonalen  und  pleuralen 
Eiterungen  auftretenden  Polyneuritiden  (Revue  de  m^decine 
Nr,  10),  beobachtete  in  zwei  Fallen.^  in  dem  einen  nach  einer  eiterigen 
Pleuritis  und  in  dem  anderen  nucb  einem  Lungenahscess  Has  Aoi- 
treten  einer  Polyneuritis  mit  Atrophie  der  Muskeln,  Lähmung  und 
Schmerzen.  In  beiden  Fällen  trat  Heilung  ein,  in  dem  ersten  Falle^ 
in  welchem  die  unteren  Extremitäten  betroffen  waren,  nach  4  Monaten^ 
im  zweiten,  in  dem  die  oberen  Extremitäten  bauptsäcblicb  Sitz  der 
neuritischen  Ersebeinungen,  aber  auch  die  unteren  mitbetheiligt 
waren,  trat  die  Besserung  langsamer  ein.  Die  Behandlung  bestand 
in  DaiTeichung  von  Anodynis,  so  lange  Schmerzen  vorhanden  waren ^ 
und  nach  Verschwinden  derselben  in  der  Faradi&ation  der  atrophi- 
schen Muskeln. 

W.  Winternitz,  üeber  Neuralgien  und  ihre  hydriatri- 
öche  Behandlung  (Blätter  f.  klin,  Hydrolher,  E.  1)>  Von  565  Fällen 
von  Neuralgien  verschiedenster  Art,  die  hydrotherapeutisch  bebandelt 
wurden»  gelangten  62%  zur  vollständigen  Heilung»  Bei  3**^^  gar 
kein  Erfolg.  Zu  den  mächtigsten  Antineuralgicis  gehört  nach  Verf, 
die  Combination  von  Wärme  und  Kälte.  Wärmestauung  oder  directe 
Erwärmung  müssen   daher  der  Abkühlung  vorhergehen*     Erregende 


Krankheiten  des  Nerven sjitem 5. 


1Ö9 


TTnmnhhijri  auf  das  »chmerzhafte  Gebiet,  WärmeapplicattoD  etc.  auf 
4«HMilbe  dteneii  zur  voriierigeQ  ErwärmuDg,  die  Abkühlung  wird 
daroh  kalte  AbreibungeOp  Fallbäder  etc.  besorgt.  Besonders  wirksam 
smd  die  Wechsel  wannen  sog.  sehe  tti  sehen  Douchen. 

JoliD  ThomsoD,  lieber  Rospirationskrampf  bei  Kin- 
der b  (congenital  laryngeal  Stridor)  (Edinburgh  med.  Joum.  Nr.  9), 
beschreibt  fUnf  Fälle  dieser  in  einer  besonderen  bei  sehr  jüBgßn  Kindern 
aoftretecden  Behinderung  der  Äthmung  bestehenden Äffection.  Bei  den 
AofFilleo  des  Verf.  waren  die  Eltern  der  Kinder  gesund,  abgeseben 
^Krou  einer  hysterischen  und  einer  „aarten"  Mutter,  Der  Zustand  der 
^■Kinäer  selbst  war  in  einem  Falle  am  sehr  guter,  in  den  vier  anderen 
^p.7WeD  beetand  Dyspepsie.  Der  Stridor  trat  in  einem  Falle  14  Tage, 
^^  m  etnem  anderen  8  Tage^  bei  den  drei  anderen  direct  nach  der  Geburt 
Auf.  Kr  begann  nüt  einem  krächzenden  Geräusch  bei  der  Inspiration 
and  eadete  mit  einem  hüben  krähenden  Ton.  In  schweren  Fällen 
nahm  er  an  Intensität  zu  während  der  ersten  2 — S  MonatSf  um  dann 
speateii  besser  zu  werden.  Die  Besserung  zeigt  sich  darin  ^  dass  die 
Intarvalle  zwischen  den  einzelnen  Anfällen  grösser  werden^  und  das 
Gerfttiech  weniger  laut  wird.  Cyanose  und  Erscheinungen  von  Be* 
ung  fehlten  bei  den  Kindern  wäbrend  der  Anfälle.  Verf.  glaubt^ 
die  Hemmung  der  Athmung  durch  spasmodische  Muskelcontrac- 
tioaen  hervorgerufen  wird,  deren  Natur  in  einer  centralen  fanctio- 
DeUen  Störung  2u  sehen  iat^  nämlich  in  einer  geringeren  Störung 
der  zwischen  den  Muskeln   des  Thorast  und  des  Larynx  bei  der  gs- 

Iwfib&licheB  Athmung  bestehenden  Goordination. 
I  0.  L.  Walton  und  C.  F.  Carter,  Metalldreherlähmung 
lAmer.  Joum.  of  med.  sciences^  Jolj)}  beobachteten  in  2wei  Fällen 
i#et  Kapferarbeitern  vollständige  Atrophie  der  vom  Ulnaris  versorgten 
JMtiekelii  der  Unken  Hand  mit  geringer  sensibler  Störung  (Taubheit) 
«nd  geringem  dumpfem  Schmerz  und  Empfindlichkeit  des  Ulnaris. 
Wahrscheinlich  handelte  es  sich  um  eine  Neuritis.  Dh  Alfectiou 
wer  wehrscheinUch  nicht  durch  das  Metall,  sondern  durch  die  Thätig- 
keit  der  linken  Hand  an  der  Drehbank  hervorgerufun  worden,  da 
die  Störung  auf  die  linke  Hand  beschränkt  blieb« 


2.  Kraaklieiten  der  ßimmerveii. 


W«  König,  Ueber  functionelle  Störungen  im  Bereiche 
des  Facialis  und  Hypoglossus  speciell  bei  funotionellen 
Hemiplegien  (Neurol.  Central bl  Nr.  11—13),   kommt  auf  Grund 


190 


Se«ligniüller« 


von  acht  Fällen,  deren  Krankengesobichten  im  Original  gebracht 
werden,  zu  folgenden  Schlüssen :  1)  Eina  reine^  einwandsfreie^  nichfc 
mit  Spasmen  complicirte  functionelle  Facialis-  resp.  Facialis -Hy po- 
glossusparese  ist  vorläufig  als  Heitern  zu  bezeiclinen.  2)  Häufiger  acheatit 
eine  solche  Parese  mit  spastischen  Zuständen  in  verschiedenen  Muskeln^ 
meist  aaf  der  gegenüberliegenden  Seite  zu  sein.  3)  Die  Charcotsche 
Anschauung  von  der  geringen  Intensität  der  hj^sterischen  Facialis- 
parese  und  ihrer  Combination  mit  Sensibilitäts Störungen  finden  in 
den  Beobachtungen  des  Verf. 's  eine  Stütze.  4)  Beim  Hemispasmue 
gl oaso- labialis  braucht  der  Brissaud-Mari e*sche  Symptomencomplex 
nicht  immer  in  typischer  Weise  ausgesprochen  zu  sein ;  es  gihf: 
^formes  frustes**.  5)  Ein  beachten  swerthes  Symptom  ist  das  Auf- 
treten  von  Spasmei],  besonders  von  intendirten  Bewegungen  in  den 
Hflls-  und  Schultermuskeln  der  nicht  gelähmten  Seite,  das  in  zweifel- 
haften Fällen  vielleicht  zu  Gunsten  eines  functionellen  Leidens  ver- 
werthet  werden  kann. 

Bernhardt,  Zar  Frage  nach  der  Aetiologie  der  peri- 
pheren Facialisl  ahm  ung  (ßerl,  klin,  Wochenschr.  Bd.  29,  Nr.  10). 
gibt  eine  UeberBicht  über  ö6  Fälle  von  Facialislähmung.  Eine  ner- 
vöse Anlage  war  nur  bei  ca.  Ys  ^^^  Kranken  nachgewiesen  worden. 
Verf.  meint,  dass  möglicherweise  Diabetes,  83rphilis  uad  Puerperium 
eine  Kolle  als  Ursache  der  peripberen  FaciaLislöhmung  spielen  konnten ; 
00  hat  er  dieselbe  bei  zwei  an  Diabetes,  bei  drei  an  Lues  leidenden 
Personen  und  zweimal  nach  normalem  Puerperium  auftreten  sehen: 
beweisen  läast  sich  der  Zusammenhang  allerdings  nicht. 

Fr*  Schultze^  Ein  Fall  von  angeborener  Facialisläh- 
mung  (Neurol  CentralbL  Nr.  14),  sah  eine  angeborene  periphcriaobe 
linksseitige  Facialisläbmung  mit  Erloschensein  der  elektrischen  Er- 
regbarkeit bei  einem  4jäbrigen  Mädchen.  Die  Lähmung  war  gleich 
nach  der  Geburt  aufgefallen,  Ueber  den  Sitz  und  die  Ursache  des 
Leidens  lasst  sich  nichts  sagen;  es  könnte  an  eine  mangelhafte  Ent- 
wickeluDg  des  linken  Facialiskernes  gedacht  werden,  doch  ist  auch 
die  Mögliclikeit  einer  peripheren  Läsiou  nicht  auszuschliessen. 

Darkschewitsch,  Ueber  recidivirende  Oculomotorius- 
lab  mang  (Archiv  f.  klin.  Med.  8,493),  beobachtete  einen  33  Jahre 
alten  Mann,  der  schon  als  ISjähriger  Knabe  an  rechtsseitiger  Ptose 
und  seit  seinem  23.  Jahre  an  zeitweilig  auftretendem  KopfHcbmerz 
mit  gelegentlichem,  kurz©  Zeit  dauerndem  Sinken  des  rechten  Augen- 
lides gelitten  hatte,  Parese  des  ganzen  rechten  Oculomotorius,  My- 
driasis   und    Acoommodationsparese    rechts.      Biese    Parese    machte 


i 


191 


Zext,    n 


im.  Dmrksckewitsek  a« 
AiftBe  wa  OciüfMMliKiniata 
lilr  «Be  ky^taiMiM  Kalar  c 
■■diwiiii  ia  der  littarattr 


Dm 


n.  T«£. 


Invtntt  SOS  dem  HmüdMiikBl  i 
4a  die  Tberepie  weoig  v«nBeg 


3.  Ermskkeitei  ier  ifieal»  S#rrte. 

F.  Windscbeidy  £!d  Fmll  ^eft  Uolirter  LäiMve^  dee 
H.  raa0enlo*ca(aiiecie  nebst  Bemerknmgen  tber  die  Bumpf* 
«ehe  ereil mati sehe  Heaetion  der  Mvseelatar  (Kfitileg^ 
GBBtrelbl.  Kr,  7)^  seh  eiae  isolirte  TÄhitmeg  dee  Bicepe  bei  mmm 
l5jibrig6Q  Henne,  henrorgendeD  derdi  Df«ck  enf  den  M. 
fataneoa.  ]>er  Bioepe  eir^b  die  tob  Rumpf  ^x  die  eo^ 
tieebe  Neoreee  eis  charaktemtiscb  uMgiBproehea 

Wogen  dee  Muekeb,  dee  mA  dem  Anfbdroi  äm\ 
\  etntritl.  Hier  wer  die  Feeroee  leil  Sieberbeit  i 
eed  mir  des  Trauma  ▼orbaadea,  so  deee  alao  die  Emiipf'ecbe 
Bf  ctiQtn  ek  filr  die  tnuunetiecbe  Neoroee  efauiktaralaeeb  oicbt  eaf^ 
pB&Bt  werden  ka&D* 

Bernbardt,  Erginxung  ser  Ktttbeilaog  des  Herre 
Privatdocenten  Dr.  Windscbeid  über  isolirte  Labmuiig 
des  N«  Dnusealo-ciitaiieas  etc.  (KenroL  CentralbL  Nr.  8)|  gibt  die 
Kraiücengesebicbte  sweaer  Ton  ibm  vqt  Jahren  mtlgetbeilteii  HOe 
▼ee  tealirter  Läbmung  des  N.  mueealo-cataiieiis,  die  sseb  einer 
Lnzntion  bezw.  ContitBioD  des  betreffenden  Scbnilergelenkee  auf* 
fSBsCea  war, 

Bernbardt,  üeber  einen  Fall  Ton  doppelseitiger  tran- 
maciscber  Lähmung  im  Bereiche  des  Plexus  bracbialis 
y^tiroL  CentralbL  Nr.  9),  beechreibt  eine  doppelseitige  traumatische 
£ri  rfcbe  Plexnsl&hmung  bei  einer  29jährigen  Frau.  Die  Lähmung 
wir  während  einer  Operation  dadurch  zu  Staude  gekommen ,  dass 
die  Artoa   der   auf  dem  V  ei  tischen  OperatioDstisch  in  Beckenhoch- 


£ 


192 


Seeligmüller» 


lagerung  liegendüD  KraukeD  von  einem  Assisteuten  aiit  ziemlicher  ^ 
Kraft  naeh  oben  und  hinten  gehalten  wurden.  Nach  dem  Erwachen 
a\iä  dem  Chloroform  schlaf  bemerkte  man  die  Lähmung.  Beide  Arme 
waren  in  fast  gleicher  Weise  arücirt,  und  zwar  folgende  Muskeln: 
Musculi  infra^pinati,  deltoidei^  bictpites,  brachiales  interni  und  aupi- 
uatores  longi  et  brevesj  ferner  waren  die  Musculi  tricipitea  and 
pectoralfs  majoreB  paretij?cb.  Da  keine  Entartangareaction  vorhanden  ^ 
war,  konnte  die  Prognose  günstig  gestellt  werden.  ■ 

Pagenatecherj  Ueber  Lähmungen  des  Plexus  brachia- 
lis  sowie  über  die  bei  Axillarialähmung  vorkommende 
8ensibil]tätsstörung  (Archiv  f.  Psych,  und  Nervenkrankheiten 
Bd*  23,  S*  672 1|  bespricht  die  Symptomatologie  dieser  Lähmungen, 
Es  handelt  sich  fast  bei  allen  diesen  Ptexuslahmungen  nicht  um  den 
Plexus  selbst,  sondern  um  die  Wurzeln,  Bei  der  totalen  sowie  der 
unteren  Lähmung  findet  man  häutig  Myosis,  Verengerung  der  Lid- 
spalte, Tieferliegen  des  Bulbus,  und  in  selteneren  Fällen  Abflachong 
der  Wange.  Bei  der  unteren  Plexuslähmung  sind  fast  immer  Sensi- 
bilitätöst Orangen  vorhanden^  and  zwar  im  Gebiete  der  Hautaste  des  ^ 
UlnariSi  Cutaneus  brachii  internus,  und  nicht  selten  auch  Im  Bereich  H 
de^  Mediaous  und  Radialis.  Bei  der  überen  Plexuslähmung  dagegen 
fehlen  die  Erscheinungen  von  Seiten  des  Sympathicus,  auch  sin^i 
bei  ihr  ausgedehnte  Sensibjlitätsstörungen  selten;  wenn  sie  vor- 
handen sind,  so  befinden  sie  sich  im  Gebiete  des  Axillaris,  Musculo- 
cutaaeus,  zwischen  der  Medisnus. 

E.  Pfeiffer,  Zwei  Fälle  von  Lähmung  der  unteren  War- 
.zeln  des  Plexus  brachialis  {,^KlumpkeVsche  Lähmung'^) 
(Deutsche  Zeitschrift  für  Nervenheilk.  1891,  Bd.  1,  H.  5  u.  6),  gibt 
die  genaue  klinische  und  anatomische  Beschreibung  zweier  Fälle  vor 
Klump  keuscher  Lähmung,  die  bekanntlich  in  einer  atrophischen 
Lähmung  des  Thenar,  Hypothenar  und  der  Interossei  mit  Anästhesie 
im  Uln&ris  und  oculopapi Hären  Erscheinungen  besteht. 

E.  Stern^  Ein  Fall  von  Drucklähmung  des  Armes  (Berl 
klin.  Wocbenschr.  1891,  Nr.  46)^  sah  die  Lähmung  nach  ümschnü- 
rang  des  Armes  mit  einem  Gummischlauck  auftreten.  Dieselbe  war 
von  einem  Arzte  im  Krankenhause  gemacht  worden^  um  anscheinend 
das  Weiterscbreiten  «iner  Lafection  von  einer  kleinen  Wunde  am 
Zeigefinger  aus  zu  verhindern.  Dm-  Schlauch  wurde  6  Wochen  lang 
in  dieser  Lage  gelassen^  ohne  nur  ein  einziges  Mal  abgenonamen  zu 
werden!     Sonst  bietet  der  Fall  nichts  Neues. 

J,  B,  Charcot  und  Meige  (Progres  m^d.  1891,  Nr.  14)  beoh- 


Krankbeiten  dea  Nervensvßtema. 


19B 


achteten  bei  eioer  27jährigen  Frau  einen  Fall  von  atrophischer 
Lähmung,  die  eotstanden  war  infolge  von  Ueberaustren- 
gung  an  der  Nähmaschine.  Da  Patientin  früher  hyaterische 
Symptome  gezeigt  hatte  und  zur  Zeit  neben  Anäethesie  am  Ober- 
schenkel vollständiges  Fehlen  des  Pharynxreflexes  (Chairon  eches 
Zeichen)  zeigte ^  so  schliessen  die  Verff.  auf  gleichzeitiges  Vorhan- 
densein von  Hysterie  (?  EefO. 


D-    Chindamo    (Rivista    clin,   e   terap.    1891, 
auf  Grund   von   überraschenden  Heilerfolgen   in    11 
theils    veralteten   FälJen    von   Ischias,    s  üben  tau 
von  Schwefeläther,    1—2  Pravaz'scbe  Spritzen 
Druckpunkten  von  oben  nach  unten.    Heilung  in  4 
etwaigen  Versuchen   wolle  man  doch  ja  beachten  ^ 
nur  unter  die  Haut,  nicht  in  die  Muskeln  gespritzt 
derselbe  Aetherlähmungen!    Ref.) 


Dec.)  empfiehlt, 
theils  frische  Uy 
e  Injectionen 
täglich,  an  den 
-8  Tagen.  (Bei 
dass  der  Aether 
wlrd^  sonst  setzt 


C.    Neurosen. 

K  Hysterie. 

Bourneville  und  Sallier,  Deux  nouvelles  observations 
d'hystörie  male  (Arch.  de  neurol.  1891,  Bd.  22,  Nr.  66),  beschreiben 
zwei  Beobachtungen  von  männlicher  Hysterie.  Im  ersten  FaUe 
handelte  ch  sich  um  einen  17jährigen  hereditär  belasteten  —  Alko* 
holismus  beim  Vater  und  Grossvater,  Migräne  bei  der  Mutter  — 
Juden,  der  seit  dem  16.  Lebensjahre  an  grossen  hysterisch-epilep- 
tischen Anfällen  litt.  Wegen  verschiedener  Vergehen,  die  Patient 
zum  Theü  im  Dämm  er  zustande  begangen  hatte,  war  er  mit  dem 
Gericht  in  Conflict  gekommen.  Vnn  interparoxysmalen  Symptomen 
bestanden:  SensibiUtÄtsetörungen ,  Djschromatopsie ,  Aufhebung  der 
Rachetireflexef  Gesichti^felde  in  engung«  Der  zweite  Kranke,  ein  IBjäh- 
riger  Mensch,  ebenfalls  hereditär  belastet,  litt  seit  dem  13*  Jahre 
an  Angstvorstetlungen,  und  im  Anächiuss  an  diese  stellten  sich  bald 
schwere  hystero- epileptische  Anfalle  ein* 

Giües  de  la  Tourette  und  Cathelineau,  Die  Ernährung 
bei  Hysterie  (Progr.  m6d.,  2.  S.  Bd.  12,  Nr.  39,  4S,  46,  1890),  stellten 
Untersuchungen  an  über  die  Ernäbrungsverhältnisse  in  Fällen  von 
hysterischer  Anorexie,  bei  hysterischem  Erbrechen  und  endlich  bei 
Kranken  mit  hysterischer  Contractur,  Lähmung  und  Zittern.  Bei 
der  ersten  Gruppe  von  Fällen  ergab  sich  eine  Venalud^stxLxv^  ?^^st 
Jahrbuch  d.  pracL  Med  lein     ifm  ^^ 


194 


SeeJigmüUer. 


festen  Rückötünde  dea  Urins  ^  ebenso  des  Harnstoffes.  Die  Menge 
der  ausgescMe  denen  Phosphor  säure  war  um  circa  die  Hälfte  des 
normalen  Gehaltes  geringer.  Einen  reinen  Fall  der  zweiten  Gruppe, 
hysterische  Anorexie,  hatten  Verff.  nicht  ^u  heobachten  Gelegenheit. 
Bei  den  an  unstillbarem  Erbrechen  Leidenden  ergab  sich  durch 
UntersnchüBg  des  Erbrochenen,  dass  der  grössere  Theil  der  durch 
die  Magensonde  zur  Ernährung  eingeführten  Milch  im  Magen  ver- 
blieb. Im  Erbrochenen  befand  sich  stets  Harnstoff.  Bei  der  v^ierten 
Gruppe  der  Untersuchten  wurden  Störungen  in  der  Ernäbrung  nicht 
gefunden» 

Gilles  de  la  Tourefcte,  Hysterische  Anfälle  unter  der 
Gestalt  von  Trigeminusneuralgie  und  Meniere*schem 
Schwindel  (Progr.  m^d,,  2.S.  Bd.  14,  Nr.Bl,  1891),  beobachtete,  dass 
das  Trigeminnsgebiet  hysterogene  Zone  wurde.  Als  Aura  des  hyste- 
rischen Anfalles  tritt  eine  Geaichtsneuralgie  auf^  auch  kann  letztere 
allein  den  hysterischen  Anfall  ausmachen.  Ferner  kann  Druck  auf 
einen  Trigeminespunkt  den  Krampfanfall  auslöseu.  Als  Beweis, 
dass  auch  das  innere  Ohr  die  hy@::erogeDe  Zone  darsteilen  kann, 
gilt  ein  von  Oharcot  beobachteter  Fall,  bei  dem  eine  an  grosser 
Hysterie  leidende  Kranke  Meni^r ersehen  Schwindei  bekam, 

P,  Sollier,  Hysterische  Anorexie  (Bevue  de  m4d.  Bd,  40^ 
H.  8|  S.  625,  1891),  unteracheidet  die  primäre  und  secundäre  An- 
orexie, Erstere  ist  das  Hauptsymptom  der  Hysterie,  die  zweite 
besteht  nur  neben  anderen  bysterischen  Erscheinungen.  Sie  ist  am 
häufigsten  bei  jungen  Mädcheu ;  ihre  Ursachen  sind:  1)  allerhand 
Thorheiteii,  wie  Sucht,  interessant  zu  erscheinen  etc.;  2)  Mangel  an 
Hnngergef&bl;  3)  Zufälle  beim  Easeo,  wie  Schlingkrämpfe,  Magen- 
schmerzen, Erbrechen;  4)  Sinnestäuschnngen ,  z.  B,  Makropsie,  in- 
folge deren  die  Speisen  enorm  gross  erscheinen. 

A*  Sarbu,  üeber  hysterisches  Fieber  (Archiv  f,  Psychia- 
trie Bd.  23,  H.  2,  S.  496,  1801),  beschreibt  einzelne  Beobachtungen 
von  Fieber  bei  Hysterischen.  Theils  handelte  es  sich  um  Neben- 
erscheinungen des  Fiebers  ohne  Steigerung  der  Körperwärme,  theils 
um  eehtes,  entweder  dauernd  oder  in  AnftUen  auftretendes  Fieber. 

Th.  Leber,  Ueber  periphere  Sehnervenaffectionen  bei 
Hysterischen  (Deutsche  med.  Wochenechr  Nr.  33),  liefert  auf 
Grund  einiger  von  ihm  beobachteter  Fälle  den  Nachweis,  dass  bei 
Hysterischen  gewisse,  rasch  vorübergehende  Erblindungen  oder  Am- 


I 


Krankheiten  des  Nerve Dsyfitems, 


195 


«tltreieii,  die  ibreii  Grund  in  einer  flüchtigen  EntzütiduDg 
der  Sehoervenstämme  haben.  In  einzelnen  FäOen  kann  man  auoh 
Bil  dem  Augenspiegel  eine  weiseliche  Vererbung  der  Sehnerven- 
p^küld  beobachten,  die  nach  Verf.  als  der  Ausdruck  einer  durch 
Tarinddrimgen  der  Neuroglia  bedingten  stärkeren  Beflexion  des  Pa- 
psllftrgeweb^e  aofsafassen  ist. 

0.  Caryophylis,  Aphagie,  Alalie  und  Astasie*  Abasi  e 
geheilt  durch  forcirte  Suggestion  (Progr.  med.,  1,  October 
1893)  berichtet  dber  folgenden  Fall  von  Hysterie  im  Kindesalter: 
Ein  13jähriger  Knabe,  von  melancbob'scher  Mutter  abstammend^  die 
tidi  wahrscheinlich  selbst  das  Laben  nahm^  beginnt  plötzlich  aus 
unbekannten  Gründen  die  Nahrungsaufnahme  zu  verweigern,  nicht 
mehr  su  sprechen  und  nicht  mehr  zu  gehen.  Die  Nahrungsaufnahme 
wird  oBgefähr  2  Jahre  lang  verweigert,  während  welcher  Zeit  er 
'halb  von  je  24  Stunden  nur  eine  Portion  Gefrorenes  zu  sich 
(?).  Er  wird  mager,  fast  zum  Skelet,  sein  Athem  ist  fötide* 
Er  wird  von  dem  Arzt  in  der  Art  zu  hypnotisiren  versucht,  dass 
dereelbe  einen  leisen  Druck  auf  die  Balbi  ausübt.  Dies  gelingt 
die  ersten  Male  gar  nicht,  der  Knabe  schreit  und  bekommt  eine  Art 
Krämpfe«  Die  Hypnose  selbst  gelingt  nicht,  dagegen  wird  ihm 
atnndenlang  suggerirt ,  dass  er  wieder  essen  ^  sprechen  und  gehen 
Vollständige  Heilung. 


Hjulle 

^|pa]] 


A.  Pick,  üeber  die  Combination  hysterischer  und  or- 
aniflch  bedingter  Störungen  in  den  Functionen  des 
Auges  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr,  31—33,  1802),  beobachtete 
snslchst  bei  einer  24jährig6n  weiblichen  Person,  die  von  Geburt  an 
an  Amblyopie  und  Bewegungsstörung  der  Augen  litt,  das  Auftreten 
einer  Amaurose  und  einer  Ophthalmoplegia  exterior  hysterischen  Cha- 
raktere, neben  sonstigen  hysterischen  Erscheinungen,  wie  Anästhesie 
«od  ELrampfan fallen,  Dass  es  sich  bei  den  o ciliaren  Symptomen  um 
bjpalerisehe  Erscheinungen  handelt,  geht  daraus  hervor,  dass  sie  im 
AnfffH*!^  an  hystero^epüeptische  Anfälle  auftreten  und  unter  dem 
Euifluaa  der  Suggestion  (Magneten)  bis  zu  dem  vorher  bestandenen 
angeborenen  Grade  von  Sehslörung  zurückgehen.  Die  Section  er- 
gab: Im  Anfangsstück  der  Arteria  basilaris  ein  dieselbe  vollständig 
obtanrender  Thrombus,  ausserdem  Thrombus  der  Arteria  cerebelli 
inferior  postica  dextra,  desgleichen  der  Arteria  cerebelli  postica 
ftSiatra  sowie  bei  beiden  Arteriae  profundae  cerehri.  Den  genannten 
Arteriengebieten  entsprechend  eine  Encephalomalacie  betreffend  den 
Caneus,  angrenzende  Partie  des  Präcuneus,  Umbiegungsstelle  des  Gyrus 


I 


I 


I 
I 


fornioatus  und  die  beiden  Gryri  occipito-temporaleB  inferioreß.  Femer 
Erweicheng  im  Kleinhirn.  Die  Sehstör ung  hat  jedeDfaUs  im  Zu- 
BammenhaDg  mit  der  cerebralen  Läsion  gestaoden,  es  ist  aber  be* 
merkenswertb  ^  dass  dieselbe  bei  der  angewandten  BuggeBtien  eine 
Beesemiig  erfnhr^  was  vielleicht  dadurch  zu  erklären  im,  dass  es 
sich  um  ein  enggeatibles  resp.  hyatenBches  Individuum  gehandelt  hat. 

2.  Epilepsie. 

Pitres,  Ueber  partielle  sensitive  Epilepsie  (Arch,  cli- 
niques  de  Bordeaux  Januar  1892)^  beschreibt  als  partielle  Epilepsie 
eine  Affection ,  die  mit  der  Jacks on*8cheD  Epilepsie  gross©  Aehn- 
lichkeit  hat^  nur  dass  bei  ihr  die  aensiblen  Störungen  mehr  in  den 
Vordergrund  treten,  während  bei  letzterem  Leiden  die  motorischeD 
Erscheinungen  die  Hauptsache  sind.  Die  Uebereinstimmung  beider 
Affectionen  besteht  darin,  dass  die  krankhaften  Erscbeinungen  zu* 
eröt  auf  einen  peripheren  Theil  beschränkt  sind^  in  demselben  bleiben 
oder  auch  weitergehen  können;  bei  beiden  ist  Bewussteeinaverlust 
gar  nicht  oder  doch  erst  sehr  spfi^t  vorhanden.  Eine  Abart  dieser 
partiellen  sensiblen  Epilepsie  ist  nach  Verf.  die  Migraine  ophtal- 
mique.  Der  Anfall  verläuft  folgendermaseen :  Er  beginnt  gewöbnlicb 
an  der  Peripherie  einer  Extremität  mit  Parästhesien  ^  diese  dehnen 
sich  rasch  über  da«  ganze  Glied  aus;  von  da  auf  die  betreffende 
Körperhälfte,  aber  nur  in  seltenen  Fällen  auf  den  ganzen  Körper. 
Zuweilen  sind  gleichzeitig  Eräcbeinungen  von  Seiten  der  Sinnes- 
organe vorhanden^  Der  Anfall  dauert  etwa  10  Minuten.  Die  Er- 
scheinungen gehen  in  der  Reihenfolge,  in  der  sie  gekommen  sind, 
zurück,  um  zuweilen  Kopfsohmerz  und  Erbrechen,  ja  auch  wohl 
partiellen  Paralysen  und  Aphasie  Platz  zu  machen.  Die  Prognose 
und  Therapie  sind  von  den  ätiologischen  Momenten  abhängig. 

Mehrere  Arbeiten  beschäftigen  sich  mit  der  Frage  nach  der 
Thunlichkeil  eines  operativen  Eingriffes  bei  Epilepsie. 
B.  Sachs  (New  York  medical  Journal  Bd.  65,  Nr.  8)  meint  au- 
näohst,  dass  die  idiopathische  Epilepsie  eine  viel  seltenere  Krank- 
beil sei,  als  gewöhnlich  angenommen  wird  ,  denn  vielfach  seien  in 
Fällen^  die  als  idiopathische  Epilepsie  imponirten,  vor  Jahren  er- 
littene und  vergessene  traumatische  Einwirkungen  zu  beschuldigen, 
Ferner  ist  die  genuine  Epilepsie  nach  Vert,  keineswegs  ein  funotio- 
nelles  Leiden,  sondern  ihm  liegen  mikroskopisch  nachweisbare  skle- 
rotische Proceeee  in  der  Hirnrinde  zu  Grunde,  und  zwar  ist  diese 
Sklerose  meistens  eme  secandäre,  entstanden  im  Anscbluss  an  Trau- 


Krankheiten  des  ^^erreniystemfi. 


197 


^tti^n^  Hämorrbagien  etc.    Auf  Grund  die»er  Ansichten  kommt  Verf. 
zu  folgenden  Scblüsaen  in  Bezug  auf  die  therapentiacbe  Aufgabe  bei 
ider  £püepsie:  1)  bandelt  es  sich  darum,  den  primären  Beizuegsberd 
sa  beseitigen;  2)  die  Sklerose  zu  verhüten  oder  die  bereits  entstan- 
dene wegzubringen;    letzteres   ist   aber   nur   durch  Entfernung    des 
Reizangsherdes   möglich.     Verf.    bat   in    10   Fällen    operiren   lassen, 
er  theilt  sieben  Krankecgescbiobten  davon  mit.    Bei  vier  Fällen  von 
timnmatiscber  Epilepsie,  in  denen  erst  viele  Jabre  nach  dem  Traumu 
opertrt  wurde,  wurde  nur  eiomal  Besserung  erzielt,  dagegen  wurden 
drei  F&Ue  von  Epilepsie    nach   cerebraler  Kinderlähmung  durch  die 
Operation  deutlich  gebessert. 

Dasselbe  Thema  behandelt  H.  Ktimmell  (Zqv  operativen 
Behandlung  der  Epilepsie  (Deutsche  med.  Wochenschr;  Nr.  23), 
der  über  eine  Reibe  von  Fällen  berichtet,  in  denen  die  Operation 
BQSgeföbrt  wurde.  Da  die  betreffenden  Kranken  meistens  mehrere 
Jahre  beobachtet  wurden,  so  ist  über  die  Wirkung  des  operativen 
Eingriffs  schon  ein  sicheres  Urtheil  zu  fällen.  Die  Operationen  be- 
standen theils  in  der  Unterbindung  der  Arteriae  vertehrales,  ferner 
in  der  Exstirpation  des  Ganglion  cervicale  superius  und  endlich  in 
der  Trepanation.  Die  Erfolge  waren  in  Fällen  von  genuiner  Epi- 
kpeie  nicht  besonders  gunstig,  in  zwei  Fällen  von  Jacks on'scher 
Epilepsie  wurde  Heilung  erzielt. 

Benedikt,  Ueber  die  operative  Behandlung  der  idio- 
pathischen Epilepsie  (Wieuer  med,  Presse,  10.  Juli  1892).  Die 
idtapatbißche  Epilepsie  kann  eine  ganz  umschriebene  Krankheit  sein, 
die  den  Anfall  einleitenden  Zuckungen  sind  das  constante  Element, 
wfthreiid  alles  Uebrige  Irradiation  ist.  Ein  motorisches  Centrum^ 
in  dem  Sinne,  dasa  durch  dessen  Ausschaltung  Lähmung  entstände, 
^bl  de  in  der  Rinde  nicht,  das  motorische  Symptom  der  Rinde  ist 
^dia  Convulsion;  man  kann  also  durch  Ausschalten  eines  solchen  Cen- 
ttiuziB  Convulöionen  verhindern,  aber  nie  Lähmung  erzeugen.  Wenn 
lAbinungen  entstehen,  so  sind  diese  Bhokwirkungen  der  Operation 
tauf  tiefere  Centren.  Wird  —  wie  in  einem  vom  Verf.  vorgestellten 
Falle  —  die  Ausschälung  der  Hirnrinde  im  Gebiete  des  motorischen 
Cenürums  sorgfältig  ausgeführt,  und  jede  Shokwirkung  ausgescblossen, 
erholt  sich  ein  solcher  Kranker  in  wenigen  Stunden,  Bisher  sind 
Fälle  dieser  Art  operirt  worden,  doch  ist  es  noch  zu  früh,  um 
CJrtheil  abgeben  zu  können. 


Walton   und    Carter,    Epilepsie    und   Convulsionen   im 
Kindesalter    (Boston   med*   and   surg.   Journ.   Bd.    125,    H.    19, 


198 


Seeligmüller. 


S.  486^  1B91),  diacutiren  die  Frage,  ob  Krämpfe  im  Küjdesalter  zu 
einer  späteren  Epilepsie  dispouiren.  Sie  hatten  unter  70  Fällen  von 
Epilepsie  nur  5^  bei  denen  im  Kindesalter  Krampfanfälle  vorhanden 
geweBen  waren;  dmal  hatte  die  Epilepsie  schon  im  Kindesalter  be- 
gonnen, und  in  66  Fällen  waren  frühere  Krämpfe  nicht  nachzu- 
weisen. 

Zu  dem  Kapitel  „Therapie  der  Epilepsie^  gehört  üoch  fol- 
gende Arbeit  von  Babes,  Ueber  die  Behandlung  der  genuinen 
Epilepsie  und  der  Neurasthenie  mittels  subcutaner  In- 
ject ion  von  normaler  Nerven  Substanz  (Deutsche  medioin. 
Wochenschr.  Nr.  30).  Derselbe  hatte  heobachtet,  dass  die  gegen 
Hundswuth  geimpften  Personen  durch  die  Impfung  oft  von  ver- 
schiedenen älteren  Nervenleiden  geheilt  wurden.  Er  nahm  aia  das 
wirksame  Princip  in  diesen  Fällen  die  ziemlich  bedeutende  Menge 
Nervensubstanz  an,  welche  bei  der  Impfung  zur  Verwendung  kommt, 
und  er  versuchte  deshalb  bei  Neurasthenikern  grössere  Mengen  Ge- 
hirn- und  Rückenmarksabs  tanz.  Die  Erfolge  waren  befriedigend; 
schon  nach  den  ersten  lujectionen  trat  Besserung  und  nach  3  Wochen 
langer  Behandlung  Heilung  ein.  Verwendet  wird  das  Gehirn  und 
Bückenmark  von  Schafen;  die  Neurastheniker  bekamen  4 — 5,  die 
Epileptiker  5— G  Injectionen  pro  Woche.  Die  besten  Besultate  wur- 
den erzielt  bei  hochgradiger  Melancholie,  Neurasthenie  und  Träg- 
heit der  Herzthätigkeit ,  und  die  Wirkung  des  Schafsrückenmarks 
und  -Gehirns  bei  Epilepsie  übertrifft  die  aller  früheren  Mitteil 
Difficile  est  saüram  non  scribere! 

Tochtermann^  Ueber  die  Circulationastörungen  im  epi- 
leptischen Anfall  (Inaug.-Diss,  Dorpat  1892,  Petersburg,  medic. 
Woebenschr.  Bd.  29,  1892}  t^nd^  dass  die  Oirculationsstörungen  in 
vier  Stadien  verlaufen.-  1)  Blutdrticksteigerung  mit  Palsbesohleu- 
nigang;  2)  Blutdrucksteigerung  mit  Verlangsam ung  der  Herzthätig- 
keit;  3)  weiteres  Steigen  des  Blutdrucks ;  4)  allmäbliche  Herateilung 
des  Zustand  es  vor  dem  Anfalle.  Der  gröaete  Antbeil  an  der  Blut- 
druckste igerung  ist  nicht  auf  die  krampfhafte  Muskekction,  sondern 
auf  die  primäre  Erregung  der  vasomotorischen  Centren  zurückzu- 
führen. Wurden  die  Vagi  durchtrennt,  so  fehlte  die  Pulsverlang- 
samung  im  zweiten  Stadium. 

ii.  Die  übrigen  Neurosen, 

P»J.Moebiue,  Ueber  die  Base  do  wasche  Krankheit  (Deutsche 
Zeitschr.  f.  Nervenh.  Bd.  1,  H,  5  und  6),  ateltt  Alles  zuöammen,  was 


KraDkheiten  dea  Nervensystems. 


I 


I 
I 


die  letsten  Jahre  über  Aetiologie  und  Diagnose  des  Leidens  Neues 
gebracht  haben.  Das  erste  Symptom  sind  in  der  Kegel  die  Er* 
acheinungen  von  Seiten  des  Herzens;  Struma  Ist  in  fast  allen  Fällen 
Torbandeiif  und  zwar  handelt  es  sich  meist  ^im  eine  Vergrösserung 
ier  seitlichen  Theile  der  Schilddrüse.  Von  Seiten  der  Haut  hat 
man  verminderlen  Widerstand  gegen  elektrische  Ströme,  Urticaria, 
BroQEehaQt,  Oedem  und  Haarausfall  beobachtet.  Von  Verdauungs- 
st^TODgen  sind  Durchfalle,  Erbrechen,  Heiäshunger  und  Darmatonie 
nicht  sdten.  Von  nervösen  StöruDgen  tritt  der  Tremor,  der  dem 
bei  Alkoholismus  vorhaDdeDen  ähnlich  ist,  am  meisten  hervor,  femer 
»oll  nach  Charcot  lähmungsartige  Schwäche  häufig  sein;  auch 
Crampi.  besonders  in  den  Füssen  und  UnterBcheßkelnj  wurden  be- 
obachtet« Geistige  Störungen  von  einfacher  Reizung  bis  2u  ausge- 
sprochener Geisteskrankheit  kommen  bei  dem  Leiden  vor,  Kach 
Moebius  handelt  es  sich  bei  Morbus  ßasedowii  um  eine  krankhaft 
▼erftnderte  Thätigkeit  der  Schilddrüse. 

E.  Mendel,  Zur  pathologischen  Anatomie  (Deutsche  med, 
Wochenechr.  Bd*  18,  Nr.  5),  bat  in  einem  Falle  von  Basedow- 
acher  Krankheit  die  mikroskopische  Untersuchung  des  Gentral- 
aenreasystems  vorgenommen.  Es  fand  sich  eine  Ungleichheit 
beider  Corpora  reetiformia,  die  vt^ntralwärts  am  meisten  ausge- 
aproehen  schien. 

Mit  der  Frage  nach  der  operativen  Behandlung  des  Morbus 
Bn^edowii  beschäftigen  sich  eine  Reihe  von  Arbeiten. 

R.  Stierlin,  Weiterer  Beitrag  zur  Frage  der  Struma- 
exatirpation  bei  Morbus  Basedowii  (Beiträge  zur  klin.  Chir. 
Bd.  8p  H,  3,  S*  &78),  beschreibt  drei  Kropfoperationen ,  die  in  der 
Züricher  Klinik  vorgenommen  wurden,  und  in  denen  es  sich  um  die 
Base do wasche  Krankheit  gehandelt  haben  soll.  Sodann  stellt  Verf. 
aus  der  Litteratur  27  Fälle  von  Kropf  Operation  bei  Morbus  Basedowii 
zusammen,  von  denen  22  vollständig  geheilt,  2  bedeutend  gebessert, 
B  nicht  gebessert  sein  sollen,  und  1  starb. 

Dreesmann^  Die  chirurgische  Behandlung  des  Morbus 
Basedowii  (Deutsche  med*  Wochenschr.  Bd.  18,  Nr.  5),  sah  in  drei 
F^Uen,  bei  denen  die  von  Kocher  angegebene  Unterbindung  der 
Schilddrüsenarterien  vorgenommen  wurde,  ein  gutes  Resultat, 

Endlich  sei  noch  der  Fall  von  Musehold,  Ein  Fall  von 
Morbus  Basedowii,  geheilt  durch  eine  Operation  in  der 
Naee  {Deutsche  med,  Wochenschr,  Bd<  18,  Nr.  5),  erwähnt,  bei  dem 
Heiltuig  nach  Ausbrennen  des  vergrösserten  hinteren  Endes  der 
rechten  unteren  Nasenmuschel  eingetreten  sein  soll. 


200 


Seeligmüüer. 


Krömer,  Zur  pathologischen  Anatomie  der  Obarea 
(Archiv  t  Päych,  Bd.  23,  H,  2,  8.  538,  1891),  fand  bei  der  Section 
eines  Falles  voo  Chorea  über  der  rechten  Hirnbälfte  ein  Hämatom 
von  5  cm  Durchmesser  und  ein  zweites  über  der  linken  Hemisphäre, 
das  dieselbe  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  einDahm.  Die  mikroskopi- 
sche ünterauchung  ergab  zahlreiche  Herde  im  Corpus  striatum,  in 
der  Capsula  interna  und  im  Thalamus  opticus.  Die  linke  Himhäl^e 
war  bedeutend  stärker  afficirt  als  die  rechte;  ferner  bestand  Atro- 
phie der  rechten  Pjrramidenbahn  und  achliesalich  der  ganzen  rechten 
Bücken  mar  ksbälf  te . 

0.  Riehl,  Beiträge  zur  Aetiologie  der  Chorea  (In.-Diss. 
Berlin  1891)  berichtet  über  einige  in  Gerhardt's  Klinik  gemachte 
Beobachtungen,  16  von  den  26  Kranken  hatten  Gelenkrheumatismus 
oder  rheumatische  Beschwerden  gehabt,  24  zeigten  krankhafte  Ver- 
änderungen am  Herzen,  und  zwar  war  bei  15  zweifellos  Endocarditis 
vorbanden j  bei  1  Pericarditis.  Von  den  letzten  16  war  bei  9  Kbeu- 
matismus  nachzuweisen, 

H.  Löwenthal,  Bebandlung  der  Chorea  mit  Exalgin 
(Berl.  klin»  Wocbenschr.  1892,  Nr.  5),  bebandelte  im  Jahre  1891 
36  Patienten  mit  Exalgin.  Die  Dosis  betrug  0,2  mehrere  Male  täg- 
lich,  so  dass  die  Tagesdosis  1,0  nicht  überschritt  und  nicht  unter 
0,6  sank.  Das  Alter  der  Kranken  schwankte  zwischen  3 — 18  Jahren^ 
die  Dauer  der  Bebandlung  betrug  zwischen  8  Tagen  und  4  Minuten. 
Das  Exalgm  wirkte  gut,  wenn  die  Kranken  direct  nach  dem  Aus- 
bruch des  Leidens  zur  Behandlung  kamen,  Besserang  trat  meist 
erst  nach  25— 3U  Pulvern,  bei  einigen  Bchon  nach  12  Pulvern  ein. 
Zuweilen  wurden  unangenebme  Nebenwirkungen  beobachtet,  wie 
Ohrensausen,  Gefühl  von  Trunkenheit,  Flimmern  vor  den  Augen, 
Erbrechen,  Kopfschmerz  nnd  Icterus. 

J.  Lewis  Morris,  Der  Einfluss  der  Jahreszeit  auf 
Chorea  und  Rheumatismus  nach  15jähriger  Beobachtung 
1876 — 1890  (Amen  Journ.  ot  tbe  med,  sciences,  Sept),  kommt  auf 
Grund  seiner  Untersnchungen  über  den  Zusammenhang  zwischen 
dem  Auftreten  von  Chorea  und  Rheumatismus  einer-  und  den  Wetter- 
Terbältnissen  andererseits  zu  folgenden  Scblussfolgerungen : 

1)  Der  Einilusa  der  Jahreszeit  auf  Chorea  und  Rbeumatismus 
ist  erwiesen, 

2)  Die  Curven  eut  Bestimmung  der  monatlicben  Menge  von 
Chorea-  und  Rhetimatismuserkranknngen  zeigen  eine  deutliche  üeber- 
einstimmung  mit  den  Curven  der  monatlichen  Gesammterkrankungen. 

3)  Die  Variationen  in  dem  allgemeinen  Gesundheitszustände  sind 


Kmakheit^n  dea  Nervensystema. 


201 


kttoe  Ursache  lur  die  Schwankungen  im  Auftreten  von  Chorea  und 
Rheamali6niU8,  sondern  beide  haben  wahrscheinlich  dieselbe  Ursache. 

4)  Obgleich  üeberbürdung  der  Kinder  auf  die  Entstehung  der 
Chorea  einen  grossen  Einäass  bat^  ^o  falleu  doch  die  Monate,  in 
dieneo  diese  Ueberbürdacg  hauptsächlich  statt  hat,  nicht  mit  denen 
fOflunmen ,   in  welchen   die  Summe  der  Choreafälle  am  grössten  ist. 

5)  Wahrscheinlich  hat  das  Wetter  auf  die  beiden  Erkrankungen 
•teoi  sehr  bedeutenden  Ein£uss,  doch  lässt  ir-ich  Dicht  sagen,  welcher 
mateoro logische  Factor  am  meisten  in  Betracht  kommt. 

6)  Dieser  anscheinende  Zusammenhang  zwischen  Wetter  nnd 
de»  beiden  Krankheiten  spielt  jedenfalls  bei  der  Äetiologfe  eine  Rolle. 

A-  Schmidt,  Zwei  Fälle  von  Chorea  chronica  progrea- 
siTa  (Deataobe  med.  Wocb6n!:Jchr.  Nr,  25),  beschreibt  zwei  Fälle  der 
gaarst  toei  Hnntington  1872  beschriebenen  Affection^  für  die  Hoff- 
aaoD  die  obige  Bezeichnung  vorgeschlagen  hat  Die  beiden  Fälldp 
die  im  Uebrigen  ganz  das  Bild  der  H unt in gto naschen  Chorea  dar- 
sielleii,  anterscheiden  sich  einmal  dadurch  von  ihr^  dass  die  Anlange 
des  Leidens  schon  in  das  siebente  Lebensjahr  fallen,  nnd  zweitens  da- 
dctrch  I  dasa  die  directe  Erblichkeit  fehlt,  dagegen  ist  aber  eine  in- 
dtroote  Erblichkeit  vorhanden.  Die  Frage,  ob  die  Chorea  progressiva 
von  der  Sydenham'scheri  Chorea  scharf  ssu  trennen  sei,  lässt  sich 
tur  Zeit  noch  nicht  genau  feststellen* 

Job«  Leva^  Klinische  Beiträge  zur  Paralysis  agitans^ 
mit  besonderer  Berücksichtigung  des  Verhaltens  des 
Harne»  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenb.  Bd.  2,  R  1,  S.  75,  1891), 
k^ymmt  zn  folgenden  Ergebnissen : 

1)  Die  Patienten  zeigten  keine  Eigenthümlichkeiten  des  Harns 
vor  anderen  gleich  alten  und  marastischen  Individuen; 

2)  Bestand  keine  Polyurie,  keine  Phosphaturie,  keine  Verminde- 
fung  der  Sulfate  und  keine  Herabsetzung  der  AusBcheidnng  der  un- 
TollalADdig  oxydirten  Stoffe; 

3)  Ueben  die  Muskelstörungen  keinen  Einfluss  auf  den  Stoff- 
weehsel  aus,  der  durch  die  Harnanalyse  zu  erkennen  wäre. 

Aach  in  den  Fällen  des  Verf.  war  jede  Therapie  vergebens, 
ti«B  Hyoscin  war  so  wenig  wirksam,  wie  andere  Medtcamente. 

A.  Peyer,  Die  Neurosen  der  Prostata  (BerL  Klinik  1891, 
Kr.  81),  unterscheidet  drei  Formen  der  Nenrose: 

1)  Die  Hyperästhesie  des  ganzen  Organe, 

2)  Eine  excessive  Hyperästhesie  der  Pars  prostatica  urethrae, 
8)  Die  nervöse  Irritabilität  des  rnnsculären  Theiles  der  Prostata« 


2ü2 


S^eligtnÜller. 


Ad  1)  ißt  gekennzeichnet  durch  Organgefuhl  der  Prostata^  eine 
genaue  Localisation  des  Organs  ^  die  zu  einer  Reibe  von  abnormen 
Sensationen  fuhren  kann. 

Ad  2}  bildet  eioe  Tbeileräeheinung  der  sexuellen  Neurasthenie 
und  zeigt  als  hervorstechendes  Symptom  Empfindlichkeit  des  Blasen- 
halses, 

Ad  3)  äussert  sich  als  ein  leichter^  mehr  oder  weniger  rasch 
vorübergehender  Krampf  des  BlasenBchliessmuskela.  Die  Folge- 
erscheinung ist  temporäre  Harnverhaltung. 

Die  Therapie  besteht  hauptsächlich  in  der  Sondenbehandlung* 
Bei  grosser  Schmer zbaftigkeit  muss  die  Urethra  cocainisirt  werden. 
BegeluEg  des  Stuhls  und  des  sexuellen  Verkehrs. 

M.  Friedmann,  Ueber  Nervosität  und  Psychosen  im 
Kindesalter  (Mönch,  med*  Wochenachr.,  24.  Mai),  beobachtete 
während  der  letzten  3  Jahre  115  Fälle  von  Nervenerkrankung  bei 
Kindern,  und  zwar 

66  functionelle  Neurosen  (einschliesslich  22  Choreafalle), 

46  organische  und  periphere  Erkrankungen^ 
4  Psychosen  (ohne  Idiotie). 
Diese  Zahlen,  verglichen  mit  der  Zahl  der  vom  Verf,  behandelten 
Erwachsenen,  ergaben^  dass  bei  Kindern  4 — Dmal  seltener  als  beim 
Erwachsenen  eine  nervöse  Affection  die  Form  der  Psychose  annimmt. 
Und  in  Bezug  auf  die  Psychose  ergab  sich,  dass  auf  4  Psychosen 
des  K  tu  liesaltere  80  Psychosen  bei  Erwachsenen  kamen.  Die  ge- 
meinsame Grundlage  der  Neurose  bildet  in  erster  Linie  das  ange- 
borene nervöse  Naturell,  die  nervöse  Anlage;  Verf.  fand  dasselbe 
unter  70  Fällen  37 mal  vorhanden;  femer  wirkten  acute  fieberhafte 
Krankheiten  8mal,  üeberanstrengung  in  der  Schule  ymaL 


I 


I 


D.    Altgemeines, 

J*  Ferguson,  Zur  Diagnose  und  Prognose  der  Sehnen^ 
reflexe  (Gaz.  mM.  de  Paris,  3.  Sept.).  Die  Physiologie  der  Sehnen 
reflexe  ist  noch  umstritten  :  Erb,  J o f f r oy,  Schnitze  etc.  einerseits 
halten  sie  für  einen  Reflex  von  spinalem  Ursprung:  Waller,  West-  ■ 
phal  etc.  glauben^  dass  sie  die  Folge  einer  mechanischen  Erregung 
des  Muskels  sind.  Der  Unterschied  zwischen  den  Hypothesen  ist 
kein  so  bedeutender,  da  auch  die  Anhänger  der  letzteren  zu- 
geben, dass  der  Zustand  von  Muskelerregharkeit  seinerseits  vom 
Rückenmark  bedingt  wird,     Verf.'s  Ansicht   stimmt  mit   derjenigen 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


2oa 


Bmslian'g  und  Jaokson'g  Oberem,  daes  der  Maskelt  onus  die  Folge 
MmiAler  Verbind  äugen  mit  dem  spinalen  Oeotrum  wt^  nnd  dasa 
leMeres  vom  Kleinhirn  seinen  Stimulus  empfangt,  der  vom  Gross - 
Um  inhibirt  wird.  Ueber  den  Zusammeuhaug  zwischen  der  Steige* 
nvg  des  Kniephänomens  bei  Grosshirnläsionen  und  derjenigen  bei 
dar  ftbdteigeoden  Degeneration  bestehen  ebenfalls  noch  Meinungs- 
venehieden betten^  indem  die  Steigerung  nach  den  einen  erst  eintritt, 
wenn  die  Degeneration  aufgetreten  ist,  nach  den  anderen  darin  nur 
ein  znfälügea  Zusammen tref'en  su  sehen  ist.  Verf.  idt  der  letzteren 
Ansicht:  denn 

1)  Tritt  die  Steigerung  in  vielen  Fällen  ein,  ehe  die  Degeneration 
mdh  eolwiekelt  haben  kann ; 

2)  Fehlt  das  Kniephänomen  bei  Kleinhirntumorenj  das  Grosshirn 
Int  noch  seine  controlürende  Fähigkeit  auf  die  spinalen  Oentren, 
aber  die  cerebellare  Affection  hebt  den  EinBtiss  auf; 

3)  Gibt  es  Fälle  von  Querverletzung  des  Rückenmarks^  bei 
<hltOP  sieb  der  PatellarreÜex  auch  nach  langer  Zeit  nicht  wieder 
mstelll;    dort    bat    sich    eine    Degeneration    der   Pyramidenhahnen 


4)  Gibt  es  Fälle  von  Mirntrauma  mit  Steigerung  dea  Patellar- 
CSS,  bei  denen  der  Tod  aber  eher  eintritt^  als  sich  eine  Degene- 
imtioii  der  Fyramidenbabnen  gebildet  haben  kann ;  auch  fehlt  die- 
selbe bei  der  Autopsie. 

Die  Steigerung  dea  Kniephänomens  ist  daher  nichl  abhängig 
voll  einer  Degeneration  der  Pyramidenbahnen,  und  andererseits  können 
wir,  wenn  eine  Steigerung  besteht^  daraus  nicht  scbliessen^  dass  es 
sich  am  eine  Degeneration  oder  Sklerose  dieäed  Tbeiles  des  Eücken- 
aiarks  handelt.  In  Fällen  von  RückeDmarkstrauma  hat  das  Fehlen 
des  Kniephänomens  eine  ächlechte  Vorbedeutung ,  da  es  beweist, 
daas  das  Mark  vollständig  durchgequetscht  ist.  Bei  Hirnblutungen 
kehren  die  Sehnenreüexe  bald  wieder  oder  werden  gesteigert;  hei 
etnlumblatungen  fehlt  der  Pateliarreflex  oder  ist  herabgesetzt. 
Kleinhimtumor  fehlt  der  Patellarreflex  in  der  Regel  infolge  von 
apression  des  Kleinhirns.  Bei  allgemeiner  Paralyse  ist  die  Prognose 
geVj  wenn  frühzeitig  eine  Steigerung  der  Sehnenreflexe  ein» 
da  sie  ein  Naob  lassen  der  cerebralen  Fonction  anzeigt.  Bei 
DCODtosion  gilt 

1)  Daas,  je  grösser  nach  Ahlauf  des  Shoks  die  Steigerung  der 
ce,  am  so  grösser  die  Schädigung  der  Hirnrinde  ist; 

2)  Dass  eine  progressive  Steigerang  der  Reflexe  ein  ungünstiges 
iplom  ist: 


W'i 


Sceligmüller. 


3)  DasB  dagegen  die  Rückkehr  der  Eeflexe  ab  gutes  Omen  an» 
zusehen  ist. 

Eine  Steigerung  der  Reflexe  bei  primärer  oder  secundärer  De- 
generation der  Pyramidenbahnen  ist  die  Folge  davon  ,  dass  der  in- 
hibitorisühe  Einüyss  dea  Qehirns  nicht  mehr  biis  zu  den  Bpinalen 
Centren  reicht.  Das  Kleinhirn  ßndet.  kein  Gegengewicht  mehr.  Bei 
Tabes  verschwinden  die  Reflexe  durch  Unterbrechung  des  Reflex- 
bogens  im  eensiblen,  bei  Poliomyelitis  im  motorischen  Theil,  Bei 
Diphtherie  ist  das  Kniepbänomen  bäiiiig  herabgesetzt,  nicht  immer 
infolge  von  maltipler  Neuritis,  sondern  auch  infolge  des  Vorhanden- 
seins der  Texalbumine,  die  auf  die  nervösen  Gewebe  einwirken, 
Verf.  fand  unter  1(X)  Fällen  von  Diphtherie  61  mal  Fehlen  des  Re- 
flexes, SDraal  war  er  normal.  Endlich  bestätigt  Verf.  die  Beobach- 
tung von  Jackrion^  dasa  ein  geringer  Grad  von  Veeosität  des  Blutes 
die  InhibitoriHche  Fähigkeit  des  Gehirns  aufhebt  Beim  gesunden 
Menschen  fehlt  der  PatBllarreflex  nur  sehr  selten. 

J.  Longard  I  Ueber  die  Beschaffenheit  der  Sehnen* 
rei'lexe  bei  fieberhaften  Krankheiten  und  unter  der  Ein- 
wirkung psychischer  Einflüsse  (Deutsche  Z ei tschr  f.  Nervenh, 
1891,  Bd.  1^  H.  3  und  4),  untersuchte  die  Reflexe  bei  Personen^  die 
an  Infectionskrankheiten  litten  und  fand  bei  vielen  eine  Erhöhung 
derselben,  desgleichen  wurde  von  ihm  eine  Steigerung  bei  psychischer 
Erregung  und  angstlicher  Spannung  beobachtet;  so  wirkte  z,  B.  die 
kliniflobe  Vorstellung  erhötiend  auf  die  Reflexe  ein.  Es  ist  also  aus 
dem  Vorhandensein  von  Fussclonus  und  selbst  von  Patellarclonus 
nicht  immer  auf  eine  Erkrankung  der  Pyramidenbahnen  zu  schliessen. 

Cb,  Fere  und  G.  Demantke,  Plattfuss  ein  Degenerations- 
zeichen (Journal  de  ranat.  et  de  la  physiologie  1891) ,  untersuchten 
171  Epileptische  und  unter  diesen  106  mit  epileptischer  Geistes- 
störung und  fanden  bei  ersteren  in  81  Oq^  bei  letzteren  in  lOS^o  Platt- 
fuss  vor.  Sie  glauben  deshalb  den  Plattfuss  unter  die  Degenerations- 
zeichen zählen  zu  können* 


S*  Goldflam,  Ueber  eine  eigenthümliche  Form  von 
periodischer,  familiärer,  wahrscheinlich  autointoxicato- 
rischer  Paralyse  (Zeitschn  f.  klin.  Med.  Bd.  19 ^  Soppl-Heft 
8.  240,  1891),  beobachtete  einen  Fall  von  periodia eher  Lähmung,  die 
früher  schon  von  Westphal,  Hartwig  etc*  beschrieben  wurde. 
£«  handelte  sich  um  einen  17jährigen  Jüngling,  der  seit  3  Jahren 
an  karsen  Anfällen  von  allgemeiner  Lähmung  litt.  Dieselben  dauerten 


Krankheiten  des  Ner veney stein  & 


205 


ffnlmlich  2  Tage,  waren  anfangs  seltener,  später  wöchentlich  ein- 
wmL  Zuerst  trat  Schwäche  in  den  Beinen  ein,  und  zwar  pflegte  sich 
diadbe  Abends  einzustellen,  und  am  anderen  Morgen  war  der  ganze 
KBrper  mit  Ausnahme  des  Kopfes  gelähmt.  Athmung,  Schlucken, 
Sprache,  Blase  waren  nicht  gestört.  Die  Reflexe  waren  herabge- 
Mtsti  die  SeDBibiUtät  normal.  Am  Ende  des  Anfalls  erfolgte  starkes 
Sehwita^en.  Nach  einigen  Stunden  wurden  Arme,  Bampf  und  Beine 
viadar  beweglich.  Ausser  dem  Kranken  litten  noch  elf  Mitglieder 
mmet  Familie  an  periodischer  Lühmaog,  und  zwar  stammten  alle 
f»  mfitterlicher  Seite.  Männh'che  und  weibliche  Personen  wurden 
iB  gleicher  Weise  afficiit.  Der  Beginn  fiel  zwischen  das  15*  und 
'M  Lebeiifitjalm  Da  Verl  glaubte,  dass  es  sich  um  eine  Autointoxi- 
atioa  haodele^  injicirte  er  Kaninchen  sowohl  Harn  aus  der  Anfall- 
■il  wie  BUS  der  freien  Zeit  in  die  Venen,  und  er  land,  dass  der  An- 
ItUliani  ^ftiger  nar. 

H.  Oppenheim«  Allgemeines  und  Specietles  über  die 
toxtfichen  Erkrankungen  des  Nervensystems  (Berl,  klin, 
Waebenscbr.  Nr.  49,  1891),  glaubt,  dass  die  Wirkungen  verschiedener 
Gifte  auf  das  Nervensystem  sieb  addiren,  so  dass  also  schon  kleine 
Keagen  eisea  Gifbea  bei  gleichzeitiger  Einwirkung  eines  anderen 
werden  könnten.  Deshalb  sollen  z,  B.  Metallarbeiter  mehr 
andere  su  Krankheiten  des  Nervensystems  neigen»  Auch  machen 
&  Qifte  das  Nervensystem  empfänglicher  für  traumatische  Einflüsse, 
Diberaoatrengungen.  Und  endlich  erkranken  die  Nachkommen  von 
XtlaUYdrgil'teten  leichter  als  andere  an  Nervenleiden. 

Oh.  Fttr^  andP.Oovry,  Ueber  die  Energie  und  Schnellig- 
keit der  willkürlichen  Bewegungen  (Journal  de  TAnat.  et 
FlljaioL  Nr.  4),  studirten  an  Fällen  von  unvollständiger  Hemiplegie, 
voi  Hemiamyosthenia  hysterica  die  Reactionsdauer  der  Muskeln, 
fii  gewöbnlich  symmetrisch  in  Action  treten,  wie  z.  B,  die  Gesichts- 
nriEeln.  Dabei  zeigte  sich,  dass  die  Bewegungen  auf  der  aflicirten 
8«te  epftter  eintraten  als  auf  der  gesunden.  Beigegebene  Cnrven 
vlgBO  die  Action  der  Muskeln,  die  durch  einen  auf  die  Muskeln 
■ppBciirteii  Schreibeapparat  gewonnen  wurden.  Verff.  halten  diese 
ünieraocbuDgen  besonders  für  die  Behandlang  der  Stummheit  von 
ptan^tiachem  Nutzen,  da  sich  durch  sie  ergibt,  dass  es  sich  dabei 
okbi  mir  mn  eine  Störung  in  der  Adaptionsfähigkeit  der  Bewegungen 
«n  die  A^tieulation,  sondern  auch  um  einen  Mangel  an  Energie  und 
fiobiaUigkeit  der  Bewegungen  handele.  Diese  Mängel  seien  daher 
kde  Uebung  der  Muskeln  zu  corrigiren. 


20t> 


Seeligmüller. 


Moebius,  Zar  Lehre  von  der  Osteoarthropathie  hyper- 

trophiantepneamonique  (Müoch. med,  Wochenschr.,  7-Juoi  1892), 
Unter  Osteoarthropalhie  hypertrophiante  pneumouiqne  (Marie  1890) 
ist  eine  der  Akromegalie  scheinbar  cahe  verwandte  Affection  zn  ver- 
stehen* Sie  besteht  in  einer  Verdickung  der  Endglieder  der  Finger 
mit  vergrösserten  rissigen  Nägeln,  Die  Enden  der  Yorderarmknochen 
sind  verdickt,  dieselben  Erscheinungen  zeigen  sich  an  den  Fnssen. 
Marie  hält  den  Zustand  für  einen  secundären,  er  tritt  im  Anscbluss 
an  verschiedene  Erkrankungen  der  Athem Werkzeuge  au£  Als  Ursache 
des  Symptoms  ist  die  Verbreitung  eines  durch  Eiterzersetsang  im 
Thorax  entstehenden  Giftes  in  den  Kreislauf"  anzuüehmen.  Vielleicht 
spielen  auch  nervöse  Einflüsse  eine  Rolle  bei  der  Wirkung  des  Giftes. 
Moebius  beobachtete  in  einem  FaUe  von  Lnngenerkrankutig  mit 
fauligem  Auswurf  nach  mehreren  Wochen  die  Entwickelung  der 
Trommeis chlägelBnger  uud  eine  Entzündung  des  N,  ulnaris* 

Leo  Newmack,  Ein  Fall  von  Sklerodermie  mit  Hemi- 
atrophie  der  Gesichtsmuakeln  (Americ.  Joom.  of  med.  sciences, 
Septb,),  beobachtete  bei  einem  24jährlgen  Manne  Sklerodermie  mit 
Betbeilignng  der  linken  Gesichtsbälfte  in  der  Art^  dass  die  Unke 
Hälfte  der  Unterlippe  atrophisch  war,  infolge  deren  die  Aussprache 
der  Labialen  mangelhallt  war.  Bei  Zeigen  der  oberen  Zabnreihe  tritt 
nur  in  den  Muskeln  der  rechten  Seite  eine  Oontraetion  ein,  und  bei 
heftiger  Inspiration  arbeitet  der  link©  Nasenflügel  schwächer  als  der 
rechte.  Ferner  ist  der  Augenschiuss  auf  der  linken  Seite  nicht  so 
kriftig  wie  auf  der  rechten,  und  dann  ist  es  dem  Kranken  unmög- 
lich, das  linke  Auge  von  selbst  zu  schliessen,  während  das  rechte 
offen  bleibt,  dagegen  kann  das  letztere  gut  allein  geschlossen  werden. 
Bie  elektrische  Erregharkeit  ist  auf  der  linken  Qesichtshälfte  herab- 
gesetzt  Entartungsreaction  fehlt,  ebenso  trophiscbe  Veränderungen. 

M.  Wolters,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Sklerodermie 
(Archiv  £  Dermatologie  Bd.  24,  1892).  Es  sind  drei  Stadien  der 
Sklerodermie  zu  unterscheiden : 

1)  das  des  Oedems, 

2)  das  der  Sklerose, 

3)  das  der  Atrophie. 

Erscheinungen  von  Seiten  des  Nervensystems  treten  besonder» 
als  Prodromata  auf,  wie  Kopfschmerzen,  Migräne,  Neuralgien.  Die 
Musculatur  ist  bei  dem  Leiden  direct  mitbetheiligt.  Es  besteht  in 
einer  Atrophie  derselben.  Der  Process  geht  entweder  von  der  Haut 
und  dem  Unterhautzeilgewehe  auf  die  Muskeln  über,   oder  letztere 


n 


Rrankheiten  des  Nervensyatenifl, 


307 


wdeo  primär  befalleD^  während  die  Haut  darüber  intact  bleibt. 
Krankengeschichte:  Das  Leiden  begann  bei  dem  gesunden, 
kerediiär  nicht  belasteten  ISjäbrigen  Mädchen  vor  8  Jahren  mit  einer 
UebieQ  nnregelmässigen  Stelle  an  dem  rechten  UnterschenkeL  Zur  Zeit 
der  Anfiiahme  (7.  Juni  1891)  bestand  eine  Atrophie  des  ganzen  rechten 
Baioeei.  Am  rechten  Schenkel  4  cm  über  dem  Condylus  externus 
(tmam  eine  gl&nzende,  leicht  schuppende,  pigmentirte  Hautpartici  die 
ifi  det  Anssenseite  des  Unterschenkels  nach  lanten  zieht ,  sich  hier 
uf  9  cm  verbreitert  und  auf  das  Dorsum  des  Fusrses  iibergeht  und 
in  der  £  weiten  Zehe  endet.  Andere  Stellen  hnden  sich  an  der 
tnnegifläcbe  des  rechten  Oberschenkels,  auf  dem  Rücken  des  linken 
Fnnwfl,  der  linken  Oberbauchgegend,  In  Bezag  auf  Schmerzempfin- 
dang^  Tast-  und  Temperatursinn  findet  sich  nur  eine  geringe  Diflfe- 
ma  am  rechten  Unterschenkel.  Der  faradische  Strom  wird  dort 
umI  an  der  erkrankten  Stelle  in  einer  Intensität  nicht  unangenehm 
eapfdnden ,  die  an  anderen  Stellen  intensiv  schmerzhaft  ist  Die 
teididcbe  Erregbarkeit  der  Musculatur  des  rechten  Unterschenkels 
bl  liarabgesetzt,  die  galvanische  in  den  Peronealmuskeln  gesteigert. 
Bor  M,  tibialis  ist  galvanisch  nicht  mehr  zu  erregen,  Patellarreüex: 
fftcbte  gesteigert,  von  der  Patella  und  Tibiarande  auBssulösen.  Ganze 
tecbla  Extremität  kälter  als  linke.  Haarwuchs  aut  der  erkrankten 
Seite  etwas  geringer  als  auf  der  gesunden.  Zum  Zwecke  der  mikro- 
ikopischen  Untersuchung  wnrden  Stiicka  aus  der  erkrankten  Partie 
des  recliten  Oberachenkels  und  des  Bauches  excidirt.  Die  Wunden 
UiteQ  sehr  langsam  zu,  Behandlung  bestand  in  protrahirten  Bädern 
vhd  Einreibung  mit  Salioyl-Lanolin, 


Moebius,  üeber  Akinesia  algera  (D,  Zeitschn  f.  Nervenh. 
Bd.  1,  H,  1  u.  2,  S.  121),  beschreibt  unter  diesem  Namen  zwei  Fälle, 
W  denen  das  Haupt gymptom  eine  durch  Schmerzhaftigkeit  der  Be- 
wegungen gewollte  Bewegungslosigkeit  ist.  Die  Krankheit  tritt  auf 
ket  Personen,  in  deren  Familien  Nervenkrankheiten  vorgekommen 
nd  und  die  wohl  ein  abnormes  Nervensystem  gleich  mithekonmien 
haben.  Der  8chmerz  ist  entweder  direct  mit  der  Bewegang  ver- 
Vsaden  oder  er  folgt  bald  nach  derselben.  Neben  diesem  Haupt- 
sTiDptom  bestehen  als  Nebenerscheinungen  r  schlechter  Schlaf,  ge- 
diBckte  Stimmung,  ünföhigkeit  zu  geistiger  Arbeit,  Eingenommenheit 
ttod  I>rack  im  Kopfe,  unangenehme  Empfindungen  im  Kücken. 
Heil&ng  ist  als  möglich  anzunehmen,  doch  kann  sich  auch  Geistes* 
krankheit  an  den  Znstand  anschliessen. 

W,  Koenig,   Zur  Akinesia   algera  (Centralbh  f.  Nervenk 


208 


SeeligmüUer. 


Bd.  11^  S.  97)^  beschreibt  einen  den  beiden  Fällen  von  Moebins  in 
der  Hinsiobt  aoalogen  Fall,  dass  das  Hauptsymptom  in  Sobmerz- 
haftrgkeit  der  Muskeln  besteht,  welche  bei  Bewegungen  zunimmt,  so 
dass  zeitweise  absolute  Bewegiingebsigkeit  eintritt,  Verf,  meint,  dass 
sich  bei  dem  Zustande  byaterische  und  hypochondrische  Erschei- 
nungen mischen  I  dass  aber  die  letzteren  vorwiegen.  Neben  der 
TJnbeweglichkeit  litt  die  ticb  wach  sinnige  Kranke  an  Zuckungen^ 
Störungen  der  Emptindlichkeit  nnd  an  einer  merkwürdigen  Sprach- 
störung. 

Moebiua,  Weitere  Bemerkungen  überÄkinesia  algera 
(D.  Zeitschr,  £  Nervenh.  Bd.  2,  H.  5  u,  6),  berichtet  die  eigene 
Krankengeschichte  G,  Tb.  Fechner^a^  bei  dem  die  Lichtscheu^  ab- 
sichtliches Nichtsehen  wegen  peinlicher  Empfindungen  beim  Sehen 
das  erste  und  hauptaäcblichste  Symptom  war,  während  sonst  eine 
grosse  UebereinstimmQng  mit  den  als  Akinesia  algera  bezeichneten 
Fällen  bestand.  Ausserdem  enthält  die  Arbeit  Mittheilungen  über  den 
weiteren  Verlauf  der   beiden   erst   beschriebenen  Fälle  des  Leidens. 

J.  Longard,  Zur  Oasuiatik  der  ^Akinesia  algera^*  (D* 
Zeitöchr.  f.  Nervenh.  Bd.  2,  H.  5  o.  6),  beschreibt  einen  Fall,  den 
er  mit  Schnitze  in  Bonn  beobachtet  hat,  und  der  offenbar  ssu  den 
von  Moebins  beschriebenen  Leiden  gehört,  doch  will  Longard 
dasselbe  nicht  als  ein  neues  Kraokheitsbild  aufgefasst  wissen,  sondern 
nach  ihm  handelt  es  ftich  um  nichts  anderes,  ala  um  die  lang  be- 
kannte „Spinalirritation^'. 


Unfalhnervenkrankheiten. 

Oppenheim  hat  in  der  zweiten  Auflage  seiner  Broschüre  „Die 
traumatischen  Neurosen**  die  von  seinen  Gegnern  als  Beweis 
f^r  die  Häufigkeit  der  Simulation  angeführten  T  hat  Bachen  als  jykl&g- 
lieh  und  ärmlich"  bezeichnet.  Fr,  SohuUze,  Zur  Lehre  von  den 
Nervenkrankheiten  nach  Unfällen  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
1893,  Nr,  1),  empfiehlt  dafür  zur  späteren  gelegentlichen  Berück- 
sichtigung und  Anwendung  die  Epitheta  „bejammernswerth  und  ganz 
miserabel". 

Von  neueren  Arbeiten  ist  zunächst  eine  zusammenfassende  von 
Half  Wichmann,  Die  Werthe  der  Symptome  der  sog.  traumati- 
schen Neurose  etc.  (Brauoschweig  1892),  äu  erwähnen,  in  welcher 
derselbe  versucht  hat,  eine  ,^ Anleitung  zur  Beurtheilnng  der  Simu- 
lation von  ünfü Iisnervenkrankheiten  für  Kassenärzte  und  Medicinal- 
beamte^  zu  geben. 


C*  S.  Fr6iiiid,  Ein  Ueberbliok  über  den  gegenwärtigen 
itid    der  Frage   von   den  sog.   traumatiscbeD   Nearosen, 

alimg  klmbcber  Vorträge  N.  F.  Nr.  51 ),  bat  sieb  bemülit,  ,, diese 
Doch  unerledigte  Frage  voto  vorwiegend  practiscben  Stand- 
punkte atid  sine  ira  et  studio  zu  beleucbten^. 

In  BetrefT  der  Debatte  über  einzelne  Symptome  ist  es  von  grossem 
lat^rease,  dass  Aatoritäten  der  Opbtlialmologie  wie  Wilbrand  und 
Sebmi  d  t*Ri  m  p  1  er  die  Discussion  über  dieEoUe,  welche  die  Gas  ich  ts* 
feldeinscbränkung  in  der  Symptomatologie  der  sog.  tranmatiacben 
Neorose  spielen,  eröffnet  baben.  Hier  sei  nur  bemerkt^  dass  Wilbrand 
bdbaaptet,  die  Gesiebtsfeldeinscbränknng  könne  nicbt  leicbt  simulirt 
werden^  was Scbmidt-Rimpler nicbt  obne  Weiteres  zugibt.  Ungleich 
wichtiger  aber  ist  die  Beobachtung  Wilb ran d*s,  dass  die  Gesichta- 
leMeiDsebränkung  in  Verbindung  mit  anderen  nervösen  Symptomen 
«ich  nicbt  nur  nach  Traumen,  sondern  ebenso  bei  nervösen  Bohul- 
kind^i),  bei  erwachsenen  Neurasthenischen ,  bei  Hysterischen,  Cho- 
realiücben,  kurz  bei  allen  Formen  der  Neurosen  überhaupt  findet 
8oUt^  sich  diese  Beobachtung  bestätigen,  so  verliert  damit  die  Ge- 
steh tafeldelnschränkung  jedenfalls  die  Bedeutung  eines  pathognomoni- 
achen  Symptoms  für  die  sog.  traumatische  Neurose* 

DtLB  kürzlich  erschienene  Handbuch  der  Unfall  Verletzun- 
gen etc,  von  einem  Schweizer  Arzt  C.  Kaufmann  (Stuttgart  1893) 
tat  gerade  in  Bezug  auf  die  Nervenkrankheiten  nach  Unfall  sehr 
oaToUfitandig  und  wenig  unterrichtend* 

Dagegen  bietet  das  von  Placzek  übersetzte  Werk,  Eisenbahn- 
verletstingen  in  forensischer  und  klinischer  Beziehung  von  Herbert 
W.  Page,  Berlin  1892^  des  Interessanten  mancherlei. 

Die  Discussion  über  die  f, traumatische  Neurose*^  ist  auch  in  dem 
vergsngenen  Jabre  fortgesetzt  worden»  Nocb  im  December  1891 
hftt  der  ärztliche  Verein  in  Hamburg  seine  Erfahrungen  darüber 
moiigeitatiacht    (NeuroL  üentralbL  Nr.  4.) 


M,  Benedikt,  Shok  gegen  Shok  (Wiener  med.  Fresse  1892, 
Kr.  29),  Ein  IBjähriges  Mädchen  war  vor  6  Jahren  nach  einem 
Traume,  dass  sie  von  einem  Hunde  am  linken  Bein  gebissen  worden 
aei,  ap  Krämpfen  erkrankt,  die  im  Unken  Zeigefinger  begann en,  nach 
aofwirtfl  schritten,  dann  Drehbewegungen  um  die  Verticalaxe  her- 
vomefen,  ohne  dass  Bewusstlosigkeit  eintrat,  Schluss  des  Anfalles 
bil-lete  ein  Weinkrampf.  Ferner  bestand  spontane  Schmer zhaftigkeit 
im  unteren  Fhalangealgelenk  des  linken  Zeigefingers  und  im  linken 
Cifpalgelenky    femer   Anästhesie    im    genannten    Fhalangealgelenk » 


^^ .  j-j  Seelig  Ol  ül  1er. 

moDOCuläres  Doppeltsehen  ^  linke  RhacJiialgie ,  Empfindlichkeit  der 
j^erven  und  des  Plexus  cervicalis  inferior  links,  choreatiache  Zuckungen 
im  linken  Arm  und  Ovarie.  Verf.  nimmt  Hysterie,  entstanden  durch 
den  psychischen  Shuk  an  und  versuchte,  da  andere  Massnahmen  (Hyp- 
notiamus,  Ma^et  etc.)  sich  als  wirkungslos  erwiesen  hatten ,  durch 
einen  Gegenahok  den  ersten  psychischen  Shok  aufssuheben.  Deshalb 
blutige  Dehnung  des  N.  radialis  und  media nus  am  Oberarm.  Die 
Erscheinungen  verschwanden  bis  auf  die  Anästhesie  am  Fingergelenk, 


E,  Therapie. 

Gilles  de  la  Tourette,  Die  Vibrationstherapie  (Le  Progr. 
m^d.  Kr.  35).  Vigouroux  fand  1876,  dasa  die  Schwingungen  einer 
Stimmgabel  genau  dieselbe  physiologische  Wirkung  haben,  wie  der 
Magnat,  der  elektrische  Funke  und  die  Metalle.  Verf.  hatte  schon 
seit  lange  beobachtet,  dass  bei  Personen,  die  an  Paralysis  agitans 
litten,  durch  Fahren  in  der  Bahn  oder  im  Wagen  eine  Erleichterung 
der  Symptome  eintrat,  die  nach  der  Reise  noch  eine  Zeit  lang  an- 
hielt. Es  wurde  deshalb  ein  Stuhl  construirt,  dar  in  vibrirende 
Bewegungen  zu  briogen  war,  analog  denjenigen  in  der  Bahn.  An 
Äcbt  Peraoiien  wnrden  Verauclae  damit  angestellt.  Im  Allgemeinen 
seigte  sich  eine  Besaentng  nach  der  fünften  oder  sechsten  Sitzung 
und  bestand  hauptsächlich  in  einer  Besserung  der  Schmerzen.  Auch 
lUhltdD  sich  die  Kranken  weniger  steif,  wenn  sie  den  Stuhl  ver- 
lioBsen.  Die  Kranken  schlafen  besser.  Das  Gittern  wurde  nur  in 
ainem  Falle  wahrnehmbar  beeinflusat.  Um  das  Gehirn  den  Vibrationen 
auftsasetzen,  wurde  nach  den  Angaben  von  Gilles  de  la  Tourette 
iio  Apparat  angefertigt,  der  auf  den  Schädel  aufgesetzt  demselben 
flOOU  Schwingungen  mittheilt.  Beim  Gesimdeo  ruft  derselbe  nach 
7'^S  Minuten  ein  Gefühl  von  Einschläferung  hervor.  Eine  10  Minuten 
dauernde  Application  bewirkt  nach  den  Experimenten  eioeu  circa 
i\  Stunden  Jangen  Schlaf.  Acht  bis  zehn  Sitzungen  heilten  die  Schlaf- 
lOBJgkeit.  In  drei  Fällen  wurde  Migräne  damit  vertrieben,  zweimal 
Ncniraathenie  geheilt. 


2.   Psychiatrie. 


Von  ür,  Lewald,  Arzt  der  PriYat-Irrenanßtak  in  Liebenburg 
(Hannover). 

Dsd  Lehrbuch  der  Psychiatrie  für  Studirend©  und  Aerzte 
Kirchhoff  (Wien,  Deiiticke)  stellt  den  psychiatriscbeo  Stoff  nach 
Form  und  Inhalt  einfach  und  veratändlich  dar  und  wird  sich  sicher 
tB  aUeii  Kreisen,  die  Interesse  an  der  Irrenheilkunde  haben,  ein- 
bftrgern*  Der  Autor  hat  die  üeberfüUe  an  Geiehrsamkeit  und  die 
ZerBplitteruDg  des  zu  sehr  ins  Einzelne  gehenden  Stoffes^  die  in 
saderen  Lehrbüchern  den  Studirendeo  abschrecken,  vermieden;  die 
BeochreibuDg  der  einzelnen  Krankheitsformen  macht  der  Verf.  durch 
ptotographische  Abbildungen  anschaulicher,  von  denen  manche  sehr 
ehftrakteristtBch  sind.  Auch  das  Lehrbuch  von  Scholz  (Leipzig, 
KaTer)  wendet  sich  in  erster  Linie  an  den  Studirenden  und  den 
Ant  und  kann  zum  Studium  der  Irrenheilkunde  wohl  empfohlen 
w^ardeiL  Auf  Einzelheiten  in  der  Beurtheilung  dieser  beiden  sehr 
bftaohlMuren  Bücher  einzugehen,  ist  hier  nicht  der  Ort. 

Levtnstein-Schlegel  hat  die  Pathologie  und  Therapie 
der  psjchischen  Krankheiten  von  Griesinger  in  gänzlicher 
üiDArbeitung  und  Erweiterung  herausgegeben  (Berlin.,  Hirechwald). 
Loider  bedient  sich  der  Autor  im  Wesentlichen  der  Kahlbaum^ 
fldien  Eintheilung  und  Nomenclatur,  die  keineswegs  allgemein  adop- 
tirt  worden  sind  und  mit  denen  der  Studirende  gar  nichts  anzufangen 
weba,  80  dass  die  beiden  elegant  ausgestatteten  Bände  für  didactische 
Zwecke  kaum  in  Betracht  kommen. 

In  zweiter  Auflage  liegt  die  Anleitung  beim  Studium   des 
Baues  der  nervösen  Ceutralorgane  von  Obersteiner  (Wien, 
^—DMiticke)  vor;  da  dies  Buch  die  Untersuchungsmethoden  des  Central- 
^^BirvmisTstems  eingehend  behandelt  und  gleichzeitig  eine  durch  ^ahleiche 


«12 


Lewftld. 


Abbildungen  erläuterte  Darstellung  der  Morphologie  und  Histologie 
desselben  gibt,  ao  ist  es  zur  Eintuhrung  in  das  schwierige  Gebiet 
trefflich  geeignet,  und  besonders  ist  es  allen  denen  unentbehrlich, 
die  aich  eingehender  mit  dem  Centralnervensjstem  beschäftigen 
wollen;  ausserdem  ist  es  ein  bequemes  Buch  zum  Nachschlagen,  da 
in  ihm  alle  wichtigen  litterariaches  Erscheinungen  auf  diesem  Ge- 
biete sorgfältig  registrirt  sind. 

V.  K rafft- E hing  hat  sein  Lehrbuch  der  gerichtlichen 
Psychopathologie  in  dritter  umgearbeiteter  Auflage  erscheinen 
laßsen  (Stuttgart,  Enke);  di^  Ergebnisse  eigener  Erfahrung,  sowie  die 
der  gesammten  Litteratur  sind  hier  zur  Gewinnung  allgemeiner  Gesichts- 
punkte für  die  Beurtheilong  zweifelhafter  Geisteszustände  zusammen- 
gefasst.  Ganz  neue  Abschnitte  in  dieser  Auflage  sind  ^Wahnsinn"^ 
^^Paranoia  politica^,  Morphinismus,  Cocainiamus,  traumatische  Neu- 
rose u.  s.  w.  Jeder  Arzt,  der  in  die  Lage  kommt,  sich  über  Zu* 
rechnungB-  oder  Dispositionsfähigkeit  vor  Gericht  zu  änssem,  wird 
an  diesem  Lehrbuche  einen  verlässlichen  Führer  und  Rathgeber 
haben. 

In  zweiter  Auflage  liegt  ferner  der  in  Frankreich  beliebte  „Ma- 
nuel pratique  de  mödecine  mentale^  von  Rögis  vor  (Paris,  Doin), 


Ueber  die  Entwickelung  der  Psychiatrie  in  den  ver- 
flossenen 2b  Jahren  sprach  Fei  man  in  einer  Festsitzung  zur 
Feier  des  2&j  ährigen  Bestehens  des  psychiatrischen  Vereins  der  Rh  ein - 
provinz  (Allg,  Zeitschr.  f  Psychiatrie  Bd*  49,  S.  503).  Ans  dem 
iuhaltreichen  Vortrage  sei  nur  eine  Stelle  hervorgehoben:  Noch  ist 
die  Neigung  nicht  überwunden,  die  Psychiatrie  als  ein  Specialfach 
zu  betrachten  und  sie  als  solches  zu  behandeln,  d.  h,  sie  von  dem 
Examen  anszuschliessen.  Dem  gegenüber  ist  zu  betonen,  dass  sie 
thatsächlich  kein  Specialfach  ist,  vielmehr  stellt  sie  dar  die  ge- 
sammte  und  speciell  die  practische  Medioin  in  ihren  Beziehungen  zu 
besonders  gearteten  und  zu  psychischen  Krankheiten  disponirten  In- 
dividuen. Sib  bedeutet  ferner  ein  Vertiefen  der  allgemeinen  medtci- 
nisclien  Bildung  und  sie  iat  daher  von  der  grössten  Wichtigkeit  für 
jeden  practischen  Arzt,  insbesondere  aber  für  den  Militär-  und  Ge* 
riohtsarzt 

Für  die  Nothwendigkeit  der  Einfuhrung  der  Psychiatrie  als  ba- 
sonderes  Fach  des  Approbations- Examens  plaidirt  auch  Rieger 
(Centralblatt  f.  Neurologie,  September),  und  der  Südwestdeutschö 
psychiatrische  Verein  beschlosa,  Riege r's  Vorschlägen  conform,  im 
Wege  dar  Petition  an  die  Reichsregierung  heranzutreten. 


Pfychiatrie. 


218 


lo  dem  letzten  Monaten  sind  eine  Beilie  von  Angriffen  gegen  die 
besfeehende  Gesetzgebung  in  Bezug  auf  die  Entmündigung 
Geisteskranker,  wie  in  Bezug  auf  die  Verordnungen  über  die  Auf- 
ailtme  in  die  Irrenanstalten  gerichtet  worden.  Eine  scharfe  Kritik  und 
Zartckweisung  erfahren  diese  AngriÖe  durch  Mendel  in  seinem  Auf- 
wts:  Zar  Frage  der  Entmündigung  der  Geisteskranken  und  der 
Aufiaahmebedingungen  in  eine  Irrenanstalt  (Deutsche  med.  Wochen- 
Edirift  Nr,  36).  Wie  auch  schon  andere  Autoren,  fordert  Mendel 
im  eigenen  Interesse  der  Anstaltsärzte  eine  schärfere  ControEe  der 
PnTatirreiianstalten  und  schlägt  vor,  eine  staatliche  Behörde  für  jede 
ProvinÄ  zu  schaffen  und  sie  mit  der  besonderen  Aufsicht  über  jede 
MvntirrenansUilt  zu  betrauen;  sie  soll  aus  einem  Irrenarzte,  einem 
Itedicinalbeamten  und  einem  Juristen  (Richter  oder  Staatsanwalt)  be- 
ftoben.  Wenn  von  gewisser  Seite  vorgeschlagen  worden  ist,  „die  Ent- 
Bolieidung  über  jede  Entmündigung  wegen  Geisteskrankheit  und  über 
jede  Intemirnng  in  einer  Irrenanstalt  soll  durch  eine  Oommission  un- 
eliliiDgiger  Mfinner,  die  das  Vertrauen  ihrer  Mitbürger  geniessen^  ge- 
troffen werden^  so  weiss  jeder,  der  überhaupt  sich  je  mit  Geistes- 
krmnken  beschäftigt  hat,  dass  ein  solcher  Vorschlag  aas  den  mannig- 
fidtigsten  Gründen  einfach  undiscotabel  ist  Jedem  Arzte  sei  die 
Leet&re  des  Menderschen  Aufsatzes  um  so  mehr  empfohlen ^  als 
dae  alte  and  schon  so  hän6g  widerlegte  Gerede  von  der  intemirnng 
Oeistesgesunder  in  Privatirrenanstalten  in  einer  gewissen  Presse 
mmMOP  wieder  aui gewärmt  wird,  und  sich  daraus  für  jeden  Arzt  die 
Kotfawendigkeit  ergibt,  über  diese  Frage  summarisch  wenigstens 
orientirt  zu  sein.  Im  Interesse  der  Kranken  liegt  es  jedenfalls,  die 
Aufnahme  in  die  Irrenanstalt  möglichst  zu  erleichtern;  denn  es  ist 
«ine  ^Tbatsache,  die  durch  die  Erfahrung  vielfach  bestätigt  worden 
tsly  lur  die  auch  eine  Reihe  statistischer  Belege  vorhandt^n  sind,  dass 
je  firöher  ein  Geisteskranker  aus  seiner  Umgebung  in  eine  Anstalt 
gebrmcht  wird,  um  so  grösser  die  Aussichten  für  die  Heilung  sind. 
YoQ  dieeem  Gesichtspunkt  aus  muss  ärztlicherseits  verlangt  werden, 
daas  snr  Aufnahme  in  eine  Irrenanstalt  nichts  Anderes  erforderlich 
ifft,  ale  Äur  Aufnahme  in  ein  Krankenhaus  überhaupt^  d.  b.  ein  ärzt- 
liebes  Attest 


Einen  sehr  beachtenswerthen  Vorschlag  zu  einer  natürlichen 
Eiotbailung  der  Psychosen  macht  W ernicke  in  einer  „Grund- 
tüge  einer  psychiatrischen  Symptomenlehre"  benannten  Publication 
(Bari  klin.  Wochensohr.  Nr.  2S),  und  zwar  wird  das  Eintheilungs- 
phaeip  dorch  Verfolgung  der  Grundsätze^  die,  von  W ernicke  auf- 


214 


Lewald. 


gestellt,  in  der  Lehre  von  der  Apliaaie  aUgemeine  Geltung  erlangt 
haben,  gewonnen.  Ohne  weiter  auf  die  Begründung  einzugehen,  sei 
nur  constatirt,  daa  Wernicke  psych osensori sehe  Anästhesie,  Par- 
äötheöie  iind  Hyperästhesie,  intjapsychiöche  Äfuuotion,  Parafunotion 
und  Hyperfuoction  und  psychomotorisohe  Akinese,  Parakinese  und 
Hyperkinese  zu  unterscheiden  vorschlägt.  Den  gesammten  Inhalt 
des  Bbwusatseins  faast  er  in  drei  Gruppen  zusammen:  Bewusstsein 
der  Körperlichkeit,  der  Auösenwelt  und  der  Persönlichkeit  und  theilt 
dementsprechend  die  Partialerkrankungen  des  Bewusstseins  in  So- 
matopsychosen,  AUopsychosen  und  Äutop&ychosen.  Setzen  die  Psy- 
chosen acut  ein,  so  tritt  der  klinisch  bedeutsaniBte  Affect,  die  E^ath- 
losigkeit,  als  aomatopsychische,  allopsychische  und  aotopsychiecbe 
Eathlosigkeit  auf.  Bezüglich  der  eingehenden  Begründung  dieser 
Vorscbläge  sei  auf  die  Original  arbeit  hingewiesen. 

Es  gilt  als  einer  der  fundamentalen  Sätze  der  modernen  Psych- 
iatrie, daas  jede  geistige  Erkrankung  das  ganze  geistige  Organ  be- 
trifft, und  dass  es,  wo  der  Anschein  sog.  fixer  Ideen,  d,  h,  einzelner 
wahnhafter  Vorstellungen  bei  sonst  bestehender  geistiger  Gesundheit, 
vorliegt,  einer  genauen  küniBchen  Untersuchung  stets  gelingt,  die 
Gesammterkrankung  nachzuweisen,  Wernicke  bespricht  in  einem 
Aufsatz  über  fixe  Ideen  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  25) 
einige  Fälle,  in  denen  es  sich  um  eine  einzige  überwerthige  Idee 
eine  partielle  intrapsychiscbe  Parafunotion  (cL  oben)  handelt,  und  in 
denen  aUes  Uebrige  entweder  normal  oder  doch  durch  diese  partielle 
Storiing  in  durchans  logischer  Weise  bedingt  ist,  Zweifellos  gibt 
es  Fälle  von  Querulanten wahn,  in  denen  es  sich  um  ganz  umschriebene 
geistige  Erkrankungen,  ohne  Schwachsinn,  ohne  Verfolgungs-  oder 
Grössen  wahn  handelt,  wenngleich  viele  Querulanten  später  einen 
typischen  Verfolgungswahn  zeigen.  Bei  dem  sehr  variabeln  Inhalt 
der  Wahnidee^  die  isolirt  dastehen  kann,  schlägt  Wernicke,  seiner 
Eintheilung  entsprechend,  vor,  eine  ganze  Krankheitsgruppe,  diQ  der 
circmnscripten  Autopsychosen,  zu  statuiren. 

Was  den  Alkoholiamus  als  ätiologisches  Moment  für 
Psychosen  anbetrifft,  so  litten  unter  den  B2068  Geisteskranken,  die 
während  der  3  Jahre  1886 — 1888  in  öffentliche  oder  private  Irrenanstalten 
Prenssens  aufgenommen  wurden,  11  ^o  an  Säuferwahnsinn.  Ausser- 
dem wurde  in  einer  grossen  Ansahl  anderweitiger  Geisteskrankheiten 
Alkoholismus  als  Ursache  ermittelt;  im  Ganzen  (einschliesslich  der 
an  Dcilirium  tremens  Leidenden)  traf  dies  zu  bei  männlichen  Kranken 
im  Jahi^  1886  in  H4,7%,  im  Juliro  1887  in  BBfi%,  im  Jahre  1888 


Psychiatrie. 


215 


11 


m  40*' 9  aller  derjenigen  Fälle  ^  wo  überhaupt  eine  bestimmte  Er- 
krankaugsursache  ermittelt  ist.  Diese  VerbäitDiaazahlan  erhöben  sich 
aeob  weaentlich,  wenn  man  die  Personen  mit  angeborener  Geistes* 
.kfanikheit,  die  geistesschwachen  Peri^onen  ohne  angeborenes  Leiden 
mnä  die  wenigen  den  Irrenanstalten  überwiesenen  nicht  geieteHkranken 
PiCBoneii  aasschliesst;  alsdann  sind  in  den  3  Berichtsjabren  von  den 
tlich  geisteskranken  männlichen  Insassen  der  Irrenanstalten,  so 
die  Aetiologie  überhaupt  ermittelt  wurde,  40,4%,  42,B<*,o  i^u^id 
445 <^Q  infolge  von  Alkobolismus  erki-ankt  (Verö^fentL  des  KaiserL 
QfiBimdheitsamtes  Nn  4), 

Krukeoberg  (Beiträge  zur  Kenntniss  des  Delirium  tremens. 
Zeitdchr.  f.  klin.  Med.  Bd.  19)  konnte  bei  der  Hälfte  von  265  Alkohol- 
kranken  neuropathische  Belastung  nachweisen  ^  die  den  Ausbruch 
des  Delirium  tremens  beachleanigte.  Plötzliche  Alkoholentziebang 
brachte  uienials  Delirium  tremens  hervor,  auch  kann  nach  Aui^broch 
deaselbeD  die  Behandlung  mit  Alkohol  entbehrt  werden;  ntir  bei 
ilroheodem  Collaps  oder  Compllcatioo  mit  Pneumonie  ist  es  gut, 
grosse  Dosen  in  concentrirter  Form  zu  geben.  Die  Gehörs-  und 
Geaichtshallucinationen  stehen  im  Vordergründe  des  Krankheitsbildes; 
lalstare  sind  mehr  Illusionen  und  wesentlich  von  der  Umgebung 
aUiioi^g^  die  Wahnvorstellungen  entstehen  nach  Krakenberg  in- 
fol^  Tieler  grober  lllasionen  und  falsch  gedeuteter,  abnormer  Sen- 
AtjDDeB  und  sind  fast  immer  feindlicher  oder  schreckhafter  Natur. 
B^i  älteren  Leuten  geht  das  Delirium  tremens  häufig  in  chronische 
^menz  und  Verwirrtheit  über,  und  es  bestehen  in  solchen  Fällen 
ie  Anzeichen  einer  tieferen  cerebralen  Störung:  Augenmuskelläbmung, 
upiUen Störung,  Incontinenz,  Komb  e  r g^sches  Symptom.  Bei  19  Kran- 
ken fand  Verf.  12mal  eine  starke  und  5inal  eine  geringe  concentrische 
EineDgung  des  Gesichtsfeldes  für  Wetstir  sowie  filr  Farben;  dorch 
dieses  Symptom  wird,  worauf  hingewiesen  sei,  eine  neue  Parallele 
swischen  Delirium  tremens  und  dem  epileptischen  Irresein  gezogen. 
Bei  *  5  aller  noch  in  sexuellen  Beziehungen  stehenden  Älkoholisten 
faod  ¥•  Krafft-E hing  (Ueber  Eifersuchtswahn  beim  Manne.  Jahrb» 
f.  Psych.  Bd.  10,  H,  2)  den  Eiferaucbtswahn,  der,  mit  Ausnahme 
Mlteoer  Fälle,  als  isolirter  Wahn  auftritt.  Geänderte  Gefühle  und 
Letstongen  im  genitalen  Gebiete  geben  den  Entsteh ungsweg  des 
Waiines:  Ausbleiben  des  Wollustgeföhle»  und  der  Befriedigung  beim 
Goitos  trotz  gesteigerter  Libido,  Frigiditas  uxoris,  endlich  relative 
oder  absolute  Impotenz  des  Mannes.  Die  Entstehung  des  Wahnes 
aas  obarakterologischer  Abnormität^  aus  Veranlagung  zur  Eifersucht 
alelU  der  Verf,  in  Abrede. 


'2U 


Lewald. 


EifersachtBwahn  ohne  alkoholische  Grundlage ,  der  wahrschein- 
lich auf  Grund  des  Gefühls  sexueller  Unzulänglichkeit  entstanden 
war,  beohachtete  Werner  (Zur  klinischen  Kenntniss  des  Eifersuchts- 
wahnes der  Männer,  Jahrb.  i\  Psychiatrie  Bd,  11,  H,  3)  bei  zwei 
bia  zu  ihrer  Erkrankung  körperlich  und  geistig  intacten  Männern  im 
Alter  von  40  und  53  Jahren.  Bei  beiden  Patienten  entwickelte  sich 
im  Laufe  der  Jahre  ein  allgemeiner  Verfolgungswahn,  in  dem  die 
eheliche  Untreue  der  Gattin  auch  fem  er  die  Hauptrolle  spielte. 

In  seinen  „Statistischen  und  klinischen  Mittheilungen  über  AI- 
koholismuB*'  (Cbarite-Annalen  18^1)  berichtet  Siemerling,  dasa 
unter  den  in  der  Charit^  aufgenommenen  Alkoholikern  sich  32^/0 
Epileptiker  vorfanden,  eine  Zahl,  die  mit  früheren  Angaben  über- 
einstimmt. 430,0  dieser  Kranken  waren  verheirathet ,  das  30,^ — 50. 
Lebensjahr  das  am  stärksten  betheiligte  Alter.  Wie  oft  Rückfälle 
vorkommen,  geht  daraus  hervor,  dass  auf  383  AlkoboliBten  in  den 
Jahren  1888—1890  1184  Aufnahmen  entfielen. 

Knörr  kommt  am  Schlüsse  seiner  Studie  über  toxische  Psychosen 
lAllg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  48,  S.  599)  zu  dem  Ergebniss, 
dass  sich  bei  Gewobnbeitstrinkem  in  ganz  derselben  Weise,  wie  bei 
Morphiumcocainisten,  Oocainisten  und  dem  Inßuenzagifte,  mitgrösseren 
Trinkexcessen  als  Folgezustand  der  acuten  Alkoholintoxication  eine 
Psychose  entwickeln  kann,  die  den  Charakter  einer  acuten  Paranoia, 
der  sog.  abortiven  Paranoia  S anderes  mit  dem  primären  Symptom 
der  Gehörshallucinationen  und  darauf  gegründetem  Verfolgungswahn, 
ohno  Grössenideen,  mit  secundüren  Angstzuständen  zeigt.  Der  Ver- 
lauf dieser  Ps^^chose  ist  sehr  rasch;  die  Krankheit  geht  nach  den 
bisherigen  Beobachtungen  ausnahmslos  in  Genesung  über,  da  die 
tranaitorische  Schädigung  mit  der  Giftwirkutig  kommt  und  schwindet. 

Die  verhängnisövollen  Folgen,  die  der  Alkoholiamus  für  die  De- 
eoendenz  hat,  treten  recht  deutlich  in  zwei  Familien  hervor,  deren 
Stammbaum  Piraccini  (M&nicomiü  1891)  mittheilt.  In  beiden  Fällen 
stammten  die  Eltern  aas  durchaus  gesunden  Familien  und  waren 
frei  von  jeder  organischen  Krankheit,  dagegen  dem  Trank  ergeben. 
Beide  Kinder  der  einen  Familie  waren  Trinker,  dabei  hysterisch  und 
neurasthenisch ;  die  Ehe  dea  ermen  war  unfruchtbar,  die  des  zweiten 
mit  einer  durchaus  gesunden  Frau  erzielte  folgende  Kinder:  1)  massiger 
Trinker,  2)  starb  7  Jahre  alt  an  Meningitis,  3)  und  4)  imbecill, 
5)  hysterische  Potatrix,  fi)  und  7)  starben  frühzeitig  an  Üonvulaionen. 
lü  dar  anderen  Familie  waren  fünf  Kinder  geboren :  1)  Puelia  publica 
und  Potatrix,  2)  Potator,  3)  und  4)  imbecill  und  Potator  (starben 
böido  in  der  Irrenanstalt),  5)  imbecill  und  Potatrix. 


Psychiatrie, 


217 


Fe t er 60 n  berichtet  (Boston  med,  Journal  1892)  über  drei  Fälle 
Tue  acuter  durch  Schwefelkohlenstoffvergiftung  entatae- 
Cetier  Manie  bei  Arbeitern  in  einer  K autschnk Fabrik ;  hervorzu- 
htheu  i^t  die  starke  Steigerung  des  Geschlechtstriebes  ^  die  sich  bei 
dieser  gewerblichen  Vergiftung  stets  zeigt;  die  Fälle  wurden  geheilt. 

Deber  seine  eigene  Erkrankung  an  acuter  Verwirrtheit  in- 
folge von  Jodoformvergiftung  publicirte  Näcke  einen  sehr 
IcMiiawertbeD  Aufsatz  (Berl.  klin.  Woch.  1892,  S.  142).  Die  Psychose 
hmitb  in  wenigen  Tagen^  doch  steigerten  sich  dann  die  schon  vor  der 
Bsydsoae  bestandenen  neurasthenischen  Beschwerden  sehr  erheblich 
ftad  gingen  erat  allmählich  voiüber.  Man  kann  sich  die  Genese  der 
Psjehose  so  erklären,  daes  resorbirtes  Jodoform  auch  in  der  Hirn- 
mkhatBOxx  Jodalbumine  bildet;  je  grösser  nun  der  Blutstrom  ist,  der 
eine  Provinz  versorgt,  um  so  grösser  ist  die  Menge  von  Jodalbumineü, 
sie  stört  schliesslich  den  Himmechan ismus ;  doch  ist  das  Wie  dunkel. 
Das  plötzliche  Hereinbrechen  der  Psychose  wird  allerdings  dadurch 

Yexstandniss  nicht  nähergeführt, 

Valloo  (Congress  französischer  Irrenärzte,  besprochen  vom 
Hflf,  im  Neur.  Centralbl  1892,  S.  766  ff.)  betont,  dass  die  nach  Blei- 
vergiftung auftretende  Dementia  paralytica  keine  Krankheit 
rat  generJSf  sondern  nur  eine  Entwickelungsperiode  der  allgemeinen 
Paralyse  sei,  und  Mayer  (Jahrb.  t  Psych.  Bd.  10,  H*  1)  hat  im  An- 
ScUltSS  an  Bleiintoxication  eine  acute  hallucinatorische  Verwirrtheit 
SEtftrsIdll  sehen,  die  durch  die  zahllosen  Hall u ein ationen  von  kleinen 
TliiereiD  an  das  Alkoboldelirium  erinnerte, 

6aimbail  (Les  Morphiomanes.  Paris,  Bailli&re,  1892)  con» 
stettrt  die  interessante  Thatsache,  dass  es  in  Nordlrankreich  soirees  k 
■lorphine  gäbe,  wie  in  England  Tbeeabende  and  berichtet  eingehend 
von  Häusern,  in  denen  den  sich  besonders  aus  dem  weiblichen  Ge- 
scUeeht  recrutirenden  Kunden  Morphium,  ganz  nach  Art  der  in 
Chin»  und  Nordamerika  bestehenden  Opiumhäuser,  in  unbeschränkter 
^Quantität  zur  Verfügung  gestellt  und  an  Ort  und  Stelle  einge- 
pritxt  wird. 

Die  Haupterscb ein un gen  des  hallticinatorischen  Morphium- 
.Coeaio-Wahnsinns  sind  nschlllberg  (Versammlung  des  Süd- 
lestdeQtscben  psych.  Vereins  1892}   Illusioneo   und  Hall ucin ationen 

QehörB,  Gesichts  und  namentlich  des  Gefühle;  der  Inhalt  der 
Esmationen  und  Wahnideen  ist  sexuell-obscönen  Charakters.  Es 
hypochondriBche  und  Verfolgungaideen  auf.  Der  einzelne  An- 
der Kxaöfe^^it  ist  heilbar,  die  Prognose  des  Grundleidens  natür- 

soUaebt. 


xns 


Lewa  Id. 


Ein  neueres  fraBzösiscbes Präparat,  Mdco-Narc Piques  genannt^ 
ist  neben  Codeinum  phosphoricam  nach  Fromme  (ßerl  klin- Wocli. 
1892,  Nr,  28)  ein  Mittel,  das  mit  Siclierheit  die  Abatinenzerachei- 
Dungen  des  Morphiums  bis  zur  Erträglichkeit  mindert ,  ja  oft  voll- 
ständig aufhebt.  Das  Mittel  ist  em  Derivat  des  Opiums  und  in  der 
Form  der  5^|(,igeQ  Soliitioe  am  zweckmässigsten;  während  des  Ge- 
brauchs des  Mittelßi  von  dem  man  in  24  Stunden  bis  zu  10  Spritzen 
injiciren  kann,  verach winden  nach  Fromme  die  AbBtinenzerschei- 
nungen,  und  nach  Siatirung  des  Mittels  treten  keine  üblen  Erschei- 
nungen auf;  eine  Sucht  oder  Angewöhnung  ist  vollkommen  aus- 
geschlossen, Die  Bestätigung  der  guten  Wirkung  dieses  Mittels 
bleibt  noch  abzuwarten. 

Eine  grössere  Wichtigkeit  für  die  Behandlung  des  Morphinis- 
mus haben  dagegen  die  von  Hitzig  (Berl.  kiin.  Wochenachn  1892, 
Nr.  49)  angestellten  Erwägungen;  aie  gehen  von  der  von  Hitzig 
festgestellten  Thatsache  aus,  dass  der  G-esammtsaksäuregehalt  des 
Magens,  der  während  des  Morphiumgebraucbes  fast  auf  Null  redu- 
cirt  ist,  entsprechend  der  Verniinderung  der  Morphiumzufuhr  gleich- 
massig  ansteigt.  Wenn,  wie  es  thatsächlich  geschieht,  ungefiähr  die 
Hälfte  des  subcutan  injicirten  Morphiums  innerhalb  einer  Stunde 
durch  den  Magen  ausgeschieden  wird  ,  so  werden  die  Magennerven 
nach  jeder  iDJection  einer  so  intensiven  Narkose  unterworfen,  wie 
vermuthlich  kein  anderer  Nerv.  Es  ist  deshalb  an  aich  sehr  begreif- 
lich, dass  das  Aufliören  dieser  regelmässigen  Narkose  Abstinenz- 
erscheinungen gerade  von  Seiten  der  Magennerven  aus  hervorbringt, 
und  man  kann  auch  weiter  annehmen,  dass  eine  Reihe  von  anderen 
nervösen  Erscheinungen  durch  die  in  den  Vagusbahnen  verlaufenden 
Erregungen  irradürt  werden  können.  Es  darf  daher  angenommen 
werden,  dass  der  Magen  sich  während  und  unmittelbar  nach  Be- 
endigung der  Entziehungscur  in  einem  derartigen  Zustande  ver- 
änderter Erregbarkeit  befindet,  dasa  schon  normale  Reize ^  speciell 
also  der  Reiz  des  normal  saurt-n  Magensaftes  als  ein  krankhafter 
Reiz  empfunden  wird*  Hierzu  kommt  noch  der  in  dem  gleichen 
Sinne  wirkende  Umstand,  dass  der  Magen  bei  länger  dauernder 
Morphiumzufuhr  der  Einwirkung  eines  normal  Salzsäuren  Magen- 
inhaltes überhaupt  entwöhnt  sein  musa.  Da  nun  während  des  Mor- 
phium gebrauch  ea  sicher  Salzsäuremangei  besteht^  so  ist  die  Dar- 
reichung von  Salzsäure  empfehlenswerth,  wenn  man  genötbigt  ist, 
Morphium  lange  Zeit  fortgebrauchen  zu  lassen ;  es  erscheint  durchaus 
nicht  unwahrscheinlich,  dass  der  Morphiumhunger,  der  die  Morphi- 
nisten zu   stetiger  Erhöhung   ihrer   Dosis  führt,    zu   einem  grossen 


Psj^chialrie. 


219 


TheO  ein  auf  die  künstliche  Anacidität  zurückzufahrendes  gastrisches 
Sjmptom  ist 

Alt  weist  auf  die  innigen  Bezieh  langen  hin,  die  zwischen 
gewlasen  pathologischen  VeräDderungen  des  Magens  und 
primären  Psychosen  nicht  selten  bestehen  (Ueber  das  Entstehen  von 
Neoroaen  und  Psychosen  auf  dem  Boden  von  chronischen  Magenkrank* 
bttteii*  Arch.  f.  Psych.  Bd,  24,  H.  2.).  Eine  Bethe  von  ihm  beobachteter 
Kfft&ken  litt  neben  bestimmten  Störungen  der  Verdauung  an  nervösen 
Erschein angen,  von  denen  eine  Gruppe  sich  als  Psychose  charakteri- 
tirte,  während  eine  andere  Gruppe  sich  unter  dem  Bilde  einer 
^cdonellen  Neurose  darstellte  j  zwischen  beiden  Gruppen  bestanden 
üabesrgäoge,  die  vornehmlich  durch  das  beiden  gemeinsame  Symptom 
der  Präcordialaugst,  überdies  auch  durch  die  Existenz  gewisser 
liypochondrischer  Sensationen  und  leichterer  Stimmiingsanomalien 
vermittelt  wurden*  Leider  kann  ich  auf  den  interessanten  Inhalt 
dieser  Stndie  nicht  näher  eingehen,  will  ich  nicht  die  mir  gezogenen 
Grensen  überschreiten. 

Waa  die  litterarischen  Erscheinungen  des  Jahres  1892  über 
Dementia  paralytica  anbelangt ,  so  steht  die  Frage  nach  der 
Aetiologie  und  speciell  nach  dem  Zusammenhang  zwischen 
dieser  Gehirnkrankheit  und  der  Syphilis  andauernd  im 
Tordergrunde  des  Interesses. 

Oebecke  (Zur  Aetiologie  der  allgemeinen  fortschreitenden 
Faraljrae,  Allg,  Zeitschr.  L  Psychiatrie  Bd.  49,  8.  1)  zieht  aus  100 
geiiaa  beobachteten  Fällen  seiner  Anstalt  den  Schluss,  dass  die 
Syphilis  anter  den  Factoren,  die  die  Entwickelung  der  allgemeinen 
Paralyse  begünstigen,  der  häufigste  ist;  er  fand  bei  bS%  seiner 
Kranken  frühere  Infection.  Bei  47**(f,  seiner  Kranken  war  Lues  nicht 
naebzQweisen ;  bei  diesen  konnten  als  wahrscheinliche  Ursachen  der 
Eritrankung  geistige  Ueberanstrengungen  und  Gemüthsbewegungen 
sogeeelien  werden,  Schädlichkeiten^  die  sich  in  einzelnen  Fällen  mit 
Erblichkeit  oder  mit  persönlicher  Nervositöt  combinirten. 

Aehnlichen  Anschauungen  huldigt  auch  de  Boeck  (Quelques 
ooQsid^rations  sur  la  paralysie  generale,  Bruxeiles  1891) ;  er  hält  die 
l^rsiyse  für  eine  Krankheit  der  grossen  Städte,  und  zwar  trifft  sie 
Leole  im  mittleren  Alter,  die  mit  Anspannung  aller  Kräfte  arbeiten  und 
sdiaffen;  das  so  angestrengte  Gehirn  unterliegt  dann  dem  durch 
eilie  vorausgegangene  Infection  gebildeten  syphilitischen  Virus:  Die 
Pridisposition  für  Paralyse  ist  also  eine  erworbene  und  beruht  nicht 
itarer  Anlage.     De  Boeck   bezeichnet  die  Paralyse   nicht 


U20 


Lewald. 


alB  eine  syphilitische  Erkrankaog,  aondern  mit  Strümpell  ala  eine 
syphilitische  Nachkrankheit,  der  durch  mercurielle  Behandlong  na- 
türlich nicht  bBi  zu  kommen  ist 

Auch  Obersteiner  (Privatheiianstalt  zu  Oberdöbling,  Wien) 
sieht  die  Dementia  paraiytica  für  eine  Spätform  der  Syphilis  an; 
hei  74  Oeisteskranken  fand  er  Syphilis  als  Hauptursache  der 
Psychose^  und  davon  waren  66  Paralytiker;  der  Zeitraum  zwischen 
der  Infection  und  dem  Auftreten  von  Gehirn  Symptomen  Bch  wankte 
zwischen  2  und  18  Jahren  und  betrug  am  häufigsten  6  Jahre. 

Eine  interessante  Illustration  zu  der  Anschauung^  wonach  die 
Paralyse  eine  Byphilitische  Spätform  ist,  liefert  die  Beobachtung 
Hüfler's  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nerven h.,  1892):  Ein  21Jahre  altes 
Mädchen  kam  mit  ungleichen  Pupillen,  sehr  starker  articuktorischer 
Sprachstörung,  Grössenideen  und  hochgradiger  Euphorie  in  die  Be- 
handlung des  Autors;  die  Diagnose  auf  progressive  Paralyse  war 
klar,  die  Aetiologie  aber  höchst  dunkel ,  bis  an  amnestisch  erhoben 
wurde,  dass  die  Kranke  im  Alter  von  5  Jahren  nebst  ihrer  4jährigen 
Schwester  durch  den  Ku&s  einer  luelischen  Person  eine  Initialskle- 
rose an  der  Lippe  bekommen  hatte  j  sie  wurde  specifiscfa  behandelt 
und  zeigte  niemals  wieder  Symptome  von  Lues  bis  zum  Aul'treten 
der  paralytischen  Frühsymptome* 

Einen  wesentlich  anderen  ätiologischen  Standpunkt  vertheidigt 
Rabow  (Remarciues  eur  P^^itiologie  de  la  d^mence  paralytique  en 
g^Q^ral  et  sur  son.  existonce  dans  le  canton  de  Vaud  en  particulier* 
Lausanne  181)2).  Von  allen  Seiten  wird  ja  zugestanden,  dass  die 
Paralyse  eine  Krankheit  der  Civilisatiou  ist;  dagegen  ist  der  ätio- 
logische Einfiuss,  den  Heredität,  Syphilis  nnd  Älkoholjsmus  auf  das 
Zustandekommen  dieser  Gehirnkrankheit  ausüben^  nach  Ansiebt  des 
Autors  noch  nicht  recht  klar.  Alkokolismus  und  Syphilis  sind  in 
grossen  Städten  sehr  verbreitet,  und  diese  beiden  Eactoren  kann 
man  bei  allen  möglichen  Krankheiten,  z.  B.  Phthise  und  Oaroinom, 
in  der  Anamnese  finden.  In  der  der  Leitung  Rabow's  unterstellten 
Anstalt  Bois  de  U^ry  in  Wallis  leiden  nur  A^j^  der  aufgenommenen 
Kranken  an  Paralyse;  diese  an  sich  schon  ungewöhnlich  kleine  Zahl 
sinkt  auf  l,l*^oi  wenn  man  diejenigen  Kranken,  die  von  ausserhalb 
des  Cantons  stammen,  abzieht.  Mehr  als  ^,4  aller  Eingeborenen,  die 
an  Paralyse  leiden^  haben  ihr  Leben  in  den  grossen  Städten  des 
Auslandes  zugebracht  und  dort  die  Krankheit  erworben ;  der  Waadt- 
länder,  der  zu  Hause  bleibt,  ist  gegen  dioi^e  Psychose  ziemlich  immun. 
Woher  kommt  die  relative  Seltenheit  der  Paralyse  im  Canton  Waadt? 
Das  Temperament  der  Eingeborenen   ist   friedlich   und  ruhig,   ohne 


II 


^■m^ 


;ei2  und  Stolz;  grosse  Städte  gibt  es  nicht ,  die  Bevölkerung 
treibt  mehr  Lrandwirlhächaft,  als  Industrie  uod  erfreut  sich  einer  ge- 
vueen  Wohlhabenheit;  der  Kampf  um  die  Existenz  ist  in  jenem 
llftcklicheo  Läodchen  nicht  hart  und  erfordert  keine  geistige  lieber- 
iBstreEigung.  Rabow  leugnet  einen  directen  Coeic ex  zwischen  Para- 
IjTW  und  Syphilis  und  gibt  nur  zu,  dass  letztere  den  gesammten 
Ofg&nismoB  schwächt  und  daher  den  Boden  für  die  Paralyse  vor- 
berettet-  was  den  Alkoholiamus  als  ätiologischen  Factor  anbetrifft, 
to  wird  im  Canton  sehr  viel  Wein  getrunken;  in  Schweden j  wo 
atvk  alkoholhaltige  Getränke  ebenfalls  sehr  viel  getrunken  werden, 
ttt  die  Paralyse  gleichfalb  selten;  der  Einfluss  des  Alkoholismus  auf 
das  Zustandekommen  dieser  Psychose  erscheint  deoinach  etwas  proble- 
inatiacJi. 

Im  Gegensatz  dazu  behauptet  Kousset  (Congress  franz.  Irren - 
irsta,  ProtocoU  im  Bull,  de  la  soc»  de  m6d.  ment.,  Sepi),  dass  der 
Alküholismus  auf  einem  psychopatbi sehen  Boden  im  Stande  sei,  die 
Paralyse  zu  erzeugen. 

Meschede  (Virchow's  Archiv  Bd.  124)  hält  die  Cerebralcon- 
gestioD  fär  den  häufigsten  und  bedeutungsvollsten  Factor  beim  Zu- 
standekommen des  paralytischen  Aafalls;  sie  bildet  den  Mittel-  und 
Aoagangspunkt  für  alle  Veränderungen,  die  die  Bection  ergibt.  Als 
Beweis  hierfür  wird  ein  Fall  erwähnt,  in  dem  sich  jeweÜs  zugleich 
mit  dem  Eintritt  eines  paralytisch-apoplectiformen  Anfalles  capilläre 
EztraTasationen  und  Gefässektasie  in  der  Haut  des  Gesichtes  (zahl- 
iebe  rothe  punktförmige  Fleckchen)  einstelleup 

Was  die  geographische  Verbreitung  der  Paralyse  anbetrifft,   so 
10t  sie 9  wie  Babow  in  der  vorhin  erwähnten  Schrift  ausführt,   in' 
Frankreichp  Deutschland,  England,  Italien  und  Amerika  sehr  häufig, 
tu  Schweden,  Norwegen,  Schottland,  Irland  und  Japan  sehr  selten, 
Im  den  Arabern  fast  unbekannt. 

^Zar  Differentialdiagnose  der  Dementia  paralytica  und  der  Neur- 
astbenia  cerebralis"  ist  der  Titel  einer  höchst  lesenswerthen,  der 
retchen  Ertahrung  v.  K  r  a  f  f  t  -  E  b  i  n  g's  entstammenden  Arbeit 
(XUenauer  Festschr.  S.  67),  Suspect  im  Sinne  der  Paralyse  sind 
inuner  Erscheinungen  der  reizbaren  Schwäche  des  centralen  Nerven- 
wywUmB  bei  Männern  auf  der  Höhe  des  Lebens,  die  Lebemänner  und 
sogleich  geistig  angestrengt  waren,  zumal  wenn  eine  erbliche  Ver- 
aalaguDg  nicht,  dafür  aber  erworbene  Veranlagungen  (Rhaohitis, 
Trauma  capitis,  Lues,  Potua)  nachweisbar  sind.  Wichtig  ist  neben  der 
Aötiologie  des  Falles  auch  die  Art  seiner  Entwickelung ;  rascher,  fast 
iilntzlirber    Zusanmienbruch   der  Leistungen   der  Rinde    spricht  für 


:^:3i3 


Lewald, 


Oerebrastheniej  während  allmäliliche,  sctileichende  oder  sprungweise 
Entwickelang  der  Symptome  mehr  der  Paralyse  eigen  ist  Die  noßo- 
phobiaclie  Anschauung  des  Kranken,  er  sei  der  Paralyse  verfallöö, 
spricht  im  Äligemeioeu  gegen  Paralyse,  bei  der  das  Sensoriüm  wenig 
oder  gar  nicht  (die  initiale  Verötimmung  über  zerrüttete  imiere  Organe 
abgerechuet)  von  dem  Krankbeitsprocesä  taogirt  wird.  Eine  die 
Störung  des  Gedächtniasea  und  des  Seosoriums  zugleich  verrathende, 
beim  Paralytiker  wichtige  Erscheinung  ist  die  „defecte  zeitliche  Lo- 
calisation  in  der  Vergangenheit'^  und  damit  im  Zusammenhang  die 
ÜEBicherheit  der  Zeitrechnung:  Während  der  Paralytiker  sich  viel- 
fach um  eine  Reibe  von  TageE  in  der  Angabe  des  Datums  irrt,  hat 
der  Autor  beim  Cerebraatheniker  nie  beobachtet,  dass  er  sich  um 
mehr  als  2  Tage  irrt;  der  Gesunde  dagegen  irrt  sich  nur  um  einen 
Tag  im  Kalender;  gelegentlich  vergisst  er  wobl  auch  im  sorglosen 
Feriendasein  Zeitrechnung  und  Kalender,  dann  aber  ist  er  sich  dieser 
Entgleisung  stets  bewusst.  —  Mag  der  Cerebrastheniker  sich  noch 
so  blöde  vorkommen  und  deshalb  sich  noch  so  unsicher  im  socialen 
geistigen  Verkehr  fühlen ,  so  ist  er  doch  virtuell  unversehrt;  Ver- 
stösse gegen  die  gute  Sitte,  Blamage  in  Wort,  Schrift,  That  kommen 
bei  dem  Neurastheniker,  so  sehr  er  sie  fürchtet^  nicht  vor,  während 
sie  beim  Paralytiker  oft  früh  und  in  peinlicher  Weise  zu  Tage  treten. 
Zwangsvorstellungen,  die  Phobien  aller  Art  sprechen  direct  gegen 
Paralyse.  So  hartnäckig  und  von  äusseren  Umstanden  ganz  un- 
abhängig, wie  bei  Paralyse,  ist  die  Schlaflosigkeit  bei  Cerebrasthenie 
niemals.  Eine  absolute,  andauernde,  allen  Mitteln  trotzende  Schlaf- 
losigkeit bei  Leuten  in  Lebensaltern  und  Lebens-  und  Kör  per  Ver- 
hältnissen^ bei  denen  Paralyse  häuRg  ist,  muss  die  Besorgidss  er- 
wecken, dass  sie  Vorläafer  der  Paralyse  ist.  Noch  mehr  ist  dies  zu 
befÄrobten,  wenn  der  Nachts  schlaflose  oder  aber  auch  der  Nachts 
gut  schlafende  Kranke  am  hellen  Tage,  mitten  bei  der  Arbeit  oder 
in  anregender  Gesellschaft  wiederholt  einschläft.  Auch  die  Hemi- 
crania  ophthalmica  ist  immer  verdächtig  im  Sinne  drohender  organi- 
scher Erkrankung,  wenn  sie  auch  zuweilen ,  einer  gewöhnlichen 
Hemicranie  gleich,  durch  Jahrzehnte  bei  einer  neuropathiHch  ver- 
anlagten Persönlichkeit  vorkommt,  ohne  Vorläufer  der  Paralyse  zu 
werden.  Ein  sehr  häufiges  Symptom  bei  Cerebrasthenie  ist  Kopf- 
druck ;  er  kann  sehr  quälend  sein  und  selbst  schmerzhaft  empfunden 
werden.  Er  unterscheidet  sich  wesentlich  von  dem  initial  bei  Para- 
lyse nicht  seltenen,  iu  allen  Formen  der  Trigeminusreizung  vor- 
kommenden Kopfschmerz. 


Psychiatrie. 


22a 


Ans  der  FlutU  der  In  fluei]  zaiitteratur  haben  wir  zwei  in  psyckia- 
tmebar  Beziehung  interessante  Arbeiten  hervorzuheben*  Dornblüth 
pubUcirt  ^Beobachtungen  aus  der  letzten  Influenzaepidemie  in  der 
braiandtalt  zu  Bunzlau''  (Deutsche  med.  Woehenschr.  Nr  44),  und 
KQohft  berichtet  über  die  gleiche  Epidemie  in  der  Irrenanstalt  zu 
OMmgen  (Berl  klin,  Wochenschr.  Nr*  26).  In  Bunzlau  häuften 
skli  vor  Beginn  und  während  der  Epidemie  die  iobären  Pneumonien 
£<ehr  stark;  Verschlimmerungen  psychischer  Krankheitszuätäode  durch 
die  Inflaenza  wurden  nicht:  beobachtet,  und  die  in  den  Aufnahmegut' 
sehten  darauf  zurückgeführten  Psychosen  wurden  mehrmals  als  schon 
fw  der  Influenza  entstanden  erkannt,  Auoh  Heilungen  von  Psychosen 
dardi  die  Infection  mit  Influenza,  wie  sie  von  verschiedenen  anderen 
Btttan  bekannt  geworden  sind^  wurden  nicht  beobachtet. 

Recht  interessant  sind  die  Mittheilungen  Witmer'a  über  Geistes- 
atöruBgen  unter  der  farbigen  Bevölkerung  der  Vereio igten 
Simaten  (The  Alienist  and  Neurologiat,  January).  Die  Frage  des 
Irreseins  unter  den  Farbigen  steht  momentan  jenseits  des  Oceans  im 
Mittelpunkt  des  allgemeinen  Interesses,  denn  in  den  letzten  10  Jahren 
haben  die  Geisteskrankheiten  bei  der  farbigen  Bevölkerung  so  stark 
mgenomiaen,  dass  das  Verhältniss  der  weissen  Bevölkerung  (1  :  500) 
boinilld  erreicht  ist.  Diese  starke  Zunahme  erklärt  der  Verf.  durch 
nelir^re Gründe :  einerseits  haben  die  kriegerischen^  unsicheren  Zeiten, 
daa  ii6U6j  früher  ungeahnte  Bedürfnisse  erfordernde  Factum  der  Be- 
tmong  von  der  Sklaverei,  das  durch  kein  Machtgebot  des  Herrn 
eis^^escbränkte  freie  Leben  ihren  Einfluss  auf  die  emotive  und  aber* 
gjiabbche  Bace  ausgeübt;  andererseits  waren,  solange  sie  Sklaven 
wsren  und  ihrem  Herrn  ein  erhebliches  Kapital  repräsentirten ,  ihre 
Gesundheit  und  ihre  Sitten  streng  behütet;  mit  dem  Augenblick  der 
Befreiung  fiel  diese  Fürsorge  fort.  Nach  Witmer's  Erfahrung  ver- 
Uitfea  die  Psychosen  bei  den  Farbigen  ungefähr  ebenso,  wie  beim 
Kaukaaier;  in  den  Anstalten  flndet  sich  Manie  auffallend  häufig. 
Hereditäre  Belastung  ist  selten,  die  Geschichte  ihrer  Freiheit  ist 
noch  zu  jung,  als  dass  die  Civilisation  schon  ihre  degenerirende 
Wirkung  hätte  ausüben  können. 

Nach  den  Erfahrungen  Kühnes  findet  sich  unter  den  Corri- 
»oden  ein  etwa  doppelt  so  grosser  Procentsatz  von  Geisteskranken, 
bei  den  Insassen  der  Gefängnisse  und  Zuchthäuser  (Archiv  für 
P^chiatrie  Bd,  2*2^  H,  2  u,  3)*  Von  den  144  Geisteskranken,  die 
«r  unter  den  Oorrigenden  fand ,  waren  102  zur  Zeit  der  Bestrafung 
i  00  aoagesprochen  geisteskrank,  dass  bei  einer  gerichtsärztlichen 


!224 


Lewald, 


UntersuchuDg  uafeblbar  die  UnzureoiiQUQgBt'ähigkeit  des  Kranken 
hätte  diagnosticirt  werden  müssen.  Kuhn  stellt  daher  die  Forde- 
rung auf,  dass  in  jeder  Strafaaohe  die  Feststellung  der  Zurechniangs- 
fähigkeit  einen  integrirenden  Theil  des  Verfahrens  bilde,  das»  ferner 
alle  Inhaftirten  durch  irrenärztlich  gebildete  Gefängnissärzte  zu  con* 
trollireti  seien ,  die  ihr  Eesultat  jedes  Mal  zu  den  Acten  zu  geben 
hätten.     Das  wird  zunächst  wohl  ein  frommer  Wunsch  bleiben. 

Aehnliche  Forderungen  befürwortet  am  ScMustäe  seiner  überaus 
lesenswerthen  Arbeit :  Verbrechen  und  Wahnsinn  beim  Weibe  (Allg. 
Zeitsohr.  £  Psychiatne  Bd.  49)  N äc ke.  Unter  &3  S tra f ge f  a n ge n e n, 
die  in  der  Irrenanstalt  zu  Hubertusburg  von  ihm  untersucht  wurden, 
waren  15  ^;^,  zur  Zeit  der  letzten  That  sicher  und  SQt'^^  höchst  wahr* 
scheinlich  geisteskrank»  Was  die  Form  der  geistigen  Erkrankung 
anbetriiFtj  so  fanden  sich  bei  der  Aufnahme  in  die  Anstalt  die  ver- 
schiedenen Formen  der  Manie^  der  Paranoia,  zwei  Kranke  mit  De- 
mentia  paralytica,  Epilepsie  mit  oder  ohne  Psychose,  hysterisches 
Irresein  und  Idiotismus,  Paranoiker,  Epileptische  und  Idioten  figu- 
rlren  speciell  bei  Tödtschlag,  Epileptische  und  Imbecille  bei  Vaga* 
bondage,  die  sehr  gewöhnlich  mit  Diebstahl  und  Prostitution  zu- 
sammen auftritt. 

Das  CoUaps-Delir  bricht  nach  Asch  äffen  bürg  (Vers,  aüd- 
westdeutscher  Neurologen  u.  Irrenärzte  1892,  Neurol.  Centralblatt 
8.  422)  als  Folge  schwerer,  den  Organismus  schädigender  Einfiüase, 
meist  nach  acuten  Krankheiten  aus.  Es  tritt  bald  andauernde  mo- 
torisobs  Erregung,  Ideenflacht^  Reimen  und  AUiteriren  einj  verwirrte 
Antworten  zeigen  die  mangelnde  Auffassung  des  Gesprochenen;  die 
Stimmung  ist  wechselnd,  es  bestehen  Hallucinationen  und  Illusionen, 
Schlaf  und  Ernährung  sind  mangelhaft.  Der  Tod  kann  im  tiefsten 
CoUaps  erfolgen,  doch  tritt  meist  nach  einigen  Tagen  Klarheit  und 
Genesung  ein.  Therapeutisch  wird  Kräftigung  der  Ernährung,  even- 
tuell SondenfütteruDg,  Milch  und  Gognac,  Paraldehyd  als  Schlaf- 
mittel und  prolongirte  warme  Bäder  zur  Milderung  der  motorischen 
Erregung  empfohlen. 

Zacher  (BerL  klin,  Wochenschr.  Nr.  28)  berichtet  über  einen 
in  practischer  und  theoretischer  Beziehung  interessanten  Fall,  in  dem 
sich  an  stärkere  MigräneanföUe  bei  einem  stark  hereditär  belasteten 
Patienten  eine  transitoriacbe  Psychose  anacbloss,  die  durch  starke 
Trübung  und  Verschleierung  des  Bewusstaeins,  durch  mehr  oder 
weniger  gTosse  Aufregung  mit  Neigung  zu  Gewalttbätigkeit,  massige 
Verwonvnheit  and   grosse  Keizbarkeit  ausgezeichnet  war  und  nach 


PBV'chiatrie. 


225 


tündiger  Dauer  in  Solilaf  übergiDg,  aus  dem  der  Kranke  ohne 
jegUche  ErmneruDg  an  den  Anfall  aufwachte.  Die  Beobachtung  er- 
änert  an  gewisse  Fälle  von  sog.  complicirter  Migräne  (Oharcot): 
Wio  dort  im  Anschluss  an  den  Migräneanfall  allerhand  vorilber- 
feliende  Störungen  auf  motoriächenij  eenBiblem  oder  Bensoriellem  Ge- 
bieta  auftreten  können^  so  hat  sich  in  diesem  Falle  eine  transito- 
mche  Greistesstorang  als  Complicabion  und  Begleiter  ach  einung  des 
Hi^iiloeanfalles  entwickelt.  In  ätiologischer  Beziehung  dürfte  es 
sich  wabrseheinlioh  um  vorübergehende  vasomotorische  Störungen  im 
Oultime  handeln. 


i- 


Ausser  der  Agoraphobie  beobachtete  Fürstner  (Ueber  einige 
^toriscbe  Schwäche-  und  Reizzustände.  Archiv  f.  Psychiatrie  Bd,  24, 
2)  gewisse  psychomotorische  Schwächezustände,  infolge 
deren  h&oEg  in  Thätigkeit  gesetzte,  der  täglichen  Beschäftigung 
dienende  Muskelgruppen  bei  gewissen  Anlässen  vorübergehend  in 
ikrer  Leistungsfähigkeit  gehemmt  wurden,  wodurch  uncoordinirte 
Bewegungen  erfolgten.  Einem  Barbier  wurde  bei  Einwirkung  be- 
atimmter  Sinnes  Wahrnehmungen  (elegant  gekleidete  Personen,  glatte 
Geeichter)  das  Rasiren  durch  das  Auftreten  von  Angst  zuständen, 
TOtt  Schwäche  und  Tremor  im  rechten  Arme  zeitweilig  unmöglich 
gemacht;  ein  hereditär  belasteter  Capellmeister  wurde  infolge  be- 
i  gUmmter  Sinnes  Wahrnehmungen  auf  der  Bühne  durch  Angatempfin- 
^^ftsuigen  und  Schwäche  im  rechten  Arm  am  Dirigiren  verhindert,  und 
^^■btem  Arst  wurde  es  zeitweise  durch  Angstempündungen  unmöglich 
^^^Bina^bt^  in  Gegenwart  anderer  Personen  seine  Unterschrift  zu  voll- 
debeo.  Als  Ursprungsstätte  aller  dieser  Störnngen  ist  die  Rinde 
anzusehen. 

Ein  immerhin    nicht  häufiger  Kran kheits zustand   ist    die    peri- 
odische Paranoia,  und  Kau  seh  lieferte  einen  Beitrag  zu  ihrer 
Kenntoiss  (Archiv  f.  Psychiatrie  Bd.  24,  H.  3).    Sie  findet  sich,  wie 
die  ftbrigen  periodischen  Psychosen  fast  ausachiiesslich  bei  hereditär 
Eötadteten,  und  bei  ihr  gewinnen  die  Hallucinationen  und  Wahnideen 
nieht  dieselbe  Herrschaft  über  das  Individunm^  wie  bei  der  gewöhn- 
baUucinatorischen  Paranoia.     Die  krankhaften  Erscheinungen 
Verlaafe  der  einzelnen  Anfälle  sind  ausserordentlich  constant,  und 
I  Intervalle  zwischen  den  einzelnen  Anfällen  sind  im  Oegensatz  zur 
ischen  Manie  und  Melancholie  auch  auf   die  Dauer  ganz  oder 
dt  gans  frei   Die  Prognose  ist  in  Bezug  auf  die  Heilung  ungünstig, 
BoEOg  auf  den  Uebergang  in  Demenz  bei  Weitem  günstiger,  als 
dan  anderen  periodischen  Formen. 
JMbrtiacti  d.  pfaet.  Medicln.    1S93.  tb 


226  Lewald. 

An  der  Hand  von  10  genau  beobachteten  Fällen  bespricbt  Schön- 
thal  (Archiv  f.  Psychiatrie  Bd*  23,  H.  3)  die  im  frühen  Lebens- 
alter auftretenden  Psychosen.  In  sämmtlichen  10  PäUen  war 
erbliche  Belaatimg,  ziim  Theil  in  sehr  erheblichem  Maasse,  in  5  Fällen 
Schwachsinn  vorhanden.  Auffalleod  häufig  (in  8  Fällen)  wurden 
Hallucinationen  constatirt,  auch  bei  Psychosen,  in  deren  Verlauf  man 
bei  Erwachsenen  seltener  Sinnestäuschungen  antrifft  (Chorea,  Manie, 
circaläre  Psychose);  das  überwiegende  Vorkommen  von  Gesichts- 
hallucinationen  ist  ja  dem  kindlichen  Alter  eigen.  In  sehr  klarer 
Weise  zeigen  die  mitgetheilten  Fälle,  wie  mit  fortschreitender  Ent- 
Wickelung,  die  aber  nicht  mit  der  zunehmenden  Zahl  der  Jahre  zn* 
sammenfälltf  die  psychischen  Störungen  symptomatisch  reichhaltiger 
werden.  Der  Ausgang  der  Erkrankungen  war  im  Allgemeinen  gün- 
stiger, als  dies  sonst  für  die  Psychosen  des  Kindesalterg  ange- 
gegeben  wird» 

Mit  diesen  Ansichten  stimmt  Friedman n  (Ueber  Nervosität  und 
Psychosen  im  Kindesalten  Münch,  med,  Wochenschr*  Nr,  21  ff.)  im 
Allgemeinen  überein.  Im  Vordergrunde  der  Aetiologie  steht  die  Be- 
lastung, und  theoretische  Erörterungen  über  die  relative  Seltenheit 
wirklicher  Psychosen  im  Kind  es  alter  und  das  Vorwiegen  geistiger 
Schwäche  und  Hemmung  führen  den  Autor  zu  dem  Schiaase,  dass 
das  Kindergehirn  nicht  recht  fähig  zu  dauernden  psychischen  Reiz- 
symptomen ist,  und  dass  der  psychische  Heiz  als  solcher  bald  zur 
Erschöpfung  führt 

G  e  r  1  a  c  h  berichtet  über  einen  Fall  von  Geisteskrankheit  im 
Kindesalter  (Allg.  Zeitschr,  f.  Psychiatrie  Bd.  48,  S.  586),  der  im 
Anschlass  an  eine  postscarlatinose  Nephritis  entstand.  Die  beobach- 
teten Krämpfe  werden  als  urämisch©  aufgefasst,  und  die  nachher  ein- 
getretenen psychischen  und  körperlichen  Störungen  als  eine  Folge 
der  Nephritis  angesehen,  die  Krankheit  selbst  als  toxämische  Cere- 
bralerkranknng,  entstanden  durch  toxische,  infolge  der  Nephritis 
nicht  ausgeschiedene  Stoffwechseiproducte  gedeutet.  Auch  in  diesem 
Falle  war  die  Patientin  erblich  sehr  stark  neuropathisch  heiastet. 

Krypiakiewicz  (Ueber  die  Wirkung  der  atmosphärischen 
Luftdruckeroiedrigung  auf  die  Geisteskranken.  Jahrb.  f. 
Psych*  Bd.  1 1,  H,  3)  hat  die  Erfahrung  gemacht,  dass  weder  der  besonders 
hohe,  noch  der  besonders  niedrige  Barometerstand,  sondern  nur  sein 
plötzliches  Fallen  eine  uachtheilige  Wirkung  auf  das  Befinden  der 
Kranken  ausübt  und  in  den  Anstalten  jene  ^bösen'^  Tage  bewirkt, 
die   sich   in    auffallender  Weise   durch  die  allgemeine  Unruhe    der 


h 


Psychiatrie. 


227 


iken  aoBzeichnen.  Auch  ernstere  Zufälle  ^  wie  z.  ß.  gehäufte 
lytische  Anfälle,  plötzlich  eintretende  nomotivirte  Verschlimme- 
"notigeD  im  Zustande  der  Schwerkranken,  die  Entstehatig  deg  tod- 
Uni^enden  Decubitus,  spastiBche  und  paralytische  Zustände  der 
BlaBe,  ja  auch  echte  apoplektisehe  Anfälle  mit  andaciernder  Lahmuug 
[len  nach  Ansicht  des  Autors  in  einer  auffaliendeo  Abhängigkeit 
DD  Luftdruck  Schwankungen.  Einige  Male  conatatirte  Krypiakie- 
wic»  auch  an  kritischen  Tagen  Falb's  einen  nicht  zu  verkennenden 
Emfluss  der  barometrischen  Schwankungen  auf  den  Zustand  von 
Geisteskranken. 

Simulation  von  Geisteskrankheiten  kommt  bei  geistig 
Gesunden  sehr  selten  vor,  und  einzeln©  Autoren  waren  früher  sogar 
geneigt,  anzunehmen,  dass  der  Versuch  der  Simulation  —  auch  wenn 
diese  nachgewiesen  werden  konnte  —  immer  ein  nicht  ganz  normales 
Seelenleben  zur  Vorattssetzung  habe.  Im  Gegensatz  zu  dieser  An- 
sehanung  veröffentlicht  Die  tz  (Ueber  Simulation  von  Geistesstörung. 
Illenauer  Festschrift  S,  203)  die  Krankengeschichte  eines  reinen, 
i*  e,  eines  geistig  vollständig  gesunden  Simulanten*  Nicht  nur  konnte 
die  Simulation  in  allen  Punkten  nachgewiesen  werden,  sondern  sie 
wurde  auch  von  dem  Exploraten  schliesslich  eingestanden;  bei  der 
gerichtlichen  Verhandlung  legte  er  ein  olPenes  Geätändniss  ab  und 
ftbemahm  selbst  seine  Vertheidigung.  Bei  der  Untersuchung  von 
Stmulaiiten  empfiehlt  Dietz  besonders  die  Senaibilitätspriifung.  Es 
darf  nicht  verkannt  werden,  dass  eigen thümliche  und  selbst  schein- 
bar paradoxe  SensibiHtätsbefunde  keineswegs  der  Simulation  eigen 
sind,  sondern  auch  durch  wirkliche  psychische  wie  somatische  Affec- 
tionen  bedingt  sein  und  sogar  in  den  zu  Unterauchenden  unbewusst 
kineinsuggerirt  werden  können.  Wenn  man  diese  Fehlerquellen  aber 
aasachliesst ,  gibt  der  Befund  der  Sensibilitätsprüfung  einen  Mass- 
atab  für  die  Wahrheitsliebe  oder  üebertreihungssucht  des  Individuums 
and  dementsprechend  häufig  Fingerzeige  für  die  methodische  psychische 
Ontersuchung  und  Kritik, 

Auch   auf  dem  Gebiete  der  Therapie    der   Psychosen  ist 
1892  Tiel  gearbeitet  worden,    und  da   die   Schlaflosigkeit   ein 
Symptom   fast   aller  acuten  Psychosen  ist,    so  sei  mit  den  sie  be- 
ikAmpfenden  Mitteln  begonnen« 

Trional  und  Tetronal,  zwei  dem  Snlfonal  sehr  nahe  verwandte 
Körper  sind  von  Brie  (NeuroL  Centralbl,  1892,  S,  775),  Schäfer 
,(BerL   klin.  Wochenschn  1892^   Nr,  29),    Böttiger   (eod*  l  Nr.  42) 
einigen  italienischen  Autoren  auf  ihren  hypnotischen  Werth  ge- 


Lewald, 

prüft  worden.  Die  wirksame  Dosis  liegt  bei  den  beiden  Mitteln  in 
Fällen  micomplicirter  Schlaflosigkeit  zwischen  0,5  und  3^0;  dem 
Trional  kommt  die  schlafmachende  Eigenschaft  in  etwas  höherem 
Grade  zü.  Die  Darreichung  erfolgt  am  besten  direct  vor  dem 
Schlafengehen  I  da  die  beiden  Körper  schon  nach  10 — 20  Minuten, 
also  viel  schneller  als  Sulfonal  ^  wirken,  und  zwar  gibt  man  sie  in 
heiaser  Milch,  in  Wein  oder  Thee  gelöst;  die  Aiiflösting  erfolgt 
leicht  und  vollständig.  Das  Sulfonal  zeichnet  sich  allerdings  vor 
seinen  beiden  Verwandten  durch  seine  Geschmacklosigkeit  aus,  wäh- 
rend jene  bitter  sind  und  deewegen  von  Geisteskranken  manchmal 
zurückgewiesen  werden.  In  einzelnen  Fällen  treten  Nachwirkungen 
auf,  die  sich  auf  einen  Theil  des  nächsten  Tages  erstrecken  und 
sich  in  Müdigkeit  und  Abgeschlagen heit  kundgeben ;  Nebenwirkungen 
sind  relativ  selten  und  stellen  sich  am  ersten  noch  im  Verdauungs* 
tracte  ein.  Bei  Morphium-Cocain-Missbrauch  und  auch  dann,  wenn 
körperliche  Schmerzen  im  Vordergrunde  stehen,  versagen  die  Mittel 
gänzlich;  eine  Gewöhnung  scheint  nicht  stattzufinden, 

Dass  das  Sulfonal  keineswegs  das  harmlose  Mittel  ist,  als  das 
es  anzusehen  man  früher  geneigt  war,  beweisen  die  Beobachtungen 
von  Quincke  (BerL  klin.  Wochensohr,  Ni\  36),  Friedenreich 
und  J olles  (Bulletin  medical  1891,  Nr.  52)  und  Schäffer  (Netirol 
Oentralblatt  S.  7W),  Eine  Patientin  Quincke's,  die  seit  2  Jahren 
täglich  1—2  g  Sulfonal  wegen  Schlaflosigkeit  genommen  hatte,  starb 
an  einer  schweren  StoffwechselstÖrungj  deren  Natur,  da  die  Section 
verweigert  wurde,  nicht  näher  festgestellt  werden  konnte.  Frie- 
denreich theiit  zwei  Fälle  von  chronischer  Sulfonal  Vergiftung  mit; 
in  beiden  Fällen  waren  die  flauptsymptome  dunkelrother  Harn, 
Schmerzen  im  Unterleib  und  Lähmung  der  willkürlichen  Muskeln; 
er  nimmt  an,  dass  das  in  das  Blut  aufgenommene  Gift  das  Hämo- 
globin schädige,  wofür  der  abnorme  FarbstoiF,  Hämatoporphyrin, 
spricht,  den  man  in  fast  allen  Fällen  von  Sulfonal  Vergiftung  im 
Harne  findet.  Gar  r  od  (Lance  t  1892)  theiit  mit,  dass  er  unter 
20  Fällen  von  Chorea  14ma]  Hämatoporphyrin  im  Harne  nach- 
reisen konnte;  es  waren  dies  Fälle,  bei  denen  in  der  Anamnese  ein 
nebr  oder  weniger  deutlicher  Zusammenhang  mit  acutem  Gelenk- 
rheumatismus ersichtlich  war.  —  Aus  Versuchen,  die  Go Idstein 
an  sieb  selbst  angestellt  hat  (Deutaehe  med.  Wochenschr.  Nr.  43), 
geht  deutlich  hervor^  daüs  das  Sulfonal  sich  im  Organismus  lang- 
anhäuft und  dementsprechend  immer  reichlicher  im  Harn  er- 
'scheint.  Setzt  man  mit  dem  Mittel  aas,  so  ist  es  in  2 — 3  Tagen 
völlig  dem  Körper  entzogen.    Danach  scheint  es  sich  zu  empfehlen, 


Paychiftirie. 


2Üd 


längerer  Darreichung  in  geeigneten  Zwischenräumen  ©ine  2— B- 

^ge   Pause    eintreten  zu    lassen,    um    den  Organi^unus    von    dem 

fremden  Körper    zu    befreien;    dann    wird  man   wohl   kaum  je  eine 

dironisclie  Sulfonalvergiftung   beobachten.     Immerhin  kann  es  auch, 

wie    Sobernheim   (Deutsche    med*  WochenBchr,   Nr,   24)    beob- 

~    ^tete,    zu  Hämato Porphyrinurie    kommen,   ohoe    daas   der  Patient 

ÜB  Sulfonal  genommen  hat.     J  o  lies  unteräucbte  den  Urin  von 

Frauen    (das   weibliche  GesohJecht  scheiot  eher  den   in  Kede 

flehenden  Körper  nach  Sulfonal  im  Urin  zu  zeigen)^  die  nach  länge- 

ram   Bolfonalgebrauch   p^ychigche  Störungen   bekommen   hatten;    er 

innd  stets  HämatoporphTrin,  das  chemiäcb  und  mikroskopisch  naeh- 

gewiesen   werden   konnle^   ausserdem  Ei  weiss   und  geringe  Mengen 

f  o»  Snifonai,  das  unverändert  ausgeBchieden  worden  war»    Man  wird 

dah^  wie  Seh  äff  er  empüehlt,  bei  länger  dauei^nder  Sulfocaltherapie 

beaOGders  bei  Personen,  die  zur  Obstipation  neigen  (wegen  der  durch 

die  Cumulation   des   SuUbnals   im   Körper   begünstigten  Entstehung 

abnormer  Wirkungen)  die  Farbe  des  Urins  genau  zu  beachten  haben, 

uro  so  mehr  als  Hämatoporphyrin  im  Harn  bereits  vor  allen  übrigen 

bis  jetzt  bekannten  Symptomen   der  chroniechen  Sulfonal  Vergiftung 

aoAreten  kann. 

Marandon  de  Monthyel  (Annales  med.-psychol.  1891,  Sept. 
Mb  Dec«)  hat  das  Hypnoticum  Metbylal  in  41  Fällen  gebraucht  und 
enpfiehlt  seine  Anwendung  in  körperlichen  Krankheiten,  wenn  es 
daiÄtif  ankommt,  einen  zu  kurzen  Schlaf  zu  verlängern;  Gewöhnung 
tritt  schon  nach  1 — 4tägigem  Gebrauch  ein.  v,  K r äfft- E hing 
wendet  das  Mittel  subcutan  an  und  rühmt  es  in  dieser  Form  ats 
aaageseichnetes  Sedativum  und  Hypnoticum  bei  Delirium  tremens, 
bei  Seblailosigkeit  und  Aufregungszuständen  infolge  von  Inanition 
oiid  Anämie  des  Gehirns;  er  verschreibt  es  1,0:9,0  Aqua,  2stündlich 
1  Spritze,  bis  Schlaf  erfolgt, 

Ztt  denen,  welche  vor  der  Anwendung  des  Hyoscins  als  Seda- 
iivum  warnen,  gesellt  sich  Näcke  (AUgem.  Zeitschr,  f.  Psychiatrie 
Bd.  4^  S.  301):  Das  Resultat  der  Hyoscinbehandlung  ist,  was  die 
Beniliigüng  angeht,  sehr  schlecht^  und  dabei  kamen  ^^14  aller  Kranken 
iurch  die  Cor  sehr  herunter,  ja  Näcke  sah  überhaupt  bei  keiner 
iMedication  so  viel  coHapsartige  Zustände.  Das  Mittel  ist  zu  längerem 
Gebrauch  entschieden  ungeeignet,  sein  Werth  als  momentanes  ße- 
raiiigiiDgsmittel  wird  dadurch  nicht  berührt. 

Im  Gegensatz  dazu  halt  derselbe  Autor  (eodem  loco  S.  566), 
^Sel  vatico  (Neurol.  Centralbl  1892,  S,  590)  und  früheren  Autoren 
reii^atimmend ,  das  Duboiainum  sulfuricum  für  ein  brauch- 


230 


Lewald. 


bares  Bedativum,  rätb,  mit  ^^  mg  zu  beginnsD  und  allmählich  um 
^ll  mg  zu  steigen,  bis  die  wirksame  Dosis  gefunden  ist;  als  Dosis 
maxima  bezeichnete  Ref.  in  einer  frtilieren  Arbeit  0,002,  Belmondo 
fand,  dasö  das  Mittel  böi  acuten  Irresein gf allen,  besonders  bei  acuter 
Manie,  zu  verschiedenen  Malen  psjchisch  coordinirend  wirkte  und 
so  einen  gunstigen  Einfluss  auf  den  Krankheitsverlauf  zu  haben 
schien  (Eiv-  speriment.  Bd*  18)»  An  unangenehmen  Nebensymptomen 
beobachtet  man  hin  und  wieder  Mattigkeit^  Schwindel,  Schwanken, 
Benommenheit,  Eewusstlosigkeit,  Herzpalpitationen ,  Mydriasis  und 
Trockenheit  im  Halse;  nur  ausnahmsweise  treten  Krampf  zustände 
auf,  doch  scheint  dabei  die  Individualität  eine  grössere  Eolle  zu 
spielen,  als  die  Höhe  der  Dosis.  Der  Appetit  wird  bei  längerar  An- 
wendung des  Mittels  leicht  herabgesetzt,  eine  Gewöhnung  findet 
nach  Nacke  bei  subcutaner  Anwendung  kaum  statt,  kommt  aber 
eher  bei  der  internen  Verabreichung  vor.  Lan derer  (lilenauer 
Festschrift  S.  1B9J  prophezeit  dagegen  dem  Mittel  keine  grosse  Zu- 
kunft* 

Ueber  die  Bettbehandlung  der  Geisteskranken  handelt 
ein  Aufsatz  von  Brosi\is  {Psych.  Bladen  Theil9);  die  Bettruhe  ist  das 
souveräne  Mittel  zur  Bekämpfung  der  psychischen  Äufregungs-  und 
Depressionazustände ,  denn  sie  arbeitet  der  Consumtion  der  Kräfte 
entgegen,  besonders  bei  schwachen  und  bei  blutarmen  Menschen  und 
bei  denen,  die  infolge  von  geistiger  oder  körperlicher  Ueberan- 
strengung  psychisch  erkrankt  sind.  Auch  unruhige  Kranke,  die 
nicht  im  Bette  bleiben  wollen,  gelingt  es,  darin  zn  halten :  Das  kranke 
Qehurn  findet  im  Bett  die  Isolirung  von  psychischen  Reizen  ebenso, 
wie  ein  Augenkranker  im  Dunkelzimmer. 

F  ti  r  s  t  n  e  r  (Versammlungen  söd westdeutscher  Neurologen  und 
Psychiater  in  Karlsrnhef  1892)  empfiehlt  zu  therapeutischen  Zwecken 
das  warme  Vollbad  von  26—30^*  in  einer  Dauer  von  10  Minuten 
bis  zu  1  Stunde.  Noch  höher  temperirte  und  Bäder  von  längerer 
Dauer  sind  nur  ausuahmsweisa  zu  gebrauchen,  da  ihre  Resultate  der 
Schwierigkeit  der  Herstellung^  namentlich  in  privaten  Verhältnissen 
nicht  entsprechen.  Das  warme  Vollbad  beruhigt,  fördert  den  Schlaf 
und  steigert  den  Stoffwechsel;  ausserdem  erleichtert  es  die  Pflege 
der  Haut,  die  namentlich  bei  Unreinlichen,  bei  Unruhigen  und  bei 
Kranken,  die  von  organischen  Leiden  betroffen  sind,  sorgfältig  ge- 
handhaht  werden  ibubb,  Indtclrt  ist  das  warme  Vollbad  bei  allen 
acuten  functionellen  Psychosen,  von  denen  wiederum  die  depressiven 
Formen,    zumal   wenn   die    Träger   derselben   körperlich    herunter- 


Psychiatrie, 


231 


gekommen    sind,    besonders   günstig   beeinfluset   werden;    auch  bei 
pro^jtsssiver  Paralyse  leistet  es  oft  gute  Dienste;   etwa  eintretenden 
Com^stivzuständen  ist  durch  kalte  Umschläge  auf  den  Kopf  vorzu- 
hefo^en.     Kaltwaaeercuren  wirken  meist  ungünstig  bei  den  depres- 
»Ten  Formen;  die  ohne  jede  Berlicksichtigung  des  körperlichen  Be- 
indeos  beute  vielfach  geübte,   rein   schablonenmässige  Behandlung 
mit  kaltem  Wasser  (sog.  Kneippcuren)  gestaltet  bei  vielen  Oeistes- 
kraskeo  den  Verlauf  der  Psychose  ungünstig  oder  wenigstens  sehr 
protrahirt.    Die  Gonsequenzen  dieses  Verfahrens  sind  um  so  ernster, 
weil  es  einmal  mit  Vorliebe  in  dem  für  die  Behandlung  so  wichtigen 
Initialstadium  geübt  wird,  und  weil  andererseits  ein  weiterer  thera- 
peutischer Missgriff,  die  Reduction  der  Nah rungszu fuhr,  damit  ver- 
bunden zu   werden   pflegt.     In    der  Form  partieller  Ein  Wickelungen 
leistet  kaltes  Wasser  gute  Dienste   bei   der  Bekämpfung   von  Sen- 
sationen, so  Ein  Wickelungen  der  Brust  bei  den  circumscripten  Sen- 
sationen, die  den  Angstaffect  begleiten;   ebenso  werden  Sensationen 
im  Bereich  des  Kopfes,    Kopidruck,    durch  partielle  kalte  Bäder, 
i,  B*  Fassbäder  vermindert. 

Von  der  Annahme  ausgehend,  dass  manche  Fälle  von  Idiotie 
auf  einer  zu  früh  eintretenden  VerknÖcberung  der  Schädelnähte  be- 
mheo,  waren  von  Mac  Clintock  (Journ.  of  ment.  scienee  1891, 
S.64Ö),  Prengrueber  (Bull,  m Ad,  1892,  Nn  S)  und  Anderen  Oranio- 
tomien  und  Craniektomien  mit  wechselndem  Erfolge  vorge- 
nommen worden* 

Im  Gegensatz  dazu  weist  Bourneville  (Archives  de  Neurologie 
!B92,  Nr,  71)  für  eine  Eeihe  von  Fällen  nach^  dass  die  Diagnose 
auf  voraeitigen  Nahtschluss  nicht  mit  Sicherheit  gestellt  war,  und 
vermissi  genaue,  einen  Vergleich  gestattende  Angaben  über  den  gei- 
stigen Zustand  der  Idioten  vor  und  nach  der  Operation;  trotz  des 
grossen  Materials,  das  Bourneville  als  Arzt  der  Pariser  Idioten- 
snstalt  zu  sehen  Öelegenheit  hatte,  konnte  er  einen  Fall  completer 
Synostose  bei  idiotischen  Kindern  niemals  constatiren  (Neurol,  Gen- 
tralblatt  1892,  S.  708). 

Zu  höchst  interessanten  theoretischen  Ergebnissen,  deren  practische 
Gonsequenzen  wir  theilweise  schon  lange  üben,  kommt  Kräpelin 
in  seinem  Buche  über  die  Beeinflussung  einfacher  psychi- 
scher Vorgänge  durch  einige  Arzneimittel  (Jena  1892^  Gustav 
Fischer).  Durch  die  Methode  psychischer  Zeitmessungen  ermittelte 
der  Verf.  die  verschiedene  Wirkung  von  Stoffen  auf  das  Seelen- 
leben; Beim  Alkohol  lääst  sich  eine  sehr  rasch  eintretende  und  erst 


233 


Lewftld. 


nach  l&ngerer  Zeit  wieder  veraohwindende  Verlangsamiiüg  der  in- 
tellectuellen  Yorgänge  nachweifienf  zugleich  stellt  sich  eine  20  bis 
30  Minuten  daiiernde  ErleichteriiDg  der  Bewegungaauslösuiig  ein, 
der  sodann  eine  Erachwerüng  auf  demselben  Gebiete  nachfolgt. 
Grössere  Dosen  bewirken  früheres  und  auagiebigeres  Eintreten  der 
LähmuDgserscheinungen  auch  auf  der  moteriBcheu  Seite  (cf.  acute 
Alkoholvergiftung).  In  naher  Verwandtscbaft  zur  Alkohol  Wirkung 
steht  die  des  Aethers,  des  Chloroforms  und  des  Amykiitrits;  noch 
mehr  nähert  sich  die  Wirkung  des  Paraldehyds  der  des  Alkohols, 
während  das  Chloralbydrat  bereits  in  kleinen  Dosen  LähmuEg  auf 
beiden  Gebieten  des  Seelenlebens  bewirkt.  Der  TLee  veranlasst  eine 
entschiedene  und  länger  dauerude  Erleicbterting  der  sensorischen 
und  inteUectuellen  Vorgänge  ohne  ausgeprägte  spätere  Lähmungs- 
erscheinungen. Das  Morphium  endlich  zeitigt  ebenfalls  anfänglich 
eine  Erregung  auf  seueorisch-intellectiieilem  Gebiet,  aber  zugleich 
entwickelt  sich  eine  fortschreitende  centrale  motorische  Lähmung, 
eine  Erscheinung,  die  allen  denjenigen  Giften  gemeinsam  ist,  welche 
bei  chronischem  Missbrauch  eine  Charakter  Veränderung  herbei  ttihreo. 

Illberg  empfiehlt  auf  Grund  seiner  Erfahrungen  (All gem.  Zeit- 
schrift f,  Psychiatrie  Bd,  48,  S.  620)  die  Infusion  einer  auf  37—40» 
erwärmten  7,öo/t)oigen  Kochs al k  15s ung  bei  allen  Fällen  ernsterer 
Nahrungsverweigerung;  vor  Allem  eignen  sich  die  Infusionen  bei 
allen  Formen  von  Erschöpfungspsychosen,  bei  denen  die  Kranken 
infolge  ihi'er  Verwirrtheit  nicht  essen;  da  die  Operation  völlig  un- 
gefäbrlich  ist,  so  kann  sie  beliebig  häufig  wiederholt  werden.  Die 
Technik  des  Verfahrens  ist  in  diesem  Jahrbuch  1892,  S,  235  ge- 
schildert worden. 


3.  Bespiratlonskranklieiten. 

Von  Dr,  Julias  Schwalbe  in  Berlin. 

Die  Zahl  derjenigen  Arbeiten,  welche  sich  im  ^erflosseiien  Jahre 
mit  der  Einwirkung  des  Tuberculitis  auf  die  Lungen- 
laber cu lose  beschäftigt  haben,  ist  ausserordentlich  spärlich  zu 
Mimen:  Der  alte  grosse  Schwärm  hat  sich  verlaufen,  und  von 
Coch*d  eigenen  neuen  Untersuchungen  über  das  Heilmittel  sind 
bisher  keine  Resultate  publicirt  worden. 

Der  Aufsatz  B  or  n  tr  äg  er's,    Reauitate   der  Tuberculin- 
be handlang  in  der  Praxis  (Deutsche  med.  Wocheßschr.  Nr,  18), 
enthält  bezüglich  der  Erfolge  bei  den  11  mit  Lungentuberculose  be- 
halteten  Patienten   nnr  wenig   bemerkenswerthe  Mittheilungen,     Im 
Grossen  und  Gänsen  war  von  einem  günstigen  Effect  nicht  die  Bede. 
Relativ   sehr  gute  Erfahrungen    hat  Patschkowski,    Ueber 
die  Behandlung   der  LungentuberculoBe   und   die  Anwen- 
dung des  Tuber cu lins  (Berl.  klin.  Wochenachr,  Nr,  6),  gewonnen* 
Von  14  Fällen  sind  4  geheilt  —  d.  h.  sie  haben  in  5  Monaten  keinerlei 
Bubjective  oder  objective  Krankheitssymptome  dargeboten  — ,  7  Fälle 
sind    gebessert.     Bei   den  3   letzten  Patienten    wurde   die   Cur   aun 
f^rsehiedenen   äusseren   Gründen   nicht   z\x   Ende   geführt.  —  Alle 
pPatienten    bekamen   nebenher   Creosot   oder    GuajacoL     Ausserdem 
limnie  stets  ein   grosses  Gewicht  auf  zweckmässiges   hygienisches 
od  di&tetiBcbes  Verhalten  der  Patienten  gelegt. 

Die  Beobachtungen  über  die  Wirkung  des  Koch'schen 
Mittels  bei  Tuberculose  innerer  Organe  im  St.  Nicolai-Militär- 
ospitai  in  St  Petersburg,  über  welche  ßerthenson  (Deutsche  med. 
Tocbenschr.  Nr,  3,4)  berichtet,  ergaben  bei  12  Fällen  Verschlimme- 
des  Leidens,  7mal  keinen  Einünsa,    16mal  mehr  oder  weniger 


234 


Sehwalbe, 


ausgeprägte  BesBerüog.  Gänalichea  VerechwiDden  der  Toberkel- 
bacillen  aus  dem  Sputum  wurde  nur  bei  einem  Patienten  constafcirt. 
In  seinem  Beitrag  zur  diagnostiechen  Bedeutung  der 
TuberculinreactioD,  sowie  zur  Frage  des  ürobilinicterus 
(Deutsche  med,  Wocbenschr*  Nr.  12)  berichtet  Benvera  über  eine 
Patientin  mit  Mitralötenose  und  recbtaseitiger  exsudativer  Pleuritis, 
welche  auf  0,005  TuberculiB  mit  39,4  reagirte^  dagegen  bei  der 
Sectio»  in  keinem  Organ  eine  Spur  von  Tuberculose  darbot. 


Mit  seinem  schon  im  vorigen  Jahre  angekündigten  Tuber cul o- 
cidin,  welches  aus  dem  Koch'echen  Rohtuberculin  nach  Ausfällung 
der  schädlichen  Stoffe  gewonnen  wird,  hat  Klebs  (Die  Behandlung 
der  Tuberculose  mit  Tuberculocidin.  Hamburg  und  Leipzig, 
L,  Voss)  weitere  TJnterBuchungen  angestellt  Das  neue  Heilmittel 
erzielt  nach  dem  Verf,  einen  mit  flüchtiger  Temperaturerhöhung  ein- 
hergehenden Zerfall  der  Tuberkelbacülen  und  fuhrt  schliesslich  au 
dauernder  Entfieberung  des  Patienten,  Ausserdem  soM  das  Mittel 
eine  immuniöirende  Kraft  besitzen»  Die  Resultate  an  Menschen  sind 
nach  dem  Bericht  des  VerfVs  allerdings  sehr  günstig:  unter  75  ver- 
werthbaren  Fällen  (darunter  33  eigene)  sind  18,6 '^/q  Heilungen, 
60%  BeBserungen,  21,4^,'^^  Misserfolge  zu  verzeichnen.  lieber  die 
Anwendungsweise   des  Mittels  etc.   orientire   man   sich  im  Original. 

Das  Verfahren  des  Verf/s  ist,  wenigstens  soweit  wir  aus  der 
Litteratur  ersehen  können,  nur  von  zwei  Aerzten  bisher  geprüft 
worden.  Der  eine  von  ihnen  hat  dasselbe  alsbald  mit  der  TubercuIIn- 
methode  combinirt.  Spengler,  Vorläufige  Mittheilung  über 
eine  combinirte  Tüberculin-Tuberculocidinbehandlung 
(Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr.  14)-^  hat  vom  Tuherculocidin  allein, 
welches  er  bei  schweren  und  hoffnungslosen  Pbihieen  angewandt  bat, 
beobachtet,  dass  es  die  Dyspnoe  beseitigt  und  das  hektische  Fieber 
berabdrückt.  Die  von  Klebs  behauptete  Zerstörung  und  AbtÖdtung 
der  Tuberkel  bacillen  hat  der  Verf.  nach  seinen  —  „natürlich  nicht 
beweisenden*^  —  bacterioskopiechen  Befunden  nicht  sicher  bestätigen 
können,  —  Die  alleinige  Anwendung  des  Tube  reu  lo  cid  ins  hat  der 
Verf.  im  weiteren  Verlaufe  aufgegeben,  weil  er  an  demselben  „die 
nöthige  Activitat,  ein  gewisses  Quantum  der  specifiscben,  irritirenden 
Eigenschaften  des  Tuberculins"  vermisste*  Eine  ideale  Tuberculin- 
wirknng  müsste  nach  ihm  sieb  als  eine  locale  Entzündung  darstellen, 
welche  zur  Exsudation  von  Blutserum  um  und  in  die  tuberculösen 
Gewebe  führt;  und  dieses  Blutseruin  müsste  tuberculocide  Substanzen 
enthalten,  welche  den   Tod   der  Tuberkelbacillen   im  Tuberkel  und 


1  Nekrose  der  tuberoulösen  Gewebe  zur  Folge  hätten.  Um  dieses 
ideale  Ziel  zu  erreicben,  combiDirte  SpsDgldr  kleinste  Dosen  Tuber- 
ealixi  (Vso^ — ^  lo  °^)  ^^^  ^ — 20  mg  Tuberculocidin,  in  der  HofFnong, 
dftsa  dieee  Combination  der  beiden  Medicamente  deren  Einzel  Wirkung 
poiensuren  werde.  Diese  Hoffnung  sab  der  Verf.  bei  drei  Fällen  von 
Limgentaberculose  und  einem  Fall  von  Lupus  der  Nase,  deren 
Ejrankengescbichten  ausfübrlicb  mitgetbeilt  werden,  in  „ganz  evi- 
denter"^ Weise  verwirklicht. 

Auf  das  geschilderte  Verfahren  kommt  Spengler  noch  einmal 
m  einem  Vortrage  auf  dem  Gongress  für  innere  Medicin  zu  Leipzig 
fResultate  einer  combinirten  Tuberculin-Tuberculocidin- 
behandlung)  zurück.  Hier  gibt  er  als  Tuberoulinzusätze  f,|p^  bis 
1  mg  (in  langsamer  Steigerung)  an.  Zu  steigen  habe  man  mit  den 
TobercQlinsusätzen  so  lange  nicht,  als  mit  kleineren  Gaben  Fieber 
eneeogt  werde.  Das  Körpergewicht  ßimmt  auch  während  längerer 
and  heftiger  Fieberperioden  sehr  oft  ganz  erheblich  zu;  die  physi- 
kalisehen  Erscheinungen  bessern  sich  rasch,  besonders  über  den 
Spitseo.     Husten  und  Auswurf,  ebenso   die  Bacillen    „können"   bei 

Ilnitimlphthisen  rasch  schwinden,  bei  schwereren  Kranken  langsamer 
Dnd  bei  weit  vorgeschrittenen  Fällen  gar  nicht.  Bei  geschlossener 
|d*  b.  abgekapselter)  Tüberculose  wünscht  Spengler  das  Verfahren 
nicht  rücksichtslos  angewandt,  so  lange  die  deletäre  Wirkung  des 
Tuberculocidins  auf  die  Tuberkelbacillen  nicht  sicher  erwiesen  sei. 
Die  Elrfabrungen ,  die  Langermann  aus  dem  Bürgerspital  zu 
Hagenan  veröffentlicht  (Ueber  einige  mit  Tuberculocidin  be- 
handelte Fälle  von  Lungenschwindsucht.  Deutsche  Med!- 
etnalztg.  Nr.  01)^  stehen  leider  in  grellem  Gegensatz  zu  den  Berichten 
Klebs^  und  Spengler's»  An  vier  ausführlich  beschriebenen  Fällen 
wurde  constatirt,  dasa  dem  Mittel  jegliche  Einwirkung  auf  die 
Longen  er  krankung  abgeht,  ^  Diese  Erfahrung  haben  wir  bei  den 
hoben  Dosen  des  theuren  Mittels  mit  fast  100  M«  bezahlen  müssen. 
Dein  practischen  Arzt  dürfte  sie  damit  wohl  meist  zu  theuer  erkauft 
eiBcheinen.^ 

Mit  dem  Zurückweichen  des  Tubercdins  vom  Schauplätze  der 
Plilbiseotherapie  geht  parallel  der  Vormarsch  alter  und  neuer  chemi- 
ieber  Heilmittel,  die  dem  Grundsatze  ^Probiren  geht  über  Studiren" 
ilirn  Entstehung  und  Verbreitung  verdanken.  In  erster  Linie  ist 
liier  wieder  das  Oreosot  zu  nennen.  Der  wärmste  Vertheidiger 
daiselben,  Sommerbrodt,  hat  seine  seit  1B87  publicirten  Erfahrungen 
.flkbdr  dasselbe  gesammelt,  und  in  dem  der  Broschüre  (Die  Heilung 


236 


Schwalbe. 


der  Tuberculose  durch  Creosot.  Breslau  1893)  vorgedruckten 
Vorwort  spricht  er  die  Hoifnuiig  aus^  dass  er  bei  immer  zahlreicheren 
Aerzten  die  üeberzeugoog  fördern  werde^  daas  wir  der  Tuherculose 
gegenüber,  besonders  weon  sie  nicht  verbuDden  ist  mit  anderen  In- 
fectionen,  jetzt  im  Besitz  eines  wirklichen  Heilmittels  seieD. 

Leider  hält  die  gepriesene  antibacilläre  Wirkung  des  Creosots 
eioer  nüchternen  klinischen  oder  gar  experimentellen  Prüfucg  niemals 
Stand.  AlbUi  Klinische  und  experimentelle  Beiträge  zur 
Greosotbehandlung  der  Lungenschwindsucht  (BerL  klin. 
Wochenscbr.Nr.öOjj  weist  in  semem,  eine  maiiDigfaltige  Beobachtungs- 
reibe im  Krankenhause  Moabit  zu  Berlin  verwerthenden  Aufsatze  Bach, 
dass  das  Creosot  bei  keinem  Patienten  (und  eiözelne  derselben  habon 
4B0  g  reines  Creosot  verbraucht!)  das  Fieber  beeinfliisst  habe,  dass 
es  niemals  erhebliche  dauernde  Verminderung  der  Tuberkelbacilien 
im  Sputum  bewirke,  dass  es  den  Fortschritt  des  locelen  Krankheits- 
processes  in  keiner  Weise  aufhalte.  Die  unter  dem  Gebrauch  des 
Mittels  heryortretenden  Besseniogen  sind  nicht  zahlreicher  als  bei 
lediglich  hygienisch- diätetischer  Behandlung*  In  vielen  Fällen  scheint 
das  Creosot  nur  durch  seinen  Einfluas  tbeils  auf  die  Expectoration, 
theils  auf  die  Verdauung  günstig  zu  wirken.  Dmxh  gemeinBchaftlich  mit 
Weyl  unternommene  experimentelle  Versuche  batAlbu  nachweisen 
können,  dass  auch  die  Aufnahme  sehr  grosser  Mengen  Creosots  in  das 
Blut  keinen  Einfluss  auf  den  tuberculösen  Process  in  den  Lungen  ausübt* 

Angesichts  dieser  Darlegungen  wird  man  auch  den  verschiedenen 
anderen  Berichten  über  eine  günstige  Wirkung  des  Creosots  in  dieser 
oder  jener  Form  noch  mehr  als  früher  ungläubig  gegenüberstehen. 
Die  Mittbeiluogen  Mader'ß  über  seine  Erfolge  mit  den  (von  ihm 
modiücirten)  Creosotklysmen  Revillet's  (Zur  Behandlung 
der  Lungeutuberculose.  Wiener  klin,  Wocbenschr,  Nr.  38|'39) 
sind  allerdings  schon  an  sich  nicht  geeignet,  grosse  Begeisterung  für 
dieses  Verfahren  zu  erwecken  ^  und  so  wird  auch  die  Modification 
der  Keville tischen  Methode  dmcb  Chaband  (La  Med.  moderne 
Nr.  2),  trotz  der  Anpreisung  derselben  durch  ihren  Urheber  und 
durch  Guiter,  sehr  bald  aus  dem  therapeutischen  Scbatzkastiein 
verschwinden  oder  gar  schon  verschwunden  sein» 

In  einem  trefflichen  klinischen  Vortrage  gibt  Peter,  Traite* 
ment  de  la  tuberculose  par  les  injections  h3^podermiques 
de  cr^osote  (La  Med.  moderne  1892,  Nr  54),  einen  gedrängten 
üeberblick  über  die  Geschichte  und  die  Ziele  der  Greosotbehandlung 
im  Allgemeinen  und  der  subcutanen  Injectlon  von  Creosotöl  im  Be- 
sonderen.    Für  ihn   besteht  die   Ueberzeugung^   dass   die  letzteren 


Respiralionökran  k  h  ei  t«n , 


337 


tionen  ntir  bei  der  Scrophuloee  und  der  Localtuberculose  einen 
^taistigen  Kffeot  erzielen,  d,  h.  genau  genommen  in  denjenigen  Fällen^ 
in  denen  die  alte  Therapie  ebenfalls  wlrkBam  ist.  Die  Liingen- 
tob^rculose  'wird  nur  in  den  an  eicb  günstigen  Fällen,  d.  h,  bei 
ieberlosdii  und  mit  gatem  Appetit  ausgerüsteten  Patienten,  bisweilen 
tsftlieühaft  beeinflasst.  Das  Endurtheil  fasst  Peter  in  dem  Satze 
mimmen  |  dass  das  Oreosot  von  den  gegen  die  Taberculose  an- 
gewandten Mitteln  vielleioht  das  am  wenigsten  schlechte  sei* 


1 


Picot,  Du  traitement  de  la  tubercnlose  et  de  la  pleu- 
i-eaie  tuberculeuse  par  les  injeotions  sous-cntanSes  de 
guAyacol  et  d*iodoform  en  Solution  dans  Thuile  d^olives 
«terilis^e  et  la  vaselioG  (Bull,  de  l'Acad.  Nr.  9),  injicirt  eine 
Losung  von  1  cg  Jodoform  und  5  cg  Guajacol  in  1  ccm  Olivenöl 
und  beobachtet  danach  Verminderung  des  HoKtenSi  des  Auswurfs 
und  der  in  letzterem  enthaltenen  Bacillen  und  Zunahme  des  Körper- 
gawicbts.  Ob  durch  das  Mittel  Heilung  bewirkt  werden  könne,  lässt 
Verf.  glücklicherweise  in  suspenso, 

Ueber  die  Wirkungsweise  des  von  ihnen  im  vorigen  Jahre  (s. 
dieses  Jahrb*  8.  252)  angepriesenen  Guajacols  haben  Kölscher 
und  Seifert  (Berl.  klin.  Wochenachr.  Nr.  B)  Versuche  angestellt. 
Diaealbon  ergaben,  dass  das  resorbirte  Guajacol  gar  nicht  m  freiem 
Zustande  im  Blute  kreist,  sondern  als  eine  neue^  noch  nicht  genau 
bekannte  Verbindung,  welcbe  die  ätzenden  giftigen  Eigenschaften 
des  freien  Guajacols  nicht  mehr  besitzt  und  auf  Tuberkel bacl II en 
ohne  jede  Wirkung  ist.  Trotzdem  betrachten  die  Verff,  das 
Medioament  „als  speoifisob  wirkendes  Schwindöuchtsmittel",  weil 
dasselbe  sieb  nach  ihrer  (durch  nichts  bewiesenen)  Annahme  mit 
den  giftigen  StofTwecbselproducten  der  Tuberkelbacillen  verbinde, 
dadoTch  sie  unschädlich  mache  und  durch  den  Harn  eliminirer 

Seiner  bereits  früher  geübten  und  publicirten  Behandlung  der 
Tobercolose  mit  intravenösen  Perubalsamemulsioo-Injectionen  stellt 
Landerer  neuerdings  diejenige  mit  intravenösen  Injectionen 
von  Zimmtsäure  an  die  Seite  (Die  Behandlung  der  Tuber- 
ealose  mit  Zimmtsäure.  Leipzig  1B92).  Von  der  ersteren  will  er  bei 
ianersr  Tubercuiose  in  26%  der  Fälle  Heilung,  in  17,5^7ö  Besserung, 
von  der  Zimmtsäure- Behandlung  sogar  über  S3^\^^  Heilungen  und 
Beiserongen  constatirt  haben* 

Altben^  üeber  Anwendung  des  Methylenblau  bei 
loberca lösen  Processen  (Münch.  med.  Wocbensohr,  1892^  Nr.  1)^ 


288 


Sebwalbe, 


hat  das  Methylenblau  innerlich  u,  Ä.  auch  bei  Lungen-  und  (resp. 
oder)  Kehlkopfphthise  versucht.  In  der  Dosirung  stieg  der  Verf. 
allmählich  von  0,1  bis  1,5  g  pro  die,  ging  dann  allmählich  auf  0,1 
wieder  zurück,  stieg  nochmals  auf  0,5  an  und  blieb  dann  bei  dieser 
Dosis  (omal  täglich  0^1)  längere  Zeit  ateheu.  Von  den  so  behandelten 
12  Patienten  starben  4  vorgeschrittenere  j  mit  Oavernen  behaftete 
Fälle,  theils  im  Beginn,  theils  in  der  4.  resp.  6.  Woche  der  Behand- 
lung, Bei  ihnen  war  ausser  einer  Analgesie  und  „erhöhten'^  Euphorie 
kein  Einfluss  seitens  des  Mittels  zu  constatiren.  Von  den  B  übrigen 
Patienten  haben  nach  ßwöchentlicher  Behandlung  2  mit  Kehlkopf- 
phthise und  2  mit  Lungenphthiae  den  Husten  und  Auswurf  fast 
ganz  verloren  j  die  ßacillen menge  in  ihren  Sputis  hat  sich  verringert. 
Bei  den  letzten  4  Fällen  hat  die  E^pectoratioo  erheblich  abgenommen. 
Das  subjeotive  ßehßden  ist  bei  allen  Patienten  gebessert,  die  hek- 
tischen Fieberanfälle  und  die  entkräftenden  Nacbtachweisse  haben 
vöEig  aufgehört.  Objective  Veränderungen  der  Lunge  sind  in  2  Fällen 
nicht  mehr,  in  1  Fall  kaum  noch  nachzuweisen,  in  den  uhrigen  da- 
gegen noch  vorhanden.  Zu  bemerken  ist,  dass  bei  Kehlkopf* 
phthise  neben  der  innerlichen  Behandlung  auch  eine  locale  Appli- 
cation des  Methylenblau  (in  Pulverform)  auf  die  Geschwüre  vor- 
genommen wurde.  (Interessant  wäre  es,  jetzt  nach  Ablauf  eines 
Jahres  einen  nochmaügen  Bericht  des  Verf.'a  über  seine  Patienten  zu 
vernehmen,    Ref) 

Ein  recht  complicirtes  Attentat  wird  auf  die  Tuherkelbacillen 
durch  die  in  Amerika  geübte  Shurlj-Gibbes'sche  Methode  aus- 
geübt. Dieselbe  besteht  in  täglichen  subcutanen  Injectionen 
von  Jod  (in  Gljcerinwasserlösung)  (0^005—0,06  g)  und  Fluor- 
natrium chloratum  (0,002 — 0,02  g)  und  ausserdem  in  Inhala- 
tionen von  verdünntem  Chlorgaa;  letztere  je  nach  der  Menge 
des  Auswurfs  mehrmals  täglich  oder  nur  alle  2 — 3  Tage.  C,  E.  Beau 
(Northwestern  Lancet  1891,  December  15)  hat  denn  auch  glücklich 
selbst  mit  diesem  Verfahren  in  40  weiter  vorgeschrittenen  Fällen  von 
Phthisis  pulmonum  günstige  Erfolge  erzielt! 

UnscbädUcher  wenigstens  als  diese  Medicatton  sind  die  von 
Flick  (A  further  report  ou  the  treatment  of  tuberoulosis 
by  jodoformiuunctions.  Med.  News^  März  12)  seit  2  Jahren  an- 
geblich mit  relativ  guten  Resultaten  vorgenommenen  Einreibungen 
von  Jodoformemulsion. 

Von  der  Aristol-Behandlung  der  Lungen tuberculose  nach 
Nadaud  (Einspritzungen  einer  l^^pigen  öligen  Lösung  zwischen  die 


I 


Respiratioiißknuiklieitnu 


aas 


Eiiilterblätter)  hat  Ocha  (Prager  med.   Wochensdir.  Nn  36)  auf 
V.   Ja  lese  brechen  Klinik  keine  Erfolge  beobachtet. 
Dagegen  sah  Delthie  imter  dem  EinBusd  der  Inhalationen 

m  Terpentin- Jodoform  •Dämpfen  (Journ,  de  med.  Nr.  S7) 
aemen  Langeoschwiiidsücbtigen  Husten  und  Aaswurf  abnehmen, 
Appetit  sich  heben  and  einen  Stillstand  des  ganzen  Kiankheita- 
ein treten. 


Die  Versache  mit  den  Liebreich  sehen  cantharidinsaaren 
leu  snr  Bekämpfung  der  Tnbercolose  sind  von  einigen  Autoren 
»Ut  worden,  haben  aber  in  der  Begel  entweder  su.  negativen 
Basoltaten  oder  gar  zu  schädlichen  Nebenwirkungen  geführt.  Die 
Erfahrungen  Fenwick^s  und  Welaford'a  (Ueber  den  Nutzen 
des  cantharidinsauren  Kaliums  in  der  Behandlung  der 
Longen  tu  berculose.  British  med.  journ.  1891,  26*  December) 
erstrecken  sich  auf  16  Fälle  von  Pbthisis  Incipieus.  Im  Ganzeo 
wurden  177  Injecttonen  ausgeführt.  Die  Eiozeldosis  schwankte 
swiacheo  2  und  3  dcmg.  Was  die  Ertblge  betrifft,  so  wurde  das 
Fieber  in  keinem  Falle  günstig  beeinflusst,  die  Nach tsch weisse  wur- 
den in  3  Fällen  geringer,  das  Körpergewicht  nahm  in  S  Fällen  ab, 
in  S  Fällen  ein  wenig  zu,  in  3  Fällen  blieb  es  unverändert.  In 
2  FlUen  traten  während  der  Behandlui^g  Durchfälle  auf.  Der  Husten 
te  sich  bei  7  Patienten,  verminderte  sich  ein  wenig  bei  5, 
ibUeb  bei  4  unverändert.  Die  Sputa  vermehrten  sich  fast  in  allen 
rmieUi  wurden  flüssiger,  schaumiger  und  leichter  expectorirt.  Ein 
Beesernng  der  physikalischen  Erscheinungen  auf  den  Lungen  trat 
in  keinem  Falle  ein.  In  3  Fällen  entwickelte  sich  während  der  Be- 
handlung  eine  subacute  Bronchitis.  In  8  Fällen  wurde  die  Behand- 
lung wegen  eingetretener  Albuminurie  abgebrochen.  Hämaturie  war 
in  keinem  Falle  vorhanden.  —  Die  Schlüsse,  weiche  die  Ver£P.  aus 
ihren  Beobachtungen  ziehen,  sind  folgende:  1)  das  cantbaridinsaure 
Kalium  hat  auf  die  Lungentuberculose  keinen  güostigen  Eioäuss. 
2)  In  Dosen  über  2  dcmg  verursacht  es  leicht  Albuminurie,  Schmerzen 
tD  Kreuz,  Strangurie  und  selbst  Hämaturie,  Deshalb  sollte  es 
(wenn  überhaupt  I  EefO  nur  bei  sorgfältigster  Ueberwachung  der 
Fatlanien  angewendet  werden  und  ist  ungeeignet  für  poliklinische 
iBeliandlung« 

Fast  die  günstigsten  Beobachtungen  über  die  in  Rede  stehende 

Plbdieation  veröffentlicht  A,  Hennig  (Wesen  und  Werth  der  Lieb- 

iich  sehen   Serumtherapie.     Leipzig    1892).     In  eämmtlichen 

fWen  von  Phthisis  incipiens   hat  der  Verf.  Besseruug  des   All- 


240 


Schwalbe» 


gemeinbefindens,  Abnahme  von  Husten  und  Auswurf,  Besserung  der 
localen  Organbefuude  und  Zunahme  des  Körpergewichts  constatirt. 
Aehnliche,  wenn  auch  zuweilen  nur  vorübergehende  (I)  Besserung 
konnte  man  auch  bei  den  mittel  schweren  und  schweren  Fällen  wahr- 
nehmen* Wo  Tuberkel baciilee  gefunden  waTen,  blieben  sie  freilich 
auch  nach  Schluss  der  Behandlung  nachweisbar. 

Dagegen  berichtet  wiederum  DeiMme,  Ueber  die  Behand- 
lung der  Tuberculoee  mit  cantharidinsauren  Salzen  (Tbe- 
rapeut,  Monatsh.  1892,  Nr.  3*),  aus  der  Koni  gl  Universitäts-Polikliiiik 
l*ür  Hals-  und  Nasenkranke  in  Berlin:  ^Äuf  die  LungeBtuberoulose 
haben  wir  bisher  nur  einen  geringen  Eiufluss  beobachten  können, 
Erleichterung  des  Auswurfs  ist  in  allen  Fällen  constatirt,  gemäss  der 
wahrscheinlichen  (!)  serösen  Durchträukung  (sc,  der  Lunge,  Ref.). 
Auf  den  Lungenprocess  als  solchen  haben  wir  keinen  Eioiuss  er- 
kennen können ,  und  das  Verhalten  der  Bacillen  wurde  nicht  ver- 
ändert. 

In  wohithuendem  Gegensätze  zu  all'  den  vorhergehenden  Ar- 
beiten, die  sich  nur  mit  der  Aufstellung  oder  Verwerfung  eines  anti- 
tuberculösen  Medicamenta  beschäftigen,  behandelt  der  Aufsatz  von 
G.  Daremberg,  Traitemeni  de  la  phthisie  pulmonaire  (La 
M^d.  moderne  Nr.  27),  die  hygienisch-diätetische  Behandlung 
des  lungenscbwindsücbtigen  Krauken.  Wir  köanen  leider  nicht 
näher  auf  den  Inhalt  des  vortrefflichen  Artikels  eingehen,  möchten 
aber  den  Leser  naohdrücklicbst  auf  die  Leetüre  desselben  hinweisen 
(s.  das  ausführliche  Referat  des  Artikels  in  „Fortschritte  der  Kranken- 
pflege" 1892,  Nr,  10). 

Am  Schluss  des  Abschnitts  ,,Phthiseotherapie*'  erwähnen  wir 
endlich  noch  zwei  Arbeiten,  die  die  Bekämpfung  einer  der  lästigsten 
Beschwerden  der  Phtbisiker,  nämlich  der  Nach tsch weisse,  zum 
Gegenstand  haben*  8.  Beruh  ei  m  (Revue  m^d.  Nr.  8)  nimmt  an, 
daas  dieSchweisse  der  Pbthisiker  auf  einer  Lähmung  der  vaso- 
motorischen Nerven  beruhen,  die  durch  die  Resorption  giftiger  Stoff- 
weohselproducte  bedingt  werden,  und  gbiubt  dieser  Intoxication  durch 
Salicylsäure  entgegenwirken  zu  können.  Er  inj icirt  jeden  Abend 
2—4  com  einer  Lösung  von  Acid*  salicyl.  1,5»  Aether  sulfur.  3,0,  OL 
Amygdal,  dulo.  10,5  und  will  spätestens  in  &  Tagen  das  Verschwinden 
der  Seh  weisse  bemerkt  haben, 

Wood,  Camphoric  acid  for  the  night-sweats  of  pulmo- 
nary tuberculosis  (Med.  News,  März  12)^  hat  von  der  Anwendung 
der   Oamphers&ure    prompte    and    bleibende    Wirkung    bei   Nacht- 


EespirfttioDskxAiüElifiUfiu 


241 


gesehen.    £r  gab  das  Mittel  in  der  Dosis  von  ca.  l^o  g 
|_6  Standen  vor  dem  zu.  erwartenden  Schweissaasbrach. 

üel>er  das  Verbaltniss  der  Infectionsgefabr  zum  wirk- 
liclien  Erkranken  bei  Tnbercalose  betitelt  sich  ein  Vortrag 
P,  WolfFa  auf  dem  Congress  f&r  innere  Medioin  zu  Leipzig,  Die 
losafalgeruDgen  des  V^ritJ^s  sind :  Die  Infection  mit  Tiiberculose  ist 
BÖM  nngehetier  Läufige,  man  kann  mit  Belli nger  sagen ^  eine  all- 
gomeine.  Die  Infection  erfolgt  bei  der  Mehrzahl  der  Menseben  be- 
sita  in  der  Kindheit,  und  es  bedarf  bei  der  Tenacitat  der  Tuberkel- 
llen  keiner  Keinfection  in  späteren  Jahren  ^  um  die  Zahl  tuber- 
Boloaar  Erwachsener  zu  erklären,  obwohl  eine  solche  Eeintection  sieb 
aoasehlieasen  Ifiast*  Niemals  ist  nachzuweisen ,  dass  der  £r- 
aiDe  Infection  kurz  vorhergegangen  ist.  Der  latenten 
colfise  ist  bei  der  Erkrankung  eine  grössere  Bedeutung  bei- 
xomessen  als  bisher  geschehen«  Jedenfalls  ist  die  Ansicht  6  o  1- 
llingerV,  dass  die  Gefahr  der  Infection  wenigstens  beim  Erwachsenen 
viel  geringer  anzuschlagen  ist  als  die  der  Disposition^  auch  klinisch 
%xx  bestätigen. 


Zur  Pathologie    der   Lungenschwindsucht   liefert  Maragliano 
einen   kurzen   Beitrag  (Klinische   Formen    der   Lungentuber- 
kulose*    BerL    kün,    Wochenschr.    Nr.  12).     Seine   Ausfuhrungen 
rgipfelü  in  dem  —  auch  schon  7on  anderen  Autoren  betonten  —  Satze^ 
!  dass  die  Phthise  in  ihrem  hektischen  Stadium  eine  chronische  Septik- 
4mie  sei,  hervorgerufen  durch  Eiterbacterien,  die  sieb  in  dem  durch 
.den  Tuherkelbacillud   präparirten  Lungengewebe   angesiedelt   haben, 
sei   es   auch  verständlich,    warum   ausgebreitete  tuberculöse  Er- 
krankungen   das    AUgemeinbefiQden    oft   wenig    altertreu,    während 
circumscripte  Herde  bisweilen  rapid  den  Exitus  herbeifQhren. 

Denselben  Gedanken  entwickelt  in  ausführlicherer  Form  und 
gestütst  auf  zahlreiche  klinische  und  bactenologische  Erfahrungen 
Com  et  in  seinem  auf  dem  Congress  für  innere  Medicin  zu  Leipzig 
gebAlteneQ  Vortrage:  lieber  Mischinfeotion  bei  Lungentuber* 
calüse.  Auch  er  geht  von  der  Erwägung  aus^  dass  die  Lungeu- 
«chiriDd sucht  keine  streng  typische  Krankheit  ist^  sondern  in  ihrem 
Tedaufe  vielgestaltige  Schwankungen  aufweist.  Klinische  und  ]>atho- 
cb^ana tomische  Beobachtungen  drängen  zu  der  Schlussfolgerungi 
in  manchen  Fällen  bei  der  Lungenschwindsucht  neben  der 
Tuberculöse  noch  andere  Krankheitsprocesse  einen  mehr  oder  minder 
bestimmenden  Einfluss  ausüben.  Die  vom  Verf.  vorgenommeJien 
Untersachimgen  des  Caverneninhalts  und  des  Sputums  von  Phtbisi- 
Jübrtmob  d.  pract.  Medido,   l»ia.  1^ 


24i2 


ßcliwalbe. 


kern  (die  Methode  sielie  ira  Original)  ergaben  deun  auch,  das.^ 
namentlich  Streptokokken,  ferner  der  Pyocyanetjis,  der  Staphylococüus 
pyogenes  aureus  u,  A.  wiederholt  eine  dominirende  Bolle  spielten» 
Cornet  bezeichnet  daher  diese  Falle  als  septische  Lungen  tu  berculose. 
—  Aus  dieser  Beobachtung  leitet  er  aber  die  Pflicht  her»  die  Lungen- 
kranken mehr  noch  als  bisher  prophylactisch  vor  dieser  secundären 
Infection  zu  schützen.  Das  sichcrete  Mittel  ist  in  dieser  Beziehung 
der  möglichst  ausgedehnte  Aufenthalt  in  freier,  besonders  staubfreier 
Luft,  die  möglichste  Vermeidung  geschlossener  Räume  mit  bacterien- 
reicher  Atmoephäre  etc. 

Dieselbe  Frage  wird  endlich  auch  durch  die  Arbeit  von 
K.  Tschiato witsch  (Tuberculöse,  nach  aassen  durchge- 
brochene Caverne.  ßacteriologische  Untersuchung  des 
aus  dem  Fistelgange  ausfliessenden  Eiters.  Berliner  klin. 
Wochenschr.  Nr,  20  u.  21)  behandelt.  Derselbe  fand  in  dem  Eiter 
einer  nach  aussen  spontan  perforirenden  Caverne  eines  Lungen- 
Bchwindsöchtigen  ausser  den  Tüberkelbacillen  noch  den  Staphylo- 
oocßus  aureus  und  drei  neue  Bacterien arten.  Auch  er  ist  deshalb 
der  Meinung,  dass  möglicher  weise  der  Verlauf  der  Lungen  tu  bereu - 
lose  weseiatlich  von  der  Symbiose  anderer  Pilze  mit  den  Tüberkel- 
bacillen abhängt.  (Ref.  kann  es  nicht  unterlassen,  im  Anscbtuss  an 
die  Arbeiten  von  Maragliano,  Cornet,  Tscbistowitsch  u,  A. 
darauf  hinzuweisen,  um  wie  viel  mehr  jetzt  der  —  von  Virehow 
bekanntlich  stete  angefochtene  —  Begriff  ^ Lungen tuberculose^  seine 
Berechtigung  verliert,  Ist  schon  der  destructive  Process  an  sich  —  ausser 
in  den  Fällen  von  Miliartuberculose  —  nie  ein  bloss  „tuberculöser'^ 
[käsige  Pneumonie j  Peribronchitis  und  Bronchitis  caseosa  eto.lj  so 
ist,  wenn  nicht  einmal  der  „Tuberkel "-Bacillus  die  aUeinige  ätiolo- 
gische Grundlage  der  Liingeozerstörung  ist,  erst  recht  an  dem 
alten  guten  Begriff  „Lungenschwindsucht**  festzuhalten.) 


Die  sehr  seltene  pseudolobäre  Form  der  acuten  käsigen 
Pneumonie  hat  A.  Fraenkel  (BerL  klin.  Wochenschr.  >{n  50)  zum 
Gegenstand  eines  Vortrags  gemacht.  In  ihren  klinischL^n  Symptomen 
bat  diese  Affection  oft  eine  so  grosse  Aehnlichkeit  mit  der  echten 
fibrinösen  Pneumonie^  dass  Irrtbümer  in  der  Diagnose  leicht  vor- 
kommen können.  Obwohl  der  Umfang  der  Dämpfung^  die  sich 
meist  über  den  einen  Unterlappen,  bisweilen  über  einen  ganzen 
Lungenflügel  erstreckt,  sowie  das  laute  Bronchialatbmen  auf  eine 
lobäre  Infiltration  hinweisen,  handelt  es  sich  thatsachlich  doch  um 
eine  lobuläre  Erkrankungsform,  bei  der  indesB  die  Herde  infolge  ihrer 


Respi  ratio  n  Bk  r^  n  k  he  i  te  n . 

groBBen  Zahl  völlig  mit  einander  conflaireu  können.  Um  die  durch 
ihr  reichlichem  Knisterra&seln  und  die  pneumonische  Beschaffenheit 
des  Sputums  einer  fibrinösen  Lungenentzündung  ähnliche  Affection 
richtig  erkennen  zu  können^  miiss  man  der  Art  des  Beginns  der 
Erkrankung,  dem  Fieherverlauf,  dem  Verhalten  der  Athmung  (meist 
Terhiltntssmässig  geringe  Dyspnoe  [aber  auch  nach  einer  Beobach- 
imig  des  Ref.  sehr  starke  Dyspnoe] ),  endlich  der  Untersuchung  der 
Sputa  (Nachweis  von  Tuberkelbacillen)  besondere  Aufmerksamkeit 
sawenden«  Als  wichtig  ftir  die  richtige  Deutung  des  Processes  sieht 
der  Verf,  die  bisher  von  anderer  Seite  noch  nicht  genügend  hervor- 
gehobene Beobachtung  an,  dass  in  dem  physikalischen  Befunde  zu- 
weilen ein  gewisser  Wechsel  der  Erscheinangea  stattfindet,  in  der 
Weise,  dass  an  einzelnen  Stellen  die  IntensitÄt  der  Dämpfung  ab- 
nimmt, an  anderen  dafür  sich  mehr  auöbreitet.  —  Der  Ausgang  der 
pseudolobären  acuten  käsigen  Pneumonie  erfolgt  stets  von  bereits 
vorhandenen  älteren  Erkrankungsherden;  sie  gehört  insofern  in  die 
Kategorie  der  Aspirationspneumonien.  Ein  grosser  Tbeil  der  charak- 
tKriatischen  klinischen  Erscheinungen  wird  durch  einen  der  Ver- 
kasung  voranfgeheoden  entzündlichen  Vorgang  bedingt,  den  Laennec 
als  ^gelatinöse  Infiltration"  bezeichnet  hat.  Die  Genese  dieser  Ent- 
x^ndung  ist  nach  den  Untersuchungen  des  Vortragenden  lediglich 
auf  die  Einwirkung  des  Tuberkelbacillus  zurückzuführen.  Die  Art 
dieser  Einwirkung  sucht  A.  Fraenkel  auf  hypothetischem  Wege  am 
Schlciss  seines  Vortrages  zu  erklären. 


Ueber  die  verschiedenen  Formen  des  Fiebers  bei  der  Lun- 
geotuberGuloae  und  die  prognostische  Bedeutung  des- 
aelben  handelt  ein  Aufsatz  A.  Strümpells  (Münchener  med. 
Wochenschr.  Nr.  50  u,  Bl)  nach  einem  klinischen  Vortrage.  Der  Verf. 
ttülerscheidet  fünf  Formen:  den  Status  subfebrilis  (Morgeotemperatur 
normal,  Nachmittags-  oder  Abendtemperatur  stets  oder  meist  etwab 
erhöht),  das  intermittirende  hektische  Fieber  (Morgentemperatur  nor- 
mal|  Abend temperatur  erheblicher  erhöht,  über  38,5 — 40,0  und  mebr), 
daa  remittirende  (Morgens  Temperaturerniedrigungen,  aber  nicht  bis 
tnr  Norm),  daa  continuirÜcbe  (Tagesschwankungen  nicbt  mehr  als 
eiiiAO  Grad  betragend)  und  das  nn regelmässige  Fieber  (intermittirend, 
remtttirend  etc.).  Meisten theils,  wenn  nicht  ausschliesslich,  hängt 
dtm  Reber  von  den  secundären,  nichttuberculösen  Entzündungen  der 
LaogM  ab  (vergl.  die  Referate  über  Cornet^s  xmd  Maragliano's 
Arbeite»*  Ref. ).  Die  weiteren  Ausführungen  über  die  Bedeutung  der 
etoseloen  Fieberformen  für  die  Prognose  des  Krankheitsverlaufs,  über 


244  Schwalbe. 

den  WertL  der  Eiebercurve  für  die  Beurtheilung  eines  Therapeuticums, 
fiir  den  Begriff  „Heilung'*  eines  Lüugenschwindäüchtigen  eignen  sich 
wegen  ihrer  zahlreichen  Einzelheiten  nicht  für  ein  kurzes  Referat: 
ihr  Studium  im  Original  sei  dringend  empfohlen. 

Ueber  einen  Fäll  der  äusserst  seltenen  menschlichen  Perlsucht, 
welche  sich  als  Nebenbefund  bei  der  Section  einer  Phthisikerleiche 
demonetrirte ,  berichtet  Troje  (üeber  spontane  und  experi- 
mentelle Perlöucht  Deutsche  meJ.  Wochenscbr,  1892,  Nr.  9). 
Die  linksseitige  Pleura  mediastinalis  und  diaphragmatica  zeigte  ausser 
kleineren  und  grösseren  grau  weiss  liehen,  zum  Theil  verkästen  beet- 
nrtigen  Plaques  noch  eine  grössere  Zahl  polypöser,  feingestielter, 
graurother  bis  grauweisser,  hier  und  da  auch  partiell  verkäster  Ge- 
schwülstchen von  Erbsen-  bis  Kleinbohnengrösse,  sowie  vereinzelte 
graurothe,  grobgranulirte  hahnenkammartige  Erhebungen.  Alle  diese 
Geschwülätchen  enthielten  zahlreicfie  grosse  Lang  hansische  Riesen-  ■ 
Zellen  mit  randständigen  Kernen»  Da  Troje  bei  seinen  Impfver- 
suchen  mit  durch  Jodoform  abgeschwächten  Tuberkelbaciüen  bei 
Kaninchen  in  einem  Falle  auch  Perlsucht  erhielt,  so  ist  er  der  Mei- 
nung^ dass  die  spontane  Perlsucht  ebenfalls  einer  gewissen  natürlichen 
Äbschwächung  der  den  Krankheitsprocess  lier  vorrufen  den  Tnberkel- 
bacUlen  ihre  Entwtckelung  verdankt. 

Ein  interessanter  Fall  von  Pneumonie  mit  Ausgang  in  Indu- 
ration wird  ausführlich  von  Ä,  Fraenkel  in  der  Deutschen  med. 
Wochenschr.  Nr,  43  beschrieben.  Bei  einem  49jälirigen  Patienten, 
der  4  Wochen  vor  der  Untersuchung  durch  den  Verf.  von  einer 
fibrinösen  Pneumonie  des  linken  Unterlappens  befallen  war  und  seit- 
dem remittirendes  Fieber  und  dauernde  Dyspnoe  mit  asthmatischen 
Anfällen  darbot,  fand  der  Verf.:  stridulöse  Kespiration,  Dämpfung 
von  brettartiger  Resistenz  auf  der  ganzen  linken  Thoraxhälfte,  auf 
den  oberen  Theil  des  Sternums  übergreifend,  geringere  Höbe  des 
linken  Radialpulses,  diffuse  Pulsation  unterhalb  des  linken  äcblüssel- 
beins.  Aufgrund  dieser  Symptome  schwankte  Fraenkel  zwischen 
der  Annahme  eines  Lungentumors  oder  eines  grosüien  sackförmigen 
Aneurysmas.  Ein  heftiger  Astbmaanfall  machte  die  Trans location 
des  Patienten  nach  dem  Krankenhaus  am  Urban  nöthig:  hier  wurden 
1200  ccm  einer  leicht  hämorrhagischen  Flüssigkeit  entleert,  ohne 
damit  dem  Patienten  eine  erhebliche  Erleichterung  seiner  Dyspnoe 
EU  verschafföü.  Vorübergehend  war  das  Sputum  fleischfarben.  Zwei 
Tage  nach  der  Aufnahme  in  das  Krankenbaus  verschied  der  Patient. 


Eespirft  ti  onsk  ranli  bei  ten. 


34S 


Die  Section  ergab  eioe  völlige  GHrnificatioii  der  ganzen  linken  Lunge, 
velcbe  im  ADSchloss  an  die  Pneumonie  eingetreten  war,  und  ein  über 
OMiliisfaiLstgFDSses  Aneurysma  des  Arcus  und  des  Anfaugstheils  der 
Brmtaorta.  Die  genaue  histologische  Untersuchung  der  Lunge  zeigte 
besägUch  der  Structur  nichts  wesentlich  Neues.  Bemerk enswerth 
m  dagegen  der  Befand  von  Streptokokken  in  Reincultur  in  dem 
caraificirten  Gewebe-  Der  Verf.  schliesst  daraufl,  dass  der  Ausgang 
iler  Pneumonie  in  Camification  auf  der  Einwirkung  besonderer^  von 
moFsen  hiozuiretender  ätiologischer  Momente  beruht,  nicht  bloss  auf 
maagelbaftem  Ernährungszustand,  auf  dem  Alter  des  Patienten  oder 
auf  dem  Liegenbleiben  des  Infiltrats  aus  unbekannter  Ursache. 


Bei  einem  37jährigen  Potator  hat  F.  Kornfeld  (Oentralblatt  f, 
kltn.  Med,  Nr.  37)  während  der  unter  den  Zeichen  schweren  Collapses 
fftolgeDden  Krise  einer  fibrinösen  Pneumonie  ein  Lungen- 
6dein  vorübergehend  auftreten  sehen,  trotzdem  der  Puls  sehr  gut 
gospannt  war.  Eine  rechte  Erklärung  for  dieses  Phänomen  vermag 
d«ff  Verf.  nicht  äu  geben,  (Ist  die  gute  Pulsspannung  nicht  viel- 
leicht durch  eine  Herzhypertrophie  mit  oder  ohne  Arteriosklerose 
bedingt  worden?    Eef.j 

In  einem  Fall  von  Lungenabscess,  der  dorch  Spontanper- 

„Ibration  in  einen  grösseren  Bronchus  sich  nach  aussen  entleerte  und 

rd&mach  zur  Ausheilung  kam,   vermochte  Th.  Cohn  (Berliner  klin. 

Wochenschr,  Nr.  44)  den  Fried  1  an  d  er'schen  Bacillus  als  den  wahr- 

»lichen  Krankheitserreger  durch  bacteriologiache  Untersuchung 

Sputums  (nach  dem  von  Kitasato   beschriebenen  Koch'schen 

Verfahren)  n ach scu weisen. 

Die  weit  verbreitete  Annahme,  dass  Asthma  bronchiale  und 
Lungenschwindsucht  sich  ausschliessen ^  vermag  P.  Jacobsohn 
(lieber  die  Complication  von  Asthma  bronchiale  und  Tu- 
berculosis pulmonum.  Berlin,  klin.  Wochenschr,  Nr,  48)  durch 
zwei  im  jüdischen  Krankenbause  zu  Berlin  beobachtete  und  ausführ- 
,Jich  beschriebene  Fälle  zu  erschüttern.  Bei  dem  ersten  Patienten 
{tilg  die  Lungenschwindsucht  dem  Asthma  bronchiale  viele  Jahre 
irc/rauf,  bei  dem  zweiten  folgte  sie  demselben.  —  Wenn  der  Verf. 
if  Grund  »einer  Beobachtungen  und  daran  angeschlossener  Raisonne- 
it0  die  üeberzeugung  ausspricht,  dass  eine  Complication  der  beiden 
ik  bei  ten  ^nicht  einmal  zu  den  Seltenheiten  gehört",  so  schiesst 
mit  fieioem  Glauben  zweifellos  über  das  Ziel  hinaus. 


246 


Schwalbe. 


Bei  drei  Patienten  mit  Lungengangräa  vörmoclite  W,  Streng 
(Fortschritte  der  Medicin  Nr.  19)  lebhaft  sich  bewegende  lafuäorien 
im  Sputum  DaclizuweiBen.  Einmal  gelang  es  ihm,  diese  Monaden 
auch  auf  Bouillon  im  Brutofen  zu  züchten.  Ob  die  Anwesenheit  von 
Infusorien  für  Lungengangrän  pathognomonisch  ist,  kann  vorlaufig 
nicht  entschieden  werden.  Ailffallend  ist  es  allerdiogä,  dass  Kannen- 
berg unter  14  Fällen  von  Lungengangrän  die  Monaden  llmal  nacii- 
weisen  konnte. 

Eine  monographische  Abhandlung  über  die  Lungen disto men- 
krankheit  in  Japan  publicirt  Yamagiwa  in  Virchow's  Archiv 
Bd.  127. 


I 


Bei  Lungenblutungen  warnt  König  er  (Erfahrungen  über 
Longen  bin  tungen.  Therapeutische  Monatshefte  Nr,  6)  nach  aeinen 
Erfahrungen  davor,  die  Expectoration  von  Blut  durch  starke  Nar- 
ootica  unterdr ticken  zu  wollen.  Ein  starker |  beständiger  Hustenreiz 
bei  geringen  Elutungen  darf  ohne  Bedenken  durch  Pulvia  Doweri 
oder  Morphium,  falla  Codein  nicht  genügt^  bekämpft  werden.  Bei 
massigen  Blutungen  befolgt  der  Verf.  in  seiner  Therapie  der  Hämoptoe 
das  Verfahren  Huguenin's:  Bettlage  mit  tiefen,  aber  langsamen 
InspirationeD,  unter  Umständen  trockene  Schröpf  köpfe  und  darnach 
Priessnitz'dche  Umschlägei  bei  Hustenreiz  etwas  Morphium,  Bei 
stärkeren  Lungenblutungen  gebraucht  Königer  Extractum  secalis 
cornuti  (Bonjean)  mit  Wasser  ana  1 — 2  g  subcutan  und  Hydrastie 
innerlich.  Einige  Male  hat  er  bei  habituellem  Bluthusten  vom  Kalk 
günstige  Erfolge  gesehen. 


Die  vor  einigen  Jahren  (s.  dieses  Jahrb,  lBdi\  S.  206)  erwachte 
Discussion  über  die  Histogeneae  und  die  diagnostische  Bedeutung 
der  sog.  Herzfehlerzellen  —  d.  h.  der  gelbes  oder  braunes 
Pigment  einschliessenden  Zellen  im  Sputum  —  erhält  ihren  Äbschluss 
durch  die  vortrefflichen  Beiträge  zur  Pathologie  des  Asthma 
bronchiale  v.  Noorden'a  (Zeitachr.  f.  klin*  Med.  Bd.  ^).  Wäh- 
rend von  den  meißton  Autoren  ^  die  sich  mit  diesen  Gebilden  be- 
schäftigt haben,  der  Annahme  gehuldigt  wird,  dass  die  „Herzfehler- 
zellen"  stets  eine  cyanotische  resp.  braune  Iniiuration  der  Lunge  an- 
sseigen,  demonstrirt  v,  Noorden,  dass  dieselben  sich  nicht  selten  auch 
im  Sputum  von  Asthmatikern  (unter  seinen  7  Fällen  fünfmal)  fioden 
und  somit  ihrer  specifiachen  Bedeutung  zu  entkleiden  sind.  Was  die 
Öenese  dieser  Zellen  betriffr,  so  weist  der  Autor  einmal  auf  mikro- 
chemischem W^ege  nach,  dass  das  Pigment  derselben  Hämosiderin 


KeHpirationskrankheitei). 


247 


darstellt  (Hlauförbung  durck  HCl  und  Ferrocyankaliumj,  und  zweiteub 
in  Trocken  Präparaten,  die  erst  iu  Ehr  lieh's  Säure-Fuchsiii-Me- 
thylgrün-Or  au  gelösung,  dann  in  eioem  Gemisch  von  Salzsäure  und 
Ferrocyankalium  gefärbt  wurden,  dass  fast  die  Hälfte  der  voni  Verf, 
so  genannten  Hämo  eider  in  z  eilen  aus  Leukocy  ten  (mit  neutrophiler 
Kdrnung),  die  Hälfte  aus  Epithelien,  und  ein  kleiner  Theil  aus  eosino- 
piiUea  Zellen  besteht.  Nebenbei  machte  v,  Noorden  die  inter- 
essante Beobachtung^  dass  die  Hämosidericzelien  sich  am  Aufbau  der 
Oarschmann'äcben  Spiralen  aufs  Innigste  hetheiligen  können. 

In  loser  Verbindung  mit  diesen  Befunden  stehen  die  beiden  Mit- 
theiluDgen,  welche  der  Verf*  am  Schluäs  seiner  Studie  niederlegt 
Einmal  weist  er  auf  die  in  der  Litteratur  zwar  bekannte^  aber  seiner 
Meinung  nach  nicht  hinreichend  gewlirdigte  Thatßache  hin,  dass  dl& 
meisten  Asthmakranken ^  deren  Leiden  in  früher  Jagend  begonnen 
hat,  iu  der  Kindheit  au  hartnäckigen  Hautausschlägen  gelitten  haben 
(Seropholose?  ßef).  Zweitens  glaubt  er  den  Widerspruch  der  Au* 
tortn  bezüglich  der  Vermehrung  der  eosinophilen  Zellen  im  Blute 
Ton  Astbmatikern  dahin  aufklären  zu  können^  dasn  in  der  unmittel- 
bar zeitlichen  Umgebung  eines  Aathmaanftlles  die  eosinophilen  Zellen 
des  Blutes  reichlicher  sind  als  in  Zeiten^  welche  dem  Anfall  fern- 
liegen. 


Der  Aufsatz  Landgrafs,  Zur  Lehre  von  der  Embolie 
der  Lungen arterie  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd*  20)  enthält  neben 
swei  ausführlich  mitgetheilten  einschlägigen  Fällen  eine  Reihe  in- 
teressanter, zum  Theil  durch  Experimente  gestützter  Bemerkungen 
über  die  Pathologie  der  Lungenembolie.  Sehr  bemerkenswerth  ist 
bei  dem  zweiten,  mit  Heilung  endigenden  Falle  das  Auftreten  eines 
—  von  Litten  als  diagnostisches  Zeichen  der  Lungenarterienembolie 
angegebenen  —  lauten ,  hohen,  pfeifenden  systolischen  Geräusches 
im  zweiten  rechten  Intercoatalraum. 

Einen  casuistischen  Beitrag  zur  Behandlung  der  Lungen- 
embolie liefert  Oeder  in  der  Berl.  klin,  Wochenschrift  Nr.  17, 
Bei  einer  54jährigen  Patieotin  mit  Hersfehler  traten  plötzlich  die 
Erschein ungen  einer  ausgedehnten  Lungenembolie  auf  (benommenes 
SeoBorlum,  hochgradiger  Collaps,  Cyanose,  Dyspnoe,  Lungenödem). 
Tatientin,  die  moribund  erschien,  erhielt  subcutane  Ca mphennjec- 
tionen  in  Dosen  von  0,2  alle  5  Minuten,  so  dasa  innerhalb  1  Stunde 
2,4  Campher  verbraucht  wurde,  «nd  darauf  gingen  sämmtliche  ge- 
rf&brd  roh  enden  Symptome  rasch  zurück.  Die  Diagnose  der  EmboUe 
lirtirdd    am    nächsten    Tage    durch    den    Nachweis   zweier    Infarcte 


248 


Schwalbe. 


bestätigt.  Verf.  ist  der  MeiDung,  dass  die  durch  die  grossen 
Campherdosen  verstärkte  Herzaction  den  vermtithlich  am  Lungen- 
hilns  sitzet] den  Embolus,  der  einen  grossen  Lungenarterienast  ver* 
schloss,  fortgeschleudert  und  zertrümmert  habe.  ^Skeptischen  Na- 
turen das  stricte  2U  beweisen",  bält  der  Verf.  ^ftlr  unmöglich  und 
uniiöthig". 

Ie  einem  ausföhrlichen  Aufsatz,  Die  rationelle  Behand- 
lung einiger  chronischer  Erkrankungen  der  Lunge  (BerL 
klin,  Wochenschr.  Nr.  36—38),  entwickelt  A.  Steinhoff  die  Vor- 
Züge  einer  mit  Hydrotherapie,  Inhalationen  etc.  corabinirten  pneu- 
matischen Therapie  des  Emphysems,  der  ßroncbitis  chronica  etc.  in 
geschlossenen  Anstalten  und  belegt  seine  Erörterungen  mit  einigen 
Krankengeschichten. 

Auch  Brügelmann,  Ueber  Sauerstofftherapie  und  Pneu- 
matotherapie  (Therap.  Monatsh,  Nr,  3),  tritt  von  Neuem  für  die 
Anwendung  der  PrieumaJotherapie  ein.  Er  hält  sie  für  geradezu  un- 
enthehriich  bei  Asthma,  Emphysem,  Bronchi  alkatarrh  und  Chlorose, 
für  ganz  vorzüglich  bei  nicht  zu  veralteten  pleuritiachen  Affectioneu 
und  bei  Klappenfehlern.  Bei  letzteren  soll  durch  den  intrathoraci- 
ßchen  Druck  eine  mechBuische  Verkleinerung  des  hypertrophischen 
Herzmuskels  und  damit  Nachlass  der  Beschwerden  erzielt  werden,  — 
Erstaunlich ! 

Znr  Aetiologie  und  Pathologie  der  Pleuritis  liefert  Ludwig 
Ferdinand,  Königlicber  Prinz  von  Bayern,  an  der  Hand  von 
23  klinisch  und  bacteriologisch  beobachteten  Fällen  aus  der 
V,  Ziemssen'ächen  Klinik  einen  scb ätze ns wert hen  Beitrag.  Von 
r*  seröstn  Exsudaten  wurden  2  durch  Pneumoniekokken,  2  durch 
Staphylokokken  hervorgerufen,  während  5  bacterienfrei  waren. 
Serös- eiterig  war  1  Diplokokkenexsudat  —  Die  12  untersuchten 
Empyeme  waren  2mal  durch  Diplokokken,  Dmal  durch  Strepto- 
kokken, 2mal  durch  Tuberkelbacillen^  Imal  durch  Diplo-  und  Strepto- 
kokken,  Imal  durch  Staphylo-  und  Streptokokken  bedingt.  Für  die 
tuberculöse  Natur  eines  serösen  oder  eiterigen  Exsudats  bei  Ab- 
wesenheit von  Tuberkelbacillen  spricht  ausser  etwaigem  charakte- 
ristischem  Lungenbefund  der  Bacterienmangel  desselben,  sein  hämor- 
rhagischer Charakter,  das  lange  Stehenbleiben  und  allmühliche 
Steigen.  Indess  können  bacterienfireie  Exsudate  auch  bei  Neubil- 
düngen  vorkommen;  eventuell  können  auch  die  pathogenen  Keime 
im  Exsudat  zu  Grunde  gegangen  sein.  —  Die  Erzeuger  des  Em- 
pyems,   am    biintigsten    anscheinend    der    Streptococcus    pyogenes^ 


Heepira  Üone  kr»  nkhei  ten . 


349 


dnsgen  wohl  meifiteDtheils  im  Anschlags  an  eine  Läsion  des  Lungeii- 
gewebes  in  die  Pleura  ein,  —  In  therapeatischer  Beziehung  ist  der 
Verf.  der  Meinung,  daßs  überall  da,  wo  Streptokokkenexsudate  ge- 
fanden werden,  auch  wenn  sie  noch  serös  sind,  die  Rippen resection 
unbedingt  notbwendig  ist,  da  die  Umwandlang  in  Eiter  mit  voller 
Sicherheit  vorhergesagt  werden  kann.  (Siehe  das  gegen theilige  Re- 
sultat in  der  folgenden  Arbeit*  Ref.)  Bei  den  meta pneumonischen 
Empyemen  ist  ein  Zuwarten  von  3  Wochen  gestattet.  Ist  nach 
dieser  Zeit  eine  beginnende  Resorption  nicht  nachweisbar,  so  soll 
man  mit  der  Operation  nicht  mehr  zögern* 

Entgegen  dem  vorher  genannten  Autor  vermochte  ö  o  1  d- 
ücheider  auf  der  Ley deutschen  Klinik  {Zar  Bacteriologie 
der  acuten  PleuritiF.  Zeitschr.  f,  kün.  Med,  Bd,  21)  in  drei 
Fällen  von  seröser  Pleuritis,  welche  auch  in  ihrem  weiteren  Ver- 
laufe nicht  eiterig  wurden,  Streptokokken,  in  einem  Falle  Staphylo- 
kokken nachzuweisen.  Daraus  geht  aufs  Neue  hervor,  dass  Strepto- 
kokken nicht  notbwendig  zur  Eiterbildung  fuhren  müssen.  —  Der 
eine  der  vier  Fälle  lasst  auch  die  Vermuthung  zu,  dass  die  Strepto- 
kokken bisweilen  eine  primäre  sog.  rheumatische  Pleuritis  erzengen 
können. 

Die  Behandlung  der  exsudativen^  nicht  eiterigen  Pleu- 
ritis mit  Salicylprfipa raten  (vergl.  dieses  Jahrb.  1891,  S.  234) 
empfielt  H.  Köster  (Therapeut.  Monatsh,  Nr.  3)  auf  Grund  27  eigener 
Beobachtungen.  Allerdings  schien  ihm  die  Wirkung  des  Mittels 
aicht  constant;  in  einer  Anzahl  von  Fällen  aber,  in  denen  die  Ke* 
tion  des  Exsudats  auffallend  rasch  erfolgte*,  glaubt  er  den  Ein- 
der  Salicylsäure  erkennen  zu  müssen. 

üeber    die    operative    Behandlung    des   Pleuraempyems 
adelt  die  aus   der  chirurgischen   Abtheilung   des  Charit^kranken- 
in    Bertin    hervorgegangene    Dissertation    von    Heise.     Als 
reckmäs&igjite  Operation  wird  die  Incision  mit  Rippenresection  be- 
Die   einfache   aspiratorisclie   Ponction   hat   auch   bei  Kin- 
nur  ausnahmsweise  gute  Erfolge  und  ist  nur  bei  kleinen  meta< 
DeumoDischen  Empyemen  indicirt,  wenn  kein  Symptom  zur  baldigen 
atalen    Entleerung    des   Eiters    zwingt.     Die  Punction    mit  Durch- 
spQJang  verwirft  der  Verf,  vollkommen.    Ein  exspectatives  Verfahren 
nur  bei  kleineren  abgesackten  Empyemen,   besonders  metapneu- 
BOiiisoben,  indicirt. 

Die  Resultate   der  operativen  Behandlung  der  eiterigen 

istfellentztindung  auf  der  medicinischen  Klinik  in  Helsingfors 

den  Jahren  1876 — 1890  theilt  Kuneberg  in  einer  auöführlichen 


tichnet. 


'^bO 


Schwalb«, 


in  der  ZeitBchnit  f.  kÜD.  Medicio  Bd.  21  veröffentlichteu  Arbeit  mit« 
In  der  Zeit,  wo  tägliche  Ausspüluiigen  der  Pleura  bei  der  Nach- 
behandlung vorgenommen  wurden  (187G — 188S),  wurde  vollständige 
Heilung  nur  in^  Fällen  von  20,  d.  h,  in  30'*^^,  erreicht.  Als  die 
Auöspülungen  während  der  Nachbohandiung  fortblieben  (1883  bis 
October  1885),  trat  in  7  von  9  Fällen,  d.  h,  in  1S%,  Heilung  ein. 
Als  die  Spülungen  aach  während  der  Operation  nicht  mehr  ange- 
wandt wurden  (1885 — 1890),  wurde  völlige  Heilung  in  56  von  58 
Fällen,  d*  h.  in  96,5  o^^  erreicht.  In  ähnlicher  Weise  wie  der  Hei- 
lungseffect  wurde  auch  die  HeiluDgs d a u e r  von  der  Fortlassung  jeg- 
licher Pleuraausspülungen  (ud mittelbar  nach  der  Operation  oder 
später)  gttngtig  beeinflusst.  —  Auf  Grund  dieser  Kesaltate  ist  Kune- 
berg  ein  entschiedeoer  Anbänger  der  Radicaloperation  (mit  primärer 
Rippenresection).  Die  für  die  Bülau'öcbe  Aspirationsmethode  gegen- 
über der  Kadicaloperation  geltend  gemachten  Vorzüge  hält  er  für 
rein  tbeore tisch.  In  praxi  gibt  seiner  Meinung  nach  die  Radical« 
Operation  voUständig  gleich  gute  Besultate  wie  die  Drainageaapi- 
ration  in  den  günstigsten  Fällen.  Bas  letztere  Verfahren  gewährt 
aber  bei  Weitem  nicht  dieselbe  Sicherheit  und  ist  ausserdem  infolge 
der  verwickelten  und  vielfachen  Störungen  ausgesetzten  Nachbehand- 
lung viel  complicirter  und  schwerer  auszuführen. 

Au  st  tritt  unter  Mittheilung  der  Erfahrungen  im  Altonaer 
Stadtkrankenbause  (Münchener  med.  Woclienscbr.  Nn  45  u.  46)  für 
die  Behandlung  der  Empyeme  mittels  der  Bülau^seben 
Aspiration 8 drainage  ein,  ohne  freilich  ihre  eventuellen  Nachtheile 
im  Einzelnen  (Verjauchung  der  Empyeme  Taberculöser,  Blutung  in 
die  Pleurahöhle,  Verstopfung  des  Drains)  zu  verschweigen. 


I 


I 


Einen  interessanten  Vortrag  über  den  sehr  seltenen  „primären 
Endothelkrebs  (Lymphangitis  prolifera)  der  Pleura"  pu- 
blioirt  A.  Fraenkel  in  der  BerL  klin.  Wochenschrift  Nr.  21  u»  22* 
Seiner  bisherigen  Annahme,  dass  der  Befund  von  Aggregaten  poly- 
morpher zelliger  Elemente  in  einer  durch  Probepunction  entleerten 
pleuralen  Flüssigkeit  mit  einiger  Sicherheit  für  die  Diagnose  eines 
Pleuracarcinoms  verwerthet  werden  könnte,  hat  eine  neuerdings  vom 
Verf.  gemachte  Beobachtung  erheblich  Eintrag  gethan.  Dieselbe  be- 
trifft einen  44jäbrigen,  kräftigen,  erblich  nicht  belasteten  Mann, 
welcher  im  October  v,  J.  unter  den  Erscheionngen  eines  linksseitigen 
Pleuraexsudatea  erkrankte.  Das  Exsudat  war  auffallend  stark 
hämorrhagisch,  in  seiner  Farbe  fast  venösem  Blute  gleich,  und  ent- 
hielt  neben    verfetteten   Zellen   eine   verhältnissmässig    grosse  Zahl 


Respirationskrankheiten.  251 

polymorpher  (kenlenförmiger,  geschwänzter,  polyedrischer)  Zellen, 
welche  zu  grösseren  Verhänden  mit  einander  vereinigt  waren.  Da 
bei  dem  Patienten  ausserdem  sich  über  der  linken  Clavicula  eine 
Lymphdrüsenschwellung  entwickelte,  so  glaubte  Fraenkel  es  mit 
einem  Fall  von  carcinomatöser  Entartung  der  Pleura  zu  thun  zu 
haben.  Bei  der  Section  des  nach  8  Wochen  verstorbenen  Patienten 
war  aber  eine  Tumorbildung  der  Pleura  nicht  vorhanden,  letztere 
war  vielmehr  durchweg  in  eine  0,3 — 0,5  cm  dicke  Schwarte  ver- 
wandelt —  ebenso  auch  das  Pericard  — ,  und  die  mikroskopische 
Untersuchung  ergab  in  sämmtlichen  Lymphgefässen  derselben  eine 
starke  Wucherung  der  Endothelien,  d.  h.  eine  Lymphangitis  proli- 
fera,  die  von  einem  Carcinom  streng  zu  scheiden  ist.  —  Die  Pro* 
gnose  dieser  Erkrankung  scheint  nach  den  bisherigen  Erfahrungen 
eine  ungunstige  zu  sein.  Eine  sichere  Differentialdiagnose  gegenüber 
dem  Carcinom  ist  auf  Orund  des  mikroskopischen  Verhaltens  der 
von  den  erkrankten  serösen  Häuten  gelieferten  Exsudate  bislang 
ausgeschlossen. 


4.  Herztrankheiteii. 

Von  Dr.  Jnlms  Schw&lb^  in  Berlin. 

Ueber  eine  Anomalie  der  Lage  des  Herzens  berichtet 
Hei  mann  in  der  Berl  k!in,  Wochenschr.  Nr.  D.  Was  &u  der  Be- 
Bcbreibung  und  namentUcb  an  der  Deutung  des  Falles  riclitig  oder 
falseb  ist,  llsst  sieb  nicbt  beuitbeilen,  da  ein  Sectionsbefund  Bicbt 
vorliegt»  Wie  leicht  man  sich  aber  bei  der  kliniecben  UnterBucbung 
derartiger  Lageanomaiien  täuschen  kano^  beweist  der  Fall  von 
Dextrocardie,  welchen  Berwald  in  der  Berl,  klln.  Wochenschr, 
Nr.  41  schildert.  Hier  lehrte  der  circa  ©in  Jahr  nach  der  Pubiication 
des  Falles  erhobene  Stfctionghefund  j  dasB  die  Annahme  des  Verf.'s 
von  der  Lage  des  Herzens  im  Allgemeinen  und  derjenigen  des 
Spitzenstosees  im  Besonderen  nicht  zntreifend  war.  Daes  auch  die 
Meinung  Berwald^s,  es  handle  sich  hier  um  eine  congenitale  Dextro* 
cardie,  unhaltbar  ist^  lässt  sich  wenigstens  mit  hoher  Wahrschein- 
lichkeit vermuthen.  Die  Verlagerung  des  Herzens  ist  wohl  bei  dem 
lungenphthisischen  Patienten  auf  rein  mechanischem  Wege  (j^beide 
Longen  stark  geschrumpft'',  „Herzbeutel  mit  dem  Brustbein  sehr 
fest  verwachsen";  über  die  Beschaffenheit  der  linken  Pleura  ist 
nichts  gesagt!)  zu  Staude  gekommen. 

Th,  Schott  bringt  einen  Beitrag  zur  Aetiologie  der  chroni- 
schen Herzkrankheiten  (Berh  klin.  Wochenschr.  Nr;  31  u.  S2  und 
Verhandlungen  des  Congresses  für  innere  Medicin  zu  Leipzig)^  welcher 
nichts  Neues  enthält, 

Ueber  Herzkrankheiten  bei  Gonorrhoe  handelt  der  aus 
der  Curschmann^schen  Klinik  hervorgegangene  Aufsatz  von  W.  His 
f^rl  ^Im,  Wochenschr.  Nr.  40).  Bei  einem  19jährigen  jungen 
nmt  es  im  Verlaufe    eines  geringgradigen   Trippers    zur 


Herzkraukheiteo. 


253 


Uüdung  septischer  Thrombeo  in  den  Venen  der  Prostata  und  des 
Plexus  pabicus,  und  von  hier  aus  entwickelt  sich  eine  letale  Septico- 
pyämie«  Zuerst  etablirt  sich  eine  ulceröse  Endocardttis  an  den  Aorten- 
klappen,  dann  —  nach  einer  starken  iTemüthsbeweguog  und  Er- 
kältung —  treten  unter  Schüttelfrösten  Embolien  in  Haut^  Mik, 
Kieren,  Lungen,  Hämorrhagien  in  den  verschiedensten  Organen  etc. 
aui'.  In  den  erkrankten  Theilen  der  Aortenklappe  lassen  sich  bei 
der  Section  sahireiche  Kokken  nachweisen^  die  in  Gestalt  und  Grösse 
dorn  Neisser'scheu  Gcnococcus  gleichen  und  auch  nach  der  G ram- 
schen Methode  ihre  Farbe  verlieren.  Da  indessen  das  Klappensegel 
in  MöUer-scher  Lösung  gehärtet  war,  so  möchte  der  Verf,  selbst 
aii0  diesem  Befunde  keinen  sicheren  8chluss  ziehen.  In  den  Infarcten 
der  Lungen  und  übrigen  Organe  werden  keine  Mikroorganismen 
bacterioskopisch  gefunden.  Aus  der  Milz  Hessen  sich  auch  culturell 
keine  Bacierien  gewinnen,  —  Einen  Parallelfall,  der  unter  E.  Wagner 
rar  Beobachtung  gelangt  ist,  theilt  der  Verf.  aus  dem  Archiv  der 
Klinik  mit.  Auch  hier  hat  sich  eine  Endocarditis  ulcerosa  im  Gefolge 
eines  acuten  Trippers  an  den  Aortenklappen  entwickelt.  —  Auf 
Gnind  dieser  Fälle  und  der  in  der  Litteratur  beschriebenen  hält  der 
Verf.  es  für  zweifellos,  dass  beim  Tripper  Herzaffectionen  auch  ohne 
begleitenden  Gelenkrheuinatismus  vorkommen  können  (was  gewiss 
nicht  überraschen  kann,  da  die  Arthritis  gonorrhoica  und  die  Endo- 
carditis als  gleichartige  Oomplicationen  des  Trippers  aufzufassen  sind; 
ist  es  doch  salbst  wahrscheinlich,  dass  eine  Endocarditid  „rheumatica" 
ohne  Arthritis  acuta  zur  Ausbildung  gelangen  kann!  Ref.).  Zu  unter- 
scheiden sind  die  gutartigen  Formen  der  Endocarditis  von  den  ulce- 
rosen*  Von  den  ersteren  vermuthet  der  Verf.,  dass  sie  allein  durch 
den  Gouöcoccus,  von  den  letzteren,  dass  sie  durch  septische  Misch- 

_ini"ection    bedingt    sind.      Sichere    bacteriologische    Untersuchungen 

über  diese  Fragen  durchaus  nicht  vor.  —  Am  Schluss  seines 

ksÜMiKes  beschreibt  der  Verf.    ei  neu  Fall,    bei   dem   ein  schon  be- 

ader,   aber  fast  symptomloser  Herzfehler   durch  einen  Tripper 

Lücheblioh  verschlimmert  worden  ist. 


Eine  Illustration  zu  den  Beziehungen  zwischen  Erkran- 
kungen der  GaUenwege  und  ulceröser  End  ocarditis  sollen 
die  beiden  aus  der  Eichhors tischen  Klinik  stammenden  Fälle  dar- 
stellen, deren  Krankengeschichte  und  Öectionsbefund  J,  Leva 
\  (Oeutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  11  j  ausführlich  publicirt.  Freilich 
'geeteht  der  Verf,  selbst  ein,  dass  er  einen  zwingenden  Beweis  für 
die  Annahme  einer  Abhängigkeit  der  ulcerösen  Endocarditis  von  der 


254 


Schwalbe. 


OholaDgitiB  nicht  zu  erbringen  vermag ,  da  ein  solcber  nur  durch 
genaue  bacteriologieche  Untersuchung  hätte  geführt  werden  können. 
(Die  Zugehörigkeit  beider  Fäll©  zu  dem  im  Titel  bezeichneten  Gebiet 
erscheint  mehr  als  zweifelhaft.  Im  ersten  Fall  war  bei  der  Seotion 
neben  dem  Befunde  einer  bösartigen  [aber  nicht  ulcerösen !]  Endo- 
carditis  nirgends  ein  Eiterherd  im  Körper  zu  constatiren,  SpeoieU 
über  die  Gallen wege  heisst  es:  „Die  Leber  ist  massig  gross,  die 
grüaseren  "Oallenwege  sind  erweitert  |  sonst  nichts  Abnormes.  Im 
Ductus  choiedochiis  findet  sich  viel  eingetrocknete  oran gegelbe  Galle 
und  zwei  Galleosteine  ^  wodurch  derselbe  ganz  bedeutend  sackartig 
erweitert  ist.**  —  Im  zweiten  Falle  fand  man  zwar  bei  der  Section 
Gallensteine,  Pankreasabscess ^  eiterige  Meningitis;  von  einer  Endo- 
carditis  Elceroea  aber  kann  man  weder  klinisch  noch  anatomisch 
reden.     Ref,) 


I 


Interessante  statistische  Angaben  über  die  uncomplicirte 
Mitralstenose  veröffentlicht  Duroziez  (R6tr6ciss^ement  mitral 
pur,  Union  m6d.  Nr*  21  u.  42).  Vor  dem  15.  Lebensjahre  kam  die 
Mitralsteoose  nicht  vor  (beim  Fötus  hat  sie  Duroziez  dreimal  be- 
obachtet). Unter  272  Fällen  betrafen  18  das  15.— 24.  Jahr,  104  das 
25.-34.,  83  das  35.-44.,  46  das  45.-54.,  8  das  55.-64.  Jahr,  3  waren 
jenseits  des  (M.  Jahres,  S5  Patienten  litten  an  rechtsseitiger  oder 
linksseitiger  Hemiplegie.  Die  meisten  Hemiplegien  fielen  in  das 
24. — 31.  Jahr.  B'ür  die  Diagnose  der  Mitralstenose  fordert  Durozie« 
die  Anwesenheit  eioes  diaatoli sehen  oder  präsystolischen  Geräusches 
über  der  Mitralis;  die  Verdoppelung  des  zweiten  Tons  scheint  er 
merkwürdigerweise  nicht  als  beweiskräftig  für  die  Diagnose  anzusehen. 

Im  Änschluss  an  neun  in  der  englischen  Litteratur  niedergelegte 
Beobachhmgen  von  präsystolischem  Geräusch  ohne  organische  Mitral- 
stenose berichtet  Maguire  (The  presystolic  murmur  without 
organic  disease  of  the  mitral  valve.  Med.  Chronicle  Bd,  12) 
über  zwei  eigene  Fälle.  Bei  beiden  Patienten  wurde  neben  einem 
systolischen  Geräusch  an  der  Herzspitze  und  einem  diastolischen 
Aortengeräusch  zeitweise  ein  deutliches  präsystolisches  Geräusch  ge- 
hört, ohne  dass  bei  der  Section  an  den  Mitralsegeln  eine  pathologische 
Veränderung  gefunden  werden  konnte.  (In  einem  Fall  hätte  viel- 
leicht ein  in  den  linken  Vorhof  hineinragendes  Aneurysma  der  „vor- 
deren'' Arteria  ooronaria  als  Ursache  einer  relativen  Mitralstenose 
angeschuldigt  werden  können.)  Die  Genese  des  präsystolischen  Ge- 
r&nsebes  glaubt  der  Verf.  davon  herleiten  zu  können,  dass  das  vordere 
Mitralseget  durch   die   gleichzeitig  von   der  Aorta   und   dem   linken 


Herzkrankheiten. 


855 


Vorhot  eindringendeD  ßlutetröme  bisweilen  in  Bewegung  geseUt 
werde  und  dadurch  Wirbel  erzeuge,  welche  durch  die  Systole  des 
linken  Vorhofea  gesteigert  würden.  (Diese  durch  die  Systole  des 
Linken   Vorhofs   vermehrbaren  Wirbel   sind    doch   schon    allein    aus 

Lder  Aortenklappen  in  sufficienz  zu  erklären!     Ref.)     Nach  des  Verf^'s 
leinung  entsteht  das  G-eräusch  jedenfalls  an  der  Mitralis  seibat  und 
ist  nicht  bloss  von  der  Aorfa  fortgeleitet 

üeber  dio  Diagnose  einer  combinirten  Insufficienz  und  Stenose 
Mitralis  und  Aortenklappen  handelt  v,  Maxim o witsch  (Diffe- 
rentielle  Diagnose  gewisser  Gestalten  combinirter  Herz* 
fehler.     Deutsch.  Archiv  f,  klin.  Med.  Bd.  49)  auf  Orund  von  vier 

'Fällen.  Bei  diesem  geringen  Material  ist  es  begreiCiicb,  wenn  die 
diagnostiscbeo  und  prognostischen  Schlussfolgerungen  des  Autors  auf 
schwachen  Füssen  stehöu. 

In  einer  ausführlichen,  von  der  medicinißchen  Facultät  in  Giessen 
gekrönten  Preisschrift  nimmt  W.  T.  Dun  bar  Stellang  zu  der  in 
letxter  Zeit  aufs  Neue  ventilirten  Frage  über  das  Verhalten  des 
linken  Ventrikels  bei  den  Fehlern  der  Mitralklappe  (Deutsch. 
Arch.  f.  klin.  Med,  Bd.  49),  Auf  Grund  zahlreicher  klinischer  Be- 
obachtungen und  Obductionsprotocolle  aus  den  letzten  10  Jahren  der 
Riegerscben  Klinik   kommt   der  Verf.   zu   dem  Schlnss^   dase   eine 

leoncentrische  Atrophie  des  linken  Ventrikels  als  directe  Folge  der 
Mitralstenose  aufzufassen  sei*  Bei  der  Compensirüng  der  Mitral- 
stenose wirkt  der  linke  Ventrikel  gar  nicht  mit.  Dagegen  entsteht 
ai  der  Compensation  der  Mitralinsuf'ficienz  eine  Dilatation  und  Hyper* 

rtrophie  des  Unken  Ventrikels.  (Ref.  kann  diesen  Schlussfolgernngen 
des  Verf/a  nach  seinen  mannigfachen  klinischen  und  anatomischen 
Erfahrungen  völlig  beistimmen.} 


Einen  lehrreichen  Vortrag,  Ueber  Schlussanfähigkeit  der 
j^figenarterienklappenf  hat  Gerhardt  auf  dem  Congress  für 
re  Medicin  zu  Leipzig  gehalten.  Nach  ihm  findet  sich  die  Pul- 
monalklappen insufficienz  in  ca.  l^J2*','o  sämmtllcber  Herzklappenfehler. 
i^Fast  die  Hälfte  dieser  Fälle  kommt  neben  Fehlern  des  linken  Herzens, 
eaonders  neben  Aortenklappen  insufficienz  vor.  Die  Krankheit  kann 
jea  Alter  betreffen.  Meist  ist  sie  durch  Eötzöndung  veranJasst^ 
Mift  im  AnschlußS  an  Infectionskrankheiten;  unter  diesen  prävalirt  der 
Gelenkrheamatismus  nicht  in  der  Weise  wie  sonst  in  der  Aetiologie 
der  Endocarditis,  Zuweilen  geben  angeborene  Herzanomalien  die 
Veranlassung  zur  Pnlmonalklappeninsufficienz,  Als  Symptome  des 
Vitium   sind    bekannt:    verstärkter   und    verbreiterter    Spitzengtossj 


256 


Schwalbe* 


VergrÖsseruDg  der  Herzdämpfung ,  besoDders  nach  rechts  bin,  dia- 
stolisches Geräasch  im  zweiten  linkea  latercostalraum  ^  das  mit  der 
Exspiration  oft  stärker  wird,  eich  nicht  in  die  Halsarterien  fortpflanzt 
und  von  etwa  gleichaeitig  vorhandenem  diaatoliachem  AortengerÄusch 
verscliieden  ist  (meist  tiefer  und  rauher  als  dieses).  Bisweilen  ündet 
sich  fahlbare  Palsation  des  rechten  Kammerrandes  zwischen  Processus 
xiphoideud  und  rechtem  Rippenbogen  (infolge  Erweiterung  der  rechten 
Kammer  und  Streckung  der  Arteria  pulmonalis^)  und  systolisches 
Schwirren  bei  Fingereindruck  auf  diesen  Rand.  —  Beim  Aufzeichnen 
der  Pulsationen  in  der  bronchotrachealenLaftsäale  durch  Einführen  eines 
Jklanomöterrohresin  ein  Nasenloch  scheinen  dteCurven  höher  und  steiler 
—  infolge  starker  Druckschwankungen  der  Lungenarterienäste  — 
auszufallen  als  bei  Aort^nklappeninsufficienz.  Bisweilen  hört  man 
einen  dumpfen  Doppelton  und  rhythmische  herz  systolische  Verstärkung 
des  Vesiculärathmens  (hörbarer  Gapillarpuls  des  kleinen  Kreislaufs), 
und  zwar  auch  an  Stellen  der  Brustwand,  die  sehr  entfernt  vom 
Herzen  liegen.  Diese  Symptome  finden  sich  aber  auch  in  seltenen 
Fallen  von  linksseitigen  Klappenfehlern,  sind  deshalb  nicht  mit 
Sicherheit  fftr  die  Diagnose  der  Pulmo nalinsufficienz  zu  vervrerthen. 
lü  der  Discussion  bemerkt  Senator,  dasa  als  ein  diagnostisches 
Zeichen  der  Pulmonalklappeninsufiicienz  die  Abwesenheit  eines  diasto- 
lischen Geräusches  in  der  Bauchaorta  anzusehen  ist. 

Klinische  Beiträge  zu  den  Krankheiten  ded  Pulmonal- 
oatium  enthält  der  aus  der  Eich  ho  rst^ scheu  Klinik  hervorgehende 
Aufsatz  von  G,  Leuch  (Zeitschr;  f.  kliiu  Med,  Bd.  21)*  1d  keinem  der 
fünf  beschriebenen  FäUe  verificirt  ein  Obductionabefund  die  klinische 
Diagnose:  ein  umstand,  der  —  bei  der  Schwierigkeit  der  Erkennung 
der  Pulmonaioatiumfehler  —  den  Werth  der  mitgetheilten  Beobach- 
tungen immerhin  etwas  beeinträchtigt.  In  drei  Fällen  soll  es  sieb 
um  eine  angeborene  Stenose,  in  einem  Falle  um  eine  angeborene 
Insufficienz  und  Steoose^  im  letzten  endlich  um  eine  erworbene  Pul- 
monal klappen  insuflicienz  handeln.  In  den  zwei  ersten  Fällen  war  der 
Herzfehler  mit  anderweitigen  oongenitalen  Störungen  complicirt: 
einmal  mit  vollkommener  Taubheit,  das  andere  Mal  mit  ausgedehnter 
Ichthyosis  simplex. 

Ueber  primäre  chronische  Myocarditis  ist  ein  aus  der 
medioinidchen  Klinik  zu  Leipzig  stammender  Aufsatz  von  K,  Kelle 
(Deutaches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  49)  betitelt.  Der  Verf.  wendet 
sich  gegen  die  von  manchen  Autoren  vertretene  Identität  zwischen 
chronischer  Myocarditis  und  Coronarsklerose  und  tritt  flLr  die  Belb- 


I 


I 


I 


k 


J 


'fitandi^keit  einer  primären  chronischentzündlicheD  Moskel  erkrank  üb  g 
dee  HerzeDs  ein.  Als  Ursachen  derselben  sind  wahrscheinlich  vor- 
wiegend infectiöse  Einflüsse  anzunehmen  (Maaern^  Scharlach,  Diph- 
therie, GelenkrhenmatiämuSj  Pocken),  Gre wohnlich  wird  die  Mus- 
colatar  nicht  allein,  meistens  vielmehr  Peri-  ond  Endocard  gleichzeitig 
mitbetroffen,  B'iir  die  Diagnose  sind  Herzarhythmien,  namentlich 
wenn  dieselben  sich  bei  reinen  Herztönen  finden ,  bedeutungsvoll 
F&r  die  Unterscheidang  von  Coronarsklerose  wären  hauptsächlich 
das  Fehlen  peripherischer  Arteriosklerose,  das  Alter  der  Kranken 
und  etwaige  ätiologische  Momente  heran zns&i eben. 


^ 
W 


Einen  eigenartigen  Beitrag  zu  dem  Kapitel;  Die  U  e  b  e  r- 
anstrengung  des  Herzens  liefert  H.  Oestreich  in  der  Berl. 
klin.  Wochenschr.  Nr.  14.  Trotzdem  der  Verf.  eingangs  seines  Vor- 
trags notirt,  dass  als  Ueberanstrengung  des  Herzens  von  den  Autoren 
ein  durch  übermässige  körperliche  Arbeit  entstandenes  schweres^ 
dauerndes,  meist  fortschreitend  zum  Tode  führendes  Herzleiden  be- 
»eichnet  wird,  kommt  er  in  seiner  weiteren  Ausführung  dahin ^  für 
dteBen  rein  klinischen  BegrifF  einen  rein  anatomischen  zu  äubstituiren 
and  bei  der  Section  eine  Dilatation  der  Ventrikel  bei  Unversehrtheit 
der  HerzmuBculatur,  Herzklappen,  Gefässe,  Nieren  und  Lungen  als 
ansraichend  für  die  Diagnose  der  in  Rede  stehenden  Affection  zu 
erklären.  So  wird  der  Verf.  dazu  geführt,  als  Illustrationen  zu  diesem 
Krankheitskapitel  die  Obductionsbefunde  eines  Fallßs  von  zweifel- 
hafter körperlicher  ueberanstrengung  (Mann),  von  Polysarcia  univer- 
eialis  (Frau),  von  Pertussis  convulsiva  (Kind),  von  Rhachitis  und 
Eweier  Fälle  von  Diphtherie  (Kinder)  mitzutheilen,  nur  weil  in  üllen 
diesen  Fällen  eine  anatomisch  nachweisbare  Ursache  für  die  Dila> 
tation  des  Herzens  nicht  aufzuünden  war  (in  Fall  111  hat  übrigens 
die  Pleuritis  chronica  dextra  vielleicht  zur  Entstehung  resp.  Ver- 
stirkung  der  Dilatation  beigetragen.  Ref.), 

Mit  Recht  protestiren  Krehi  und  Komberg  (Berliner  klin. 
Wochenschr.  Nr.  20)  gegen  diese  Vermengung  klinischer  Krankheits- 
begriffe und  anatomischer  Befunde,  die  geeignet  sei,  Fragen,  welche 
dich  eben  klären,  wesentlich  zu  verschieben,  indem  sie  pathologische 
Zoat&nde,  die  nichts  mit  einander  zu  thun  haben,  identificirt,  —  im 
vorliegenden  Falle  (sc.  z.  B.  Ref,)  die  Ueberanstrengung  des 
Herzenfi  und  die  Herzschwäche  bei  Diphtherie.  Femer  behaupten 
die  VerfF.,  dass  auch  die  Methode  Oestreich's,  nach  welcher  er 
dazu  gelangte,  anatomische  Veränderungen  der  Herzmdscnlatur  aus- 
suechliesflen ,   unzureichend  gewesen  sei.     Oestreich  habe  sich  auf 


258 


Schwalbe. 


die  UntersQcliuDg  der  Herzen  im  frischen  Zuataude  beschränkt* 
Sie  selbst  aber  haben  in  früheren  Arbeiten  nachgewiesen,  dass  ntir 
durch  die  systematische  Untersuchung  des  ganzen  Herzens  an  ge- 
härteten und  gefärbten  Präparaten  ein  genügendes  Urtheil  über  die 
wirkliche  Beschaffenheit  des  Herütniiikels  gewonnen  werden  könne. 
In  seiner  Erwiderung  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  20)  weist 
Oestreich  auf  tien  freilich  an  bestreitbaren  Werth  der  mikroskopi- 
schen Untersuchnng  des  friöcheu  Herzens,  namentlich  gegenüber  der 
Frage  der  fettigen  Degeueratioo  der  Musculatur  hin,  ohne  allerdings 
damit  den  Vorwurf  seiner  Kritiker  (s.  oben)  zu  entkräften»  Was 
den  Begriff  „Ueberanstrengung  des  Herzens^*  betrifft,  so  meint 
Oestreich,  dass  derselbe,  wenn  er  dem  eigentlichen  Wortlaut  ent- 
sprechen solle ,  zunächst  nicht  auf  die  Körpermusculatur^  sondern 
auf  die  Herzmusculator  zu  beziehen  sei.  Ohne  auf  die  Frage  nach 
der  Berechtigung  dieser  Bemerkung  hier  näher  einzugehen,  muss 
doch  darauf  hingewiesen  werden,  dass  Oestreich  damit  dem  ge- 
nannten Begriff  eine  eigene,  neue  Bedeutung  gibt^  mit  der  er  sich 
einmal  ausserhalb  der  Reihe  derjenigen  Autoren,  welche  bisher  über 
dieses  Kapitel  gearbeitet  haben,  stellt,  und  die  er  zweitens  ganz  und 
gar  nicht  seinem  Vortrage  zu  Grunde  gelegt  hat. 


Ein  Fall  von  Combination  einea  gestielten  und  eines  Kugel- 
thrombüs  im  linken  Vorhof  wird  voo  Redtenbachür  (Wiener 
kliD.  Wochenschr.  Nr.  48)  mitgetheilt.  Trotzdem  die  bei  Beschrei- 
bung eines  ähnlichen  Falles  von  v.  Ziemssen  als  charakteristisch 
aufgestellten  Phänomene  (Zeichen  einer  Mitralstenose,  hochgradige 
Erscheinungen  eine^j  schwereD  Ström  ungshindernisses  im  linken 
Herzen  [Cyanose,  Dyspnoe,  geringste  Füllung  der  Arterien  efc.|,  wie 
sie  bei  einfacher  Mitralstenose  nur  selten  beobachtet  werden ,  Auf- 
treten von  circumscripter  Gangrän  an  den  Füssen  neben  Oedem  und 
leichenbafter  Kalte  derselben)  bei  der  Patientin  zum  grössteo  Theil 
vorbanden  waren,  war  die  Diagnose  wegen  zu  kurzer  Beobachtunga- 
»eit  in  vivo  nicht  gestellt  worden, 

Ueber  die  Frage,  ob  ein  freier  Kugel  thrombüs  ein  Herz- 
oßtium  völlig  verachliessen  könne^  verbreitet  sich  T.  Lang 
(Wiener  klin.  Wochenschr*  Nr*  43 J  in  einer  kleinen  Abliandlung* 
Entgegen  v.  Ziemssen,  welcher  die  Frage  negirt,  weil  die  Kugel 
im  Blutstrome  rolle  und  an  der  querelliptischen  Spalte  des  stenosirten 
Ostium  keinen  Fixationspunkt  hnde,  andererseits  aber  für  ein»  Ein- 
keilang  in  das  enge  Oätium  zu  resistent  sei,  hält  Lang  die  Möglich* 
keit   einer  völligen  Ostiurasperre   för  „physikaUech  und  durch  die 


J 


Herzkrankheiten« 


259 


che  Beobachtung  bewiesen"*  Die  Bedingungen  für  die  Sperr© 
aach  ihm:  1)  ein  QuerschtiittäverhäUniss  zwischen  Ostium  iiud 
:>inba8,  demgemäss  letzterer  die  Apertur  des  Ostium  vollständig 
lecken  kann;  2)  der  accidentelL  über  den  Risg  des  Ostium  ge- 
rathene  Thrombus  muss  die  Apertur  deb^selben  so  lange  schliessen, 
bis  die  ßlutströinung  zum  Stillstand  gelangt. 

Eine  lleissige  Arbeit  PoUdk's  bandelt  von  der  Tuberciilose 
des  Herzmuskels  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  21),  unter  Mitthei- 
lung  eines  seltenen  Falles  eigener  Beobachtung.  Trotz  des  Umfangs 
des  nahezu  hühuereigroBsen^  im  Septum  des  rechten  Vorhofg  gelegenen 
ttnd  in  das  Atrium  hineinragenden  Tumors  waren  die  klinischen 
Symptome  seitens  des  Herzens  nur  sehr  unbedeutend  gewesen. 

Die  Erfahrung,  dass  es  Fälle  von  Bradycardie  gibt,  in  denen 
die  VerlangsamuDg  der  Herzaction  durch  die  gewöhnlichen  Ursachen 
(Schwächezuötände  des  Herzens,  Ooronarsklerose ^  Hirndruck  etc) 
ht  erklärt  werden  kann,  versucht  W.  Opitz  sen,  (CentralbL  für 
r:i  IL  Med.  Nr,  8)  durch  zwei  Beobachtungen  zu  illustriren.  Im  ersten 
Falle  handelt  es  sich  um  einen  kräftigen  Mann ,  der  auf  der  Höhe 
-irn  r  Poeumonie  60,  in  der  Reconvaiescenz  derselben  40  Pulsschläge 
iii^vies;  im  zweiten  um  eine  73jäLrige  Daiue^  die  während  dreier 
Monate  ohne  andere  Kraukbeitssymptome  &U  die ailgemeiner  Schwäche 
eme  Puls  verlangsamung  bis  auf  20  herab  darbot. 

In  seinem  Falle  von  Bradyüardie  führt  Sendler  (Gentralbl. 
i  kiin.  Med,  Nr,  31)  die  auffallende  Erricheinung  auf  ein  den  Conus 
arteriae  pulmonalis  verengerndes  Fibrom  des  rechten  Ventrikels 
suruck* 

Die  Entscheidung  der  Frage,  ob  die  Ursache  der  Bradjcardie 
in  einem  bestimmten  Falle  cardialen  oder  extracardialen  Ursprungs 
tei,  vermag,  wie  Dehio  wieder  hervorhebt  (üeber  Bradycardie 
lud  die  Wirkung  des  Atropins  auf  das  gesunde  uud  kranke 
lensc bliche  Herz,  St.  Petersburger  med.  Wochenschr»  Nr.  1), 
da«  Atropin  ztx  liefern,  da  dieses  die  im  Herzen  gelegenen  Vagus- 
iigungen  lähmt  und  damit  eine  auf  Eebung  des  bulbären  Vagus* 
itrums  oder  der  cardialen  Vaguszweige  beruhende  Bradycardie 
aafheben  kann.  In  einem  Falle  von  Apoplexie  mit  48  Pulsen  ver- 
r  Aochte  man  tbatsächlich  durch  eine  subcutane  Atropin  in  jection  die 
rPalszabl  auf  144  zu  steigern;  in  drei  anderen  Fällen,  in  denen  die 
Brailycardie  auf  Veränderungen  des  Herzens  selbst  resp.  seines 
motorischen  Apparates  zurückzuführen  war,  rief  das  Atropin  keine 
Veränderung  in  der  Pulsfrequenz  hervor.  —  Durch  weitere  Atropin- 


2G0  Schwalbe. 

versuche  an  geaunden  (jagendlichen  und  eenilen)  und  kranken  Herzen 
kommt  Deliio  zu  der  —  nicht  gerade  neuen  —  Seh luasf olger ung, 
dass  als  letzte  Ursafjhe  der  cardialen  Bradycardie  Ernährungs- 
störungen der  herzregulirenden  Centren ,  beruhend  auf  Sklerose  der 
dieselben  versorgenden  Coronararterienzweige,  anzusehen  seion.  Zu- 
weilen mag  es  sich  aber  auch  wohl  nur  um  eine  vorübergehende 
fimctionelle  Schwäche  jener  Centren  handeln. 

Zwei  gut  beobachtete  Fälle  von  paroxysmaler  Tachyoardie 
piiblicirt  Freyhan  (Deutsch©  med.  Wocbenschr.  Nr.  39)  aus  der 
Fürbringe  raschen  Abtheilung  dea  Krankenhauses  ira  Friedricbshain, 
Mit  Rücksicht  auf  die  beträchtliche  Pulsfrequenz  (220  und  240), 
auf  den  Mangel  vasomotorischer  und  pupillärer  Symptome  und  das  J 
Vorbandensein  gastrischer  Störungen  (in  einem  Falle)  möchte  der 
Verf.  glauben,  dass  es  sich  bei  den  Patienten  nicht  nm  eine  Sym- 
pathicus*,  sondern  um  eine  Vagusneurose  handelt  Bezüglich  der 
Aetiologie  der  Affection  besteht  Unklarheit»  In  der  Therapie  der- 
selben redet  Frey h an  namentlich  der  Anwendung  des  Morphium 
das  Wort. 

In  der  durch  Den  tu  mitget  heilten  Beobachtung  (La  Med.  mo- 
derne Nr.  4)  von  Tachycardie  war  ein  Trauma  (Fall  auf  den  Kopf) 
die  Ursache  der  auf  240  gesteigerten  Pulsfrequenz, 

Zur  hydriatischen  und  meehaDischen  Therapie  der  Herz* 
krank beiten  liefert  Pospischil  in  den  Blättern  für  klinische 
Hydrotherapie  (1891,  Nr.  12)  einen  casuis tischen  Beitrag. 

In  einer  umfangreichen,  auf  exacte  StoüVechBeluntersuchungen 
gegründeten  Abhandlung  über  die  diätetische  Behandlung  der 
Herzkrankheiten  gelangt  F.  Hirse hfeld  (Berh  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  11  uod  35)  zu  dem  Satze,  dass  eine  Verminderung  der 
Ernährung  eine  Erleichterung  der  Herzarbeit  bedinge  und  in  diesem 
Sinne  als  therapeutisch  es  Princip  bei  der  Behandlung  der  Herzkrank- 
heiten zu  verwerthen  sei.  Auf  diese  Weise  seien  auch  die  Erfolge 
der  Karelischen  Milchdiät,  bei  welcher  den  Patienten  anfänglich 
nur  6(X)— 800  g  Milch  ohne  jede  andere  Nahrung  pro  die  gereicht 
würden,  zu  erklären.  Ein  zweites  Hülfsmittel  in  der  Therapie  der 
Herzkrankheiten  sind  massige  Muskelbewegungen,  welche  den  Ex- 
tremitüten  mehr  Btut  zuführen,  K.opf  und  Bumpf  entlasten  und 
Stauungen  in  einzelnen  Gefässgebieten  entgegenarbeiten.  —  Bezüg- 
lich der  anderen  interessanten  Auseinandersetzungen  des  VerlVs  sei 
auf  das  Original  verwiesen. 


Herzkrankheitei). 


261 


SparteiDum  sulphuricum  eraptieblt  Kohde  wieder  eißmal 
&I0  HerztonicLim   und  Diureticam   (Berl.  klin,  Wochenschr.  Nr.  32). 

In  Fällen,  wo  die  Einführung  des  Infusum  Fol,  Digitalis  per 
OS  wenig  oder  gar  niclit  die  Compensationsstöning  des  Herzens  be- 
w&itlgdu  konnte,  glaubt  ZieDiec  (BerL  klin,  Wocbenscbr,  Nr.  40) 
Erfolge  mit  der  subcutanen  Inject ion  des  Mittels  (0,0S  FoL  Digital* 
auf  \fi^  seltener  auf  2,0  des  Infuses)  erzielt  zu  baben.  Nähere  Mit- 
theilnngen  verspricht  der  Verf.  für  eine  ausführliche  Arbeit, 

Auf  Grund  einer  gross  er  en  Reihe  von  Beobachtungen  vermag 
Ebstein  (Ueber  die  Diagnose  beginnender  FlüssigkeitB- 
ansammluugen  im  Herzbeutel.  Virchow't?  Archiv  Bd.  130)  die 
von  Botch  im  Jtthre  1878  aufgestellte  These  über  die  Verwerthung 
einer  Dämpfung  am  rechten  Sterualrande  im  fünften  Intercostalraum 
als  diagnostisches  Zeichen  für  FläsBigkeitsergusi^  im  Herzbeutel 
durchaus  zu  bestätigen.  Namentlich  gilt  dieser  Sat^,  wenn  die 
D&mpftmg  sich  unter  unseren  Augen  entwickelt  bat.  Andereraeita 
müssen  aber  die  in  dieser  Gegend  gelegeneu  Abschnitte  der  Lunge 
und  Pleura  als  gesund  befunden  werden. 

Bei  einem  Patienten,  bei  dem  enorme  Cyanose  und  andere 
Staaungserecheinungen  bezw.  Schwäche  des  Heraens,  femer  diffuser 
aystolischer  Herzshok,  Fehlen  des  Spitzenstosses  bei  normaler  Herz- 
dämpfang  und  reinen  Herztönen  zu  constatiren  war,  stellte  Clässen 
(Ueber  tuberculöse,  käsig-schwielige  Mediastinopericar- 
itis  and  T über cul  ose  imHerzfleisch.  Deutsche  med.  Wochen- 
ift  Nr,  8)  die  Diagnose  auf  Herzbeufeelohliteration.  Bei  der  Ob- 
iction  fanden  sich  eine  schwielig-käsige  Mediastinopericarditia,  Ver- 
achsung  des  Herzbeutels  mit  dem  Herzen,  käsige  Herde  im  Herz- 
fieißch  und  ein  von  der  Wand  des  rechten  Vorhofs  ausgehender  und 
in  daa  Cavum  desselben  hineinragender,  fast  bühnereigrosser  Tumor, 
der  sich  bei  mikroskopischer  Untersuchung  als  Conglomerattuberkel 
erwiee. 

Bei    einem   Aneurysma  der    Aorta    thoracica    können    Lungen- 
agen    nach    P,    Hampeln    (Ueber    das    Bruataneurysma 
laine  Beziehungen  zu  Lungenblatungeu.    Berliner  klin, 
Foebendchr.  Nr.  40)  eine  dreifache  Ursache  haben.    Einmal  können 
das  Aneurysma   zufällig  compliciren:  so  traumatische,  dyskrasi- 
be,  pneumonische,  Neubildungsblutungen  etc.    Zweitens  kann  eine 
infolge  (?)  des  Aneurysma  entwickelnde  Lungentuberculose,  ein 
Dm   Aneurysma   abhängiger  Lungeninfarct^  nach  manchen  Autoren 
aadi  die  Compression  der  Lungen venen  die  Quelle  einer  andauernden 


(üel 
^iti 

^acl 


26:2 


Sefcvalbr. 


Hämoptoe  büden*  (Ab  dieser  SldJe  wira  aadi  die  Tmt  einem  darch 
dee  Anetiryema  bedingten  DecMbiMgeecirwir  der  RasiöretiQnswege- 
flcWigmbmt  berrflimiide  HimOfiUie,  ««leie  der  Verf.  an  anderem 
Qrle  oebenbei  enriiiDty  enstiiala^fi.  Be£)  IMe  driue  und  wichtigste, 
im  yorHegenden  Aufsatz  allein  näher  erörterte  Gruppe  bilden  die 
Longenblatongen  infolge  Perforatieii  eines  Anearyma^  die  Ruptur* 
blatungcn.  Diese  letzteren  er^cbeioeii  bmIiI  Uoos,  wie  neuerdings 
meistentbeils  angenommen  wird,  aU  parüa^Bmaley  pirofiiae  und  zum 
Tode  fahrende  Biotangen  ^  sondern  aoch  aU  habitnelle,  pramonitori* 
acbe^  ^age,  Wochen  und  Monate,  ja  sogar  möglicherweise  Jahre 
währende.  Diese  letzteren  Lungenblu langen  sind  daher  in  Fällen ,  wo 
eine  andere  Qaalle  nicht  zu  eniiren  ist,  als  diagnostisches  Merkmal 
far  Aortenaneurysma  za  verwerthen.  Andererseits  sind  sie  auch 
fdr  die  Prognose  von  grosser  Bedeatung,  da  sie  als  yerhängnissvolles 
Zeichen  der  drohenden  oder  bereits  vollendeten  Aneurysmaruptar^ 
d.  h.  des  in  einiger  Zeit  sicher  bevorstehenden  Todes  anzusehen 
Bind,  —  Drei  Krankengeschichten  ülnstriren  diese  Darlegungen  des 
YeifaBBers. 

Ein  seltener  Fall  von  Aortenaneurysma  wird  von  Wit- 
thaner  (Therapeut*  Monatsh.  Nr.  4)  beschrieben.  Das  bei  der  See- 
tion  als  mannskopfgross  befundene  Aneurysma  der  Aorta  thoracica 
deacendens  hatte  die  Rippen  aus  einander  gedrangt,  die  benachbarten 
Wirbelkörper  arrodirt  und  war  als  halbmannskopfgrosse ,  lebhaft 
pulsirende  Geschwulst  an  der  Unken  Dor^albältte  des  Thorax  heraus- 
getreten. Der  Tod  erfolgte  durch  Ruptur  des  Aneurysma  in  die 
Pleurahöhle.  Bemerken swerth  ist^  dass  der  Patient  während  des 
Lebens   nur  geringe  Beschwerden  von  seinem  Leiden  gehabt  hatte. 

In  ein  anter  den  Augen  Bourget^s  zu  OrangengrÖase  an- 
gewachsenes, lebhftit  puleirendes  Aneurysma  der  Aorta  thoracica 
deacendens  (An^^vrisme  de  Taorte  desceudente  trait6  par  la 
m^thode  de  Baccelli.  Rev*  m^d.  de  la  Suisse  romande^  Mai) 
wurde  nach  Baccelli  eine  2mm  dicke  ührfederspirale  vou  37  cm 
Länge  bei  5  cm  Durchtuesser  eingeführt,  welche  vorher  in  kochender 
SaUsäure  deüinficirt,  zugleich  zur  Erleichterung  von  Gerinnungen 
rauh  gemacht  und  mit  einer  dünnen  Eisenchloridschicht  tiberzogen 
wur.  Der  Effeot  war,  dass  der  Tumor  sich  verkleinerte,  geringere 
Pulsation  darbot,  und  dass  die  vorher  vorhandenen  lebhaften  inter- 
costalen  ueural^i>^xhen  Schmerzen  aufhörten.  Vier  Wochen  nach  der 
Operation  ergaben  Probepunctionen  kein  Blut  mehr.  Dieses  günstige 
Rt^^uhat  hat  sich  schon  einige  Monate  erhalten. 


I 


5*  Krankheiten  des  Bigestionsapparates. 

Xim  Dr-  TU.  Rosenlicim,  Privatdoceuten  imd  Assistenten  an  der  medicinisehen 
Üniversiläte-Polikiinife  in  Berlin. 


Unter  den  Erkrankungen  des  Digest ionsapparates  haben  im 
Folgenden  die  Magenaffectionen  wiederum  die  ausgiebigste  Beiück- 
sichtigQDg  erfahren  müssen^  wenn  auch  ein  gewisser  Stillstand  der 
Production  hier  nicht  zu  verkennen  ist.  Die  Zahl  der  hierher  ge- 
bdrigen  Publicationen  ißt  deshalb  eine  weniger  grosse  als  früher, 
doch  wird  immerhin  vielerlei  Interessantes  von  denjenigen,  die  die 
haaptsäcblichsten  Bearbeiter  dieses  Gebietes  sind,  geboten.  Vorweg 
c&hmen  wir,  bevor  wir  zur  Pathologie  des  Magens  übergehen^  einige 

.Mittheilungen  Qber  Oesophaguserkrankungen, 

Rodenberg,  Oeaophagitis  dissecans  (Medizinskoje  obos- 
r^nje,  nach  Petersburger  med.  Wochenschr.  Nr.  30),  beschreibt  einen 
Fall,  der  einen  jungen  Engländer  betraf,  welcher  seit  einigen  Jahren 
an  Dysphagie  und  Oesopbagiamus  gelitten  hatte»  Bei  einem  Anfall  von 
«tarkem  Erbrechen  beförderte  er  dann  eine  röhrenförmige  membranöse 
Hasse   heraus  j    die   sich   mikroskopisch   einzig  aus  Epithelschichten 

\  ohne  iUneosa  zuBammengesetzt  erwies. 

Ewald    erörtert  anläaslioh  der  Demonstration   eines    wegen 

Stenose    des    Oesophagus    als  Folge  eines  Ulcus  pepticum 

gagtrotomirten   Mädchens    ( Berliner    klinische  Wochenschrift 

Ir,  37  und  erweitert  in  Zeitschr.  i\  klin.  Med.  Bd,  20,  H.  4— G)  die 

tfrogßOBe  der  Gastrotomie.  Dieselbe  ist  bei  der  krebsigen  Verenge- 
rung  eine  aehr   ungünstige,   die  Patienten   sterben  meist  sehr  bald 

.nadi  der  Operation,  denn  die  peptischen  Functionen  des  Magens 
mdy  wie  Ewald  in  allen  seinen  Fällen  fand,  vollkommen  erloschen. 
Pjüle    von    Heilung   sind    vielleicht    darauf  zu   beziehen,    dass    die 

^Differentialdiagnose  gegen  andere  gutartige  Tumoren,  wie  Fibrome, 
Hvomei  Cysten  etc  ,  sehr  schwierig  ist.  Von  den  durch  andere 
inoperable  Geschwülste,   Aneurysmen,  Wirbel-,  Leber-,  Mediastinal* 


264 


Rosen  heim. 


tumoren  eotst anderen  Verengerungen  sind  nur  die  auf  syphilitiacher 
Basis  gewachsenen  der  Therapie  zugänglick  Von  deo  durch  Ulce- 
rationen  (Äetzung^  tuherculöse,  ajphilitiäche  Geschwüre^  Ulcus 
pepticum)  entstandenen  Stenosen  sind  sehr  selten  die  tuberculöaen^ 
nicht  viel  häufiger  die  syphili tischen.  Bezüglich  der  Differential- 
diagnose zwischen  Ulcus  utid  Garcinora  wird  darauf  aufmerkaam 
gemacht,  dass  beim  ersteren  zuerst  Schmerzanfalle  auftreten ^  dann 
erst  Behinderung  der  Wegsam keit,  während  es  beim  Krebs  zu 
Schmerzen,  wenn  überhauptj  erst  später  kommt  In  dem  beschriebenen 
Falle  gelang  es  nach  der  Operation,  vermittels  eines  durch  die  Fistel- 
Öffnung  eingeführten  Speculums  die  Gegend  der  Cardia  sichtbar  sbu 
machen  und  den  Vorgang  heim  Schluckact  zu  veri'olgen.  Verschluckte 
Flüssigkeit  dringt  durch  die  Wülste  in  der  Gegend  der  Cardia  mit 
vielen  Lufthksen  vermischt,  und  es  entsteht  10 — 20  Secundeo  nach 
dem  Schlucken  ein  Schluckgerauseh.  Dieeea  wird  durch  die  von  der 
Cardia  in  den  Magen  tretende  Luft  erzeugt. 

Für  die  Dilatirung  der  Speiseröhrenverengerungen  hat 
Bosenheim  eine  neue  Art  von  Sonden  conatruirt  und  in  der  Berliner 
medicinischen  Gesellscbaft  (Deutsche  med.  Wochen  sehr.  Nr.  34)  demon- 
ßtrirt.  Dieselben  sind  ausserordentlich  flexibel,  sie  werden  aus  gewalz- 
tem Blech  hergestellt,  das  in  Spiralen  geschnitten  wird,  aus  deren  Win- 
dungen der  44  cm  lange  biegsam*^  Theil  besteht  Das  Instrument  endigt 
unten  in  ein  1  ^^  cm  langes  knopftörmiges  Ansatzstück,  oben  in  einen 
10cm  langen  soliden  Stablgriff.  Die  Bonden  sind,  im  Gegensatz  zu  einer 
frühereni  ähnhchen  Conslruction  Crawcour'a,  langgecug,  um  den  Ma- 
genmund zu  passiren.  Um  zu  sturkes  Klaft'en  der  Ränder  zweier  paralleier 
Windungen  und  damit  Einklemmungen  von  Schleimhaut  zu  verhüten, 
sind  die  Spiralen  durch  leicht  nachgiebige  Metaildrähte  innen  ver- 
löthet.  Eine  Reinigung  des  Instrumenta  ißt  leicht  zu  erzielen,  wenn 
man  einen  Waäserstrom  durch  den  Hohlruum  geheu  läsat  und  dabei 
die  Sonde  bin  und  her  biegt.  (Die  Sonden  sind  in  verschiedenen 
Starken  bei  Windler,  Dorothean »brasse  3,  zu  haben.) 

Hecbt-Lohnau,  Zur  Fremdkörpercasuistik  im  Oeso- 
phagus  (Tberap.  Monatsh.^December),  gelang  es  in  einem  Falle,  wo 
eine  Frau  beim  Essen  ein  Knorpelstück  verschluckt  hatte ^  das  die 
Oesophaguspassage  %^oll8tändig  versperrte .^  nachdem  Versuche,  es 
hinabzustossen,  missglückt  waren^  dasselbe  durch  Kneten  und  Brücken 
von  aussen  hinaof  zm  befördern. 

Indem  wir  nun  zu  den  den  Magen  betreffenden  Arbeiten  über- 
gehen, stfeUen  wir  diejenigen  Publicationen  voran,   die  eich  mit  den 


Krankheiten  dee  Digestionsapparftte». 


365 


litt tersuchuDgsmeth öden  und  wichtigen  theoratiBcheii  Fragen  der 
verscbiedenen  Fmictionen  des  Magens  befassen.  Enteprechend 
der  iiohen  Bedeutung,  die  die  Beortheiking  der  secretorischen 
Tliätigkeit  des  Magens  für  die  Dmgoosc  bat|  wird  auf  diesem 
Gebiete  noch  immer  gearbeitet. 

Nachdem  Min  tz  in  einer  in  diesem  Jahrbucli  (Jabrg.  1892)  referirten 
Pablication  darauf  hingewiesen  hatte,  dass  Winter  und  Hayem  nach 
ibrer  Methode  viel  zu  geringe  Werthe  für  die  freie  Salzsäure  erhielten, 
wurden  in  der  Folge  eine  Anzabl  von  Fehlerquellen,  die  dem  Verfahren 
dieser  Autoren  anhaften,  namhaft  gern« cht.  Kosenheim,  üeber 
die  practische  Bedeutung  der  quantitativen  Bestimmung 
der  freien  Salzsäure  im  Mageninhalt  (Deutsche  med.  Wocheu- 
schrift  Nr.  13  u.  14),  bestimmte  bei  einer  Anzahl  gesunder  und  kranker 
Personen  nach  einem  Probefrühstück  die  freie  Salzsäure  nach  Mintz^ 
die  Gesammtsalzsäure  nach  Sjöqvist^  die  Gresammtaciditat  durch 
Tittation  mit  Hosolaäure^  zugleich  auch  den  Stickatoi?  nach  Kjeldahh 
Während  nun  nach  Winter-Hayem  die  freie  Salzsäure  gegenüber 
der  gebandenen  nicht  in  Betracht  kommt,  fand  ßosenheim  die 
üengo  der  freien  Säure  in  allen  Fällen^  wo  es  sich  um  gesunde  Indi- 
viduen handelte,  erheblich  grösser  als  die  der  gebundenen.  Winter 
and  Bayern  bestimmen  bekanntlich  die  freie  Salzsäure  dadurch, 
das8  sie  nach  Ermittelung  des  Gesammtchlorgehalts  in  einer  zweiten 
Portion  die  Cblorbeatimmung  erst  vornehmen,  nachdem  sie,  um  die 
freie  Salzsäure  entweichen  zu  lassen ^  im  Wärmeschrank  bei  100—110^' 
bis  zur  Trockne  eingedampft  ist.  In  Wirklichkeit  entweicht  aber  in 
BiweiBSgemischen^  wie  Roseoheim  zeigt,  nicht  die  ganze  Menge  der 
freien  Salzsäure,  sondern  es  bleibt  in  der  Kruste  ein  Rest  von  min- 
deatena  10%  zurück.  Des  Weiteren  zeigt  er,  dass  iu  der  Menge  der 
freien  Salzsäure  das  krankhafte  Verhalten  des  secretorischen  Apparats 
eioen  leicht  erkennbaren  sicheren  Ausdruck  findet,  was  den  Werth 
oer  quantitativen  Bestimmung  der  freien  Salzsäure  sichert.  Diese, 
%eh  der  Methode  von  Mintz  ausgeführt,  ist  einerseits  einfach 
aiig^  tun  auch  von  dem  Fractiker  angewandt  zu  werden,  anderer- 
~0eits  gibt  sie  in  Verbindung  mit  der  Bestimmung  der  Gesammt- 
iciditat  für  die  Praxis  ausreichende  Anhaltspunkte  der  Diagnose  der 
Salifteidität  und  der  Superacidität«  Erstere  darf  bei  weniger  als 
0^5*•)*,^J,  letztere  bei  mehr  als  2,2 ''(^t^  angenommen  werden. 

Biernacki,  üeber  den  Werth  von  einigen  neueren 
lethoden  der  Mageninhaltauntersuchung,  insbesondere 
iber  das  chlorometrische  Verfahren  von  Winter-Hayem 
(CemralbL  f.   klin.   Med.   Nr.  20),   findet,  dass  das  Verfahren   von 


266 


Rosenbeim. 


WiDter-Hayem  zwar  in  küaBtUcbön  Gemischen  absolut  genaue 
Wertbe  gibt,  dagegen  ganz  falsche  Resultate  betreffs  der  ganzen 
SalzBäuremenge  iia  Mageninhalt  liefert,  da  es  vorkommt,  dass  man  mit 
der  Wintereichen  Methode  grössere  Salzsäure-  als  Aciditätswertbe 
beobachtet.  Der  Grund  ist  der,  dass  die  Anwesenheit  saurer  Piios- 
phate  in  den  zu  analysirenden  Flüssigkeiten  nicht  berückaichtigt  ist^ 
wodurch  der  Werth  für  die  Salzsäure  zu  gross,  der  für  die  Chloride 
zu  klein  ausfällt.  Im  Uebrigen  empfiehlt  Biernacki  das  Leo'scbe 
Verfahren  warm  für  klinische  Zwecke,  für  die  exacteste  Methode 
hält  er  die  von  Sjdqvist- Jakach, 

Auch  Kosöler,  Beiträge  zur  Methodik  der  quantitativen 
Salzsäurebestimmung  im  Mageninhalt  (Zeitschn  f,  physioL 
Chemie  Bd.  17,  H.  2),  findet  bei  seiner  eingebenden  Prüfung  der 
üblichsten  Methoden  der  Bestimmung  der  Salzsäure,  dass  die  Be- 
stimmung der  Chloride  nach  Winter  zu  kleine  Werthe  geben  muas. 
Hat  man  nämlich  in  einer  Lösung  Chlorcalcium  und  zugleich 
zwei  fach -saures  Phosphat,  wie  es  zumeist  im  Mageninhalt  der  Fall 
ii^t,  so  bildet  sich  einfach  i^aures  oder  normales  Oalciumphosphat 
(CaC^  +  KH.PO^-rrCaHFO^+KCl-l-HCl  und  BCaCl.^  +  2KH2PO^ 
=  Ca^(P04)*2  +  llHCl  +  2KCl),  wobei  zugleich  Salzsäure  frei  wird,  die 
sich  aber  beim  Eindampfen  der  Flüssigkeit  verfluchtet  ^  so  dasa  im 
Kückstande  sich  ein  Minus  an  Cl  findet  Bass  dem  wirklich  so  ist, 
erweist  der  Verf.  an  künstlu-hen  Mischungen,  ein  Nachweis,  der  von 
nicht  zu  unterachätzender  Bedeutung  ist,  da  er  sich  ebensowohl 
gegen  die  Richtigkeil  der  Methode  von  Winter  wie  der  von  Lüttke 
(s.  dieses  Jahrb.  1892)  richtet.  Auch  Kessler  empfiehlt  am  meisten 
die  Methode  Leo*s. 

Bie  Methode  von  Lüttke  und  Marti us  hat  aber  auch  noch, 
ebenso  wie  die  von  Hayem  und  Winter  zur  Voraussetzung,  dass 
sich  im  Magensaft,  wie  man  es  nach  einer  Angabe  von  C.  Schmidt 
annahm,  kein  Ammoniak  findet,  wenigstens  für  gewöhnlich  nicht. 
Rosenheim,  Ueber  das  Vorkommen  von  Ammoniak  im 
Mageninhalt  (CentralbL  f.  klio.  Med.  Nr.  39),  fand  nun  vermittels 
der  Schlö  sing' sehen  Methode  nach  %^o  II  kommen  er  Entetweissung 
des  Magensafttiltrats,  dass  auch  der  Magensaft  Gesunder  in  allen 
Phasen  der  Verdauung  und  nach  Einnahme  der  verschiedensten 
Nahrungsgemische  etwa  0,1— 0,15  ^^^^^  NH3  enthielt.  Wird  nun 
das  Cl  des  Ammoniumcblorids  als  Salzsäure  wie  bei  Winter  und 
Lüttke  bestimmt,  so  ergeben  sich  daraus  Fehler  von  mindestens  IO^q. 

Auch  Langermann,  Ueber  die  quantitative  Salzsäure- 
beatimmun^  im  Mageninhalt  (aus  dem  Bürgerhospital  Hagenau) 


Krankheiten  des  DigestionsappRrates. 


267 


rirobow'c)  Arch,  Bd.  128)^  hat  die  einxelnen  Methoden  %^ergHchen 
und  findet  mit  Hayeni- Winter's  Verfahren  zu  kleine  Werthe  für 
die  freie  Saksäure.  Am  Schlüsse  gibt  er  ein  Verfahren  Biedert's 
in,  nach  welchem  beim  Fehleo  freier  Salzsäure  erkannt  werden  soll, 
id  viel  Salzsäure  zur  Sättigung  aller  organischen  Busen  noch  fehlt 
Zu  dem  Zwecke  wird  dem  Mageninhalt  so  viel  Zeiintelnormaläalzsäure 
binzugefügl ^  bis  die  Phloroglucin-VaTiillinretiction  positiv  ausfällt. 
Dil  dnB  Bindiingsvennögen  der  einzelnen  Eiweiöskörper  för  die  Salz- 
»Jtare  ©in  verschiedenes  ist,  dürften  der  Vt:rgleichung  der  dabei  er- 
hftlteaen  Werthe  Schwierigkeiten  erwachsen. 

Techlenoff,  Zur  Bestimmung  der  freien  und  g  e  b  u  n- 
denen  Salzsäure  im  Magensafte  (Correspoodenzbl  f,  Schweizer 
Aerste  Nr.  23)|  hatte  gefunden,  dass,  wenn  er  in  salzaauren  Eiweiss- 
lositQgen  mit  einem  Ueb ersehn sa  an  freier  Säure  diese  mit  Congo 
und  mit  Phloroglucin  *  Vanillin  bestimmen  wollte,  er  mit  dem  ersteren 
Reagens  stets  grössere  Werthe  bekam.  Um  nun  zn  erairen^  ob  das 
Coogü  wirklich  nur  die  freie  Säure  erkennen  lasst,  prüfte  er  seine 
Gemische  auf  Ihre  physiologische  Wirksamkeit,  indem  er  davon  aus- 
ging, dass  nnr  bei  Anwesenheit  freier  Salzsäure  eine  schnelle  Eiweiss- 
Verdauung  eintreten  kann*  Er  fand  nun,  dass  Congo  in  6  ccm  einer 
lO^^oigen  Eiw*eisälösung  noch  0,5  freie  Säure  anzeigte,  während  eine 
VerdaauDg  damit  nicht  mehr  zu  erzielen  war.  Er  folgert  daraus,  dass 
auch  ein  Theil  der  gebundenen  Säure  auf  Congo  bläuend  einwirkt.  Da- 
nach ziöht  er  auch  seinen  früher  gemachten  Vorschlag,  im  Magensaft 
BUßttcbüt  durch  Titriren  mit  Phloroglucin -Vanillin  die  freie -Salzsäure, 
dann  weiter  mit  Congo  die  Milchsäure  zu  bestimmen,  selbst  zurück. 

Die  Zuverlässigkeit  des  Günzburg'schen  Reagens  ficht  Blier- 
synski  an  (üeber  die  Bedeutung  der  Günzburg'schen  Probe 
auf  freie  Salzsäure,  Centralblatt  f.  klin.  Med,  Nr.  21),  Mier- 
synaki  fand,  dass  Lösungen  von  sauren  Phosphaten  [Ca(H2F04)2] 
dia  Gftnz bürg' sehe  wie  auch  die  Boas^sche  Reaction  vortäuschen 
k6iiodn,  dieselben  verändern  nicht  Congoroth,  Methylviolett,  Tropäolin, 
rdthen  nicht  Methylorange,  sollen  aber  mit  Phloroglucin- Vanillin  und 
mit  Resorcin  den  charakteristischen  rothen  Spiegel  geben. 

Die  bisher  übliche  Art  der  procentualen  Betstimmung  der  Salz- 
fläiire  im  Magensaft  wird  verworfen  von  Geigel  und  Blass,  Pro- 
centuale  und  absolute  Acidität  des  Magensaftes  (Zeitschr. 
t  kllö-  Med.  Bd,  20,  H,  3).  Geigel  und  Blass  betonen,  dass  man 
die  Leistungsfähigkeit  eines  Magens  nicht  nach  dem  Procentgehalt 
des  Mageninhalts  an  Salzsäure,  nach  der  von  der  Grösse  der  Flüssig- 
Itailaresorption  und  Flussigkeitsabscheidung  wechselnden  relativen 


268 


ßoseDheim, 


Acidität  beurthelleQ  dürfe ,  soDdem  dass  es  vielmehr  interessiref 
die  gesammte  auf  einen  beetinmiten  ReiE  hin  secernirte  MeDge, 
also  die  absolute  Acidität  kennen  äu  lernen.  Das  Verfahren,  dessen 
sie  sich  dabei  bedienen,  ist  folgendes:  Eine  Stunde,  nachdem  die 
Versuchsperson  ein  Ewald'sches  Frühstück  eingenommen  hat,  wird 
etwas  Mageninhalt  aasgehebert,  die  Menge  des  Ausgeiieberten  ge- 
messen und  sein  Säuregehalt  procentualisch  bestimmt.  An  die  Ex- 
pression schliesst  sich  j>?ofort  eine  Ausspüluug  des  Magens  an  mit 
reichlichen  Mengen  (ca.  2  Litern),  nm  die  Verflüchtigung  freier  Salz- 
säure zu  verhüten,  kaum  lauwarmen  Wassers.  Das  Spülwasser 
wurde  tiltrirt,  die  Rückstände  mit  destiUirtem  Wasser  gut  aus- 
gewaschen, Wasch-  und  Spülwasser  vereinigt^  gemessen  und  daraus 
gleichfalls  derProcetitgehalt  an  Salzsäure  bestimmt  (nach  der  Braun- 
schen  Methode).  Hieraus  ist  die  absolute  Menge  der  im  Magen  vor- 
banden gewesenen  Salzsäure  leicht  zn  berechnen.  Bei  Gesunden 
wurde  eine  Stunde  nach  dem  Probefrühstück  0^3 — Qfi  freie  Salz- 
säure, bei  wechselndem  Proceotgehalt  gefunden.  Bei  Gblorotischen 
wurde  nicht  nur  relative,  sondern  auch  absolute  Superacidität  be- 
obachtet Für  die  Praxis  wird  vorgeschlagen,  zuerst  aus  einer  kleinen 
Menge  exprimirten  Mageninhalts  mit  Pyknometer  specifiscbes  Ge- 
wicht und  Salzsäuregehalt  zu  bestimmen,  dann  mit  3(3<3  ccra  wieder- 
holt den  Magen  auszuspülen  und  hieraus  gleichfalls  specifiscbes  Ge- 
wicht zu  bestimmen,  woraus  eich  leicht  der  Salzsäurewerth  be- 
rechnen lasse. 

Gegenüber  diesen  Ausführungen  weist  Ewald  in  seiner  zu 
Anfang  citirten  Arbeit  darauf  hin,  dass  der  Procentgehalt  an  freier 
Säure  nach  der  allgemeinen  Erfahrung  auf  der  Höhe  der  Verdauung 
nur  in  ziemlich  engen  Grenzen  schwanke,  ziemlich  unabhängig  von 
Reborptions-  und  DifiusioDsverhältnisaen,  sowie  auch  von  der  Menge 
der  eingeführten  Nahrung,  so  dass  offenbar  der  ^Betrieb^  so  einge- 
richtet sei,  dasH  die  absolute  Secretionegrösse  wechsle,  der  Procent- 
gehalt sich  aber  constant  halte.  Dies  ergibt  sich  auch  aus  den 
Geig  ersehen  Versuchsreihenj  wo  die  Menge  des  Mageninhaltes  zwi- 
schen 190—120  schwankt,  während  der  Salzsäuregehalt  sich  zwischen 
0,22 — 0,27  ^Iq  hält.  Auch  kann  die  absolute  Menge  in  ganz  un- 
controllirbarer  Weise  durch  den  Uebertritt  von  Mageninhalt  in  den 
Darm  verändert  werden,  während  der  Pro centge halt  davon  unbeein- 
fluset  bleibt. 

Boas,  Beiträge  zur  Diagnostik  der  Magenkrankheiten 
(Deutgcho  med.  Wochenachr,  Nr.  17),  will  bei  Suhacidität^  ein  Be- 
fund  der  nicht  für  einen  bestimmten  Zustand   pathognoraonisch  ist, 


Krankheiten  des  DigeBtlonsapparates. 


269 


die  quantitative  Prüfung  der  Lab  Wirkung  dLirch  VerdüDnungeu  für 
Diagnose  und  Prognose  verwertben,  indem  er  annimmt^  dass  erheb- 
iiche  Verminderung  der  Labproduction  den  Schluss  auf  scbwere  Ver- 
ÄDderungen  gestattet  Derselbe  will  für  die  Diagnose  des  Magen- 
Jcrebses  weniger  den  Mangel  freier  Salzsäure  als  das  Vorbandensein 
Ton  Milchsäure  verwerthen.  Doch  macht  Ewald  a,  a.  0.  darauf 
aufmerksam,  dass  auch  bei  Gastritis -,  Neurosen  etc.  Milchsäure  ge- 
funden wird* 

Mehr  theoretiscbea  Interesse  bietet  Blum,  Ueber  die  Salz- 
säurebindung bei  künstlicher  Verdauung  (Zeitschr.  f.  klin, 
Med>  Bd.  21,  H.  5  d.  6),  Er  constatirt  zunächst,  dasa  nicbt  nur  das 
£i weiss,  sondern  auch  seine  weiteren  Verdauuogsproducte  Salzsäure 
binden,  jedoch  mit  verschiedener  Festigkeit.  Setzt  man  z,  B,  zu 
einer  acidalbuminbaltigen  Lösung  Pepfon  hinzu,  so  tritt  sofort  Trü- 
bung auf,  das  Pepton  hat  vermöge  seiner  grösseren  Verwandtschaft  zur 
Salzsäure  das  Acidalbumin  zum  Ausfall  gebracht.  Auch  beziiglioh  der 
Menge  der  gebundenen  Säure  zeigen  sich  Unterschiede^  derart,  dass 
die  Endpeptone  mehr  binden,  als  die  Durchgangsformen.  Als  abso- 
luter Saksäurebedarf  wurde  für  0^1  g  trockenen  Fibrins  eine  2^5 
rZehntelnormalkalilauge  entsprechende  Acidität  gefunden. 

Auf    eine    schon    früher    von    ihm    empfohlene    Untersuchungs- 
Bthode  kommt  Günzburg   zurück  (lieber  Fibrin- Jod kaliu m- 
*Ickcben.    Deutsche  med,  Wocbenschi\  Nr.  17).    Auf  Cirund  wei- 
terer Erfahrungen  empfiehlt  er  dieselbe  als  geeignet,  in  vielen  Fällen 
die  diagnostische  Ausheberung  zu  ersetzen,    Jodkaüumtabletten  sind 
,  in  feine  elastische  Schlauchätückchen  eingepackt^  der  Schlauch,  dessen 
iZiide  umgebogen,  mit  einem  Fibriti faden  umschnürt,    Werden  diese 
ifitQckchen  ^l\—l  Stunde  nach  Einnahme  eines  Ewald'schen  Früh- 
i  Btöcks  geschluckt,  so  wird  unter  normalen  Verbäitnissen  der  Fibrin- 
faden  aufgelöst,   der  Schlauch  rollt  sich  vermöge  seiner  Elasticität 
Lauf,  ond  nach  1 — l'*,'^  Stunden  lässt  sich  Jodkalium  im  Speichel  nach- 
rireisen.     Tritt    dies   erst  nach    mehr  ab  5  Stunden  ein ,    so  besteht 
chemische  Insufticienz,   bei   mehr  als  2— S  Stunden  kann  Superaci- 
ditat  oder  Subacidität  mit  Gährungsvorgängen  vorliegen.     Hier  gibt 
die  Entscheidung  nur  die  Ausheberung,     Dass  das  Päckchen  durch 
vermehrte  Peristaltik  noch  vor  Auflösung  des  Fibrins  in  den  Darm 
choben    wird,    soll  nur  selten   vorkommen.     Hier  schützt   mehr- 
ge  Untersuchung  vor  Irrthümern, 


Aach  die  Prüfung  der  motorischen  Function  des  Magens  durch 
die  Salolprobe  ist  noch  einmal  angefochten  von  Stein,  Ueber  die 


270 


RoiJenheiin. 


Verwendbarkeit  ^es  Salols  zur  Prüfung  der  Magenthätig- 
keit  (Wien.  med.  Wochenscbr.  Nr.  43).  Stein  glaubt  auf  Orund  seines 
Thierexperimeuts  die  Brauchbarkeit  der  Salolraethode  verneinen  zu 
moaeen.  Führte  er  Kaniuchen  und  Hunden  nach  Unterbindung  des 
PyloruB  Salol  in  den  Magen,  so  wurde  dasselbe  bei  saurer  Reaction 
resorbirt  und  liess  sich  in  allen  Fällen  im  Harn  nachweisen. 

Um  eine  genau©  Bestimmung  der  Capacität  des  Magens  vor- 
ntibmen  zu  können^  jjcblägt  KeUing,  Ein  einfaches  Verfahren 
zur  Bestimmung  der  Magengrösse  mittels  Luft  (Deutsche 
med.  Wochenwcbr.  Nr.  51),  vor,  an  den  Magen  schlauch  ein  T- förmiges 
Glasrohr  zu  befestigen,  dessen  einer  Schenkel  mit  dem  Gebläse  durch 
einen  Schlauch  verbünden  ist,  der  sofort  necb  der  Aufblähung  des 
Magens  abgeklemmt  wird,  so  dass  die  Luft  durch  einen  mit  dem 
anderen  Schenkel  des  Hohles  verbundenen  Schlauch  entweicht  und 
durch  diesen  in  einem  Cylinder  unter  Wasser  aufgefangeu  wird. 
Gleichzeitig  wird  der  im  Magen  herrschende  Druck  durch  ein  in 
eine  Zweigleitung  eingeschaltetes  Manometer  gemessen.  Bie  Unter- 
schiede im  Druck  und  iu  der  Temperatur  erheischen  die  Berechnung 
des  wirklichen  Luftvolums  nach  einer  von  K  e  1 1  i  n  g  aufgestellten 
Formel. 

Auch  die  D  i  a  p  h  a n  o  s  k 0  p i  e  ist  in  die  Reibe  der  Untersuchungs- 
methüden  des  Magens  eingetreten. 

Heryng  und  Reichmann ,  Ueber  elektrische  Magen-  und 
Darm  durchleuchtung  (Therapeut.  Monatsheftt^,  März)  wenden  für 
die  Zwecke  der  Magen dnrchleuchtuiig  eine  w^eiche  Magensonde  an, 
an  deren  Ende  ein  sog.  Mignonlämpcheo  befestigt  ist,  welches  zur 
Verhinderung  der  Wärmestrahlung  noch  von  einer  Glasglocke  um- 
geben ißt.  Zwischen  Glocke  und  Lämpcheo  circulirt  vermittels  be- 
sonderer Vorrichtung  Wasser.  Das  letztere  ist  überflüssig,  es  ge- 
nügt, einen  einfach  mit  dem  Liimpchen  armirten  Schlauch  in  den 
vorher  mit  Wasser  angefüllten  Magen  einzuführen ^  wie  dies  Ein- 
horn (BerL  kiin,  Wochenschr,  Nn  51)  u.  A.  thun.  Das  Lämpchen 
wird  durch  eine  Stöhrerbatterie  im  verdunkelten  Räume  zum  Glühen 
gebracht,  worauf  ein  leuchtendes  Bild  des  Magens  sichtbar  wird,  von 
dem  sich  zwei  dunklere  Stellen,  entsprechend  den  Mm.  recti  ab- 
heben. Die  Methode  ist  geeignet^  in  manchen  Fällen  für  die  Be- 
sdmmung  von  Lage  und  Gröwse  des  Organs  verwendet  zu  werden 
and  die  Verwechselung  von  Dislocationen  und  Ektasien  zu  verhüten. 
Veränderungen  der  vorderen  Magenwand  werden  wohl  erst  dann 
erkannt,    wenn   sie  auch  dem   Gelübl   deutlich  werden.     Renvers 


m 


Krankheiten  des  Di g«^tionsap parates. 


^71 


Deatsche  med.  Woclienaclir-  Nr,  42)  erwäknt  ©inen  Fall  von  Mageii- 
(ATcioom,  bei  dem  die  kliDischen  Symptome  für  den  Sitz  am  Pylorus 
spmcben,  während  die  Durcbleacbtang  es  an  der  vordereD  Magen- 
Wand  eräcbeitien  lieas.  Die  Section  bestätigte  die  klinische  Diagnose; 
der  Irrtbum  £ndet  aeioe  Erklärung  darin ^  dass  ein  Stück  des  Dao- 
deonm  miterleucbtet  wurde,  Reichmann  warnt  vor  Ueberöchatziing 
der  Methode. 


Aach   auf  die  bei  der  Verdauung  in  Betracht  kommenden  Fer- 
mrüla  bestehen  sich  eiaige  Arbeiten« 

Eine  bisher  wenig  beachtete  Frage  behandelt  Biernacki,  Das 
Verhalten  der  Verdauungaenzyme  bei  Temperatur- 
erb ob  u  ug  (aus  dem  physiülogii?chen  Institut  zu  Heidelberg,  inZeitscbn 
f,  BioL  Bd*  10  N,  F.),  Er  stellte  sieb  reines  Trypsin  dar  durch  Ver- 
mischen von  saurem  und  alkalischem  Pankreasinfus  und  Sättigung  mit 
scbwefeleaorem  Ammoniak.  Der  in  thymolisirtem  Wasser  aufgelöste 
Niederschlag  wurde  partiell  mit  Alkohol  gefallt,  und  die  einzelnen 
FiUungen  in  0,25 ^'„iger  thymolibirter  Sodalösung  aufbewahrt.  Der 
Verdamizig  nnterworren  wurden  kleine  Fibrinflocken  und  reine  Al- 
bumose.  Es  ergab  sich,  dass  das  Trypsin,  5  Minuten  einer  Tempe- 
ratur von  bO^  ausgesetzt,  seine  Verdauungatahigkeit  völlig  einbüsst. 
Temperatur  von  45  ^  bei  einer  Zeitdauer  von  15—20  Minuten 
schwächte  die  Wirksamkeit,  hob  sie  aber  nicht  auf.  Eine  Probe  je- 
doch wurde  erst  durch  55  o  zerstört,  während  frisches  Pankreassecret 
auch  55  ö  ohne  Schwächung  ertrug.  Den  Grund  dafür  fand  er  in 
der  Beobachtung f  dass  eine  Iteibe  von  Salzen,  besonders  schwefel* 
saures  Ammonium,  dann  Chlorammonium,  salpeterisaures  und  phos- 
orsaures  Ammoniak  und  Chlorammonium,  die  Eigenschaft  haben, 
Tryptsiii  vor  den  Foigen  der  Erhitzung  zu  schützen ,  so  dass 
erat  bei  60 **  zerstört  wird*  Jedes  Salz  hat  sein  Wirkungöoptimum 
(NH|)2S04  bei  *  ^ — ^^o]«  ^^^^  gleichen  Schutz  verlieh  dem 
sin  aber  auch  Zusatz  von  Albumose,  Amphopepton  und  Anti- 
ptoo.  Von  Wichtigkeit  ist  aber  auch  die  Reaction.  Trypsin- 
DbeQ,  die  in  alkalischer  Reaction  erst  bei  50  o  zerstört  wurden, 
JD  neutraler  oder  saurer  Lösung  schon  bei  45  ö  zu  Grunde. 
Dsen  etc«  konnten  es  hiergegen  nicht  schützen.  Erwärmung 
ÖO**  beeinträchtigte  ihre  Wirkung,  wie  solche  auf  Ab^  analog 
die  alkalische  Lösung  beeinträchtigt.  Erhitzen  der  alkalischen 
PrypsinJösung  bei  Gegenwart  von  Salzen  etc.  auf  45 o  verstärkte  ihre 
roteolytische  Eigenschaft»  Das  Pepsin  zeigte  sich  am  resistentesten 
Teaiperaturerhöhung  in  saurer  Lösung,    in  der  seine  Wider- 


272 


Roflenheim, 


atandsfäliigkeit  erhöht  wurde,  wenig  durch  Salze,  erheblicher  durch 
Pepton*  Hiermit  ging  es  erst  bei  70''  zu  Grunde.  Speichel  btisate 
unfiltrirt  seine  Wirkung  auf  ölärke  bei  75'',  iiltrirter  bei  70"  ein, 
aehnfaeh  verdünnt  schon  bei  60''  (wohl  infolge  der  Verdünnung 
Bchüt2ender  Substanzen),  desgleichen  in  alkalischer  uod  saurer  Ver- 
düünuQg.  Zngatz  kleiner  Quantitäten  von  Salzen  (bis  zu  0,5 '^(„)  so- 
wie von  Albumose  und  Pepton  erhöhte  den  vernichtenden  Wärme- 
grad von  60"  auf  65 '\  Pöpton  sogar  auf  700.  AHe  Enzyme  waren 
um  so  weniger  widerstandsfähig^  je  reiner  sie  waren. 

Einige  von  Bosenbach  angegebene  Speichelreactionen  prüft 
bezüglich  ihres  Vorkommens  Rosen thal,  üeber  Farbenreac- 
tionen  des  Mandspeichels  (Berliner  klin,  Wochenschn  Nr»  15), 
Eine  der  Xanthoproteinreaction  sehr  ähnliche,  wahrscheinlich  mit 
ihr  identische  Farben  Veränderung  jedes  Speichels  beim  Kochen  mit 
Salpetersäure  (erat  milchige  Trübung,  dann  Gelbfärbnng)  und  nach- 
folgenden Zusatz  eines  Alkali  (braungelbe  bis  orangefarbene  Fär- 
bung! findet  er  in  ihrer  Intensität  abhängig  vom  Eiweissgehalt,  am 
schwächsten  kurz  nach  der  Mahlzeit^  am  stärksten  einige  Stunden 
darnach,  Rosafärbung  durch  Salzsäure,  roth violette  durch  Spuren 
von  Salpetersäure  hei  längerem  Kochen  entsteht  bei  Gesunden  nur 
nach  besonderer  Reizung  der  Speicheldrüsen  (z,  B.  durch  Rauchen, 
Gewürze,  Pilocarpin),  sehr  intensiv  ist  sie  bei  Magencarcinom  und 
starker  Nephritis. 

Nachdem  vor  mehreren  Jahren  ^echon  Sticker  darauf  hin- 
gewiesen, daas  dem  Speichel  ein  die  Magensaftsecretion  befördernder 
Einfiußs  zukomme,  ist  dieser  üegenstand  nunmehr  einer  genauen 
Untersuchung  unterworfen  worden  durch  Biernacki,  Die  Bedeu- 
tung der  Mundverdauung  und  des  Mundspeichels  für  die 
Thätigkeit  des  gesunden  und  kranken  Magens  (Zeitschr.  f. 
klin.  Med.  Bd,  21,  H.  1  u.  2).  Biernacki  Hess  dieselben  Personen 
dieselbe  Nahrung  (Stärkelösung  und  rohes  Ei  weiss)  einmal  selber 
essen  und  den  Speichel  verschlucken,  ein  zweites  Mal  wurde  die- 
selbe vermitteis  der  Sonde  in  den  Magen  gebracht,  und  der  Speichel 
ausgespieen.  Dabei  zeigte  sich,  dass  sowohl  die  motorische  wie  die 
secretorische  Leistung  des  Magens  eine  viel  bessere  war,  w^enn  die  Nah- 
rung den  Mund  passirt  und  unter  dem  Einflüsse  des  Speichels  gestan- 
den hatte,  als  bei  Einführung  durch  die  Sonde  unter  Ausschluss  der 
Speichelbeimengung,  und  dass  besonders  in  pathologischen  Zuständen 
das  Einnehmen  der  Nahrung  durch  den  Mund  wichtig  für  genügende 
En«ymbildung  ist.  Wurde  der  Speichel  mit  der  Nahrung  vermischt 
durch  die  Sonde  in  den  Magen  eingeführt»  so  hatte  derselbe  einen 


Krsiikheit«n  des  Digeationsappanitea. 


273 


I 


oor  geringen  Effect  Wichtiger  ist,  dass  die  Nahrong  dtircli  die 
MuDdhöhle  hindurch  geht,  welche ^  wie  Biernacki  findet ,  das  Be- 
itrebeD  hat^  den  durchzukauenden  Ingesten  eine  schwach  saure  Be- 
action  zu  geben.  Bei  schwach  saurer  oder  neutraler  ReactioD  der 
Kahnmg  übt  der  Magen  am  besten  seine  Thätigkeit  aus, 

Jawein,  Zur  klinischen  Pathologie  des  Speichels 
(Wiener  medic.  Presse  Nr.  15),  findet  in  fieberhaften  Erkrankungeu 
die  8peicbelwirkiing  herabgesetzt,  in  leichteren  Fällen  durch  Ver- 
minderung der  Menge,  in  sehr  schweren  zugleich  durch  Verminderung 
der  amylolyti sehen  Wirksamkeit,  ebenso  ist  sie  bei  chronischer  Ne- 
pbritis  vermindert,  hei  Lungenphthise  nicht,  nicht  selten  verringert 
bei  Scorbut,  Diabetes  und  Morbus  Addisenii. 

Schliesslich  soll  hier  noch  eine  Arbeit  erwähnt  werden^  welche 
sieb  auf  einen  bei  der  Ausheherung  wie  bei  der  Ausspülung  des 
Magens  nicht  seltenen  Befund  bezieht.  Grandzach,  Ueber  das 
Entstehen  braunfarbiger  Fetzen  im  Magen  (Wiener  medic, 
Presse  Nr.  25)  fand,  dass  diese  Fetzen,  die  den  Verdacht,  durch 
Blutflb-bung  entstanden  zu  sein,  erwecken  können,  sehr  häufig  Folge 
dea  Thee*  und  Kaffeegenusses  sind.  Der  durch  die  Gerbsäure  nieder- 
geochlagene  Schleim  schliesst  die  Farbstoffe  in  sich  ein.  Es  gelang, 
denselben  Vorgang  im  Reagensglase  zur  Erscheinung  zu  bringen. 


Im  Verhältniss  zu  der  grossen  Zahl  von  Arbeiten,  die  die  oben 
beröbrten  wichtigen  theoretischen  Fragen  behandeln,  ist  die  Zahl 
der  Beiträge  zur  Klinik  der  Magenkrankheiten  gering. 

Zwei  in  diagnostischer  Beziehung  interessante  Fälle  publicirt 
PuUwski*Warschau,  Zur  Üasuiatik  der  Magenkrankheiten 
(Berliner  klin.  Wochenschr*  Nr.  42).  In  dem  ersten  Falle  bandelte 
es  sieb  um  einen  51  jährigen  Mann,  der  seit  5  Monaten  unter  starker 
Abmagerung  erkrankt,  über  Aufstossen,  Uebelkeit,  Schmerzen  im 
lisgen  und  Erbrechen  zuweilen  kaffeesatzähnlicher  Massen  klagte. 
Die  Untersuchung  liess  eine  Reihe  höckeriger  Tumoren  über  der 
Magengegeud  und  eine  Dilatation  constatiren.    Mikroskopisch  fanden 

Heiepilze  und  Sarcine  im  Ausgeheberten.    Anamnese  und  dieser 

d  machten  die  Annahme  eines  Magenkrebses  fast  gewiss.   Doch 

stand  damit  das   fast  bis  zum  Tode  constante  Vorhandensein  freier 

zaäure    im   Widerspruch.     Da    sieb    auch    im   nüchternen   Magen 

■eie  Salseäure  baltiger  Magensaft  vorfand,  wurde  an  Superaecretion 

gedacht,    doch  stimmte  das  ganze  Krankheitshild  nicht  damit  über- 

ein.     Die  Section   ergab   nun,    ausser  einem   beginnenden  Carcinom 

Cöcomt  dass  die  Ektasie  die  Folge  einer  Einengung  des  Pyloras 

lirbucb  <l   üf»et-  Median.    189a.  18 


274 


Boaenheim. 


durch  ELrebsknoten ,  die  vom  Feritotieum  Rusgingen  und  deo  intra 
vitam  geftilillen  Tumoren  entäpracbeD,  war.  Der  Magen  selbst  war 
nicbt  verändert.  —  lu  dem  zweiten  Falle  drängte  der  ganze  klinische 
Beinnd  zur  Annahme  eines  Magengeschwürs.  Die  Erfolglosigkeit 
der  inneren  Behandlung  bestimmte  zu  dem  Versuch  einer  Resectio 
pylori.  Bei  der  Operation  zeigte  sich  die  hintere  Magen  wand  mit 
der  Nachbarschaft  verwachsen,  die  durch  einen  Schnitt  in  die  vordere 
Wand  eingeführte  Sonde  kam  auf  einen  blumenkoklartigen  Tumor, 
der  von  einem  glatten ,  harten  Wall  umgeben  war,  zugleich  zeigten 
sich  die  peritonealen  Lymphdriisen  vergrössert.  Von  weiteren  ope- 
rativen  Eingriffen  wurde  Abstand  genommen.  Der  Widerspruch 
zwischen  den  unzweifelhaft  auf  ein  Ulcus  deutenden  klinischen  Sym- 
ptomen and  dem  bei  der  Operation  erhobenen^  scheinbar  nur  auf 
Krebs  zu  deutenden  Befunde  hätte  nur  durch  die  Annahme  eines 
auf  der  Basis  des  Magengeschwürs  entstandenen  Carcinoms  erklärt 
werden  können.  Die  Autopsie  lehrte,  dass  die  klinische  Diagnose 
die  richtige  gewesen  war,  der  gefühlte  Tumor  war  die  mit  der  Um- 
gebung des  Ulcus  verlöihete  Bauchspeicheldrüse  gewesen,  die  im 
Uebrigen  unverändert  war. 

Kriege  (Berl.  klin.  Wocbenschr.  Nr.  50 — 51)  theilt  einen  Fall  von 
Perforation  eines  Ulcus  ventriculi  in  die  Bauchhöhle  mit^ 
bei  dbm  es  gelang,  durch  die  Laparotomie  die  an  der  hinteren  Magen- 
wand sitzende  Perforationss teile  ausfindig  zu  machen^  durch  die  Naht 
zu  schliessen  und  so  Heilung  zu  erzielen.  Ein  in  der  6.  Woche  nach 
der  Operation  aufgetretenes  Empyem  wurde  gleichfalls  üb*^rwunden. 
In  einem  zweiten  von  Kriege  mitgetheüten  Falle  starb  die  Patientin 
am  10.  Tage  nach  der  Operation  dadurch,  dass  eine  Dünndarm- 
fichlinge  sich  in  einem  bei  der  Operation  zufällig  eotötandenen  Schlitz 
im  Netz  einklemmte,  durch  die  eingetretene  Stauung  riss  die  Magen- 
naht, zugleich  perforirte  ein  duodenales  Geschwür. 

Hall  berichtet  (in  ßrit,  med.  Journ.,  Jan.)  über  einen  Fall  von 
Perforation  eines  Ulcus  ventriculi.  Es  bildeten  sich  die  Erscheinungen 
der  Peritonitis  heraus,  die  aber  bei  Anwendung  von  Terpentinfomen- 
tationen,  Opium,  Brandy  und  Ernährung  per  clysma  zurückgingen, 
60  dass  es  zur  Heilung  kam.  Hall  glaubt^  dass  dies  dadurch  er* 
möglicht  war,  dass  der  Magen  bei  der  Perforation  leer  gewesen  war, 

Gerhard t-Strassburg,  Ueber  geschwürige  Processe  im 
Mügen  (Virchow's  Archiv  Bd,  127),  gelang  ea,  anatomisch  den  Ueber- 
gang  von  Erosionen  der  Magenschleimhaut  in  Geschwüre  nachzu- 
weisen. 

V.  Meriug  (Münchener  mecücin.  Wochensehr.  Nr,  40)  berichtet 


Kraokheiteii  des  DigeatioDBapparates.  275 

ober  emeo  Fall  von  Magt^ncarcioom,  weiches,  ausser  d urch  groasö 
Beweglichkeit ,    dadurch  auagezeichnet  war,    dass  er  eine  25jährige 

r  Frau  betraf^  deren  Ma^^^endaft  conätant  ziemlich  hohe  Salzsäiirewerthe 
ll,:2<*i'y(^   nach  Cahu   und   v.  Mering)   aufwies.     Allerdings  war  die 

[Jfethylviolettreaction  negativ. 

Die   grosse  Anzahl    von    Publicationeo    gelungener    P  y  1  o  r  a  s- 
|reäectionen,  Gasfcroent  er  ostomosen  etc.  kann  füglich  über- 
gangen  werden,    nicht  so  zwei  Mittheilungen,   die  das   functionelle 
►^erhalten  des  erfolgreich  operirten  Magens  betreffen. 

Boeenheim,    üeber   das  Verhalten    der   Magenfunction 

Bacb  Resection  des  carcinomatösen  Pylorus  (Deutsche  med, 

Wocbeoecbr*  Nr.  49)    theilt    den    Fall   einer   vor  l-^,^  Jabren  wegen 

Carcinoma    pylori     von    Haho-Friedriclishain    operirten    48jthrigen 

Patientin  mit^   deren  Magen   er  seitdem   wiederholt   unteräucht  bat 

Bei  der  Aufblähung  des  Magens  zeigt  sich  eine  vollkommene  Con- 

tinena  für  das  Gas,    es  geht  nichts  davon  in  den  Darm  über,   auch 

ist    nie    Galle,     selbst     nicht    bei     starken     Brechbewegiingen ,     in 

den   Magen    übergetreten.      Die    motorische   Function    ist    durchaus 

normal.     Der  secretorische  Befund    (Daniederliegen    der    Salzsäure- 

^^und  Pepsinabsonderung)   dagegen  ist  durch  die  Operation  in  keiner 

^■Weiae   geändert    worden.     Dabei   beBndet  sich  die  vernünftige  Diät 

^Hinhaltende  Patientin    sehr    wohl^    sie    hat    seit    der  Operation  über 

^BO  Pfand  an  Korpergewicht  zugenommen. 

^m        Auch  Känsohe,   Untersuchungen  über  das  functionelle 
^^Resultat  von  Operationen  am  Magen  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  49),  der  über  vier  von  Mikulicz  operirte  Fälle  berichtet, 
hat  bei  swt^i  Rosectionen  des  Pylorns  dasselbe  Resultat:  fortgesetztes 
DÄmiäder liegen   der   secretorischen ,    Wiederherstellung   der   niotori- 
«cheii  Function,    Besserung  des  subjectiven  Beiindens,   Gewichtszu- 
niihme.     Weniger  zufriedenstellend  war  das  Resultat,  besonders  be- 
^yiüglioh    der    motorischen    Function    bei    einem    Falle,     in    dem    die 
^H^aatroeoterostomose  ausgeführt  werden  musste.    Auch  ttber  eine  ge- 
^«mgene  Resection  eines  Ulcus  ventriculi  wird  berichtet 

Mints,  Ein  Fall  von  Gastritis  phlegmonosa  diffusa  im 

^erlauf  eines   Hagenkrebses   (Deutaches  Archiv    f.   klin.  Med, 

Bd.    49,    Heft    4--B),    stellt    43    Fälle    von    Gastritis    phlegmonosa 

atitf   der  Litterator  zusammen   und   fügt   dazu  eine  eigene  Beobach* 

tQiig*     Intra  vitam  deuteten  in  diesem  Falle  die  klinischen  £rschei* 

gen   auf  ein  Magengeschwür,    die  fortschreitende  Kachexie  und 


276 


Rose»  heim. 


daß  Eebleti  freier  Salzsäure  aber  machten  die  Krebsdiagnose  wahr- 
scheiDlicIaer.  Die  Segtion  ergab  em  ülcna  carcitiomatosam  und 
Oaatritia  phlegmonosa.  Die  Diagnose  der  letzteren  ist  auch  in  den 
günstigsten  Fällen  intra  vi  tarn  nur  vermuthungs  weise  zu  steilen,  da 
die  Symptome  (Erbrechen^  Schmerz,  Fieber,  frühzeitiger  Collapa, 
Delirium)  meist  auf  die  in  fast  allen  Fällen  gleichzeitig  bestehende 
Peritonitis  bezogen  werden, 

Mey  er-Feterabtirg  theilt  (Petersburger  medic.  Wochenschrift) 
einen  Fall  mit^  in  dem  ein  41jährig6r  Mann  ganz  plötzlich  mit 
Frösteln,  Delirien,  heftigem  Erbrechen  erkrankte.  Am  4.  Tage  zeigte 
eich  ein  Lebertumor  mit  Icterus,  späterhin  die  Zeichen  eines  Er- 
gusses über  oder  unter  dem  Zwerchfell  etc.  Bei  der  Autopsie  con- 
Btatirte  man  eine  Gastritis  phlegmonosa ,  deren  Aetiologie  unaufge- 
klärt blieb. 

Eine  seltene  Art  von  Öesöbwulatbildung  im  Magen  demon- 
strirte  Hansemann  in  der  medicinischen  Gesellschaft  (Deutsche  med, 
Wochenschr,  Nr.  13),  In  dem  Magen  eines  an  Leukämie  verstor- 
benen Mädchens  fanden  sich  zahlreiche  leukämiscbe  Tumoren  mit 
submucösem  Sitz;  theilweiße  war  die.  Mucosa  darüber  ulcerirt, 
während  die  Serosa  an  den  betreffenden  Stellen  mit  Milz  und  Zwerch- 
fell verwachsen  war.  Im  Innern  der  Tumoren  zeigten  sich  zahl- 
reiche mit  grüniicbem  Eiter  gefüllte  Abscesse.  Die  Beschwerden 
während  des  Lebens  bestanden  in  Uebelkeit,  Erbrechen  und  Magen- 
krämpfen, 

Kelynack,  A  case  of  acute  dilatation  of  the  stomach 
(Med,  Chronicle,  Mai),  Ein  mit  Tubercuiose  des  Hüftgelenks  behaf- 
tetes Mädchen  bekam  plötzlich  ohne  ersichtliche  Veranlassung  hef- 
tiges Erbrechen.  Die  Untersuchung  wies  auf  eine  MageDerweiteruug 
hin.  Bei  dem  4  Tage  dEwauf  infolge  der  Erschöpfung  erfolgten 
Tode  zeigte  es  sich,  daas  es  sich  in  der  That  um  eine  mit  Ver- 
d&nnung  der  Magenwandung  einhergehende  Dilatation 
des  Organs  handelte.  Auch  das  Duodenum  war  bis  säur  Kreu- 
zungsgtelle  der  Arteria  und  Vena  meseraica  superior  erweitert,  der 
übrige  Darm  Gollabirt.  Kelynack  glaubt^  dass  bei  der  sehr  herab- 
gekommenen Patientin  schon  der  normale  Druck  der  erwähnten  Ge- 
fasse  genügt  habe,  um  eine  Obstruction  herbeizuführen. 

Eisenlohr,  üeber  primäre  Atrophie  der  Magen-  und 
Darmachleimhaut  und  deren  Beziehung  zu  schwerer  An- 
ämie und  Rückenmarkserkrankuug  (Deutsche  med.  Wochen- 


Krankheiten  dei  Digestionsftp parates. 


977 


Schrift  Nr.  49),  beschreibt  den  Fall  eines  Mannes,  der  im  Zustande 

schwerer  Anämie  and  mit  SymptomeE  spinaler  Erkrankung  (Parese, 

MüßkelspannuDg,  Atrophie ,  Mangel  der  Patellarreflexe  etOt)  behaftet 

stÄfb.     Die   Seotion   ergab    hochgradige  Atrophie    der   Magen-    und 

Darmsch leimhaut,  sowie  Degeneration  der  Seilen-  und  Hinterstrange 

des  Bückenmarka,     Im  Anschlusa  an  Fenwick,  der  zueret  auf  die 

schweren  Anämien  ala  Foigezustände  von  Atrophie  der  Magenachleim- 

^      haut  hingewiesen  hat,   nimmt  Eisenlohr  für  seinen  Fall  an,  dass 

I      das  Primäre   die   Atrophie  des  Verdauungstractue  gewesen  sei,  aus 

der  sich  dann  die  Anämie  entwickelt  ^   auf  deren  Boden  es  schliess* 

I     lieh  %u  degeneraiiven  Processen  des  Rückenmarks  gekommen  sei. 

^B  Ewald,  Zur  Diagnose  und  Therapie  der  Krankheiten 
1  desVerdanungstractus  (Berl.  klin.  Wochenschr,  Nr.  26/27),  theilt 
f  einen  Fall  von  dauernder  Secretionsuntüchtigkeit  des  Magens 
bei  einem  29jährigen  Manne  mit,  die  wahraclieinlich  auf  Atrophie 
»r  Uagenschleimhaut  beruht;  jedoch  ist  die  Möglichkeit  eines 
nervösen  Becretiongmangels  nicht  mit  Sicherheit  aüsztischliesseD. 
Faradisation  des  Magens,  passende  Diät  und  tägliche  Eingiessung 
von  K*i — '  j  I*iter  einer  5^'qo^S^^  Salzsäurelösuog  brachten  ein  Ver- 
schwinden der  ziemlich  lästigen  Symptome,  sowie  erhebliche  Zu- 
nahme dea  Körpergewichts  zu  Wege.  Dies  war  möglich  ^  weil  die 
motorische  Function  des  Magens  sich  ucgestört  erhalten  hatte*  Die 
Therapie  hat  in  derartigen  Fällen  die  Motilität  des  Magens  und 
Darms  zo  kräftigen  und  Stagnationen  und  Zersetzungen  der  Magen- 
und  Darmcontenta  nach  Möglichkeit  zu  verhindern.  Für  den  letzteren 
Zweck  wird  von  inneren  Mitteln  neben  Eesorcin  besonders  das  Benzo- 
Kaphthol  (zü  2 — 5  g  pro  die)  empfohlen. 

^^P     XJeber  die  nervösen  Erkrankungen  des  Magens  handeln 

^Ble  folgenden  Arbeiten: 

^"        Öeigei  und  Abend,  Ueber  Dyspepsia  nervosa  (Virchow's 

I  Archiv  Bd.  130,  H,  1),  haben,  gemäss  der  in  der  Arbeit  von  Geigel 
und  Blase  (s,  vorhin)  aufgestellten  Forderung,  die  absolute  Acidität 
txL  berücksichtigen,  Fälle  von  Dyspepsia  nervosa  in  dieser  Weise 
antersucht  Das  Resultat  ist  auch  hier:  Ein  für  nervöse  Dyspepsie 
charakteristisches  Verhalten  gibt  es  nicht  Die  Säurewerthe  schwanken 
ausserordentlich  bei  ein  und  demselben  Individuum.  Im  Durchschnitt 
ist  der  Magen  procentaal  übersauer,  die  absolute  Säuremenge  eher  za 
iin,  der  Magensaft  also  zu  concentrirt.  Die  subjectiven  Beschwerden 
^en  nicht  auf  die  secretori sehen  Zustäiide  bezogen  werden,  son* 


278 


Rosenheim. 


dern  aiiid  eher  auf  perverse  Reaction  der  sensiblen  Nerven  zu  be- 
ziehen. Bezüglich  der  Behandlung  zeigte  es  sich,  dags  Natrium 
bicarboöicam  in  grossen  Dosen  (lg)  die  Salzsäuresecretion  aufs 
Deutlichste  steigert.  Besser  säure  tilgend  wirken  kleine  Gaben  (0,5). 
Bismutum  subnitricum  allein  gegeben  zeigte  gar  keine  Wirkung. 

Homer  berichtet  (Prager  med.  Wochenachn  Nr.  27)  über  zwei 
Fälle  von  Card ialgie,  die  verursacht  waren  durch  Einklemmung 
präperitonealer  Lipome.  Die  kleinen  in  der  Mitteöinie  fühl- 
baren Geschwijlste  können  durch  Druck  zum  Verschwinden  gebraclit 
werden,  an  ihrer  Stelle  werden  kleine  Lücken  fühlbar.  Der  Scbmerz 
wird  dadurch  momentan  beseitigt. 

Löwenthal,  Beiträge  zur  Diagnostik  und  Therapie  der 
Magenkrankheiten  (Berl.  klin,  Wochenschr.  Nr,  47(49),  vermisst  in 
den  bisher  publicirten  Fällen  von  .^Hyperästhesie  gegen  Salz- 
säure (Talma)^  eine  ausreichende  Begründung  der  Diagnose.  In 
20  Fällen  schmerzhafter  Magen affectionen  konnte  er  bei  Ei ngi essung 
selbst  starker  Salzsäurelösungen  eine  solche  Hyperästhesie  nicht 
constatiren.  Er  glaubt,  dass  die  Diagnose  einer  Hyperästhesie  gegen 
Salzsäure  als  einer  eigenartigen  Neurose  nur  dann  statthaft  ist,  wenn 
andere  Erkrankungen  (Ulcus,  Erosionen,  Gastritis  etc.),  die  eine  er- 
höhte Säareempfindlichkeit  erklären  dürften,  auszuschliessen  sind, 

Kenny,  Vomiting  treated  by  blistering  over  tbe  vagus 
(Brit,  med.  Journ.,  Jan,  2),  gelang  es,  in  einem  Fall  von  sog.  unstill- 
barem Erbreehen  Schwangerer,  das  auch  noch  nach  der  Ent- 
bindung anhielt,  dasselbe  sofort  zu  sistiren  durch  Application  eines 
Spanisch-FHegenpflasters  über  dem  Vagus  am  vorderen  Rande  des 
Sternocleidomastoideus. 

Singer,  Ueber  das  Wiederkäuen  beim  Menschen  (Wien. 
med,  Wochenschr.  Nr.  44),  theilt  zwei  Fälle  von  Rumination  bei 
jugendlichen,  männlichen  Personen  mit.  Die  Acidität  des  Magen- 
saftes war  eine  wechselnde,  bei  beiden  bestanden  nervöse  Stigmata* 
Auf  Grund  des  ösophagoskopiscben  Befundes  wird  als  nächste  Ur- 
sache angesehen  eine  relative  Insufticienz  der  Cardia. 

Decker,  Fünf  Fälle  von  Ruminatio  human  a  (Münch.  med, 
Wochenschr.  Nr,  21),  sieht  die  Ursache  des  Merycisrous  in  einem 
durch  gröbere,  unzerkaute  Speisen  hervorgerufenen  Reiz  bei  diB- 
ponirten  Personen, 

Von  den  eigentlichen  Neurosen  zu  trennen  ist  nach  Rieger  die 
Supersecretion.  Riegel,  Uebcr  chronische,  continuirliche 
Magensaftsecretion  (Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  21),  betont 


*i 


i 


Krankheiten  des  Dige^tioDfiftppftrates. 


^79 


(Ü6  relative  Häufigkeit  dieser  Affection,  die  trotz  scharf  charakten* 
sirten  Symptomencomplexes  Doch  vielfach  verkannt  wird.    Das  Leiden 
eotwickelt  sich  anmäbUch  oder  setzt  mit  Ulcussymptomeo  ein.    Die 
Beschwerden  bestehen  in  saurem  Aufstosaen,  Sodbrennen,  Erbrechen 
stark    saurer    Massen.     Besonders    charakteristisch    sind    nächtliche 
SchmenEanfälle ,    starkes    Hungergefühl    (häufig  Nachts    auftretend), 
geaitmg&rter  Appetit  und  vermehrter  Durst.     Fast  stets  beateht  Nei- 
gimg  SU  Obstipation.    Objectiv  findet  mau  Druckempfindlichkeit  des 
Epirrastriam ,   fast  stets   erhebliche  Magenerweiterung   und  peristal- 
i  e  Unrahe  des  Magens,     Die  Diagnose  wird  gesichert  durch  die 
iltate   der  Sondirung,   die  einmal  zu  erfolgen  hat  5 — 6  Stunden 
^i^ob    einer  Probemahlzeit:    sie    ergibt    eine   reichliche  Menge   eines 
I      gtark    saissäur ehaltigen    Mageninhalts ,    der   sich  im  Standgefäss  in 
^ftdrei  Schichten  sondert,  eine  obere  schaumige,  eine  mittlere,  aus  einer 
^BjMben  Flüssigkeit  bestehende,  und  eine  untere,  die  den  Niederschlag 
^H^iciei'  Amylaceenreste  darstelU«     Die  zweite  Sondirung  ist  Morgens 
^^ nüchtern  vorzunehmen,  nachdem  Abends  vorher  der  Magen  gut  ausge- 
^^upiilfc  worden  ist.  Sie  ergibt  eine  mehr  oder  minder  grosse  Menge  etwas 
^■trüber,  bald  einen  grünlichen  Schimmer  annehmender  Flüssigkeit  von 
^Bormmler  oder  verminderter  Acidität,    Die  ständige  Salzaäureaecretion 
^BWsst   kein   amyloljtisches   Stadium   zu   Stande   kommen,   daher  die 
I      stmrke  Amylaceen schiebt  im   ausgeheberten  Mageninhalte   und   auch 
'      die  Ektasie,  daher  auch  starke  Gasbildung  des  stagnirenden  Magen- 
inhalts (Scbaumachichtl,     Die  Behandlung   hat   die   Diät   zu  regeln, 
I       vorwiegend  sind  Albumin ate  zu  geniessen,  Amylaceen  möglichst  aus- 
^—paschliessen,  allenfalls  nach  der  Ausspülung  zu  erlauben,  empfehlens- 
^^■rerth   ist  der  Gebrauch  von   Alkalien  (Karlsbader  Quellen)  im  Be- 
^Hion  reep«  vor  der  Mahlzeit. 

^B  Im  Anschluss  hieran  sei  auf  einige  Arbeiten,  die  Gasbildang  im 
^Huenschlichen  Magen  betreffend,  hingewiesen«  Auf  Grund  früherer 
^Mzperimenteller  Untersuchungen ,  welche  ergeben  hatten  ^  dass  Gäh- 
I  Hingen  bei  entsprechendem  Salzsäurezusatz  nicht  zu  Stande  kommen, 
I  hatte  man  sich  die  Vorstellung  gebildet,  dass  Gährungen  und  Oas- 
bildungen im  Magen  wohl  bei  Subacidität,  nicht  aber  bei  Anwesen- 
heit freier  Salzsäure  zu  Stande  kommen  könnten.  Dies  hat  sich 
nanmehr  als  ein  Irrthum  herausgestellt.  Hoppe-Seyler- Kiel, 
Üeber  Magengährung  mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  Gase  des  Magens  (Verhandlungen  des  11,  Congresses  f&r 
innere  Medicin),  sucht  die  Gase  direct  aus  dem  Magen  zu  gewinnen 
rermtttels  einer  Wonife'schen  Flasche,  die  mit  dem  Magenschlauoh 


a^o 


Rosen  heim. 


itri«!  rtoiii  AtiBMpÜl trieb ter  verbunden  tat  und  ausserdem  ein  bis  auf 
doli  i)(i4i)T)  rüiübende»  Rohr  zur  EntDabme  der  Gase  trägt.  Biese 
W«r<litn  m  uiriü  Hein  peitsche  Gasburette  übergeführt,  und  CO^,  O 
um\  li  ituroh  AbBoi^ptiouspipetten  beBtimmt.  Id  elf  Fällen  von  Magen- 
Brw«iUirunK  (auti  v«röcbiedenen  Ursachen)  fanden  sich  neben  0  und 
N,  »liii  im»  vurhchluckter  Luft  herrühren,  grosse  Mengen  (bis  zu 
IM%)  WniUßi'Hton'  und  Kobleueäuro  (biszu68o^J  als  brennbare  Öe- 
M»tti«^hti  IUi|>[»ü-Hti V  lur  betont  dabei,  daas  die  Anwesenheit  der 
HttUöttMiti  iliM  Oanproiluctioii  niobt  bindere,  und  kann  sich,  da  die 
iuiiiuiitiiuiti  Wirkung  der  HuUsilure  in  den  von  ihm  gefundenen  Con- 
(mf(iintii«noir  urwitiMeii  ist,  dies  nur  so  erklären,  daas  entweder  Pilze 
in  l<Vii^ti  kuüimeu,  die  siob  resistenter  gegen  die  SalzsÄure  verhalten 
(wie  2,  B.  das  Oloslridiura  butyrionm  de  BaryX  oder  dass  die  Ver- 
tlitnlung  der  Salzsäure  im  Magen  eine  ungleiche  sei. 

Knbn^  üeber  Hefegäbrung  und  Bildung  brennbarer 
Gase  im  menschticben  Magen  (Zeitsohr.  für  klin.  Med.  Bd,  21^ 
U.  5  u,  6)  und  Die  Gasgährung  im  Magen  und  ihre  prac- 
tiscbe  Bedeutung  f Deutsche  med.  Wochenscbr*  Nr  49),  stellt 
in  sinuon  aus  der  Eiegel'flchen  Klinik  hervorgegangenen  Arbeiten 
nucb  zunächst  die  hemmende  Wirkung  der  Salzsäure  auf  die  künst- 
licbü  liiifegUbrung  fest.  Insbesondere  werden  diese  Verhältnisse 
btii  Fällen  von  Hypersecretio  continua  studirt.  Hier  zeichnet  sich 
df»r  Mftgoninbult  durchweg  durch  das  Auftreten  von  Gäbrung  und 
GuNbddung  aus,  der  ausgeheberte  Mageninhalt  setzt  im  Brutofen  die 
GjiHbibiun^  fort.  Die  Quantität ive  Bestimmung  des  gebildeten  Gases  gibt 
(^iu  Mi*«««  ttVr  diu  Höhe  der  Stagnation.  Bei  Mangel  an  Salzsäure  tritt 
gewt^bnltchGiihrung  nicht  ein.  VooEinfluss  ist  dieQualität  der  Nahrung 
auf  dio  St^trke  der  Gasentwickelung.  Diese  steht  in  keinem  conbtanten 
W^ibältnisö  zur  Grüstse  dwr  Magenerweiterung.  Ueber  das  Maass 
der  Gasbildung  gibt  in  ausgeBproeheoen  Fällen  schon  die  Inspectton 
des  (dreischichtigen)  Mageninhalts  Aufschluss.  Leicht  anzustellea 
sind  Göhrungsvernuehe  in  der  Weise,  wie  sie  für  den  Zuckern  ach-  , 
reis  durch  die  üfthrungsprobe  üblich  ist.  Genauere  Bestimmungen hH 
^werden  so  gomacbt,  dass  eine  100  ccm  fassende  Flasche  mit  Magen-  ** 
inhalt  gefüllt,  und  ein  hohler  eiogeschliiFener  Glasstopfen  aufgesetzt 
wird^  dtjr  üiob  «unichst  in  eine  kugelförmige,  zur  Vermeidung  des 
r  Aufsieigons  von  Mageninhalt  mit  Glaswolle  gefüllte  Erweiterung 
[ond  dann  in  ein  gebogenes  Eobr  fortsetzt,  an  welches  ein  Schlauch 
[mit  einer  Glat^spit^e  befestigt  wird.  Im  Brutschrank  wird  dann  das 
iioh  bildende  Gas  unter  Wasser  aufgefangen.  Gasbildung,  die  erst  nach 
länger  als  24  Stunden  auftritt,  ist  nicht  beweisend,    Was  den  Einfluss 


Krankheiten  des  Digestionflapparateg. 


381 


der  N&hruDgsqaalitat  angebt,  so  bort  die  Gasbildang  bei  fast  aus- 
echliesßlicber  Fleiscbkost  ganz  auf,  sie  wird  vermebrt  durcb  Koble- 
bjdrate,  besonders  Zackerarten  und  Miicb,  Daraas  ergibt  sieb  fiir 
die  Tberapiö  die  passende  Diät.  Durcb  Zusatz  von  Desioficientien 
auf  Tergährenden  Mageninbalt  wurde  ibre  Wirkung  auf  die  Ein- 
schränkang  der  Gasbildung  geprüft.  Als  besonders  geeignet  bierzu 
erwies  sieb  die  Salicylaäure  (Acidum  und  Natrium  salicylieum),  was 
«icb  im  tberapeutiöchen  Experiment  beim  Menseben  beatätigte.  Die  Salz- 
säure zeigte  sieb  wenig  geeignet,  die  Gasbildung  zu  beeinträcbtigeo, 
bei  acbwaeber  Gasgäbrung  vermebrte  sie  sogar  deren  Intensität.  In 
ätiologiscber  Beziebung  gelang  es,  neben  rein  gezüchteter  Hefe  auch 
einen  Bacillus  nachzuweisen,  der  auf  znckerbaltigem  Nährboden 
reichlich  Gas  producirte,  wohl  aber  nicht  ausschliesslich  für  die  Gas- 
bildung verantwortlich  ist. 

BoöB,  üeber  das  Vorkommen  von  Schwefelwasserstoff 
im  Mögen  (Deutsche  med,  Wocbenscbr,  Nr,  49),  hat  in  sechs  Fällen 
bei  Stagnation  des  Mageninhalts  in  Ructus  und  aus  dem  Mageninhalt 
selbst  H.^S  nachweisen  können.  Bemerkenswerth  ist»  dass  auch  in 
diesen  sechs  Fällen  freie  Salzsäure  vorbanden  war.  In  zwei  Fällen 
toheint  die  Verabreichung  von  Karlsbader  Brunnen  die  Schwefel- 
wnsserstoöbildung  befordert  zu  haben*  Intoxicationserscheinungeu 
waren  übrigens  niemals  eingetreten. 


Das  Verhalten  des  Blutes  bei  Magenkranken  untersucht  Oster- 
spey^  Die  Blutunterstjchung  und  deren  Bedeutung  bei 
Mageoerkrankun  gen  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12  und  13), 
D^nelbe  findet  sowohl  bei  Ulcuskraoken  wie  bei  Carcinomatösen 
Verinderungen  sowohl  bezüglich  der  morphologiBchen  Bestand theüe 
des  Blutes  wie  im  Hämoglobingehalt-  Dieselben  haben  aber  nichts 
Charakteristisches  und  sind  für  die  Diagnose  und  insbesondere  für 
die  Differenlialdiagnose  zwischen  Carcinom  und  Ulcus  nicht  ver- 
wertbbar. 

Therapeutischen  Zwecken  dienen  die  folgenden  Arbeiten: 
Reichmann  und  Mintz,  Ueber  die  Bedeutung  der  Salz- 
säure in  der  Therapie  der  Magenkrankheiten  (Wiener  kiin. 
Wochenschr.  Nr**25|.  Reichmann  und  Mintz  erprobten  in  fünf  Fällen 
die  Fähigkeit  der  Salzsäure »  die  Secretion  des  Magens  anzuregen, 
^dam  sie  mehrere  Wochen  lang  grosse  Mengen  von  Salzsäure  ver- 
'  ibreicbten  (1  Stunde  nach  der  Mahlzeit  \h  Tropfen  Acidum  hydro- 
ohloricum    dilutum,    viertelstündlich,    im  Ganzen  45  Tropfen,    2mal 


2?i2 

tif^cb).  ABe  10 — 14  Tage  wurde  der  Magon  untcrsoeht.  In  drei 
FiUen  war  ein  Erfolg  za  TerB^clmeii. 

Bosenheim,  üeber  äie  Magendonebe  (Tbermp.  Monatshefte, 
AogiMl),  empfiehlt  die  fierieaelsng  des  MmgieoB  n  tberapentischen 
Zwecken.  Er  benntst  daza  jfagcnadillqclie  mit  zalilmchen  kleinen 
Gegangen  mit  und  ohne  Koppaelo^  weldie  das  Wasser  fontaine- 
arti^  austreten  lassen*  Es  wurde  aar  Bmeselang  einfaches  warmes 
Waaaer  verwendet,  oder  solclies  mit  Zosatien  von  Chlaroformwasser 
(50 — 60  g  Chloroform  werden  mit  1  Liter  Wasser  geschnttelt,  abstehen 
gelassen,  wobei  das  überschüssige  Chloroform  zu  Boden  sinkt,  das 
darüber  stehende  Wasser  genögt  för  zwei  EingiefisoDgen),  ferner  Koch- 
salz (4%||)  nnd  Höllenstein  (1  **Qg^).  Erfolg  erzielt  die  Donche  bei  Indi- 
ridnen  mit  nervöser  Dyspepsie,  bei  chronischem  Magenkatarrh  massi- 
gen Grades  mit  oder  ohne  motorische  Stömng,  endlich  bei  schweren 
BeixziistiJideD  des  sensiblen  nnd  secretorischen  Apparates,  bei  flyper- 
ftätbesien,  Gastralgien,  Magen saftflössen«  Bei  massigen  Bewegangs- 
stdmngen  des  Magens  ist  die  Donche  der  Ausspülong  vorznziehen. 
Zasafz  von  Argen  tum  nitncam  hatte  Herabsetzung  der  Secretions- 
grosse  zur  Folge. 

Im  Anachloss  an  Kosenheim  hat  Löwen t ha  1  (Berliner  klin. 
Wochenscbr.  Nr.  47)  die  Wirkung  der  Kochsalz-  und  HöUenstein- 
berieselung  erprobt.  In  einzelnen  Fällen  von  Secretionsuntüchtig- 
keit  gelang  e»  ihm,  durch  die  erster©  eine  auch  objectiv  nachweisbare 
Besserung  der  secretorischen  Function  zu  erzielen.  Die  Höllenstein- 
berieselnng  wurde  in  drei  Fällen  von  Superacidität,  Magensaft- 
fluiifl  und  Magenerweiterung  mit  Hyperästhesie  der  Schleimhaut  an- 
gewendet. In  BUen  drei  Fällen  beseitigte  die  consequent  und  längere 
Zeit  darchgefÖhrte  Behandlung  alle  Beschwerden  der  Patienten, 
objectiv  war  eine  beträchtliche  Verminderung  der  Salzsäureabschei- 
dting  nachzuweisen. 

Du  Mesnil^  üeber  den  Einfluss  von  Säuren  und  Al- 
kalien auf  die  Acidität  des  Magensaftes  Gesunder  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  49),  räth  auf  Grund  seiner  Versuche,  bei 
Herabsetzung  der  Salzsäureabsonderung  rein  fanctioneller  Natur 
Alkalien  in  kleiner  Boeirung  %u  verabreichen,  da  diese  eine  Steige- 
rung der  Secretion  zur  Folge  haben.  Beruht  jene  Störung  aber  auf 
anatomiichen  Veränderungen,  so  ist  es  ratbsam^  Salzsäure  zu  geben, 
doch  nicht  in  zu  grossen  MengeOi  weil  diese  den  Rest  von  Secretion 
noch  unterdrücken  können.  Bei  Saperacidität  sind  Alkalien  in  so 
hohern  Quantitäten  am  Platz,  das»  anch  die  durch  den  Reiz  des  Alkalis 
etwa  bewirkte  Erhöhung  der  Secretion  noch  psralysirt  werden  kann. 


Krankheiten  de«  Digestionsapparates. 


283 


Leubuscher  und  Schäfer,  Einfluss  einiger  Arzneimittel 
iuf  die  Salzsäureabscheidang  des  Magens  (Dentsche  med. 
Wocbenschr.  Nr.  46),  untersuchten  Pilocarpin,  Atropin  und  Morphium 
bezüglich  ihrer  Wirkung  auf  die  Salzsäuresecretion  des  Magens.  Es 
zeigte  sich;  dass  nach  Pilocarpininjection  zwar  keine  quantitative 
Erböbang  des  Salxsäurewerthes  zu  conatatiren  war,  dass  jedoch  an- 
geoommen  werden  mass,  diese  set  nur  verdeckt  worden  infolge  der 
Btndang  des  durch  Pilocarpin  Wirkung  in  verstärktem  Maaase  ab- 
gesonderten  Schleimes  und  des  Speichels.  Atropio  und  Hjoscin 
anmittelbar  nach  der  Probemahlzeit,  die  übrigens  in  allen  Fällen  aus 
reinem  Fleisch  und  Wasser  bestand,  injicirt^  hatten  keine  deutliche 
Wirkung.  Bezüglich  des  Opiums  und  Morphins  zeigte  sich  ein  be- 
merk enswerth  er  unterschied  in  der  Wirkung  bei  verschiedener 
Application,  and  zwar  setzte  die  subcutane  Inj  ection  dieSalzsäuregrösse 
ausserordentlich  intensiv  herab  als  innerliche  Verabreichung.  Practisch 
wird  daraus  gefolgert,  dass  innerliche  Verabreichung  von  Opium  und 
Morphium  keine  schädliche  Wirkung  auch  bei  längerem  Gebrauch 
auf  die  Magensecretion  ausübt,  was  mit  der  Erfahrung  übereinstimmt: 
andererseits  sind  subcutane  Morpbiuminjectionen  während  der  Ver- 
dauung zu  vermeiden. 

Gilbert  berichtet  in  der  Sociöt^  des  höpitaux  zu  Paris  (aus 
Wiener  med,  Wocbenschr,  Nr.  39)  über  die  therapeutische  Verwen- 
dung des  Benzonaphthols.  Dasselbe  zersetzt  sich  erst  im  Darm 
in  /J-Naphthol  und  Benzoesäure,  Fast  unlöälich  im  Magen,  vermag  es 
hier  nicht  antibacteriell  zu  wirken.  Das  /^-Naphthol  dagegen  wirkt 
schon  im  Magen.  Das  Benzonaphthol  erwies  sich  als  wirksam  bei 
Darmkatarrhen ,  nicht  aber  bei  tuberculösen.  Die  Dosis  3 — 4  g  pro 
die,  Hinzelgabe  0,5« 

Wagner,  ttude  des  modifications  de  suc  gastrique 
cheas  les  malades  soamis  k  Tadministration  de  Pextrait  de 
Condurango  ou  de  la  teinture  alcoolique  de  noix  vomique 
(Archives  g^n^rales  de  m^decine,  Febr,),  weist  eine  Steigerung  der 
Secretion  durch  Strychnin  nach,  die  jedoch  bei  gänzlichem  Darnieder- 
lieigieo  der  secretorischen  Function  nicbt  eintrat,  auch  die  motorische 
Thitigkeit  wurde  in  einzeloen  Fällen  günstig  beeinflusst.  Geringer 
kl  die  Wirkung  bei  Condurango. 

Wert  her,  U  eher  den  therapeutischen  Wer  th  der  Pepsin- 
weine  (Berl.  klin»  Wocbenschr,  Nn  27),  stellt  durch  Verdauunga- 
vergucbe  fest,  dass  den  Pepsin  weinen  eine  verdauungshemmende 
Wirkung  zukomme,  die  durch  Salzsäarezusatz  gemildert,  aber  nicht 
aafgehobeo  wird.    Diese  Behinderung  der  Eiweiss Verdauung  ist  die 


'>S4  Roßenheim. 


1 


Folg6  des  Weingebaltes,  wässerige  Fepsinlosungen  beeiDflusaen  die 
Verdauung  ausserordentlich  gunatig.  Ob  den  Pepsinweinen  eine 
secretionsftnregende  Wirkoog  zukommt,  vermochte  Werther  nicht 
zu  entscheiden. 

Bezüglich  der  Wirksamkeit  eirer  Elektrisirung  des  Magens 
berichtet  Ewald  in  seiner  vorhin  citirten  Arbeit,  dass  es  ihm  in 
einem  Falle  gelangen  ist,  neben  einer  Magenelektrode  noch  einen 
dünnen  Schlauch  einzuführen,  der  mit  einem  Manometer  verbunden 
wurde.  Beim  Ättfäetsen  der  Auseeoelektrode  auf  das  Stern  um  zeigt'e 
das  Manometer  erbebliche  Drucksteigerung  an.  Es  fand  also  Con- 
traction  der  Magenwand  ohne  gleichseitige  Oontraction  der  Bauch- 
wand  statt.  ^_ 

Hieran  seien  noch  einige  Mittbeüungen  gefögt,  die  den  Zn- 
sammenhang von  Magen-  mit  anderen  Erkrankungen  behandeln. 

Pauecki,  Retrofiexio  uteri  und  Magenneurose  (Therap. 
Monatsh.^  Febr.),  behandelt  den  Zusammenhang  der  Retroflexio  uteri 
mit  Erkrankungen  des  Magens.  In  15  B^ällen  von  Retroflexio  ohne 
sonstige  genitale  Complicationen  hat  er,  da  zugleich  über  Beschwer- 
den seitens  des  Magens  geklagt  wurdöj  eine  genauere  Untersuchung 
dieses  Organs  vorgenommen,  ohne  in  11  Fällen  einen  objectiven 
Anhalt  für  die  Beschwerden  zu  finden.  Von  diesen  11  Patientinnen 
verloren  8  mit  der  Aufrichtung  des  Uterus  ihre  Magensymptome, 
hei  dreien  blieb  die  Neurose  des  Magens  trotz  der  Reposition  be- 
stehen. In  den  letzten  4  FöHen  endlich  Hessen  sich  durch  die 
Untersuchung  schwerere  Affectioceo  des  Magens  ( Ulcus  ^  Ektasie, 
Gastritis)  nachweisen,  P  a  n  eck  i  warnt  davor,  bei  Genitalerkrankungen 
bestehende  Magenbeschwerden  einfach  als  Folgen  einer  Heäeznenrose 
anzusehen,  wie  dies  nach  seiner  Erfahrung  seitens  der  Gynäkologen 
und  auch  in  gynäkologischen  Kliniken  meist  geschieht,  und  eine 
genauere  Untersuchung  des  Magens  zu  verabsäumen. 

Die  Abhängigkeit  gewisser  nervöser  Erscheinungen  von  Affec- 
tionen  des  Magens  ist  Gegenstand  der  Untersuchungen  von  Pick, 
Zur  Pathologie  und  Therapie  der  Autointoxicationen 
(Wiener  klio.  Wochenschr,  Nr.  46),  Pick  hat  es  sich  angelegen 
sein  lassen,  bei  Patienten,  welche  über  Schwindelan  lalle,  Kopf* 
schmerzen,  sowie  andere  neurasthenische  Erscheinungen  (Unlust- 
gef^hle,  pHychische  Verstimmungen,  vasomotorische  Störungen,  Urti- 
caria, Bradycardie,  Tachyc&rdie,  Angstanfälle,  Schlaflosigkeit,  Platz- 
angst, Parüsthesien  etc.)  klagten,  wenn  eich  zugleich  Beschwerden 
von  Scalen  den  Magens  (besonders  häufig  übelriechendes  Aufstossen) 


Krankheiten  des  Digeätiünftappurates. 


385 


eruiren  liesseEi,  diesen  eine  besondere  Aufmerksamkeit  zuzuwenden. 
h  einer  gruasen  Anzahl  dieser  Fälle  fanden  sich  in  der  That  atonische 
Zodtände  des  Magens,  seltener  Dilatationen}  als  deren  Folge  längerer 
Aufenthalt  der  Speisen  im  Magen ^  abnorme  Zersetzungen,  Resorption 
ihrer  Producte  und  durch  diese  Autointoxication,  wie  er  annimmt,  jene 
nervösen  Erscheinungen  bedingt  waren.  Eine  daraufhin  eingeschlagene 
Therapie  hat,  wie  mitgetheÜte  Krankenoreschichten  zeigen,  promptesten 
Erfolg  gehabt.  In  erster  Reihe  steht  das  Creosot  (0,05  pro  dosi  in  Kap- 
seln, Bmal  täglich  nach  dem  Essen),  wo  dies  nicht  vertragen  wurde,  und 
in  leichteren  Fällen  Ichth}'ol  (Ammon.  sulfoichtbyoL  0,1  in  caps. 
gelatin,,  3mal  täglich  1 — 2  Kapseln).  Daneben  ist  Gebrauch  zu 
machen  von  der  Mechanotherapie^  besonders  „Kumpf auf  richten"  nach 
Schreber  (Aufsitzen  aas  der  horizontalen  Lage  mit  unter  den  Kopf 
gelegten  Händen),  Bewegung  des  Axthauens,  Sägens  etc.;  auch 
Massage^  speciell  faradische  Massage,  wurde  mit  Erfolg  angewandt, 

Bouveret  und  Devic,  Becherches  cliniques  et  expdri- 
mentales  sar  la  Tetanie  d'origine  gastrique  (Revue  de  m^de- 
cine  1892,  H.  1  u.  2),  fügen  zu  20  aus  der  Litteratur  zu:^ammen- 
gestellten  Fällen  drei  eigene  Beobachtuugen ,  in  denen  es  entweder 
our  »or  tonischen  Contraction  der  Extremitäten,  oder  zur  generali- 
dirten  Tetanie,  die  erst  das  Gesicht,  dann  Hals  und  Kumpf  betraf, 
öder  auch  zu  generalisirten  tonischen  und  clonischen  Zuckungen  mit 
Böwosstseins Verlust  und  folgendem  Coma  gekommen  war.  Klinisch 
fanden  sich  Magenerweiterung  und  Superacidität,  in  zwölf  zur  Autopsie 
gekommenen  Fällen  frische  Geschwüre  oder  Narben  der  Magen- 
schleimbaat.  Als  Ursache  der  Tetanie  werden  Toitine  angesehen ^ 
welche  durch  Einwirkung  der  Salzsäure  und  des  Alkohols  auf  die 
Producte  der  Eiweissverdauung  entstehen«  Intravenöse  Injection 
eines  alkoholischen  Extracts  der  Mageningesta  rief  bei  Thieren  heftige 
tetanische  Convulaionen  hervor.  Langsame  Einfuhr  geringer  Dosen 
de«  Extracts  in  den  dilatirten ,  superseceniirenden  Magen  erzeugte 
dieselben  Erscheinungen,  Alkoholzufuhr  steigerte  sie.  Bei  der  Be- 
handlung dieser  gastrischen  Tetanie  kommen  iu  erster  Linie  Magen- 
aasspülongen  in  Betracht  ^  prophylactisch  ist  bei  8upersecretion  Al- 
kohol zu  meiden. 

Hitzig,  Morphium,  Abstinenzerscheinungen  und  Magen 
(Berliner  klin.  Wocbenschr.  Nr.  49),  bringt  die  Abstinenzerscheinungen 
bei  Entziehungscuren  in  Zusammenhang  mit  der  Einwirkung  des 
Morphiums  auf  die  Salzsäureabscheidung  des  Magens.  Subcutan  ein- 
geführtes Morphium  wird  sehr  schnell  durch  die  Magenschleimhaut 
anageachieden  und  reducirt  hier  einerseits  die  Balzsäuresecretion,  wie 


die  Untersucbuug  bei  einem  Morphrniäten  lehrte ^  fast  auf  NuUf 
ausserdem  muBS  es  die  Magennerven  ausserordentlich  stark  narkoti- 
öiren  und  sie  m  einen  Zustand  veränderter  Erregbarkeit  versetzen ^ 
derart,  dass  der  an  sich  normale  Reiz  der  nach  Aussetzen  des  Mor- 
phiums wieder  abgesohiedenen  Salzsäure  als  krankhafter  empfunden 
wird.  Durch  Irradiation  der  in  den  Vagusbahnen  verlaufenden  Er-  ^ 
reguügen  konnten  andere  nervöse  (Abstinenz-)Er8cheinungen  hervor-  ^ 
gerufen  werden,  Daraafhin  vorgenommene  Magen  aus  Spülungen  mit 
alkalischen  Lösungen  hatten  zur  Folge,  dass  Abstinenzerscheinungen, 
wie  sie  bei  demselben  Patienten  in  früheren  Curen  sehr  st«rk  auf- 
getreten waren^  fast  gar  nicht  zur  Erscheinung  kamen.  ^M 

Gehen  wir  nuBmehr  zu  den  verhältnissmässig  wenig  zahlreichen 
Arbeiten,  die  den  Darm  betreffen ,  über. 

Vorangestellt  seien  einige  Arbeiten  über  die  B  a  r  m  f  ä  u  1  n  i  ss. 
Die  Äusficheidung  der  Aetherschwefelsäure  als  Maatisstab  für  die 
Beurtbeilung  der  DarmfUulniss  ist  mehrfach  Gegenstand  der  Unter- 
suchung gewesen,  ohne  dass  es  jedoch  bisher  zu  practisch  wichtigen 
und  einheitlichen  Resultaten  gekommen  wäre.  Von  einer  bezüglichen 
Arbeit  von  Biernatzky  ist  bereits  in  diesem  Jabrbuche  (1892)  die 
Rede  gewesen, 

V.  Pfungen,  Beiträge  zur  Lehre  von  der  Darmfaulniss 
der  Eiweisskörper  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  21,  H.  1,2),  fand 
bei  einer  an  chronischer  Obstipation  leidenden  Frau  in  der  Obsti* 
pation  tiine  Quelle  erhöhter  Darmfäulniss.  Natrium  bicarbonicum  und 
Calcium  carbonicum  vermochten  ebenso  wie  Acidum  muriaticum 
ei  Den  Abfall  des  Verhältnisses  von  Sulfatschwefelsäure  zur  gepaartea  ■ 
(^  a:b,  nach  von  den  Velden  normal  zwischen  12,9  und  6,9 
schwankend)  unter  0,0  zu  verhüteD,  wozu  weder  Infusum  Sennae  noch 
Magisterium  Bismuti  im  Staude  waren.  Dies  letztere  verminderte 
dagegen  den  Indicangehalt.  Bezüglich  der  Einzelheiten  und  der  TJntar- 
Buohungsmethode  muss  auf  das  Original  verwiesen  werden. 

Rovighi,  Die  Aetherschwefelsäure  im  Harn  und  die 
Darmdesinfection  (Zeitschr.  f.  physioL  Chemie  Bd.  16,  H.  1  u.  2) 
hat  durch  Bestimmung  der  ausgeschiedenen  Aetherschwefelsäure  ge- 
wij^so  Mittel  auf  ihre  Fähigkeit,  die  D«rmlaulniss  zu  hemmen,  geprüft. 
Dabei  orwies  es  sich  als  nothwendig,  um  gewisse  Schwankungen  in 
der  Ausscheidung  während  der  einzelnen  Tagesstunden  auszuschalten, 
die  gojwimmte  24stüiidige  Harnmenge  zu  verarbeiten«  Es  zeigte  sich 
niiD,  dftsit  dam  Terpentinöl,  dem  Campher,  dem  Eucalyptol  und  dem 
Menthol  eine  erheblicbe,  taulnissmiudernde  Wirkimg  sakommt,  mehr 


Krankheiten  des  Digestiunsapparates. 


mr 


lUMÜi  beim  Hunde  (tun  'j^^)  ak  beim  Meuscben^  wo  eine  einmalige 
Dasifi  von  4  g  TerpentiDöl  oder  3  Tage  lang  fortgesetzte  Verabreichung 
von  je  3  g  Campher  die  Ausscheidung  der  Aetherscbwefelsäiire  um  f'^ 
heiabaetzte.  Bei  einem  Kranken  mit  chronischer  Verdauangastörung 
seigte  sich  eine  Wirkung  dieser  Mittel  erst  bei  Application  vermittels 
Darmeinlaufö.  Klystiere  mit  Tannin  hatten  keinen,  soiche  mit  3*^'^iger 
BorsäurelösuDg  einen  sehr  erbeblichen  Einfluss,  doch  zeigten  sich 
bei  den  letzteren  auch  bedenkliche  IntoxicatioDserscheinuDgen.  Karls- 
bader Salz  (15  g)  und  Marienbader  Brunnen  ergaben  in  den  ersten 
Tagen  eine  vermehrte,  dann  aber  verminderte  Ausscheidung,  Kefyr, 
in  Mengen  von  1*;.^  Liter  täglich  genommen,  bewährte  sich  als 
auBgazeicbDetes  Mittel  zur  Einschränkung  der  Darmiaulniss ,  seine 
Wirkung  beruht  zum  Theil  auf  dem  Gehalt  an  der,  freilich  viel 
weniger  intensiv  wirkenden  Milchsäure. 

Dass  noch  ein  anderer  Factor  hierbei  von  wesentlicher  Bedeü- 
tong  ist,  betont  in  einer  voriäuiigen  Mittheilung  Schmitz^  Zur 
Kenntniss  der  üarmfäulniee  (Zeit sehr.  f.  physiol.  Chemie  Bd,  17, 
H,  4).  Durch  Fütterung  mit  frisch  gefälltem  Käsestoff  gelang  es 
ihm,  die  Ausscheidung  der  Aetherschwefelsäure  auf  ein  Minimum  zu 
Terringern  und  selbst  ganz  zu  unterdrücken,  Ursache  sind  vielleicht 
gewisse  im  Käse  enthalteoe  Bacterien  (wie  z,  B.  in  analoger  Weise 
bei  der  Cholera  Aetherscbwefelsäuren  nur  in  minimaler  Menge  ge- 
funden werden).  Michzucker  ergibt  Dach  Schmitz  keine  merkliche 
Herabsetzuug  der  Aetherschwefelsäure ^  Salzsäure  beim  Menschen 
Abnahme  bis  zu  40%. 

Bartoschewitsch,  Zur  Frage  über  das  quantitative 
VerbaUen  der  Schwefelsäure  und  der  Aetherschwefel- 
6äur*>n  im  Harn  bei  Diarrhoen  (Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie 
ßd,  17,  H,  1),  fand  die  Quantität  der  Aetherschwefelsäureu  bei 
Diarrhoen  gegen  die  Norm  geringer,  ebenso  bei  der  durch  Calomel 
erceogten  Diarrhoe,  während  sich  nach  Kicinusol  eine  Quantitäts- 
ileigerong  ergab. 


Die  neuerdings  für  die  bequemere  und  exactere  Untersuchung 
voo  Se-  und  Excreten  vielfach  angewandte  Gentrifuge  empfiehlt 
Hers^  Ein  Behelf  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung 
der  Fäces  (Centralbl.  f.  klin.  Med.  Nr.  42),  auch  für  die  Excremente 
in  Anwendung  zu  ziehen,  nachdem  eine  Probe  derselben  mit  Wasser, 
ser  noch  mit  Ö^^/^^iger  Carbollösung,  die  den  lastigeu  Geruch  mildert, 
leben  ist.  Oben  schichtet  sich  eine  trübe  bacterien  wimmelnde 
gkeit  ab,   darunter  Massen  unverdauter  Cellulose,   hierauf  ein 


288 


Rosen  heim. 


schwarzer  Bieg,  der  fast  einzig  aus  MuBkelfasem  besteht,  darnnter 
©ine  Reihe  schmaler  Schichten,  in  denen  die  diagnostisch  wichtigsten 
Bestandtheile  voneiDander  gesondert  sind,  Rundzelien,  Clostridien, 
Stärke  etc.  80  gibt  schon  die  makroskopische  Betrachtung  eine  gute 
Anschauung  von  der  Zusammensetsang  des  betreffenden  Kotbes. 
Mit  langgespitzten  Pipetten  werden  den  einzelnen  Schichten  Proben 
zur  weiteren  Untersuch uog  entnommen. 

Experimentelle  üntersuchnngen  über  eine  wichtige  in 
unser  Gebiet  gehörige  Frage  hat  Leubuscher,  Untersuchungen 
über  den  Einiluss  der  Opiumalkaloide  auf  die  Darm- 
bewegangen  (Deutsche  med,  Wochenschr.  Kr.  9)  angestellt.  Wird 
bei  einem  curarisirten  Thiere  die  künstlich  erhaltene  Respiration 
unterbrochen^  so  tritt  durch  den  Reiz  des  kohlenöäurehakigen  Blutes 
lebhafte  I Darmbewegung  ein.  Dies  benutzte  Leubuscher  als  Keil 
zur  Erregung  der  Peristaltik ,  um,  angesichts  des  bekannten  Unter- 
schieds in  der  Wirkung  von  Opium  und  Morphin^  die  einzelnen 
Alkaloide  in  ihrem  Verhalten  zum  Darm  beim  Kaninchen  zu  prüfen. 
Die  Narcotica  wurden  direct  in  die  Vene  ein  gespritzt.  Es  zeigten 
sich  dabei  wirksam  auf  die  Ruhigstellung  der  Peristaltik  das  Mor- 
phin^  das  Papaverin,  das  Narcotin^  als  indiflferent  erwies  sich  Codein 
und  Narcein ,  als  erregeod  das  Thebain,  Versuche  mit  Papaverin 
beim  Menschen  hatten  nur,  soweit  sie  Kinder  betrafen,  befriedigende 
Ergebnisse.  Das  Ausbleiben  von  narkotischen  und  sonstigen  Neben- 
erscheinungen lässt  seine  Anwendung  hier  empfehlenswerth  erscheinen 
(0,005—0,05  g). 

Practi seh- therapeutische  Zwecke  verfolgen  die  folgenden 
Publicatiunen : 

Colasanti  und  Dutto,  Untersuchungen  über  die  thera- 
peutische Wirkung  des  Dermatols  (BerL  klin.  Wochenschr. 
Nr.  34),  haben  das  von  Heinz  und  Liebrecht  dargestellte  unter- 
gallusnaure  Wismuthoxjd  iti  Dosen  von  2 — ^5  g  pro  die  in  Pulvern 
von  0,25-0,5,  allein  oder  mit  Opium  gemischt  bei  Diarrhoen  der 
verschiedensten  Alt  (bei  Fhthisikern,  bei  Typhus,  geschwüriger  Entero- 
colitis, Malaria  etc.)  mit  bestem  Erfolge  angewandt. 

Weber,  üeber  die  vortheilhafte  Wirkung  einiger  gerb- 
säurehaltiger Arzneistoffa  beim  chronischen,  nicht  compli- 
oirten  Dünndarmkatarrh  (New  Yorker  med.  Mona tsschr.,  Febr.) » 
empfiehlt,  nicht  das  reine  Tannin^  sondern  tanninhaltige  Mittel  zu  geben, 
wie  z.  B.  Extractum  Ratanhiae,  Extractum  Colombo,  Extractum  Mo- 
oeeiae^  die  besser  wirken  und  nicht  den  Magen  belästigen. 


Kmnkheiten  des  Digestioneapparale«. 


289 


Kohlstock|  Ueber  subcutane  und  rectale  Anwendung 
von  Abführmitteln  (Cbaritö-Annalen  Bd,  17),  prüfte  zunächst 
einige  für  die  subcutane  lojection  achon  von  Hiller  als  geeignet 
FTorgeschlageoe  Purgantieti,  Aloin,  Acidum  catliartinicum  e  Senna, 
Colocynthinum  purum  und  Citrullin,  Starke  Sebmerzen,  die  nadi 
der  Injection  auftraten,  verboten  die  weitere  Anwendung  in  dieser 
Form,  Bessere  Erfolge  hatte  die  rectale  Application.  Der  Vorzug 
dieser  Anwendungs weise  liegt  im  Fortfall  schädlicber  Nebenerechei- 
n  an  gen  und  der  Gewöhnung,  Die  WirkuDg  ist  auägie  biger  als  die 
der  Glycerinklystiere,  die  auaeerdem  noch  häufig  lästigen  Tenesmus 
machen.     Für  leichtere  Fälle  empfiehlt  sich  Äloin  zu  0,4 — 0,5: 

Aloin  IjO, 

Formamid  10,0, 
ttod  Ca  t  hart  in  säure   zu  0,6  (dasselbe    hinterlässt    keine  Neigung  zu 
Veratopfang): 

Acid,  cathartinic.  e  Senna  3,0, 

Aq,  destill.  7,0, 

Natr,  bicarboD,  q,  s,  ad  react,  alcal. 
Für  schwerere  Fälle:  Cobcynthin  zu  0,4  (in  leichteren  zu  0,01 — 0,03): 

Oolooynthini  1,0, 

Alkohol, 

Glycerini  ana  12,0, 
und  CitrulUn  zu  0,02: 

Cilrdliui  2,0, 

Alkohol| 

Glycerißi  ana  49,0, 
Die  Mittel  wurden  aus  Kaders  Oranienapotheke  bezogen. 


In  der  Behandlung  der  chroDisohen   Obstipation    hat   sich    die 
Meohanotherapie  in   der  neueren  Zeit  ein©  hervorragende  Stel- 
lung  errungen.     Eine    Erklärung    ihrer    Wirkungsweise    wird    ver- 
^ SchiedentUch  versucht,  so  von  Eltz,  Ueber  die  physiologische 
Wirkung  der  Darmmassage  (Wiener  klb.  W^ochenscbr.  Nr.  15); 
Kampf,    Zur  Technik    und  Wirkungsweise   der  Mechano- 
[iberapie  bei  chronischer  Obstipation  (Wiener  kliu.  Wocheu- 
[ichriftNr.  26);  Bum,  Die  physiologische  Wirkung  der  Bauch- 
laaaage   bei  habitueller  Obstipation  (Wiener  med.  Fresse 
Nr,  46).     Während    E 1 1  z    den   Erfolg  der  Massage  als    wesentlich 
Dgt  ansieht  durch  Beförderung  der  Resorption  der  Infiltrate  der 
^Dannwand    bei  chronischen  Darmkatarrhen   und  einer  Heilung  der- 
selben, dagegen   dem  eigentlichen  mechanischen  Momente  geringere 

Jtlirtueb  d.  pfftct.  Medicln     189U,  1^ 


Slts  & 


Tob 


SmWkht^rüt 


nmmiisn  wir  Bodi  ms  «0%^  iBfcr  icia  klinisckeii 
AriMiteo: 

Birchtr,  Ooelasioa  des  DsBBdftrm«  darek  Gallen* 
steine  (ConwagnuAmähL  t  BAm&am  AmaM  Vr. 6^  XattBügthag^ 
Prma,  die  frtber  «car^slgieeba  Ai>fiae%  alMr  tm  leten«  gehabt 
liAtte,  erkrankte  uater  den  gSeidbeB  mum  DiMnererklmwee.  Bei 
.der  Opervtioii»  welAe  &  BüMotim  an  rnmägb  dcudai  tbarieliAe, 
erwies  aick  eia  Iti^ielier  GiHfiwtaiSi  ea  deMsa  Ssm  die  Maeosa 
mehrere  Uloeffatioiiea  leigte,  als  dea  ffiadetaiaff 

ToQcbard^  Note  ear  ua  eaa  d'alietTaetioii  intestiaal^H 
avec  dierrliie^  abaeaoe  de  vomieseaienta  feealoldea  et  dl^H 
ballcaaemeat  da  Teatre  (Progr&a  laM.  Nr.  5).  £iae  67jihrige 
Freu  erkrankte  unter  ckolermeibiilicbeii  Syiapoomen  und  starb  scbon  in 
welligen  Tagen.  Die  Seetien  erwies«  daas  eine  Dermeinklemmung 
im  unter&^ten  Theile  des  nouni  bestand  mit  Gangrän  eines  circa 
10 — 15  om  langen  Darmstückä,  Die  Diagnose  hatte  intra  vitam  un- 
möglich gestellt  werden  können,  da  der  Leib  stets  weiche  Schmers- 
loi»)  nicht  angetrieben  war,  nur  nach  dem  Essen  und  nie  faculente 
Massen  erbrochen  wurden,  und  während  der  ganaen  Beobachtnngsaeit 
Diarrhoen  bestanden. 

Semmola  (Brit,  me^l*  Jouru.,  Febr*  20)  gelang  es,  bei  Ileus» 
der  auf  Paralyse  der  DOnodarminnervation  beruhte,  duroh  Anwendung 
des  conttaaten  8  t  rem  es  in  neun  Sitzungen  Heilung  zu  erzielen. 

Banr,  Bssbasbiongen  über  Darminyagination  (Berl. 
klin*  WocUmis^bri  Ifr.  09— S5)|  tbeilt  aus  der  Liebermeister'schen 
Klinik  0  Ifälls  ¥en  Darmefnsttitpung  mit  Bei  sämmtlicben  haadeke 
es  sich  um  lOfSginstio  Usoooeoalis,  7  kamen  surSection,  2  blieben 
am  liitUm^  M  iiniot  von  diesen  hatte  sich  die  Invagination  noch 
naeb  4^0  Mdtiaten  durch  hohe  Eingiessungen  losen  lassen. 

Von  defi  Enlttreich  pubticirten  Fällen  von  Operationen  des  Ileus 
kann  hier  f  11  glich  abgesehen  werden. 

Bi«r,  FUnl'  interessante  Bauchoperationen  (Deutsche 
med,  Woohi^nschr.  Nr.  28).  Von  diesen  mögen  zwei  hier  erwähnt 
sein.     Hei    der    einen    seigten    sich    an   einem  resecirten  Stücke  der 


Krankheiten  des  Digestionfi&pparates, 


391 


Fiexura  sigmoidea  zahlreiche  Divertikel,  die  durch  ScbmmpfuDg  des 
KafieüteriuEn  entstanden  waren.  In  einem  anderen  Falle  handelte 
ds  sich  um  einen  recidivirenden  Ileus,  den  der  Patient  mehrfach 
dftdnrch  selbst  hatte  beseitigen  könnenj  dass  er  die  Knieellenbogen  tage 
einnahm.  Als  dies  in  einem  Falle  misslang^  gelang  es  doch  durch  in 
das  Rectum  eingeführte  ganze  Hand,  das  Hinderniss  zu  beseitigen. 
Welcher  Art  dies  gewesen,  konnte  nicht  eruirt  werden.  Der  Erfolg 
der  Behandlung  spricht  für  das  Vorhandensein  eines  Klappen- 
uedhani^mus. 

Nach  der  eingehenden  Behandlung  der  Perityphlitis  im 
vorigen  Jahre  (s.  dieses  Jahrbuch  1892)^  kann  diesmal^  zumal  neue 
Gesichtspunkte  seitdem  nicht  gewonnen  sind,  von  einer  weiteren 
Discassion  dieses  Gegenstandes  abgesehen  werden.  Neue  Fälle  publi- 
ciran  Schede  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr»  23)  u.  A. 

Stein,  Zur  Kenntniss  der  Darmneurosen  (Wiener  med, 
Wochenschr.  Nr.  20  u.  21),  tbeilt  den  Fall  eines  2djährigen  Mädchens 
mit,  das  jedesmal,  wenn  es  etwas  ass,  wenig  Gebäck  oder  Fleisch  oder 
etwas  Suppe T  sofort  lebhaftes  Gurren  und  Kollern,  Stubldrang  und 
Entleerungen  bekam  (breiig  bis  flüssig,  von  normaler  Farbe,  ohne 
auffällige  Bestand th eile),  die  als  durch  rein  reflectorisch  erregte 
Peristaltik  hervorgerufen  angesehen  werden  miiasen.  Durch  Galvani- 
sation warde  Heilung  erzielt. 


Auf  die  Darmparasiten  bezieht  sich  die  Arbeit  von  Leichten- 
flterni  Ueber  die  Charcot-Robin^sohen  Kryatalle  in  den 
Picea  (Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr,  25,  S.  582).  Anwesenheit 
Cliarcotacber  Krystalle  in  den  Fäcee  macht  das  Vorhandensein  von 
Barmparasiten  wahrscheinlich,  ohne  jedoch  eine  bestimmte  Art  zu 
oharakterisiren.  Abwesenheit  der  Krystalle  schliesst  Parasiten  nicht 
aas.  Die  Bildungsweise  der  Krystalle  ist  unklar.  Der  Ort  ihrer 
£ntstehiing  ist  der  des  Parabitenaufenihalts. 

Besondere  Schwierigkeiten  in  der  Diagnose  bietet  die  durch 
Actinomykoae-Infection  verursachte  Perityphlitis,  von  der 
LaDx  aus  der  chirurgischen  Klinik  in  Bern  zwei  Fälle  veröffentlicht 
(CoirespondenzbL  f,  Schweizer  Aerzte  Nr,  10  u,  11)*  Der  erste  Fall 
verlief  vollkommen  unter  dem  Bilde  einer  abscedirenden  Peri- 
typhlitis, zu  der  sich  später  unter  Senkung  des  Abscesses  nach  dem 
Oberacfaenkel  zu  eine  Flexionscontractur  desselben  gesellte,  In  dem 
zweiten  Fall  wurde  mehr  an  entzündliches  Exsudat  oder  maligne 
Neabildung  vom  Becken  ausgehend  gedacht.  Charakteristisch  ist  die 
Cbronicität  des  Verlaufs,  die  diffuse,  feste  Infiltration,  später  multiple 


29^ 


Rodenheim. 


Fifttelbilduog,  faet  völlig  fehlende  DannerscbeiDung,  locaL  bleibend e 
Reaction  des  Peritoneum.  Äcnt  entzündliche  Erscheinungen,  durch 
Mischinfectionen  bedingt  ^  können  die  ohnehin  schwierige  Diagnose 
noch  mehr  erschweren.  Entscheidend  ist  natürlich  der  Nachweis  der 
Actinomyceskörner.  Die  Prognose  der  beschränkten  Cöcalerkrankiing 
ist  viel  günstiger  als  die  der  ausgedehnten  Darmactinomykose, 
Immerhin  sind  Recidive  häufig.  In  dem  zweiten  Fall  brachte  Total* 
exstirpation  der  betroffenen  Darmpartie  definitive  Heilung. 


Schliesslich  seien  noch  einige  das  Rectum  batrefTeude  Publica- 
tionen  aufgeführt.  Dieselben  beziehen  sich  auf  die  Mastdarm* 
gesch  würe» 

Hahn,  Ueber  syphilitische  Mastdarmerkraukungen 
(Deutsche  med.  Wochenschr. Nr. 4),  behandelt  einen  Fall  von  Proctitis 
syphilitica  mit  Strictur  des  Rectum  nebst  zahlreichen  Geschwuren 
und  einer  Strictur  des  Dünndarms.  Amyloide  Degeneration  der 
Organe  führte  zum  Tode,  Die  Exstirpation  des  Mastdarms  hält 
Hahn  nur  da  für  indicirt,  wo  die  Erkrankung  scharf  begrenzt  ist 
und  nicht  zu  weit  hinauf  geht,  sonst  wendet  er  die  Colotomie  an, 
deren  Folgen  nicht  unangenehmer  sind  als  die  der  Incontinentia  recti, 
die  bei  der  ersteren  Operation  meist  nicht  zu  vermeiden  ist  Hahn 
spricht  sich  dagegen  aus^  jede  Proctitis  ulcerosa  für  syphilitisch  zu 
erklären,  der  bebandelte  Fall  war  es  sicher. 

Foelchen,  Ueber  die  Äetiologie  der  stricturireoden 
Mastdarmgeschwüre  (Virchow's  Archiv  Bd.  127,  H.  2),  hat,  um 
eine  objective  Pröfung  der  ätiologischen  Verhältnisse  vorzunehmen, 
219  Fälle  in  einer  tabellarischen  Uebersicht  zusammengestellt,  von 
denen  er,  wo  es  möglich  war,  ausser  der  Anamnese,  die  sich  speciell 
auch  auf  die  Syphilis  bezog,  Befund  an  Genitalien,  am  After,  am 
Rectum,  Therapie  und  Verlauf  nolirt.  Unter  den  219  Mastdwrm- 
kranken  betrafen  25  Minner,  2  Kinder,  190  Frauen  (in  2  Fällen  war 
kein  Geschlecht  angegeben),  96mal  war  ausdrücklich  das  Nichtvor- 
handensein von  Syphilis  betont.  Als  andere  ätiologische  Mo- 
mente werden  aufgeführt  Traumen,  Tuberculose,  Dysenterie,  Decu- 
bitus, perforirende  Bartholinitis,  Uebergang  virulenten  Vaginalsecrets 
durch  Bectovaginaitisteln,  Das  Enderg ebniss  ist:  Nor  in  einer  ver- 
schwindenden Minderheit  ist  die  Äetiologie  klargelegt. 

Nickel,  Ueber  die  sogenannten  syphilitischen  Mast- 
darmgeschwüre (Virchow's  Archiv  Bd.  127,  H,  2),  unterscheidet 
ätiologisch  syphilitische,  dysenterische  sodann  aber  auch  traumatische 
(irorzQgsweiae  durch   Klystiere),    deeubitale  und  die  durch    Ueber- 


Krankheiten  des  DigestiOBsap parates. 


293 


I  greifen  periproctaler  Processe  auf  die  Darmwand  uoter  Perforation 
iderselben  von  aussen  nach  innen  entatandenen  Mastdarmgescliwüre, 
Auf  Grund  von  15  untersuchten  utid  mitgeth eilten  Fällen  unter  Be- 
röcköichtigDDg  der  sonetigen  Litteratur  zieht  Nickel  den  Schluss, 
daaa  wirklich  syphilitische  Geschwüre  des  Bectum  sehr  selten  Bind. 
Die  wenigen  genau  untersuchten  hab^n  auf  der  Basis  constitatio neuer 
Luea  ihren  Ursprung  in  zerfallenen  Gommiknoten.  Gegen  die  An- 
nahme, dasa  die  anderen,  nicht  von  Gummata  ableitbaren  Uleera- 
tlonen  auf  einen  Coitus  praeternaturalis  Eurück zuführen  seien ,  spricht, 
wie  auch  Poelchen  betont ^  die  Ueberlegang,  dass  dann  zunächst 
die  Einrisse  der  Schleimhaut  am  Sphincter  inficirt  werden  müssten» 
Aach  das  Ueberfliessen  von  Vagina Isecret  in  das  Rectum  wird  für 
aDwabrächeinlich  gehalten,,  Häufiger  sind  traumatische  (Klysma, 
unterBnchender  Finger)  und  decubitale,  durch  den  Druck  fester  Koth- 
ballen  entstandene.  Hier  hat  die  Prophylaxe  mit  Sorge  für  regel- 
missige  Entleerung  einzusetzen« 


Einzelne  Arbeiten,  die  grossen  Unterleibsdrüsen  betreffend, 
ichliessen  wir  hier  an. 

Gerhardt,  Verkleinerung  der  Leber  bei  gieicbblei- 
bender  Dämpfung  (Zeitscbr.  f.  klin.  Med.  Bd.  21,  H,  3  u.  4),  tbeilt 
einen  Fall  mit,  der  ganz  das  Bild  der  acuten  Leberatrophie  bot,  bis 
auf  den  Punkt ,  dass  in  den  letzten  Tagen  die  Leherdampfung  sich 
nicht  verkleinerte*  Der  Grund  hierfür  lag  darin,  dass  Verwach- 
fiungen  mit  dem  parietalen  Peritoneum  ein  Zurücksinken  des  sehlaifen 
Organs  verhinderten. 

Haitier,  Die  Schwankungen  der  normalen  Leber-  und 
Mili dämpf ung  (Wiener  med.  Wochenscbr.  Nr.  24),  hat  sich  durch 
fortgesetzte  Beobachtung  davon  überzeugt,  dass  die  Leber-  und  Miiz- 
dämpfung  bei  gesunden  Personen  zu  verschiedener  Zeit  differirt,  und 

^gtaabt    diese    Schwankung,    da   sie    alle    Durchmesser  betrifft,    auf 

I  Yol umSchwankungen  beziehen  zu  dürfen. 

Von  hervorragendem  loteresse  war  das  auf  dem  XL  Oongress 
für  innere  MedicLn  zur  Discussion  gestellte  Thema  ,,Ueber  chro- 
nische Le  bereut  Zündung",  Das  erste  Referat  hatte  Rosen- 
itein-Leyden  übernommen.    Rosenstein  weist  auf  die  Analogie 

Lhtn^  welche  zwischen  den  chronischen  Entzündungen  der  Niere  nnd 
denen  der  Leber  besteht^  indem  es  bei  beiden  Organen  zu  Zuständen 
kommt,  die  eher  zur  Gegenüberstellung  als  zum  Vergleiche  herauB- 

. sofordem  scheinen:    einerseits  die  grosse,  glatte,  weisse  oder  bunte 

LJSiot«  and  die  grosse,  glatte,  braunrothe  oder  olivgrüne  Leber,  anderer- 


294 


Eosenheiin* 


seits  die  kleine  höckrige^  rothe  oder  weisfle  Niere  und  die  kleine 
hdckrige  granulirte  gelbliciirotlie  Leber.  Nachdem  die  eiDheitliche  Äuf- 
fasstmg  der  Cirrhose  zue^^st  von  klinischer  Seite  erschüttert  worden, 
und  man  zur  Aufstellung  zweier  Formen ,  einer,  für  die  Leberver- 
grösseruug,  Icterus^  Mangel  des  Ascites  charakteristisch,  und  einer, 
die  durch  kleine  Leber,  starken  Ascites  und  Maogel  an  Icterus  ge- 
kennzeichnet  ist^  gekommen  war,  hat  man^  heaonders  seitens  der 
Franzosen^  gestrebt,  auch  histologische  Unterscheidungsmerkmale  für 
die  beiden  Formen  zu  finden.  Man  kam  dazu,  eme  atrophische 
venöse  (d.  h,  von  der  Y,  portae  ausgebende)  und  eine  hypertrophische 
biliöse  Form  zu  unterscheiden,  Bosengtein  erkennt  nur  folgende 
Unterscheidungszeichen  an;  1)  die  von  Charcot  zuerst  hervorge- 
hobene ri  ng  form  ige  Umschntirung  der  Leber  bei  der  atrophischen, 
die  inselförmige  Verbreitung  des  ueugebildeten  Bindegewebes  bei 
der  hypertrophischen  Form;  2)  die  Leberzelle  ist  bei  der  atro- 
phischen Form  abnorm,  häufig  fettig  degenerirt,  bei  der  hyper- 
trophischen höchstens  in  der  Peripherie  der  Läppchen  schmaler 
und  glatter,  sonst  gut  erhalten,  mit  farbbarem  Kern;  3)  die  der  Vena 
portae  angehörigen  Blutgefässe  sind  bei  der  atrophischen  Form  durch 
Compression  obliterirt,  bei  der  hypertrophischen  offen.  Diese  Unter- 
scheidung ist  zutreffend  für  die  reinen  Fälle,  die  Mehrzahl  aber  ge» 
hört  dem  „type  mixte^  an.  Klinisch  unterscheidet  Rosenstein  drei 
Typen;  Die  reine  Sohrumpfleber  (analog  der  genuinen  Schrumpf- 
niere),  die  erst  zur  Erscheinung  kommt,  wenn  sich  schon  Stauungen 
im  Pfortader  System  aasgebildet  haben.  Ein  Uebergang  der  ver- 
gröeaerten  in  die  Schrumpf leber  Laennec'a  ist  nur  ganz  ausnahms- 
weise Gegenstand  klinischer  Beobachtung.  Die  zweite  Form  ist  die 
i c  te r  i s  c h  - h  y  p  e  r  t  r 0  p  h i  B  c  h  e ,  mit  unbedeutendem  Ascites,  starkem 
Müztamon  Daneben  wird  hervorgehoben,  dass  auch  das  Blut  dabei 
verändert  ist  (Vermehrung  der  rotben,  Verminderung  der  farblosen 
Blatkörperchen),  constant  sind  accidentelle  Herzgeräusche,  auch  be- 
steht eine  Neigung  zu  Blutungen  aus  Schleimhäuten  und  in  die 
Haut,  Veränderungen  an  der  Haut,  besonders  Urticaria,  ferner  He- 
meralopie, auf  einem  Torpor  retinae  beruhend,  Xanthelasmen ,  deren 
Zusammenhang  mit  dem  Icterus  aber  sehr  zweifelhaft  ist  Vor  Ver- 
wechselung mit  intrahepati sehen  Tumoren  schützt  die  Constanz  dea 
Miktumors.  Verwechselungen  sind  möglieb  mit  amyloider  Degenera- 
tion, hier  kann  wohl  meist  die  cbarakteriatiscbe  Nierenaffection  Auf- 
scbluss  geben,  femer  mit  der  echten  biliären,  auf  Abachluss  der 
grossen  Gallenwecje  beruhenden  Cirrhose  und  schliesslich  mit  chro* 
niflch    katarrhalisobem    Icterus.     Die    dritte    Form  endlich   ist  die 


Krankbeiten  des  Digestionaapparates. 


295 


der  secundären  Schrampfleber,  ohoe  Icterus,  mit  Leber ver- 
k:grÖS8eruBg  trotz  der  Schnimpfung,  die  aucb  gegen  das  Ende  zu 
StauuDgserscheiuuiigeD  führt«  Auck  hier  kommt  es  allmählich  zu 
Blotverinderungen.  Die  Kranken  sind  h^chBtens  eubicterisch ,  im 
Harn  ürobilin  vermehrt,  kein  Bilirubin,  Die  Behandlung  hat  die 
Aufgabe,  bei  der  Schrumpf unga form  die  8tauungserscheiiaungen  aua- 
zttgleichen,  die  Diät  hat  alle  die  Leberzellen  reizenden  Stoffe  fern- 
luhalten  und  übermässige  Eiweißszufuhr  zu  verhindern.  Wichtig  sind 
Hautcaltur  und  Körperbeweguogen*  EmpfehleEswertber  als  die  Dra- 
stica  sind  die  Dluretica,  besouders  Resina  Copaivae  und  Kali  aceti- 
cum,  auch  eine  frühzeitige  Function  wirkt  nicht  nur  palliativ.  Jod- 
kalium wirkt  nur  bei  den  syphilitischen  Eormen.  Bei  der  icterisch- 
bvpertrophiscben  Form  läset  sich  der  Icterus  durch  kein  Mittel 
beeinflussen,  gute  Ernährung,  Hautcnltur^  Sorge  für  Diurese  muss 
der  Gefahr  einer  plötzlichen  Harnstockung  vorbeugen. 

Gorreferent  zu  demselben  Thema  war  Stadelmann-Dorpat. 
Derselbe  berücksichtigt  vornehmlich  die  Pathogenese  der  Leber- 
cirrhoae,  Entstehungsürsachen  des  Icterus,  die  Stoffwecbselanomalien 
und  die  Versuche,  experimentall  die  Cirrhoae  zu  erzeugen.  Er  be- 
streitet die  Möglichkeit  einer  irgendwie  sicheren  Unterscheid uug  zwi- 
schen hypertrcphiscLen  und  atrophischen  Formen,  sei  es  anatomisch 
oder  klinisch.  Die  Frooesse  der  Bindegewehaneubildung  gehen  in 
einander  über,  alle  Formen  finden  sich  in  ein  und  derselben  Leber. 
Hjrpertropbie,  Verfettung  der  Leberzellen  finden  sich  bei  beiden  Formen^ 
mehr  degenerative  Frocesse  bei  der  atrophischen.  Die  atrophische 
Form  kann  ein  hypertrophisches  Stadium  zeigen ,  andererseits  die 
hypertrophische  schrumpfen.  Auch  Ascites  zeigt  sich  bei  beiden, 
seltener  allerdings  bei  den  hypertrophischen  Zuständen.  In  ^,3  aller 
Fälle  kommt  es  auch  hei  der  atrophischen  Cirrhose  zu  Icterus*  Bei 
dieser  wird  infolge  der  Atrophie  vieler  Zellen,  des  VerachlusaeB 
vieler  Pfortaderaste  weniger  Galle  gebildet,  daher  auch  weniger  resor- 
birt,  als  bei  der  hypertrophischen  Girrhose.  Indessen  kommen  auch 
bypertrophisohe  Formen  ohne  Icterus,  wie  atrophische  mit  starkem 
Icterus  vor.  In  ätiologischer  Beziehung  spielt  der  Alkohol  für  beide 
Formen  die  Hauptrolle.  Daneben  ist  sichere  Ursache  Malaria  und 
Syphilis,  wahrscheinliche  Tuberculose,  angebliche  auch  Gicht,  Ge* 
nofls  scharfer  Gewürze,  Pfortaderthrombose,  acute  Infectionskrank- 
iieiten^  langer  Gebrauch  von  Drasticis.  In  einer  Reihe  von  Fällen 
ist  die  Aetiologie  unbekannt. 

Versuche,  die  Erscheinungen  der  Cirrhose  experimentell  durch 
Unterbindung  des  Ductus  choledochuB,  durch  chronische  Vergiftung 


I 


296  Roseoheim. 

mit  Artsen,  Pboephor,  Tolaylendiamiii,  AHtohol  zu  erzeugen,  sind 
bisher  nicht  geluDgen.  Möglich,  dass  die  Lebercirrhose  nur  Theil- 
erscheinung  einer  allgemeiaen  Erkrankung  des  Körpers  ist,  vielleicht 
der  Arter ioskleroae.  Functioöen  der  Leber ,  deren  Ansfall  bei  der 
Cirrbose  in  Betracht  kommen  könnte,  sind;  1)  Die  Harnstoffbildung. 
Stadelmann  konnte  sich  von  einer  sicheren  Herabsetzung  derselben 
nicht  überzeugen.  2)  Die  Beeinträchtigung  der  Fähigkeit ,  Oifte 
(Ptomaine,  Alkaloide)  zurückzuhalten  und  unschädlich  zu  machen, 
könnte  vielleicht  die  schweren  nervösen  Zustände,  die  zuweilen  aui- 
treten,  erklären.  3)  Die  Glykogenhildung.  Relativ  häufig  findet  eich 
in  der  That  bei  interstitieller  Hepatitis  alimentäre  Glykosurie.  In 
therapeutischer  Beziehung  betont  Stadel  mann  noch,  dass  die  gün- 
ßtige  Wirkung  von  Trinkcuren  alkalischer  Wässer  in  der  Einwirkung 
auf  Darm  und  Oirculation  zu  suchen  ist.  In  die  Qalle  gehen  die 
Alkalien  nicht  über. 

In  der  Diacussion  theilt  v,  Frey  mit,  dass  bei  Unterbindung 
des  Qallenganges  der  Icterus  ausbleibt,  wenn  gleichseitig  die  Lymph- 
gefäese  durch  Unterbindung  des  Ductas  thoracicus  verschlossen 
werden.  Obwohl  die  Galle  bei  enormer  Erweiterung  der  Gallen-  ■ 
gänge  die  Blutgefässe  umspult^  tritt  sie  doch  nicht  ins  Blut,  Acker- 
mann erklärt  das  Ausbleiben  des  Icterus  bei  der  atrophischen  Cir* 
rhose  durch  die  Neubildung  von  Gallengefäsaen,  die  eine  andauernde 
Oommunication  zwischen  Gallen capiüaren  und  interacmöisen  Gallen- 
wegen  herstellen.  Die  Neubildung  des  cirrhotischen  Bindegewebes 
hält  er  immer  für  secundär^  primär  ist  die  Degeneration  der  Leber- 
Zellen.  _ 

Den  Standpunkt  Fürbringe r*ö  kennzeichnet  Freyhan,  Kli-  ■ 
nische  Beiträge  zur  hypertrop  hie  eben  Lebercirrhose  (Vir- 
chow's  Archiv  Bd.  128)»  Frey  hau  tritt  unter  Hittheilting  von  vier 
im  Krankenhaus  Friedrichshain  beobachteten  Falten  dafür  ein,  die  ■ 
hypertrophische  Lebercirrhose  als  besondere,  kliuiscb  und  anatomisch 
gut  charakterisirte  Krankheitsforui  anzunehmen.  Klinisch  charak- 
terisirt  sich  die  hypertrophische  Cirrbose  dnrch  mächtige,  meist 
gleichmässige  Lebervergrösserung,  intensiven  Icterw,  dabei  gefärbte 
Stühle  (was  differentialdiagnostisch  gegen  Lebergeschwülste  verwerth- 
bar),  Fehlen  oder  geringes  Vorhandensein  von  Ascites.  Milzschwellung 
ist  fast  stets  vorhanden,  häutig  Neigung  zu  Magen-  nnd  Darm- 
katarrhen mit  hämorrhagischem  Charakter.  Aetiologiach  spielte  in 
allen  vier  Fällen  Alkoholismus  eine  Rolle. 

White,  Gases  of  jaundice  due  to  aneurysm  of  the   he- 
patic  artery  and  to  movable  kidney  (Brit  med,  Journ.  1892, 


Krankheiten  des  Digestfonsappftrates. 


297 


JaDnar),  fuhrt  zwei  Fälle  vod  Icteros  auf,  deren  einer  durch  ein 
Äneoiysma  der  Arteria  hepatica,  welches  durch  Druck  den  Doctus 
hepaticua  verschloss,  verursacht  war.  In  einem  zweiten  Falle  bezieht 
er  einen  anfallsweise  auftretenden  Icterus  auf  eine  vorhandene 
WaDderniere. 

Ferrand  berichtet  in  der  Acad6inie  de  mMecine  über  Erfolge 
in  der  Behandlung  der  GallensteinkoHk  mit  Glycerin,  das 
eine  abundante  Hypersecretion  der  Galle  zu  bewirken  scheint.  Bei 
Koliken  gibt  er  20 — 30  g  in  Wasser;  eventuell  mit  Chloroformzusat» 
in  2 — 3  Portionen.  Gegen  die  Diathese  werden  jeden  Morgen  4 — 15  g 
in  alkalischem  Brunnen  (Vichj)  gegeben» 

tgasee,  L^buile  d^olive  dans  le  traitement  de  la  co- 
li qae  (BuUet  g^n.  de  Th^rap.,  Febr.),  berichtet  über  die  günstigen 
Erfolge  der  Behandlung  der  Gallenateinkolik  mit  Olivenöl, 

Furbringer^  Zur  Kenntniss  der  Peeudogallensteine 
oad  sog,  Leberkolik,  Von  vier  auf  Cholelithiasis  verdächtigen 
Personen  wurden  mohnkorn-  bis  erbsengrosse  harte  Steine  entleert^ 
die  eich  als  Birnconcretionen  erwiesen,  Bezüglich  der  nervösen^ 
hepatischen  Kolik  oder  Lebern euralgie  wird  mitgetheilt,  daBS  der 
Anfall  dem  der  G&llensteinkolik  durchaus  gleicht,  doch  ist  immer 
der  intensivste  Schmerz  auf  die  Leber  localisirt,  sie  tiudet  sich  bei 
nenraßthenischen  und  hysterischen  Personen  gern  neben  anderen 
Visceraloeuralgien.  Die  Anfälle,  ohne  ersichtliche  Veranlassung  auf- 
tretend, haben  Neigung  zu  gewisser  Periodicität  Icterus  und  Leher- 
ftchwellung  hat  Fiirhringer  stets  vermiest,  Druckempfindlichkeit 
der  Leber  stets  angetroffen.  Zu  entzündlichen  Localaffectionen,  das 
ist  differentialdiagnoatisch  wichtig,  kommt  es  niemals. 

Ueber  die  Erkrankungen  der  Ba  achspei  che  Idruse  liegt  eine 
nmfasaende  Arbeit  von  Seitz,  Blutung,  Entzündung,  bran- 
diges Absterben  der  Bauchspeicheldrüse  (Zeitechr,  f.  klin. 
Med,  Bd.  20,  H.  2—6),  vor,  die  sich  zum  kürzeren  Eeferat  nicht  eignet. 


6.    Nieren  krank  he  Iten, 

Von  Prof.  Dr.  Pörbrin^er,  Director  am  Krankenbanse  Fnedrichahaiii 
in   Berlin. 

Man  kann  den  Erzeugniasen  des  Berichtsjalird  auf  dem  Felde 
der  Nierenerkrankungen  ein  gutes  Zeugoies  ausstellen,  insofern  sie 
im  Grunde  billigtm  Anforderungen  solider  Practiker  entsprechen; 
In»  Spitillndigo  gi»triobene  theoretiache  Batsonnements  sind  ebenso 
npUt Uni)  Kü*ftt|  wie  kritikWse  Empfehlungen  von  Medicamenten.  Ein 
harvortrotander  Zuji  di*r  V^^rtiefuDg  zeigt  eich  besonders  in  den  Be- 
lurbeitnngen  dtn*  wichtigen  diütoHscben  Behandlung.  Zur  endgültigen 
Klärung  haben  dieselben  freilich  noch  nicht  geführt. 

In  der  Anordnung  des  Stoffs  folgen  wir  früherer  GepEogenheit. 
Einige  Nachträge  sind  aus  bereits  mehrfach  geäusserten  Gründen 
ebenso  nothwendig  gewesen^  als  sie  t^r  das  nächste  Jahr  un* 
^rmeidlich  sein  werden. 

Wir  gedenken  also  zunächst  der  Beiträge  snr  Physiologie  der 
Niere ,  insofern  sie  zum  Hatiptsymptom  der  Nierenentzündung,  der 
Albuminurie^  in  Bexieliun«  treten.  Hier  ist  Lang,  über  dessen 
Lehre  der  EniMtehiuigKb/jdingungen  der  Eiweissausscheidung  wir 
bereits  kurz  bericbtot  (dioi«  Jahrb,^  Bericht  f.  1891,  S.  S13),  in  einer 
ausfuhr!  ichon  Arbt»it  tUjt^r  den  Antbeii  der  Malp  ig  hinsehen  Knäuel 
an  der  liiirnüUMiKjboidinjg  und  die  Gesetze,  nach  denen  diese  vor  sich 
gebt  ( Wiitniir  nmd.  Wocheniicbr.  18^1,  Nr.  47  n,  48),  auf  Grund  eigener 
ttöifiingroicbor  lIuterHuchungen  u.  A.  zu  dem  Resultat  gelangt,  dass, 
währoiid  die  im  HlutwaM«ür  gelösten  Harnbestandtheile  einfach  auf  dem 
Wege  dur  DiffuHiun  ohne  Concurrenz  einer  Secretion  im  engeren  Sinne 
und  ob  1111  llägulirung  durch  ein  Nervencentrum  durch  die  Wandung  der 
Gefännknituol  und  event  auch  noch  jenseits  derselben  ausgeschieden 
werden,  die  Aussoheidung  jener  Harnbestandtheile,  welche  im  Blute 


^ierenkrai)  khei  ten. 


399 


priformirt  sind  und  ein  höheres  Molecularvolumen  als  HarBStoff  be- 
nlMKii  b5chBt wahrscheinlich  jenseits  der  Knäuel  vor  eich  geht. 
Wiren  die  Wandungen  dieser  auch  für  die  letztgenannten  Bestand- 
tbeile  durchgängig,  so  müsste  eine  geringe  Zunahme  des  hohen  hy draa- 
lischen Drucks  auch  ungelöste  Blutbestandtheile  (Kiweiss)  passiren 
liiflen.  Vielleicht  sind  bei  der  Ausscheidung  neben  dem  hydro- 
dynamischen und  osmotischen  Druck  elektrische  Kräfte  thätig.  Bei 
dieser  Gelegenheit  wollen  wir  nachholen,  dass  Chnbri^  (Gaz.  m6d. 
de  Paris  1891,  Nr,  46)  bei  seinen  Nachahmungen  der  Nierentbätig- 
keit  im  Laboratorium  (Filtration  von  Blutgerum^  Blut-  und  Eiweiss- 
harn  im  Dtalysator  durch  thierische  Membranen  in  Wasser  unter 
Terschieden  starkem  Druck)  die  Scbnelb'gkeit  des  Durehtritts  der 
BlatbestandtheUe  geringen  Molecularvolumens  (Harnatoffj  Harnsäure) 
als  von  der  Grösse  desselben  unabhängig  erkannte,  während  beim 
£i weiss  die  letztere  von  £infia8S  ist.  Bei  schwachem  Druck  hört 
das  Albumin  überhaupt  auf,  durch  die  Filtermembran  zu  dringen, 
Uan  beachte  den  Oontrast,  in  welchem  diese  Resultate  zu  dem  be- 
kannten Runeberg^schen  Satz  stehen,  dass  der  Eiweissgehalt  des 
Filtrats  bei  Verminderung  des  Drucks  zunehme* 

Dass  neben   der   vesicalen   eine    renale  Nucleoalbuminurie 

exiistirt^   hat  F.  Obermayer  (Centralbl.  t  klin.  Med.   1892,  Nr.  1) 

dargethan.    Dieselbe  verdankt  ihre  Entstehung  einer  Schädigung  der 

^-nepithelien  insbesondere   im  Bereich  der  Marksubatanz.     Viel- 

t  kommt  diesem  interessanten  Funde  auch  klinisch-diagnostische 
Bedeutung  zu. 

Rathschläge  zum  practischen  Nachweis  der  Albuminurie 
geben  Spiegier  (Wien.  klin.Wochenschr,  1892,  Nr.2),  Vas(Ung.Arch. 
t  Med-  18^,  Nr,  2)  und  0.  Rosenbach  (Deutsche  med.  Wocheuschr. 
|8Ö2,  Nr.  17).  Der  erstgenannte  Autor  empfiehlt  als  höchst  empfind- 
Eeaetion  die  Ueberschichtung  des  mit  Essigsäure  versetzten 
I  mit  einer  Zucker  und  Weinsäure  enthaltenden  io  ^^igen  Stiblimat- 

ag.  Hingegen  verwirft  Yas  die  Essigsäure-SubKmatprobe ,  da 
in  den  meisten  normalen  Hamen  Trübungen  erzeugt^  und 
Jlt  in  seinen  Untersuchungen  über  die  practiache  Verwendbarkeit 
Einiger  neueren  Eiweissreactionen  r ticksichtlich  der  Sicherheit  die 
Snlfosalicyl-  und  Essigsäure-Rhodankali-Probe  an  die  erste  Stelle, 
iirend  die  Trichloressigprobe  aus  Anläse  der  Niederschläge  in 
rereichen  Harnen  zu  Bedenken  Anlass  gibt.  Den  Proben  mit 
Salpetersäure  und  Bittersalz,  sowie  Salzsäure  und  Chlorkalk  werden 

ftderd  Vorzüge  nicht  vindioirt.  Als  äusserst  feines  und  wicheres 
gens   empfiehlt   Roseubach   wieder    die   Chromsäure    lo 


«w 


Firtnafcr. 


5^olkger  L90iingt  welche  dikfl  Eiweiss  in  gelbgeftriiteii  Flocken  fallt 
ond  mät  der  Gefahr  yon  Uratniederfichligeii  so  gut  wie  gar  nicht 
redin#t 

Ueber  das  in  den  leisten  Jahren  so  beliebte  Th^na  der  Alb  am  in- 
nrie  Oeansder  hat  sich  diesmal  kein  Antor  spedell  getossert,  es 
mftaaten  denn  die  fraglos  beachtenswerthen  Baohachtnngen  von 
Cnffer  und  Gas  ton  Über  missiges  Eiweis^hamen  nach  Nephritig 
(Bevne  de  m^J.,  Febmar  1891)  hierher  211  zahlen  sein,  lo  den  vier 
besprochenen  Fällen  waren  bei  den  „Genesenen'^  alle  übrigen  Er* 
scheinangen  der  Krankheit  geschwunden,  wahrscheinlich  weil  der 
Löwenactbeil  des  Nierengewebes  vollkommen  gesondet  war.  Der- 
artige Fälle  haben  auch  wir  wiederholt  beobachtet,  nns  von  dem 
dauernden  aasgezeichneten  Wohlbefinden  der  früheren  Kephritiker 
öberzeugt  uod  schliessen  uns  den  Warnungen  der  VerflT.  an,  solche 
AlbumiDuriker,  aus  deren  Harn  keine  therapeutische  Massnahme  das 
Eiweiss  ganz  schwinden  macht  und  die  vor  Allem  vor  Erkältungen 
eu  bewahre:]  sind,  mit  diätetischen  Massregeln  zu  quälen.  Auch 
Boss  (The  Lancet,  September  1891)  legt  wenig  Gewicht  auf  den 
Genuas  oder  die  Meiduog  einer  bestimmten  Diät^  insbesondere  von 
Milch,  Eiern  und  Fleisch  (vergl.  weiter  nnten  „Therapie  der  Ne- 
phritis"), will  aber  merkwürdigerweise  auch  wenig  von  einer  wohl- 
thätjgen  Wirkung  der  Kleidung  auf  die  Albuminurie  wissen,  welche 
am  besten  durch  kohleusaures  Katron  und  Wismuth  beein£uBSt 
werden  solL 

In  einer  kürzeren  Mittheilung  über  Albuminurie  bei  Dia- 
betikern wendet  sich  Lenne  (Deutsche  Med.-Zeitg.  189^,  Nr.  68} 
gegen  die  Anschauungen  von  Schmitz  (dies.  Jahrb.,  Bericht  f.  1891, 
S,  B15)  und  hebt,  eine  Abhängigkeit  des  Symptoms  von  gesteigertem 
Hühnereiweissgenuss  und  Blaaenkatarrh  ablehnend,  hervor,  dass 
beim  Diabetiker  neben  einer  regulatorischen  Albuminurie  noch  eine 
besondere  Digposition  zur  Eiweissausscheidting  mit  dem  Harn  existire. 
Das  Auftreten  der  letzteren  im  Verlauf  einer  schweren  diabetischen 
Erkrankung  sei  als  ein  Signum  in  malam  partem  anzusehen. 


I 


I 


I 


Ueber  paroxysmale  Hämoglobinurie  äussert  sich  Lock- 
hart-Oillepsie  (Edinb.  med.  jonrn.,  Juni  1892)  durch  Mittheilung 
einer  einen  26jährigen  Mann  betreffenden  Beobachtung,  die  das  Be- 
merkenswerthe  bot,  dass  trotz  der  sehr  geringen  Resistenzfähigkeit 
der  Blutkörper  Sulfonaldosen  von  2,0  und  mehr  keinerlei  Aus* 
Scheidung  von  Eiweisa  oder  Blutfarbstoff  zur  Folge  hatten.  (VergL 
unten  den  Fall  von  Kobert.) 


NiercDkrankheiten. 


301 


Einen  bemerkenswetthen  Fall  von  Hämoglobinurie  nach  Ein- 
itbmung  von  arsenhaltigem  Wasserstoff  theilt  Storcb  (Ver- 
handlungen des  XL  CoDgresses  für  inneie  MediciE,  Wiesbaden  1892| 
S.  176 — 182)  in  grosser  Ausf&hrlichkeit  mit.  Die  Ursache  war  in 
der  Dichtung  des  Leckes  eines  Ballon  captif  gegeben,  dessen  Wasser- 
stoffTüllung  mit  arsenhaltiger  Schwefelsäure  entwickelt  worden  war. 
Kach  vorübergeh  et»  der  Verschlimmerung  der  besonders  in  Kopfschmerz, 
Debelkeit  und  Cardialgie  bestehenden  Krankheitserscheioungen  am 
^,  Tage  unter  hohem  Fieber  langsam  vorschreitende  ConvaJescenz, 
Der  Blulfarbstoffgehalt  des  Harus  war  schon  am  6.  Tyge  geschwunden. 
Einige  Male  hatte  Patient  unter  nächtlichen  Pollutionen  mit  Ent- 
leerung sangninolenten  Spermas  zu  leiden. 

Als  eine  seltene  Complication  von  Leukämie  fand  v.  Engel- 
hardt  (Petersburger  med.  Wochenschr.  1892^  Nr,  18)  paroxysmale 
Hämoglobinurie  und  ist  der  Ansicht,  dass  die  genannte  Gruodkrank- 
heit  möglicherweise  immer  mit  Hamoglobinämie  verläuff,  indess  der 
Orad  derselben  nur  selten  genüge,  um  Hämoglobinurie  und  Icterus 
«nftreteo  zm  lassen. 

Einen  Fall  von  Hämoglobinurie  bei  tropischer  biliöser 
Malaria  theilt  Kohlstock  (BerL  klin.Wochenschr.  1891,  Nr.  18  u.  19) 
init,  D&r  36jäbrige  Patient  hatte  Ostafrika  verlassen,  ohne  durch  die 
U-ebersiedeluDg  in  ein  norddeutsches  maiariafreies  Klima  einen  Schutz 
gß^lBü  die  Fortdauer  seiner  Krankheit  zu  Enden*  Letztere  war  mit 
der  ^Malaria  biliosa  haemoglobinurica"  der  Tropenärzte  identisch 
und  hatte  als  der  Malariaparasiten  baar  nichts  mit  dem  von  den 
iUlieoiscben  Aerzten  beschriebenen  ähnlichen  Malaria ßeber  zu  thun. 
Die  Hämoglobinurie  ist  eine  Folge  der  massenhaften  Zerstörung  von 
roiben  BluTkörperchen,  der  Icterus  demgemäss  ein  cythämolytischer, 
solchen  Fällen  ist  Chinin  contraind  icirt  und  vor  Allem  eine  robo- 
Bode  und  excitirende  Behandlung  am  Platze.  Der  Fall  heilte ;  seine 
""beachtenswertben  Details  sind  im  Original  einzusehen. 

Einige  gleichsinnige  Mittheilungen   über  fieberhafte  Urämie 
liegen  von  Eichardi^re  und  Therese  [Revue  de  m^d.,  December 
W)  »owie   von  Gillet   (ibid.,   Februar  1892)   von     Die   Beobach- 
en  zeigen  im  Verein  mit  einer  vollst äiidigen  Litterat urübersicht, 
bei  jeder  Art  von  Urämie   selbst  sehr  hohes  Fieber  gar  nicht 
ittn  —  dieser  Meinung  schli essen  auch  wir  uns  auf  Grund  eigener 
fahrungen  an  —  beobachtet  wird*   Es  kann  sogar  der  Urämie  vorauf- 
lien   und   zur  Prophylaxe  auffordern,     Hirnödem  wurde   als   con- 
ftter  Befand   nicht  erhoben,   kann   also   unmöglich  als  Erklärung 
»ichen. 


302 


Fürbringer. 


Wenden  wir  hob  nanmebr  «ur  Klinik  der  eigentlichen  diffusen 
Nephritis,  so  wollen  wir  zxmäch&t  die  Aufmerksamkeit  auf  eine 
verdienstvolle  Dissertation  von  Koppel  (München  1891)  zu  lenken 
nicht  versäumen-  Verf.  hat  das  Material  des  Mänchener  pathologi* 
Boheu  Instituts  aus  den  Jahren  1886—1889  zur  FeststeUang  der 
Häufigkeit  der  diffusen  Nierenentzündung  im  engeren  Sinne  und 
ihrer  Complicationen  durchgesehen  und  findet  die  genannte 
Krankheit  zu  tast  W%  (632  Fälle  auf  2837  Sectionen)  vertreten, 
ganz  vorzugsweise  im  Bereich  des  männlichen  Geschlechts,  wahr- 
Bobeinlich  aus  Anlass  des  Einiliisses  des  Alkoholgenusses  und  äusserer 
Schädlichkeiten.  Rücksichtlich  der  Organerkrankungen,  unter  denea 
in  erster  Linie  die  Veränderungen  des  Herzens  bei  der  chronischen 
Nephritis  gewürdigt  werden,  muss  auf  das  Origined  verwiesen  werden, 

in  ihren  Untersuchungen  über  die  Ausscheidung  der  Bac- 
terlen  aus  dem  Organismus  haben  Pernice  und  Scagliosi  (Deutsche 
mei!.  Wochenschr.  1892,  Nr.  34)  selbstverständlich  die  Nieren  der 
Versuchsthiere  wesentlich  berücksichtigt,  insofern  die  Bacterien 
(Staphylocücans  pyogenes  aureus,  Bacillus  pyocyaneus  u,  a.)  fast 
immer  durch  den  Harn  (und  die  Galle)  ausgeschieden  wurden-,  doch 
fand  auch  eino  Aussehe iduiig  durch  die  reapiratürische  und  viscerale 
Schleimhaut,  öyibai  iu  die  Mila,  den  Samen  und  durch  die  serösen 
Häute  fttatt.  Stets  waren  die  Nieren  da,  wo  die  Anwesenheit  der 
eingeipritzten  Mikroorganismen  im  Harn  nachgewiesen  worden,  unter 
dem  Bilde  intensiver  Kreislaufstörungen  und  Epitb eleu tartun gen 
(ähnlich  wie  bei  der  hämorrhagischeu  Nephritis)  verändert,  und  zwar 
bereits  vor  dem  üebergang  der  Mikroben  in  den  Harn,  „Unserer 
Meinung  nach  bereiten  diese  Veränderungen  den  Weg  für  den  un- 
gehinderten Ausgang  der  Bacillen  vor;"  Der  Leser  vergleiche  zu 
diesem  Ausspruch  die  Anschauungen  Orth^s  (dieses  Jahrb.,  Bericht 
f.  1890,  8.  84). 

AUBoI^  Kenntnissder  toxischen  Nephritis  im  engeren 

Sinne  liegt  *  .  -t  von  Kober  über  Sulfon al  Vergiftung  (Central- 

blatt  t  kün.  MwJ*  1H92,  Nr,  10)  vor,  der  bei  einer  52jährigen  Patientin 
unter  dem  Gebrauch  des  Medicamentes  (durchschnittlich  1  g  pro  die) 
da«  Auftreten  eines  h&moglobinurischen,  später  nephritischen  Charak- 
ten*  (Leukocyten,  granulirte  und  metamorphosirte  Cylinder)  des  Harns 
constatirte.     (8.  oben  unter  ^Hämoglobinurie".) 

Es  folgen  jetzt  die  Mittheilungen  über  die  acute  infeotiöee 
Nephritis,  unter  denen  die  postscarlatinösen  und  diphtheri- 
sohen  Formen  Gegenstand  eigener  Beobachtungen  von  Ziegler  (Berl. 
klin.  Wochenschn  1892,  Nr.  2),  O.  Kalischer  (Diss.,  Freiburg  i,  B. 


Nierenkrankheitcu, 


303 


1891),  Szogö  (Ungar.  Arch.  t  Med.  Bd.  1,  H.  2)  und  Kuck  (Münch. 
med.  Abhandle  2.  Reihe,  3.  Heft)  sind.  In  seinem  Beitrag  zur  Pro- 
pfaylftxe  der  ScbarlachnierenentzünduQg  gelangt  Ziegl er,  Arzt  am 
£6ziigliolien  grossen  Miiitärwaisenhause  in  Potadam,  unter  Aufbringung 
eines  ziemlich  stattlichen  Materials  (9  Epidemien  mit  209  Fällen)  sa 
derUeberzeugung,  dass  in  der  fast  exclusiven  Milchdiät  ein  sicherer 
Schutz  vor  der  Complication  der  Infectionskrankheit  gegeben  sei. 
Trotsdem  die  Zahlen  des  Autors  einer  solchen  schwerwiegenden  Be- 
hauptung sich  günstig  erweisen,  können  wir  nicht  umhin,  zu  reprodu- 
ciren,  was  wir  in  der  2,  Auflage  unseres  Lehrbuchs  (Berlin  1890)  in 
Besiehung  auf  diesen  Gegenstand  (S.  154)  deponirt  haben:  „Wir  kennen 
kein  Mittel,  das  der  Entwickelung  der  diffusen  Nephritis  im  Ver- 
laofe  der  acuten  Infectionskrankheiten  \rorzubeugen  im  Stande  wäre ; 
gerade  rückgicbtlich  der  wichtigsten  und  häufigsten  Form^  der 
Scharlacbnephritis^  haben  wir  gesehen,  dass  die  Krankheit  sich  nach 
den  leichtesten,  der  sorglichsten  Pflege  nicht  ermangelnden  Fällen 
einstellen  und  trotz  schwerster  Gestaltung  des  Schartachs  und  un- 
glaublichster Vernachlässigung  des  Kranken  ausbleiben  kann«'^  Dieser 
Ansicht  sind  wir  auch  heutzutage  noch,  wobei  wir  gewisse  Vortheüe 
der  Milchdiät  bei  unseren  Scharlachkranken  nicht  leugnen  wollen. 

Kali  seh  er's  Arbeit  bietet  vorwiegend  anatomisches  Interesse, 
Doch  sei  hervorgehoben^  dass  der  Autor  bei  seinen  sechs  Fällen 
sfimmtliche  Friedländer'sche  Formen  der  insbesondere  glomerularen 

E Entzündung  wieder  fand  und  der  Ansicht  ist,  dass  die  —  selbstver- 
bl&ndlich  (Ref,)  —  in  der  Aufspeicherung  der  chemischen  Scharlach- 
iloffd  gegebene  Ursache  die  Folge  von  Herzschwäche  ist. 
8 zog 5  vermochte  durch  eigene  Untersuchungen  an  60  diph- 
Iberiachen  Kindern  die  über  die  Albuminurie  bei  dieser  Krank- 
I/Bit  bereits  geltenden  Ansichten  ün  Allgemeinen  nur  zu  festigen. 
Er  fÄud  das  Symptom  in  90%  der  Fälle  und  meist  gegen  Ende  der 
emrbeil  Woche  auftretend.  Für  die  leichten  und  schweren  Fälle  bestand 
etn  tmleugbarer  Parallelismus  zwischen  der  Schwere  der  Grund- 
krankheit und  der  Menge  des  ausgeschiedenen  Eiweisses.  Das 
Ansteigen  der  letzteren  in  der  Convalescenz  ist  geeignet,  den 
Verdacht  auf  drohende  Paralyse  zu  wecken.  Nicht  weniger  als 
567  Diphtheriefälle  aus  der  Münchener  Uni versitäts -Kinderklinik  hat 
Kuck  seinen  Beobachtungen  über  diphtherische  Albuminurie  und 
Nephritis  zu  Grunde  gelegt  und  gelangt  zu  fast  genau  derselben 
Häofigkeitsziffer  (86,50|yi).  Je  früher  die  Albuminurie  eintritt,  um 
»0  fLUgünstigar  die  Prognose.  Der  Sectionsbefund  ist  in  den  „weit- 
muB  meisten^  (?  Ref.)  Fällen  ein  negativer.    Selten  gelangen  Oedeme 


304 


Förtiriiifer* 


und  Urämie,  noch  seltener  Hämaturie  zur  Beobachtung,  eine  An- 
sicht, die  auch  wir  vor  einer  Reihe  von  Jahren  aasgesprochen. 

Eine  karze  üebersicht  der  Nieren  Veränderungen  bei 
der  Influensa  gibt  Teiaaier  in  seiner  neuesten  Monographie 
„La  Gnppe- Influenza"  (Paris  1893,  196  Seiten).  Der  Häufigkeit 
massiger  Albaminurie  als  Ausdruck  abortiver  Entzandungsgrada  steht 
gegenüber  die  relativ  seltene  Beobachtung  schwerster  hämorrhagischer 
Nephritis. 

Aufs  Neue  lenkt  Fiessinger  (Gas.  m<ki.  de  Paris  1891  p  Nr.  41 
u.  42)  die  Aufmerksamkeit  auf  seine  Beobachtungen  eines  acuten 
epidemischen  Morbus  Brightii  (vergl*  dieses  Jahrb.,  Bericht 
f,  1891,  S,  316),  der  gemeinsam  mit  Scharlach,  aber  unabhängig  von 
dieser  Krankheit  herrschen  und  alle  Uebergangs formen  zur  chro* 
nischen  Nephritis  liefern  soll* 

Der  Albuminurie  bei  der  Pneumonie  widmet  Maragliano 
in  der  Riforma  medica  einen  Artikel.  V^on  33  Fällen  der  Ghrundkrank- 
heit  boten  das  Symptom  nicht  weniger  als  27,  eine  nach  des  Verf/s 
Ansicht  die  hochgradig  deletäre  Wirkung  der  Toxine  im  pneumoni- 
sehen  Blut  bekundende  Thatsache.  Zugleich  weist  Maragliano 
mit  Recht  auf  die  auffallende  Thatsache  der  Entleerung  von  2  Litern 
eines  1C)28  schweren  Harns  pro  die  trotz  Herzinsufficienz  hin.  Der 
Scbluss  vom  Harn  aufs  Herz  kann  also  sehr  trugen. 

Die  seltene  Complication  des  acuten  Gelenkrheumatis- 
mus mit  richtiger  hämorrhagischer  Nephritis  beobachtete 
Dupont  (Arch.  m^d.  belg.,  Febr.  1892)  bei  einem  vordem  gesunden 
Soldaten.  Heilung  nach  6  Wochen  unter  Gebrauch  der  Salicylsäure, 
die  eine  nierenreizende  Wirkung  nicht  entfaltet  hatte. 

Hier  ist  auch  wohl  der  Ort,  der  Beobachtung  eines  Falles  von 
Chorea-Nephritis  durch  Thomas  (Deutsche  med,  Wochenscbr, 
1892,  Nr.  29)  zu  gedenken.  In  diesem  seltenen,  einen  14jährigen 
Knaben  betreffenden  Falle  schwanden  die  Symptome  der  ^^mitunter 
durch  Infectionskrankheiten  veranlassten**  Grundkrankheit  mit  der 
Heilung  der  Nierencomplioation.  Verf.  stellt  sich  als  Ursache  der 
Störung  der  Coordinationsoentran  die  Vergiftung  mit  Harnbestand- 
theilen  vor. 

Zum  Schluss  die  Niere nafEeotion,  zu  deren  Studium  die  dies- 
jährige denkwiirdige  Epidemie  an  der  Elbe  das  Substrat  geliefert 
hftt|  die  Oholeraniere,  Hier  haben  sich  Aufrecht  (CentralbL  f. 
kliu.  Med.  1892,  Nr.  4B),  Leyden  (Deutsche  med.  Wochenöchr.  1892, 
Nr,  50)  Hüwio  E,  Fränkel  und  Simmonds  (Centralbl  f.  klin.  Med. 
1892,  Nr.  60)  geäussert  und  zum  Thtil  erhebliche  Abweichungen  in 


J 


Klerenkrankheiten. 


305 


der  Anschauung  gefördert  Während  nach  Aufrecht's  Unter- 
SQchaogen  schon  während  eines  kurzen  Stadium  algidum  in  den 
Nieren  entzündliche  Veränderungen  vor  sich  gehen,  welche  wesent- 
lich  die  Papillen  hetreffen  (deren  Verstopfung  durch  CyÜnder  eine 
Hamatauung  in  der  Rinde  hervorrufen  soll)  und  toxiachen  Ureprungö, 
nicht  aber  aus  einer  Eindickung  des  ßlutet*  herzuleiten  sied,  wird 
dieses  Moment  von  Leyden  in  den  Vordergrund  gestellt,  und  eine 
Uebereinstimmung  mit  der  infectiösen  Nephritis  abgelehnt  bezw, 
eine  toxische  Wirkung  nur  für  das  Typhoid  Stadium  der  Grund  krank- 
heit  zugelagsen.  Die  letztgenannten  Autoren  endlich  leugnen  auf 
Grund  ihrer  histologischen  Untersuchungen  eine  tiefere  Betbeilig^ng 
der  geraden  Hamkanälchen  gegenüber  den  gewundenen,  deren  Epithel 
weit  rascher  und  intensiver  erkranke ,  fassen  aber  die  Choleraniere 
gleich  Aufrecht  nicht  als  Effect  der  Bluteindickung,  sondern  als 
eine  toxische  Parenchymerkraukung  auf.  (Letztere  m  u  s  s  doch  wohl 
auch  eine  Bolle  spielen;  denn  weshalb  sollte^  wo  wir  fast  alle  acuten 
Ißfectionskrankheiten  acute  Nephritiden  liefern  sehen,  gerade  die 
Cholera  eine  Ausnahme  machen?  Ref.) 


Die  chronische  diffuse  Nephritis  und  Schrumpfniere  an- 
Ungend,  liegt  der  Haupt  werth  auf  den  Stoffwechsel  un  tersuchuu- 
igen,   derer   mit  Rücksicht  auf  ihre  Verquickung  mit  der  Therapie 
am  Schlüsse  gedacht  werden  soll. 

Bemerkenswerth  für  die  Aetiologie  sind  die  Mittheilungen 
iBisenlohr^s  (Deutsche  med.  Wochenschr.  1892,  Nr;  4  u,  32)  über 
den  zweifellosen  Uebergang  einer  acuten  Typhus-  und  Pneumonie- 
nephritis  in  Nierenschrumpfung.  Wahrscheinlich  handelte  ea  sich 
.tu  beiden  Fällen  (mit  Sectionsbefund)  um  eine  successive  Ver- 
kleinerung der  Niere,  nicht  um  ein  Z  wischen  ata  di  um  mit  Vergrösse- 
mng  des  chronisch  parenchymatös  entzündeten  bezw«  fettig  entarteten 
Organs.     Ob  das  die  Regel,  wird  abzuwarten  sein. 

Daas  der  als  ätiologisches  Moment  der  chronischen  Nephritis 
früher  vielumstrittene  Alkohol  eine  Art  latenter  Nierenreizung  unter 
der  Form  reichlichen  Genusses  von  Bier  und  Wein  zu  erzeugen 
vermag,  hat  Glaser  (Deutsche  med.  Wocheoechr.  1891,  Nr.  43) 
durch  den  Nachweis  von  Cy lindern  und  Cylindroiden,  sowie  Leuko- 
63rten  (neben  Krystallen  von  Harnsäure  und  Kalkoxalat)  im  Sedi- 
ment das  centrifugirten  Harnes  dargethan* 

Die  secundären  Veränderungen  des  Kreislaufapparates 
bei  Insafficienz  der  Nierenthätigkeit  überhaupt  bespricht 
O,  Urael(Verhdl.  des  XL  Gongresses  f.  innere  Med,  1892,  S.  341—354) 
JahrtiMih  d«  prvci.  U«dlcin.   1883. 


20 


306 


Fürbringer, 


unter  dem  besonderen  Hinweis  auf  die  Tbataache,  dass  bei  dentlicber 
Hypertrophie  des  linken  Ventrikels  eine  solche  des  rechten  (gleich 
einer  geringen  Erweiterung  beider  Ventrikel  und  Hyperti*ophie 
der  Vorhofe)  nie  vermisst  wird.  Erhebliche  Erweiterung  bedeutet 
immer  eine  Compensationsstömng.  Die  ^cyanotische  Induration" 
der  ünterleibsorgane^  insbesondere  der  Milz,  beruht  wahrscheinlich 
auf  activer,  d.  i.  arterieller  Congestxon,  nicht  %'enöser  Stauung. 
Regelmässig  weist  die  Aorta  Erweiterung  (unter  Umständen  eine 
partiell  „konische")  und  oft  chronische  Endoaortitis  auf,  so  nament- 
lich bei  Nervenkranken,  Säufern  und  Diabetikern.  Die  compensatori- 
sche  Leistung  des  Herzens  besteht  darin,  die  allgemeine  Girculations- 
grösse  so  weit  zu  erhöhen,  dass  die  Ausscheidung  hamiahiger  Stoffe 
in  der  Zeiteinheit  der  Norm  entspricht 

Aus  den  Mittheiiungen,  welche  Leve-n  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift 1892,  Nr.  21)  über  die  Pathologie  der  arteriosklerotischen 
Schrumpfniere  gibt,  und  welche  der  Hauptsache  nach  Bekanntes 
wiederholen^  heben  wir  heraus,  dass  er  immer  und  am  intensivsten 
vom  Grundprocess  die  Arterien  der  Pia  betroffen  gefunden  hat,  und 
dass  die  Gefässer krankung  auch  für  die  „fibröse  Induration"  der 
Milz  verantwortlich  gemacht  wird  (s,  o.  unter  Israel).  Wenn  dieser 
Autor  von  einer  ^stets  verminderten"  Urinmenge  spricht,  so  muss 
zum  mindesten  angenommen  werden^  dass  seine  Fälle  viel  mit  com- 
plicirender  Stauungsntere  zu  thun  gehabt  haben. 

Eine  klinische  Analyse  von  50  Fällen  von  Schrumpfniera,  welche 
auf  der  Eich  ho  rs  tischen  Klinik  in  den  letzten  <1  Jahren  beobachtet 
wurden,  durch  Zangger  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  49, 
H.  2  u,  3,  S.  308)  hat  eine  Fülle  zum  Theil  beachte nswerth er ,  im 
Original  näher  einzusehender  Details  geliefert.  Wir  erwähnen  heraus- 
greifend, dass  im  fünften  Theil  der  Fälle  urämisches  Coma  ohne 
Krämpfe  mit  niederer,  meist  subnormaler  Temperatur  beobachtet 
wurde,  dass  Albuminurie  in  960„,  Herzhypertrophie  in  84%, 
niederes  specifisches  Gewicht  des  Harnes  in  ßS^\^^  vermehrte  Harn- 
menge in  40t>Q,  Urämie  in  ^">2%^  gespannter  Puls  in  44%,  Retinitis  in 
36 ^jQ,  Mangel  an  Oedemen  in  24 ^q  und  Gehirnblutungen  gleichfalls  in 
24 ^'o  der  Fälle  gefunden  wurden.  Als  Diureticum  wird  das  Calomel 
besonders  empfohlen.  Wir  haben  uns  über  den  Werth  dieses  Mittels, 
dem  nebenbei  bemerkt  auch  Bexelius  (Hygiea,  Mai  1892)  wieder 
das  Wort  bei  cardialem  Hydrops  redet,  in  den  früheren  Jahrgängen 

>a  Berichts  wiederholt  geäussert, 

nen  Fall  von  psychischer  Störung   bei  Schrumpfniere 
vbegg  (Beri,  klin.  Wochenschr.  1892,  Nr.  17)  mit  Die  28jährige 


Nierenkrank  lieiten. 


ao7 


Kr&nke  bot  den  Zustand  der  acuten  Melancholie  dar,  der  neben  dem 
Stupor  die  häufigste  einachlägige  GeistesBtorung  darstellt  Wabr- 
acheinlich  bandelt  es  sich  hier  am  urämische  Intoxioation. 

Zur  Kenntniss  der  Nierenerkrankungen  bei  Syphilis 
liegen  Beiträge  von  Lecorcht^  und  Talamon  (Romaine  med.,  Sept. 
18Ö1),  J.  Israel  (Deutsche  med.  Wochenschr,  1892,  Nr.  1),  Jaccoud 
(Annal.  de  m^d.,  April  1892)  und  E.  Lang  (Gentralbl  f.  d,  ges. 
Therapie  1892)  vor.  Die  erstgenannten  Autoren  registrireo  an  der 
Hand  eine^  einschlägigen,  sehr  genau  analysirten  Falles  von  richtigem , 
tm  8.  Monat  nach  der  Infection  aufgetretenem  und  unter  4[nonatlicher 
Mercurialisation  zur  Heilung  gelangtem  Morbus  Brightii  („Syphilis 
brightiqae  pr^cace**),  dass,  wie  der  Scharlach  und  der  Typhus,  auch 
die  secundäre  Syphilis  eine  richtige  acute  Brigh tische  Krankheit  mit 
dem  anatomischen  Substrat  der  bunten,  grossen,  weichen  Niere  her- 
beifilhren  kann,  welche  selbst  zur  Atrophie  zu  führen  vermag.  Ein 
charakteristisches  Kriterium  bildet  der  Heileüect  der  M er can allen. 
Wir  machen  darauf  aufmerksam ^  dass  neben  dem  erwähnteo  Mau- 
riac  sowohl  Andronico  als  auch  Jaccoud  (der  hier  eine  kurze 
Üebersicht  der  verschie denen  Formen  der  syphilitieohen  Nieren-  [und 
Lungen-]  Erkrankungen  gibt)  gezeigt  haben^  dass,  von  der  Gummöse 
abgesehen,  jedes  Stadium  der  Syphilis  Repräsentanten  aller  anatomi- 
schen  Gruppen   zu  zeitigen    vermag.     Auch  Lang   fordert  für   die 

[^phiiotoxischen  Formen  der  Nephritis  die  mercurielle  Cur  eicht 
ohne  den  Hinweis  auf  die  vom  Bef.  hervorgehobenen  mercuriell- 
toxiachen  Formen  der  Nierenreizung,  während  Israel  an  der  Hand 
zweier  mit  glücklichem  Erfolg  nephrektomirter  Fälle  beweist,  dass 
auch  bei  palpablen  Nierenveränderungen  die  Syphilis  als  Krankheits- 
oraache  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden  darf,  in  dem  einen 
Falle  ergab  die  Untersuchung  der  entfernten  Niere,  dass  die  Ver- 
einigong  von  syphilitischer  interstitieller  Nephritis,  hyperplastischer 
Peri*  und  Paranephritiä  und  Bildung  von  harten  knotigen  Schwielen 

/dan  Eindruck  eines  Tumors  erweckten. 

Die  Arbeiten  über  den    Stoffwechsel  Nierenkranker,    zu 

Messen  Kenntniss  bereits  im  Vorjahre  inabesondere  durch  v.  Noorden 

und  Ritter  (dieses  Jahrb.,  Bericht  f.  1891,  8.  317)  wichtige  Beiträge 

geliefert   worden,   haben   sich   im  Berichtsjahre  zu  gleich  stattlicher 

wie   verdienstvoller  Höhe   erhoben.     Wir   müssen   uns   hier  auf  die 

^BerTorhebuDg    der    leitenden   Hauptpunkte   beschränken.     Zunächst 

'»•chUeest  Kornblum  (Diss.  Berlin  1692  a.  Yirchow's  Archiv  Bd.  127, 

H.  d,  B.  409)  aus  mehreren  Versuchsreihen,  die  er  zur  Ermittelung 


I 


Fürbringen 

der  StickstoffausscheiduDg  im  Verliältniäs  zur  Aufnahme  an 
einem  Niereocirrbotiker  und  einem  amyioid kranken  Phtbisiker  an- 
gestellt^ auf  eine  bedeutende  Verlangaamung  dea  K- Stoffwechsels 
bei  Nephritis  ohne  Veräaderung  der  N- Ausfuhr,  Der  Ei  weiss  Verlust 
war  sowohl  bei  der  eiweiösreicken  wie  eiweissarmem  Nahrung  im 
ersten  Falle  gering.  Hinsichtlich  der  Diät  gelte  es  vor  Allem,  dem 
Nephritiker  eine  an  Stickstoff  möglichst  gleiche  Nahrung  za  reichen. 
Wenn  Vert  auch  im  Allgemeinen  einer  eiweiesarmen  Diät  den  Vor- 
zug geben  zu  musgen  glaubt ,  so  warnt  er  doch,  da  ein  kräftiger 
Mensch  für  die  Dauer  mit  wenig  Eiweiss  nicht  auskommen  kann, 
vor  Uebertreibuogen  in  diesem  Sinne. 

Belangvoll  sind  die  weiteren  Mittheilungen  über  den  Stick- 
et  off  haushält  der  Nieren  krankeo  von  C.  v,  Noorden  (Deutsche 
medic.  Wochenschrift  1892,  Nr.  35).  Aus  den  früheren  eigenen 
Beobacbtungeii  und  denjenigen  vob  Fleischer,  Prior,  F.  MüHer, 
K  0  r  n  b  1  n  m  (s.  oben)  und  Mann  (s.  unten)  folgt  zunächst, 
dass,  von  der  Urämie  abgeaeben,  in  der  Regel  der  Nephritiker 
mit  dem  Koth  nicht  mehr  Stickstoff  verliert  als  der  Gesundei 
und  dass  aus  dem  Gesammtk  ranken  bilde  ein  Scbluss  ani  den  Stick - 
etoffverluöt  mit  dem  Kothe  nicht  abgeleitet  werden  darf.  Die 
Nierensecretion  anlangend,  bildet  bei  der  acuten  Nephritis  im 
engeren  Sinne  die  Stickötoffretention  die  Regel,  während  die  chro- 
nische Nephritis  und  Schrumpfniere  vielfach  eine  vollkommen  nor- 
male Stickstoffeiimination  durch  den  Harn  bietet.  Da^  wo  sich  Diffe- 
renzen ergeben,  muss  der  nicht  wiedergefundene  Stickstoff  im  Körper 
(wahrscheinlich  als  Harnstoff)  deponirt  werden,  doch  kann  selbst- 
verst&ndlich  die  Stickstoffretention  keine  dauernde  sein;  die  stick- 
stoffhaltigen Zerfailsproducte  müsaten  sich  sonst  kiloweiae  im 
Körper  aulstapeln.  Es  ist  also  von  einem  typischen  gleichbleiben- 
den VerhalmiöS  zwischen  der  Aufnahme  und  Abgabe  des  Stickstoffs 
beim  cbronibch  Nierenkranken  keine  Rede.  Was  das  Verhältniss 
zur  Urämie  anlangt,  su  kann  man  sogar  bei  bestem  subjectivem 
Allgemeinbefinden  starke  Stickstoffret  ention  beobachten,  bei  allerhand 
beunruhigenden  Symptomen  eine  reichliche  Stickstoffabgabe,  Der 
Einlluss  der  Eiweissoahrung  auf  den  Zustand  der  Niere,  specieE  auf 
diö  Albuminurie  ist  kein  grosser,  und  die  Ansicht,  es  sei  bei  eiweiss- 
armer  Kost  die  Stickst uffretentiun  geringer  als  bei  eiweissreicher, 
idt  nichts  weniger  als  bewiesen.  Bei  dem  kurzen  floriden  Stadium 
des  acuten  l^lorbus  Brightii  kann  die  eiweissarme  Kost  wesentliche 
Vortheile  bieten,  bei  den  chronischen  Nephritisformen  aber  darf  ihr 
nicht    das   Wort    geredet  werden.    Dem    Gesammtorganismus   wird 


NiereDkrankbdten. 


309 


sonst  auf  die  Dauer  geschadet.  Die  nicht  selten  erfolgreiche 
Milchdiät  spricht  als  keioeswegs  eiweissarme  für  die  reichliche 
Eiweisskost.  Yerf.  hat  niemals  ^-  und  hierin  neigen  wir  ihm  auf 
Grand  nicht  spärlicher  Eigenerffthrongen  zu  —  am  Krankenbette 
den  Eindruck  gewonnen,  dasa  selbst  durch  noch  grössere  Ei- 
weiBsraengen  dem  chronisch  Nierenkranken  geschadet  wird»  Ihm 
pflegt  am  meisten  das  Verbleiben  bei  der  von  Haus  aus  gewöhnten 
Nahrungsordnung^  falls  dieselbe  nicht  ganz  vernunftwidrig,  zu 
firommen.  In  der  Diacuseion  (ibid.  Nr.  52)  weist  A.  ßaginsky  auf 
das  langsamere  Fungiren  der  kindlichen  kranken  Niere  hin,  weshalb 
6fi  sich  empfehlei  zeitweise  hier  die  Sticksto^Tzufuhr  in  der  Nahrung 
etwas  einzuschränken,  Senator  tritt  v,  Noorden  in  dem  Satze 
bei,  dass  es  bei  Nephritis  von  dem  Fnnctionsmaass  der  Niere  ab- 
hängt, wie  weit  sie  den  eingeführten  StickstoÜ*  auszuscheiden  ver- 
mag. Die  beste  Methode  aber,  welche  die  kranke  Niere  nicht  über- 
aastreoge  und  den  Organismus  zu  Kjäften  kommen  lasse,  sei  die 
SinföhmDg  möglichst  grosser  Kohlehydrat-  und  Pettquanten  neben 
misaiger  Eiweissmenge*  Hohe  Eier  und  viele  Fleisch  Sorten  ver- 
bietan  eich.  Die  blande  Milch  steht  obenan^  ausschliesslich  braucht 
sie  aber  nicht  gereicht  zu  werden.  Auch  Hirsch  fei  d  tritt  für  eiweiss- 
arme Nahrung  ein,  die  70  g  pro  die  nicht  übersteige i  wolle  man 
unliebsame  Störungen  (Kopfsch merzen,  Mattigkeit  etc.)  meiden.  Ley- 
d  ^  n  spricht  sich  zwar  für  erhebliche  Ernährung,  hingegen  für  Zu- 
führung von  Eiweisssparern  neben  massigen  Eiweissmengen  aus.  Die 
Resultate,  zu  welchen  Mann  in  seinen  eingehenden  Untersuchungen 
über  die  Ausscheidung  des  Stickstoffs  bei  Nierenkrankheiten  im 
Verhält ni SS  zur  Aufnahme  desselben  (Zeitschr.  f*  klin.  Med.  Bd.  2<D, 
1892,  H.  1—2,  S,  108)  bei  vier  Fällen  gelangt  ist,  gipfeln  in  dem 
Satz,  dasa  bei  Nierenkranken  kräftigende  Eiweisszufuhr  mehr  weniger 
Ei weisMretention  mit  Aufspeicherung  in  Oedemen  bedingt,  während 
die  verminderte  Stickstoffzufuhr  die  Ausscheidung  bis  zum  Oleich- 
gewicht steigen  lässt  In  einem  Vortrage  über  die  Diät  bei  den 
ehrouisch  Nierenkranken  in  der  Pariser  Akademie  der  Medicin 
(Sitzung  vom  30.  August  und  6.  September  1892)  vertritt  Dujar- 
din-Beaumetz  u.  A*  die  Ansicht,  dass  die  Vermehrung  des  reti- 
nirteo  Harnstoffs  durch  reichlichen  Eiergenuss  unbewiesen  sei,  und 
Enthaltung  von  stickstoffhakigen  Nahrungsmitteln  nicht  die  Er- 
riengung  urämischer  Symptome  hindere.  In  der  Discussion  gibtS^e 
ei&«D  aasführlichen  Diätzettel,  in  welchem  er  u.  A.  auf  die  ünschäd- 
ikmt  sßumal  der  gekochten  Eier  und  des  weissen  Fleisches  hin- 
ftU      Die    Milch,    welche    durch    trockene    Hülsenfrüchte    ersetzt 


310 


Fürbringer, 


werden  kann,  ist  für  die  interstitiellen  Nephritiden  allein  nicht  aua- 
reichend  für  die  Ernährung. 

Also  nach  wie  vor  der  Widersprüche  genug  in  Bezug  auf  die 
hochwichtige  diätetische  Behaudlnug  des  Morbus  Bnghtii  I  Ist  auch 
mit  Einmüthigkeit  die  ei weissr eiche  Nahrung  bei  der  floriden  Ne- 
phritis verpönt,  so  ist  dieses  Verbot  bei  den  chrouischen  Formen 
weit  entfernt  sich  zu  einem  widorspruebslosen  zu  gestalten*  und 
mit  Eecht!     Bas  Richtige  liegt  eben  in  der  goldenen  Mitte. 

Die  medicamentöwe  Behandlung  der  Nierenentzündung  weist 
im  Berichtsjahr  eine  bemerken swerthe  Bereicherung  nicht  auf,  ein 
nicht  ungünatiges  Zeichen  kritjkvollerer  Anschauung!  Nur  das 
Diuretin  hat  zu  einer  Reihe  von  Beobachtungen  Anlass  gegeben. 
Indem  wir  auf  den  12»  Abschnitt  verweisen,  resnmiren  wir  hier 
kur^j  dass  nach  den  Beobachtungen  von  Siefart,  Bemme  und 
Lagana  dem  Mittel  als  einem  zumal  bei  acuten  Formen  (und  ve- 
nöser Stauung)  bewährten  Antihydropicum,  welches  das  Circulations- 
ayatem  nicht  wesentlich  beeinflusst  und  nicht  cumulativ  wirkt,  das 
Wort  geredet  wird,  NurKuggieri  hebt  wieder  die  wenig  günstige 
Toleranz  gegen  den  Arzneikörper  hervor*  Seine  Kranken  klagten 
meist  über  KopfschmerZp  Uebelkeit,  Schwindel  und  Durchfall^  eine 
Beobachtung,  welche  Bef»,  ein  Freund  des  Mittels ^  leider  zu  be- 
stätigen nicht  umhin  kann« 

Die  mechanische  bezw,  chirurgische  Behandlung  des  Hy- 
drops, welche  immer  mehr  Gemeingut  der  Aerzte  werden  zu  wollen 
scheint,  ist  von  verschiedenen  Seiten  wieder  angeratheu  worden.  So 
empfiuhlt  Gerhardt  (Deutsche  med.  Wochensckr,  1892,  Hr.  7)  Ein- 
Btiche  (4  —  8)  in  die  Unterschenkel  des  sitzenden  Kranken  mit  nach- 
fol((tiiHlc.ir  Einlüillung  in  Watte  und  Gaze.  Dem  gegenüber  plaidirt 
Fick  (ibid.  Nr.  11)  wieder  zur  Vermeidung  von  Durchnässungen 
für  den  Southey^schen  Capillartroikart  mit  Kautsch ukschläuchen, 
während  K  1 1»  i  n  (ibid.)  räth,  die  Zahl  der  Einstiche  zu  beschränken 
und  den  Pülienten  mehr  horizontal  zu  lagern*  Als  Verband  dient 
ihm  ausscblieijBlich  Jodoformgaze.  Endlich  spricht  sich  Arnemann 
(Therapeut.  Mooatsh.  1892,  Nn  lOj  für  die  schon  längst  vom  Bef. 
in  erster  Linie  empfohlenen  (cf,  diea.  Jahrb.»  Ber.  f.  1890,  S.  290) 
grossen  und  tiefen  Incisionen  unter  Aufsaugnng  der  abfliessenden 
Wassermengen  mit  sauberen  oft  gewechselten  Tüchern  warm  aus, 
welche  jeder  Practiker  ohne  Unbequemlichkeit  anlegen  und  aseptisch 
halten  kann.  Das  von  anderer  Seite  gerügte  baldige  Versiegen  des 
Abfliessens  infolge  der  an ti septischen  Behandlung  vermögen  auch 
wir  nicht   recht  zu  bestätigen.     Wir  machen  bei  dieser  Gelegenheit 


Xierenkrtiikliei  im. 


311 


den  Leeer  wiederlioll  «tf  die  ftosgexeichiieto  Auteiigitogi^kraft  dos 
L*gector£s*  und  der  (in  neumtm  Zmt  too  «ns  Torwandten,  weil 
nodi  isiibereni)  Holzwolle  aofinei^sam« 

Um  mit  dem  Kmpttel  der  Therapie  der  Nephrid^  la  solüteaseii, 
141  es  wirklidi  dabio  gekonim»i|  dmas  in  Fnmkreieh  —  nach  dem 
Vargpsge  der  Brown-Sequar d^dchen  Behandla ng  mit  HodenBaft  — 
ein  «Nephrin^  enthalteDdes  Extract  von  Meerschweincbeaniere  einem 
Kiereokrankeii  aobcotan  einverleibt  worden  ist.  Obwohl  der  Uramiker 
starb,  bezieht  der  Therapeut  Biealafoy  (Semaine  med.  1692^  Pariser 
med.  Gesellschaft  der  Hospitäler.  Sitanng  vom  14.  und  28.  October  1892) 
eine  paaeagere  Bessenmg  aaf  die  moderne  Methode,  von  welcher 
wir  bald  Weiteres  zu  hören  bekommen  dürften. 


Nephroiithiasis.  Wir  holen  hier  zonächst  nach,  dass  das 
Vorjahr  ans  in  den  Ebstein'schen  Beitragen  zur  Lehre  von  der 
harosanren  Oiathese  (nnter  MitwirknDg  der  Chemiker  Oelkers 
nnd  Spragoe)  und  den  Mitthetlangen  von  Ebstein  und  Nicolaier 
Qber  die  experimeotelle  Eraengung  von  Harnsteinen  —  beide 
Schrtlien  sind  bei  Bergmann  in  Wiesbaden  erschienen  —  sehr  be* 
ad&teoawerthe  Ausblicke  filr  die  Lehre  der  SteinbilduDg  im  Harnapparat 
(mid  Gicht)  geliefert  hat.  Gegenüber  Pfeiffer  (vergl  Constitutions- 
krankheiten)  folgert  Ebstein  aus  seinen  zahlreichen  VersucheD,  dass 
bei  der  hamsauren  Diathese  zwar  gelegentlich  eine  stärkere  Zurück- 
haltung  der  Harnsäure  auf  dem  Hamsäurefilter  stattfinden  kanu,  eine 
Verallgemeinening  dieses  gauz  inconstanten  Befundes  indess  nicht 
tulissig  ist.  Gleich  der  Theorie  von  der  leichten  Abscheidbarkeit 
der  Harnsäure  bei  der  Gicht  greift  Verf.  auch  die  practischen 
lussfolgerungen  an,  schliesst  also  mit  einem  non  liquet  in  Bezug 
^aaf  die  Behacdlung  der  hamsauren  Diathese.  Positiver  gestaltet 
sich  das  Resultat  der  zweiten  Arbeit.  Hier  haben  Verff.  im  Oxamid 
(einem  Ammoniakderivat  der  Oxalsäure)  einen  Verfiittemngsstoff  ge- 
fnndeii)  der  bei  Hunden  und  Kaninchen  regelmässig  im  Nierenbecken 
Sieioe  ans  Oxamid  und  Ealkoxalat  mit  dem  obligaten  organischen 
erzeugt,  wahrscheinlich  unter  Vermittelung  eiues  entzündlichen 
in  den  Harn  wegen*  Inwieweit  das  einen  Fingerzeig  für 
das  Verbot  von  oxalsäurereicher  Nahrung  bei  Neigung  zur  Stein- 
se  überhaupt  gibt,  steht  noch  dahin ,  zumel  im  Hinblick  auf 
beherzigenswerthen  Beitrag  zur  Kenntniss  der  alimentären 
xalurte  von  Abeles  (Wiener  med.  Wochenschr.  1892,  Nr.  19 
tt.  20),  der  auf  Grund  eigener  Versuche  zu  dem  Resultate  kommt, 
dass  die  tägliche  Ausscheidung  der  Oxalsäure  beim  Menschen  inner- 


312 


Fürbringer. 


halb  dar  vom  Ref.  an  gegebenen  Grenzen  schwankt  ^  und  dass  es  zur 
ürzengong  von  Oxalnrie  einer  grösseren  Menge  löslicher  Oxabalze 
bedarf,  als  in  unserer  Nahrung  vorbanden.  Der  eingeführte  oral- 
saure  Kalk  ist  indifferent,  die  löslichen  Verbindungen  setzen  sich 
wahrschein Uch  im  Verdauungskanal  su  Kalksalzen  um.  £s  liegt 
somit  kein  Qnmd  vor^  bei  der  Oxalsäuren  Diathese  unsere  oxalsSure- 
haUigen  Nahrungs-  und  Genus smittel  zu  entziehen. 

Entgegen  der  neuerdings  wieder  von  Oantani  vertretenen  An- 
schauung, dass  die  Oxalurie  sich  häu^g  bei  Fettleibigkeit  finde, 
ist  mit  Nachdruck  auf  die  einwandsfreien  Beobachtungen  von  Kisch 
(BerL  klin,  Wochenschr.  1892,  Nr.  15)  zu  verweisen,  der  in  neun 
Fällen  von  sehr  hochgradiger  Fettsucht  nur  einmal  eine  abnorme 
Vermehrung  der  ausgeschiedenen  Oxalsäure  nachzuweisen  vermochte. 

Den  auffälligen  Befund  von  Phosphatconcrementen  in  der  einen 
nnd  von  Harnsäuresteinen  in  der  anderen  Niere  beschreibt  Graax 
(L'Union  mM,  1891,  Nr<  W)*  Der  Kranke  schied  gleichzeitig  Harn- 
säure und  TripelpLo^pLat  aus. 

Von  der,  übrigens  schon  vor  Jahren  durch  Assmuth  aus- 
gesprochenen Anschauung  ausgebend,  dass  die  Entziehung  von  Alkali 
durch  Phosphorsäure  die  häutigste  Ursache  der  Bildung  von  Harn- 
säuren iedersch  lägen  ist,  empfiehlt  Golovin  (Petersburger  med. 
Wochenschr.  1891,  Nr.  48)  an  Stelle  der  auf  die  Dauer  schwer  ver- 
träglichen vegetabilischen  Diät  die  Zufuhr  von  Magnesia  ustA  und 
kohlensaurem  Kalk  zu  den  Mahlzeiten  und  will  damit  sehr  be- 
friedigende Resultate  erzielt  haben. 

üeber  den  Werth  des  Piperazins  als  harnsäurelösenden 
Mittels  sind  die  Meinungen,  wie  wir  im  Vorjahre  vorausgesehen 
(dieses  Jahrb.,  Bericht  t\  1891,  8.  323),  bereits  bedenklich  getheilt 
worden.  Indem  wir  bezüglich  der  Details  auf  den  12.  Abschnitt 
verweisen  müssen,  beben  wir  hier  hervor,  dass  der  ungemein  hohen 
Meinung,  welche  Biesen thal  und  A.  Schmidt  auch  über  den 
klinischen  Werth  des  Mittels  (Berl  kl  in.  Wochenschr,  1892,  Nr.  2) 
aussprechen  (weiche  Brik  im  Allgemeinen  theilt),  das  vernichtende 
Urtheil  von  Mendelsohn  (ibid.  Nr.  16)  entgegensteht^  dass  eine  innere 
Uedication  mit  dem  Mittel  Harnääureconcretionen  gegenüber  ganz 
wirkungslos  ist.  Diese  Ansicht ,  der  u,  A.  auch  Heubach,  van 
der  Klift  und  Mordhorst  (der  bei  Weitem  das  Wiesbadener 
Gicht wasser  vorzieht)  zuneigen,  bekämpft  Biesen  thal  in  einer  ^^ Ent- 
gegnung** (Berl.  klin,  Wochenschr.  1892,  Nr.  30),  nach  deren  Inhalt 
Verf,  dabei  beharrt,  die  volle  Wirksamkeit  des  Piperazins  als  harn- 
säurelösenden Mittels  unwiderleglich  auf  Grund  zahlreicher  practischer 


Nierenk  ran  k  heitern 


sn 


lUlarfoige  erwiesen  za  haben.  Nur  bandele  es  Bicb  nicht  um  die 
iMmxg  von  HarneSure  im  Harn,  soBdem  um  die  frei  in  den  Ge- 
lenken^ Geweben,  Säften  circulirende  oder  abgelagerte  Harnsäure. 
^Dort  die  gelöste  wieder  zu  sättigen,  anders  wieder  die  Aus- 
scbeidong  der  Harnsäure  zu  hindern^  das  soll  das  Piperastn  leisten 
ond  das  leistet  es!"  Unser  Ürtheil  hat  sich  seit  Jahresfrist  (1,  c.) 
leider  nicht  geändert,  und  auch  Posner  hat  in  einem  sehr  beberzi- 
genswertben  Vortrag  über  die  innerliche  Behandlung  Stein- 
kranker (Deutsche  Med.-Zeitg,  1892,  Nr,  37)  sich  dahin  geäussert, 
daas  auch  dais  Piperazin  an  dem  6atze  nicht  zn  riittelu  vermag,  dass 
noch  immer  keine  inneren  Mittel  existirten,  geeignet^  einmal  gebildete 
Concremente  im  Organismus  mit  irgendweicher  Sicherheit  aufzulösen. 

Die  Beiträge  »um  Kapitel  Niereneiterang  und  Nieren- 
geschwül  ste  sind  diesmal,  so  weit  sie  nicht  vorwiegend  chirur- 
gisches Interesse  bieten  (cf.  Abschnitt  4),  sehr  spärlich  geflossen. 
Wir  erwähnen  zunächst  den  Vortrag  von  M.  Schmidt  (Verhand- 
lungen des  XI.  Congressea  für  innere  Medicin^  Wiesbaden  18^2^ 
8,  463)  über  anafomiache  und  bacteriologische  Charaktere  der  Pyelo- 
nephritis, die  in  der  Hegel  keine  rein  eiterige  sei;  vielmehr  ent- 
ständen im  Nierengewebe  Nekrosen,  welche  durch  demarkirende 
Eiterung  gelöst  würden  und  ihre  Entstehung  drei  Arten  von 
a  DiplobacUlen  verdankten.  Dieselben  bedingen  im  sterilen  Harn 
^BtimiDoniakalische  Zersetzung  und  beim  Kaninchen  als  Reinculturen 
^^  ebenfalls  sequestrirende  Pyelonephritis, 

I  Zu    den    schwer   zu    erklärenden    Beobachtungen    von    grossen 

I  fiuctuirenden.,  harnstoffhaltige  Flüssigkeit  führenden  Tumoren  in  der 
I  Nierengegend  in  schnellem  Anschiass  an  Traumen  liefert  Monod 
I  (Semaine  m4d.  1892,  Nr.  19  o.  20)  einen  interessanten  Beitrag.  Wahr- 
^^Lftcheinlich  handelt  es  sich  um  eine  Päeudohydronephrose  infolge 
^»oberflächlicher  Ureter-  oder  Nierenbecken  ru|>ttir,  welche  Urin  durch - 
UeaS|  aber  zu  keiner  beträchtlichen  Blutung  Anlass  gab.  Heilung  inner- 
halb weniger  Wochen  nach  wiederholter  Ansammlung  der  Flüssigkeit. 

Nicht  unwichtige  Resultate  haben  Albarran's  Experimente  über 
Nierentuberculose  (Gaz.  m^d.  de  Paris  1891,  Nr.  25)  gefördert. 
Bei  Injectionen  von  Tuberkelbacillen  in  Reinculturen  in  den  unter- 
bundenen Ureter  von  Kaninchen  erfolgte  Aehnliches,  wie  nach  Ein- 
iiibrung  pyogener  Bacterien;  Nur  bei  künstlich  hervorgerufener  Harn- 
r^tagnstion  steigt  die  Affection  bis  zu  den  Nieren  herauf.  Der  mensch- 
Kche  Organismus  bietet  meist  einen  combinirten  Infect:  eiterige 
Perinephritis  veranlasst  durch  pyogene  Mikroben  um  eine  tuberculöse 


314 


Fürbringer. 


Niere j  die  Vermittelung  übernehmen  die  Lymph bahnen.  Die  com- 
plicirende  diffase  Nephritis  verdankt  ihre  Entstehung  der  Wirkniig 
der  löslichen  Bactenenproducte* 

Eine  zusammen  fassen  de  Uebersicht  über  die  Klinik  der  Nieren- 
tubercnlose  unter  Verwerthung  einea  eigenen  relativ  stattlichen  Ma- 
terials (22  Fälle)  gibt  G  red  ig  aus  der  Eichhorafschen  Klinik 
(Dies,,  Züricb  1892,  108  Seiten),  Einige  Fälle  sind  der  Kenntnisa 
sehr  wertlj. 

üeber  T nb er culinbe handlang  schweigt  die  Litteratur  so  gut 
wie  ganz.  Eine  erstaunliche  Besserung  nnter  derselben  meldet 
Whipple  (The  Lancet  Bd.  24).  In  einem  nach  mannigfacher  Rich- 
tung bemerkenawerthen  Vortrage  über  Urogenitaltuberculese  meldet 
Stint zing  (CorrespondenzbL  des  Allg.  ärztl.  Vereins  von  Thüringen 
1892  j  Nr.  8),  dass  in  zwei  von  vier  Fällen  ein  zeitweiliger  Still- 
stand während  der  InjeoUonen  zu  verzeichnen  war^  weshalb,  zumal 
bei  dem  Ausbleiben  nachtheiliger  Nebenwirkung,  eine  Aufforderung 
zu  weiteren  Versuchen  gegeben  sei. 

Zur  Gasuistik  der  metastasir enden  malignen  Nierenstrnmen 
(vgl  dieses  Jahrb.,  Ber.  f.  1891,  S.  323)  liefert  J.  Israel  (Berliner 
khn.  Wochenschr.  1892,  Nr.  2G)  einen  neuen^  bereits  im  Leben  er- 
kannten Fall  Kleine  Rippentumoren  (MetastaseqJ  enthielten  hämor- 
rhagische Cysten.  Paralyse  der  rechtsseitigen  Banchmusculatur  in- 
folge Drucks  der  Geschwulst  auf  die  Lumbalnerven.  Metastasen  in 
Lunge,  Leber  und  anderen  Organen.  Keine  Operation.  Tod  durch 
Erschöpfung  ohne  wesentliche  Beseh werde.  Aus  einem  Bericht  des- 
selben Autors  über  Nierenexstirpatlonen  wegen  maligner 
Tumoren  (ibidem  Nr,  46)  erhellt j  daas  von  11  Fällen  nur  2  in- 
folge der  Operation  gestorben  und  2  späteren  Metastasen  erlagen, 
3  (vor  3—5  Jahren  Operirte)  aber  sicher  recidivfrei  sind.  In  3  Fällen 
(vor  3^11  Monaten  operirt)  bislang  kein  Recidiv.  Der  Letzte  vor 
Kurzem  operirt.  Dieser  erfreuliche  Fortschritt  hängt  von  der  Fröh- 
diagnose  ah,  weniger  von  der  Technik. 

Die  Niere nejsten  haben  im  Berichtsjahre  eiiae  auffallende 
Berücksichtigung  gefunden.  Zunächst  berichtet  Ewald  (Berl.  klin. 
Wochenschr.  1892,  Nr,  1  u.  5)  über  einen  Fall  von  totaler  cystöser 
Degeneration  beider  Nieren  bei  einer  alten  Frau,  welche  keine 
deutlichen  Erscheinungen  (geringe  Resistenz  in  beiden  Hypochondrien^ 
etwas  sonderbares  psychisches  Verhalten)  dargeboten  und  schnell 
unter  Erbrechen^  Respiration  ab  eschleunigung  und  Excitation  gestorben 
war.     Die   Nieren  bildeten  die   bekannten   Blasenconglomerate   mit 


Nierenkrank  hei  teil» 


315 


StatDeD,  welche  mit  der  Aetiologie  in  VerbinduDg  gebracht  werden 
(Betention  durch  Ablagerung  hamsaurer  ConcremeDte  in  den  Harn- 
kanälchen}.  Kleines  Herz!  In  den  epikritiäcben  Bemerkungen  des 
Aators  aar  Klinik  dieser  Erkrankung  wird  vorangestellt,  dass  die 
Diagnose  fast  immer  unmöglich  sei,  insofern  meist  Symptomenlosig- 
keit  besteht  r  besw.  schneller  schwer  zu  deutender  urämischer  Tod 
erfolgt,  die  Tamoren  aber  nicht  gefQhlt  zu  werden  pfiegen.  In  der 
Diaenasion  entwickelt  Virchow  seine  Ansichten  über  die  Entstehung 
verschiedener  einschlägiger  demonstrirter  Geschwülste.  Die  wesent- 
Hchate  Ursache  der  congenitalen  Fälle  ist  eine  Atresie  der  Harn* 
kasälchen  durch  interstitielle  Nephritis.  Aehnlich  zn  deutende  Formen 
finden  sich  auch  bei  Erwachsenen!  denen  die  mehr  solitare,  bisweilen 
müchtige  Geschwülste  bildenden  Fälle  bei  den  letzteren  streng  gegen- 
über stehen.  Hier  handelt  es  sich  um  eine  interstitielle  chronische 
Nephritis  im  Umfange  der  Hamkanälchen ,  welche  fast  immer  mit 
der  Ablagerung  von  Gallertmassen  im  Lumen  der  Kanälchen  ver- 
banden ist.  Senator  berichtet  über  einen  Fall  von  angeborener 
CTStenniere,  in  welchem  der  40jährige  Träger  bis  kurz  vor  seinem 
Tode  dem  Droschkenkutscherberule  nachgegangen.    Die  Beschwerden 

t  erinnerten   am    ehesten   an   eine   maligne  Blasenaffection  (bacterien- 
ttd   bluthaltiger  Harn)»     FäUe   tückischen  Verlaufs p   unvermutheter 

lUrimie,  plötzlichen  Todes  (eines  Kindes)  in  den  Armen  der  Mutter 

[theÜt  Furbringer  mit.  Die  Stille  rasche  Ansicht,  dass  die  Cysten- 
Riere   nicht   Fluctuation   darzubieten   pflege,   bestätigt   er,   ist  aber 

Ider  Meinang,  dass  weniger  die  poljeystischej  bezw,  Septumbildung, 
vielmehr  die  Spannung  des  flüssigen  Inhalts  die  Fluctuation  hemmt, 
Beherzigenswerthe,   in    kurzem    Auszug  nicht  wiederzugebende 
[omente  zur  Diagnostik  der  poljcystischen  Nierenentartung 

^gibt  Stiller  (Berliner  klin.  Wochenschr.  1892,  Nr.  10  u,  12) ,  dem 
wir  beipflichten  müssen^  dass  er  die  Erkennung  der  ^ebenso  seltenen 
wie  dunklen"  Krankheit  um  einen  Schritt  vorwärts  gebracht  hat. 
Die  practische  Wichtigkeit  derselben  ist  schon  um  deswillen  an* 
zuerkennen,  weil  wegen  der  gewöhnlichen  Doppelseitigkeit  des  Lei- 

^dens  die  Exstirpation  des  klinisch  meist  einseitigen  Tumors  contra- 
[kdtcirt  ist.  An  der  Thatsache^  dass  Angesichts  eines  fluctuirenden 
Eenaltumora  die  polyoystische  Entartung  wenig  wahrscheinlich  sei, 
hält  Verf.  Ewald  gegenüber  (ibid,  Nr.  10)  fest- 
in einem  von  Nauwerck  (Sitzung  des  KönigL  Vereins  f,  wies, 
Heilkunde  vom  22,  Febr.  1892)  untersuchten  Falle  doppelseitiger 
mächtiger  Cystenniere  handelte  es  sich  theilweise  um  ein  papilläres 
maltiloculäres  Adenokystom,  und  er  glaubt,  dass  so  manche,  selbst 


31  n 


Fiirbriuger 


congenitale  Cystenuierö  in  diesem  Sinne  als  Geschwulst  aufzufassen 
sei.  Die  richtige  Diagnose  in  genanntem  Falle  gründete  Licht- 
heim (ibidem)  auf  den  Nachweis  zweier  Nierentumoren  mit  eiweiss- 
reicher,  concentrisch  geschichtete  Körperchen  fahrender  Flüssigkeit. 

Zur  Frage  der  mit  der  Wanderniere  verquickten  Entero- 
ptose  (dieses  Jahrb.^  Ber.  f.  1890,  8.  292)  bat  Krez  (Münck  med, 
Wochenscbr,  1892,  Nr,  35)  einen  lesenswerthen  Beitrag  (fiinf  eigene 
Fälle  mit  einem  Sectionebefund)  geliefert.  Die  Entstehung  anlangend, 
glaubt  der  Autor  an  ein  durch  chronische  BelaBtnng  des  Colons 
(bartoäckige  Verstopfung)  veranlasstes  Tiefertreten  der  rechten  Flexur 
des  Grimmdarms  als  primüres  Moment.  Wunder  muss  es  Bef. 
nehmen,  den  Zustand  als  einen  recht  seltenen  bezeichnet  zu  änden. 
Die  mechauische  selbetverständlich  obenan  stehende  Behandlung 
(Leibbinde),  der  auch  Stifler  in  seinen  „Practischen  Erfahrungen" 
(Münch*  med.  Wochenachr.  1892)  das  Wort  redet  (Teufel'scbe  Ban* 
dage),  hat  zufriedenateUende  Resultate  geliefert.  Kecht  beherzigens- 
werthe,  leider  ohne  Verwerthung  der  bekannten  G-l^nard'schen  Ar- 
beit über  Eoteroptoae  dargestellte  Befunde  über  palpable  und 
bewegliche  Nieren  hat  Hilbert  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med. 
Bd.  1,  1892,  S,  483)  mitgetheilt.  Der  Eintheilnng  der  beweglichen 
Nieren  nach  dem  Grade  ihrer  Beweglichkeit  (mit  der  Wandemiere 
als  dem  höchsten  Grade)  vor  derjenigen  von  Litten  nach  dem  Grade 
der  Dislocation  den  Vorzug  gebend^  hat  der  Autor  bei  435  Frauen 
lOOnial  bewegliche  Nieren  (65mal  rechter- ,  B5mal  beiderseits)  an- 
getroffen, darunter  nur  Imal  eine  echte  Wanderniere.  Nur  in  15  ^J^ 
konnten  Beschwerden  von  der  bestehenden  Anomalie  hergeleitet 
werden^  ein  Ergebnisse  das  sich  annähernd  mit  ungaren  Erfahrungen 
deckt. 

An  dieser  Stelle  macheu  wir  endlich  auf  den  auch  der  physi- 
kalischen Nierenunt  er  suchung  gewidmeten  Artikel  ,^  Abdomen- 
Untersuchung^'  im  ßum-Schnire raschen  diagnostischen  Lexikon  von 
Siintzing  nachdrücklich  aufmerksanii 


«  Cotigtitutionskraiikheiten. 


Von  Dr.  Julius  ScIiWülbe  in   B  e  r  1  i  il 


In  Borgfältigan,  gewissenhaften  Unters achungeci^  die  steta  in  der 

SpllAre  der  experimeutellen  Pathologie  gelegen  sind  und  nie  von  sieh 

überhastenden  Hypothesen  abgelöst  werden,  ist  0*  Minkowski  gtetd 

aaf»  Neae  bestrebt,   das  Dunkel ,    welches  über  dem    Wesen  des 

.Diabetes  mellitus  lagert^  2u  durchdringen.    In  seioen  weiteren 

fHittheilungen  über  den  Diabetes   meUitus   nach  Exstir* 

pation  des  Pankreas  (Berl.  klin.  Wocheuschr.  Nr.  5,  vergh  auch 

Varhandl.   d,  Congress.   f.   innere  Med.  zu  Leipzig)    legte   er  einige 

tnteresaante  Forschungsresultate  nieder,  die  wir  etwas  ansführlicber 

wiedergeben  wollen.    In  erster  Linie  weist  er  darauf  lun,  das«  nach 

j^Äeineu   an  mehr   als   50  Hunden   gewonnenen  Erfahrangen   der  Dia- 

aasnahmsios   auftritt ,   wenn   das  Pankreas  vollständig  ent- 

Qt  istj  und  die  Thiere  den  operativen  Eingriff  lange  genug  über- 

Aehnliche  Resoltate  hat  er  auch  bei  Katzen  und  bei  Schweinen 

cht.    Dagegen  tritt  bei  Vögeln    und  Fröschen  ^)   kein   Diabetes 

Fnack  Entfernang  der  Bauchspeicheldrüse  auf.    Bei  Hunden  ist  Min- 

pkowski   nach  wiederholten  Unterstichongen  zu   der  Ueberzeugung 

dass  aof  der  Höhe  des  Diabetes  nach  der  Pankreasezstir- 

Lpation  Oberhaupt  keine  nennenswerthen  Zuckermengen    im  Organis- 

'mos  mehr  verbraucht  werden«   Die  Fanctiünen  des  Pankreas,  welche 

dieaer  Thatsache  zu  Qrnnde  liegen  ^    sind    nach  der  Meinung  Min- 

kowski's  specißsch,    d.  h.  es  ist  nach  ihm  kein  anderes  Organ  im 

Stande,  die  Holle  den  Pankreas  bei  der  Umsetzung  der  Kohlehydrate 

tm  Organismus    zu   übernehmen.     Die  Speicheldrüsen,    von    denen 


0  ^''gl*  dagegen  die  posiüven  Resaltate   von  G*  Aide  hoff  (Zeitechr. 
1  Biologie  N.  F,  Bd,  10).    Ref. 


318 


Schwalbe. 


Beale  \md  de  Eenzi  behauptet  haben,  dass  ihre  Exstirpation  eben- 
falla  Diabetes  mellitas  hervorriefe,  stehen  mit  dem  Pankreas  keines- 
wegs ia  Parallele:  ihre  Eotfernnng  hat^  wie  Minkowski  in  seinen 
YerBuchen  festgeatellfc  hat,  eine  vor  üb  ergeh  ende,  sehr  geriogfügige 
und  inconBtantö  Glykoeurie  zur  Folge,  in  derselben  Weise,  wie  das 
nach  vielen  anderen  operativen  Eingriffen  beobachtet  wird,  aber 
keinen  echten  Diabetes  mellitus.  Ebenso  sei  der  von  denselben  Au- 
toren behauptete  EinÜuss  einer  Doodenumreaection '  auf  die  Ent- 
stehung des  Diabetes  als  ein  Trugschluss  aufzufassen.  —  Wenn  aber 
auch  eine  specifiscbe  Function  des  Pankreas  für  den  Zuckerverbranch 
verantwortlich  zu  machen  ietj  so  ist  doch  nicht  jede  Glykosurie  auf 
die  ÖtöruDg  dieser  Function  zurückzuführen.  Eine  übermässige  Zu- 
fuhr von  Zucker  in  der  Kahrtingi  wahrscheinlich  auch  eine  rapide 
Umwandlung  des  Glykogenvorratha  di^r  Leber |  endlich  Secretions- 
störuDgen  in  den  Nieren  können  wohl  einen  Uebertritt  von  Zucker 
in  den  Harn  zur  Folge  habeo.  Die  letzte  Vermuthuog  vermochte 
Minkowski  an  einem  Hunde,  der  durch  Pankreasexstirpation  dia- 
betisch geworden  war,  probabel  zu  machen:  als  diesem  Thier  auch 
die  Nieren  entfernt  wurden,  stieg  der  Zuckergehalt  des  Blutes  im 
Verlaufe  von  8  Stunden  um  ca.  100 ö/q  der  Anfangaziffer  (von  0^327 
auf  0,G66).  —  Worauf  aber  der  nach  Pankreasexstirpation  entstehende 
Diabetes  beruht  und  wie  derselbe  au  Stande  kommt,  ist  eine  noch 
ungelöste  Frage.  Daas  es  sich  hier  um  den  Ausfall  einer  bestimmten 
Function  der  Bauchspeicheldrüse  handeln  muss,  gebt  aus  folgendem 
sehr  interessanten  Experiment  Minkowski's  hervor:  Bei  mehreren 
Hunden  gelang  es  ihm|  Pankreasstücke  ausserhalb  der  Bauchhöhle 
zu  transplantiren  und  dadurch  das  Zustandekommen  des  Diabetes  nach 
der  Entfernung  der  in  der  Bauchhöhle  zurückgebliebenen  Theile  der 
Drüse  zu  verhindern  (Analogie  mit  Myxödem  und  Thyreoidea!  Ref*). 
Wurden  nachträglich  diese  unter  der  Bauchhaut  eingeheilten  Pan- 
kreasstücke enfernt,  so  stellte  sich  die  Zuckerauösclieidung  in  vollster 
Intensität  ein.  —  Zum  Schluse  seiner  inhaltreichen  Abhandlung  pole- 
miairt  Minkowski  gegen  die  Hypothesen  L6pine*8  über  das  soge- 
nannte „glykoly tische  Ferment"  (vgl.  dieses  JahrK  1892,  S.  S25  ff»). 
Es  ist  aber  nicht  seine  Absicht,  an  Stelle  dieser  Theorie  irgend  eine 
bessere  aufzustellen.  ^Erat  müssen  noch  sehr  viel  mehr  Thatsachen 
gewonnen  sein,  ehe  wir  hofifen  dürfen,  uns  eine  klarere  Vorstellung 
über  die  hier  in  Betracht  kommenden  |  offenbar  sehr  complicirten 
Vorgänge  zu  gestatten."  Als  derartige  Thatsachen  möchte  Min- 
kowski angesehen  wissen  einmal  den  Umstand,  dass  nach  der  Pan- 
kreasexstirpation bei  den  diabetischen  Thieren  das  Glykogen  aus  der 


i 


Conedtuyonskratikheiten. 


319 


Leber  sehr  frdhzettig  schwindet,  und  zweitens,  dass  linkedrehender 
Zucker  (Läviüose)  auch  nach  der  Pankreasexatirpatian  noch  im 
Organismus  oiydirt  wird  und  nur  in  sehr  geringen  Mengen  in  den 
Harn  übergeht. 

Gegen  die  Kritik  ihrer  Angaben  im  vorhergehenden  Artikel 
polemisiren  de  Renzi  und  Reale,  Ueber  den  Diabetes  mel* 
litus  nach  Exstirpation  des  Pankreas  (ßerh  kiin.  Wochen- 
schrift Nr.  23),  indem  sie  versuchen  den  Werth  der  Pankreasexstir- 
pation  fCir  die  Genese  des  Diabetes  einzuschränken  und  die  von 
ihnen  aufgestellte  Abhängigkeit  eines  Diabetes  von  der  Exstirpation 
der  Speicheldrüsen  und  von  der  Resection  des  Duodenum  aufrecht 
cu  erhalten. 

In  seiner  Erwiderung  auf  diese  Bemerkungen  beharrt  M  i  o- 
kowski  (BerL  klin.  Wocbenschr.  Nr,  26)  auf  seiner  ursprünglichen 
Anschauung,  Eine  deftnitive  Erlediguog  der  Streitfragen  wird  in 
dieser  Polemik  nicht  gegeben.  Weitere  UnterBUchungen  auf  der 
einen  und  anderen  Seite  müssen  abgewartet  werden* 

Die  Anschauung  M  i  d  k  o  w  s  k  i's  von  der  Einwirkung  der  Pankreas- 
exstirpation  auf  die  Entstehung  des  Diabetes  werden  von  William- 
soDy  Diabetes  mellitus  and  lesions  of  the  pancreas  (Med. 
Ohren.,  März),  völlig  getheilt  Derselbe  gibt  eine  Zusammenstellung 
von  100  Diabetikersectionen,  bei  denen  meist  Atrophie  und  Degenera- 

^lioB,  seltener  andere  Erkrankungen  des  Pankreas  gefunden  wurden, 
selbst  publicirt   zwei  Fälle  von  Zuokerharnruhr  ausführlich  j    bei 

Irdenen  die  Obduction  eine  Oirrhose  und  eine  fettige  Degeneratiori 
ier  Bauchspeicheldrüse  nachwies.  Am  8chluss  seiner  Arbeit  spricht 
3er  Verf.  die  Hoffnung  aus,  dass  es  gelingen  werde^  durch  Implan- 

It^tion  von  Tb  ier  Pankreas  in  die  Bauchhöhle  von  Menschen  den  Dia- 
Btes  der  letzteren  zur  Heilung  zu  bringen. 

Gegen  die  Richtigkeit  der  Lupine' sehen  Annahme  eines  glyko- 
p^tischen  Ferments  wendet   sich   auch   Seegen,   Die  Zuckern m- 

rsetzung  im  Blute  mit  Rücksicht  auf  Diabetes  mellitus 
(Wiener  klin,  Wochenschr,  Nr,  14  u,  16),  Einmal  hat  er  bei  seinen 
T  rsuchungen    nie    die    Producte    einer   aus   der   ^Glykolyse'* 

i  Tiden  Zuckerum  Wandlung   (nämlich  Milchsäure  und  Kohlen- 

s)  gefunden,  und  femer  hat  er  coustatiren  können ,  dass  das 
Blat^  wenn  es  zu  verschiedenen  Zeiten  aus  den  Blutgefässen  ent- 
nommen wurde,  eine  der  Länge  der  Zeit  entsprechende  Abnahme  des 
Zuckergehalts  aufwies.  Der  letztere  Umstand  berechtigt  zu  dem 
ßchluss,  dass  es  sich  hier  um  eine  postmortale  Veränderung  und 
nicht  um  die  Einwirkung  eines  glykoly tischen  Ferments  handele. 


K«fUI  ?mJ 
(Sdikf  Mf  dM  ffisMbpO 

L'^brigw  mlhih  det  Aitacdl  «Im  Scküderai«  der  wo«  Tttl  bei 
DmbeÜbmi  pAbtoa  Ibtb^l«  d«^  i 

peutinch«  NöUtcsi. 

Di«   &Uologiaebe  fMfwttimg  kdÜg^et  ilmmUhiim\m^^nm§%mi    muf ' 
di«  GnUitaliug  bttv,  SUmeenatg  6m  Diaboftea  (^«|^  dMea  Jafar- 
aoh  1899,  8.828)T«»iidii  Tesekemmoker  (Zar  Aetiologie  des  j 
Mab^lvs  melliiap.    BerL  kHn.  Wocbensdir,  Nr.  2)  aa  einem  Fkll 
iu  orllatern.    Bei  etoen  Tjütiigiai  Kaabea,   bei  dem  der  Zocker- 1 
■bell   des  üiinB   aaeh  14tigigem  ▲«toHalte  imd  ent 
>i&t  in  Keueoalir  too  4%  auf  0  gesiuikflB  war,  aetglie  sich  94 1 
d«ii  nach  einem  hefdgeo    Sehreck   3,3  <>q   Zucker.    Sckon  am    fei* 
len    Tage    «aok    der    Freoentgekah    eiid    war    iiadi   8    langen 
aek  Null 
Die    Besieboag    zwiacbeo    SypkUia   uod    Diabetee    bildet    das] 
^Tbema  do«!  Aafaatze«  von  Feinberg  (Yier  Fälle  von  Diabetes 
lellitui  iypbiUiticken  Ur«praQga.     BerL   kUo.  Wecheuschr. 
Nr*  rf}  u«  7),     Bei  aUeo  Patieftteti  waren  Erkrankungen  des  Central- 
Qer¥«viijiyaieaii   irorbanden  ^    die  der  Verf.  auf  GhruDd  der  Anamneae  i 
and    de«   Bttfiindim   aU    «yphilitiaeben    Ursprungs    ansieht.     In   dreti 
TäUän   besUtigie    der  Erfolg    einer   aotisyphilitisüben   Cur  die  An- 
^iiahme  des  Vurf/s. 

EInon  beaobtenswerthen  Beitrag  sur  Diagnose  desDiabetes 


Constitutionskrankbeiten. 


321 


liefert  F.  Hirschfölrf  (Deutsche  med.  Woobenschr.  Nr.  47),  Der 
Schwerpunkt  aeiaer  Arbeit  liegt  in  der  Schilderong  eines  Unter- 
•uchangsmodus,  durch  den  es  gelingt,  das  Assimilationsvermögeii  des 
Padenten  für  Zucker  genau  feötzustellen,  um  hiernach  entweder  die 
Lebeosweise  zu  regeln  oder  den  Erfolg  irgend  eines  Therapeuticumg 
zu  ermitteln.  Der  Untersuch ungsgang  bat  sich  vomehxnlich  auf  drei 
Punkte  zu  erstrecken:  auf  die  Urinmenge  in  24  Standen,  den  Pro- 
eenigebalt  an  Zucker  im  Harn  und  —  worauf  gewöhnlich  gar  nicht 
geachtet  wird  —  die  Menge  der  verzehrten  Kuh lehj'-d rate  und  Eiweiss- 
0toffe.  Ueber  die  näheren  Bedingungen  und  Cautelen  bei  Darch- 
führang  dieser  Untersuchungen  vergleiche  man  das  Original.  Hier 
»ei  nur  hervorgehoben,  dass  der  Verf.  auf  diesem  Wege  bei  einigen 
Patienten  des  Krankenhauäes  Moabit  festgestellt  hat,  dass  ein  Theil 
dersdben  längere  Zeit  hindurch  die  gleiche  Assimilation  des  Zuckers 
seigty  während  ein  anderer  Theil  in  dieser  Hinsiebt  sich  bessert,  d.  h. 
VOD  den  genossenen  Kohlehydraten  und  Eiweisskörpern  eine  geringere 
Menge  Zucker  ausscheidet  als  vorher,  —  Im  übrigen  Theil  der  Ab- 
handlung finden  sich  einige  weitere  Bemerkungen  über  Vorsichts- 
masaregeln  bei  der  Be.stimmung  des  Zuckergehalts  im  Urin,  welche 
indesa  nichts  Neues  enthalten. 

Eine  neue  Reaction  auf  Traubenzucker  empfiehlt  O.  Eosen- 
bach  (Centralbl  f.  klin.  Med.  Nr.  18),  von  der  er  freilich  selbst 
bemerkt,  dass  sie  die  Trommer'sche  Probe  an  Schärfe  nicht  über- 
trißt,  sondern  ihr  nur  „etwa^  gleichkommt.  Man  versetzt  den  Urin 
mit  einigen  Tropfen  Natronlauge  und  einigen  Tropfen  kdt  gesättigter 
Nitroprussidnatriuralösung  und  kocbt:  dann  erfährt  der  Urin,  wenn 
er  über  '  ,o%  Zucker  enthält,  keine  Trübung,  er  nimmt  eine  tief 
roth braune  Färbung  an  und  zeigt  bei  Zusatz  von  Säure  meist  einen 
lasurblauen  Farbenton.  Zuckerfreier  oder  nur  Spuren  von  Zucker 
enthaltender  Urin  erfährt  bei  dieser  Procedur  keine  Veränderung 
fleiner  gelben  Farbe,  trübt  sich  beim  Kochen  und  bietet  (freilich 
incoDStant)  bei  Zusatz  von  Säure  zur  gekochten  Probe  eine  mehr 
flcbmutzig  grüne  Farbe  dar. 

Ueber  die  Bedeutung  und  über  den  Nachweis  von 
kliiinen  Mengen  Zucker  im  Harn  betitelt  sich  ein  längerer 
Aufsatz  von  Seegen  in  der  Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  6 — 8. 
Im  ersten  Theil  desselben  erörtert  der  Verf.  die  Werthigkeit  der 
verschiedenen  Zuckerreactionen  für  kleine  Mengen  Zucker  und  setzt 
dabei  aufs  Neue  seine  bekannte  ^Kohlenprobe"|  die  er  nach  jahre- 
langer Erfahrung  für  die  beste  halten  mass,  ans  einander.  In  der 
zweiten  Hälfte  der  Arbeit  verbreitet  er  sich  über  die  Bedeutung 
Jitirfoocb  d.  pracL  Medicin,    1893.  ^1 


322  Schwalbe. 

minimaler  Mengen  Zucker  im  Urin.   Kach  seinen  Beobachtungen  ist 
das   Gonstante   Vorhandensein    derselben    eine  Anomalie    und    hat 
stets   eine   pathologische  Bedeutang,     Unter  drei  verschiedenen  Be- 
dingungen   hat  Seegen   kleine  Zuekermengen  im  Harn   nachweisen 
können:    1)    im    Initialstadium     des    wirklichen    Diabetes    mellitus; 
2)  als  symptomatische  Erscheinung  bei  übermässig  Fettleibigen,   im 
hohen  Alter  and  bei  einer  grossen  Reihe  von  nervösen  Leiden,  ins* 
besondere  bei  Neurasthenie;   3)  bei  Diabetikern,  die  mit  Erfolg  be- 
handelt sind    and    nahezu   alle  Symptome    ihrer  Krankheit  verloren 
haben.    Gerade  in  den  letzten  FäUen  ist  ihr  Nachweis  von  grossem 
Belang,   damit   man    die  Patienten   nicht  von   der  Feathaltung  ihres 
Regimes   entbindet    und  eine  Steigerung  der  Krankheit  verschuldet, 
Ueber  die  diätetische  Behandlung   des  Diabetes   mellitus 
finden  wir   eine   werthvolle  Auseinandersetzang  in  der  Monographie 
W.  Ebstein^s^    Ueber  die  Lebensweise  der  Zuckerkranken 
(Wiesbaden ,   Bergmann,    1892),     Vor  Allem  ist  bei  der  Anordnung 
der  Diät  für  die  Aufrechterbai tung  eines  guten  Ernährungszustandes 
Sorge  zu  tragen,  da  von  ihm  die  Prognose  der  Krankheit  mitbestimmt 
wird,     Nieraals  darf  man  dem  Kranken    eine  Inanitionsdiät,    wie  es 
z,  B,  die  reine  Eiweissnahrung  ist,  vorschreiben^  höchstens  ist  dieselbe 
zeitweise    bei    gut   genährten    und    leicht  kranken  Individuen  zu  ge- 
statten*   Die  Entziehung  der  Amylaceen  soll  nicht  plötzlich  erfolgen, 
zumal  wenn  sich  Acetessigsäure  im  Urin  findet,  da  sonst  die  Gefahr 
des  Coma  diabeticum  hereinbreche ri  könnte.    Der  Schwerpunkt  muss 
in    der  Diätetik   auf  die  Darreicbung   reichlicher  Fettmengen  gelegt 
werden;  durch  diese  werden  dem  Organismus  die  neben  dem  Eiweiss 
unbedingt    erforderlichen    N-freien    Nahrung^dstoflfe    zugeführt.      Ein 
Theil  der  N^freien  Nahrungsatoffe  kann    auch  im  Gemüse  (reichlich 
mit  Fett  zubereitet)   aufgenommen    werden.     Die    specieilen   Speise- 
vorschriften lese  man  im  Original  nach.     Eine  zweckmässige  Form, 
dem  Patienten  Pflanzen  ei  weiss  darzubieten,  ist  in  dem  Aleuronatbrod 
von    Dt,    Hund  hausen    gegeben.      Auch    in    zahlreichen    anderen 
Speisen   kann   das  Äleuronat   verarbeitet   werden.     Die  Zufuhr   von 
Getränken   ist  meistens  ein«U8chrÄnken.     Alkohol,   namentlich  Bier, 
ist    möglichst  zu   verbieten,    höchstens   ist  guter   Wein   in    kleinen 
Quantitäten  zu  gestatten.   Carativen  Effect  verspricht  sich  Ebstein 
—  im  Sinne  «einer  Theorie  über  die  Pathogenese  des  Diabetes,  welche 
in  der  Einleitung  des  Buches  ihre  Erörterung  findet  (vergl.  dieses 
Jahrbuch  1890,   S.  2a3)  —  von   dem   reichlichen  Gebrauch   koblen- 
flAurehaltiger  Wasser,  —  Unterstützt  wird  die  diätetische  Behandlnng 
■     durch  hygienische  Massnahmen,  wie  laue  Waschungen  mit  nachfolgen- 


I 


A 


CoBStitutioiiek  rank  hei  ten. 


323 


dem  Frottiren,  Wollregime,  Wechsel  des  Klimas  und  der  Beeoliäfti- 
^ng,  active  und  passivre  MuBkelübungen  etc.  Geringeren  Werth 
alB  eine  zweckmässige  Lebensweise  besitzt  die  medicamentöse  Be- 
handlung und  der  Gebrauch  von  Bruno  an  euren, 

lieber  die  Vorzüge  des  Äleuronatbrodes  in  der  Diätetik  des 
Diabetikers  spricht  Ebstein  auch  in  dem  Aufsatz:  Zur  Ernährung 
der  Zuckerkranken  (Deutsche  med.  Wocheoechr.  Nr.  19)  und  in 
dem  gleich  betitelten  Vortrag  auf  dem  Gongress  für  innere  Medicin 
XQ  Leipzig  (s.  die  Verhandlungen  desselben). 

üeber  die  eiweisssparende  Wirkung  der  Kohlehydrat- 
nabrang  bei  Diabetes  mellitus  hat  Leo  Untersuchungen  an- 
»t«)Uty  deren  Resultate  den  Inhalt  eines  auf  dem  Congress  für 
Dere  Medicin  zu  Leipzig  (s,  die  Verhandlungen)  gehaltenen  Vor- 
bilden. Zwei  Diabetiker  erhielten  zunächst  wahrend  einer 
Bihe  von  Tagen  eine  gleichmässigef  eiweis^reiche  und  kohlebydrat- 
arme  Kost.  Nachdem  N-Gleiohgewicht  eingetreten  war,  wurde  ausser 
der  bisherigen  Nahrung  noch  ein  Gericht  verzehrt,  welches  nur  aus 
Kohlehydraten  und  Waaser  bestand.  Die  dauernd  in  Harn  und 
Koth  vorgenommene  N-Bestimmung  ergab  nun,  dass  die  N-Aub- 
chetdung  bei  gleicher  ürinmenge  eine  niedrigere  ist,  wenn  in  der 
ffahrung  Kohlehydrate  zugeführt  werden.  Leo  knüpft  an  diese 
Thataache  Bemerkungen  über  die  Therapie  des  Diabetes,  specieil 
^ttber  die  zu  gestattende  Menge  von  Kohlehydraten  in  der  Nahrung 
Als  Maassstab  hierlür  soU  man  nicht  lediglich  die  ausgeschie- 
I  Zuckermenge,  sondern  auch  das  sonstige  Befinden  des  Patienten, 
onders  sein  Körpergewicht  und  die  248tündige  Urinmenge  be- 
nutzen. 

üeber  die  Weise  der  von  einigen  Autoren  erprobten  Wirkung  dea 
^Syzygium  Jambolanum  bei  Diabetes  mellitus  hat  Hildebrandt 
mehrfachen  Versuchen   sich  Aufklärung  zu  verschaffen   bemüht. 
Er  kommt  zu  dem  Resultat,  dass  dieselbe  auf  den  antifermentativen 
agenachaften  des  Mittels  beruht  (BerL  klin.  Wochenschr,  Nr.  1). 
Qerlach  (Petersb*  med.  Wochenschr.  Nr.  10)  hat  in  zwei  Fällen 
Won  Diabetes  mellitus  von  Syzygiam  Jambolanum  keine   thera- 
peutischen Erfolge  gesehen. 


Ueber  Harnsäure  und  Gicht  veröffentlicht  E.  Pfeiffer  einen 

Dgeren  Artikel  in  der  Berl.  Min.  Wochenschr.  (Nr.  16,  17,  19,  20, 

22),  in  welchem  folgende  Fragen  behandelt  werden:  1)  Die  Metboden 

(der  Hamaäurebestimmung   im   Urin,     2)  Scheidet  der  Gichtkranke 

Dehr  oder  weniger  Harnsäure  aus  als  der  Oesunde?    3)  Die  Aus* 


324 


BübwilbcL 


Am  Hamafture  im  ünn.    Auf  den 
möann  wir  uns  an  dieser 


acheidhwkcH  dor 
Inhalt  de8  Aatetaea 
Stelle  TBiBagen. 

Ueber  die  Behesdlang  der  hernseoren  Biatheee  (Gicht 
QBd  Nephrolithimsis)  mit  Pipemiii  sind  Bieseathal  luid  A.  Sehmidt 
(Kliaiaches  über  das  Fiperazin.  Beii.  klia.  Weehenaehr.  Nr.  2] 
aa  folgenden,  noch  nicht  definiüven  Schliissfolgeruiig<eii  gelangt:  Das 
ua  Wasser  löaliche  nngifUge  Piperaxin  übertnlFI  in  der  Fihigkelt^ 
Hamaänre  nnd  bamsanre  Concremente  xn  löeeo,  alle  bisher  be* 
kannten  Mittel.  Es  wird  vom  Magen  aas  leicht  reaorbirt,  passirt 
den  Qfgaliismiis  nnaes^istzt  and  wirkt  also  überall,  wo  es  mit  Harn- 
aittra  in  Bartihnuig  kommt ^  losend«  L5st  man  lg  —  die  gewöhn- 
Bebe  Tagesdoeis  ^  in  einer  Flasche  Sodawasser  mit  600  g  Inhalt, 
so  wird  der  Geschmack  des  letzteren  nicht  TsriBdert,  Nach  den 
Verff.  ist  das  Piperaztn  in  1 — 2ö,)iger  I#Ösiing  anck  aar  Ansspülong 
der  ffiaae  behnfs  Lösung  von  Blasensteinen  geeigmi.  Aach  bei 
QamaAiirBpiMitfphat-  tmd  -Oxalatateinen  ist  das  Mittel  indicirt.  — 
Nabsn  der  PIpermnbehaDdloikg  sind  bei  der  Gidit  die  diätetischen 
Venachnfteo  nicJit  sa  ▼emaehliaaigen. 

Die  vorsIsiKodeo  Schlnssfolgeningen  er^üirea  eine  Kritik  in 
dam  Vortrage  M.Mendelsohn's:  Ueber  flarnsiiireiösung,  ins* 
besondere  durch  Piperazin  (BerL  klin.  Woehenschr.  Nr.  16). 
Wilirasd  die»er  kuiof  sagsbeo  musSi  dass  Piperazin  in  wässeriger 
lAMm  Haroaiiirestaba  sieiaHfih  aehnell  l5et,  hat  er  gefunden,  dass 
afiMP  LftiBBg  fOD  Pipamio  in  Harn  oder  der  Harn  eines  l&ogere 
SMi  flit  F^sfmain  behsadeltefi  Individaums  die  Hamsäitresteine 
Eine  innere  Medication  mit  Piperazin  hält  er 
glgeoftber  für  völlig  wirkungslos.  Des* 
ifidtktm  hmn^  m  fiodso,  dass  die  im  Uebermaass  vorhandene  „freie^ 
{im  fikmm  %  PUHf^fä)  UamsAore  im  Urin  durch  innerlichen  Ge- 
hfwmk  fM  Fifmasfa  an  (|oantittt  nicht  vermindert  wird«  Die 
htmmgAndi  dm  mUmmigßn  Piperaxins  im  Beagensglase  Ist  Harn- 
iüm  |pf0NMIfc#f  n^intißff  als  diejenige  des  kohlensauren  Ltthioos. 
—  Dm  VüMlill,  ainiNl  Hamsiafeatein  in  der  Blase  eines  Thieres 
dveb  KpmmimmmpMwgtü  aa&olösen,  hat  Verf.  zwar  noch  nicht 
so  Bads  gsMirti  hilf  ihn  aber  für  wenig  aussichtsvoll,  da  schon  die 
Beuniaehung  geringer  HAmmengen  das  Lösungsvermögen  der  Pi- 
perazinlösung  erheblich  herabsetzt. 

In  seiner  Erwiderung  auf  den  vorstehend  referlrten  Vortrag  fiebt 
Biesenthal  (Berl«  klin.  Woehenschr,  Nr.  SS)  treffend  hervor,  dass 
Mendels  ohn,  ohne  je  einen  Gicht-  oder  Nierensteinkraaken  behandelt 


I 


I 


1 


* 


d 


ConstitiitioBökranklieiten. 


325 


SU  habeUf  lediglich  auf  Grund  seiner  Beagensglaey ersuche  sein  ver- 
nichtendes Urtbeil  über  das  Piperazin  abgegeben  Labe.  Dem  gegen* 
4ber  verweist  er  auf  eine  grosse  Reihe  günstiger  Erfahrungen ,  die 
sowohl  er  wie  andere  Aerzte  mit  dem  Mittel  bei  Gicht  und  Stein* 
kranken  gewonnen  haben.  Wenn  der  Verf.  aber  am  Schluss  seiner 
Ausführungen  nicht  nur  betheuert,  dass  das  Pipera^in  bei  frischen 
Gfchtanfällen  ein  „voilkommeD  sicheres''  Miüel  ist,  dass  auch  bei 
chronischer  Gicht  „die  Wirkung  fast  niemals  ausbleibt",  dass  das- 
selbe sich  sicher  bewährt  hat  iu  „alleu"^  Fällen  von  Nieren steinkolik  etc, 
sondern  wenn  er  das  Piperazin  auch  empfiehlt  bei  Leakämie,  bei 
Chlorose,  bei  croupöst-^r  Pneumonie  u.  s,  w.,  so  beweist  er  aufs  Neue, 
wie  Jemand  ein  an  sich  für  gewisse  Fälle  vielleicht  bi^auchbares 
Kittel  durch  maasslosen  Enthusiasmus  —  zumal  wenn  derselbe  noch 
wie  hier  mit  einer  grossen  Portion  Unklarheit  gepaart  ist  —  ^in 
Orund  und  Boden^  loben  kann, 

Zur  Behandlung  der  harnsauren  Diatheae  emphehlt  Alafb  erg 
(Mönchener  med,  Woohenschr,  Nr.  10)  eine  lange^  ja  zeitlebens  fort- 
gesetsste  Trinkcur  der  Obersalzbrunner  Kronenquelle.  Es  sollen 
jährlich  60—60  Flaschen  getrunken  werden»  Eine  besondere  Diät 
ist  fiSLT  den  Gebrauch  dieses  Wassers  nicht  erforderlich, 

Die  Behauptung  mancher  Autoren  ^  dass  die  Oxalsäure- 
ausscheidung bei  Lipomatosis  universalis  häutig  vermehrt  sei, 
erfährt  nach  den  Untersuchungen  von  E.  Kisch  (Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr,  16)  eine  Correctur.  Verf*  hat  die  bezeichnete  Erschei- 
Ottug  unter  ueun  Fällen  nur  einmal  gefunden. 

Die  schweren  anämischen  Zustände  bildeten  diesmal  das 
eine  der  Hauptthemata  des  CongreBses  für  innere  Medicin^  welche 
tlurcfa  die  hervorragenden  Eeferate  sowohl  wie  durch  die  sich  au- 
0clili60dende  Discussion  stets  eine  wesentliche  Förderung  erfahren. 
Birch'Hirschfeld,  der  statt  des  erkrankten  (und  nicht  lange 
darauf  veratorbenen)  Biermer  das  Referat  übernommen  hatte,  gab 
ein  übersichtliches  Bild  von  dem  neuesten  Stande  der  Pathogenese 
und  Therapie  der  schweren  Anämien,  Abgesehen  von  der  Ver- 
blutungsanämie^  die  hier  nicht  in  Betracht  kommt,  nimmt  man  drei 
Hauptarten  der  Anämie  an:  1)  die  gewöhnliche  secundäre  Anämie, 
2)  die  Chlorose  und  3)  die  progressive  perniciöse  Anämie.  Bei  der 
ersten  Form  besteht  die  Biutveränderung  in  einer  Verminderung 
der  rothen,  bezüglich  des  Hämoglobingehalts  ganz  oder  fast  normalen 
Blutkörperchen  und  einer  absoluten  oder  relativen  Vermehrung  der 
weissen  Blutkörperchen,  —  Für  die  Chlorose  kommt  als  disponirende 


Uriftche  walirscheinlicb  schwächliche  Anlage  der  blutbildenden  Or- 
gane, bei  echweren  Fallen  in  Verbindung  mit  dürftiger  Anlage  des 
ganzen  Gefässsjstems  (Virchow)  in  Betracht  Als  wesentliche 
BlutverÄnderung  ist  hier  die  sehr  erhebliche  Hämo  globin  Vermin- 
derung der  rotfaen  Blatkörperchen  zu  nennen,  —  Die  progressive 
liarnicidse  Anämie  ist  dnrch  den  Zerfall  sowohl  im  Blute  als  in 
den  Qeweben  gekennzeichnet  Im  Blute  fiodet  man  hochgradige 
Verminderung  der  Erjthrooyten,  Eückbüdnngsfonnen  (Mikrocyten, 
Poikilooyten),  Zerfallsproducte  aus  früheren  Entwickelungsstufen 
rother  Blutkdrperohen  (kerohaltige  normal  grosse  Erythrocyten  und 
die  von  Ehrlich  als  Zeichen  degenerativer  Entwickelung  gedeuteten 
grossen  kernhaltigen  Erythrocyten).  Im  L#eichenbetund  sind  die 
punktförmigen  Hämorrhagten  und  die  fettige  Degeneration  charakte- 
ristisch* Als  Zeichen  des  Gewebszerfalles  im  Leben  ist  die  relative 
Harn  Stoffvermehrung  (Eich  hörst)  und  die  Peptonurie  (v*  Jak  seh, 
LuBsana)  su  nennen* — ^  Seine  Anschauungen  über  die  Pathogenese 
der  schweren  anämisoben  Zustände  fasst  der  Kef.  in  folgenden  Sätzen 
zusammen:  Die  Verminderung  der  rothen  Blutkörperchen  wird  wahr* 
scheinltch  durch  erhöhten  Zerfall  derselben  eingeleitet,  an  welchen 
sich  eine  ungenügende  compensatorische  Regeneration  von  Seiten 
der  blutbildenden  Gewebe  luamentlich  des  Knochenmarkes)  an- 
schliessen  kann.  Die  unvollkommen  entwickelten  Producte  dieser 
Regeneration  sind  wahrscheinlich  wieder  zum  Zerfall  in  erhöhtem 
Grade  disponirt.  Als  Veranlassungen  des  Zerfalls  der  rothen  Blut- 
körperchen können  verschiedenartige  Schädlichkeiten  in  Betracht 
kommen  y  welche  durch  2^rsetzung  des  Blutplasmas  (mit  Verminde- 
rung der  Gerinnbarkeit  des  Blutes)  oder  durch  directen  Einfluss 
seiraiörend  auf  die  rothen  Blutkörperchen  wirken«  Diese  Schädlich- 
kaiten  können  von  aussen  stammen  (toxische  Schädlichkeiten)  oder 
durch  specifisohe  Mikroorganismen  im  Körper  gebildet  sein  (iofectiöse 
Noien)  oder  endlich  durch  regressive  Veränderuugen  aus  den  Körper- 
gtweben  selbst  entstehen  (Autoin toxication).  Demnach  wird  für  die 
hier  besprochenen  schweren  anämischen  Zustände  eine  einbeitliche 
PathogeneMO  nicht  voransgesetzt,  sondern  die  in  ihrem  Wesen  analoge, 
iti  ihrsn  Folgen  gleichartige  Blut  Veränderung  auf  verschiedene  ätio- 
Dgischfi  MomontJ^.^  äu rückgeführt;  a.  auf  wiederholte  Hämorrbagien 
ntpoathämorrhagische  Form),  b.  Störungen  im  Magendarmkanal  (dys- 
peptisohe  Form),  c.  Parasiten  (speciell  Blutpnrasiten ,  z.  B,  die  von 
Klöba  beschriebenen  FlageÜaten) ,  d,  Schwangerschaft  und  Puer- 
perium, 0.  infectidse  Processe  (Syphilis,  Malaria),  f.  unbekannte  Ur- 
sachen (sog.  idiopathische,  besser  kryptogenetische  Anämie) ,  wahr- 


ConstitationakrankheiteD. 


327 


flcheinUch  von  aussen  stammende  oder  im  Körper  gebildete^  Blut- 
körperchen zerstörende  Substanzen  (Giften  Toxine ,  bessiehentlich 
Enzyme).  Bei  der  Besprecbuog  der  Therapie  der  scbweren  anämi- 
schen Zustände  beschränkt  sieb  der  Beferent  auf  einige  allgemeine 
Hinweise.  Er  betont  die  Wirkungslosigkeit  der  Eisenbehandlung^ 
den  günstigen  EfPect  des  Arsen iks^  den  palliativen  Erfolg  der  Blut- 
transfusioni  er  weist  auf  die  Beachtung  der  dyspeptischen  Störungen 
hin,  aul'  den  günstigen  EinHass  des  Klimas* 

Ehrlich  verbreitet  sich  als  Gorreferent  eingehend  über  den 
Blutbefund  bei  den  schweren  ADämien  und  die  Methode  seiner 
Darstellung.  Die  PoLkilocyten  (oder  Schistocyten  nach  Ehrlich, 
vergl.  dieses  Jahrbuch  1889,  S.  293)  hält  er  für  Fragmente  der 
rothen  Blutscheiben.  Die  anämische  Degeneration  der  Erythrocyten 
ht  als  Coagulationsnekrose  aufzufassen.  Eine  dritte  Form  der  De- 
gienaration  der  rothen  Blutscheiben  ist  die  hämoglobinämische :  die* 
selbe  charakterisirt  sich  dadurch,  dass  sich  im  luDero  der  Blut- 
acbeibe  1 — ^2  Körperchen  vorfinden,  welche  aus  modificirtem  Hämo- 
globin bestehen.  Unter  den  kernhaltigen  rothen  Blutkörperchen 
unterscheidet  Ehrlich  die  Normoblasten  und  die  Megaloblasten. 
Die  ersteren  entsprechen  der  Blutbildung  des  Erwachsenen^  die  letz- 
teren derjenigen  des  Embryo.  Aub  den  Normoblasten  wird  der 
Kern  ausgestossen  und  bildet  einen  neuen  Normoblasten,  bei  den 
Megaloblasten  wird  der  Kern  resorbirt  Bei  den  aecondären  An- 
ämien findet  mau  fast  ausscbliesslicb  Normoblasten,  spärliche  Me- 
galoblasten.  Ehrlich  sieht  das  Charakteristische  der  pemiciöaen 
Anämie  in  dem  Rückschlag  des  Knochenmarkes  in  den  embryonalen 
Typus,  für  welchen  Frocess  er  den  Namen  megal  ob  las  tische  Dege- 
neration vorschlägt.  Ein  eigenartiges  Verhalten  bieten  nach  Ehr- 
lich die  Leukocyten  bei  den  verschiedenen  Anämien  dar:  bei  den 
aecundären  Anämien  ündet  man  häufig  Leukocytose,  bei  der  (pri- 
mären) pemiciösen  Anämie  aber  eine  absolate  Verminderung  der 
Gesammtmenge  der  Leukocyten  und  besonders  hochgradige  Ver- 
ringerung der  poljmucleären. 

In  der  Discussion  zu  den  beiden  Vorträgen  spricht  Troje 
über  die  Abstammung  der  rothen  und  weissen  Blutkörperchen. 
Fftrbringer  weist  u,  A.  darauf  hin,  dass  es  auch  echte  progressive 
Anämien  ohne  wesentliche  Degenerationsformen  der  Blatkörper 
(I  Fall  eigener  Beobachtung)  gibt,  und  dass  das  Blut  der  Kranken 
mit  peroiciöser  Anämie  nicht  selten  normalfarben  und  selbst  auf- 
fallend dunkel  sei.  Von  57  Fällen  aus  Fürbringer*8  eigener  Beob- 
achtung sind  27  gestorben^  10  ungebeilt,  16  gebessert,  4  relativ  ge- 


328 


Schwalbe. 


heilt.     An  diesem  relativ  günstigen  Hesultat  ist  das  Arsen  sicher  ^ 

nicht  unschnldig.  Klebe  weist  nochmals  ausdiUcklich  anf  die  von 
Ihm  im  Blute  gefundenen  FlageÜaten  hin.  Litten  hat  dieselben 
nie  gesehen.  Er  betont  u.  A,  die  Wichtigkeit  der  Megalocytent 
Dehio  ist  der  Meinung,  dass  die  Botriocephalns- Anämie  als  toxtsehe 
aufzufassen  sei. 

Die   Beiträge    zur   Pathologie   des  Blutes    von   Mara- 
gliano   (Verhaßdlgn.   d.  Congresses  f.  innere  Med.  zu  Leipzig  und 
Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  31)    beziehen   sich   auf  die  Nekrobiose^ 
der   rothen  und  weissen  Bluikörper  und  auf  den  Einfluss  des  Blut- 
serums auf  die  rothen  Blutkörper, 

In  seinen  Klinischen  hämatologischen  Studien  (Archiv 
f*  exper.  Paihol.  u.  Pharm.  Bd.  28)  legt  Gabritschewsky  im  An- 
schluBs  an  ähnliche  ünterBUchungen  von  Fr.  Miller  und  Go Hasch 
(cL  dieses  Jahrbuch  1890,  S.  205)  dar,  dass  die  eosinophilen  Zelien 
im  Blute  bei  Asthma  bronchiale  erheblich  vermehrt  sind,  und  dass 
ihre  relative  Menge  hier  beträchtlich  grösser  als  bei  Leukämie  ist. 
Wo  dagegen  die  asthmatiBchen  Erscheinungen  durch  andersartige , 
Erkrankungen  der  Lungen  oder  des  Herzens  bedingt  sind,  war  keine] 
Vermehrung  der  eosinophilen  Zellen  im  Blute  zu  constatiren. 

Einen  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Leukämie  enthält  der 
Vortrag  Litten's  auf  dem  Congress  tür  innere  Medicin  zu  Leipzig 
(s.  d.  Verhandlungen).  Im  Anschlusa  an  Influenza  traten  bei  einem 
Patienten  des  Vortragenden  rheumatische  Schmerzen,  Milzvergrösse- 
rung,  „Retinitis  leucaemica",  weisse  Infiltrate  in  der  Haut^  Hämor- 
rbagien  in  der  letzteren,  Bumnolenz,  Coma,  Convulsionen  auf,  undl 
nach  3i'.^tägigem  Krankheitsverlauf  ging  der  Patient  zu  Grunde.] 
im  Blute  fand  sich  hochgradige  Vermehrung  der  Leukocyten  (1:4),' 
ferner  sehr  grosse  maulheerförmige  weisse  Blutkörperchen  mit  Fett- 
körnchen in  grosser  Menge.  Eine  im  KocVschen  Institut  nach 
allen  Methoden  vorgenommene  bacteriologische  Untersuchung  des 
Blutes  blieb  resultatlos.  Bei  der  Section  fanden  sich  u.  A.  die  oben« 
erwähnten  Fettkörnchealeukocyten  sehr  zahlreich  im  Knochenmark- 
Im  Anschluss  an  diese  Darlegungen  theilt  Verf.  mit,  dass  er 
lltets  bei  Leukämie  im  Blute  ^die  grosse  Form**  der  rothen  Blut- 
Fkörperchen,  wenn  auch  nur  vereinzelt,  gefunden  habe.  Ausserdem 
ist  er  bei  Leukämie  wie  bei  perniciöser  Anämie  im  Blute  Öfter 
weissen  Cylindergebilden  begegnet,  die  er  auf  Degenerationsprocesse 
zurückführt. 

Einen  Fall  von  acuter  Leukämie,  bei  dem  nur  die  Milz  ge* 


CoDSÜtuÜQDBkrat]  kheiteo. 


329 


Bch wollen  war,  KnocbeDmark  nnd  LymphdrüsoD  sich  dagegen  bei 
der  SectioQ  intact  erwiesen ^  veröffentiicht  Eicbhorst  (Virchow^s 
Archir  Bd*  1?0).  Einen  Fall  von  acuter  Leukämie,  der  nach 
'Traoma  entstand  und  binnen  Kurzem  zum  Tode  fülirte,  beackreibt 
Greiwe  in  der  Berl  Mid.  Wochenscbr.  Nr.  33. 

Auf  eingehende  hämatologmche  Untersuchungen  und  manoig* 
faltige  klinische  Erfahrungen  im  Krankenhaus  am  ürban  ist  der 
r Tortrag  Troje's,  Ueber  Leokämie  und  Pseudoleuk- 
'ämie  (Berliner  klinische  Wochenschrift  Nr*  12)  gegründet.  Ffir 
die  Differentialdiagnose  der  Leukämie  sind  nach  Troje  nur  wenige 
,  Jdomente  mit  Sicberheifc  zu  verwerthen.  Die  VermebruDg  der  eosino- 
philen Zellen  ist  im  leukämischeD  Blute  (Ehrlich)  nicht  con- 
atant  und  fiodet  sich  andererseits  auch  im  Blute  Gesunder.  Auch 
H.  F.  Müller  (s.  dieses  Jahrbuch  1892,  S,  305),  der  das  Auftreten 
von  gewissen,  besondere  grossen  manonucleären  sog.  Markzellen  als 
charakteristisch  für  Leukämie  ansieh tj  kann  er  sich  nicht  anschliessen. 
Wichtig  scheint  dem  Verf.  für  die  Differentialdiagnoae  zwischen 
Leokämie  und  LeDkocytose  der  Befund  von  mononucleären  weissen 
Blatsellen  im  leukämischen  Blut^  welche  sieb  durch  eine  mittlere 
Grösse,  einen  schmalen,  homogenen  Protoplasmasaam^  relativ  grossen , 
miltektark  tingiblen^  fein  reticulirten,  rundlichen  oder  ovalen  Kern, 
fiamentlich  aber  durch  typische  Kerntheilungetiguren  auszeicbnen. 
Die  Erythrocyten  fand  Troje  im  leukämißchen  Blut  in  den  ver- 
ackiedenaten  Grössen.  Auch  D egen oratio nsformeo  und  kernhaltige 
Erythrocyten,  von  den  kleinsten  bis  zu  den  grössten^  hat  er  daselbst 
angetroffen.  Besonders  erwälmenswerth  ist  endlicb  sein  Befund  von 
kernhaltigen  rothen,  in  Karyomitose  begriffenen  Blutkörperchen.  — 
Waa  die  Pathogenese  der  Leukämie  betrifft,  so  handelt  es  sich  hier 
wahracheinlich  um  eine  Infectionskrankheit.  Die  Eingangspforte  für 
daa  apeeifische  Gift  ist  vermutblich  im  Verdauungstractus  gelegen. 
Ein  Fall  Troje^s  verlief  unter  dem  Bilde  einer  recidivirenden 
infectionskrankbeit;  derselbe  ist  auch  dadurch  interessant,  dass 
eine  ausgesprochene  Pseudoleukämie  den  Erscheinungen  der  eigent- 
lichen Leukämie  voraufging.  Ein  pathogenetischer  Zusammenhang 
dieser  beiden  Krankheiten  wird  durch  zablreicbe  Beobachtungen 
nahegelegt.  Ferner  aber  steht  festj  dass  unter  dem  Bilde  der  Fseudo- 
leakämie  auch  andere  Erkrankungen  wie  Scorbut,  locaÜsirte  Lymph- 
drüaentaberculose^  multiple  Sarkome  u.  A.  verlaufen  können.  — 
Beanglich  der  Theorie^  welche  der  Verf.  über  die  Pathogenese  der 
Leukämie  und  Pseudoleukämie  aufstellen  zu  können  glaubt,  sehe 
man  das  Original  ein. 


330 


Schwalbe. 


Die  vou  allen  Äatoren  bisher  vergebiicli  gesuchten  Infections- 
keime  der  Leukämie  glaubt  A*  Pawlowsky  (ZurLebre  von  der 
Aetiologie  der  Leukämie.  Deutscbe  med.  Wocbenschr.  Nr.  28) 
in  Gestalt  von  Bacillen  bei  sechs  unter  sieben  Fällen  gefunden  zu 
haben. 

üeber  einen  Fall  von  Sarkomatoais  nach  primärem  Thj- 
musaarkom,  verlaufend  unter  dem  Bilde  einer  lymphati- 
schen Leukämie,  der  auf  der  v,  Jaksch'schen  Klinik  in  Prag 
zur  Beobachtung  gelangte,  berichtet  P,  Talma  (Deutsche  medic. 
Wochenschr,  Nr.  S&)  ausführlich.  Bemerk enswerth  ist,  dass  sich 
das  Bild  der  Leukämie  im  Verlaufe  eines  Monats  entwickelt  hat.  ^- 
Vielleicht  hätte  man  schon  klinisch  die  Diagnose  —  wenigstens  an- 
nähernd —  ricbtig  gestellt,  wenn  man  im  Bereich  der  durch  das 
Thymussar kom  bedingten  ausgedehntem  Dämpfung  eine  Probepunction 
vorgenommen  hätte.  Der  Verf.  hätte  dann  seine  Anschauung,  ^dass 
das  Vorhandensein  von  Geschwulstpartikelchen  im  Sputum  wohl  das 
einzig  absolut  sichertj  Symptom  für  Brustgeschwülste  (wenn  die- 
selben nicht  die  Thoraxwaud  perforiren)  isf*,  rechtzeitig  seibat  cor- 
rigirt,  (Vergi  den  Aufsatz  des  Ref»  über  primäre  Lungen-  und 
Brustfellgesch Wülste,  dieses  Jahrbuch  1892,  S.  257.) 

Einen  Fall  von  perniciöser  Anämie,  der  mit  Icterus  be- 
gann, beschreibt  Frisch  mann  ausführlich  in  der  Pester  med.-cbir. 
Presse  Nr.  10. 

Zur  Statistik  und  Aetiologie  des  Scorbuts  liefert 
L.  Herthenson  im  Deutschen  Archiv  f.  klin.  Med,  Bd.  49  einen 
umfangreichen  Beitrag.  Die  Anscbauungen  des  Verf.*s  über  die 
Aetiologie  der  Krankheit  gipfeln  in  dem  Satze,  dass  der  Scorbut 
za  den  Infectionskrankheiten  gehört.  Die  durch  Mangel  an  diesem 
oder  jenem  Bestandthell  in  der  Nahrung  bedingte  Emähningsstorung 
spiele  bei  der  Erkrankung  an  Scorbut  häufig  ein  prädisponirendes 
Moment,  allein  diese  Ernihrungsstörung  vermöge  an  sich  keinen 
Scorbut  hervorzurufen  und  bilde  auch  keine  absolut  nothwendige 
Vorbedingung  zur  Entwickelung  dieser  Krankheit. 


8.   Iiife€t]0i]8kraiikh6iteii. 

Von  Dr.  Freybun,  Assistenzarzt  am  Krankenhause  Friedrichshain 
zu   Berlin, 


Wenn  wir  rückblickend  die  diesjährigen  Arbeiten  auf  dem  Ge- 
biete der  Infectionskrankheiten  überschauen,  so  sind  es  im  Wesent- 
lichen zwei  Factoren,  die  auf  die  Pliyöiognomie  der  einacblägigen 
Litterator  bestimmend  gewirkt  haben.  Vor  Allem  tritt  das  unverkenn- 
bare Bestreben  in  den  Vordergrund ,  aus  den  Resultaten  der  Labo- 
ratoriumsarbeiten  Anhaltspunkte  für  eine  specifische  Therapie  und 
Prophylaxe  der  In fectionsk rankheiten  zu  gewinnen.  Nachdem  ein- 
mal die  Paste ür'scben  Methoden  der  Schutzimpfung  aich  für  eine 
ganze  Reibe  von  Infectionen  als  wirksam  erwiesen  haben,  und  nach- 
dem man  eine  mehr  oder  minder  vollkommene  Immunisirung  von 
Thieren  für  gewisse  Erkrankungen  erzielen  konnte,  ist  man  hei  den 
fiaheliegenden  Beziehungen  zwischen  Immunität  und  Heilung  dazu 
übergegangen I  direct  eine  Heilung  auf  diesem  Wege  anzubahnen. 
Im  Wesentlichsten  sind  diese  Bestrebungen  durch  die  von  Behring 
und  Kitasato  inaugurirte  Serumtherapie  gefordert  worden  j  es  ist  als 
ein  fiir  viele  Krankheiten  gültiges  Gesetz  bereits  ermittelt.,  dassjede 
stark  erworbene  Immunität  mit  dem  Serum  des  immunen  Thieres 
auch  auf  andere  Thiere  übertragbar  ist,  ja  dass  bereits  erkrankte 
Thiere  durch  die  Einwirkung  des  ipimuni airenden  Serums  noch  zu 
heilen  sind.  Weiter  allerdings  sind  die  Yersuche  noch  nicht  ge* 
diefaen;  eine  einwandsfreie  Heilung  beim  Menschen  ist^  wie  man  mit 
Fag  und  Recht  behaupten  kann,  noch  nicht  gelungen;  indessen  ist 
die  HofiTDung  nicht  ausgeschlossen^  dass  man  auch  nach  dieser  Rich- 
tung hin  gute  Resultate  erzielen  wird. 

Weiter  hat  die  uns  beschäftigende  Littemtur  durch  das  Neu- 
auftreCen   einer  der  gefürchtetsten  Seuchen,  der  Cholera,  ein  eigen- 


S32 


FreyliaD, 


artiges   Gepräge  gewoDnen.     Die  Hocbfiutli  der  einsclilägigen  Mit- 
theilungen  fängt  bereits  an,  sich  zu  verlaufen,  und  es  erscheint  zur 

Zeit  schon  möglich,  einen  gewissen  üeberblick  zu  bekommen. 


Cholera.  Der  sattsam  bekantite  Symptomencomplex  ist 
durch  neue  Züge  nicht  eigentlich  bereichert  worden.  So  sind  durch  die 
Berliner  Epidemie,  die  eine  ausführliche  Bearbeitung  durch  P.  Gutt- 
mann  (Berliner  klin,  Wochenschr.  Nr,  37.  Deutsche  med.  Wochen- 
dtehrift  Nr,  40)  erfahren  hat,  im  Wesentlichen  nur  die  früheren  Er- 
fahrungen bestätigt  worden.  Hervorzuheben  dürfte  vielleicht  sein, 
dasB  Guttmann  die  Mehrzahl  der  Cholerastühle  nicht  farblos,  son- 
dern gallig  gelHrbt  gefunden  hat;  aber  auch  die  gefärbten  Dejectionen 
enthielten  zahlreich  die  charakteristischen^  mit  Eommabacillen  he- 
setzten  Flocken.  Beck  und  Kossei  (D«utache  med.  Wochenschr. 
Nr,  41)  berichten  über  die  beiden  im  Institut  für  Infectionskrank- 
heiten  beobachteten  Cholerafälle  und  verbreiten  sich  des  Weiteren 
über  die  bacteriologische  Unteröuchung  der  Cholerastuhle,  die  oft 
durch  UD zweckmässige  Versendung  des  Materials  erschwert  wird, 
Sie  empfehlen  die  Versendung  der  Dejectionen  in  weithalsigen  Ge- 
f&ssen,  die  mit  einem  wasserdichten  Stoffe  umgeben  sind»  Die  von 
Feilchenfeld  (Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr.  42)  geschilderte 
Chailottenburger  Epidemie  umfasst  vier  Fälle,  von  denen  nur  einer 
einen  t5dtlichen  Ausgang  nahm;  die  übrigen  bieten  keine  nennens* 
wertheü  Besonderheiten.  Von  Betke  (Deutsche  med.  Wochenschr, 
Nr.  49  11.  60)  sind  die  in  Stettin  beobachteten  Fälle  beschrieben 
worden.  Die  dortige  Epidemie  umfasste  2Ö  Erkrankungen;  nur  bei 
12  davon  gingen  die  angesetzten  Culturen  an,  Dieset^  auffallende 
Resultat  ist  theils  darauf  zu  scbiebenj  dass  die  ersten  Fälle  über* 
baupt  nicht  bacteriologisch  untersucht  wurden,  andererseits  die 
Technik  der  Untersuchung  anscheinend  noch  nicht  genügend  aus- 
gebildet war. 

Eine  seltene  Complication  der  Cholera  wird  von  Faillard 
(Semaine  m^d.  Nr.  47)  erwähnt.  Bei  einem  an  Cholera  erkrankten 
Arbeiter  entwickelte  sich  am  dritten  Tage  der  Krankheit  ein  sub- 
cutanes Emphysem,  das  am  Nacken  begann  und  sich  rasch  über  die 
Haut  des  Eumpfes  verbreitete.  Die  Obduction  ergab  ein  Emphysem 
des  Hals-  und  subpleuralen  Bindegewebes.  Die  Lungen  befanden 
sich  im  Zustande  acuter  Blähung,  und  mehrere  Alveolen  des  linken 
Oherlappens  waren  geplatzt ;  von  hier  aus  hat  sich  nach  der  Meinung 
de»  A^erf/s  das  Emphysem  verbreitet.  Ob  aber  die  Ursache  der  Com- 
|ilication  nicht  doch  in  der  therapeutischen  Maassnahme  der  Infusion, 


In  fectioB  sk  ran  k  hei  teo - 


die  yiermal  bei  dem  Kranken  angewendet  wurde,  zu  suchen  ist, 
mocbten  wir  trotz  der  vorbeugenden  Einwände  des  Autors  nicht 
von  der  Haod  weisen. 

Eine  nicht  minder  seltene  Oomplication  hat  GalUard  (Sem. 
m6d.  Nr.  40)  beobachtet.  Er  sah  unter  380  Kraaken  der  diesjährigen 
Pariser  Epidemie  siebenmal  Icterus;  in  fünf  Fällen  scbeint  das  Auf- 
treten desselben  auf  den  K ran khei tsverlauf  keinen  Einfluss  ausgeübt 
m  haben;  zweimal  aber  spielte  er  die  Rolle  einer  schweren  Com* 
pUcation;  im  ersten  Falle  bestand  Fieber,  starke  Beeinträchtigung 
dea  Ailgemeinbefindeus  und  ein  Erythem,  das  sich  über  den  ganzen 
Körper  verbreitete,  im  anderen  ergab  die  Obduction  neben  einem 
typischen  Cholerabefund  als  Grund  tör  den  Icterus  eine  Gholecyatitie 
nnd  Angiocholitia  suppurativa.  Von  demselben  Verf.  (Gaz,  hebdom. 
Nr.  40)  wird  der  unheilvolle  Einfluss  der  Cholera  auf  schwangere 
Fi-anen  erörtert:  von  sieben  Erkrankten  starben  sechs.  Es  erscheint 
ihm  unzweifelhaft,  dass  die  verringerte  Widerstandskraft  der 
Schwangeren  die  Prognose  ausserord entlieh  ungunstig  gestaltet. 

Die  Thatsache,  dass  die  Cholera  ausserordentlich  milde,  nur 
unter  der  Form  eines  einfachen  Darmkatarrhs  verlaufen  kann,  betont 
P.  Guttmann  (ßerl,  klin.  Wochenschr.  Nr»  37)  mit  grosser  Ein- 
dringlichkeit Die  Wichtigkeit  dieses  Pactums  liegt  auf  der  Hand, 
da  das  Uebersehen  von  leichten  Fällen  zu  einer  verhängnissvollen 
Verschleppung  der  Seuche  führen  kann* 

Die  Diagnostik  der  Erkrankung  hat  an  Exactheit  durch  die 
von  Koch  angegebene,  leicht  durchführbare  bacterio logische  Unter- 
suchung gegen  früher  ganz  ausserordentlich  gewonnen;  alle  Autoren 
erkennen  jetzt  in  dem  Plattencultur verfahren  das  uneraetzUche  und 
sicherste  diagnostische  Hülfsmittel  für  die  Erkennung  der  Cholera 
an.  In  drei  Fällen  von  P.  Guttmann  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr,  39), 
wo  als  einziges  Krankheitssymptom  mehrtägige  Durchfälle  bestanden^ 
wäre  es  ohne  die  bacterio  logisch©  Untersuchung,  die  zahlreiche 
Kommabacillen  in  den  Dejectionen  nachwies,  gar  nicht  möglich  ge- 
weeeo,  die  Krankheit  zu  erkennen.  Am  schlagendsten  wird  aber 
die  pathognomonische  Bedeutung  der  bacteriologischen  Untersuchung 
durch  die  Fälle  demonstrirt,  die  Fürbringe r,  Beck  und  P.  Gutt- 
mann veröffentlicht  haben.  Die  Fürbringer*sche  Beobachtung 
(Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  34)  betrifft  eine  vordem  gesunde 
und  lebeosfirische  Frau,  welch©  urplötzlich  von  typischen  Oholera- 
symptomen  befallen  wird  und  der  Krankheit  in  24  Stunden  erliegt. 
Trotz  dieses  klinischen  Verlaufes,  der  die  Diagnose  der  asiatischen 
Cholera   fast   wahrscheinlich   machte,   ergab   das   sofort    eingeleitete 


S34 


Freyhau* 


PlattencuUurverfabreii  unzweifelhaft  ein  negatives  Beeultat  und  lid* 
ferte  damit  den  Beweis ,  dass  nicht  die  asiatische,  sondern  die  ein* 
heimische  Cholera  vorgelegen  hatte.  Genau  dieselbe  Beohachtung 
machte  Beck  (Deutsche  med*  Wochenschn  Nr.  4i*)  an  einer  44jäh- 
rigen  Frau;  auch  hier  wuchsen  bei  der  intra  vitam  und  post  mortem 
angestellten  hactericlogischen  Unteranchung  keine  Kommabaoilleiiyj 
sondern  in  der  Hauptsache  Streptokokken ,  die  sich  für  Mause  all 
pathogen  erwiesen.  Einen  dritten ,  in  glöicher  Weise  tödtlich  ver- 
laufenen Fall  erwähnt  P,  Guttmann  (Berl  klin.  Wochenachn  Nr.  41). 
Den  Stand  der  bacteriologischen  Diagnostik  präcisiren  Pfeiffer 
(Berl,  klin,  Wochenschr,  Nr.  36)  und  E.  Fraenkel  (Deutscbe  med, 
Wochenschr,  Nr,  39)  in  folgenden  Sätzen,  1)  Die  mikroskopische 
Untersuchung  der  verdächtigen  Dejectionen  genügt  nur  in  einer 
Minderzahl   von   FÄllen   für   sich    allein    zur   Diagnose   auf  Cholera. 

2)  Das    PJattencultur  verfahr  eil   ist    als   ausschlaggebend    anzusehen. 

3)  Es  ist  unter  normalen  Verhältnissen  ermöglicht,  die  bacteriofikc- 
pisch  sichere  Diagnose  innerhalb  24  bis  spätestens  36  Stunden  zu 
stellen.  Einen  Ersatz  für  das  Fla Itenculturver fahren  hat  Laser 
(Berliner  klin.  Wochenschr,  Nr,  32)  vorgeschlagen.  Er  empfiehlt, 
mit  den  verdächtigen  Fäces  eine  Reihe  von  Gläsern  zu  impfen  und 
dieselben  24  Standen  in  den  Brntöchrank  zu  setzen.  Vermittels 
des  sich  dann  entwickelnden,  den  Cholerabacillen  ei  gen  th  Um  liehen 
Geruches  soll  man  indessen  die  richtige  Diagnose  stellen  können.  Die 
Methode  dürfte  practisch  nicht  verwerthbar  sein,  da  es  einer  sehr] 
grossen  Uebnng  bedarf,  um  mit  Sicherheit  am  Genich  Choleracaltiiren 
unter  anderen  herauszuerkennen. 

Einige  bisher  unbekannte  culturelle  Eigen thfimliohk ei ten  der 
Choleramikroben ^  die  E,  Fraenkel  (Deutsche  med.  Wochenschr, 
Nr,  46)  und  Lickfett  (Deutsch©  med,  Wochenschr.  Nr,  45)  be- 
schreiben,  glauben  wir  an  dieser  Stelle  übergehen  zu  dürfen,  möchten 
dagegen  nicht  unerwähnt  lasseUj  dass  der  von  Netter  (Bull,  de  Iäj 
soc.  m^d.,  ßöance  de  15  et  22  Juillet)  bei  der  im  Weichbilde  von' 
Paris  grassirenden  Epidemie  gezüchtete  Bacillus  einige  Abweichungen 
von  dem  K  0  c  h'ßchen  Bacillnö  zeigt^  dagegen  eine  vollkommene  Iden- 
tität besitzt  mit  einem  1891  in  Cochinchina  von  Cholerafällen  ge- 
wonnencü  Mikroorganismus. 

Den  Urin  von  Cholerakranken  hat  Hoppe- Sejler  (Berliner 
kliu*  Wochenschr.  Nr.  43)  «um  Ausgangspunkt  seiner  Untersuchungen 
gemacht.  Er  fand  stüts  einen  starken  Gehalt  von  Indoxyl,  besonders 
in  dem  gleich  nach  dein  Stadium  algidum  gelassenen  Urin,  Die  Aus- 
scheidung verringerte  sich  dann  bald  und  verschwand  während  des 


InfectionskrATikheiten* 


335 


mit  starker  Diärese  einh  ergab  enden  Heconvalescenz  Stadiums  gänzlich. 
Desgleichen  war  eine  vertsehrte  AetherschwefelaaureausscheiduDg 
IQ  eoDstatiren;  indessen  ist  weder  diese  noch  die  starke  Indoxjl- 
bildung  als  charakteristisch  für  Cholera  aoKusehen,  da  sie  auch  bei 
Brechdarchiällea,  die  mit  starker  Darmfäulniss  ein  hergeben,  zu  be- 
abacbten  ist^ 

Von  dem  allergrössten  practischen  Interesse  sind  die  Forsch tiii gen, 
welche  die  Uebertragnng  von  Cholerakeimen  zum  Gegenstand  haben. 
Ez&cte  bacteriologische  Studien  haben  mit  aller  Schärfe  dargethan, 
dass  das  Wasser  mit  die  gelahrb'chste  Rolle  bei  der  Uebertragung 
der  Krankheit  spielt.  So  ist  es  C.  Fraenkel  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  42)  gelungen,  im  Wasser,  das  dem  Duisburger  Zollhafen 
entstammte,  echte  Cboleravihrionen  nachzuweisen.  Die  weitere  über 
die  Herkunft  der  Bacillen  angestellte  Nachforschung  ergah^  dass  in 
dem  Hafen  das  Boot  eines  an  der  Cholera  asiatica  verstorbenen 
Fischers  gelegen  hatte,  dessen  Ausleerungen  über  Bord  geschüttet 
worden  waren.  Auch  Lubarsch  (Deutsche  med,  Wochenschn  Nr.  43) 
fand  im  Kielranmwasser  eines  in  der  Elbe  liegenden,  von  Hamburg 
kommenden  Schleppdampfers  Cholerabacilleu  in  überraschend  grosser 
Anzahl  I  ungefähr  'tö  im  Cubikcentimeter,  und  führt  an  der  Hand 
der  Tbatsachen  den  Beweis^  dass  das  untersuchte  Wasser  direct  aus 

I  der  Elbe  stammte. 

Die  relative  üngefkUrlichkeit  des  Bieres  als  Zwischenträgers  hat 
Weyl  (Deutsche  med,  Wochenschr*  Nr.  37)  couatatirt.    Nach  24stün* 

.  digem  Verweilen  im  Bier  sind  die  Kommabacillen  mit  Sicherheit  ab- 
gestorben. Den  hauptsächlichsten  Grund  dafür  sieht  der  Verf.  in 
der  sauren  Reactton  des  Bieres,    Gleichzeitig  scheint  das  Bier  auch 

^  ak  ein  Präservativ  gegen  Cholera  wirken  zu  können;  wenigstens 
läset  sich  anders  das  von  Weyl  (Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr.  40) 

[festgestellte  Ergebniss  kaum  auffassen,  dass  unter  1837  Angestellten 

[der  Brauereien    von  Hamburg  und  Altona  nur  zwei  an  Cholera  er- 

^ krankt  und  gestorben  sind,  trotzdem  gerade  die  Bierfahrer  mit  den 
Kreisen,  die  besonders  unter  der  Seuche  zu  leiden  hatten,  viel  in 
Berührung  gekommen  sind. 

Auf  Nahrungsmitteln  finden  die  Mikroben  einen  sehr  günstigen 
Nährboden.  Ausführhche  Untersuchungen  darüber  stammen  von 
Uffelmann  (Berliner  klin.  Wocbeuschr.  Nr.  38).  Er  hat  experi- 
mentell ermittelt,  dass  sich  die  Bacillen  in  der  Kuhmilch  1 — 2  Tage 
od  erhalten,  auf  Brod  einen  vollen  Tag,  auf  der  Oberfläche  von 
bwach  saurer   Butter   unter    Umständen   4 — 6  Tage,  auf  vor  dem 

Aastrocknen  geschütztem  Braten  mitidestens  8  Tage,  auf  der  Ober- 


33fi 


Frefhao, 


fläche  von  Obst  seibat  räch  dem  Austrocknen  noch  24 — 30  Stauden, 
aaf  dem  Fiipier  eines  zusammengeklappten  ßuchee  17  Stunden.  Aaf 
trockenen  Zeugstoffen,  wollenen  wie  leinenen,  können  sie  sich  ver- 
gcliieden  lange  Zeit,  1 — 4  Tage  lebend  erhalten,  auf  der  trockenen 
menschlichen  Hand  dagegen  nur  1 — 2  Stunden*  Ungemein  rasch 
sterben  sie  auf  kupfernen  und  silbernen  Münzen,  sowie  auf  meBsin- 
genen  Platten  flb,  hier  gehen  sie  binnen  weniger  Minuten  zu  Gninde. 
Demnach  kann  es  gar  nicht  Wunder  nehmen^  dass  in  der  That  F&lle 
berichtet  werden,  wo  eine  üebertragung  der  Cholera  durch  Nahrungs- 
mittel zweifellos  gitattgefunden  hat  So  hat  Steyerthal  (Deutsche 
med.  Wochensehr.  Nr.  47)  eine  Frau  behandelt,  die  zugereiste  Ham- 
burger beherbergte  und  bald  darauf  unter  allen  Erscheinungen  der 
Cholera  erkrankte.  Schon  am  na  ebbten  Tage  stellten  sich  bei  ihreto 
im  selben  Hauee  wohnenden  Eukelchen  ebenfalls  cboleraartige  T 
scheinungen  ein,  denen  das  Kind  binnen  30  Stunden  erlag,  Wt' 
in  der  Stadt  noch  in  der  näheren  Umgebung  kamen  sonstige  v> 
dächtig©  Fälle  vor.  Als  einzige  Quelle  der  Infection  musaten  Liebeo^ 
mittel  angesehen  werden,  die  von  den  Hamburger  Gäsiten  mit^ebmchr 
und  von  den  Wirthen  verspeist  worden  waren,  üeber  einen  p.i : 
analogen  Fall  berichtet  Kossei  (Deutsche  med.  Wocheuschr.  Nr.  45 u 
Der  Ehemann  einer  von  Hamburg  nach  ihrem  Wohnort  Tessin  ra- 
ruckgekehrten  Frau ,  der  nachweislich  von  den  mitgebrachtes 
Lehensmitteln  genossen  hatte,  erkrankte  wenige  Tage  darauf  unter 
den  schwersten  Erscheinungen  der  Cholera  und  erlag  der  Krankheit 
in  ganz  kurzer  Zeit.  Gleichzeitig  erkrankte  die  eine  Tochter  unter 
oholeraartigen  Erscheinungen,  die  sich  zum  Oholeratyphoid  steigerten 
und  am  zehnten  Tage  zum  Tode  führten.  In  allen  beiden  Fällen 
wurde  durch  die  im  bacteriologischen  Institut  zu  Rostock  vodr* 
genommene  Untersuchung  die  Diagnose  der  asiatischen  Cholera  be- 
stätigt. 

Eine  interessante  Infectionaquelle  hat  Simmonds  (Deutsch« 
med.  Wüchenschn  Nr.  41)  aufgefunden.  Er  fand  nämlicb  bat  der 
bacteriologischen  Untersuchung  einer  im  Cholera-Obdactionasaal  ge- 
fangenen Fliege  eine  erhebliche  Anzahl  von  KommabaciUen.  Er 
stellte,  durch  diesen  Befund  angeregt,  durch  geeignete  Vereucbe  fe«t, 
dass  Oholerakeime  sich  an  fliegenden  Insecten  noch  über  1  ^/^  Stunden 
lebend  erhalten  können.  Dieäe  Versuche  illüstriren  die  eminente 
Gefahr,  die  durch  Verschleppung  auf  diesem  Wege  stattfinden  kann, 
besonders  durch  Infection  von  Speisen «  die  einen  guten  Kührbodcii 
abgeben,  wie  Sappen,  Saucen  und  Milch. 

Durch  die   Koch^sche  Entdeckung   des  Kommabacillua   ist   dii 


t 


Aetiologie  der  Cholera  in  ungeahnter  Weise  geklärt  worden.  So 
gut  wie  allgemein  gilt  dieser  Vibrio  als  der  specifische  Erreger  der 
Krankheit]  in  diesem  Funkte  tritt  fast  überall  eine  seltene  Einmütbig- 
keit  zu  Tage.  Indessen  ist  doch  die  Lehre  nioht  ganz  ohne  Wider- 
spruch geblieben,  dass  der  Cholera vibrio  unter  alten  Umständen  und 
jederzeit  für  sich  allein  im  Stande  ist,  die  Krankheit  zu  erzeugen^ 
ja  dieser  Widerspruch  ist  von  so  autoritativer  Seite  erhoben  worden, 
dass  wir  darauf  noch  etwas  näher  eingehen  müssen,  v*  Petten- 
kofer  (Müncb.  med.  Wochenschr,  Nr.  46)  ist  auf  seinem  schon 
früher  betonten  Standpunkte  stehen  geblieben^  dass  der  Komma- 
bacillus  nicht  die  einzige  und  ausschlaggebende  Ursache  der  Krank- 
heit,  sondern  dass  die  Entstehung  der  Cholera  noch  an  eine  ganze 
Beihe  anderer  Momente  gebunden  sei.  In  erster  Reihe  nennt  er 
hier  eine  gewisse  örtlich-zeitliche  Disposition  des  Bodens^  ohne 
welche  die  Choleramikroben  auch  im  Körper  eines  an  und  für  sich 
empfänglichen  Menschen  die  Krankheit  nicht  hervorzurufen  vermögen. 
Den  Beweis  für  seine  Ansicht  hat  v,  Fettenkofer  durch  ein  sehr 
gef^brliches  Experiment  zu  erbringen  gesucht^  indem  er,  sowie  Em- 
merich nach  vorheriger  Neutralisation  ihrer  Magensänre  vollgiftige 
Bouillon  culturen  von  Cholera  Vibrionen  tranken  j  er  glaubt  sich  be- 
rechtigt ^  ans  diesem  Versuche,  der  starke  Durchfälle  ohne  wesent- 
liche Beeinträchtigung  des  Allgemeinbefindens  nach  sich  zog,  den 
Schluss  herzuleiten,  dass  die  Cholera  durch  einfache  üebertragung 
das  Kommabacillus  auf  empfängliche  Individuen  künstlich  nicht 
hervorgerufen  werden  könne.  Die  Darlegungen  v.  Pettenkofer's 
haben  zum  Theil  sehr  scharfe  Entgegnungen  hervorgerufen,  vor  allen 
Dingen  wird  nicht  anerkannt,  dass  die  versuchte  Selbstinfeotion  zu 
einem  negativen  Resultat  geführt  hat;  im  Gegen  theil  entnimmt 
0.  Fraenkel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  49)  den  Kranken- 
geschichten, dass  V.  Pettenkofer  und  Emmerich  an  echter,  wenn 
auch  mild  verlaufender  Cholera  erkrankten.  Natürlich  stellt  Niemand 
in  Abrede,  dass  für  die  Gestaltung  einer  Infection  noch  eine  Reihe 
anderer  Momente  in  Betracht  kommen;  auch  der  begeistertste  Con- 
tagionist  wird  sich  gewissen  epidemiologischen  Thatsachen  nicht 
verscbliessen  wollen;  an  der  Specilität  des  Choleravibrio  musa  aber 
unter  allen  Umstanden  festgehalten  werden.  Es  ist  dies  um  so  mehr 
geboten,  als  man  sich  sonst  leicht  verleiten  lassen  könnte,  die 
Schutz-  und  Vorsiehtsmassregeln,  die  sich  bei  der  diesjährigen  Epi- 
demie so  glänzend  bewährt  haben,  ausser  Acht  zu  lassen. 

Bezüglich    der   Therapie   ist   hervorzuheben,    dass    sich    der 
Ansneischatz  im  Grossen  und  Ganzen  als  machtlos  gegen  die  Seuche 

Jitirbuch  d.  pracL  Medlcto.    1893.  *^ 


338 


Frejhui. 


erwiesen  hat;  mn  SpeciBcom  ist  unter  den  zahllos  empfohlenen  A 
teln  nicht  gefunden  worden.  Das  gut  besonders  far  zwei  Präparatei 
deoen  eine  speciBsche  Wirkung  gegen  die  Krankheit  neuerdings  zu- 
geschrieben worden  ist,  einmal  für  das  von  Löwenthal  (Deutsehe 
med.  Wochensohr,  Nr.  22)  mit  grossem  Nachdruck  empfohlene  Salol 
und  ebenso  filr  das  nicht  minder  angepriesene  CreoHn.  Auch  andere 
therapeutische  Vorschllge  haben  sich  nicht  bewährte  So  hat  die 
Aufforderung  von  Neisser  (Deutsche  med,  Woehenschr.  Nr,  40), 
durch  Einverleibung  von  Jodoform  das  Wachsthum  der  Cholera- 
vibrionen zu  hemmen,  keioen  weiteren  Anklang  gefunden,  und  ebenso- 
wenig sind  die  Vorschläge  von  Schulz  (Deutsche  med,  Woehenschr. 
Nr.  36),  der  Veratrin  und  Arsen  als  souveräne  Mittel  empüehlt, 
beachtet  worden.  Einzig  das  Ca  lerne  l  hat  in  beschränktem  Maasse 
das  Vertrauen  gerechtfertigt,  das  ihm  von  früheren  Epidemien  her 
entgegengebracht  worden  ist.  Aeusserungen  in  diesem  Sinne  liegen 
von  Ko räch  (Deutsche  med.  Woehenschr.  Nr,  49),  Rumpf,  Keysi 
u.  A.  vor.  Der  umfangreichste  Bericht  stammt  von  Rumpf  (Deutsche^ 
med.  Woehenschr.  Nr,  39);  er  umfasst  die  Erfahrungen,  die  bei  der 
Behandlung  von  3000  Ohoterakranken  gemacht  worden  sind.  AUf 
Mittel,  die  Rumpf  zur  Entfernung  der  Bacillen  aus  dem  Darm  gab,^ 
hatten  auf  die  Krankheit  selbst  keinen  EinBuss :  Salol,  Chinin^  Oreo* 
sot,  Salzsäure,  Milchsäure,  Kresol,  Chlorwa^ser  versagten  alle  it 
gleicher  Weise.  Injectionen  von  Salol  und  Aether,  sowie  von  Aci«« 
dum  sulfuricum  mit  Morphium  waren  eher  schädlich  als  nutzbringend«! 
Einen  entschiedenen  Nutzen  sah  er  dagegen  von  der  Calomelbehand- 
lung,  besonders  bei  der  Oholeradiarrboe^  die  Stühle  wurden  reich- 
Hcher,  und  das  Erbrechen  wurde  günstig  beeinflusst.  Daneben  wurde 
durch  heisse  Bäder,  Excitantien,  Wein  und  Champagner  das  Allge- 
meinbefinden zu  heben  gesucht.  Gegen  die  Schmerzen  im  Epigai^trium 
und  die  Muskelkrämpfe  wurden  kleine  Morphiumgaben  subcutan 
verabfolgt.  Die  Behandlung  des  Stadium  algidum  gestaUeto  sich  so 
ungünstig,  dass  hier  die  medicamentösö  Therapie  auf  Campher  und 
Morphium  beschränkt  werden  musste. 

Von  Cantani  und  Samuel  ist  als  oberster  Grundsatz  der  Be- 
handlung eine  reichliche  Wassereinfahr  in  den  Organismus  auf- 
gestellt worden.  Im  Anfangsstadium  der  Cholera  strebt  Cantani 
(Berl.  klin.  Woehenschr,  Nr.  31)  noch  eine  Vernichtung  der  Bacillen 
im  Darmkanal  an.  Dieser  Indication  glaubt  er  durch  die  heisse 
gerbsaure  Enteroklyse  gerecht  zu  werden^  weil  die  Gerb^-äure 
nicht  nur  die  Bacillen  in  kurzer  Zeit  tödtet,  sondern  auch  dem  von 
ihnen  erseugten  Gifte  die  toxischen  Eigenschaften  nimmt.    Im  Eoriden 


Infectionskraukbeiten, 


339 


Stadium  der  ELrankbeit  aber  gilt  es  vor  Atlem^  die  mehr  weniger  vor- 
geschrittene Eindickung  des  Blutes  zu  beheben;  diese  Indication  wird 
am  besten  durch  die  grösstmöglichste  Wassereinfubr  ins  BJut  und  in  die 
Gewebe  erfüllt.  Die  zweck  massigste  Methode  erblickt  Cantani  in 
der  subcutanen  Infusion  von  heisaem  Salzwaaser;  zu  einem 
Liter  eterilißirten  Wassers  fugt  man  4  g  NaCl  und  3  g  Natrium  car- 
bonicum;  diese  Lösung  wird  auf  einmal  an  zwei  Stellen  unter  die 
Haut  gebracht  Eb«nao  redet  Samuel  (Deutsche  med.  Wochenachr, 
Nr.  39)  der  subcutanen  Infusion  energisch  das  Wort,  weil  es  ihm 
absolut  üothwendig  erscheint,  den  Verlost  des  Blutwassera  durch 
Wasserzufuhr  wieder  gut  zu  machen;  nur  muss  man  frühzeitig  und 
continuirlicb  infundiren.  Er  schlägt  zu  diesem  Ende  einen  Apparat 
vor,  der  aus  einem  Irrigator  besteht,  der  mit  einem  zweiarmigen 
Gummisohlauch  armirt  ist;  letzterer  steht  in  Verbindung  mit  zwei 
Cauülen,  die  vermittels  eines  Troikarts  unter  die  Haut  gebracht 
werden.  Durch  alternirendea  OeÖnen  der  beiden  Arme  kann  die 
Infusion  continuirlicb  in  Gang  gehalten  werden ;  sie  ist  erst  zu  unter- 
brechen, wenn  die  Nieren  wieder  normal  functioniren. 

I>tese  plausiblen  Vorschläge  haben  allgemeinen  Anklang  gefun- 
den und  sind  im  ausgedehntesten  Maasse  practii^ch  realisirt  worden. 
Eine  Fanacee  gegen  die  Krankheit  —  soviel  kann  man  mit  Sicher- 
heit sagen  —  ist  auch  die  Infusion  nicht;  indessen  eine  günstige  Be- 
einflussung des  Krankheitsverlaufes,  überraschende,  leider  nur  wenig 
Qacbbaltige  Besserungen  sind  von  allen  Seiten  immer  wieder  hervor- 
gttboben  worden.  Ueber  die  Art  der  Wasserzufilhrung  gehen  die 
Meinungen  noch  vielfach  aus  einander«  Im  Grossen  und  Ganzen  hat  die 
Hjpodermoklyse  den  Vorzug  vor  der  Enteroklyse  erhalten^  obgleich 
auch  vereinzelte  gegentheilige  Meinungen  laut  geworden  sind;  so 
spricht  Le  wasche w  (Fortschr.  d.  Krankenpflege,  October  1892)  der 
Hypodermoklyse  jeden  Erfolg  ab  und  will  ausscblieaslich  die  Darm- 
eingiessungen  angewendet  wissen. 

Für  die  subcutane  Infusion  als  die  beste  Methode  tritt  mit 
Entschiedenheit  Michael  (Deutsche* med.  Wochenschr.  Nr.  31  u.  45} 
eiiu  Die  Methode  hat  den  grossen  Vorzug  der  relativen  Ungefähr- 
hchkeit,,  auch  unter  misslichen  äusseren  Verhältnissen.  Die  intra- 
venöse Infusion  will  Michael  nur  für  die  Fälle  reservirt  wissen, 
wo  man  alle  Cautelen  anwenden  und  unter  gehöriger  Assistenz  ope- 
riren  kann.  Als  ein  unbedingter  Anhänger  der  subcutanen  Infusion 
bekennt  sich  auch  Neumaun  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  35); 
er  betont  aber  eindringlich,  dass  man  rechtzeitig,  reichlich  und  unter 
UmsÜUiden   wiederholt  infundiren   muss.     Andere  Autoren  sprechen 


340 


Frey  tön. 


Bicb  iur  die  intra venöse  lefusion  aus;  Heyse  (Deutschd  med. 
Woohenflchr.  Nr.  47)  hält  die  hjpoderjiiatische  Infusion  nur  für  ge- 
wisse FällSj  baiapi  eis  weise  fQr  die  Privat  praxis  geeignet;  im  Kran- 
kenbaase zieht  er  aber  bei  Weitem  die  iDtravenöse  Methode  vor,  da 
sie  viel  mehr  zu  leisten  im  Stande  ist  als  die  subcutane.  Ebenso 
vertritt  Eiaenlobr  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  44)  die  Mei- 
nung, dasB  die  Wirksamkeit  der  intravenösen  Methode  der  subcu- 
tanen AppUcation  zweifellos  weit  überlegen  ist.  Anstatt  der  intra- 
venösen empfiehlt  Silber  mann  (Deiitscbe  med»  Wochenschr,  Nr.  B6) 
die  intraarterielle  Infusion  als  eine  zwar  etwas  umständlichere, 
aber  dafür  um  so  sichererwirkende  Methode.  Er  verwendet  dazu  einen 
Apparat,  der  aus  einem  Gummischlauch  mit  Trichter  besteht  und 
durch  eine  passende  Vorrichtung  in  die  Arterie  mündet.  Der  Schlauch 
trägt  in  der  Mitte  ein  J-Eohr,  an  dem  eine  Äapirationsspritze  be- 
festigt wird.  Dieser  Apparat  soll  angeblich  eine  vollkommene 
Sicherheit  gegen  Lufteintritt  gewähren.  Auch  Schede  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  40)  bat  mit  der  intraarteriellen  Methode  glän* 
zende  Besultate  erzielt. 

Eine  weitere  Modification  schlagt  Barth  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  41)  vorj  er  will  der  Wasserverarmung  des  Organismus 
durch  Wassereingiessungen  in  die  Harnblase  entgegen- 
arbeiten, vergibst  aber  dabei,  dass  die  Eesorptionsfähigkeit  der  Blase 
nar  eine  äusserst  minimale  ist  and  daher  dem  an  sie  gestellten  Ver- 
langen nicht  gerecht  werden  kann. 

Eine  neue  therapeutische  Aera  bat  Klebs  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  43  u.  44)  zu  inauguriren  versucht.  Er  hat  nach 
Analogie  des  Tuberculo  cid  ins  ein  Anticbolerin  dargestellt;  er  ist 
dabei  von  dem  G-edanken  ausgegangen,  dass  die  Bacterien  ebenso 
wie  höber  organisirte  Wesen  zwei  Eeiben  von  Stoffen  produciren, 
nämlich  die  Allotoxine^  welche  zur  Erfüllung  der  Lebensaufgabe 
dienen,  und  die  Autotoxinei  welche  für  den  sie  bildenden  Organismas 
als  Gifte  wirken.  Durch  geeignete  Maasnahmen  gelang  es  ihm  nun, 
die  Äutotoxine  —  das  Anticbolerin  —  aus  Choleraculturen  zu  iso- 
liren.  Die  in  planmässiger  Weise  mit  dem  Stoff  im  Beagensglase, 
an  Thieren  und  am  Verf.  selbst  angestellten  Versuche  fielen  so  gün* 
stig  aus,  dasa  sich  Klebs  für  berechtigt  hielte  das  Mittel  auch  an 
anderen  Menschen  zu  erproben.  In  der  That  hat  damit  auch 
Manchot  (Deutsche  med,  Wochenschr,  Nr.  46j  eine  therapeutische 
Versuchsreihe  angestellt,  Manchot  konnte  eine  specifiscb  bactericide 
Wirkung  des  Mittels  nicht  constatiren,  meint  aber  ihm  eine  günstige 
Beeinflussung  der  Krankheit  zuflohreiben  zu  dürfen.    Er  beobachtete 


In  fecti  onß  k  rankh  ei  ten . 


341 


nach  jedesmaliger  fiiaverkibuDg  des  Mittele  ein  fieberbaftes  Keae- 
tlonsstadinm ,  welches  die  Kranken  aus  ihrem  schweren  CüUaps 
heraasriss,  indessen  regelmässig  nur  für  kurze  Zeit;  früher  oder 
später  versanken  sie  grösstentheils  wieder  in  den  alten  Zustand. 

Von  hohem  Interesse,  wenn  aoch  practiscb  vorläuäg  noch  nicht 
verwerthbar,  sind  die  Untersuchungen,  die  sich  auf  die  Schutz- 
impfung gegen  die  Cholera  beziehen.  Die  ersten  diesbezüglichen 
Untersuchungen  stammen  von  Brieger  und  Wassermann  (Deutsche 
med.  Wocbenschr.  Nr.  31) j  denen  es  gelang,  Meerschweinchen  da- 
durch gegen  Cholera  immun  zu  machen,  dass  sie  die  Thiere  mit  ab- 
geschwächten Cultureo  behandelten«  Haffkine  (La  Semaine  mM. 
Nr.  3€)  benutzte  gleichfalls  abgeachwächte  Culturen  und  konnte  nach 
TOrausgeschickter  Impfung  Meerschweinchen  sowohl  gegen  eine  neue 
lüfectioD  vom  Magen  aus  wie  auf  i n tr aper i  ton ealem  Wege  immun 
machen.  Zu  denselben  Resultaten  kam  Kiemperer  (ßerl.  klin. 
Wocbenschr.  Nr.  32);  er  fand,  dass  ausser  durch  die  eben  geschil- 
derten Methoden  auch  ein  wirksamer  Impfschtitz  dann  erreicht  werde, 
wenn  die  Präventivirnpfung  aubcmtan  erfolge.  Er  dehnte  in  der 
Folge  seine  Schutzimpfangsveräuche  auch  auf  den  Menschen  aus 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  39  u.  BO)  und  hat  die  diesbezüglichen 
Untersuchungen  auf  drei  verschiedene  Arten  angestellt:  1)  wurden 
YOÜvtrulente  Culturen  subcutan  injioirt;  2)  wurden  erwärmte  Cul- 
turen in  den  Magen  eingebracht^  3)  wurde  die  Milch  immunisirter 
Ziegen  subcutan  injicirt.  Die  erste  Methode  wurde  an  dem  ärat- 
lichen  Personal  der  Lejden^achen  Klinik  erprobt  und  eruirt,  dass 
ein  Mensch  so  weit  immunisirt  werden  kann ,  dass  0,25  com  seines 
Blntaerrnns  ein  Meerschweinchen  vor  der  tödtliohen  Choleravergiftung 
schützen  können.  Es  ist  danach  als  hdchst  wahrscheinlich  anzu- 
nehmen, dass  diese  Person  selbst  durch  die  Impfung  choleraimmun 
wird.  Die  Immunisirungsversuche  ad  2  stellte  der  Verf.  an  sich 
selbst  an  und  erzielte  damit  ebenfalls  ein  positives  Resultat.  Was  die 
Methode  ad  3  betrifTt,  so  berichtet  Kiemperer^  dass  die  Milch  einer 
massig  hoch  immunisirten  Ziege,  in  einem  Quantum  von  5  ccm  einem 
Mann  subcutan  beigebracht,  genügt,  um  demselben  eine  solche  Gift- 
festigkeit  zu  verleihen ,  dass  nunmehr  5  ccm  seines  Blutserums  ein 
Meerschweinchen  gegen  Choleravergiftung  festigen.  Bezüglich  der 
eventuellen  practischen  Brauchbarkeit  dieser  Methoden  wird  man  sich 
vorläufig  noch  sehr  reseivirl  halten  müssen.  Speciell  die  letzte  Me- 
thode dürfte,  wie  Kiemperer  hervorhebe  einen  Erfolg  versprechen; 
nur  müsste  die  Immun itätsgrösse  der  Ziegenmilch  noch  erheblich  ver- 
gröesert  werden.    Den  Heilwerth  des  Blutserums  von  Personen,  die 


B42 


FreyUan. 


soeben  Cholara  überstanden  haben^  bat  Lazarus  (Berliner  kliQ. 
Wocbenschr,  Nr.  43)  experimentell  festzustellen  gesucht.  Er  fand, 
dass  durch  ein  derartiges  Serom  eine  ausserordentliche  Schutzkraft 
gegen  die  Choleraintoxication  verliehen  wirdj  als  kleinste  schützende 
Dosis  ergibt  sich  ein  Decimilligramm  des  Serums.  Indessen  müssen 
die  Thiere  mit  dem  Serum  vorbehandelt  werden;  die  nachträg- 
liche Einverleibung  bleibt  trotz  maximaler  Steigerung  der  prophylac- 
tischen  Dosen  völlig  erfolglos. 

Bezüglich  der  Prophylaxe  der  Krankheit  gibt  Ziem  (Deutsche 
med.  "Wochen sehr,  Nr.  38)  detaillirte  diätetische  Vorschriften,  Er 
verwirft  alle  gährenden  Getränke,  insbondere  alle  AJcoholica;  von 
Speisen  saure  Fleischgerichte  und  Fische;  von  Gemüsen  gestattet  er 
Kartoffeln  und  Eeis,  desgleichen  erlaubt  er  Tomaten  und  Sauerkraut 
Hirschfeld  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr,  39)  plaidirt  dafür,  dass 
man  bei  der  Behandlung  der  Cholera  alles  vermeiden  solle,  was  eine 
stärkere  Reizung  der  Nierenepithelien  herbeiführen  könne.  Er  fohlt 
sich  zu  diesem  Hathe  bewogen,  weil  er  bei  Cbolerakranken  eine  sehr 
geringe  Stickstoffausscheid ung  fand,  die  er  auf  ein  Unvermögen  der 
Nieren,  allen  im  Körper  befindlichen  Harnstoff  zu  entfemt-n,  zurück- 
führt. 

Von  grosser  prophylacti scher  Wichiigkeit  ist  die  Behandlung 
der  Choleradejectionen.  Im  Moahiter  Krankenhaus  (BerL  klin. 
Wochenschr.  Nr.  38)  wurden  sie  nach  dem  Petersburger  Vorgang  dui  ch 
Kochen  unschädlich  gemacht.  In  ö— 10  Minuten  ist  die  Procedur 
beendet;  die  kochenden  Fäcalmassen  werden  durch  Zusatz  von  über- 
mangansaurem Kali  geruchlos  gemacht.  Bacteriologische  Unter- 
suchungen ergaben  die  absolute  Sterilität  der  abgekochten  Massen. 
In  der  im  preussischen  Caltusminiaterium  ausgearbeiteten  Anweisung 
zur  Ausführung  der  Desinfection  bei  Cholera  (Reichsanzeiger  Nr,  126) 
wird  an  erster  Stelle  als  Desinfection smittel  die  Kalkmilch  em- 
pfohlen. Die  Richtigkeit  dieser  Vorschrift  wird  von  Pfuhl  (Deutsche 
med.  Wochenschr,  Nr.  39),  der  sie  experimentell  geprüft  hat,  bestätigt. 


Für  den  Darmtyphus  sind  in  ätiologischer  Beziehung  mehr- 
lache Beitrüge  beigebracht  worden,  die  wiederum  zeigen,  dass  für  die 
Entstehung  der  Krankheit  sowohl  miasmatische  als  contagiöse  Ein- 
flüsse von  Bedeutung  sind.  Besonders  ist  es  das  Wanser^  das  in 
Beiner  gefährlichen  Eigenschaft  als  Zwischenträger  der  Infection  unser 
Interesse  in  Anspruch  nimmt,  Seydel  (Vierteljahrsschr.  f.  genchtl. 
Med.)  leitet  eine  Königaberger  Epidemie  von  der  ungenügenden 
Reinigung  des  Wasserleitungshlterbasains  her.    Mit  Fraenkel  nimmt 


[nfectionakrankheiten. 


343 


h 


er  an,  dass  Typbuskeime  durch  schlecht  gereinigte  Filter  dringeni 
ja  das8  diese  sogar  directe  Brutstätten  yon  Keimen  werden  können. 
Nach  gründlicher  Reinigung  des  Bassios  erlosch  die  Epidemie.  Auf 
verdorbenes  Trinkwasser  führt  auch  Mar^aud  (Arch.  de  Med.  et  de 
Pharm*  Nr.  1]  eine  in  der  Lyoner  Garnison  ausgebrochene  Epidemie 
aarück;  er  konnte  nachweisen,  dasH  in  dem  Wasser  die  Eberth- 
Bchen  Bacillen  in  grossen  Mengen  enthalten  waren.  Weiter  erkennen 
Coustan  und  Dubrulle  (MontpdL  m^d^^  Juli)  die  grosse  Wichtig- 
keit des  Trinkwassers  als  Infectionsquelle  an,  glauben  indessen,  dass 
noch  andere  Schädlichkeiten,  wie  Diätfehler,  Ueberanstrengung  u,  s.  w. 
die  bis  dahin  latenten  Keime  zur  Entwickelung  bringen  kdnnen« 
Einen  entschiedenen  Gegner  bat  die  Trinkwassertheorie  in  Arnould 
(Gas.  m&ä*  de  Paris  Nr.  4)  gefunden  \  er  macht  für  eine  von  ihm 
beobachtete  Epidemie  nicht  das  Wasser  als  Träger  des  Krankheits- 
keimes verantwortlich,  sondern  schreibt  die  Hauptansteckung  auf 
den  persdnlichen  Verkehr.  Kranke  sowohl  wie  Gesunde,  die  aus 
dem  ersten  Krankheitsherde  stammten,  steckten  andere  durch  un- 
mittelbare Berührung  an;  auch  Kleidungsstücke  und  Nahrungsmittel 
mögen  eine  Quelle  für  die  Infeation  abgegeben  haben.  Als  Gelegen- 
heitsursachen kamen  noch  atmosphärische  Verhälinisse  und  fehler- 
hafte städtische  GesundheitspEege  dazu.  Einen  Beweis  für  die  Un- 
schädlichkeit des  Wassers  sieht  er  darin,  dass  die  Vorheugungs- 
masaregeln I  die  in  dem  Gedanken  wurzelten,  dass  das  Wasser 
schädliche  Keime  enthalte,  erfolglos  blieben,  während  das  Verlassen 
des  Seuchenherdes  seitens  der  Truppen,  sowie  peinlichste  Desinfection 
ein  sofortiges  Erlöschen  der  Epidemie  zur  Folge  hatten.  Einen 
weiteren  Beitrag  für  die  Contagiosität  des  Typhus  liefert  Jäger 
(Zeitscbr.  f.  Hyg.  Bd.  10),  der  Gelegenheit  hatte,  eine  Epidemie  in 
einer  kleinen  Garnison  zu  beobachten.  Er  konnte  den  Gang  der 
Ansteckung  von  Fall  zu  Fall  verfolgen.  Einmal  erkrankte  ein  Soldat, 
der  die  W^äsche  eines  Typhuskranken  hatte  transportiren  müssen  j 
dann  wurde  ein  bei  der  Pflege  betheil igter  Lazarethgehülfe  von  der 
Krankheit  ergriffen;  im  dritten  Falle  steckte  ein  Soldat,  bei  dem 
sich  die  Krankheit  eben  entwickelt  hatte,  einen  Stubenkameraden 
ao.  Magnany  (Gaz.  des  hup.  Nr.  19)  beobachtete  eine  in  ätiulogi- 
scher  Beziehung  nicht  uninteressante  Epidemie  in  Gondrecourt,  In 
einem  dortigen  Hause  entleerte  man  ohne  alle  Cautelen  die  Senk- 
gruben in  einen  in  kurzer  Entfernung  vorbeifliessenden  Bach.  Bald 
nachher  setzte  eine  T^^phusepidemie  ein,  die  in  ihrer  Verbreitung  genau 
dem  Wege  folgte,  aui'  dem  der  Inhalt  der  Senkgruben  nach  dem 
Wasser  tranaportirt  worden  war. 


344 


Ff^kM. 


Der  Ansbftii  des  klioiBchen  Geliindefi  nnsa^er  Knmkheit  hat 
mir  in  sehr  ▼eretDselien  Aasläafeni  eise  Fordenuig  erhalten.  Bine 
grC— ere  statistische  Arbeit  liegt  Ton  Ivänoff  (Inaug.-Diss.,  Zürich 
1692)  Tor;  sie  entstammt  der  Eichhorst'gchen  Klinik  nnd  nxnfasBt 
ein  Material  von  M3  Kranken ;  sie  ist  aosgexeichnet  dnrch  eine  selten 
geringe  Mortalität|  nor  6,1  <*q*  Es  ist  dies  eine  so  niedrige  Zifier, 
daBS  sie  wohl  geeignet  ist,  den  gerechten  Neid  anderer  Kliniken  £q 
erreipeD.  Die  Therapie  bestand  ausser  der  aufmerksamsten  P£ege 
in  Biderbefaandlang  und  Darreichnng  von  Antipyreticis ;  doch  galt 
eine  Temperatur  von  39  o  und  darüber  noch  als  keine  Indication  xnr 
medicamentösen  Temperatorherabsetzong,  denn  „eE&hnmgfgemäas 
verlief  die  Krankheit,  sich  selbst  überlasgen,  günstiger  nnd  schneller, 
als  weon  ihr  Verlauf  durch  verschiedene  therapeutische  Massregeln 
verändert  wurde*. 

Dass  der  Ablauf  des  typhösen  Processes  nicht  nothwendig  an  die 
Gegenwart  von  Fieber  gebunden  ist,  hebt  Gerhardt  (CharitÄ*Annalen 
Bd.  12)  an  der  Hand  einer Eeibe  von  fieberlos  verlaufenen  Fällen 
hervor;  die  gleiche  Beobachtung  hat  auch  Potain  (Union  med^  Sept.) 
gemacht.  Gerhardt  betont,  daes  die  Diagnose  in  allen  seinen  Fillen 
unzweifelhaft  war.  Er  räth  an,  zar  Vermeidung  schwerer  Eückillle  die 
Diät  genau  so  streng  zu  reguliren^  wie  bei  voll  ausgebildetem  l^phus. 

Schlier  (Münch.  med.  Wochen  sehr*  Nr.  10)  hat  im  Anschluss 
an  Typhus  eine  phlegmonöse  CholecystitiB  beobachtet;  es 
kam  zum  Durchbrach  des  Eiters  in  die  Gallenblase,  schliesslich  in 
die  BaucbLöhle.  Im  Inhalt  des  perforirten  Abscesees  wurden  neben 
Streptokokken  auch  Typhußbacillen  nachgewiesen.  Per  ach  ia  (Gaz. 
degli  Ospitali,  Nov.)  fand  bei  der  Section  eines  Typhuskranken  ^  der 
an  Darmperforation  zu  Grunde  gegangen  war,  im  Darm  mehrere 
Ascariden  vor.  Er  ist  davon  überzeugt,  dass  die  AnweseDheit  dieser 
Würmer  in  ursächliche  Beziehung  zu  der  Perforation  zu  bringen  ist, 
und  gibt  deshalb  den  sicher  mit  Vorsicht  aufzunehmenden  Eath, 
jeden  Typbuskranken  gleich  anfangs  mit  einem  Vermifugum  zu  be- 
handeln. 

Die  Aehnlichkeit,  die  das  klinische  Bild  des  Typhus  oft  mit 
dem  der  Miliartuberculose  und  der  Septikämie  besitzt,  sowie  die 
völlige  Unmöglichkeit j  ihn  in  gewissen  Fällen  gegen  diese  Krank- 
heiten übzugronzeo,  wird  durch  mehrfache  Beispiele  illustrirt.  So 
hatte  Sottas  (Mäd.  mod.  Nr.  9)  GelegeDheit,  einen  nach  Verlauf  und 
Temperaturgang  unzweifelhaften  Typhus  zu  beobachten,  der  im  Be- 
ginn durch  das  Vorwiegen  pleu  ritischer  und  bronchi  tisch  er  Erschei- 
nungen eine  acute  Miliartuberculose  vorgetäuscht  hatte. 


Infectioimkraiikhei  ten. 


345 


I  Schwierigkeit  der  Differentialdiagnose  gegen  Septikämie 
bandelt  eine  Arbeit  von  Leu  (Charit d-Ännalen),  Bei  einer  Patientin 
wmren  alle  charakteristiecben  Zeichen  des  Typhus  so  deutlich  vor- 
handen^ dass  an  der  Kichtigkeit  der  Diagnose  gar  keiu  Zweifel  auf- 
kommen konnte;  bei  der  Section  indessen  fand  sich  eine  von  den 
Genitalien  ausgebende  Sepsis. 

Die  Diazoreaction  hat  Edwards  (Med*  News  Nr,  14)  beaüg- 
lieh  ihrer  pathognomonischen  Bedentung  für  den  Typhus 
an  einem  grossen  Material  ^iner  genauen  Nachprüfung  unterzogen. 
Er  kommt  zu  dem  Ergebniss,  dass  die  Reaction  nicht  immer  positiv 
aoafMlt,  sondern  iu  ungefähr  2  %  der  Fälle  versagt.  Sie  kann  daher 
im  besten  Falle  als  ein  mutbmasslicbes ,  aber  nicht  als  ein  sicheres 
Zeichen  des  lleotypbus  angesprochen  werden. 

Die  Erscheinungen  seitens  des  Herzens  bei  Typhus  hat 
Galliard  (Arckg^n.  de  M6d.,  Mai  und  Juni)  ztisammengeatellt.  Je  nach 
der  Stelle  der  Ansiedl  ung  der  pathogenen  Bacterien  resultiren  ganz  ver- 
schiedene Symptome  j  nicht  allein  die  Herzmuskeln  und  die  serösen 
Häute  werde D  befallen,  sondern  auch  die  Herzgangiien  und  Nerven. 
Für  die  Therapie  gerade  der  letzteren  Kategorie  erweist  sich  die 
Digitalis  von  hohem  Nutzen^  daneben  auch  lauwarme  Bäder;  plöts- 
liehe  Todesfälle  gehören  uicht  zu  den  Seltenheiten, 

Eine  interessante  Bereicherung  hat  das  Kapitel  der  ungemein  sei- 
^  tenen  post typhösen  Lähmungen  erfahreu.  Bury  (Med.  Ohronicle, 
Juni)  hat  umfassende  diesbezügliche  Studien  angestellt  und  zieht  aus 
seinen  Beobachtungen  folgende  Schlüsse:  1)  Die  Lähmung  ist  meist 
keine  complete,  sondern  meist  auf  eine  Muskelgruppe  beschränkt. 
2)  In  den  betroffenen  Gebieten  sind  die  Muskeln  atrophisch,  theil- 
weise  auch  contracturirt;  bei  elektrischen  Prüfungen  finden  sich 
qualitative  und  quantitative  AeDderungen  der  elektrischen  Erregbar* 
keit.  3)  Stets  gehen  sensible  Störungen  den  motorischen  voraus  oder 
begleiten  sie* —  Ferner  hat  Schmidt  (Inaug,-Diss.  Erlangen)  zwei 
posttyphöse  Lähmungen  beobachtet.  Im  ersten  Falle  traten  im  un- 
mittelbaren Anschluss  an  die  Krankheit  Läbmungserscheinungen  im 
Gebiete  des  N*  peroneus  und  Tibialis  anticus  auf,  im  zweiten  Falle 
handelte  es  sich  um  eine  Lähmung  des  Serratus  anticus  major,  an 
die  sich  später  eine  Parese  des  Deltoides  mit  rasch  fortschreitender 
Atrophie  anschloss.  Die  Lähmungen  führt  der  Verf.  auf  Toxine 
snrnck^  die  direct  auf  das  Nervensystem  einwirken  sollen* 

Eorczynski  und  Gluzinski  (Nowiny  lek,  Nr.  1  u,  2)  berichten 
&ber  eine  Misch infection  bei  lleotypbus,  die  sich  mit  voller 
Sicherheit  auf  bestimmte  Ursachen  zurückführen  Hess,    Während  der 


34ü 


Freyhan, 


Verlauf  der  in  ihren  klmiBchen  Hauptsälen  liegenden  TyphtißfäUe  ein 
vollkommei}  normaler  war,  gestaltete  er  sich  bei  neun  in  ehemaligen 
ohirurgischen  Zimmern  untergebrachten  Patienten  sehr  ungünstig, 
trotzdem  die  Räiamlichkeiten  vorher  einer  gründlichen  Reinigung 
unterworfen  worden  waren.  Fünf  gingen  an  pyämischen  Processen  zu 
Grunde,  zwei  an  anderen  Gomplicationen*  Es  unterliegt  für  die  Verff. 
keinem  Zweifel^  dass  hier  eine  Mischinfection  im  Spiele  ist;  ele  ent- 
nehmen das  hauptsächlich  ans  der  Thatsache^  dass  nach  energischer 
Deainfection  und  th  eil  weiser  Renovation  der  betreffenden  Kranken- 
säle  alle  später  behandelteo  Fälle  einen  guten  Ausgang  nahmen. 
V.  K  i  e  B  e  V  i  t  z  k  y  beschreibt  als  Complication  des  Tjphus 
(St,  Petersb.  med.  Wochenschr,  Nr.  15)  eine  linksseitige  Venea- 
thromhoöe  der  ganzen  linken  unteren  Extremität,  Gerl6czy 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr,  15)  eine  Combination  mit  echter 
Diphtherie,  Girode  (Ärch.  g6n.  de  m^d.,  Juni)  eine  posttyphöse 
rechtseeitige  eiterige  Epididymitis,  bei  der  er  TyphusbacOlen 
nachweisen  konnte. 

DerBefuod  von  Typhusbacillen  bei  post typhösen  Eiterungen 
ist  überhaupt  in  diesem  Jahre  sehr  oft  erhoben  worden,  so  dass  die 
Untersuchungen  der  früheren  Autoren  dadurch  eine  sehr  werth volle 
Beßtätigung  erfahren  haben,  Dupraz  (Arch.  de  m^d.  expör.  Nr.  3) 
machte  zweimal  einen  solchen  Befund,  einmal  bei  einer  Vereiterung 
der  Thyreoidea,  die  einen  Monat  nach  Ablauf  des  Typhus  klinische 
Erscheinungen  machte,  im  anderen  Falle  bei  einer  eiterigen  Periostitis 
der  Tihia,  welche  sich  direct  an  die  Reconvalescenz  anschloäs.  Des- 
gleichen konnte  Kelöch  (La  Sem.  m6d.  Nr.  10)  bei  einem  Empyem, 
das  sieb  im  Angchluss  an  einen  Typhus  einstellte,  den  Bacillus  typhi 
als  Infectioneerreger  nachweisen;  weiter  fanden  P6an  und  Cornil 
(Bull,  de  TAcad.  Nr.  15)  noch  8  Monate  nach  überstantlenem  Ty|>hii8 
im  Eiter  eines  Tibial-  und  Ellbogenabscesses  lebensfähige  Typhus* 
bacillen.  Endlich  berichten  Rosin  und  Hirschol  (Deutsche  med. 
Woobenschr.  Nr.  22)  über  den  Befund  von  Typhusbacillen  bei  einer 
Infiltration  des  Unterschenkels,  die  bei  einem  ßonat  leicht  verlaufenden 
Falle  im  Stadium  der  Entfieberung  aufgetreten  war.  Der  Fall  ist 
darum  besondere  wichtig,  weil  hier  die  Anwesenheit  der  Ebertb- 
Bcben  Bacillen  nicht,  wie  sonst  in  allen  bis  jetzt  beobachteten 
Fällen,  zur  Eiterung  gefuhrt  hatte,  sondern  nur  zu  einem  eigeo- 
thümlichen  Oedem  und  InEltration.  Im  Qegenaatz  zu  diesen  Autoren 
hat  Fasching  (Wiener  klin.  Wochenschr,  Nr.  8)  den  Hacilhis  typhi 
bei  posttj^hösen  Eiterungen  nicht  finden  können.  In  zwei  Fällen  — 
einem  periostalen  Abecess  an  der  Tibia  und  einer  Eiterung  an  der 


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Infeciionskranklieiten* 


347 


Zongenmusculatur  —  waren  ausschliesslich  Staphylokokken  vertreten. 
Dieser  Befund  kann  indessen  nicht  Wunder  nehmen,  da  es  nach  den 
grundlegenden  UotersuchuDgen  von  ßrieger  längst  sicher  ßteht, 
dass  die  den  Typhus  complicirendeu  Eiterungen  auch  häufig  einer 
Miscbinfection  ihren  ürspraog  verdanken  können, 

in  der  Therapie  sind,  wie  das  kaum  anders  zu  erwarten  steht, 
keine  neuen  Oesichtsponkte  zu  Tage  getreten.  Die  Anhäoger  der 
inneren  Antisepsis  echeioen  mehr  uDd  mehr  von  der  Bildfläche  zu 
verschwinden,  wenn  auch  hie  und  da  noch  verein2€lte  EmpfehluDgen 
ftlr  sie  abgegeben  werden.  So  rühmt  BurneyYeo  (Lancet,  April) 
dem  Chlor  nach,  dass  es  eine  ausserordentlich  günstige  Wirkung 
auf  alle  localen  und  allgemeinen  Symptome  ansiiben  soll  j  das  Fieber 
sinkt ^  die  Zange  reinigt  sich,  die  Kräfte  heben  sich,  der  ganze 
Krankheitsverlanf  wird  angeblich  abgekürzt. 

Lipmann  (Inaug.-Diss.  Würzburg)  kommt  auf  die  von  Ehrlich 
empfohlene  Thallinisation  zurück^  die  sich,  trotzdem  ihr  eine  ge- 
wisse Wirksamkeit  nicht  abzusprechen  ist,  nicht  recht  hat  einbürgern 
können.  Lipmann  hält  die  continuirliche  Thallinisirung  des  Orga- 
nismus fiir  besser  als  die  allgemein  angewandte  hydropathische  The- 
rapie. Jedenfalls  schiesst  der  Verf.  mit  dieser  Behauptung  weit 
über  das  Ziel  hinaus  und  durfte  nur  wenig  Parteigänger  finden. 

Als  ein  neues  therapeutisches  Agens  emijfiehlt  Werner 
(8t  Fetersb.  med,  Wochenachn  Nr.  3)  das  Chloroform,  das  er 
intern  wegen  seiner  starken  baotericiden  Wirkung  bei  130  Typhus- 
kranken zrxT  Anwendung  brachte.  Er  hat  davon  keine  üblen  Neben- 
wirkungen gesehen;  nur  trat  4mal  ein  leichter  Icterus  auf.  Er  gibt 
tm  Acmestadium  1 — 2  Esslöflel  einer  lo^^igen  Lösnng  1 — 2stündIiGh, 
später  weniger.  Allen  so  bebandelten  Fällen  war  ein  milder  Ver- 
Uuf  gemeinsam;  die  Diarrhoen  schwanden,  die  Himerscheinungen 
wurden  günstig  beeinflusst.  Auch  das  Ausbleiben  der  Recidive 
.schiebt  er  auf  Rechnung  des  Mittels. 

Wahrend  die  Discussion   über    die   ßäderbehandlu  ug   des 

^Typhus  in  Deutschland  im  Allgemeinen  als  abgeschlossen  betrachtet 

werden  darf,  wird  von  amerikanischer  Seite  neuerdings  (Med.  News, 

'  8ept^)  die  rigoroae  Brand'sche  Vortjcbrift  als  die  allein  richtige  ange- 

pridsen.     Es  darf  indesäeu  billig  bezweifelt  werden,  ob  nicht  durch 

ku warme  Bäder  mit  allmählicher  Abkühlung,  eventuell  auch  mit  kalten 

Anspritzungen,  derselbe  günstige  Einüuss  auf  das  Nervensystem  aus- 

\  gefkbt  wird  wie  durch  ganz  kalte  Bäder.   Ebenso  wird  die  behauptete 

[Herabsetzung  der  Complicationen   durch   diese  Art   der  Behandlung 

^StArkeo    Zweifeln    begegnen.     Neben    den    Bädern    wird    die   Dar- 


348 


Freyhao* 


reichung  von  Saiol  und  salicylsaurem  Wiamath  empfoblen  j  Terpentin 
ist  indicirt  bei  trockener  brauner  Zunge  öowie  protrahirter  Recon- 
valescenz  mit  andauernden  Diarrboen. 

Rabinovitch  (New  York  med,  Journ.,  März)  bekennt  sieb  au 
dem  bei  uds  zu  Lande  schon  allgemein  angenommeneo  Standpuuktf 
deD  TyphuH  nicht  durch  innerliche  Darreichung  von  Äntipyreticis 
zu  bekämpfen^  aondarn  ausachlieaslich  mit  Bädern  zu  bebandeln. 
Freilich  will  uns  die  Hoffnung  des  YerfVsj  bei  coDsequenter  Durcb- 
fiibrung  der  KaltwasserbehaüdluDg  die  Mortalität  auf  ein  Minimum 
berab zudrücken^  etwas  allzu  enthusiaB tisch  erscheinen. 

Fürb ringe r  (FortBchr,  d,  KrankeDpfl.,  Oct)  nimmt  zur  Frage  der 
diätetischen  Behandlung  das  Wort  und  entwickelt  die  leitenden 
Grandzüge,  die  für  den  Practiker  zu  gelten  haben.  Er  stimmt  ohne 
Vorbehalt  der  Ansicht  zu,  dass  man  sich  während  des  fieberhaften 
Stadiums  auf  flüssige  Diät  beschränken  ond  von  der  Verabfolgnng 
des  Fleischei  Abstand  nehmen  müsse.  Dazu  bestimmt  ihn  nicht  die 
Furcht  vor  einer  drohenden  Darm  Perforation,  sondern  die  Erfahrung, 
dass  sich  die  Kranken  durch  Diätfehler  den  Magen  verderben,  und 
dass  die  Fiebercurve  nugünstig  beeinflusst  wird.  Die  Eussige  Diät 
kann  bei  richtigem  Arraugemeni  viel  leisten;  insbesondere  beton! 
Fürbring  er  den  hohen  Nährwerth  der  eiweiesreichen  Leguminose- 
suppen  und  empfiehlt  das  unter  dem  Namen  der  Liebe'schen  Legu- 
minose  gehende  Kraftsuppe nmehl  in  Verbindung  mit  Fleischbrühe 
und  Eigelb  als  ein  ungemein  geeignetes  Nahrungsmittel  Ein  viel 
umstrittenes  Gebiet  der  diätetischen  Behandlung  bilden  die  Fälle, 
bei  denen  trotz  Rückganges  der  DarmerBcheiuQngen  das  Fieber  nicht 
nachhaltig  absinkt.  Hier  plaidirt  Fürbringer  für  das  vorsichtige 
Einschieben  von  Fleisch  In  den  verschiedensten  zarten  Zubereitungen, 
ebenso  von  Weißsbrod,  Cakee  u.  dergl.  m.  Nur  dajin  ist  von  diesem 
Regime  Abstand  za  nehmen,  wenn  sich  unliebsame  Störungen  be- 
merkbar machen,  die  in  dem  Ansteigen  der  Temperaturcurve  ihren 
bedrohlichen  Ausdruck  finden« 

Die  operative  Behandlung  der  compücirenden  Darm- 
perforation, die  in  Deutachland  fast  allgemein  aufgegeben  ist,  hat 
in  dem  Amerikaner  Hook  (Med*  News,  Nov.)  einen  Lobredner  ge- 
fnnden»  Er  hat  unter  drei  F&Een  eine  Heiluog  zu  verzeichoen  gehabt. 
Trotzdem  aber  wird  man  sich  für  die  Operation  nicht  erwärmen 
können,  da  unter  allen  bis  jetzt  operirten  Fällen  nur  ein  einziger  zum 
glücklichen  Ausgang  gekommen  ist 

Eioe  Besprechung  der  neuerlichen  bacteriologischen  Arbeiten 
über  Typhus   kann   an  dieser  Stelle  nicht  unsere  Sache  sein.     Nur 


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In  fection  8k  ra  nk  hei  teit , 


349 


aoiiel  möchten  wir^  oline  xna  Detail  zu  gebea ,  hervorheben,  dass 
durch  die  jüogsten  üntersachungen,  welche  speciell  daa  gegenseitige 
Verhältniss  des  Bacillas  typhi  und  Bacillus  coli  com- 
munis zum  Gegenstand  haben,  die  Specifität  der  Eberth^achen 
Bacillen  in  Frage  gestellt  worden  ist.  Alles  in  Allem  kann  es  nach 
den  vorliegenden  Thatsachen  noch  nicht  als  entschieden  betrachtet 
werden,  ob  die  beiden  Baciüenarten  identisch  sind  oder  zwei  ge- 
trennte Species  darstellen,  wenn  auch  zugestanden  werden  muBS^  dass 
die  früher  als  typisch  angeseheneB  Unterscheidungsmerkmale  sich 
immer  mehr  verringert  haben. 


Flecktyphus.  Nachdem  die  Angaben  früberer  Autoren  über 
die  organisirte  Natur  des  Flecktyphusgiftes  eine  allgemein 
gtkltige  Beweiskraft  nicht  erlangen  konnten,  macht  jetzt  Lewaacbew 
(Deutsche  med.  Wocbenschr.  Nr.  13)  den  Anspruch,  die  specißschen 
Erreger  dieser  Krankheit  in  rundlichen ,  kokkenartigen ,  tbeilweise 
mit  einem  langen  Fädchen  versehenen  Gebilden  entdeckt  zu  haben. 
Derartige  kleinste  Lebewesen,  die  uiiter  dem  Mikroskop  eine  sebr 
lebhafte  Eigenbewegung  zeigen ^  fanden  sich  mit  solcher  Kegelmässig- 
keit  im  Blute  der  Kranken,    dass  sie    der  Verf.  in  keinem  einzigen 

^darauf  hin  genau  untersuchten  Falle  seines  Materials  vermisste. 
Auch  erfolgreiche  Impfversiiche  aollen  seinen  Befunden  zur  Seite 
stehen.  Unabhängig  von  Lewaschew  kamen  zwei  französische 
Forscher,  Thoinot  und  Calmette  (^Annal  de  Tinst  Pasteur  Nr.  1) 
2a  ganz  ähnlichen  Resultaten,  Sie  fanden  bei  der  mikroskopischen 
üuteraudiung  des  Blutes  eines  Flecktypbuskrank'en  10 — 30  fi  lange, 
StMrk  Uchtbrechende  Filamente,  die  sich  schnell  zwischen  den  Blut- 
i^rperchen  hin  und  her  bewegten  und  oft  in  rundlichen  Anschwel- 

rlnngeQ  endeten:  dieselben  Anschwellungen  fanden  sich  auch  im  Ver- 
lauf der  Filamente.  Ausserdem  fanden  sie  bei  vier  anderen  Fällen 
kleine,  lebhaft  bewegliche,  lichtbrecbende  Körnchen  mit  einem  kurzen 
Fortsatz,  an  dessen  Ende  sich  zuweilen  eine  kleine  Verdickung  zeigte. 
Die  Verff.  neigen  dahin,  in  diesen  Gebilden  die  specifischen  Erreger 

Lder  Krankheit  zu  sehen« 

Die  klinische  Seite  der  Krankheit  hat  keine  Neubearbeitung  er- 
fahren; höchstens  ist  hervorzuheben,  dass  L  üb  l  in  er  (Berliner  klin, 
Wochenschr  Nr.  40)  bei  einem  Patienten,  der  an  Ehiuosklerom  litt 
and   bei  dem  die  InÜltrate  so  stark  entwickelt  waren,   dass  sie  die 
laeenhöhla  fast   impermeabel   machten ,    nach   einem    intercurrenten 

^exAnthematischen  Typhus  eine  völlige  Involution  der  di:GFusen  Inhl- 
tn^te  eintreten  sah. 


350 


Freyhan. 


Variola.  Combemale  (Arch.  gön.  de  M6d.,  Juni)  gibt  eine 
Ueberaicht  über  die  im  Anscliluss  an  Pocken  entstehenden 
Sprachstörungen,  Er  seibat  bat  ein  SOjähriges  junges  Mädchen  be- 
obachtet, welches  am  12.  Tage  nach  Beginn  der  Variolaeraption  deut- 
liche Sprachstörungen  zeigte;  dieselben  bestanden  in  nasalem  Sprechen 
und  einer  Ataxie  der  Zungen-  und  Lippenbewegungen;  gleichzeitig 
machte  sich  eine  leichte  Gedächtniasachwäche  bemerkbar.  In  ßezug 
aof  die  Häufigkeit  dieser  Erkrankuugsform  erwähnt  er,  dass  die 
verbale  Störung  eine  nur  seltene,  dagegen  die  -Paralyse  der  Articn- 
lationsorgane  eine  häufige  Folgeerscheinung  der  Variola  darstelle. 
Die  verbale  Ataxie  fasst  er  als  Ausdruck  einer  organische n  oder 
functionellen  Veränderung  der  nervösen  Oentren  auf  ^  die  Paralyse 
dagegen  als  bedingt  durch  die  Einwirkung  von  Stoffwechselproducten 
der  die  Variola  erzeugenden  Mikroorganismen. 


I 


I 


Malaria.  Wie  in  den  vergangenen  Jahren,  so  bat  sich  auch  dies- 
mal das  Haup tinter e*ise  auf  die  Parasiten  der  Malaria  concentrirt; 
die  Entdeckungen  Marchiafava^s,  Celli's  und  Laveran's  erfreuen 
sich  nach  nod  nach  einer  ungetheilteo  Anerkennung;  aus  allen 
Ländern  laufen  Bestätigungen  ihrer  Befunde  ein.  Die  Praxis  hat 
aus  diesen  Forschungen  einen  doppelten  Gewinn  gezogen;  einmal 
hat  die  Diagnostik  an  Präcision  ungemein  gewonnen,  und  dann  sind 
wir  durch  die  Blut  Untersuchung  in  den  Stand  gesetzt,  die  therapeu- 
tischen Effecte  ff  etz  US  teilen  und  zu  controlliren.  In  diesem  Sinne 
fiuösern  sich  Rüge  (Deutsche  militärärztl,  Zeitschr.)  und  Toulemin 
(Med.  News  Nr.  12). 

'Ungemein  lehrreich  sind  die  Studien  Golgi's  (Deutsche  med, 
Wocbenschr.  Nr.  29 — 32),  der  sich  bemüht  hat,  für  die  Vorschriften, 
welche  traditionell  als  zweckmässig  für  die  Behandlung  der  Malaria 
angesehen  werden  und  die  bis  jetzt  nur  auf  einer  empirischen  Grund- 
lage ruhen,  eine  wissenschaftliche  Erklärung  zu  liefern.  Er  weist 
in  überzeugender  Weise  nach,  dass  die  Hämatozoen  je  nach  ihrem 
Entwickelnngsstadium  in  verschiedener  Weise  auf  Chinin  reagiren. 
Am  sichersten  werden  von  den  Plasmodien  der  Quartana  die  jüngsten 
Eormen  vernichtet,  die  unmittelbar  aus  dem  Segmentationsprocesa 
hervorgegangen  sind.  Wofern  aber  der  Segmentationsprocess  noch 
im  Gange  ist,  kann  das  Chinin  die  Entwickelung  der  Parasiten  nicht 
mehr  hintanhalten,  und  am  sdiwichflteii  tritt  die  Wirkung  des  Heil- 
mittels auf  das  endoglobaläre  Stadium  der  Parasiten  zu  Tage,  Aehn- 
liohe  Verhältnisse  walten  auch  bei  den  Parasiten  der  Tertiana;  hier 
ist  daa  Chinin  ebenso  wenig  im  Stande,  auf  die  Entwickelung  hem- 


I 


Infectionskrankheiten. 


351 


mdDd  einsttwirken )  wetrn  die  Hämatozoen  nahe  der  Keife  sind;  im 
eudoglobalären  Stadiam  werden  sie  aber  leichter  angegriffen  als  die 
Parasiten  der  Quarfana*  Aus  der  Geaammtheit  seiner  BeobachtuEgen 
abstrahirt  Golgi  den  Scbluss,  dass  die  classiscbe  Vorscbrift,  das 
Chinin  3,  4  und  5  Stunden  vor  dem  Anfall  zu  verabfolgen,  ihre  volle 
wiösenschaftlicbe  Berechtigung  besitze. 

Die  Studien,  die  Bein  (Charit^-Ann,  Jahrg*  16)   über  Malaria- 
plasmodieD  angestellt  hat,   sind  besonders  durch  eigenartige  experi- 
mentelle   Ergebnisse   ausgezeiclmet.      Er    hat    mit    dem    Blute    von 
Malariakranken  Impi versuche  angestellt,  die  an  Thieren  negativ  aus- 
gelen,   aber  beim  Menschen  —  er  benutzte   dazu  chronisch  kranke, 
unheilbare  Patienten  —  von  Erfolg   begleitet  waren.     Im  Blute  der 
mit  Erlbig  Geimpften   erschienen   die   Parasiten   wieder;   auch   der 
rösste  Skeptiker  wird  in  diesen  Erfolgen  den  Beweis  erblicken  müssen, 
^dass    die   Plasmodien    in    der  That    die   Erreger    der   Malaria   sind. 
Bein'a  Experimente  haben  auch  gleichzeitig  die  Identität  des  quoti- 
diatien   und    tertianen  Fiebers   erwiesen;   dann   der  Fiebertypus  der 
.Impfquelle  erschien  nicht  immer  wieder  bei  dem  Impfling^   sondern 
|ioderte  sich  in   drei  Fällen  vom  tertianen   zum   quotidianen;  ja  bei 
linem  Patienten  traten  beide  Typen  nach  einander  auf,    Die  Polemik, 
iia  Bein  anläaslich  dieses  Factuma  gegen  die  italienischen  Forscher 
richtet,  müssen  wir  als  eine  verfehlte  bezeichnen  j  denn  niemals  ist  von 
idieser  Seite  die  Identität  des  quotidianen  und  tertianen  Fiebers,  nur 
Dil  Fug  und  Recht  die  des  tertianen  und  quartanen  bestritten  worden. 
Mannaberg  (Verh.  des  XL  Congr»  für  innere  Med.)  hat  unter 
31  Fällen  von  perniciöser  Malaria  28mal  die  halbmondförmigen 
Körper  Laveran's  nachweisen   können,    während  er   diese  Formen 
bei  unoomplicirter  Erkrankung  stets  vermit^ste.    Für  ihre  Eotatehung 
stellt    er    die    Theorie    auf,    dass   sie    aus    der    Gopulation    einiger 
nöboiden   Körper   hervorgehen ,    demnach   also    die   Syzygien    der 
Malariaparasiten  darstellen.    Er  stützt  diese  Ansicht  einmal  auf  den 
Befund  solcher  Copulationskörper,  sodann  auf  die  zweiteilige  Anord- 
naDg  des  Pigments  and  auf  die  quere  Segmentation. 

In  einer  sehr  gediegenen  Arbeit  geben  Marchiafava  und 
Bignami  (Deutsche  med.  Wochenschn  Nr.  51  u.  ö2j  ein  anschauliches 
Bild  unserer  jetzigen  Kenntnisse  über  das  Wesen  der  Malaria- 
kfecttOQ  und  über  die  Varietäten  der  Plasmodien,  Die  gefun- 
enen  Tbatäacben  lassen  sich  folgendermassen  zusammenfassen.  1)  Die 
ana  ist  eine  Infectionskrankheit ,  welche  durch  ein  Hämatozoon 
agt  wird,  2)  Das  Malariahämatozoon  wird  von  Amöben  darge- 
Ity   welche  sich  innerhalb  der  lotheu  Biutkörparchtin  entwickeln 


Freyhan. 


und  das  Hämoglobin  in  Melanio  umwandeln.  3)  Die  Amöben  voll- 
enden innerbalb  der  Blutkörper  einen  Lebenscyklas,  der  mit  sehr 
beweglicben  pigmentloaen  Formen  beginnt,  sich  durch  Pigmentation 
fortsetzt  nnd  mit  Spal tun gs Vorgängen  endet,  4)  Dieser  Cyklus  findet 
einen  äusseren  Ausdruck  durch  die  periodiBche  Wiederkehr  von 
Fieberanfallen ;  die  Sporulatioo  fällt  mit  dem  Anfang  des  Aofalls 
zusammen»  5)  Während  ihres  Lebens  entwickeln  die  Parasiten 
toxische  Substanzee^  deren  üsistenz  allerdings  noch  zu  erweisen 
steht.  6)  Die  morphotogischen  und  biologischen  Eigenthümlicbkeit^n 
sind  bei  den  verschiedenen  Fiebertypen  verschieden.  Die  Verff. 
unterscheiden  vier  Arten  von  Amöben:  a,  der  Tertiana,  b.  der  Quar- 
tana, c,  der  Sommerherbsttertiana  und  d.  der  Sommerherbstquartana, 
Die  perniciösen  Fieber  werden  nur  durch  die  beiden  letzteren  Specie« 
hervorgebracht. 

Baccelli  (Deutsche  med»  Wochenschr,  Nr.  32)  beschreibt  einen 
Malariafall,  der  mit  Hämoglobinurie  einherging  und  mit 
subnormalen  Temperaturen  einsetzte,  sich  weiterhin  zu  mittleren 
Graden  der  Malariapyrexie  erhob  und  zu  den  schwersten  Erscheinungen 
steigerte,  endovenöse  Injection  von  Ohioinselzen  und  methodische 
Sauere  t offin balationen  übten  einen  günstigen  Einfltiss  aus.  Die  schweren 
Erscheinungen  bezieht  Baccelli  auf  eine  von  den  Parasiten  erzeugte 
toxische  Substanz,  unter  deren  Einfluss  ein  gradatim  fortschreitender 
Zerfall  der  rothen  Blutkörperchen  zu  Stande  kam. 

Kohlstock  (Beri  klin.  Wochenachr,  Nr.  18  u,  19)  theilt  einen 
klinisch  sehr  interessanten  Fall  von  tropischer,  biliöser  Malaria- 
erkrankting  mit  Hämoglobinurie  mit.  Die  Diagnose  war  ausser- 
ordentlich erschwert  durch  das  Fehlen  der  Blutparasiten  und  durch 
das  gänzliche  Versagen  des  ühioins.  Trotzdem  musste  eine  Malaria 
angenommen  werden  ^  da  steh  alle  anderen  io  Betracht  kommenden 
A&ctionen  ausschiiessen  liessen^  und  weil  andererseits  das  Yer* 
schwinden  der  Plasmodien  aus  dem  Blut  und  ihr  alleiniges  Vorkommen 
in  der  Milz  —  deren  Pünction  verabsäumt  wurde  —  bei  den  per- 
niciösen Formen  kein  Novum  ist, 

Hadji-Costa  (fiev.  de  M^d.,  Nov.  1891)  hat  die  Bemerkung 
gemacht,  dase  in  Gegenden,  wo  die  Malaria  endemisch  war,  nach 
Beendigung  einer  Epidemie  sich  häufig  Pneumonien  ein- 
stellten. Dieselben  warten  durch  gewisse  Eigenheiten  ausgezeichnet; 
die  classischen  Symptome  waren  nicht  recht  ausgeprägt,  während 
nervöse  Erscheinungen  mehr  in  den  Vordergrund  traten.  Die  Be- 
handlong  bestand  in  Darreichung  von  Chinin  und  Ejccitantien  und 
übte  einen  guten  Einfluss  aus. 


I 


I 


Id  fec  tiona  krau  k  hei  te  b  * 


353 


In  der  Therapie  der  Krackheit  behauptet  das  C hin  in  nach 
wie  vor  seine  dominirende  Stellang;  wirkungsIoB  hat  es  sich  nur 
bei  den  pemiciösen  Formen  erwiesen^  bei  cieneo  eine  tonisirende 
BebandlQDg  und  Arsen  bessere  Erfolge  erzielen.  Nach  diesen  Prin- 
oipien  hat  unter  Anderen  Grawitz  (BerL  klin.  Wochenschr,  Nn  7) 
sein  therapeutiaches  Handeln  eingericbtet.  Von  anderen  therapeuti- 
»jchen  Agentieu  hat  Mya  (Speriment.  Nr,  24)  das  von  Ehrlich  und 
Gattmann  (cf.  dies.  Jahrb.  1892)  ßmpfohlene  Methylenblau  einer 
Nacbprüfang  unterzogen  und  spricht  diesem  Präparat  in  vielen  Fällen 
einen  entschieden  günstigen  EinHuss  zu,  während  er  in  einer  Reibe 
anderer  Fälle  nur  einen  vorübergehenden  Nutzen  oder  sogar  einen 
Mtsserfolg  constatiren  musste.  Da  dem  Mittel  noch  ausserdem  manch- 
mal unangenehme  Nebenwirkungen  von  Seiten  des  Magens  nach* 
gesagt  werden,  so  wird  man  seine  Anwendung  hesonders  im  Hin- 
blick auf  das  ihm  weit  überlegene  Chinin  nicht  sonderlich  empfehlen 
können.  Ferner  ist  von  Boas  eil  (Philadelpb.  Report.,  Juli)  das 
Extract  eines  in  Mexico  heimischen  Sträuchen,  PambotanOj  thera- 
peutisch gegen  Malaria  angewendet  worden.  Die  günstigen  Erfolge^ 
die  Rousell  mit  dieser  Drogue  eraielt  hat,  bedürfen  aber  ebenso 
einer  genauen  Nacbprofyng,  wie  das  von  Gemayel  (Bull,  g6n.  de 
Th^r.  1891,  Dec.)  empfohlene  Cinchonidinum  sulfuricum,  das  in 
Dosen  von  l'J^  g  mehrere  Tage  hinter  einander  gegeben,  gerade  bei 
larvirten  und  pemiciösen  Formen  vorzüglich  angeschlagen  haben  solL 
Endlich  empfiehlt  Büro  (Pester  med,*chir.  Presse  Nr.  80)  das  sal- 
petersanre  Natrium  in  Dosen  von  1— ög;  die  Vorzüge  des  Mittels 
aallen  darin  bestehen,  dass  es  keine  Nebenerptcheinungen  hervorruft^ 
und  dass  die  Zeit  der  Darreichung  auf  seine  Wirksamkeit  ohne 
£inflQ88  ist. 


Morbus  Weilii.  Die  Unklarheit,  welche  über  das  Wesen  und 
die  Classificirung  dieser  strittigen  Infectionskrankheit  bislang  herrschte, 
bat  durch  eine  monographische  Bearbeitung  des  verdienstvollsten 
Forschers  auf  diesem  Gebiete,  Fiedler  (Deutsches  Archiv  f.  klin, 
Med.  Bd.  50),  eine  erfreuliche  Klärung  erfahren.  Er  hält  diese  Krank- 
heit far  eine  Infections-  resp.  Intoxicationskrankheit  und  für  iden- 
tisch mit  dem  zuerst  von  Griesinger  in  Cairo  beobachteten  und 
neuerdings  wieder  von  Kartulis  beachriebenen  biliösen  Typhoid, 
einer  Krankheit,  welche  mit  der  Febris  recurrens  nichts  gemeinsam 
hat«  Sie  ist  eine  wohl  charakterisirte  Krankheit,  ein  morbus  sui 
generi»  und  wahrscheinlich  verursacht  durch  faulende  organische 
Substansen,  die  vom  Darm  aus  zur  Resorption  gelangen,  8ie  he- 
ithrhucli  d   preet.  Medicin.    1893,  ^ 


354 


FreyhÄn, 


ginnt  ohoe  Prodrome  mit  schwerem  Fieber  und  heftigen  Allgemein- 
und  gastrischen  Ersckeinangen ;  das  Fieber  hält  8 — 14  Tage  an  und 
fällt  staffeiförmig  ab.  Die  constantesteu  Symptome  sind  loterus, 
heftige  MuskelBchmerzen,  insonderheit  in  der  Wadenmuscnlatur,  und 
eine  mehr  oder  minder  starke  Nephritis;  Leber-  ued  Mibechwellung 
ist  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  zu  beobachten;  deagleichee  gehöreii 
Herpes  und  Erytheme  zu  den  gewöhnlichen  Vorkommnissen.  Die 
Prognose  ist  in  unserem  Klima  eine  verhältnisamäsgig  günstige,  die 
Reconvalescenz  ist  eine  protrahirte. 

Auch  Terray  (Pester  med.-chin  Presse  Nr.  13),  der  die  Casuistik 
um  einen  typischen  Fall  bereichert,  neigt  sich  der  Ansicht  zu,  dass 
es  sich  bei  der  W  ei  loschen  Krankheit  um  einen  morbtiö  sui  generia 
handelt  Ebenso  wie  Fiedler  glaubt  er,  dasa  ihre  Ursache  in  der 
Aufsaugung  von  Ptomainen  vom  Darm  aus  beruhe. 

Actinomykosis,  Die  Mittheilungen  über  Actinomykose  sind 
nur  sehr  spärlich  geflossen,  Heuk  (Münch*  med.  Wochenschr,  Nr.  24 
n,  25)  theüt  aus  der  Erb'scheii  Klinik  einen  einschlägigen  Fall  mit, 
dessen  Diagnose  lange  Zeit  schwankend  blieb,  weil  sich  mannigfache 
Anhaltspunkte  für  die  tuhercolöae  Natur  des  KrankheitaprocesseB 
darboten.  Der  primäre  Sitz  der  Erkrankung  war  wahrscheinlich  in 
den  Wirbeln  gelegen,  hatte  von  bier  ans  auf  die  Üippen  übergegriffen 
und  die  Intercostalräume  durchsetzt  Allmählich  kam  es  zu  Fistel- 
gängen in  das  Lungenge  webe ,  später  zum  Burchbruch  in  einen 
grösseren  Bronchus  und  damit  zur  Expectoration  von  pilzlichen  Ele- 
menten. Den  Beschluas  bildete  eine  Perforation  des  Pericards  mit 
consecutiver  Pericarditis. 

Einen  seltenen  Fall  theilt  Kern  {CorrespondenzbL  f.  Schweizer 
Aerzte^  Sept.  1891J  mit.  Bei  einem  20jähngen  Gärtner  kam  eine 
langwierige  Perityphlitis  nicht  zur  Heilung,  sondern  brach  nach 
aussen  durch  und  entleerte  gelblichen  Eiter,  in  dem  Actinomyces- 
körner  suspendirt  waren.  Nach  Spaltung  der  Fiatelgänge  und  Aus- 
kratzung der  kranken  Partien  trat  Heilung  ein. 

In  die  Therapie  ist  die  Elektrolyse  von  Oautier  (Jonrn, 
des  mah  cut.  et  sypL,  August)  neu  eingeführt  worden.  Er  bebandelte 
damit  eine  ausgedehnte  actinomyko tische  Gesichtserkraokung  in  Nar- 
kose. Drei  Sitzungen  k  20  Minuten  mit  8tÄgigen  Intervallen  ge- 
nügten, um  vollkommene  Heilung  zu  erzielen. 

Iszlai  (Pest,  med.-chir.  Presse  Nr.  6)  leugnet  die  ätiologische 
Beziehung  cariöser  Zahne  zix  actinomykotischen  Erkran- 
kungen   auf  Grund   theoretischer  Erwägungen;    doch  will   es  uns 


L 


Infectionfik  rankhei  ten. 


355 


ficbeioen,    alfl    ob    seine  Betrachtungen    den    zahlreich    vorliegenden 
positiven  Thatsachen  gegenüber  nicht  Stich  halten. 

BotB.  Nei8ser  (Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  14)  berichtet 
nber  einen  sehr  lehrreichen  Fall  von  chronischem  RotZf  der  bei  der 
Seltenheit  der  Erkrankung  ein  ganz  besonderes  Interesse  beansprucht* 
im  Laufe  von  2  Jahren  entwickelten  sich  bei  einem  20jährigen 
Manne  verschiedeotliche  Ulceratiooen  und  Abscesse,  die  zu  Defecten 
im  harten  Gaumen  und  im  Naseuseptum,  sowie  zu  mancherlei  Narben 
(tkhrten,  deren  Deutung  als  luetische  ^  event.  auch  als  tuberculöse 
eine  grosöe  Wohrischeinlichkeit  für  sich  zu  haben  schien.  Die  bac- 
teriologische  Untersuchung  Hess  aber  keinen  Zweifel  darüber,  dass 
man  es  mit  einer  Rotzerkrankung  zu  thun  habe.  —  Ebenso  aus- 
sckUggeband  war  die  bacteriologische  Untersuchung  für  einen  Fall 
▼on  Besnier  (Ann.  de  derm.  et  syph.),  bei  dem  die  Krankheit 
5  Jahre  lang  bestaüd.  Die  Infection  war  durch  die  Athemwege  er- 
folgt; infolge  dessen  traten  auch  suerat  Erscheinungen  von  Seiten 
der  Lungen  hervor.  Später  kamen  ulcerative  Zerstörungen  im  Ge- 
sicht^ Nase  und  Qaumen  hinzu^  Symptome,  die  anfäDglich  als  luetische 
anfgefasst  wurden,  bis  man  ihre  wahre  Natur  durch  die  bacteno- 
akopisohe  Untersuchung  aufdecken  konnte. 

Hertel  (Charite-Ann.)  theilt  einen  Fall  mit,  hei  dem  Tabercu« 
lose  und  Rotz  gleichzeitig  bestand.  Den  Gang  der  Iniection  stellt 
sich  Hertel  so  vor,  dass  bei  einem  schon  tiiberculosen  Patienten 
infolge  geschwächter  Widerstandsfähigkeit  eich  Rotzbacillen  an- 
gesiedelt haben* 

Therapeutisch  werden  in  neuerer  Zeit  bei  frischem  Rotz 
iQuQCtioDscuren  warm  empfohlen*  Sie  finden  einen  Lobredner  in 
Gold  (Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  40,  1891)^  der  einen  bacterio- 
logisch  sichergestellten  Fall  von  Rotz  mit  Mercurialinunctionen  be- 
handelte und  ihn  nach  62  Sitzungen  geheilt  entlassen  konnte,  Hal- 
lopeau  and  Jeanseime  (Ana.  de  derm.  et  syph.)  erzielten  bei 
einem  chronischen  Fall,  der  sich  mehr  als  6  Jahre  in  die  Läoge  zog, 
durch  energisches  Ausbrennen  der  subcutanen  und  intermusculären 
Abscesse  mit  dem  Thermocauter  einen  »ehr  günstigen  Erfolg. 

Milzbrand,  Unter  den  weuigen  casaistischen  Mittheilungeu 
durfte  die  von  Dittrich  (Wiener  klin.  Wochenach r,  Nr.  47,  1801) 
deswegen  von  besonderem  Interesse  sein,  weil  der  hetre:fi[ende  Patient 
unter  den  Symptomen  einer  Wurstvergiftung  starb,  und  erst  die  nach 
dem  Tode  vorgenommene  bacteriologische  Untersuchung  die  wahre 
Todesursache  ergab*  —  Erwähnenswerth  ist  noch  ein  von  Wiggin 


856 


Frey  hau. 


(New  York  med.  Jom-D,,  Nov.  1891)  beschriebener  Fall  von  inteati- 
nalem  Aothrax  wegen  der  ihn  aaBzeiebu enden  Klarheit  der  Aetio- 
logie.  Mit  grosser  WahrBchein  liebkeit  war  nämlich  die  Infection  auf 
die  üble  Qewohnbeit  des  Patieoten,  der  den  Beruf  eines  Schlächters 
aiiBÜbte,  zarückzuftibrenj  das  beim  Häuten  der  Thiere  benatzte  Messer 
in  den  Mund  zu  nebmen. 

Therapeutisch  hat  man  versucht,  durch  Schutzimpfung 
eine  evenluelle  Heilung  des  Milzbrandes  ^u  erzielen.  Leider  sind  die 
darauf  gerichteten  Besirebungeu  bis  jetzt  erfolglos  geblieben.  So 
gelang  es  Pet ermann  (Ann.  de  l*inst.  Paateur,  Jan.)  nicht ^  mit 
der  aus  Milzbrand culturen  gewonnenen  Albumose  Thieren  einen  Impf- 
schutz gegen  Milzbrand  zu  verleiben.  Nur  Filtrate  von  Culturen  in 
Rindereerum,  in  grösseren  Mengen  intravenös  eingeführt^  verliehen 
eine  1—2  Monate  dauernde  Immunität  Ebensowenig  iat  es  gelungen, 
die  Serumtherapie  für  den  Heilzweck  nutzbar  zu  machen.  Die 
Angaben  von  Ogata  und  Jasuhara^  die  durch  Einimpfung  von 
sterilem  Huodeserum  einen  Schutz  gegen  Milzbrand  \^erleihen  zu 
können  vermeinten  j  haben  einer  Nachprüfung  nicht  Stand  halten 
können.  Enderlen  (Münch.  med.  Wo  eben  sehr.  Nr.  18)  wenigstens 
ist  zu  ganz  entgegengesetzten  Besultaten  gelangt  wie  die  erstgenannten 
Forscher  und  apricbt  ihren  Versuchen  jedwede  practische  Bedeutung 
ab.  Ebenso  haben  Lazarus  und  Weyl  (Berliner  klin.  Wocbenschr. 
Nr.  45)  durch  sorgfältige  Versuche  ermittelt,  dass  das  Blutüerura 
eines  Tbieres,  welches  eine  angeborene  Immunität  gegen  Milzbrand 
besitzt,  ein  zweites,  nicht  immunes  Tbier  vor  dieser  Krankheit  nicht 
zu  schlitzen  vermag. 

Lyssa.  Bei  der  Lyssa  sind  die  Erfolge  der  Serum tberapie 
etwas  glücklicbere  gewesen.  Tizzoni  und  Cattani  haben  in  einer 
ganzen  Beibe  von  Arbeiten  (Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  27  u»  31; 
Rif  med,  Nr.  18,  19  u.  109;  Ben  die»  delL  Äccad.  dei  Lincei,  Mai) 
ausführlicb  dargethan,  dass  das  Blutserum  von  Kaniuchen,  die  tn 
hohem  Qrada  gegen  Rabies  immun  gemacht  sind,  die  Entwickelung 
der  Hundswuth  nicht  nur  zu  hindern  vermag,  sondern  auch  im  Stande 
ist)  die  Krankbeit  noch  in  eioem  vorgerückten  Stadium  zu  heilen. 
In  ihrer  letzten  Arbeit  (Deutsche  med,  Wochenscbr.  Nr.  31)  führen 
die  VerfF.  aus,  dass  es  ihnen  gelungen  ist,  den  wirksamen  Stoff  aus 
dem  Blutserum  in  fester  Gestalt  zu  erhalten,  und  dass  dieser  Stoff, 
in  Wasser  geiöst,  wohl  vermag)  in  seiner  Wirkung  das  Blutserum 
KU  ersetzen.  Sie  glauben  dadurch  ein  Mittel  in  der  Hand  zu  haben, 
um   nach   und   nach   die   wirksame   Substanz   in   einer  so  genügend 


Infedionskraiikheiteii . 


357 


groseen  QuaDtität  zu  sammelD  ^  dasB  sie  die  eventuelle  Behandlung 
beim  Menschen  jederzeit  einleiten  können.  Man  wird  vorläufig  noch 
gut  thun,  erst  sorgfältige  Nachprüfungen  abzuwarten,  ehe  man  die 
Torgesohlagene  Methode  am  Menschen  zu  erproben  anfängt. 


I 


Tetanus.  Am  meiäten  Erfolg  scheint  die  Serumtherapie  bie 
jetzt  beim  Tetanus  zu  veraprechen.  Bebring,  dem  bekanntlich  die 
Immunisirung  gegen  diese  Infection  beim  Kaninchen  zuerst  gelang, 
hat  nun  auf  demselben  Wege  auch  eine  HeilBug  erzielen  können 
( Zei t£chr,  f.  Hyg«  und  Inf,  Bd»  12),  Er  konnte  experimentell  fest- 
stellen ,  dass  das  Blutserum  von  Thieren ,  die  durch  Einverleibung 
abgeschwächter  Oulturen  immunisirt  waren,  bei  der  Uehertragung 
iuf  andere,  tetanuskranke  Thiere  eine  giftzerstörende  Wirkung  aus- 
übte. Nur  sind  Behring  und  Frank  (Deutsche  med.  Wochenschr, 
Nr,  18)  vorläufig  noch  nicht  im  Stande,  das  Heilserum  genau  zu 
dostFCD,  wenn  sie  auch  ermittelt  haben,  dass  die  heuende  Kraft  des 
Senuna  sich  erst  bei  ungleich  höheren  Dosen  äussert  als  die  immuni- 
sirende.  Bis  zur  experimentellen  Sicherstellung  der  genauen  Dosis 
aber  wird,  wie  Behring  und  Fran  k  aussprechen,  die  Entwickelung 
einer  systematischen  Therapie  nicht  zu  erwarten  sein.  In  der  That 
hat  man  denn  auch  mit  dieser  Methode  beim  Menschen  bislang  noch 
keine  Heilungen  erzielen  können;  so  hat  R4non  (Ann.  de  Fingt. 
Fast)  beispielsweise  zwei  Fälle  damit  ohne  jeden  Erfolg  behandelt. 
Beide  Fälle  verliefen  letal;  im  ersten  trat  der  Tod  nach  8  Tagen, 
im  zweiten  schon  am  zweiten  Tage  der  Behandlung  ein« 

Bessere  Rt^sultate  werden  dem  Tiszon tischen  Antitoxin  nach- 
gesagt, das  Tizzoni  in  Gemeinschaft  mit  Cattani  aus  dem  Seriim 
der  gegen  Tetanus  immunen  Hunde  dargeötellt  hat.  So  will  Gas ati 
(Centralbl.  f,  Bact  Bd.  12,  H.  2)  damit  in  einem  Falle  eine  Heilung 
erzielt  haben.  Es  handelte  sich  um  eine  junge  kräftige  Frau,  die 
sich  bei  einer  Fuss Verletzung  einen  Tetanus  traumaticus  zugezogen 
hatte.  Unter  der  Äutitoxinhehandlung  milderten  sich  ^ie  Krampf- 
eraeheinungen  und  schwanden  schliesslich  gänzlich.  Die  Natur  und 
die  Eigenschaften  des  Antitoxins  haben  Tiazoni  und  Cattani 
(Centralbl.  f.  Bact  Bd.  11.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  18) 
noch  weiter  zu  ergründen  gesucht  und  unter  Anderem  ermittelt,  das» 
Tbiere,  die  damit  immoniairt  wurden,  ihren  Nathkommen  einen 
missigen  Grad  von  Immunität  gegen  diese  Krankheit  überliefern 
können. 

Toxische  Eigenschaften  spricht  dem  Blutserum  von  Tetanus- 
kranken    Stern    (Deutsche    med.  Wochenschr.   Nr.  12)   auf   OruO' 


358 


Frejhan. 


Bein  er  Expericnente  zu^  während  sie  KalliQQyer  (DeutBche  med, 
Wochensclir.  Nr.  4)  beetreitet.  Bruschattioi  (Deutscli©  med. 
Wochenachr.  Nr.  16)  oimmt  dieaelben  auch  für  den  Harn  an  und 
will  aus  der  Toxicität  des  Haros  prognostisebe  und  diagnostische 
Merkmale  für  die  Krankheit  ableiten. 

Zum  Schiuss  möcliten  wir  noch  hervorheben^  dass  die  Angaben 
von  Vaillard,  Vincent  und  Eouget  (AnD,  de  I*inst.  Paat.),  nach 
denen  der  specifiöcbe  Erreger  des  Tetanus,  falla  er  von  den  ihm  an- 
haftenden ToxiDen  befreit  wird,  im  Thierkörper  nicht  Tetanus  zu 
erzeugen  vermag,  sich  bei  einer  Nachuntersuchung  von  Sanchez- 
Toledo  (Le  Mercr.  m^d,)  ala  falsch  herausgestellt  haben. 

Die  Identität  des  Kopftetanua  mit  dem  gewöhnlichen  Tetanus 
hat  Nicolai  er  (Virchow 's  Archiv  Bd,  128)  erwieseo,  indem  er  mit 
einer  geringen  Quantität  Eiter^  welcher  der  Wunde  eines  mit  Kopf- 
tetanua behafteten  Knaben  entatammte,  typischen  Tetanas  bei  Thieren 
hervorrief. 

Erysipel  Das  von  T  e  s  s  l  e  r  therapeutisch  warm  empfohlene 
Ichthyol  hat  sich  der  Anerkennung  immer  grösserer  Kreise  zu 
erfreuen.  Klein  (Berl.  klie,  Woehenschr.  Nr*  39),  der  diea  Mittel  in 
einer  Reihe  von  FtiÜen  angewandt  hat,  will  eine  wesentliche  Ab- 
kürzung des  Krankheitsprocesaes  dadurch  erhielt  haben.  Auch 
Sachs  (Therap,  Monatsh,^  Dec.  1891),  der  es  ala  Co! lodium- Ichthyol 
applicirt,  sagt  ihm  besondere  Vorzüge  nach. 

K  r  0  e  U  (Therap.  Monat sh. ,  Februar)  empfiehlt  als  die  beste 
Methode,  um  das  Weiterachreiten  der  Krankheit  gu  hindern,  an  der 
Grenze  dea  Erysipels  eine  elastische  Gummibinde  anzulegen. 
Nach  unseren  Erfahrungen  müssen  wir  indessen  sagen,  dass  mecha- 
nische Hinderniafle,  ob  sie  in  Gummibinden  oder  Ool  lodium  streifen 
bestehen^  es  nicht  vermögen,  den  Proceas  zum  Still  stand  zu  bringen.  — 
Terpentin  findet  in  W i n c k  1  e r  (Therap.  Monatah. ,  Mai)  einen 
enthusiastischen  Lohredner* 

Gelenkrheumatismus.  Waibel  (Münch.  med.  Woehenschr. 
Nr,  5)  hat  an  121  Fällen  die  allgemeinen  und  individuellen  Verhält- 
nisse etudirt,  welche  der  Entstehung  des  Gelenkrheumatismus  förder- 
lich sind.  Aus  seinen  Erhebungen  geht  hervor,  dass  gerade  die  für 
Erkältung  aprechenden  Momente,  die  biaher  als  ätiologische  Haupt- 
factoren  angesehen  wurden,  auf  das  Zustandekommen  der  Elrankheit 
den  allergeringsten  EinBuss  ausüben. 

Bei  der  grossen  Seltenheit,  mit  der  die  Nieren  bei  unserer 
Krankheit  in  Mitleidenscbaft  gezogen  werden,  dürfte  ein  von  Dupont 


m 


iDfecHondkrankheiteD. 


359 


(Arch<  m6d.  he\g.^  Febraar)  loi  iget  heil  ter  Fall  von  Interesse  sein. 
Bei  einem  kräftigen,  an  Polyarthritis  leidenden  Manne  trat  eine  echte 
hämorrhagisohe  Nephritis  auf,  die  nach  Swöchiger  Dauer  mit 
TÖlliger  Genesung  endete,  ßemerkenswertb  ist  dabei,  dass  die  Salicyl* 
behandlQDgp  welche  sonst  bei  renalen  Affectionen  als  contraindicirt 
gilt,  von  dem  Patienten  nicht  bloss  ohne  Schaden  vertragen  wurde, 
sondern  die  Heilung  direct  befordert  haben  soll. 


Influenza*  Obwohl  die  Inäuenzalitteratur  gegen  das  Vorjahr  an 
Umfang  erheblich  abgenommen  hat,  ist  doch  die  Zahl  der  erschienenen 
Schriften  noch  so  gross,  dass  wir  uns  beztiglicb  der  casuistischen 
Mittbeilungen  ebenso  wie  im  Vorjahre  auf  eine  kurze  Bibliographie 
beschränken  müssen,  während  die  zusammenfassenden  Arbeiten  und 
die  für  den  Practiker  wichtigsten  Beobachtungen  eine  genauere  Be- 
sprechting  erfahren  sollen.  Eine  grössere  Anzahl  von  im  letzten 
Berichtsjahr  erst  spät  erschienenen  and  darum  nicht  mitreferirten 
Arbeiten  tragen  wir  diesmal  nach. 

In  erster  Reibe  ist  das  umfassende,  von  dem  Berliner  Verein 
für  innere  Med icin  ins  Leben  gerufene  Sammelwerk  zu  erwäbnen. 
Das  prächtig  ausgestattete  Buch,  unter  der  Mitarbeiterschaft  der 
bewährtesten  Forscher  von  L  e  y  d  e  n  und  S,  Guttmann  heraas* 
gegeben,  enthält  in  einzelnen  Kapiteln  den  Glang  der  Epidemien  von 
1889  90  nnd  1891/92,  die  Pathologie,  die  Symptomatologie  in  zahl- 
reichen Einzelabtheilungen,  die  Oomplicationen  nnd  Nachkrankheiten» 
Zu  dem  Werk  hat  eine  grosse  Anzahl  deutscher  Aerzte  den  Stoff 
geliefert ;  durch  diese  originelle  Art  der  Bearbeitung  ist  die  Influenza 
flo  erachöpfend  in  allen  ihren  Einzelheiten  gezeichnet,  wie  das  sonst 
bei  kaum  einer  andern  Krankheit  geschehen  ist.  Eine  werthvolle 
Beigabe  sind  die  kartographischen  Beitagen,  die  in  mustergültiger 
Weise  von  Stricker  und  Lenhartz  angefertigt  sind.  Das  Karten- 
material umfasst  1)  eine  Uebersichtskarte  der  Influenza  über  alle 
Länder  der  Welt  fiir  die  Jahre  1889  und  1890;  2)  die  geographische 
Darstellung  der  Zeiträume,  innerhalb  deren  die  Epidemie  in  den 
betrefifenden  Ländern  herrschte.  Endlich  sind  noch  22  graphische 
Darstellungen  angefügt,  welche  die  Oomplicationen  innerhalb  Deutsch- 
lands anschaulieb  machen* 

Von  der  vortrefflichen  A 1 1 h  a  u  stachen  Monographie  {Influenza 
1892)  liegt  bereits  die  zweite  Auflage  vor.  Eine  Neubearbeitung 
!  hat  der  bacteriologische  Theil  erfahren  j  in  dem  diesbezüglichen 
Kapitel  werden  die  weiter  unten  zu  besprechenden  neueren  Unter- 
suchungen kritisch  beleuchtet.     In  Anknüpfung  an  K  1  e  m  p  e  r  e  r*s 


360 


Frey  ho 


Studien  über  Pneüinonie  yermüthet  AU  haus  auch  für  die  lüfluenza 
das  Vorhandenöeiü  eines  giftigen  Stoffes,  „des  Orippotoxioa^,  das 
den  Fiebererßcheinuiigen  zu  Graüde  liegen  soll;  allraälilich  entwickele 
sich  dann  das  Antigrippotoxin,  welches  das  ursprüngliche  Gift  mehr 
oder  weniger  neutralisire.  Durch  eine  chronische  Infection  mit  dem 
Gifte  erklärt  er  manche  unklaren,  ohne  Fieber  einhergehenden  Stö- 
rungen, welche  gerade  bei  Inäueuzaepidemien  zu  beobachten  sind» 

Die  Monographie  Rippe rger's  (München  1892)  ist  ausgezeichnet 
durch  eine  vorzügücho  historische  Schilderung  der  Krankheit  und 
durch  eine  gute  Beaibeitung  der  Epidemiologie  und  Aetiologie. 
Klinisch  unterscheidet  er  drei  Hauptformen,  die  nervöse,  katar- 
rhalische und  gaatrointestioale  Form.  Unter  den  Com  plica Honen  und 
Folgezuständen  führt  er  als  hauptaäcblichste  auf:  Erkrankungen  des 
Ccntraluervensystems,  der  ReBpirations-  und  Verdauungäorgane. 

Weitere  erschöpfende  Darstellungen  der  Krankheit  sind  enthalten 
in  der  von  der  Hufeland'schen  Gesellschaft  preisgekrönten  Schrift 
von  Ruhem&nn  (Leipzig,  O.  Thieme)  und  in  der  Monographie  von 
Wolff  (Stuttgart,  Enke). 

Renvers  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  51,  1891)  hat  den 
ersten  Wiedererkrankungsfall  von  Influenza  im  October  1891  beob- 
achtet Er  macht  besonders  darauf  aufmerksam,  dass  die  Signatur 
der  zweiten  Epidemie  im  Gegensatz  zu  der  ersten  in  einer  auffalligen 
Schwere  der  nervösen  Erscheinungen  bestanden  habe. 

Der  wichtigste  Fortschritt  ist  auf  dem  Gebiete  der  Aetiologie 
zu  verzeichnen*  Nachdem  echon  Teissier  nnd  Frenkel  im  Vor- 
jahre (Lyon.  med.  Nr.  8,  1891)  im  Urin  und  Blut  von  Grippe- 
kranken speciiieche  Kokken  gefunden  haben  wollten,  hat  jetzt 
K.Pfeiffer  (Deutsche  med^  Wochenschr.  Nr.  2)  im  Bronchialsecret 
constant  Stäbchen  beobachtet^  die  in  ihrem  Auftreten  an  den  Verlauf 
der  Krankheit  gebunden  waren  und  bei  anderen  Respirationserkran- 
kungen  regelmässig  vt-rniisst  wurden*  Dieselben  Stäbchen  hat  Canon 
(Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr,  2)  im  Blute  von  Influenzakranken 
gefunden,  Eine  Reinzüchtnng  dieser  Bacterien,  die  er  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  3)  erfolgreich  durchgeführt  haben  will,  scheint 
ihm,  nach  der  Pfeiffer'öchen  (Deutsche  med,  Wachen  sehr.  Nr.  21) 
Entgegnung  zu  urtheilen,  nicht  gelungen  zu  sein;  hingegen  ist 
Kitasato  (Deutsehe  med.  Wochenschr,  Nr.  3)  glücklicher  gewesen 
und  hat  eine  wirkliche  Bei d Züchtung  erzielt.  Auf  die  Prioritäts- 
ansprü^cbe  von  Babes  (Deutsche  med*  Wochenschr.  Nr.  6)  und 
Bar  egg  i  (üaz.  med.  lomb»  Nr.  16)  können  wir  an  dieser  Stelle 
nicht  näher  eingehen. 


I 


In  I^tiombnink  helfen. 


361 


Im  Einklang  mit  diesen  bacteriobgiächen  Befanden  stehen  die 
Thatsachan,  die  für  eine  Contagiosität  der  Krankheit  Bprechen. 
Seitz  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  51,  1891)  hat  auf  verschie- 
denen Höhepunkteo  der  Schweiz  Nachirage  gehalten  und  eruirt,  dais 
in  verschiedenen  Ortschaften  Erkrankangen  erst  dann  vorkamen,  aie 
Fremde  die  Krankheit  aus  bereits  verseuchten  Dorfern  einschJeiipten, 
Bergwächter,  die  ins  Thal  gingen  und  dort  Kranke  besuchten,  er* 
krankten  selbst  oder  überpflanzten  die  Krankheit  auf  die  in  den 
Bergen  ZnrückgebHebenen.  Auch  Bäumler  (Ueber  die  Influenza 
von  1880  und  1890)  ist  der  Ansicht,  dass  der  menschHche  Verkehr 
den  wesentlichsten  Factor  für  die  Verbreitung  der  Seuche  darstellt; 
er  fährt  dafür  ins  Feld,  dass  man  locale  Epidemien  auf  Zugereiste 
bezieben  konnte  ^  dass  separirte  Gebirgsorte  ganz  verschont  blieben^ 
und  dass  endlich  die  Geschwindigkeit,  mit  der  die  Krankheit  den 
Erdball  umkreiste,  keine  grösaere  war  als  die  der  Schnellzüge  und 
Oceandampfer.  Endlich  spricht  sich  auch  Mucha  (Berliner  klin. 
Wochenschr.  Nr.  26)  in  demselben  Sinne  aus;  er  hat  eine  Epidemie 
in  der  Provinzialirrenanstalt  zu  Göttingen  beobachtet  und  erklärt 
dafl  seitliche  Missverhältniss  in  dem  Auftreten  der  Krackheit  in  der 
Stadt  und  in  der  Anstalt  nar  vereinbar  mit  der  Annahme  einer  con- 
tagiösen  Weiterverbrettung. 

Was  die  Klinik  unserer  Äffection  anlangt,  so  ist  es  mehr  und 
mehr  offenbar  geworden,  dass  die  Influenza  keine  harmlose  Krank- 
heit darstellt,  sondern  dass  der  Verlauf  derselben  sich  durch  wahllose 
und  zum  Theil  recht  schwere  Complicationen  sehr  unheilvoll  ge- 
Btalten  kann.  Von  besonders  interessenten  und  nngewöhnHchen  Com- 
plicationen heben  wir  fünf  Fälle  von  Bri stowe  (Brit  Journ.»  Juli) 
hervor,  bei  denen  sich  im  Gefolge  der  Influenza  Hirnabscesse 
entwickelten;  indessen  steht  die  Influenza  anamnestisch  nicht  bei  allen 
vollkommen  sicher.  Ferner  eine  eiterige  Conjunctivitis,  die 
Oasati  (II  Raccogl  med,,  August)  in  einer  Reibe  von  Fällen  beob- 
achtet bat,  und  die  mit  LidBchweltung,  Lichtscheu,  profuser  Eiterung 
und  gleichzeitigen  lebhaften  Schmerzen  und  Fieber  einherging.  Der 
Ausgang  war  meist  em  guter;  nyr  in  vereiosselten  Fällen,  bei  denen 
zur  Ulceratton  der  Cornea  gekommen  war,  blieben  dauerEide  Trü- 
'  bangen  zurück.  Nicht  weniger  selten  ist  eine  Complication  durch 
Leberabscesse,  die  Krannhals  aus  Riga  beschrieben  hat. 
Bouchard  (Gaz.  des  hdp.  Nr.  149^  1891)  theilt  eine  Melliturie 
mity  die  sich  an  eine  Influenza  anschloas;  Schild  (Inaug.-Diss.  Er- 
langen) zwei  Complicationen  mit  hämorrhagischer  Nephritis, 
daneben  eine  Reihe  von  völlig  fleberlos  verlaufenden  Fällen  aas  der 


362 


Freyhan. 


Erlanger  Klitkik,     Die  Häufigkeit   von  Ohrer kr&nkuDgeo  nach 

Influenza  bestätigt  aufs  Keue  Sc  holze  (Deut  sehe  militärärztl. 
Zeitschr-  Nr.  12,  1891),  der  unter  129  Fällen  lOmal  Ohrafiectionen 
sah;  die  Erkrankung  war  in  allen  Fällen  eine  gutartige. 

Nach  Fucha  (Pest.  nied*-chir.  Presse  Nr.  1)  sind  in  der  diesjähri- 
gen  Epidemie  im  Gegensatz  zur  vorjährigen  Kinder  recht  häufig 
befallen.  Das  Fieber  erreicht  bei  ihnen  nur  eine  massige  Höhe  und 
iat  mauchmal  mit  Cerebralerscheinuogen  verbunden;  Exantheme  sind 
häufige  Vorkommnisse,  Als  Termioaierscbeinung  pflegt  sich  ein 
quälender  Husten  einzustellen }  noch  lange  Zeit  nachher  sind  die 
kleinen  Patienten  matt  und  biniallig. 

Ried  er  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr,  29)  hat  gefunden,  dass 
bei  uncomplieirter  Influenza  keine  Leukocytose  auftritt^  auch 
nicht,  wenn  die  Krankheit  mit  einer  hoch  fieberhaften  Temperatur  ver- 
läuft; eher  kann  man  eine  Verminderung  der  weissen  Blutkörperchen 
constatiren.  Ebensowenig  fand  sieh  eine  Leukocytose  bei  der  Gom- 
plication  mit  einer  katarrhalischen  Pneumonie^  wohl  aber  bestand  sie 
dann,  wenn  sich  croupöse  Herde  in  den  Lungen  etablirt  hatten. 
Ganz  besonders  findet  sie  sich  aber  bei  reiner  croopöaer  Pneumonie; 
hier  so  regelmässig,  dasa  Ried  er  in  ihr  ein  werthvolles  diagnosti- 
sches Moment  erblickt,  um  in  zweifelhaften  Fällen  den  entscheidenden 
Ausschlag  zu  geben* 

Wir  können  den  klinischen  Theil  nicht  verlassen,  ohne  der  zum 
Theil  recht  hochgradigen  Störungen  des  Oentralnervensystems 
zu  gedenken,  auf  die  erst  in  der  neuesten  Zeit  das  allgemeine  Inter- 
esse gelenkt  worden  ist.  Wir  haben  dabei  weniger  Psychosen  nnd 
Neurosen  im  Auge,  deren  Zustandekommen,  m'ie  Kirn  (Samml.  klin, 
Vortr,  Nr*  23)  ausführlich  erörtert,  man  ohne  vorherige  Prädisposition 
sich  nicht  recht  denken  kann,  sondern  wohlcharakterisirte  organische 
Erkrankungen,  Der  erste,  der  die  Zusammengehörigkeit  derartiger 
Affectionen  mit  der  iDÖueuza  erkannte,  ist  Leichtenstern  (Deutsche 
med.  Wochenschr,  1891,  Nr.  23).  Unter  dem  Namen  der  Influenza- 
apoplexie beschreibt  er  ein  Krankheitsbild,  das  durch  den  Eintritt 
von  Lähmungen  auf  der  Höhe  oder  im  unmittelbaren  Anschluss  an 
die  Orundkrankheit  ausgezeichnet  ist.  Er  Htellt  drei  hierher  gehörige 
Fälle  zuäammen;  nur  einer  kam  zur  Section.  Klinisch  bestanden 
Erbrechen,  Nackenstarre,  Bewusstlosigkeit  und  Fieber;  anatomisch 
fanden  sich  neben  einer  uii  bedeutenden  hämorrh&giachen  Pachymeniu- 
gitis  hämorrhagische  Infiltrate  der  Leptomeningen  im  Bereich  der 
Convexität  mit  Streifen  eiterigen  Exsudats  läng.s  einzelner  Gefässe; 
die  Hirnrinde  war  Btellenweiae  hämorrhagisch  iofiltrirt.   Eine  genauere 


I 


I 


I 


Infectioneikraii  ktieiten. 


363 


und  gründLiche  klmische  und  anatomiache  Bea chreibung  dieser  eigen- 
artigen  ^Flohstichencephalitis**  stammt  von  Für  bringer  (Deutsche 
med-  Wochenschr,  Nr.  3),  der  sie  in  zwei  tödtlich  verlaufenden 
Fällen  beobachtete*  Beide  betrafen  blühende,  gesunde  Individuen; 
bei  beiden  war  eine  eben  durchgemachte  Influenza  nachweiabar;  nach 
Ablauf  des  Acmeetadiums  stellten  sich  schwere  cerebrale  Symptome 
ein,  Benommenheit,  Delirien,  Nackenstarre  und  Pupillendifferenz;  der 
Exitus  erfolgte  in  überraschend  kurzer  Zeit,  Beide  Male  fand  sich 
eine  hämorrhagische  Encephalitis  von  ganz  ungewohnlicber  In-  und 
Extensität^  fast  das  ganze  Gebiet  der  grossen  Oentralgangüen  war 
weicher  als  normal,  theila  diffus,  theila  gelblich  gefleckt  und  von 
xahlreichen,  strich-  und  punktförmigen  BltituDgen  durchsetzt.  Kleine 
Herde  bestanden  im  Bereiche  der  Hiroscbenkel  und  Kleinhirnhemi- 
sphären. In  vier  anderen  Fällen^  in  denen  ebenfalls  eine  Influenaa 
anamnestisch  sicherstand,  entwickelten  sich  exquisit  meningitische 
Erschein un gen ,  die  zweimal  zur  Heilung,  zweimal  zum  tödtlichen 
'Ausgang  führten.  Bei  der  Sectioo  fanden  sieb  die  Hirnhäute  eiterig 
liniiltrirt;  längs  der  Gefässe  zogen  dicke  Eiterstrassen  hin. 

In  dieselbe  Kategorie   gehört  die   Beobachtung   Königsdorfs 
[(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr,  9),     Ein  junges  kräftiges  Mädchen 
ferkrankte  mit  allgemeinen  Beschwerden ;   am  vierten  Tage  der  Er- 
krankung tritt  plötzlich  Bewusstlosigkeit  auf^   aus  der  die  Patientin 
^mcht    mehr   aufwacht     Trotz   das   Comas    ist    eine   immer   stärker 
rerdende  Hemiplegie  zu  constatiren.   Der  ganze  Verlauf  war  stürmisch 
und  ähnelte  am  meisten  dem  einer  Gehirnhämorrhagie.    Auch  hier 
»teilte  die  Section  eine  acute  hämorrhagische  Encephalitis  fest^  deren 
Bild    ganss    dem   von    Fürbringer    gezeichneten    entaprach.     Den 
sichersten  Beweis  für   die  Abhängigkeit  der  beschriebenen  Erkran- 
kung von  der  Influenza  glaubt  Pfuhl  (Berl,  kliu*  Wochenschr.  Nr.  39 
u.  40)  erbracht  zu  haben.    Er  fand  nämlich  im  Centralnervensystem 
Ltou  Influenza  kranken   feinste  Bacterien,   die   sich  in   ihrem   mikro- 
rBkopischen  und  culturellen  Verhalten  vollkommen  identisch  mit  den 
Pfeiffer'schen  Bacillen  erwiesen. 

Aehnliche  Erkrankungen  wie  im  Gehirn  sind  auch  im  Eücken- 
mark  beobachtet  worden.    So  berichtet  Determann  (Deutsche  Zeit- 
tichriilt  f.  Nervenheilk,  Dscember  1B91)   Über  eine  Frau,   die  wenige 
iTage  nach  abgelaufener  Influenza  plötzlich  schwere  nervöse  Störungen 
web   dem  Typus  der  Brown- S^quard'schen  Halbseitenläsion  dar* 
bot.    Als  anatomische   Grundlage   der   Affection   vermuthet  Deter- 
mann im  Hinblick  auf  die  hämorrhagische  Disposition  der  Influenza 
[ftberbaupt  capillare  Blutungen   in  der  einen  Riickenmarkshälfte.     In 


364 


FreybaF». 


einem  anderen  Falle  ßtellle  öich  eine  Parese  beider  unteren  Extretni* 
täten  mit  erhöhteu  SehnenrefleiEen  ein,  die  später  von  bedeutenden 
SenBibilitätsatöruDgen  im  Bereich  der  Beine  nnd  des  Rumpfes  bis 
aur  sechsten  Rippe  herauf  gefolgt  waren-  beide  Fälle  endeten  in 
Genesung, 

Eulen  bürg  (Dentache  med.  Wochenschr.  Nr.  38)  fand  gleich- 
falls  den  Symptomen  comp  lex  einer  Halbseitenläsion  im  Niveau  des 
untersten  Cervical-  und  oberen  Dorsalsegments  bei  einer  Influenza- 
kranken*  Die  Diagnose  stützte  sieh  einmal  auf  die  in  den  typischen 
Zögen  ausgeprägte  Brown-  S  ^q^uar  d'scbe  Lähmung  des  Unterkörpers 
nnd  die  Betbeiligung  des  linken  Armes,  dann  auf  die  Differenz  der 
Pupillen  in  Verbindung  mit  einer  verschied enseitjgen  vasomotorisch- 
thermischen  Innervation  beider  öesichtshälften.  Die  Motilitäts- 
Btörungen  des  rechten  Beines  und  die  Sensibilitätsstörungen  der 
linken  Körperhälfte  besserten  sich  langsamj  während  die  atrophische 
Parese  am  linken  Arm  stabil  blieb. 

AehnJich  wie  bei  diesen  Fällen  dürfte  sich  bei  einem  Fall  von 
Liögeois  (Progr.  möd.  Kr.  12)  der  aoalomische  Yorgang  abgespielt 
haben;  hier  trat  einige  Tage  nach  Ablauf  der  Influenza  eiue  Para- 
parese  der  Beine  verbunden  mit  ürinstörungen  auf. 

Therapeutisch  sind  so  gut  wie  gar  keine  Fortschritte  zu  ver- 
zeichnen. Im  Ganzen  bind  »ich  die  Autoren  darüber  einig,  dass  die 
Behandlung  eine  rein  symptomatiscbe  sein  soll;  vielfach  werden  noch 
Äntipyretica  als  besonders  geeignet  empfohlen. 

Litteraturverzeichniss,  Jahrgang  1891*  Ayock,  Boston 
Journ.,  Sept.  (Geisteskrankheiten  im  Gefolge  von  Influenza.)  Bitter- 
iiß,  Gaz.  des  hop,  Nr.  2ö»  (Klinische  Bemerkungen.)  Briand,  Gaz, 
des  höp.  Nr.  144.  (Bericht  über  die  Epidemie  in  Augers.)  Cantly^ 
Brit.  med.  Journ.,  August.  (Beriebt  über  die  lS89er  Epidemie  in  Hong- 
kong.) Crerar,  Lancet^  December.  (Tberapeutische  Notizen.)  Fräser, 
Lancet,  Juli.  (InÖnenza  mit  acuter  Nephritis).  Guggenheim,  Inaug,- 
Diss,  Wtirzburg.  (BeobachtuEgen  über  132  Fälle,)  G  wynne^  Lancet^ 
Juli.  (Beobachtungen  über  100  Fälle.)  Laurent,  Kevue  d'hygiöne, 
(Propbylactische  Massnahmen,)  Leeson,  Laucet,  December,  (Ver- 
wirft die  leolirnng  der  Influenzapatienten.)  Law,  Lancet,  December, 
(Scbiffsepidemie.)  Mar  rotte,  Bull,  de  FAcad.  Nr.  24.  (Empfiehlt 
Salmiakdämpfe  tberapen tisch.)  Petersen,  Inaug.-Disa.  Würzburg. 
(4  Fälle  von  Empyem  nach  Influenza.)  Prenties»  Med.  News, 
August  (Oompiication  mit  Apoplexie  und  Meningitis.)  Eailton, 
Lancet,    December.     (Hysterie    und    Influenza.)     Ren  du,    L'union 


I 


I 
I 


InreetJoDskrankhelten. 


mMic.  (Klinik  der  Grippe.)  Bosenberg,  Inaug.-Di&s,  Würzbur|j^* 
(Morbus  Basedowii  und  [ofluensa.)  Teissier,  Die  Influenza  id 
Bnssland.  (Monographie«)  Tholozan,  ßulL  de  TAcad.  Nr.  34,  (Epi- 
demie in  Porsten.)  Weiss,  Inaug^-Diss.  GottingeD.  (Oiirerkrankungen 
bei  Inflaensa.)  Weynerowski,  Inaug^-Disa.  Greifs wald.  (Psychosen 
nach  Inflaensa,) 

Jahrgang  1892.  AlthauS|  Amer*  Journ.  of  tbe  med.  sciences, 
ApriL  (Psychosen  nach  Influenza*)  Bergh,  NorskMag.  for  Lägevid., 
Januar.  (3  Fälle  von  complicirender  Parotitis.)  Cornil  und  Ohante- 
messe,  Ball,  de  TAcad.  Nr.  6.  (ßacteriologischeä.)  Cartiu  und 
Watson,  Therap.  Ga».  (Epidemie  von  1891/92.)  Felkin^  Edinb. 
med.  Jonrn,,  Februar,  (Hält  die  loflaenza  für  identisch  mit  dem  Dengue- 
fieber.)  Grenier,  Arch.  g^o.  de  iu6d,,  September.  (Die  Influenza 
rief  in  6  Fällen  ein  Malariarecidiv  hervor.)  Hughers,  Med,  Fort- 
nightly  Nr.  5.  (Die  neurotische  Influenza.)  Lerebouiliet,  Gaz, 
hebd.  Nr.  6.  (Therapeutische  und  prophylactische  Bemerkungen.) 
Mena,  Lyon  1892.  (Hebt  die  Häufigkeit  der  nervösen  Complicationen 
hervor*)  Le  Nobel,  Centralbl.  f.  klin.  Med.  Nr.  32,  f Langdauerndes 
Schluchzen  bei  Influenza.)  Olli  vier,  Bull,  de  l'Acad.  Nr.  5.  (Prophy- 
laxe.) PfuhU  Oentralbl.  f.  Bact,  u.  Paras.  Bd.  11,  Nr.  13,  (Bacterio- 
logtsches.)  Po  IIa  k,  Wiener  med,  Wochen  sehr.  Nr.  5  u.  6r  (Klinische 
Bemerkungen.)  Pronst^  Bull,  de  TAcad.  Nr.  15,  (Bericht  über  die 
Epidemie  von  1889(90  in  Frankreich,)  Sisley,  Longmans  edit.  (Epi- 
demie in  London.)  v,  Voss,  Monatsbl  f.  offen tl.  Gesundheitspfl. 
(Epidemie  in  Braunschweig/)  Waugh,  Times  and  Reg,  Nr.  3  (All- 
gemeine Bemerkungen),  Sali  a -Cohen,  New  York  med.  Journ. 
MArz,  (Specielle  Symptomatologie  der  oberen  Luftwege  bei  Influenza.) 


i«il  Jibhr«4i  «ilVi^i  d^HlUfi  wird  «ftl  ift  dkaan  Jikrteeh  regel- 
mÜMig  m  thriMk  ibttti^  PkttMi  kttriiliiit  »trtia  iil^  laiakt  Bumm 
ftn  (It^r  Hhiiü  UfMT  biili^r  iNifliiKiwiM  teümologja^att  nnd  klini- 
iiolitiii  Ht  «ulUt^  tu  tM^rtom  vmA  «JK»  WiKtaii|wtdbi^  vtUo  swUdieii 
don  ErgoUiumi^i  tler  Ihtoralioofcitt  Dniinmf ifcnim^  wad  dir  pwctJechePi 
kliiiim'kKiu  Krtuhruikg  b«0l«bia,  »i  lilma^  Kr  kMMül  tu  folgjander  An. 
mitinuuiig:  Norm«l«a  Scheid^uMcr«!  «itkAll  kmam  pfttbogmeii  Keime, 
eM  HolitUet  vK^lmehr  i^recH  gifW  dM  AMJidlui^  aolcfa^*  Besondere 
Mftii«iiahm<  u  (intrii  ^rtam)  g<e^ea  dieMS  Smc«!  nad  deshalb  nicht 
ungiMtoigt  Bei  eiteiig«r  Secretbeächaffuüiieit  (in  ca.  4Ck^5O^0  der 
Falb)  Mbd  Kokk0»roniieii  nachsewifea«n|  veldie  mit  den  InfectioDs- 
trägem  der  ueiieablicheu  Sepsis  idtaliaoli  sind*  Gerade  diejenige 
Pikform  aber,  welche  wir  regelmiSdig  bei  der  paerperalen  Sepsis 
aiUr66ft>u  —  der  Streptoooocus  — ,  ist  im  eiterigen  Secret  nur  ver- 
einzelt gefunden  worden.  Die  pathogenen  Kokkenformen  der  Scheide 
sind  nicht  im  Zustande  der  Vinilenz.  Dass  diese  Pilze  bei  nor« 
malem  Gebtirte verlaufe  virulent  und  damit  schädlich  werden  kön- 
nen,  und  deshalb  ihre  Aubschaltung  durch  die  innere  Desinfection 
Nuixen  stiftet,  ist  durch  die  kliinsobe  BeobachtuDg  bis  jetzt  nicht 
bewiesen,  ja  nicht  einmal  wahrscheinlich  gemacht  worden.  Die 
1*  ü  u  1  Q  i  a  8  keime,     welche    sweifeUos    im    Scheidensecrete    vieler 


3 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


367 


Sehwangeren  vorkommen,  könneD  Fieber  hervorrufen,  weDii  eie  bei 
operativen  Eingriffen  ins  Cavum  uteri  eingeschleppt  werden  und  zvl 
einer  Zersetzung  der  Uterus! ocbien  führen.  Die  so  erzeugte  putrid© 
Endometritis  kann  möglicherweise  zum  fauligen  Zerfall  der  Thrombeii 
an  der  Piacent  Erstelle  und  damit  zu  flchweren  Formen  der  Allge- 
metninfection  führen.  Demnach  dürfte  die  Desinfection  der  Scheide 
vor  intrauterinen  Eingriffen  eine  wohlbe^ründete  Masaregel  sein. 
Weiterhin  ist  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  dasg  bei  langer  Geburts- 
dauer,  häufigem  Untersuchen  und  bei  operativen  Eingriffen  auch  die 
Gefahr  dtjr  äusseren  Infection  ausserordentlich  gesteigert  wird  (Cen- 
tralblatt  t  Gyn.  Nr.  9), 

Hermann  veröffentlicht  im  Centralbkfct  f.  Gyn.  Nr.  11  einen 
vierten  Bericht  über  200  Gehurten  ohne  innere  Desinfection  (cf. 
dieses  Jahrbuch  1891  u.  1892).  In  keinem  einzigen  Falle,  auch  vor 
operativen  Eingriffen  nicht,  wurde  irgend  eine  vaginale  Desinfection 
vor,  während  oder  nach  der  Geburt  vorgenommen,  sondern  lediglich 
die  peinlichste  subjective  Antisepsis  und  Reinigung  der  Kreissenden 
und  der  äasseren  Genitalien  geübt.  Unter  den  20(J  Fällen  kam 
1  Todesfall  sofort  nach  der  Geburt  an  Ruptura  uteri  bei  Ftacenta 
praevia  und  Hydraranion  vor.  Von  complicirten  Gehurten  kamen  vor: 
Smal  Gesichslage,  5mat  Beckenendlage,  5mal  Wendung  bei  Querlage, 
2mal  centrale  Placenta  praevia,  1  PerforatioB  mit  Oranioklasia,  2mai 
Zange,  3mal  todtfaule  Früchte^  1  Placentarlösung,  Imal  Entfernen 
der  Eihäute,  4mal  Zwillinge,  Imal  Nabelschnur  vorfalle  3mal  kunst- 
liehe Frühgebort,  Imal  künstliche  Erregung  der  Gebtirt  hei 
Hydramnion,  Unter  diesen  200  Gehurten  kam  kein  Todesfall  an 
löfection  und  kein  einziger  Fall  einer  schweren  Erkrankung  vor. 
In  Summa  beobachtete  M  e  r  m  a  n  n  bei  seinem  jetzigen  Verfahren 
700  Geburten  ohne  Infectionstode^falU  Die  Morbidität  betreg  B%f 
jede,  auch  aussergenitale  Erkrankung,  welche  eine  Temperatur- 
erhöhung über  38,0*»  herbeiführte,  mitgerechnet.  Unter  den  letzten 
200  kamen  13  Fälle  von  Temperatursteigerung  vor,  die  betreffenden 
Frauen  verliessen  die  Anstalt  zwischen  dem  10. — 16,  Tage.  Unter 
den  200  Geburten  kamen  2  ganz  leichte  Augenblennorrhoen  vor, 
obwohl  nur  Auswaschungen  der  Äugen  nach  der  Geburt  des  Kopfes 
mit  aasgekochtem  Wasser  vorgenonunen  wurden, 

In  einer  neuen  Veröffentlichung,  Zur  Verhütung  des  Kindbett- 
fiebors  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  13)  treten  auch  Leopold 
imd  Goldberg  von  Neuem  gegen  die  Auswaschungen  der  Scheide 
bm  rdgelmässigen  Geburten  ein.  Sie  heben  den  Unterschied  der 
beiden  Gruppen  von  Wöchnerinnen  hervor,  welche  intra  partum  mit 


368 


Gsenipin. 


ScheidenausBpiüangeß  und  solchen,  welche  ohne  Aasspülungen  be- 
handelt wurden.  Im  ersteren  Falle  betrug  m  gleichem  Zeitraum  von 
2*12  Jahren  der  Procentsatz  der  Genesenden  1,18%  gegenüber 
1,14%,  der  Gestorbenen  0,22 öj^^  gegenüber  0,16%,  Werdeii  nar  die 
Normal  gebären  den  beider  Gruppen  gegenübergestellt,  so  ist  das  Ver- 
hältßiss  der  puerperal  Erkrankten  1,26%  zu  ijßB%^j  von  denen  0,2% 
gegen  0,15%  starben.  Es  fällt  in  dieser  Zahlenreihe  der  Unterschied 
demnach  nicht  sehr  erheblich  au  Gunsten   der  Nichtausspülong  aus. 

M,  Görd  es -Münster  i.  W,  spricht  eich  für  eine  thunliche  Be- 
schränkung der  inneren  und  grösetmdglichste  Verwerthung  der 
äusseren  Untersuchung  Kreisaender  aus,  holt  es  indessen  für  den 
practiachen  Arzt  für  ganz  unmöglich,  oiine  innere  Untersuchung  aus- 
enkommen,  da  in  diesem  Falle  eine  mangelhafte  Uutorsüchung  sich 
für  den  weiteren  Verlauf  schwer  rächen  könne,  z,  B.  durch  den 
Vorfall  der  nicht  cotnprimirten  Nabekchnur,  deren  Diagnose  bei 
lediglich  äusserer  UntersuchuDg  nicht  möglich  sei  (ibid.  Nr.  13). 

P  r  0  m  m  t^  1  -  Erlangen  hat  in  seiner  geburtshülf  liehen  Klinik 
3^}^  J^^i"^  hindurch  die  Krei&senden  derart  behandelt,  daas  nach 
äusserer  Desinfection  mit  Seife,  Wasser  und  Sublimatlosung  ecMiess- 
lieh  auch  die  Scheide  und  der  Cervix  mit  einer  SublimatLösung  von 
1  :2000  mittels  zweier  mit  dem  Mutterrohr  eingeführter  Finger  auB- 
geepült  und  ausgewasrhen  wurde.  Von  559  so  bf>handelten  Kreis- 
senden  starb  1  an  Sepsis,  welche  bereits  fiebernd  in  die  Anstalt 
gekommen  warj  die  Morbidität  schwankte  zwischen  57-^  und  l^j.j^^ 
obwohl  zahlreiche  Kreiesende  60 — ^TOmal  untersucht  werden  mussten. 
In  den  letzten  1  ^^  Jahren  Hess  F  r  o  m  m  e  1  die  Desinfection  der 
Scbeidö  fort  uEd  land  bei  ca.  100  Geburten  keine  schwere  Wochen- 
bettserkrankung,  dagegen  eine  Steigerung  der  Morbidität*  Dann 
aber  starben  innerhalb  eines  halben  Jahreö  3  Wöchnerinnen  an  Sepsis» 
Die  Morbidität  betrug  in  dieser  Zeit  11,1*^,0'  Frommel  ist  infolge 
deeeen  der  Ansicht,  dass  in  einem  geburtsiiülflichen  Institut,  in 
welchem  die  Kreissenden  in  einer  derartigen  Weise  ztim  Unterricht 
au^enütst  werden,  eine  Unterlassung  der  Scheidendesinfection  völlig 
unstatthaft  ist. 


I 


1 


I 


Mit  Dührssen^B  Ausführungen  ober  den  Werth  der  Nar- 
kose in  der  Geburtshülfe  (Berliner  klinische  Wochenschrift 
Nr.  15)  wird  der  Practiker  einverstanden  sein,  Dührasen  em- 
pfiehlt dieselbe  in  diagnostischer  und  iherapeutiscber  Hinsicht.  Zu- 
niichst  wird  die  aufgeregte  Kreissende  etwas  beruhigt^  die  Frequen» 
dör   kindlichen   HersitÖDe  i§t   mit  grösserer  Sicherheit   festziAstellenp 


d 


Gebnrtshülfe  nnd  OyDäkolog-ie. 


B69 


um    einen    etwaigen    therapeiitischee    Eingriff   davon    abhängig    zu 
machen.     Wichtig  ist    die  Narkose   zur   genaueren  Feststellung   bei 
»ehr   empfindlichen  Erstgebärenden,    bei  welchen  zuweilen  der  Ein- 
tritt   des    Kopfes    in    das   Becken    durch    eine    entstandeoe    Kopf* 
get^chwulat   vorgetäuscht    wird;    bei    Hinterscheitelbeinstellung   und 
i  liefern   Qaerstand    ist   die  Vornahme    der  Untersuchung  in  Narkose 
nblich  und  von  grossem  Vortheil,  ebenso  bei  dem  Eingehen  mit  der 
ganzen  Hand  zu  diagnostischen  Zwecken.    Dührssen  empfiehlt  bei 
Lgeburtshölflichen  EtngriflFen,  wie  Wendung,  Placentarlösung,  Abort- 
f  tttsraumungen ,    Reposition   eingekeilter   Tumoren   während   der  Gq- 
bort  ©tc    die  Narkose.     Ebenso   bei  Krampfwehen«     Er   nimmt  die 
^ Karkose  selbst  vor^  bis  sie  eine  tiefe  ist^  und  lässt  von  der  Hebamme 
Ltod  Zeit  zu  Zeit  einige  Tropfen  auf  die  Maske  giessen. 


Ueber  die  Aetiologie  der  Eklampsie  sind  in  dem  Berichts- 
jahf  mehrere  Arbeiten  veröffentlicht  worden,  welche  wir  hier  nur  der 
Vollständigkeit  wegen  erwähnen,  da  die  von  anderer  Seite  vorgenom- 
mene Nachprüfung  die  völlige  Unrichtigkeit  der  Befunde  dargethan  hat. 
80  imnd  Gerd  es -Halle  (Centralbl.  f.  Gyn.  Nr,  20,   Deutsche  medic, 
Wochenschrift  Nr.   2G)    Bacillen   in   der  Leber,    im  Herzen,    in  der 
Lunge,  im  Blut  und  in  der  Placentarstelle  in  zwei  Fällen.    Die  Ba- 
cillen  pflanzten  sich   in  Cuituren  fort  und  tödteten  Mäuse.     Jedoch 
Bt   dieser  Befund   als  ein  vollkommen  falscher  von   Hftgler  in  der 
Pebliüg'schen  Klinik  (Centralbl  f*  Gyn.  N.  51)  und  von  Hofmeier- 
Würzburg  gekennzeichnet  worden.     Es  handelt  sich  bei  den  Unter- 
'  Buchungen   von   Gerd  es   um   Befunde   an   Leichen  14—23  Stunden 
^nach    dem    Tode;    die    gefundenen    Mikroorganismen    sind    fraglos 
Proteus  vulgaris  gewesen. 

Dagegen  erfahren   erfreulicherweise  unsere  Ansichten   über  die 
gonorrhoische  Infection  eine  Förderung  dadurch,  dass  ea  Wert- 
ete im- Wien  gelungen  ist,   den  Gonococcus    ausserhalb    des 
^menschlichen  Körpers  zu  züchten,    Diese  Züchtung  (Deutsche 
med,  Wochenschr.  1891,  Nr.  50)  fand  auf  menschlichem  Blutserum  statt. 
jIHe  ursprünglich  angezweifelten  Befunde  Wertheim*s  wurden  durch 
hdie  Nachprüfung  von  Gebhard- Berlin  (Berl.  klin,  Wochenschr,  Nn  11) 
rl»e0tätigt*     Die  Möglichkeit,  die  Gonokokken  auch  in  solchen  Fällen 
I  durch  Züchtung  nachzuweisen,   in   welchen  sie  mikroskopisch  nicht 
festgestellt  werden  konnten,    ergab   neue  Thatsachen.     Wertbeim 
(Archiv  £,  Gynäk.  Bd,  41  >   H.  1)    züchtete   aus   sieben    Fällen    von 
yPyosalpinx,  welche  zur  Operation  kamen,  aus  dem  Eiter  Gonokokken, 
i  deren  Virulenz  er  dreimal  durch  Harnröhrenimpfung  feststellte.   Die 
Jihrbticb  d.  pract  Mcdicin.    ISdS.  ^ 


370 


Czempin» 


Züchtung  gelaog  ausaerordentlicE  bequem.  Selbst  bei  längerem  Be- 
stehen der  Erkrankung  konnten  noch  virulente  Culturen  geziicbtet 
werden.  Weiterbln  konnte  Wertheim  die  gonorrhoische  Natur 
der  beim  Weibe  nach  gonorrhoischer  Infection  auftretenden  Peritonitis 
beweisen.  Bisher  war  der  von  Bumm  aargestellte  Sats;,  daes  der 
Qonococcuö  nur  in  Cylinder-  und  nicht  in  Plattenepithel  einsBudringen 
vermöge,  und  dassS  bei  tiefergehenden  Entzündungen ^  welche  bei  den 
gonorrhoischen  Erkrankungen  auttreten,  eine  Mi  ach  infection  im  Spiel© 
sei,  als  richtig  anerkannt  worden.  Wert  heim  fand  jedoch  beim 
Tbierversuch,  dass  die  Impfung  der  Bauchhöhle  mit  Gonokokken- 
culturen  echte  adhäsive  Püritonitis  hervoraurufen  im  Stande  ist,  welche 
indet^s  im  Gegensatz  zu  der  durch  Streptokokkeß-  und  Stapbylokokken- 
impfung  hervorgerufenen  Peritonitis  örtlich  begrenzt  beibt  und  zu 
Verwachsungen  führt.  Diese  Ansicht  wird  ja  bekanntlich  durch  den 
klinischen  Verlauf  der  ascendirenden  Gonorrhoe  des  Weibes  be- 
stätigt Aber  auch  bei  der  bacteriologischen  Prüfung  der  um  eiter- 
haltige  Tuben  beündlichen  Exsudatmassen  fand  Wertheim  gono- 
kokkenhaltige  Eiterzellen  in  reichlicher  Zahl.  Wertheim  ist  der 
Aßsioht,  dass  diese  gonorrhoische  peritoneale  {nfection  seltener  durch 
das  Ostium  abdominele  »tattfindetj  als  direct  durch  die  Eileiterwand 
hindurch.  Auch  die  häutigen  nach  Saipingotomien  auftretenden 
friacben  perimetTischen  Exsudate  erklärt  Wert  heim  als  hervor- 
gerufen durch  die  Infection  des  Bauchfells  mit  gonorrboischem  Eiter 
während  der  Operation*  Es  ist  demnach  bewiesen,  dass  der  Gono- 
coccus  nicht  nur  in  Platt eoepithel  einzudringen  vermag^  sondern  dass 
er  auch  im  Bindegewebe  fortschreitet,  also  auch  im  Stande  ist,  ohne 
MiscbiDfection  die  Para-  und  Perimetritis  hervorzurufen*  Auch  in 
zwei  Eälleu  von  Ovarialabacessen  fand  Wert  heim  zahlreiche 
Gonokokken. 


I 
I 
I 


I 


IL  GeblirtslilJlfe. 


1.  ßoliwangerBchaftislörtingeiJ ;  künstiicbe  Frühgeburt. 
E  k  l  a  m  f )  B  L  e. 

W*  Schlager  beleuchtet  an  der  Hand  von  25  K  rank  enges  eh  icbten 
der  Berliner  Universitäta-FJ-auenklinik  die  Complication  der 
Schwangerschaft,  Geburt  und  d  e  s  Wochenbettes  mit 
ohroniscben  Herz  klapp  enfehlern  (Zeitachr.  f.  Geh*  u.  Gyn. 
Bd.  23,  H.  1).  Die  Herzarbeit  ist  während  der  Gravidität  und  Ge- 
burt zwar  vermehrt,  indesa  nicht  durch  Hypertrophie  des  Herzens 
äondern  durch  eine  dem  gesunden  Herzen  eigene  Reservekraft.    So- 


I 


Geb  11  rte hülfe  and  Gynäkologie. 


371 


bald  der  Uterus  entleert  wird^  findet  eine  Blntüberfiilkiig  doa  Lungen- 
kreistaafea  and  des  rechten  Herzeng  statt  (S  p  i  e  g  e  1  b  e  r  g).  Klappen- 
fehler machen  meist  erst  bei  Multiparen  Erscbeinungen,  da  sie  früher 
compensirt  waren  und  erst  bei  eintretender  Herzmaskeldegeneratton 
and  erhöhter  Arbeitsleistung   sich  Insufficienzeracbein^ngen   geltend 

riaachen.  Diese  treten  bereits  intra  partum  und  bei  den  Presswehen 
Dd  ferner  nach  der  Geburt  auf.  Mit  der  Zahl  der  Oebarten  bei 
mner  an  Herzfehler  leidenden  Frau  wird  die  Wahrscheinlichkeit  des 
Eintrittes  der  spontanen  Frühgeburt  grösser.  Immer  ist  die  Cem- 
plication  von  Schwangerschaft  mit  Herzfehler  eine  sehr  gefährliche, 
st  iniaast  für  vorgeschrittene  Herafehler.  Unter  deo  beobachteten 
PaJlen  war  die  Mitralstenose  die  gefährlichste  Complication,  Unter 
den  25  starben  intra  partum  2,  lU  im  Wochenbett.    Kaum  mehr  ala 

tdie  Hälfte  der  Kinder  war  ausgetragen.  Schlager  räth  dringend, 
kerzkranken  Mädchen  die  Ehe  zu  verbieten.  In  der  Schwaoger- 
Bcbaft  ist  frühzeitig  sorgialtigste  Schonung  anzuempfehlen ^  Inäuffi- 
oienzersch einungen  sind  rechtzeitig  zu  behandeln*  Der  künstliche 
Abort  und  die  künstliche  Frühgeburt  geben  häufig  fiir  die  Mütter 
eiüe  ächtechte  Prognose  und  müssen  demnach  für  die  schwierigsten 
F&lle  beschränkt  bleiben.  Die  Entbindung  muss  so  bald  und  eo 
schonend  wie  möglich  geschehen  ^  leichte  ühloroformuarkoäe  ist  zur 

Bseitigang  der  psychischen  Aufregung  anzuempfehlen.  Nach  der 
Qtbindang  muss  durch  Compressiou  des  Laibes  das  zu  starke 
Sinken  des  Abdominal  druckes  verhindert  werden,  da  sonst  das  rechte 
Herz  zu  wenig  Blut  erhälr.  Der  Puls  ist  dabei  stetig  zu  beachten. 
Die  Darreichung  von  Seealepräparaten  ist  im  Allgemeinen  zu 
widerrathen,  da  dadurch  die  Gefässe  verengt,  uud  somit  dem  Herzea 
erhöhte  Widerstände  bereitet  werden.  Im  Wochenbett  ist  Diätetik 
_ttnd  sehr  langes  Innehalten  der  Bettruhe  anzurathen. 

Eine  ganz  eigenartige  Ursache  einer  Perforationsperitonitia 

rthrend    der   letzten    Hälfte   der  Schwangerschaft   theiit 

Liho  tzki  aus  der  IL  Wiener  gynäkologischen  Klinik  (Prof.  Chrobak) 

mit.     Die  Kranke  starb  ca,  3  Stunden  nach  der  Aufnahme.     Es  war 

f&ne  Schwangerschaft  im  8.  Monat  mit  beginnender  Geburt  Consta tirt 

rorden    mit   gleichzeitiger  fulminanter  Peritonitis ,    deren  Intensität 

ie  Aussicht  auf  Rettung  hatte   unmöglich  erscheinen   lassen.     Bei 

fy^r  Section  fand  sich  eine  kleine  Perforation  des  absteigenden  Duo- 

deournstückes  durch  den  Q-riff  eines  Kafft^elöffelsf   dessen  Stiel  und 

^ffeltbeil   noch   im  Darm  festsassen.     Spätere  Nachforschungen  er- 

Ffabeo,  dass  die  Frau  vor  2'/.^  Jahren  einen  Selbstmordversuch  durch 

Verscblcicken  des   Löffels  gemacht  hatte.     Störungen   waren   durch 


372 


Czempi». 


diesen  Fremdkörper  nicht  hervorgemfen  worden.  Erst  4  Tage  vor 
dem  Tode  traten  üebelkeiten  und  Schmerzen  aaf,  welche  sich  schnell 
biß  zur  Unertr^lichkeit  steigerten.  Der  Darm  war  biB  zum  letzten 
Tage  durchgängig  gewesen*  Die  endgültig©  Burchspieeöiing  der 
Darm  wand  ist  wahrscheinlich  durch  den  wachsenden  Uterus  begün- 
stigt worden  (Centralbl.  f.  Gynäk,  Nr.  26). 

Einen  Fall  von  tödtlicher  innerer  Blutung  während  der 
SchwaugerBchaft  theilt  Siitugin- Moskau  (Zeitschrift  f.  Geb. 
Bd.  24,  H.  2)  mit.  Die  hochschwaDgere  VI- Gebärende  kam  3  Tage 
nach  einem  schweren  Fall  in  die  Entbindungeanstalt,  da  sich  allge- 
meine Beschwerden,  Schwäche,  fem  er  Abfluss  des  Fruchtwaeisers  ein- 
gestellt, und  die  Kindabewegungen  aufgehört  hatten.  Patientin  starb 
bald  darauf  unter  CoUapsersch einengen.  Bei  der  Autopsie  fand  man 
grosse  Blutcoagula  in  der  Gegend  des  Colon  transveraum,  der  linken 
8eite  des  Magens  und  der  Flexura  coli  siniätra,  im  Mesocolou  grosse 
ßlutklumpen  zwischen  beiden  Blättern.  Von  dort  erstreckte  sieh  der 
Bluterguss  im  subperitonealen  Bindegewebe  längs  d^s  Colon  descendens, 
der  Flexura  sigmoidea  bis  zum  Ligamentum  latnm  sinistrum.  Die  Haupt- 
masse der  Blutgerinnsel  befand  sieb  in  der  Bursa  omenti  minor.  Die 
Blutung  war  anscheinend  durch  Zerreissung  eines  Geffisses  des  Meso- 
colon  erfolgt,  batte  sich  subperitoneal  verbreitet,  dann  an  einer  Stelle 
das  Peritoneum  gesprengt  und  war  so  intraperitoneal  geworden.  Die 
ergossene  Blutmasse  wurde  auf  ca.  V2Q0  g  geschätzt.  Der  Uterus 
war  unverletzt  geblieben. 

Der  von  Trochownick  wieder  von  Neuem  angeregte  Vorscblag, 
die  künstliche  Frühgeburt  durch  eine  während  der  letzten 
Schwan gerschaftsmonate  innegehaltene  Diät  und  dadurch  hervor- 
gerufenes vermindertes  Wachsthum  der  Früchte  zu  umgc^hen^  ist  auch 
im  vergangenen  Jahr  von  mehreren  Seiten  in  Anwendung  gebracht 
worden.  Hoffmann  (Therapeut.  Monatshefte  Nr.  2)  theilt  zwei 
von  ihm  beobachtete  Fälle  mit,  in  welchen  die  Nachgiebigkeit  und 
leichte  Verschieblichkeit  der  Kopfknochen  die  Geburt  erleichterte. 
Allerdings  handelte  es  sich  in  seinen  Fällen  ntir  um  sehr  wenig  ver- 
engte Becken.  Das  Gewicht  der  Kinder  betrug  3070  resp.  3060  g 
bei  54  resp,  51,25  cm  Länge,  Die  Kinder  erholten  sich  sehr  schnell, 
die  Mütter  hatten  keine  Nachtheüe  von  dieser  Cur.  Eisenbart- 
München  (Münch.  med.  Wochenschr,  Nr,  35)  wandte  das  Verfahren 
bei  einem  durch  abgelaufene  Osteomalacie  stark  verengten  Becken 
an.  Die  Diagonalis  war  auf  8,0  cm  berechnet.  Es  konnte  nur  der 
EatBersühnitt   oder   die    künstliche   Frühgeburt   in  Frage   kommen. 


I 


I 
I 


I 


Gebartehülle  und  Gynäkologie. 


373 


Ldtxtere  war  bei  zwei  voraufgegangeuen  Geburten  ausgeführt  worden, 
hfttte  aber  tief  aBpLyctische  Kinder  zu  Tage  gefördert,  welche  in- 
folge von  Verletzungen  des  Schädels  sehr  bald  nach  der  Geburt 
starben.  Von  Anfang  an  wurde  die  künstliche  Frühgeburt  bei  der 
neoen  Schwangerschaft  in  Aussicht  genommen  und  die  dtätetischs 
Cur  empfohlen^  um  selbst  das  unreife  Kind  nicht  zur  allzu  kräftigen 
Eutwickelung  kommen  zu  lassen.  Die  Gehurt  mosste  durch  Kunst- 
hQÜe  beendet  werden^  des  Kind  war  lebend.  Es  war  44  cm  lang 
and  wog  1510  g.     Es  gedieh  recht  gut, 

Pelsier-Köln,  Erregen  der  Wehen thätigkeit  durch  intra- 
uterine Injection  von  Glycerin  (Arohiv  f.  Gynäk.  Bd.  42, 
H,  2)*  Da  die  bisher  bekannten  Methoden,  die  künstliche  Frühgeburt 
herbeizaflihren  —  Katheterisiren  des  Uterus,  Eibautstich  u*  a,  —  oft 
in  ihrem  Erfolge  unsicher  sind,  so  hat  P  e  1  z  e  r  versucht,  das  Ver- 
fahren des  Einspritzens  von  Flüssigkeiten  zwischen  Eihäute  und 
Uterusinnenfläche  wieder  aufzuntjhmen ,  und  sich  als  einer  ein  zu- 
•pritzeoden  Flüssigkeit  des  Glycerins  bedient  Er  benutzte  eine 
Wnndspritze  von  150  g  Inhalt,  welche  durch  einen  Gummischlauch 
mit  einem  Mercier^schen  Katheter  verbunden  war.  Der  Katheter 
^^Lwurde  bei  der  hinteren  Gebärmutterwand  so  weit  wie  möglich  empor- 
^^Tgefbhrt  und  entleert,  während  eine  erhöhte  Lage   des  Steisses   den 


Küekflusa  des  Giycerins  hinderte.  Ja  drei  Fällen  trat  1/.^  resp* 
]  Stunde  nach  der  Anwendung  Wehenthätigkeit  ein,  welche  anhielt 
und  zur  Entbindung  führte.  In  einem  vierten  Fall  wurden  unbeab- 
aiohtigterweise  die  Eihäute  perforirt. 


81  Fälle  von  Eklampsie  aus  der  Dresdener  Frauenklinik  theilt 
Goldberg  mit  (Archiv  f,  Gynäk.  Bd.  41  u.  42),  Die  Häufigkeit 
der  Eklampsie  betrug  1 ;  133  Geburten.  "/^  waren  Erstgebärende, 
In  90,79^^/0  wurde  Albuminurie  coustatirt,  Oedeme  dagegen  nur  in 
der  Hälfte  der  Fälle.  Von  elf  Mehrgebärenden  waren  zwei  bei  zwei 
auf  einander  folgenden  Geburten  wiederholt  von  Eklampsie  befallen 
worden.  Die  Prognose  war  am  schlechtesten  bei  Mehrgebärenden, 
sowie  bei  Ausbruch  der  Krankheit  in  der  Schwangerschaft,  am  heöten 
bei  den  Wochenbettfällen.  Die  Entbindung  übte  häufig  einen  gün- 
stigen Einüass  auf  die  Erkrankung  aus,  indessen  konnte  in  schweren 
Fällen  weder  die  künstliche  Erreguog  von  Wehen,  noch  die  blutige 
Erweiterung  des  Muttermundes  den  tödtlichen  Ausgang  abwenden.  Die 
Gesammtsterblichkeit  der  Mütter  betrug  27,4 w,\^  die  der  Kinder  47 ^Jq, 
Die  Anwendung  von  Narcoticis,  sowie  beisse  Bäder  mit  naebfolgender 
Einpackung  hatten,  abgesehen  von  der  Entbindung,  gute  Resultate. 


374 


Ciempiti. 


Bülirsaen  hat  eice  ausführliche  Arbeit  über  die  Eklampaia 
veröffentlicht,  welche  194  in  der  königL  Charit^  io  den  letzten 
12  Jahren  beobachtete  Eklampsiefälle  zur  Grundlage  hat.  WeDn 
wir  auch  nicht  im  Stande  Bind,  auf  aUe  Einzelheiten  der  Arbeit 
einzugehen,  so  sollen  hier  doch  die  Scblnsefolgerungen ,  welche 
Dllhrsaen  aus  seinen  Fällen  zieht  und  welche  die  von  dem 
Autor  mehrfach  vertretenen  Ansiebten  wiederholt,  wiedergegeben 
werden.  Die  Ursache  der  Eklampsie  sieht  I)  üb  rasen  in  der  über- 
wiegenden Mehrzahl  der  Fälle  in  einer  IntoxicatioD  des  Blutes,  in 
anderen  Fällen  in  einer  durch  Stoffwechselproducte  der  Bacterien 
hervorgerufenen  Zerstörung  der  rolbeu  Blutkörperchen  mit  fettiger 
Degeneration  der  Kieren,  der  Herzmüisculatur  und  Magenschleimhaut; 
dieses  sind  die  schweren  Fälle,  in  denen  durch  eine  protrahirie  Narkose 
didse  deletären  Veränderungen  noch  verstärkt  werden.  In  seltenen 
Fällen  ist  die  Eklampsie  eine  lediglich  reflectorische,  durch  psychische 
Erregung  oder  abnorme  Aiisdehnang  des  Uterus  bei  nervösen  Indivi- 
duen hervorgerufen.  Die  Prognose  der  Eklampsie  verschlechtert 
sich  mit  der  Anzahl  der  Anfälle,  wenngleich  auch  in  schweren  Fällen 
schon  nach  wenigen  AnMlen  der  Tod  eintreten  kann.  Eine  sehr 
wichtige  Schlussfolgerung —  für  Dührssen  die  Griindprä misse  seiner 
gleich  zn  besprechenden  Therapie —  ist  die^  dasa  nach  operativer,  in 
tiefer  Narkose  vorgenommener  Entleerung  des  Uterus  die  Eklampsie 
in  93/75  öq  ^^^  Fälle  aufhört.  Auch  schon  jetzt  ist  nach  operativer 
Entleerung  die  Sterblichkeit  bei  Eklampsie  geringer  als  nach  spontaner 
Geburt.  Dührssen  ist  der  Ansicht,  die  operative  Entbindung  so 
schnell  wie  möglich  nach  dem  ersten  beobachteten  Anfall  vorzu- 
nehmen. Seiner  Ansicht  nach  wird  die  Krankheit  hierdurch  coupirt, 
und  ibra  deletären  Folgen  für  Mutter  und  Kind,  die  erst  bei  längerer 
Dauer  der  Eklampsie  auftreten,  fallen  fort.  Die  sofortige  Entleerung 
des  Uterus  ist  in  jedem  Stadium  der  Scbwangtrschaft  indicirt,  weil 
die  Eklampsie  in  den  ersten  7  Monaten  das  kind liehe  Leben  doch 
stets  vernichtet,  entweder  dadurch,  dass  sie  die  Geburt  einleitet,  oder 
dadurch»  dass  sie  direct  den  Tod  des  Kindes  herbeiführt,  Die  sofortige 
Entleerung  des  Utertis  will  Dührssen  mittels  seiner  Methode  der 
tiefen  Cervixiucisionen,  event,  Combination  mit  einer  tiefen  Scbeiden- 
dammincision  durchführen.  In  denjenigen  Fällen,  in  denen  der  Cervix 
noch  erhalten  ist,  schlägt  Dührssen  eine  künstliche  Erweiterung 
deiB  Muttermundes  durch  eine  mechanische  Dilatation  vor.  Er  führt 
dieselbe  aus,  indem  er  einen  Kolpeurynter  in  den  Uterus  ein- 
führt, denselben  mit  Wasser  füllt  und  durch  einen  continuirlicheo 
Zug  den  Cervix  zum  Oeffnen  und  zum  Verstreichen  bringt.     Durch 


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Gebartahiilfe  and  Gynäkologie. 


375 


diese  Operationen  glaubt  Dührssen  auch  die  Prognose  für  die 
Kinder  zu  verbeseern,  F&r  die  Mutter  halt  er  diese  tiefen  Ein- 
äohneidungen  der  Weichtheile  für  „nicht  gefährlicher  als  die  spontane 
Geburt^*.  Den  Kaiserschnitt  verwirft  er  dagegen  als  zu  gefahrlich. 
Jede  gebartflhülf liehe  Operation  bei  Eklampsie  ist  in  tiefer  Narkose 
Torzunehmen ,  um  die  Steigerung  der  reflectorischeo  Erregbarkeit 
durch  den  EingrifiF  zu  vermindern.  Dagegen  hält  Dührssen  eine 
protrahirte  Narkose,  sowie  grosse  Morphiumgaben  für  die  Mütter 
fer  höchst  gefährlich  (Arch.  l  Gynäk.  Bd.  42,  H.  8  u.  Bd.  43,  H.  1). 

*1,  Ovario-  und  Mjomotoniie  in  der  Seh  wangersclia  ft, 
S  y  m  p  li  y  8  e  o  1 0  m  i  e. 

Die  Symphyseotomie  beginnt  ihren  Weg  aus  Italien  und 
Frankreich  auch  nach  Deutschland  zu  nehmen.  Die  vielfachen  Ver- 
öffentlichungen Morisani'ö  in  Neapel  und  Pinard's  in  Paris  haben 
verschiedene  deutsche  GehurtsheHer  veranlasst,  ihrerseits  Erfahrungen 
über  diese  seit  einem  Jahrhundert  obsolet  gewordene  Operation  zu 
sammeln  und  der  Oeffentlichkeit  zu  übergeben.  Ob  diese  Operation 
ein  Allgemeingut  der  Geburtshelfer  werden  wird^  nicht  vielmehr  auf 
einige  vereinzelte  Fälle  sich  wird  beschränken  müssen,  lässt  sich 
nach  den  bisherigen  Ergebnissen  noch  nicht  absehen.  Jedenfalls 
liegen  zur  Zeit  nur  günstige  Erfahrungen  vor;  doch  werden  mit  der 
Verallgemeinerung  der  Operation  schwerlich  ungünstige  Besultate 
ausbleiben.  Leopold  (CentralbL  f.  Oyn.  Nn  30)  operirte  bei  zwei 
Mehrgebärenden,  deren  Becken  die  Anzeige  zum  bedingten  Kaiaer- 
Bchnitt  bildeten.  Die  Fälle  betrafen  erstens  eine  37iäbrige  IV-para, 
welche  ihre  drei  ersten  Kinder  todt  zur  Weh  gebracht  hatte,  2mal 
Zange^  Imal  künstliche  Frühgeburt.  Grösse  135  cm,  allgemein  ver- 
engtes Becken,  platt,  rhachi tisch:  Spina  22,  Crista  24,  Troch anter  28, 
Conjugata  externa  11%,  Conjugata  diagonalia  8^(4,  Conjugata  vera  63/^. 
Nach  vollendeter  Symphyse otomie  hohe  Zange  an  den  fest  auf  dem 
Beckeneingang  feststehenden  Kopf,  Kind  weiblich,  40  cm  lang, 
B565  g  schwer.  Querer  Kopfdurcbraesser  9^,j  und  S'j^  cm,  Umfang 
34  cm.  Glatte  Genesung,  Im  zweiten  Falle  eine  37jährige  ll-para. 
Bei  der  ersten  Geburt  Perforation  des  lebenden  Kindes.  Becken: 
22,  25,  30%  16,  8";.^,  6^/4.  Kind  männlich,  51  cm,  3310g,  Kopf- 
maasse:  9^;^,  8V'2»  ^^l'V  Normales  Wochenbett  Leopold  schildert 
die  Operation  als  nicht  schwer.  Die  Kreissende  wird  mit  vor- 
stehendem Gesäss  auf  einen  Tisch  gelagert,  zwei  Assistenten  halten 
die  Beine  unter  den  Knieen  ein  wenig  gespreizt  und  drücken  mit 
der   freien  anderen  Hand   die  Trocbanteren  fest   zusammen.     Haut- 


37ß 


Cxempiu. 


schnitt  von  dem  oberen  Band  der  Scbamfuge  bis  1  cm  oberhalb  der 
Cliloria.  DurchtreDnen  der  Weicbtbeile  bis  zum  Gelenk  und  quere 
Darchtrenniing  der  Ansätze  der  Musculi  recti  nur  bo  breit,  dass  der 
linke  Zeigeünger  kinter  die  Schamfuge  gelangen  kann.  Mit  ge- 
knöpftem ßicbelartigem  Messer  wird  unter  Gontrolle  dieses  Fingers 
langsam  das  Gelenk  durchtrennt.  Sofort  gehen  die  beiden  Knochen- 
enden  auf  3  cm,  bei  vorsichtiger  Spreizung  der  Eoiee  und  Anwen- 
dung der  Zange  auf  oa,  7  cm  ans  einander.  Nach  Entwickelußg  des 
Kopfes  bringen  die  Assistenten  durch  energischen  Druck  auf  die 
Trochantereo  die  Gelenkenden  wieder  fest  an  einander,  durch  Naht  der 
Weichtbeile  mittels  starker  Seide  oder  Silberdraht  werden  die  Ge- 
lenkenden an  einander  fixirt,  und  dann  ein  Beckengurt  umgelegt^  der 
3  Wochen  lang  das  Becken  zusammenhält. 

Aus  der  Strassburger  Klinik  veröffentlicht  Müllerheim  (ibid.) 
einen  weiteren  Fall  von  Sympbjseotomie.  Es  handelte  sich  um  eine 
III' Gebären  de,  das  erste  Kind  spontan  und  todt^  das  zweite  lebend  darch 
Zangenextraction,  Das  dritte  Kind  anscheinend  übertragen.  Die 
Kreissende  wurde  nach  tagelangur  Gehurtsarbeit  nach  Wasserabfluas 
von  6  Tagen  vom  Lande  in  die  Klinik  gebracht.  Becken;  24 '(i,  27, 
31,  18'|2^  10,  Hängebauch,  erste  Schädellagej  Kopf  über  dem  Becken 
be weglieh j  Dehnung  des  unteren  Üterinsegmentes,  Die  Geburt  war 
spontan  nicht  mehr  zu  erwarten .  Es  kam  zunächst  die  Wendung 
in  Frage,  welche  wegen  des  lange  vorher  erfolgten  Wasserabflusses, 
sowie  in  Rücksicht  auf  die  bestehende  Cervixdehnung  kaum  aus- 
führbar erschien,  fernerhin  immer  noch  die  Befürchtung  mit  sich 
brachte,  daas  der  nachfolgende  harte  Kopf  schliesBlicb  doch  noch 
perforirt  werden  müsste.  Weiterhin  kam  die  Perforation  des  leben- 
den Kindes  oder  der  Kaiserschnitt  in  Frage.  In  diej^em  Dilemma 
wurde  die  Sjmpbyseotomie  in  Erwägung  gezogen  nnd  ausgeführt. 
Bei  der  Operation  musste  indessen  auch  das  Ligamentum  arcaaium 
gespalten  werden,  weil  die  Spaltung  der  Symphyse  allein  die  Gelenk- 
enden  nur  1  cm  weit  zum  Klaffen  brachte.  Die  Harnröhre  wurde 
durch  einen  eingeführten  Katheter  vor  Verletzungen  bewahrt.  Der 
Kopf  trat  sofort  ins  Becken  und  wurde  ohne  Zange  entwickelt. 
Kind  männlich,  4000  g,  51  cm.  Kopfmaasse:  10,  11,  37  cm.  Hei- 
lung gut. 

V.  Velits-Pressbiirg  (ibid.  Nr.  40)  operirte  in  einem  Falle,  in 
welchem  die  Geburt  eines  lebenden  Kindes  ganz  ausgeBchlossen  war. 
21jährig6  lll-Gebärende.  Erstes  Kind  lebend  perforirt,  zweites  Kind 
abgestorben,  bei  hochstehendem  Kopf  perforirt.  Allgemein  verengtes, 
platt  rhachitisobes  Becken:  26^  27,  16,5,  9,5,  7^5,    Kopf  quer  über 


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GebnrtBh&lfe  und  GjuMkßkt^t, 


37: 


dem  Beckeo  stehend,  starke  Kopfgeochvulflt,  Abgang  ^on  MeooiUTuiif 
Unregelmiseigkett  der  kindliciiea  Herztöoe.  Nach  der  vorgeaomme- 

LueD  Sjmphyseotomie  wurde  der  Kopf  mit  d^r  Axeazogzaiige  g^ 
Bt;  bei  den  Tracttoneo  rias  die  mir  in  ihrem  oberen  Theü  ser- 
ftchnitteod  Symphyse  völlig  aas  einander.  Kind  männlich^  51  cm  lan£ 
3200  g  schwer.  Kopfmaaase:  8,25,  9,^,  35  cm.    Gute  Hdilong,  Ent- 

[ibiasung  am  26.  Tage* 

Zweifel  (ibid.  Nr  44)  operirte  bei  einer  Vlll-para,  welche 
7mal  mit  KaDsth&lfe  entbunden  worden  war.  Aosser  einem  dnrch 
künstliche  Frühgebart  entwickelten  Kinde  kamen  alle  anderen  todt 
fur  Welt.  Platt  rhachitisches  Becken  ersten  Grades;  26,  28,  31^  17, 
10.  Kopf  nach  36stündigen  Wehen  beweglich  aber  dem  Becken- 
eiugang.  Auch  hier  genügte  die  Dorchschneidung  der  Symphyse 
allein  nicht,  es  mnsste  das  Ligamentum  arcuatam  ebenfalls  durch- 
schnitten werden,  ehe  die  Wunde  klagte.  Die  Urethra  wurde  durch 
Einführen  eines  Metallkatheters  gedeckt,  Extraction  mit  der  Zange. 
Kind  weiblich,  5dcm^  3500  g.  Kopfmaasse:  8,  9V.^,  3G  cm.  Die 
Blutung  aus  der  Symphysen  wunde  war  infolge  Verletzung  der  Cor- 
pora cavemosa  sehr  stark  und  konnte  erat  durch  tiefe  ümstechung 
unter  Leitung  des  in  die  Scheide  eiogefahrten  Fingers  und  Controlle 
der  Harnröhre  durch  den  Katheter  gestillt  werden.  Die  Heilung 
war  am  10.  Tage  völlig  erfolgt. 

Tört]gren  (ibid.  Nr.  49)  operirte  zweimal.  Der  erste  Fall  war 
keine  strenge  Indication.  Die  Mutter  eine  IX^para  (4  Kinder  spontan, 
davon  1  todt  nach  5tägigem  Kreissen),  fünftes^  sechstes,  und  achtes 
Kind  Wendung  mit  todten  Kindern,  siebentes  Kind  spontan.  Patientin 
starb   ca.  20  Stunden  nach   der  Operation   an  Herzlähmong  infolge 

I chronischer  Nephritis.   Im  zweiten  Falle  allgemein  verengtes  rhachid- 

raches  Becken.  Coojugata  diagonalis  9,5,  vera  7,7  cm.  Kopfüber  dem 
Becken,   Bei  der  etwas  schweren  Zaogenextraction  riss  das  nicht  ein- 

.  geschnittene  Ligamentum  arcuatum.     Kind  lebend,  oS  cm  lang,  wog 

[3750  g.     Kopfmaasse  8,  9^*2*     Nach  19  Tagen  Entlassung. 

Aus     den     mitgetbeilten    Fällen     geht    dreierlei    hervor.      Zu- 
st    dass    in    der   That    bei  Becken    mit    massiger   Verengerung 

Pikach  der  Operation  ein  lebendes  Kind  entwickelt  werden  kann, 
welchea  entweder  nur  durch  eine  die  Mutter  oder  das  Kind 
schwer  gefährdende  Wendung  hätte  entwickelt  werden  müssen  oder 
welches   zur   scboneoden  Entbindung   der  Mutter   lebend    hatte  per- 

^ibrirt  werden  müssen.  Für  diejenigen,  welche  bei  diesen  massigen 
Beokenveren gerungen  der  bediugten  Sectio  caesarea  huldigen,  ist  die 
Sjmpbyseotomie    zweifellos    ein    weit    ungefährlicheres    Verfahren. 


378 


CzempiTi. 


Zweitens:  die  Qefahreo  der  Operation  beßtehen  vorzugsweise  in  der 
Möglichkeit  der  Sprenguug  der  Articulatio  sacro-iliaca  jeder  Seite.  Die 
beiden  nach  Zerschneidung  ihrer  Verhindnnp^  auseinanderweichenden 
Oasa  pnbia  stellen  laoge  einarmige  Hebel  dar^  deren  Unterstützungs- 
punkt in  ihrer  Kreuzbein  Verbindung  liegt.  Das  Auseinanderklaffen 
der  getrennten  Knochenenden  erfolgt  bis  auf  7  cm  im  Maximum, 
Wie  B  i  e  r  m  6  r*  Breslau  (ibid,  Nr,  Bl^  Zur  wissenschaftlichen  Be- 
gründung der  Symphyseotomie)  an  Leichenverbuchen  feststellte, 
erweitern  sich  bei  dieser  maximalen  Dehnung  die  einzelnen  Becken- 
maasse  derart:  Conjugata  vera  um  1,40,  Diameter  tranaversus  um 
3^10,  Diameter  obHquus  um  3,50  cm.  Diese  Erweiterung  dürfte  also 
für  das  allgemein  verengte  rhachi tische  Becken  von  bedeutungsvollem 
Vortheil  sein,  wäbrend  für  das  vorzugsweise  in  der  Conjugata  vera 
verengte  Becken  der  Vortheil  gering  anzuschlagen  ist.  Gerade  in 
diesen  Fällen  ist  zu  befürchten^  dass  bei  dem  Anziehen  des  Kopfes 
mit  der  Zange  das  Eindrängen  des  zu  starken  Querdurch measers 
des  Kopfes  in  die  verengte  Symphyse  zur  Sprengung  der  Sym- 
physis sacro-iliaca  führen  kann.  Es  wirkt  hier  eine  relativ  starke  Kraft 
(der  Zug  der  Zange)  am  langen  Hebelann,  wodurch  die  Wirkung 
der  Kraft  auf  den  ünterstütxuRgßpunkt  (das  Kreuzhüftbeingelenk) 
sich  potenzirt.  Demnach  wird  die  Operation  zweifellos  nur  bei  Becken- 
verengerungen leichten  Grades  gute  Reanltate  gehen  j  hierbei  wird 
sie  indessen  relativ  selten  nöthig  werde»  ^  da  hier  die  rechtzeitige 
Wendung  ebenfalls  gute  Resultate  liefert.  Drittens  geht  aus  den 
OperatioEsgeschicbten  hervor,  dass  die  Durchschneid ung  des  Gelenkes 
bei  anti septischem  Verfahren  für  die  völlige  Restitution  des  Gelenkes 
ungefährlich  ist,    (Bef.) 

Eine  Myomotomie  in  der  Schwangerschaft  führte 
Fla  i  schien -Berlin  (CentralbL  f.  Gynäk,  Nr.  10)  aus.  Es  handelte 
sich  um  eine  32jährige  Erstgebärende.  Die  Schwangerschaft  war  im 
3.  Monat.  Hinter  dem  Utenia  und  links  war  ein  kindskopfgrosaer, 
höckeriger I  gestielter  und  beweglicher  Tumor  zu  fühlen.  Derselbe 
wurde  als  ein  Ovarialtumor  diagnosticirt,  zumal  als  er  in  letzter  Zeit 
schnell  gewachsen  war.  Bei  der  Operation  fanden  sich  zwei  Fibrome. 
Das  eine  gestielte  wurde  abgeschnitten,  das  andere,  eine  breitbastge 
Geachwulst,  wurde  aus  der  Wand  des  Uterus  auegeschält,  die  Wund- 
höhle mit  versenkten  Catgut-  und  feinen  oberflächlichen  Seidennähten 
geschlossen.  Der  Verlauf  war  ein  sehr  guter.  —  Am  normalen  Eode 
der  Schwangerschaft  brachte  die  Patientin  einen  lebenden  Knaben 
zur  Welt, 


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Geburta hülfe  und  Gynäkologie. 


37 IJ 


lieber  die  Ovariotomie  in  der  Schwangerschaft  liefert 
Dairne  Livland  erneu  oasa ist i sehe d  Beitrag.  Er  hat  alle  bisher 
in  der  LUterator  bekannt  gewordenen  Fälle  von  Ovariotomie  in  der 
Schwangerschaft f  im  Ganzen  135,  zusammengestellt.  Die  Erfolge 
dieser  Operation  haben  sich  als  recht  günstig  erwiesen^  die  Sterblich- 
keit betrug  5,9  %.  In  22  %  wurde  die  Schwangerschaft  durch  die 
Opeiration  vorzeitig  unterbrochen.  Im  2.^ — 4.  Schwangerschaftsmonat 
waren  die  Resultate  ftir  die  Mutter  und  die  Früchte  am  besten.  Mit 
dem  Fortscbreiten  der  Schwangerschaft  ist  die  Prognose  für  beide 
schlechter.  Aber  auch  die  Progoose  dieser  Gomplication  der  Schwan- 
gerschaft mit  einem  Eierstockstumor  ist  ohne  Operation  jedenfalls 
sehr  ernst ^  während  andererseits  schliesslich  die  Exatirpation  des 
Tumors  doch  in  Frage  kommt,  Die  bisher  erzielten  Erfolge  ermuthigen 
zwr  Operation. 

Eberhard -Köln  vollendete  die  Geburt  eines  Rie  senk  indes 
bei  einer  dSjährigen  IX-para,  welche  stets  grosse  Kinder  gehabt 
hatte,  durch  Wendung  und  Extraction»  Das  Kind  wog  5950  g  bei 
59  cm  Länge.  Bei  Gelegenheit  dieser  Mittheilung  empfiehlt  er,  bei 
Extractionen  des  Kindes  die  von  Hegar-Kaltenbach  gelehrte 
Losung  der  Arme  für  den  Fall^  dass  sie  normal  auf  der  Brust  des 
Kindes  gekreuzt  liegen  oder  an  dem  vorderen  Schädelsegment  in 
die  Höhe  geschlagen  sind,  von  der  Bauchseite  des  Kindes  aus  vor- 
zunehmen. Die  Volarfiäche  di^r  Hand  bleibt  dabei  der  Bauchseite 
der  Frucht  zugekehrt,  zuerst  wird  der  hintere,  dann  der  vordere 
Arm  gelöst.  Gelingt  die  Lösung  in  dieser  Art  nicht,  so  soll  im 
Gegensatz  zu  der  üblichen  Drehung  des  kindlichen  Rumpfes  der 
Rücken  nach  hinten  gedreht  werden,  um  mit  derselben  Hand  von 
vorn,  von  der  Bauchseite  aus,  die  Armlösung  vorzunehmen  (Deutsche 
med.  Wochen  sehr.  Nr.  9). 


Hünermann  berichtet  über  drei  Fälle  von  Nervenlahmuug 
im  Gebiet  des  N.  ischiadicus  infolge  von  Entbindung  (Archiv  für 
Gynäk.  Bd.  13,  H.  2).  Im  ersten  Fall  handelte  es  sich  um  eine 
^twas  erschwerte  Zangenextraction  bei  einer  TI-Gebärenden ,  im 
zweiten  Fall  um  eine  Erstgebärende  mit  rhachitischem  Becken,  Per- 
foration und  Extraction  des  todten,  bereits  in  Fäulnies  übergegangenen 
Kindes;  im  dritten  Fall  um  eine  Zangenextraction  nach  lange  sich 
hinziehender  Geburt,  in  allen  drei  Fällen  trat  im  Anschluss  an  die 
Entbindung  eine  Lähmung  des  N*  peroneus  auf.  Im  ersten  Fall 
wurde   nach  4  Wochen    vollständige    Entartungsreaction    aller   vom 


380 


Czempin. 


Peroneus  vorsorgten  Muskeln  constatirt;  es  trat  keine  Bessernng  ein, 
der  linke  Unterschenkel  blieb  atrophiech,  der  Fase  in  Spitzfnss- 
stellnng,  der  Gang  war  stark  beb  in  d  er  t,  und  die  Kranke  musste  einen 
Apparat  tragen,  durch  den  die  FusöBpitze  in  die  Hohe  gehalten 
wurde,  Anch  im  zweiten  Fall  war  die  Lähmang  der  vom  N.  peroneus 
versorgten  Muskeln  der  einen  unteren  Extremität  eine  vollständige. 
Nach  14  Tagen  wurde  bereits  eine  Herabsetzung  der  elektrischen 
Erregbarkeit  geftindeü.  Anch  die  dritte  Patientin  musste  ongeheilt 
entlaasen  werden«  Hünermann  ist  der  Ansicht,  dasg  lediglich  der 
Brack  des  kindlichen  Schädels  während  der  Geburt  die  Lähmung 
der  Nerven  hervorruft^  nicht  die  Anlegung  der  Zange.  Daes  vor- 
wiegend der  N.  peroneus  von  der  Drucklähmung  betroffen  wird^ 
erklärt  sich  aus  den  anatomischen  Yerhältnisäen,  Die  vom  vierten 
und  fünften  Lumbal  nerven  zum  Sacra  Igeflecht  ziehenden  Faserbündel 
versorgen  hauptsächlicb  den  N.  peroneus  und  sind  am  Beckeneingang 
leicht  der  Quetschung  unterworfen. 

3,  Kaiserschn  i  lt.     Oßteonialacie. 

Winekel-München,  Der  Kaiserschnitt  an  der  Todten 
und  an  der  Sterbenden  (AerztL  Eundöchau  Nr,  5),  Ba  in 
Bayern  eine  gesetzliche  Vorschrift  für  die  Aerzte  nicht  besteht,  so 
bat  Win  ekel  aus  der  Litteratnr  der  letzten  30  Jahre  statistisches 
Material  für  diese  Frage  gesammelt.  Auf  Grund  dieses  kommt 
W  i  n  c k^ l  im  Gegensatz  zu  anderen  Autoren  (Schwarz,  F  e  h- 
ling  U.A.)  zu  dem  Ergebniss,  dass  die  Prognoa©  der  Operation  für 
die  Kinder  bei  rechtzeitiger  Voroabtne  nicht  so  ungünstige  Resultate 
gibt.  In  den  letzten  30  Jahren  sind  mehr  Kinder  gerettet  worden 
als  früher.  Die  besten  Erfolge  gaben  Kaiserschnitte  an  plötzlich 
verstorbenen  gebunden  oder  nur  kurze  Zeit  kranken  Frauen  ( Ver- 
blutung» Eklampsie,  Ltingenembolie)  innerhalb  10  Minuten  nach  dem 
Tode^  aber  auch  Kinder  an  chronischen  Herz-  oder  Lungenkrank- 
heiten verstorbener  Mütter  sind  sehr  oft  lebend  zur  Welt  gebracht 
und  erhalten  worden.  Indessen  sind  diese  Ergebnisse  zumeist  in 
Hospitälern  erreicht  worden,  in  zwei  Fällen  bi^  20—30  Minuten  nach 
constatirtem  Tode  der  Mütter,  so  dass  Win  ekel  für  solche  An- 
stalten die  Forderung  aufstellt,  dass^  selbst  wenn  nach  dem  Tode 
der  Mutter  keine  Herztöne  mehr  gehört  werden,  doch  der  Kaiser- 
schnitt Hchleunigst  ausgeführt  werden  müsäe^  da  die  Möglicbkeitf 
das  kindliche  Leben  zu  erhalten,  nicht  ausgeschlossen  sei.  Für  die 
Privatpraiis  wünscht  Winckel  die  Ausführung  der  Operation  gans 
dem  Erme&ben  der  Aerzte  aoheimzuättfllen,  ohne  da^s  Gesetze  einen 


Toöe 


Wlaekel 


381 


"kte 


k«tt  dm 


Arndt 

der  Mutter   vork« 


wortii  der  £rvikaon|(  ist  eu  tob  F  r  i  t  s  c  h 

opeiiita' hfl  TOB  Kaiserschnitt,  dea  Miller  mitlhmlt  (OmtralliL 
f.6jB,Nr«6),  in  welcbem  ein  Portioceroisom  die  Indtcatioii 
inr  OperetioD  darbot,  tmd  in  welchem  immittelber  an  die  S«ctM> 
caeoarea  die  Frennd'ecbe  Totaleagtirpation  des  Utenia  attgeeol&loeaeil 
wurde.  £e  handelte  aicii  am  eine  d5jihrige  Vl-para,  welche  in  ihrer 
jelsgen  Schwangeraehaft  an  heftigen  BIotimgeD  litt  und  welche  B  Tage 
aad»  der  Aaf&ahn»e  in  die  £re«slaaer  Eüntk  die  ersten  Weheih  bekam. 
Ose  Portio  war  hart^  höckerig,  dae  hintere  ScheidengewGtbe  Ter« 
eehwnndeiiy  die  hintere  Scheidenwaod  ging  unmittelbar  in  die  höckerige 
Masae  über.  Im  rechten  Farametrium  worden  einige  resistent t)  Kuollen 
geAlhlt,  Uterosfundnö  bis  zum  Rippenbogen  reichend.  Eine  Eut« 
bindong  per  vias  naturales  erschien  für  Matter  und  Kind  h5ohst 
gefährlich.  F  r  i  t  s  c  h  machte  die  Sectio  caesarea.  Nach  An!t«gun|( 
dee  Schlauches,  Inctsion  des  Uteras  und  Entfernung  des  Kindes 
wurden  die  Ligamenta  unterbunden  und  schrittweise  durch  trennt. 
Durch  starkes  AnteEectiren  und  Emporziehen  des  Uterus  wurdt^  der 
Douglas'sche  Raum  sehr  gut  zugänglich  gemacht  und  dadurch  tnne 

I  genaue  Abtastung  der  erkrankten  Theile  der  Scheidengo  wölbe  ©r* 
möglicht*  Die  Ablösung  und  Versorgung  des  Beckenbodens  geschah 
weit  bis  in  das  Parametrium  hinein.  Fritsch  fand  hierbei  die  An- 
sicht Veit*a  (cf.  d.  Jahrb.  1892)  bestätigt^  dass  filr  aolch«  vorge- 
schrittene Fälle  von  Carcinom  des  Geb&rmuttorhalses  die  Oponition  von 

^  der  Bauchhöhle  bei  Beckenhochlagerung  weit  übermchtlichor  ist  und 
die  Operation  dieser  FäDe  erst  ermöglicht.  Das  Loch  im  Becken- 
boden  war  so  gross,  daes  eine  Vernähung  unmdglich  war;  en  wurdti 
deshalb  das  kleine  Becken  mit  Jodoformgaze  tamponirr^  und  die  (^iis&e 
aammt  den  Ligaturen  zur  Scheide  hinaosgeleitet.  Die  Heilung  wurde 
darch  mancherlei  Zwischenfälle  gestört.  Patientin  konnte  schliosslitih 
geheilt  entlassen  werden.  Das  Kind  lebte  und  entwickelte  »ich  gut. 
In  diesem  FaUe  gelang  es  somit  ^  am  Ende  der  Gravidität  Muttwr 
und  Kind  ^u  retten« 

F&r  die  Behandlung  der  Osteomalacie  ist  die  Oantm* 
tion  von  Fehlin g,  Truzzi  und  Anderen  empfohlen  und  ausgeführt 


382 


Gzetiipin. 


worden  (s.  d.  Jahrb,  1892,  8. 400 ff.)*  ^<^^on  1888  batte  Fehüng  21  Fälle 
gesammelt,  wo  die  Osteomalacie  die  ludication  fiir  den  Porro*  Kaiser- 
ßchnitt  gegeben  batte,  und  wo  nach  der  Operation  die  Oateomalacie 
gebeilt  war.  Die  erste  Castration  wegeii  Osteümalacle  führte  Feb- 
ling  Jannar  1887  mit  bestem  Erfolge  aus,  1889  berichtete  er  über 
sieben  neue  scbwere  Fälle,  die  er  durch  Castration  geheilt  batte. 
Inzwischen  ist  die  Zahl  der  aus  demselbeo  Grunde  von  verscbiedenen 
Operateuren  ausgeführten  CaÄ^t  ratio  neu  bedeutend  gewachsen.  So- 
lowy-Preasburg  (Centralbl.  i\  Gynak,  Nr.  38)  tbeilt  einen  Fall  von 
Kaiserschnitt  bei  Osteomalacie  mit.  Er  zieht  in  jenen  Fällen,  wo 
oateomalacißche  Frauen  am  Ende  der  Schwangerschaft  zum  Kaiser- 
schnitt kommen,  den  conaervativen  Xaiserecbnitt  mit  nacbfolgender 
Castration  vor,  weil  derselbe  ihm  eine  bessere  Prognose  zu  geben 
scheint  ah  die  Porro -Operation. 

Gu^niot- Paris  (Äbeille  mM. ,  15.  Febr.)  führte  in  einem  Fall 
von  hochgradigster  Osteomalacie  lediglich  den  Kaiserschnitt  ans, 
ohne  die  Adnexa  zu  entfernen.  Ein  Vierteljahr  nach  der  Operation 
war  die  Kranke  von  der  Osteomalacie  vollständig  gebeilt. 

V,  Velits  (Zeitscbr.  f,  Oeb.  u.  Gynäk.  Bd.  23^  H.  2)  tbeilt  zwei 
Fälle  von  Heilung  der  Osteomalacie  dnrch  Castration  mit. 
In  beiden  Fällen  handelte  es  sich  um  alte  Mehrgebärende,  Die 
Knochen veränderungeo  waren  bei  beiden  Kranken  die  typischen, 
sehr  hochgradig;  die  Schmerzen  wichen  nach  der  Operation  sehr  bald. 

V.  Velits  tritt  für  die  relative  Indication  bei  Sectio 
caesarea  ein.  Er  operirte  zweimal  mit  günstigem  Erfolge  für 
Mutter  und  Kind.  Fiar  die  Fälle  von  Kaiserschnitt  bei  absoluter 
Indication  empfiehlt  Velits  die  Sterilisirung  der  Frauen  bei  der 
Operation  durch  Unterbindung  der  Tuben  (Zeitscbr.  f.  Geb.  Bd.  24, 
Heft  2). 

Barsony  (Arch.  f.  Gjnäk.  Bd.  41,  H,  3)  bespricht  46  Cranio- 
tomien,  welche  innerhalb  16^^  Monaten  in  der  1.  geburtshülf liehen 
Klinik  in  Budapest  ausgeführt  worden  sind.  Bei  dieser  Gelegenheit 
stellt  er  den  Satz  auf^  dass  bei  bedingter  Anzeige  des  Kaiäerscboittes 
der  Entechluss  der  Mutter  keine  Rücksicht  verdienen  dürfe,  da  ihr 
Urtheil  durch  die  ganze  Situation  beeinflüsst  sei.  Die  Sectio  caesarea 
bei  bedingter  Anzeige  mtlsse  seiner  Ansicht  nach  auf  klinische  An- 
stalten beschränkt  bleiben.  Zum  bedingten  Kaiserschnitt  kann  sich 
Baraony  nur  schwer  entschliessen,  da  die  Mortalität  für  die  Mütter 
immer  noch  8,6  *^;0  der  Todesfälle  beträgt,  während  andererseits  die 
Oraniotomie  des  lebenden  Kindes  sich  noch  oft  umgehen  lasse,  wenn 


1 
I 


QebvtcbillB  od  Gyisikolc^ 


38S 


m  mokkim  Plmaoa  did  ktaistfiteke  ArtligelMiTt  eii^g»l«itt% 
odv  froh  &  Wendaiig  r^rgimammem  wmd^ 

T.  d.  Poll  (Zwifi  Falk  ^tw  Sectio  cKosare«,  KederL  'Hjdaclir,  r, 
gMieetki,Mir»)  afierirte  to  ein^B  Fdle  bei  Eklampsie,  Die  Weben  waren 
seltr  sdiwaeb,  der  iussere  Uitttertaand  nock  gesdüoeseiv  die  Kranke 
BnrtgebiMdft.  Die  KraatpftafeUe  btietiea  troU  groaser  MorphiiuB* 
doMii  siebt  ans,  das  AUiSBmei&befiadea  wurde  echlediter.  Die  Opera- 
tioo  übte  axif  die  Kramp  anfalle  keinen  Einflass  aois,  die  Kranke 
ilarb  S  Scmden  nacb  deraeiben;  das  Kind  war  bei  der  Operation 
bereita  abgjastorben* 

Dieretroperitoneale  Stielversorgung,  welcbe  Chrobak 
fbr  die  Siielbebandltmg  bei  Myomotomien  empfoblen  batte  (cf.  d.  Jahrb. 
1692,  Sv  388  u.  384),  hat  einer  Mit thei long  von  v.  Woers  (Central bl. 
£p  G3mäk.  Nr.  5)  zufolge  derselbe  nunmehr  auch  in  einem  Falle  von 
Kaie  er  schnitt  nach  Porro   mit  Erfolg  angewandt.     E^  handelte 
»ich  am  einen  Fall  von  Osteomalacte  bei  einer  36jährigen  Vl-para, 
Der  Querdnrcbme&ser  des  Becken ansgangs  maass  5^/^  ^^*   Nach  Ent- 
fernung  des  Kindes    und   Abtragung    der    Gebärmutter    wurde   der 
LCeorvixstompf  ligirt,  mit  dem   Pacquelin  ausgebrannt^   dann   mit  der 
rBcbeere  gekürst,  ein  Jodoformdocht  durch  den  Cervicalkanal  in  die 
Scheide  eingeführt  und  im  Niveau  des  Cerviz  abgeschnitten,    dtinn 
tder  Cervixstumpf  von  der  Bauchhöhle  aus  mit  vorher,    hei  der  Ab- 
laetznng  des   Uterus  gebildetem  Peritonea  Happen  bedeckt  und   über- 
laäht.   Die  Heilung  war  eine  glatte,  und  auch  der  Effect  der  Opera* 
tion  auf  die  Osteomalacie  ein  günstiger  (Centralbl  i\  tlynak.  Nr*  5). 


4,  Erkrankungen  der  Ney geborenen» 

Deber  gonorrhoische   Erkrankung    der    Mundsohleim- 
[baat  bei  Neugeborenen  berichtet  Rosinski.     In  fünf  ITällen  in 
der  Königsberger  geburtßhülf liehen  Klinik  trat  überbinstimmünd  fol- 
gendes   Krankheitsbild    auf.      Ohne    vorauf  gegangene    entKÜndiicho 
Kdtbe  findet  sich  eine  weisslicbö  Verfärbung  auf  den  vorderen  awoi 
^Dritteln  der  Zunge^  mehreren  oharükteristischen  Stellen  de^  harten  und 
weichen  Gaumens  und  den  vorderen  Partien  der  freien  Kieferränder. 
jDieae  Verfärbung  wird  nach  einiger  Zeit  gelb,  ihre  Oberfläche  rauhj 
prominent   und  stösst  sich  mit  Eiterkorperchen   vermischt  aIb  dick- 
licher Brei  ab.    Am  3.  Tage  beginnt  vom  Rande  der  Flecke  her  die 
Hegeneration  des  EpitheU  ohne  Spur  einer  Narbe,    Die  Gonokokken 
wurden  bei  Schnittpräparaten  nie  intracellulftr  gefundeu.    Im  Binde- 


384  Cseropin, 

gewebe  warati   ebenfalls  keine    GoDokokkenanBiedelungeii    gefucdea 
(Zeitscbr.  l  Geb.  u.  Gynäk.  Bd.  22,  H.  1  u,  2), 

Feis  beobacbtete  einen  Fall  von  in  utero  erworbener 
Blennorrhoea  neonatorum  gonorrhoica  (Centralbl.  f.  Gjnäk. 
Nr.  45).  Es  geboren  diese  Fälle  von  Äagenblennorrhoe  Neugeborener, 
bei  welchen  das  Ineabationsatadium  in  die  Zeit  vor  der  Geburt  fallt, 
zu  den  Seltenheiten,  wenn  sie  auch  nicht  unbekannt  sind.  Bedin- 
gung zum  Zustandekommen  der  Infection  ist  die  lange  Gebartsdauer 
nach  frühzeitigem  Blaäeiisprung,  Durch  häufige  Ünterauchungen 
wird  das  im  Cervix  befindliche  infectiöae  Beeret  in  die  Höhe  ge- 
schoben und  in  die  Nabe  des  Auges  oder  auch  direct  an  die  Augen- 
lider gebracht.  Desinücirende  Ausspülungen  sind  natürlieb  noch 
Zustandekommen  der  Infection  werthlos,  —  andererseits  war  die 
Gonorrhoe  der  Mutter  in  dem  geschilderten  Falle  vollkommen  latent, 
ohne  objectivö  Erscheinungen ,  so  dass  vorbeugende  Ausspülungen 
unterblieben.  In  unserem  obigen  Falle  hatte  die  Geburt  54  Stunden 
nach  dem  Blasensprong  stattgefunden.  Beide  Augenlider  waren  be- 
reits bei  der  Geburt  geBchwollen  und  geröthet,  die  Bindehäute  hoch- 
gradig geschwollen,  im  Biudehautsack  eine  reichliche  Menge  wässerig 
gelblicher  Flüssigkeit.  Der  Nachweis  von  Gonokokken  konnte 
wenige  Tage  später  in  dem  reicblicheu  Eiter,  welcher  sich  bildete, 
erbracht  werden,  Feis  berichtet  über  einige  ähnliche  in  der  Lit- 
teratur  mitgetheilte  Fälle. 

A.  Sippel- Frankfurt  a.  M. ,  Zur  spontanen  Nabel blutung 
Neugeborener  (Centralbl  t  Gynäk.  Nr*  25).  Den  Geburtshelfer 
interessirt  obiges  Kapitel  zweifelluB,  so  dass  eine  Mittbeilung  dieses  von 
Sippel  beobachteten  Falles  gerechtfertigt  erschein t.  Es  handelte  sich 
um  ein  11  Tage  altes  Kind  gesunder  Eltern.  Lues  oder  Hämophilie 
war  auszuBchliesaen»  Während  des  Verbandwechsels  fing  der  Nabel 
im  continuiriicbeu  hellrotben  Strome  an  zu  bluten.  Stundenlange 
Oompression  mit  dem  Finger,  sowie  eine  umschnürende  Naht  des 
Nabels  konnten  die  Blutung  nur  auf  einige  Stunden  stillen.  Es  war 
zweifellos  eine  Umbilicalartorie,  welche  in  continuirüchem  Strome 
sich  entleerte,  indem  die  mannigfaltigen  Falten  des  eingezogenen 
Nabels  den  pu  Isatoris  eben  Strabl  in  ein  continuirliches  Ausfli  essen 
umwandelten.  Die  von  Sippel  vorgeschlagene  Operation  —  Laparo» 
tomie  behufs  Unterbindung  der  Umbilicaiarterie  in  der  Continuität  — 
wurde  verweigert,  das  Kind  blutete  sich  nach  einigen  Stunden  zu 
Tode.     Die  Section   bestätigte  die  Annabme^   dass   ein  Offenbleiben 


O^Rirtdllfe 


8811 


UittibiBealBrteirie  die  ürsMsii«  d«r  Btahmg  gnwomi  m^  m  dmts 
Tön  BIppel  Torgeadüagesio  Opermtioiii  iMreditigt  gaw^Ben.  wtre. 
feebt6  Artene  wmr  gut  Ihronibosifty  dio  linke  halle  exnen  die 
oieEit  ToUständig  «isMIeiiideii  m  der  Wand  mtifintiendeii 
dbtid,  neben  welchem  das  Lomen  denrt  Uafiieir  duas  eine  von 
l'der  Banchhohle  in  die  Arterie  eingeführte  xiemlieh  di<^e  Sonde  von 
fvdbst  sutn  Kabel  heransfieL    Sippe  1  sieht  die  Ursaclie  der  Btutnng 
einer  mangelhaften  Entwickelung  der  oontrac^len  Kiemente   der 
len  Arterie. 

Für  die  Physiologie  des  Fdtus  nnd  die  Frage  der  fötalen 
Nierens e er etion  ist  ein  von  Eissmann  (Centralblatt  f,  Gyn&k. 
bKr.  26)  ans  der  Entbindungsanstalt  2U  Hannover  mitgetheilter  Fall 
Ton  Interesse,  in  welchem  bei  einer  gesunden  I-para  ein  lebendes 
Kind  im  8.  Monat  der  Schwangerschaft  geboren  wurde,  welches 
A^q  Standen  später  starb.  Die  Section  ergab  folgenden  Befand: 
Doppelseitiger  Kryptorchismus ,  Klumprüase,  Nebennieren  von  ge- 
wöhnlicher Ausbildung.  Die  Nieren  fehlen  beiderseits  ebenso  wie 
die  Ureteren  vollständigf  in  der  sehr  länglicheQ  Blase  ist  an  einer 
Seite  die  Andeutung  eines  Grübchens,  wo  der  Ureter  eiumünden 
sollte.  Beide  Hoden  liegen  mit  ihren  Adnexen  im  grossen  Bocken. 
^Demnach  ist  hier  die  Thatsache  feststehend,  dass  ein  kräftig  ent- 
kelter  Fötus  aus  dem  Anfange  des  8.  Monates  ohne  Nieren  und 
ureteren  lebend  geboren  wurde* 

Schaff  er  (Gentralbl  f.  Gynäk,  Nr.  39)  hat  ähnliche  Fälle  be- 
lobachtet. Bei  einem  9,5  cm  langen ,  30  g  schweren  Fötus  war  bei 
Atreeie  der  Harnröhre  die  Blase  nur  kleingerstenkorngroas  aufge- 
trieben,  welches  Volumen  also  der  Secretion  von  2  Monaten  ent- 
sprechen musste.  Bei  einem  anderen  7  monatlichen  männlichen  Fötus 
^fehlte  der  uropoetische  Apparat  vollkommen.  Auch  aus  diesen  Fallen 
geht  hervor,  dass  die  Haupteotlastung  des  fötalen  Stoffwechsels 
durch  die  Nabelarterien  von  statten  geht,  die  Nierenfunction  also 
unersetzliche  Bedeutung  ist. 


IIL  Gynäkologie. 

1,  AllgemeiDe  gynikologUchc  Pathologie  nnd  Therapie. 

£in€ii   Fremdkörper   im   Uterus  fand    Tannen -Hannover 
(GenlralhL  f.  Gynäk*  Nr.  28).    Die  Patientin  gab  an,  bei  Gelegenheit 
Abortes  sich  mit  Hülfe  einer  Haarnadel  Watte  in  die  Scheide 
sa  haben,  am  die  Blutung  zu  stillen.    Es  bestanden  heftige 


386 


Czempin. 


Schmerzen  beim  Sitzen,  beim  UrinlaBsen  und  bei  der  Defacation, 
Die  SandiruDg  dea  Uterus  ergab  keine  Resultate t  so  dass  Tannen 
an  die  Existenz  eines  Fremdkörpers  nicht  glaubte  und  den  Uterus 
dilatirtef  um  die  Curette  einzuführen.  Bei  der  AbscbabuBg  der 
Uterusschleimbaut  stiess  das  Instrument  auf  einen  Fremd körperi 
welcher  mit  Hülfe  einer  Komzange  unter  gresöen  Schwierigkeiten 
herausbefördert  wurde.  Fraglos  waren  die  Angaben  der  Patientin 
falsch,  da  dieselbe  wohl  die  Haarnadel,  um  den  Abort  zu  provociren, 
sich  in  den  Uterus  eingeführt  hatte,  Tannen  rühmt  zur  Feststellung 
des  Fremdkörpers  die  Curelte,  da  deren  breitere  Fläche  eine  bessere 
AbtastUDg  erlaubt  als  die  Sonde. 

Einen  eigenartigen  Fremdkörper  in  der  weiblichen  Harn- 
röhre fand  Lohn  st  ein  (Deutsche  med,  Wochenaohr,  Nr.  38).  Bei 
einer  24jährigen  Nähterinj  welche  wegen  Cystitis  in  Behandlung  kam, 
konnte  Lob n stein  mit  der  Steinsonde  einen  Fremdkörper  in  der 
Blase  constatiren.  Derselbe  wnrde  nach  Dilatation  der  Harnröhre 
mit  den  S im o naschen  Speculis  entfernt  und  erwies  sich  als  ein  von 
dem  Bräutigam  der  FatientLu  ihr  fälschlich  per  urethram  eingeführtes 
Pesßarium  occluaivum, 

Langrand  et  (0az.  des  höpitaus  1891,  Nr.  74)  empfiehlt  die 
von  Chaumel  angegebenen  V  a  g  in  a  le  i  n  1  a  g  e  n  aus  festem 
(ca.  20  g)  Glycerin  in  Eiform.  Dieselben  werden  mit  den  ver- 
schiedensten Medicamenten  gemischt  dispen^irt  und  von  den  Patienten 
selbst  eingelegt.  Sie  schmelzen  langsam  in  8 — 10  Stunden,  so  dass 
ibre  Anwendung  am  besten  zur  Nacbt  stattfindet.  In  Berlin  hat  die 
Lucae^sche  Apotheke  solche  Vaginaikugein  vorräthig.  Ihre  Anwen- 
dung dürfte  in  manchen  Fällen  bequem  und  erfolgreich  sein. 


Die  palliative  Behandlung  des  Carcinoma  uteri  mit 
Alkohol  führte  Schulz  in  der  Klinik  des  Prof.  Tau  ff  er  in  Buda- 
pest aus  (Centralbl.  f.  Gynäk,  Nn  13)»  Es  bandelt  sich  um  eine 
vorläufige  MittheiluDg,  nur  zwei  Fälle  sind  längere  Zeit  behandelt 
worden.  Beide  waren  inoperabel,  es  bestanden  Cancroide  der  Portio 
mit  Infiltration  des  eeitUchen  Beckenboden s.  Es  wurden  täglich  in 
das  erkrankte  Gewebe  der  Portio  Injectionen  von  5  com  bis  10  ccm 
absoluten  Alkohole  mit  einer  grösseren  Pravaz'scben  Spritze  ge- 
macht. Im  Ganzen  45  resp.  48  iDJectioneUj  1 — 2tägtg.  Die  Schmerzen 
waren  gering*  Es  trat  völliger  Nachläse  der  Blutungen  und  des  Aus- 
flusses ein;  die  Neubildung  schrumpfte  völlig  ein,  das  Gewebe  ver- 
härtete sich,  die  Geschwüre  reinigten  sich,  wurden  kleiner  und  über- 


Gebiirtshülfe  und  Gynäkologie. 


387 


haatetea  sich  sohliesslicli.    Ueber  die  Dauer  der  HeUuEg  läBSt  sich 
noch  nicht»  Sicheres  angeben. 

Ein  Todesfall  nach  Injection  von  Liquor  ferri  sesqui- 
chlorati  in  den  Uterus  wurde  in  der  Bonner  Klinik  beobachtet 
und  von  Pletzer  (CentralbL  f.  Gynäk.  Nn  18)  mitgetheilt.  Es  war 
bei  der  32jährigen  Patientiö,  welche  mehrere  Geburten  liberstaniien 
hatte,  wegen  Retroversio  uteri  und  Endometritis  eine  Abraaio  mucosae 
ausgeführt  worden.  Nach  4  Tagen  wurden  intrauterine  Ausspü* 
lungen  vorgenommen.  Anscheinend  ist  bei  denselben  eine  Läsioti 
der  Utenismusculatur  erfolgt.  Als  bald  darauf  Blutungen  eintraten, 
[  wurden  unter  allen  Vorsichtsmassregeln  2  g  Liquor  ferri  seaquichlorati 
mit  der  Braun*scheQ  Spritze  in  den  Uterus  eingespritzt  und  der  Uterus 
hinterher  ausgespült.  Sehr  schnell  hinterher  traten  heitige  Schmerzen 
und  bedrohliche  Allgemein  erscheinungeu  auf,  welche  nach  21/4  Stun- 
den 2um  Tode  führten*  Bei  der  Section  fand  sich,  dass  von  einem 
in  der  Uteruswand  befindlichen  ca.  [^  ^^  tiefen  Defect  sich  Throm- 
ben in  den  Venen  bis  in  die  Iliaca  communis  fortsetzten,  da^s  auch 
das  diese  Venen  umgebende  Gewebe  bräunlich  verfärbt  war.  Die 
Eisenchloridlösung  ist  also  zweifellos  in  die  oifenen  Venenlumina  der 
üterusw«nd  eingedrungen  und  hat  durch  chemische  Einwirkungen 
auf  das  Blut  den  Tod  herbeigeführt. 

Einen  Uterus  bicornis  unicoüis  mit  Schwangerschaft 
im  rechten  Hörn  beschreibt  S  chep er s- Greifswald  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  20),  Es  trat  Abort  im  G,  Monat  ein.  Aus  dem 
nicht  schwangeren  linken  Hom  wurde  eine  Decidua  noch  vor  er* 
folgtem  Abort  des  rechten  Hornes  ausgestoaaen.  Die  Diagnose  war 
vor  dem  Abort  schwierig,  nach  demselben  Hessen  sich  beide  Homer 
deutlich  abtasten. 

Das  Kapitel  der  Gynatresien  wird  durch  einen  interessanten 
aas  der  Breslauer  Üniversitats-Frauenklioik  von  Glaeser  (Central- 
blatt  f.  Gynäk.  Nr.  33)  mitgetbeilten  Fall  bereichert,  welcher  auch 
gleichzeitig  diejenigen  seltenen  Fälle  illustrirt,  bei  welchen  die  Er- 
dffiQong  der  Bluthöhle  auf  dem  natürlichen  Wege  unmöglich  ist. 
In  der  Frage  der  operativen  Behandlung  der  Gynatresien  ist  das 
gleichseitige  Vorbandensein  einer  Hämatosalpinx  immer  als  von  aus- 
schlaggebender Bedeutung  anzusehen.  Fuld  fand  unter  65  Fällen  in 
der  Litteratur  48mal  tödtlichen  Ausgang,  nachdem  in  39  Fällen  eine 
Operation  vorhergegangen  war.  In  den  Fällen,  wo  eine  angeborene 
Atreme  besteht,  ist  eine  Sicherheit,  dass  die  Patientin  einen  Uterus 


388 


CzempiD- 


besitzt^  nie  völlig  gewährt«  Liegt  also  bei  angeboreDem  Scheideo- 
defect  ein  Bluttomor  weit  von  der  rudimentären  Scheide  entfernt,  so 
ist  die  Differentialdiagnose  zwischen  rudimentärem  ütemshorn  und 
Tube  sehr  acbwierig,  und  dementsprechend  ein  operatives  Vordringen 
von  dem  blindsackformigen  Scheidenkanal  untbunlich,  F ritsch  hat 
in  eolcheu  Fällen  die  Exstirpation  des  Tumors  von  der  Bauchhöhle 
aus,  eventuell  empfohlen^  den  Tumor  nach  möglichst  ausgedehnter 
Resection  in  die  Bauchwunde  einzunähen,  da  dieses  Vorgehen  sicherer 
und  gefahrloser  ist,  als  das  Operiren  von  der  Scheide  aus.  In  dem 
von  Glaeaer  mitgetheilten  Falle  handelte  es  sich  um  eine  derartige 
schwierige  Differentialdiagnose.  Es  handelte  sich  um  eine  28jährige 
Kranke,  welche  die  bekannten  vi  er  wöchentlich  auftretenden  paroxys- 
menartigen  Anfälle  hatle.  Vagina  2  cm  lang,  blindsackf^rmig.  Tief 
in  der  Kreuzbeinauahöhlung ,  etwas  nach  links  ein  gänseeigrosser, 
ovaler  Tumor,  vor  diesem  eine  p fiaumen grosse ,  weiche  Geschwulst. 
Nach  dem  Blindsack  der  Scheide  zieht  von  einem  dieaer  beiden 
Tumoren  ein  derber  Strang,  femer  ist  ein  z\>  eiter  nach  dem  Bliud- 
sack  zu  fahrender  Strang  mit  einer  kirscbgrossen  Anschwellung  an 
seinem  lateralen  Ende  zu  fühlen.  Es  wurde  dem  Befunde  nach 
doppelte  Anlage  der  inneren  G-enitalien  angenommen^  der  eine  ütema 
(der  Strang  mit  dem  kirsoh grossen  Ende)  rudimeniärf  die  grössere 
Geschwulst  als  das  entwickelte  mit  Blut  gefüllte  Corpus  uteri.  Die 
von  F ritsch  vorgeuommene  Laparotomie  ergab  indess,  dass  es  sich 
um  zwei  rudimentäre  Uteri  handelte,  Ber  pflaum  engrosse  Tumor 
war  das  linke,  mit  etwas  sang uinol enter  Flüssigkeit  gefüllt©  Uterus- 
hom,  das  rechte  Uteruahorn  war  solide.  Der  gänseeigrosse  Tumor 
war  das  au  einer  Dermoidcyste  entartete  linke  Ovariara,  das  rechte 
Ovarium  war  klein,  zeigte  aber  Corpora  lutea  als  Zeichen  seiner 
Function.  Die  Uteri  wurden  mitsammt  den  Adnexen  ampetirt.  — 
Dieser  Fall  ergibt  zweifeüos,  dass  bei  demaelben  eine  andere  Art 
des  Vorgehens,  als  von  der  Bauchhöhle  aus^  nicht  gerechtfertigt  war. 


I 

I 


In  der  Aetiologie  der  Fibromyome  des  Uterus  kano 
nftoh  der  Ansicbt  Prochowniok*s  (Deutsche  med.  Wochenschrift 
Nn  7)  constitötionelle  Syphilis  ©ine  Rolle  spielen.  In  einigen  Fällen 
konnte  er  naoh  Quecksilber-  und  Jodbehandlung  eine  deutliche,  aller- 
dings geringe  Abnahme  der  Geschwülste,  Beseitigung  der  Blutungen 
und  Schmerzen  constatiren.  Bei  zwei  nicht  syphilitischen  Myom- 
kranken war  diese  Therapie  ohne  Erfolg.  Häufiger  ist  nach  Pro- 
ehownick  Lues  Veranlassung  zu  chronischer  Me tri tis  und  Endome- 
tritis^ welche  dann  oft  allen  anderen  medicamentösen  und  operativen 


I 


* 


Gebnrtabülfe  und  Gynäkologie, 


389 


ßehandlaogsweiaen  trotzen  und  erst  nach  Grebrauch  einer  antisyphi- 
litischen Cur  heilen. 

DieprimäreUro-Genitalttiberculose  desWeibes  bespricht 
H  e  i  b  e  r g  -  Christiaoia  ( Pestschrift  zu  R.  V  i  r  c  h  o  w's  70.  Lebensj  ahre) 
in  einer  Arbeit,  welche  die  Üro-Genitaltuberculose  überhaupt  zum 
Gegenstand  hat.  Von  84  rälleu  von  Tuberculose  des  Harn-  und  Qe- 
achlechtsap parates  waren  2^  primär^  55  secundär,  von  den  primären 
betrafen  13  weibliche  Personen,  See  und  ar  kommen  neben  den  be- 
kannten Primärherden  in  der  Lunge  und  den  Darmdrüsen  auch  die 
Knochen-  und  Gelenktuberculosen  in  Betracht.  So  kann  eine  tuber- 
culose  Erkrankung  des  Vaa  deferens  oder  der  Tuba  Fallopii  durch 
Infection  von  einer  tuberculösen  Coxitis  entstehen.  Von  den  13  Fällen 
von  primärer  üro-Genitaltüberculose  bei  Weibern  waren  drei  isolirte 
Tuberculose  der  Harnwege,  fünf  isolirte  Genitaltubercülose,  die 
übrigen  fünf  combinirte  Erkrankungen  beider  Organe.  Eine  Kranke 
war  63  Jahre  alt  geworden,  die  übrigen  hatten  im  Alter  von  18  bis 
25  Jahren  gestanden.  Die  Tuberculose  beginnt  meist  an  den  Tuben 
am  abdominalen  Ende.  Von  hier  aus  wird  der  Uterus  inficirt.  In 
den  Ovarien  findet  man  meist  käsige  Bröckel,  selten  Eruptionen  von 
Tuberkeln  auf  der  Innenwand  kleiner,  mit  käsigem  Brei  erfüllter 
Cysten.  Die  Infection  erfolgt  auch  hier  von  den  Tuben  ans*  Zu- 
weüen  geht  von  der  Genitaltuberculose  eine  tuberculose  Affection 
dee  kleinen  Beckens  aus,  welche  grosse  eiterige  Zerstörungen  her- 
vorruft und  schliesslich  zur  Miliar  tuberculose  oder  zur  tuberculösen 
Peritonitis  führt 

A.  Schäffer^  Die  elektrische  Behandlung  der  Uterus- 
m  y  0  m  e  (Therap.  Monatsk,  Sept.),  bat  48  Fälle  dar  V  e  i  tischen 
Klinik  nach  der  A  p  o  stoli'schen  Methode  behandelt.  In  der 
Stromstärke  ging  er  nur  so  weit,  als  es  die  Kranke  ohne  lebhafte 
Schmerzempfindung  aushalten  konnte«  Br  begnügte  sich  in  den 
ersten  Sitzungen  mit  70—140  M.A.  und  stieg  später  auf  200— 240  M,A. 
Die  Bauchelektrode  wurde  den  Angaben  Apostoli'S  entsprechend 
Äshr  gross  genommen,  ca.  600  qcm.  Vor  allen  Dingen  ist,  um  irgend 
einen  Erfolg  su  erzielen,  eine  consequente  Durch  füll  rung  der  Methode, 
ca.  20 — 40  Sitzungen,  erforderlich.  Er  wandte  stets  die  intrauterine 
Sonde,  niemals  die  directe  Punctur  des  Tumors  an.  Er  betont,  dass 
die  peinliche  Antisepsis  bei  der  Ausführung  der  elektrischen  Methode 
onnöthig  ist,  schon  vor  allen  Dingen  deswegen,  weil  sie  ihren  Zweck 
eicht  völlig  erfüllen  kann,  dann  aber  auch,  weil  die  energische  Des- 
infection  des  Cervicalkanals  nicht  ungefährlich  ist.     Schaff  er  hat 


390 


Czempin. 


in  cö.  2000  Sitzungen  j  welche  er  ohne  Anwendung  einer  Vaginal- 
oder Cervicaldesinfection  vorgenommen  hatte j  niemals  eine  Infection 
oder  sonstige  üble  Nachtheiie  beobaohten  konneD.  Was  nun  die  mit 
der  Elektricilät  erzielten  Erfolge  anlangt^  so  gesteht  Schaff  er  offen, 
dass  ein  Versch winden  oder  Kleinerwerden  der  Myome  in  keinem 
der  48  Fälle  beobachtet  worden  ist.  Er  hält  alle  gegen theiligen 
Beobachtungen  für  Fehler  in  der  Untersuchung,  Dennoch  hält  er 
die  Apostoli'ache  Methode,  wenn  er  sie  auch  ala  radicalea  Heil* 
mittel  nicht  gelten  lassen  kann,  doch  für  ein  eehr  schätzens- 
werthes  Palliativmittel,  welches  im  Stande  ist,  die  Symptome  zu 
beseitigen.  Für  die  Wirkung  der  Behandlung  sind  von  48  Fäüen 
nur  Bß  zu  verwenden,  während  12  ans  äusseren  Gründen  sehr  bald 
aus  der  Behandlung  ausschieden.  Von  diesen  36  Fällen  sind  20  in- 
sofern geheilt,  als  alle  Krankheitesymptom©  vollständig  verschwan- 
den, die  Blutungen  normal  wurden  im  menstruellen  Typus  und  voll- 
ständig schmerzlos  verliefen,  die  sonstigen  Beschwerden,  wie  Urin- 
drang etc.  aufhörten.  Ja  in  einem  Fall  trat  ein  Jahr  nach  Beendi- 
gung der  Behandlung  zum  ersten  Mal  nach  Sjähriger  steriler  Ehe 
Schwangerschaft  ein,  welche  zur  normalen  Enthindung  führte.  Der 
Erfolg  trat  in  diesem  Falle  nicht  gleich  nach  den  ersten  Sitzungen 
ein^  im  Gegentheil  vermehrten  die  ersten  Sitzungen  die  Bescb werden, 
und  verloren  sich  dieselben  erst  im  weiteren  Verlauf  der  Behand- 
lung. Secbs  Fälle  wurden  wesentlich  gebessert.  Zwar  wurden  die 
Menorrhagien  geringer,  doch  blieben  eine  Reihe  von  Beschwerden 
zurück.  Fünf  Fälle  wurden  in  keiner  Weise  durch  die  Behandlung 
beeinfiusst,  fünf  Fälle  wurden  durch  die  elektrische  Behandlung  ver- 
schlimmert. In  diesen  fünf  Fällen  handelte  es  sich  ausnahmslos  um 
submucöse  Myome.  Pathognomisch  für  diesen  Sitz  der  Myome,  der 
vorher  nicht  mit  Sicherheit  constatirt  werden  konnte,  ist,  dass  regel- 
mässig nach  den  elektrischen  Sitzungen  die  Blutungen  verstärkt 
auftreten.  Infolge  dessen  hält  Schaff  er  das  Yorhandensein  eines 
intrauterinen  Myoms  für  eine  directe  Contraindication  gegen  die 
Anwendung  der  A  p  o  s  t  o  1  loschen  Methode.  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  15;  Zeitschr.  L  Geb.  und  Gynäk.  Bd.  23,  S.  3.) 

A.  Martin  und  Mackenrodt  fällen  dagegen  ein  sehr  un- 
günstiges ürtbeil  über  den  Werth  der  Elektrotherapie  der 
Myome.  Sie  sehen  in  dieser  Behandlungsweiee  ein  ungeeignetes 
Verfahren ,  das  den  Kranken  grosse  Opfer  an  Schmerzen  und  Zeit- 
verlust zumulhet,  weniger  als  einem  Drittel  symptomatische  Besse- 
rung, wahröcheinlich  nie  Heiiang,  in  mebr  als  einem  Drittel  Ver- 
schlechterung bis  2ur  Lebensgefahr  bringt. 


Gebartshulfe  and  Gjroäkotogie. 


S9I 


Einen  bemerkenswerthen  Wink  zur  Aetiologie  des  Prolapses 
Ton  Uterns  und  Vagina  gibt  Rueter-Hambnrg  (Centralblatt  för 
OjDäk.  Nr.  37).  Er  fand  bei  einer  Patientin,  bei  welcher  er  wegen 
Prolapsus  uteri  et  vaginae  die  Ventroüsatio  nach  Leopold  gemacht 
hatte,  ein  Kecidiv.  Bei  genaner  üntaranchung  der  Patientin  fand 
er  eine  ganz  ausserordentlich  hochgradige  Verminderung  der  Becken* 
neignng.  Die  Becken eingaugsebene  war  beinahe  horizontal,  so  dasa 
die  Symphyse  hoch  stand,  und  die  Vulva  stark  nach  vom  gerichtet 
war*  Kueter  bestimmte  bei  dieser  Patientin  den  Neigungswinkel 
des  Beckens^  indem  er  vom  Oberrand  der  Symphyse  und  vom  Dorn- 
fortsatz des  fünften  Lendenwirbels  je  ein  Loth  zum  Fussboden  fällte, 
die  DififereDz  der  Lange  dieser  Lothe  durch  die  Entfernung  der  beiden 
Pusspunkte  dividirte:  die  erhaltene  Grösse  ergab  die  Tangente  des 
gesuchten  Winkels,  welcher  selbst  sich  dann  aus  den  Logarithmen- 
tafeln ersehen  läss.t.  In  dem  mitgetheilten  Fall  betrug  der  Neigungs- 
winkel 24^.  Ee  hatte  hier  also  das  Becken  eine  solche  Richtung 
zur  Körperaxe  und  besonders  zur  Axe  der  Leibeshöhle,  dass  es 
den  gesammten  Inhalt  derselben  sowie  auch  den  Druck  der  Bauch- 
presse tragen  musste.  Bei  weiteren  Untersuchungen,  welc-he  Kueter 
an  seinen  Prolapspatientinnen  vornahm,  schwankte  die  Grösse  des 
Winkels  zwischen  24  ^  und  45",  während  der  Neigungswinkel  gut 
gebauter  Frauen  ca.  50**  und  mehr  betragen  muss.  Bei  der  Wich- 
tigkeitf  welche  diese  Thatsaohe  für  jeden  Gynäkologen  haben  muss, 
bedarf  sicherlich  die  Angabe  Rueter*s  einer  weiteren  Nachprüfung 
bei  einem  grösseren  Material.  Sollte  sich  die  Richtigkeit  dieser  An- 
sicht ergeben,  so  würde  von  Hause  aus  eine  Anzahl  von  Patientinnen 
von  einer  plastischen  Operation  ausgeschlossen  werden  müssen. 

2,  Vaginale  Operationen,  Exetirpation  de^  Uterufl, 

F.  Trendelenburg-Bonn  veröffentlicht  zwei  neue  Fälle  von 
Operation  der  Blasenscheidenfisteln  von  der  Blase  aus 
(Deutsche  med»  Wochenschr,  Nr,  25)»  In  beiden  Fällen  waren  die 
Fisteln  von  der  Scheide  aus  nicht  genügend  zugängig,  so  dass 
Trend elenburg  in  Beckenhochlagerung  die  Blase  durch  einen 
Querschnitt  oberhalb  der  Symphyse  freilegte  und  dann  extraperito* 
Deal  durch  Querschnitt  eröffnete.  Die  Fistel  wurde  in  dem  ersten 
Falle  durch  Seidennähte,  welche  in  der  Scheide,  und  Catgutnähte, 
welche  in  der  Blase  geknotet  wurden^  vernäht,  die  Blasenwunde  bis 
auf  eine  kleine  DrainofFnung  geschlossen,  der  prävesicale  Kaum  mit 
Jodoformgaze  tamponirt.  Die  Patientin  wurde  dann  dauernd  in 
Seitenlage  gebracht.    Heilung   complicirt   durch   einen   Hauchbmch. 


392 


Gzempin. 


I 


Der  zweite  Fall  war  ausäerordeDÜicli  schwer  infolge  starken  Fett- 
polster der  Patientin  and  Kleinheit  der  Blase.  Trendelen  barg 
resecirte  einen  Theil  der  Symphyse  temporär.  Die  Operation  dauerte 
&  Stunden.  Die  Heilung  wurde  durch  Nekrose  des  resecirten  Sym- 
physen Stückes  aufgehalten*  Dennoch  wurde  de&nitive  Heilung  der 
Fistel  erzielt, 

Czempin* Berlin  wandte  in  einer  Reihe  von  Fällen  mit  sehr 
gutem  Erfolge  das  Verfahren  der  Lappenbildno^  bei  der 
Dammplastik  an  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  20).  Das  Verw 
fahren,  das  in  den  früheren  Jahrgängen  dieses  Jahrbuchs  (1889,  8.325 
bis  1892,  8.367  fif.)  bereits  beschrieben  worden  ist,  besteht  bei  completen 
Dammrissen  in  einer  Spaltung  des  Septum  recto- vaginale  dorch  einen 
queren  Schnitt ^  an  dessen  beiden  Enden  sich  nach  oben  und  unten 
senkrechte  Schnitte  anschliessen.  Auf  solche  Weise  wird  ein  oberer 
Scheiden-  und  ein  unterer  Mastdarmlappen  gebildet,  Csempin 
modificirte  die  Naht,  da  es  sich  in  allen  seinen  Fällen  um  hoch  hin- 
aufreichende Mastdarmrisse  handelte,  insofern,  als  er  die  Mastdarm- 
wunde  für  sich  nähte,  dann  die  Scheiden-  und  Mastdarm  wände 
schioBS*  Czempin  rühmt  diesem  Verfahren  zunächst  eine  ausser* 
ordentliche  Sicherheit  des  Erfolges  nach,  femer  den  Vortbeil,  d&ss 
bei  eventuellem  Versagen  durch  Infection  etc.  keine  VergrÖssernng 
des  Defeets  eintritt,  wie  dies  bei  der  Anfrischungsmethode  ganz 
selbstverständlich  ist. 

Eine  kleine  Mastdarmscheidenfistel,  weiche  an  der  Gh-ease 
zwischen  erstem  und  zweitem  Drittel  der  hinteren  Scheidenwand  lag^ 
gab  Czempin -Berlin  Veranlassung,  die  operative  Heilung  dieaetr 
Fistel  nicht  auf  dem  alten  Wege  der  Anfrischung  zu  versuchen,  sondem 
ebenfalls  nach  dem  Princip  der  Lappenspaltung  (Tai t- Sänger)  aus* 
zuführen.  Ein  senkrecht  über  die  Fistel  hinweg  geFöhrter  Schnitt 
spaltete  die  Scheidenschleimhaut  bis  zum  Septum  recto-vaginale,  die 
Scheiden  Schleimhaut  wurde  nach  links  und  rechts  zurückpräparirt, 
so  dass  die  in  der  oberen  Mastdarmwand  befindliche  FistelöÜiiaDg 
sichtbar  wurde.  Ohne  jede  w^ eitere  Anfrischung  wurde  von  der 
Scheidenwunde  aus  die  Mastdarmfistel  durch  Nähte,  welche  die 
Fistel  und  etwas  ober-  und  unterhalb  gelegenes  Gewebe  nach  unten 
einstülpten^  geschlossen  und  darüber  die  Scheidenwunde  incl.  der 
Scheidenfistel  vernäht«  Die  Heilung  erfolgte  prompt  —  Dies  Ver- 
fahren passt  gut  für  kleinere,  tiefer  gelegene  Fisteln  mit  nicht  sn 
narbiger  Umgebung*  Im  Falle  eines  Misserfolges  ist  eine  Vergrös- 
serung  der  Fistel  nicht  zu  befürchten,   wie  dies  zweifellos  bei  der 


I 


I 


I 


Geburtshülfe  nnd  Gynäkologie. 


39ä 


An&ischiiiig  der  Eistel  der  Fall  sein  würde*    (C^ntralbl.  für  Gjnäk. 
Nr.  14,) 

Boisleux- Paris  (CentralM.  für  Gynäk.  Nr.  29)  löste  in  siebeu 
Fällen  von  fixirter  Retroflexio  uteri  oder  Verwach siingeo  der  Adnexa 
die  Verwachsungen  von  der  Scheide  ana  durch  eine  Operation, 
welehe  er  intraligamentäre  Elytrotomle  nennt»  Sie  besteht  in 
einer  Eröffoung  des  Bouglas'schen  Baumes  durch  einen  in  sagit- 
taler  Richtung  zwischen  den  beiden  Ligamenta  sacro-nterina  ver- 
lanfenden  Schnitt,  welcher  gestattet,  den  Finger  einzuführen  und 
dann  im  Dunkeln  allerlei  ManipulatioDen  vorzunehmen.  Zu  ver- 
tfaeidigen  von  den  vom  Verf.  aufgestellten  Indicationen  ist  allein  die 
Lösung  des  fixirten  retroflectirteu  Uterus,  allenfalls  noch  die  lucision 
zu  diagnostischen  Zwecken.  Nach  Lösung  des  retroflectirten  fixirten 
Uterus  führt  Boisleux  einen  starken  Drain  mit  Querbalken  ein, 
welcher  die  Wieder  Verwachsung  der  Adhäsionen  verhindern  soll  und 
den  Abfluss  der  Secrete  ermöglicht.  Er  macht  durch  diesen  Drain 
„Ausspülungen  der  Peritonealhöhle  mit  Borlösnng^. 

Eine  neue  operative  Methode  der  Retro flexi o  uteri  veröffent- 
licht Mackenrodt- Berlin  (Deutsche  medic.  Wochenschrift),  Das 
Princip  seines  Verfahrens  ist  folgendes;  Die  Scheide  wird  durch 
einen  sagittal  vom  Urethralwulst  bis  zur  Portio  laufenden  Schnitt 
gespalten,  an  dem  unteren  Ende  des  Schnittes  wird  quer  nach  links 
und  rechts  ein  zweiter  Schnitt  angelegt.  Der  so  umschnittene  doppel- 
seitige dreieckige  Scheid enlappen  wird  nach  rechts  und  links  surück- 
praparirt.  Hierauf  wird  die  Blase  stumpf  vom  Uterus  bis  etwa  1  cm 
über  dem  inneren  Muttermund  vom  Cervix  stumpf  abgelöst.  Der 
in  Anteflexion  gebrachte  üteras  wird  nunmehr  mit  dem  Scheiden- 
kppen  durch  drei  tiefe  Nähte  vernäht,  so  dass  die  Nähte  den 
Scheidenlappen  der  einen  Seite  fassen,  durch  die  Uterussub stanz 
gehen  nnd  auf  dem  Scheidenlappen  der  anderen  Seite  herausgestochen 
werden.  Dann  wird  die  übrige  Wunde  vereinigt.  Die  Methode  hat 
?or  der  Schuck  in  gesehen  unleugbare  Vortheile.  Man  operirt  bei 
völlig  klaren,  offenen  Verhältnissen,  sie  ist  technisch  leicht  und  sicher 
aosf^rbar,  Nebenverletzungen  sind  ausgeschlossen.  Ob  sie  indessen 
bilt,  was  sie  verspricht,  kann  erst  nach  weiteren  Beobachtungen 
Qütsckieden  werden. 

Wolter  berichtet  über  die  auf  der  chirurgischen  Station  des 
allgemeinen  Krankenhauses  zu  Hamburg  in  den  letzten  10  Jahren 
ausgeführten  vaginalen  Totalexstirpationen  des  carcinoma- 
töaen  Uterus,    Im  Ganzen  wurden  47  ausgeführt   Er  ist  der  An- 


394 


Ctempin* 


sieht  ^  dasa  auch  bei  Carcioom  der  Portio  dar  Uterus  völlig  zu  eot- 
fernen  sei,  da  die  Möglichkeit  einer  VerbreituDg  der  maligneD  Neu* 
bildungeu  auf  das  Corpus  Dicht  auszuschlieaseii  eei^  woför  auch  der 
häufige  Befund  chronischer  EDdometritis  corporis  bei  Carcinom  des 
Scheidentheils  sprichl.  Für  die  Prognose  der  Operation  und  der 
definitiven  Heilung  iat  die  Vermeidung  jeder  Berührung  der  carcino- 
matösen  FlÄobe  mit  dem  Peritoneum  unbedingt  nothwendig.  In- 
folge dieser  Absicht  wurde  jedesmal  die  Peritonealwunde  durch  die 
Naht  vollkommen  geschlossen.  Bei  sehr  ausgebreiteter  Erkrankung 
beschleunigt  dies  operative  Eingreifen  nur  das  Recidiv  und  gestaltet 
den  ganzen  Krankhei  tsver  lauf  weit  ungünstiger.  (Jahrb.  der  Hamb, 
8taatskrankenanstalten,  2.  Jahrg.) 

Tipjakoff-Saratow  (Centralbl.  für  Gynäk.  Nr.  43)  berichtet 
über  50  in  den  letzten  2  Jahren  ausgeführte  Operationen  bei  ma- 
ligoen  Neubildungen  der  Gebärmutter,  35  Krebse  des  Cervix,  12  des 
Corpus  uteri,  und  3  Adenome  der  Uterusschleimhaut,  Fünfmal  wurde 
nur  die  Vaginal portion  amputirt,  25mal  der  Cervix  aupravaginal  ex- 
cidirt,  5mal  Exstirpatio  uteri  totalis  bei  Cervixcarcinom ;  bei  den 
12  Krebsen  des  Uteru&körpers  und  den  3  Fällen  von  Adenom  wurde 
der  Uterus  total  exätirpirt,  darunter  einmal  von  der  Bnuchhöhle  aus. 
Ueber  den  Endeffect  der  Operationen  berichten  beide  Autoren  nichts. 

Die  Totalexstirpation  eines  im  6.  Monat  graviden  Ute- 
rus wegen  Carcioom  führte  ßtocker-Luzern  (Centralblatt  flir 
Gynäk.  Nr.  32)  aus.  Es  bandelte  sich  um  eine  36jährige  IX-para, 
in  deren  Familie  anscheinend  viele  Krebserkrankungen  vorgekommen 
waren.  Während  der  Schvi^angerschaffc  im  6.  Monat  bestand  ein 
carcinomatöser  Tumor  der  rechten  Cervixbälfte  mit  bereits  statt- 
gehabter Ulceration,  Stock  er  ging  so  vor^  dass  er  die  Laparotomie 
machte  und  zunächst  die  breiten  Mutterbänder  des  vorgewäkten 
Uterus  beiderseits  abband  und  abtrennte.  Dann  wurde  der  Schlauch 
angelegt,  der  Uterus  incidirt,  der  während  der  Operation  abgestor- 
bene Fötus  entfernt.  Der  Uterus  wurde  mit  seinen  Anhängen  ab- 
gesetzt, der  Cervicalkanal  mit  concentrirter  Carbolsäure  desinficirt. 
Darauf  wurde  die  Bauch  wunde  geschlossen.  Die  Patientin  warde 
in  Steissrückenlage  gebracht,  der  Cervix  in  gleicher  Weise  wie  bei 
der  vaginalen  Totalexstirpation  ausgelöst«  Die  Heilung  war  eine 
sohnelle*  8  t  o  c  k  e  r  empfiehlt  dieses  Verfahren ,  welches  er  der 
von  A.  Martin  für  Myomotomien  angegebenen  Methode  nachge- 
bildet hat.  Den  carcinomatöflen  Cervixstumpf  von  der  Bauchhöhle 
zu  entfernen,  widerrath  er,  da  leicht  das  Peritoneum  dabei  inficirt 
wird. 


I 


I 


Im  JP^nukknach  hmi  lirfr  id   qbl   HT»*pr   Jbic^i.  eiitt-  Ci^ienciaL 
vaginale  Hjaterekic*»:«  ak.  bsaakämflE   -«irc   nnc  -veüsbt  dk 

nck  &ei  iiaeäi  ■nrnrin  in  ck  Ssöieää^  zc  emi&srBL  rvcji.  cütcl  Ait^ 
^Afamgen  tob  der  Sekeiie  aas  snäder:  zu  iraräsi:^  I>ie  ers:si:  TTr- 
hAer  dieMr  (^MKaSaan  Bnd  Pe&x  imc  St^c  c  x  i.  Eine  tTHTLiirDC^ 
DanteUang  der  Operatkai  ^ßih  lenzserar  De  rcxssäracsamie  Tariiuuf 
dana  le  tnitaBent  des  tf  ^»nraDODg  pEL*Tiacxifi&  Eem£  5e  dtircrpe 
1891,  Nr. 4).  la  diaeer  Minhwhing  Terf^r»  S^grxd  ^tierSFiIi&. 
In  eaner  giöauLmi  Debaae^  vekke  aic  zaaxi  ersfiBS  izxsflmiiion&jeL 
gjnikalogiirhwi  CoagiBBs  in  fiMsael  wtamiKKa  umA  Deoiaciie  mei. 
Wodwaachr.  Xr.  -I^,.  dieahe  Scgcxic  berehe  93  Filk  tod  Hv^i^r- 
efaoarie  auL  Die  Opermtacm  ist  kedz»  ^iBXS^cr  eülmi'giaehc,  es  wird 
der  Uteroa  qaer  gienhak  and  sizseik  Xomzacgen.  Sckeere  imd  Mcsdo* 
80  weit  acffataekeh,  bis  man  as  den  £iieii»erd  kcmimt.  Die  Km- 
Btflhmg  wird  dnrck  Klemmungen,  welche  üe^en  bieiben.  be&orzx. 
In  Dentaehlaiid  hat  Lasdaa  ^CsntnJbL  f.  Gyz^ik.  Xr.  S5>  ic 
swei  Filkn  operirL  In  diesen  mhgetbeilTen  fallen  handelt  es  sivii 
OB  aehr  lang  daaemde,  diieet  im  Bindegewebe  des  Beckenbodens 
deponirta  EiteriMide.  Hier  ist  iTnTnwhiii  ans  iheoretidchen  Gnnden 
die  Operation  aa  Tcrtheidigen,  da,  wie  Landau  henrorbebt,  dizrch 
die  Entfennmg  des  Uierns  oder  eines  Theües  desselben  eine  weit 
ausgiebigere  Ineiaion  der  Abaoeashöhle,  Entleenmg  derselben  nnd 
Aaaspüfaing  möglich  ist  Ob  practisch  dieser  Eingriff^  der  doch  mit 
einer  erschreckenden  Verstämmelnng  des  üteros  und  einer  noth- 
wendig  folgenden  schweren  narbigen  Yerziehung  der  Beckenorgane 
▼arbunden  ist,  in  seinen  Heilwirkungen  sich  rechtfertigen  Usst,  ist 
heute  noch  kaum  abzusehen.  Die  französischen  Veröffentlichungen, 
welche  €ast  nur  von  ausgezeichneten  Heilungen  sprechen,  stehen  nicht 
in  genfigender  Ausführlichkeit  für  eine  kritische  Beurtheilung  zur 
Yerfägung.  In  den  beiden  Fällen  von  Landau  heilte  einmal  der 
Sack  bis  auf  eine  Fistel  aus,  im  anderen  Falle  war  der  Erfolg  an- 
scheinend ein  sehr  geringer,  die  Entleerung  der  Eitersäcke  eine  so 
ungenügende,  dass  im  weiteren  Verlauf  noch  von  den  Bauchdecken 
her  incidirt  werden  musste.  Ganz  unlogisch  erscheint  indessen  die 
Empfehlung  der  Operation  bei  denjenigen  Eiteransammlongen,  welche 
in  präformirten  von  der  Bauchhöhle  abgeschlossenen  Organen  ihren 
Platz  haben,  z.  B.  Pyosalpinx,  Ovarialabscess.  Hier  rechtfertigen  die 
französischen  Operateure  den  Eingriff  mit  der  These,  dass  es  rieh- 


396 


Czempin. 


tiger  m%  den  Uterus  fortzunehmen  und  die  erkrankten  Adnexa  ihren 
Eiter  entleeren  zu  laaseu,  als  die  erkrankten  Adnexa  zu  entfernen, 
der  PatieDtin  aber  den  unnützen  Uteras  zu  srhalteo,  auMSerdem  aber 
ihr  noch  eine  Laparotomienarbe  zuzufügen.  Eine  sDlohe  Eechtfer 
tigung  bedarf  keiner  Widerlegung. 


Allgemeines  über  Laparotomien:   Oynriotoinie; 
31  y  o  m  o  t  ü  m  i  e. 


J 


N.  Flai schien -Berlin  bespricht  in  einer  kleinen  Monographie 
die  Indicationen  znr  Laparotomie  bei  gynäkologischen 
Erkrankungen  (Berl  Klinik  H,  45).  Er  entwirft  in  kurzen  Um- 
rissen ein  Bild  von  dem  heutigen  Stande  der  IndicatioDen.  Q&m 
dringend  fordern  wachsende  Ovarialtumoren  zur  Entfernung  der- 
selben auf,  zumal  da  bekauntermassen  dieselben  eine  starke  Neigiing 
zu  maligner  Entartuug  haben.  Aach  maligne  Ovarialtumoren  müssen 
durch  die  Operation  angegriffen  werden,  da  Besserung  auf  Monate 
und  Jahre  hioaus  beobachtet  worden  ist^  selbst  bei  Fällen^  in  denen 
die  papillären  Excrescensien  bereits  das  Peritoneum  bedeckt  hatten. 
Nur  bei  fest  mit  der  inültrirten  Umgebung  verwachsenen  Tumoren  oder 
bei  derber  maligner  Infiltration  des  Peritoneum  ist  von  der  Opera- 
tion abzustehen,  Ovarialtumoreo,  welche  eine  Schwangerschaft  com- 
pliciren,  fordern  dringeod  7MV  baldigen  Operation  auf,  da  sonst  Abort, 
Ruptur  des  Tumore,  Stieltorsion  oder  Geburtshindernisae  eintreten 
können.  Die  Indication  zur  Castration  ist  sehr  einzu schränken. 
Flaischlen  empfiehlt  die  Castration  wegen  Blutungen  bei  Mjomen. 
Bei  incompivcirter  Hydrosalpinx  ist  von  der  Operation  abznrathen, 
nur  bei  bedeutender  Grösse  derselben,  Complication  mit  Perimetritis 
und  Oophoritis  ist  die  Operation  indicirt.  Die  Operation  bei  Pyo- 
aalpinx  hilft  trotz  primärer  guter  Heilung  nicht  immer  gegen  die 
Beschwerden,  welche  bäofig  nach  der  Operation  wiederkehren.  Die 
Operation  ist  weit  gefährlicher  als  die  der  Hjdrosalpinx.  Die 
uncomplicirte  Tubengravidität  erfordert  sofortige  Operation,  bei  er- 
folgter Ruptnr  ist  jeder  Fall  für  sich  sorgsam  zu  erwägen ,  ob  eine 
Operation  noch  zu  wagen  ist.  Auch  in  der  zweiten  Hälfte  der 
Extrauteringravidität  ist  die  Entfernung  des  Fruchtsackes  so  früh 
wie  möglich  ohne  Rücksicht  auf  das  Kind  vorzunehmen.  Specielte 
Auimerksamkeit  in  der  Berücksichtigiing  der  Indication  verlangt  die 
Myomotomie.  Die  Gefährlichkeit  der  Operation  erfordert  ein  sorg- 
fältiges Abwägen  der  Beschwerden  der  Patientin,  ihres  Kräfte- 
SQStandes,  ihres  Alters. 


I 


I 


I 


»7 
Der  IleQft  pQ«t  lapar«toKi&B  ts(  BackSUix-DreaGks  (Oia- 

•pecHU  die  XoOModfi 

(0^2  ^Qh  Toe  irdeham  5  staEkoa.  Sedbs  KUe  wurd«»  nun 
Male  openrt,  vott  fiaMB  wvdeR  d  gerollet.  Seit  dem  mtep* 
Ter&kiw  eriDsnkt»  rae  llS  nnr  4  Knak«  (S^tt^e)* 
Iliae  8ldt  infltwwin  ooek  imaer  eme  Iftohe  ffiffisr  dar,  latereesaiil 
siad  die  bei  senieii  zweiten  OperatJODep  gemachten  Beobaelitttiigeii 
dee  Yerl*&  Er  find  sIsIb,  dase  der  DaroiTerediliaas  dnreh  mnm  Döaa* 
daraneiiliiige  herroigerufen  worden  wer,  weldie  mit  der  Schaitl* 
fliehe  dea  Stietei  woA  swar  meiat  ¥iaiaitteld  eines  Blntcoagoliim  irar^ 
war.  De  die  Adbiaioiieii  ganz  leicht  darch  Zug  losbar  waren, 
achloas  Klotz  daraaBi  daaa  dieae  liosang  der  verklebten  Stellen 
aaefa  aucb  ohne  Operation  lediglich  durch  Anregung  der  Peri« 
italtik  erzielen  lassen  müsse.  Er  erreichte  dieselbe  durch  eine 
Magenauaspülung  von  4 — 6  Litern  lauwarmer  Kochsalzlösung.  Lieea 
dies  Mittel  im  Stich «  so  wurde  diese  Magenansspiilung  noch  einmal 
Forgenommen,  und  im  Anscbloss  daran  50  g  Ricinusdl  in  den  Magen 
gegoaaen.  In  allen  so  behandelten  Fällen  sistirte  das  Erbrechen  ao- 
fori,  nach  2  — B  Stunden  erschienen  Flatus,  nach  längstens  IG  Stunden 
StokL  Die  Behandlung  wurde  am  4,-5.  Tage  nach  der  Operation 
nach  Stellang  der  Diagnose  eiogeleitet. 

Znr  Frage  der  Tamponade  der  Bauchhöhle  tbeilt  v.  Ott- 
Petersburg  (Centralbl  fc  Gynak*  Nr.  32)  mit,  dass  er  die  Miku* 
lics'ache  Idee  der  Ausfillung  todter  Räume  in  der  Peritonealhöhle 
in  drei  Fällen  derart  modificirte,  dass  er  die  Jodoformgazeatreifeu 
nach  Darchstossung  des  Scheidengewölbes  mittels  einer  Kornzange 
nadi  der  Scheide  hin  durchleitete,  den  todten  Raiimi  in  allen  seinen 
Fällen  das  Caviim  Douglasii,  mit  Jodoformgaze  ausfüllte  und  darüber 

Banchhöhle  schloss.  Er  sieht  in  dieser  Modification  dea  Ver- 
sa verschiedene  Vortheile.  Zunächst  ist  die  Verklebnng  der 
Darmschlingen  vermindert  resp»  ganz  verhindert,  welche  zweifellos 
bei  dem  Durchleiten  der  Gaze  durch  die  Bauchwunde  am  Uelior- 
gang  vom  kleinen  zum  grossen  Becken  eintreten  muss*  Ferner  bcilt 
die  Bauchwunde  per  primam,  drittens  verliert  der  aus  der  Wunde 
fcosragende  Theil  der  Jodoformgaze  in  der  Scheide,  in  wolohor  or 
feucht  bleibt,  nichts  von  seiner  Aufäaugeftthigkelt,  während  er 
oberhalb   der  Bauch  wunde  fast  stets  schnell  vertrocknet  und  so  an 


398 


Czempin. 


SecretverbaltuDgen  führt.  Endlich  soll  die  Möglichkeit  der  Imfection 
geringer  sein.  Der  Vorschteg  von  v.  Ott  ist  indess  keineswegs  neu, 
vielmehr  zweifellos  von  jedem  Operateur,  der  viel  operirt,  bereits 
ausgeführt  worden*  Der  Durchleitung  der  Gaze  durch  die  Bauch- 
wunde  haften  die  gerügten  Mängel  thatsächlich  an.  Es  kommt  zu 
Secretverhaltungen  oft  schon  nach  24  Stunden^  ganz  sicher  nach 
48  Stunden,  Ferner  wird  durch  die  Secretioo  sehr  häufig  die  übrige 
Bauch  wunde  inficirt,  und  es  kommt  zu  Phlegmonen  der  Bauch  decken. 
Die  Secretverhaltuug  ist  indessen  weit  grösser,  wenn  nach  der 
Scheide  zu  drainirt  wird,  da  die  Oeffnung  ja  naturgemäsa  eine  relativ 
kleine  bleibt,  und  Ref,  selbst  ist  von  dieser  von  ihm  seihst  häufig 
ausgeübten  (uiid  auch  veröffentlichten)  Form  der  Tamponade  wieder 
abgekommen.  Am  besten  fährt  man,  wenn  man  die  Fälle  von  Tam- 
ponade auf  das  Minimum  beschränkt ,  dann  aber  durch  die  Bauch- 
wunde  tamf>onirt  und  hier  eine  sehr  grosse  Oeffnong  läsat  (Ref.). 


Aus  Japan  berichten  Omosi  und  Ikeda  (Centralblatt  für 
Gynäk.  Nr.  52)  über  hundert  von  ihnen  ausgeführte 
Ovariotomien,  nachdem  vor  2  Jahren  hereits  ein  Bericht  über 
50  Ovariotomien  in  der  Berliner  klinischen  Wochenschrift  erstattet 
worden  war.  Die  Operationen  fanden  unter  den  peinlichsten  anti- 
septischen  Vorbereitungen  statt  Im  Ganzen  wurden  81  vollendet 
und  geheilt,  14  wegen  allerlei  Complicationen  nicht  vollendetj  die 
Zahl  der  Todesfälle  betrug  5,  Zwölfmal  war  die  Ovariotomie  doppel- 
seitig. Auffallend  häufig  wurden  Dermoide  beobachtet,  36mal  unter 
den  bisherigen  150  Operationen,  während  beispielshalber  Spencer 
Weile  22  Dermoide  unter  1000  Operationen,  Ol g hausen  16  unter 
322,  Schröder  9  unter  202  hatte.  In  einem  Dermoid  wurde  ein 
wohl  ausgebildeter  Finger  gefunden  von  4*2  c™  Länge,  der  in  der 
Cystenwand  wie  in  einem  Gelenk  beweglich  war  und  bis  zur  Spitze 
«wei  Articulationee  hatte.  An  der  Spitze  sassen  zwei  schwärzliche 
krallenartig  gebogene  NägeL 

Tipjakoff  berichtet  (ibid.)  über  drei  Laparotomien^  welche  er 
lediglich  zur  Lösung  peritonealtir  Adhäsionen  gemacht  hatte.  In 
allen  drei  Fällen  vermuthete  er  auf  Grund  der  Beschwerden^  dass 
peritoneale  Adhäsionen  beständen;  die  Operation  bestätigte  diese  An- 
nähme.  In  einem  Fall  bestanden  diese  Beschwerden  in  hartnäckigem 
Erbrechen,  in  den  beiden  anderen  in  andauernden  Genitalblutungen 
mit  heftiger  Schmerzempfindlicbkeit  des  Leibes.  In  dem  ersten  Fall 
wurde  eine  Verwachsung  des  Netzes  mit  den  Genitalorganen»  sowie 


Gebnitshülfe  und  Gynäkologe. 


39» 


der  Eingeweide  mit  üteras  und  Tuben  gefunden.  Die  Verwachsungen 
wurden  gelöst,  die  DannschliDgen  geordnet.  In  den  beiden  anderen 
Fällen  war  das  Netz  in  breiter  Ao^ebnung  mit  dem  Uterns  und 
seinen  Anhängen  verwachsen. 

Aus  gleichem  Grunde  operirte  Odebrecht  dreimal  bei  einer  und 
derselben  Patientin.  Erst  wurden  die  linken  Adnexa,  in  einer  zweiten 
Laparotomie  die  rechten  entfernt.  Als  sp&terbin  lebhafte  Beschwer- 
den im  oberen  Theil  der  Bauchnarbe  auftraten,  welche  nach  dem 
Magen  bin  ausstrahlten,  die  Patieotin  fortdauernd  nach  dem  Essen 
höchst  unangenehme  wählende  und  ziehende  Schmerzen  im  £pl> 
gaatrium  empfand,  entschloss  sich  Odebrecht  zur  dritten  Laparo- 
tomie. Er  fand,  dass  das  Netz  mit  der  Bauchnarbe  v^erwachsen  war 
und  trennte  die  Verwachsung.  Der  nächste  Erfolg  der  Operation 
in  Bezug  auf  die  genannten  Beschwerden  war  ein  günstiger. 


Bei  denjenigen  Fällen  von  freiem  Ascites,  bei  welchen  eine 
Jrsache  nicht  festgestellt  werden  kann,  wo  Circulationg*,  Digestions- 
ppaxat  und  die  Nieren  gesund  sind,  Oedeme  der  Haut  fehlen  und 
die  Palpation  im  Cavum  abdominale   nichts  Pathologisches  nacbzu* 

en  vermag,  hat  Gusserow  (Archiv  für  Gynäk.  Bd.  42,  H,  3) 
die  Incision  gemacht,  um  den  Ascites  abzulassen  und  dabei 
gleichzeitig  die  Ursache  desselben  festzustellen  und  dann  wenn  mdg* 
lieh  die  operative  Behandlung  anzuschliesstn.  Er  verwirft  die 
Function,  auch  die  Probepunction,  vollständig;  er  unterscheidet  fol- 
gende Gruppen  von  Ascites:  1)  diejenige,  welche  bedingt  ist  durch 
•Og.  Peritonitis  tuberculosa  oder  besser  nodosa,  da  es  sich 
dabei  nicht  immer  um  wirkliche  bacilläre  Tuberkel  handelt.  In 
fltBttia  solchen  Fall  erzielte  er  durch  die  Incision  und  Entleerung 
Hethnigt  2)  Ascites  bedingt  durch  Papillome  der  Ovarien. 
Gusserow  hat  vier  derartige  Fälle  beobachtet,  welche  ohne  In- 
dflion  wahrscheinlich  als  unheilbare  Garcinomatose  des  Peritoneum 
diÄgnosticirt  worden  wären.  In  drei  Fällen  konnten  massig  grosse 
gestielt  aufsitzende  Ovarialtumoren  mit  papillärer  Oberfläche  ziemlich 
leicht  abgetragen  werden,  so  dasa  der  Nutzen  der  Probeincision  ein 
gfioatiger  gewesen  ist.  3)  Ascites  bedingt  durch  Oarcinom  der 
Ovarien  oder   des  Peritoneum,     Von   drei  Fällen  maligner  Er- 

tnng  der  Ovarien  konnten  zwei  durch  Laparotomie  und  Ent- 
lang der  erkrankten  Organe  geheilt  werden.    In  tunf  Fällen  wur- 

awar  die  malignen  Ovarien  entfernt,   indessen  mussten  andere 

^ne  Erkrankungaherde,  Carcinom knoten  des  Peritoneum  zurück* 
en    werden.    Von  diesen  starben  drei  sehr  schnell  nach  der 


400 


Czempin, 


Operation»  In  weiteren  fünf  i^ällen  musate  jeder  weitere  operative 
Eingriff  unterlassen  und  die  Bauch  wunde  geschlossen  werden.  Von 
diesen  starben  zwei  im  Änechluss  an  die  Operation.  Die  vierte 
Gruppe  umfasst  Fälle  von  freiem  Ascites  mit  gutartiger  Erkran- 
kung des  Genitalapparats*  Diese  konnten  geheilt  werden,  indem 
sofort  nach  der  Incieioo  eine  operative  Beseitigung  des  Grundleidens 
vorgenommen  werden  konnte*  In  einem  Falle  handelte  es  sich  um 
Fibroma  ovarii,  in  einem  andern  Falle  um  Tubentumor,  in  einem 
dritten  um  Ovarialkystom, 

Johann  ovsky  -  Reichen berg  hat  die  Ohrobak'scbe  Blethode 
der  retroperitonealen  Stielversorgung  (s.  dieses  Jahrh*  1892, 
S.  383)  in  fünf  Fällen  angewandt.  Zwei  Fälle  betrafen  Myome, 
drei  Kaiserschnitte,  Die  Technik  der  Operation  schien  Johan- 
novsky  in  allen  Fällen  nicht  zu  schwer,  und  war  der  Erfolg  der 
Operation  ein  ausserordentlich  günstiger.  Nach  typischer  Ahbin- 
dung  der  Ligamenta  infundibuH  pelvica  und  lala  bis  an  den  Seiten- 
rand des  Uterus  jederseits  wurden  aus  der  vorderen  und  binteren 
Wand  des  Uterus  die  beiden  Serosalappen  gebildet,  der  vordere 
etwas  höher  als  der  hintere.  Die  Ablösung  dieser  Serosalappen 
wurde  jederseits  nur  bis  knapp  au  den  Scheidenansatz  vorgenommen 
und  wurde  durch  stumpfes  Abpräpariren  erreicht.  Hierauf  wurde 
die  olastiöcbe  Gummischnur  angelegt,  der  Utenjskörper  über  der 
Gummischnur  abgetragen,  dann  sofort  beiderseitige  tiefe  Umstechungs- 
ligaturen  der  Arteria  uterina  scharf  am  Soheidengewolhe  angelegt. 
Nach  Abnahme  der  Gammisohnur  wurde  der  Cervicalkanal  mittels 
des  Pacqueliß  energisch  ausgebrannt.  Dann  wurde  mittels  der  von 
Gbrobak  angegebenen  Sonde  vom  Abdomen  her  ein  Jodoiormgaze- 
streifen  in  die  Scheide  eingeleitet,  der  noch  an  einzelnen  Stellen 
blutende  Stampf  durch  Parti enligaturen  versorgt,  nachdem  er  durch 
Abschneiden  von  Gewebsstücken  möglichst  verkürzt  und  verdünnt 
worden  war,  Ueber  dem  Stumpf  wurde  das  Beckenperitoneum  ver- 
einigt. An  den  Seiten  wurden  die  Stümpfe  der  Ligamente  durch 
sero-seröse  Nähte  mit  Peritoneum  überdeckt,  und  dann  wurden  auch 
die  abgelösten  Bauchfell  läppen  über  dem  zurückgesunkenen  Stumpf 
vemJiht  Da  der  vordere  Lappen  grösser  angelegt  war,  so  fiel  die 
Nabtlinie  der  Serosalappen  nicht  mit  dem  Stumpfe  zusammen,  son- 
dern ausserhalb  des  Bereichs  desselben  nach  hinten.  —  Bei  den 
Kaiserschnitt  Operationen  hat  Johannovsky  den  Anweisungen  von 
Ghrobak  entsprechend  die  Abbiudung  der  Ligamente  zwar  als 
ersten  Act  fortgelaaseni  um  nicht  die  Eröffnung  des  Uterus  zu,  ver- 


I 


I 


I 


I 
I 


Geburtshtilfe  und  Gynäkologie. 


401 


zögern,  and  deshalb  das  Kind  zu  gefährden ,  wohl  aber  bat  er  die 
AbpräparatioQ  der  Serosalappen  der  Eröffnung  des  Uterus  vorauf- 
gesehickt,  weil  dieselbe  an  dem  bereits  entleerten  Uteras  sehr 
tiwierig  auszufahren  ist. 
Auch  Leopold  ist  in  neuester  Zeit  wieder  zur  intraperito- 
Dealen  Stiel vareorgung  zurückgekehrt.  Sein  Verfahren  in  elf  auf- 
Bioanderfolgenden ,  sämmtlich  glatt  genesenden  Fällen  war  dem  von 
Chrobak  im  Princip  ähnlich.  Indessen  vermied  er  die  Drainage 
r^darch  den  Cervixstumpf,  sondern  umschnürte  den  Stumpf  nach 
durchziehen  eines  Doppelfadens  nach  beiden  Seiten  zu  und  nähte 
arüber  die  Serosalappen  zu.    (Archiv  f.  Gynäk.  Bd.  43,  H,  1.) 

4.  Eztraateringravidität« 

Ganz  ungemein  zahlreich  sind  in  dem  Berichtsjahr  die  Mitthei- 
langea  ober  Fälle  von  Extrauteringravidität,  von  welchen  wir 
einige  interessante  herausgreifen.    Jahr  ei  ss  (Münch.  med.  Wochen- 
schrift Nr<  9)  beobachtete  einen  Fall  von  Abortus  tubae,  bei  welcliem 
das  in  der  Tube  durch  primäre  Blatang  entstandene  Blutgerinnsel 
infolge   der  Zusammenziehuug  des  Eileiters  durch  das  offene  abdo- 
minale Ende  ausgestossen  wurde.  —  Sutugin  (Zeitschr.  f.  Geburtsh. 
Bd,  2Aj  H.  1)  theilt  zwei  Fälle  von  BauchkÖhlenschwangerschaft  mit. 
In    beiden    Fällen    sass    der   Fruchtsack   in  der  freien  Bauchhöhle, 
p&hrend  Tuben  und  Ovarien  für  sich  nachgewiesen  werden  konnten. 
etdemale  war  Ruptur  des  Fruchtsackes  und  Eiterung  im  3.,   resp. 
4,  Schwangerschaftsmonat.     Im  letzteren  Falle  war  der  Versuch  ge- 
macht worden,    den  die  Scheide  nach  der  Ruptur  des  Fruchtsackes 
hervorwölbenden    Tumor,    in  welchem    den   Allgemeinerscbeinungen 
.  £tt6r  vermuthet  wurde,  vom  Douglas  aus  einzuschneiden,  Hier- 
ai  wurde  indessen  die  im  Douglas  sitzende  Placenta  angeschnitten, 
daas  sich  die  Patientin  trotz  der  Tamponade  verblutete.  —  Inouye- 
"Tokio  (Centralbh  f.  Gynäk.  Nr.  50)  beobachtete  mehrere  Jahre  nach 
der  vermutheten  Schwangerschaft  Abgang  von  38  Knochen  aus  dem 
latis,    1   durch  die  Vagina.,   3B  durch  die  Urethra,    welche  einem 
aooaf liehen   Fötus  angehörten.     Die  Frau  starb  an  Marasmus.  — 
iuB  dem  Berliner  städtischen  Krankenhaus  am  ürban  theilt  Schnei* 
der  (Deutsche  med.  Wochenscbr.  Nr.  37)  fünf  von  Körte  operirte 
Fälle    von    Extrauteringravidität   mit.      In    einem    Falle    wurde    ein 
lebendes  Kind  im  7.  Monat  entwickelt.    Die  Entfernung  des  Frucht- 
sackes   war  durch   Darmverwachsungen    unraüglich,    infolge   dessen 
rworde  der  Fruchtsack  eingenäht.     Schneider  befürwortet,  für  den 
dass  der  Fruchtsack  nicht  entfernt  werden  kann,  die  Placenta 
labrbacb  d.  prsct.  Medicin.   18*.a  26 


402 


Czempin. 


Zurück  zulassen  und  ihre  spontane  Ausstossung  abzuwarten,  Ist 
Auslösung  der  Placenta  wegen  einer  bereits  erfolgten  theiLweiseu 
Ablöaang  notliwendig,  so  würden  die  zuführenden  Uterin-  und  Sper- 
mati calgef  aase  unterbunden.  Nacbtheüe  des  Einnähens  des  Frucht- 
saekes  in  die  Bauch  wunde  waren  lange  Heilungsdauer  und  Ent- 
stehung eines  starken  BauchbrucheB»  In  einem  anderen  mitgetheÜten 
Falle  wurde  eine  SmonatlichQ  Tubengravidität  vermuthet,  und  zu 
diagnostischen  Zwecken  eine  Function  vorgenommeB,  Der  unbe- 
absichtigte  Effect  dieser  Function  war  Absterben  der  Frucht  und 
Schrumpfung  des  Eies.  Die  Decidua  wurde  10  Tage  spater  aus- 
gestossen.  Nichtsdestoweniger  ist  Verf,  der  Ansicht,  dass  dies  Ver- 
faliren  zur  Heilung  der  Extrauteringravidität  nicht  empfehlenswerth 
ist.  In  einem  Falle  von  grosser  Hämatocele  wurde  nach  vorausge- 
schickter Laparotomie  der  Sack  in  die  Bauch  wunde  in  kleiner  Aus- 
dehnung eingenäht  und  später  von  oben  und  von  der  Scheide  her 
eröffnet  Im  Anschluss  hieran  trat  eine  Dariufistei  ein^  welche  eine 
spätere  Operation  nöthig  machte. 

Sippel  (ibid,)  fand  bei  drei  Sectionen  nnd  weiterhin  auch  bei 
zwei  Präparaten  des  Frankfurter  pathologisch- anatomisclieu  Institutes 
das  Corpus  luteum  verum  in  dem  Ovarium  der  anderen  Seite»  Er 
ist  infolge  dieser  Befunde  der  Ansicht,  dass  die  äuejsere  üeherwan* 
derong  des  Eies  Ursache  des  extrauterinen  Sitzes  desselben  sai,  indem 
auf  dem  Wege  vom  Ovarium  bis  zum  anderen  Tubenostium  das  Ei 
einen  Entwickelungsgrad  erreicht  hat,  der  das  Weitergleiten  er» 
schwerL  Die  von  Sippel  beobachteten  Fälle  sind  erwähn enswerth. 
Der  erste  Fall  betrifft  eine  Verblutung  durch  spontane  Ruptur.  Im 
zweiten  Falle  wurde  im  7.  Monat  bei  lebendem  Kinde  operirt.  Bei 
Auaschälung  des  dünnen  Frucbtsackes  riss  derselbe  gerade  über  der 
Placenta  ein.  Die  abundante  Blutung  konnte  erst  nach  querer  in- 
cision  der  Bauchdecken  und  Ligirung  der  Spermatica  gestillt  werden. 
Indessen  starb  Patientin  1  Stunde  nach  der  Operation  trotz  sub- 
cutaner Kochsalzinfusion.  Da  die  Ligirung  der  Spermatica  in  der 
genannten  Weise  leicht  gelang,  so  empfiehlt  Sippel,  die  quere  lo- 
cision  der  Bauchdecken  behufs  Ermöglichung  derselben  rechtzeitig 
vorzanehmen.  In  einem  dritten  Falle  handelte  es  sich  um  eine 
Laparotomie  wegen  abgestorbener  7monatlicher  Tubenschwanger- 
sobaft.  EinnähuDg  des  Frucbtsackes  und  Zur  tick!  assung  der  Pla- 
centa. Das  Einstreuen  von  Salicyl-Tanninpulver  führt©  indessen  zu 
einer  circnmscripten  Nekrose  und  Perforation  des  Frucbtsackes, 
welche  zu  einer  allgemeinen  Peritonitis  führte. 

Rein  (Kiew)  operirte  in  den  letzten  B  Jahren  siebenmal  wegen  Extra- 


I 


I 


Geburtshilfe  and  Gynäkologie. 


403 


utennscbwaugerscliaft  mittels  Laparotomie.  Besouders  erwähnen swerth 
ist  ein  Fall,  bei  welchem  eine  reife,  beinahe  vollkommeu  ausgetragene 
L  Jrncht,  welche  am  Leben  blieb,  entwickelt  werden  konnte.    Es  han- 
fdelte  sich  am  eine  Söjahrige  IV-para.     Im  2.  Monat  der  gegenwär- 
tigen Schwangerschaft  war  eine  ßlutung  und   CoUaps  eingetreten, 
woran  sich   ein    X  ^  ^^monatliches   Kranksein   anschloss*     Trots   dieser 
Fwohl  sicher  aus  dem  Frachtsack   herrührenden  Blutung  entwickelte 
sich   derselbe    weiter.    Die  Operation   iand  in  der  B7.  Woche   der 
Schwangerschaft  statt,  das  Kind  wog  32CK)  g,  war  49  cm  lang,  stark 
and  fast  reif*    Es  lebt  bereits  mehr  als  2  Jahre,    Die  Mutter  genas. 
Der  Frachtsack  lag  tubar-intraligamentär,    etwas    seitlich    von    dem 
Oteros.    Die  Frucht  wurde  nach  Inclsion  des  Sackes  entfernt,  dann 
die  Eihäute  aus  dem  Peritoneum  ausgeschält.    Die  Blutung  war  ge- 
liing   und  konnte   leicht  beherrscht  werden.     Glasdrainage,  Heilung. 
pAm  2.— D,  Tage  nach  der  Operation   wurde  die  Decidua  aus   dem 
lierufl  ausgestossen.     In  drei   weiteren  Fällen  wurde  längere  Zeit 
constatirtem   Frachttode    bei    beginnender    Lithopädionbildung 
Pdes  ca.  im  8.  Monat  abgestorbenen  Fötus  operirt.     Zweimal  lag  der 
Fötus  fast  frei  in  der  Bauchhöhle.   Im  dritten  Fall  wurde  der  ganze 
Pmobtsack   entfernt.     Von   den   übrigen   drei  Fällen  ist  erwähnens- 
werth  einer,  bei  welchem  einige  Stunden  nach  eingetretener  Ruptur 
des  Fruchtsackes  mit  Erfolg  operirt  wurde.     In  Anschloss  an  seine 
I  taitgetheilten  Fälle  stellt  Rein  eine  Thege  auf,  welche  sich  in  völli- 
Igem  Gegensatz  zu  den  seinerzeit  von  Olsliausen  aufgestellten  be- 
[findet.     Dieselbe  bezieht  sich  auf  den  Wunsch,  bei  vorgeschrittener 
Extrauterinschwangerschaft  neben   der  Mutter   auch  noch  das  Kind 
ÄU  retten.    Zwar  kann  man  den  Beweggründen  des  Verf. 's,  welcher 
in  obigem  Falle  Mutter  und  Kind  rettete,  gewiss  alle  Anerkennung 
lollen,  indess  darf  sein  Vorschlag,  bei  5 — Ömonatliclier  Extrauterin- 
Bchwang erschaff    bei    sorgfältiger   klinischer    Beobachtung    bis    zum 
7,-8.  Monat  zu   warten^   um   bei   lebensfähigem  Kind  zu   operiren, 
nicht   acceptirt  werden,   da   die  Operation   mit  der   fortschreitenden 
Schwangerschaft  unverhältnissmässig  ersehwert  wird^  auch  beim  Ab> 

t warten  eine  spontane  Ruptur  eintreten  kann,  welche  an  und  für  sich 
rot«  des  obigen  einen  glücklichen  Falles  die  denkbar  schlechteste 
Prognose  zu  biegen  pÜegt.     (Oentralbl.  f.  Gyn.  Nr.  50.) 

Fromm el -Erlangen  (Müncb.  med.  Wochensehr.  Nr.  1)  theilt 
zwei  von  ibm  operirte  Fälle  von  Elxtrautennschwangerschaft  der 
späteren  Monate  mit^  welche  in  anatomischer,  klinischer  und  opera- 
tiver Einsieht  ausserordentlich  versehieden  waren.  Im  ersten  Fall 
Törlief  die  Schwangerschaft  völlig  symptomlas,  bis  sich  am  normalen 


404 


Czeropiiu 


Ende  deraeiben  Wehen  einstellten.  Das  Kind  starb  ab,  es  scbloss 
ßich  ein  schweres  Krankenlager  daran  an.  Ca.  G  Wochen  später 
nahm  Fromm el  die  Laparotomie  von  Der  Fruchtsack  war  an  einer 
8eite  geborsteo,  doch  hatte  der  Kopf  des  Kindes  das  Loch  in  dem- 
selben verschlossen.  Etwas  blutige,  mit  Meconium  vennischte  Flüsöig* 
keit  fand  sich  io  der  Bauchhöhle.  Das  Kind  wurde  aus  dem  Frucht- 
ßack  entwickelt,  dieser  aus  eeinen  Adhäsionen  mit  den  Därmen  und 
Baucbd  ecken  gelöst.  Er  war  durch  einen  dicken  Stiel  mit  der  rechten 
üteruskante  verbunden.  Die  Auslösung  des  Fruchtsackes  gelang 
leicht.  Der  iStiel  bestand  aus  der  rechten  Tube  und  dem  Ligamen- 
tum latum.  Die  Tube  verlief  17  cm  auf  dem  Tumor  und  ging  dann 
in  die  Eihöhle  über.  Jm  zweiten  Falle  wurde  die  Operation  3^  Jahr 
nach  dem  letzten  Ausbleiben  der  Menses  vorgenommen.  Die  Be- 
schwerden hatten  bereits  im  4.  Schwangerschaftsmonat  begonnen  und 
wajren  gan«  hochgradiger  Art  gewesen.  Bei  der  Laparotomie  zeigte 
es  sich,  dasB  der  Fruchtsack  subserös  sass  und  das  Mesocolon  bis 
zum  Darm  hin  entfaltet  hatte.  Eine  Ausschälung  des  Fruchtsackes 
oder  eine  Ablösung  der  Placenta  war  infolge  der  abundanteo  Blutung 
nicht  möglich.  Es  musste  der  Fruchtsack  mit  grossen  Mengen  Jodo- 
formgaze  tamponirt  und  so  gut  wie  möglich  in  die  Bauch  wunde  ein- 
genäht werden.  Das  Kind  wurde  lebend  geboren,  die  Heilung  der 
Mutter  wurde  diirch  eine  Jodoformintoxication,  durch  Fäuloiss  der 
Placenta,  Nachblutungen  aus  dem  Fruchtsack  und  eine  sich  bildende 
Kothfistel  des  Colon  lauge  verzögert.  In  der  weiteren  Analyse  dieser 
Fälle  kornrnfFrommel  (gerade  im  Gegensatz  zu  der  oben  von  Rein 
aufgestellten  Ansicht)  unter  anderem  Schlussfolgerungen  auch  zu  der, 
bei  Extrauterinschwangerscbaft  nicht  bis  zum  Frochttode  zu  warten, 
sondern  dieselbe  möglichst  bald  operativ  zu  beäeitigen. 

Gu 8 Sero w- Berlin  theilt  seine  Erfahrungen  über  die  operative 
Behandlung  geplatzter  Tubarschwangerschaften  mit  (Berl, 
klin.  Wüchenscbr.  Nr.  22).  Qusserow  hat  20  Fälle  von  Tubar- 
ech wangerschaft ,  welche  w&hrend  der  ersten  Monate  platzten,  be- 
obachtet. Bei  13  derselben  waren  die  Erscheinungen  des  drohenden 
inneren  Yerblutungstodes  plötzlich  ohne  vorangegangene  Krankbeits- 
erscheinungen  aufgetreten,  bei  7  waren  vorher  schon  Erscheinungen 
einer  Hämatocele  vorangegangen.  Von  den  ersteren  starben  2,  von 
der  letzteren  Gruppe  L  In  keinem  der  ersteren  Fälle  war  vor  den 
Rupturerscheinungen  der  Abgang  von  Decidua  toit  Sicherheit  fest- 
gestellt worden.  Die  Menses  waren  in  aUen  Fällen  1— Bmal  aus* 
geblieben,  Gussero w  spricht  sich  für  sofortige  Operation  bei  den 
ErBcheinungen  innerer  Blutung  aus. 


Gebnrtshülfe  und  Gynäkologie.  405 

Gross  (Correspondenzbl.  f.  Schweiz.  Aerzte  Nr.  8)  sah  schnellen 
Tod  durch  innere  Verblutung ;  die  Section  ergab  geplatzte  linksseitige 
Tnbarschwangerschaft. 

IV.  Neue  Bücher. 

M.  Sänger,  Ueber  die  allgemeinen  Ursachen  der  Frauenkrankheiten. 
Ein  Versuch  zu  einer  einheitlichen  ätiologischen  Betrachtung 
der  Erkrankungen  des  Sexualorgans.  Antrittsvorlesung.  Leipzig, 
Veit  &  Co. 

P.  Zweifel,  Vorlesungen  über  klinische  Gynäkologie.  Berlin,  A. 
Hirschwald. 

H.  Pritsch,  Krankheiten  der  Frauen.   5.  Auflage.  Berlin,  Wreden. 

A.  Kramer,  Grundriss  der  Geburtshalfe.  Ein  Compendium.  Stutt- 
gart, Enke. 

P.  Zweifel,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe.     3.  Auflage,  ibid. 

C.  Breus,  Das  tuberöse  subchoriale  Hämatom  der  Decidua.  Eine 
typische  Form  der  Molenschwangerschaft.     Wien,  Deuticke. 

Verhandlungen  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Gynäkologie. 
4.  Congress.  Bonn.  21.— 23.  Mai  1891.  Leipzig,  Breitkopf 
&  Härtel. 

F.  A.  Kehrer,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe  für  Hebammen.  2.  Auflage. 
Giessen,  Roth. 

Auvard,  Trait^  pratique  de  gyn^cologie.    Paris,  Doin. 

Fehling,  Bestimmung  der  Frau,  ihre  Stellung  zu  Familie  und  Be- 
ruf.    Stuttgart,  Enke. 

F.  Win  ekel,  Die  Kgl.  Universitätßfrauenklinik  in  München  in  den 
Jahren  1884 — 1890.    Berichte   und   Studien.     Leipzig,  Hirzel. 

F.  Schauta,  Grundriss  der  operativen  Geburtshülfe.  Wien,  Urban 
&  Schwarzenberg. 

P.  Broese,  Die  galvanische  Behandlung  der  Fibromyome  des  Uterus. 
Berlin,  H.  Kornfeld. 

C.  Cred^  und  G.  Leopold,  Die  geburtshülf liehe  Untersuchung 
Kurze  Anleitung.     Leipzig,  Hirzel. 


vn. 


Kinderheilkiuide. 


1 


Von  Prof.  Dr.  A.  Babinsky  und  Dr,  Ernst  Strelitz,  L  Assistenten  an  der 
ßftginsky 'geben  Poliklinik  für  Kinderkrankheiten  in  Berlin. 

Im  Jahre  1892  siod  erschienen: 

Ed*  Henoch,  Vorleßnngen  über  Kinderkrankheiten.  6.  Auä. 
Berlin,  Ä.  Hirschwald. 

A.  BagiDskyj  Lehrbuch  der  Kinderkrankheiten.  4,  verbes- 
serte n»  vermehrte  Aufl.     Berlin,  Wreden. 

H.  öutzmann,  Vorlesungen  über  Störungen  der  Sprache 
und  ihre  Behandlung.  Fischer's  medicin.  Buchhandlung, 
Berlin. 

A.  Hoffa,  Lehrbuch  der  orthopädischen  Chirurgie,  Stutt- 
gart, Ferdinand  Enke. 

M,  Kassowitz,  Vorlesungen  über  Kinderkrankheiten  im 
Alter   der   Zahnung.     Leipzig  u,  Wien,  Franz  Deu ticke. 

E,  Peiper,  Die  Schutzpockenimpfung  and  ihre  Ausführung, 
Wien  u.  Leipzig,  TJrban  &  Schwarzenberg. 

J.  öffelmann,  Kurzgefasstes  Handbuch  der  Kinderheil- 
kunde.    Wieu  u.  Leipzig,  Urban  «Jt  Schwarzenberg. 

Henry  Ashby  u.  G,  A,  Wright,  The  diseases  of  children, 
2.  AuH.     London,  Longmans  Green  i^.  Comp, 

J,  Carmichaelj  Disease  in  children,    London^  Pentland. 

L.  Fürst,  Die  häusliche  Krankenpflege  mit  besonderer 
Berücksichtigung  des  Kindes.     Leipzig,  Hkschfeld, 

John  Thomson,  Congenttal  obliteration  of  tha  bile-dacts, 
Edinburgh,  Oliver  &  Boyd, 


I 


Kinderheilkunde, 


407 


J,  W,  Ballantyne,    The    diseases    and    deformities    of  the 

foetus.    Edinburgh,  Oliver  &.  Bojd, 
Transactions  of  the  American  pediatric  socIety  Bd.  3. 
Transactions     of    the    American    orthopedic     association 

Bd.  4. 

ÄQSSerdem  die  Fortsetzungen  der  pädiatrischeQ  Journale: 
Arohiv  für  Kinderheilkunde  Bd,  14^  S.  12Ö  bis  Ende;  Bd,   15, 

Heft  1  u.  2, 
Jahrbuch    für    Kinderheilkunde    Bd.  33  bis  Eude;    Bd.  34 

Heft  1—4 
Archivio  Italiano  di  paediatria  Bd.  10, 
Archives  of  pediatrics  Bd.  9. 

^Bevue  mensuelle  des  maladies  de  l'enfance  Bd.  10, 
Zeitschrift  für  Schuigesuedheitspflege  Bd.  5« 
Der  Kinderarzt.     IIL  Jahrgang. 


Krankheiten  des  Nerven  Systems* 

Üoter  720  Fällen  von  Geisteestörungj  welche  Schönthal 
ftisammengestelit  hat,  betrafen  zehn  Kinder  im  Älter  von  10 — 15  Jahren 
(Arch*  f.  Psych,  u.  Nervenkraükh.  Bd.  23,  S.  799).  Folgende  Formen 
von  Psychosen  vp'urden  beobachtet:  zwei  Fälle  voo  Chorea,  die  mit 
.psychischen  Störungen,  bestehend  in  hysteriformen  Anfallen,  Ideen- 
flucht,  Geeichtstäuschungeo,  einhergingen ;  ein  Fall  von  Stupor;  eine 
eirculäre  Psychose;  ein  Fall  von  moralischem  Irrsion;  drei  periodi- 
sche menstruale  Psychosen  und  zwei  Manien.  In  sämmtlicben  Fällen 
war  erbliche  Belastung,  zum  Theil  in  hohem  Grade  vorhanden.  Auf- 
fallend häufig  (in  acht  unter  zehn  Fällen)  kamen  Hallucinationen  und 
beöonders  Gesichtshallucinationen  vor,  während  im  Verlauf  von 
Psychosen  bei  Erwachsenen  selten  Hallucinationen  beobachtet  werden. 
Der  Ausgang  war  günstiger,  als  dies  sonst  für  die  Psychosen  des 
Kindesalters  angegeben  wird;  ein  Kranker  blieb  nngeheilt,  eine 
Kranke  starb  an  Tuberculose;  acht  genasen  und  sind  nach  zum  Theil 
langen  Zeiträumen  genesen  geblieben. 

Jolly  (Berh  klin.  Wochenschr.  Nr.  34)  sprach  in  einem  interes- 
santen Vortrage  in  der  Hufeland'schen  Gesellschaft  in  Berlin  über 
Hysterie  bei  Kindern.  Er  bestätigt  zunächst,  was  auch  Andere 
0chon  hervorgehoben  haben,  dass  sowohl  die  sämmtHchen  localen 
Erecheinungen  der  Hysterie,  als  auch  die  Anfälle  und  die  eigent- 
lichen Geistesstörungen  der  Hysterischen   ebenso   wie   bei  Erwach- 


408 


Baginsky* 


genen  auch  bei  Kiodern  vorkommen.  Bezüglich  der  localen  Er- 
scheinungen weist  er  darauf  hm,  dass  ziemlich  häufig  die  auf  irgend 
eine  Region  des  Körpers  beschränkten  hartnäckigen  Schmerzen  be- 
obachtet werden,  entweder  in  Form  der  sog,  Gelenkneurosen  oder 
auch  von  beliebiger  anderer  Localieation.  Mit  den  Schmerzen  sind 
häufig  spastische  Zustände,  eigentliche  Paralysen  und  Tremor  ver- 
bunden. Insbesondere  sehen  wir  dieses  Vorkommen  hei  Kindern, 
die  eine  Zeit  lang  durch  acute  oder  chronische  Krankheiten  ans  Bett 
gefesselt  waren  und  die  nun  wieder  anfangen  sollen,  sich  ausser  Bett 
zu  bewegen.  Sie  fCihlen  sich  hieran  durch  Schmerz  oder  diircli 
Schwächegefühl  gehindert,  und  hieraus  ent%vickelt  sich  Contractur 
und  Lähmung.  Was  die  Sprache  betrifft ,  so  beobachtet  man ,  dass 
hysterische  Kinder  an  falls  weise  oder  während  längerer  Zeit  die  ver- 
schiedenen Formen  des  Stammeins  annehmen,  dass  sie  in  der  Aus- 
sprache und  Satzbildung  die  Art  der  eben  sprechen  lernenden  Kinder 
annehmen.  Auch  kommt  voriihergehende  oder  länger  dauernde 
Stnmmheit  vor.  Der  hysterische  Anfall  tritt  einmal  in  Form  der 
ungewöhnlich  gesteigerten  und  zeitlich  verlängerten  Affectänsserungen 
auf  I  Schreikrämpfe,  Weinkrämpfe,  Lachkrämpfe  oder  auch  dies  Alles 
mit  einander  abwechselnd;  dann  treten  Zuckungen  in  den  verschie- 
denen Extremitäten  auf ^  besonders  häufig  aber  die  complicirten  Be- 
wegungen ,  die  man  auch  mit  dem  Namen  der  Chorea  major  belegt 
hat:  das  Sichhinwerfen  auf  den  Boden,  Aufs^pringen ,  Klettern  etc. 
—  Was  die  Aetiologie  der  Hysterie  anlangt,  so  ist  zunächst  das 
Eine  festzuhalten,  dass  sie  nicht  vom  Uterus  kommt,  Ihre  Erschei- 
nungen treten  lange  vor  der  Geschlechtsreife  auf  und  kommen  ebenso 
bei  Knaben  wie  bei  Mädchen  vor*  Dass  Geschlechtsreizungen  unter 
Umständen  auch  bei  Kindern  schon  eine  KoUe  spielen  mögen,  dass 
namentlich  Onanie  in  einzelnen  Fällen  die  Entwickelung  der  Krank- 
heit begiinstigt,  will  Jolly  nicht  in  Abrede  stellen.  Von  viel  grösserer 
Wichtigkeit  aber  ist  es,  gerade  bei  diesen  hysterischen  Kindern  zu 
constatiren,  dass  sie  überwiegend  oft  aus  belasteten  Familien  stammen» 
also  ererbte  Disposition  zu  Neurosen  besitzen,  oder  dass  eine  er- 
erbte Krankheitsdisposition  besteht  infolge  schwächender  Krankheiten^ 
schlechter  Ernährung,  Anämie,  sowie  infolge  von  undauernd  ungün- 
stigen moralischen  Einwirkungen,  wie  sie  namentlich  durch  anzweck- 
massige  Erziehung  oder  durch  unverständiges  Verhalten  der  Um- 
gebung zu  Stande  kommen. 

Während  Jolly  sich  hauptsächlich  mit  der  Hysterie  bei  älteren 
Kindern  beschäftigt,  macht  Chaumier  (Annales  de  l'acad^mie  de 
m6d»|  l.  Dec.  1892)  auf  die  Häufigkeit  dieser  Erkrankung  im  frühesten 


I 


KlnderheU&tuide. 


409 


ündesalter  aufmerksam.  Die  ErkrankuDg  ist  bei  Neugeborenen  des- 
halb unbeachtet  geblieben,  weil  man  seit  jeher  die  Krämpfe  als  eine 
eciSsche  Kinderkrankheit  unter  dem  Namen  der  Eklampsie  bezeich* 
bet  bat.  Der  schwächste  Grad  der  Hysterie  bei  Neugeborenen  be- 
steht in  lebhaften,   wiederholten^    ohne  Ursache  auftretenden  Zom- 

^ausbrücben,  die  sich  durch  Schreien  äussern*  In  etwas  höherem 
Jrade  werden  die  Glieder  steii',  das  Gesicht  cyanotisch,  turgescent, 
zuweilen  kann  auch  Zittern  dazu  kommea.  Mitunter  tritt  Bewusst- 
losigkeit  auf.  Auch  die  ^grandes  attaqaeä^  kommen  bei  Kindern 
vor.  Nach  einem  Aerger  oder  auch  ohne  bekannte  Ursache  verliert 
das  Kind  das  Bewusstseiii ,   Körper  und  Glieder  werden   steif ^  die 

i^Augeo  stark  nach  oben  gerichtet,  zuweilen  treten  auch  Schüttel- 
regangen  in  den  contrahirten  Gliedern  auf.  Solche  Fälle  können 
Dtweder  isolirt  bleibeo,  oder  aber  sich  in  mehr  oder  weniger  langen 
EwiachenränmeD,  ja  selbst  mehrmals  täglich  wiederholen,  so  dass  sie 
SU  einer  Verwechslung  mit  Meningitis  Veranlassung  geben.  Bei 
Neugeborenen  und  sehr  jungen  Kindern  lässt  sich  wohl  die  Hemi- 
auästhesie  und  die  Hyperästhesie  nicht  nachweisen,  obwohl  sie  wabr- 
acbeinlich  bestehen.  Aber  die  Contractur,  die  Lähmungen,  das  Fehlen 
des  Augen-  uod  Pharjjixreflexes  konnte  Verf.  wiederholt  constatiren. 
Die  Differentialdiagnose  der  kindlichen  Hysterie  von  Epilepsie,  acuter 
und  chronischer  Meningitis,  Gehirnerkrankungen  u.  s,  w.  ist  nicht 
immer  leicht  Die  Prognose  ist  eine  sehr  günstige,  indem  die  kind- 
üche  Hysterie  viel  leichter  heilt,  als  die  der  Erwachsenen. 


In  den  letzten  Jahren  ist  vielfach   auf  den  Zusammenbang  von 
Chorea  mit  rheumatischen  AUectionen  und  auch  mit  Infectionskrank- 
heiten    hingewiesen    worden.     Nunmehr   theilt    Thomas    (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  29)  einen  Fall  mit,   in  dem  ätiologische  Be- 
xiebtingen  zwischen  Chorea  und  reiner,   nicht  auf  endocarditi- 
scher  Basis  entstandener  Nephritis  bestanden  haben.   Höchst  auf- 
fallig war  bei  dem  Falle,  dass  mit  dem  Schwinden  der  nephritischen 
Erscheinungen  die  vorher  beträchtlichen  Choreaaymptome  rasch  sich 
f erminderten  und  ganz  aufhörten,  —  Die  Erklärung  des  Zusammen- 
ags  ist  nach  Thomas  vermuthlich  darin  zu  finden,   dass  die  Ur- 
aelie  der  Störung  der  Coordinationscentren,  durch  welche  die  choreati- 
Bhen  Bewegungen  herbeigeführt  werden,  eine  Intoxication  mit  Harn- 
Bßtandth eilen  sein  kann,  —  Das  Herz  des  erkrankten  Kindes  bot  in 
ier  nicht  gestörten  Reconvalescenz  keinerlei  Krankheitserscheinungen 
^mehr  dar. 

Löwenthal  (Berl  klin,  Wochenschr,  Nr,  5)  hat  in  der  Senator- 


410 


Babinsky. 


sehen  Klinik  nicht  üble  Erfahrungen  mit  Ex  algin  bei  Chorea  ge- 
macht. Er  verordnete  3— 5 mal  täc^üch  0^2  g  in  warmem  Zuckerwasser 
gelöst.  Besonders  günstige  Wirkungen  hatte  das  Medicament  bei 
leichteren  und  frühzeitig  zur  Behandlung  gekommenen  Fällen,  aber 
auch  bei  schwereren  Fällen  war  ein  günstiger  Einfluss  nicht  zu 
leugnen;  durehsehnittlich  waren  5—0  Wochen  zur  Heilung  noth- 
wendig.  Eigentliche  Intoxicationen  kamen  nicht  zur  Beobachtung, 
wohl  aber  wurde  bisweilen  Uebelkeit,  Erbrechen,  Schwindel  und 
Mattigkeit  hervorgerufen ,  welche  ErscheiEungen  nach  Weglassen  des 
Mittels  sofort  verschwanden. 

Sewening  (The  provinclal  medical  Journ,  S.  27^  1892)  hat  bei 
einem  Falle  von  Chorea  mit  ausserordentlichem  Erfolge  Jodkalium 
angewandt.  Die  Patientin  war  ein  lOj ähriges  Mädcheu,  welches  seit 
einem  Jahre  an  Chorea  litt.  Er  verordnete  eine  Lösung  von  1  Jod- 
kalium zu  60  Wasser  3mai  täglich  1  Esslöffel.  Nach  ämaliger  Ein- 
nahme der  Mixtur  war  die  Chorea  verschwunden. 

Piaehbach  {Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  36j  gibt  die  Kranken- 
geschichte eines  Falles  von  Eklampsie  bei  einem  14tägigen  Kinde, 
die  ihren  Ursprung  in  einer  c  an  genitalen  Verkleb  ung  zwischen  Gkns 
und  Präputium  haUe.  Nachdem  die  Verklebung  gesprengt,  und  eine 
auffällig  grosse  Menge  harten  Sebums  entfernt  worden  war,  hörten 
die  Convulsionen  völlig  auf, 

Toulouse  (Gaz.  des  hopit  1892)  berichtet  von  einem  Kinde, 
welches,  so  lange  es  an  der  Brust  der  Mutter,  einer  argen  Potatrix 
war,  an  epileptiformen  Krämpfen  litt,  die  Nahrung  erbrach  und 
aehr  herunter  kam;  nachdem  die  Brustnahrung  mit  der  Flaschen- 
nahrung vertauscht  war,  erholte  sich  das  Kind  innerhalb  weniger 
Tage,  und  die  Krämpfe  hörten  auf.  Diese  Beobachtung,  dass  durch 
Alkoholmissbrauch  der  Amme  das  Kind  Krämpfe  bekommen  kann, 
ist  wiederholt  gemacht  worden ;  sie  widerspricht  aber  physiologischen 
Untersuchungen,  nach  welchen  einmal  der  Methylalkohol  keine  cloni- 
scben  Krämpfe  macht,  und  der  Alkohol  nicht  in  die  Milch  tibergehen 
soli»  Doch  sind  diese  Beobachtungen  nur  am  Thiere  gemacht,  es 
können  für  die  Frau  andere  Verhältnisse  vorliegen. 

Meyer  und  Oppenheim  (Jahrb.  t\  Kinderheilk.  Bd,  33,  S.  350) 
berichten  über  einen  durch  ungewöhnliche  Symptome  aus- 
gezeichneten Fall  von  Krämpfen,  Bei  einem  4jährigen  Knaben, 
welcher  die  Symptome  eines  cerebrospinalen  (wahrscheinlich  congeni- 
talen) Nervenleidens  bietet,  werden  Krampfanfälle  beobachtet  mit 
Erscheinungen  vorwiegend  vasomotorischer  und  secretorischer  Natur 


I 


411 


teroog  der  Pi^üfe  hm  mbom  erinhenaa 

Scmaw  nd  Hj^Dena 
in  die  Kategorie  i 

der  K«isr  den  sa  Grudft  1 

ei 

TOB  i 


flick  das  Leiden  mxd  dcai 
Blralen  Xerrin^jstea  aas* 


KnaUdl^a  Irr  ße^fintitastr^gaac. 

AisHliiiiitis  pteadoiaembraDacea  oder  Croup  der  Nasea* 
lehleimhftiit  tieaeicliiiete  raan  himher  inner  etae  Eiankhötsf^^ia, 

be  cbaraktejistrt  ist  doieb  das  AoBaretea  filiffmooQr  HäiKle  ia  den 
lasenhdlileii  bei  dem  Bild«  des  gewdlmlusliea  SGhDiipba&  Sie  wurde 

«n  imaoliakligeB  Leiden  lüa^estellt  im  OeigiBBeBli  tiir  Bhiaitis 
diphüieffica,   äiis  meist  m  Terbiadmtg  mit  Dtpbtbeiid   des  Pbarjnx 

itt.  ÜQtersQcbongeii,  die  nimmehr  Stamm  (Arcbiv  f.  Kinder^ 
»iJk.  Bd.  14,  S.  157^  onter  Baginsky'ä  Leitung  Torgeoommen  bat, 
beweJaen,  das  es  sieb  aacb  bei  der  einfacbeo,  mit  geringem  Fieber 
einbargebeBden  sog*  Ebinitis  fibrinosa  am  Diphtherie  bandebi 
kann.  In  drei  solchen,  von  ihm  unteisnchten  FaUan  gelang  e%  den 
Ldffler'scbeQ  Bacillos  nachsa weisen. 

Bresgen  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  SS,  S.  35d)  nimmt  anlasslicb 

^  der  im   vergangenen  Jahre  erschienenen  nnd  hier  referirten  Arbeit 

von  Dona  lies  noch  einmal  Veranlassung,  darauf  hinzuweisen,  dass 

er  der  Erste  gewesen  ist,  der  auf  die  Bedeutung  behinderter 

l<Nasenathmuug  bei  Kindern,  die  von  Guye  ^Aprosexia  nasalis'' 

snte  Erkrankung,   die  Au&erksamkeit   gelenkt  hat.     Er   hebt 

ror,   dass  Guye  selbst  sein  Vorrecht  neuerdings   anerkannt  hat. 

Bokai  (Jahrb.  f.  Kinderheilk,  Bd.  33,  a  360)  beschreibt  einen 
anders  schweren  Fall  von  retropharyngealer  Lymphdrüsen- 
intzündung,  welcher  äusserst  schwere  Erstickungsanfalle  bei  einem 
iUonate  alten  Kiode  verursacht  hatte;  die  Tracheotomie  führte  voll- 
[jmmene  Heilung  des  Kindes  herbei.  Bokai  hält  es  für  wahrschein- 
Bcb^  dass  die  schwere  Stenose  nicht  allein  durch  die  von  der  retro- 
pharyngealen  Lymphdrüsenentzändung  bedungene  Geschwulst  hervor- 
gerufen wurde,  sondern  dass  die  in  der  Umgebung  der  Geschwulst 
kcb  bildende  coUaterale  Auflockerung  der  Scheimhaut  viel  zur  Her- 


il2 


Baginsky* 


vorbringQDg  der  Stenose  beigetragen  liat.  Betreffend  die  Entwicke- 
luDgsursache  der,  Lymphadenitis  retropiiaryngealid  stehen  drei  ätio- 
logische Momente  zur  Verfügung;  Rhaohitis,  supparative  Mittelohr- 
entzündung und  Rhinitis  catarrhalis. 

Die  Prage^  ob  ©ine  vergrößserte  Thymusdrüse  gefahr- 
drohende Erstickuogaanfalle  hervorrafen,  eventuell  gar  zur  Todes- 
ursache werden  könne,  ist  eine  von  Alters  her  viel  discutirte.  Durch 
die  sürgfältigen  Unters uchuni;en  von  Fried  leben  (1858)  schien  die 
Frage  im  negativen  Sinne  entschieden  zu  sein,  bis  sie  neuerdings 
wieder  von  Jacobi  in  Pluss  gebracht  wurde.  Pott  (Jnhrb,  f.  Kinder- 
heilk,  Bd.  34,  S,  118)  bat  nun  bei  acht  Kindern,  die  ganz  plötzlich 
unter  den  Erscheinungen  des  Stimmritzenkrampfes  gestorben  waren, 
die  Section  gemacht;  er  konnte  jedesmal  eine  mehr  oder  minder  be- 
trächtliche Vergrösaerung  der  Thymusdrüse  constatiren  und  steht 
nicht  an,  beide  Erkrankungen  mit  einander  in  Zusammenhang  zu 
bringen.  Zur  Erklärung  des  Vorganges  konnte  man  sieb  denken, 
dass  die  vergrößserte  Drüse  durch  Druck  auf  den  Recurrens  reflec- 
torisch  Laryngospasmus  auslöste.  Auch  die  Möglichkeit  einer  directan 
Compression  der  Trachea  durch  die  geschwollene  Thymus  ist  nicht 
ohne  Weiteres  von  der  Hand  zu  weisen;  es  ist  indeas  kein  einziger 
Fall  bekannt  geworden,  wo  durch  die  Section  eine  Stenose  der 
Trachea  durch  Thymusdrüsendrnck  nachgewiesen  werden  konnte. 
Pott  ist  vielmehr  der  Ansicht,  dass  der  Tod  durch  einen  plötzlichen 
Stillstand  des  Herzens  infolge  ComjireBöion  der  Arteria  pulmonalis 
verursacht  wird»  Denn  der  Tod  im  Anfall  macht  nicht  den  Eindruck 
eines  plötzlichen  Erstickungstodes ;  auch  haben  sich  sofortige  Tracheo- 
tomie  und  künstliche  Athmung  stets  als  wirkungslos  erwiesen. 
Andererseits  spricht  für  seine  Annahme,  dass  die  hyperplastische 
Thj^mns  die  oberen  Partien  des  Herzens  bedeckt  und  gerade  dem 
Ursprung  der  grossen  Gefäase,  der  Pulmonalis  und  der  Aorta  auf* 
liegt.  Sie  überlagert  und  belastet  ferner  mit  dem  am  meisten  ver- 
grösserten  rechten  Drüsenlappen  den  rechten  Vorhof,  sowie  die  zwei 
oberen  Drittel  des  rechten  Ventrikels.  Es  steht  somit  das  Herz 
unter  einem  positiven  Druck.  (Ref.  muss  hierbei  doch  auf  den  von 
ihm  schon  im  Jahre  1879,  Centralztg.  f,  Kinderheilk.  S.  403  ff,,  be- 
echriebeuen  Fall  verweisen. 


igi 


^y.) 


Thomas  (Revue  mens,  des  malad,  de  l'enfance  18Ö2,  8.  264) 
gibt  eine  Darstellung  des  Krankheitsbildes  der  einfachen  Hyper- 
trophie der  Bronchialdr üsen,  die  er  von  der  tubercuiöBen 
streng  geechidden  wissen   will,  —  ein  Wunsch»  dem  übrigens  von 


Kinderliel^k  linde. 


¥ 


l 


deutseben  Pädiatern  längst  Rechnung  getragen  worden  ist.  Das 
Haaptsymptom  der  Krankheit  ist  der  Husten ,  der  meist  in  Anfallen 
auftritt^  besondere  bei  Nacht  und  mitunter  von  Erbrechen  begleitet 
iBt.  Die  Dauer  der  Erkrankung  ist  ganz  verschieden,  von  wenigen 
Wochen  bia  zu  vielen  Monaten.  Die  Stimme  ist  oft  heiaer^  mit- 
unter bis  zur  Unhörbarkeit  Auch  djspnoiscbe  Erscheinungen  sind 
nicht  selten  beobachtet  worden*  Expectoration  ist  gar  nicht  vor- 
banden. Daß  Aligemeinbehndan  ist  mitunter  gar  nicht  geatört,  in 
anderen  Fällen  dagegen  sebr  beträchtlich.  Auch  die  physikalischen 
Erscheinungen  unterliegen  mannigfachen  Scbwaokungen,  indess  be* 
steht  in  den  meisten  Fällen  zwischen  den  Schulterblättern  Dämpfung 
und  broncbiales  Atbmen. 

Jereey  (Lancet,  2,  Jan.)  beschreibt  den  seltenen  Fall  einer 
Lungengangrän  bei  einem  21  Monate  alten  Kinde,  Dasselbe 
stammte  aus  einer  phthisiscben  Familie  und  war  bisher  stets  gesund. 
Vor  8  Wochen  erkrankte  es  an  fieberhafter  Bronchitis ,  5  Wochen 
apiter  Dyspuce,  Appetitlosigkeit,  Fieber,  Husten.  Lunge  links  überall 
gedämpft,  Auscultation  links  vorn  blasendes  Athmen,  hinten  von  der 
Mitte  der  8capula  an  ebenfalls,  Probepunction  und  später  Incision 
im  sechfiten  Intercostalraum  hat  Entleerung  sehr  massiger  Menge 
Eiters  zur  Folge-  Nach  der  Operation  Temperatur  98^  F.,  Puls  124» 
Respiration  86,  Das  Kind  nimmt  immer  mehr  ab,  Temperatur  steigt 
wieder  am  5,  Tage  nach  der  Operation.  Unter  Diarrhoe  und  Er- 
brechen am  6,  Tage  Exitus  letalis.  Sectionsbefund:  Linke  Lunge 
solide,  Bronchien  dilatiit  und  verdickt,  mit  übelriechendem  Eiter  an- 
gefüllt^ Gangrän  der  Lunge;  Pleura  überall  fest  adhärent.  Die 
Übrigen  Organe  normal.  Die  bei  der  Probepunction  und  Incision  ge- 
fundene geringe  Eitermenge  entstammte  der  Lunge  selbst.  Jersey 
erwähnt  die  Seltenheit  der  Gangrän  nach  FneumoBie  In  so  jugend- 
liebem Alter,  fernerbin  die  Schwierigkeit  der  Diagnose, 


Kranklieiten  der  Ctrculatiüii!»argaae. 

A.  Baginsky  (Berl,  klin.  Wochenschr.  Nr,  *48)  legte  in  der  Ber- 
liner medicinischen  Gesellschaft  Gehirn  und  Herz  eines  5 Einjährigen 
Kindes  vor^  welches  nach  einer  4 wöchentlichen  Krankheit,  die  es  im 
Hause  der  Eltern  durchmachte  und  nur  unbestimmte  Symptome 
—  Müdigkeit,  Niedergeschlagenheit,  etwas  Husten  und  Erbrechen  — 
i  zeigte,  plötzlich  am  rechten  Arm  und  Bein  gelähmt  und  in  diesem 
Zustand  dem  Krankenhaus  zugeführt  wurde»  Es  ging  wenige  Tage 
nach  der  Aufnahme  zu  Grunde.    Die  intra  vitam  gestellte  Diagnose: 


4U 


Bftgxiiiky. 


Embolie  Inf  olga  eiuer  Endocard  itia  des  linken  Herzeos, 
bestätigte  die  Sectios  vollkommen.  Die  Veränderung  am  Herzen  be- 
stand in  einer  frischen  Entzündung  der  Valviila  mitraiis  mit  klein« 
körnigen  Wncberungen  an  den  Klappeozipieln  und  geringen  sand* 
korngrossen  Wucherungen  an  den  Aortenklappen;  aueserdem  im 
rechten  Herzobr  ein  feathafteuder  rotlibrauner  llirombas,  von  dem 
wahrscheinlich  die  Embolie  ausgegangen  war.  Der  emboliscbe  Pro- 
cesa  betraf  die  Arteria  frontalis  inferior  lateralis,  den  vorderen  Ast 
der  Arteria  fossae  Sylvii,  Ferner  war  eine  complete  Erweichung 
vorhanden  im  Corpus  striatum,  und  zwar  speciell  im  Linsenkern. 
Es  bestand  eine  etwa  erbaengrosse  Hümorrhagie  im  vorderen  Drittel 
der  Capsula  interna  etwas  lateral  war  ta  und  hinter  dem  vorderen 
Theile  des  Nucleus  caudatus. 


Krankbejt^n  der  Verdannugiorganp. 

Einen  angeborenen  Tumor,  wie  er  wohl  noch  sehr  selten 
bei  Kindern  beobachtet  worden  ist,  beschreibt  Fürst  (Archiv  für 
Kinderheilk.  Bd.  14,  S.  422).  Das  Kind  zeigte  am  rechten  Zungen- 
rande einen  über  erbsengrossen ,  i'esteo,  nicht  beweglichen  Tumor, 
welcher  von  normaler  Schleimhaut  bedeckt  war.  Fürst  excidirte 
demselben  durch  einen  Ovalärschnitt,  da  die  Nahrungsaufnahme  des 
Kindes  durch  den  Tumor  sehr  behindert  war.  Die  mikroskopische 
Untersuchung  ergab,  dass  es  sich  um  ein  Lymphangiom  handelte. 

Derselbe  Autor  beschreibt  (Archiv  f.  Kinderheilk.  Bd.  14,  S.  423) 
die  Vereiterung  des  Antrum  Highmori  bei  einem  Neugeborenen, 
deren  erste  Ursache  die  infectiöse  Schleimhaatentzündung  eines  Auges 
abgegeben  hat.  Der  Ueb ergang  hatte  auf  dem  Wege  des  Canalis 
naso-lacrymalis  und  mittleren  Nasengangea  bis  in  den  Sinus  maxil- 
laris  stattgefunden*  Das  Kind  ging  pyämisch  zu  Grunde*  Der  Fall 
beweist,  welche  schweren  Folgen  die  an  öich  —  bei  rechtzeitiger 
Behandlung  —  gefahrlose  Ophthalmoblennorrhoe  der  Neugeborenen 
unter  Umständen  haben  kann. 

Gnndobin  (Jahrbuch  f,  Kinderheilk.  Bd.  33,  S.  439}  hat  genaue 
anatomische  Untersuchungen  angestellt  über  den  Bau  des  Darm> 
kanalö  bei  Kindern.  Zwei  Eigenthümlichkeiten  sind  für  den 
Darmkanal  des  Neugeborenen  charakteristisch :  die  schwache  Ent- 
wickelung  der  Musketschicht  und  die  verhältnissmässig  starke  Ent* 
Wickelung  der  Schleimhaut  in  allen  ihren  Theilen.  Die  Zotten  sind 
genügend   entwickelt,    viel    dichter   gestellt   und  blutreicher  als  im 


I 


Kinderheilkande. 


415 


DarmkaDale  Erwachsener;  die  Anzahl  der  Lieberkübn'achen  Drüsen 
ist  verbältDissmässig  genügend;  das  Lymphsystem  ist  im  Momente 
der  Geburt  vollkommen  entwickelt.  Die  mikroskopischen  Ergebnisse 
stehen  in  vollkommenem  Einklang  mit  den  makroskopischen  Ver- 
hältnissen, Die  Nervenplexus  sind  genügend  entwickelt;  doch  in 
Betracht  dessen,  class  die  Mjeliuschicht  in  den  Mesenterialnerven 
schwach  entwickelt,  und  dass  nach  den  Untersuchungen  von  Arndt 
'  die  Myelinschicht  für  die  Nervenstämme  von  grosser  Bedeutung  ist, 
moss  man  folgende  Unterschiede  des  Nervensystems  zulassen: 
„leichte  Gereiztheit  und  schnelle  Ermüdung,  die  Unmöglichkeit  des 
Widerstandes  und  Schwäche  verschiedenen  Reizen  gegenüber ^^ 
Diese  Eigenthftmiichkerten  des  Nervensystems  rufen  die  bei  den 
Kindern  oft  auftretenden  Koliken  hervor.  Die  schwache  Entwicke- 
Inng  der  Muskelschicht  ruft  Obstipation  hervor. 

A,  Baginsky  legte  in  der  Berliner  medicinischen  Gesellschaft 
die  Sectionspräparate  eines  l^^^ähngen  Kindes  von    Dasselbe  hatte 
intra  vitam  nur  die  Erscheinungen  eines  Empyems  geboten,  welches 
mit  gatem  Erfolge  operirt  wurde;    darauf  stellten  sich  aber  Tenes- 
mns   und  schleimige^    blutige  Diarrhoen  ein,   die  trotz  der  grössten 
Sorgfalt   nicht  verschwanden    und    das    Kind   mehr   und   mehr   er- 
schöpften, bis  es  schliesslich  an  Erschöpfung  zu  Grunde  ging.     Bei 
der  Section  zeigte  sich   nun,  dass  nicht  da^  Empyem   die  primäre 
Erkrankung  gewesen  war,   sondern  es  handelte  sich  um  eine  durch 
einen  kleinen  Kothstein  primär  inducirte  Perityphlitis,  von  welcher 
ein  Eiterungsprocess  ausgegangen  war,  welcher  von  hinten  her  längs 
»des    Colon     und     der    Leber    an    dem    Zwerchfell    emporgestiegen^ 
\  durch  dasselbe  durchgedrungen  ist   und  das  Empyem  gemacht  hat. 
[Die  Perityphlitis  ist  intra  vitam   absolut   symptombs   verlaufen;    es 
rwar  weder  in  der  Ileocöcalgegend  eine  grössere  Dämpfung  vorhan- 
fden,  noch  war  ein  Tumor  zu  fühlen,  noch  war  besondere  Schmerz- 
haftigkeit  im  Abdomen  vorhanden ,  kurz  nichts ,  was  auf  einen  der- 
artigen schwerwiegenden  Process  hingewiesen  hätte. 


Szydiowski  (Jahrbuch  f.  Kinderheilk,  Bd.  34,  S.  411)  hat 
sich  das  Studium  des  Labenzyms  nach  Beobachtungen  an  Säug- 
lingen zur  Aufgabe  gemacht.  Das  Labenzym  bildet  im  Mageninhalt 
Iden  wirksamen  Bestandtheil  des  Labs  und  kennzeichnet  sich  durch 
seine  geringe  Resistenzfähigkeit  gegen  caustische  Alkalien,  sowie 
auch  gegen  höhere  Temperaturen.  Eine  Vorstufe  des  Labenzyms 
bildet  das  Labzymogen,  welches  nach  Boas  durch  Einwirkung  von 


416 


Baginskj. 


freier  Salssäure  in  das  active  Enzym  übergeführt  wird.  Szydlowski 
legte  sich  nun  zunächit  die  Frage  vor:  „Wie  verhält  sich  das  Lab- 
enzym  im  uüchtemen  Säuglingsmagen?"  Es  lässt  ßich  stets  als  con- 
stanter  Factor  nachweisen ;  das  Vorkommen  ist  von  dem  Alter  und 
der  K örp er ent Wickelung  des  Kindes  unabhängig.  Was  die  zeitlichen 
Unterschiede  im  Auftreten  eines  Labcoagulum  anbelangt,  so  waren 
dieselben  nicht  weaentlich  difr«rent;  gewöhnlich  konnte  man  die  Zeit 
nach  Minuten  bestimmen,  nur  in  einem  Falle  kam  es  zur  Labung 
erat  nach  2  Stunden.  Die  Reaction  des  Mageninhaltes  und  das  Vor- 
kommen freier  Salzsäure  in  demselben  scheinen  iu  keiner  ursäch- 
iichen  Beziehung  zu  dem  Vorkommen  des  Labenzyms  zu  stehen,  — 
Eine  zweite  Heihe  von  Versuchen  erstreckte  sich  auf  das  Vorkommen 
und  eventuelle  Verhalten  des  Labenzyms  im  Säugtingsmagen  in  ver- 
schiedenen Verdauungsphaaen,  Sie  zeigten,  dass  in  allen  Verdanungs- 
phaBeUj  sowohl  bei  gesunden,  wie  bei  kranken  Kindern,  das  Lab- 
enzym gefunden  wurde.  Ebenso  wenig  kann  man  das  Alter  deB 
Kindes  mit  dem  Vorkommen  des  Lahenzyms  und  seiner  Wirkung 
in  Zusammenhang  bringen»  Der  zeitliche  Verlauf  der  Enzymwirknng 
bietet  auch  nichts  Besonderes,  ausser  in  den  Fällen,  wo  eine  neu- 
trale oder  schwach  alkalische  Keaction  des  Mageninhaltes  constatirt 
wurde;  ii]  diesen  Fällen  schien  die  Enzym  Wirkung  %'erlang8amt  zu 
sein.  Die  Qualität  der  Nahrung  zeigte  keinen  Einiluss  auf  die  Pro- 
duction  des  Labenzyms,  es  trat  sowohl  hei  Milchnahrung  auf,  wie 
auch  in  denjenigen  Fällen,  wo  vorübergehend  Thee  gereicht  wurde. 


In  einer  aus  dem  Heiibner^schen  LaborRtorium  stammenden 
Arbeit  hat  Müller  (Jahrbuch  L  Kinderheilk.  Bd.  34,  S.  499)  das 
Verhalten  von  Milch  und  Ca  sein  zur  Salzsäur  e  einer  Unter- 
suchung unterzogen.  Er  kommt  zu  folgenden  Schlüssen:  Die  Milch 
bindet  Salzsäure,  und  zwar  die  Kuhmilch  am  meisten,  weniger  Stuten- 
und  Ziegenmilch,  Von  der  Kuhmilch  bindet  die  der  altmilcb enden 
weniger  als  die  der  neumikhenden  Kübe.  Muttermilch  bindet  nur 
ca,  Va — V'i  öo  wenig  Salzsäure  wie  Kuhmilch.  Die  Ab-  und  Zu- 
nahme der  Bindungsf^higkeit  der  verschiedenen  Milcharten  an  Salz- 
säure hänut  von  dem  grösseren  oder  geringeren  Gehalt  derselben  an 
Salzen  und  Eiweiasen  zusammen  ab.  Die  Salze  der  Milch  binden 
ca,  42  o/p  der  Salzsäure,  die  Ei  weisse  dagegen  ca.  58  %,  —  Reines, 
nach  Hammarsten  dargestelltes  Oasein  bindet  die  Salzsäure  und 
hält  diöse  auch  bei  höherer  Temperatur  fest.  Von  diesem,  in  ganz 
schwacher  Salzsäure  =  *},!  ^j^q  gelösten  Casein,  welche  Lösung  keine 
Reaction  auf  freie  Salzsäure  gibt,  werden  mit  Pepsin  bis  zu  45  ^n,  verdaut 


Kinderheilkunde. 


417 


Wittmann  (Jahrbuch  f.  Kinderheilk,  Bd,  34,   S.  1)   gibt  eine 
tethode  zur  Untersuchung  des  Mageninhaltes  an,  die  mit 
möglichst  einfacher  HandhabuDg  eine  für  die  Zwecke  der  PraxiB  ge- 
nügende Genauigkeit  verbinden  und  den  quantitativen  Nachweia  der 
freien  Sabsäure,  der  Milchsäure,  der  flüchtigen  Säuren,  der  Phos- 
phate und   des  an   organische  und  anorganische  Substanzen  gebun- 
denen Chlors  gestatten  sollte,   Wittraann  ist  der  Ansicht,  dass  das 
bisher  einzig  charakteristi.sche  Keagens  auf  freie  Salzsäure  —  Phloro- 
glucin- Vanillin  —  nicht  ganz  ohne  Nachtheile  sei;  in  Gemischen  mit 
anderen  Säuren  bleibt  die  charakteristische  Reaction  allerdings  deut- 
lich, indess  wirken  grössere  Mengen  von  sauren  Phosphaten  ungünstig 
Da  letztere  im  Mageninhalte  stets  vorkommen,   so   ist  dieser 
Jmstand   nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  und  es  kann  aus  dem  nega- 
tiven Aasfall  der  Günzburg'schen  Reaction  das  Fehlen  freier  Salz* 
säure    nicht   unbedingt   geschlossen    werden.     Der  von  Wittmann 
ausgearbeitete  Unter  such  ungsgang  basirt  einmal  darauf,    dass  durch 
kohlensaures  Zinkoxyd  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nur  freie  Säuren 
gebunden  werden,  während  die  an  organische  Substanzen  gebundene 
Salzsäure    unberübrtr   bleibt,    wenn   die  Einwirkung  nicht  zu   lange 
dauert,    sowie    in   der  LeichtlösÜchkeit  von  Zinkchlorid   in  Aether- 
alkoboL  in  welchem  Zinklactat  nabezti  unlöslich  ist.    Ferner  hat  das 
I       Zinkcarbonat  den  V  ort  heil,  dass  es  mit  den  Phosphaten  zu  in  Wasser 
|j       unlöslichen   Verbindungen    zusammentritt   und   somit   diese,    die  in 
^^  einer  Theilprobe  bestimmt  werden,  für  die  weitere  Untersuchung  be- 
Hieitigt. 

^m  Die  Untersuchungen,  welche  Clopatt  (Revue  de  medecine, 
^■April)  über  die  Verdauung  des  Magens  bei  Säuglingen  an- 
B  gestellt  hat,  umfassen  5-1  Analysen  gesunder  Kinder,  Hiervon  waren 
^  neun  Brustkinder,  und  elf  Kinder  wurden  mittels  Kuhmilch  ernährt. 
I  Clopatt  kommt  zu  dem  wenig  erstaunlichen  Resultat,  dass  die 
Frauenmilch  für  Kinder  im  frühesten  Alter  ein  besseres  Nahrungs- 
mittel ist,  als  die  Kuhmilch,  da  die  analytischen  Versuche  zeigen, 
dass  bei  Frauenmilch  der  Magen  eine  geringere  Arbeit  zu  leisten 
it,  als  bei  Kuh  milch. 

Raudnitz  (Prager  medic.  Wochenschr,  Nr,  1)  macht  auf  den 
,/erth  der  mikroskopischen  Untersuchung  der  Entleerun- 
gen aufmerksam,  vorzüglich  zur  Stellung  der  Diagnose;  er  hält  die 
romahme  derselben  für  indicirt,   erstens  bei  jeder  mit  Durchfällen 
der  Koliken   einhergehenden  AiFection,   zweitens   bei  Anämien  und 
hafter  Gewichtszunahme.     Geruch,  Farbe    Aussehen  und  Re- 
I  d.  pr»ct  Medicio.   1899.  ^^ 


418 


Ba^giBsljy, 


action  werden  zuerst  geprüft,  der  weitere  Gang  der  mikroskopischen 
UDtersucbuDg  ist  folgender:  thieriscbe  Parasiten^  Reste  der  Nahrung, 
und  zwar  MoBkelfasern,  Starke,  Cellulose,  Fett;  Zeichen  der  Darm- 
erkrankung  sind  zwar  Schleim,  Eandzellen,  Blutkörperchen,  Epi- 
tbelien;  Krystalle  mit  Ausschluss  der  aas  dem  Fett  stammenden; 
Klein weeen-  Nach  Aufzählung  der  zur  Untersuchung  nöthigen  Re- 
agentien  zeigt  Raudnitz  die  Art  der  Bestimmung  der  einzelnen 
Theile  der  Paces,  indem  er  zugleich  kurz  angibt,  welchen  Rück- 
schluss  die  betreffenden  Resultat©  auf  das  Befinden  des  Ghesammt- 
organismus  gestatten. 

Sturges  (The  Lanoet,  d.  Jan,  1892)  berichtet  über  einen  Fall 
von  Diarrhoe  und  Erbrechen  bei  eicem  Deunmonathchen  Kinde, 
welches  bereits  vollkommen  collabirt  war  und  keine  Hoffnung  mehr 
anf  Genesung  liess.  Als  letztes  Mittel  wurde  eine  intravenöse  In- 
jection  in  folgender  Form  verordnet:  12  Unzen  destillirtes  Wasser 
mit  36  Gran  Salz  und  einer  Drachme  Oognao  von  einer  Temperatur 
von  101*1  Der  Erfolg  war  ausserordentlich.  Das  Kind  erholte 
sich  innerhalb  weniger  Stunden.  Das  Ettfrechen  trat  nur  uoch  ein- 
mal auf*  Diarrhoe  und  Schlaflosigkeit  wurden  durch  geringe  Gaben 
von  Opium  bekämpft.     Das  Kind  ist  vollkommen  genesen. 

In   der   Frage   der  Behandlung   der  Sommerdiarrhoen  er- 
greift   Liebreich    das   Wort    t^Therapeut.   Monatshefte  Nr.  8).     Er 
warnt  zunächst  davor,  dieselben,    soweit  sie  auf  Infection  beruhen, 
mit  Opium  zu  bebandeln.     Die  erste  Regel,  die  zu  befolgen  ist,  be- 
sieht sich  auf  die  Entleernng  des  Darms.    Grössere  Dosen  Ricinusöl 
Bind  zweckmässig;   wo   dieses   aber  nicht  vertragen  wird^  verordne 
man  Pulvis  aerophorus  laxans  oder  Calomel.   Erst  nach  dieser  Yor- 
cur  sind  bittere  und  aromatische  Mittel  indicirt;  es  empfiehlt  sich  die 
Tinct.  Colombo, 
Tinct,  Cascarillae  ana  90^0. 
S*  Alle  Stunden  10—20—30  Tropfen. 
Auch  sehr  zweckmässig  ist  der  Zusatz  dieser  Tinctur  zum  Thee  zn 
gebrauchen. 

Hertens  (Berl.  klin.  Wochenöchr.  Nr.  45)  beschreibt  einen  im 
Bürgerhospital  in  Köln  beobachteten  Fall  von  Taenia  nana  bei 
einem  6jährigen  Knaben  —  ein  Bandwurm^  welcher  in  Deutschland 
sehr  selten,  in  Italien  dagegen  ungemein  häufig  und  vorzugsweise 
bei  Kindern  beobachtet  wird.  Als  Anstreibungsmittel  wird  von  ■ 
Hertens  das  Extractum  Filicis  maris  aethereum  empfbblen,  und 
swar   80,   dass   man   nur  eine  Dosis   verordnet,    die  aber  möglichst 


Kinderheilkimde.  419 

hoch  zu  bemessen  ist,  and  der  man  etwa  ^  2~^  Stande  sf^äter  ein 
Drasticum  folgen  lisst 

Einen  beachtenswerthen  Beweis,  wie  gefahrlich  manchmal  die 
kleinen  Oxyaren  werden  können,  erbringt  Spitzer  (Wiener  med. 
Wochenschr.  Nr.  1).  Ein  Mädchen  von  12  Jahren  litt  seit  einiger 
Zeit  an  mehr  and  mehr  zanehmendem  Aasflass  aas  der  Scheide. 
Da  das  Kind  sa  gleicher  Zeit  mit  den  Fingern  häa£g  während  des 
Schlafes  an  den  Genitalien  zapfte,  so  vermutheten  die  Eltern,  dass 
mit  dem  Kinde  Nothzncht  getrieben  worden  sei.  Bei  der  Inspection 
fand  man  ein  chronisches,  nässendes  Ekzem  der  Schamlippen  und 
zahlreiche  blntende  Kratzeffecte  an  den  Nates.  In  das  mehrfach 
eingerissene  Hymen  liess  sich  leicht  ein  dicker  Glaskatheter  ein- 
fahren, wobei  sich  viel  eiteriger  Schleim  entleerte.  Bei  einer  daraaf 
folgenden  Vaginalaasspolang  wurde  ein  ganzer  Knäuel  zwimdünner 
Warmer  herausgeschwemmt,  wodurch  sich  die  oben  beschriebenen 
Symptome  leicht  erklären  liessen. 

Minerbi  (Annal.  de  m^  Nr.  49)   wendet  gegen  Oxyuris  Kly- 
stiere  mit  Naphthalin  nach  folgender  Formel  an: 
Rp.  Naphthalini  1.0 — 1,5, 
Ol.  Olivar.  40,0—60,0. 
D.  S.  Für  ein  Klystier. 

um  die  Frage  zu  entscheiden,  ob  die  Ascarideneier  direct 
den  menschlichen  Darm  inficiren,  oder  ob  der  Spulwurm  einen 
Zwischen wiith  habe,  gab  Epstein  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  33, 
S.  287)  drei  Kindern  Ascarideneier,  welche  er  auf  Fäces  gezüchtet 
hatte,  und  die  lebende  Embryonen  enthielten.  Bei  allen  drei  Ver- 
suchspersonen war  durch  wiederholte  mikroskopische  Untersuchung 
des  Stuhls  festgestellt,  dass  sie  keine  Ascariden  beherbergten.  Die 
Kinder  erhielten  nur  gekochte  und  gebackene  Nahrungsmittel  und 
ganz  unverdächtiges  Trinkwasser.  Bei  allen  drei  Kindern  zeigte  sich 
zwischen  der  10.  und  12.  Woche  nach  der  Infection  der  erste  Ab- 
gang von  Eiern  in  den  Fäces.  Nach  Darreichung  von  Santonin 
gingen  geschlechtsreife  Weibchen  und  Männchen  ab.  Aus  diesen 
Untersuchungen  ist  erwiesen,  dass  die  Einwanderung  des  Spulwurms 
in  den  menschlichen  Körper  durch  directe  Infection  geschieht,  in- 
dem unbeschädigte  und  lebende  Embryonen  enthaltende  Eier  mittels 
Terschluckens  in  den  Darmtract  gelangen  und  sich  hier  weiter  ent- 
wickeln. 

Hillyer  (The  Lancet,  1.  Oct.)  wurde  zu  einem  in  bewusstlosem 
Zustande  daliegenden  und  bereits  moribunden  Kinde  von  5  Jahren 


420 


fiaginsky. 


gerufeD,  bei  dem  die  Seotion  eine  ÄnsammluDg  von  42  Aecariden 
im  Darm  ergab,  so  dags  der  Darm  steüeii weise  faßt  gauK  verschlossen 
war,  Verf.  ist  geneigt,  als  Todesursacbe  sowohl  die  Obßtruction, 
wie  die  directe  Reizung  des  Darms  anzimelimen. 

Borger  (Müncb,  med.  AbLandltingen ,  2,  Eeihe,  1.  Heft)  hat 
auB  der  Litteratur  59  Fälle  zusammeuges teilt,  in  denen  ein  Auswan- 
dera  von  Ascaris  lumbricoides  aus  dem  Darme  in  andere  Or- 
gane stattgefunden  hatte;  in  der  Hälfte  dieser  Fälle  waren  die 
Würmer  bis  In  die  Leber  vorgedrungen^  neunmal  mit  Absceagbildung. 
Bei  einem  von  Borger  beschriebenen  Fall  war  es  ebenfalls  zur 
Bildung  eines  Leberabscesses  gekommen.  An  der  Unteriäcbe  der 
Leber  fanden  sich,  im  stark  erweiterten  Ductus  hepaticus  steckendi 
zwölf  Spulwürmer,  sammtlich  Weibchen;  das  Kopfende  aller  war 
nach  innen  gerichtet.  Die  Oberfläche  der  Leber  zeigte  viele  dunkle 
Flecke,  bei  deren  Incision  sich  eine  körnige,  gel  Mich -rothe,  bröcklige 
und  käsige  Masse  vorfand ,  mikroskopifich  wnrden  kleine,  nadel- 
ilörmige  Krystalle  neben  Ha matoidinkry stallen  consl^tirt,  sowie  eine 
Unzahl  von  Wurmeiern,  deren  Kapsel  theils  gesprengt,  theils  unver- 
letzt erhalten  war,  nirgends  ein  Stadium  der  Furchnng  an  den  Eiern, 
noch  Embryonen.  Der  Leberdurchschnitt  bot  zahlreiche  Cavernen^ 
mit  brÖokJigeo  Massen  gefüllt,  ohne  Wurmeier,  in  mehreren  Caverneo 
staken  Spulwürmer.  Diese  Oavernen  waren  stark  erweiterte  Gallen- 
gange  mit  verdickten  Wandungen  und  führten  in  Abscegsböblen; 
eine  Communication  letzterer  bestand  nicht 


Falkenbeim  und  Askanazy  (Jahrb.  L  Kinderheilk-  Bd.  S4, 
S.  71)  beschreiben  einen  merkwürdigen  Fall  von  Perforations- 
peritonitis  bei  einem  Neugeborenen  mit  Verkalkung  des  ausge- 
tretenen Meconiums,  Das  Kind,  welches  in  Beckenendlage  mit  Ex- 
traction  des  Kopfes  entwickelt  worden  war,  lebte  23  Tage,  Die 
Ursache  der  intra  vitam  diagnosticirten  langsam  verlaufenden,  diffusen 
Peritonitis  wurde  durch  die  Section  festgestellt,  indem  sie  zeigte, 
dass  die  Peritonitis  eine  Folge  der  Perforation  des  Dickdarms  im 
Bereiche  der  Flexura  lienalis  war.  Das  Aussehen  der  Schleimhaut 
an  der  Perf  oratio  nas  teile  und  im  übrigen  Digestion  st  ractus  lieesen 
einen  geschwürigen  Process  ohne  Weiteres  an sschli essen ,  so  dass 
man  wohl  annehmen  musste,  dass  der  Darm  infolge  der  Einwirkung 
eines  Traumas  rupturirt  ist.  An  dieser  Stelle  zeigte  der  Dickdarm 
eine  flach  trichterförmige,  grubige  Vertiefung,  in  deren  Grunde  sich 
eine  stecknadelkopfgrosse  Ooffnung  befand.  Das  ganze  Bauchfell 
war  mit  einem  fibrös-eiterigen  Belage  überzogen,  in  dem  sich  zahl- 


Kinderheilkunde. 


421 


reiche  harte  Knötchen  befanden,  namentlich  in  der  Gegend  der 
Flesura  coli  sinistra.  Diese  harten  Knötchen  stellten  sich  bei  der 
mikroskopischen  Untersuchung  als  eingeheilte  und  verkalkte  Meco- 
niumpartikel  dar.  Es  muss  demgemäBs  der  Durchhruch  zu  einer 
Zeit  vor  sich  gegangen  sein,  in  welcher  der  Darm ^in  schneller  Auf- 
einanderfolge der  Einheilung  fähiges,  keimfreies  Meconinm  und  in- 
fectiöses,  zur  Hervürrufung  einer  Peritonitis  geeignetes  Material  ent- 
hielt. Nach  Austritt  des  Meconiums  ins  Peritoneum  musste  noch 
eine  Frist  für  das  Znstandekommen  eines  theilweisen  Yerschlusses 
der  zunächst  aseptischen  Darmwunde  bleiben,  eines  Verachlusi^eö', 
genügend,  um  das  Eindringen  grösserer  Massen  des  infectiösen  Ma- 
terials in  den  Peritonealsack  und  das  Aufflammen  einer  fondroyanten, 
ichuell  zum  Tode  führenden  Peritonitis  zu  verhüten,  nicht  genügend 
aber  und  nicht  so  vollständig,  um  nicht  den  Durchgang  kleinerer 
Mengen  z\x  goBtatten,  die  nun  ihrerseits  die  subacute  Peritonitis  be- 
dingten und  dem  Meconium  Zeit  gaben,  seine  interessante  Umwand* 
Jung  diozugehen. 


Aldibert  (Revue  mens,  des  malad,  de  l'enfance,  Juni)  hat 
ä&m.mtliche  in  der  Litteratur  verzeichneten  Fälle  von  tuberculöeer 
Peritonitis  zusammeogestollt,  auf  Oiund  deren  er  für  die  Laparo- 
tomie, als  die  bei  Weitem  aussichtsreichste  Behandliingsmetliode 
eintritt,  Lungentuberculose  soll  keio  Hindemiss  der  Operation  ab- 
geben; sie  kann  vielmehr  nach  der  Operation  ver^chvt^inden.  Aus- 
geachlossen  sind  nur  Kranke  mit  allgemeiner  oder  Darmtuberculose. 

Ebenfalls  von  der  chronisch  tuherculösen  Peritonitis  des 
Kindesalters  handelt  eine  Arbeit  von  Berggrün  und  Katz  (Wiener 
iilin.  Wochenschr.  Nr.  46).  Sie  machen  auf  das  Auftreten  acholischer 
Stuhle  bei  dieser  Erkrankung  aufmerksam  bei  nicht  bestehendem 
Icterus  und  mangelnder  Gallenpigmentreaction  im  Harne.  Sie  haben 
darüber  eingehende  Untersuchungen  angestellt  und  kommen  zu  fol- 
genden Schlüssen:  1)  Die  Entfärbung  der  Stühle  bei  der  chrouisch 
toberculdsen  Peritonitis  des  Kindesalters  ist  in  einer  Vermehrang 
des  zur  Ausscheidung  kommenden  Fettes  begründet,  2)  Die  Secre- 
tion  der  Galle,  der  freie  Abfiuss  derselben  in  den  Darm,  ist  nicht 
{gestört.     3)  Die  Wirkungsweise   der   Galle   ist  modificirt  —   indem 

an ti putriden  Eigenschaften  wohl  erhalten  bleiben,  ihre  Wirkung 
die  Fett  Verdauung  jedoch  vermindert  erscheint, 

Genserich  (Virchow*s  Archiv  Bd.  12G,  S.  485)  fand  bei  einem 
Sind,  das  45  Stunden  nach  der  Geburt  verstorben  war,  eine  hoch- 
gtiadige,    mit   Phlegmone   der   Bauch  wand   complicirte   Peritonitis 


422 


Baginsky, 


perforativa.  Der  Ort  der  Peribration  war  im  unteren  Theile  des 
lleum.  Der  Darm  war  durchgängig,  es  bestand  auch  keine  Ge- 
schwürsbildong,  und  die  sehr  enge^  glatte  Perforationsööiiung  Hess 
auch  die  Annahme  einer  Zerreissung  nicht  zu.  Andererseits  bewies 
die  vielfache,  zum  Theil  recht  zähe,  bindegewebige  Verwachsung  der 
Baucheingeweide,  dass  die  Erkrankung  keineswegs  erst  von  der  Ge- 
burt her  datire,  sondern  bereite  im  intrauterinen  Leben  entstanden 
war,  Verf.  nimmt  deshalb  an,  dass  die  Perforation  Folge  einer  Ent- 
wickelüng&anoinaiie  war. 

Rolleston  nnd  Kantliack  (Virchow'd  Archiv  Bd,  130,  S.  488) 
beschreiben  zwei  Fälle  von  cyetisclier  Erkrankung  der  Leber 
bei  Neugeborenen.  Beide  Kinder  waren  bald  nach  der  Geburt  ge- 
storben. Bei  der  Section  zeigte  die  Leber  makroskopisch  wenig 
Bemerkenswerthes ,  nur  einige  wenige,  schwer  bemerkbare  Cysten. 
Das  Mikroskop  zeigte  eine  typische,  vorgeschrittene  biliäre  Leber- 
oirrhose,  welche  ihren  Ausdruck  in  der  Exiatenz  von  dichterem, 
fibrösem  Gewebe  nm  die  dilatirten  Gallengänge  fand.  Das  fibröse 
Gewebe  folgte  von  den  Portalgehieten  aus  den  Verästelungen  der 
Gallengänge.  Die  Zahl  der  letzteren  wnr  bedeutend  vergrössert,  sii^ 
waren  meist  erweitert,  einige  id  hohem  Maassej  sie  waren  jedoch 
sammt  und  sonders  leer  und  enthielten  weder  Schleim  noch  Galle, 
noch  abgestosaene  Epithelzellen.  —  Verff,  sprechen  ihr  Urtheil  dahin 
aus,  dass  es  nicht  unwahrscheinlich  ist,  dass  eine  Leberctrrhose, 
wenn  sie  frühzeitig  im  intrauterinen  Lehen  auftritt,  zu.  einer  congeni- 
talen cystiöchen  Erkrankung  der  Leber  führen  kann,  gesetzten  Falles, 
daas  das  Kind  am  Leben  bleibt,  während  andererseits  eine  acute 
Entzündung  oder  Oirrhose  im  späteren  Föt^illehen  oder  gleich  nach 
der  Geburt  zu  einem  tödtlich  vedaufenden  Icterus  führen  mag. 


Krankheiten  des  Urügenitalapparates. 

A,  Baginsky  und  Gluck  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  21) 
legten  in  der  Berliner  medicinischen  Gesellschaft  die  Präparate  einer 
Nephrektomie  dar.  Es  handelte  sich  um  ein  Sjähriges Kind,  welches 
an  mehrfachen  tuberculösen  Erkrankungen  der  Knochen  und  Gelenke 
litt.  Dieses  Kind  acquirirte  Morbillen,  in  deren  Verlaufe  sich  eine 
ziemlich  intensive  Albuminurie  zeigte.  Bei  der  mikroskopischen 
Untersuchung  des  Harns  erkannte  man  reichlichen  Gehalt  an  Eiter- 
körperchen  und  Cy linder,  die  sich  aus  feinen  Fetttröpfchen  und 
lymphoiden  Zellen  zasammensetzten,  im  Sediment  zahlreiche  Tuberkel- 


BÜnderheilkunde.  423 

badllen.  Unter  diesen  Terhaltnifiseii  war  die  Tuberculose  der 
Niere  sichergestellt.  Im  weiteren  Terlanfe  der  Erkrankung  üessen 
sieh  aach  Anhaltspunkte  gewinnen,  welche  Niere  erkrankt  war.  In 
der  linken  Seite  hinten  unterhalb  des  £.ippenrandes  wurde  eine  leichte 
Prominenz  wahrnehmbar.  Gleichseitig  entwickelte  sich  an  dieser 
Stelle  eine  ziemlich  intensive  Dämpfung,  welche  Ton  hinten  HtiV« 
weiter  nach  vom  vorschritt,  und  diese  Dämpf ong  nahm  allmählich 
sowohl  an  Intensität  als  an  Ausbreitung  zu.  so  dass  die  Wahrschein- 
lichkeit vorhanden  war,  dass  in  der  linkeD  Niere  der  tuberculose 
Prooess  Platz  gegriffen  habe.  Da  man  rermutheii  konnte,  dass  die 
immer  mehr  hervortretende  Dämpfung  nicht  allein  auf'  die  Niere  selbst, 
sondern  auch  auf  eine  Affection  der  Niereiikapsel  zu  beziehen  war. 
and  schliesslich  die  Entfernung  des  mit  Llichster  Wahrscheinlichkeit 
schwer  tuberculös  erkrankten  Organs  eineL  wei^ngleich  geringen 
Grad  von  Aussicht  bot,  dem  Kinde  zu  Hub'e  zu  kommen,  so  wurde 
die  £x8tirpation  des  über  mannesfaustgrosseü  Organa  vorgeLommen: 
es  enthielt  einen  wallnussgrossen  käsigen  Herd.  —  Die  Operation 
war  glücklich  verlaufen,  das  Kind  ist  indess  2  Wochen  spkxeT  an 
allgemeiner  Tuberculose  gestorben. 

Cahen -Brach  (Jahrb.  f.  KinderheiÜL  B5.  S4,  S.  bß^.  berichtet 
in  einem  auf  der  64.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte 
gehaltenen  Vortrage  über  21  Fälle  von  kindlichem  Fluor  albus, 
welche  er  bei  Madchen  im  Alter  von  2 — 10  Jahren  beobachtet  hat. 
Mit  Ausnahme  eines  Falles,  Hessen  sich  bei  allen  Kindern  Gonokokken 
im  Secret  nachweisen.  Das  Leiden,  welches  weniger  durch  «ubjVctive 
Beschwerden,  als  durch  seine  meist  mehrmonatliche  Dauer  lästig 
wurde,  hatte  seinen  Hauptsitz  in  der  Urethra.  Als  Complicationen 
traten  einmal  Gystitis,  einmal  ein  Erguss  in  ein  Metacarpo-Phalangeal- 
gelenk  auf.  Uebergreifen  des  Processes  auf  Uterus,  Tuben  und 
Peritoneum  hat  Verf.  nie  mit  Sicherheit  gesehen.  £r  meint,  dass 
vor  Eintritt  der  Geschlechtsreife  dem  Vordringen  der  Kokken  am  fest 
geschlossenen  äusseren  Muttermund  ein  Damm  gesetzt  wird.  Durch 
diese  Beschränkung  der  gonorrhoischen  EntzünduDg  auf  die  ober- 
flächlicheren Theile  des  Urogenitalapparates  gestaltet  sich  deren 
Prognose  günstiger  als  bei  menstruirten  Personen,  denn  in  der  Regel 
scheint  sie  bei  Kindern  spätestens  nach  einigen  Monaten  vollständig 
abzuheilen,  während  sie  nach  Eintritt  der  Pubertät  nicht  selten  zu 
einem  unausrottbaren  Uebel  wird.  Therapeutisch  empfiehlt  sich  neben 
Bettruhe  die  Sorge  für  möglichste  Reinlichkeit,  häufige  Abwaschungen 
and  warme  Bäder  mit  nachfolgendem  Einpudern   und  Einlegen  von 


4M 


Bagingky. 


bestäubter  Watte  in  die  Vulva;  bei  reichlicher  ßecretion  Ausspülungen 
der  Vagina.  Innerlich  können  Balsamica  gereicht  werden j  von  welchen 
Ol.  Santali  3mal  3—5  gtt.  pro  die  am  besten  vertragen  wird.  Bei 
Xindern  in  den  ersten  Lebensjahren  ist  wegen  der  Gefsährdußg  der 
Augen  ein  Anschlingen  der  Arme  rathsam. 

Vibert  und  Bordaz  (^Revue  mens»  dea  mal,  de  Teuf,  S.  31) 
halten  ebenfalls  die  VuivovaginitiB  der  kleinen  Mädchen  in  den 
meisten  Fällen  für  gonorrhoischer  Natur.  Die  Behandlung  besteht 
in  localen  Wasehungen  von  0,5"^'QQiger  Sublimat-  oder  4%iger  ßor- 
säurelösung  2— 3mal  des  Toges  und  Bepuderung  mit  Salol,  sowie 
3 — 4  Schwefelbädern  per  Woche.  Bei  Vaginitis  soll  alle  2 — 3  Tag© 
ein  3  mm  dicker  Stift,  bestehend  aus  Ifl  Butyrüm  Cacao  und  0,1  Salol, 
in  die  Hymenalspalte  eingeführt  werden. 

Csiiiag  hatte  im  vergangenen  Jahre  dazu  getathen,  die  Enu- 
resis nocturna  mit  Massage  zu  behandeln^  weil  er  von  der  Ansicht 
ausgingj  dass  die  Enuresis  durch  eine  mangelhafte  Innervation,  bezw. 
durch  einen  Schwächezustand  des  Schlieflsmoskels  der  Blase  bedingt 
wird.  Rawiko witsch  (Archiv  f.  Kinderheilk.  Bd.  14,  8.  194)  hat 
nun  diese  Methode  in  weiteren  zehn  Fällen  angewendet  und  kommt 
ebenfalls  zu  dem  Schluss,  dass  die  mamielle  Rehanllung  der  Enuresis 
ein  sehr  rationelles  und  energisches  Verfahren  ist.  Seine  Resultate 
sind  allerdings  nicht  ebenso  günstig  wie  die  von  Csillag,  da  da» 
Verfahren  in  zwei  Fällen  ganz  und  gar  versagte ,  aber  er  ist  der 
Meinung,  dass  man  einmal  mehr  als  zwölf  Sitzungen  vornehmen  müsse^ 
wie  Csillag  vorgeschlagen  hatte;  fercer  müsse  man  neben  der 
Massage  allgemein  stärkende  Mittel  anwenden. 


Acut«  Inrectiouskranklieiten. 

Diphtherie. 

In  der  Frage  der  Aetiologie  der  Diphtherie  gibt  68  nun 
keinen  Streit  mehr.  Es  herrscht  Einstimmigkeit  darüber,  dasa  der 
Löffler'sche  Bacillus  der  Erreger  ist,  Ueber  die  Erfahrungen^  die 
in  dieser  Beziehung  im  Kaiser-  und  Kaiserin-Priedrich-Kinderkranken- 
hause  gemacht  worden  sind,  hielt  A.  Baginsky  in  der  Berliner 
medicinischen  Gesellschaft  am  30.  Januar  d.  J,  einen  Vortrag,  dessen 
wesentlicher  Inhalt  bereits  im  vorigen  Jahresberichte  mitgetheiit  ist* 
In  der  an  den  Vortrag  sich  anknüpfenden  Discussion  wurde  von 
mehreren  Seiten  auf  die  in  der  Praxis  erwachsenden  Schwierigkeiten 
der  von  Baginsky  geforderten    bacteriologischen  Untersuchungen 


Kinderheükünde. 


425 


hmg6wieB6Q,  während  der  Redner  dieselben  als  leteht  überwindlich 
darstellte*  Von  Troje  wurde  betont,  dass  neben  dem  Löffler'schen 
ßacüiua  anch  den  diesen  begleitenden  Kokken  eine  sehr  hervorragende 
Bedeutung  bei  dem  Verlaufe  der  diphtherischen  Krankheitöformen 
zukomme«  Etwas,  was  Baginsky  allerdings  nie  bezweifelt  hatte^ 
HOT  ist  der  Löffler'sche  Bacillus  der  spiritus  rector  bei  der  Diph- 
therie, die  ohne  ihn  auftretenden  Pharynxerkrankungen  sind  mit 
Ausnahme  etwa  des  «echten  Pharynxerysipels  nahezu  gefahrlos,  sofern 
sie  nicht  wieder  als  Complicationen  auderer  Infectionskrankheiten, 
wie  des  Scharlach  etc,  auftreten*  —  Seither  haben  übrigens  die 
Mittheilmigen  von  Baginsky  von  den  verschiedensten  Seiten,  so 
aas  Italien  (Concetti),  ebenso  aas  Amerika  voUe  Bestätigung 
gefunden« 

Dass  der  sog.  primäre  Larynxcroup  auch  vom  Löffler'schen 
Diphtheriebacillus  hervorgerufen  werde,  war  in  der  Discussion  über 
den  Baginsky'scLen  Vortrag  am  6.  Februar  d.  J.  in  der  Berliner 
medicinischen  Gesellschaft  bestritten  worden.  Nunmehr  bat  Eugen 
Fraenkel  (Deutsche  med,  Wochen  sehr.  Nr.  24)  bei  vier  an  dieser 
Affection  Gestorbenen  genaue  Untersuchungen  angestellt  und  in 
allen  Fällen  durch  mikroskopische  Untersuchung,  Ciiltur  und  Thler- 
esperiment  die  Anwesenheit  des  Klebs-Löffier'schen  Diphtherie- 
bacillus in  den  Membranen  sicher  nachgewiesen.  Drei  dieser  Patienten 
hatten  klinisch  gar  keine  Rachenerkrankung  dargeboten^  bei  dem 
vierten  war  dieselbe  bereits  14  Tage  vor  der  Laryßxerkrankung  in 
leichtem  Grade  vorhanden  gewesen. 


In  einer  sehr  ausfübrlichen  und  umfassenden  Abhandlung  er* 
stattet  Hopp e-Sey  1er  (Archiv  f.  klin.  Med,  Bd.  49,  S.  ö31— 586) 
Bericht  über  455  Diphtheriefälle,  welche  während  einer  zwei- 
jährigen Epidemie  (1889—1890)  in  Kiel  zur  Beobachtung  kamen. 
Von  diesen  455  Fällen  betrafen 

das  Jahr  1889^  177,  davon  starben     91  —  51,4%^ 
^       „      1890:278,       „  „       116=41,7%. 

Was  das  Alter  anlangt,  so  waren  wenige  Erkrankungen  aus  dem 
1.  Lebensjahr,  die  meisten  betrafen  das  2.-6.  Jahr.  Die  Symptome, 
Verlauf  und  Complicationen  der  Erkrankung  boten  nichts  Ausser- 
gewöhnliches  dar;  genaue  statistische  Angaben  darüber  finden  sich 
im  Original*  —  Therapeutisch  wurde  neben  der  streng  durchgeführten 
^abehandlung  zur  Reinigung  des  Rachens  1^'o^g®  Stiblimatlösung 
3ar    IGOßige    Chloralhydratlösung    mittels    Glasspray    angewendet- 


426 


Bagiuaky, 


Sonst  wurden    noch   id  fünf  Fällen   bei   Kiödem   Pinselungen   vün 
lOO^iger  Esaigaäure  versucht  ohne  deutlichen  Erfolg. 

Szegö  (Jahrb.  l  Kinderheilk  Bd.  34,  S,  13B)  beschreibt  eine 
Diphtherie- Endemie,  welche  in  einem  Mädchen wai sc n hause  in 
Budapest,  welches  102  Zöglinge  zählte,  zum  Ausbruch  gekommen  ist. 
Er  theilfc  die  Fälle  nach  ihren  Xrankheitseracheinungen  und  ihrem 
Verlaufe  in  drei  Classen:  1)  Solche,  bei  denen  das  Rachenbild  schon 
anläsalich  der  ersten  Unteraucbong  ausgesprochen  memhranöse  Auf- 
lagerungen zeigte.  Von  zehn  Fällen  gingen  vier  unter  septischen 
und  stenotischen  Erscheinungen  zu  Grunde.  2}  Solche  Fälle,  die  als 
reine  FollicuJartonsillitiä* Erkrankungen  in  Behandlung  kamen,  und 
wo  sich  die  diphtheritisch-membranoae  Auflagerung  erst  entwickelte, 
3)  Solche  Fälle,  bei  denen  das  reine  Bild  der  Tonsillitis  follicularis 
bis  zum  Schlüsse  verblieb. 

Schlichter  (Archiv  f.  Kinderheil k.  Bd.  14,  S.  129)  hat  unter 
21000  Kindern^  welche  innerhalb  von  3  Jahren  in  die  Wiener 
Landeaiindelanatalt  kamen,  24mai  Diphtherie  beobachtet  und  war 
bemüht,  zu  erforschen,  wie  die  Ana  tecknng  der  Kinder  erfolgt  eto. 
Nur  bei  zwei  Säuglingen  konnte  die  Möglichkeit  einer  directeo  Infection 
zugestanden  werden,  bei  allen  übrigen  blieb  nur  die  Annahme  übrig, 
dass  die  inficirenden  Keime  in  den  Eaumen,  welche  die  Kinder  be- 
wohnten,  hafteten»  Verf.  wirft  nun  die  Frage  auf,  wieso  von  den 
vielen  tausend  Kindern,  die  in  den  gleichen  Räumen  waren,  nur  so 
wenige  an  Diphtherie  erkrankten,  und  versucht  eine  Erklärung  dafür 
zu  finden  in  einer  gewissen  individuellen  Disposition  der  Kinder, 
welche  wahrscheinlich  durch  Herabsetzung  der  Kesistenzfahigkeit 
(infolge  von  Leben sschwäcbe,  Krankheiten  etc.)  zu  Stande  kommt. 
Jedenfalls  glaubt  Verf.,  dasa  die  Diphtherie  bei  Säuglingen  mit  der 
puerperalen  Erkrankung  der  Mutter  in  ursächlichen  Zusammenhang 
nicht  zu  bringen  ist. 


Auerbach  (Deutsche  med.  Wochenscbr.  Nr.  8}  beöchreibt  einen 
Fall  i^on  Hern i p leg ia  cerebralis  nach  Diphtherie.  Das  bis 
dahin  gesunde,  7jährige  ^ind  erkrankte  unter  Fieber,  Schluck- 
beschwerden und  einem  auf  den  Tonsillen  und  dem  weichen  Gaumen 
ausgebreiteten  diphtheritischen  Belag.  Am  7.  Tage  kein  Belag  mehr; 
am  8,  Tage  nasale  Sprache.  Am  12.  Tage  wird  Patient  apathisch, 
erbricht  mehrmals  und  will  nichts  mehr  zu  sich  nehmen.  Urin  sehr 
trüb,  specifisches  Gewicht  102^,  enthält  0,25  ^,o  Eiweiss,  Cylinder 
und  Epithelien,  kein  Blut.    Am  20.  Tage  cloniach^tonische  Krämpfe 


KinderhoiJktinde* 


427 


des  ganzen  Körperä,  BenommenJieit  des  Seosoriuma.  Am  nächsten 
Vormittag  wurde  folgender  Befand  coostatirt:  Patient  immer  noch 
ein  wenig  benommen;  Augenmuskel  iutact,  Pupillen  normal,  keine 
AccommodatioDsparese.  Völlige  motorische  Lähmung  der  ganzen 
Hukeu  Körperseite.  SeDsibilität  nicht  gestört,  Patollar-  und  Bauch- 
hautreflex  beiderseits  erioscheo.  Keine  Incontinentia  urinae  et  ai\ri. 
Von  der  4,  Woche  an  hebt  sich  das  Allgemeinbefinden  zusehends. 
Unter  täglicher  Faradisation  der  gelähmten  Muskeln  und  Nerves, 
Massage  und  Salzbädern  vermag  Patieut  das  linke  Bein  zu  erheben. 
Erst  in  der  8,  Woche  können  Gehversuche  gemacht  werden.  Ans 
dem  bei  der  Entlassung  in  der  16.  Krankheitswoche  aufgenommenen 
Status  ist  Folgendes  hervorzubebeu :  Das  linke  Bein  wird  immer 
nach  etwas  nachgeschleift.  Die  grobe  Kraft  in  der  JiDken  Hand  ist 
wesentlich  geringer  als  rechts.  Patient  kann  den  linken  Arm  nicht 
von  selbst  beugen,  die  Finger  nur  in  beschränktem  Grade  flectiren. 
Geringe  Atrophie  der  Musculatur.  Sinnesorgane  normal,  Sprache 
noch  ein  wenig  näselnd.  Beim  Lachen  wird  der  Mundwinkel  noch 
stark  nach  rechts  verzogen«  Intelligenz  ganz  iotact.  Die  Diagnose 
lautete:  Hämorrhagte  in  den  vorderen  zwei  Dritteln  des  hinteren 
Schenkels  der  Capsula  interna» 


üeber  den  Werth  der  Intubation  liegt  eine  grössere  Arbeit 
aus  der  Züricher  chirurgischen  Klinik  von  Schlatter  vor  (Corre- 
spondenzblatt  f.  Schweizer  Aerate  Nr.  22),  Von  34  primär  mit  In- 
tubation behandelten  Fällen  starben  19  =  56  o  ,v  Es  ist  dabei  aber 
zu  berücksichtigen,  dass  für  die  Intubation  günstige  Fälle  ausersehen 
wurden,  d.  h,  diejenigen  Orouperkranknngen,  wo  der  Procesa  mög- 
liehst  nur  auf  den  Kehlkopf  localislrt  erschien*  Fälle  mit  starker 
Mtta^Tection  des  Rachens^  sowie  im  Stadium  asphycticum  wurden 
stets  tracheotomirt»  —  Von  den  34  intubirten  Kindern  wurden  10 
(mit  9  Todesfällen)  secundar  tracheotomirt.  Ein  Kind  st^rb  bei  der 
Intubation  durcb  Hinabstossen  von  Membranen,  Bei  den  günstig 
verlaufenden  Fällen  konnte  die  Tube  bald,  meist  schon  am  2.  Tage 
entfernt  werden.  Verf.  kommt  zu  folgenden  Schlusssiitzen :  Die 
souveräne  Methode  bleibt  stets  die  Tracheotomie.  Die  Intubation 
ftilirt  in  geeigneten  Fällen  rascher  zum  Ziel,  ihr  Anwendungskreia 
mum  aber  in  engen  Grenzen  gehalten  werden,  wenn  sie  nicht  mehr 
Schaden  als  Nutzen  stiften  soll*  Für  die  Intubation  eignen  sich  nur 
Fälle,  bei  denen  sich  der  diphtheritiache  Proceys  nur  auf  den  Larynx 
erstreckt«  Wird  nach  der  Intubation  die  Alhmung  nicht  frei,  pro- 
gredirt  der  Process   im   weiteren  Verlaufe,    oder  tritt   Ernährungs- 


428 


Baginsk}'. 


Schwierigkeit  eie,  so  darf  mit  der  eecundäree  Traclieotomie  niclit 
gewartet  werden.  Einzelne  Fälle  (Glofetisödem,  Stenose  tieferer  Par- 
tien der  Luftwege)  sind  nur  der  Tracheotomie  zugänglich.  —  Gläu- 
xeode  Erfolge  kann  die  Intubation  in  der  Behandlung  der  chroni- 
sclien  Trachealstenosen  aufweisen. 

Petersen  (Deutsche  med.  Wochen  sehr.  Nr.  d)  atelltj  nach  Mit- 
theilung eines  Falles  von  LaryDxpapillom,  in  welchem  die  Intubation 
vollständig  versagte,  diejenigen  Fälle  von  Complicationen  bei 
der  Intubation  des  Larj^nx  zusammen,  welche  der  Ausführung  oder 
Durch luhruog  dieser  Operation  hinderlich  werden, 

Wilhelm  Mayer  (Muncb.  med,  Wochenschr,  Nr.  14)  berichtet 
über  die  operative  Behandlung  der  Diphtherie  in  Fürth  in 
den  Jahren  1874 — 1892.  Die  Erfolge  waren  durchaus  nicht  günstig. 
Es  wurden  im  Ganzen  316  Tracheotomien  und  y  Intubationen  ge- 
macht; geheilt  wurden  103  =  32,5^%,  Meistens  wurde  die  Tracheo- 
tomia  seperior  gemacht,  30mal  die  inferioi.  Die  Intubation  wurde 
dmal  angewendet;  2itial  bei  erschwertem  Decanulement  mit  gutem 
Erfolg,  Imal  hei  Eaucliasphyxie  {gestorbeü)^  uod  6mal  bei  Diphtherie, 
wovon  Imal  sofort  nach  der  Intubation  wegen  Verschluckens  der 
Tube,  4mal  secundär  wegen  schlechten  Athmens  tracbeotomirt  wurde, 
Verl  hat  in  Ib  Ige  dessen  die  Intubation  für  frische  Pällu  ganz  auf- 
gegeben und  wird  sie  nur  nach  auw^ecden  bei  erschwertem  Dtscanule- 
ment. 

Poltan  ek  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  33,  Ö.  241)  hat  sich  die  Auf- 
gabe gestellt,  die  Blutungen  schweren  Charakters  zusammen- 
zustellen, w^elche  bti  Diphtherie  nach  Tracheotomie  beobachtet 
wurden.  Wir  ersehen  daraus,  dass  nicht  das  Decubifusgeschwür  die 
häufigste  Ursache  zu  Blutungen  abgibt,  sondern  dass  es  in  den 
meisten  Fällen  Wundcomplicationen  sind,  welche  dieselben  verur- 
sachen. Diese  sind  in  erster  Reihe  Wundiiiphthcrie  oder  phleg- 
monöse Processe.  Wunddiphlherie  ist  sehr  selten,  meist  handelt  es 
»ich  um  Phlegmonen;  es  kommt  infolge  des  phlegmonösen  Processes 
zum  Zeriall  des  prätrachea!en  Bindegewebes  und  im  weiteren  Ver- 
lauf zur  Arroaion  von  grossen  Gefässeu»  —  Die  Blutungen,  welche 
infolge  eines  Canüleudecubitua  auftreten,  können  entweder  aus  der 
Wundiläcbe  stammen  und  sind  dann  gewöhnlich  nicht  sehr  heftig, 
oder  es  wird  nach  PerforatioQ  der  Trachea  die  Arteria  anonyma  er- 
öffnet. Zur  möglichsten  Verhütung  dos  Decubitus  empfiehlt  Verf* 
eine  von  ihm  modiücirte  Durham'sche  Canüle,  deren  Abbildung  im 
Origioal  zu  sehen  ist. 


I 


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4 


4M 


Jaenicke  (Tbermcttt.  MoartA-  Kr*  17/ 
dee  in  letxter  Zdt  Tidfiuii  ab  Anl»epliqi»  giufciwicfcteo  Hethjl- 

Tiolettg  bei  Diphtherie  t 
aOordings  noch  »ehr  gering, 
iof  VersQclie  na  Rea gnm^gha.  In  dar  BoaQloQ  wird  dar  IK^hthacie- 
bftcüliia  edion  dmvh  eiaeD  llelhjlriolatleabah  tiui  t  :30n0000a  ia 
aeiner  Eolviehdaiig  nurUidi  aa^ihaltaD,  lies  1:5000000  widist 
er  tu  der  BoitiUon  überiiaiipl  nicht  wuekr.  Dem  HaajitairtagBeiiicd  der 
Wirkang  das  Hetlijhriolatls  ^tan  dojenisen  aadarar  Aiillmylica  saf  dia 
DipfathenamaiBbfmo  nabt  derYarf.  ia  InlfeBdeBi  üaartasd:  Alle  aa- 
deren  AntiBeptica  werden  doreh  die  bespälaade  Mimdfiäfisigkett  aehr 
schnell  wieder  ans  der  Membran  beransgalaagt,  arie  man  dies  x.  R 
fUr  Carbolsäure  durch  nachtragÜche  Beplaaebnig  dar  Ifembiaii  mit 
EieeLchloridlösuDg  leicht  nachwaiseD  k^UL  Bei  dem  MethylTioIett, 
eowie  bei  den  meisten  andaraa  Anilinfarbatoffan ,  findet  dies  nicht 
atdtt.  Vielmehr  sieht  man,  wie  die  dnrch  Tindaon  mit  stärkeren 
Methylv-iolettlösongen  tief  blan  ge&rbten  Beläge  den  Farbstoff  un- 
gewöhnlich  lange  festhaiten  nnd  ^-st  im  Verlaufe  ^'on  einer  bis 
mehreren  Stunden  gans  allmählich  abblasen.  Die  Wirknog  des 
Mittels  stellt  sich  Ja en icke  weniger  als  eine  den  Bacillus  vernich- 
tende, denn  als  eine  entwickelungehemmende  vor;  deshalb  muss  die 
Application  desselben  wiederholt  werden,  sobald  die  Membranen  sich 
eütfirbt  haben.  Selbstverständlich  wird  bei  dieser  Art  der  Wirkung 
von  einem  Erfolg  nur  dann  die  Hede  sein  können^  wenn  e^  eich  um 
frisch  entstandene MembraneD  handelt:  in  sehr  fortgeschrittenen  Fäüenj 
wo  die  in  den  Belägen  erzeugten  diphtheritischen  Gtftätoffe  schon 
in  den  aUgemeioen  Kreislauf  übergegangen  sind,  wird  auch  Methyl- 
violett  den  Kranken  nicht  mehr  retten  können, 

Taube  (Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr,  38)  behandelt  die 
Diphtherie,  Scharlaclidiphtherie  und  Tonsillitis  mit  Pyoktaoin  in 
10**i|,iger  Lösung,  Das  Kind  erhält  zuerst  einen  Theelöffel  doppelt- 
kohlensaures Natron  in  einen  Esalöffel  Wasser  eißgerührt,  &  Minuten 
darauf  wird  ein  gewöhnlicher  dicker  Malkasten pinsel  (derselbe  ent- 
hält 0,05  Pyoktaninlösung)  in  die  Lösung  eingetaucht  und  Zungen- 
grund, Tonsillen  und  Bachen  wand  tüchtig  gepinselt  Die  Pinselang 
wird  im  Durchschnitt  3  Tage  zweimal  täglich,  später  noch  einige 
Tage  täglich  oder  einen  Tag  um  den  anderen  wiederholt.  Ausser- 
dem erhalten  die  Kinder  chlorsaure  Kalilösung,  2,0:120,0,  stündlich 
1  Theelöffel,  eine  kalte  Halbein wickelung  und  3— istündlich  Malaga. 
Das  Pyoktanin  hat  nach  Taube  einen  grossen,  localen  EinBuss, 
Dicht  auf  die  Bacterien,  sondern  auf  den  Nährboden  und  wahrschein- 


ü 


430 


Baginsky, 


lieh  auf  iiie  chemischen  Prodiicte,  da  der  Geruch  nach  der  Anwen- 
dung desselben  stets  verschwand, 

Steiß  in  Saaz  (Thörapeut.  Moüatsh.  Nr.  4)  tritt  warm  für  die 
von  Burghardt  empfohlene  Behandlungamethode  der  Diphtherie 
ein.  Dieselbe  besteht  in  dreimal  täglich  wiederholten  Gurgel ungen 
mit  Aqua  Calcis  und  Aqna  desHllata  ana  und  Einhlaaung  eicer 
Mischung  v^n  gleichen  Theüeu  Flores  Sult'nris  lot.  und  Chinin 
aaf  die  mit  Belag  versehenen  Stellen  des  Rachens.  Nach  Einblasung 
darf  l*i'2  Stunden  keine  Speise  und  kein  Trank  den  Rachen  pas- 
siren.  Bei  Rhinitis  blies  er  auch  in  die  Nasen gänge  das  erwähnte 
Pulver  ein, 

Wilhelmy  (Deutsche  med.  Wochenschn  Nr.  5)  wendet  eine 
l20^',Qige  ChlorziDklösung  an^  welche  mit  einer  langen  mit  Watte 
umwickelten  Pincette  auf  Ganmenbögen  und  Rachen  applicirt  wird. 
Zur  Milderung  der  heftigen  Schmerlen  werden  Gurgelungen  mit 
Kalkwasser  und  Eisstückchen  empfohlen. 

Für  die  Bebamllnng  dur  Diphtherie  mit  Lirjuor  ferri  ses- 
quichlorati  findet  sich  in  jedem  Jahre  irgendwo  irgend  ein  Ver- 
ehrer. In  diesem  Jahre  ist  es  Rebn,  der  auf  dem  Oongress  f^T 
innere  Medicin  in  Leipzig  dieser  Behandlung  das  Wort  geredet  bat. 
Der  Liquor  wird  entweder  rein  oder  mit  gleichen  Tb  eilen  Wasser 
Terd&nnt  auf  die  mit  Pseudomembranen  bedeckten  Regionen  aufge* 
tragen,  sodann  noch  weicher  Gaumen,  Gaumenbdgen  und  Uvula  über* 
pinselt,  auch  wenn  keine  Auflagerungen  vorhanden  sind.  Die  Pic se- 
iungen werden  zweimal  täglich  vorgenommen,  in  schweren  Fällen  drei 
bis  viermal.  Die  unmittelbaren  giinatigen  Resultate  der  ßahandlungs- 
methode  sind:  1)  der  alsbaldige  Abfall  der  Temperatur  bis  zur  Norm, 
daher  rasche  Euphorie  des  Patienten;  2)  Verhinderung  des  gan- 
gränöeen  Zerfalls  der  Membranen  und  Aosbleiben  des  Fötors,  Dßuer 
der  Behandlung  0—10  Tage, 

Auf  Veranlassung  von  Rehn  hat  Hübner  (Therap,  Monatsh, 
Nr«  12)  dieselbe  Methode  in  52  Fällen  angewandt,  unter  denen  er 
nur  zwei  Todesfälle  zu  verzeichnen  hatte. 

Jacques  (Revue  meits.  des  malad,  de  Tenfance,  März)  räth,  die 
Diphtherie  mit  häuHgen  Gurgelungen  von  Eisencbloridlösung; 
25 :  lOOOf  zweistündlich,  zu  behandeln.  Da  diese  Mischung  sehr  ad- 
stringirend  wirkt,  soll  dicht  hinterher  eine  Ausspülung  des  Rachens 
mit  3<*(jiger  warmer  Borlösung  gemacht  werden,  Ernährung  vor- 
wiegend Milch  und  40—50  g  Cognac  täglich  in  Zackerwasser. 

Kraus  (Archiv  f,  Kinderheil k.  Bfl.  14,  8.  359)  hat  in  der 
Mönti'schen  Klinik  Versuche  mit  Jodum  tribromatum  (J^  +3Br2 


Kinderheilkunde. 


431 


=  2  JBr^)  angestellt  Er  verordnete  dasselbe  als  Gargarisma  wie  zu 
InhalatfoDen  in  folgender  Form:  Jod.  tribromaf.  gutt,  20,  Aqu.  dest. 
300,0.  Er  kommt  zu  dem  Scbluss,  dass  dem  Mittel  eine  die  Pseudo- 
membran en  Idsende  antiparasitäre  und  antiseptiscbe  Eigenäcbaft  zu- 
kommt* Auch  auf  das  Fieber  scheint  es  einen  coopirenden  Einfiuss 
iQSzadbexi»  Es  geht  bei  fleissiger  Inhalation  rasch  in  den  Blutkreis- 
lauf über,  Deshalb  sind  die  Lungen  sorgsam  zu  überwachen,  und 
igt  bei  bedenklichen  Erscheinungen  mit  der  Inhalation  zu  slstiren. 


T  u  5  8  i  s  c  o  n  V  u  Ke  i  V  a. 

Die  Tussis  convulsiva  hat  wieder  einmal  einen  Entdecker  ihrer 
Äetiologie  zu  verzeichnen  j  ob  der  von  Bitter  (BerL  klin.  Wochen- 
sohrift  Nr.  50)  gefuudene  Diplococcus  wirklich  eine  specüische  Be- 
deutung hat,  werden  erst  weitere  Untersuchungen  lehren  müsseu. 
Bitter  will  laryngoskopisch  die  Beobachtung  gemacht  haben,  dass 
bei  Pertussis  der  grösste  Theil  der  Luftröhre  frei  von  entzündlich- 
kat&rrhaliscben  Veränderungen  idt,  dass  dagegen  das  unterste  Drittel 
der  Luftrdbre  im  Zustande  starker  Entziiodung  sich  befindet,  und 
bei  zwei  Kindern  hat  er  sogar  deutlich  grossblasige  Schleimmassen 
aus  der  Tiefe  heraufsteigen  seheu.  Dieser  Befund  veranlasste  ihn, 
dem  Bronchialsecret  besondere  Auimerksamkeit  zu  schenken.  Er 
sachte  sich  darin  die  bei  ober&ächlicher  Beobachtung  erkennbaren 
ulchig-weiss  gefärbten  Linsen  heraus,  welche  Abgüssen  mittlerer 
^Bronchien  entsprechen.  In  diesen  Linsen  fand  er  fast  als  Reincultur 
oft  seinen  Diplococcus.  Derselbe  hat  folgende  EigeDScbaften :  Er 
rJichst   nur   auf  Agar-Agar  bei   einer  Temperatur  zwischen  36  und 

3^.  Unter  SO^  wächst  er  gar  nicht,  ebenso  wenig  über  42*^,  Auf 
Gelatine,  Kartoffeln,  jeder  Art  Bouillon  bleibt  das  Wachsthum  aus, 
Jtichculturen  lehren,    dass   der  Diplococcus  aerob  lat.     Die  Kokken 

ad  ausserordentlich  klein  und  rund,  mit  Ausnahme  der  eiuander 
zugekehrten  Seiten.  Sie  iarbeo  sich  gut  mit  den  gewöhnlichen  ha* 
sidcheo  Anilinfarben.  Thierexperimente  bat  der  Verf.  noch  nicht 
in  genügender  Weise  ausgeführt.^  um  SohlQsse  daraus  ziehen  zu 
können. 

Mit  Bromoform  hat  Cassel  (Deutsche  medie.  Woebenechnft 
Nr.  5)  beim  Keuchhusten  keine  besonders  ermuthigenden  Erfahrungen 
gemacht.     Die   Dauer  der  Erkrankung  betrug   im   M|lt 
von   ^BT  Abkürzung  des  Gesammtverlaofs   konnte  Üi 
keine  Rede  sein,  wohl  aber  meint  Cassel,  dass  unter 
Gebrauch    fUe   Zahl    und   Intenaitat   der  Aö^"^    berak 


432 


liaginsky. 


Die  Dosirung  betrug  im  ersten  Lebensjalire  dreimal  täglieh  3  bis 
4  Tropfen,  in  den  folgeüden  dreimal  täglich  4—5  Tropfen.  Höhere 
Dosen  wurden  nicht  verordnet, 

Nolden  (Therapeut,  Monatab.  Nr.  5)  beschreibt  zwei  Fälle  von 
Bromoformvergiftung,  die  eieh  in  nichts  von  den  bereits  früher 
beschriebenen  untergcheiden ,  d,  h.  sie  boten  ein  der  Ohloroform- 
asphyxie  fast  völlig  identische:*  Bild  dar.  Bezüglich  der  Heilwirkung 
des  Bromoforms  äussert  sich  Verf.  ebenfalls  dahin,  dass  zu  einer 
energischen,  den  Keuchhusten  coupirenden  Wirkung  enorme,  toxische 
Dosen  noth wendig  sein  würden,  vor  welcbeu  der  Arzt  mit  Beclat 
zurückschreckt. 

Acute  Exantheme. 

Bcarlatinn. 

Jones  (British  medical  Journal,  7.  Mai)  beschreibt  eine  zwei- 
malige Erkrankung  an  Scharlach  bei  einem  vierjährigen  Mäd- 
chen. Das  zweite  Exanthem  mit  hohem  Fieber  war  noch  während 
der  Heconvalescenz  der  ersten  Erkrankung  aufgetreten,  nachdem  das 
Kind  in  ein  benachbartes,  von  mehreren  Scharlachkranken  bewohntes 
Haus  gegangen  war.     Der  Verlauf  war  gut, 

Philippoff  (Archiv  f.  Kinderheilk,  Bd,  14,  S.  411}  hat  während 
der  Iniiuenzaepidemie  45  S  ch  ar  lach  fälle  beobachtet,  von  denen 
16  durch  die  Influenza  complicirt  waren,  Unter  diesen  letzten 
verlief  in  3  Fällen  die  Orippe  in  einer  sehr  heftigen  und  schweren 
Form  mit  kriechender  Pneumonie  complicirt.  Die  übrigen  Fälle 
hatten  einen  leichteren  Verlauf  Philippoff  will  die  Beobachtung 
gemacht  haben,  dass  der  vereinte  Verlan!  der  Grippe  mit  dem  Schar- 
lach die  heftigen  und  gefährlichen  Anßllle  beider  Krankheiten 
mildert,  den  Verlanf  des  Scharlachs  massiger  und  ungefährlicher 
macht  imd  die  Entwickelung  der  gefährlichen  üomplicationen  mit 
Nephritis,  Drüsen  gas  chwüren  u,  s.  w,  verhütet. 

Zur  Beseitigung   des    Juckreizes    bei    Scharlach    und 
anderen  exanthematischen  Krankheiten,  räth  Klein  (Therapeut.  Mo- 
natshefte Nr.  1)^    das  TJngnentum   Lanolini    mit   einem   Zusatz    von 
Q0%  Walser  anzuwenden.    Die  Receptibrmel  hierzu  lantet: 
Bp.  Lanolin,  puriss.  Liebr.  anhydrici  50, 
Vaselin*  americ,  20, 
Aqu.  destillat.  25. 

Misce  terendo,  hat  ungtientnm. 
S^tüodlich  Einreibung. 


Kinderheilkunde. 


4(J3 


# 


¥ 


Bai  dem  grossen  Wassergehalte  der  Salbe  entsteht  nach  ihrer  Ver- 
reibang  eine  starke  Verdunatuiig  des  suspendirten  Wassers  und  da* 
mit  eine  angenehm  wirkende  Abkühlung  der  Hautoberfläche. 

Ziegler  in  Potsdam  (Berliner  klm.  Wochenschrift  Nr,  2)  räth, 
Scharlach  kranke  auf  ausschliessliche  Milchdiät  zu  setzen.  Unter 
80  so  behandelten  Fällen  hat  er  niemals  Nephritis  als  Nacbkraukheit 
beobachtet,  während  diese  Complication  bei  früher  von  ihm  Ijeobach- 
teten  und  anders  behandelten  Fällen  bei  der  Hälfte  der  Erkrankungen 
aufgeireteo  ist. 

Biedert  (Berl.  klin.  Wochenschr,  Nr,  4)  ist  mit  den  Auefüh* 
mögen  von  Ziegler  vollkommen  einverstanden,  hebt  aber  hervor, 
dass  die  propbylactische  Milchdiät  nichts  Neues  ist,  sondern  dass 
dieselbe  bereits  vor  vielen  Jahren  von  Jaccond  und  von  ihm  selbst 
empfohlen  worden  ist, 

M  o  r  b  i  1 1  e  n. 

Als  Entdecker  des  Virus  der  Masern  führen  sich  dieses  Mal 
zwei  Autoren  ein ;  beide  sind  zu  verschiedenen  Resultaten  gekommen ; 
ob  aber  einer  von  beiden  Recht  hat,  dürfte  vorläufig  noch  sehr  be- 
iweifelt  werden. 

Boehle  (Centralbl.  f.  allg.  Path.  und  path.  Anat.  Nr.  4)  fand 
im  frischen  Blute  mehr  oder  weniger  zahlreiche  sich  bewegende 
Körper  sowohl  in  der  Blutflüssigkeit,  als  in  den  rotheu  Blut- 
körperchen. Kurz  nach  dem  Ausbruch  des  Exantheme  waren  die- 
selben fast  ausschliesslich  in  den  rothen  Blutzellen,  In  diesen  machen 
die  Körper  langsame  aber  deutliche  Bewegungen,  ohne  aus  dem 
Räume  des  Blutkörperchens  herauszutreten.  Die  Körper  haben 
1.^ — 1  ^  Durchmesser,  einen  hellen  Hof  und  einen,  mitunter  zwei 
dunkle,  centrale  Kerne,  Im  Trockenpräparat  lassen  sie  sich  in  öly- 
cerin  ohne  Färbung  erkennen.  Von  Färbongsmethoden  eignet  sich 
besonders  die  F  1  e  m  m  i  n  g'sche  Doppelfarbung.  Einmal  glaubte 
D  0  e  h  1  e  auch  geisselartige  G^ebilde  beobachtet  zu  haben»  —  Die 
beschriebenen  Formen  deutet  D  o  e  h  1  e  als  die  Entwiekeluugsstufen 
eines  parasitären  Mikroorganismus,  die  er  mit  grösster  Wahrschein- 
lichkeit als  die  Erreger  der  Masern  ansieht. 

üeber  einen  Bacillus  im  Blute  von  Masern  kranken  berichten 
Canon  und  Fiel  icke,  zwei  Assistenzärzte  des  städh'schen  Krauken- 
h&Qses  Moabit  in  Berlin  (Berl.  klin.  Wochenschr,  Nr.  16).  Sie  haben 
daa  Blut  von  14  Masernkranken  in  gefärbten  Präparaten  untersucht 
und  in  allen  Fällen  einen  und  denselben  Bacillus  gefunden,  welchen 

Jalirbaeli  d.  pract  Mediein.    1S93,  ^6 

I 


4S4 


BagiDshy. 


sie  als  Erreger  der  Krankheit  ansehen.     Zur  Färbung  benutzten  sie 
folgende  Lösung; 

Concentrirte  wässerige  Methylenblaulösung  40,0, 
«/%,ige  EosinlösuBg  (in  700/,,.  Aikohol)  20^0, 
Aqua  destillöta  40^0, 
Die  Präparate  wurden  5—10  Minuten  in  absoluten  Alkohol  gelegt 
und  dann  G — 20  Stunden  im  Brutschrank  bei  37  ^  C,  gefärbt.  Die 
Grösse  der  Bacillen  ist  sehr  verschieden,  manchmal  erreichen  sie  die 
Grösse  des  Kadiug  eines  rothen  Blutkörperchens,  andere  sind  sehr 
klein  end  erscheinen  dann  als  Doppelkokken^  zwischen  diesen  For- 
men gibt  es  vielfache  Abstufungen  in  der  Grösse.  Sie  liegen  häufig 
einzeln,  in  den  meisten  Fällen  jedoch  in  kleineren  oder  grösseren 
Haufen.  Die  Lage  der  Bacillen  in  den  Haufen  ist  keine  charakte- 
ristische, doch  zeigen  sie  oft  Neigung,  sich  parallel  an  einander  an- 
zuordnen. Nach  Gram  iUrben  »ich  die  Bacillen  nicht.  Der  Form 
nach  gleiche  Bacillen,  wie  die  im  Blute  beschnebenenj  fanden  sich  im 
Auswurf,  Nasen-  und  Gonjunctivahjecret  Masern  kranker.  Eine  Züch- 
tung der  Bacillen  auf  Blutserunij  Giycerin-Agar  und  Milch  verliet 
immer  erfolglos.  In  drei  Fällen  wurden  in  den  mit  Blut  geimpfien 
Bouillon  gläsern  die  Bacillen  wieder  gefunden.  Die  Bouillon  bleibt 
die  erste  Zeit  klar,  unten  befindet  sich  ein  Satz,  der  zum  Theil  von 
überimpftem  Blut  herrührt;  erst  nach  mehreren  Tagen  macht  sich 
eine  schwache  Trübung  bemerkbar,  und  es  bilden  sich  kleine  Flocken, 
die  beim  ümschutteln  des  Glases  aufsteigen. 


R  n  b  e  ♦  j  1  f  n . 

Kramsztyk  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  S4,  S.  147)  berichtet 
von  einer  Hausepidemie,  in  welcher  sämmtliche  Kinder  zuerst  an 
Röthein  und  darauf,  als  sie  zam  Theil  noch  gar  nicht  das  Bett 
verlassen  hatten,  an  Masern  erkrankten;  der  Verlauf  der  letzteren 
Erkrankung  war  im  Allgemeinen  ein  sehr  schwerer,  die  Temperatur 
stieg  bis  40'^  und  darüber.  Bei  einem  Falle  trat  noch  Nasen - 
diphtherie^  bei  einem  anderen  doppelseitige  Mittelohrentzündung  als 
Complication  hinzu.  Die  Differeutialdiagnose  zwischen  Roth  ein  und 
Masern  hält  Kramsztyk  in  manchen  Fällen  für  sehr  schwer,  wenn 
nicht  überhaupt  unmöglich;  dagegen  war  in  allen  seinen  Fällen  die 
Möglichkeit  von  Verwechselung  der  Rötheln  mit  Scharlach  ausge- 
schlossen. Die  unter  milderen  Erscheinungen  verlaufende  Krank- 
heiteform^  welche  Filatow  mit  dem  Namen  Rubeola  scerlatinosa 
bezeichnet  hat,  sei  keine  exanthematische  Krankheit  sui  generis, 
sondern  gehöre  in  das  Gebiet  der  Influenza. 


Kinderlieil  künde. 


435 


Vaccine   n  n  d    V  a  r  i  o  1  a. 

Die  Tbatsache,  dass  Hochsinger  im  verflossenen  Jahre  wieder 
von  Neuem  für  die  Identität  von  Pocken  und  Varicellen  ein* 
getreten  ist,  bat  Freyer  (Zeitschn  t  Hygiene  Bd.  12,  Heft  3)  ver- 
aulaest,  experimentell  dieser  Frage  näher  zu  treten.  Er  hat  den  fn- 
halt  von  einigen  20  Bläschen  eines  Varicellen  kranken  Kindes  im 
Mörser  mit  etwas  Gljcerin  verrieben  und  ver impfte  die  Mischting 
onmittelbar  auf  ein  Kalb.  Der  Erfolg  war  negativ.  An  einzelnen 
Stichen  zeigte  sich  wohl  eine  leichte  Reactionsrothung,  von  Pocken- 
bildung war  aber  keine  Spar.  Am  8.  Impftage  nun  wurde  dasselbe 
Kalb  mit  Vaccine^  die  auf  einem  anderen  Kalbe  bereits  als  wirksam 
erprobt  war,  geimpft.  Diese  Impfung  erwies  sich  in  üblicher  Wei?e 
ebenfalls  wirksam  and  ergab  eine  reichliche  Ernte  an  Pocken stoif. 
Es  war  somit  weder  gelungen,  aus  dem  Bläßcheninhalt  der  Varicellen 
irgend  etwas  Bläschenartiges,  geschweige  irgend  etwas  der  Vaccine- 
postel  Aehnliches  zu  erzeugen,  noch  vor  Allem  das  damit  geimpfte 
Kalb  immun  zu  machen.  Letzteres  hatte  geschehen  müssen,  wenn 
mit  der  Varicellenimpfung  überhaupt  eine  Einwirkung  auf  das  Impf- 
thier  ausgeübt  worden  wäre.  Aus  allen  diesen  Thatsachen  geht 
hervor,  das«  Varicella  und  Variola  vera  genetisch  nicht  identische 
Krankheiten  sind. 

Aach  Biedert  wendet  sich  in  einem  iür  die  Hallenser  Natur- 
forscberversammlung  bestimmten,  aber  krankheitshalber  nicbt  gehal- 
tenen Vortrage  (Jahrb,  f.  Kinderheilk,  Bd.  83,  B.  427}  gegen  die  von 
Hochsinger  behauptete  Einheit  von  Varicellen  und  Variola.  Biedert 
will  zugeben,  dass  die  Di^Terentialdiagnose  in  manchen  Fällen  recht 
schwer  zu  stellen  ist,  im  Wesen  heben  beide  Krankheiten  nichts 
mit  einander  gemein.  Bezüglich  der  Variola  stellt  Biedert  folgende 
Thesen  auf:  Bis  zum  Eruptionsstadium  einschliesslich  ist  die  Variola 
nicht  oder  weniger  ansteckend  als  später,  leichte  Variolois  ist  es  viel 
weniger  als  schwere  und  schwerste  Variola.  Manche  Individuen 
sind  schon  ungeimpft  wesentlich  weniger  empianglich,  bei  anderen 
ist  die  Disposition  selbst  bis  zu  dem  Ghrade  stark,  dass  sie  1 — 2  Jahre 
nach  der  Impfung  wieder  auftritt.  Bei  der  Mehrzahl  währt  der 
bapfschutz  7  Jahre,  bei  einer  grösseren  oder  geringeren  Zahl  be* 
trfichtlicb  länger.  Der  Impfschutz  beginnt  etwa  8  Tage  nach  erfolg- 
reicher Impfung;  Impfung  nach  geschehener  Infection  schützt,  nicht 
mehr.  Die  Bestimmungen  unseres  Impfgesetzea  sind  insofern  unge* 
nagend,  als  nach  demselben  viele  Kinder  zu  lange  ungeimpft  bleiben 
and  dadurch  Urheber  einer  Epidemie  werden  können,   IsoUrung  und 


436 


BagiEsky. 


Besinfection  reichen  um  so  weniger  zur  Bekämpfung  einer  Epidemie 
aus,  je  mehr  nicht  oder  mangelhaft  geimpfte  Leute  in  der  Nähe 
sind.  Ee  muss  deshalb  sofortige  Impfung  alier  in  der  Näb©  des 
Kranken  Wohnenden  den  Schutzmassregeln  zugefügt  werden ,  um 
auch  durch  Wegnahme  brennbaren  Materials  der  Ausbreitung  des 
Brandes  zuvorzukommen,  Energische  Ventilation,  sowie  Bewegung 
der  zu  den  Kranken  kommenden  Personen  in  frischer  Luft,  Wechsel 
der  Oberkleider  mindern  die  Aosteckungsgefahr,  dauernd  wird  diese 
durch  Dam]>fdesSnfeGtion  der  Effecten  beaeitigt.  Vorherige  Schwefe- 
lung scheint  bereits  verringernd  auf  diese  Qefahr  einzuwirken.  — 
lieber  Behandlung  hat  eich  nichts  ergeben,  was  nicht  schon  in  all- 
gemeiner Kenntniss  wäre. 

Einen  höchst  bemtirkenswerthen  Fall  von  Impfe jphilis  stellte 
Koaentbal  (BerL  kl  in.  Wocheoschr.  Nr,  8)  in  der  Berliner  medi- 
cinischen  Gesellschaft  vor.  Das  ISjährige,  bis  dahin  immer  gesund 
gebliebene  Mädchen  war  innerhalb  eines  halben  Jahres  zum  Skelet 
abgemagert.  Bei  jeder  Bewegung  jammerte  sie  vor  Schmerzen.  Auf 
der  äusseren  Haut  bestanden  die  Erscheinungen  einer  schweren 
Rupia  syphilitica.  Dicke  Borken,  die  tiefe  Hautulcerationen  über- 
deckten, lagerten  auf  Kopf  und  Oesicht.  Das  gleiche  Aussehen  boten 
die  Extremitäten,  der  Rumpf  war  im  Verhältniss  am  wenigsten  affi- 
cirt-  Am  Rand  des  linken  oberen  Augenlids  waren  zwei  erbsengrosse 
Gummata  vorhanden.  Unter  einer  Schmiercur  und  Darreichung  von 
Syrupus  ferri  jodati  schlössen  sich  die  Ulcerationen  unter  Bildung  von 
Narben^  und  das  Kind  erholte  sich  in  wenigen  Wochen  geistig  und 
körperlich. 

Typhus    a  h  d  o  m  i  n  a  l  i  s, 

Judson  S.  Bury  (The  raedical  Chronicle,  Juni  1892|  bemüht 
sich,  ein  klares  Bild  der  peripheren  Neuritis  zu  geben,  wie  sie 
in  den  letzten  Jahren  mehrfach  von  Hoffmann,  Oullen,  Landry, 
Gabler  u.  A.  im  Verlauie  oder  im  unmittelbaren  Anschluss  an 
Typhus  beschrieben  worden  Ist.  Er  stellt  sämmtlicbe  in  der  Litterator 
beachriebenen  Fälle  zusammen »  denen  er  noch  zwei  eigene  Beobach- 
tungen bei  Knaben  von  12  und  16  Jahren  anreibt,  und  kommt  su 
folgendem  Schluss:  Die  Paralyse  ist  gewöhnlich  nur  eine  partielle; 
fcde  kann  beide  Extremitäten  befallen  oder  auch  eine  obere  oder 
untere  f  bleibt  aber  in  der  Regel  auf  ganz  bestimmte  Muskeln  oder 
Muskelgruppen,  die  im  Bereiche  eines  Nerven  oder  Nervenastes  liegen, 
beschränkt.     Die  Muskeln  verfallen  leicht  der  Atrophie   und  zeigen 


* 


KiDderheilkunde, 


43T 


bei  d«(r  elek  tri  sehe  D  Prüfung  Entartüngäreaction»  —  Die  Paralyse  ist 
fast  immer  begleitet  von  einer  Trübung  des  Sensor lumB*  Die 
Schmersen  des  Patienten  sind  gewöhnlich  ziemlich  intensiv ^  theila 
an  beatiounten  um  sehr  i  ebenen  Stellen,  tbeila  auf  weite  Nerven  gebiete 
ausstrablend.  In  den  Extremitäten,  welche  später  von  der  Lähmung 
befallen  werden ^  besteht  schon  vorher  Taubheit  und  Zittern,  Patellar- 
reflexe  sind  im  Verlaufe  des  Typbus  gewöhnlich  gesteigert,  während 
der  Lähmung  aber  vermindert  oder  ganz  aufgehoben. 

Wood  (The  tberapeutic  Gazette,  15*  Juni)  bat  den  günstigen 
Einfluss  von  Terpentin  ausser  bei  einer  grossen  Anzabl  von  Kranken 
am  eigenen  Körper  anlässlicb  einer  Erkrankung  an  Typbus  zu 
Btudiren  Gelegenheit  gebabt.  Er  glaubt,  dass  das  Mittel  eine  rein 
locale  Wirkung  auf  die  im  DarmkanHl  vorhandenen  Geschwüre  aus- 
übe; eine  Indication  zu  seiner  Anwendung  ist  daher  besonders  in 
denjenigen  Fällen  gegebeö,  in  denen  lang  dauernde  oderwiederkebreude 
Diarrhoen  die  Reconvalescenz  erschweren.  Die  ünscbädlichkeit  des 
Mittels  aber  und  die  Tliatsaobei  dass  bei  jedem  Typhusfalle  Ulce- 
rationen  vorkonmien ,  haben  Wood  veranlasst,  ohne  besondere  In- 
dicationen  vom  Ende  der  aweiten  Woche  an  bei  jedem  Typhus  Ter- 
pentin zu  verordnen,  —  Die  Formel,  in  der  es  verordnet  wird,  ist 
folgende: 

Rp.  Oh  Terebiothiri.  7,5, 

Glycerin.  ^,0, 

Mucilago  Äcaciae  45,0, 

Aqu,  Menth,  piperit  qu.  s,  ad  240,0  M. 
8.  Wohl  umgescbüttelt  alle  4  Stunden  1  Esslöffel  voll. 


Influenza. 

Fuchs  in  Budapest  (Pester  med.-chir»  Presse  Nr,  1)  legt  seine 
bei  Kindern  gesammelten  Erfahrungen  über  Influenxa 
nieder.  Die  Erkrankung  setzt  im  Kindesalter  ganz  plötzlich  ohne 
Prodromalerscheinungen  ein.  Das  erste  Symptom  ist  Fieber,  welches 
meist  nur  mittlere  Grade  bis  S9,5^'  erreicht  und  gewöhnlich  nur 
einige  Tage  dauert  Die  meisten  Veränderungen  zeigen  die  Schleim- 
liiiiie,  und  zwar  Conjunctiva,  Rachen*,  Nasen-  und  Bronchialßchleim- 
haot  Die  Zunge  ist  belegt,  der  Stuhlgang  verlangsamt.  Mitunter 
treten  Kopfschmerzen,  seltener  Erbrechen  und  Convulsionen  auf. 
Varicellenähnlicbe  Exantheme  wurden  mehrfach  beobachtet.  —  Die 
Prognose  ist  gunstig.  Schwächliche,  rhachitische  Kinder  pflegen 
länger  daran  zu  leiden ,   als  gesunde,  jedoch  bind  schwere  Compli- 


438 


Bag^iüskv. 


cationen   oicht  vorgekommen.     Die  Therapie  ist  ebenso  wie  die  der 
Erwachsenen  nur  eine  symptomatische. 

Herzog  theilt  seine  Beobachtungen  während  der  In- 
fluenzaepidemie  des  Wintere  1891 — 1892  in  Graz  mit  (Archiv 
f.  Kiuderbeilk.  Bd,  14^  8.  401).  Im  Allgemeinen  kann  man  eagen^ 
dass  die  letzte  Epidemie  entgegen  der  früheren  weniger  extensiv, 
dafür  aber  viel  intensiver  warj  während  früher  Kinder  viel  wemiger 
und  gewöhnlich  nur  von  einer  leichten  gastriachen  Form  der  Influenza 
befallen  wurden,  erkrankten  dieses  Mal  Kinder  ziemlich  häuhg,  und 
kamen  hei  ihnen  mitunter  recht  langwierige  Bronchitiden  auch  in 
Verbindung  mit  pneumonischen  Frocesaen  vor.  Temperaturen  wurden 
oft  bis  41^  C.  heobachtetj  HalsschmeTzen  fehlten  fast  nie.  Von  seltener 
hervorgehobenen  K  raukbeitserscbeinungen  erwähnt  Herzog  Blutungen 
aus  Nase  und  Genitalien,  ferner  Mittelohraffectionen  mit  ausgedehnten 
Blutextra vasaten.  Die  E-econvalescenz  war  sehr  verzögert,  und  es 
waren  oft  Wochen  und  Monate  nöthig,  um  die  Kranken  wieder  su 
Kräften  zu  bringen.  Die  Frage,  ob  und  in  welcher  Zeit  sich  die 
Influenza  bei  einem  und  demselben  Individuum  wiederholen  kann, 
und  ob  eine  einmalige  Erkrankung  eine  relative  Immunität  gewährt, 
beantwortet  Herzog  dahin,  dass  man  Influenza  wiederholt  bekommen 
kann,  und  dass  eine  einmalige  Erkrankung  keine  Immunität  gewährt. 


Coa^titutioisanomalleit  und  chrouisehe  InfectionHkrankheitett, 

T  ü  b  e  r  c  u  1  o  s  e. 

Etwas  ver.spätet,  in  einer  Zeit,  in  welcher  man  längst  die  thera- 
peutische Anwendung  der  Koch^schen  Injectionen  aufgegeben 
hat,  gelangt  EschericL  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  33,  8.  369}  in 
dieser  Frage  zu  Worte.  Wir  halten  uns  bei  der  grossen  Menge  des 
vorliegenden  Materials  der  Mühe  für  überhoben ^  auf  die  äusserst 
ausführliche,  gewissenhafte  und  objectiv  gehaltene  Arbeit  naher  ein- 
zugehen; nur  einige  Bemerkungen,  die  er  bezüglich  des  diagnostischen 
Werthes  des  Tuberculins  macht,  wollen  wir  hervorheben.  Escherich 
meint,  dass  die  Tubereulinreaotion  sich  innerhalb  der  von  Koch  an- 
gegebenen Grenzen  als  diagnostisches  Mittel  nuf  Tuberculose  bewährt 
bat;  nicht  nur  da,  wo  man  auf  Lupusflächen,  an  tuberculöseu  Narben, 
Fisteln  oder  Geschwüren  die  Localreaction  direct  beobachten  kann, 
gondern  auch  in  Form  der  mit  typischer  Temperatursteigerung  ein- 
hergehenden  Allgemeinreaction,  Die  practische  Yorwerfhung  der 
diagnostischen  Injectionen  wird  aber  durch  drei  Umstände  beein- 
trächtigt: 1)  Erscheint  es  nicht  unbedenklich,   ohnehin  geschwächte 


d 


Kinderheilkunde. 


43!^ 


Eiäiike  einer  hohea  Temperatursteigerang  und  den  anderen  Er- 
ficheiouugen  der  Allgemeinreaotion  ausKuaetsen ;  auch  ist  wenigstens 
bei  bestehender  Lungentuberculose  die  Möglichkeit  einer  Dissemi- 
uation  derselben  nicht  ausgeschloBsen.  2)  Bei  schon  bestehendem 
Fieber  ist  das  Erkennen  der  Eeaction  erschwert,  wenn  nicht  un- 
möglich gemacht,  3)  Ber  positive  Aasfall  der  Reaction  besagt  zwar, 
daas  Tubercnlose  vorliegt,  aber  nicht  an  welcher  Stelle.  Wenn  ein 
Kind  wegen  einer  bestehenden  chronischen  Lungen  Verdichtung  in- 
jicirt  wird,  so  kann  dtjr  positive  Ausfall  der  Probe  ebensowohl  da- 
durch bedingt  sein^  dass  dasselbe  verkäste  LymphdruBeti  hat,  wahrend 
das  Lungenleiden  vielleicht  gar  nicht  tuberculöser  Natar  ist. 


Sc  beim  pflüg  (Archiv  f*  Kiaderheilk.  Bd.  15,  S.  1)  berichtet 
in  einer  noch  nicht  zu  Ende  geführten  Arbeit-über  die  Erfolge  der 
Behandlung  der  Tuberculose  im  Erzberzogiu-Maria- 
Tberesia^Seeboäpize  in  Rovigno  von  1888— 189L  Die  An- 
stalt sollte  sich  im  Rahmen  der  zahlreichen  Kinderheilatttten ,  wie 
sie  in  den  deutschen  Soolbädero  und  an  den  Küsten  der  Nord-  und 
Ostsee  im  Laufe  der  letzten  Decennten  entstanden  Bind,  präsentiren; 
ein  tiefgreifender  unterschied  sollte  aber  darin  bestehen,  dass  die 
Pfleglinge  nicht,  wie  in  jenen,  nur  für  kurxe  Curpertoden  aufge- 
nommen werden  sollten,  sondern  es  wurde  vielmehr  die  continiiir- 
licbe  Btihandlung,  wenn  möglich  bis  zur  vollständigen  Ausheilung 
zum  Princip  erhoben.  Desgleichen  wollte  man  sich  nicht  auf  eine 
rein  exspectative  Behandlung  beschräDken,  sondern  die  geaammte 
Chirurgie  und  Orthopädie  in  Anwendung  ziehen.  Die  Erfolge,  die 
erzielt  worden  sind,  sind  durchaus  nicht  glänzend  und  stimmen  wenig 
mit  den  Erfolgen  überein,  die  man  sonst  den  Saiöonbospizeu  und 
Feriencolonien  nachrühmt.  Eine  Erklärung  dafür  findet  der  Verf. 
in  folgenden  Momenten*  Die  Begleitsymptome  der  Allgemeinerkran- 
kung an  Scrophulose  oder  Tuberculose  unterliegen  in  vielen,  wenn 
nicht  in  den  meisten  Fällen^  einer  gewissen  Pertodicitat,  welche  von 
der  Jahresseit,  der  Witterung,  zuweilen  auch  von  individuellen  Ver- 
hältnissen abhängig  ist.  Der  1  häufigste  Fall  ist  wohl  der,  dass  die 
Symptome  im  Herbst  und  Frühjahr  sich  mehren  resp.  ihren  Höhe- 
punkt erreichen,  um  dann  seltener  im  Winter,  meistens  aber  in  den 
Sommermonaten  abzuklingen,  häu%  auch  zu  verschwinden.  Bei  der 
im  Seebospize  geltenden  unbeschränkten  Behandlungsdauer  konnten 
somit  Recidive  und  Verschlimmerungen  nicht  auableiben,  während 
bei  der  sonst  üblichen  ausschliesslichen  Saisonnur  die  zur  Sommers- 
meit  ao  wie  ao  eintretende  DefervesceDz  der  Krankheitöerscheinungen 


440 


Bagineky. 


eioe  förmliche  Garantie  för  deo  Heilerfolg  bildet.  Es  kommt  hinzu, 
dass  die  Anstalt  nicht  nur  die  Hebung  des  Allgemein  zu  stand  es,  son- 
dern auch  die  Beseitigung  der  localen  Processe  bertickBichtigte.  Von 
vornherein  sollte  man  glauben ^  dass  durch  rasch©  Beseitigung  der 
letzteren  der  Allgemein  zustand  günstig  heeinHusst  werden  müBSte. 
Es  ist  dem  aber  nicht  so.  Der  Organismus  erfahrt  durch  andauernde 
Bettruhe,  die  nicht  zu  vermeiden  ist,  wenn  die  Locomotionsorgane 
erkrankt  oder  durch  operative  Kingriffe  ausser  Function  gesetzt  sind^ 
eine  beträchtliche  Schädigung.  Bei  grösseren  Operationen  Endet  ein 
erbeblicb^är  Blutverlust  statt.  Die  hierdurch  erzeugte  Anämie  und 
Hydrämie  macht  die  Gewebe  der  Kranken  scbwacb  im  Kampfe  gegen 
das  bacilläre  Agens.  Es  scheint  sogur,  dass  manche  Individuen  im 
Gefolge  von  operativen  Herdausräumungen  mit  prompter  Begel- 
mäasigkeit  zur  Production  neuer  tuberculöser  Entzündungsherde  ten- 
direü.  Dazu  neigen  besonders  Kinder  mit  multiplen  Knochen-  und 
Gelenk  Processen^  bei  denen  zuweilen  kein  Glied  frei  von  Eiterungen, 
Narben  und  Verstümmelungen  ist.  Bei  der  grossen  Zahl  solcher 
elenden  Geäcböpfe  unter  dem  Krankenmateria le  des  Hospizes  wurden 
häufig  operative  Eingriffe  nöthig.  In  der  That  gelang  es  in  ver- 
schiedenen Fällen,  unter  auffallender  Besserung  des  Allgemeinzustandes^ 
alle  oder  die  meisten  Krankheltsprocesse,  wenigstens  ftir  den  Augen- 
blick zur  Ausheilung  zu  bringen:  iu  anderen  Fällen  aber  tauchten 
anderweitige  schwere  Processe  auf,  an  die  sieb  progressiv  auch  de- 
generative Erkrankungen  der  inneren  Organe  anschlössen;  oder  die 
Local processe  heilten  wohl  aus^  während  der  ganze  Körper  phthisisch 
wurde.  Auf  die  Einzelheiten  der  sehr  ausführlichen,  aber  specieü 
den  Chirurgen  interessirenden  Arbeit  kann  an  dieser  Stelle  nicht  ein- 
gegangen werden. 


Sommerbrodt,  der  Vorkämpfer  der  Oreosottherapie  der  Tuber- 
culose,  tritt  nun  ebenso  warm  für  eine  Behandlung  der  Scrophu- 
lose  mit  Creosot  ein  (BerL  klin,  Wochenschr.  Nr.  26).  Seine  Er- 
fahrungen erstrecken  sich  auBschliesslich  auf  Kinder  von  7  Jahren 
aufwärts,  er  glaubt  jedoch,  dass  auch  bei  jüngeren  Kindern  das 
Creosotum  purissimum  ohne  allen  Zusatz  in  Milch  oder  Wein  ver- 
wendbar sein  wird,  besonders  wenn  man  vielleicht  mit  dreimal 
1  Tropfen  für  den  Tag  anfangt  und  dann  allmäh  lieh  steigt,  bis  man 
^2 — 'i4  8  ^^^  *^®°  '^^8  ^'['^eicht  hat.  Bei  Kindern  von  7  Jahren  auf- 
wärts ist  es  sehr  leicht^  in  8—10  Tagen  auf  1  g  pro  Tag  zu  kommen^ 
und  «war  sowohl  mit  der  Darreichung  des  Creosots  in  Tropfenform 
ala  auch  in  Kapseln  k  i\l  Creosot  mit  Leberthran  (nicht  mit  Tola- 


bftbaiD).  Eine  Steigerang  über  1  g  pro  Tag  ist  Dur  selten  ndtbig, 
aber  auch  ohne  jedes  Bedeokea  je  nach  Lage  der  Dinge  anza- 
wenden« 

Feer  (Jabrb.  i\  Kinderheilk,  Bd.  3S^  8.  281)  hat  den  Urin  von  mit 
Koch*scber  Lymphe  behandelten  tnherculösen  Kindern  in 
Bezug  auf  das  Auftreten  der  Dia^oreaction  geprüft.  Von  17  Kin- 
dern, von  denen  Dur  2  vorher  bisweilen  Blazoreaction  aufwiesen,  be* 
kamen  14  Diazoreaction  resp.  stärkere  Reaction  nach  den  Injectionen, 
Das  Auftreten  and  die  Stärke  der  Heaction  ging  ziemlich  parallel 
der  Intensität  der  sonetigen  Injectionaerscheinungen  (Fieber,  Puls- 
beschleunigung, Uebelkeit,  Exanthem  etc.)<  In  allen  Fällen  mit  Auä- 
nabme  von  einem  dauerte  die  Diazoreaction  nur  1 — 2  Tage.  Die 
Hoffiaung,  dass  dieselbe  einen  Fingerzeig  für  die  Prognose  der  Koch- 
seben Behandlung  abgeben  konnte,  erwies  sich  als  anrieb tig. 

Steffen  (Jahrb.  f.  Kinderbeilk.  Bd.  34,  S,  18)  hat  sein  Augenmerk 
auf  die    Indicanausscheidung    bei    tuberculösen    Kindern 
gewichtet.     Veranlasst   wurde   er    zu  diesen    Untersuchungen   durch 
die  von  Hochsinger  auf  der  Natur  forsch  er  Versammlung  in  Bremen 
ausge8j>rochene  Behauptung,  dass  tuberculöse  Kinder  grosse  Mengen 
Indican  ausscheiden,  und  dass  dieses  Verb  alten  so  regelmässig  vor* 
komme,  dass  es  als  diagnostisches  Merkmal  benutzt  werden  könnet 
)tef  fen'^  Beobachtungen  erstrecken  sich  auf  19  Fälle,  die  er  längere 
Zeit  anter  Augen  hatte.    Er  kommt  za  dem  Schluss,  dass  die  Hoah- 
'iTixer'scbe   Lehrt?  voü   der  Indicanurie   bei  Tuberculose  im   kind- 
.11  Alttr  «um  mindeöten  nicht  auf  alle  Fälle  passt,  so  daBs  eine 
wehrte   Indicanausscheidung  nur  in   einem   geringen   Procentsats 
'^auftritt,  und  folglich  dieser  beschränkten  Indicanurie  irgend  eine  dia- 
gnostische Bedeutung  für  die  Beurtheilung  des  einzelnen  Falles  nicht 
akommen  kann. 

Kahane^B  Untersuchungen  Beiträge  zur  Kinderheilkunde  aus 
dem  L  öfifentlicben  Kinderkrankeninstitute  in  Wien.  Herausgegeben 
von  Kassowitz,  Wien,  Deuticke,  1BÖ2)  richteten  aicb  ebeufallfl 
auf  die  Indicanausscheidung;  sie  fahrten  ihn  zu  dem  Resultat,  dass 
bei  der  kindlichen  Tubereulose  meist  eine  vermehrte  Indicanaus» 
beidung  im  Harn  auftritt.  Bedingt  ist  dieselbe  durch  den  atropbi- 
kien  Geeammt zustand  de»  Organismus  und  die  tiefgreifenden  Störun- 
des  Digestionsapparates.  Als  beste  Indicanprobe  wird  die  von 
>ermayer  angegebene  Modification  der  Ja  ff  ersehen  Indicanprobe 
Dgeföhrt, 


J 


U2 


ßagineky* 


Syphilis. 

Heller  (Deutsche  med.  Wochenacbr.  Nr.  2G)  beRcbröibt  einen  Fall 
von  chronisciiem  Hydrocephalus  bei  einem  hereditär  gjphi- 
lifcischen  Kindei  welcher  durch  an ti syphilitische  Bebaodlang  gebeilt 
wurde.  Er  knüpft  daran  die  Folgerung:  Bei  jedem  Fall  bereditärer 
Lues  ist  an  die  Möglichkeit  der  AuebildiiBg  des  Hydrocephalus  zu 
denken;  bei  jedem  Fall  von  Hydrocephalua  ist  genau  aDamoestisch 
und  kliniacb  nacb  dem  eventuellen  Vorhandensein  von  Lues  heredi* 
taria  zu  forschen.  Ist  die  Diagnose  auf  bereditäre  Syphilis  auch  nur 
mit  einiger  Sicberbeit  gestellt,  so  ist  möglichst  früh  und  energisch 
eine  antisyphilitiscbe  Tberapie  einzuleiten. 

Da  vi  er  (Wien.  med.  Wochengcbr.  Nr.  9)  gibt  die  Krsnken- 
gescbicbte  und  den  anatomiachen  Befund  eines  Falles  bereditäreri 
rein  tertiärer  Syphilis  bei  einem  11  Monate  alten  Kinde^  das 
in  vivo  und  bei  der  Section  Gummata  der  Knochen,,  Leber^  Testikel 
und  des  Darmes  zeigte,  Erscheinnngen,  die  bei  dem  bis  zum  4  Monat 
völlig  gesunden  Kinde  um  diese  Zeit  auftraten  und  trotz  der  Tbe- 
rapie letalen  Äusigang  bedingten.  Die  Mutter^  vor  6  Jahren  in- 
ficirt,  hatte  im  4.  Jabre  ihrer  Syphilis  ein  Kind  geboren,  das  an 
Meningitis  starb.  Während  aie  mit  dem  zweiten  Kinde  gravid  war, 
zeigte  sie  Plaques  an  den  Genitalien. 

K.  Str&u»  (Archiv  f.  Kinderheilk,  Bd.  14,  S.  312)  gibt  iinter 
Beschreibung  von  drei  Fällen  von  Larynxsyph  iiis  bei  Kindern, 
welche  in  B.  Baijinsky'ri  Poliklicik  zur  Beobachtung  gekommen 
waren,  eine  genaue  Darstellung  der  Befunde  dieser  immerhin  sehr 
seltenen  Affection.  Die  vorliegende  LitteraUir  ist  sorgMtig  zu- 
sammengetragen, und  das  gesammte  Material  kritisch  beleuchtet^  und 
dabei  werden  die  im  Kindesalter  auftretenden  und  zur  Beobachtung 
gelangten  8ymptome  der  Larynxsyph ilis  gegenüber  den  bei  Erwaoh- 
aenen  auftretenden  SpÄtformen  von  L'^rynxaypbilis  eingehend  be 
»proeben. 


AU^cmeinkraiiklieitei]. 

R  b  8  c  h  i  t  i  9* 


be-    I 


Sebwar«müller  (Zeitschn  f.  Geburteh,  Bd,  24,  H,  1)  beschreibt 
zwei  Fälle  von  sogenannter  fötaler  Rbachitis  —  „sogenannter", 
weil  er  der  Ansicht  ist,  dass  die  unter  diesem  Namen  beschriebenen 
Fälle  mit  Hhacbitis  nichts  gemein  haben*  Beide  Früchte  zeigten  eine 


KtaderiietlkitiMi«. 


ua 


wMBBTordenttklie  Anftreiliaiig  der  EpiphTden  uod  rameaformtg« 
Einficboantngeii  der  H»Qt  an  beides  Uoterschenkeln.  Der  Kopf  bot 
in  TM  1  keine  fieeoiideriieiteii,  in  Fall  U  hatte  er  ein  „balldoggea« 
Ikhatlteiheg*  Annuotiro.  Bltaehitifleher  Rosenkrans  war  in  keioem  der 
beideii  Falk»  bemerkbar.  Bei  der  zweiten  Frucht  waren  sechs  Finger 
Zeben  an  jeder  E^tremitit.  Der  mikroskopische  Befand  ergab 
ai  beiden  Früchten  ein  ähnliches  Verhalten.  Die  Epiphysenlinie  ist 
Intasaig,  Entwickelang  des  osteoiden  Gewebes  aoffailend  stark; 
spärliche  Entwickelaog  der  Osteoblasten.  Die  Knorpel- 
kternngasone  ist  atiaserordentlich  schmal  und  fehlt  an  einigen 
len  ganz.  Die  Diaphyse  ist  stark  sklerosirt,  so  dass  an  einseinen 
teilen  die  Ck)rticalis  so  verdickt  ist,  dass  dadurch  die  Markräume 
auf  ein  Minimum  reducirt  sind.  Eine  befriedigende  Erklärung  dieser 
^erftnderungen  im  Enochenwachsthum  kann  Veif.  nicht  beibringen. 
Jedenfalls  widerspricht  der  mikroskopische  Befund  durchaus  dem* 
jeaigen,  welchen  man  sonst  bei  der  Rhachitis  anzutreffen  pflegt. 


Kutner  (ßerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  44)  hat  60  rhachitische 
Kinder  in  Bezug  auf  das  Vorkommen  von  Milzschwellungen 
untersucht;  von  diesen  zeigten  44  eine  palpable  Schwellung,  Das 
Aoaseben  der  Kinder  war  in  15  Fällen  Tollständig  normal  und  frisch, 
bei  37  Patienten  war  die  Farbe  der  Haut  und  der  sichtbaren  Schleim- 
haut blass,  und  7  Kinder  zeigten  das  Bild  einer  sehr  starken  Anämie, 
Die  EJrösen  in  der  Halsgegend,  in  der  Achselhöhle  und  in  der  Ingui- 
nalbeuge  waren  öOmal  mehr  oder  weniger  ge^^chwollenj  während  bei 
den  übrigen  10  Fällen  keine  Drüsenschwellnng  nachweisbar  war. 
Was  das  Alter  anbetrifft,  so  Stauden  von  den  60  Patienten  B  im 
Alter  von  0—3  Monaten,  8  von  4 — 6  Monaten,  25  waren  7 — V2  Mo- 
^nate  att,  16  waren  im  2.,  5  im  3.  Lebensjahr,  1  Patient  hatte  bereits 
6*  Lebensjahr  erreicht..  Sämmtliche  Kinder  sseigten  noch  deut* 
Uche  S3rmptome  einer  bestehenden  oder  vorausgegangenen  Rhucbitis. 
Foz  und  Ball  (BriL  med.  Journal^  23,  Aprtl)  haben  ebenfalls 
ihre  Aufmerksamkeit  der  Milzvergrösserung  rhacUitischer  Kinder 
gewandt.  Sie  haben  in  25^,,,  der  Fälle  von  Rhachitis  Mikver* 
össerungen  constatiren  können,  Bie  Anamnese  bei  63  mit  Mila- 
tnmoren  behafteten  Kindern  ergab ,  deas  26  =  41  %  von  «yphili» 
tien  Vätern  oder  Müttern  stammten^  bei  den  übriijen  Bb  Fällen 
anamoestisch  nichts  Sicheres  au  ermitteln»  Die  Vvxff  wollen 
dieBen  Beobachtungen  noch  keinen  sicheren  Schluss  riehen,  sou* 
weisen  nur  auf  das  häufige  Zusammentreffen  von  Rbachitis  und 
lit&Ter  Syphilis  hin« 


444 


Baginsky. 


Auf  Gm  cd  dreijähriger  Beobaohtongen  an  der  KinderpolikliDik 
von  Troitzkj  in  Kiew  kommt  Master  (Jahrbucli  tiir  Kinde rheilk. 
Bd.  34,  H,  1)  zu  dem  Scblua&e,  daas  der  Phosphor  ein  Dützliches 
und  mächtiges  Mittel  gegen  Rhachitis  ist,  dass  dieses  Mittel  bei 
vorsichtigem  und  verständigem  Gebrauche  weit  sicherer  uud  schneller 
als  andere  bei  Ehachitis  angewandte  Heilmethoden  wirkt.  Der 
Verf.  meint,  dass  an  den  Verdaunnga Störungen,  die  häutig  bei  Phos- 
phorgebrauch eintröten,  nicht  der  Phosphor  schuld  ist,  sondern  der 
Leberthran  oder  eine  andere  Fettemubion,  mit  welcher  verbunden 
das  Präparat  gewöhnlich  in  den  Magen  eingeführt  wird.  Er  ver* 
ordnet  deshalb  den  Phosphor  in  Tropfen  mit  Mandelöl  nach  folgen- 
der Formel: 

Rp.  Ol.  phoaphorat.  offic*  gtt.  X, 

OL  Amygd.  dulc.  6X), 
M,  D.  Ö.    Jedesmal  10  Tropfen. 
(Kindern  im  Alter  von  2 — 3  Jahren.) 

Hämorrhagische    f  M  a  t  h  e  s  e. 

„Ueber  die  scorbutartige  Erkrankung  rhachitischer 
Säuglinge  (Bari ow^s die  Krankheit)"  lautet  der  Titel  einer 
Arbeit  von  Heubner  (Jahrb.  £  Kinderheilk,  Bd.  34,  S.  361).  Es 
handelt  sich  um  eine  Erkrankung,  auf  die  von  amerikanischen  und 
deutschen  Pädiatern  —  unter  den  letzteren  besonders  von  Behn 
auf  dem  internationalen  Gongreas  1890  —  wiederholt  hingewiesen 
worden  ist,  von  der  man  aber  doch  im  Allgemeinen  in  Deutschland 
noch  wenig  Notiz  genommen  hat.  Ee  handelt  sich  gewöhnlich  am 
Kinder  am  Ende  des  SäuglingBalters ^  welche  keine  Mutterbrust  er* 
halten  haben,  sondern  künstlich  ernährt  worden  sind  und  meist 
Zeichen  von  leichterer  oder  schwererer  Rhachitis  aufweisen .  Es 
besteht  eine  ganz  ungemeine  Schmerzhaftigkeit  der  Extremitäten, 
gewöhnlich  viel  stärker  der  unteren  als  der  oberen,  gegen  jede,  auch 
die  sanfteste  Bertihrung»  Dabei  sind  offenbar  die  Gelenke  weniger 
schmerzhaft  und  frei  von  Schwellung,  sowie  man  aber  vom  Knie- 
gelenk aufwärts  den  Oberschenkel  entlang  geht,  ao  zeigt  sofort  d&a 
gesteigerte  Geschrei  des  Kindes  den  Ort  des  Schmerzes;  ebenso  ist 
die  Tibia  zum  Kniegelenk  abwärts  oder  vom  Fussgelenk  aufwärts 
empfindtich.  Der  Schmerz  sitzt  also  an  den  Knochen  und  mehr 
noch  an  der  Diaphyse  als  an  der  Epiphyse  derselben.  Zugleich  ge- 
wahrt man  eine  Anschwellung  dieser  Theile.  Die  angesobwoUene 
Partie  siebt  glänzend  aua^  ohne  aber  deutlicb  Ödematös  zu  sein.  Ala 
weiteres  Symptom  treten  in  den  meisten  Fällen  noch  Blutungen  aiaa 


I 


Kinderlteilkmide. 


445 


Munde  auf,   nod  bei   der  Besieh tiguDg  des  lotzteren  zeigt  sich, 

diejenigen  Partien  des  Zabnfleisches^  wo  Zähne  durcbgebrocben 

id  oder  der  Darchbrucb  sich  vorbereitet,  hochgradig  geschwollen, 

iD   schwammiger  Gonsistenz   und   dutikelbiaaroth  gefärbt  sind  und 

bei  der   Berührang^    oft    aocb   schon  beim  Oeffneu  des  Mundes  an 

hinten  anfangen.   Man  bemerkt  femer  mitunter  eine  Ödematös-bämor- 

rhagiscbe    Anschwellung    eines    oder    beider    Augenlider  ^    wodurch 

letztere  zu  ganz  unfbnulichen  blatrotben  Wülsten  iimgeBtaltet  werden* 

ifathologi  seh- anatomische  UnterBochungen  von  Bar  low  haben  gezeigt, 
Sabs  die  oben  geschilderten  Symptome  durch  einen  hämorrhagischen 
Proceas  bedingt  sind,  welcher  die  tieferen  Muakelschichten,  gauK  be- 
sonders aber  das  Periost  und  den  Knochen  selbst  betrifft.  Durch 
iBlntungen  wird  das  erster e  in  grosser  Ausdehnung  von  den  letzteren 
abgehoben ,  es  kommt  zu  Ernährungsstörungen  in  den  Knochen, 
Kekrose  derselben,  Brüchigkeit  und  Fracturen.  Aetiologiüich  apielt 
die  fehlerhafte  Ernährung  eine  Hauptrolle,  und  Heubner  will  ge- 
funden haben,  dass  die  Erkrankung  besonders  solche  Kinder  befällt, 
welche  monatelang  mit  Kmdermehlen  oder  Milchpraparaten ,  nicht 
mit  reiner  Milch  ernährt  worden  sind.  Daran b  ergibt  sich  für  die 
Therapie  die  Indication,  dem  Kinde  zunächst  frische  Milch  zu 
reichen.  Ausserdem  gebe  mati  täglich  einige  KinderlüfFel  friBch  ans- 
gepressten  Fleischsaftes  (mit  etwas  Malaga-  oder  Ungarwein),  ferner 
Fruchtsaft  (am  besten  Apfelsinensaft,  2—3  KaffeelöfFel  täglich)  und 
Mittags  neben  einer  Kalbsbrüh-  oder  Huhneröappe  frisches  Gemüse 
öffelmus^  Spinat  etc.).  Die  schmerzhaften  Olieder  werden  in 
Priessnitz'sche  Umschläge  gehüllt,  (Bagin«ky  hat,  wie  in  seinem 
Lehrbuche  der  Kinderkrankheiten  angeführt  ist,  mit  innerlicher  Dar- 
reichung von  frischer  Hefe,  welche  von  Kindern  sehr  gern  genommen 
nnd  gut  vertragen  wird,  bei  den  von  ihm  beobachteten  Fällen  von 
[»rbut  bei  Kindern  einen  sehr  guten  Erlbig  erzielt,) 


Hertz ka  (Archiv  f.  Kinderheilk.  Bd.  U,   S,  199)  versucht  der 
Schdnlein  ^Peliosis    rheiimatica^   benannten  Krankheit»- 
rm,   welche  neuerdings  meist  unter   dem  Sammelnamen  ^Purpura 
morrhagica    oder    Morbus    maculosus**    angeführt    wird,    wieder 
Bürgerrecht   in   der   Mediciu    zu   verschaffen.     Er  gibt  die  ausführ- 
üche  KrankengeBchichte  eines  Faüea,  die  sich  mit  dem  von  Schön- 
ein   entworfenen    Bilde   deckt     Der  Beginn    der  Erkrankung  trug 
vollständig  den  Charakter  einer  Infectionekrankheit,  mit  Erbrechen, 
heftigem  Kopfschmerz  und  Temperatur  von  41^,  Delirien  und  grosser 
rostration  des  Kranken.    Ferner  hatte  das  Fieber  den  von  Schön- 


446 


Bagin^ky. 


lein  aügegebeuen  charakteristischen,  remittirenden  Verlauf:  es 
scliwaiikte  Morgens  zwischen  37,8  nnd  38,0,  Nachmittags  und  Abends 
zwischen  39,0  und  40,0  und  hielt  fast  U  Tage  an.  Mit  dem  Nach- 
lasse der  SchwelluDg  und  der  Schmerzhaftigkeit  der  G-elenke,  die 
in  diesem  Falle  fast  sammtlich  und  besonders  schwer  befallen  waren, 
fiel  auch  das  Fieber  bis  zur  Norm*  Die  Entwickelung  und  Aus- 
breitung der  catanen  Hämorrhagien  entsprach  den  Angaben  Schön- 
lein'e  insofern^  als  er  angibt^  dass  zum  Unterschiede  von  der  Pur- 
pura die  Blntungen  unter  der  Haut  bei  der  Teliosia  rheumatica  fast 
ausschliesslich  die  Extremitäten  betreffen;  der  Rumpl  blieb  in  diesem 
Falle  vollkommen  frei.  Der  Ausgang  der  Erkraukung  war  Ge- 
nesung. 


John  Thomson  (Lancet,  11.  Juni)  beschreibt  einen  Fall  von 
Hämaturie  bei  einem  7monatlichen  Kinde,  welche  er  auf 
scorbntische  Ursache  zurückführt,  obgleich  irgend  welche  andere 
aoorbuttsche  Anzeichen  nicht  vorhanden  waren.  Die  Ernährung  des 
Kindes  hatte  von  Geburt  an  in  condensirter  Milch  und  Fleiychsaft 
bestanden,  Darreichung  frischer  Kuhmilch,  zur  HÄlfte  mit  Wasser 
gemischt,  und  zweimal  täglich  1  Theelöffel  Orangensaft  Hessen  das 
Kind  bald  wieder  vollkommen  genesen. 

Die  Hämatologie  der  Neugeborenen  und  älteren  Kinder 
ist  im  vergangenen  Jahre  um  mehrere  werth volle  Arbeiten  bereichert 
worden,  Schiff  (Jahrbuch  f.  Kinderheilk.  Bd.  34,  S.  150)  hat  sich 
mit  der  Untersuchung  des  Blutes  der  Neugeborenen  mit  besonderer 
Bücksicht  auf  die  Abnabelungazeit  beschäftigt.  Er  hat  bei  27  Fällen 
500  Einzeluntersuchungen  vorgenommen,  und  zwar  bestimmte  er  die 
ßlutkörperzahi  einmal  im  Momente  der  Geburt  durch  Compression 
der  Nabelschnur  und  Entnahme  eines  Bluttropfens  aus  einer  grossen 
Zehe;  hierauf  wurde  die  Nabelschnur  freigelassen,  damit  das  Blat 
aus  der  Placenta  dem  Neugeborenen  'Zuströmen  könne,  nach  10  Mi- 
suten  die  NabelschDur  unterbunden,  und  in  diesem  Moment  der 
zweite  Blutstropfen  entnommen.  Abgesehen  von  diesen  zweimaligen 
Zählungen  wurden  die  betreffenden  Neugeborenen  durch  10 — 14  Tage 
täglich  zweimal  untersucht.  Es  ergab  sich  nun  bei  Gegenüber- 
Stellung  der  spät  und  der  sofort  Abgenabelten  folgendes:  Bei  einer 
nahezu  gleichen  durchschnittlichen  Blutkörperchen  zahl  am  ersten 
Lebenstage  besteht  eine  entgegengesetzte  Richtung  in  dem  Gange 
der  Blutk5rperzahl  selbst.  Während  die  Blutkörperzahl  der  spät 
Abgenabelten  im  Laute   der   ersten  3 — 4  Tage  rapid  ansteigt,    tritt 


I 


1 


KiDderheilktifide. 


447 


bei  ^ähzeitig  AbgeDabelten  während  deräelben  Zeit  an  Stelle  deesea 
eine  beinahe  rapide  Abnahme  derselben  ein.  Die  bei  spät  Abge- 
nabelten eintretende  maximale  Zunahme  ist  jedoch  im  Vergleich  zur 
anfänglichen  Blutkörperzahl  weit  bedeutender,  als  die  während  der* 
selben  Zeit  bei  den  sofort  Abgenabelten  eintretende  Abnahme.  Jene 
steht  in  engem  Zusammenbange  mit  dem  Abnabelungaproceäse  selbst, 
diese  hingegen  ist  lediglich  nur  die  Folge  der  während  der  Geburt 
zu  Stande  kommenden  CirculatioDsstörungen  und  der  aus  diesen 
resultirenden  relativen  Zunahme  der  BlutkörperzahL  Schiff  wandte 
nun  weiterhin  sein  Augenmerk  der  Frage  zu,  was  mit  dem  durch 
die  späte  Abnabelung  dem  Kinde  zugeführten  (äberächiidsigen  Blut- 
quantom  im  Organismuä  desselben  geschteht.  Aus  diesem  Grunde 
wurde  bei  Neugeborenen  die  tägliche  Harn quanti tat  gesammelt,  deren 
gpecifisches  Gewicht  und  das  quantitative  Verhalten  der  Chloride 
and  Urate  analytisch  bestimmt.  Das  Resultat  entsprach  nicht  den 
Erwartungen:  es  zeigte  sich  nämlich,  dass  sowohl  der  procentuale 
EanLätofTgehalt,  die  24ätündige  Gesan^mtauBScheidung,  wie  auch  die 
24stündige  auf  1  kg  Körpergewicht  berechnete  HarnstofTauBscheidmig 
der  spat  Abgenabelten  ziemlich  bedeutend  hinter  der  der  sofort  Ab- 
genabelten zurückbleibt. 

Felsen thal  (Archiv  f.  Kinderheilk.  Bd.  15,  S.  78j  publicirt 
hämato logische  Mittheilungen  au^  dem  Kaiser-  und  Kaiserin- 
Fnedrich-KinderkrankenhaDB  in  Berlin.  £r  hat  seine  Aufmerksam- 
keit zunächst  auf  die  Veränderungen  des  Blutes  bei  acuten  Infections- 
krankheiten  (Pneumonie »  Diphtherie,  Scharlach ,  Masern^  Typhus; 
ichtet^  In  drei  Fällen  von  Pneumonie  von  Kindern  in  der  Alters- 
fe  von  1  ^J4 ^2 1.^  Jahren  fand  sich  eine  Leukocytose,  die  stets  mit 
dem  Stillstand  des  Proceesea  aufhörte.  Mit  dem  kritischen  Abfall 
der  Temperatur  ^kritisirte^  zweimal  die  Zahl  der  Leukocyten;  in 
illiem  Falle  fand  schon  vor  der  Krise  ein  Abfall  der  Lenkocytenzahl 
statte  Die  Zahl  der  Leukocyten  schwankte  auf  der  Höhe  des  Krank- 
keits^processes  zwischen  16000 — 20000,  war  aUo  2 — 2\^mBl  höher  als 
dsa  Normale.  Ganz  ähnlich  war  das  Verhältniss  bei  Diphtherie  und 
Sehariachf  wahrend  »ich  bei  Masern  keine  Leukocytose  fand;  diese 
TkalBache,  das!?  bei  Masern  die  Leukocytose  fehlt,  könnte  nach  Fei- 
««nthal  vielleicht  aoeh  in  zweifelhaften  Fällen  als  diagnostisches 
HftifoiDittel  herangezogen  werden.  Ein  Antagonismus  der  beiden 
Foranelemente  des  Blutes  besteht  bei  den  acuten,  £eberhaften  £r- 
kr&akangen  nicht,  d.  h«  eine  Vermehrung  der  weissen  Blutkdrpeardneii 
giAa,  nicht  einher  mit  einer  Verminderung  der  rothen.  Als  Resultat 
der  Mslologischen   Untersuchung  ist   besondem  das  Verhalten    der 


448 


Baginsky, 


eosinophilen  Zellen  bemerkenswerlb ;  bei  Pneumonie  fehlen  dieselben 
auf  der  Höhe  des  Fiebers  volktändig  und  erscheinen  erst  mit  dem 
Eintritt  der  Krise  wieder;  dagegen  war  das  Scharlach exanthem  fast 
stets  von  einer  Anhäufung  von  eosinophilen  ZeUen  begleitet,  deren 
Zahl  einige  Tage  nach  dem  Verschwinden  des  Hautauascblags  wieder 
bedeutend  geringer  wurde.  Was  die  Herkunft  der  bei  entzündlicher 
Leukocjtoae  im  Blute  kreisenden  Leiikocyten  anlangt,  so  hält  es 
Pelsentbal  für  sicher,  dass  eine  Vermehrung  der  Leukocjten  im 
circiilirenden  Blute  stattfinden  kann  und  auch  stattündetj  es  soll 
damit  aber  eine  grössere  Zufuhr  neugebildeter  Leukocyten  aus  den 
blutbildenden  Organen  in  die  Blutbahn  nicht  in  Abrede  gestellt 
werden .  —  Weitere  Untersuchungen  hat  Verf.  über  das  Blut  bei  Aoaemia 
infantum  pseudoleucaemica  und  bei  RhacLitis  angestellt.  Die  drei  ■ 
untersuchten  Fälle  der  ersteren  Erkrankung  boten  zugleich  Erschei- 
nungen von  Rhachitis  dar.  Die  Zahl  der  rothen  BlutkörpercJien  war 
immer  bedeutend  herabgesetzt,  die  weissen  beträchtlich  vermehrt; 
in  dem  einen  Falle  (11  Monate  alter  Knabe)  wurden  B  228000  rothe, 
44820  weisse  Blutkörperchen  gezählt;  innerhalb  3  Monaten  sank  die 
Zahl  der  rothen  auf  2V.^  Millionen,  die  der  weissen  Blutkörperchen 
auf  30000.  Das  Auffallendste  des  histologischen  Blutbefundes  ist 
das  Auftreten  zahlreicher  kernhaltiger  rother  Bltitkörperchen ,  von 
denen  viele  karyokinetische  Figuren  tragen;  in  einem  Fall©  waren 
in  Ö9  Qesicbtefeldern  62  kernhaltige  Erythrocyten,  darunter  5  Megalo- 
blaeten.  Bei  Rhachitis  ist  die  Zahl  der  rotben  Blutkörperchen  nor- 
mal oder  fast  normal;  ein  bestimmtes  Verhältniss  zwischen  der  Zahl 
der  Erythrocyten  nnd  der  Schwere  der  Erkrankung  konnte  nicht 
gefunden  werden;  die  Zahl  der  weissen  Blatkörpercben  ist  stets  ver- 
mehrt, sie  beträgt  das  2— 5fache  des  Normalen.  Die  Hauptmasse  der 
Leakocyten  bilden  die  kleinen  und  grossen  einkernigen  Elemente  — 
in  den  schwereren  Fällen  findet  man  kernhaltige^  rotbe  Blutkörper- 
chen meist  von  der  Grösse  eines  normalen  rothen;  sie  haben  einen, 
manchmal  auch  zwei  Kerne,  manchmal  auch  kleeblattfcirmig  gestallete. 
Die  rothen  Blutkörperchen  zeigen  einen  nicht  unbeträchtlichen  Grössen- 
unterschied. 


M,  Alt  und  X  Weiss  (Oentralbl,  f.  die  medicin.  Wissenschaften 
Nr.  24  u.  25)  macben  nor  eine  vorläufige  Mittbeilutig  ihrer  noch 
nicht  abgeschlossenen  Untersuchnngen  über  Anaemia  infantilis 
pseuiioleucaemica  und  stellen  folgende  Bätse  auf:  Die  Änaemia 
infantilis  pseudoleucaemica  bietet  —  abgesehen  von  dem  Zihlbefand 
einer  constanten  Verminderung  der  rothen  und  einer  mehr  oder  min- 


Kf  oderheiikuDäe. 


44^ 


fem 


äoeiigradigeii  Vermehnmg  der  wessen  Blatzellea  —  nin  typisoh^i 
Hstologiodies  Blatbild,  gekennseichnet  dtiroh  die  Poikiloojrlo«^  dat 
reichliche  Aaftreten  kerohaldger  Erythroeyten,  die  als  Heso«,  M«galo* 
and  Mikroblasten  und  gleichzeitig  als  Foikibblasten  eraoheindQ  und 
von  deii«B  viele  karyokinetische  Kerufiguren  trage«,  durah  dia  Poly- 
chromatophüie  der  kerDhaltlgen  und  auch  vieler  kernloaar  rother 
Blutsellen  und  endlich  durch  eine  ziemlich  vielgestaltige  Leukooytoao. 
Weder  schwere  EmäbrimgdstörungeD ,  noch  Lues^  noch  Ehachitiej 
müÄsen,  sofern  sie  auch  einfache,  schwere  Aniiuiie  horvorniftjni  diom^ 
scharf  charakterisirte  Blut  Veränderung  erzeugen;  die  Atiaemin  iiifan* 
Ulis  pseudoleucaemica  ist  deshalb  als  ein  Krank  hei täbild  sui  gunori« 
SU  betrachten. 

Auch  auf  dem  L  Congress  italienischer  Kinderärzte  in  Kam 
(Referat  im  Jahrbuch  i\  Kindt^rheilk*  Bd.  33,  S.  367)  fand  eina  Er- 
örterung der  Anaemia  spieuica  der  Kinder  statt.  Samwn  untar* 
fcheidet  klinisch  drei  Formen:  1)  die  chronieoh  heborhafto  Form  mit 
fallend  wachsbleicher  Hautfarbe,  einem  bis  weilen  (sulossalen  Mils* 
mor  und  einem  hartnäckigen,  unregelmäsaigen  Fiebor  itiit  intor» 
mittirendem  Typuö;  2)  die  chronisch  fieberloae  Form;  3)  die  chr*jnifloho 
Form  mit  periodisch  wiederkehrenden  Fieberanfällen,  lieber  die 
Ursache  der  Erkrankung  äussert  sich  der  Verf.  nicht  mit  Buötiinmt- 
beit,  doch  nimmt  er  mit  Wahrscheinlichkeit  an,  das»  aln  GrundlAge 
des  üebels  ein  bestimmter  pathogener  Mikroorganismus  unauiMihaii 
igt.  welcher  in  der  Milz  den  geeigneten  Nährboden  ssu  Mtiinor  Eni* 
Wickelung  findet,  von  dort  aus  den  Kreislauf  (Iberachwemrat  und  die 
^nze  übrige  Schaar  von  Krankheitserscheinungen  hervorruft,  Dt^r 
Vrriaaf  ist  ausnahmslos  chromsch,  der  Ausgang  in  d^r  Mithrssahl  der 
Füle  der  Tod. 

Bei  hereditärer  Lues  und  bei  Rhachitis  hat  Hchiff  (Pester 
Bed«-ehir.  Presse  Kn  3}  hämato logische  XJnterauchu  Dgen  an- 
geslelll.  Er  stellte  fest,  daaa  bei  Syphilis  nach  dem  Verichwinden 
der  kjankhaften  Erscbeinungen  (nach  Quecksilberinunctionea)  aiDe 
Allini w  auftritt,  die  ihre  Ursache  in  einer  Verminderung  der  Blut« 
kdrpercheDzabl  und  des  Hämoglobiogehaltea  hat.  Üamb  diene  V«tr' 
iBdermgeo  nicht  durch  die  Queck^ilberbehandlung  hervpr^nifeo 
maäf  gellt  daraus  hervor ,  daaa  Qaeckeilberbehandlung  bei  Oetoodeii 
▼orgmoauBeo  keinen  Etnfloaa  auf  die  ZuaammenseUujig  dm  Blüleii 
hatte.  Bei  BhacUti«  ergab  aicb  laichte  Vermebnuig  der  welaeeii, 
Zahl  der  retheo  BlotkorperebeD,  digeyen  dorehweg  üarke 
des  Hiaogloboigebalteii. 


4r>u 


Bagin&ky, 


Diabetes. 

R.  Wilfred  Watkins-Pitchforcl  (Britisli  med.  Journ,,  28,  Mai) 
beschreibt  einen  Fall  von  Diabetes  bei  einem  10jährigen  Kna- 
ben, welcher  in  21  Tagen  zum  Tode  führte.  Sechs  Tage  vor  dem  Tode 
war  dm  Kind  noch  im  Stande,  herumzugehen  und  mit  anderen  Kindern 
zu  spielen.  Die  Urinmenge  betrug  5 — 6  Quart  innerhalb  24  Stunden 
und  nahm  erst  in  den  letzten  2  Tagen  beträchtlich  ab ;  der  Zucker- 
gehalt war  sehr  bedeutend  (Frocentsatz  ist  nicht  angegeben);  speci- 
fisches  Gewicht  1035.  80  Pulse,  normale  Temperatur*  Bie  Zunge 
war  stark  belegt,  Pupillen  erweitert^  der  Ausdruck  der  Augen  angst- 
licli.  Haat  sehr  trocken.  Die  Verschlechterung  trat  ganz  plötz- 
lich ein.  Die  Respiration  wurde  sehr  frequent,  bis  48  in  der  Minute, 
dabei  96  Pulse,  kaum  fühlbar.  Oetteres  Erbrechen,  subnormale  Tem- 
peratur, Das  DuTötgeftihl  liess  nach,  Nahrung  wurde  verweigert. 
Innerhalb  der  letzten  24  Stunden  wurden  16  Unzen  Urin  entleert, 
Section  wurde  nicht  gemacht  Verf.  ist  geneigt,  als  Ursache  der 
Erkrankung  eine  starke  Nervenerregung  anzunehmen,  welche  an- 
lässlich des  kurz  zuvor  erfolgten  Todes  der  Mutter  auf  das  Kind 
eingewirkt  haben  soll 

J.  de  Bary  (Arch.  I\  Kindorheilk,  Bd.  15,  8. 104)  beschreibt  einen 
Fall  von  Diabeteß  mellitus  bei  einem  9jäbrigen  Mädchen. 
Als  erstes  Symptom  trat  dabei  Scheideoabsondernng  auf,  welche  auf 
dem  bei  Diabetes  bekanntlich  häufig  beobachteten  Pruritus  vulvae 
beruhte.  Verf.  folgert  daraus  die  Nothwendigkeit  der  Urinunter- 
suchung bei  allen  Fällen  von  Fluor  albus, 

Qr(!^sz  (Jahrbuch  £  Kinderheilk.  Bd.  B4,  3.  83)  unterzieht  in 
einer  der  E  p  s  t  e  i  n^scben  Klinik  entstammenden  Arbeit  die  schon 
mehrfach  beantwortete  Frage  der  Glykosurie  im  Säuglingsalter 
einer  nochmaligen  Erörterung,  Er  kommt  zu  folgenden  Resultaten: 
Bei  gesunden  Brustkindern  kommt  keine  Glykosurie  vor.  Bei  Ver- 
dauungsstörungen, sowohl  bei  Dyspepsien,  als  auch  insbesondere  bei 
Gaatroenteritiden  ist  eine  stark  reducirende,  die  qualitativen  Zucker- 
proben prompt  zeigende,  nicht  gährungsfähige,  optisch  active  Substanz 
im  Harne  manchmal  nachweisbar;  dieselbe  ist  höchst  wahrscheinlich 
Milchzucker  oder  ein  Spaltangsproduct  desselben.  Weitere  Versuche 
mit  Eingabe  von  Milchzucker  zeigten,  dass  die  Assimilationsgrenze 
des  Milchzuckers  bei  den  Säuglingen  eine  sehr  hohe  ist;  bei  gesunden 
Brustkindern  in  den  ersten  4  Wochen  beträgt  sie  ungefähr  3,3  g  pro 
Kilo  Körpergewicht;  bei  Verdauungßstöruugen  findet  eine  Herab- 
setzung der  Assimilationsgrenze  statt. 


I 


4 


KinderhellkQnde. 


451 


*,Ueber  Dentitionafieber  and  seine  Behandlung^  lautet 

der  Titel  einer  AbhaDdlung  von  Hermann  Müller  in  Zürich  (Cor- 

reepoadenzblatt  f,  Schweizer  Aerzte  Nr.  20),   deren  erste  Seite   wie 

eio  Hymnus   auf  den  Wiener  Pädiater  Kassowitz  klingt,  —  um 

aber  nur  sn  bald   in   eine   energische   und  scharfe  Bekämpfung  der 

Anschauungen    übersugehen^  welche  Kassowitz   in   seinem  jüngst 

araohienenen  ßuohe  über  Kinderkrankheiten   im  Alter   der  Zahnung 

►  ausgesprochen  hat.     In  des  Verf.'s  Journal  spielen  nämlich  die  Dia- 

Ignoseu  ^Deutitio  difÖcilis"  uod  „Febris  dentitionis"  noch  eine  bedeu- 

tte&de  Rolle   und   er  tritt  mit   einem  gewaltigen  Zahlenmaterial  und 

sogar  mit  Fiebercurven  für  die  Richtigkeit  seiner  Anschauungen  ein; 

den  Beweis  dafür  glaubt  er  in  dem  Erfolg  der  Behandlung  erbracht 

zu  haben,  die  immer  in  Entspannung  des  Zahnfleisches  mittels  Scari- 

ficationen  bestanden  hat. 


Kranklieiten  der  Neugeboren**!!. 

Einen  interesgauten  experimentellen  Beitrag  zur  Aetiologie 
der  Melaena  neonatorum  liefert  Pomorski  (Archiv  L  Kinder- 
heilkunde Bd.  14,  S,  165).  Er  hatte  bei  der  Section  eines  an  dieser 
Krankheit  zu  Grunde  gegangeneu  Kindes  eine  Hämorrhagie  des  Gre- 
kims  gefunden,  welche  die  Innenfläche  des  vierten  Ventrikels  sammt 
seinem  vasomotorischeu  Centrum  zerstört  hatte«  Pomorski  erinnerte 
lieh  nun  der  Thatsache,  dass  einige  Autoren,  wie  Brown-8<5fj[uard, 
Schiff,  Ebstein  u,  A.  nach  Verletzung  bestimmter  Bezirke  im 
Tiarten  Ventrikel  Ueschwftrebildung  im  Magen  der  Kaninchen,  sowie 
Hyperamie,  selbst  Hepatisation  und  Infarct  der  Lungen  beobachtet 
haben.  Daran  anknüpfend,  unternahm  er  den  Versuch.,  auf  experi- 
mentellem Wege  durch  Verletzung  einzelner  Hirntheile  Melaena  zu 
erzeugen.  Der  Versuch  gelang  bei  neugeboreneu  Kaninchen  voll- 
kommen,  sobald  der  Eingriff  das  vasomotorische  Ceutrum  in  der 
Eautengrube  direct  oder  indirect  (durch  Blutergüsse  in  seiner  Nähe) 
getroffen  hatte.  Verf.  hält  sich  danach  zu  dem  iSchluäse  berechtigt,  daus 
Gehirnblutungen,  welche  während  der  Oeburtövorgänge  (namentlich 
bei  Primiparen)  entstehen,  die  Hauptrolle  btjim  Entstehen  der  Melaena 
«pielen.  Die  Blutergüsse  in  das  Gehirn,  welchen  man  schon  öfter  bei 
Sectionen  an  Melaena  verstorbener  Kinder  begegnete,  sind  sonach 
nicht  als  Gomplicationen,  sondern  als  Ursache  der  anderen  Verände- 
rungen anzusehen. 

Parst  (Archiv  f.  Kinderheilk.  Bd.  14,  S.  430}  beschreibt  eine 
beim    weiblichen    Geschlecht    selten   vorkommende    Bildungshem- 


452 


Bagmaky. 


njiing.  Das  gut  genährte^  10  Wochen  alte  Kind  bot  zunäcbst  eine 
ausgespro ebene  Epispadj©  dar.  Die  ziemlich  blasse  Olitoris  war  voll- 
kommen gespalten.  Ebenso  bildeten  die  beiden  grossen  Labien  zwei 
völlig  getrennte  kugelige  Wülste.  Uretbramündung  und  Vestihulum 
vagitiae  normal.  Von  ersterer  bia  zum  Kabel  betrug  die  Etitfernung 
nur  3  cm;  auf  diesem  Weg  zog  sich  eine  anffallend  geröthefce streifige 
Hautpartie t  welche  gegen  die  blasse  Haut  der  Umgebung  deutlieh 
abstach,  bis  zur  Nabelstelle.  Letztere  war  sehr  grosa,  stark  ge- 
röthet,  znm  Theil  excorürt,  zum  Theil  granvilirt,  ziemlich  feucht. 
Man  konnte  nicht  nur  ein  Auströpfeln  vüe  Harn  aus  einer  feinen 
Oeifnang  bemerken,  sondern  zuweilen,  beim  Wirken  der  Bauchpresse 
(Schreien  etc*)  sogar  ein  Entleeren  des  Harns  in  einem  kräftigen^ 
ca.  15  cm  hohen  Strahl,  welcher  der  für  eine  Sonde  durchgängigen 
Oeffnung  entströmte.  Diu  Diagnose  lautete  deragemäs«:  Nabel- 
ürachuafistel. 

Eine  ganze  Reihe  vou  angeborenen  Defe cten  bot  der  Fall 
dar^  den  Seh  er  er  (Äretiiv  f.  Kinderhfilk.  Bd.  14,  S.  418)  beschreibt. 
Das  am  4.  Lebenstage  gestorbene  Kind  zeigte  bei  der  Sectioo  fol- 
gende Abnormitäten:  Die  rechte  Herzhälfte  volumioöserj  die  rechte 
Herzkammer  dilatirt,  der  Klappenapparat  normal.  Der  Conus  pul- 
mo nalis  bedeutend  erweitert,  besondere  auffällig  ist  die  Breite  des 
Ductus  arteriosuB  Botalli,  der  11  mm  im  Umfange  misst  und  breiter 
ist  als  selbst  die  Arteria  pulmunalis.  Eine  weitere  Abnormität  be- 
rindet  sich  am  ürogenitalsysteni :  Die  Analöffnung  fehlt  vollkommen. 
Das  Collum  der  Vesica  urinaria  ist  bedeutend  verlängert,  die  Pars 
membranacea  urethrae  stark  dilatirt.  Am  Anfange  derselben  be- 
findet wich  eine  Oeffnung,  in  welche  man  leicht  eine  3  mm  starke 
Sonde  einführen  kann.  Die  Sonde  dringt  in  einen  Kanal  ein,  welcher 
in  das  Bectum  mündet.  Der  Kanal  beträgt  an  Länge  etwas  über 
1  cm,  Das  Rectum  selbst^  welches  colossal  dilatirt  ist  —  der  Um- 
fang beträgt  11  cm  —  endet  blind  in  der  Höbe  des  zweiten  Sacral- 
wiekels  und  ist  an  seine  Umgebung  mittels  festen  Bindegewebes 
fixirt.  Das  Peritoneum  bildet  un  der  vorderen  Fläche  des  Rectum 
eioe  feine  Falte,  welche  zwischen  dem  stark  dilatirten  Rectum  und 
der  Blase  verläuft.  Die  Abnormitäten  in  diesem  Falle  sind  also  fol- 
gende: Imperforation  des  Anus;  Perforation  eintr  rudimentären 
Kloake;  abnorme  Weile  des  Ductus  arteriosue  Botalli. 

Eberhart  (Deutsche  med.  Wüchenschr.  Nr,  9)  berichtet  von 
einem  Riesenkinde  weiblichen  Geschlechts.,  welches  bei  der  Ge- 
burt das  Gewicht  von  5950  g  hatte  und  59  cm  lang  war.   Die  übrigen 


I 
I 


Kinderheilkunde. 


453 


waren:    Kopfamfang  89,5;   Diameter  bitemporaliö  9,5;  Dia- 
meter  biparietalis  10,5;  Diameter  froato*occipitaUa  13;  Diameter  sab- 
occipito-brevis  10;  Diameter  mento-occipitalia  14;  Scbulterumfang  48; 
I  Brust  umfang  40;  Hüftnmfang  39, 


» 


Im  Anscblass  an  drei  in  letzter  Zeit  in  der  Marburger  Frauen- 
klinik beobachtete  Fälle  von  Oephalaematoma  neonatorum 
g«ht  Merttens  (Zeitschr,  f,  Geburtsh.  u.  Gynäk.  Bd»  24j  S.  215) 
auf  die  Aetiologie  dieser  Erkrankung  näher  ein»  Er  bespricht  die  von 
Fritscb^Eunge,  Valleix  und  Spiegelbeig  auigesteUten  Theorien 
und  kommt  su  folgendem  SchluBs:  Die  EutBtebung  einer  grossen 
Zahl  von  Cepbalämatomen  ist  Verletzungen  der  Schädelknocben  zu- 
toschreiben.  Im  Uebrigen,  meint  Merttens,  müssen  mehrere  Ur- 
sachen  gleichzeitig  wirken,  und  als  sehr  beachienswerth  bezeichnet 
er  die  Asphyxie  bei  einer  leichteren  Abhebbarkeit  des  Periostes, 
wobei  auch  noch  die  Grösse  des  Gefasslumens  io  Betracht  komme. 
Als  Therapie  wurde  stets  und  mit  gutem  Erfolge  das  ezspectative 
Vorfahren  angewandt. 

Ebenfalls  auf  mechanische  Ursachen  führt  Hüter  (BerU  klin. 
Wochenschr.  Nr.  B)  das  Entstehen  des  Oephalämatoms  zurück,  und 
iwar  glaubt  er,  dass  sehr  häufig  das  Anlegen  der  Zauge  bei  hoch- 
stehendem  Kopf  die  Veranlassung  dazu  abgibt.  Nachdem  der  Kopf  mit 
der  Zange  in  dss  kleine  Becken  hereingezogen  ist,  sollen  beide  Löffel 
an  dem  Kopf  ao  veröchobun  werden,  dass  bei  der  ersten  Schädel- 
fiteltung  die  Zange  in  den  zweiten  schrägen  Darcbmei^ser  und  bei 
der  zweiten  ScbädelstelluDg  die  Zange  in  den  ersten  schrägen  Durch- 
m^Sfier  SU  liegen  kommt.  Der  Löffel,  welcher  gegen  den  vorderen 
Theil  des  Beckens  gebracht  wird,  befindet  sich  dann  jedes  Mal  an 
einem  Stirnbein  des  kindlichen  Kopfes.  Das  Verschieben  diesee 
Zangenlöffels  macht  zuweilen  Schwierigkeiten.  Man  verschiebt  dann 
den  Löffel  ao  lange,  bis  die  Weich thetle  des  Kopfes  und  zugleich 
auch  das  Pericranium  gelockert  werden  und  damit  die  Veranlassung 
IQ  dem  Entstehen  eines  Oephalämatoms  gegeben  ist.  Seitdem 
Hut  er  durch  das  Verschieben  des  an  dem  Stirnbein  zu  placirenden 
Zangenlöffels  ein  grosses  Cephalämutom  gerade  an  diesem  Knochen 
beobachtet  hat,  enthält  er  sich  ganz  des  Verschiebens  der  Zangen- 
loffel  an  dem  Kopf;  er  legt  vielmehr,  nachdem  der  Kopf  in  das  kleine 
Becken  hereingezogen  ist,  beide  Zangenarme  ab^  um  dann  von  Neuem 
anzulegen.  —  Der  Verlauf  der  Erkrankung  ist  übrigens  auch  bei 
Hüter'a  Fällen  bei  ruhiger  Abwartang  immer  günstig  gewesen;  es 
trat  stets  völlige  Besorption  des  Blutergusses  ein* 


454 


Baginsky. 


In  einem  Vortrage  erörtert  Pott  (Münch*  med*  Wocheiaschrift 
Nr.  37)  die  Art  und  Häufigkeit  congenitaler  Tumoren.  Mit  Vor- 
liebe entwickeln  aich  die  angeborenen  öeflGliwnlstbildungen  in  der 
Haut  und  im  subcutanen  Gewebe.  Die  gewöhnlichste  Form  der  6e- 
fassgeßcbwüiete  ist  daa  Angioin,  welches  zuerst  meist  nur  einen 
kleinen  bläulicbrotben  Fleck  darstellt  und  sich  allmählich  erst  zum 
Angiom  oder  Caveruom  auebildet  lu  Ähnlicher  Weise,  wie  aus  den 
Gefäggmäkrn,  können  sich  auch  aus  Pigmentmalern  und  angeborenen 
Warzen  Geschwülste,  und  zwar  nicht  selten  Sarkome  bösartigen 
Charakters  entwickele.  Nacbafc  den  Blutgefässen  spielen  die  ange- 
borenen ektatischen  Erweiterungen  der  Lymphgefasse  eine  grosse 
Bolle;  dazu  gehören  nicht  nur  die  Makroglossie  und  Makrocheilie, 
sondern  auch  einzelne  Formen  von  partiellein  Eriesen wuchs.  Lymph- 
angiome kommen  sowohl  uni-  wie  multiloculär  vor^  nnd  zwar  vor- 
zugsweise in  der  Hals-  und  Kiefergegend.  Weiterbin  kommen  an- 
geborene Lipome  bäu%er  vor^  als  man  wohl  anzunehmen  geneigt 
iät.  Einen  verhältniss massig  hohen  Froceotsatz  stellen  die  tief  ge- 
legenen (subfascialen)  Lipome;  unter  102  znsammeß gestellten  Fällen 
befanden  sich  20  congenitale  (also  fast  20%).  Spontane  Heilungen 
der  augeborenen  Lipome  sind  nicht  zu  erwarten:  regressive  Vorgänge 
treten  bisweilen  unter  der  Form  einer  Verkalkung  ein;  bei  einem 
Falle  von  Pott  bereitete  aich  nnter  eiterigem  Zerfall  eine  Absce- 
dimng  vor,  welche  allem  Anschein  nach  schnell  um  sich  gegriffen 
hätte,  wäre  nicht  der  Tod  des  Kindes  eingetreten.  Eine  zweite  Reihe 
von  angeborenen  Geschwülsten  bilden  diejenigen  des  ürogenital- 
gystems.  Es  bandelt  sich  hierbei  Busnahmälos  um  maligne  Tumoren^ 
nnd  zwar  um  „Bindegewebsgeschwülste  mit  embryonalem  Typus*\ 
die  alle  den  Sarkomen  zuzuzählen  sind.  Am  besten  gekannt  und  am 
häufigsten  beschrieben  sind  die  primären  Nierensarkome  des  Kindes- 
alters. Schliesslich  möge  erwähnt  sein^  dass  auch  angeborene  Knochen* 
und  Knorpelgeschwülste  vorkommen.  Ueber  einen  derartigen  Fall 
gibt  Pott  eine  kurze  Notiz. 

Das  gleiche  Thema  behandelt  eine  Arbeit  von  Stern  (Deutsche 
med,  Wocbenschr,  Nr.  22),  Im  Ansebluss  an  einige  selbst  beobach- 
tete Fälle  von  malignen  Tumoren  bei  Kindern  gibt  er  eine  fast 
vollständige  Uebersioht  der  Litteratur  dieses  Gegenstandes. 


Brosken  (Müoch.  med»  Wochenschr»  Nr,  5)  berichtet  über  die 
günstigen  Resultate^  die  mit  der  Kalte nbac haschen  Methode  der 
Prophylaxis  der  Opbthalmoblennorrboea  neonatoru  m  in  Halle 
gemAcht  worden  Bind ;  von  728  im  Laufe  der  letzten  2  Jahre  behan- 


Kinderheilkunde, 


455 


deitea  Fällen  erkrankte  nur  ein  Kind  an  Blennorrhoe.  Der  Unter- 
dcbied  des  Ored6*schen  von  dem  Kai  tenbach^Bchen  Verfahren  be- 
steht darin,  dass  Cred6  durch  die  Desinfection  der  Augen  gleich 
nach  der  Geburt  nur  eine  Yernichtuog  der  bereits  in  den  Conjanctival- 
Back  eingedrangenen  Erreger  erreicht,  während  KaltenbacL  daa 
gleiche  Ziel  durch  Desinfection  des  Genitalrohres  von  Beginn  der 
Geburt  ab  und  mechanische  Entfernung  der  etwa  noch  anhaftenden 
Keime  von  den  Augen  gleich  nach  der  Geburt  erstrebt. 


ilantkrankUeiten. 

Zur  Behandlung  der  Verbrennung  im  Kindesalter  schlägt 
Wertheim  ber  (MiincK  med.  Wochenachr.  Nr.  31)  folgendes  Ver- 
fahren vor:  Die  verbrühten  Tbeile  werden  zunächst  mit  lauwarmem 
Borwasser  gereinigt;  darauf  wird  die  Stahl'ache  Brandaalbe  appli- 
clrt,  die  ihrer  schmerzstillenden  Eigenschaffc  wegen  sich  für  Kinder 
vorzüglich  eignet;  aber  sie  entbehrt  in  ihi-er  ursprünglichen  Zu- 
sammensetzung der  an tisep tischen  Wirkung  f  es  kommt  yar^  dasa 
sich  unter  diesem  Verbände  auf  den  Wundüächen  ein  widerlich- 
fauliger  Geruch  entwickelt.  Um  diesem  Uebelstande  zu  begegnen, 
socbte  Wertheimber  das  Liniment  mit  Thymol  zu  verbinden.  Die 
rormel  dieser  Composition  lautet: 

Aqu,  Calcis, 

OL  Lini  ana  50,0, 

Thymol  0,00—0,10. 
Am  Ende   der  zweiten  Woche   vertauscht  Wertheimber  dieselbe 
Salbe  gegen  eine  Wismuth-Borsalbe  von  folgender  Zusammensetzung: 

ßism.  subnitr.  9,0, 

Acidi  borici  4,5, 

Lanolini  70,0, 

Ol  Olivar.  20,0. 

Strelitz  (Arohiv  f.  Kinderheilk,  Bd,  16,  S.  101)  vervollkommnet 
teine  bereits  vor  einigen  Jahren  mitgetheiiten  Untersuchungen  zixr 
Femphigns-Aetiologie.  Er  impfte  den  in  den  Blasen  gefundenen 
Coecus,  der  nach  seinem  Aussehen  und  culturellen  Verhalten  mit 
dem  Staphylococcus  pyogenes  aureus  identisch  zu  bgui  schien,  nach 
dem  Vorgange  von  Almquist  auf  seinen  eigenen  Arm  nnd  konnte 
an  sich  sowohl,  wie  bei  der  Uebertragung  auf  eine  dritte  Person,  die 
tüntwickelung  regelrechter  Fem phi gusblasen  beobachten,  Dass  der 
'  la  so  wiederholten  Malen  in  den  Blasen  gefundene  Coecus  der  Er- 
reger der  beschriebenen  Fälle  von  Pemphigus  war,  dart*  nunmehr  als 


456 


BügmBkj, 


festgestelH  gelten.  Es  fragt  sich  nur,  um  welche  Art  von  Pemphigus 
es  sich  hier  bandelt;  das  erkrankte  Kind  war  dieses  Mal  kein  neu- 
geborenes, sondern  bereits  ein  älteres  Kind^  man  konnte  also  die 
Erkrankung  nicht  mit  dem  bequeraen  Namen  „Pemphigus  neonatorum*^ 
bezeicbneöi  Der  Verlauf  war  ebenso  wie  bei  den  früher  beschriebenen 
Fällen  ein  günstiger  gewesen.  Auch  trat  die  Erkrankang  nicht  ver- 
einzelt auff  sondern  hatte  in  demselben  und  im  benachbarten  Hause 
eine  grössere  Anzabl  theils  Säuglinge,  theils  ältere  Kinder,  ergriffen, 
während  Erwachsene  verschont  blieben.  Es  darf  deshalb  wohl  als 
sicher  angenommen  werden,  dass  es  sich  hier  um  dieselbe  Erkrankung 
gebandelt  hat,  die  bereits  früher  von  Olshausen  u.  A.  als  angeb- 
lich besondere  Krankheit  der  Neugeborenen  beschrieben  worden  ist. 

Theraitie. 

Troitzky  (Archiv  f.  Kinderheilk,  Bd.  15,  a  91)  geht  von  der 
Voraussetzung  aus,  dass  der  äusserliche  (iatroleptische)  Weg  des 
Einführens  von  Chinin  durch  Einreiben  von  Chininsalben  und  Ghinin- 
lÖBungen  in  der  Kinderpraxis  noch  jefzt  in  ziemlich  breitem  Maasse 
betrieben  wird  —  eine  Voraussetzung,  welche,  in  Deutschland  wenig* 
flteiJB,  durchaus  nicht  zutrifft,  Troitzky  hat  Eioreibungen  mit  Salz- 
säure m  Chinin  an  ganz  gesunden  Kindern  im  Alter  von  ii  Monaten 
bis  zu  10  Jahren  vorgenommen.  Es  wurden  Spiritus-  oder  Splritus- 
Ölycerinlösungeö  im  Verhältniss  von  1,0 :  30,0  Spiritus  verwendet. 
Um  festzustellen,  ob  das  Chinin  in  den  OrgaDismus  aufgenommen  sei, 
wurden  Harnanalysen  gemacht,  durch  welche  zweifellos  Chinin  nach- 
gewiesen wurde:  indese  ist  die  Menge  demselben  zu  gering,  um  auf 
eine  stärkende  oder  temperaturerniedrigende  Wirkung  der  Einreibung 
rechnen  zu  können.  Daher  kommt  Troitzky  zu  dem  Schluss,  dass 
das  Einführen  von  Chinin  auf  dem  äusaeren  Wege  als  eine  nicht 
richtige  und  nicht  genügend  Wissenschaft  liehe  Heilmethode  angesehen 
werden  kann. 

Hulshüff  (Weekbi  van  het  Nederf.  Tijdschr,  voor  Qeneesk. 
Bd.  1,  Nr.  4;  Centralbl  £  d.  med,  Wissensch.  Nr*  15)  schildert  ausführ- 
lich die  Gescbichte  von  sieben  Sfiugtingen,  bei  denen  er  Ausspülungen 
(Gavage)  erfolgreich  ausgeführt.  Die  partielle  Gavage,  nämlich  ihre 
Anwendung  ein-  oder  mehrmals  täglich^  ist  bei  schwächlichen  Säug- 
lingen am  Platse,  deren  Zustand  durch  unzureichende  Nahrung 
Schaden  zu  leiden  beginnt.  Eine  Lebensindication  für  die  Gavage 
ist  vorbanden,  wenn  ein  Säugling  gänzlich  oder  beinahe  keine  Nahrung 
zu  sich  nehmen  kann.    In  solchen  Fällen  zaudere  man  nicht  im  Hin- 


Kinderheilkunde. 


457 


blick  auf  die  Gefahr  der  Aspiration  vou  NahruDg,  seine  Zuflucht  zur 
Gavage  su  nehmen.  Es  folgt  eine  sehr  genaue  Beschreibung  der 
Ta^mtk  der  Gavage,  die  in  Deutschland  wohl  als  bekannt  voraus- 
geaetst  werden  kann. 

Die  an  43  Patienten  der  Grazer  Kinderklinik  angestellten  Ver- 
fluche mit  Dermatol  von  Dörnberger  (Therapeut*  Monatsb,  Nn  2) 
haben  gezeigt^  daös  das  Dermatol  bei  nässenden  impetigtnösen  Ekzemen 
und  als  austrocknendes  Mittel  bestimmt  von  grossem  Werthe  ist- 
dasfi  es,  weil  geruchlos,  nicht  toxisch,  nicht  reizend  und  gleich  dem 
Jodoform  granulationsbefördernd,  vor  diesem  Vorzüge  besitzt.  Ob 
68  zugleich  als  Antisepticum  an  Stelle  des  Jodoforms  wird  treten 
kdnnen^  selbst  wenn  es  in  grossen  Mengen  aufgetragen  wird,  werden 
— '"-re  Versuche  noch  deutlicher  zeigen  müssen.  Am  bedeutungs- 
en  f^r  die  Kinderpraxis  erscheint  die  Unschädlichkeit. 

3tuver  (The  therapeutic  Gazette,  15.  März)  hält  eine  frisch  zu* 
tete  Lösung  von  Wasserstoffsuperoxyd  für  ein  ausgezeich- 
Desodorans  und  eines  der  besten  bacterientödtenden  Mittel. 
Bedingung  ist  aber  eben  eine  frische  Lösung,  in  gcit  verkorkten 
Flaaeben  an  kühlem  Orte  aufbewahrt.  Im  Besonderen  hat  er  gute 
Besultate  erzielt  bei  Diphtherie  und  Gonorrhoe,  Bei  Diphtherie  hört 
der  Fötor  auf,  die  Membranen  verschwinden  oft  in  wenigen  Tagen, 
und  die  Erscheinungen  der  Toxämie  werden  gemildert. 

Physiologie,  Diätetik,  Hygiene. 

Ssokolow  (Archiv  f  Kinderheük.  Bd,  14,  8.  2bl)  hat  die 
Haut  Perspiration  bei  Kindern  im  physiologischen  und  pathologi- 
geben  Zustande  zum  Gegeuätand  eingehender  Stadien  gemacht  Bei 
gesunden  Kindern  wird  die  Hautausdunstung  am  meisten  beeinflusst 
durch  die  relative  Feuchtigktjit  und  die  Temperatur  der  ümgebnogs* 
Ittft,  die  erste  im  umgekekrten ,  die  zweite  im  geraden  VerhaltnihS. 
Ferner  ist  —  ebenfalls  bei  gesunden  Kindern  —  die  Hautperapiration 
umge kehrt  proportional  dem  Alter  und  der  Körpertemperatur;  Ein- 
nahme von  Nahrungsmitteln  und  von  Getränken  erhöht  die  Haut* 
Verdunstung.  Bei  Scharlach^  in  allen  Stadien  der  Erkrankung,  ist 
die  Hautperspiration  vermindertt  Die  bedeutendste  Wasserretenti^n 
beateht  bei  Schat  lach  kranken  bei  Auftreten  von  Albuminurie  und  noch 
^'deutender  vor  dem  Auftreten  und  während  des  Vorhandenseins 
iirämtscher  Erscheinungen.  Erhöhung  des  Feuchtigkeitsgehaltes  und 
Verminderung  der   Temperatur   der    Umgebungsluft   begünstigt  die 


458 


BagiDsky. 


Entstehung  der  Scharlachnephritiö.  Deshalb  ist  es  empfehlenswerth, 
Scharlachkranke  in  trockener  und  warmer  Luft  z\x  halten.  Warme 
Bäder  steigern  beträchtlich  die  Hautverdunstung ,  während  Fett- 
einreibungen  dieselbe  vermindern;  daher  sind  warme  Bäder  (30 ^BO 
bei  Scharlachkranken  so  früh  als  möglich  zu  verordnen,  dagegen 
sind  Fetteinreibungen  zu  vermeiden, 

Jakubo witsch  (Archiv  \\  Kinderheilk.  Bd,  14,  8,355)  hat  im 
Berliner  physiologischen  Institut  Untersuch ungoo  über  die  chemi- 
sche Zusammensetzung  der  embryonalen  Muskeln  angestellt 
Den  wasserbaltigen  Muskel  zum  Ausgangspunkt  nehmeod,  kommt 
Veril  zu  rolgenden  SchJtisseii: 

1)  Die  Menge  des  Wassers  in  den  embryonalen  Muskeln  ver- 
mindert sich  nach  und  nach^  je  mehr  sieb  der  Embryo  der  Periode 
des  vollen  Reifens  nähert. 

2)  Die  Asche  der  unlöslichen  und  im  Wasser  löslichen  Stoffe 
vergrössert  sich  stufenweise, 

S)  Die  Gesammtraenge  von  Cholestearin ,  Lecithin  und  Fetten 
vergrössert  sich  ebenfalls, 

4)  Die  Mengen  des  Kreatinins  vermindern  sich  je  nach  dem  pro- 
portionalen, absoluten  Reifen  des  Embryo,  die  Ziffern  des  Kreatins 
vergrössern  sich, 

5)  Die  Quantität  der  Phosphoraäure  in  embryonalen  Muskeln 
wächst;  mit  der  Entwickelang, 

Verglichen  mit  den  Verhältnissen  beim  Erwachsenen,  ist  die 
Quantität  des  Kreatins  in  embryonalen  Muskeln  grösser  als  in  er- 
wachsenen, nähert  sich  aber  in  der  Zeit  des  embryonalen  Änreifens 
dem  letzteren.  Der  Gehalt  an  Fhosphorsäure  in  erwachsenen  Mus* 
kehl  ist  um  ca.  2"/^  höher  als  in  embryonalen.  Der  Wassergebalt 
in  den  Muskeln  des  fast  gereiften  Embryo  weicht  nur  wenig  von 
dem  des  erwachsenen  ab. 

Die  neueren  vergleichenden  Untersuchungen  über  Kinder- 
mehle von  Fürst  (Deutsche  med,  Wochenschr,  Nr.  13  und  14) 
laufen  im  Wesentlichen  auf  eine  ziemlich  enthusiastische  Empfehlnng 
des  Rademann'schen  Kindermehls  hinaus.  Es  scheint  sich  ihm 
nach  der  von  Stutzer  ausgeföhrten  chemischen  Analyse  und  der 
von  Rademann  ausgeführten  mikroskopischen  Untersuchung  der 
Frauenmilch  am  meisten  zu  nähern;  es  eignet  sich  nicht  nur  zur 
8iluglingS6rnäh]'ung,  sondern  kann  überhaupt  in  den  ersten  Kinder- 
jahren mit  VortheU  verwendet  werden.  In  ersterer  Beziehung  wird 
es  am  besten   im  8ox  biet -Apparat  der  Milch  zugesetzt,   und  zwar 


Einderheilkonde. 


451» 


derart,  dass  man  erst  das  Mebl^  dann  die  Hälfte  der  Idilch  kalt  in 
die  Masche  thut,  Boh&ttelt,  hierauf  die  Flasche  vollfüllt  und  dann 
kocht.  Zur  Herstellung  einer  wohlschmeckenden  Öuppe  für  grössere 
Kinder  (von  2 — 5  Jahren)  hat  man  etwas  Kindermehl  mit  Butter  zu 
rotten ,  mit  schwach  gesalzener  Bouillon  aufzufüllen  und  etwas 
Bratensance  oder  Fleiachextraot  hingo^ufügen*  In  dieser  Form  soll 
es  als  nährendes  Diäteticum  für  gesunde  Kinder  sowohl  als  auch  fur 
solche,  die  an  Darmkatarrh  und  Dysenterie  litten,  niit  gutem  Erfolge 
benntzt  werden, 

üeber  den  diätetischen  Werth  der  Schlempenmilch  liegt 
sum  ersten  Mal  eine  genauere  Untersuchung  vor  von  Ohlsen  (Jahrb. 
f.  Kinderheilk.  Bd.  ^4,  H.  1).  Bisher  galt  Schlempenmilch  als  un- 
geeignetes Nahrungsmittel  für  Kinder,  und  der  hohe  Procentsatz  der 
Kindersterblichkeit  in  manchen  Ortöchaften  wurde  hauptsächlich  auf 
diese  Milch  zurückgeführt.  Zur  Prüfung  dieser  Frage  wurden  in 
Eostock  zehn  Milchsorten,  gewonnen  von  Kühen,  welche  meistens 
mit  Roggenscblempe  oder  mit  dieser  und  Kartoffelschlempe  zusammen, 
Dar  einmal  mit  Biertreber  allein  gefüttert  wurden,  untersucht.  Es 
zeigte  sich,  dass  diese  Milch  weder  sauer  reagirt,  wenn  sie  aas  dem 
Euter  kommt,  noch  auch  rascher  sauer  wurde,  als  andere  Mitcli,  Nur 
der  Fettgehalt  blieb  stets,  der  Salz-  und  Kalkgeheft  meist  hinter 
dem  guter  Kuhmilch  zurück,  ebenso  blieb  die  Trockensubstanz  unter 
der  Norm,  während  in  jeder  anderen  Hinsicht  keine  nennens  wer  theo 
Unterschiede  bestanden.  Von  grossem  Einfluss  zeigte  sich  das  neben 
der  Schlempe  gefütterte  Futtermittel.  Die  scL lichteste  Milch  lieferten 
K&he,  die  ausser  Schlempe  nur  Biertreber  und  wenig  Heu  erhielten, 
die  Milch  besserte  sich  bei  Zufütterung  von  Heu,  Sehrot,  Kleie  u  s.  w. 
Verf,  schliesst  aus  seinen  Untersuchungen^  dase  Schiern penmilch 
nicht  nngeeignet  zur  Kinderernährung  zu  sein  scheine,  wenn  den 
Kühen  neben  Schlempe  noch  passendes  Beifutter  gereicht  werde. 

In  der  Frage  der  Milchsterilisation  kommen  zwei  Autoren 
(Sior,  Jahrb.  f.  Kinderheük.  Bd.  34,  H.  1  und  Fischl,  Prag.  med. 
Wochenschr.  Nr.  9)  zu  gleichen  Resultaten,  dass  nämlich  der 
So zhle tische  Apparat  mit  dem  neuen  Verschluss  der  beste  Apparat 
f^r  den  Hausgebrauch  sei.  Fischl  gibt  nebenher  noch  eine  Be- 
schreibung der  anderen  hauptsäoblicb  im  Gebrauch  befindlichen  Milch- 
kocher j  Sior  sucht  seine  Behauptung  durch  Darlegung  der  im 
Bieder  fachen  Laboratorium   angestellten  Versuche  zu   bekräftigen, 

Cohn  und  Neumann  (Virchow's  Archiv  Bd.  126)  fanden  im 
Gegensatz  zu  früheren  Beobachtungen,  dafas  die  Milch  auch  gesunder 


Am 


Baginsky. 


Frauen  gewöhuHch  BacterieD»  uod  zwar  meist  Eiterkokken  enthält^, 
und  zwar  um  so  reichlicher  ^  je  länger  die  Milch  in  der  Mamma 
verweilt  hat^  und  je  näher  der  Warze  die  Milch  entnommen  ist. 
DarauB  geht  hervor,  dass  die  Keime  von  aussen  in  die  Bruatdriise 
eingewandert  sind. 

Eine  Nachprüfung  dieser  Befände  hat  Palleske  (Virchow's 
Archiv  Bd.  130J  vorgenommen.  Im  Oro&sen  und  Ganzen  muss  er 
die  Befände  von  Cohn  und  Neu  mann  bestätigen,  nur  ist  es  ihm 
nicht  gelungen^  in  so  zahlreichen  Fällen  Keime  in  der  Milch  zu 
finden,  wie  jene  Autoren.  Ob  die  Mikroorganismen  durch  den  Blut- 
strom nach  der  Drüse  hingetragen  werden  oder  von  anssen  in  die- 
selbe einwandern,  laset  Verf,  unentschieden. 

Nach  eigenen  Beobachtungen  im  Findelbause  zu  Rom  kommt 
Blasi  (1.  pädiatrischer  Congress  in  Romj  Referat  im  Jahrbuch  für 
Kinderheilk,  Bd.  83,  S.  368)  zu  dem  SchlnsB,  dass  die  hauliche  Ver- 
besserung der  Findeihäuser  das  einssige  Mittel  sei  zur  Yerhiltung 
des  endemischen  Soor,  Dass  die  künstliche  Ernährung,  so  schäd- 
lich sie  in  anderer  Beziehung  wirkte  nicht  an  der  Soorentwickelung 
schuld  ist,  beweist  u.  A.  die  Thatsache,  dass  auch  in  den  Ent- 
bindungsanstalten, wo  alle  Kinder  an  der  Brust  liegen,  der  endemi- 
sche Öoor  eine  regelmässige  Erscheinung  ist.  Es  muss  vielmehr  als 
Haupturffftche  nicht  die  Ernährung,  sondern  die  Unterbringung  der 
Kinder  in  überfüllten,  mangelhaft  ventilirten  Räumen,  in  alten,  ihrem 
Zweck  nicht  geniigend  entsprechenden,  ungünstig  gelegenen  Gebäuden 
herangezogen  werden, 


Haut-  imd  venerische  KraEkheiten. 

Von  Dr.  Mix  Joseph  in  Berlin. 

A.    Hautkrankheiten. 

Das  bedeuteodste  Ereigniss  dieses  Jahres  war  der  im  September 
Wien    abgehaltene  II.  interDationale    dermatolagische 
ingress, 

I,  Lehrbücher,  Anat(»mie,  Pbysialogie. 

Von  Kapoai'a  Pathologie  and  Therapie  der  Hautkrank* 
hditen   erscheint  jetzt   die  vierte  Auflage,   ea  Hegt  uns  der  erste 

ThaU  derselben  vor  (Wien,  Urban  &  Schwarzenberg,  1893),  Es  ist 
tll>eHl{iBsig^  diesem  allseitig  anerkaanteo  dassisoben  Werke  noch  ein 
Wort  der  Empfehlung  mitzugeben.  Dass  es  in  der  ganzen  Welt 
begeisterte   Freunde   gefunden   hat,    ist   nicht  «u   viel  gesagt.     Wir 

Cfägan  dieser  Auflage  nur  noch  hinzu,  dass  Kaposi  in  gewohnter 
Meisterschaft  sein  Werk  durch  Berücksichtigung  der  neuesten  Er- 
Rmgenschai^n  der  Lttteratur  nach  jeder  Bichtung  vervoUatändigt  bat. 


Ton    dem    Internationalen    Atlas    seltener    Hautkrank- 
alten,    welchen  wir  bereits  früher  empfohlen  haben,    iat  jetzt  die 


l&nfte  Lieferung  erschienen.  Dieselbe  enthält  folgende  Abbildungen: 
Hl  V.  Hebra,  Hyperkeratosis  striata  et  follicularis;  E.  Sehwe- 
ütDger  und  F.  ßuzzi,  Multiple  benigne,  gescbwuistartige  Bildungen 
der  Haut;  N.  Mansuroff,  ün  cas  de  dermatomycoae  circonacrite  de 
la  main;  T,  Colcott  Pox^  Erythems  gyrata m  perstans  in  the  two 
«Ider  members  of  a  family. 


462 


Joseph. 


Das  von  dem  Referenten  herausgegebene  Lehrbuch  der 
Hautkrankheiten  (Verlag  von  Georg  Thieme,  Leipzig,  Pr*  6  M.) 
beabsichtigt,  in  möglichst  knapper  Form  einen  üeberblick  der  Haut- 
krankheiten, ihres  Wesens  und  ihrer  Diagnose,  sowie  vor  Allem  der 
entsprechenden  Therapie  zu  geben.  33  Abbildungen  im  Text  und 
drei  Photogravüren  auf  einer  Tafel  sind  dem  Lebrbuche  beigegeben. 

Vor  nicht  langer  Zeit  hatte  Liebreich  behauptet,  dass  in  kera- 
tinhaltigen  Geweben,  speciell  der  Vernix  caseosa^  sodann  aber  auch 
im  Fette  der  Leber,  der  Niere  und  im  Blutfett  Lanolin  resp. 
CLolesterinfette  enthalten  seien,  dass  ferner  Cholesterin  und 
Lanolin  identisch  seien.  Hiergegen  behauptet  Santi  (Monateh,  f. 
pract,  Dermat.  Bd,  15,  H.  6),  daes  weder  in  der  menBchlichen  Haut^ 
noch  in  der  Leber  etc.  C  hole  Sterin  fette  vorkommen,  und  dass  Alles, 
was  bei  Liebreich  aui  Lanolin  zu  deuten  schien,  auf  Cholesterin 
zu  beziehen  ist,  dass  ferner  Cholesterin  und  Lanolin  eine  verschie- 
dene Reaction  zeigen. 

Arnozan  (Ann.  de  Dermat,  et  de  Syph.  Nr.  1)  suchte  die  ein- 
«elnen  Regionen  zu  bestimmen,  anf  welchen  man  eine  Ausschei- 
dung fettiger  Substanzen  ündet.  Zu  diesem  Zwecke  benutzte 
er  die  Eigenschaft  des  Oamphers.  Dieser  bewirkt  in  einer  Schüssel 
Wasser,  welche  auch  nur  eine  Spur  Fett  enthält,  keine  Bewegunger, 
während  bei  Abwesenheit  von  Fett  der  Camp  her  stark  rotirende 
Bewegungen  ausfährt.  Er  fand  nun ,  dass  Gesicht  and  behaarter 
Kopf,  Nacken,  Rücken,  die  Sternal gegen d,  Schultern  und  Pubes  mit 
einer  deutlichen  Fettschicht  bedeckt  sind.  Dagegen  fehlte  das  Fett 
vollkommen  am  Daumen ballßn.  Merkwürdig  ist,  dass  Verf.  bei  einem 
Kinde  von  9  Monaten  die  vollkommene  Abwesenheit  von  Fett  con- 
atatirte. 

M.  Levy  (Centralbl,  f,  Physiol.  Nr.  24)  legte  sich  die  Frage 
var,  in  welchen  Bahnen  sich  die  Schweissnerven  zur  Haut  be- 
geben, und  verijucbte  die  theilweise  Trennung  derselben  von  den 
motorischen  Bahnen  bei  der  Katze.  Es  gelang  ihm  dies  ganz  be- 
aondern  beim  N.  plantaris  internus.  Derselbe  stellt  einen  reinen.» 
von  motorischen  Fasern  freien  Hautnerven  dar,  welcher  eine  grosse 
Menge  SchweiHsnerven  enibält  und  dabei  lang  genug  ist,  um  be- 
quem zum  Experiment  benutzt  zu  werden. 

Heasa^  Die  Reaction  des  Schweisses  heim  gesunden 
Menseben  (Monatsh.  f«  pract,  Dermat.  Bd.  14),  gelangt  nach  sehr 
ausgedehnten    Versuchen    zu    folgenden  Resultaten:    Die    Oberhaut- 


I 

I 
I 


Haut-  find  venerische  Krankheiten. 


4m 


reactioü  ist  von  der  Schweissreaction  unabbängig,  sie  ist  eine  Eigea- 
scliaft  der  Haut  sui  generie.  Die  localen  Differenzen  der  Oberhaut* 
reaction  hängen  besonders  von  der  yerachtedenen  Hornschichtdicke 
abj  die  wieder  mit  Differenzen  der  Sohweißssecretion  vergesellschaftet 
ist.  Der  normale  saure  Eautsch weiss  ist  ein  Additionsprodiict,  be- 
stehend aus  einem  weniger  sauren,  wahrscheinlich  scbwach  alkali- 
schen Sekweissdrüsensecret  und  einem  sauren  Oberhantsecret,  Die 
aaure  Eeaction  des  Schweisses  in  der  Ruhe,  und  die  bis  zur  Ai- 
kalescenz  abnehmende  Acidit&t  des  Schweisses  bei  Thätigkeit, 
d.  h,  bei  Pilocarpin-  und  Wärmeeinwirkung,  hängt  besonders  von 
quantitativen  Schwankungen  der  beiden  SchweisscomponenteUi  spe- 
ciell  des  Drüsensecretes  ab. 

8  oh  ei  11  (Archiv  i\  Dermat.  u.  Sypb*  Nr,  $)  weist  auf  den  Zu- 
sammenhang zwischen  Haut-  und  Haarwachstbum  hin»  Es 
ist  uns  unerklärlich,  weshalb  an  einzelnen  Stellen  der  menschlichen 
Haut,  z.  B.  am  Kopf  und  den  Streckseiten  der  Ejttremitäten ,  ©in 
starkes  Haar  wachst  bum  hervortritt ,  während  dasselbe  an  anderen 
Stellen  zeitlebens  ausbleibt,  resp,  nur  als  Lanugo  besteht.  Verf, 
kommt  nun  zu  folgenden  Schlüssen:  An  einem  grossen  Theil  Her 
mit  Haaren  bedeckten  Stellen  ist  nachzuweisen,  dass  diese  zur  Zeit 
des  lebhaften  Haarwachßthums  gegen  die  umgebende  Haut  im 
Fläch enwacbsth um  zurückbleiben.  Umgekehrt  kann  man  gleichzeitig 
nachweisen,  dass  Hautstellen,  die  ihrer  Umgebung  im  Flächenwachs- 
thum  vorauseilen,  entsprechend  weniger  behaart  werden;  endlich, 
dass  Hauti^tellen^  welche  ein  gleLchmässiges  FläcbenwRchsthum  zeigen^ 
gleichmässig  behaart,  werden.  Den  Grund,  weshalb  die  im  Wachs- 
thurae  zurückbleibenden  Hauttheile  ein  lebhafteres  Haarwachsthnm 
zeigen,  glaubt  er  in  einer  lebhafteren  Ernährung  der  im  Flächen* 
wachsthum  zorückbleibenden  Hauttheile  gefunden  za  haben. 


|[.  EntzSndHche  Dermatosen. 

Unna»  Impetigo  Bookhart,  der  durch  Eiterkokken  ver- 
ursachte Oberhautabscess  (Berliner  Klinik,  H,  46),  versucht 
im  Gegensatz  zu  Hebra  und  im  Anschluss  an  die  bekannten 
1  Impfexperimente  Bockhart's  wieder  die  Impetigo  als  selbständige 
l  Pustel  erkrank  ung  einzuführen,  welche  durch  den  weissen  und  gelben 
l  Traubencoccus  erzeugt  wird  und  sich  durch  eine  Reihe  ihr  specifisch 
I  zukommender  Symptome  sowohl  von  den  Ekzemen,  wie  von  anderen 
I  Pustelerkrankungen  (Impetigo  herpetiformis)  unterscheidet.  Die  Grösse 
f        der  Pusteln  hat  nichts  Typisches  an  sich,  die  Impetigopustel  ist  nie- 


4fi4 


Joseph. 


mala  gedellt  und  stets  einkammerig,  die  Umgebung  ist  reactionslos 
u.  a.  in.  Histologisch  ündel  sich,  eine  unter  der  Hornschicht,  zwischen 
dieser  und  der  intacten  Stachelschichi  eingelagerte^  linsenförmige 
Eitermasse.  Zwischen  Hornachicht  und  Eitermasse  liegen  die 
traubenförmigen  Häufchen  der  Eiterkokken.  Die  Kokken  driogen 
nicht  in  die  Stach elschichfc  oder  in  das  gefässhaUige  Bindegewebe, 
und  daher  sind  die  Entzündungserscheinungeu  an  den  Gapillargeiasseo 
gleich  NulL  Es  wird  wohl  nicht  viele  Forscher  geben,  welche  mit 
Unna  tibereinstimmen ,  dass  durch  ihren  Sitz  lediglich  unter  der 
Hornöchichtj  durch  ihre  Eiterfarbe,  ihre  Elnkammerigkeit  und  den 
Maagel  der  Belle,  durch  ihr  rasches  Aufacbiesaen  und  einfache, 
langsame  Eintrocknung  ohne  spontanes  Platzen  der  Blasen  und  ohne 
nach  sickern  des,  gerinnendes  Secretj  durch  die  Abwesenheit  eines 
entzündlichen  Hofes  und  Grundes  eines  serösen  Bläschens  im  An- 
fange, subjectiver  Emphndungen  nnd  späterer  Narben bildung,  durch 
den  Mangel  typischer  Grösse  und  Localisation,  die  durch  den  weissen 
uüd  gelben  Ötaphylococcus  erzeugte  Impetigo  so  vortrefflich  charak- 
teriöirt  isl,  dasa  sie,  wo  sie  uncomplicirt  auftritt,  nie  verkannt  wer- 
den kann. 


< 


E,  Kromayer  hat  in  einer  kleinen  Broschüre  (Halle  1892)  die 
Frage  zu  beantworteu  gesucht:  „Was  ist  Ekzem?"  Er  gibt 
hierauf  die  Antwort:  „Das  Ekzem  ist  die  nach  klinischen  Erschei- 
nungsformeo,  Localisation,  Verlauf^  Therapie  und  Aetiologie  atypische 
Entzündung  der  Enchy dermis,  welche  zu  gleicher  Zeit  Folge  und 
Ursache  ist  eines  Zustandes  krankhaft  erhöhter  Reizbarkeit  der 
Haut  Das  Ekzem  ist  die  atypische  Entzündung  der  in  einen  Zu- 
stand krankhaft  erhöhter  Heizbarkeit  versetzten  Enchydermis.  Das 
Ekzem  ist  die  atypische  Encbydermatitis."  Zum  Verständnisse  dieser 
Delinition  müssen  wir  hinzufügen,  dass  Kromayer  als  Enchydermis 
die  Epidermis  und  die  obersten  Schichten  der  Cutis  mit  Papillär- 
körper  bezeichnet.  Verwunderlich  muss  es  erscheinen,  dass  in  dieser 
Broschüre  nicht  einmal  der  Name  Auspitz  erwähnt  wird,  und  doch 
wird  vielen  die  Definition  von  Auspitz t  das  Ekzem  ist  ein  einfacher 
Flächenkatarrh  der  Haut  mit  vorwaltend  serös- eiteriger  Exsudation, 
mehr  zusagen  als  die  Kromayer's, 

Zur  Behandlung  der  acuten  Ekzeme  empfiehlt  Karl  Herx- 
heiraer  (Zeitschr.  f.  ärztliche  Laodpraxis  Nr,  4)  unter  Anderem 
die  in  neuerer  Zeit  von  englischen  Aerzten  erprobten  Zink*  oder 
Wismttthaaspensionenf  die  etwa  dreimal  täglich  mit  Haarp'nsel  auf- 
getragen werden: 


Haut-  und  veneriache  Krankheiten. 


465 


Ep.  Ferri  oxyd.  0^05, 

Bismutb.  subEitr.  (Zinc,  oxyd,)  10,0, 
GlyceriDi  5-^0, 
Aq.  Rosar.  35,0. 

lor  der  jedesmaligen  neaen  Eiopinselung  wird  die  alte  Kruste 
nur  dann  aanft  mit  reinem  Oel  entfernt,  wenn  sie  zn  dick  und  hart 
Bworden  ist,  frühestens  jeden  dritten  Tag.  Oewötmlich  wird  fünf 
sieben  Tage  lang  aufgepinselt,  ohne  die  alte  Kruste  vorher  zu 
ütfemen.  Auch  nässende  Ekzeme  trocknen  oft  rasch  durch  die 
Pinselungen  aus.  Sieht  man  nach  Anwendung  der  Einpinselangen 
keinen  Fortschritt,  so  gibt  man  die  Suspension  in  Form  von  Um- 
Jagen,  die  ein-  bis  zweistündlich  gewechselt  werden,  and  wozu 
einwand  zu  verwenden  ist  Diese  Lotiotherapie  bewährte  sich  ihm 
aeit  mehreren  Jahren  in  selbst  hartnäckigen  Fällen  vorzüglich.  Unter 
den  Theerpräparaten  empfiehlt  er  den  Liquor  carboiiis  deter- 
gens,  welcher  eine  gesättigte  alkoholische  Losung  des  Steinkohlen- 
theers  darstellt*  Derselbe  wird  bereitet  von  Wright  &  Co.  iu  London 
ad  von  X  P*  Remington  in  Philadelphia«  Er  wird  mitunter  früher 
Brtragen  als  Oleum  Cadin  i  oder  Oleum  Hu  sei,  vor  welchen  er  einen 
angenehmeren  Geruch  und  eine  hellere  Farbe  voraus  hat.  Seine  Wir- 
kung ist  von  Herxheimer  seit  langer  Zeit  erprobt.  Vor  dem  Ge- 
brauch des  unverdünnten  Liquor  kann  man  ihn  zweckmässig  in 
oö/^iger  Verdünnung  verwenden. 

Lassar  (Deutsche  Med,-Ztg,  Nr.  30)  tritt  für  die  Bad  er- 
behandlang der  Ekzeme  ein.  Doch  weist  Liebreich  sehr  richtig 
darauf  hin,  wie  man  nicht  eigentlich  beurtheilen  kann,  ob  wirklieb 
das  Bad  auf  den  Process  nützlich  oder  schädlich  local  eingewirkt 
hat,  denn  Lassar  bedecke  ja  zugleich  die  erkrankte  Stelle  mit  Salbe. 

Einen  Fall  von  Drnckgangrän  infolge  von  Eczema  inter- 
Irigo  an  den  sich  gegenseitig  berührenden  Hautflächen  des  Penis 
^rnnd  Scrotam  beschreibt  Halpern  (Allg.  Wiener  Med.-Ztg*  Nr.  3). 
Es  wurde  ein  Stück  Watte  mit  einer  dem  Alter  des  Kindes 
J*i-j  Jahre)  entsprechend  schwachen  Lösung  von  Kali  causticum 
0,12 :  50)  durchtrönkt  und  gut  ausgedrückt  zwischen  die  beiden  Ge- 
schwüre gelegt  und  darüber  ein  Streifen  lO^^iges  Salicylseifenpflaater 
mit  Watte  bedeckt.     In  Kurzem  war  hierunter  Heilung  eingetreten. 


Siebel  (Berl  klin.  Wochenschr,  Nr.  B)  empfiehlt  bei  Verbren- 
lUEigen   das   Europhen    (Europhen.    3,0,    Ol.    Olivar*    7,0,    Vase- 
[Kni  60,0,  Lanolini  30,0). 

Jahrhucb  d.  praci.  Medicin.    189:).  30 


4GG  Joseph. 

Eine  Form  von  Erythrodermia  exfoliativa  beschreibt 
Philipaon  (BerL  kl  in.  Wo  eben  8  ob  r.  Nr,  9).  Hierunter  versteht  man 
eine  Hauterkrankung,  welche  viel  Aebnlicbkeit  mit  der  Pityriasis 
rubra  Hebra's  hat,  von  den  Franzosen  aber  abgetrennt  wird,  weil 
besonders  der  gutartige  Verlauf  im  Gegensatz  za  der  Hebräischen 
Erkrankung  hervortritt.  Auch  hier  ist  der  chronische  Charakter 
der  Hauterkrankung  hervorstechend.  Auf  der  Haut  zeigt  sich  im 
Wesentlichen  nur  Rothung  und  Schuppuog.  Auch  in  diesem  Falle 
wurde  durch  Chrysarobin  Heilung  erzielt. 

Seit  Aufstellung  des  Krankheitsbegriffes  der  Pityriasie  rubra 
durch  Hebra  ist  kein  Fortschritt  in  der  Erkenntniss  dieser  Er- 
krankung zu  verzeichnen.  Im  Gegentheil,  es  WErde  in  den  letzten 
Jahren  die  Verwirrung  auf  diesem  Gebiete  dadurch  gesteigert,  dass 
einzelne  französische  Autoren  (J3  r  o  c  q)  eine  Abzweigung  verschie- 
dener Symptomengruppen  von  dem  Krankheitsbilde  H  e  b  r  a's  be- 
fürworteten. Jadassohn  (lieber  die  Pityriasis  rubra  [H e b r a] 
und  ihre  Beziehungen  zur  Tuberculose  nebst  Bemerkungen  über 
Pigmentverschleppang  aus  der  Haut.  Archiv  für  Dermatologie  und 
Syphilis  1892)  macht  aber  sehr  richtig  darauf  aufmerksam  ^  dass  es 
Hebra  bei  AufsteMuog  der  Pityriasis  rubra  mehr  auf  das  Gesammt- 
bild  und  den  Qesammt verlauf  ankam  ^  und  dass  er  sich  durch  ein-  ■ 
seine  Abweichungen  vom  Schema  in  der  Diagnose  nicht  beeicüassen 
lieSB.  Jadassohn  konnte  nun  in  der  Bre^ lauer  Klinik  drei  Fälle 
beobachten,  welche  nach  mancher  Etchtun^  unsere  Kenntnisse  er- 
weitern. Vor  Allem  war  eine  Schwellung  der  meisten  oberBächHcheu 
Lymphdrüsen  auff^lUg,  das  Jurken  war  in  einzelnen  Fällen  sehr 
hochgradig.  Die  Prognose  ist  meist  ungünstig,  doch  scheinen  einig© 
Male  Besserungen  mit  darauf  folgenden  Recidiven  oder  sogar  Hei- 
lungen vorzukommen.  Merkwürdig  war  in  diesen  Beobachtungen  der 
Bchnelle  Verlauf  der  Erkrankung  bei  einem  Patienten  ^  wo  er  höch- 
stens auf  ein  Jahr  zu  veranschlagen  war.  Bei  der  Section  wurde 
eine  Tuhercolose  der  inneren  Organe  gefunden ,  woran  die  Patienten 
übrigens  meist  zu  Grunde  gehen  j  als  sehr  wichtig  gelang  aber  auch 
der  Nachweis  tuberculöser  Vtränderungen  in  den  oberflächlichen 
Lymphdrüsen.  Bei  der  histologischen  Untersuchung  der  Hüut 
wurde  eine  geringe  Rundzellen infikration  gefunden,  die  im  Papillär- 
k&rper  und  im  Stratam  snbpapiUare  am  deutlichsten  war  und  sich 
vielfach  in  kleinen,  nm  die  Gefässe  gelegenen  Herden  darstellte. 
Die  Kerne  der  fixen  Bindegewebszellen  waren  vermehrt,  und  die 
Mastzellen,  besonders  im  Papillär körper  und  um  die  Schweisädrüsen, 


Haut-  und  yenerisclie  Kranklieiten . 


467 


roichiich   vorbandeo.     Ausserdem   fand   sick   in   der   Cutis   eine  An- 
sammlung von  gelbem  and  briuniichem  Pigmentj  die  Reteiellen  mit 
reichlicben  Mitosen   waren   stark  proliferirt^  das  Rete  war  verdünnt 
ttnd  mit  Leukocjteu  dürcbsetzt.     Das  Stratum  granulosum  war  ver- 
mindert oder  fehlte   fast   ganz,     Die  HorDBcbiebt  war  in  Form  von 
Lamellen  abgehoben.     Jadasgohn  rechnet  die  Pityriasis  rubra  nach 
^  dem    kliof sehen    und    anatomischen   Befunde   zn    den    primären   Er- 
krankungen  der   Epidermis    mit  secündären   entzündlichen  Erschei- 
ntingen   im  Papillarkörper.     Von   ihren  Sjoaptomen  ist  die  Röthung 
und  die  Schrumpfung  das  unmittelbare  Resultat  der  erwähnten  ent- 
gdndlicben   Erscheinungen.     Die  Schuppung   ist  in  erster  Linie  be- 
dingt  durch   eine   vermehrte  Prolife  ratio  n  der  Retezellen  und  durch 
eine  unvollkommene  Entwickelung  derselben.     Das  anatomische  Sub- 
[^ftrat  dieses   Scliuppungsprocesses   unterscheidet  sich  in   nichts  von 
äderen  mit  Hyperämie  einhergehendeo  Schuppungeia.     Aetiologisch 
||Bknd  Jadasöohn  in  zwei  Fällen  die  Lymphdrüsen  geecbwoUen  und 
llllberciilöB  verändert.     Ob  aber  ein  iniierer  Zusammenhang  zwischen 
rTubercolose  und  Pityriasis  rubra  besteht,    müssen  erst  noch  weitere 
DntersuchtiDgen  lehren.     Aus  den  Befunden  bei  dieser  A^Tection,  so- 
wie bei  den  Ekzemen  geht  hervor,   daas   nicht  bloss  fremde  Körper 
flind  wirkliche  Blutextravasate^  sondern  auch  pathologische  Pigmente 
der  Haut  in  die  regionären  Drtlsen  verschleppt  werden  können» 

Lang  (Arch.  f.  Derm.  u.  Syph.  Nr.  2)  stellte  einen  Fall  von 
Comedonen  an  der  Ölang  und  an  der  Cutis  penis  vor  mit  narbeti- 
artigen  Veränderungen,  b errührend  von  Verödung  der  Follikel, 
Kaposi  bemerkte  dazu,  er  habe  bisher  nie  Comedonen  an  der  Glans 
gesehen. 


In  den  letzten  Jahren  war  man  iiauptBächlicb  von  französischer 

r  Seite  für  die  Existenz  einer  neuen  Hauterkrank ung,  der  Pityriasis 

»rubra  pilaris  eingetreten,     Kaposi  hält  sie  für  identisch  mit  dem 

von  ihm  und  Hebra  aufgestellten  Liehen  ruber  acuminatus.     Neu- 

laano   (Arch.  f.  Derm.  und  Syph.  Nr,  1)   veröfiFentlicht   dazu   einen 

sehr  lange   und   sorgfältig   beobachteten    Fall   von    Pityriasis    rubra 

pilariB.     Nach  seiner  Meinung  ist  die  Erkrankung  nicht  identisch  mit 

I  dem  Liehen  acuminatus.     Als  Unterscheidungsmerkmal  kann  Folgen- 

^des  gelten:    Die  Knötchen  sind  kleiner  als  beim  Liehen  ruber,   nur 

punktförmig,  mit  dünnen  Lamellen  bedeckt  und  flachen  sich  alsbald 

nach   ihrer  Entstehung   wieder  ab  mit  Hinterlassung  einer  weichen, 

elastischen,  nicht  inhltrirten,  blassrothen,  schuppenden  Hantpartie.   Die 


468 


Joseph. 


Knätchen  der  Pitjriasia  pilaris  waren  am  Stamm©  fast  nur  punkt- 
förmig, etwas  grösser  an  den  Vorderarmen  und  den  ersten  Phalangen 
der  Hand,  woselbst  sie  entsprecliend  dem  daselbst  vorkommenden 
Haarkreise  mebr  als  Hiraekomgrösse  erreichen.  An  den  Vorderarmen 
waren  sie  mehr  reibeieenartlg,  während  aie  am  Stamme  glatt  waren. 
Die  AbflaehuDg  ging  am  langsamsten  an  den  Extremitäten  vor  sich, 
am  schnellsten  am  Stamme,  Snbjectiv  hatte  der  Kranke  gar  nichts 
zia  leiden,  es  bestand  vor  Allem  kein  Jucken,  Arsen  hatte  auf  den 
Ablauf  der  Krankheit  gar  keinen  Einflasa,  nur  unter  Salicylseifen- 
pflaster  und  nassen  Ein  Wicklungen  flachten  die  Knötchen  ab.  Mikro- 
skopisch war  vorwiegend  die  Epidermie  ergriffen.  Es  handelt  sich 
somit  um  einen  acuten  erythema tosen,  in  den  oberen  Cutislagen  auf- 
tretenden Procesa,  welcher  theils  mit  Hyperk  erat  ose,  theils  mit  Ex- 
foliation der  Epidermis  endigt  and  vorwiegend  die  Hantfollikel,  zu- 
mal die  Haarbäige  trifft  Der  Krankheitsverlauf  erstreckt  sich  über 
lange  Zeit,  nach  Schwund  der  Efflorescenzen  wird  die  Haut  normal, 
und  es  fehlt  jade  ernstere  Erniihrunge Störung,    Die  Prognose  ist  gut. 

Vor  einiger  Zeit  hatte  Jacquet  gute  Resultate  in  der  Behand- 
lung des  Liehen  planus  durch  Douchen  erhalten.  Er  wollte  in 
14  Tagen  bis  6  Wochen  Heilungen  erzielt  haben.  Materne  (Ann, 
de  Dermal  et  de  Syph,  1892,  Nr,  6)  wandte  dieses  Verfahren  eben- 
falls an  und  war  erstaunt,  bei  einer  grossen  Reihe  von  Lieben  kranken 
diese  Behandlung  nicht  erfolgreich  zu  finden.  Es  wurde  eine  warme 
Douche  von  35 <>  genommen;  sie  wirkte  3 — 4  Minuten  lang  ein. 

G  r  i  n  d  0  n  (Journ.  of  cut.  and  genito-urin.  dis,^  Mai  1802)  sah 
in  einem  Falle  von  Liehen  ruber  einen  guten  Erfolg  von  der 
tJn  n  a  'sehen  Carbolsublimatsal b  e. 

Sack  (Monatsb*  f.  pract  Dermat.  Bd.  14,  H.  1)  fand  in  einem 
sehr  ausgebreiteten  Falle  von  Lieben  scropbuloöorum  bei  einem 
2  6j  ihr  igen  Manne,  dass  die  Lichenefflorescenz  nichts  weiter  als  einen 
miliaren  Tuberkel  der  Haut  darstellt,  eine  Anschauung,  welche  auch 
früher  schon  Jacob i  vertreten  hatte.  Während  aber  in  dem  Falle 
des  letzteren  Beobachters  sogar  der  Tuberkelbacillus  nachgewiesen 
werden  konnte,  wurde  derselbe  in  des  Verf.'s  Beobachtung  vermisst, 
da  hier  der  Proceas  weiter  vorgeschritten,  and  es  bereits  zur  Ver- 
kfisung  in  den  Knötchen  gekommen  war. 

Heidenhain  (BerL  klin,  Wochenschr.  Nn  14)  und  Jeasner 
(Therap,  Monatsb. ,  Oetober)  sehen  bei  chronischen  F  u  s  s- 
geachwüren  und  Ekzemen  des  Unterschenkels  gute  Erfolge 
von  dem  Unna'schen  Zinkleim  verband  (Zinc.  oxyd.j  Gelatin*  ana  1Ö,0, 


Haut-  und  venerische  Krankheiten* 


Glycerin.,  Aq,  desi.  ana  40,0).   Der  VerbaDd  kann  4  —  14  Tage  liagen 
bldben. 

I  IttmaDn  und  Ledermann  (Arch.  f,  Derm,  u.  8yph»  Nr.  3) 
haben  drei  Fälle  von  Dermatitis  lierpetiformis  beobachtet  und 
kommen  gegenüber  der  Meinung  einer  tteihe  anderer  Autoren  zu  der 
Ansicht ^  dass  die  Aufstellung  dieser  besonderen  Kraukbeit  gerecht- 
fertigt ist.  Allerdings  ist  das  von  D  üb  ring  zuerst  gezeichnete 
STmptomenbild  durch  die  späteren  Angaben  von  Brocq,  Unna  und 
den  Verff.  zu  erweitern.  Die  Impetigo  herpetiformis  und  der  Herpes 
gestationis  werden  von  dieser  Erkrankuug  ausgeschieden,  und  speciell 
der  Herpes  gestationis  soll  mit  ähnlichen  Schwan gerschaftsaffectionen 
sa  einer  multiformen,  der  Dermatitis  herpetiformis  ähnlicben  Qruppe 
vereinigt  werden. 

Den  gleichen  Gegenstand  bebandelt  E 1 1  i  o  t  (New  York  med. 
Journal,  28.  Mai).  Er  nimmt  für  die  Entstehung  der  Dermatitis 
herpetiformis  in  vielen  Fällen  bXb  ursäcMiches  Moment  starke, 
das  Nervensystem  betreffende  Schäden  an.  Daher  betrachtet  er  diese 
Erkrankung  als  Dermatoneurose.  Therapeutiach  räth  er  die  Behand- 
luDg  der  ursächlichen  nervösen  Affectionen  und  äusserlich  Ichthyol. 

Kromayer  (Therap.  Monatsh,,  April)  geht  von  der  Ansicht  aus, 
dass  die  Sycosis  idiopathica  eine  parasitäre  Erkrankung  ist,  und 
empfiehlt  zu  dem  Zwecke  ausser  Epilation  und  verschiedenen  Salben 
häufiges  Auftupfen  von  l^^i^igem  Sublimatspiritus. 

V,  Bardeleben  (Deutsche  med.  Wochenschr,  Nn  23)  empfiehlt 
als  ausgezeichnetes  Mittel  bei  Verbrennungen  das  Wismuth 
(Bismuthum  subnitricum)  in  Pulverform.  Bei  grösseren  verbrannten 
FÜLchen  kann  man  es  ana  mit  Amylum  geben.  Der  Verband  kann 
sogar  8  Tage  liegen  bleiben.  Die  Schmerzempfindung  scheint  dar- 
nack  bedeutend  herabgesetzt  zu  sein. 

Schuetz  (Arch,  f.  Dermat.  u.  Syph.  Nn  5)  gibt  ein  Facit  seiner 
ftber  100  Fälle  sich  erstreckenden  Beobachtungen  über  Psoriasis, 
£r  konnte  die  alte  Erfahrung  bestätigen,  da&js  Psoriasis  in  den  Ent- 
wickelungsjahren,  mithin  zur  Zeit  des  Wacbsthums  des  Skelets  und 
der  Muscolatur,  der  Entwickelung  der  Spannungsverhältnisse  in  der 
Haut,  auftritt,  Heredität  war  stets  nachzuweisen.  Bezüglich  der 
Localisation  kam  er  zu  dem  Besultate,  dass  Psoriasis  im  Allgemeinen 
keine  Korperstelle  kennte  an  der  sie  nicht  gelegentlich  auftritt. 
Kaoientlich  war   ein  ausschliessliches   Befailensein   der  Streckseiten 


470 


Joseph. 


nicht  wahrzunehmen.  Recidive  kehrten  sich  im  Allgemeinen  nicht 
streng  an  die  Localieation  früherer  AnsbrücLe*  Wo  aber  diese 
Stellen  wiederholt  betroffen  wurden,  war  die  Pöoriasis  von  grosser 
Harte äckigk ei t  Die  Aesbreitang  war  meist  symmetrisch,  und  die 
Psoriasis  fand  sich  gern  an  solchen  Stellen,  wo  die  Haut  besonders 
straff  angeheftet  war  und  einen  naheliegenden  Knochen  zur  Unter- 
lage hatte ^  ebenso  wie  an  Stellen,  deren  Fläcbenwachsthum  gegen 
ihr©  Umgebung  beim  Wachsen  des  Körpers  zurückblieb.  Besonders 
h&üög  (elf  Male)  traf  er  Paoriasia  unguium  an.  Er  unterscheidet 
strenge  zwischen  der  primären  Nagelerkrankiing  durch  Psoriasis  und 
der  secundären  Mithetheiligung  des  Nagels.  Erstere  ist  als  Psoriasis 
der  Nagelmatrix,  letztere  als  eine  Erkranknng  der  Nogelplatte  infoige 
einer  im  Nagelbette  aufgetretenen  Psoriasis  anzusehen*  Erstere  ist 
ein  Früh  Symptom.  Es  zeigen  sich  an  der  Lunula  des  Nagels  eine 
Anzahl  lebhaft  roth  gefärbter  Pünktchen,  später  folgte  dann  eine 
Tüpfelüug  der  Nagelplatte.  Die  secundären  Erkrankungen  des  Nagels 
(Trübungen,  Längs-  und  Querleisten^  Verdickungen^  Briichigkeit) 
sind  dagegen  Folgezustände  einer  psoriatischen  Erkrankung  des  Nagel- 
bettes. Der  Process  beginnt  an  der  unter  den  beiden  Seitenecken 
des  freien  Nageh-andes  befindlichen  Haut,  und  erat  später  treten  neue 
Herde  centralwärts  im  Nagelbette  auf,  an  den  Nagelecken  tritt  eine 
gelbliche,  hornartige,  später  käsige,  bröcklige  Verdickung  der  Haut 
und  der  Nagelplatte  ein,  welche  sich  nach  rückwärts  und  nach  der 
Mittellinie  des  Nagels  ausdehnt.  Bei  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung gelangt  der  Verf.  zu  der  Erkenntniss,  dass  das  elastische 
Organ  der  Haut  bei  Psoriasis  gleich  wie  die  Zellen  selbst  zu  einer 
vermehrten  Eotwickelueg  gelangt  ist.  Daher  glaubt  er,  dass  die 
häufige  Heredität  der  Psoriasis  leicht  einer  Prädisposition  zur  Last 
fallen  könnte,  welche  durch  Qine  ererbte,  anormale  Ausbildung  des 
elastischen  Organes  entstünde. 


III.  CirenlatiDnsätöninge]]  der  Hant. 

Eich  hörst  (Therap.  Monatshefte  Nr.  8)  beobachtete  einen  Fall, 
wo  sich  erst  10  Tage  nach  der  Einnahme  von  Antipyrin  ein 
Exanthem  einstellte.  Im  Gegensatz  zu  diesem  Spätexanthem  trat 
in  einem  anderen  Falle  schon  nach  einer  Stunde  ein  groasäeckiges 
Ezantbeju  ein,  welches  nach  einigen  Stunden  wieder  verschwand 
und,  ohne  dass  von  Neuem  Antipjrin  gegeben  war^  nach  4  Tagen 
reoidivirte.  Im  Vergleich  äu  dem  Prühexanthem  gestaltete  sich  das 
recidi Virende  Aniipyrinexanthem  kleinfleckigen 


Haut-  und  veneriBohe  Krankheiten. 

H.  Fournier  (Journ.  d.  Mal.  cut.^  Sept.)  beschreibt  vier  Fälle  von 
Autipyrinexanthem.  In  dem  einen  erfolgte  Roseola  auf  dem 
Stamme  und  den  Extremitäten,  in  dem  zweiten  Urticaria,  in  den  beiden 
anderen  ein  scarlatiniformes  Exanthem. 

Caspary  sprach  im  Verein  für  Wissenschaft  Hebe  Heilkunde  zu 
Königsberg  (22.  Febr.)  über  Arzneiausschläge.  Zun  n  chat  beobachtete 
der  einen  Fall  von  Antipyrinexanthem^  welches  jedesmal  nach 
der  Einnahme  von  1 — 2,0  Antipyrin  auftrat.  Bei  einem  andern 
Kranken  stellten  sich  nach  jedesmaligem  reichlichem  Alkoholgenusse, 
genau  so  wie  in  eioem  früher  vom  Ref.  veröffentlichten  Falle,  acute 
umschriebene  Hautödeme  ein.  In  drei  anderen  Fällen  von  Antipyrin- 
ezaothem  wurden  jedesmal  wenige  Stunden  bis  2  Tage  nach  der 
Einnahme  von  1 — ^2,0  Antipyrin  die  Lippen  resp,  die  Mundhöhle  und 
zugleich  die  Genitalien  resp,  die  Haut  um  den  Anns  von  vielen 
schnell  nach  einander  auf  nicht  infiltrirtem  Grunde  an  fschj  es  senden, 
in  circa  8  Tagen  abheilenden  Bullae  befallen*  Femer  trat  bei  einer 
jungen  Dame  nach  kleinen  Dosen  Jodkali  jedesmal  ein  nur  lang- 
sam weichendes  impetiginösea  Ekzem  an  Gesiebt  und  Vorderarmen 
auf.  Als  Curioaum  sei  der  von  Temple  mitgetheilte  Fall  erwähnt, 
wo  jedesmal  bei  einem  Manne  nach  kurzem  Jodkaligebrauch  Roth- 
färbung  von  weissen  Haaren  und  von  Seh  weiss  auftrat.  Zum  Schluss 
gibt  er  den  Rathscblag,  bei  jedem  acuten  Ausschhige,  bei  dem  man 
nicht  eine  sieber  ausscbliessende  Diagnose  stellen  kann,  an  Arznei- 
exantheme  zu  denken  und  nachzufragen. 

Walker  (Monatsh,  f.  pract,  Dermat  Bd,  14,  H.  7)  sah  nach 
dem  Gebrauche  von  Jodkali  einen  Tumor  an  der  Nase  entstehen^ 
welcher  etwa  8  mm  über  das  Hautniveau  hervorragte  und  mit  kleinen, 
talgdrusen  ahn  liehen  Oeffnimgen  versehen  war.  Die  Geschwulst  wurde 
mit  dem  Messer  abgetragen,  und  es  trat  schnelle  Heilung  ein. 

Legroux  (Ann.  de  Dermat.^  Febr.)  macht  darauf  aufmerksam, 
dass  sich  die  locale,  symmetrische  Asphyxie  der  Extremitäten 
bei  einzelnen  Individuen  im  Anschluss  an  vorhergegangene  Erfriernngen 
entwickle. 


Elsenberg  (Archiv  L  Dermal,  und  Syph,  Nr.  4)  beobachtete 
eine  22jährige  Patientin,  bei  welcher  Lues  (Lebergn mm en  etc.)  con- 
statirt  wurde,  und  wo  sich  die  Raynauid'sche  Krankheit  (Gan- 
graena  symmetrica)  entwickelte.  Die  Patientin  war  sehr  elend 
und  starb.  Bei  der  Section  wurde  die  Diagnose,  Lues,  bestätigt. 
Dam  ach  fordert  diese  Beobachtung  dazu  auf^  in  einzelnen  Fällen  dte 


47Ü 


Joseph. 


Lues  als  Ursache  für  diese  Erkraokatig  ao zuerkennen,  und  dement- 
sprechend seine  Therapie  früher  darauf  einzurichten, 

Porssberg  (Hjgieia^  Jan,)  und  Bänke  (Berl  klin.  Wochenschr. 
Nr,  6)  treten  an  der  Hund  einiger  Beobachtungen  für  den  nervösen 
Charakter  des  acuten  u  mach  riebe  neu  Hau  töd  eins  ein.  Der 
Eratere  möchte  die  Erkrankung  lieber  als  periodisches ,  vasomotori- 
acbes  Oedem  bezeichnet  wissen« 

Davoli  sah  einen  guten  Erfolg  bei  Urticaria  von  der  Verbin- 
dung des  Ergotine  mit  Valenaaa* 

Kemwood  beschreibt  einen  sich  über  mehrere  Jahre  erstrecken- 
den ErankheitsfaU,  welcher  Mi  sc  hfonaen  von  gewöhnlicher  Urticaria, 
Eiesenurticaria  und  umschriebenem  acutem  Eautödem  darbot.  Unter 
Anderem  erkrankte  auch  die  Zunge.  Ausser  Aconitin  scbien  eine 
Mischung  von  Natrium  salicylicum  und  Kalium  jodatum  wirksam 
zu  sein. 

Von  Quinquaud  wird  gegen  Urticaria  em^pfohlen:  Chloral  8,0, 
Acid.  borao.  12,0,  Aq.  deat.  400,0. 

Delboeuf  gelang  es,  eine  Urticaria  durch  Suggestion  zu  be- 
seitigen, dagegen  wurde  die  Urticaria  factitia  hierdurch  nicht  be- 
einflusst. 

Santi  (MonatsL  L  pracL  Dermal.  Bd.  15)  kommt  zu  dem 
Schlüsse,  dasfi  die  als  Dysidrosis,  Cheiropompholyx  und  Fe m- 
pholyx  beschriebeBcn  Processe  nichts  mit  Erkrankungen  desSchweiss- 
dröaenappiirates  zu  thun  haben*  Den  Cheiropompholyx  tasst  er  als 
neuritische  Dermatose  auf,  bei  welcher  die  Läsion  der  sensiblen 
Nerven  entweder  peripher,  wahrscheinlich  aber  central  sitzt  Eine 
Erkrankung,  welche  den  Namen  Dysidrosis  verdient,  existirt  nicht. 
Diejenigen  Fälle  von  Hyperidrosis,  bei  welchen  infolge  abnorm  starker 
EpidermisentwickeluDg  Schweisaretention  eintritt,  dürfen  unter  keinen 
Umständen  als  besondere  Erkrankung  angesprochen  werden,  denn 
die  Dysidrosia  ist  und  bleibt  in  solchen  Fällen  nur  eine  Folge- 
erscheinung der  Hyperidrosis,  die  Erkrankung  selbst  aber  ist  und 
bleibt  die  Hyperidrosis. 


IV.  Progressive  ErnlilirnngsKtü rangen  der  Bant. 

In  einem  Fall  von  Paget'scher  Erkrankung  der  Brust- 
drüse sah  EUiot  (Journ.  of  cut  and  genito-urin,  dis.,  Juli  1892) 
guten  Erfolg  von  der  Behaiidlung  mit  Fuchsin.   Ea  wurde  verordnet; 


473 

Bp.  Fscfasm.  045, 

Aq.  BoMe  26^. 
Es  timt  swmr  keiiie  HeiLiiiig  danmtK'  ein,  aber  die  Sehmcnoi  and 
das  Jnckoi  worden  wenigrtaie  ertngüdier.  In  det  dicKia  Vortrage 
6Agaiätia  DierwwwiH.  wurde  alladiBg»  Toa  anderer  Seite  di^  Nnt^ 
loeigkeit  des  Fudiane  beim  EpEtheüom  becont. 

Thibierge  (Ann.  de  Dervat.  et  de  Sjph.  Xr.  5)  beschreibt 
mea  sehr  seltenen  Fall  xo/a  lekthjoäis  corneae  aniTersalis. 
Die  Affection  entwickele  sich  bei  emem  Kinde  im  Alter  Ton  14  Tagoa. 
Zorn  üntoschiede  Ton  anderen  TÜlesi  seigte  sieh  die  Eropticn  aoch 
im  Gesicht,  auf  dm  Hand-  snd  Fassracken  and  an  den  Gelenk- 
beugen  der  oberen  und  nnteroi  Extremitäten.  Al?^  diese  Stellen  sind 
für  gewöhnlich  rom  der  Ichthyosis  befreit.  In  dem  vorliegenden 
Falle  waren  sie  aber  gerade  Torwiegead  Sitz  der  Erkrankong.  Aaf 
dem  Kopfe  bestand  Seborrhoe  and  Alopecia.  Ak  ein  Cnicam  is:  za 
bemerken,  dass  die  Schleimhaas  der  Mondhöhle  afEexrt  war  acd  im 
centralen  Theil  der  beidoi  Corneae  eben£dls  ober^achliche  Trübangen 
■ich  befanden. 

Bray  ton  (Joom.  of  cnt.  dii^  April;  beobachtete  zwei  Fälle  von 
Xeroderma  pigmentosum  in  derselben  Familie.  Hiena  machte 
Politxer  einige  Bemerkongen  zor  Hiätologie  dieser  Erkrankong. 
Infolge  einer  starkoi  Bindegewebsentwiekelang  findet  eine  Compres- 
fton  der  BlatgefilMe  statt.  Infolge  der  Undarteriicis  obliterans  &ai- 
wickln  sich  atrophiache  Stellen  and  Teleangiektasien.  Die  ober- 
flichHchen  UIcerationen  entetehen  erst  secondär  infolge  einer  Infection 
von  ft«?fF«^»«  Im  dritten  Scadiam  entätehen  maligne  Geschwülste. 
ff»™*l  constatirte  er  ein  Cylindroma  carcinomatodes. 

Beferent  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  20)  stellte  zwei  seltene 
Fille  von  Angiokeratom  Tor.  Bisher  siad  nar  etwa  sieben  Falle 
in  der  Litteratnr  mitgetheilt.  Einmal  betraf  die  Erkrankong  einen 
19j4hrigen  jangen  Henschec,  welcher  seit  seiner  ä^esten  Kindheit 
an  Frostbeolen  litt.  Die  jetzt  sichtbaren  Veranderongen  begannen 
im  1(X  liebensjahre.  An  der  Dorsalseite  der  Finger  entstanden 
eine  grosse  Anzahl  stecknadelspitxengrosser  Blutungen ,  welche  aaf 
Dmek  ihre  Farbe  nicht  reranderten.  An  einzelnen  SteUen  befanden 
aeh  kleine  BlnUingen  mit  raaher,  warziger  Oberfläche ,  welche  an 
ihrer  Basis  eine  Anzahl  Blatpankte  enthielten.  Indem  die  Blac- 
aastritta  entweder  isolirt   oder  in  grösserer  Zahl  combinirt   mit  den 


474 


Joseph. 


Warzen  auftraten,  kam  ein  ziemlich  buntes  Bild  zu  Stande.  Die 
Affection  war  ungefähr  symmetrisch  auf  beiden  Händen  vertheilt» 
Ebenso  waren  die  Zehen  beider  Fiisse  befalleo.  Anatomisch  waren 
kleinere  und  grössere  Laciinen  im  Papillarkörper  zu  sehen.  Später 
bildete  sich  darüber  eine  richtige  Warze,  und  daher  hatte  Mi  belli 
die  Bezeichnung  Aogiokeratom  eingeführt.  Die  Behandlung  er- 
folgte mit  dem  Mikrobrenner, 

J.  Smith  (The  Lancet  Nr.  7)  beobachtete  einen  Neger  aus 
Jamaica,  welcher  an  Ainhuna  litt.  Vor  10  Monaten  stellten  eich 
zuerst  Schmerzen  an  der  kleinen  Zehe  des  rechten  Fusses  ein,  und 
bald  zeigte  sich  hier  eine  Einschnürung.  Keine  andere  Zehe  war 
afßcirt.    Der  Patient  hatte  grosse  Schmerzen. 

Die  Frage  nach  der  Miiltiplicität  primärer  Cärüinome 
hat  in  der  letzten  Zeit  besonderes  Interesse  erregt  Wenn  schon 
das  Auftreten  mehrerer  primärer  Carctncme  selten  ist,  so  ist  dag 
Erscheinen  derselben  an  zwei  symmetrischen  Stellen  gewiss  beachtens- 
werth.  Hierzu  liefert  G.  Mandry  (Beitn  z,  klin,  Ohir.  Bd.  8)  einen 
interessanten  Beitrag.  Er  beschreibt  ein  doppelseitiges  Carcinom 
auf  dem  Bodon  alter  Ünterschenkelgeachwiire  und  als  ein  Unicum 
ein  Carcinom  beider  Ohrmuscheln.  Das  letztere  Vorkommnias  scheint 
in  der  That  noch  nicht  beobachtet  zu  sein,  während  doppelseitige 
Carcinome  des  Augenlids  mehrmals  veröffentlicht  sind.  Verf.  glaubt, 
daas  die  Möglichkeit  einer  directen  Uebertragung  von  Geschwulst* 
keimen  durch  derartige  Falle  in  hohem  Grade  wahrscheinlich  gemacht 
wird,  zumal  es  sich  hierbei  um  die  Entwickelnng  von  Carcinomen 
auf  dem  Boden  langjähriger  Ekzeme  und  Geschwüre  handelt. 

Suckliog  (The  Lancet  Nr.  6)  beobachtete  bei  einer  70jährigen 
Frau  mit  zahlreichen  Mollusca  fibrös a  auch  eine  ziemlich  grosse 
Geschwulst,  welche  von  der  Schleimhaut  des  harten  Gaumens  ausging» 

Eeferent  (Berl  klin.  Wochenschr.  Nr.  8)  beschreibt  einen 
Fall  von  Hypertrichosia  auf  pigmentirter  Haut  bei  einem  Kinde. 
Er  hält  an  einer  strengen  Scheid  an  g  zwischen  der  Hypertrichosis 
auf  pigmentirter  and  der  auf  unveränderter  Haut  fest.  Hierzu  be- 
rechtigte auch  die  anatomische  Untersuchung,  Der  thierf ellähnliche, 
behaarte  und  pigmentirte  Nävus  breitete  sich  über  Hals,  Bücken, 
Brust  und  den  grössten  Theil  der  oberen  Extremitäten  aus.  Thera- 
peutisch war  die  Elektrolyse  am  erfolgreichsten^  welche  zugleich  ©in 
sehr  gutes  kosmetisches  Besnltat  ergab. 


I 

^ 
I 


I 


Emmt'  «Bd 


475 


Alna  ( Joam.  des  Mal.  cal«  ^r,  3)  Keobaditete  bei  eineoi  28jihrigen 
tue  eine  SchwielenliildQsg  an  den  Händen,  weldie  nnr  im 
Winter  aafkral  «od  Bit  Begam  das  Soaunon  sieb  spontmn  znrück- 
bildete.  Die  obenloi  Lagen  der  EpideniiiB  wanen  an  Hinden  und 
yriafiem  gleäeibaiiBi^  ▼erdickt  «id  ron  einem  rotbeii  Saum  nmgebeiL 
8§Mim  eifasiikten  anch  Ohren  nnd  Käse.  Die  Kigd  worden  QpA 
und  gekr&mmt  nnd  fielen  xnm  Fr&bjahr  ab,  nm  nene&  Fiats  an 
nacheiL  Die  Stärke  der  Scbwiel^ibildang  lichtete  eich  nach  der 
Kälte.  In  der  Familie  n^r  schon  öfter  das  gleiebe  Leiden  Torg^ 
kämmen.  Jede  Therapie  war  nntzlos*  Sobald  es  wärmer  wurde 
fielen  die  Homschichten ,  eine  Art  Manserongsprocess,  ab,  oder  der 
Patient  konnte  eich  leicht  die  Epidermislagen  entfernen. 

Lakasiewica  (Archiv  f.  Dermat  n.  Sjpb.  Kr,  1}  beobachtete 
emen  2Sjährigen  Mann,  welcher  seit  4  Jahren  eine  grosse  Reihe  Ton 
Oescbwnisten  auf  seinem  Körper  hatte.  Kd  befanden  sich  a.  B,  anf 
der  Streckseite  des  Oberschenkels  30  hirsekora-  bis  erbsengrosse, 
desgleieben  auf  dem  Unterschenkel  ca«  60  solcher  Geschwülste.  Die 
Diagnose  wnrde  mikroskopisch  anf  eine  Neubildung,  welche  ans 
glatten  Mnskeliasem  bestand^  Dermatomyome,  gesteüt.  Dies  ist 
der  erste  Fall,  der  bei  einem  Manne  in  jogendlichem  Alter  beobachtet 
wurde.  Auch  die  Localisation  der  Erkrankung  auf  der  unteren  Ex- 
tremität unterscheidet  sich  von  den  bisher  beschriebenen  Fällen. 
Verf.  glaubt,  dass  die  Neubildung  von  der  Mosculatur  der  Haare^ 
der  Gefas&e  und  Seh weisadr äsen  abzuleiten  sei.  Es  scheint  die 
BrogDoee  durch  eine  oft  spontane  Involation  sich  gunstig  zu  gestalten, 
toi  Uebrigen  ist  conseqaente  Arsentherapie  anzurathen. 


Y.  BegressiTe  Emälimgsstirmiigea  der  Havt 

Jacqoet  und   St.  Germain   (Ann.  de  DermatoL,   Mai)   nnter- 
achten  das  E&ckenmark  einer  Kranken,  welche  5  Jahre  an  Ski  er o* 
dermie  litt.    Es  fand  sich  verschied engradige  Atrophie   der  Zellen 
.Clar kuschen  Säulen, 

Irocq  (Sitzungsber,  der  franz.  dermat.  Gesellseh.  vom  14.  Januar) 
btet  von  der  Heilung  eines  Falles  von  streifenförmiger  Ski  er o- 
larmie  durch  Elektrolyse.  Es  wurden  14  Sitzungen  vorgenommen 
mid  in  jeder  Sitzong  12 — IBmal  die  Nadel  eingestochen.  Sie  blieb 
15—25  Seconden   bei  einem  Strome   von  6—10  Milliampere  liegea. 

Bey  und  Challen^on  beobachteten  (ibid.  Nr*  3)  Vi  tili  go  sehr 
hiufig  bei  den  Eingeborenen  Algiers. 


476 


Joieph. 


Du  Castel  (Ann,  de  Dermal,  et  de  Syph.,  rebr.)  beobachtete 
einen  Kranken,  welcher  im  Alter  von  3  Jaliren  in  einen  Keller  fiel. 
Einige  Tage  darauf  bemerkte  man  viele  weisse  Haare  auf  seinem 
Kopfe*  Im  8.  Lebenajalire  zeigten  sich  Vitiligoäecke.  Der  Kranke 
war  sehr  nervös.  Es  bestand  heftiger  Pruritus  an  den  blassen  Stellen 
und  das  Symptom  der  Digiti  mortui.  Spater^  im  Alter  von  12  Jahren j 
entwickelte  sich  eine  typische  Leukoplakie  der  MundBchleimhaut. 
Kau  eher  war  der  Kleine  natürlich  nicht.  Derselbe  Autor  beobachtete 
bei  einem  Lupuskranken,  welcher  drei  TuberculiniDJectioneii  erhalten 
hatte,  das  Auftreten  einer  Vitiligo,  und  zwar  erschien  dieselbe 
3  Wochen  nach  der  letzten  Injection. 


Philippson  (BerL  klin.  Wochenschr,  Nr.  3o)  beobachtete  einen 
Fall  von  Lupus  erythematosus  mit  Gelenkaffection*  Derartige 
Fälle  sind  mehrfach  beschrieben»  Die  mit  der  acuten  Verbreitung 
der  Hautkrankheit  parallel  gehende  acute  Gelenkerkrankung  kann 
den  Gedanken  einer  Infectionskrankheit  nahelegen« 

Winkelried  Williams  (Monatsh.  L  pract.  Dermat.  Nr.  12) 
hatte  Gelegenheit,  von  einem  Patienten  mit  Cutis  laxa  ein  Stück 
Haut  zu  exstirpiren,  und  war  erstaunt,  dass  dieselbe  anatomisch  nur 
Bohr  wenig  von  der  Norm  abwioh.  Das  elastische  Gewebe  war  fast 
normah  Das  collagene  Gewebe  aeigte  viel  schmälere,  aber  zahl- 
reichere Bündel  als  gewöhnlich.  Die  homogene  Substanz  war  an- 
scheinend von  weicher  Consistenz  und  konnte  leicht  aus  dem  fibril- 
lären  Netzwerk  ausgedrückt  werden.  Daher  findet  man  tief  ein- 
gesunkene Falten  des  Epithels.  Die  von  Anderen  beschriebene 
myacomatöse  BeschaÜenbeit  der  Haut  betrachtet  er  als  einen  weiter 
vorgeechrittenen  Grad  des  Zubtandes,  wie  er  ihn  gefunden  hat. 


1 


VI.  Keadtiäclie  Dermatosen. 

Meltzer  (New  Yorker  med.  Monataschr. ,  Juni)  sah  von  der 
wegen  eines  Pruritus  ani  verordneten  epidermatischen  Einreibung 
einer  30<fjigen  Belladonnasalbe  eine  charakteristische  Allgemein- 
vergiftung.  Er  glaubt,  dass  die  durch  ihre  besondere  Grösse  aus- 
gezeichneten Drüsen  der  Analgegend  die  Resorption  von  Medioamenten 
eher  gestatten  als  jede  andere  Hauts teile. 

Gegen  Pruritus  vulvae  empfiehlt  Maiseis  Waschungen  mit 
folgender  Mijctur:  KaL  bromat.^  Lupulin  ana  2,0,  Oalemet  10,0^  Ol. 
OUvar.  30,0.     M.  D.  S.  Umt^chutteln, 


I 


HftQt-  nud  venerische  Krankheiteii. 


477 


Seeligmann  glaubt,  dass  es  sich  in  fast  allen  Fällen  von 
Pruritus  vulvae  um  eine  mikroparaaitäre  Localinfection  handle. 
Die  Therapie  soll  vor  Allem  darauf  gerichtet  sein,  jede  mögliche 
Quelle  einer  mikroparagitarenL  Infectioo  zu  auclaen  und  anazuschalten 
(oocolter  Diabetes  mellitus  des  Mannes,  Hygiene  der  Bekleidung,  des 
Closets  u.  s.  w.). 

Gegen  Pruritus  ani  empfiehlt  Waugh^  Tinctura  Benzoäs 
aufzupinseln  oder,  wenn  dies  zu  stark  reizt,  in  folgender  Form: 
Benzoes  1,5 — 3,0,  Hydrarg.  ammoniati  1^5,  Lanolin  30,0, 

Gegen  dasselbe  Leiden  empfiehlt  Ohmann-Dumesnil  folgende 
Verordnung:  Hydrarg.  bichlorat.  0,03,  Ammon.  chlorat,  0,12,  Äcid* 
carboh  4,0,  Glycerin  60,0,  Aq.  Rosar,  115,0,  zweimal  täglich  zum 
Waschen. 


Kaposi  (Archiv  f.  Dermat.  und  Syph.  Nr.  1)  zeigte  einen  Fall 
von  Pemphigus  foliaceus  der  Mund  Schleimhaut  und  beginnendem 
Pemphigus  vegetans  circa  anum,  bei  welchem  nach  5  Wochen  der 
gross te  Theil  verheilt  war, 

Kirchner  (ibid.  Nr,  4)  beobachtete  einen  54jährigen  Mann,  der 
ich  seit  vielen  Jahren  fast  täglich  plötzlichen  starken  Abkühlungen 
esetzt  hatte.  Während  er  früher  kein  besonderes  Unbehagen 
davon  verspürt  hatte,  stellte  sich  plötzlich  ein  lebhaftes  Kältegefühl 
besonders  an  den  Armen  ein,  die  Schweissabsonderung  hörte  bald 
gans  auf,  seine  Haut  wurde  gegen  Kälte  äusserst  empfindlich,  und 
es  trat  ein  sehr  heftiges  Jucken  an  den  Armen  auf*  Sehr  bald  zeigten 
h  die  ausgesprochenen  Erscheinungen  des  Pemphigus,  und  zwar 
ienen  die  Blasen  symmetrisch.  Es  wurde  versucht,  die  Schweiss- 
etion  zuerst  durch  warme  Bäder  mit  nachfolgender  Einwickelnng, 
ater  mit  Fliederthee,  beide  Male  ohne  jeglichen  Erfolg,  schliesslich 
durch  Pilocarpin  mit  gutem  Erfolge  hervorzurufen.  Als  endlich  spontan 
äcbweisssecretion  eintrat,  borte  auch  die  Blasenbildung  auf.  Nach 
einigen  Monaten  stellte  sich  im  Anscbluss  an  erneute  Erkältung 
wieder  eine  Pemphiguseruption  ein  unter  gleichzeitigem,  fast  vöUigem 
ufhören  der  Schweisssecretion.  Dieses  Recidiv  heilte  wieder  ab, 
hdem  starker  Schweiss  spontan  eingetreten  war.  Später  stellte 
sich  ein  Recidiv  ein,  Verf,  glaubt,  dass  in  diesem  Falle  der  Pem- 
phigus die  Folge  einer  Erkrankung  gewisser  Theile  des  Nervensystems 
war.  Dafür  Bcheint  ihm  das  aymmetriscbe  Auftreten  des  Exanthems 
sprechen.  Bemerkenswerth  war,  dass  hier  unter  dem  Einfiuss  der 
alte  die  SchweisFabsonderung  vollkommen  aufhörte,  und  darauf  die 
Blaseneruption   erfolgte»      Mit    dem    Eintritt    der    Sehweisssecretion 


kmch 
^BnBg< 


_pch  i 

■bsch 

^Bacrel 

^Rpätei 


478 


Joseph . 


besserte  sich  auch   der  Zustand»    Ausser  dem  FüocarpiD  halt  Terf. 
för  wichtig  den  täglichen  Gebrauch  warmer  Bäder. 

Blaschko  (BerL  kün,  Wochenschr.  Nr.  4)  fand  die  Triohor- 
rhexis  als  ein  sehr  häaiges,  weim  nicht  beständiges  Anfangs- 
symptoni  der  Alopecia  areata. 

Ehr  mann  demonstrirte  einen  Fall  von  Alopecia  areata,  der 
nur  auf  die  linke  Seite  beschränkt  war  und  mit  fiemicranie  einher- 
ging.  Nach  Faradiaatioo  schwanden  die  Schmerzen,  und  es  sprossten 
Lanugoharchen  hervor.  Desgleichen  gelang  Blaächko  eine  Heilung 
der  Alopecia  areata  mit  dem  faradiachen  Strom, 

Bulkley  (Jouro.  of,  cut.  and  geuito-uriu.  dis.,  Februar  1892) 
empüehlt  zur  Behandlung  der  Alopecia  areata  wiederholte  Ein- 
reibungen von  ÖÖ^J'^iger  Carbolsäurelösung  auf  die  kahlen  Stellen. 
Dies  soll  eine  irritirende  Behandlung  sein  und  in  ihrem  E£Pect  jeden* 
falls  dem  Crotonöl,  wie  es  früher  schon  vielfach  empfohlen  ist,  analog. 
Bei  allen  diesen  Empfehlungen  vermisst  man  stets  die  Angabe,  dass 
die  Alopecia  areata  auch  von  selbst  heilt. 

Staub  (Archiv  f.  Dermat  n,  By^h,  Kr.  2)  liefert  einen  Beitrag 
2a  dem  Sjmpt omenbilde  des  Herpes  atypicus  gangraenosas 
hystericus,  wie  er  von  Kaposi  treffend  geschildert  ist.  Die  Hr- 
krankung  betraf  ein  IGjähriges  Mädchen,  Die  Erkrankung  ging  mit 
heftigen  Neuralgien  einher  und  war  beim  Ausbruch  der  Eruptionen 
von  Fieber  begleitet.  Der  Verlauf  war  ein  exquisit  chronischer  und 
erstreckte  sich  ungefähr  auf  6  Jahre.  Wie  in  allen  bisherigen  Be- 
obachtungen, so  war  auch  in  diesem  Falle  eine  Frau  erkrankt.  Meist 
sind  es  hysterische  Personen.  Merkwürdig  war  in  diesem  Falle,  dass 
die  Eruptionen  zur  Zeit  der  Menses  zahlreicher  waren  als  in  der 
Zwischenzeit.  Charakteristisch  waren  die  mehrfachen  Recidive  und 
das  Auftreten  von  Narbenkefoiden  wie  bei  den  meisten  schweren 
gangränösen  Formen. 


VIL  Parasitäre  Derutatoji^e]]. 

Bei  einem  infectiösen  Erythem,  welches  sich  im  Anschluss  an 
einen  ausgebreiteten  diphtheritischen  Process  eingestellt  hatte,  fand 
Finger  (Wiener  med.  Presse  Nr,  'dd)  eine  grosse  Menge  von  Strepto- 
kokken,  welche  ausschliesslich  in  den  Blutgelassen  sausen.  Er  fasat 
demnach  das  in  diesem  Falle  bestandene  Erythema  paputatum  als 
bacteriologische  Metastase  auf,  durch  Yerschieppung  von  Strepto- 
kokken in  die   BlutgeHisse  der  Haut  bedingt.     In   zwei  Fällen  von 


I 


Haut-  und  ▼eneriacfae  Krankheiten. 


479 


idiopathischem  Erythema   multiforme    erhielt    er   ein    negatives   Ee- 
anltat* 

Laennec  (Gaz.  med.  de  Nantes)  empfiehlt  gegen  den  Herpes 
tonsarans  folgende  Salbe:  Acid.  chrysophanic,  Acid.  boric,  Acid, 
salicyl.  ana  2,0,  Vasel.  flav.  ad  100,0. 

Gutler  (Journ.  of  cnt.  and  genito-urin.  dis.,  Oct)  wandte  eine 
Tinctur  von  Chloral,  Carbolsäure  and  Jodtinctur  zn  gleichen  Theilen 
bei  einigen  parasitären  Hautafiectionen ^  Eczema  marginatum, 
Herpes  tonsurans,  Pityriasis  versicolor,  mit  gutem  Erfolge 
an.  Auch  bei  Lupus  erythematosus,  Liehen  mber  planus  und  Chloasma 
bewährte  sich  diese  Methode. 

Lassar  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  21)  glaubt,  dass  die 
Pityriasis  rosea  nicht  durch  das  Trichophyton  tonsurans  bedingt 
sein  kann.  £r  sah  sie  bei  Individaen  auftreten,  welche  Wollkleider, 
die  lange  Zeit  in  Magazinen  aufbewahrt  waren,  anlegten,  ohne  sie 
vorher  gereinigt  zu  haben*  Di©  Erkrankung  selbst  ist  gutartig.  Er 
empfiehlt  dagegen  Theerbäder  und  Salicyl-  oder  Schwefelpasten. 

Während  man  bisher  annahm,  dass  die  Pediculi  pubis  nicht 
auf  dem  Capillitium  vorkommen,  beobachtete  Hei  sie  r  (Archiv  für 
Dermat.  u.  Syph.  Nr.  4)  einen  Knaben,  dessen  Wimpern,  Augen- 
brauen, Schläfegegend  und  Hinterhaapt  von  Filzläusen  dicht  besetzt 
und  die  Haare  voll  von  deren  Nissen  waren, 

MibeUi  (Giom.  ital,  delle  mal.  ven.  e  delJa  pelle,  Juni)  hatte  Ge- 
legenheit, eine  Anzahl  Fälle  von  in  den  Nägeln  localisirtem 
Favus  zu  beobachten.  Er  fand  hier  im  Wesentlichen  dieselben  Er- 
scheinungen wie  auf  der  übrigen  Haut.  Die  Nagelplatte  bewahrte 
ihre  normale  Dicke.  Nur  am  vorderen  tVeien  Rande  und  den  seit- 
lichen Rändern  befand  sich  eine  starke  hornartige  Verdickung,  welche 
die  Li  ebUn  gas  teile  für  die  Vegetation  des  Favuspilzes  ist  Ausser- 
dem siedelt  sich  derselbe  mit  Vorliebe  an  der  Nagelplatte  selbst  an, 
und  zwar  nur  in  den  oberflächlichen  Schichten.  Er  dringt  aber 
weder  in  das  Cor i um  noch  in  den  Papillarkörper  noch  in  das  Nagel- 
bett ein* 


¥ilf.  Chronische  Inrcvtlouskrankheiten  der  Bant. 

Hallopeau    (Annal,   de    Dermat.,    Mai)    stellte    einen    Lepra- 
kranken  vor,   bei  welchem  die  Incubatlon    ausserordentlich  lange 


480 


Joseph, 


Zeit  gedauert  hatte.  Der  Kranke  hielt  sich  im  Jahre  1855  14  Mo- 
nate lang  auf  der  Inael  MartiDiqiie  auf,  und  erst  32  Jahre  später 
zeigten  aich  die  ersten  Symptome  der  Lepra. 

In  der  letzten  Zeit  mehren  sich  die  Nachrichten,  dass  wir  in- 
mitten Europas  Lepraherde  besitzen,  deren  Gefahr  keineswegs  zu 
unterschätzen  ist.  Als  ein  Beitrag  hiervon  ist  auch  der  Vortrag  von 
Zambaco  Pascha  (Bull  de  Mcad.  de  Müd.  Nr.  B4,  23,  August) 
aufsufassen.  Er  machte  auf  seinen  Streifztlgen  durch  die  Bretagne 
die  Wahrnehmung^  dass  hier  die  Lepra  in  ziemlich  grosser  Zahl 
existirt.  Allerdinga  handelt  es  sich  um  milde  verlaufende  Fälle  und 
um  eine  abgeschwächte  Form,  aber  trotzdem  ist  die  Häufigkeit  über- 
raschend. Weiter  glaubt  er,  daas  die  Morvan*sche  Krankheit  eine 
leichte  Form  der  Lepra  mutilans  sei,  welche  die  ersten  Stadien  der 
leprösen  Erkrankung  nicht  überschreitet.  Allerdings  begegnete  diese 
Meinntig  in  der  Discussion  erheblichem  Widerspruche.  Indess  ist 
so  viel  ricbtigj  dass  Zambaco  Pascha  einige  Fälle,  welche  in  Paris 
als  typische  Fälle  von  Morvan'scher  Krankheit  galten,  als  sichere 
Fälle  von  Lepra  entlarvte. 

Looft  (Virchow's  Archiv  Bd.  128,  H.  2)  untersuchte  zwei  Fälle 
von  Lepra  anaesthetica  und  fand  in  beiden  deutliche  Verände- 
rungen im  Rücken  marke.  Es  bestand  eine  Degeneration  der  Hioter- 
sträuge,  im  ersten  Falle  im  Halstheil  am  meisten  ausgesprochen, 
während  der  Lumbal theil  sehr  wenig  afficirt  war.  Im  zweiten  Falle 
war  die  Degeneration  im  Lnmbaltheile  am  meisten  aus  gesprochen, 
der  CervicaUheil  wurde  leider  nicht  untersucht.  In  beiden  Fällen 
war  die  Atrophie  der  hinteren  Wurzeln  sehr  stark  ausgesprochen, 
und  in  den  Spinalgan  gl!  en  gab  es  eine  starke  fibröse  Degeneration 
mit  Schwund  der  raarkhaltigen  Nervenfasern  und  Veränderungen  der 
nervösen  Zellen,  In  den  peripher  Ischen  Nerven  wurde  eine  chro- 
nische Neuritis  geftiaden.  Diese  Veränderungen  sind  der  Tabes  dor- 
salis,  utid  zwar  speciell  der  Tabes  bei  Intoxication^  besonders  infolge 
von  Ergotin,  sehr  ähnlich.  Verf*  glaubt^  dass  in  den  Spinalganglien 
und  den  hinteren  Wurzeln  das  primäre  Leiden  sitzt,  während  das 
Rückenmark  nur  secundär  afEcirt  wird. 

Belfield  (Journ.  of  cut.  and  genito-urin,  dis.,  Aagust)  empfiehlt 
das  Jodtrichlorid  (JCl^),  ein  rothgelbliches,  in  Wasser  leicht  lös- 
liches Pulver,  für  die  Tu  bereu  lose  des  Genitaltractus.  Er 
wendet  eine  5^(,ige,  wässerige  Lösung  an  und  sah  gute  Erfolge  in 
zwei  Fällen  von  Tubercalose  der  Blase,  sowie  bei  einer  Epididymitia 
tuherculosa. 


Haut-  und  Teneriüche  K rar k heilen.  4s] 

H.  T.  Hebra  -^Mon.  f.  pract.  DermBi..  Bd.  15.  H.  7i  Terwao<it.€* 
OAB  Allylsnlfocarbamid  (Thio^iDaiuiri.  Z'jr  snbcuTaDen  lujec- 
üon  bri  Linpns.  Diese  alkoholiscbeD  o^e-r  a.:LerischeD  ThioslTiamio- 
JdFongen  -wirken  auf  das  LüpTiBg:evebe  seLr  nHnsv.g,  ein,  es  stellt  sieb 
Bce  locale  fieaction  cibne  Mitbetbeiligong  ';es  GesamiutcirgatiiBniiU' 
vjL  Karben^ewebe  wird  sehr  erweicbt  ncd  fl  tri  bei  ::eiLa<:bt,  e»  wird 
eitr  VerklemeruDg  von  Drusen tumoren  bewirkt,  und  C  rnealtrü bunten 
wETOen  aTifgebellt. 

A-  Slsenberg  gibt  fol^rendes  L'rtbeil  ür*er  die  I;ebanölnng 
des  Lnpns  (IT  Falle}  niittejs  dfr.r  K  i'cb' rih^-n  Metbode  ab 
"Wiener  med.  R-esBe  Xr.  2.:  Dies*-  Meibo":*:  ü^enrifft  in  gewis^-er 
Hinsiciit  all e  b isber  gekannten  ßeiia:j  3 :  nr.  irsn: eiL  o  :i  en  D e  i  L:: j.'XS  'J  l  '^ 
2I3X  gewissen  Einschräzikangen  eignen  »ch  LÜe  Foruten  des>^.]r>*-ri  za 
dieKT  Beiiandiung.  Die  Koch'äthe  ntLrsiirke::  b*-J]!  in  ^e:  Mnjor'^Äi 
der  Fillt  den  Lnpus  zwar  ni'^ht  T^/lLit'.  h'jrT  fi*-  L»?t.  mii  'j^iriirp- 
K^en  llaripulaiioiien  conibii-L-t.  tiir  wiciti^'*;  «ii.i:]jä.:t  Betf ütiiLg. 
indean  eie  c:e  H^ilunz  Wrforierr  :ll-  "T-l  Hr:.uLr=  vermin  a.V£trrt. 
Ene  rtnsiigfr  Wirk:: Tri-  wiiric  i»ei  »jz-  L-i:>=  Tjz»:^-!*.  i-r  *:.r:;tl- 
g&l!tsLi5e&  Farxii  de*  Ijüi-^  \»^;  L-i:i^  irr  >:i.r.Ziia-:  :*ä  wt  tiri. 
Gua^enF  121 5  äncl-ci  fc^ii  -.»t:  Li_i-s  rTT-rirxi^ioris  err->"i.  Di- 
fBfgn  «Qcne:  Bisb  5«-  Jjzzz^  t^tt:  ^ifTii  &=.  wrzirr^r:*  f-r  :** 
£:7^*BciiT  H-LLJT-erialrtii-  In  "iTÄ^ir-'L-iiri.  -.tI*  :»:. -r  Z.  =  ez. :,  tr;: 
i   3?r    Sit  i'fisn*^  Jüissi  *  tt : :   • : :  1:    e !  -  ::-:£--?  v.  -rr  H*  .In  r:»r- 

wuLi-iä-  ^-UBii«  ZliI  t:c  iiaarr^ '^~  L  - 1  -  =  x  1  = : :  i  *  -  .-  ?i:>  1  r.!  rr 

A"Bbic»ir;in:5  ii»*r  :*b.  rifnar-   Z'-.'^^ir  *r::  i-r, 

Sfett  F'üle    "üjien    Tr.e<itin3L    ■*--i    S:"."i^    '.1:"-.^      :j?&    ifr    L;:t  id 

iee  iiirrSL  ZLrjnsnia  T;ti  T;':**r'£cL'::i:-l.T-    1   :  7  Zdi"  -rrsrn^ -v.ri- 

fufi-Tiartfruiiiiae  ie  la  cea:i  «  ics  =:i^if:ieä  i:;d*:än-.Tä-  Pirj, 
PiodcacüuL  in.  ?n^r«8  aiäiiiia«  l^irl  - 1-  ili  Iri:^-*  seiner  ^ei"  iem 
Jmrt  I3r^    'jerriehenen  ariiviien    ^i-^    li;i:v:^r: j_-*    i:er    ::•*    Scro- 


482 


Joaeph, 


phulo-TubercdoBe  der  Haot  und  Schleimhäute  veröffeEtlicht ,  die  in 
hohem  Maasee  geeignet  ist|  die  allgemeiDo  Äufmarksamkeit  auf  sich 
zu  leokeD.  Nach  einer  allgemeinen  Besprechong  der  Tuhercutose 
geht  Verf.  auf  die  Geschichte  und  ganz  besonders  die  Symptom ato- 
logie  des  Lupus  ein.  Alsdann  kommt  er  auf  die  pathologische 
Anatomie,  die  Bacteriologie,  Prognose  und  Therapie  zu  sprechen. 
Ein  derartiges  Werk  hat  den  grossen  Vortheil,  dass  es  uns  nicht 
nur  die  Samme  der  Erfahrungen  vorführt,  welche  der  betreffende 
Autor  an  einem  sehr  grossen  Materiale  gesammelt  und  mit  den  aua- 
tomischeD,  bacteriologischen,  sowie  experimentellen  Hülfsmitteln  sorg- 
fältig bis  in  das  kleinste  Detail  bearbeitet  hat,  sondern  auch  dem- 
jenigen, welcher  auf  diesem  Gebiete  weiter  arbeiten  will,  eine 
Zmsammensteliang  alles  bisher  Geleisteten,  sowie  eine  Eiille  neuer 
Anregungen  gibt.  Ein  Atlas  mit  15  chromolithographirten  und 
photographischen  Tafeln,  sowie  30  in  den  Text  eingeschaltete  Figuren, 
ergänzen  die  klinische,  histologische  und  baoteriologische  Beschreibung. 
Nicht  zu  vergessen  ist  das  sehr  sorgfältige  und  vollständige  Litteratur- 
verzeichniss.  Es  ist  unmöglich,  auf  Einzelheiten  dieses  glänzenden 
Werkes  einzugehen.  Das  Studium  desselben  muss  jedem,  der  sich  mit 
diesem  Gegenstande  beschäftigt,  auf  das  Dringendste  empfohlen  wer- 
den. Der  Preis  desselben  (30  Frcs,)  ist  in  Anbetracht  der  grossartigen 
Aneatattung  und  der  Reichhaltigkeit  seines  Inhaltes  kein  übermässiger. 

Marianelli  (Giorn.  ital.  delle  mal  vener.  e  della  pelle,  Juni 
1892)  berichtet  über  einen  frühzeitig diagno st icirten  Fall  von  Mycosis 
fungoides,  bei  welchem  eine  Heilung  durch  coi^seqnent  fortgesetzte 
subcutane  Arseninjectionen  gelang. 

Steliwagen  beobachtete  zwei  Fälle  von  Mycosis  fungoides. 
In  dem  einen  Falle  waren  auf  dem  Körper  ungefähr  5—600  Tumoren, 
welche   schmerzhaft  waren  und  beträchtliches  Jacken  verursachten. 

Philippson  (Berl.  klin,  Wochenschr.  Nr.  B9)  nahm  von  zwei 
Fällen  von  Mycosis  fungoides  anatomische  Untersuchungen  von 
Nach  seiner  Ansicht  iässt  sich  im  Vorstadinm  dieser  Erkrankung 
bereits  auf  histologischem  Wege  die  Diagnose  stellen.  Man  £ndet 
bereits  den  Beginn  der  Geschwulstbildung :  ein  fläcbenbaft  ausge- 
breitetes Granulom,  hervorgegangen  aus  den  :hxen  Bindegewebszellen 
durch  Mitosenbjldiing,  bestehend  aus  runden,  einkernigen  und  hyper- 
plastischen  (mehrkemigen  nnd  Riesen-) Zellen.  Daher  halt  er  es 
auch  nicht  für  nöthig^  von  einem  Ekzem  als  Yorstadium  der  Mycosis 
fungoides  zu  sprechen.  Man  darf  nur  wegen  der  klinischen  Aehn- 
lichkeit  von  einem  ekzematiformen  Stadium  sprechen. 


Haut-  und  veneriflcbe  Krankheiten, 


483 


Besnier  (Annal.  de  Dermat.  Nr.  S)  beobachtete  drei  Fälle  von 
Mycosis  fongoides,  welche  manche  Besonderheiten  darboten«  Bei 
einer  Frau  von  59  Jahren  verschwandtn  die  Knoten  während  des 
Sommers,  um  im  Winter  wieder  zu  erscheinen.  Bei  dem  zweiten 
Kranken  waren  die  Erscheinungen  aussergewöbnüch  stark,  obwohl 
die  Affection  nur  5  Monate  bestand.  Hier  war  besonders  die  Periode 
vor  dem  Erscheinen  der  Eruption  stark  ausgeprägt.  Diese  Periode 
kann  sich  mitunter  über  lange  Zeit  erstrecken^  und  zwar  beginnt  sie 
mit  Jacken«  Dasselbe  ist  der  Behandlung  sehr  widerspenstig.  Diese 
Periode  dauerte  S^l^  Jabre. 

Kaposi  (Archiv  f.  Dermat,  Nr.  2}  beobachtete  eine  Frau  mit 
Rhino eklerom  des  Pharynx,  Die  Gaumenbögen  waren  stark  ex- 
edirt  und  infiltrirt,  die  Uvula  ganz  verloreo  gegangen,  die  beiden 
Arcus  palato-glossi  couliasenartig  derbe  und  grau  ulcerös  fixirt. 
An  der  Nasen  Schleimhaut  befanden  sich  papillomartige  Wucherungen 
mit  verdichteter  Basis. 


IX.  Therapie. 

Das  froher  arg  veroacMäaaigte  Gebiet  der  Kosmetik  hat  in 
letzter  Zeit  mehrere  Bearbeiter  angezogen.  Der  erste,  welcher  hierin 
grand legend  vorging  und  einen  nach  jeder  Richtting  mustergültigen 
Abriss  dieses  Gebietes  schuf,  war  Paschkis*  Ihm  folgte  vor  Kurzem 
£ichhoff  (Practische  Kosmetik  für  Aerzte  und  gebildete  Laien, 
Wien,  Deuticke,  1892).  Während  aber  die  Kosmetik  von  Pasch kis 
Bich  nur  an  Aerzte  wendet,  glaubt  E  i  c  h  h  o  f  f  diesen  Kreis  auch  auf 
gebildete  Laien  ausdehnen  zu  dürfen.  Wie  uns  scheint,  mit  wenig 
Eeebt.  In  solchen  Bearbeitungen  muss  entweder  die  Wissenschaft- 
lißhkeit  f&r  den  Arzt,  oder  die  Verständlichkeit  für  das  Publicum 
Md«D,  da  dieses  nicht  den  gelehrten  Anschauungen  des  Autors 
überall  folgen  kann.  Daher  war  von  vornherein  das  Beginnen  Eich- 
hoffs  ein  wenig  ermutbigendes.  Trotzdem  müssen  wir  zugestehen, 
dass  sich  Eich  hoff  seiner  Aufgabe  mit  Geschick  entledigt  und  ein 
nach  vielen  Richtungen  bin  gutes  Buch  geschaffen  hat.  Die  Stoff- 
vertheilung  ist  folgende;  Nach  einem  allgemeinen  Theile,  welcher 
sich  mit  der  Hygiene  und  Pharoiakologie  in  der  Kosmetik  befasst, 
wird  im  speciellen  Theile  die  Kosmetik  der  Haut,  der  Haare  und 
Nägel,  des  Mondes  und  der  Obren  sehr  ausführlich  besprochen. 
Eier  wird  mancher  practische  Fingerzeig  gegeben,  üeberäüssig  er- 
M^heinen  uns  die  letzten  Kapitel  des  Buches^  welche  die  Kosmetik 
der  Nase  und  der  Augen  behandeln.    Weder  der  Arzt  noch  der  Laie 


484 


Jo^ieph, 


wird  sich  io  einem  Lehrbache  der  Kosmetik  nach  der  Behandlung 
der  Ozäna  oder  des  Bindehautkatarrhs ,  der  Horohautnarben,  der 
Mydriasis  n.  a.  w,  umRehen,  —  Viel  weniger  umfangreich  ist  die 
kleine  Broschüre  von  Saalfeld  über  Koamefcik  (Separatabdrnck 
aus  den  Therap.  Mooatsh»  1892),  welche  dem  practischen  Arzte  ein© 
gewisse  Anleitung  zur  Behandlung  der  in  das  Gebiet  der  Kosmetik 
fallenden  Leiden  gehen  will  Hier  wird  eine  Reihe  von  Hauterkran- 
kungeo,  welche  zu  den  kleinen,  aber  immerhin  den  Patienten  oft 
recht  erheblich  belästigenden  Leiden  gehörten^  besprochen.  Da  gerade 
diesen  kleinen  Leiden  wenig  Aufmerksamkeit  in  den  Lehrbüchern 
geschenkt  ist,  an  den  practischen  Arat  aber  doch  sehr  häufig  das 
Verlangen  gestellt  wird,  sie  zu  beseitigen,  so  wird  die  kleine  Arbeit 
Saalfeld*B  in  der  That  einem  vorhandenen  Bedürfnisse  entsprechen* 
In  durchaus  practiacher  Weise  gibt  der  Verf.  eine  Reihe  von  Rath- 
schlägen,  welche  sich  bereits  vielfach  erprobt  haben. 

Die  Krankheiten  der  behaarten  Kopfhaut  wollte  Schiff 
(Klinische  Zeit-  und  Streitfragen  Bd.  6,  H.  7)  aus  practischen  Bück- 
sichten gesondert  besprechen.  Er  geht  eine  grosse  Reihe  von  Er- 
krankungen durch  und  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass  es  auch  nicht 
eine  einzige  Affection  gibt,  die  man  als  idiopathische  Erkrankung 
der  Haut  des  behaarten  Kopfes  hinstellen  könnte.  Unseres  Er- 
achtens  hätte  Verh  in  solch  einer  kleinen  Broschüre  die  Therapie 
ausführlicher  besprechen  sollen^  dann  hätte  er  dem  practischen  Arzte 
einen  giossen  Dienst  erwiesen.  Trotadem  wird  aber  die  kleine  Arbeit 
gewiss  manchen  Nutzen  bringen. 

El  Hot  (Journ.  of  cut.  and  genito-urin.  dis. ,  Mai)  hatte  schon 
früher  die  Bassorinpaste  (Rp.  Bassorin  48,0,  Dextrin  25,0,  Gly- 
cerin  10,0,  Aqua  dest  q.  s.  ad  100,0.  M,  f.  pasta)  empfohlen.  Er 
sah  unter  Anderen  besonders  gute  Erfolge  bei  der  Acne  pustulosa, 
der  Rosacea  und  dem  seborrhoischen  Ekzem  der  nicht  behaarten 
Theile,  Dagegen  bewährte  sich  bei  der  Psoriasis  die  mit  Chrysarobin 
oder  Pjrogallus  vermischte  Paste  nicht,  während  eine  lO^^'^igö  Galla- 
cotophenonpaste  gute  Dienste  that. 

8.  Kohn  (Intern,  klin,  Rundschau  Nr,  45)  empfiehlt  als  Salben- 
grundlage  das  Epidermin,  welches  aus  Bieoenwachs,  Wasser 
um!  Ölycerin  zusammengesetzt  ist.  Es  ist  eine  milchige^  halbflüssige 
Musse.  Bei  Verbindung  mit  flössigen  oder  extractformigen  Subst 
muss  es  einen  Zusatz  von  Alumen  plumosum  in  der  Gewichtsmei 
des  Medicamentes  erhalten* 


* 


Haut-  und  Yenerisclie  Krankheiten. 


485 


Stierlin  (Coiresp,  d,  Schweizer  Aerzte)  empfiehlt  das  Der- 
ma toi  bei  stark  näsäendett  Ekzemeo  end  eolclien  UntorscheDke]- 
geschwüreti ,  die  sich  gegeo  Jodoformpmlver  oder  gegen  Salben  in- 
tolerant verhielten.  Desgleichen  empfiehlt  Wert  her  (Deutsche  med, 
Wocbenschr.  Nr,  25)  bei  Verbrennungen  nnd  bei  Ünterschenkel- 
geschwüren^  selbst  bei  ausgedehnten  torpiden  Geschwüren  das 
Dermatol  Auch  Dorn  berger  (Therap.  Monatsh.  Nr*  2)  sah  gute 
Erfolge  davon  bei  nässenden,  impetiginösen  Ekzemen,  Rosen thal 
(Berlin,  klin,  Wocbenachr.  rCr,  11)  berichtet  ebenfalls,  dass  sich  das 
Dermaiol  bei  Ulcus  cruris  meist  gut  bewährte,  desgleichei^  mitunter 
bei  ulcerirten  Sklerosen.  Das  Europhen  erwies  sich  für  die  Be* 
handlang  des  Ulcus  moUe  günstig.  Das  Jodoform  sini  aber  beide 
Mittel  nicht  ini  Stande  zu  verdrängen.  Das  Gallacotophonon 
scheint  als  10%ige  Salbe  in  der  Behandlung  der  Psoriasis  ungefähr 
dem  Ariatol  gleich  zu  stehen,  ist  also  nur  für  milde  Fälle  zu  em- 
pfehlen. 

Förster  (ibid*  Nr.  11)  berichtet  über  einen  Fall  von  Braun- 
f&rbung  der  Haut  nach  längerem  Arsengebrauch,  Dasselbe 
wurde  infolge  von  Morbus  Basedowii  für  längere  Zeit  gebraucht. 
Uit  dem  Aufhören  der  Medication  Hess  auch  die  Flgmentirung  nach, 
tim  später  bei  Verordnung  des  Arsens  wieder  zu  erscheinen. 

Sack  (ibid.,  10.  Oct.)  empfiehlt  die  Radicalepilation  auf 
elektroly tisch em  Wege  bei  Hypertrichoais. 

W e i n b 0 1  d  (Pharm.  Post)  empfiehlt  als  Frostsalbe;  Cam- 
phor  10,0,  OL  Lauri  15,0,  üngt.  rosat.  75,0. 


B.   Venerische  Krankheiten. 

1.  (i(»u(»rrlioe  und  deren  Complieatiuneu. 

Ehlers  (Ann,  de  Derm.^  Mai)  berichtet  über  folgende  merk- 
würdig lange  Incubation  einer  Gonorrhoe.  Der  letzte  Coitus 
fand  am  30.  November  1891  statt,  erst  am  22.  December  bemerkte 
der  Kranke  geringes  Brennen  in  der  Harnröhre,  und  am  28.  December 
»eigte  sich  der  erste  Eitertropfen,  in  welchem  reichlich  Gonokokken 
vorhanden  waren. 

'  Beim  Tripper  änden  sich  nach  den  Untersuchungen  von 
E.  Neusser  (Wien,  med,  Presse  Nr.  3—5)  gelegentiich  eosinophile 
Zellen;  sind  sie  in  grösserer  Zahl  vorhanden,  so  kann  man  eine 
Prostatitis  verm^then. 


486 


Joseph. 


Vor  nicht  langer  Zeit  hatte  Wertheim  Kur  Cultur  des  öono- 
coccus  eine  Mischung  von  Meoseheoblatserum  und  Fleischinfus- 
peptonagar  empfohlen.  Gehhard  (Berl.  klio.  Wochenschr.  Nr,  11} 
gelang  in  einer  Nachpiiifung  und  mit  geringer  Verbesöening  der 
uTBprüDglichen  Methode  ebenfalls  die  Reincultur  der  Gono- 
kokken, Auch  die  Ueberimpfnng  von  einer  solchen  Reincultur 
auf  die  Harnröhre  eines  gesunden  Menschen  erlangte  wieder  eine 
typische  Gonorrhoe,  ans  welcher  sich  wieder  Gonokokken  ciiltiviren 
liessen.  Damit  ist  die  pathogene  Bedeutung  der  Gonokokken  wohl 
endgültig  erwiesen. 


Goldenberg  (Beiträge  zur  Diagnose  und  Therapie  des 
Trippers.  New  Yorker  med.  Monatsschr. ^  Jan.)  beginnt  bei  der 
Gonorrhoea  anterior  acuta  seine  Behandlung,  sobald  sich  die  ersten 
objectiven  Anaeicben  des  Trippers  eingestellt  haben.  Nachdem  der 
Patient  nrinirt  bat»  führt  er  einen  dünnen,  weichen^  geknöpften  Ka- 
theter mit  vier  rückläufigen  Oefinungen  1 — l^i^  ^^^^  ^^i*"  ^^  ^^^ 
Harnröhre  und  irrigirt  dieselbe  mit  einer  möglichst  warmen  Lösung 
von  Sublimat  (1:30000—20000),  oder  Argentum  nitricum  (1:2000 
bis  1000),  oder  Kalium  permnnganicum  (1  :  2000—1000).  Nach  einer 
Weile  führt  er  den  Katbeter  allmählich  tiefer  in  die  Harnröhre  ein, 
schljesslich  bis  zum  Bulbus  derselben,  und  berieselt  so  in  langsamem, 
räckläuiigem  Strome  die  ganze  vordere  Harnröhre.  Bei  der  hinteren 
acuten  Urethritis  tritt  dieselbe  Behandlung  in  ihr  Hecht.  Mit  einem 
weichen,  dünnen  Katbeter  fliesst  unter  massigem  Druck  die  Flüssig- 
keit durch  die  ganze  hintere  HamFöhre  hindurch  in  die  Blase,  und 
darauf  nrinirt  der  Patient  nacli  Zurückziehung  des  Katheters.  Auch 
bei  dem  im  Gefolge  der  hinteren  acuten  Gonorrhoe  häufig  auftreten- 
den Drange  und  Harnzwang  verschafft  nichts  eine  derartige  Er- 
leichterung, als  eine  Irrigation  der  hinteren  Harnröhre  mit  einer 
Höllensteinlösnng.  Verf  glaubt,  daas  man  hiermit  zwar  nicht  aOe, 
aber  doch  fast  alle  Tripperkranke  innerhalb  10—12  Tagen  heüeu  kann. 

Ouiteras  (Journ.  of  cuL  and  genito*urin.  dis.^  April)  sah  gute 
Erfolge  von  dem  Gebrauche  des  Argentum  nitricum  bei  Go- 
norrhoe, dem  entsprechend,  wie  es  in  Deutschland  schon  lange 
bekannt  ist.  Er  macht  Injectionen  von  starken  Lösungen  und  lasst 
in  der  Zwischenzeit  nach  jedem  Uriniren  den  Patienten  eine  Bor- 
säurelöaung  iojiciren. 

Die  ßehandJung  des  Trippers  beim  Manne  (Der  ärztliche 
Practiker]  erörtert  Saal  fei  d  in  knrzen,  aber  durchaus  practischen 
Zügen.     Er  zeigt  hier  dem  practischen  Arzte ^    der   nicht  Zeit  hat. 


Haat-  nnd  Tenerische  Krankheiten. 


487 


mit  Specialforscbungen  zu  beechäftigea ,  welche  grosaen  Fort- 
schritte wir  in  der  Behandlung  der  chronischen  Gonorrhoe  in  den 
letzten  Jahren  gemacht  habee«  So  wird  auch  diese  kleine  BroBchüre 
ikoffentlich  mit  dasu  beitragen,  dass  von  den  Aerzten  nicht  mehr  so 
viele  veraltete  Fälle  von  Gonorrhoe  für  unheilbar  gehalten  werden* 
Dojcb  ein©  zielbewusste  Therapie  kann  man  hier  gute  Erfolge 
erzielen. 

Schwengera  hat  folgende  Therapie  bei  der  chronigchen 
Urethritis  erprobt  gefunden  (Monatsh,  f*  pract  Dermat.  Bd,  14, 
H.  3).  Die  Pars  anterior  bringt  er  iin  Endoekop  energisch  mit  einem 
:n  25%ige  Heeorcin-GIycerinlösung  getauchten  Wattetupfer  in  Be- 
rührung. In  den  nächsten  Tagen  ist  ajwar  die  Reaetion  äusserst 
heftig,  was  sich  durch  Steigerung  des  Ausüusaes  und  Auftreten  von 
grossen,  zusammenhängenden,  fetzenartigen  Filamenten  im  Harne 
mseigt,  aber  nach  4—5  Tagen  ist  diese  Eeactiou  vorüber.  Jetzt 
beginnt  er  im  Endoskop  successive  von  hinten  nach  vorn  eine 
wöchentlich  ein*  bis  zweimalige  Aetzung  mit  20ö{Qigem  Acidnm  tri- 
chloraceticum.  Der  Ausfiusa  und  die  Filamente  verechwinden  nach 
Einwirkung  dieser  Aetzmittel  schnell  Die  Therapie  der  Urethritis 
posterior  beginnt  er  mit  einer  Einspritzung  einer  25%igen  Resorcin- 
Olycerinlösung  vermittels  des  Ultzmann'schen  lojectors.  Die  Ein- 
wirkung ist  ziemlich  kräftig  und  äussert  sich  in  den  nächsten  Tagen 
I~  durch  lebhaften  Tenesmos,  starken  Drang  zum  Uriniren  und  geringen 
Ausflosa  von  Blut,  In  den  nächsten  8  Tagen  wird  dreimal  täglich 
Salol  gereicht  Der  E0ect  soll  oft  ein  sehr  überraschender  sein, 
»atürlich  müssen  Strictnren  dann  noch  für  sich  behandelt  werden. 
Diese  werden  mit  einem  %^on  ihm  construirten  Bougie  behandelt, 
durch  dessen  Spiralenzwiscbenräume  man  die  Schleimhaut  mittels 
eines  an  der  Spitze  eines  geriffelten  Mandrins  befestigten  Wattebausch- 
chens,  welches  in  20**;^ige  Lösung  von  Acidnm  trichloraceticum  ge- 
taucht ist,  tüchtig  anätzen  kann.  Auch  hier  soll  der  Erfolg  ein  sehr 
guter  sein. 

C  h  o  t  z  e  n  (Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr,  48)  empfiehlt  dag 
Alumnol,  das  Alumininrnsalz  einer  Sulfosäure  des  Naphthols,  welches 
16%  Schwefel  in  Form  von  Sulfogruppen  und  ca.  5%  Alaminium 
enthält,  io  1 — 2";Qiger  wässeriger  Löaang  gegen  Gonorrhoe. 

Ueber  die  Frage,    wie  sich   die  Zengungsfähigkeit   nach 

Qberstandener  doppelseitiger  Epididymitis  gestaltet,  sind 

die  Ansichten    der  Beobachter    nicht   gleichlautend.     Balzer    und 

ionplet  (Ann.  de  Dermat  et  de  Sjph.,  Mai)  BtoUten  46  Beobach- 


iSb 


JoBepb. 


tungeo  doppelseitiger  NebenhodenentzünduDg  zusammen.  In  den 
friacheu  Fällenj  welche  vor  weniger  ak  6  Monaten  erkraektee,  fehlten 
die  Spermatozoen,  wenigst  eos  war  UDter  34  Fällen  nur  dreimal  das 
Resultat  ein  poeitivee.  Wo  aber  die  Neben liodenentzündung  älteren 
Datums,  d,  h.  vor  länger  als  6  Monaten  eingetreten  war,  fand  sich 
unter  sechis  Fällen  fünfmal  ein  positives  Resultat.  Jedenfalls  scheint 
hiernach  die  Prognose  nicht  so  ungünstig  zu  seio,  wie  es  die  Mehr- 
zahl  der  Autoren  bis  dahin  annahm. 

Hörig  (Therap.  Monatsh.  Nn  9)  empfiehlt  zur  Behandlung  der 
Epididyinitiö  acuta  statt  der  Heltpflasterstreifen  die  Compression 
der  erkrankten  Organe  mittels  2  m  langer  und  5  cm  breiter  Gummi- 
bänder, die  so  gewickelt  sein  müssen,  daas  die  Stoffbander  nach 
innen  liegen ^  um  nachher  durch  eine  Schleife  die  Binden touren  halten 
zu  können. 

Philippson  (ibid.^  April)  wendet  zur  Hodencompreasion  bei 
der  Epididymitis  eine  einfache  Flanellbinde  an.  Die  erste  Tour 
wird  aber  nichlj  wie  beim  Fri c keuschen  Heft pflasterverband,  knapp 
oberbalb  der  Hoden,  sondern  oberhalb  der  Symphyse  angelegt.  Dann 
folgen  die  Zirkeltouren*  Die  Länge  der  Binde  beträgt  3  m,  die  Breite 
3  cm.     Ausserdem  gibt  er  zweißtündlich  0,5  Natrium  salicylicum. 

Während  man  bisher  allgemein  annahm,  daas  der  Tripper* 
rheumatismuö  bei  kleinen  Kindern  nicht  vorkomme,  beobachtete 
B^cl^re  (Ann.  de  Dermat.  et  de  Syph,,  Mai,  S.  519)  zwei  Fälle  von 
blennorrhagiscbem  Kheumatisaiuä  im  Anschluss  an  die 
Urethrovaginitis  kleiner  Mädchen.  Bei  einem  5 ^/^  Jahre  alten 
Mädchen  bestand  eine  Arthritis  des  linken  Handgelenkes  mit  einer 
Sehnenscheidenentzündung  der  E:!cten8oren*  Als  Ursache  fand  sich 
eine  Vulvovaginitis  mit  AusÖuhs  von  dickem  grünlichem  Eiter.  Das 
Kind  war  von  eint!m  17jährigen  Menschen  inEcirt  worden.  Die  zweite 
Beobachtung  betraf  ein  kleines  Mädchen  von  20  Monaten^  welches 
von  ihrer  Mutter,  mit  der  sie  zusammen  schlief,  inEcirt  wurde.  Hier 
bestand  eine  sehr  sclimerzhafte  Arthritis  des  Tibiotarsulgelenkes. 
Als  Ursache  fand  sich  eine  seit  2  Monaten  bestehende  Vulvovaginitis, 
In  beiden  Fällen  wurden  übrigens  nicht  die  Neisser'schen  Gono- 
kokken nachgewiesen.  Ein  Unterschied  zwischen  dem  Tripperrheu- 
matismits  heim  Erwachsenen  und  bei  Kindern  ejtistirt  nicht. 


Während  man  für  gewöhnlich  die  Gonorrhoe  bei  der  Frau  in 
der  Urethra  und  im  Cervix  uteri  localisirt  findet,  weist  We lau  der 
(Arch.  f.  Dermat.  u«  Syph.  Nr.  1)  nach,   dass  sich  die  Gonokokken 


Haut'  und  venerisclie  KraiikheHeiu 


489 


aach  in  der  Vagina  localisiren  können,  falls  junge  Frauen  sich  die 
Gonorrhoe  bei  einem  der  eräten  Male,  wo  sie  den  Goittis  ausüben, 
sagexogen  haben.  Bei  alten  Prostituirten  oder  Frauen,  welche  mehrere 
Kioder  geboren  haben,  iät  dagegen  die  Vaginalschleimhaut  so  atark 
verändert,  dass  hier  die  Gonokokken  einen  nngiinatigen  Nährboden 
Enden« 

IL  Veneriselie  Helkosen. 

Unna  (Monatshefte  f.  praot  Dermat  Bd.  14,  H.  12)  fand  in  lüni 
Füllen  von  weichem  Schanker  einen  Streptobacillus,  Er  war 
in  grossen  Mengen  vorbanden,  wurde  auch  lu  einigen  anderen  patho- 
logischen Substraten  vermisst,  eiä  werden  aber  noch  keine  entachei- 
denden  Merkmale  für  öeine  Pathogenität   beigebracht. 

Jullien  (Ann,  de  Dermat.,  Mai)  beobachtete  in  einem  Falle  die 
Uamöglichkeit,  ein  Ucus  molle  weiter  als  über  die  dritte  oder  vierte 
Generation  zu  inoculiren»  während  man  für  gewöhnlich  annimmt,  dass 
das  Vlrud  des  Ulcus  molle  nnbegreozi  überimpfbar  ist. 

Gamel  (Journ*  des  Mal.  out.  et  Bjph.^  Sept.)  empfiehlt  zur  Be- 
handlung des  Ulcas  molle  folgende  Methode i  Watte  wird  zweimal 
täglich  mit  einer  Lösung  von  Äcid.  carbol.  crystall.  10,0,  Camp  bor.  25,0 
getränkt  uad  anf  das  Ulcus  aufgelegt.  Die  Heilung  soll  darunter 
sehr  sclinell  von  statten  gehen. 


III.  Syphilis, 
a.  Allgemeiner  ThciL 

E,  Finger  hat  das  Werk  des  berühmten  trauaösiöchen  Syphilid 
dologen  Alfred  Fournier:  Die  Vererbung  der  Syphilis  (Wien^ 
Denticke)  ins  Deutsche  übertragen  und  sich  damit  um  die  Verbrei- 
tung dieses  Werkes,  welches  nicht  nur  den  Specialisten ,  sondern 
mach  den  practischen  Arzt  und  insbesondere  den  Hausarzt  lebhaft 
Interessiren  muss,  sehr  verdient  gemacht.  Das  Thema  ist  von 
Fournier  in  einer  so  geistreichen  und  originellen,  dabei  aber  doch 

l Streng  wissenschaftlichen  Weise  behandelt,  dass  wohl  niemand  das 
buch  unbefriedigt  aus  der  Hand  legen  wird.  Selbstverstäadlich  konnte 
aber   einen  Forscher  von   dem  Kange  Finge r's   eine  blosse  Ueber- 

^•etzQBg   dieses   Buches   nicht    ititeressiren.      Da    aber   Finger   vor 

'Kurzem  in  eicer  sehr  iutereflsanteo  Studie:  Die  Syphilis  als  Infections- 
krankheit  vom  Standpunkte  der  neueren  Bacteriologie^  den  Versuch 

L gemacht  hatte,  unsere  ADSchanungen  über  die  Lues  in  Zusammen- 
ing  zu  bringen  mit  den  heute  gültigen  Grundsätzen  bei  den  übrigen 


490 


Joseph. 


iDfectiooakraokheiteo,  so  musste  ea  für  ihn  von  groasem  Interesse 
sein,  an  der  Hand  eines  sehr  grossen,  von  anderer  Seite  stammenden 
und  daher  viel  objectiveren  Materials  seine  Ansichten  bis  ine  kleinste 
Detail  zu  prüfen.  Kein  Wunder,  dass  Finger  hierbei  in  einigen 
Punkten  von  den  Ansiebten  Fournier*ö  abweicht.  Dieser  abweichen- 
den Meinung  gibt  er  in  einer  Eeihe  von  Anmerkungenj  welche  sich 
im  Originale  durch  einen  anderen  Druck  sehr  übersichtlich  abheben, 
Ausdruck.  So  hat  das  Buch  den  doppelten  Werth,  uns  mit  den  An- 
schauungen zweier  so  bekannter  Fachleute,  wie  Fournier  und 
Finger,  bekannt  zu  machen,  und  wird  daher  gewiss  allgemeinstem 
Interesse  begegnen. 


Man  hatte  zwar  schon  seit  langer  Zeit  gewusst,  dass  im  Yer* 
lanfe  gewisser  Herz-  nnd  Lungenkran kheiteD  sieb  eine  kolbige  Ver- 
dickung der  Endglieder  von  Fingern  und  Zehen,  Trommelschlägel- 
finger, entwickeln  kann.  Eine  eingehende  "Würdigung  erhielt  dieses 
Krankheitsbild  aber  erat  durch  Pierre  Marie,  welcher  es  als  Osteo- 
arthropathie bypertrophiaote  pneumique  beschrieb  und  scharf  von 
der  Akromegatie  abtrennte,  Charakteri atiseh  ist  hierbei  die  kolbige 
Verdickung  der  Nagelphalangen  an  Fingern  und  Zehen  mit  Ver- 
breiterung und  Verkrümmung  der  Nägel,  die  eine  gewisse  Äehnlich- 
keit  mit  einem  Papageien  sehn  ab  el  haben.  Das  Beiwort  „pneumique'^ 
wurde  diesem  Processe  gegeben,  weil  die  Veränderungen  des  Knochen- 
systems  im  Zusammenhang  stehen  sollten  mit  Erkrankungen  der 
Athmungs Organe.  Vor  Kurzem  wies  nun  H,  Schmidt  (Münchener 
med.  Wochenechr,  Nr.  36)  auf  eine  sehr  interessante  nnd  richtige  Be- 
Äiehung  dieser  Osteoarthropathie  hypertrophiante  pneumique  zur 
Syphilis  hin.  Er  beobachtete  eine  48jähri)Te  Frau  mit  den  typischen, 
oben  beschriebenen  Erscheinungen  an  den  Fingern  und  Zehen,  Da 
flieh  bei  ihr  Verdachtsmomente  für  eine  vorausgegangene  luetische 
Infection  ergaben,  so  wurde  JodkaHum  gereicht.  Nach  Gebrauch 
mehrerer  Flaschen  hiervon  bildeten  nich  die  Trommelöchlägelfinger 
2urückf  so  dass  Hände  und  Füsse  kaum  noch  etwas  Ungewöhnliches 
erkennen  liessen.  Später  stellte  sich  noch  eine  speciÜsche  Erkrankung 
der  Zunge  ein,  welche  auf  Jodkalium  heilte^  so  dass  hiemach  der 
Schluss  noch  mehr  gerechtfertigt  ist^  dass  die  Osteoarthropathie  aaf 
Sj^hilis  beruhte»  Ein  ähnliches  Vorkommniss  ist  bisher  nie  be- 
obachtet worden.  Weshalb  allerdings  diese  Erkrankung  so  selten 
durch  das  Syphilisvirus  bedingt  wird,  ist  schwer  zu  erklären,  viel- 
leicht, dass  zum  Hervorbringen  dieser  Erscheinungen  erst  noch  ner- 
vöse Einflüsse  oder  andere  Momente  nothwendig  sind. 


Haut-  und  Teneriscbe  Krankheiten. 


491 


Salomoae  (Giorn.  med,  del  K.  esercito,  April)  beobachtete  an 
iwei  genaaer  mitgeth eilten  Fällen  die  bereits  bekannte  Thatsaohe, 
dass  vor  Ausbruch  dea  syphilitiBchen  Exanthems  eich  meist 
geringes  Fieber  einstellt*  Oft  geht  damit  eine  MilzvergrösseruDg 
einher.  Das  Fieber  erscheint  zugleich  mit  den  rheumatoiden  Schmer- 
%en  und  der  beginneoden  Ohloranämie. 

Fortunato  (ibid.)  berichtet  über  einen  Fall,  wo  sich  5  Monate 
nach  der  Infeetion  ein  Gamma  der  Scapnta  entwickelte.  Eine 
Heilung  wurde  erst  erzielt,  als  neben  der  an ti syphilitischen  Cur 
dorcb  einen  chirurgischen  Eingriff  das  cariöae  Keochensttick  ent- 
fernt wurde* 

Mae 8  (Jahrbuch  d.  Hamburg.  Staatsanstalten,  2.  Jaiirg.  1890) 
konnte  für  den  Tj^hus  abdominalis  dasselbe  feststellen,  was  wir 
aoch  von  anderen  Infectionsk  rank  hei  ten  wissen,  dass  nämlich  Ty- 
phus und  Lues  sich  bei  gleichzeitigem  Bestehen  in  keiner  Weise 
beeinflussen,  sondern  unbekümmert  um  einander  herlaufen. 

Pospelow  (Annal.  de  DermatoL  Nr,  2)  beobachtete  einen  un- 
sjweifelhaften  Fall  von  Reinfectio  syphilitica  nach  8  Jabren. 

Fournier  beobachtete,  dass  bei  Männern  sich  ebenso  wie  bei 
Frauen  die  Hysterie  unter  dem  Einflüsse  der  Lues  gleich  wie  ver- 
flohiedener  Anderer  Intoxicationen  entwickeln  kann. 

Sackur  (Berlin,  klin.  Wochen^chr.  Nr.  25)  sah  eine  letal  ver- 
laufende acute  Quecksilbervergiftung,  entstanden  durch  Ein- 
reibung von  grauer  Salbe,  Allerdings  war  io  diesem  Falle  die  Haut 
erkrankte  Wahrscheinlich  wirkten  in  diesem  Falle  beschleunigend 
auf  die  Hg-In toxica tion  die  hochgradige  Anämie  und  eine  vielleicht 
am  Arme  bereits  beginnende  septische  Infeetion. 

Kobert  (Deutsche  med,  Wochenschr,  Nr,  26)  unteraucbte  die 
aeit  Alters  her  als  Heilmittel  gegen  Lues  bekannte  Sarsaparille. 
Er  fand  bei  seinen  zahlreichen  Untersuchungen  an  Thieren,  dass 
wahrscheinlich  nur  das  Sarsasaponin  das  wirksame  Mittel  dabei 
darstellt. 

b.  Haut  und  Schleimliaul 

C.  Sick  (Jahrb.  d.  Hamb.  Staatsanstal  ten  ^  2,  Jahrg.)  hat  in  drei 
ffiUeo   von  Rectum stricturen   die   sacrale  Methode   der  Rec- 
^lonifiizstirpatiou  nach  Kraske  angewandt.    Der  Erfolg  war  ein  aua- 
Bichneter^  da   es   in   den  Fällen,    wo  die  Erkrankung  über  dam 


49ii 


Josepli, 


Anus  as&ng,  gelang,  deo  erkraaktea  DarmabBchnitt  mit  Erhaltung 
des  SphiQCters  zu  exstirpiren  und  ein  ideales  HeilreBuItat  zu  er- 
zielen. 

D  0  w  d  (BuiFalo  med,  and  snrgic.  Jouro.,  Jan.)  macht  darauf 
aufmerksemj  dass  macniöBe  und  papulöee  iSjphilide  mitunter  starkeß 
Jacken  yerursachen,  welches  ghnlich  wie  bei  anderen  Hautkrank- 
heiten des  Nachts  stärker  wird. 

M  a  z  e  t  {Journ,  des  Mal  cut.  et  syph.  Nr.  3)  berichtet  über 
einen  Fall,  wo  sich  neben  dem  harten  Schanker  an  dem  rechten 
oberen  Augenlid  ein  gleicher  an  der  Olans  penie  befand. 

Koehler  (Berl  klin.  Woehenschrift  Nr.  30)  beobachtete', eine 
48jähnge  Frau  mit  den  typischen  Erscheinungen  des  Myxödems. 
Als  sich  bei  ihr  Zeichen  von  Lues  darboten,  versuchte  man  eine 
an ti syphilitische  Cur,  und  darunter  trat  Heilung  ein. 

Engel- Keim  er  8  (ibid.  Nr.  14)  sah  bei  einer  34jährigen  Frau  etwa 
ein  Jahr  nach  der  Infectiou  grosse  Hörn  platten  auf  den  Warzen 
und  War  zenh  Öfen  beider  Brüste.  Ebenso  befanden  sich  über  den 
Lendenwirbeln  und  dem  Kreuzbeiu  zwischen  dem  papulöaen  Syphi- 
lid einige  kleine  halbmondförmig  gekrümmte  typische  Hauthömer, 
Anatomisch  bestand  die  Hornmasse  aus  dachziegelförmig  über  ein- 
ander gelagerten  Epidermiszellon.  Horr^platten  an  den  Brüsten  sind 
sehr  selten.  Hier  hatten  umfangreiche  breite  Condylome  Anlasts  zu 
der  Hornbildung  gegeben,  indem  eine  Hyperplasie  des  PapiilarkÖrpers 
der  Keratosö  voranging*  Dieser  Vorgang  ist  wahrscheinlich  deshalb 
so  selten,  weil  meist  die  Zellen  der  auf  den  verlängerten  HautpapiUen 
sitzenden  üppig  proliferirenden  Retescbichten  theils  infolge  der 
serösen  Durchträukung  von  unien  her,  theüa  infolge  einer  oberfläch- 
lichen Maceration  sehr  rasch  abgetitoBsen  werden. 

c  Vi  ßceral  1  uee, 

Herczel  (Wiener  med,  Wochenschr,  Nr.  27)  erhielt  in  einem 
Falle  von  hochsitzender  syphilitischer  Mastdarmatrictnr 
einen  sehr  guten  Erfolg^  als  die  Kranke  mittels  der  Krask ersehen 
sacralen  Exstirpation  openrt  wurde, 

Fe  in  b  er  g  (ßarL  klin.  Wochenschr.  Nn  ü  u.  7)  beobachtete  vier 
Fälle  von  Diabetes  mellitus^  welche  unzweit'elhaftj  wie  sich  aus  den 
Folgen  der  Therapie  ergab,  syphilitischen  Ursprungs  waren. 
In  seinem  ersten  Falle,  glaubt  YqH.^   handelte   es  sich  um  eine  In- 


Haut-  und  veBerieclie  Krankheiten» 


493 


filtrfttion  und  Verdickuug  der  MeningeDf  die  auf  den  Sympathicus 
nicht  ohne  Einwirkung  bleiben  konute*  Im  zweiten  Falle  war  wohi 
die  Annahme  einer  endarterii tischen  Erkraukung  einer  kleinen  Ar- 
terie, welche  die  Region  des  GL  ßernard*scheü  Stiches  versorgte, 
berechtigt. 

Die  von  A.  Sänger  (Zur  Kenntnias  der  Nervenerkrankun- 
gen in  der  Fruhperiode  der  Lues.  Jahrb.  der  Hamb.  Staats- 
anstalten,  2.  Jahrg.)  angestellten  Beobachtungen  sind  nach  vielen 
Richtangen  sehr  iDteressant.  In  dem  ersten  Falle  handelte  es  sich 
nin  eine  retrobulbäre  Neuritis ,  welche  durch  eine  energische  anti- 
gyphÜitische  Cur  geheilt  wurde.  Besonders  bemerk enswerth  sind 
drei  Fälle  von  peripheren  Augenmaskellähmungen  auf  syphilitischer 
Basis.  Hier  macht  Verf.  auf  ein  bisher  noch  nicht  beachietes  Sym- 
ptom aufmerksam.  Es  bestand  nämlich  eine  nicht  unbeträchtliche 
concentrische  Gesichtafeldeinacbränkung,  Der  Schwerpunkt  der 
Beobachtungen  liegt  darin,  dass  durch  die  Lues  schon  ganz  früh 
schwere  anatomische  Veränderungen  im  Nervensystem  gesetzt  wer- 
den, und  dass  es  durchaus  notliwendig  erscheint,  die  Vorstellung 
definitiv  aufzugeben,  als  ob  die  Lues  sich  in  der  Frübperiode  ledig- 
lich auf  der  Haut  UDd  den  Schleimhäuten  manifestire. 

Gray  (The  Americ.  Journ.  of  the  medic,  sciencea,  Febr.)  macht 
auf  einen  Symptomen complex  aufmerksam,  welcher  mit  grösster 
Wahrscheinlichkeit  die  Diagnose  der  intracraniellen  Lues 
(Gumma  der  Meningen)  gestattet:  Kopfschmerzen,  welche  mit- 
unter periodisch  erscheinen,  und  sich  öfters  im  Verlaufe  von  24  Stun- 
den wiederholen,  meist  Nachts,  seltener  Morgens  oder  Nachmittags 
erscheinen.  Hiermit  geht  Schlaflosigkeit  einher,  und  plötzlich  hören 
diese  Erscheinungen  auf,  es  treten  paralytische  oder  convulsivische 
Symptome  an  ihre  Stelle.  Eine  Hemiplegie  bei  einem  Erwachsenen 
anter  40  Jahren  muss,  wenn  Traama,  Tumor  oder  Nephritis  sich 
anachliessen  lassen,  nach  des  Verf/s  Meinung  immer  an  Lues  denken 
lassen.  Eine  alsdann  eingeleitete  antisyphilitische  Behandlung  ist 
meist  von  Erfolg  begleitet. 

Obersteiner  (Internat,  klin.  Kund  schau  Nr,  4)  suchte  bei 
74  Geisteskranken  die  Beziehungen  der  Lues  zur  progressiven 
Paralyse  festzuetellen.  Es  handelt  sich  bei  der  Faralysis  pro- 
gressiva vorwiegend  um  einen  langsam  verlaufenden  Entzündungs- 
process,  der  zur  Sklerose  und  Atrophie  führt,  ganz  analog  der 
1,  B,   in   der  Leber  infolge  von  Lues  auftretenden  Sklerose.     Daher 


494 


Joseph* 


glaubt  er,  dase  die  Paralysis  progressiva  eine  wesentliche  Beziehung 
zur  Lues  habe,  sie  ist  den  Spätformen  der  Lues  anzureiheo, 

R.  Kahler  (Berl  klio,  Wocheoschr.  I^r.  8)  macht  darauf  auf- 
merksam,  dass  die  Muskelsyphilis  via!  häuBger,  ak  man  gewöhn- 
lich glaubt,  vorkommt  Sie  wird  leicht  wegen  ihrer  makro-  und 
mikraskopiacheD  Baaart  für  ein  Sarkom  gehalten.  So  war  es  auch 
bei  einem  48jährigen  Arbeiter,  bei  welchem  sieh  eine  grosse  unter 
dem  PectoraHe  major  liegende  und  unterhalb  der  Clavicula  zurFosaa 
aupradaviculariß  einen  Fortsatz  sendende  Gaschwulat  gebildet  hatte* 
Das  schuelle  Wachatbum  des  Tumors  sprach  für  Sarkom.  Bei  der 
Operation  zeigten  die  Muskeln  eine  fibrinöse  Degeneration  und  waren 
deutlich  durchsetzt  von  eiterig- käai gen  Herden,  Dieaei  eingesprengt 
iu  anscheinend  sarkomatöse  Massen,  kann  man  fast  als  pathognomo- 
uiäch  für  Lues  ansehen.  Ein  Zeichen  der  Häufigkeit  der  Muskel- 
syphilis scheint  dem  Verf,,  dass  er  in  letzter  Zeit  drei  ähnliche 
Fälle  auf  seiner  Abtheilung  hatte.  Bei  dem  einen  war  der  Sterao- 
cleidomaatoideua  j  bei  dem  andern  der  Quadriceps  und  bei  dem 
dritten  der  Gastrocnemitis  betroffen.  Zum  Schluss  wird  der  Rath 
N^laton's  wiederholt:  Jede  Muskelgeschwulst  behandle  man  zunächst 
mit  autisypbilitischeu  Mitteln. 

d.  HeredUäre  Lues. 

Dobrn  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  37)  glaubt,  daas  die 
Syphilis  der  Frucht  nur  bei  der  Gonception  zugetragen  wird,  und 
Sperma  sowie  Ovulum  in  dieser  Hinsicht  gleichartig  sind.  Ein  bei 
der  Gonception  gesund  gebliebenes  Ei  wird  auch  durch  eine  post- 
conceptionell  acquirirte  Lues  der  Mutter  ebensowenig  inhcirt,  wie 
vioe  versa  eine  luesfreie  Mutter  durch  die  intrauterin  lebende  syphi- 
litische Frucht.  Erkraoke  die  Mutter  an  Syphilis,  so  sei  sie  vom 
Vater  dtrect  inticirt.  Das  syphilitische  Gift  überschreite,  wie  Kas- 
sowitz  mit  Recht  behauptet,  die  placentaren  Scheidewände  weder 
in  der  Richtung  vom  Fötus  zur  Mutter  noch  von  der  Mutter  aum 
Fötus. 

Die  Frage  nach  der  syphilitischen  Natur  des  Hydrocephalus 
internus  chronicus  der  Kinder  ist  bei  Weitem  noch  nicht  gelöst 
Heller  (ibid.  Nr.  26)  veröflFentlicht  einen  sehr  sorgfältig  beobach- 
teten Fall,  in  welchem  sich  ein  typischer  Hydrocephalus  heraus- 
bildete, nachdem  vorher  Atrophie  infolge  einer  Enteritis  syphilitica 
eingetreten  und  ein  syphilitisches  Exanthem  erschienen  war.  Durch 
eine   rechtzeitige   antisyphilitische  Therapie   gelang   in   diesem  Falle 


Haut-  uDd  venerische  Kranklieiten. 


495 


ritoe  Heilang,  allerditigs  traten  hier  Lues  und  Eydrocephalua  nur 
mit  massiger  Intensität  auf.  Daher  gibt  Verf.  den  durchaus  b€* 
hersigenswerthen  Rath,  bei  jedem  Falle  von  HydrocephaluB  genau 
iDamnestiscb  und  klinisch  Dach  dem  event,  Vorhandensein  von  Lues 
kereditsjria  zu  forschen.  Ist  die  Diagnose  auf  hereditäre  Lues  auch 
nur  mit  einiger  Sicherheit  gestellt,  hu  ist  möglichBt  friihe  energische 
Therapie  einzuleiten. 

Die  Syphilis  des  Lar^'nx  bei  Kindern  ist  sehr  selten.  Die  La- 
rynxaffection  bei  Lues  tarda  im  Kindesalter  gehört  zu  den 
grössten  Seltenheiten,  St  raus  s  (Archiv  für  Kinderheilk,  Bd.  14) 
Teröffentlicht  drei  hierhergehörige  Beobachtungeji.  Meist  ist  die 
£piglottiö  Sitz  von  schweren  Veränderungen,  die  das  Bild  einer 
Perich ondritis  epiglottidea  darbieten.  Der  Process  besciiränkte  sich 
iheils  auf  eine  Schwellung  der  Epiglottis,  theils  kam  es  zu  nekro- 
tischer AbBtossoDg  von  Knorpel theilen  unter  gleichzeitiger  üppiger 
Granulationsbitduog,  Von  der  Epiglottis  dehnte  sich  der  Procesö 
auf  die  Pb'cae  ary-epiglotticae  aus.  Mit  Vorliebe  zeigt  sich  der  Process 
ia  der  warzigen  papillären  Form  oder  als  einfache  Schwellung, 


I 


e.  Therapie  der  Syphilis. 


Finger  (Der  acute  Jodismus  und  seine  Gefahren  in  der  Syphi- 
behandlung.  Wiener  med.  Wochenscbr.  Nr.  36 — 38)  beobachtete 
äinen  Fall,  in  welchem  das  JodkaHum  zu  den  Erscheinungen  des 
acuten  Jodismus  führte,  uud  die  hiermit  verbundene  Gebirncon- 
gestion  in  entschiedener  Weise  zur  Beschleunigung  und  Aggravirung 
der  Symptome  der  Oehimlues  beigetragen  hatte.  Desgleichen  beolo- 
achtete  er  einen  Fall  von  Chorioretinitis  syphilitica^  wo  nach  dem 
Genuss  von  Jodkah'um  frische  Hämorrhagien  in  die  Retina  auftraten. 
Daher  mahnt  er^  bei  Erkrankungen  im  Bereiche  des  Schädels  mit 
dem  Gebrauche  von  Jodkalium,  weiehes  eine  starke  Congestion  er* 
saugt,  vorsichtig  zu  sein.  Als  Prophylaxis  des  acuten  Jodismus  em- 
pfiehlt sich  am  meisten  die  Darreichung  des  Jodkalium  in  Milch.  Bei 
Beginn  des  Anfalles  verabreiche  man  Natrium  bicarbonicum  in  zwei 
Dosen  von  je  5,0—6,0.  Auch  Antipyrin  oder  Chinin  erweist  sich 
m  manchen  Fällen  wirkungsvoll. 

Qaudin  (L'Europhene  en  injections  hypodermiques  dans  letraite- 
ment  de  la  syphilis.  Journ,  des*  Mal.  cutan.  et  syph,,  Jan.)  benutzte 
eine  Losung  von  Europhen  5,0,  OL  Amygdalarum  100,0  und  in- 
jicirte  hiervon  bis  5  ccm  auf  einmal  etwa  alle  5  Tage.  Die  Injec* 
tionen  wurden  gut  vertragen  und  scbieuen  besonders  schnell  auf  die 


4% 


Joseph. 


Spätsjpbüide  einzuwirken,  während  die  secnndären  Syphilide  wenig     ^ 
beeinÜQSst  wurden.  fl 

Bovero  (Giom.  itaU  deile  med.  vener.  e  della  pelle  Nr.  1)  em-  ^ 
pflehlt  zur  Schmiercur  statt  des  üngt.  Hydr.  einer,  lieber  Oalomel, 
in   folgender  Form   zu  verweüden:   Rp.  Calomel.  vap.  par,  0,5 — 1,0,   M 
liftnolin.  3,0,  Botyr.  Cacao  1,0.  ■ 

A,  Renault  (Ann.  de  Dermat.  et  de  Syph.  Nr.  1)  glaubt  nach 
Beinen  und  den  in  der  Lltteratur  mitgetbeilten  Erfahrungen,  dass 
man  durch  die  Excision  des  Ulcus  durum  weder  den  Ausbruch 
der  Lues  verhüten  kann,  noch  auch  den  Verlauf  der  Lues  nailder 
gestaltet.  Desgleichen  sprechen  sich  Spillmann  (Rev.  m6d*  de 
l'Est,  Nancy,  Jan.)  und  Gerber  (Therap,  Monatsh,,  Oct)  gegen  die 
Excision  des  Ulcus  durum  aus*  Sie  fuhren  einige  BeiBpiele  der 
Wirkungslosigkeit  dieser  Methode  an, 

Aubert  (Repert  de  Pharm.,  IQ.  Febr.)  wendet  gegen  die  Acne 
syphilitica  ümachläge  von  l\iger  Sablimatlösung  an. 

Vor  Kurzem  hatte  Tommasoli  über  Versuche  mit  Lammblut- 
seruminjectioaen  bei  Lues  berichtet.  Er  glaubte  durch  diese 
Methode  die  Syphilissymptome  schneller  heÜen  zu  können  als  auf 
jede  andere  Art,  Kollmann  (Deutsche  med,  Wochenschr,  Nr,  3G) 
berichtet  nun  über  Versuche,  welche  er  selbst  vor  2  Jahren  ange- 
stellt hatte  und  bei  welchen  er  Serum  von  Hammel,  Kalb,  Hund 
und  Kaninchou  benutzte.  Eine  Widerlegung  der  Tommas oli'schen 
Behauptung  bezüglich  des  überraschenden  Erfolges  von  Lammblut* 
seruminjectionen  während  des  secundären  Stadiums  ist  durch  diese 
Versuche  allerdings  nicht  erbracht,  denn  während  des  secnndären 
Stadiums  injicirte  Verf.  mit  Lammblutserum  nur  in  einem  einzigen 
Falle  und  dabei  auch  nicht  mit  so  grossen  Dosen  und  so  häufig  wie 
Tommasoli.  In  den  Ko  1 1  m  a n n'schen  Versuchen  war  die  Wirkung 
der  Seruminjectionen  gleich  Null  und  wurde  bedeutend  durch  die 
Qtiecksilbertherapie  übertroffen.  Ebenso  zeigten  zwei  andere  Fälle 
Recidive,  trotxdem  beide  reichlich  mit  Quecksilber  behandelt  waren, 
als  sich  herausgestellt  hatte,  dass  die  Seruminjectionen  den  Ausbruch 
der  secundären  Lues  nicht  zu  verhindern  vermochten. 


IX. 

Augenlieilkniide. 

Von  Prof.  Dr.  C.  Horstmann  in  Berlin. 

1.  Allgemeines,  Lehrbücher,  Heilmittel,  Instrumente. 

Die  Augenheilkunde  hat  im  Jahre  1892  das  Hinscheiden  zweier 
ihrer  Hauptkoryphäen  zu  beklagen.  Am  29.  März  starb  plötzlich  auf 
seinem  Landsitze  Joldwyndt,  in  der  Nähe  von  Dorking,  der  be- 
deutendste Augenarzt  Englands,  Sir  William  Bowman,  in 
seinem  76.  Lebensjahre.  Die  Verdienste  desselben  erstrecken  sich 
nicht  allein  auf  das  Gebiet  der  Augenheilkunde,  ganz  Hervorragen- 
des leistete  er  in  der  Histologie  und  Physiologie.  Viele  seiner  Ar- 
beiten sind  von  classischer  Bedeutung,  von  seinen  Entdeckungen  sind 
manche  unzertrennlich  an  seinen  Namen  geknüpft.  In  der  Augen- 
heilkunde sind  unter  anderen  die  Arbeiten  über  die  Behandlung  der 
Thränenleiden,  sowie  die  des  Nachstaars  zu  erwähnen.  —  Zu  Prag 
starb  am  22.  Februar  nach  längerem  Leiden  der  frühere  Professor 
an  der  deutschen  Universität,  Hofrath  Joseph  Hasner,  Ritter  von 
Artha,  73  Jahre  alt,  eine  der  hervorragendsten  Grössen  der  alt- 
österreichischen medicinischen  Schule,  nachdem  er  sich  bereits  im 
Jahre  1884  zur  Buhe  gesetzt  hatte.  Sowohl  als  akademischer  Lehrer 
wie  als  Augenarzt  zählte  er  zu  den  bedeutendsten  seines  Faches. 
Publicistisch  trat  er  in  ausserordentlicher  Weise  hervor.  Zu  seinen 
Hauptarbeiten  gehören  unter  anderen  die  über  Physiologie  und  Patho- 
logie des  Thränenleitungsapparates ,  Beiträge  zur  Physiologie  und 
Pathologie  des  Auges,  die  Grenzen  der  Accommodation  u.  A.  m. 

Von  den   im  Laufe  des  Jahres  erschienenen  Lehrbüchern 
möge  das  von  J.  Hirschberg  (Einführung  in  die  Augenheilkunde. 
Jahrbuch  d.  pract.  Medicin.  1893.  32 


498 


HorstmaiiD. 


Erste  Hälfte.  Leipzig  1892,  Q,  Thieme)  zunächst  Erwähnung  finden, 
Dia  £intheilung  ist  oine  von  den  gebräuchlichen  Handbüchern  etwas 
abweichende.  Zunächst  werden  die  Augenheümittel,  dann  die  Augen* 
Operationen,  die  Untersuchung  der  Augenkranken ,  die  Kefraction, 
die  Accommodation  und  die  Dioptrik  des  Anges  abgehandelt.  — -  Das 
Werk  von  Vossius  (Lehrbuch  der  Augenheilkunde.  2.  Aufl.  Leipzig 
und  Wien  1892)  hat  in  der  neuen  Auflage  eine  andere  Gestalt  er- 
halten. Dasselbe  ist  wesentlich  erweitert  worden.  Die  neuesten 
Forschungen  sind  berücksichtigt,  eigene  Untersuchungen  nnd  klinische 
ErfaUrungeo  demselben  einverleibt.  —  Das  vortreffliche  Lehrbuch 
von  Fuchs  (Lehrbuch  der  Angenheiikunde.  3.  Aufi.  Leipzig  and 
Wien  1893)  hat  im  Verlaufe  der  letzten  4  Jahre  die  3.  Auflage  er- 
lebt. Die  ophthalmoskopisch  sichtbaren  Erkrankungen  des  Augen- 
hintergrundes  sind  eingehender  behandelt,  nnd  znr  Erläutornng  des- 
selben ist  eine  Reihe  neuer  Holzschnitte  ein  getilgt,  ^  Max  Knies 
gibt  eine  Darstellung  dtr  Beziehungen  des  Sehorgans  und  seiner  Er- 
krankungen zu  den  sonstigen  Krankheiten  des  Körpers  und  seiner 
Organe  (Wiesbaden,  J*  F.  Bergmann,  1893).  Das  Werk  kann  als  Er- 
gänzungsband für  jedes  Hand-  und  Lehrbuch  der  inneren  Medicin 
und  der  Augenheilkunde  dienen  und  bietet  manches  Neue  in  Bezug 
auf  die  Deutung  der  Aogensymptome  bei  sonstigen  Organerkrankungen 
der  Körpers.  —  Hermann  Gohn  (Lehrbuch  der  Hygiene  des  Auges. 
Wien  und  Leipzig  1892)  hat  seine  reichen  Erfahrungen  über  die 
Hygiene  des  Auges  in  einem  Lehrbuch  zusammengefasst,  in  welchem 
nicht  allein  die  Fragen  der  Schule,  sondern  alle  Fragen,  welche  dieses 
Gebiet  betreffen,  in  einer  dem  heutigen  Stande  der  Wissenschaft  ent- 
sprechenden Weise  enthalten  sind. 

BoQchard  behandelt  in  einer  sehr  interessaDten  Arbeit  (De 
Taction  vaso-motrice  des  produits  bacteriens,  Rec»  d'Ophtalm.  1891, 
8.  641)  die  vasomotorische  Wirkung  der  Bacterienproducte. 
Bekanntlich  haben  Masaart  und  Bord  et  vor  Kurzem  nachgewiesen, 
daas  die  Leukocyten  in  Losungen,  welche  bestimmte,  für  sie  an- 
siehende Froducte  enthalten,  besonders  Bacterieumaesen,  die  Neigung 
besitzen,  von  den  Stellen  geringerer  Concentration  nach  den  Stellen 
stärkerer  Concentration  zu  wandern.  Entzündung  besteht  also  aus 
drei  aufeinanderfolgenden  Acten :  1)  Dtapedese  nach  Cohnheim, 
2)  das  Aufsuchen  der  Bacterien  durch  die  weissen  Blutkörperchen 
nach  Massart  und  Bordet,  3)  die  Thätigkeit  der  weissen  Blut- 
körperchen als  Phagocyten  nach  Metchnikoff.  Ein  atis  bestimmten 
Bacterien  dargestellter  Stoff  (Anektasin)  verhindert  die  Aus  wände- 


* 


Augenheilkunde. 


499 


rang  der  weissen  Blatkörperchen.  Diese  VerhinderuDg  trat  bei 
ßouchard's  Experimenten  auf»  sowohl  wenn  er  das  Anektasin  iü 
deo  Entzündungsherd  8albst  einspritzte,  als  auch  wenn  diese  Ein- 
spritzung an  einer  von  dem  Entziindungsherd  sehr  weit  entfernten 
Stelle  vorgenommen  wurde.  B  o  n  c  b  a  r  d  hat  nun  ferner  die  sehr 
interessante  Entdeckung  gemacht,  dasö  ea  einen  chemischen  Körper 
gibt,  welcher  eine  dem  Anektasiu  entgegengesetzte  Wirkung  besitzt, 
also  die  Auswanderang  der  weissen  Blutkörperchen  befördert.  Diesen 
Körper,  welchen  er  Ektasin  nennt,  fand  er  in  Kooh'a  Tüberculin 
enthalten.  —  Auf  Einspritzungen  von  Tuberculin  trat,  wie  Gale- 
xowaki  und  Boucbard  gemeinsam  beoh achteten ,  beim  normalen 
K&Dinchen  stets  eine  beträchtliche  Erweiterung  der  Gelasse  des  Seh- 
nerven auf,  eine  Erscheinung^  welche  mehrere  Tage  anhielt.  Injicirte 
man  während  dieser  Zeit  in  die  Yenen  Anektasin,  so  trat  nach  einer 
Minate  Auäoaie  der  Papille,  ötatt  der  früheren  Hyperämie  auf.  Dieser 
Sieg  des  Anektasins  über  das  Tuberculin  dauerte  nur  eine  halbe 
Stande,  so  dass  sich  die  Gefässe  des  Opticus  nach  dieser  Zeit  wieder 
erweiterten.  Wenn  das  Anektasin  den  Austritt  von  Flüssigkeit  und 
weissen  Blutkörperchen  verhindert,  so  verhindert  es  auch  den  Aus- 
^tritt  von  rothen  Blutkörperchen ^  macht  also  Blutungen  aufhören. 
so  blutstillende  Wirkung  hatte  Bouchard  Gelegenheit,  in  acht 
fallen  an  Menschen  zu  constatiren,  und  zwar  fünfmal  bei  Hämoptoe 
üd  in  drei  Fällen  von  Darmblutung, 


Nach  Snellen  jr.  (Netvliea  aandveningen  bij  naphttalinevergifting. 
'Dtrecht  1892)  wird  das  Naphthalin  durch  den  Tractus  intestinalis 
im  Körper  aufgenommen  und  wird  durch  die  Nieren  wieder  abgeson- 
dert.  Es  entstehen  dabei  locale  Degenerationen  der  Netzhaut, 
^welche    bei    fortgesetztem   Gebrauch   die   ganze   Netzhaut  ergreifen, 
)ie  degenerirten  Netzhautelemente  zerfallen  zu  einer  kömigen  nekro- 
tischen  Masse,   welche   wieder  resorbirt  wird;   es  tritt  Vermehrung 
|4er  Pigmentzellen  auf.   Bei  schweren  Fällen  werden  auch  diePigment- 
fcllen  Vernichtet,  die  Wucherung  findet  allein  am  Rande  des  Herdes 
attt.     Der  Process  ist  also  eine  Nekrobiose  der  Netzhaut  und  keine 
Budation  zwischen  Netzhaut  und  Glaskörper,  oder  Pigmentechicht 
(Panasj,   oder   eine  Anhäufung    von   Leukocytan  in   der  Netzhaut 
(D  0  r)  oder  Blutung  der  Ohoriocapillaris  (K  o  1  i  n  s  k  i).     Die  Staar- 
bildong  tritt  als  eine  Secundärerscheinung  auf.     Das  erste  Btadiumi 
der  Bandstrahlen,  beruht  auf  Veränderung  des  osmotischen  Ver* 
bUtnisses  in  und  ausserhalb  der  Linse.     Beim  Nachlassen  der  Naph- 
thaliiLftitterung,    wenn  das  Kammerwasser  wieder  normal  wird^  und 


500 


Horst  mann. 


das  osmotische  Gleichgewicht  hergestellt  igt,  verliert  die  Linse  wieder 
ihre  Furchen*  Das  zweite  Stadium  ist  das  der  Trübung  der  hinteren 
Fläche  der  Linse,  Diese  entsteht  an  der  hinteren  Fläche,  weil  dort 
die  Emährongflflüssigkeit  nicht  so  schnell  erneuert  wird  wie  in  der 
vorderen  Aagenkammer^  wodurch  der  Naph  thalin  gebalt  dort  constanter 
bleibt  und  kräftiger  auf  die  Linse  einwirkt. 

Darier  (Des  injections  sous-conjonctivaleB  de  sublim^  en  tb^ra- 
peatique  oculaire.  Äroh.  d'Opbtaim*  Bd.  11^  Nr.  ö)  empfiehlt,  ge- 
stützt auf"  eine  grössere  Anzahl  zum  Theil  hier  beschriebener  Fäll© 
aus  der  Abadie'öcheD  Klinik,  die  subconjuncti vale  Injection 
von  Sublimat  in  allen  Fällen ,  in  welchen  die  Quecksilberbehand- 
lung angezeigt  ist,  und  man  dem  schnellen  Forlachreiten  des  Leidene 
entgegentreten  muss.  Am  besten  acheinen  die  Kerato-Iritiden 
beeinäuBSt  zu  werden,  deägleicben  auch  die  Keratitis  parenehymatosa 
und  punctata.  Ferner  zeigte  sich  bei  Chorioretinitis  centralia  mehr- 
mala  rascher  Erfolge  während  dieser  bei  Opticusatrophien  gänzlicb 
ausblieb.  Auch  in  vier  Fällen  von  Iridochorioiditis,  wo  bereits  das 
eine  Auge  zu  Grunde  gegangen^  wurde  vergeblich  injicirt.  Verf. 
macht  die  Injectionen  mit  einer  mit  staarnadelähnlicher  Canüle  ver- 
sehenen  Prava  zischen  Spritze,  welche  in  5^*(pigem  Carbolglyceriu 
aufbewahrt  bleibt,  und  injicirt  ^f^n^^Vio  Theilatrich  einer  Lösung 
von  1  : 1(XX3,  also  wenigstens  *;.^p  mg.  Der  Schmerz  ist  bei  Cocain- 
anwendung  sehr  gering,  bald  tritt  aber  lebhaftes  Brennen  auf,  und 
das  künstliche  Oedem  belästigt  noch  längere  Zeit.  Werden  die  In- 
jectionen gut  vertragen I  so  kann  man  deren  vier  in  8 — 10  Tagen  (seit- 
lich von  der  Hornhaut)  machen;  wenn  dann  kein  merklicher  Erfolg, 
80  soll  man  aufhören.  Verf.  hat  entztindlicbe  Chemosis,  heftige 
Schmerzen  und  Lichtscheu  und  auch  Hypopyon  darnach  beobachtet; 
wahrscbeinlicb  war  dann  die  Spritze  nicht  aseptisch,  oder  ea  bestand 
eine  individuelle  Unverträglichkeit. 

Da  Äbadie  (Valeur  therapeutique  des  injections  mÄdicamenteuses 
et  sous-oonjonctivaies.  Congr,  fran^.  d'Opht.  1891)  bei  sympathischer 
Ophthalmie  guten  Erfolg  von  den  intraooularen  Sublimatinjectio- 
nen  zn  sehen  glaubte,  so  versuchte  er  auch  bei  anderen  Augenerkran- 
kangen  intraoculare  Injectionen^  und  zwar  angeblich  mit  gutem  Resultat. 
Sublimat  injectionen  (1  Tropfen  einer  Losung  von  1 ;  1000)  machte  er 
bei  rebellischer,  alter,  luetischer  Affection,  bei  Intiltration  der  Horn- 
haut mit  Mikroben,  bei  Chorioretinitis  ad  maculam  und  Chorioretinitis 
diaseminata.  GleiehfAlls  mit  günstigem  Resultat  injicirte  er  ,^Ergo* 
tinin  Parent*^  bei  hömorrbagischem  Glaukom  und  Hydrophthalrauß. 


I 


Augenheilkunde. 


501 


StilÜDg  (Aniliofarbstoife  in  ihrer  AnweDdang.  Deutsche  med« 
Wochenschr,  1892|  Nr.  10)  beßpricht  die  in  den  zwei  letzten  Jahren 
rielfacli  erscbieDenen,  dem  AniliQ  güDgtigen  und  ungiiniätigen  Arbeiten 
and  hält  seine  anfäGglicb  au^geBprochane  Ansicht,  dass  das  Pyo- 
ktanin  bei  richtiger  Technik  Eiternog  coupirt,  vollkommen  aufrecht* 
Der  Einwand  Lieb  reichte,  dass  das  Mittel  kein  chemisch  reines  sei, 
ist  nunmehr  auch  unbegründet.  Das  besonders  für  das  Auge  ttets 
empfohlene  Aethytpyoktan in  ist  das  zueri^t  von  Fischer  dargestellte 
salzsaure  Salz  des  HexaätbjlpararoeaniHnSj  „ein  durchaus  wohl- 
definirter,  chemisch  reiner  und  con8tant«?r  Körper^»  Seit  längerer 
Zeit  wird  aber  auch  reines  Hexumethylrosaniliö  von  Merck  als 
Pyoctaninum  caeruleum  crystalltsatiim  dargestellt.  Es  ist  etwas 
theurer,  als  das  gewöhnHche  Pyoktanin.  Der  Erfolg  der  AnwendiiDg 
hänge  hauptsächlich  von  der  Art  der  Anwendung  ab.  Die  vielen 
günstigen  Besultate  bei  schweren  Horühaatafiectionen  ^  grossen  Ge- 
schwüren und  weniger  günstigen  bei  leichter,  noch  mit  gesundem 
Gewebe  bedeckter  Hornhautentziicdung  beweisen,  dass  das  Mittel 
vollkommen  verlässlich  sei,  wo  es  auch  ausgiebigen  Zutritt  habe  zu 
den  eiterigen  Partien,  wo  eine  intensive  Blaufärbung  möglich  sei. 

Fr ö  h  li  ch  (Eesorcin  als  diagnostischer  Farbstoff,  Arch.  f.  Augen- 
heiik,  Bd.  25,  S.  318)  empfiehlt  das  B es o rein  zum  Diagnosticiren 
des  Bestehens  und  der  Ausdehnung  von  Hornhautgeschwaren,  Ein 
Tropfen  Resorcinsäure  in  10 — 20%iger  Lösung  auf  die  Cornea  ge- 
traufeit, bewirkt,  dass  das  bedeckende  Thränensecret  röthlich  gefärbt 
ist.  Nach  wenigen  Augenblicken  erscheint  die  Hornhaut  wieder  farb- 
los. Ist  letztere  aber  nicht  intact,  linden  sich  in  ihr  Epitheldeiecte, 
von  leichtesten  Lockerungen  bis  zum  Ulcus,  so  werden  diese  hellroth 
gefärbt.  Reizung  der  Hornhaut  oder  der  Bindehaut,  sowie  Schmerz- 
geföhl  treten  nicht  auf. 


t,  Anatomie  und  Physiologie. 

Garnier's  Untersuchungen  (Zur  Frage  über  den  normalen  und 
pftthologiöchen  Zustand  der  ZonuJa  Zinnii,  Wjestnik  Ophth.  1891, 
lr-3)  fahren  ihn  zu  folgender  Aneicht  über  den  Bau  der  Zonula, 
Sie  ist  keine  Membran,  sondern  besteht  aus  einem  FEisergefiecht, 
Den  hintersten  Fatiern  liegt  der  Glaskörper  an  und  verdeckt  die 
Spalten  desselben.  Der  Fe ti tische  Kanal  existirt  nicht.  Der  Glas* 
ist  mit  der  Ora  serrata  innig  verbunden.  Von  der  Limitans 
Btama  erhält  der  Glaskörper  bloss  feinste  Fäserchen.    Der  vordere 


502 


Horatmfltm. 


Theil  des  Glaskörpers  hat  keiDe  Membrana  byaloidea;  an  ihr  obers 
Blättcben  legen  sich  die  hintersten  Fasern  der  Zonula.  Die  Fase 
der  Zonula  sind  aus  Bündeln  feinster  Fäserchen  gebildet.  Sie  siilü 
mit  dem  Epithel  und  dem  Subepithelialgewebe  des  Ciliarkörpers  eng 
verbunden.  Auch  die  Membrana  limitans  interna,  die  im  Epithel 
des  Ciliarkörpers  endigt,  nimmt  an  der  Bildung  der  Zonulafasern 
Theil.  Die  feinen  Wurzelfäserchen  treten  zu  dickeren  Fasern  zusammen, 
die  bei  der  Anbeftung  an  die  Kapsel  wieder  in  Büschel  zarter  Fäser- 
chen zerfallen.  Die  Kapsel  ist  an  der  An beftungss teile  der  Zonula- 
fasern  verdickt.  Garnier  unterscheidet  folgende  Faserarten: 
1)  Fibrae  orbiculo-anterio-capsulares,  2)  Fibrae  orbiculo-posterio- 
oapsulares,  3)  Fibrae  cilio-cupsularea  und  4)  Fibrae  cilio-aequatoriales 
(an  Kinderaugen).  Die  erateren  beginnen  auf  der  Ora  serrata  orbicuti 
ciliaris  und  endigen  zusammen  mit  dem  obersten  Blättchen  des  Glas* 
körpers,  an  der  hinteren  Linseukapseh  Die  zweiten  sind  die  dicksten, 
entspringen  auf  dem  glatten  Theile  des  Ciliarkörpers  und  endigen 
an  der  Vorderkapsel,  Die  dritten  beginnen  an  den  Flächen  und  den 
Seiten  der  Ciliarfortsätze  und  kreuzen  sich,  zur  hinteren  Kapsel 
ziehend,  mit  den  zur  Yorderkapsel  ziehenden  Faaeni.  Die  vierten 
ziehen  von  den  Gipfeln  der  Ciliar  Fortsätze  zum  Linsenäquator,  Mit 
dem  Alter  schwinden  die  meisten  dieser  letzteren  Fasern, 

Bei  der  Beobachtung  von  der  Fläche  der  mit  Höllenstein* 
lösung  behandelten  vorderen  Linsenkapsel  des  Frosches, 
des  Kaninchens  und  des  Menschen  zeigten  sicb^  wie  Barabascher 
(Beitrag  zur  Anatomie  der  Linse,  v.  Graefe's  Arcb.  f,  Opbtlialm. 
Bd,  38,  Nr.  3,  S.  1)  feststellte,  in  verschiedenen  Netzen  über  ein- 
ander liegende  Mosaiknetze»  Dieselben  werden  von  den  Gontouren 
der  Epithelzellen  gebildet,  die  ihre  Fortsätze  über  einander  herscbieben. 
Das  Bestehen  der  Mosaikbilder  wird  durch  das  Vorhandensein  der 
Fortsätze  von  Epitbelzellen  vollkommen  befriedigend  erklärt.  Auf 
Querschnitten  der  mit  Höllenstein  behandelten  Linsenkapsel  stellen 
eich  die  äusseren,  wie  die  inneren  Zellcontouren  als  eine  schwarze^ 
etwas  zackige,  stellenweise  unterbrochene  Linie  dar.  Auf  der  hinteren 
Kapsel  gibt  es  drei  Arten  von  Figaren:  Eeagensniederscbläge  (durch 
Einwirkung  des  Argentum  nitricum],  durch  Flüssigkeitsaustritt  aus 
der  Linsen  Substanz  gebildete  Figuren  und  Abdrücke  der  verbreiteten 
Enden  der  Linsen  fasern. 


Nuel   (De   la   vascularisation   de  la  choroide  et  la  nutrition  de 
la   r^tine   principalement  de   la    fovea    centralis,     Arcb.    d*Ophtalm. 


ijm.      1 


AngenheilkuDde.  503 

Bd.  12,  Nr.  2)  beschreibt  die  Gefässvertheilung  der  Aderhaut 
in  ihren  verschiedenen  Abschnitten,  welche  ihm  in  der  Arbeit  Sattler's 
etwas  zu   schematisch  gehalten  zu   sein   scheint.     Am  geeignetsten 
zur  Untersuchung  sind  Augen,  welche  wegen  eines  Fremdkörpers  in 
ihrem  vorderen  Abschnitt  enucleirt  wurden,   und   wo  es  noch  nicht 
ZQ  plastischer  Exsudation  in  der  Aderhaut  gekommen  ist.     Hier  sind 
die  Gefässe  stark  gefüllt,  und  das  interstitielle  Oedem  lässt  die  ein- 
zelnen Schichten  auf  das  Deutlichste   hervortreten.     Gegen   die  Ora 
serrata  hin  vermindert  sich  die  Zahl  der  grossen  Gefässe,  umgekehrt 
gegen  die  Macula  lutea  hin,  wo  sie  eine  ununterbrochene  Lage  bilden. 
In  der  Schicht  der  grossen  Gefässe  überwiegen  die  Arterien,  in  der 
der  kleineren   die  Venen.     Das   zwischen   den   Gefässen   befindliche 
lamellöse  mit  Endothelien  überkleidete  Gewebe,  welches  dazu  dient, 
die  Verschiebung  der  Aderhautschichten  zu  ermöglichen,   verdichtet 
sich  gegen  die  innere  Aderhautfläche  und  besonders  gegen  die  Macula 
lutea   hin  immer  mehr.     Hier  nehmen  auch  die  kleinen  Gefässe  und 
Capillaren  bedeutend  zu,  und  an  der  Fovea  centralis  finden  sich  feinste 
Gefässe  venöser  Structur  und  Capillaren  in  so  gosser  Zahl,  dass  die 
Chorioidea  hier  dicker  als  an  irgend  einer  andern  Stelle  ist.     Gegen 
den  Opticuseintritt  hin  macht  sich  das  umgekehrte  Verhältniss  geltend. 
Diese    Gefässanordnung    bezweckt  vorwiegend    die   Ernährung    der 
äusseren  Netzhautschichten,   und  die  Fovea  centralis  bezieht  ihr 
Nährmaterial  ausschliesslich  aus  dieser  Quelle.    Die  Chorioidealgefässe 
dienen    also    der    photochemischen     Function    der   Netzhaut^ 
während   die   eigenen   Gefässe   der  letzteren  nur  die  Ernährung  im 
allgemeinen  Sinne  vermitteln.     Bei  den  pathologischen  Veränderungen 
der  Macula  lutea  spielt  die  Gefässvertheilung  eine  grosse  Rolle. 

Hebold  (Die  Sehnervenkreuzung  beim  Menschen.  Graefe's 
Archiv  f.  Ophthalm.  Bd.  38,  Nr.  1,  S.  211)  untersuchte  an  Quer- 
schnitten und  mit  We  ig  er  t- Pal -Färbung  zwei  Chiasmapräparate, 
gewonnen  von  Menschen,  die  längere  Zeit  vor  dem  Tode  ein  Auge 
eingebüsst  hatten.  Er  hält  demnach  das  Chiasma  nicht  mit  Michel 
für  einen  Knotenpunkt  für  die  Degeneration,  sondern  ist  der  Ansicht, 
dass  dieselbe  über  das  Chiasma  hinausgeht.  ^ Jeder  Sehnerv  setzt 
sich  aus  zwei  grossen  Faserbündeln  zusammen,  von  denen  das  eine 
ans  dem  rechten,  das  andere  aus  dem  linken  Tractus  stammt.^'  Er 
kommt  zu  diesem  Schlüsse  aus  der  Betrachtung  einer  Beihe  von 
Querschnitten,  an  welchen  die  normalen  Fasern  und  die  atrophirten 
deutlich  zu  verfolgen  sind.  Er  sieht  den  Grund  für  MichePs  An- 
nahme der  Totalkreuzung  nicht  wie  Singer  und  Münz  er  in  der 


504 


Horstmann. 


auöschliesslichen  AnwenduDg  der  We  ig  er  fachen  Färbung,  sondern 
in  dem  Umstände  der  alleinigen  Unterauchung  von  HorizontÄl- 
schnitten. 

Die  hellen  Streifen  auf  den  Venen  der  menschlichen 
Netzhaut  entstehen  nach  Di  mm  er  (üeber  die  Reflexstreifen  auf 
den  Netzhautgetfassen»  Ben  d.  2  h  Vers,  der  ophth,  Ges.  1891,  S.  b) 
durch  Reflex  an  der  vorderen  Fläche  der  Biutsäale,  denn  die  Breite 
des  glänsendea  Streifens  entspricht  vollkommen  der  Breite,  wie  sie 
nach  den  Ergebnissen  der  Reclinting  und  dea  Experimentes  bei  der 
Reflexion  an  der  vorderen  Fläch©  der  Blufrsäule  an  den  Gefässen 
erwartet  werden  muss.  Ihre  Farbe  ist  rein  weiss,  wie  bei  den  Ver- 
suchen mit  dem  küDstlichen  Auge.  Die  Breite  der  Refle^cstreifen  auf 
den  Venen  des  Hundeauges  nach  der  Unterbinduog  des  OpticuSj  also 
bei  gehemmter  Circulation,  entspricht  vollkommen  der  Breite  des 
Reflexstreifens  im  MenscbentiDge.  Auch  wechselt  die  Breite  der 
Streifen  mit  der  Weite  der  Pupille.  Die  hellen  Streifen  auf  den 
Arterien  der  menschlichen  Netzbaut  sind  der  Ausdruck  des  Axen- 
Stromes,  da  dieselben  viel  zu  breit  sind,  als  dass  sie  durch  regel- 
mässige ReÖexion  des  Lichtes  an  der  vorderen  Fläche  der  ßlutääule 
hervorgerufen  werden  könnten.  Ihre  Farbe  ist  sehr  deutlich  roth, 
da  das  vom  axialen  Theile  des  Blutcylinders  retiectirte  Licht  die 
periphere,  uns  roth  erscheinende  Schicht  des  Blutes  passiren  muas. 
Sie  erscheinen  in  ihrer  Breite  ganz  analog  den  hellen  Streifen  auf 
den  Netzhautgeiässen  des  Hundes. 

Zur  Widerlegung  der  Behauptung  von  8cbo eller  und  Fick, 
dass  eine  ungleiche  Accommodation  vorkomme,  führten  Hess 
und  Neu  mann  (Messende  Versuche  zur  Frage  nach  dem  Voi  kommen 
ungleicher  Äccommodation  bei  Gesunden,  v.  GraetVs  Archiv  ftir 
Ophthalm.  Bd.  38^  Nr,  3^  S,  184)  eine  Reihe  von  Messungen  an  sich 
selbst  aus  und  fanden,  dass  ihre  emmetropischen  Augen  nicht  im 
Staiide  waren»  eine  künstliche Refractionsdifferenz  von  ^i^—  '[q  Dioptrie 
im  Interesse  des  Deutlichsehens  mit  beiden  Augen  durch  ungleiche 
Äccommodation  auszugleichen,  selbst  dann  nicht,  wenn  die  Bedingungen 
für  eine  ungleiche  Äccommodation  sehr  günstig  waren.  Das  Interesse 
am  DeuUtchsehen  hatte  nach  ihren  Versuchen  keinen  merklichen 
Eiufluss  auf  die  Grenzen,  innorbalb  deren  mit  beiden  Augen  gleich- 
zeitig scharf  gesehen  wurde. 

Greeff  (ünterauchangen  über  binoculares  Sehen  mit 
Anwendung  des  Her  in  gesehen  Fallversuchs.     Zeitschr.  f,  Fsjch.  u. 


Augenheilkunde.  505 

Physiol.  d.  Sinnesorgane  Bd.  3,  Nr.  1,  1892)  hat  nach  dem  Princip 
des  Her  Inguschen  Fallyersuches  einen  einfachen  Apparat  construirt, 
bei  welchem  die  Fehler,  die  von  Benders  und  seinen  Schülern  an 
den  Hering'schen  Versuchen  getadelt  wurden,   vermieden  oder  auf 
ein  Minimum  reducirt  sind.    Der  Apparat  ist  ferner  so  eingerichtet, 
da£9  auch  in  grösseren   Entfernungen   Binocularsehen  und   Tiefen- 
wahrnehmuDgen  geprüft  werden  können.     Es  ergaben  sich  folgende 
Gesetze:    Binocularsehen    ist   auch   in   solchen   Entfernungen    noch 
möglich,  bei  denen  Convergenz  der  Sehaxen  und  Accommodation  nicht 
mehr  in  Frage  kommen.   Bei  grossen  Entfernungen  muss  zur  richtigen 
Tiefen  Wahrnehmung  der  Tiefenunterschied  in  ganz  bestimmtem  Ver- 
bältniss  zur  Entfernung  zunehmen.   Der  minimalste  Tiefenunterschied, 
welcher  zu  einer  richtigen  Tiefenwahrnehmung  nothwendig  ist,  ent- 
spricht offenbar  einer  ganz  bestimmten  Strecke,  um  welche,  bei  Ein- 
stellung auf  einen  Gegenstand,  das  Bild  eines  anderen  Gegenstandes 
von  der  Macula  lutea  entfernt  fallen  muss.     Diese  Strecke  auf  der 
Netzhaut  Jässt  sich  berechnen.   Bei  durch  Prismen  parallel  gestellten, 
auch  bei  divergenten  Sehaxen,   so  lange   die  Doppelbilder  sich  ver- 
einigen  lassen,   ist  binoculares  Sehen  in   vollem  Maasse  vorhanden« 
£8  ist  erstaunlich,    um  wie  viel   die  Sehscliärfe   eines  Auges  herab- 
gesetzt werden  kann,  ohne  dass  der  binoculare  Sebact  gestört  wird- 
Ganz  verschwommene  Bilder  genügen.     Dasselbe  gilt  von   den  An- 
ifiometropen.   Bei  Schielenden  konnte  weder  vor  noch  nach  der  Ope- 
ration so  vollkommenes  binoculares  Sehen  erhalten  werden,  dass  der 
Heriog'sche  Fall  versuch  bestanden  worden  wäre. 

S  tader  ini  (üeber  die  Abflusswege  des  Humor  aqueus.  v.  Graefe*s 
Archiv  f.  Ophthalm.  Bd.  37,  Nr.  3,  S.  86)  hat  eingehende  Unter- 
suchungen über  die  Abfiusswege  des  Humor  aqueus  angestellt. 
£r  operirte  meist  mit  Tusche  und  feinstem  Zinnober  und  einer 
Pravaz'schen  Spritze.  Die  brauchbarsten  Resultate  gaben  die  In- 
jectionen  mit  Tusche.  Er  kommt  zum  Schlüsse,  dass  Schwalbe's 
und  Waldeyer's  Ansicht,  dass  eine  offene  Verbindung  zwischen 
Kammerraum  und  Blutgefässen  existire,  bestimmt  unrichtig  sei;  im 
Fontana'schen  Kanäle  finden  sich  anatomische  Einrichtungen  und 
physikalische  Bedingungen,  welche  den  Abfluss  von  Humor  aqueus 
durch  Filtration  in  venöse  Blutgefässe  an  der  Corneoscleralgrenze 
ermöglichen  und  unter  normalen  Verhältnissen  in  ausreichendem 
Ifaasse  sicherstellen.  —  Nach  seinen  Befunden  scheint  die  Annahme 
begründet,  dass  vom  Fontana'schen  Räume  ausgehend  feine  Spalten 
in  das  Gewebe   der  Sclera   hineinführen;   sie  folgen  zum  Theil  dem 


50G 


Horstmaiin. 


Verlaufe  der  tieferen  Venen  an  der  Corneoscleralgrenze»  zum  Theil 
verlieren  sie  sich  im  Gewobsspaltensystem  der  Sclera.  Auch  die 
Betbeiligung  der  Iris  an  der  Kesorption  corpusculärer  Elemente  ans 
der  vorderen  Kammer  ist  nach  seinen  Versuchen  nicht  zu  bezweifeln« 
Endlich  konnte  festgestellt  werden,  dass  Physo stigmin  die  Resorption 
aus  der  vorderen  Kammer  in  erheblichem  Grade  befördert,  Atropin 
verzögert. 

Hering  (Ueber  Ermüdung  undErbolung  des  Sehorgans, 
V.  Graefe's  Archiv  f,  Opbthalm.  Bd.  37,  Nr.  3,  S,  1)  bespricht  ein- 
gehend und  widerlegt  die  von  Fick  und  Gürber  in  ihrer  Arbeit 
,,Ueber  Erholung  der  Netzhaut^  aufgestellten  Erklärungsversuche, 
wonach  die  beiden  Forscher  den  Grund  der  Unermüdlichkeit  des  in 
gewöhnlicher  Weise  benutasten  Auges  in  den  Bewegungen  desselben 
socbten;  die  Augenbewegungen  sollen  den  Blut-  oder  Lympbstrom 
fördern,  die  Ermüdnngsötoffe  der  Netzhaut  fortschaffen  und  neue 
Nährstoffe  zufuhren*  —  Hering  hat  die  Versuche^  welche  dies  be- 
weisen sollen,  nachgemacht,  zweckmässig  verändert  und  eigene  ein- 
fachere Versuche  angestellt  und  beweist  vollends,  dass  es  nicht  die 
Augenbewegungen  als  solche  sind,  welche  die  Ermüdung  des  Auges  be- 
seitigen, ebensowenig  der  Lidachlag  oder  die  Accommodation.  Hering 
zeigt  vielmehr,  dass  die  negativen  Nachbilderj  wie  sie  bei  den  Ver- 
suchen entstanden,  nicht  einseitigerweise  nur  als  Ermüduuga- 
erscheinungen,  sondern  zu  einem  grossen  Theile  als  Erkolungaerschei- 
nungen  aufzufassen  sind,  Der  Verlauf  dieser  Erscheinung  ist  ent- 
gegen der  Hypothese  Eick's  nnabhängig  von  Augenbewegungen, 
Lidschlag  und  Accommodation,  die  innerhalb  weiter  Grenzen  be- 
stehende Unermüdlichkeit  des  Sehorgaos  beruht  im  Wesentlichen 
auf  einer  Art  Selbststeuerung  des  Stoffwechsels  in  der  lebendigen 
Substanz  des  somatischen  Sehfeldes.  Dieses  wird  nach  Hering  von 
den  Netzhäuten ,  den  Sehnerven  und  den  zugehörigen  Hirntheilen 
gebildet,  zum  Unterschiede  des  psychischen  Sehfeldes,  welches  in 
jedem  Augenblicke  aus  der  Gesammtheit  der  räumlich  ausgedehnten 
Gesichtsemphndangen  besteht. 

B*  R^rractionv  and  Ai'eoniiaodationsaQomalien. 

Anstrengendes  Nahegehen,  wie  es  durch  mancherlei  Be- 
schäftigung, vornehmlich  aber  durch  Lesen  and  Schreiben  bedingt 
wird,  ist  nach  Po  eller  (Experimental  Beiträge  zur  Myopiebygiene, 
Arch.  f.  Hygiene  Bd,  13,  S.  335)  vom  Standpunkte  der  Myopiehygiene 
aus  in  der  Hegel   nur  dann  als  zulässig  anzusehen,   wenn  es  nicht 


Augenheilkunde.  507 

über  die  Zeitdauer  von  ^j^ — 1  Stunde  ununterbrochen  geübt  wird. 
Bei  mehrstündiger  Dauer  solcher  Thätigkeiten  sind  nach  je  längstens 
3/^  Standen  Erholungspausen  von  etwa  ij^stündiger  Dauer  geboten. 
Der  Brillengebrauch  ist  beim  Nahesehen  auf  das  Nothwendigste  zu 
beschränken. 

Herrnheiser   (Die  Refractionsentwickelung  des   menschlichen 
Auges.     Prager   med.   Wochenschr.   1892,    Nr.   19   u.   20)    hat   Re- 
fractionsbestimmungen   an    13000  Augen    vorgenommen.     Das 
Auge  der  Neugeborenen   fand  er  stets  hypermetropisch ,   im  Durch- 
schnitt betrug  der  Grad  der  Hypermetropie  2,32  D.    Zwischen  dem 
1.  und  6.  Lebensjahre  waren  schon  40'o  myopisch,  von  nun  an  wuchs 
die  Zahl  der  Kurzsichtigen  und  der  Grad  der  Myopie.    Herrnheiser 
kommt  zum  Schlüsse,   dass  die  Menschen  ausnahmslose  als  Hyper- 
metropen  geboren  wt^rden;  mit  zunehmendem  Wachsthum  nimmt  die 
Länge  der  Augenaxe  zu.   Je  mehr  Nahearbeit  dem  Auge  zugemuthet 
wird,  um  so  grösser  ist  die  Gefahr  des  Auftretens  von  Myopie  bei 
bestehender  Disposition   zu   derselben.     Nach   dem  20.— 24.  Lebens- 
jahre,  zu   welcher  Zeit  die  stabile  Einstellung  im  accommodations- 
losen  Zustand  erreicht  ist,  treten  selten  Aenderungen  im  Refractions- 
lostande  ein !   Nur  im  Greisenalter  wächst  der  Procentsatz  der  Myopie. 
3400  Messungen   von  Orbitae   bestätigten   die  Stillin g'sche   Hypo- 
these nicht. 

Rymsza  (Vergleichende  Untersuchungen  über  den  Zusammen- 
hang zwischen  dem  Refractionszustande  der  Augen  und 
dem  Schädelbau.  Inaug.-Diss.,  Dorpatl892)  untersuchte  die  Refrac 
tion  einer  Reihe  von  Esthen,  welche  zu  den  Breitgesichtern  gehören 
and  eine  niedrige  Orbita  besitzen,  und  fand,  dass  bei  ihnen  der 
Procentsatz  der  Myopen  nicht  grösser,  sondern  kleiner  ist,  als  in  der 
Bevölkerung  Westeuropas.  Die  Ursache  der  Entstehung  der  Kurz- 
sichtigkeit  ist  also  keineswegs  vom  Schädelbau  und  der  Form  der 
Orbita  direct  abhängig,  sondern  bleibt  verknüpft  mit  den  vermehrten 
Anforderangen,  welche  die  modernen  Cultur Verhältnisse  an  die  Augen 
stellen.  Offenbar  ist  es  die  andauernde  Beschäftigung  beim  Nahe- 
sehen, welche  den  Langbau  des  Auges  begünstigt,  und  hierbei  dürfte 
die  Convergenzmusculatur  eine  der  massgebend sten  Rollen  spielen. 
Der  Einfluss  der  Obliquus  superior  ist  demgegenüber  minderwerthig, 
und  jedenfalls  steht  die  Verlängerung  der  Sehaxe  bei  Myopie  in 
keinem  Abhängigkeitsverhältnisse  zum  Seh  fidelbau. 

Fakala  (Ueber  die  Ursache  der  Verbesserung  der  Sehschärfe 
bei  hochgradig  myopisch  gewesenen  Aphaken.    Archiv  f.  Augenheilk. 


508 


HorstmanD« 


Bd.  24,  S.  161),  welcher  bei  einer  Eeihe  von  hochgradigen  Myopen 
die  Disciaion  ausgeführt  hat,  fand^  dasB  sich  danach  die  SehBcharfe 
derselben  verbessert  hatte.  Die  Ursache  dieses  Verhaltens  führt  er 
auf  die  veränderte  Lage  des  zweiten  Knotenpunktes  zurück,  welcher 
weiter  von  der  Nbtzhaut  zu  liegen  kommt  ^  wodurch  die  Gegen- 
stände grösser  und  näher  gerückt  erscheinen.  Ausserdem  constatirte 
er,  dass  bei  seinen  Myopen  der  B  rech  wert  h  des  Auges  infolge  der 
Aphakie  im  Durchschnitt  um  15,5  D.  herabgesetzt  wurde.  Auf  Grund 
dieser  Thatsache  Ist  er  der  Ansicht,  dass  bei  höchstgradiger  Myopie 
ausser  der  Axen Verlängerung  auch  noch  ein  erhöhter  Brechwerth 
der  Linse  —  im  Dnrchöcbnitt  um  die  Hälfte  mehr,  als  der  der 
Emmetropen  — '  einen  bedeutenden  Aatheil  an  der  Ursache  der 
Myopie  bat. 

Das  Wegfallen  der  Accommodation  bei  höchstgradigeu 
Myopen  ist  nach  Fukala  (Der  schädliche  Einfluss  der  Accommodation 
auf  die  Zunahme  der  höcbstgradigen  Myopie,  Berl.  klin.  Wochensclir. 
1892,  Nr.  23 j  nicht  ein  Nachtbeil,  sondern  ein  wesentlicher  V ortheil,  weil 
der  Gebranch  der  Acconjmodatiou  &olchen  Augen  dadurch  Scbaden 
bringt,  dass  die  Myopie  infolge  der  drucksteigernden  Wirknng  der 
Accommodation  zunimmt, 

V acher  (Traitement  de  la  myopie  progressive  choroidienne.  See, 
d*Opht.  de  Paris  1891 ,  3.  Nov.)  empfieblt  wieder  auf  Grund  von 
sieben  von  ihm  operirten  Fällen  die  Ex tr actio o  «ler  ungetrübten 
Linse  bei  hocbgradiger  progressiver  Myopie  (cf.  Soc,  fran^,  d'Opbt. 
1800,  7.  Mai,  Discusdion).  Während  die  von  Fukala  zu  dem  gleichen 
Zwecke  dihcidirten  22  Fälle  aämmtlich  im  Älter  unter  20  Jahren 
waren,  hatten  die  meisten  von  Vacher  operirten  Patienten  bereits 
das  30.  Jahr  überschritten.  Vacher  empfiehlt;  die  Extraction  im 
Gegensatz  zur  Discision,  äülbst  bei  jiingeren  Individuen,  Die  Seh- 
schärfe soll  durch  die  Operation  stets  gebessert  sein.  Vacher  ist 
der  Ansicht,  dass  durch  seine  Operation  das  Fortschreiten  der  Myopie 
aufgehalten  nnd  späterer  Netzhautabiübung  vorgebeugt  werde« 


4.  Anomalien  der  Mnäkeln  nud  Nerven. 

Parinaud  (Etiolugie  du  ötrabisme  convergent.  AnnaL  d'OcuL 
Bd.  106,  S.  321)  behauptet,  dass  die  Theorie  der  congenitalen 
Muakelinsttfficienz  auf  einem  Irrthum  beruht.  Was  Andere  In* 
sufficieuz  der  Musculi  recti  interni  nennen,  bezeichnet  Parinaud  im 
Einklang  mit  Krenchel  und  Hansen  Grut  als  Insuf£cienx  der 
Innervation  der  Convergenz.     Die  Nützlichkeit  der  Anwendung  von 


Aagenheilkunde.  509 

Pnsmen  mit  nasaler  Basis  spricht  gegen  die  Theorie  der  Maskel- 
ioBoMcienz,  denn  durch  die  Prismen  wird  die  Arbeit  der  Musculi 
recü  intemi  vermindert,  und  müssten  diese  dann  infolge  mangelnder 
üebang  allmählich  noch  schwächer  werden,  der  Zustand  sich  also 
verschlimmern.  —  Im  Vergleich  zu  der  geringen  Thätigkeit  der 
Intemi  bei  der  Convergenz  ist  ihre  Leistungsfähigkeit  bei  den  seit- 
lichen Bewegungen  gar  nicht  oder  sehr  wenig  geschwächt.  Auch 
dieses  Factum  spricht  gegen  die  Insufficienz  der  Musculi  recti  in- 
teroi  und  für  die  Insufficienz  der  Innervation  der  Convergenz. 

Der  Nystagmus  der  Bergleute  hat  besonders  in  England 
die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gezogen: 

Thompson  (Miners  nystagmus  among  the  South  Wales  Colliers. 
Trans.  Ophth.  Soc.  Bd. 11,  S.  87)  ist  der  Ansicht,  dass  der  Nystagmus 
bei  den  Kohlenarbeitern  die  Folge  der  schlechten  Beleuchtung  bei 
der  Arbeit  ist.  Ueberanptrengung  sowohl  wie  Refractionsfehler  können 
die  Disposition  zu  Nystagmus  vermehren. 

Nach  Sn  eil  (On  miners  nystagmus.  Brit.  med.  Journ.  1891,  8.  61) 
entsteht  der  Nystagmus  der  Bergleute  infolge  der  zusammenge- 
kanerten  Körperhaltung  bei  der  Arbeit,  die  Beleuchtung  spielt  erst 
eine  zweite  Rolle. 

Nach  Dransart  (Le  nystagmus  des  mineurs  dans  le  nord  de 
la  France.  Congr.  fran9.  d'Opht.  1891)  gibt  es  eine  leichte  und  eine 
schwere  Form.  Die  leichte  ist  überhaupt  nur  unmittelbar  nach  der 
Arbeit  im  Bergwerk  zu  beobachten;  die  schwere  ist  mit  Functions- 
störongen,  besonders Accommodationsparese  complicirt.  Von  100  Kran- 
ken, welche  an  der  schweren  Form  litten,  waren  90  in  weniger  als 
1  m  hohen  Gängen  in  liegender  Stellung  beschäftigt. 

Snell  (Case  of  nystagmus  in  a  compositor.  Trans,  of  Ophth. 
Soc.  Bd.  11,  S.  103;  beobachtete  das  Auftreten  von  Nystagmus  bei  einem 
21jährigen  Schriftsetzer^  welcher  6  Monate  lang  bei  Nacht  gearbeitet 
hatte.  Später  bekam  derselbe  Krampf  in  den  Fingern  vom  Setzen 
der  Typen.  Snell  glaubt,  dass  der  Nystagmus  infolge  des  per- 
manenten Auf-  und  Niedersehens  vom  Manuscript  auf  die  Typen  auf- 
getreten ist. 

Nach  Bomiee  OBtude  sur  le  nystagmus  des  bouillears.  Annal. 
d'Ocol.  Bd.  106,  8.  21,  109,  196  u.  265;  ist  das  ätiologische  Moment 
des  Nystagmus  der  Bergleute  in  der  durch  die  Sicberheitslampe  ge- 
lieferten ungenügenden  Beleuchtung  zu  Hucben. 


510 


Horatmann. 


5*  Erkrankaiigeu  der  Lider,  des  Thränenapparates  und  d«r  Orbit«* 

Straub  (Ophthalmia  scrofaiosa.  Weekblad  van  het  Neder- 
Jandfich  Tijdschr.  voor  Geneesk.  1892,  S.  664)  fand  in  den  Cultureu 
der  Flössigkeit  unter  Blepbaritiskriiaten  und  Ekzenlkrueten  an  den 
Ohren  und  der  Nase  atets  Staphylococcus  pyogen  es  aureus» 

Bei  der  Operation  der  Ptosis  schneidet  Birnbacher  (Eine 
neue  Operationstnetbode  gegen  Ptosis  congenita,  Centralbl  f.  pract. 
Augenbeilk.  1892,  S.  IBl)  die  äussere  Lidhaut ^  entsprechend  dem 
Tarsalrande,  durch  die  ganze  Breite  des  Lides  mit  einem  nach  oben 
convexen  Bogenschnitte  ein,  präparirt  den  oberen  Tarsalraud  frei 
und  führt  drei  doppelt  armirte  starke  Seideniäden  durch  denselbeD, 
einen  mittleren  und  zwei  seitliche,  Alsdann  fuhrt  er  sämmtliche 
Nadeln  subcutan  nach  oben  und  sticht  sie  in  der  Augenbraue  aus 
und  knotet  sie.  Die  Wunde  des  Lides  wird  genäht.  Die  Paden- 
schlingen  bleiben  20—25  Tage  liegeu,  wodurch  sich  subcutane  Narben- 
stränge vüCQ  Tarsus  £ur  Augenbraue  bilden.  So  kann  das  Lid  duroll 
den  Frontalis  gehoben  werden. 

Nach  der  Spaltung  des  Lides  wie  bei  der  Jaesche- Arlt'schen 
Operation  macht  Gifford  (On  the  use  of  Thiersch  flaps  in  the  treat- 
ment  of  trichiaais  and  entropium.  Amen  Journ.  of  Ophth,  1892,8.  1) 
einen  Einschnitt  in  die  haartragende  Haut^  unter  einem  Winkel  von 
45 ö  an  jedem  Ende  des  Schnittes^  in  einer  ÄUödehnung  von  ^l^  cm. 
Dies  gestattet  beträchtliche  Retraction  der  abgelösten  Haut,  welche 
durch  Nähte  an  ihrem  Platz  gehalten  wird.  Er  füllt  die  derartig 
freigelegten  rohen  FlächüU  mit  Hautstiickchen,  welche  von  der  Innen- 
seite des  Vorderarms  nach  der  Tbiersch'ächen  Methode  transplan- 
tirt  wurden.  Er  zieht  diese  IVaneplantationen  denen  aus  der  Ltppe 
vor  und  hat  in  28  Fällen^  in  welchen  er  sie  correct  ausgeführt  hatte^ 
durchaus  gute  Resultate  erzielt.  Er  trägt  die  Hautstücke  mit  einem 
breiten  Rasiermesser  ab.  Er  hat  auch  v.  Burow^s  Operation  der 
Durchtrennung  des  Tarsus  dahin  modiücirt,  dass  er  die  Oeffnung  mit 
Stückchen  von  den  Lippen  ausfüllt. 

Theo  bald  (Trao«,  Amen  Ophth.  Soc.  1892)  hat  die  Transplan- 
tation nach  der  Thiersch^öcben  Methode  in  zwei  Fällen  ausgelührt, 
welche  nach  dem  Verlauf  von  einigen  Monaten  erfolgreich  zxi  sein 
bohienen.  Die  Hautstücke,  welche  der  Innenseite  des  Vorderarmes 
entnommen  wären,  heilten  mit  Ausnahme  eines  einzigen  sofort  an, 
und  dieses  wurde  nur  an  einer  Stelle  nekrotisch.  Beide  Fälle 
wurden  ambulatorisch,  ohne  ungewöhnüche  antiseptische  Vorsichts- 
massregeln  behandelt. 


AageDheüknnde.  511 

Die  doppelseitige  Erkrankung  der  Thränendrüso  kann 
nach  Fuchs  (Gleichzeitige  Erkrankung  der  Thränendrüsen  und  Paro- 
tiden.  Beiträge  z.  Augenheilk.  1891,  Nr.  3)  als  Schwellung  der- 
selben allein  acut  wie  chronisch  auftreten;  acute  Schwellung  der 
Thränendrüsen  und  der  Parotiden  beobachtet  man  beim  Mumps; 
chronische  Schwellung  der  Thränendrüsen  und  verschiedener  Speichel- 
drüsen werden  durch  Lymphome  oder  Lymphosarkome  veranlasst, 
dann  kommt  chronische  Schwellung  der  Thränendrüsen  bei  Schwel- 
lung der  Lymphdrüsen  des  Kopfes  und  Halses  vor. 

Nach  Terson  (Rapport  sur  le  traitement  des  affections  des 
voies  lacrymales.  Congr.  fran9.  d^Ophth.  1891)  ist  bei  chronischem 
Katarrh  der  Thränenwege  die  Sondenbehandlung  in  etwas 
weniger  als  der  Hälfte  der  Fälle  von  Erfolg.  In  den  auf  diese  Weise 
nicht  geheilten  Fällen  ist  die  Exstirpation  der  Thränendrüse  indicirt. 
Bei  bestimmten  Complicationen  des  chronischen  Katarrhs  der  Thränen- 
wege, z.  B.  bei  stark  eiteriger  Beschaffenheit  des  Secrets,  sind  zu- 
weilen Injectionen  von  Argentum  nitricum  von  Nutzen.  Der  obere 
Thränenpunkt  wird  zu  dem  Zwecke  weit  gespalten  (incl.  Ligamentum 
intemum  palpebrae),  und  die  Einspritzungen  dann  von  hier  aus  vor- 
genommen. Bei  Eecidiven,  z.  B.  infolge  von  Knochenaffection,  muss 
der  Sack  mit  dem  Thermocauter  zerstört  werden.  Auch  bei  hoff- 
nungslosem Verschluss  muss  der  Thränensack  zerstört  werden.  Bei 
bedeutender  Ausdehnung  des  Sacks  ist  die  Exstirpation  desselben 
indicirt. 

Bei  fistulösem  Geschwür  des  Thränensackes  (nicht  bei 
capillaren  Fisteln,  die  Kazaurow  als  wenig  belästigend  hält),  em- 
pfiehlt Kazaurow  (Zur  Frage  über  die  Behandlung  der  Thränen- 
sacküsteln.  Wratsch  1891,  Nr.  48)  folgendes  Verfahren:  Die  Be- 
handlung beginnt  mit  ausgiebiger  Eröffnung  des  Thränensackes; 
etwaige  Granulationen  sind  mit  dem  scharfen  Löffel  zu  entfernen 
and  mit  Lapis  mitigatus  zu  beizen.  Wenn  Caries  gefunden  wird, 
so  cauterisirt  Kazaurow  die  cariöse  Stelle  mittels  des  Thermo- 
canters;  vor  Heilung  der  Caries  ist  die  Fistel  nicht  zu  schliessen. 
Ist  der  Kanal  für  Bow manische  Sonde  Nr.  G  durchgängig,  so  tam- 
ponirt  Kazaurow  den  Sack  nach  B^inigung  desselben  5 — 6  Tage 
hindurch  mittels  eines  in  Oleum  Menthae  getränkten  Wattebausches. 
Oleam  Menthae  empfiehlt  er  als  ein  vortreffliches  und  wenig  reizen- 
des Andsepticum.  Der  Tampon  wird  täglich  gewechselt.  Nach  Ent- 
fernung des  Tampons  wird  der  Sack  mit  Jodoform  eingepudert  und 
der  Heilang,  die  bald  erfolgt,  überlassen.  Ist  der  Kanal  verengert, 
so  ist  die  Behandlung  complicirter:    Der  Thränensack  wird  eröffnet 


512 


florBtiDanfi. 


und  ebenso  mit  Olöura  Mmuliao  tamponirt.  Hierauf  schreitet  man 
■ur  Erwoitorunß  <^ti»  KanulB  durch  Einfülireu  von  Soudeu,  unmittel- 
bar oino  imvh  der  niuloron  bis  Nr.  B,  Wenn  die  Strictur  das  nicht 
■ttl&HHt,  «o  wird  ttio  uiit  dem  8 1 i  1 1  i  n  gesehen  Messer  eingeschnitten. 
Sodttun  tainjionirt  or  ckn  Kanul,  indem  er  eine  Sonde  Bowman 
Nr,  1 ,  di<v  t*r  mit  hygroskopi-süLfir  Watte  umwickelt  and  dann  in 
Oloum  Motithae  gotrtinkt  hut,  einiiihrt  und  dann  die  Sonde  &o  aus- 
tithti  dasa  die  Watta  am  oberen  Ende  unter  dem  Flättchen  recht 
diok  im  Kanäle  etoeken  bleibt.  Die  Watte  wird  täglich  gewechselt 
Wenn  Kaaaurosv  den  Kanal  für  dauernd  erweitert  hält  (nach  5  bis 
i\  Tag^n),  dann  wird  ein  RAhrchen  von  der  Dicke  der  Sonde  Nr.  6 
mit  «inem  Kanal  Ton  der  Dicke  der  Sonde  Nr.  2,  deäsen  ob^es 
Sud«  hakdnnvnuig  umgebogen  ist,  durch  das  weitaufgesohUtste  untara 
Tbftnaiir5hrcken  bis  durch  die  stricturirte  Stelle  eingeführt  und 
dautriMl  liagoü  gelassen.  Das  Rdhrohen  hat  auf  der  Höhe  der  Bie- 
gung oinan  4—^  em  langen  Schlita,  durch  weichen  die  ThTinaD  in 
dan  Kanal  liabau.  Dia  Fiatd  h«iH  dabei  Tolkti&aig.  Das  Bahrchaii 
wird  arvl  naah  voHalftiidigar  Hatlaag  aatfemt  Es  wird  gut  ^ar« 
trugani    Dia  VarOding  dea  Tfcitoengackaa  Terwiiffc  Kataarow, 

Da  Waekar  (Da  radaga  da  aaa  kcryiaaL  Ar^ivaa  dt»pkl. 
Bd.  II,  Kr. .%  aSdS)  MpiaUt  a&  Stella  der  Veiddaag  od«r  fiiaftw 
palioa  die  Auakratiaag  daa  Thränamsaekes.    Ka^  Spahaag 

•a  aar  fkreskal  wtid  ala  aaiuaa  K- 


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1:«KII)«M«*I 


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^«•Tkrta*»- 


Augenheilkunde'. 


5ia 


808.    Jede  Sonde  lässt  er  einige  Tage  lang  permanent  trage».     Das 
ktQ8   dem    Sacke   hervorragende  Ende    der   Sonde    wird    hakenartig 
limröckgebogeD.     Die  So ü den  sind  ans  Blei.     Die  dickste  Sonde  hat 
Qe  Stärke  von  2  mm  (bei  Männern  bis  2^,2  mm).     Wenn   die  letz- 
tere 2 — 3  Tage  getragen  wurde,  entfernt  Adamück  dieselbe  ganz, 
^die  Wnnde  wird  mit  Jodoform  eingepudert  und  der  spontanen  Hei- 
liTig  überlasseo,  die  meist  in  einigen  Tagen  erfolgt    Die  ganze  Be- 
handlung   dauert    2—3  Wochen    und    strebt    eine   Atropbirung    des 
lockeren,  den  Knochenkanai  auafüllenden  Gewebes  durch  permanenten 
Druck  an,  um  einen  dauernden  AbÖuss  des  Thränensackinhaltes  aa 
gewinnen.    Die  Thränensackblennorrhoe  wird  vor  dem  Sondiren  gleich 
ach  Eröffnung  des  Sackes  mittels  Iiapislösung ,    Jodoform  und  au- 
äereo  Mitteln  bekämpft.    In  Fällen,  wo  der  Kanal  ganz  zugewachsen 
oder  so  verengert  ist,  dass  bloss  die  feinsten  Sonden  mit  Mühe  durch- 
dringen,  und  auf  eine  Erweiterung   nicht    zu   hoffen  ist,    empfiehlt 
Adamück  die  Verödung  des  Sackes. 

Nach  Peters  (lieber  die  sog.  Thränensackblennorrhoe  der  Neu- 
geborenen. Zehender^ö  klin,  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  Bd,  29^  S.  376) 
gibt  es  eine  Reihe  von  Fällen  von  sog.  Thränensackblennorrhoe 
bei  Neageboreneii,  die  gar  nicht  durch  Schleim  hauter  krankung 
hervorgerufen  sind,  also  den  Namen  einer  Biennorrboe  gar  nicht 
verdienen.  Es  handelt  sieh  vielmehr  um  fehlende  Besorption  des 
Gewebes  an  der  Eiümündungsstolle  des  Thränenscblauches  und  da- 
durch behinderten  Abiluss  des  im  Lumen  des  Schlauches  befindlichen 
Belleamaterials.  Es  besteht  also  eine  wirkliche  Atrophie  des  Tbränen- 
Csehlauchea.  In  solchen  Fallen  genügt  eintiaches  Ausdrücken  des 
Thränensaekes  und  fleiesige  ßeiniguDg  der  Augen,  um  in  kürzerer 
üder  längerer  Zeit  HeiluDg  herbeizuführen,  selbst  bei  Ektasie  des 
Thränensackes.  Ausspülungen  der  Nase,  Application  von  Adstrin- 
atien  auf  die  Conjunctiva  erscheinen  entbehrlich ,  weil  eben  keine 
Erkrankung  dieser  Organe  vorliegt.  Höchstens  können  Ausspülungen 
Jes  Thränensackes  von  Nutzen  sein,  um  dem  Inhalt  den  Abiuss  zu 
erleichtei'n. 

Die  Thränensackblennorrhoe  der  Neugeborenen  ist  nach  H  e  d- 
d  a  6  u  s  (Zur  sog.  Thränensackblennorrhoe  der  Neugeborenen.  Ibid, 
30,  S»  81)  nichts  Anderes,  als  eine  Stauung  des  physiologischen 
ecretes  der  Tbränenwege  nach  dem  Thränensack  und  der  Lidspalte 
zu,  bedingt  durch  den  mechaniBcheu  Verschluss  der  Naseumündung 
des  Thränenschlauchs. 

Nach  den  Erfahrungen  von  Weiss  (Die  Behandlung  der  Thränen- 
f^ge  der  Neugeborenen.    Ibid.  S.  2B8)  genügt  nicht  in  allen   Fällen 
JabrtMich  d.  pracL  MedicLa.    1893.  33 


514 


Horst  maBD. 


von  Tbränensackleiden  der  Neugeborenen  die  Bigitalcompreesiou  des 
Tbränensackes,  vielmefar  ist  das  mehrmalige  Sondiren  mit  einer  coni- 
sehen  Sonde  am  Platz. 


<>.  ErkrankuDgen  Uv  Conjanctiva,  €omea  und  Sclera. 

Nach  Mutermilch  (Anatomie  des  inöammations  chroniques  de 
la  conjonctive.  Annal.  d'OonL  Bd.  106,  S.  241  u.  Bd.  107,  S.  328) 
ninSH  man  nnter  den  chronischen  Conjunctivitiden  nicht  etwa 
verschiedene  Formen  unterscheiden,  sondern  verschiedene  Stadien 
ein  und  derselben  Krankheit.  Das  Wesentliche  der  pathologisoh- 
anatomisehen  Veränderungen  der  chronischen  GonjuDctivitis  ist  die- 
jenige des  Epithels,  Mutermilch  unterscheidet  folgende  drei  Sta- 
dien: 1)  dasjenige  der  Proliferation  des  Epithels^  2)  dasjenige  der 
oberflächlichen  Zerstörung,  3)  dasjenige  der  totalen  Zeratöriing.  Der 
Änfaug  des  dritten  Stadiums  ist  typisch  und  beginnt  mit  einer 
schweren  Complication  von  Seiten  der  Cornea^  nämlich  dem  Pannus. 
Mut  er  milch  ist  Anhänger  der  Behandlung  mit  Argen  tum  nitrioumi 
Ouprum  sulphuricum  und  ähnlichen  Substanzen.  Im  zweiten  Theil  der 
Arbeit  schildert  er  die  Entwiokelung  der  Follikel  und  die  aecundären 
Epithelveränderungen,  die  ihr  Wachsthum  hervorbringt,  weiter  die 
Uebergänge,  welche  zwischen  den  subepithelialen  Lymphz eilen anhäu- 
fungen  der  acuten  Conjunctivitiden  nnd  dem  charakteristischen  Tra- 
chomfollikel  bestehen.  Er  kommt  zum  Scbluss,  dass  alle  Follikel- 
bildungen  demselben  anatomischen  Process  ihre  Entstehung  verdanken, 
und  dass  das  Trachom  keine  selbständige  Krankheitsform  darstelle» 

Holmes  Spicer  (The  analysis  of  one  hundred  and  üftj  eight 
cases  of  acute  purnlenl  Ophthalmia.  Ophib,  Hosp,  Bep*  Bd.  13^  S,  211) 
beobachtete  158  Fälle  von  purul enter  Ophthalmie  (mit  Ausnahme 
der  Ophthalmia  neonatorum),  wornnter  sich  126  Männer  fanden.  Durch 
gonorrhoisches  Secret  inficirt  waren  111  Männer  und  16  Frauen, 
Vollständige  Wiederherstellung,  oder  nur  geringer  Schaden,  trat  bei 
110  Fällen  ein.  In  allen  Fällen,  wo  die  Kranken  älter  waren ^  als 
38  Jahre,  war  mit  Ausnahme  eines  das  Auge  verloren.  Da,  wo  die 
Gonorrhoe  seit  4  Monaten  bestand,  trat  tiberall  Heilung  ein.  In 
98  Fällen,  wo  die  Cornea  in  Mitleidenschaft  gezogen  war,  wurde  bei 

zu 
In 


70öip  Argentum  nitricum    gebraucht.     55  ^^j   der  Augen    gingen 


Grunde.    Bei  16  Fällen  bestand   gonorrhoischer  Rheumatismus. 
5  Fällen  ging  die  Krankheit  mit  Membran hildung  einher. 

Bei  Frauen,   die   vom  Beginn  der  Geburt  an  in  Ueberwachnng 
sind,  empfiehlt  Brisken  (Zur  Verhütung  der  Ophthalmoblennorrhoea 


Allgenheil  kiLinde. 


515 


Q'eooatorum.  Münchener  med.  Wocheoschr.  1892,  Nr,  5)  zur  Ver- 
hütung der  Ophthalmoblennorrhoea  neoEatorum  die  des* 
inticirende  Auaspülang  der  Scheide  nach  Kaltenbach  uod  das  Aus- 
waschen der  Augen  des  neugeborenen  Kindes  mit  desti  11  irtem  Wasser, 
bei  Strassengeburten  aber,  auswärts  Untersuchten  und  Kreissenden^ 
[ie  erst  im  vorgerückten  Stadium  zur  Beobachtung  kommen ,  muss 
Anstalten  das  Orede'sche  Verfahren  als  Ergänzung  angewandt 
werden,  um  einen  Ausgangspunkt  zu  weiteren  Infectiooen  zu  ver- 
neiden.     Gegen  etwaige  Spätinfectionen  nützt  kein  Verfahren, 

V,  SteinbUchel  (Zur  Frage  des  EinHusses  der  Gonorrhoe  auf 
das  Wochenbett  und  auf  die  Augenerkrankungen  der  Neugeborenen. 
Wiener  klin,  Wochenschr.  1892,  Nr.  21  ii.  2*2)  untersuchte  das  öe- 
nitalsecret  von  BS4  Schwangeren  baeteriologiach  und  hatte  73  posi- 
tive Befunde  von  Gonorrhoe,  258  negative.  Von  den  Kindern  der 
ersteren  erkrankten  an  Augenaffectiouen  im  Ganzen  6,  davon  3  an 
virulenten  und  3  an  nicht  virulenten,  von  313  Neugeborenen  über- 
haupt hatten  4  virulente  und  9  nicht  virulente  Katarrhe.  Bei  den 
4  Kindern  mit  virulenten  Entzündmigen  fanden  sich  specitischo 
Neisser'sche  Diplokokken,  jedoch  können  nur  3  auf  einer  Primär- 
affection  während  der  Geburt  beruhen.  Der  grösste  Theil  der  Augen- 
affeciionen  waren  Reizangskatarriie  und  leichte  Entzündungen^  welche 
hervorgerufen  wurden  durch  unrichtige,  laxe  Anwendung  des  Cr e du- 
schen Verfahren  ß. 


Gerke  (Ein  Fall  von  Croup  der  Bindehaut.  Archiv  f.  Augen- 
heilkunde ßd,  24,  S,  305)  beobachtete  bei  einem  21jährigen  Soldaten 
anfaoglich  das  Auftreten  von  typischem  Croup  auf  der  Binde- 
haut, welcher  später  auch  die  Mund-  und  Nasenschleimhaut  ergriff. 
Durch  Ueberimpfen  von  Membrautbeiien  auf  Agar-Agar,  Blutserum 
und  Gelatine  gelang  es,  Culturen  zu  erlangen,  welche  Doppelstäbchen 
enthielten,  die  sich  am  besten  mit  der  Kühn  ersehen  Methylenblau- 
Methode  färbten.  Impfungen  derselben  aut  die  Bindehaut  dea  Kanin- 
chens und  des  Menseben  erzeugten  eine  Conjunctivitis  mit  Membran- 
bildung. 

Nach  Wood  (Diphtherie Conjunctivitis.  Med,  Record  1892,  Nr.  8) 

gibt  ©8  zwei  Formen  der  Conjunctivitis  diphtheritica:  die 

Etine   ist  als  eine  primäre  Diphtherie  zu  bezeichnen ,    die  andere  bat 

keine  Beziehung  zur  Diphtherie  uod  muss  richtiger  als  plastische 
Conjunctivitis  aufgefasat  werden.  Der  classische  Unterschied  zwi- 
schen diphtheritischer  und  membranöser  Conjanctivitis,  welcher  auf 
dem  Bestehen  oder   dem  Fehlen   einer  Inhltration  des  Gewebes  der 


5Ui 


HorsimaDn. 


Lider  und  der  Conjunctiva  beruht,  ist  ein  mangelhafter.  Der  einzige 
sichere  Beweis  der  diphtherischen  Natur  der  Oonjiinctivitis  Pseudo- 
membran acea  ist  der  Nachweis  des  Löffler'öchen  Bacillus,  oder  das 
spätere  Auftreten  von  liähmuogen  und  anderen  Folgeerscheinungen 
der  Diphiherie.  In  klinischer  Hinsicht  ist  das  Auftreten  von  All- 
gemein Symptomen  wesentlich  für  die  Aufstellung  der  Diagnose.  Die 
Ursache  der  Bildung  der  Paeudomembranen  bei  der  plastischen  Con- 
junctivitis ist  noch  nicht'  nachgewiesen  und  nicht  immer  dieselbe» 
In  manchem  Fällen  beruht  sie  auf  Eindringen  von  Streptokokken, 
oder  auf  katarrhalischer  Conjunctivitis,  Traumen,  Scrophulose  oder 
anderen  Einflüssen,  welche  die  "Widerstandskraft  des  Cewebes  lockern 
und  so  den  Weg  für  Infectionen  öffnen»  Die  plastiscbe  Conjuncti- 
vitis mag  zuweilen  für  das  Auge  gefährlicher  sein,  als  die  Conjunc- 
tivitis pseudomembranacea  diphtherischer  Natur,  die  Erfahrung  lehrt 
aber,  dass  die  Gefahr  in  directem  Zusammenhang  steht  mit  dem 
Grade  der  Lidschwellung  und  der  Infiltration  der  Conjunctivae 


Pauas  (Traitement  des  granulations.  Arch.  d'Ophtalm,  Bd,  12^ 
8*  353)  theilt  nach  einem  kurzen  historischen  Ueberbiick  über  die 
Behandlung  der  Granulosa  seine  eigenen  Anschauungen  hierüber 
mit.  Bei  acuten  Granulationen  mit  starker  Absonderung  empfiehlt 
er  Höllensteinlöaung  wie  bei  der  Blennorrhoe,  aber  weder  Kupfer- 
atift  noch  Scarificationen  und  Auskrataungen,  bei  der  ßubacuten  Form 
die  bekannte  Anwendung  der  Metallsalze  sowie  Massage^  und  falls 
kein  Erfolg  und  die  Hornhaut  miterkrankt,  so  leisten  Scarificationen 
der  Conjunctiva  mit  Ausbürstungen  oft  gute  Dienste.  Auch  Jequi- 
rity,  in  Pulverform  auf  die  Conjunctiva  aufgetragen,  ist  von  Nutzen. 
Vom  Therm ocauter  sah  er  wenig  Erfolg,  noch  weniger  vom  Aethyl- 
blau.  Die  Erfahrungen  über  subconjunctivale  Sublimatinjectionen 
sind  zu  gering,  um  ein  Urtheil  zu  erlauben.  Einimpfungen  von 
blennorrhoiachem  Eiter  sind  in  den  ganz  seltenen  Fällen  von  totalem 
sarkomatösem  Pannus,  hei  welchem  Verf.  zwei  überaus  günstige  Er- 
folge hatte,  zu  empfehlen.  Bei  vorgeschrittener  Narbenbildung  der 
Conjunctiva  leisten  öfters  wiederholte  Scarificationen  und  Massage 
mit  Queckstlberbioxyd  gute  Dienste.  Vor  Allem  muss  jtjde  schema- 
tische Behandlung  vermieden  werden.  Abgesehen  von  den  zur  Ver- 
beaserung  der  Lidstellung  angegebenen  operativen  Verfahren,  welche 
am  besten  direct  den  Knorpel  angreifen,  sind  blutige  Eingriffe  bei 
der  Behandlung  der  Granulosa  oft  angezeigt,  doch  verdient  noch 
öfter  die  medicamentöse  Behandlung  den  Vorzug. 

Bei  frischem  Trachom  empfiehlt  Fukala  (Die  schnellsta  und 


AagenheJlkunde* 


517 


einfachste  auf  patbologisch-anatomischen  Verändemogen  basirende 
Behandlung  des  Trachoms.  Internat,  klin.  Rundschau  1891,  Nr,  24 
und  25)  die  Zerdrückung  der  Follikel  mit  einer  kleinen  Korn- 
zange. Auch  im  zweiten  Stadium,  wo  die  Bindehaut  stark  ge- 
schwollen, roth,  die  PapiUen  sehr  hypertrophirt^  die  Follikel  weniger 
bemerkbar  sind,  quetscht  er  die  letzteren  aus,  nachdem  er  die  hyper- 
trophißchen  Papillen  ausgekratzt  bezw.  abgetragen  hat  Im  Schrum- 
pfungsstadium,  falls  sich  noch  Trachomkörner  in  der  üebergangsfalte 
Enden,  führt  er  dasselbe  Verfahren  aus.  Später  leistet  auch  eine 
1 — 20  ^,ige  rothe  Pracipitatsalbe  gute  Dienste. 

Debagory  (Zur  Frage  der  Trachombehaudlung.  Wjeätnik  Ophth. 
Bd,  9,  S.  12i2)  findet  die  Anwendung  starker  K  upf  er  v  i  tri  Öl- 
lösungen in  Glycerin  (1  :8  und  1 :  11)  beim  Trachom  in  Tropfen- 
form für  nützlich.  Das  Trachom  scheint  dabei  schneller  als  beim 
Gebrauch  des  Cuprumstiftes  (mit  Abwaschung)  zu  schwioden.  Noch 
mehr  scheint  der  Process  abgekürzt  zu  werden,  wenn  man  die  Spitzen 
der  Trachomkörner  mit  einer  feinen  Scheere  häufig  wegschneidet  und 
hierauf  die  Kupfer-Ölycerintropfen  gebraucht.  Die  Schleimhaut  werde 
dadurch  nicht  geschädigt. 

Darier  (Traitement  chirurgical  de  la  conjonctire  granuleuae. 
Arch,  d'Ophtalm.  Bd.  12,  S.  95)  empHehlt  auf  Grund  von  130  Be- 
abachtongen  aus  der  Abadie^achen  Klinik  dringend  die  chirurgi- 
sche Behandlung  der  granulösen  Conjunctivitis,  deren 
Haupt vorth eile  gründliche  und  dauernde  Heilung  sind.  In  Narkose 
wird  das  Lid  mit  einer  besonderen  Pincette  herumgewendet,  die 
Conjunctiva  scarificirt^  dann  mit  scharfem  Löffel  and  kleiner  Bürste 
aUes  krankhafte  Gewebe  entfernt,  und  schliesslich  die  ganze  Wund- 
fläche mit  Sublimat  1  i  500  ausgiebig  gewaschen.  Darauf  folgen  Eis- 
compresöen  und  Waschungen  mit  Smblimat  1  :  200.  Darchaus  nöthig 
ist  es,  das  Lid  täglich  umzuwenden,  die  Conjunctiva  mit  der  starkeu 
Sublim atlösung  zu  reinigen,  etwaige  Verwachsungen  zu  lösen  und, 
wenn  Krankheitsre^te  zurückgeblieben,  nochmals  auszubürsten.  Die 
mittlere  Behandkmgsdauer  betrug  einen  Monat.  Symblepharon  kann 
auftreten,  wenn  nicht  täglich  ektropionirt  und  gereinigt  wird.  In 
10  Fällen  musste  ein  Entropion  beseitigt  werden.  Die  Narben  sind 
nicht  stärker  als  bei  den  sonst  üblichen  Behandlungsarten.  Kanch- 
mal  wurde  ein  fibrinöses  Exsudat  der  Conjunctiva,  selten  geschwürige 
Hürahautaffection  beobachtet.  Bestanden  solche  schon  vorher,  so 
wnrdea  sie  durch  diese  Behandlung  günstig  beeinflussl. 

Bock  mann  (Periangiectomia  corneae.  Danielsen's  Zeitschr.  1892, 
8,  41)   empfiehlt  eine   breite    Excision    von    Conjunctiva    mit 


«18 


Horatmaun. 


sammt  dem  aubconjunotivalen  Bindegewebe  um  die  Cornea  henun 
als   das  wirksamste  Mittel   gegen  eioen   Fannag   tracbomatoeus* 

V.  Hippel  (Beitrag  zur  Behandlung  des  Traclioms,  Ben  der 
21,  Verö.  der  ophtk  Ges.  1891,  S,  91)  warnt  vor  der  Excision  der 
üebergangafalte.  Gute  Erfolge  lieferte  ilim  das  Verfahrea  der 
Gebrüder  Keiuing,  das  in  Abreibung  der  Conjunctiva  mittels 
eines  in  Sublimatlöeang  (1 :  2000)  getauchten  Wattebausches  besteht. 
Das  Verfahren  hat  den  Vorzug,  dasa  es  keine  besondere  manuelle 
Geschicklieb keit  voraussetzt  und  eine  ambulante  Behandlung  des 
Kranken  geatattet.  Die  leichteren  Formen  von  Trachom  werden  da- 
durch äicher  zur  Heilung  gebracht,  aach  bei  schwereren  wird  oft 
Heildug,  mindestens  aber  Besserung  erzielt.  Ausserdem  hat  es  einen 
günstigen  Einfluss  in  Bezug  auf  Complicationen  seitens  der  Cornea, 
Es  bewirkt  die  Biickbilduiig  der  Follikel,  ohne  dass  es  zu  erheblicher 
narbiger  Schrumpfung  der  Conjunctiva  kommt  Die  Beliandlungs- 
dauer  ist  eine  im  Vergleich  zu  den  bisher  üblichen  Methoden  be- 
deutend abgekürzte,  und  die  Beseitigung  etwaiger  ßecidiye  eine  meist 
auffallend  schnelle,  wodurch  die  Gefahr  des  Eintrittes  von  Hornhaut* 
complicationen  verringert  wird» 

Knapp  (Bemerkungen  zur  Trachombehandlung»  Arcb.  f.  Augen- 
heilkunde Bd.  25,  S.  1771  benutzt  eine  starke  Pincotte,  deren 
Branchen  sich  an  der  Spitze  in  Form  eines  Hufeisens  theilen.  Das 
Querstück  ist  ein  eich  drehender  stählerner  CyHnder  mit  Langsrinnen, 
Die  Anwendung  geschieht  in  der  Art,  dass  zunächst  das  Lid  ektro- 
pionirt  wird.  Darauf  führt  man  die  eine  Branche  der  Rollzange 
zwischen  die  Bindehaut  der  Sclera  und  des  Lides  und  die  andere 
auf  die  umgekehrte  Oberfläche  des  Lidknorpels;  die  Zange  wird  als- 
dann geschlossen  und  vorgezogen  ^  und  so  werden  die  infiltrirten 
weichen  Massen  ausgequetscht^  indem  die  Walzen  über  die  gefassten 
Geweböfalten  rollen.  Dieses  Verfahren  wird  über  die  ganze  Binde- 
haut wiederholt,  bis  die  Granula  und  der  Gewebssaft  vollständig  aus- 
gepresst  sind. 


I 


Die  phlyctänuläre  Conjunctivitis  kommt  nach  Fukala 
(Deber  die  Aetiologie  der  Conjunctivitis  phlyctaenulosa.  Archiv  für 
Augenheilk.  Bd,  24,  8.  224)  in  Amerika  weniger  vor,  weil  der  Wohl- 
stand der  niederen  Classe,  der  gute  Verdienst  der  Arbeiter  und  die 
billige  Fleischkost  ihren  wohltbätigen  Einfluss  auszuüben  vermögen. 
Doch  erlischt  das  Leiden  trotz  der  günstigsten  Verhältnisse  dort 
gar  nicht,  da  andere  Factoren  der  Aetiologie ,  viie  das  Ekzem,  die 
acuten  Exantheme,  zarte  Organisation  der  kindlichen  Haut  und  Ab* 


* 


^ 


Augenheilkunde, 


519 


ßtamintmg   von   Dicht   gesandeu   Eltern    in    Amerika   ebenso   wie  in 
Europa  mitwirken. 

Straub  {Ueber  die  Aetiologie  der  sog.  scrophulösen  Entzüudangen. 
ArcK,  f.  Augenbeilk.  Bd.  25,  S.  416)  fand  im  Eiter  und  Serum  ver* 
schiedeoer  Hautausschläge^  Blepharitis  und  Ekzem  ¥on  Patienten  mit 
Phlyctanen  den  Staphylococcus  pyogeues  aureus  und  albus, 
Impfung  damit  am  Hornhautrande  erzeugte  ein  einer  Phljctäne 
analoges  Bläschen*  Somit  ist  der  Stapbylococcus  pyogenes  als  die 
Ursache  von  Blepharitis  und  Ekzem  sowie  von  Conjunctivitis  und 
Keratitis  phlyctaenulosa  anzusehen. 

Cou^toux  (De  la  K^rato-Conjonctivite  d*origine  rhino-pharyn- 
gienne.  Annal.  d'OcuL  ßd.  106,  S.  104}  ist  der  Ansicht,  dasg  eine 
Anzahl  Augenerkrankungen  die  Folge  von  Krankheiteo  des 
Nasenrachenraumes  sind.  Besonders  sind  nach  Gou^toux  auf 
obige  Ursache  zurückzuführen  alle  Arten  von  Conjunctivitis  phlyctae- 
nnlaris  und  Frühlingskatarrh;  die  Ursachen  dieser  Erkrankungen 
sollen  adenoide  Wucherungen  im  Nasenrachenraum  sein.  Letztere 
AfTection  ist  zu  behandeln,  um  die  Augen erkrankung  zur  Heilung 
zu  bringen.  Zwei  charakteristische  Merkmale  sollen  die  Augenaffec- 
tionen  m.it  obiger  Aetiologie  haben,  nämlich  die  Periodicität  und  die 
Localisatlon  am  Rande  der  Cornea. 

Die  Pinguecula  besteht  nach  Fuchs  (Zur  Anatomie  der  Pin- 
guecula. V,  Graefe's  Arch.  für  Ophthalm.  Bd,  37,  H.  3,  S.  143)  in 
einer  Verdickung  der  Bindehaut,  an  welcher  eine  hyaline  Entartung 
der  Gewebselemente ,  sowie  die  Ablagerung  freien  Hyalins  wesent- 
lichen Antheil  hat.  Die  Ursache  dieser  Entartung  sind  die  senilen 
Veränderungen  des  Gewebes  zusammen  mit  dem  Einflüsse  äusserer 
Schädlichkeiten,  Dieselben  Bedingungen  führen  auch  in  der  Horn- 
haut zu  ähnlichen  hyalinen  Entartungen,  wie  der  Arcus  senilis,  die 
gürtelförmige  Hornhauttrübung  und  die  gelben  Flecken  in  Hornhaut- 
narben, Eine  andere  wichtige  Veränderung  der  Bindehaat  an  der 
Stelle  der  Pinguecula  besteht  in  der  ausserordentlichen  Vermehrung 
und  Vergrösserung  der  elastischen  Fasern,  für  welche  sich  aber  keine 
Analogie,  sei  es  im  Auge,  sei  es  in  anderen  Organen,  anftlhren  lässt. 

Das  Pterygium  entwickelt  sich  aus  der  Pinguecula.  Es  ist 
von  Bindehautepithel  überzogen,  welches  sich  auch  über  dessen 
Grenzen  ausdehnen  kann.  Da,  wo  das  Flügelfell  der  Hornhaut  auf- 
sitzt, ist  die  Bowman^sche  Membran  bis  auf  geringe  Beste  zu  Grunde 
gegangen*     Aber   auch    vor  dem  vorderen  Bande   des   Flügelfelles 


5J20 


HoTstroann* 


finden  sich  Veränderungen  im  Hortjhautgewebe ,  bestehend  in  der 
Zerstörung  der  ßowman'ßcheo  Membran  und  in  der  Auflockerung 
deß  Epithels,  sowie  der  oberÜächlichBten  LameUen  der  Cornea ,  ein 
Beweis,  dasö  dem  Fterygiem  eine  Erkrankung  der  Hornhaut  voran- 
schreitet.  Das  Verhältniss  des  fortschreitenden  FlügelfeUrandes  zur 
Hornhaut  gestaltet  sich  verschieden;  bald  dringt  dasselbe  als  lockeres 
und  gefässh altiges  Bindegewebe  zwischen  die  oberflächlichen  Lamellen 
der  Hornhaut  ein^  bald  besteht  es  aus  derbem  sklerotischem  Binde- 
gewebe, welches  auf  der  unversehrten  Bowman'schen  Membran  liegt. 
Brsteres  Verhältniss  dürfte  dem  progressiven,  letzteres  dem  statio- 
nären Flügelfell  entsprechen.  Fuchs  (üeber  das  Pterygium.  Ibid, 
Bd,  38,  H,  2,  S,  1)  ist  nun  der  Ansicht,  dass  eine  Pinguecula  Er- 
nährungSHtörüngeu  in  der  Hornhaut  veranlagst.  Die  o  bei  fläch  liehen 
Hornhautschichten  werden  gelockert  und  aufgelöst,  das  Bindegewebe 
des  Limbus  wächst  in  diese  Schichten  hinein.  Da  die  Ernäbmngs* 
flüssigkeit  vom  Randiächlingennetz  aus  nach  der  Hornhautmitte  zu 
fliesst,  so  schreitet  auch  die  Erkrankung  der  Hornhaut  in  dieser 
Richtung  fort,  infolge  dessen  wachst  das  Flügelfell  nach  der  Mitte 
derselben« 


Castaldi  (Nuevo  contributo  allo  studio  della  cheratite  settica. 
Gazz.  di  Clmiche  1891,  Bd,  2)  hält  auf  Grund  mehrerer  beobachteter 
Fälle  als  Ursache  mancher  bösartiger  eitriger  Keratitis  einen 
eigenen,  im  Thränensacke  vorkommenden  Streptococcus,  welcher, 
ohne  besondere  Absonderung  zu  verursachen  oder  die  Permeabilität 
des  Thränenkanals  zu  verhindern^  speciell  die  Wandungen  des 
Tbränensackes  cariös  inficirt.  Durch  ßückfiuss  durch  die  Thränen* 
kanälchen  werden  der  erkrankten  Bindehaut  und  Hornhaut  stets 
neue  Infectionselemente  zugeführt,  Verf.  hat  trotz  der  fleissigsten 
Antisepsis  am  Auge  und  starker  Aetzung  der  cariösen  Wandungen 
des  gespaltenen  Tbränensackes  zweimal  schlimme  Ausgänge  der 
Homhautaifection  gehabt.  Merkwürdigerweise  habe  sich  der  Citronen- 
saft  als  ein  wirksameres  Antisepticum  erwiesen  als  das  Sublimat, 
üeber  die  Natur  dies  es  besonderen  Streptococcus  hat  Verf.  bis  jetzt 
keine  eingehenden  UntersuchuDgen  gemacht,  hält  ilm  aber  für  ähnlich 
demjenigen,  der  in  der  DiphtheritiB  den  Boden  f&r  den  Löffler- 
achen  BaciUus  vorbereiten  soll. 

Gilletde  Grandmont  (De  la  nature  mikrobienne  des  K^ratites. 
Arch,  d'Ophtalm.  Bd.  12,  S.  149)  führt  die  Entstehung  von  Hörn- 
hautgescbwüren  auf  Mikroorganismen  zuröck,  welche  von  aufisen 
an   einer  nicht  intacten   Stelle    der  Hornhautoberfläche    eindringen. 


AngenbeUkuiKic, 


5Ü1 


Uebertnigtuig  von  Theileo  eines  GeschwüTSgrondes  anf  Agun^ar 
trgßb  CaUnren  verschiedener  Mikroben,  vorsngsweifle  Staphylokokken^ 
deren  Uebeiiinpfang  wiedenun  Geschwüre  ersengte« 

Bei  den  von  Hess  (Beitrag  zurKenntniss  der  F&dchenkeratitis. 
7,  6rtefe*ß  Archiv  f.  Ophthahn.  Bd,  38,  Nr.  1,  S*  160)  unterauchtea 
Fallen   von   Fädchenkeratitis    hatte    das    Homhautepithel    einen 
weg^ütlichen  Antheil  an  der  Bildung  der  Fädcheo.    Die  Entstehung 
der  letzteren    dürfte   vermathlich    durch    eine    eigenartige    Epithel- 
tirkmnkuog  besoDders  begüQstigt  werden.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen, 
d&ss  aeben  dem   Epithel   gelegentlich   auch  subepitheliale  Gewebe- 
theile  an  der  Bildung  der  Fäden  betheiligt  sindi  und  ebenso  können 
sich  wohl  einmal  Fibringerinnsel   oder  Schleimf^den  aus  der  Oon- 
junctiva  an  den  vorbandenfn  Hornhautfadehen  anheften»  Doch  dürl'teu 
beide  Hotnent«;  für  die  Entstehung  der  Päd  oben  von  geringerer  Be- 
deutung sein. 

Alb  ran  d  (Beobachtungen  über  das  Vorkoinmen  der  sog.  Fädchen- 
keratitis.  Zehender's  klin.  MonatöbL  t  A,  Bd,  HO,  Ö,  2fj5)  erblickt 
Inder  Fädchenkeratitis  nichts  weiter,  als  eine  Atroptnköratiti»*, 
sobald  dieses  Mittel  rücksichtälos  unter  geeigneten  Bediiigungen  die 
Hornhaut  triflFt.  Diese  Bedingungen  scheinen  dann  um  günatigsten 
zu  liegen,  wenn  nicht  ganz  reines  Atropin  verwandt  wird,  oder  wenn 
es  auf  eine,  ihres  Epithelschutzea  durch  Trauma  oder  Ulceratiou 
zum  Theil  beraubte  oder  durch  sonstige,  für  die  Ernlihrung  dm 
Hornhaut gewebes  hochgradig  deletäre  Processe,  wie  daö  Glaukom, 
geschädigte  Hornhaut  einwirken  kann. 

Die  bisher  allgemein  ab  Ursache  der  streifenförmigen  Trtibuu;.^ 
der  Hornhaut  nach  Staaroperationen  angesehene  Erweiterung  der 
Saftlücken  der  Hornhaut  ist,  wie  Hösh  (lieber  dte  Ursaohen  dtsr 
streifenförmigen  Hornhauttrübungen  nach  Staaroperationen*  Btir,  der 
22,  Vers.  d.  ophth.  Ges.  1B92,  S.  144)  zeigt,  nur  ein  zufälliger  Befund, 
Die  Streiten  sind  der  Ausdruck  eines  wellenförmigen  Verlauf«,  eimir 
Art  von  Faltenbildung  der  tiefsten  Hornhautschichteti,  herbeigeführt 
durch  ein  Missverhältniss  zwischen  der  Spannung  im  verticalen  und 
horizontalen  Hornhautmeridian,  welcher  durch  den  die  vordere  Kammer 
erö^Tnenden  Schnitt  bedingt  ist,  also  durch  eine  Art  Oompreflsion  der 
Cornea  im  horizontalen  Meridian.  Es  ist  Hess  zum  ersten  Male  ge- 
langen, die  Streifen  nach  Staareztraction  beim  Kaninchen  experimen- 
tell 2U  Studiren. 


522 


HoratmaEH. 


7,  Erkraukimg^^E  der  Iris,  des  Ciliarkürpers,  der  Ciiorioidea  (eiflsclil, 
§yiiipäthtsclier  Oplithalmie)  iiiid  des  Olaskarper^. 

Bei  der  Papillenerweiternng  durcli  Cocain  wird  nack 
Lioibourg  (Kritisclie  und  experimentelle  Untersuchungen  über  die 
Irisbewegung  und  über  den  Einfltiss  vob  Giften  auf  dieselbe,  beson- 
ders des  Cocain,  Archiv  f.  experim,  Pathol.  q*  Pbarmak.  Bd.  30, 
Nr.  1 — 2)  die  Dilatation  niemals  eine  maximale;  durch  Atropin  wird 
die  cocainisirte  Pupille  noch  mehr  erweitert.  Dieselbe  reagirt  aus- 
giebig auf  Beleuchtung  und  Convergenz.  Nach  Cocaiuiairuug  be- 
obachtet man  regelmäBsig  eine  Erweiterung  der  Lidspalte,  ferner  eine 
Herabsetzung  des  intraocnlaren  Druckes,  sowie  eine  Gefässverande- 
rung,  ausserdem  oft  eine  Verminderung  der  Accommodationsbreitej 
welch'  letzteres  Verhalten  jedoch  auf  die  Veränderung  der  Gefäase 
und  wahrscheinlich  hieraus  resultirende  Vorgänge  bezogen  werden 
mnm.  Alle  diese  Vorgänge  beruhen  darauf^  dass  das  Cocain  am 
Auge  die  Endigtmgen  des  Sympathicns  reizt.  Der  Apparat,  durch 
welchen  dieses  Mittel  die  Pupille  erweitert,  wird  vom  Trigeminns 
und  Sympathicus  zugleich  innervirt.  Die  Erscheinungen  bei  der  sog. 
direoten  Irisreizung  werden  durch  Cocain  modificirt. 


i 


Wie  B*  Kerschbaumer  (Ueber  Alters  Veränderungen  der  Uvea. 
Graefe^fl  Arch.  f.  Ophth*  Bd,  38,  Nr.  1,  S,  127)  nachgewiesen  hat,  geht 
das  Pigmentepithel  der  Uvea  im  Alter  in  der  ßegel  Verände- 
rungen ein,  welche  theils  byperplasti scher,  theils  regressiver  Natur 
sind.  An  der  Ora  serrata  nehmen  die  Pigmeutzellen  an  Grösse  su, 
und  ihre  Gestalt  wird  unförmig  und  plump,  ebenso  erfolgt  eine  Zu* 
nähme  der  Kerne.  Letztere  werden  blaas^  es  bilden  «ich  Vacuolen 
darin,  und  die  Zellen  zerfallen.  Das  Pigment  nimmt  in  manchen 
Zellen  zu,  in  anderen  verschwindet  es.  Die  innere  homogene  Schicht 
der  Glaslamelle  verdickt  sich  und  verliert  ihren  Glanz,  Körnchen 
treten  darin  auf,  das  Gitterwerk  der  äusseren  Schicht  erscheint  ver- 
dickt, die  Capillarmaschtin  werden  eng  und  nn regelmässig,  die  Capil* 
laren  selbst  sind  bald  erweitert,  bald  verengert  und  mit  varicösen 
Ausbuchtungen  verseben,  ihre  Wand  ist  verdickt  und  weisslich  ge- 
trübt. Die  Suprachorioidea  untersteht  den  Alters  Veränderungen  am 
meisten.  Die  Pigmentzellen  verlieren  ihre  Fortsätze,  und  die  Pigment- 
molecüle  werden  unregelmässig,  confluiren  und  bilden  Pigment- 
conglomerate.  Auch  die  grösseren  GefäsBe  erleiden  Veränderungen^ 
ihre  Wandung  wird  verdickt  und  zeigt  Bindegewebszunahme,  zuweilen 
auch  byaline  Degeneration. 


Angcnheilkoitde. 


o:;:o 


Hl' I 'Griff isJL  (Tlift  prognosis  of  chorioideftl  sarcomi.  Brit.  mied. 
JüQDL  läOl^  &  aÖO)  berickcet  aber  die  Besaitete  Ton  3B  £niicIeftüon«n 
icf&Ckazioidft^sarkoB.  14  Patienten  (^aber^O^^)  w«b  nach 
Abinr  voo.  3  bis  im  10  Jahren  Ton  BeddiTen  Terschonc  Sech^ 
nrtcK  aa  SarksHa  der  Leber,  und  drei  durch  die  weitere  Ausbretnui^ 
derCrfczaikaii^  Loeale  Becidire  in  der  Orbila  fanden  sich  bei  8<^^ 
Dv  TcrtHHT  ^anbc  nicht,  dass  die  Ge£üir  der  Mecasiam  durch 
da-  EnneLeation  erhöht  wird. 

Pröbsting  (Ueber  BInnnjectiQn  in  den  Glaskörper,    t.  Graefe's 
Ai^iT  £  Ophihalm.  Bd.  38,  Nr.  3,  S.  114)  injicirte  22  Kaninchen 
Blat  in  den  Glaskörper.   Von  Tag  zu  Tag  hellte  sich  die  Mass^^ 
iif,  die  Böcke  Tendiwand  mehr  und  mehr,   so  dass  man  xuletzt 
nor  eine  weiiae  Menae  erkannte,  welche  sich  zusehends  verkleinerteu 
Bei  aDen  Tkieroi  bildete  sich  einige  Zeit  nach  der  Injedicon  eine 
mit  dem  Aogen^iiegel  wahrnehmbare  Ablatio  retinae  aus.    Die  Augen 
werden  zwischen  dem  4.  und  100.  Tage  enudeirt  und  mikn»kopisch 
nnteraacht.   Die  Umwandlung  des  injicirten  Blutes  hatte  ihren  Grund 
zum  Theil  in  dem  Zer£ül  und  der  allmählichen  Resorption  der  rothen 
Blutkörperchen,   zum  Theil  wurde  die  Weissfarbung  durch  Neubil- 
dung von  Bindegewebe  herbeigeführt,  welche  entweder  von  der  Ein- 
stichstelle   aoaging  oder  mit  dem  injicirten  Blute  in  ^nnigem  Zu- 
sammenhange stand.    Der  Glaskörper  war  geschrumpft,  die  Chorio- 
idea  abgelöst  und  ihr  Pigmentepithel  atrophirt.    Auch  die  Netzhaut 
war  abgelöst,  ihre  Structur  nicht  mehr  zu  erkennen^  und  ihr  binde- 
gewebiges  Gerüst    stark   gewuchert,    von   welchem    bindegewebige 
Stränge    und  Zuge  in  den  Glaskörper  ausstrahlten,    welche  grosse 
Aehnlichkeit    hatten    mit   der    von  Manz    beschriebenen    Betinitis 
proliferans. 

B  o  ^  (De  l'ophtalmie  svmpathique.  Becueil  d'Ophtalm.  1891. 
8.  336)  machte  experimentelle  Untersuchungen  über 
PanOphthalmitis.  Bei  dieser  Gelegenheit  beobachtete  er  auch, 
ob  nicht  etwa  sympathische  Ophthalmie  auf  dem  anderen  Auge  aus- 
brechen wüi'de,  aber  stets  mit  negativem  Besultat  Selbst  die  anato- 
misch untersuchten  Optici  waren  ganz  £rei.  Nach  B  o  e  beweisen  die 
Versuche  von  Deutsch  mann  durchaus  nicht,  dass  die  sympathische 
eine  Ophthalmia  migrans  ist.  Deutschmann's  Versachthiere  starben 
sammtlich  an  allgemeiner  Infection.  Es  war  daher  Datürlich,  dass 
sich  auch  in  den  Optici  Mikrokokken  fanden. 

Manara    (Ottalmia  simpatica.     Borna  1892;   bat  an  Kaninchen 


524 


uorstmaun. 


zahlrmcbe  Versuche  angesteUti  um  die  Fortpflanzangs wege  der 
Opiitbaimia  sympathica  za  ermitteln^  fand  aber  die  Deutech- 
mann'schen  Angaben  niclit  bestätigt  Die  Einimpfungen  von  Staphylo- 
coccus  aureus  und  albus,  von  Streptococcus  pyogenes  in  den  Glas* 
körper  haben  sowohl  bei  unversehrten,  als  auch  bei  bereits  durch 
Einführung  eines  aseptischen  Körpers  gereizten  Augen  die  regelrechte 
infectiöse  Entzündung  hervorgebracht;  aber  das  gesunde  Auge  blieb 
vollständig  Eormal,  and  am  entzündeten  konnte  keine  Spur  von 
Mikroorganismeü  in  den  Sehnerven  scheiden  aufgefunden  werden. 
Der  Nachweis  wurde  durch  Culturen  und  durch  das  Mikroskop  ver- 
sucht Verf.  glaubt  daher,  dasa  das  gesunde  Auge  nur  dann  afficirt 
wird,  wenn  durch  die  Impfung  eine  AUgemeininfectioo  hervorgerufen 
worden  ist, 

Greeff  (UoterBuchungen  über  Ophthalmia  migratoria.  Ber.  d. 
22.  Vers,  d.  ophth.  Ges,  1892,  S,  15)  berichtet  über  die  bacterio- 
logischen  Untersuchungen  von  19  Sehnerven,  die  tlieils 
nach  ausgebrochener  sympatbiacber  Entzündung,  theils  aus  Furcht 
vor  sympathischer  Entzündung  resecirt  worden  waren*  Durch  die 
veTBchiedensten  Gulturveriabren  ^  durch  anaerohe  Züchtung,  durch 
Einimpfen  in  die  vordere  Kammer  von  Kaninchen  konnte  keinmal 
die  Einwanderung  von  Mikroben  in  den  Sehnerv  oder  seine  Scheiden 
constatirt  werden.  Es  wurden  ferner  Experimente  darch  Einimpfen 
von  FauläüBsigkeit,  Aspergillus  fnmigatus,  Staphyiococctis  pyogenes 
aureus  etc.  in  den  Glaskörper  des  Auges  von  Kaninchen  gemacht. 
Ein  U  eher  wandern  der  Mikroben  von  einem  Auge  zum  andern 
durch  den  Sehnerv  oder  seine  Scheiden  konnte  keinmal  constatirt 
werden.  Nur  dann  fanden  sich  im  zweiten  Auge  oder  dessen  Seh- 
nervenscheide Mikroben  ein,  wenn  Allgemeininfection  aufgetreten 
war,  die  Mikroben  also  auf  dem  Wege  der  Blutbahn  dorthin  gelangt 
waren.  Die  Deutschmann'schen  Versuche  bat  bis  heute  noch  nie- 
mand bestätigen  können.  Die  Deutschmann'sche  Migrationstheorie 
darf  deshalb  nicht  als  bewiesen  betrachtet  werden. 

Obwohl  Buller  (Ophthalmie  Eec.  1892,  Nr.  1)  glaubt,  dusfi  die 
nach  der  Entferniiug  des  lädirten  Auges  auftretende  sym- 
pathische Ophthalmie  viel  weniger  virulent  ist,  als  diejenige, 
welche  auftritt,  wenn  die  Enucleation  zu  lange  hinausgeschoben  ist, 
so  glaubt  er  trotzdem,  dass  das  Aoge  eines  Kindes  auf  Grund  einer 
Verletzung  niemals  enuelelrt  werden  sollte,  solange  sympathische 
Ophthalmie  nicht  wirklich  eingetreten  ist  Er  glaubt,  dasa  die  Re- 
eection  des  Sehnerven  oft  sympathische  Ophthalmie  verhindere,  nnd 
dass  «ie  in:jmer  in   passenden  Fällen  versucht  werden  solle,   bevor 


I 
I 
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A  u  genhei  1  kunde« 


525 


man  zur  Enücleation  seine  Zuflucfat  nehme.  Er  übt  auch  die  Evißce- 
ratioQ  aus,  besonders  wenn  die  Verletzung  auf  den  vorderen  Theil 
des  Auges  beschränkt  ist. 

Schmidt-Rimpler  (Beitrag  zur  Aetiologi©  und  Prophy- 
laxe der  sympathischen  Ophthalmie,  v.  Graefe^s  Archiv  für 
Ophth,  Bd.  38,  Nr.  1,  S*  199)  huobacbtete  trotz  Ausführung  der  He- 
section  des  Opticus  nach  l^.^  Jahren  das  Auftreten  einer  sympathi- 
schen Ophthalmie,  Im  enucleirten  Auge  liessen  sich  keine  Bacteriea 
nachweisen,  Aueserdem  sah  er  eine  sympathische  Ophthalmie  sich 
entwickeln  ohne  vorausgegangeue  DruckempÜndlichkeit.  Als  erstes 
Symptom  zeigte  sieb  Iritis  serosa.  Beide  Fälle  liessen  sich  durch 
die  Migrationstheo  He  nicht  erklären.  Schmidt-Kimpler  ist  der 
Ansicht,  dass  die  alte  Giliarnerventheorie  immer  noch  am  besten  das 
Znstandekommen  der  sympathischen  Ophthalmie  erklärt.  Die  Rei- 
zung des  Oiliarnerven  in  dem  verletzteo  Auge  gibt  durch  eine  reflec- 
(orisch  eiDgeleitete  Störung  in  der  Blutcirculation  und  Ernährung 
einzig  und  allein  die  Disposition  zur  sytnpethischen  EntzüDdung  des 
anderen  Auges«  Je  läuger  die  Veränderungen  besteben  und  je  aus- 
gedeJinter  sie  sind,  um  so  mehr  ist  der  Boden  für  die  Einwirkung 
von  entzündungaerregenden  Schädlichkeiten  vorbereitet.  Dieselben 
Schädlichkeiten,  welche  io  einem  gesunden  Organ  leicht  und  ohne 
Nachtheil  überwunden  werden,  können  hier  zu  den  getahrlichsteo 
und  zerstörendsten  Processen  führen;  treten  keine  solche  Schädlich- 
keiten hinzu,  so  kommt  es  auch  nicht  zu  einer  sympathischen  Oph- 
thalmie. Da  durch  die  reflectoriscbe  Wirkung  der  gereizten  Oiliar- 
nerven vorzugsweise  Störungen  im  Gebiete  der  Uvea  angeregt  wer- 
den,  80  wird  es  in  der  Hegel  auch  zu  Erkrankungen  dieser  Mem- 
branen kommen. 

8«  (flaukoui. 

Schweigger  (Üeber  Glaukom,  Berl,  klin.  Wochenschr,  1882, 
Nr*  27)  ist  der  Ansicht^  dass  die  wesentlichsten  Fehler,  welche  in 
der  Lehre  vom  Glaukom  begangen  worden  sind,  darin  ihren 
Grund  haben,  dass  man  aof  ein  vereinzeltes  Symptom  zu  viel  Ge- 
wicht legt.  In  erster  Linie  ist  dies  die  Sehnervenexcavation,  Als 
Glaucoma  aimplex  wurden  vorwiegend  Fälle  von  Erblindung  mit  Ex- 
^H  cavation  des  Sehnerven  bezeichnet,  aber  eine  durch  Sehnervenatrophie 
^B  verbreiterte  und  vertiefte  physiologische  Excavation  uaterscheidet 
■  sich  in  nichts  von  der  Druckexcavation.  Ob  die  in  solchen  Fällen 
^H  vorhandene  helle  Entfärbung  des  Sehnerven  eine  Sehnervenatrophie 
^H  bedeutet,  oder  ob  Sehnervenatrophie  lediglich  Folge  der  Druckexca- 


526 


Uorätmann. 


vation  ist,  kaDB  mit  dem  Augenspiegel  nicht  oliEe  Weiteres  coo- 
statirt  werden.  Findet  sich  auf  einem  Auge  eine  tiefe,  den  Seh- 
nervenrfind  erreichende  Excavation^  auf  dem  andern  ein  flacher 
Sehnerv,  so  ist  mit  Sicherheit  die  Diagnose  auf  Glaukom  zu  stellen. 
Schwierig  iet  die  Di£Ferentialdiagnose  in  allen  den  Fallen^  in  welchen 
beiderseitig  Excavation  und  Sehstörnng  vorhanden  ist,  da  hier  weder 
der  Augenspiegelbeftind  noch  die  Art  der  Sehstöning  einen  sicheren 
Anhalt  für  die  Entscheidung  gibt.  Treten  hier  anfallsweise  Ver- 
schleierungen des  Gesichtsfeldes  und  Regenbogensehen  auf  und  ver- 
schwinden wieder,  so  ist  die  Diagnose  Glaukom  gesichert. 

Ulrich  (Ueber  experimentelles  Glaukom  bei  Kaninchen.  Archiv 
f.  Augenheilk,  Bd,  25,  S*  1)  gelang  es  in  elf  Fällen,  durch  multiple 
Excisionen  der  Hornhaut  von  Kaninchen  eine  mehr  oder  weniger 
ausgedehnte  Einheilung  der  Iris  in  die  Cornea,  also  ein  Leucoma 
adhaerens,  zu  Stande  zu  bringen.  In  vier  dieser  Fäll©  entstand 
ein  ausgesprochenes  Secundärglaukom  mit  deutlicher  und  constanter 
Zunahme  des  intraocularen  Druckes.  Unter  den  übrigen  sieben 
Fällen  war  bei  fünf  die  Druckzunahme  zweifelhaft,  und  zwei  Augen 
wurden  phthisisch.  Die  vier  Bulbi  mit  erhöhtem  intraocnlarem 
Druck  wurden  enucleirt  und  mikroskopisch  untersucht  Die  mit  der 
Cornea  verwacbsene  Iris  war  stark  gespannt  und  verdünnt^  ihr  Ge- 
webe verdichtet,  indess  kaum  hyperämisch;  die  Processus  ciliares 
waren  stark  pigmeotirt,  das  Pigment  lag  in  der  Nähe  der  Gefässe. 
Der  unmittelbare  Effect  einer  ergiebigen  Miteinheilung  in  den  Defect 
der  Cornea  war  eine  Zerruug  des  Irisgewebes  und  des  Ciliarkörpers, 
sowie  eine  Verengerung  der  vorderen  Kammer  und  des  Eon  tan  a* 
sehen  Baumes.  Infolge  der  Hyperämie  der  Ciliarfortsätze  tritt  eine 
starke  Secretion  des  Humor  aqueus  au£  Die  starke  Pigmenlinfil- 
tration  der  Processus  cihares  war  zurückzufuhren  auf  eine  mit  Stag- 
nation verlaufene  länger  dauernde  H3rperämie.  Die  Hypersecretion 
des  Humor  aqueus  ist  das  Fundament^  auf  welchem  sich  das  Glau- 
kom aufbaut. 

Nach  V.  Garnier  (Einiges  über  Glaukom  und  die  damit  zu- 
sammenhängenden Gefäss Veränderungen,  Archiv  für  Augenheilk» 
Bd.  25,  S,  24)  besteht  die  Prädispos  ition  zu  Glaukom  in  einer 
verminderten  Elasticitat  der  elastischen  Gebilde  des  Auges,  der  Ge- 
fässe, besonders  der  Chorioidea  und  der  äusseren  Augenkapsel,  der 
Sclera.  In  einem  solchen  Auge  besteht  eine  nutritive  Störung  der 
Gewebe,  beruhend  wahrscheinlicb  auf  allgemeinen  Ernährungs* 
Störungen,  die  sich  als  eine  Verminderung  der  normalen  Gewebs- 
elasticittit  kundgibt.     In   einem  Falle  von  traumatischer  Linsenquel- 


I 


Augenheilkunde. 


527 


ist  letztere  die  erste  Ursache  der  intraocularen  Drucks teigerung 
nnd  sie  brachte  diejenigen  anatomiäoheß  Veränderungen 
\  die  lur  Glaukom  charakteristisch  Bind:  Dehnung  der  äusseren 
Bnlbitekapeel,  Verschluss  der  Kammerbucht  und  Excavation  des 
Opticaa.  Diese  drei  Momente  können  den  Aböuss  der  ißtraocu- 
laren  Flüssigkeit  verhindern,  eine  sog.  lympbatische  Stauung  her- 
Torbiiiigen   mid   die  Spannung  direct   erhöhen.     Der  Druck   auf  die 

El^eoae  ▼ortioosae  und  die  dadurch  bewirkte  venöse  Blutstauung  in 
tter  Chonoidea  iat  als  Folge  der  soleralen  Dehnung  zu  betrachten. 
Die  Arterienveränderungen  sind  aecundfir  und  als  ein  selbatregistri- 
render  compensatorischer  Procesa  anaiusehen. 
Schnabel  (Das  glaukomatöse  Sehnervenleiden*  Archiv  L  Augen- 
heUkunde  Bd.  25,  8*278)  ist  der  Ansicht^  dass  die  glaukomatöse 
Excavation  bedingt  sei  durch  retrobulbtlre  Neuritis  und  Schwund 
des  intraocularen  Theiles  des  Sehnerven^  und  zwar  nicht  bloss  der 
Nervenfasern,  sondern  aller  conatituirenden  Elemente  desselben.  Als 
Beweis  dafür  wird  ein  Fall  angeführt  ^  in  welchem  bei  halber  Seh- 
schJIrfe  und  nahezu  freiem  Gesichtsfeld  im  inarklosen  Sehnerventheil 
ein  weit  vorgeschrittener  Schwund  der  Nervenfasern  sowie  aller 
Bauelemente  gefunden  wurde,  und  im  markhaltigen  Sehnerven- 
abschnitt,  von  der  Hinteriäcbe  der  Lamina  cribrosa  bis  zum  Cliiasmat 
chronische  interstitielle  Neuritis  in  verschiedenen  Stadien.  Dass 
68  sich  in  diesem  Fall  überhaupt  um  Glaukom  gehandelt  habe^  ist 
ftllerdings  nicht  erwiesen,  denn  die  Thatsacbei  dasa  Behnervenatrophie 
bei  priexi  stiren  der  physiologischer  Excavation  ein  von  Druckexca- 
vation  überhaupt  nicht  zu  unferscheideDdes  Augen  Spiegelbild  liefert, 
wird  von  Schnabel  nicht  berücksichtigt. 

Arnold  (Zur  Behandlung  des  infantilen  Glaukoms  [Hydropb- 
dttinos]  durch  Sclerotomie.  Beitr.  zur  Augenbeilk.  1891,  3.  Heft| 
8.  16)  berichtet  über  20  Fälle  von  Hydro phthalmos,  bei  welchen 
die  Sderolomie  ausgeführt  war.  Darunter  waren  14  volle  Erfolge 
Qsd  6  Miasarfolge.  Es  ist  nur  nöthig,  dass  die  Operation  mdglichst 
&tbaettig  Torgenommen  wird,  damit  der  Krankheitsprocess ,  der 
auf  eiDeEr  intraocularen  Drucksteigerung  beruht^  zum  Btill- 
wird. 

9.  Erkranknn^en  der  Linse, 

(Anterior  central  capsular  and  pyramidal  cataracts;  their 

TrtnB.  Ophth,  8oc.  Bd.  11,  S.  70)  ist  der  Ansicht,  deae 

CmtAtmcim^  pyramidalis  ein   nicht   absorbirter  Theil   der  Kupael* 


528 


Horstmann. 


pupiüarmembraia  iat.  Er  fiibrt  ein  Beispiel  an,  in  welchem  XJeber- 
bleibael  von  einer  Pupillarmembran  mit  einer  solchen  Cataraet  zu- 
sammenhängen, nnd  führt  zu  dieser  Thatsache  an,  dass  in  einer 
grossen  Zahl  von  Fällen  keine  Spur  von  TrübuDg  in  der  Cornea  ent- 
deckt werden  kann,  was  kaum  der  Fall  sein  könnte,  wenn  dieselbe 
ulcerirt  gewesen  wäre. 

Melli  nger  (Experimentelle  Forschungen  über  die  Entsteh ang  der 
in  letzter  Zeit  bekannt  gewordenen  Trübungen  der  Hornhaut  nach 
Staarextractionen.  v.  Graefe's  Archiv  für  Ophtha  Im,  Bd,  37,  H*  4, 
S.  159)  führt  die  bekannten  Trübungen  der  Oornea  nach  Staar- 
operationen  auf  die  Anwesenheit  von  Sublimat  in  der  vorderen 
Kammer  zurück.  Bleiben  die  Flüssigkeiten  nur  kurze  Zeit  daselbst, 
80  ist  die  Trübung  vorübergehend,  im  andern  Falle  dauernd.  Et- 
waiges in  der  vorderen  Kammer  befindliches  Cocain  unterstützt  ein- 
mal durch  Veränderung  des  Endothel  wodurch  die  Flüssigkeit  zum 
Parenchym  gelangen  kann,  die  Entstehung  der  Suhl imattr Übung  und 
sodann  dadurch,  dass  durch  die  Druck  Verminderung  und  den  Collaps 
der  Hornhaut  das  Eindringen  und  Zurückbleiben  von  Sublimatlösung 
in  der  vorderen  Kammer  erleichtert  wird.  Die  Trübung  ist  patho- 
logiöch-anatomiHch  bei  der  vorübergehenden  Snblimatkeratitis  eine 
Quellung  des  Lymphspaltensjstems  der  Hornhaut  und  bei  der 
dauernden  eine  durch  die  Quellung  verursachte  Schrumpfung  des 
Hornhautparenchyms  mit  secundärer  Verlagerung  der  Hornhaut- 
fibrillen.  Nur  bei  Benutzung  von  S^ij^iger  Borlösung  und  i|2%ig^ 
Kochsalzlösung  konnten  die  Trübungen  sicher  vermieden  werden. 

Nach  Parinaud  (Le  prolapsus  de  i^iris  dans  Textraction  simple 
de  la  cataracte,  Hec.  d'Opht.  1891,  S.  321)  besteht  der  Hauptvor- 
warf,  welchen  man  der  einfachen  S taarextr actio n  machen 
kann^  darin,  dass  erstens  die  Cortexmassen  schwerer  zu  entfernen 
sind,  also  häufiger  Secundärcataract  entsteht,  und  dass  zweitens  sich 
leichter  ein  Iriaprolaps  bildet.  Wenn  nach  der  Extraotion  die  Iris 
nicht  ihre  gewöhnliche  Lage  wieder  einnimmt,  oder  die  Pupille  trotz 
der  Reponirunge versuche  mit  dem  Spatel  nicht  ihre  runde  Form 
wieder  bekommt,  so  soll  man  nicht  zaudern,  eine  Iridektomie  zu 
machen.  Bei  secundärem  Iriaprolaps  kann  man  24  Stünden  nach  der 
Operation  noch  die  Iridektomie  machen;  später  dagegen  ist  eine 
Zerstörung  des  Prolapses  mit  dem  Galvaoocauter  vorÄUziehen. 


I 


I 


AagenhetlkuDde. 


58'J 


N 


10.  Kranklieiteit  der  Netzhaut  and  des  Sehnerven, 

Ball  (Operative  treatment  of  the  detachement  of  the  Betma. 
Trans.  Amer.  Ophthalm.  Soc.  1891)  gibt  die  ausführliclien  Kraoken- 
geaobicbten  von  fünf  FälleD  von  Netzhaatablösung,  welche  er 
nach  Schoelers  Methode  der  Injection  von  Jodtinctur  behandelte, 
nachdem  andere  Methoden  ihn  im  Stiche  gelassen  hatten.  In  keinem 
Falle  warden  dauernd  gute  Resultate  erzielt 

Schönfeld  (Beiträge  zur  Behandlung  der  Netzhautablösung, 
loaug.-Diss.  Berlin  1892)  constatirt  aus  dem  Studium  der  Litteratur 
aad  aus  23  auf  der  Berliner  Universitäts-AugeDklinik  mit  der  In- 
jection  von  Jodtinctur  behandelten  Fällen,  dass  durch  diese  Methode 
ein  Fortschritt  in  der  Therapie  der  Netzhautablösung  nicht  erzielt 
worden  ist. 


Bauholzer  (Zur  pathologischen  Anatomie  der  KetinitiB  proli* 
ferans,  Archiv  f.  Augenbeilk,  Bd.  25,  S*  186)  gibt  die  nntersuchung 
eines  Auges,  in  welchem  sich  nach  einer  Verletzung  das  Bild  einer 
Retinitis  proliferans  entwickelt  hatte  und  das  später  wegen 
Sohmerzhaftigkeit  enucleirt  worden  war.  Von  besonderem  Interesse 
war  das  Verhalten  der  Netzhaut.  Zwischen  der  inneren  Ghrenz- 
membran  und  der  Ganglienzellen  schiebt  fanden  sich  reichlich  ein- 
gelÄgerte  Zellen;  beim  Durchtritt  durch  die  innere  Kömerschicht 
zeigten  sich  die  Radiärfasern  deutlich  verdickt,  der  nach  dem  Glas* 
körper  zu  liegende  Tbeil  der  StQtzfasern  liess  ein  exceasives  Wachs- 
thum  erkennen,  zugleich  erschien  eine  Verästelung  und  znm  Theil 
ßbriliäre  Auffaserung  des  inneren  Endes  derselben,  longitudinal  ver- 
laufende, dichte  Bindegewebszöge  traten  auf  Bald  verbanden  sich 
die  inneren  Enden  der  gewncherten  Stötzfasern  au  einer  deutlichen 
^_  (jreazmembrän,  bald  sti essen  sie  in  gewissen  Zwischenräumen  arkaden- 
^HlbiiDig  zusammen,  häufig  faserten  sie  sich  auch  am  centralen  Ende 
^FaniV  In  der  Umgebung  des  Sehnerven  erhob  sieb  die  Netzhaut  zu 
^H mehreren  schmalen,  steilen  Falten  mit  so  engem  Lumen,  dass  das 
^HNenroepithel  der  beiden  Seiten  sich  in  der  Mitte  berührte«  Im 
^BZwischenraum  zwischen  solchen  Falten  lag  die  Betina  vollständig 
^Vder  Chorioidea  an.  —  Die  Ursache  der  Erkrankung  war  in  einem 
schweren  Trauma  mit  massigen  Glaskörper-  und  Netzhautblutungen 
im  andhen,  infolge  dessen  eine  auf  die  Innenfläche  der  Netzhaut  be- 
tckränkte  Wucherung  auftrat,  die  auf  prolilerirenden  Radiärfaseni 
Süd  fiaogebildetem  Bindegewebe  bestand*  Die  Netzhaatfattung  war 
dnrcli  die  Zagwirkung  seitens  des   schrumpfenden  Gewebes  zu  er- 

mi^mk  d.  pncL  MedldiL    fOB.  U 


530 


HorBtraanu. 


Auf  Gruud  der  Beobachtung  von  zwei  Fäilen  von  B-etinitia 
proliferans  ist  Schnitze  (Beitrag  aar  Entsteh uüg  der  sog.  Ketinitis 
proliferans.  Archiv  f.  Augenheil k,  Bd.  25^  S.  278)  der  Ansicht,  dass 
ee  sich  dabei  nicbt  um  eine  exsudativ  entzüDdliehe  Masse  handelt^ 
sondern  um  eine  Ablagerung  vqd  nicht  resorbirtem  Blutfibrin  als 
letztem  Rest  einer  vor  auf  gegangenen  Netzhaut-  und  Glaskörper- 
blutung.  Diese  aufgelagerten  Bktfibnnmassen  sind  mit  der  Netzhaut 
in  feste  Verbindung  getreten  und  haben  die  darunter  gelegenen 
nervösen  Theile  io  der  Netzhaut  zur  Atrophie,  die  bindegewebigen 
zur  Hypertrophie  gebracht  und  sich  schliesslich  selbst  in  feinfaseriges 
Narbengewebe  umgewandelt.  Das  Fehlen  entzündlicher  Producte, 
vor  Allem  die  auffallige  Arnauth  der  Auflagerang  und  der  UmgebuDg 
an  zelligen  Elementen ^  ferner  die  völlige  Gefasslosigkeii  der  Membran 
und  die  Zusammensetzung  aus  feinfaserigem  Gewebe  scheinen  für 
die  Ablagerung  von  Blutiibrin  zu  sprechen» 

Deutsch  mann  (Einseitige  typische  Betinitis  pigmentosa  mit 
pathologisch-anatomischem  Befund.  Beitr.  zur  Äugenheilk.  Bd.  1, 
H.  3,  S,  69)  untersuchte  einen  Fall  von  typischer  einseitiger 
Retinitis  pigmentosa  mikroskopisch*  Die  Netzhaut  war  hoch* 
gradig  verdünnt ,  nur  an  der  Macula  fanden  sich  noch  sämmtliche 
Schichten  in  guter  Anordnung,  Die  Netzhau tgefässe  waren  stark 
sklerotisch  verdickt.  Das  Pigment  der  Retina  erstreckte  sich  durch 
alle  Schichten,  Das  Pigmentepithel,  von  dem  das  Pigment  wucherte, 
zeigte  iheils  atrophische,  theils  hypertrophische  Veränderungen,  Das 
Netzhautpigment  stammte  sicher  vom  Pigment  epithel  her.  Die  Ver- 
änderung desselben  war  die  Folge  einer  Ernährungsstörung,  die 
wahrscheinlich  ihren  Ursprung  in  der  Sklerose  der  Aderbautgefässe 
fand.  Ebenso  erlitt  die  Netzhaut  Ernährungsstörungen,  wodurch  die 
Degeneration  zu  erklären  war.  Der  ursprüngliche  Sitz  der  Erkran- 
kung war  jedenfalls  in  beiden  Membranen  zugleich  zu  suchen« 

Auf  Grund  der  Beobachtung  von  vier  Fällen  von  Commotio 
retinae  ist  Makrocki  (Zur  Symptomatologie  der  Commotio 
retinae.  Archiv  £  Äugenheilk.  Bd.  24,  8,  244)  der  Ansicht,  dass 
charakteristisch  für  diese  Affection  eine  Netzbauttrübung  ist,  ausser- 
dem ein  meist  ganz  peripher  gelegenes  Skotom,  das  nach  kurzer  Zeit 
verschwindet,  und  eine  massige  Herabsetzung  der  centralen  Seh* 
schärfe,  die  gleichfalls  nach  kurzer  Zeit  einem  normalen  Verhalten 
Platz  macht. 


Augenheilkunde. 


531 


IL  Angenerkranknn^eii  \m  AllgemeiMleiden» 

Wilbraod  (lieber  nerväae  Aetheoopie.  Bericht  der  21.  Ver- 
sfLmmliiiig  der  ophthalm.  Gesellschaf fc  1891,  S.  178)  will  den  Ausdruck 
nöurasthenische  Asthenopie  durch  nervöse  Asthenopie  ersetzt 
wissen,  weil  die  nervöse  Asthenopie  nicht  allein  ftlr  die  ^Neurasthenie, 
sondern  auch  für  alle  Formen  von  Neurosen  charakteristisch  ist.  Die 
sog.  Anaesthesia  retinae  ist  der  Ausdrack  einer  allgemeinen  Neurose. 
Auf  Grund  von  45  Beobachtungen  kann  Wilbrand  nachweisen, 
dass  cutane  SeDsibilitätöBtörungen  ansaerordentlich  häufig  nait  diesen 
Formen  peripherer  Gesichtsfeldamblyopien  ohne  Befund  vorkommen. 
Ganz  die  gleichen  S3''mptome  nervöser  Asthenopie  beobachtet  man 
bei  vielen  Fällen  von  traumatischer  Neurose.  Letztere  lassen  sich 
in  drei  Gruppen  eintbeileu;  in  solche  1)  wo  keine  Erscheinungen 
von  Seiten  der  Augen  vorkommen;  2)  hei  welchen  Erscheinungen 
nervöser  Asthenopie,  cutane  Sensibihtätsstörangen  und  Steigerung 
oder  Uogleichheit  der  Sehnenreflexe  beobachtet  werden,  ohne  dass 
dabei  palpable  Läsionen  des  Sehnerven,  des  Gehirns  und  des  Schädels 
bestehen;  und  3)  bei  denen  Symptome  nervöser  Asthenopie  neben 
palpablen  Läsionen  der  oben  genannten  Theile  vorkommen« 

Ausser  den  durch  vasomotorische  Störungen  verursachten  patho- 
logischen Formen  sind  bei  den  function eilen  Störungen  des 
Nervensystems  im  Grossen  und  Ganzen  zwei  Formen  der  G  e- 
sichtßfeldve ränderungen  nach  Wilbrand  (Ueber  Gesichts- 
feldveränderungen bei  functionellen  Störungen  des  Nervensytätems. 
Wiener  med.  Presse  1892,  S.  10)  zu  unterscheiden :  die  gJeiohmässig 
allgemein  concentrische  EinengUDg  von  mehr  oder  minder  langer 
Dauer  und  die  durch  leichtere  Ermüdung  des  Nervensystems  be- 
dingten Einschrönkungsformen,  Bei  der  ersteren  Form  findet  sich 
bei  normalem  Augenspiegelbefund  und  bei  normalem  Verhalten  der 
Papillen  ein  gleichmässig  verengtes  Gesichtsfeld  mit  geringen 
Schwankungen  durch  Monate  und  Jahre.  Bei  der  zweiten  Form 
werden  bei  ein  und  demselben  Patienten  durch  die  Wahl  verschie- 
dener üntersuobungsmethoden  die  verschiedenartigsten  Gesichtsfeld- 
formen  hervorgerufen;  bei  der  gewöhnlichen  centripetalen  Unter- 
Sttchungsmethode  treten  hier  bizarre,  mit  tiefen  sectorenförmigen 
ünscbniltan  bebaftete  Defectformen  zu  Tage. 


Nach  Leber  (Ueber  periphere  Sehoervenaffectionen  bei  Hyste- 
riscben.    Deutsche  med.  Wochenschn  1892,  Nr.  33)  gibt  es  gewisse 


; 


532  Horfltmanifi. 

rasch  vorübergehende  Erblindungen  oder  Ambiyopien  bei 
Hysterischem,  die  auf  flüchtigen  Entzündungen  der  Sehnerven- 
stämme  beruhen.  Vielleicht  liegt  auch  der  mehr  chronisch  verlaufen- 
den 80g,  Anaesthesia  retinae  eine  periphere  Erkrankung  des  Seh- 
nerven, etwa  dicht  vor  dem  Chiasma,  zu  Grunde. 

Redlich  (Zur  Charakteristik  der  reflec torischen  Fupillenstarre 
bei  progressiver  Paralyse,  NeuroL  Centralbl.  1892,  S.  307)  bat  ge» 
fanden,  daes  bei  denjenigen  Paralytikern ,  bei  denen  das  eine  Auge 
bereits  reflectorische  Pupillenstarre  zeigt,  während  das 
andere  auf  Lichteinfall  noch  reagirt,  das  direct  nicht  mehr  reagirende 
Auge  noch  zu  consensueller  Reaction  am  anderen  Veranlassung  gibt, 
während  das  direct  reagirende  Auge  keine  consensuelle  Reaction  am 
anderen  auslösen  kann.  Zur  Erklärung  wird  auf  eine  partielle 
Kreuzung  der  Pupillarfasern  des  Opticus  peripher  vom  Chiasma  oder 
der  hinteren  Commissur  recurrirt. 

Ostwalt  (De  la  r6tinite  syphilitique.  These  de  Paris  1802) 
beschreibt,  auf  sehr  ausführliche  Litteraturstudien  gestützt,  die 
syphilitischen  Retinal-  und  Chorioidealaffectionen, 
In  der  Retina  zeigt  sich  die  luetische  Erkrankung  am  frühesten  in 
den  centralen  T heilen.  Die  sonst  als  regelmässig  angenommenen 
leinen  Glaskörpertrübungen  fehlen  nach  Ostwalt  in  den  meisten 
Fällen.  Bei  Vernachlässigung  entwickelt  eich  dsjin  allmählich  das 
gewöhnliche  Bild  der  syphilitischen  Chorioretinitis,  Noch  später 
tritt  die  von  Heuhner  beschriebene  Erkrankung  der  Cerebral- 
arterien  auf,  welche  den  Veränderungen  an  den  Retin alarterien  sehr 
ähnlich  ist.  Bei  energischer  Behandlung  im  Anfanggstadium,  zur 
Zeit  der  centralen  Retinitis,  sind  die  therapeutischen  Resultate  recht 
günstig,  aber  später  nicht  mehr.  Deshalb  ist  besonders  auf  diese 
schwerer  zu   erkennende  Anfangsform  der  Retinitis  sehr  zu  achten, 

Sänger  (Zur  Kenntniss  der  Nervenerkrankungen  in  der  Früh- 
periode  der  Syphilis,  Jahrbuch  des  Hamburger  Stadtkrankenhauses 
1891,  Heft  1)  berichtet  über  sechs  FäUe,  bei  denen  durch  die  Sy- 
philis schon  ganz  früh  schwere  anatomische  Veränderungen  im 
Nervensystem  gesetzt  wurden,  und  warnt  vor  der  Auffassung, 
dass  die  Lues  sich  in  der  Frühperiode  lediglich  auf  der  Haut  und 
den  Schleimhäuten  manifeatire.  Es  handelt  sich  um  retrobulbäre 
Neuritis,  doppelseitige  Atrophie  und  Augen muskeilähmungen,  welche 
erstere  sich  durch  eine  nicht  unerhebliche  concentrische  Gesichtsfeld* 
einschränkung  auszeichneten. 


Augenheilkunde. 


533 


Nettiesbip  (Oasee  of  tempory  blmdaesa  daring  lactation. 
OplitlL  floöp,  Rep,  Bd,  13,  S.  98)  berichtet  aber  vier  Fälle  von 
temporärem  Fehlen  des  Sehvermögens  während  der 
Lactatton;  in  einem  dereelben  wurden  nach  Jahren  Erjjcheinnngeo 
von  retrobulbärer  Neuritis  gefanden;  in  einem  anderen  Fa!l  nach 
einigen  Monaten.  In  den  übrigen  Fällen  keine  opbtbalmeskopischeti 
Veränderungen. 

Nach  den  Beobachtungen  von  Tro  useeau  (La  consanguinite 
m  pathologie  oculaire.  Ännal,  d*Ooul.  Bd.  107,  S.  5)  Hess  sich  unter 
2< )  Fällen  von  Cataracta  congenita  1  Imal  weder  eine  Erblichkeit, 
Doch  eine  Oonsanguioität  der  Eltern  nachweisen ,  bei  5  war 
Erblichkeit  vorhanden,  bei  8  Consanguinität  der  Eitern,  and  bei 
einem  war  es  nicht  möglich,  etwas  Auereichendes  zu  erfahren.  Die 
Beobachtungen  auf  Eetinitia  pigmentosa  erstreckten  sich  auf  11  Fälle. 

ErVtermal  fand  sich  keine  Ursache,  5mal  Erblichkeit  und  2 mal  Con- 
taiguinität  der  Eltern.  Bei  Albinismus  war  Imal  die  Aetiologie 
unklar,  Imal  bestand  Heredität  und  Imal  Consanguinität. 
Bei  einer  verbreiteten  Raphanie^Epidemie  im  Gouvernement 
|{^jatka  beobachtete  Kortnew  (üeber  Cataract  infolge  von  Raphanie* 
Wjestnik  Opbth.  1892,  Nr.  2\  Patienten  mit  zweierlei  Beschwerden 
in  Betreff  des  Gesichts.  Die  einen  klagten  über  vorübergehende 
Gesichts  Verdunkelung,  wobei  das  Sehvermögen  bis  auf  V.,  und  noch 
tiefer  fiel,  welche  verschieden  oft  (von  mehrmals  täglich  bis  einige 
Male  im  Laufe  eines  Monats)  auftraten  und  einige  Minuten  lang  an- 
hielten. Sie  traten  meist  bei  den  stärkeren  Krampfan  fällen  auf. 
Bei  den  anderen  entwickelte  sich  die  Sehschwäche  allmälilich  und 
bleibend.  Bei  beiden  Kategorien  entwickelte  sich  Linsentrübung 
vom  Centrum  zur  Peripherie  (37  Fälle  im  Älter  von  6—54  Jahren 
auf  500  an  Raphanie  Erkrankte).  Der  Staar  reifte  bei  den  jüngeren 
in  2 — 3,  bei  den  älteren  in  8—12  Monaten,  Die  Eattraction  des 
raphaniscben  Staares  verlief  meist  normal;  es  existirte  nur  eine  grosse 
Neigung  zu  Glaskörperverluaten.  Bei  Discision  balbflüssiger  Staare 
beobachtete  Kortnew  eine  sehr  verlangeamte  Aufsaugung  und  in 
zwei  Fällen  jedesmal  nach  der  Discision  heftige  raphanische  Krampf- 
anfsLile. 

Antonelli  (Neorite  ottioa  papilläre  e  retrobulbäre  da  influenza. 
AnnaL  di  Ottalm.  Bd.  21,  S.  119)  berichtet  über  zwei  Fälle  von  8 eb- 
ner vena  ff  ectionen  infolge  von  Influenza,  Beim  ersten 
Kranken    handelte   es   sich   um  eine  graugrünliche  Verfärbung  der 


534 


Horstmann* 


Papille  auf  beiden  Äugen.  Die  Sehschärfe  war  auf  ^/j„ — *,j2  ge- 
suDken,  daa  Gesichtsfeld  liatte  beiderseits  eine  minimale  Einengung 
von  aussen  erlitten:  die  Färb enempfin düng  war  für  Ratbgriiu  ge- 
schwächt. Das  Aussehen  der  Papille,  die  scharfe  Begrenzung  ihrer 
Bänder,  die  etwas  dünnen,  aber  sonat  normalen  Gefässe,  welche  nur 
am  physiologischen,  excavirten,  nicht  verfärbten  Centniin  hervortraten, 
hätten  auf  Tabes  dorsalis  schliessen  lassen  m&ssen;  da  aber  von 
dieser  Affection  absolut  keine  Spur  nachweisbar  war,  so  stellte  Verf* 
scbarfsinnig  die  Diagnose  auf  abgelaufene  retrobulbäre  Neuritis 
optica.  Der  zweite  Fall  betraf  eine  beiderseitige  aasgeaprocbene 
Neuroretinitis.  Die  beiden,  sehr  kurzsichtig  gebauten  Augen  konnten 
nur  Finger  auf  1  m  Entfernung  zählen  und  hatten  vollständig  die 
Farbenempfindung  verloren.  Das  Gesicbtsfeld  war  dabei  normal. 
In  den  beiden  Fällen  hatten  die  Augensymptome  mit  dem  Ablaufen 
der  Influenza  und  der  eintreten deo  Eeconvalescenz  ihren  Anfang 
genommen. 

Weeks  (Die  Grippe  als  Ursache  retrobulbärer  Neuritis.  New 
York  med.  Journ.  Bd.  54^  Nr,  6)  berichtet  über  einen  Fall  von  retro- 
bulbärer Neuritis  nach  IiifJueuza  aus  seiner  eigenen  Frax:is 
und  über  14  Fälle  aus  anderen  Quellen.  In  seinem  eigenen  Falle 
bestand  ein  kleines  centrales  Skotom  in  beiden  Augen  mit  Beschrän- 
kungen der  Farbenfelder.  Die  Papille  war  auf  der  temporalen  Seite 
blass.  Das  Sehvermögen  betrug  *  ^j.  Der  Fall  wurde  unter  toni* 
sirender  Behandlung  besser.  —  Snell  (Brit.  med,  Journal  1892, 
8,1307)  sah  danach  beiderseitige  Neuritis  optica^  Graddy 
(Ophthalm.  Record  Bd.  1,  Nr.  12,  S.  387)  Erblindung,  Metaxas 
(Aunal.  d^Ocul  Bd.  107,  S*  543)  Hemeralopie,  und  Hartridge 
(Ophth,  Soc.  of  the  Unit,  kängd.  1892»  Oct,  20)  beiderseitige 
N  e  u  r  ü  r  ö  t  i  o  i  t  i  s. 


Groenouw  (Ueber  die  Intoxicationsambljopie.  v.  öraefe's 
Archiv  f.  Ophthalm.  Bd.  38,  H,  1,  S.  1)  bespricht  die  Tabak-  und 
Alkoholamblyopie,  Hierbei  ist  die  Sehschiirfe  auf  beiden  Augen 
oft  beträchtlich  herabgesetzt.  Das  Gesichtsfeld  zeigt  einen  centralen 
Defect  iür  Koth,  während  die  Peripherie  intact  ist.  Der  Augenspiegel 
ergibt  ausser  einer  Abblaasung  des  temporalen  Pupillenqundranten 
nichts  Abnormes»  Entsagen  die  Kranken  dem  Tabak-  und  Alkohol- 
genuBSi  so  stellt  sich  das  Sehvermögen  nach  einigen  Wochen  ge- 
wöhnlich vollständig  wieder  her.  Das  hauptsächlichste  Moment  für 
die  Amblyopie  ist  der  Tabak,  dem  Alkoboi  kommt  meist  nur  eine 
unteretützende  Wirkung  zu,   Die  Differentialdiagnose  zwischen  dieser 


Augenheilkunde.  535 

Krankheit  und  der  Nenritis  retrobulbaris  axialis  ist  oft  nicht  einfach, 
da  das  bei  letzterer  Affection  vorkommende  Skotom  eine  grosse 
Aehnlichkeit  mit  dem  der  Tabaksamblyopie  hat.  Ist  nur  ein  Defect  für 
Roth  nnd  nicht  fär  Weiss  vorhanden,  so  handelt  es  sich  wahrschein- 
lich um  Intoxicationsamblyopie.  Nur  wenn  der  Defect  für  Roth  noch 
klein  ist,  können  Zweifel  entstehen,  ob  derselbe  nicht  als  erstes 
Stadium  der  Nenritis  axialis  anzusehen  ist  und  sehr  bald  zu  einem 
absoluten  werden  wird.  Wenn  bei  vorhandenem  Defect  für  Weiss 
der  Defect  für  Roth  wenigstens  die  Grösse  eines  sich  zwischen  Opticus 
und  Macula  erstreckenden  horizontalen  Ovals  erreicht  oder  noch 
grösser  ist,  so  kann  sowohl  retrobulbäre  Neuritis  axialis,  als  auch 
Intoxicationsamblyopie  vorhanden  sein.  Hat  dagegen  der  Defect  für 
beide  Farben  annähernd  dieselbe  Grösse,  so  handelt  es  sich  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  um  eine  Neuritis  axialis.  Bei  der  Intoxi- 
cationsamblyopie erstreckt  sich  der  Defect  von  der  Fovea  centralis 
aus  meist  nach  aussen  hin  auf  den  blinden  Fleck  zu  und  überschreitet 
erstere  in  der  Regel  nur  wenig  oder  gar  nicht  nach  innen,  während 
das  Skotom  der  axialen  Neuritis  stets  absolut  ist  und  die  Fovea 
nach  innen  hin  oft  beträchtlich  überragt,  ehe  es  den  blinden  Fleck 
erreicht.  Periphere  Verengerungen  des  Gesichtsfeldes  für  weisse  und 
farbige  Objecto,  namentlich  einspringende  Winkel,  sprechen  für  retro- 
bulbäre Neuritis.  Der  Sitz  der  pathologisch-anatomischen  Verände- 
rungen ist  in  den  Leitungsbahnen  zu  suchen,  wofür  die  Abblassung 
der  temporalen  Papillenhälfte  spricht,  ferner  die  Besserung  der  Seh- 
schärfe bei  gedämpfter  und  die  Verschlechterung  bei  heller  Beleuch- 
tung. Endlich  aber  beweisen  die  bisherigen  Sectionsbefunde  mit 
aller  Bestimmtheit,  dass  der  Process  nur  im  Sehnerven  sitzen  kann, 
und  zwar  in  seinem  orbitalen  Theile  und  nicht  im  Chiasma  oder 
Tractus  opticus. 


X. 


Ohrenheilkunde. 


Vrm  Dr»  11,  Kocli  in  Brau  lisch  ivei  g-. 


L    Lelirhüclier^  grossere  Setarirten  and  Atlanten. 

Kirchner,  Handbuch  der  Ohrenheilkunde  für  Aerzte  und 
Studirende.  Vierte  verbeaserte  Aofl,  Mit  42  Abbildungen* 
Berlin,  Friedrich  Wreden.  Band  9  von  Wreden-s  Sammlung 
medicinischer  Lehrbücher, 

Bürkner,  Lehrbuch  der  Ohrenheilkunde  für  Ötudirende 
und  Aerate*  Mit  136  Holzacbnitteo.  Gr.  8.  Stuttgart,  Fer- 
dinand Enke. 

Arthur  Hartmann,  Die  Krankheiten  dea  Ohres  und  deren 
Behandlung.  Fünfte  verbesserte  und  vermehrte  Auf  läge. 
Mit  48  Abbildungen.  281  Seiten»  Berlin,  Fischer'a  med,  Buch- 
handlung (H.  Kornfeld). 

Hermann  Schwarte  e,  Handbuch  der  Ohrenheilkunde. 
1.  Band.  Mit  133  Abbildungen  im  Text.  Leipzig,  F.  0,  W. 
Vogel. 

L.  Katz,  Mikrophotographischer  AtlaB  der  normalen  und 
pathoIogiBchen  Anatomie  des  Ohres,  2,  TbeiL  Berlin, 
Hirsch  wald. 

G.  Sandmann,  Tafel  des  menach liehen  Gehörorgans, 
Berlin^  Boas  &  Hesse. 

Weiohselbaum,  Grundriss  der  pathologischen  Histologie» 
13.  Abschnitt.  Gehörorgan,  bearbeitet  von  Dr.  B.  Gomperz. 
Wien  &  LeipÄig,  Fr,  Deuticke. 


Olireiilieükluide. 


537 


Ewald,  Physiologische  UntersuchDDgeD  über  das  Eod* 
organ  des  Neryas  octaTas.  S24  Seit^a.  Mit  66  m  den 
Text  gedruckten  HolzschniUeD ,  4  UtbcgnpliirteQ  Tafeln  und 
1  Stereo Bkopbüde.  Wiesbaden,  Bergmaim. 
O,  Eichler,  Anatomische  Untersuchungen  über  die  Weg© 
des  Blutgtroms  im  menschlichen  Ohrlahyrinth*  JOes 
18.  Bandes  der  Abhaudlungen  der  mathematisch-phjsikalisclieQ 
Clausa  der  Kgl.  sächsischen  &esellscfaafi  der  Wissenaehaft^i 
Nr»  5,  41  Seiten.  Mit  4  Tafeln  und  3  Holzschnitten.  Leipitg^ 
Hirzel. 

Chr,  Lemckei  Die  Taubstammheit  im  Grossherzogthum 
Mecklenburg.  Eine  statistisch- otologische  Studie.  Leipzig^ 
LaDgkammer« 

Laker,  Die  Heilerfolge  der  inneren  Scbleimhautmassage 
bei  den  chronischen  Erkrankungen  der  Nase^  diss 
Bacbens,  des  Ohres  und  des  Kehlkopfes*  Mit  14  Ab- 
bildungen. Zweite  unveränderte  Auflage.  Graz,  Leuschner  ^ 
LabeDäky* 

IL  Aiateaie. 

Körner  (Untersuchungen  Ober  einige  topographische  Ver- 
hältnisse am  Schläfenbein.  Dritte  Reihe.  Zeitschr.  f.  Ohrenbeilk. 
Bd.  22,  H  B  u.  4)  legte  seiner  neuen  Untersuchungsreihe  dieselben 
27  Schädel  der  Senckenbergiscben  naturforscb enden  Gesellschaft  zu 
Grande,  die  er  in  seiner  ersten  diesbezüglichen  Arbeit  benutzt  hatte. 
Xach  Herausnahme  der  Schläfenbeine  aus  dem  Schädel  wurde  in  der 
Axe  des  äusseren  Gehörgangs  durch  dieselben  ein  Horizontalscbnitt 
angelegt,  und  wurden  mit  einem  besonders  constmirteii  Tasterzirkel 
aus  Stahl  die  Messungen  vorgenon;inen,  Verf.  hnä  auch  bei  dieser 
Nachpröiting  die  Bestätigung  der  Ergebnisse  seiner  früheren  ein- 
schlägigen Arbeiten  (cf.  Jahrb.  1887  u.  1890), 

Randall  (Rapport  des  4todes  craniom^trtques  et  de  Tanatomie 
de  roreilie.  Med,  Record.,  6.  Aug.  1892.  Ref  Annal.  des  malad,  de 
roreille  189^,  Nr.  11)  konnte  nur  ein  etwas  häu^geres  Tieferstehen 
der  mittleren  Schädelgrube  rechterseits  gegen  links  bei 
den  Brachycephalen  constatiren.  Seine  Untersuchungen  er- 
streckten sich  auf  73  Brachycephalen ,  33  Dolichocephalen  und 
16  Schädel  mit  mittlerem  Index. 

Gomperz  (Zur  Frage  der  Regeneration  der  Substantia  propria 
in  TrommelfeUnarben,  Monatsschr  f.  öhrenheilk,  1892,  Nn  4)  glaubt, 


538 


Koch, 


gestützt  auf  den  mikroBkopischen  Befund  einer  uDzweifelliaft  aus 
einer  eiterigen  Entzündung  hervorgegangenen  totalen  narbigen 
Trommelfellmembran,  sich  dahin  außsprechen  zu  müssen ^  dass  eine 
Eegeneratioo  der  Subatantia  propria  des  Trommelfells 
auch  in  Narben,  welche  nach  eiteriger  Entzündung  der  Pauken- 
höhle  entstehen^  vorkomme.  Die  Eegeneration  war  in  vorliegendem 
Falle  sogar  sehr  ausgeprägt  und  erstreckte  sich  nur  auf  die  Radiär* 
fasern. 

Währeod  bisher  der  Zweck  der  sog.  Incisurae  Santo rini 
des  Gehörgangknorpels  darin  gesucht  war,  daos  sie  kleinen 
Oefäsaen  zum  Durchtritt  dienen  sollten,  schreibt  Ostmann  (Die  Be* 
deutung  der  Incisurae  Santorini  als  Schutzvorricbtungen.  Archiv  f. 
Ohrenheilk*  Bd.  33,  H,  5  u.  4)  diesen  Spalten  wegen  ihrer  anatomi- 
schen Lage  eine  weitere  wichtige  Bedeutung  zu,  darin  bestehend, 
dasö  sie  die  Gefahr  des  Brechens  des  Gehörgangsknorpels  bei  Ein- 
wirkung von  Gewalten  in  der  Richtung  der  Langsame  des  Gehörgangs 
wesentlich  herabsetzen. 

Nach  Ofitmann's  Untersuchungen  (Die  Würdigung  des  Fett- 
polsters der  lateralen  Tuhenwan  1.  Ein  Beitrag  zar  Frage  der  Auto- 
phonie.  Archiv  für  Ohrenheilk.  ßd.  34,  H.  3)  erklart  sich  die  bei 
stark  abgemagerten  Personen  zuweilen  beobachtete  zeitweilige  Er- 
öffnung der  Tuben  durch  den  Schwand  des  Fettpolsters  der 
lateralen  Tubenwand. 


IIL   Physiologie. 

Die  interessanten  UnterBuchungen  KreidoTs  {Beiträge  zur 
Physiologie  des  Ohrlabyrinthes  aaf  Gnind  von  Versuchen  an  Taub- 
stummen, Archiv  i\  d.  ges.  Physiol  Bd.  51,  1891)  sollen  zur  Stütze 
der  Theorie  von  Mach  und  Breuer  dienen,  wonach  die  Bogen- 
gänge eine  Vorrichtung  zur  Erhaltung  des  Gleichgewichtes  bil- 
den, indem  das  Vestibulum  durch  den  Bogenapparat  über  die  Dreh- 
bewegungen orientirtj  während  der  Otolithenapparat  progressive  Be- 
schleunigungen uod  die  Lage  des  Kopfe«  im  Kanme  zur  Wahrneh- 
mung bringt.  Taubstumme  eigneu  sich  deshalb  besonders  zu  diesen 
Untersuchungen,  weil  bei  ihnen  nach  Mygind  in  mehr  als  der  Hälfte 
der  Fälle  Erkrankungen  der  Bogengänge  vorhanden  sind. 

Loeb  (lieber  den  Antheil  des  Hörnerven  an  den  nach  Gehirn- 
Verletzung   auftretenden    Zwaugsbewegungen ,    Zwangsanlagen    und 


Ohrenlieilktiiide. 


531) 


asBOciirten  StellutigsänderuiigeD  der  Bulbi  und  Extreini täten.  PÜüger's 
Arcb.  Bd.  50,  S.  66^83.  Ref.  Zeitscbn  f.  Ohrenheilk.  Bd,23,  B.  1,  8,86) 
gelangte  nach  seinen  an  HaiBschen  angestellten  Versuclien  zu  dem 
Scblusae^  daas  alle  Orientirengsstörungen,  welche  nach  Hirn- 
verletzung auftreten,  durch  Lähmung  oder  Reizung  der  peripheren 
oder  centralen  Acusticuabahn  zu  Stande  kommen^  im  Einklänge  mit 
der  Breuer'schen  Deutung  des  Ohriabyrinthes  als  Orientirungsorgan. 
Einem  Hömerven  entspricht  die  gleichseitige  Oblongata  und  das 
gegenüberliegende  Mitteihim, 

Lange  (In  wie  weit  sind  die  Symptome,  welche  nach  Zerstörung 
des  Kleinhirns  beobachtet  werden,  auf  Verletzungen  des  Acasticu:! 
zurückzufiihren?  Archiv  f,  d.  ges.  Physiol.  Bd.  5Ü,  H.  2  u,  12.  Ref. 
Zeitscbr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  23^  H.  1,  S.  86)  verband  bei  seinen  Unter- 
suchungen nach  dem  Vorgänge  von  E  wal  d  Xleiuhirnexstirpationen  mit 
Plombirungen  der  Bogengänge  und  gelangte  zu  dem  Resultate,  dass 
zwischen  Kleiohirnsymptomen  und  Bogengangssymptomen 
streng  unterschieden  werden  kann,  Wird  ein  Organ  vernichtet, 
80  wird  dadurch  nicht  das  Zustandekommen  der  nach  Zerstörung 
des  anderen  Organs  auftretenden  Symptome  verhindert.  Jedoch 
können  sich  beide  Organe  bei  Verlust  des  einen  bis  zu  einem  ge- 
wissen  Grade  compensiren.  Es  sind  daher  die  Acusticussymptome 
nicht  nur  als  Gebirnstorungen ,  noch  die  Klein  kirn  Symptome  auf 
Acusticusverletzungen  zu  beziehen. 

Ostmaun  (Druck  und  Drucksteigerung  im  Labyrinth.  Archiv 
t  Ohrenheilk.  Bd.  34,  H.  1  u.  2)  gelangte  bei  seinen  Untersuchungen 
über  die  Druckverhältnisse  im  inneren  Ohre  und  über  das  Verhalten 
des  häutigen  Labyrinthes,  vornehmlich  des  Ductus  cocblearis, 
bei  Druck  Steigerung  vermittels  der  von  ihm  zu  diesem  Zwecke 
construirten  Apparate  zu  folgenden  Ergebnissen:  1)  Stände  die  Endo- 
lymphe unter  einem  höheren  Druck  als  die  Perilymphe,  so  würde 
dieser  üeberdruck  durch  elastische  Spannung  der  Wandungen  des 
häutigen  Labyrinthes  getragen  werden  müssen.  Diese  würde  für  die 
Schallübertragung  auf  das  Cor  titsche  Organ  in  hohem  Maasse  un- 
zweckmässig  sein.  2)  Es  ist  anzunehmen,  dass  Peri-  und  Endolymphe 
unter  gleichem  Drucke  stehen,  welcher  etwas  geringer  als  der  intra- 
cranielle  ist.  3)  Die  durch  Atbmuog  und  Puls  bedingten  Druck- 
schwankungen des  Liquor  cerebrospinalis  übertragen  sich  nicht  auf 
das  Labyrinth.  4)  Das  eventuelle  Ausströmen  der  Peri-  wie  der 
Endolymphe  bei  Drucksteigerung  im  Labyrinth  durch  allzu  ausgiebige 
Schallscbwingungen  ündet   gleichzeitig  statt.     5)  Die  Schutzvorrich- 


54U  Koch. 

tuögen  des  LabjriEtlis  gegen  Druckötai gering  —  für  den  eBdo- 
IjmphatiöGiien  Raum  der  Ductus  endolymphaticus,  für  den  peri- 
lymphatiechen  Kaum  das  laudö  Fenster  und  der  im  Aquaeductus 
Cochleae  gelegeoe  Ductus  perÜymphaticus  —  verhindern  eine  De- 
pression der  Membrana  vestibularis  und  eine  dadurch  bedingte  Ver- 
letzung des  Corti'schen  Organs  bei  intracrani eller  Drucks taigerung. 
6)  Der  Ausfall  gerade  der  hohen  Töne  bei  Verletzung  des  nervöseii 
Endapparafeea  des  Acusticus  durch  allzu  ausgiebige  Schallschwingungen 
lässt  sich  durch  eine  verlängerte  und  verstärkte  Druckwirkung  der 
Endolymphe  auf  die  in  der  ersten  8 chn ecken win düng  gelegenen  Ge- 
bilde und  NerveEfasern  des  Corti'soben  Orgaas  erklären. 

lY.  [Jiiter»achiiDg!inicthodeu  ond  Bia^^nostik. 

Siebenmann  (Hörprüfungaresultate  bei  reinem  Tuben- 
katar rL  ZeitBchr,  f  Ohrenheilk,  Bd,  22,  H,  3  u,  4}  fasst  die  wich- 
tigsten Ergebnisse  seiner  Arbeit  dahin  zusammen: 

L  Die  Prüfling  doppelseitiger  Tubenkatarrhe  ergibt  folgende 
fuDCtionelle  Veränderungen:  1)  Abschwachung  der  Luftleitung; 
2)  Verstärkung  der  Knochenleitung;  3)  Lateralisation  des  Diapason* 
Vertex  nacli  der  kränkeren  Seite;  4)  Verkürzung  des  Rinne  oder 
Umschlagen  desselben  in  negativen  Werth;  b)  Hinaufrucken  der 
unteren  Tongrenze;  6)  Hinabrücken  der  oberen  Tongreuze. 

IL  Die  erste  Luftdouche  beeinüusst  sowohl  die  abnorme  Ver- 
stärkung der  Knochenleitung  j  als  die  pathologische  Herabd  rängung 
der  oberen  Tongrenze  nicht  sofort  wesentlich;  dagegen  bessert  sie 
tmmittelbar  die  bestehende  Abschwächunw  der  Luftleitung  und  die 
Einengung  der  unteren  TopgrenzOi  ohne  sie  indessen  zur  Norm  zu- 
nickzuführen. Unmittelbar  nach  der  Luftdouche  besteht  eine  im 
Verhältniss  zur  Verstärkung  der  osteotympanalen  Leitung  auffallend 
grosse  Hörweite. 

Die  Untersuchungen  erstreckten  eich  nur  auf  Fälle  von  reinem 
doppelseitigem  Tubenkatarrh,  bei  denen  beim  Katheterismus  kein 
Seoret  in  der  Paukenhöhle  nachzuweisen  war,  und  hotten  die  Trommel- 
felle vor  der  Luftdouche  die  charakteristischen  Einsen kungsersohei- 
nungeuj  dagegen  keine  Zeichen  von  Entzündungen;  nach  der  Luft- 
douche zeigten  die  Trommelfelle  wieder  annähernd  normales  Aus- 
sehen unter  sofortiger  ecla tanter  Besserung  der  Hörweite. 

In  einer  zweiten  Arbeit  (Zur  f  uncti  onellen  Prüfung  des 
normalen  Ohres.  Zeitschr.  £  Ohrenheilk,  Bd.  22,  H,  3  u.  4) 
resutnirt  Sieben  mann  als  Hauptergebnisse: 


OlirenheiJkande. 


541 


L  Das  gesunde  juvenile  Hörorgau  besitzt  eine  Hörweite  von 
25—26  m  für  Flüsterzalilen  und  von  mindestens  15  m  für  den 
PolitEer'schen  Hörmesser. 

IL  Beim  Schwab  achtgeben  Versuch  mit  Stimmgabel  A  zeigen 
aicb  niclit  unbeträchtliche  Differenzen  in  der  Hördauer  auch  bei  ganz 
Kormalbörenden. 

IIL  Beim  Weber'scben  Versuch  wird  die  Stimmgabel  bei  V^ 
der  untersuchten  Kormalbörenden  hauptsächlich  in  einem  Obre 
percipirt. 

IV*  Für  die  Bezold-Katsch'sche  Stimmgabel  A  beträgt  beim 
Normalbörenden  der  Rinne  durchschnittlich  48  Secunden. 

V.  Der  obere  Grenzton  variirt  bei  Normalbörenden  wenig.  Er 
entßpncht  den  KönigWhen  Klangataben  at  9  bis  mi  9  (c*— e*J  und 
schwankt  —  mit  der  Galtonpfeife  gemessen  —  innerhalb  einer  Breite 
von  0,6  Tbeilstrichen  derselben. 

VI.  Die  Bezold-Katscb'sche  Stimmgabel  c~'  (33  v,  d)  wird 
von  allen  Normalbörenden  percipirt,  und  zwar  (bei  mittelstarkem  An- 
schlag >  während  durchschnittlich  16  Secunden. 

VII.  Beim  Aspirationsversucb  tritt  eine  Verkürzung  der  Hör- 
dauer von  Stimmgabel  A  ein,  und  zwar  sowohl  für  dut  aerotympanale 
als  für  die  ost^otympanale  Leitung, 

VUI.  Beim  Experimentum  Valsalvae  und  bei  AnwenduDg  Ton 
Stimmgabel  A  tritt  für  die  aerotympanale  Leitung  atets  Verkür» 
zung,  f&r  die  osteotympanale  Leitung  dagegen  meistens  Verlängerung 
(bei  ^l-  der  untersuchten  Verkürzoog)  ein. 

IX*  Ganz  neu  ist  folgendes  Ergebniss:  Unter  dem  £inBu«ie  deti 
Experimentum  Valsalvae  wird  die  obere  Tongrenze  meistenn 
binaufgerackt,  oft  auch  das  Ferceptionsvermögen  f&r  die  Töne  des 
oberen  Endstückes  der  Scala  verschärft ,  seltener  die  Tonhöhe  mitt'- 
lerer  Lagen  alterirt.  Der  Aspirationeversuch  dagegen  beeiofloMt  die 
obere  Tongrenze  entweder  gar  nicht,  oder  setzt  sie  etwaa  herunter. 

X*  Die  Luftleitung  für  Stimmgabel  C^^  wird  durch  den  Valsal  v  n- 
sehen  und  den  AspirattonsTersoeh  Terkürxt.  Ooreh  das  Expenmen- 
tum  Valsalvae  wird  nur  in  ganz  vereinzelten  Fällen  die  untere 
Tongrenze  hinanfgerückt  über  C'i  resp*  De0~*  hini^as. 

Hierzu  kommen  noch  die  betdeo  an  der  bloMdseg)eeiid«D  fiw4i»l«i 
Paukenhöblenwand  der  Lebenden  giewoiiiieiiaii  £rgetmti»e: 

XL  Anspannung  dem  ligßsmaMttUMk  Mimu\mn  durch  dtreetea 
Hineinpressen  des  Steigbügel«  verstlrkt  die  Kopfknoebeitleitong;* 

XII.  Tainponade  der  MiselMa  beider  LAhjrmtMeM^  beetofloMit 
dais  Perceptionsvermögea  flbr  hohe  Töne  mAt, 


54; 


Koch, 


Der  Von  Bing  beschriebene  neue  Stimmgabel  versuch 
(Ein  neuer  Stimmgabel  versuch,  Wiee.  med,  Bh  1891,  Nr.  41)  besteht 
darin,  dasa,  wenn  man  nach  Abklingen  einer  auf  die  MedianliDie  oder 
auf  den  Warzenfortaatz  geaetsten  Stimmgabel  von  mittlerer  Stärke 
und  Tonhöhe  den  Grehörgang  sofort  mit  dem  Pinger  verschliesst,  der 
Ton  von  Neuem  wieder  erscheint.  In  diagnostischer  Beziehung  soll 
der  Degative  Ausfall,  das  Fehlen  der  secundären  Perception,  auf  einen 
vorhandenen  Leitungawideratand  hindeuten,  während  ein  positiver 
Ausfall  wenigstens  insofern  verwerthbar  sei,  als,  wenn  bei  Vergleiehung 
der  Dauer  der  primären  Perception  zur  Dauer  der  secundäreii  Per- 
ception  letztere  bei  verlängerter  oder  mindeetetis  unverkürzter  Primär- 
perceptionsdauer  wesentlich  verkürzt  ist,  der  Verdacht  auf  einen 
medial  war  ta  gelegenen  Leitungs  widerstand  nahe  liegt. 

Delstanclie  (Aus  d,  Ber.  d,  Jahres  versammle  belg.  Ohrenärzte. 
Anual  des  malad,  de  l'oreille  1892,  Nr.  7)  bestätigt  nicht  allein  die 
Richtigkeit  der  Bin  gesehen  Beobachtung,  sondern  glaubt  auch  nach 
iäeinen  zahlreichen  Untersuchungen,  die  diagnostische  Verwertbbarkeit 
des  Versuches  für  einseitige  Erkrankungen  dahin  erweitern  zu  dürfen, 
dasa,  wenn  bei  Veracbliessung  des  gesunden  Ohres  die  secundäre 
Perception  auf  der  kranken  Seite  stattfindet,  was  fast  immer  der  Fall 
war,  auf  ein  Mittelohrleiden  geschlosaen  werden  kann,  während,  wenn 
das  Gegen theil  der  Fall,  entweder  eine  aussohliessliche  oder  wenig- 
stens theilweiae  Miterkrankung  dea  Labyrinthes  vorliegt. 

Bas  von  Jankau  angegebene  Verfahren  [1)  Eine  neue  Unter- 
suchungamethode  für  die  Differentialdiagnose  von  Labyrinth- 
und  Mittelührerkrankungec.  Vorläuüge  Mittheilung,  Deutsche 
med,  Wochenscfar,  1892,  Nr,  10.  2)  Zur  Differentialdiagnoae  der  Mittel* 
ohr-  und  Labyrintherkrankungen,  Arch,  t  Ohrenheilk.  Bd.  34,  H.  3] 
besteht  in  der  Untersuchung  mit  Stimmgabel  und  zwei  Oto- 
skopen  resp.  Doppelotoakop*  Bringt  man  nämlich  die  eigenen 
Ohren  mit  denen  des  zu  Untei-Äuchenden  durch  das  Doppelotoskop 
in  Verbindung,  so  wird  der  Ton  einer  auf  dem  Scheitel  schwingen- 
den Stimmgabel  beim  Normathörendeu  als  gleich  veroommen,  d,  h, 
man  glaubt  nur  einen  Ton  zu  vernehmen.  In  differential diagnosti- 
scher Beziehung  erhielt  nun  J  a  n  k  a  u  au  der  Hand  von  über 
100  Fällen  durch  das  Doppelotoskop  folgende  Resultate;  1)  Bei  Er- 
krankungen des  schallzuleitenden  Apparates  hört  der  Untersuchende 
von  dem  Ohre  her  einen  stärkeren  Ton,  das  erkrankt  ist  2)  Bei 
doppelseitiger  Erkrankung  ist  der  Ton  von  der  stärker  erkrankten 
Seite  her  ein  stärkerer.  3)  Bei  Erkrankungen  des  schallempünden- 
den  Apparates  ist  der  Tun  von  der  erkrankten  Seite  her  ein  schwächerer: 


Ohrenheilkunde.  543 

bei  doppelseitigen  Erkrankongan  von  der  starker  erkrankten  Seite 
her.  4)  Ergeben  die  Untersachnngen  mit  Spiegel  u.  s.  w.  die  An- 
Dahme  ein«'  Erkrankung  des  schallzoleitenden  Apparates,  die  ünter- 
gachong  mit  zwei  Otoskopen  jedoch  von  der  erkrankten  Seite  her 
einen  geringeren  Ton,  so  ist  ansunehmen,  dass  das  Labyrinth  bereits 
ergriffen  isL  Dem  Verf.  war  bei  seiner  ersten  Mittheilong  unbekannt, 
dass  Lacae  schon  vor  ihm  Untersuchungen  mit  dem  Doppelotoskop 
angestellt  hatte  und  im  Gegensatz  zu  ihm  diese  Untersuchungs- 
methode  nicht  für  die  Diagnostik  ver werthbar  gefunden  hatte.  J  a  n  k  a  u 
betont,  dass  zur  Erzielung  seiner  Resultate  gewisse  Oautelen  erforder- 
lich sind  (gleichlange  Otoskope  —  gleichmässiges  Hören  des 
Arztes  auf  beiden  Seiten  u.  s.  w.),  und  dass  hier  vielleicht  die 
Ursache  der  Differenz  zu  suchen  ist. 

Wird  die  schwingende  Stimmgabel  c^  (512  Schwingungen)  vor 
die  Nase  gehalten,  so  hört  man  im  normalen  Zustande  in  beiden 
Ohren  ein  gleichmässiges  schwaches  Tönen;  im  Momente  eines 
Schlingactes  jedoch  wird  der  Stimmgabelton  in  beiden  Ohren  auffallend 
starker  empfunden.  Diesen  Versuch  hat  Politzer  (Stimmgabel- 
versuch zur  Constatirung  der  Wegsamkeit  der  Ohrtrompete. 
Wien.  med.  Presse  1882,  Nr.  16)  zu  diagnostischen  Zwecken  zu  ver- 
werthen  gesucht.  Die  hauptsächlichsten  Resultate  sind  folgende: 
Bei  einseitigen  Mittelohraffectionen  mit  Unwegsamkeit  der 
Ohrtrompete  wird  die  c^-Stimmgabel  meist  nur  auf  dem  normal 
hörenden  Ohre  percipirt.  Wird  in  solchen  Fällen  die  Weg- 
samkeit des  Tubenkanals  durch  den  Katheter  oder  das  Politzer'sche 
Verfahren  hergestellt,  so  wird  nun  die  Stimmgabel  vorübergehend 
oder  auch  bleibend  auf  dem  erkrankten  Ohre  verstärkt  wahrgenommen. 
Bei  jenen  einseitigen  Mittelohraffectionen^  wo  der  Eustach- 
sehe  Kanal  nicht  unwegsam  ist,  wird  die  Stimmgabel  c^  in  den  meisten 
Fällen  auf  dem  erkrankten  Ohre  stärker  percipirt.  Bei  abgelaufenen 
Mittelohreiterungen  mit  persistenter  Trommel fellperforation,  bei  Narben 
am  Trommelfell,  kann  zuweilen  während  dieses  mit  dem  Schlingacte 
verbundenen  Versuches  auch  der  Untersachende  mittels  des  Auscul- 
tationsschlauches  objectiv  eine  Verstärkung  des  Stimmgabeltones 
constatiren.  Bei  einseitigen  Labyrinthaffectionen,  wo  die 
objective  Untersuchung  uod  der  ganze  Symptomencomplex  keinen 
Zweifel  über  das  Vorhandensein  einer  Acusticusaffection  aufkommen 
lässt,  wird  die  Stimmgabel  c^  sowohl  im  Ruhezustande  der  Ohr- 
trompete, als  auch  während  des  Schlingactes  nur  auf  dem  normalen 
Ohre  percipirt. 

Die   von   Kayser   (Zur  Technik   der  Knocbenleitungsprüfung. 


544 


Koch, 


Monatsachr,  f.  Olirenheilk,  1892,  Nr.  3)  angegebene  Modification  be- 
zaglicli  der  UntersuchuDg  der  zeitlichen  Differenz  in  der 
Perceptionsdauer  einer  Stimmgabel  durch  Knochenleitung 
besteht  darin,  dass  die  Stimmgabel  auf  die  Mitte  eines  Holzstabes 
gesetzt  wird,  dessen  Enden  an  die  Warzen fortsätze  der  beiden  Per- 
sonen angedrückt  werden.  Ea  werden  so  die  Fehlerquellen  der  un- 
gleich m  äs  eigen  Intensität  des  Anschlags  der  Stimmgabel  und  des 
imgleichmässigen  Drucks  der  Stimmgabel  auf  den  Kopf  vermieden, 
bei  gleichzeitiger  erhehlicher  Abkürzung  der  Untersiichungsdauer, 

Kiess  elbach(üeber  die  Verwert  hbarkait  der  Hörpröfungs- 
methoden  bei  der  Beurtheilung  von  Schwerhörigkeit  infolge 
von  Unfällen,  Münch.  med.  Wochenscbr.  1892,  Nr.  13)  zählt  zunächst 
die  Funkte  auf,  die  die  Untersuchung  berücksichtigen  soll:  1)  den  Zu- 
stand des  Trommelfell«,  event.  der  Paukenschleimhaut,  sowie  die 
Durchgängigkeit  der  Tuba  Eustachiij  2)  die  Hörschärfe  für  Taschen- 
uhr und  Spracbe;  3)  die  Perception  der  Knochenieitung  für  die  aut 
den  Kopf  aufgesetzte  Stimmgabel  (Weber);  4)  die  Dauer  der  Per- 
ception  für  die  Stimmgabel  darcb  Lultleitung  (Couta);  5)  daa  Ver* 
hältniflB  der  Zeitdauer  von  Knochen-  und  Luftleitung  (Binne); 
0)  die  Prüfung  des  Hörvermögeua  für  verschiedene  Töne.  An  der 
Hand  von  28  erläuternden  Krankengeschichten  spricht  sich  Verf. 
daon  dahin  aus,  dase  genaue  Vorschriften  llQr  die  Entscheidung  in  ■ 
allen  Fällen  sich  nicht  geben  lassen  ^  dass  für  jeden  einzelnen  Fall 
nur  die  Gesammtheit  der  Symptome  massgebend  ist;  dennoch  möchte 
derselbe  ein  Schema  wenigstens  für  die  einfachsten  Fälle  geben: 
1}  Weber  nach  dem  schiechteren  Ohre  oder  bei  erheblicher 
Diiferenz  der  fiörschärfe  für  Luftleitung  aul^  beiden  Seiten  gleich 
stark,  E-lnne  Verlängerung  der  Knochenleitung  im  Verhältniss  zur 
Luftleitung,  spricht  für  Mittelohrkatarrh.  2)  Weber  nach  dem 
besseren  Ohre,  Rinne  Verlängerung  der  Enocbenleitung  im  Verhält- 
niss zur  Luftleitung  spricht  für  Sklerose.  3)  Weber  nach  dem 
besseren  Obre  oder  im  ganzen  Kopf,  Rinne  Herabsetzung  der 
Knochenleitungsdauer  im  Verhältniss  zur  Luftleitungsdauer  bei  hoch- 
gradiger Schwerhörigkeit  spricht  für  Erkrankung  des  percipirenden 
Apparates.  —  Selbstveratändiich  muss  die  Functionsprüfung  nach  An- 
wendung der  Luftdouche  angestellt  werden. 


Die    Durcbleucbtungsmethode    suchte    Urbantsohitach 

Ueber  Durchleuchtung  des  Processus  mastoideus.    Intern.  kUniscbe 

Rundschau  1892,    Nr.  22}  auch  für   den  Processus  mastoideus 

ÄU  verwerthen.     Die   Durchleuchtung  des   letzteren  wird  am  besten 


I 


Ohrenheilkunde.  545 

so  vorgeDommen,  dass  das  elektrische  Glühlicht  nahe  an  die  Ansatz- 
der  Ohrmuschel  gebracht  wird.  Unter  normalen  Verhältnissen 
man  dann  bei  Anwendung  eines  grösseren  Ohrtrichters  das 
Licht  bis  in  den  äusseren  Gehörgang  durchtreten,  während  bei 
eiteriger  Infiltration  des  Processus  die  Durchleuchtung  nicht  gelingt. 
£r8t  mit  eintretendem  Rückgang  des  Zustandes  nimmt  auch  die 
Dorchscheinbarkeit  in  gleichem  Maasse  schrittweise  zu ;  ebenso  ver- 
hielt es  sich  auch  bei  vielen  Fällen  von  eiteriger  Entzündung  der 
Paukenhöhle.  Diagnostisch  wichtig  ist  der  Unterschied  in  der  Durch- 
scheinbarkeit  zwischen  beiden  Ohren;  erst  wenn  dieser  ein  grösserer 
ist,  kann  auf  eine  Erkrankung  der  weniger  durchleuchteten  Seite  ge- 
schlossen werden. 

ZumNachweis  vonSimulation  einseitigerGehörstörungen 
empfiehlt  Kern  (Deutsche  milit.-ärztl.  Zeitschr.  1891,  Nr.  5)  folgendes 
Verfahren :  In  jedes  Ohr  des  zu  Untersuchenden  wird  ein  Hörschlauch 
eiogef&gt;  zwei  Gehülfen  sprechen  in  die  Schlauchöffaungen  gleich- 
zeitig denselben  Satz,  jedoch  so,  dass  der  in  das  gesunde  Ohr 
Sprechende  ein  vorher  bestimmtes  Wort  unausgesprochen  lässt,  z.  B. 
für  das  taube  Ohr:       „4mal  5  ist  einundzwanzig", 

für  das  gesunde  Ohr:  ^4mal  5  ist zwanzig". 

Wird  nun  der  volle  Satz  einschliesslich  des  Stichwortes  nachge- 
sprochen, ist  die  Hörf^igkeit  des  tauben  Ohres  mit  Sicherheit  er- 
wiesen. Zur  Einübung  des  zu  Untersuchenden  lässt  man  zweck- 
mässig erst  vorher  gleichzeitig  in  beide  Ohren  volle  Sätze  ohne 
Wortlücke  sprechen,  indem  für  das  gesunde  Ohr  das  ausfallende 
Wort  durch  ein  unbestimmtes  Gemurmel  ersetzt  wird.  Das  Stich- 
wort muss  in  die  Mitte  kommen  und  darf  nicht  aus  dem  Sinne  will- 
kürlich ersetzt  werden  können.  Am  besten  eignen  sich  also  Sätze 
fehlerhaften  Inhalts,  wie  das  oben  angegebene  Beispiel. 

Durch  zwei  Beobachtungen  am  Lebenden  wie  auch  durch  Leichen - 
versuche  halten  Koerner  und  v.  Wild  ''Di^  Percussion  des  Warzen- 
fortsatzes, nebst  Mittheilung  eines  neuen  Falles  von  diabetischer 
Caries  dieses  Knochens.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  '23,  H.  3  u.  4 
es för möglick,  mitder  Lücke'schen  Knochenpercussion  acute 
centrale  Ostitiden  des  Warzenfortsatzes  in  einer  Zeit  zu  er- 
kennen, in  welcher  sich  dieselben  noch  durch  keine  äu^s^rlich  wahr- 
nehmbaren Zeichen  verrathen.  Nur  die  Erkrankung  des  Knöcherig 
selbst,  nidit  aber  die  Aufhebung  seiner  l^uh^ltigen  Hohlräume,  ver- 
ändert den  PaxmsBionsscLall. 

iahrboch  d.  vnd.  Medkia.   fSSci.  ^5 


o4G 


Koch. 


Gell6  (L'audiphoiie  appiiqu^  aa  diagoostic  otologique.  AiiDal* 
des  malad,  de  Foreilb  1882,  Kr.  7)  hält  bId  intaDsiveres  operatives 
EiDgreüeii  bei  jenen  Formen  hochgradigster  Höratörungen ,  die  auf 
anderweitig  irreparablen  Stönangen  im  schalUeiteoden  Apparat  be- 
ruhen, eigentlich  our  dann  für  gerechtfertigt,  wenn  erst  durch  daa 
Audiphon,  als  sicherstes  diagnostisches  Mittel,  sowoM  daä 
Verhalten  des  HcbalUeitenden  Aijparates,  so  namentlich  der  Steig- 
bügeiplatte,  wie  auch  das  Verhalten  des  Nervus  acusticua  bezüglich 
des  Grades  seiner  noch  vorhandenen  Erregbarkeit  und  Perceptions- 
fähigkeit,  insbesondere  für  die  Sprache,  festgestetk  ist. 

Gtradeoigo  (Ueber  die  klinischen  Merkmale  der  AlFectioneu 
des  Nervus  acusticus,  Zeitschr,  f.  Ohrenbeilk»  Bd.  23,  H.  3  u.  4) 
kennte  hei  dem  grössten  Theil  der  von  ihm  beobachteten  Erkran- 
kungen des  Acusticua  bei  der  Prüfung  mit  der  Stimmgabel  eine  ■ 
Herabsetzung  der  Hörschärfe  vorwiegend  fiir  die  mitt- 
leren Töne  constatiren,  während  die  Hörschärfe  für  die  hohen 
Töne,  welche  bekanntlich  bei  Alterationen  des  Labyrinths  am  frühe- 
sten abnimmt,  gut  erhalten  blieb;  ausserdem  bestand  in  einigen  Fällen 
eine  excessive  functionelle  Erschöpf  barkeit  des  Nerven. 


V.    Ffttholof^ie, 

Das  echte  Othämatom  kommt  nach  Tischkow  (lieber  das 
Othämatom.  8t  Petersburg  1891.  Ref.  Neurol.  Centralblatt  1892, 
S,  28)  fast  ausBchliesBlich  bei  der  progressiven  Paralyse  vor  und  gibt 
stets  eine  üble  Prognose,  unter  zehn  von  Tischkow  beobachteten 
Fällen  betrafen  fönf  Paralytiker.  Mikroskopische  Untersuchungen 
zeigten,  dass  im  Ohrknorpel  von  Paralytikern  Neubildung  von  Blut- 
gefässen stattfindet,  die  vom  Perichondrium  aus  in  den  Knorpel 
hineinwachsen,  Die  elastischen  Fasern  verlieren  häuhg  ihren  Glanz^ 
die  Zellen  degeneriren  fettig,  und  können  diese  Veränderungen  bis 
zu  partieller  Nekrose  des  Knorpels  führen.  Nach  Verf.  kann  also 
das  Othämatom  spontan,  ohne  Trauma  entstehen. 

Davidsohn  (Fibrinöse  Membranen  im  äusseren  Gehör- 
gang  nachJnfluenza-Otitis.  Deutsche  med.  Wochenschr,  1891, 
Nr.  41)  berichtet  über  zwei  Fälle  dieser  bisher  immerhin  noch  selten 
beobachteten  Erkrankung.  Die  Membranen  bestanden  znm  grössten 
Theil  aus  Fibrin  fasern,  die  ein  schönes  Netzwerk  bildeten,  und  waren 
von  Mikrokokken  durchsetzt,  welche  theiis  vereinzelt,  theils  in  Häuf- 
chen beisammen  lagen.   Die  Frage  nach  der  Entstehung  dieser  Mem- 


I 


A 


Ohrenheilkunde. 


547 


^brasen  glaubt  Verf.  nach  den  ungefähr  40  vorliegenden  Kranken- 
geschichten  dahin  beantworten  zu  müssen ,  daas  entweder  im 
llusseren  Gehörgang  beiindliches  Blut,  oder  von  excoriirten  Stelen 
'des  Gehörgangs  und  Trommel  felis  secernirt©  Lymphfltisaigkeit,  oder 
beide  Flüssigkeiten  ^susammen  es  sind  ^  aus  denen  unter  gewissen 
Bedingungen  Fibrin  aasgescbieden  wird.  Welcher  Natnr  diese 
Bedingungen  sind,  darüber  lassen  sich  vorläufig  nur  Vermuthungen 
aussprechen. 

Scheibe  (üeber  die  InÜuenzabacillen  bei  Otitig  media.  Mün* 
ebener  medicin,  Wochenächrift  1892|  Nr.  14j  fand  auch  in  diesem 
Jahre  bei  drei  weiteren  Fällen  von  iViacher  Influenza-Otitis 
iffi  Mittelohrsecret  dieselben  Stäbchen,  die  von  ihm  schon  vor 
2  Jahren  (cfr.  Jahrbuch  1891  ^  S.  olG)  in  zwölf  Fällen  constatirt 
waren*  Namentlich  mit  Berücksichtigung  der  jetzt  gelungenen  Züch- 
tungsversuche des  Influenzabacillus  seitens  Pfeif fer'ö,  Kitasato's 
Qtid  Caoon^s  dürfte  demnach  wohl  kaum  noch  ein  Zweifel  bestehen^ 
class  die  gesehenen  Stäbchen  in  der  That  als  die  Erreger  der  In- 
fluenza anzusprechen  sind.  Die  Unterschiede  zwischen  den  eigenen 
Sräbchen  und  denen  der  eben  citirten  Autoren  beruhen  nach  Verf. 
wahrscheinh'ch  auf  degenerafciven  Vorgängen. 

Kose  garten  (Erkrankungen  des  Ohres  bei  Influenza.  Zeit- 
ftchrift  f.  Ohrenbeilk.  Bd.  25,  H,  3  u.  4)  machte  während  beider  In- 
fluenzaepidemien die  Beobachtung,  daas  ausserordentlich  häufig 
die  Entzündung  ausschliesslich  oder  vorwiegend  im  Kuppel- 
raum der  Paukenhöhle  ihren  Sitz  hatte.  Die  Function  der  Mem- 
brana Shrapnelli  entteerte  reicbliche  Flüssigkeit,  etwas  zäh,  meist 
blutig.  Soweit  zu  controlliren-,  war  der  Ausgang  durchweg  gut  mit 
völliger  Restitution  des  HörvermÖgena, 


Gleichwie  Scheibe  schon  hei  seinen  früheren  Untersuchungen 
(cf.  Jahr.  1890,  S,  402)  in  der  durch  e  i  n  f  a  c  h  e n  T  u  b  e n  v  e r s  c  h  1  u  s  s 
bedingten  Serumansammlung  im  Mittelohr  keine  Mikroorganis- 
men hatte  nachweisen  können,  so  ergaben  auch  sieben  weitere  in  dieser 
Richtung  unter  allen  üautelen  bacteriologiseh  untersuchte  Fälle  (Zur 
Pathogenese  der  Transsudatbildung  im  Mittelohr  bei  Tubenverschluss, 
Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  23.^  K.  1)  im  Gegensatz  zu  Kanthack 
ein  negatives  Resultat.  Von  körperlichen  Elementen  fanden  sich 
nur  gleichraässi^  in  der  Fliissigkeit  vertheilte  rothe  und  weisse  Blut- 
körperchen, welche  gewisse  Veränderungen  eingegangen  waren,  und 
nur  ganz  vereinzelte  Schleimhautepithelien.  Die  rotben  Blutkörper- 
chen sind  hier  nicht  in  Geld  rollenform  angeordnet  und  immer  blasser 


UH 


Koch. 


als  die  normalen,  die  weissen  sind  verfettet  —  Ferner  untersuchte 
Verf.  auch  eine  Anzahl  von  Fällen  mit  frischer  entzündlicher 
Affection  des  Mittelohrs,  bei  welchen  Neigung  zum  Dnrch- 
bmch  des  Trommelfells  nicht  besteht,  das  letztere  vielmehr  nach  der 
Paracentese  schnell  wieder  verheilt  (Otitis  media  catarrhalia  acuta 
und  subacuta] ,  theils  am  Lebenden ,  tlieiis  an  der  Letche^  und  fand 
bei  der  Otitis  media  catarrhalis  acuta  beim  Lebenden  einmal  Strepto- 
coccus pyogenes,  an  der  Leiche  einmal  Biplococcuü  pneumoniae, 
beim  subacuten  Katarrh  in  einem  Falle  den  Staphylococcus  pyo- 
genes albus  in  Reincultur^  also  die  gleichen  Mikroorganismen  wie 
bei  der  acuten  Eiterung  des  Mittelohrs.  Es  stellen  daher  diese 
drei  Affectionen  des  Mittelohrs  vom  anatomischen  und 
ätiologischen  Standpunkte  aus  eine  einheitliche  Gruppe 
darj  trotzdem  erscheint  ihre  Trennung  för  die  klinische 
Betrachtung  unentbehrlich.  Dagegen  sind  diese  drei  Affectionen 
von  der  Transsudatbildung  im  Mittelohr  sowohl  anatomisch  als  auch 
klinisch  scharf  zu  scheiden. 

Eine  zweite  Arbeit  Scheibe's  handelt  über  die  Erreger  der 
K  nochenerkrankuüg  des  Warzentheils  bei  der  acuten  ge- 
nuinen Mittelohrentzündung,  insbesondere  des  Diplo- 
coccus  pneumoniaii  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  23,  H.  1),  Verf. 
untersuchte  16  Fälle  von  Mastoiditiö,  davon  0  mikroskopisch,  durch 
Cultur-  und  Thierversucbe,  7  nur  mikroskopisch;  ea  fanden  sich  9mal 
Diplococcuö  pneamo«iae,  5mal  Streptococcus  pyogenes  (darunter  Imal 
zusammen  mit  dem  Staphylococcus  pyogenes  albus),  Imal  Staphylo- 
kokken, Imal  nicht  näher  hestimmte  rundliche  Kokken  ohne  Kapseln. 
Aus  diesen  Eesul taten,  die  mit  denjenigen  anderer  Autoren  überein- 
fltjminen,  ergibt  sich,  dass  verschiedene  Mi  kroorganismen  die 
Knochen  er  krankung  des  Warzen  fortaatzes  hervorrufen 
können.  Auffallend  häuüger  ist  hier  das  Vorkommen  des  Diplococcu» 
pneumoniae  im  Vergleich  zu  seinem  Vorkommen  bei  der  acuten  genuinen, 
nicht  complicirten  Mittelohrentzünduog:  sowohl  nach  iVtihc^ren  wie 
auch  neuerdings  wiederum  en  zehn  Fülien  uncomplicirter  Otitis  media 
augestellten  bacteriologischen  Prüfungen  des  Verf.^s  lb—20^l^^  -b^^i^* 
Es  ist  also  wohl  anzunehmen,  dass  es  insbesondere  der  Diplo* 
coccus  pneumoniae  ist,  welcher  im  Verlauf  der  acuten 
genuinen  Mittelohrentzündung  Complicationen  von  Seiten 
des  Warzentheils  in  ungewöhnlicher  Häufigkeit  hervor* 
ruft.  In  einem  Falle  von  den  fünf^  in  denen  der  Streptococcus 
pyogenes  gefunden  wurde,  Isg  der  Knochen  bloss,  zweimal  handelte  es 
sich   um  wirkliche  Nekrose;    in   den  übrigen  Fällen   bestand  keine 


Ohren  h  ei  Ik  and  e. 


549 


Nekrose,  uod  ist  es  nach  Verf.  für  die  Frage  nach  der  Ursache  jenes 
Unterschiedes  von  Interesse ^  dass  bei  den  letzteren  der  Allgemein- 
zustand  ein  gater^  bei  den  Fällen  von  Nekrose  dagegen  ein  sehr  ge- 
schwächter war.  In  sämmtlichen  neun  Fällen^  bei  welchen  der  Diplo- 
coocus  poeamoniae  sich  vorfand^  war  nirgends  im  Innern  des  Warzen- 
theils  biossliegender  Knochen  vorhanden,  und  dieselben  heilten 
hämmtlich  —  auch  ein  Fall  mit  hochgradiger  Arteriosklerose  —  in 
verbal tnissmässig  kurzer  Zeit. 

Martha  (Note  sur  deux  cas  d'otite  mojenne  purulente  conteuant 
le  bacille  pyocyanique  a  l'etat  de  purete.  Arch,  de  mÄd.  exp6r*  etc. 
1892,  Nr.  t  Ref.  Aonai.  den  malad,  de  Toreille  1802 ,  Nr.  10)  fand 
uoter  5B  bacteriologisch  untersuchten  Fällen  von  Mittelo breite- 
ruug  in  2  Fällen  von  3-  resp.  4monatlicher  Dauer  den  Bacillus 
pyocyaneas  im  Eiter  inReincultnrund  glaubt  daher^in  dem  betreffen- 
den Bacillna  die  Urt^Hche  der  Eiterung  suchen  zu  dürfen,  wenigstens 
Tür  den  einen  Fall,  da  der  andere  tuberculöser  Natur  war. 

Charassac  (Contribution  a  Ti^tude  des  tumeurs  malignes  de 
roreiUe.  Eev.  de  laryngoL|  d^otolog*  1892,  Nr,  1—3)  gibt  nach  einem 
kuraen  Ueberblick  über  die  bisherige  Litteratur  von  malignen  Tu- 
moren  des  Ohres  eine  sehr  eingehende  Beschreibung  des  Car- 
ciuoms  und  des  —  selteneren  —  Sarkoma  des  Gehörorgans. 

Sodann  liegt  noch  eine  Abhandlang  von  Dalby  (Cancer  of  the 
ear.  The  Lancet,  2.  Juli  1892)  über  den  Krebs  des  Ohres  vor; 
derselbe  beobachtete  innerhalb  20  Jahren  sechs  eigene  FäUe«  Nach 
Dalby  beginnt  der  Krebs  fast  immer  im  Caviim  tympani.  Fast  stets 
war  längere  Eiterung  vorausgegangen,  nur  in  einem  Falle  hatte  solche 
gefehlt  In  einem  Falle  lag  hereditäre  krebsige  Disposition  zu  Grunde, 
in  2wei  Fällen  gaben  eine  Verletzung^  Darchstossung  des  Trommel- 
fells mit  einer  Haarnadel,  und  Ueberfahren  des  Kopfes  Anlasa  aur 
Eiterung  mit  nachfolgendem  Carcinom.  Alle  Fälle  endeten  binnen 
0  Monaten  nach  Constattrung  der  Geschwulst  letal. 


J.  Charazac  (Con^id^rations  sur  Totite  interne  syphilitique. 
|Bev.  de  laryngol,  d'otoiog.  1892,  Nr.  12)  liefert  eine  ausführliche 
Abhandlung  über  die  Syphilis  des  inneren  Ohres*  Charakteri- 
stisch för  dieselbe  ist  die  rasche  Entwickelang;  völlige  oder  fast 
völhge  Taubheit  tritt  manchmal  im  Laufe  einiger  Monate^  manchmal 
in  einigen  Tagen,  manchmal  plötzlich  auf,  gewöhnlich  im  Verein  mit 
heftigen  subjectiven  Geräuschen  und  starken  Schwindelerscheinungen. 
Diese  Zuölände  können  lange  stationär  bleiben,  aber  auch  plötzliche 


55(1 


Koch. 


Verschlimaierung  erfahren.  Ferner  treten  häuüg  Augenatörungen 
und  heftige  Ceplialalgien  auf.  Letztere  namentlich  am  Abend  und  in 
der  Nacht,  Auch  Faeialialähmung  begleitet  häufig  die  syphilitische 
Otitis  interna,  bedingt  entweder  durch  Fortleitung  vom  AcusticuSj 
oder  wahrscheinlicher  durch  Hyperostosen bildung  im  inneren  Gehör- 
gang. Sehr  selten  entwickeln  sich  die  Oiirerscheinungen  vor  dem 
Auftreten  secundärer  syphilitischer  Manifestationen. 


Uebereinstimmend  mit  den  Ergebnissen  der  fniberen  Unter- 
suchungen in  den  Fällen  von  Gradenigo,  Steiubrligge  und  Po- 
litzer fanden  auch  Wagenhäuser  (Labyrinthbefund  eines  Falles 
von  Taubheit  bei  Leukämie.  Arch.  f.  Ohren  heilk.  Bd.  34,  H,  3)  und 
Lannois  {Complications  auriculaires  au  cotire  de  la  leucocytb^mie» 
Annal.  des  malad,  de  Foreille  1892,  Nr.  1)  bei  ihren  an  lienaler 
Leukämie  verstorbenen  Patienten  Hämorrhagien ,  Bindegewebs- 
und  Knochenneubildung  in  beiden  Labyrinthen.  Im  Falle  von  Wagen- 
häuser hatte  intra  vitam  eine  genaue  Ohruntersuchung  nicht  statt- 
gefunden, nur  war  Verlust  des  Gehörs  auf  beiden  Seiten  constatirt 
Der  34jährige  Patient  von  Lannois  war  8  Monate  vor  dem  Tode 
plötzlich  mit  heftigen  Schwindelerscheinungen  und  Erbrechen  er- 
krankt. Am  dritten  Tage  entwickelte  sich  innerhalb  weniger  Stunden 
völlige  Taubheit,  Die  Untersuchung  der  Ohren  ergab  ein  negatives 
Eesultat.  In  einem  Eesumt^  bezüglich  der  aus  den  bisher  raitgetheilten 
Beobachtungen  von  Atfecfionen  des  Gehörorgans  bei  Leukämie  zu 
ziehenden  Schlui^sfolgerungen  spricht  sich  Lannois  auch  bezüglich 
der  relativen  Seltenheit  der  Ohrafiectionen  bei  Leukämie  dahin  aus, 
dass  zu  ihrer  Entwickelung  wahrscheinlich  ein  schon  trüber  bestan- 
denes Ohreuleiden  erforderlich  ist. 

Der  Fall  von  Moos  (üeber  die  histologiachen  Befunde  in  zwei 
Felsenbeinen  eines  3  Jahre  nach  vollständiger  Scharlach-Ertaubung 
gestorbenen  Mädchens.  Tod  durch  eiterige  Basilar-  und  Convexitäts- 
meningitis.  Zeitscbr,  f.  Ohrenheilk.  Bd,  23,  H.  1)  betraf  ein  12j ähriges 
Mädchen,  welches  3  Jahre  vor  dem  Tode  an  Scharlach  und  Nasen- 
rachendiphtherie  mit  daran  sich  anschliessender  und  bis  zum 
Tode  fortdauernder  doppelseitiger  Mittele breiternng  erkrankt  war; 
von  Beginn  der  Ohrorkrankung  an  (vierter  Tag  der  Erkrankung)  be- 
stand völlige  Taubheit  —  Auf  die  Schariacherkrankung  waren 
folgende  Veränderungen  zurückzuführen:  doppelseitige  Zerstörung 
des  Trommelfelle,  Exfoliation  von  Hammer  und  Ämbos  beiderseits, 
Dislocation  des  Stupes  auf  einer  Seite,  oberflächliche  und  centrale  ge- 


' 


Ohrcfiheilkuode, 


SSI 


heilte  KoocbennekroseQ ,  bindegewebige  und  wacbsartig«  VertUide- 
mögen  der  BinnenmiiBkelii  des  mitdereii  Ohres,  Cystenbildiuig  uod 
.  Atropbie  der  Schleimhaut,  epidermoidale  ümwandloog  de-r  Scbleim* 
haut.  Im  Labyrinth:  doppelseitige  KnochenneubilduDgeu  im  Bereioh 
der  ersten  Schneckenwindang,  Zerstörung  der  Gorti^sohen  Organe, 
bindegewebige  Umwandlung  der  Halbzirkelgänge.  —  Ale  durch  die 
terminale  Affection  her\orgexufene  Veränderungen  waren  lu  be- 
trachten: frische  eiterige  Entzündung  in  den  Nischen  beider  Laby* 
rinthfenster,  frische  Knochennekrosen,  die  gewaltige  Zerstörung  des 
Acusticus  und  eines  Theiles  des  Facialis  durch  eiterige  EntKüudung 
und  Hämorrhagie.  Als  Krankheitserreger  der  wahrächeiuiiob  seoun* 
dären  eiterigen  Meningitis  wurde  ein  Stapbylococcus  gefunden. 

Uckermann^s  Fall  (Anatomischer  Befund  in  einem  Falle  von 
Taubstummheit  nach  Scharlach,  Zeitsehr.  f,  Ohrenheil k.  Bd.  '2^,  H.  l) 
beti'af  einen  18jährigen  an  Tuberculose  verstorbenen  Manu,  dor  im 
Alter  von  2^^  Jahren  an  Scharlach  erkrankt  und  infolge  tlavon 
taubstumm  geworden  war.  Die  Section  ergab  als  HmiptvtirJlndo* 
rungen:  Rechtes  Ohr:  Stapes  unbeweglich  (verknöohivrtdM  Ijiga«' 
mentum  annulare)»  Die  Membrana  rotunda  bUikht  mim  ver* 
knöcherte  Platte.  Von  den  halbzirketförmigen  Kan^ilon  ßndet 
sich  nur  eine  Andeutung  ^  von  den  SaccuÜ  und  der  Cochlea  kuinu 
Spur.  Linkes  Ohr:  Aeusserer  Gehörgang  mit  Ktter  angolültL  Itn 
Trommelfell  fünf  Perforationen.  Paukenhöhle  und  die  hbriKcüi  Hohl- 
räume des  Temporalknocbens  mit  scbleimigem  Eiter  und  lirönkliK^^ti 
Massen  angefüllt,     Membrana  rntunda  verknüchect. 

Mygind    (Zeitschr.   f.   Ohrenheilk.    Bd.    2a,    H,   ö    ut»d    A}   Im* 

schreibt  einen  Fall  von    einseitiger   totaler  AbweHonhtfit  dMi» 

Labyrinths,  verursacht  durch  scariatinöse  OtitlN    iiiiima« 

Von  den  normalen  Höhlungen  de»  Labyrinths  war  nicht  dio  gurlngite 

pur   vorhanden;   das  ganze   innere   Ohr    und   seine   nächdien    Um- 

ebungen  waren  durch  hartes,  sklerotischt;!«  Kn  och  enge  w#b»  efinUl, 

dass  nicht  einmal  die  Umrisse  des  Labyrintfin  /u  erkemittn  wiirtuh 


Mygind  (Ein  Fall  von  Taubstummheit  natiU  ÄlaMcrn  m^imi  ilnni 
Obductionsbefund.  Zeitschr.  t  Ohrenheilk.  Jid,  '22,  H.  U  und  4)  h«. 
richtet  über  einen  an  croupdaer  Pneumonie  veritorbonen  Tnuhnlnmunmf 
der  \  Jahre  alt  infolge  von  Masern  Oeh^r  and  Bprache  ver- 
loren hatte;  zu  gleicher  Zeit  hatte  dich  auch  dit«rig«r  AnntbiM  Muf 
beiden  Ohren  eingestellt.  Der  S«ctiDnjib«fiSJ)d  ergab;  Unn  rm^hi« 
Trommelfell  verdickt  und  verkulki,  rfrminderim  BiTWugllchk^^it  «Ur 
Stapesplatte  bei  normalem  AosMb^Q  d^r  Oebnkvorb/nduniCf   K«i)»Uft 


bö2 


KoclL 


des  rtinden  Fensters,  die  Oberfläche  des  hinter  dein  FromoDtorium 
gelegenen  Theiles  der  inneren  Wand  der  Paukenböhle  mit  spitzigen 
und  dornigen  Excrescenzen  bedeckt.  Der  Tensor  tympani  und  der 
Muecuius  ötapedius  fehlen  voUetändigj  ebenso  der  häutige  Inhalt  des 
Vorhofs  tiod  der  Halbzirkelgänge,  welche  dafür  mit  einer  dem  nor- 
malen Labyrinth wasaer  gleichenden  Flüssigkeit  angefüllt  sind.  Die 
Cochlea  ist  zum  grössten  Theil  durch  ein  hartes^  weisses  sklero- 
tisches Knochengewebe  ersetzt,  der  Modiolus  und  die  Lamina  spiralis 
fehlen;  nur  die  erste  Hälfte  der  eisten  Windung  ist  noch  vorhanden; 
der  übrige  Theil  der  Höhlung  der  Schnecke  ist  ebenfalls  mit  klarer 
Flüssigkeit  angefüllt;  von  dem  häutigen  Inhalt  ist  keine  Sp^r  vor- 
handen. Der  Nervus  acusticus  iöt  normal.  Das  linke  Ohr  bot  fast 
in  jeder  Beziehung  dasselbe  Bild  wie  rechts  ^  jedoch  fehlte  hier  das 
Trommelfell  vüllstandig. 


Der  FaU  von  Stein brügge  {Ein  Fall  von  Zerstörung  und  theil- 
weiser  Verknöcheruug  beider  Labyrinthe,  muthmasslich  infolge  einer 
Meningitis.  Zeitachr,  L  Ohren heilk.  Bd,  22j  H.  8  u.  4)  betraf  einen 
10jährigen  Knaben,  welcher  14  Wochen  vor  seinem  Tode  anscheinend 
unter  meningi tischen  Erscheinungen  erkrankt  war  und  schon  nach 
B  Tpgen  das  Gehör  verloren  hatte,  Kopfschmerzen  und  Fieber 
hatten  sich  seitdem  Immer  wieder  eingestellt.  Die  Section  ergab: 
Hochgradiger  Hydro cephalus  internus.  In  der  rechten  Paukenhöhle 
schleimig-eiterige  Entzündung  mit  grosser  Perforation  des  Trommel- 
fells; im  linken  Trommelfell  eine  Narbe.  Die  Labyrinthe  zeigten 
die  bekannten  Ausgänge  intensiver  Entzündung^  Zerstörung  der  nor- 
malen Weichtheile,  Neubildung  von  sehr  gefässreichen  Bindesubstanzen 
und  theils  beginnender^  theils  vaUendeter  Verknöcherung 
derselben.  Am  weitesten  war  die  Verknöcherung  in  den  Bogengängen 
vorgeschritten.  Die  Nervenfasern  des  Acusticus  im  inneren  Gehör- 
gange waren  zum  grossen  Theil  durch  Bindegewebe  ersetzt. 

Larsen's  Patientin  (Et  Tilfälde  af  Cerebrospinalmeningitis, 
komplicieret  med.  Oereüdelse.  Död.  Section.  Nord,  med.  Arkiv 
Bd.  22,  Nr.  14.  Ref.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk,  Bd.  23,  B.  2)  war  ein 
7jähriges  Mädchen,  welches  am  10,  Krankheitstage  der  Cerebro- 
s  p  i  n  a  1  m  e  n  i  n  g  i  t  i  s  schwerhörig,  am  1 6.  Tage  völlig  taub  wurde. 
Tod  am  37»  Tage.  Die  Obduction  ergab:  Die  Trommelfelle  gesund, 
die  Paukenhöhle,  die  Tuba  Eustachi i  und  das  Antrum  mastoideum  sind 
mit  muco-purulentem  Inhalt  gefüllt,  im  Porus  acusticus  internus  die 
Nerven  in  Eiter  gebettet.  Die  Canales  semicirculares  sind  mit  röth- 
lichem,  weichem  Gewebe  (Bindegewebe  mit  Fe  ttjdegenerirten  Rund  wellen 


d 


Ohrenheilkunde, 


55a 


und  Blutkörperchen)  getulit;  ebensolcher  Befund  im  Vestibül  um  und 
der  Cochlea;  im  linken  Vestibulum  auch  etwas  Eiter.  Day  häutige 
Labyrinth  lat  nicht  zu  erkennen .  Eiterige  Convexitäts-  und  Basilar- 
meningitis;  ebenso  die  Medulia  äpinalis  von  eiterigem  Exsudat  um- 
geben. Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  zeigen  der  Nervus 
aousticuß  und  Nervus  facialis  keine  pathologischen  Veränderungen, 
—  Di©  Ohrenerltrankung  war  also  durch  directe  Fortpflanzung  der 
MeDingitis  entstanden. 

Habermann  (Zur  Kenntniss  der  Otitis  interna.  Zeitschrift 
für  Heilkunde)  liefert  den  pathologiäcben  Befund  von  zwei  Fällen 
von  Otitis  interna  nach  Meningitis  cerebrospina* 
l  i  s.  In  dem  einen  Falle  (Tmonatliches  Kind)  handelte  es  sich 
um  eine  frische  Erkrankung,  im  zweiten  Falle  hatten  sich  die 
zur  Taubstummheit  fuhrenden  Processe  im  2.  Lebensjahre  des  bei 
seinem  Tode  6*,^  Jahre  alten  Knaben  abgespielt»  Im  ersteren  Falle 
bestand  ausserdem  doppelseitige  Mittelohreitorungy  im  letzteren  bei- 
derseitige noch  nicht  durchgebrochene  eiterige  Mittelohrentzündung. 
In  beiden  Fällen  hatte  sich  die  Entzündung  des  Labyrinthes  vor- 
wiegend in  den  perilymphatischen  Bäumen  abgespielt.  Dort  frische 
fibrinös-eiterige  Entzündung,  Entzündung  sämmtlicher  Nerven  im 
inneren  Öehörgang,  beide  Treppen  der  Schnecke  mit  eiterigem  Ex- 
sudat erfüllt,  im  linken  Obre  auch  schon  ein  Theil  des  U  ort  loschen 
Organs  zerstört^  hier  Defecte  in  den  Nerven  der  basalen  und  Spitzen- 
windung der  Schnecke,  das  Corti'sche  Organ  in  einen  unregelmäesigen 
Zellenhaufen  verwandelt^  Verdickung  und  stellenweise  Verkalkung 
der  endostalen  Auskleidung  des  inneren  Ohres,  Knochenueubildung 
besondere  in  den  Bogengängen  und  im  Endtheil  der  basalen  Schnecken- 
windung, im  linken  Ohre  ausserdem  knöcherner  VerscbluBa  der 
Scbneckenmündung  des  Aquaeductus  Cochleae  und  eine  hochgradige 
Ausdehnung  der  Membrana  Reinsneri  und  des  Sacculus  rotundus. 
Nach  Verf.  weisen  die  Befunde  auch  in  diesen  beiden  Fällen  darauf 
hin«  dass  die  Labyrinthentzündung,  wie  in  den  anderen  bisher  unter- 
suchten Fällen,  durch  das  Eindringen  der  patbogenen  Keime  auf  dem 
Wege  der  Schneckenwasserleitung  zu  Stande  gekommen  ist. 


Lemcke  (lieber  Ursachen  und  Verhütung  der  Taubstummhi:ia 
an  der  Hand  in  Mecklenburg  gemachter  Erfahrungen,  Bericht  über 
die  erste  Versammlung  der  deutscfaen  otologischen  Geseibchaft  zu 
Frankfurt  a.  M.  Archiv  f.  Obrenheük.  Bd.  33,  H.  8  u.  4)  tritt  mit 
aller  Entschiedenheit  für  die  Lehre  von  den  multiplen  Ursachen 
der  Taubstummheit  ein  und  unterscheldöt.  iftTT^%\."t\%Osi^^  v^^"^- 


i54 


Kocli. 


viduelle  and  unmittelbare  Ursachen.  Terrestrisohe  Uraachen 
sind;  HöheDlage,  geologiache  Stuctur  des  Bodens^  das  Wasser,  das 
Klima;  sociale  Ursachen:  Wohndichtigkeit,  Hace,  Coofession,  Ge- 
schlecht, ökanomiscbe  und  hygienische  Lage  der  Eltern;  indivi- 
duelle Uniaehen:  Alter  der  Eltern  hei  der  Verheirathung  bejsw,  bei 
der  Geburt  der  Taubstummen^  Fruchtbarkeit  und  Geburtafolge  in  ddn 
Taubstumm enfamilien^  Verwandtschaft  der  Eltern,  pathologische  Be* 
lastung.  Unter  letzterer  versteht  Verf.  die  directe  und  indirecte 
Vererbung  des  Gebrechenn,  die  Belastung  mit  Erkrankungen  der 
Gehörorgane  und  anderen  constitutionellon  Leiden,  insbesondere  mit 
Tubercoiose,  Geisteskrankheiten,  Sehstörungen  und  Pota- 
tor! um.  42<)q  sämmtlicher  Taubstummenfamilien  waren  mit  diesei) 
Leiden  belastet.  Unmittelbare  Ursachen  aind^  ihrer  Häufigkeit 
nach  geordnet^  folgende  Krankheiten:  Gehirn affectioneo^  Schar^ 
iacb^  Ohrenkrankheiten,  Masern^  Verletzungen,  Rhinitifly 
T3*pbus,  Keuchhusten,  Diphtherie,  Lues  und  Varioloi«. 
In  diese  Kategorie  fielen  55  ^'i^  aller  Taubstummen.  58  %  waren  mit 
folgenden  Leiden  behaftet:  Scrophulo^e,  Tubercttloaef  Rhachitis,  Luea, 
Hemmungshildungen,  Blödsinn,  Epilepsie,  Lähmungen,  PsychoseOi 
Sehstömngen,  malignen  Neubildungen.  Locale  Processe  in  den  Ge- 
hörorganen und  deren  Nachbarge bilden  wurden  hei  60%  der  Ge- 
aammtsumme  vtin  53H  constatirt.  Bei  2^*^o  aller  laubgewor- 
denen bestanden  noch  schwere  und  schwerste  otologische  Processe^ 
chronische  Eiterung,  Polypen,  Cholesteatome,  Caries  mit  Sequester, 
Parese  und  Paralyse  des  Facialis,  und  in  keinem  einaigeu  Falle  war 
auch  nur  der  ernst  gemeinte  Versuch  gemacht,  eine  Heilung  oder 
Stillstand  der  Erkrankung  herbeiztifilhreii.  »Um  eine  Herabsetzung 
dar  HÄufigkeit  der  Tauh>tumraheit  zu  erzielen,  ist  e»  noth wendig, 
dasa  der  Staat  durch  Pflege  der  Volksaufkiämng,  durch  Regelang 
und  UeberwachuQ^r  der  Volksbygiene  die  Bociaien  und  individuellen 
Ursachen  bekämpft,  und  dass  er  andererseits  von  seinem  Heilpersonale 
den  bisher  nicht  ausdrücklich  geforderten  Befähigungsnachweis  ver- 
langt^ die  hier  vor  allen  Dingen  in  Betracht  kommenden  Erkrankungen 
des  Gehörorgans  mit  ihren  Folgen  zu  erkennen   und  zu  behandeln.^ 


Bt^i  Erkrankung  des  Knochens  zwischen  Paukenhöhle 
und  Carotiswaud  können  nach  Körner  (Uebergang  von  Er- 
krankungen aus  der  Paukenhöhle  durch  den  Oanalis  caroticua  auf 
das  Schädeljnnere*  Aus  dem  Bericht  Über  die  Verhandlungen  der 
ersten  Versammlung  der  deutschen  otologiachen  Geaellachaftv  HonatA« 
aohriit  fUr  Ohrenheilk.    1892,    Nr«  8)  folgende  Zustände  auftreten: 


Ottmnhflikuiidf. 


Mri 


tt)  Stillung  in  deu  durah  den  onrotiiiolton  Katml  d«n  Bchttdel  Ti>r* 
Mffodc}!!  Lytn|ihgtftit^,  der«ii  Fol|t«  dit  Stuutiugnpiipille  int;  2)  Er- 
kninkunit   den    im   earotiAobou  Rmml    bt^findliciu^n  Vonmiploxui^   und 

^d«0  Sinutt  oAvornoiiua ;  H)  ErkrAukuuic  dor  Cürotinwund  ^  und  xwar 
TubDrouloso^  ri>ruor  Verbreitung  miliiircür  'rubor^ubso  Ton  der  allein 
»btirculÜH  kf-ftnlcMU  Paukonhiiddu  hin|£ii  dor  (^rotiH  und  ihror  Fart- 
ttUuug,  ilttr  ArtDrin  ronitiio  Sylvii;  *l)  Ruptur  di^r  Unrotin;  ß) 'i'brooi* 
d«r  Onrotiii  mit  Hiriunnbulton  und  «unbolisolien  Erweiobungü* 
)«ii»  tfi  df^r  DiücuaiMinn  umobti^  Wnlb  dnriiuf  «ufinorkiMiui,  dajas  die 
(krotis  tiab»  dor  l'nuktnihöblo  in  oincm  Vonunmumü  tiogo,  iso  da«iti 
b«i  Durobbrucb  dr^«  Knonhonn  auch  obuo  VerbttUDg  der  Carotie 
lufveiiott  dc«r  Blutwogo  «tivitHmion  kt^nno. 


VL    Tli4M*ii|ijt\ 

Kteh  La V rund  (8ur  uu  iu'uclhIi^  do  hHiiamoDt  deft  kyi»te«t  du 
plkriUaii.  Rav,  da  laryugol  1H92,  Nr.  1*2)  j^fibt  att  Cy«ton  dftrObr- 
mtifobel,  die  mit  dem  (Hbtmatam  iib.Holut  niobU  iu  thun  bibon. 
W&hmnd  bni  der  eon^t  übliabon  üehAndlungMwoiHo  deret^lben  loiabt 
bAetliabo  Karbon  lUtUckblmbou,  lassen  »iob  k\iiter<^  bei  galvano* 
lauetiioher  Punotnr  und  Actiung  der  Innenwand  dea  Sacke» 
Ulig  VLTmaidon,  indom  bei  einem  derartigen  Vorgeben  nur  paukt* 
lärmige  Narben  roeuttirnn« 

Guormonproa  und  Cooberit  (Troia  Operations  d'i^pitb^lioma 
|u  pavillon  de  roreille  auiviea  dVutoplaatio.  Rev,  de  laryngul, 
||*oioli>g*  1HU2,  Nr.  U^)  wandten  in  drei  Fällen  von  Epitbeliom  dt»i- 
^brniUMcbol  nach  der  Excision  lirr  kranken  Partie  mit  Vortbeil 
ir  Vermeidung  der  äonat  unfoblbar  eintretenden  DiflforuiitiU  die 
Transplantation  an  mittela  auboutan  reep«  aubperiobondral  ge< 
ronneni^r  Lnpfn^n  aua  dem  fibro^cartllaginöBen  Oewebe  unmittelbar 
cb  vorn  und  inuiin  vt>m  Antibeüx.  Ea  wird  so  eine  iwar  bedeutend 
^laiuerei  aber  nicht  verunataUetf^  Obrmuaohel  ersielt. 

Ohülßwa  (Weitere  Erfahrungen  über  Menthol  bei  OtitiH  ixtema 
irnneulo^a  und  Dtitia  media  aoutii  purulenta.  Monataaehr.  f.  tlhnui* 
lleilk.  IBf^^t  Nr,  3  u.  4)  empliebU  von  Neuem  dringend  die  Bubaud* 
lang  der  Ohrfurunouloae  mit  Menth oUl- Wicken;  bei  Uglicber 
Einführung  immer  atArkcrer  Wicken  reichen  8  Tage  aus,  um  ji^dea 
cidiv  IU  verhiVton.  Auch  bei  jenen  Entaündungen  und  Verenge« 
itngen  dea  iaaaeren  Gebdrgangea,  die  durch  Entaündungeu  in  der 
lacbbaraehaflf  namentlich  durch  acute  eiterigo  Otitiden  bedingt  aind, 
dU  die  Mentholbehandlung  auageieiohnete  Dienste  leiaten.    Die  Be- 


55G 


Koch. 


haBdlong  wird  besonders  gut  vertragen^  seitdem  Vert«  schwächere 
Hentholöiiösfingeii ,  l^^/o  ^^^  ^^^^'n  S^S^^  früher  20 ^'^^  verwendet* 
VersQchsweise  wandte  Cholewa  die  Mentholbehandlung  auch  bei 
solchen  Fällen  von  aenter  Mittelohrentzündung  an,  wo  bei  noch  in- 
tactem  Trnmmelfell  eiteriges  Exsudat  die  Paracentese  erforderte;  nach 
der  Paracentese  Durchspulnng  von  der  Tuba  mit  lo^^iger  Kochsalz- 
lösang  mit  Ausblasen  der  Paukenhöhle  mit  dem  Ballon,  nachdem  in 
den  Katbeter  einige  Tropfen  10'%ige^  Mentholöls  gebracht  sind ;  hierauf 
wird  der  Gehörgang  sorgfältig  getrocknet  und  eine  Wicke  von 
trockener  MenthoUGlvcerinwatte,  der  Weite  des  Gehörgangs 
entsprechend,  bis  au  das  Trorameltell  vorgeschoben.  Die  Wicke  wird 
nach  24  Stunden  erneuert.  Bei  dieser  Beliandtung  sollen  alle  Er- 
scheinungen der  acuten  eiterigen  Mittelohrentzündung  bis  auf  ein 
geringes  Sausen  durchschnittlich  bis  zum  8.  Tage  geschwunden  sein. 
Köhler  (Furuncuiotom  für  den  äusseren  Gehörgang.  Monatsschr. 
für  Ohrenheilk*  1892,  Nr.  3)  empfiehlt  ein  knieformig  gebogeneft 
Furuncuiotom,  welches  vorn  anstatt  des  Messers  einen  nach  unten 
gerichteten  lancettformigen  Dorn  trägt. 

Barr  (Gase  of  aural  exostosis  causing  purulent  retention  in  the 
deep  parts  of  the  ear,  removed  with  th©  electric  snare.  British  med. 
Journal  1892,  2.  Juli)  entfernte  die  an  der  hintern  Wand  am  Zu- 
sammentreffen des  knorpeligen  mit  dem  knöchernen  Gehörgange 
sitzende  gestielte  Exostose  mit  der  elektrischen  Schlinge. 
Dieselbe  obtunrte  den  Gehörgang  fast  völlig  und  hatte  bei  ihrer 
Trägerin,  die  24  Jahre  alt,  seit  8  Jahren  an  fötider,  geringer  Eite- 
rung des  linken  Ohres  litt,  zu  bedenklichen  Erscheinungen  von  Eiter* 
verhaltung,  heffeigen  Schmerzen  im  Ohre  und  in  der  betreffenden 
Kopfseite,  Schwindel,  Frostanfällen  Veranlassung  gegeben.  Manche 
Beobachtungen  scheinen  Barr  dafür  zu  sprechen,  dass  häuüges  Ein- 
dringea  von  kaltem  Wasser  in  das  Ohr  die  Exostosenbilduug  be- 
g&nfltigt;  so  linden  sich  dieselben  häufig  bei  den  Südseeinsulonerny 
den  Bewohnern  von  Haway  und  den  Fidji*Inseln ,  sowie  auch  bei 
den  Isl&ndern,  die  sich  bekanntlich  sämmtlich  sehr  oft  im  Wasser 
bewegen. 


Marmaduke  {Note  of  a  case  where  a  mass  of  lead  impacted  in 
the  t>Tnpanic  cavity  and  removed  by  the  aid  of  metallic  mercury.  Lancet 
1892,  30,  April)  berichtet  über  einen  Fall,  in  welchem  einem  70jährigen 
Manne  durch  Ungeschicklichkeit  ein  Topf  geschmolzenes  Blei  über 
die  rechte  Kopfseite  und   in  das   rechte  Ohr   gegossen  war» 


Ohrenheilkunde.  *>;>7 

Als  alle  Extractionsversuche  vergeblich,  und  schon  die  Ablösung  der 
Ohrmuschel  und  die  Abmeisselung  der  hintern  Gehörgangswand  in 
Aussicht  genommen  war,  wurden  noch  Einträufelungen  von  me- 
tallischem  Quecksilber  versucht,  um  durch  dessen  Einwirkung 
die  in  die  Paukenhöhle  eingebettete  Bleimasse  lu  verkleinern,  und 
glückte  es  auch  in  der  That,  nach  einigen  Tagen,  nachdem  erst  dünne 
Schalen  von  Blei  durch  Spritzen  herausbetordert  waren,  schliesslicli 
die  ganze  Masse  in  toto  mit  der  Spritze  leicht  zu  entfernen. 

Auf  Grund  2jähriger  Erfahrungen  hat  L  a  k  e  r  (D\e  innere 
Schleimhautmassage  und  ihre  Bedeutung  für  die  Ohrenheilkunde. 
Ber.  über  die  erste  Vers,  der  deutschen  otol.  Ges.  1892.  Archiv  f. 
Ohrenheilk.  Bd.  33,  H.  3  u.  4)  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass 
infolge  der  durch  die  Massage  bewirkten  Umstimmung  der 
Schleimhaut  des  Naseninnern  auch  gleichzeitig  bestehende 
Mittelohrerkrankungen  gebessert  werden;  die  Veränderungen 
am  Trommelfelle,  die  Verminderung  der  subjeetiven  Geräusche,  die 
Vermehrung  der  Hörschärfe  sind  untrügliche  Zeichen  dafür. 

Walb  (Ueber  Anwendung  der  Lucae^schen  Drucksonde  bei 
Mittelohrerkrankungen.  Ber.  über  die  Verhandl.  der  Abth.  f. 
Ohrenheilk.  d.  64.  Versamml.  d.  Gesellsch.  deutscher  Naturforscher. 
Aerztl.  Monatsschr.  für  Ohrenheilk.  1891,  Nr.  12)  betont  die  euer* 
gi schere  Anwendung  des  Verfahrens,  wenn  Resultate  erzielt  wor- 
den sollen.  Verf.  applicirte  die  Drucksonde  täglich,  in  einzelnen 
Fällen  sogar  zweimal  täglich,  wobei  in  jeder  Sitzung  50—60,  ja  bis  zu 
100  Stössen  ausgeführt  wurden,  und  muss  so  monatelang  fortgefahren 
werden.  Oertliche  Reaction  trat  nie  auf.  In  einzelnen  Fällen  ver- 
schwand sowohl  das  Sausen,  welches  beständig  vorhanden  gewesen 
war,  vollständig  oder  wurde  in  andern  Fällen  wenigstens  erheblich 
gemildert,  und  nahm  auch  das  Gehörsvermögen  erheblich  zu. 

Schubert  (Ueber  Pilocarpinbehandlung.  Aus  d.  Ber.  über  die 
Verhandl.  der  ersten  Versammlung  der  deutschen  otol.  Gesellschaft. 
Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  1892,  Nr.  8)  empfiehlt  die  Pilocarpin- 
behandlung für  jenes  Stadium  der  acuten  M  i  1 1  el  o  h  r  e  i  t  o- 
rungen,  bei  welchen  die  Secretion  aufgehört  hat,  die  Perlüration 
sich  geschlossen  hat,  und  trotz  der  üblichen  Nachbehandlung  mit 
der  Luftdouche  das  Gehör  längere  Zeit  hindurch  stationär  bleibt. 
In  diesen  Fällen  konnte  das  schon  durch  mehrere  Wochen  gleich 
gebliebene  Hörvermögen  durch  wenige  Injectionen  verdoppelt  und 
später   noch   mehr  gehoben  werden.     Nach  Schubert  ist  das  Pilo- 


i58 


Koch. 


carpin  contraindicirt  bei  alten  scbwäcbHcEen,  sowie  bei 
herzkranken  Individuan;  es  soll  nicht  bei  yoUem  Magen 
angewendet  werden;  die  Aniangsdosis  bei  gesund en  ErwachBenen 
soll  nicht  unter  1  cg  sein ,  um  allmählich  bis  zu  15 — 20  mg  zu 
steigen.  Am  zweckmässigsten  ist  die  subcutane  Anwendung.  In 
der  Discussion  erwähnte  Eulenstein  in  einem  Falle  von 
Labyrinthtfiuliheit  nach  Scharlach  schon  nach  <^  Injectionen  (je 
4  Tropfen  einer  'i^i^igeü  Lösung)  ein  sehr  günstiges  Resultat  erzielt 
zu  haben.  Trautmann  empfahl  bei  acuten  luetischen  Er- 
krankungen des  Acuaticns  gleichzeitig  auch  die  Schmiercur 
anauwenden,  Kretschmann  fand  die  Pilocarpinbehandlung 
auch  für  chronische  Exsudate  reaorptionsbef ordernd^  und  erwies 
sich  ihm  die  innerliche  Darreichung  von  Folia  Jaborandi,  S  g  pro 
dosi,  ebenso  günstig  wie  das  Pilocarpin. 

Bei  den  isolirten  acuten  Entzündungen  des  oberen  Pau- 
kenhöhlenabschnittes emptiehlt  Vohaen  (Indicationen  zur  Fara- 
centese  der  Shrapneirschen  Membran.  Aus  d.  Ber.  über  die 
Verhandl.  d.  ersten  Versammlung  d.  deutschen  otolog.  Gesellschaft. 
Monatsschr.  f,  Ohrenheilk  1892,  Nr.  8)  die  Paraoentese  der  Shrap- 
nelPschen  Membran  als  ein  Mittel,  durch  welches  möglicherweise 
den  zumeist  langwierigen  Eiterungen  vorgebeugt  werden  könne,  und 
wurde  dieselbe  vom  Verf.  in  den  einschlägigen  Fällen  in  der  Rich- 
tung des  Hammergriffes  etwas  vor  dem  Processus  brevis 
gemacht. 

Monnier  (De  Pincision  precoce  du  tympaii  dany  l'otite  moyenne 
aigue  simple.  Anna!,  des  mal  de  Foueille  1892|  Nr,  10)  plaidirt  l^r 
die  frühzeitige  Paracentese  des  Trommelfells  in  jedem 
Falle  von  acuter  Mittelöhrentzündung,  als  das  beste  Mittel, 
um  am  raschesten  Heilung  und  möglichste  Restitutio  ad  integrum 
SU  ertsielen. 


Der  gegenwärtige  Stand  der  chronischen  Otorrhoe- 
Behaudlung  wird  von  Katz  (Ueber  die  Behandlung  chronischer 
Ohreiterungen.  Therap.  Monatshefte,  Mai  1892)  in  folgenden  Be- 
merkungen zusammengefasst,  die  dem  practischen  Arzt,  der  sich  nur 
gelegentlich  mit  Ohrenkrankeo  beschäftigt,  ein  Wegweiser  sein  sollen. 
Zur  Feststellung  einer  Diagoose  mit  dem  Ohrenspiegel  ist  die 
exaote  Reinigung  des  Ohres  durch  lauwarmes  Salzwasser  (^4%) 
nothwendig.  Nur  für  den  Fall,  dass  Sobmerzen  vorhanden  sind, 
oder  durch  die  Einspritzung  erhebliches  Schwindelgefühl  erzeugt 
wirdj  oder  bei  entzündlicher  Stenose  des  Oehörganges  ist  die  trockene 


Ohrenhejlkunde, 


559 


ReiDiguiig  anzuweDdeD*  Bt;i  uücomplicirteu  eiterigen  Mittelohrent* 
zündQDgen  mit  Perforation  dee  Trommelfells  sind  nach  vorher- 
gegangenem Politzer'schen  Verfahren  oder  Valsalva'scheni  Ver- 
such resp.  Katheter  mittels  untadelhafter  Gammiohrenspritze  oder 
Irrigator  mit  feinem  Ausfluaaröhrchen  unter  schwachem  Druck 
die  Ausspülungen  in  der  sorgfältigsten  und  ergiebigsten  Weise  vor- 
zunehmen (ca<  V^ — *^  Liter).  Kleine  GJasepritzen  ßind  unbrauch- 
bar, Deöinficirende  oder  antiseptisch  wirkende  Mittel  sind  nur  bei 
ganz  von  Eiter  gesäubertem  resp.  ausgetrocknetem  Gehörgang  an- 
zuwenden, und  zwar  erwärmt  durch  Instillation  oder  Eingiessen,  und 
werden  zweckmässig  durch  Druck  des  Tragus  in  die  Pauke  gepresst. 
Für  den  Selhatgebrauch  des  Patienten  resp.  in  der  Kinderpraxie 
eignen  sich  am  zweckmässigsten  die  nicht  oder  wenig  giftigen,  ad- 
stringirenden ,  antiseptiscben  und  desinficirenden  Flüssäigkeiten ,  wie 
8ol.  Zinc  Bulf,  1,0:  100,0  oder  Sol  Plumk  acet  0,6  :  100,0  3mal  täg- 
lich 1  Theelöflfel  lauwarm  ins  Ohr  zu  giessen,  oder  bei  fötidem  Aus- 
fluss  8oL  Acid.  carboL  1,0:100,0  oder  Sol  Acid.  boricl  3,(i:iaU> 
oder  bei  Neigung  zur  Granulatlonsbildung  an  der  Schleimhaut 
der  Pankenhöhle  Acid*  borici  2,0,  Spirit.  rectificatisB,  98,0;  bei  Er- 
wachsenen kann  man  bei  richtiger  Ausführung  Sublimat  0,06,  Spirit* 
dilut.  90,0  3mal  täglich  ^^  Theelöffel  ins  Ohr  giessen  latssen,  Spiri- 
tuöse  Lösungen  üben  dorch  ihre  Wasserentziehung  auf  Granulationen 
eine  schrumpfende  Wirkung  aus,  und  kann  man  kleinere  Wuche- 
rungen öfter  zur  Heilung  bringen,  grössere  dagegen  müssen  operativ 
oder  caustisch  entfernt  werden.  Ob  man  im  gegebenen  Falle  ein 
Adatrir^gens  oder  ein  Antisepticum  anwenden  soll,  hängt  von  dem 
Schwellnngszustand  der  Schleimhaut  ab.  In  vielen  Fällen  benutzt 
man  aber  die  Mittel  promiscue.  Die  Flüssigkeiten  sind  mindestens 
5 — 10  Minuten  im  Ohre  zu  lassen.  Bei  eintretender  Periostitis  des 
Warzenfortsafezes  ist  jede  Injection  zu  vormeiden  und  trockene  Keini- 
gong  erforderlich.  Wird  die  Entzündung  nach  Anwendung  von 
Kälte  nicht  rückgängig,  so  ist  die  frühzeitige  Entspannung  des 
Periostes  durch  einen  2  cm  langen  Schnitt  auf  dem  Warze nfortsatz 
noth wendig.  Die  caustisch e  Behandlung  mit  Argentum  nitricum  (ö  bis 
IO^q)  ist  bei  hyperämiscber,  geschweUter  Schldimbaut  nach  vorher- 
gegangener gründlicher  Reinigung  in  vielen  Fällen  von  vortrefflicher 
Wirkung,  darf  aber  nur  durch  den  Arzt  erfolgen.  Das  Ja  nicke's  che 
Ohrpräparat  wirkt  am  besten  dort,  wo  die  einfache  Borsäure  ihre 
guten  Eigenschaften  zeigt,  also  bei  grosser  Per To ratio n  und  atro- 
phischer blasser  Paukenschleimh&ut.  Eiternde  Ohren  sind  stets  mit 
Verbandwatte  resp.  stenlisirter  Cbarpie  zn  verstopfen.     Forcirte  In- 


56U 


Koclu 


jectionen  siod  stets  zu  vermeiden.  —  Die  Hauptsache  bleibt  unter 
allen  umständen  die  minutiös  es  te  Sorgfalt  bei  Entfernung 
des  siola  erneuernden  Eiters   und  die  Verhißderung  jeder  Retention. 

Max  (Kritische  Bemerkungen  über  die  Anwendung  des  Natrium 
tetraboricum  bei  chronischen  Ohreneiterungen.  Internat,  klin.  Rund- 
gohau  1892^  Nr.  2  u.  3]  kam  bei  seinen  mit  dem  Natrium  tetra- 
boricum angestellten  Versuchen  ungefähr  zu  denselben  therapeu- 
tisoben  Erfolgen  wie  Jänick  e  (cf,  Jahrb.  1892,  S,  G02j  —  Heilung  ein- 
lacher Fälle  in  5 — 26  Tagen  — ^  kann  dagegen  dem  überachwängUchen 
Enthusiasmus  Kafemeun'B  (cf.  Jahrb,  1892,  Ö.  6<J3)  nicht  bei- 
stimmen, indem  er  diejenigen  Erkrankungsformen,  welche  den  bisher 
üblichen  Behandlungsmethoden  hartnäckigen  Widerstand  leisteten, 
auch  durch  das  Natrium  tetraboricum  nicht  beeinflusst  sah.  Ein  von 
Jan  icke  nicht  erwähnter  Uebelatand,  das  Auftreten  von  Excoria- 
tioneu  und  Sugillationen  im  äusseren  Gehörgange  infolge  der  spitzen 
Kry stalle^  die  sieb  beim  Eintrocknen  der  in  den  Tampon  einge^ 
sogen en  Lösung  ausscheiden^  lässt  sich  leicht  durch  Bestreichen  des 
Tampons  mit  einer  öligen  Substanz  oder  Vaseline  vermeiden.  In 
eÜQem  falle  sah  Max  von  einer  solchen  Excoiiation  aus  ein  Erysipel 
sieb  entwickeln.  Nach  Verf.  wirkt  bei  einfachen  Eiterungen  mit 
grossen  Trommel  relldefecten  das  Natrium  tetraboricum  in  Pal  verform 
günstiger  als  in  Lösung. 

Klamann  (Sozojodolquecksilber  gegen  Olirpolypen.  AUgem. 
med.  Centralztg.  1892,  Nr,  49)  brachte  in  drei  Fällen  durch  Ein* 
blasen  von  Sozojodolquecksilber  Oiirpulypen  und  Üranu- 
iationen  aur  Abstossuog,  Wegen  der  energischen  Wirkung  des 
Mittels  ist  Vorsicht  nothwendig.  Der  Gehörgang  muss  erst  gründ- 
lieb  gereinigt  werden,  und  darf  nur  eine  ganz  kleine  Menge  des 
Pulvers  eingeblasen  werden;  nach  t^  Stunde  wird  dasselbe  durch 
Ausspritzen  entfernt. 

Öarrigou-Desaroiies  (Du  grattage  du  rocher  dans  Totorrh^e 
chronique.  Eev.  de  laryngol.  etc.  1892 ,  Nr.  11)  erzielte  in  Fällen 
von  hartnäckiger  chronischer  Mittel  ohreiterung,  wo  die  üb- 
lichen Behandlungsmethoden  im  Stiche  Hessen^  eine  überraschend 
schneite  Heilung  durch  Auskratzen  der  Granulationen  und 
etwaiger  cariöser  Stellen  in  der  Paukenhöhle. 


(Die    Eröffnung   des    Warzenfortsatzes    bei    acuten 
enza.     Wien.    med.    Presse    1892, 


( 


Politzer     ^xjiv     j^iuituuu^     ut^a      w  (tx^axji 

Hittelohrentzündungen   nach    Influenza.     Wien. 


Ohrcnheilktmde, 


5(U 


Nn  10  u.  11 1  fand  die  EntziinduDgeD  des  Warzenfortj^atze» 
acuter  Influenza-Otitis  wäitreod  der  zwei  letzten  Influenza- 
pidemien  am  häufigsten  bei  den  sog,  pneumatischen  Formen,  und 
gewöholich  im  mittleren  oder  unteren  Abschnitt  des  vertioalen 
eils  der  Apophyse.  Meisten theils  sassen  die  Abscesae  in  den  aber- 
chlicben,  unter  der  Corticalis  gelegeoen  Zellen  und  erforderten 
riel  häufiger  ein  operatives  Eingreifen ,  als  bei  der  gewöhnlichen 
aten  Mittelohrentzündung;  sie  zeigten  Tendens  zu  KuocheDdestmc- 
|Bon  nnd  führten  auch  zu  ernsten  Sinus-  und  HimcompUcationen.  Oft 
estand  keine  Verbindung  mit  dem  Antrum,  nnd  soll  in  diesen  Fällen 
eine  solche  auch  nicht  künstlich  hergestellt  werden.  Die  Operation 
indicirt,  wenn  nach  der  Paracentese  des  Trommelfells  heftige  Er- 
beinuagen  Ton  Seiten  des  Warzenforteatzes  noch  8 — ^10  Tage  an- 
danem,  oder  wenn  bei  schon  bestehender  TrommelfeUperforation 
QOter  schulgerechter  Behandlung  binnen  3 — i  Tagen  keine  Vermin- 
derung der  Symptoma  dotritt;  bei  schon  2 — Swddteotlichem  Be- 
stehen der  Eradieiiiiiiigeii  ist  die  Operation  sofort  vorzooebmen« 

Schnitegelow  (Beiträge  znr  ckiror^mhen  fiehaodliuig  der 
tlhremkrankhetten.  Assmg  etneB  Yottrags  m  der  med.  Oee.  stt 
Copealwgen*  Zeitscbrift  f.  OlireiiliBilk.  Bd.  23,  H.  2)  eah  onter 
364  Fällen  von  acnteo  Mitielolireiteruigeii  nur  6,  wo  die  Perfofaiiofi  tu 
der Shrap  D  e  ireeben  Membran  kg,  bei  SSdFillea  dmiDMlie^ 
citenmgea  dAßt^m  Sinai  Kech  YeHJm  U&mmkg  werden  die  Perf  ere^ 
tionen  im  obereten  Tbetle  des  Troamelfelie  eü  ÜbeneheOi 
MnwtHeli  in  den  griMMn  «fctttitcihen  KK«kiw  Bei  fö4  MTeotBeli 
bebudeltaD  Fetaesles  wmrm  Sem  PeffantmeA  mm  ITmal  :=  2,6*,. 
wieieboe^  wibtwd  dieselben  bei  27S  PH¥Sl|iatie^ 
bMDerlEt  weren;  leMere  ZeU  dfirfle  wobi  dam  ikbü^e  Verbitei« 
««gebeo*  Von  jenen  51  FlBon  wvdea  bei  einer 
Bebuidlaiis  IS^ebeth,  U  gibfeefiit,  l^gib«  d 

12  Fillen  bestens  nbeknML    In  20  FUloe  avüe  die  J 

raiden:  »  9  tOm  Emkmm,  m  8 


wde  i 


Gttieei 


Der 


wer  er  viOig 


b4d9  a>  FiDe 


562 


Koch. 


sckeiQt  Verf.  das  Stacke'scbe  Verfahren  das  beste  zu  seiu,  jedoch 
sei  seit  den  auf  dieBe  Weise  von  Verf.  operirten  8  Fällea  erst  zu  kum© 
Zeit  v6r£asseD|  als  dass  stck  ein  definitives  Urtheit  bezüglich  des 
Endresultates  fällen  liesse. 

Hoffmann  (Ueher  das  ZtirQokbleiben  von  offenen  epitheli- 
sirten  KnochenLöhlen  nach  der  Trepaoation  des  Warzenfortsatze^. 
Deutsche  med.  Wocheuschr.  1892,  Nr,  6)  beobachtete  unter  ca.  50  Er* 
Öffnungen  des  WarÄenfortsaUes  5mal  Fiatelbildung  hinter 
dem  Ohre,  In  allen  3  Fällen  bestand  eine  breite  Communicaiion  der 
Elnoclien höhle  mit  dem  Mittelohre  oder  dem  äusseren  Gehörgange, 
und  sieht  Yerf.  in  dem  Hineinwuchern  des  Epithels  aus  letzteren 
Höhlen  in  dasÄutrum  das  Kinderniss  ffir  die  Ausfüllung  der  Knochen - 
höhle  mit  Granmlationen  und  Narbenmasse.  Die  Herstellung  einer 
solchen  Communication  z wischen  Trepanationa wunde  und  Mittelohr 
soll  auch  die  Heilung  verzögern. 


Bnrnett  (Joum,  of  Americ,  med.  Aasoc,  26.  Sept.  189L  Eef. 
Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  23,  H.  2,  S.  149)  gibt  folgende  Indica- 
tionen  für  die  Excision  des  T  r  o  m  m  e  1  fe  1 1  a,  Hammers  und 
Ambosses  als  B  e  h  an  d  1  u  n  gsme  th  od  e  bei  Otitis  media 
c  a  t  a  r  r  h  a  I  i  s  chronica  und  bei  Otitis  media  parulanta 
obronica,  wenn  alle  anderen  Methoden  im  Stiche  lassen!  1}  Taub- 
heit., Ohrensausen  und  Ohrenschwindel  bei  Otitis  media  catarrbalis 
chronica.,  besonders  wenn  Adhäsionen  zwischen  der  Membran  und 
dem  Promontorium  und  Zeichen  von  Synechie  zwischen  den  Knöchel- 
chen  vorbanden  sind;  2)  Eiterung,  Taubheit,  Ohrensausen,  Ohren- 
schwindel ^  Kopfschmerz  oder  wiederholter  Ohrenachmerz  bei  Otitis 
media  purulenta  chronica.  In  den  Fällen  von  chronischem  Katarrh 
wird  der  Einschnitt  hinter  dem  kurzen  Fortaatz  und  dem  Ambos 
gemacht,  wobei  das  Steigbügelgelenk  freigelegt  wird.  Sodann  wird 
der  Ambos  aus  seinen  Verbindungen  getrennt  und  entfernt,  die  Sehne 
des  Tensor  tympani  durchschnitten  und  das  Trommelfell  durch  einen 
Kreisschnitt  an  seiner  Peripherie  abgelöst  und  mit  dem  Hammer 
entfernt.  Schlimme  Hesultate  hat  Verf.  nie  beobachtet.  Fast  immer 
erfolgte  eine  Erleichterung  des  Dmckgefuhle  in  den  Ohren.  Am 
häufigsten  wurde  das  Ohrensausen  und  <ler  Schwindel  gebessert, 
seltener  das  Gehör.  In  den  Fällen  von  Otitis  media  purulenta  konnte 
die  Eiterung  in  jedem  Falle  zum  Aufhören  gebracht  werden.  In 
Fällen  von  Atticuserkrankungen  mit  normalem  Atnum  und  mit  Per- 
foration der  Membrana  äaccida   ist   nach  Verf.   diese   Operation  das 


Ohrenheilktiiide. 


563 


emsige  Heilmittdl;  das  Gehör  wird  im  Allgemeinen  gebessert,  und 
der  Schwindel,  der  KopfscbmerZf  das  Obrensansen  und  die  häufigen 
EiterausaiDmlangen  werden  dauernd  geheilt. 

S  e  X 1 0  n  (lieber  Operationen  zur  YerbesseruDg  sowohl  der 
Schwerhörigkeit,  wie  von  Affectionen  des  Kopfes  und  der  Ohren , 
Schwindel,  veranlasst  durch  chroDischen  Katarrh  des  Trommelfell». 
Zeitschr.  f,  Ohrenheilk,  Bd.  23,  H.  2)  empfiehlt  als  die  beste  Methode 
zur  Herstellung  einer  permanenten  Oeffnung  nach  Excision  des 
TrommeU'ells,  resp.  des  Trommeilells  and  eines  oder  beider  äusseren 
G^e  bork  noch  eichen  behufs  Besserung  der  durch  progressive  Sklerose 
bedingten  Beschwerden  in  der  Weise  vorzugehen,  dasa  man  ber  Ten- 
denz «ur  Wiederneubildung  der  Membran  erst  ruhig  das  Ende  des 
Procesaes  abwartet  und  dann  die  neugebildete  Membran  möglichst 
vorsichtig  wegschneidet;  mitunter  muss  dies  zwei-  oder  dreimal 
wiederholt  werden,  bis  die  Neigung  zur  Neubildung  aufhört.  Die 
Anwendung  von  10%iger  Cocainlöeung  soll  die  Operation  völlig 
schmerzlos  machen.  Bei  Personen  über  40  Jahre  pflegt  meistens 
keine  Hörbesserung  mehr  einzutreten, 

Örunert  (Weitere  Mittheilungen  über  die  Hammer-Ambos- 
eitraction  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Df^gncse  der  Atnbos- 
caries.  Aus  der  KgL  Universitäts-Ohrenklinik  in  Halle  a,  S.  Arch, 
f.  Obrenheilk.  Bd.  33,  H.  3  u.  4)  berichtet  über  28  Fälle,  bei  denen 
auf  Grund  der  Diagnose  „isoiirte  Caries  der  Gehörknöchelchen"  in 
typischer  Weise  vom  Gehörgange  aus  die  Hamm.er-Ambos- 
extraotion  ausgeführt  wurde.  Das  Re^sultat  war:  13  Heilungen 
(4601^^)^  13  Nichtheilungen  (46%),  2  Fälle  noch  in  Behandlung.  Auf- 
fallende  Hörverschlechterung  wurde  nicht  beobachtet»  Der  Hammer 
seigte  sich  13mal  gesund,  der  Ambos  nur  3maL  Beide  OnBicuIa 
waren  gesund  in  2  Fällen  und  gemeinschaftlich  cariös  in  14  Fällen* 
In  allen  Fällen  ieolirter  Amboscaries  zeigte  sich  das  Hammer-Ambos- 
gelenk  intact  Ein  ganz  besonderer  Prädilectionsort  der  Caries  der 
Gehörknöchelchen  scheint  der  lange  Ambosschenkel  «u  «ein.  Der- 
selbe war  unter  den  28  Fällen  nur  6mal  gesund.  Die  vollständig» 
Aufzehrung  des  caridsen  Ambosses  durch  Graoulationen  scbeint  viel 
häufiger  resp.  viel  eher  zu  Stande  zu  kommen,  als  dm  det«  cariösen 
Hammers.  Gewisse  otoskopische  Bilder  scheinen  für  tsolirte  Amboi- 
caries  typisch  zu  sein,  und  so  z,  B.  auch  Fisteln  hinter  dein  Pr^jcennud 
brevis  in  der  Membrana  Shrapiielli  für  eine  solche  zu  nprochen» 

Jack  (Beträchtliche  Hörverbesserung  durch  Entfernung  den 
Steigbügels.  Transact.  of  the  Americ.  otolog*  society,  Juli  lKt)2. 
Ref.  Monatsschr.  f,  Ohreuheilk.  1892,  Nr,  11)  berichtet  Über  17  Fälle 


5M 


Koch, 


von  auffallender  HörverbesseruDg  für  die  Sprache  durch 
die  zu  diesem  Zwecke  Bystematisch  Torgenoiniuene  Extraotion 
des  Steigbügels;  es  handelte  sich  theils  um  chronische  Mittel  oh  r- 
eiterung,  theiJs  um  abgelaufene  eiterige  Mittelohrentzündung  mit  Per- 
foration oder  Trommelfellnarben,  bei  mehreren  um  reine  Mittelohr- 
Sklerose.  Die  Hörbesserung  bestand  noch  nach  4monatlicher  Be- 
obachtung, ibt  aläo  anscheinend  eine  dauernde,  Die  Heaction  war 
stets  auffallend  gering,  nach  1 — 2  Tagen  konnten  die  Patienten  das 
Bett  verlassen*  Schwindel  und  Erbrechen  traten  nur  vereinzelt  in 
stärkerem  Maasse  auf.  —  Bezüglich  des  Operationsverfahrens  muss 
auf  die  Loci  citati  verwiesen  werden. 


Max  (Heber  eine  neue  Beb  an  dlunga  weise  der  Otalgia  tympanica. 
Wien*  med»  Wochenschr*  1892,  Nr,  31—35)  wandte  in  einer  Reihe 
von  Päilen  von  Otalgia  tympanica  mit  sehr  gutem  Erfolge 
die  Lucae'ache  federnde  Drucksonde  an,  Sämmtliche  Fälle 
bis  auf  einen  beruhten  auf  Zahncaries.  Ueble  Erscheinungen,  wie 
Ekchymosen  des  Trommelfells,  zeigten  eich  nie. 


Nach  P  o  1 1  a  k  (Zur  Behandlung  der  subjectiven  Gehdrsempfin- 
dungen.  Centralbl.  f.  ges.  Therap.  1892,  H.  9)  sollen  subjective 
Gehör sempfindungen  in  solchen  Fällen,  wo  der  Acusticug  auf 
galvanische  Ströme  mittlerer  Stärke  (6 — 8  M.-A.)  anspricht,  durch 
die  methodische  Anwendung  des  galvanischen  Stromes  dauernd  zum 
Schwinden  gebracht  werden  können» 


( 


YIL    Casulätik. 


a.    A  e  u  8  s  a  r  i^  s   Ohr. 

Spratling  (Aural  hallncinations  cured  bj  removal  of  the  foreign 
body  from  the  ear.  Med.  Record,  1891 ,  13*  Juni)  berichtet  über 
einen  28jäbrigen  Irländer,  dessen  Existenz  durch  Monate  hindurch 
bestehende  Gehörshallucinationan  auf  dem  linken  Ohre  ^  er 
hörte  Stimmen,  die  ihn  zum  Mord  und  Selbstmord  antrieben  —  auf 
das  Aeusserste  gefährdet  war.  Als  durch  Ausspritzen  des  betreffen- 
den Ohres  ein  Gemenge  von  Oeruminalmassen  und  Tabaks- 
blätterresten herausbefördert  war,  trat  im  Verlauf  von  12  Stunden 
völlige  Heilung  ein« 

Botey  {L'etat  vertigineux  et  lea  bouchons  de  cerumen,  Rev*  d. 
laryngol.  Nr.  17)  berichtet  von  einem  44jährigen  Manne^  der  an  <^u&^ 


Ohrenheilkunde. 


566 


IfiDdem  Summen  im  rechten  Ohre  mit  darauffolgenden  Schwinde  1- 
imfällen  litt;  nach  Entfernung  von  zwei  Cerumenpfröpfen  trat 
völlige  Heilung  ein. 

b.  Mittelohr. 

Szene 8  (üeber  eine  heil ungabef ordernde  CompUcation  der  Otitis 
media  sappurativa  acata.  Aus  dem  Bericht  über  die  Verhandlungen 
der  ersten  Versammlung  der  deutschen  otologiechen  Gesellschaft, 
Monatöschr.  f  Ohrenheilk,  1892^  Nn  8)  berichtet  über  21  Fälle  von 
acuter  Pau kenhöhl en ei terungf  die  trotz  echulgemäsaer  Behand- 
löng  erst  dann  zur  Heilung  gelangten,  als  yich  eine  Otitis  externa 
diffusa  hinzagesellt  hatte.  Erst  mit  der  Heilung  letzterer, 
n&oh  einem  kaum  3 — 4tägigen  Bestände»  waren  auch  die  Symptome 
der  primären  Paukenhöhlenerkrankung  vollkommen  ver- 
schwanden« In  den  sechs  Fällen  ^  wo  die  Paukenhöhle  beiderseits 
erkrankt  war,  die  Otitis  externa  sich  jedoch  nur  auf  einer  Seite  hin- 
gesellte, heilte  letztere  Seite  zuerst.  In  drei  Fällen  hörte  die 
Paakeuhdhleneiterung  erst  nach  dem  zweiten  Auftreten  einer 
Otitis  externa  auf. 

Hessler  (Affectionen  des  Ohres  nach  einfachen  Operationen  in 
der  Nase.  Münch.  med»  Wochenschr,  1891,  Nr.  bO)  berichtet  über 
acht  eigene  Beobachtungen,  in  denen  äicb  nach  leichteren  Ein- 
griffen in  derNase^  wie  Aetzungen  mit  Höllenstein,  Chromsäure, 
Galvanocauterisationen,  Mittelohrkatarrhe  eingestellt  hatten.  In 
einem  weiteren  Falle ,  nach  Entfernung  eines  Knochen vorsprungea 
am  Septum  mit  dem  Messer^  entwickelte  sich  schon  am  nächsten 
Tage  eine  acute  Otitis  media,  welche  sogar  die  Trepanation  des 
Wansenfortsatzes  noch  erforderlich  machte.  Verf.  betont  daher, 
selbst  geringfügige  Eingriffe  in  der  Nase  nur,  wenn  absolut  noth* 
wendig,  vorzunehmen,  da  eine  völlige  Anüsepsis  im  Naseninnern 
wohl  schwer  zu  erreichen  ist.  Auch  bei  der  Nachbehandlung  ist  der 
Patient  möglichst  vor  jeder  lofectionagefahr ,  vom  Verkehr  mit  der 
Aussen  weit,  Schulbesuch »  Beisen  mit  der  Eifienbabn,  durch  einen 
2 — dtägigen  Zimmeraufenthalt  fernzubalten, 

Nothers  (Traumatische  Perforationen  des  Trommelfells,  Zeit- 
' Schrift  £  Ohrenheilk,  Bd,  23,  H.  1)  berichtet  über  42  traumatische 
Perforationen  des  Trommelfells,  von  denen  8  directe  Perforationen, 
33  indirecte  Rupturen  waren,  einmal  Ursache  unbekannt.  Mit  Aus- 
nahme eines  Falles  beschränkten  sich  sämmtliche  directe  Per- 
forationen auf  die  hintere  Hälfte  des  Trommelfells,    Zur 


5(56 


Kocb. 


BeurtheiluDg  über  die  Prädilectionsstelle  der  indireoten  Eup- 
turen  koBUten  nur  21  Fälle  Verwendang  finden,  und  trafen  von 
diesen  13  auf  die  vordere  Hälfte,  und  zwar  meist  auf  die  vordere 
untere  Partie  des  Trommelfells:  also  ein  deutliches  üeberwiegeu 
der  vorderen  Hälfte.  Die  Hörweite  war  toit  Ausnahme  eines 
einzigen  Falles  (OhrfeigenmptQr)  in  allen  Ffilleu  mehr  oder  minder 
herabgesetzt.  Der  We herrsche  Verbuch  lateraliäirte  Btets  nach  dem 
perforirten  Ohre,  mit  bald  mehr,  bald  weniger  gegen  die  Norm  ver- 
längerter SoballperceptioDsdauen  Der  Rinn  ersehe  Versuch  war  in 
allen  Fällen  verkürzt  oder  gar  negativ.  In  allen  Fällen  fand  sich 
einDefect  in  der  Perception  für  den  unteren  Theil 
der  Tonscala,  während  die  Perception  für  den  oberen 
Theil  der  Tonscala,  wenn  überhaupt,  so  nur  in  geringem 
Grade  gestört  war.  Mit  Rücksicht  namentlich  auf  diese  Hörprüfungs- 
resultate  müssen  nach  Verf.  obige  Abweichungen  vom  normalen 
Hören  auf  eine  durch  das  Trauma  veranlasste  Störung  im  Schall- 
leitungsap parat  bezogen  werden,  und  dürfte  als  Haupturdache  dieser 
Störung  der  Gehörefunction  die  durch  die  Perforation  bedingte  An- 
spannung und  Fixation  der  Gehörknöchelchen  kette  —  Ausfall  der 
Wirkung I  insbeöonsere  radiärer  Fasern^  üeberge wicht  des  Tensor 
tympani  —  und  die  Yerändarung  des  Trommelfells  in  Form  uod 
Spannung  zu  betrachten  sein. 

Die  Wichtigkeit  der  Augenuntersuchung  in  allen  Fällen  von 
prolrahirter  Mittelohreiterung  beweist  ein  Fall  von  Kipp 
(Mittelohrentzündung  und  Neoritis  optica.  Med.  Racord,  1892,  6,  Au* 
gust),  in  welchem  doppelseitige  Neuritis  optica  und  Symptome  von 
Seiten  des  Gehirns  bestanden,  ohne  irgendwelche  Erscheinungen  einer 
Affectioü  des  Processus  mastoideus;  nach  Eröffnung  des  letzteren 
verschwanden  jene  Gomplicationen  rapide. 

Wie  schon  Tobe itz,  Hlau  und  Holt,  wendet  sich  aych  Hang 
(Beiträge  zur  operativen  Casuistik  der  bei  Tuberculoae  und  Mor- 
bilien  auftretenden  Warzenfortsatzerkrankungen.  Archiv  f.  Ohren- 
heilkunde Bd.  33,  H.  3  u,  4)  gegen  die  noch  immer  weitverbreitete 
Ansicht  von  der  Harmlosigkeit  der  Ohrenerkrankungen  bei 
Masern,  Es  dürften  nach  Verf*  sogar  gerade  speciell  ganz  acute 
Knochenaffectionenf  also  die  schwersten  Erkrank ungen ,  im 
directenAnschluss  an  Masemerkrankung  vielleicht  noch  häufiger 
sein,  als  beim  Scharlach;  das  steht  aber  sicher  fest^  dass  die  Ohr- 
entziiadungen  nach  MorbilleD  durchaus  nicht  immer  als  gutartige 
aufzufassen   sind,    da   sie  häü%   in   der  Form   schwerer  Mittelohr- 


I* 


Olu^nheilk  mid^ 


^^6S 


proceäso  oder  primärejr  KnocbenerkrankoJigdii ,  (msI  ßid  jtdodk  blott 
als  EDtzüDdungen  des  äossereo  Ohrea  auftreten.  Die  von  Verf,  süllmt 
beobachteten,  eingeheDd  beschriebeoeu  vier  F&Ue  voti  iiouter  Onrion 
der  Pars  mastoidea  währeud  oder  unmittelbHr  nttch  dor  tuorbill^tfen 
AUgememerkraDkaDg  sind  iolgeode:  1)  Otitis  media  acuta  »ini^tra. 
Mehrfache  DtirciilöcheraQg  des  Trommelfells;  acute  Cariea  das  Wai'ien* 
tbrtsatzes.  2)  Beiderseitige  acute  Otitis  media:  beidarBeiti  aoutar 
subperiostaler  Abscess  und  acute  Caries.  3)  Otitis  raedin  acuta 
siDistra  vor  Ausbruch  des  Exanthems;  acutes  Empyom  dm  linken 
Warsentheiles  mit  epiduralem  Abscess;  Caries  von  Hammer  und  Am* 
bos.  4)  Acutes  primäres  Empyem  und  Caries  den  Warzi^nfortHatteii; 
beeundäre  PaukenentzünduDg.  —  Ferner  berichtet  Ha üg  iii  s»lbiger 
Arbeit  über  den  seltenen  Fall  einer  primären  centralen  Tuberoulona 
ies  Warzen fortsatzes,  der  noch  besondere  dadurch  iutüreHKiiiil  ImI, 
er  längere  Zeit  hindurch  eine  Neuralgie  vortiiUttchte. 


Öuye  (Zwei  Fälle  von  Bexüld^scber  Pirforaiion  dos  Antrum 
mastoideam.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilkundü  Bd,  2B,  H.  1)  Ihmj bau h tote 
folgende  zwei  Fälle: 

1)  Abscess    im   Antrum    maBtoideom    mit    Perforation 
arch   die  mediane  Fläche  des  Processus  und  in   den  Qe* 
hdrgangf  und  mit  Facialisparaly se.     Heilung. 

2|  Chroniache  Ozäna.    Otorrhoe  von  knrzer  Dauer.    Spontano 
Perforation  an  der  medialen  Fläche  des  Proceaiu«  mftatoi* 
de  US.     Hartnackige   Kopfschmerzen.     Aufmeisaelnng  doa   Au- 
tram.    Retropharyngealabscess,     Operation.     Heilung. 
Im   ersten  Falle   kam    es    allmählich  zum  SenkiingiiAbMMiit  am 
orierraad  dee  Stemodeidomaatoideo«,  naob  demieü  Incidirung  voa 
ans  daa  Ohr  durchgeapfilt  wurde.     VertMoer  weiat  darauf  hlo^ 
die  Besoltate   bei  der   in  dieaen   Fälleo   von    Bezold    r^rgia* 
Opentioimiethodet  den  P^rooeiaii«  tief  so  erOADefi^  ood 
deaeen   medtaiie  Wand   so   dttfchfcfedieii  oad  in  dieee 
Drainrohr  etasolegea,    doch  bis  jetzt  niebi  a^kr  ensatki' 
aiod,  nd  Utt  es  ddwr  ftr  bewer,  wie  er  eneli  in  de»  fwtte* 


».  JwC) 

leicmng  dea  Btnme  lateralis. 


Med.  Beesfd.   Um, 
KsVesbsicibtigter  Tet' 


566 


Kocli, 


Auftreteua    septischer   EracheinuDgeii ,    wie   alle  übrigen  bisher 
kanoten  FäUe  günstig  verlief, 

Hecke  (Beiträge  zur  Heünng  der  metastatischen  Pyömie  bei 
Mittetohrerkranknngen.  Archiv  t\  Ohrenheilktiude  Bd.  83,  H.  2)  be- 
richtet über  zwei  Fälle  vod  schwerer  Pyämie  nach  subacuter 
und  acuter  Otitis  media,  die  beide  nach  operativer  Eröffnung 
des  Processus  mastoideus  achliefiBlich  noch  günatig  verliefen»  In  dem 
einen  Falle  kam  es  unter  Schüttelfrösten  und  hohem  Fieber  zu  links- 
seitiger Pleuritis,  eiteriger  Entzündung  des  linkt-n  Stern oclavicular- 
gelenks,  welcbea  geöffnet  werden  muaate,  hodann  zu  rechtsseitiger 
Pleuritis  und  Entzündung  des  rechten  Schul tergelenks.  Im  zweiten 
Falle  kam  es  zu  einer  Entzündung  des  gleichseitigen  rechten  Eilen^ 
hogengelenks,  welches  bei  der  Incision  serööen  getrübten  Inhalt  und 
reichliche  Mengen  von  Streptococcus  pyogenes  enthielt. 

Wie  häufig  sich  Entzündungen  der  Dura  mater  an  cbro- 
niache  eiterige  Mi ttelohrproceaee,  namentlich  bei  Oaries  des 
Schläfenbeins  anschliessen,  das  zeigen  von  Neuem  die  von  Kessler 
(Ueber  extradurale  Abscesse  nach  Otitis.  Archiv  i\  Ohrenheilkunde 
Bd,  33,  H.  2)  mitgetheilten  Zahlen*  Bei  ca.  100  Äui'maisselungen 
des  Warzenfortsatzes  wies  die  Sinuswand  17mal  cariöse  Defecte 
auf,  und  die  biossliegende  Bura  mater  befand  sich  in  den  verschie- 
densten Graden  der  Entzündung.  Bei  stärkerer  Eiteranhäufung  unter 
der  Dura,  und  wenn  es  zur  Abhebung  derselben  vom  Felsenbeine 
kommt,  entsteht  der  sog*  sub-  oder  extradurale  Abscess,  Bei  früh- 
zeitiger Erkennung  und  Operation  ist  eine  Heilung  möglich,  andern- 
falls erfolgt  der  Tod  durch  Meningitis  purulenta  nach  Durch hrnch 
des  Eiters  in  daa  Cavum  cranii.  Verf.  hat  nun  aus  der  Litteratnr 
50  Fälle  von  reinen  extraduralen  AhaceBsen,  zu  denen  noch  drei  aus 
der  eigenen  Prexis  kommen,  zusammengestellt,  hauptsächlich  zur 
Entscheidung  der  Frage:  Wo  ist  der  häufigste  Sitz  deraelben,  und 
welche  anatomiaohe  Veräuderungen  im  Schläfenbein  sind  ihnen  voraus- 
gegangen? In  einer  Reihe  von  Fällen  fand  sich  der  deutliche  ana- 
tomische Beweis,  dass  die  Abscesse  durch  Fortpflanzung  der  Sohleim- 
hautentzündung  der  Mittelohrhohlen  auf  den  Knochen  und  durch 
diesen  hindurch  auf  die  Dura  mater  zu  Stande  gekommen  waren. 
H  e  s  8  1  e  r  bezeichnet  diese  Formen  als  „secundäre  extradurale 
Abscesse^  im  Gegensatz  zn  den  selteneren  „primären  extradura- 
len Abscessen^^f  in  denen  keine  fistulöse  Oommunication  zwischen 
Mittelobr  und  Absceseböble  sieh  vorfindet.  Die  extraduralen  Abscesse 
kommen  in  beiden  Ohren  gleich  oft  vor,  beim  männlichen  Geeohlecht 


Ohrenheilkunde. 


569 


über  noch  einmal  so  oft  als  beim  weiblichen,  und  vorwiegend  vom 
25.  LebeoBJahre  an.  Was  den  Sitz  der  41  secondären  extraduxaleu 
Abscasse  betrifft,  so  fand  Bicb  die  cariöse  Knochenüstel  25mal  an 
der  hinteren  Fläche  des  Felaeobeina,  6mal  am  Tegmen  tympani,  je 
ItD&i  an  der  vorderen  und  an  der  vorderen  und  hinteren  Wand; 
in  den  anderen  8  Fällen  war  der  Sitz  aus  der  Beschreibung  nicht 
ZQ  erkennen.  Die  Ausbreitung  der  Carteä  war  eine  sehr  veräohieden- 
j^dige.  In  14  Fäüen  konnte  durah  die  Operation  Heilung  erzielt 
werden I  in  den  übrigen  27  Fällen  Tod  durch  Meningitis,  Hirnabsceya 
and  Sinusphlebitis.  Von  den  12  primären  extraduralen  Abscessen, 
bei  denen  der  Knochen  keine  cariöse  Erkrankung  zeigt,  befanden 
siob  6  an  der  hinteren  Fläche  des  Fekenbeins,  2  an  der  vor- 
deren, einer  am  Tegmen  tympani;  bei  3  fehlte  Beschreibung,  Von 
diesen  12  Fällen  wurden  3  durch  die  Operation  gerettet,  darunter 
2  eigene  des  VeriVs.  Die  Entstehung  der  extraduralen  Ahscesse 
igt  nach  Verf.^s  Ansicht  eine  dreifache :  Am  bäufigäten  setzt  eich  die 
Eiterung  des  Mittelobres  durch  den  Knochen  auf  die  ihn  deckende 
Dura  mater  fort;  ein  anderer  Theil  ist  unzweifelhaft  periphlebitischen 
Ursprangs.  In  der  dritten  Keibe  der  Fälle  entsteht  der  axtradurale 
Abscess  gleichzeitig  mit  der  Eiterung  im  Mitteiohre,  wie  der  suh- 
periostale  Absceay  bei  acuter  infectiöser  OstitiB,  Die  Diagnose  kann 
nur  per  exclusionem  wahrscheinlich  gemacht  werden,  ausser  wenn 
man  die  Dura  direct  beobachten  oder  das  Hervortreten  von  Eiter 
zwischen  Knochen  und  Dura  wahrnehmen  kann.  Die  Therapie  muss 
eine  prophylactische  und  chirurgische  sein. 

Hecke  (üeber  extradurale  Eiteransammlungen  im  Verlauf  von 
Mittelohrerkrankungen.  Arcb.  t  Ohrenheilk.  Bd,  33,  H.  2|  weist 
darauf  hin,  wie  Eiteransammlungen  zwiöchen  Dura  mater  und 
Schädelknocben  nach  den  Untersuchungen  von  Volkmann, 
Kraske,  Heinecke^  Krause  U.A.  meist  tuberculöser  Natur  sind, 
und  berichtet  über  zwei  eigene  Fälle  von  sehr  grosser  Eiteransamm- 
Inng  zwischen  Knochen  und  Dura  mater  zur  Zeit  der  letzten  Inäuenza- 
Epidemie  (1889 — 90),  die  jedoch  beide  trota  Aufmeisselung  des 
Warzenfortöatzes  und  Blosslegung  der  Eiterherde  durch  Meningitis 
tödtlich  endigten. 


üeber  glücklich  operirte  Fälle  von  Sinusthrombose 
mit  pyämischen  Ersckeinangen  im  Gefolge  von  Mittelohr- 
eiterungen  berichten  Clutton,  Jansen  und  Parker: 

Der  Fall  von  Clutton  (A  successfuU  case  of  ligature  of  internal 
jQgular  vein  and  trephining   lateral  ainus   in  an  ear  case  whilst  the 


570 


Koch. 


öymptoms  of  pyaemia  were  well  prouounced*  The  British  med,  Journal, 
16,  April  1892)  betraf  eiosn  10jährigen  Knaben,  welcher  im  Mai 
Bach  Influenza  mit  SchmerzeD  und  vorübergehendem  geringem  Aus- 
flusa  im  rechten  Obre  erkrankt  gewesea  war;  Am  27.  November, 
kxm  Tage  der  Aufeahme,  bestanden  wieder  Schmerzea,  aber  kein  Aus- 
ÜUBs.  Nach  einigen  Tagen  stellten  sich  leichte  Nerven  zu  fülle,  eon- 
tinuirliche  Schmerzen  in  der  rechten  Kopfseite  ood  im  rechten  Ohre 
und  wiederholte  Schüttelf roßte  mit  hohen  remittirenden  Temperaturen 
(360 — 4Qiy)  ein.  Sodann  entwickelte  sicli  eine  stetig  an  Grösse  zu- 
nehmende birn förmige  Schwellung  am  rechten  Unterkiefer  winkel,  ohne 
dass  gerade  ein  Strang  zu  fühlen  gewesen  wäre;  gleichzeitig  traten 
Schmerzen  im  linken  Vorderarm  auf,  und  wurde  eine  tiefsitzende 
Schwellung  über  der  ülna  constatirt.  Der  Warzenfortsatz  war  völlig 
freij  keine  Neuritis  optica.  Es  wurde  zunächst  die  Vena  jugularis 
möglichst  tief  am  Halse  geö£rnet;  dieselbe  war  zusammengefallen 
und,  abgesehen  von  einem  frei  Hottirenden  Thrombus  leer.  Doppelte 
Unterbindung,  Durchschneidung  und  Fixation  an  das  obere  Wund- 
ende. Die  Fortsetzung  der  Operation  wurde  wegen  der  Schwäche 
des  Knaben  verschoben.  In  den  nächsten  2  Tagen  keine  Fröste, 
beflseres  Allgemeinbefinden  |  aber  noch  hohe  Temperaturen,  Am 
Kl  December  Trepanation  des  Schädels  1  Zoll  hinter  und  ii^  Zoll 
über  dem  Centrum  des  äusseren  Gehörgangs;  hervorquellender  Eiter 
kam  vuD  der  Occipifcalseite  der  angelegten  Oeffnung.  Der  das  Cen- 
trnm  der  Oeffnung  einnehmende  Sinns  wurde  mit  dem  Troikart  ex- 
plorirt  und  enthielt  Eiter.  Entfernung  der  oberen  Ligatur  der  Jugular- 
vene,  Diirchspülung.  Incision  der  Schwellung  am  linken  Yorderarmp 
Seit  einigen  Tagen  hatten  auch  Schmerzen  und  entzündliche  Schwel- 
lang im  linken  Fussgelenke  bestanden,  und  war  diese  Oomplication 
auch  die  Ursache,  dass  die  nach  der  Trepanation  gefallene  Tempe* 
ratnr  am  12.  December  wieder  bis  auf  4£ß  stieg»  Nach  Incision  und 
Eiterentleerung  kamen  zwar  noch  ab  und  zu  etwas  erhöhte  Tempe- 
raturen vor,  aber  die  Besserung  ging  stetig  vor  sich,  und  der  Kranke 
wurde  völlig  geheilt  entlassen. 

Auch  Jansen  (Ueber  Sinusthrombose  mit  Demonstration  eines 
dorch  Eröönung  des  Sinus  transversus  geheilten  Falls,  Ber.  üb.  d, 
erste  Vers,  d,  deutsch,  otolog.  Ges.  Arch,  f,  Ohrenheilk.  Bd.  83, 
H.  3  n.  4)  führte  einen  Fall  vor,  bei  dem  wegen  schwerer  Pyämie 
und  Empyem  des  Warzenfortsatzes  mit  den  83'JBptomen  von 
eztraduralem  Abscess  und  Jugularphlebitis  die  Aufmeisse* 
lung  des  Warzenfortsatzes  vorgenommen,  ein  extraduraler  Absceas 
aufgesucht  und  gefunden  wurde.    Da  am  nächsten  Tage  die  Pyämie 


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hitr 


t,  die  krecie  BrftAitt^f  dmmihm 

mh  «mit  l«st«a  Tknmkßtm  mwA  ^Imü  twttMiwwtj 

^K  Mit  tief  eui9QiiQ««iMr  NaA^  «iü  WurMifeil^ 

niB.   PwmerbericiMtete  Jansen  ober  :^7  F&^W  von  Siuii4i|ihUbili«t 

UB  der  BcrÜKr  Dnivcf^WsGiureiiklinik  in  a^u  J«lti^ii  l8tH  -IHM 

imd  hob  ^s  betrtditliolia  üaberwiegon  di^  Erkmiikuug^n  iM*  Itiiktu 

Sote  lierv^or.     Verf.  betonte  forner  Aw  Wiol>ttgki»it  der  Di(A|£iioiio 

der    extradoraUn    Abscesse    and    orklirt«    ftU    iUVtirU«uiig«tm) 

diagnostischen    Anhaltspunkt    die    Kuoohenauftruibung    iiiuUv 

dem   Warzen fortsati,    während  ftüiumlltübe  lUnint^i,  an  aiioit  un* 

bedentend,  oombinirt  recht  werthvoll  gein,  aber  auch  boi  dan  grOw^ton 

Abacessen  fehlen  können.     Die  Prognose  iut  nifVvljje  d^v  UüMichnr* 

heit  der  Diagnose  und    der  UnvolIkonmu^nlH^it  \lm   nporutivon  ICiii- 

gFtSß  ungünstig.    Von  den  27  Fällen  vun  NinuHphlobititt  aindH  gu- 

bellt:  2  spontan^  1  durch  Incision  de»  vereittiriMn  Hinui,  alle  }t  naoh 

forgenommener   EröfFouog   des    Waraenfortaatiai,    —    In    dor    Din- 

€aB0ton  erwähnte  Schwabaoh  einen  Fall^  bei  dam  er  n^lbMt   nuwdbi 

ala   atuch  Gerhardt    die    WahrscheitiHohlieitiidiagnüM0   uul 

Siouatbroinbose  nach   rechtaeeitiger   Otitix   mtiddi    jinrulonta   go* 

afeallt   hatten,    Gerhardt    namentlich    mit    RUclcMiclit    auf  oln   von 

ibn  snerBt  beschriebenes  Symplom^  die  mangelhafte  Ffilhing  der 

Jngnlaria  bei  der  Inspiration  auf  der  kranken  Heiter    ihr  Fall 

keilte  ohne  operativen  Eingriff  nach  5  Wochen  voUatändig. 

In  dem  glücklich  verlaufenden  Falle  von  Runbton  Parker 
(Zwei  FiUe  von  Operationen  an  der  Vena  jugular»«  und  dam  Binoii 
muafwnM  wegen  Fjämie  nach  Mittelobreiterung,  Berliner  kl  in* 
WmAmmdkT.  1B92^  Kr.  10)  handelte  es  sich  um  tnutsn  2&jakrig»fi 
btiiBiea,  kea  dem  vor  14  Jahren  nach  einem  Schlage  auf  de«  Unke 
Ohr  lUmmmthmii^lm  ond  Blutung  aoa  dem  Ohr  aiek  «iBfMtolk 
tets.  Boa  wwiyi  Tige  vor  seiner  jetzigen  ErkimkiE&f  aottte  iMi 
ean  Aem  Ohre  gezeigt  haben.  Bei  der  Anfiiilini*  den  Pn^ 
e«nwi  «e  Tenipemtitr  toü  fant  41*,  wiadevhoiln  Scktsi«!' 
I,  Megpt  l 
linkaftOkre. 

der  VeM 


Toft 


572 


Ko€h. 


Venen  wurden  doppelt  unterbunden,  im  Gesunden  durchsciinitten 
und,  soweit  sie  tbrombosirt  waren,  rasecirt.  Sodann  Eröffnung  des 
Warze nfortsatzes  mit  Hammer  und  Meissel  und  Freilegung  des  Sinus 
trausYereus.  Derselbe  war  mit  grüner  stinkend- jauchiger  Flüssigkeit 
gefüllt  und  enthielt  das  lose  Ende  des  Thrombus,  der  die  Vena 
jugularis  verstopfte.  Das  Centrum  des  Thrombus  war  eiterig  zer- 
taileo.  Die  thrombosirte  Vene  wurde  1  Zoll  weit  vom  Knochen  ab- 
gescbnitten  und  der  Best  mit  scharfem  Löffel  ausgekratzt;  ebenso 
Außkratztuig  des  Sinns  traosversus.  Bei  weiterer  Öondirung  trat 
eine  Blutung  eio^  die  aber  auf  Tamponade  stand.  Zwei  Tage  später 
wird  der  Tampon  erneuert,  da  sich  Eiter  dahinter  angesammelt  hatte. 
Nach  der  Operation  bestand  noch  eine  Zeit  laug  hohes  Fieber;  am 
16*  Tage  verliess  Patient  das  Bett  und  wurde  völlig  geheilt  ent- 
lassen. 


Ueber  einen  glücklich  operirten  Fall  von  Kleinhirn- 
abs cess  berichtet  Dean  (A  case  of  cerebellar  abscess  success- 
fully  treated  by  Operation.  The  Lancet,  30.  Jali  1892),  Er  be- 
traf ein  14jähriges  Mädchen,  welches  seit  5  Jahren  an  rechtsseitiger 
Ohreiterung  litt.  Bei  der  AufDahme  am  20.  April  bestanden  seit 
3  Wochen  heftige  Schmerzen  im  rechten  Ohre  und  der  Procesaus- 
gegend,  sowie  überhaupt  in  der  ganzen  rechten  Kopfseite.  Die  Haut 
Über  dem  Processus  war  verfärbt  und  geschwollen ;  im  Gehörgang 
Eiter,  das  Trommelfell  fehlt,  die  Pauke  mit  Granulationen  angefßdlt. 
Patientiü  war  nur  tbeil weise  bei  BesinDuug.  Deutliche  Glieder-  oder 
Aügenmuskellähmnngen  bestanden  nicht,  dagegen  beiderseits  Neuritis 
optica.  Die  Pupillen  waren  erweitert,  zeigten  unvollkommene  Re- 
action.  Es  wurde  zunächst  mit  Meisset  und  Hammer  das  Antrum 
geöffiiet  und  circa  '  .^  Drachme  Eiter  entleert.  Der  weiche  Knochen 
wurde  weggekratzt  und  weggemeisselt,  bis  der  Sinus  freilag,  Aus- 
kratzung der  Pauke.  Hierauf  bis  zum  20.  Apiil  Besserung.  Dann 
stellten  sich  wieder  mehr  und  mehr  Benommenheit  und  Kopfscbnaerzen 
in  der  rechten  Seite,  verlangsamter,  un regelmässiger  Puls,  Erbrechen 
ein.  Temperatur  36 — 37^1  Am  o»  Mai  Trepanation  des  Schädels 
1  Zoll  hinter  und  ^^  ^^^^  ^^^  ^^^  Centrum  des  Gehörganges.  Nach 
Entfernung  der  ^Ji  Zoll  grossen  Knochenscheibe  wurde  die  Dura 
mater  incidirt^  und  ein  schmaler  Troikart  nach  sechs  verschiedenen 
Richtungen  in  den  temporosphenoidalen  Lappen  eingestochtm ,  aber 
kein  Eiter  gefunden.  Als  der  Troikart  zum  zweiten  Male  in  den 
Seiten  Ventrikel  eingeführt  war,  flössen  einige  Drachmen  klarer  cere- 
brospinaler   Flüssigkeit   aus.     Die    Punctiou    des    Sinus    ergab   ^ei- 


* 


0  hren  hei  Ik  linde. 


573 


fliasBendes  Blut.  Bebufs  ExploriruDg  des  Cerebellum  wurde  nun 
der  KBOcheu  mit  der  Zange  von  Ho  ff  manu  in  der  Ausdehnung 
von  *,.2  Zoll  in  der  Richtung  nach  hinten  und  unten  weggenommeD, 
Na^h  der  Inciöion  der  Dura  kam  beim  zweiten  Einstecbeü  des  Trot- 
k&rts  £iter  und  nach  Einfuhrung  eines  dickeren  Kaliberg  floss  circa 
1  Unze  aus.  Die  Dura  wurde  sorgfältig  wieder  über  das  Gehirn 
gelegt^  der  Abscess  drainirt  Am  folgendea  Tage  Befioden  deutlich 
besser»  Am  10.  Mai  wurde  der  Drain  entfernt;  am  16«  Mai  steht 
Patient  zum  ersten  Male  auf;  am  19.  Mai  sind  die  Wunden  geheilt. 
Am  31.  Mai  wird  Patient  im  besten  Wohlbeßnden  entlaaaen.  Am 
81*  Juli  bestand  nur  leichter  Aasfluss  aus  dem  rechten  Ohre. 

Penisen  (Om  Cerebral  tilfölde  ved  den  kroniske  Otitis  media. 
Nord.  med.  Arkiv  Bd.  23^  Nr.  8—15,  Ref.  Zeiti^cbr.  f.  ObrenheiJk. 
Bd.  23,  H,  2j  S,  151)  berichtet  über  36  Fälle  von  Gehirnaffeotionen 
im  Qefolge  von  ehren i scher  Mittelohreiterung,  von  denen  4 
geheilt  wurden:  13  Fälle  von  Hirnabsceas  mit  2  Heilungen  —  epi- 
duralen  Abscessen  — ^  12  Fälle  von  SinusthromboBe  Diit  1  Heünng, 
10  Fälle  von  Meningitis  mit  1  Heilting^  1  Fall  von  Haemorrhagia 
meningedlis  basis  oerebri,  und  gibt  die  genaue  Beschreibung  einer 
nach  seiner  Meinung  empfehlenswerthen  Methode  ftlr  das  eventuelle 
operative  Vorgehen  beim  Auftreten  cerebraler  Erscheinungen  im  Ver- 
laute einer  Mittelohrentzündung.  —  Die  Temporalabs cesse  wurden 
6mal  rechts  und  3mal  links  gefunden,  die  Sinusthrombose  8mal 
rechts  und  3mal  links.,  die  KleinhirDabscesge  3mal  links  und  Imal 
rechts,  die  Meningitis  6mal  rechts  und  3mal  links. 


c.  Inneres  Ohr. 

Bisher  war  in  der  Litteratur  nur  von  Grub  er  über  einen  Fall 
von  doppelseitiger  Schneckennekrese  berichtet*  Ein  zweiter 
Fall  liegt  jetzt  von  Marx  vor  (Doppelseitige  Nekrose  der  Schnecke 
mit  consecutiver  Meningitis  und  letalem  Verlauf  Wiener  med. 
Wochenschr.  1891,  Nr,  48—51).  Er  betraf  einen  23jährigen  Mann^ 
der  seit  Kindheit  an  doppelseitiger  Mittelohreiterung  nach  Variola 
gelitten  hatte.  Auf  der  rechten  Seite  wurde  die  voUsiändige  Schnecke 
aüsgesto8Sen ,  7  Monate  nach  dem  Erscheinen  der  ersten  Labyrinth- 
Symptome,  links  wurde  schon  nach  3  Monaten,  seitdem  das  Labyrinth, 
allerdings  unter  viel  stürmischeren  Erscheinungen,  in  Mitleidenschaft 
gesogen  war,  ein  Theil  der  unteren  Schneckenwindung  ausgestossen. 
Beiderseits  bestand  totale  Taubheit.  Merkwürdigerweise  stellten  sieb 
auf  dem  rechten  Ohre  erst  nach  der  Extractiou  des  Sequesters  zum 
ersten  Male  subjective  Gehörsempün düngen  ein.   Hochgradige  Gleich- 


574 


Koch, 


gewichtsatörangen  traten  erat  nach  der  ErkraDkang  beider  Labyrinthe 
auf.  Während  rechts  die  Eiterung  sofort  nach  Entfernung  des  Be- 
i|uester8  völlig  aufhörte,  führte  dieselbe  links  noch  zur  tödtlicken 
Meningitis. 

d.  Diverses. 

Rohrer  (Heber  den  Torpor  des  Nervus  acuaticus.  Ber.  ü.  d. 
erste  Vers,  d-  deutsch,  otolog.  Ges.  Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  33^ 
H.  3  u.  4)  beobachtete  in  den  letzten  2  Jahren  elf  Fälle  von  Torpor 
nervi  acustici,  die  ein  eigenartiges  charakteristisches  Bild  boten. 
Die  meisten  jüngeren  Patienten  erkrankten  gewöhnlich  infolge  von 
Katarrh  oder  nach  Erkältung  an  progressiver  Schwerhörigkeit|  die 
sich  bia  zu  völliger  Worttaubheit  steigern  konnte;  dabei  waren  die 
hohen  Töne  erhalten,  die  Perceptionszeit  für  die  Kopf  knochenleitung 
aber  bedeutend  herabgesetzt  oder  ganz  aufgehoben»  Die  Trommel- 
felle zeigten  massige  bis  hochgradige  Trübung  und  stets  ausgeprägte 
Retraction.  Bei  fünf  dieser  Fälle  nun  stellte  sich  nach  der  Behandlung 
mit  Katheter  und  Rarefacteur  die  Perceptionszeit  für  Stimmgabeln 
bei  Kopf  knochenleitung  wieder  ein,  und  in  gleichem  Maasse  auch  eine 
Verbesserung  der  Hörweite.  Bleibt  dagegen  jener  Zustand  längere 
Zeit  sich  selbst  überlassen»  yo  i 8t  nach  Verf.  Atrophie  des  Nerven 
und  bleibende  L  a  b  y  r  i  n  t  h  t  a  u  b  h  e  i  t  nicht  au.sgeschlossen,  und 
kann  so  der  Torpor  nervi  ecustici  in  der  Äettologie  der  acquirirten 
Taubstummheit  eine  verhängnisa volle  Rolle  spielen. 

Eine  eigenthümliche  Form  von  Ohrschwtndel  beobachtete 
Löwenberg  (Bullet,  med.  1891)  hei  nervenschwachen  Individuen 
mit  einfachem  Mitteiohrkatarrh  und  Symptomen  von  Tubenverschluas, 
indem  bei  stärkeren  Respi ratio nsacten,  z.  B,  beim  Ausschnauben  der 
Nase,  wo  also  Luft  heftiger  in  die  Paukenhöhle  dringt,  leichte  Schwindel- 
anlalle  mit  seitlicher  Kopfbewegung,  oft  mit  Nystagmas  verbunden, 
»ich  einstellten.  Dass  dieser  Schwindel  durch  directe  Druckeinwir- 
kung auf  das  Labyrinth  bedingt  war,  dafür  sprechen  einerseits  Thier- 
versuche  des  Verf/s,  sowie  auch  die  erfolgreiche  Behandlung  der 
Mi  ttelohraffecti  o  n , 

Während  die  meisten  Äutcren  die  Paracusis  Willisii,  das 
Besaerhören  im  Geräusche,  auf  eine  verbesserte  Seh wingunga fähig- 
keit  des  Sehallleitungaapparatea  beziehen,  hatte  Urbantschitsch 
sich  schon  früher  für  die  physiologische  Natur  dieser  Erscheinung 
ausgesprochen.  Auf  Grundlage  weiterer  einschlägiger  Versnobe,  die 
sich  nicht  allein  auf  das  Besserhören  im  Geräusche,   sondern  auch 


i 


( 


Aof  den  Einflu&8  von  Sch&Uein Wirkungen  auf  die  Hörfälligkeit  im 
Allgemeinen  erstreckten,  gelanj^  XJrbantschitsch  (Ueber  den 
Einfluss  schwacher  Schallein  Wirkungen  auf  die  acustiscbe  EmpfindungB- 
schweUe.  Arch,  f.  Ohrenheilk.  Bd.  SB,  H.  B  a.  4)  wiederum  zu  dem 
Besultate,  dass  ein  Besserhoren  im  Geräusche  auf  einer  Steigerung 
der  acustischen  Empfindungssch welle  bernht,  und  dass  eine  Betheili- 
gimg  dea  Schallleitungsapparates  an  dieser  Erscheinung  sehr  frag- 
Hoh  ist. 

I  Urbantscbitsch  (Ueber  die  Wechselbeziehungen  beider 
Gehörorgane  zu  einander.  Prager  med.  Wocbenschr.  1892,  Nr.  46) 
unterscheidet  gleichartige  und  ungleichartige  Wechsel- 
beziehungen, Neben  vasomotorischen,  trophischen ,  sensitiven 
sind  die  wichtigsten  die  functionellen  Wechselbeziehungen,  indem  die 
Taubheit  nicht  bloss  bei  Hysterischen^  sondern  auch  bei  normalen 
Individuen  auf  die  andere  Seite  überspringt.  Von  grosser  Wichtig- 
keit ist  der  Einfluss  des  einen  Ohres  auf  das  andere  bei  gewissen 
operativeo  Eingriffen,  so  namentlich  bei  Muskeldurchschneidungen. 
Verf.  sah  Fälle,  bei  denen,  besonders  nach  Barchschnei  düng  des 
Tensor  tympani,  wesentliche  Horbesserung  auf  dem  nicht  operirten 
Ohre  auftrat. 


'Sc 

K 

W  eil 


Auf  Grund  des  Sectionsbefandeä  eines  intra  vitam  genau  beob- 
achteten Krankheitsfalles  von  einer  46jührigen  Frau,  die  infolge  eines 
SchlaganfaUs  13  Jahre  vor  ihrem  Tode  Worttaubheit  and  Paraphasie 
it  erhaltenem  Veratändniss  der  Schrift  und  der  Fähigkeit  zu  schreiben 
erlitten  hatte  und  4  Jahre  später  durch  einen  zweiten  Schlaganfall 
eine  partielle  linksseitige  Lähmung  and  völlige  Taubheit  acquirirt 
hatte,  zieht  Mills  (On  the  localisation  of  the  auditorj  oentre.  Brain 
1891,  H-  4)  den  Schluss,  dass  das  Cenirum  für  Wort  gehör 
im  hinteren  Drittel  der  ersten  und  zweiten  Schläfe  n- 
windangen  liegt,  und  dass  erst  eine  Zerstörung  der  Hdr- 
entreo  auf  beiden  Seiten  völlige  Taubheit  bedingt,  —  Die 
tttopsie  hatte  eine  Läsion  der  ersten  und  zweiten  Schlaf enwindung 
auf  beiden  Seiten  ergeben. 


1  Tibbet  (Ein  merkwürdiger  Fall  von  Sc huss wunden  beider 
Ohren  mit  Heilung.  Med.  Record,  7.  Nov.  1891.  Ref.  Zeitschr.  f. 
Ohrenheilk.  Bd.  23,  K.  2)  berichtet  über  einen  Manti^  der  bei  einem 
Selbstmordversuch  sich  in  den  äusseren  Gehörgang  beider  Ohren 
geschossen  hatte.  Obgleich  die  Kugeln  deutlich  gefühlt  werden 
koDuten,    blieben    Extractionsversuche   erfolglos.      Mit    dem    Finger 


576  Koch. 

konnte  man  2  Zoll  tief  in  beide  Gehörgänge  eindringen.  Nach  der 
Heilung  war  das  Gehör  ausreichend  genug,  dass  Patient  als  Droschken- 
kutscher fungiren  konnte. 

V.  Krzywicki  (Ein  Beitrag  zur  Frage  »der  differential- 
diagnostischen Bedeutung  der  Prüfung  der  Gehörixinction  mit  der 
Stimmgabel.  Berl.  klin.  Wochenschr.  1892,  Nr.  12)  will  durch  den 
von  ihm  mitgetheilten  Fall  die  nach  seiner  Meinung  höcht  zweifel- 
hafte Bedeutung  des  Resultates  der  Stimmgabelprüfung  illustriren, 
indem  bei  einem  42jäbrigen  Patienten  mit  partieller  Gehirnerschütterung 
im  linken  Schläfelappen  trotz  offenbarer  consecutiver  centraler 
rechtsseitiger  Taubheit  und  trotz  eines  linksseitigen 
Ceruminalpfropfes  die  Stimmgabeltöne  von  allen  Stellen 
des  Kopfes  per  Kopf  knochenlei  tu  ng  nur  rechts  gehört 
wurden. 


Von  Dr,  J.  Michael  in  Harn  barg. 


ArzneimUtel 


Emblasangen  von  Europheo  empfiehlt  Cbapell  (New  York 
med.  Record,  23.  April)  gegen  Ozäca.  TyrmowBky  hat  bei  La- 
rvngitiß  ulcerosa  (Wiener  med,  Presse  Nr.  52)  mit  Res o rein  gute 
Erfolge  erzielt.  Robinson  verwendet  Pinselangeo  von  Creosot 
bcfi  Larynxtnberculose  (New  York  med*  Rec,  27,  Febr.),  Kahn  ver- 
wendet M  y  r  r h  o  1  i  n  -  Insufflation  bei  Larynxtaberculose  und  Ungiien  tum 
Myrrbolini  bei  Eczema  nariom  (Münchener  med,  Wochenachr.  Nr.  Bl). 
Banmgarten  (Deutsche  med.  Wocbenschn  Nr.  9)  räth  zur  Vorsicht 
beim  Gebrauch  von  Jodkali,  weil  er  bei  mit  einer  Idiosynkrasie 
g^gen  das  Mittel  behafteten  Personen  Larynxödem  beobachtet  hat. 
Ziem  (Monatssobr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  6)  empfiehlt  die  Anwendung 
von  Cantharidenpflaster  bei  Hals*  and  Ohrenkrankheiten,  ßetz 
•  AUg.  Wiener  med.  Ztg.  Nr.  40)  hat  von  Pilocarpin  bei  Glottis- 
ödem  gute  Erfolge  gesehen.  Schulze  (Münch.  med.  Wochenschr. 
Kr.  48)  fand  die  cantbaridinsauren  Salze  bei  LaryDxtaberculose 
wirknngslos,  Norlury  (Tberap.  Gazette,  16.  Mai)  wendet  bei  Ton- 
»iilitis  mit  Vortheil  Calciumsulfit  an.  Glayson  (New  York 
med.  Joum  f  2^,  Oct.)  empfiehlt  die  locale  Application  von  Anti- 
pyr in  bei  acuten  Halsentzündungen. 

Iritrbucb  d.  praot.  Mediclii,    1893.  31 


578 


Michael. 


Uaber  die  Durch Iduch tun g  und  deren  Werth  fUr  die  Biagnose 

der  KrankheiteD  der  Nebenhöhlen  lanten  die  Ansichten  versohiedeii. 
Robertson  (Jonm.  of  laryngology  Nr.  S  n.  4)  rühmt  dieselbe  sehr, 
ebenso  Heryng  und  Betehmann  (Gazetta  lekarska^  9.  OctDber)^ 
gleichfalls  Davidsohn  (BerL  klin»  Wochen  sehn  Nr.  33).  Joel  hält 
die  Methode  für  brauchbar,  aber  in  ihren  Resultaten  nicht  für  ganz 
sicher,  Er  hat  das  Instrumentarium  etwas  modificirt  (Thüring.  Cor- 
respondenzbl.^  März).  Dagegen  verwirft  Ziem  (Berl.  Min.  Wochen- 
schrift Nr*  33)  die  Methode  vollständig  und  hält  die  PalpatioE  nicht 
allein  für  zuverlässiger  als  die  Durchleuchtung,  sondern  auch 
die  RhinosGopia  posterion 


Instriimente. 


2 


örünwald  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr,  18)   empfiehlt  die 
Elektrolysis  zur  Behandlung  der  chronischen  Pharyngitis, 
Muöohelschwellung,  Septumdeviationen,  Pachydennia  syphiKfcica  und    _ 
Larynxtuberculose«  ■ 

0ha pell  (New  York  med.  Joum,,  G.  Februar)  beschreibt  ein 
dem  Tonsillotom  naohgebildetea,  guillotine narbiges  Instrument  ftr 
die  Amputation  der  Tonsilla  pharyngea.  ■ 

Schütz  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  39)  beschreibt  ein  dem 
Fahnenstock  nachgebildetes  Tonsillotom  für  die  Pharynx ton- 
81  He.  Dasselbe  hat  die  nöthige  Krümmung^  um  in  den  Nasenrachen- 
raum eingeführt  zu  werden,  und  scheint  für  den  Operateur  mannig- 
fache Vortheile  zu  gewähren,  Verf.  be sc b reibt  zugleich  unter  dem 
Namen  Oompressor  eine  an  gekrümmtem  Stiele  befestigte  Platte^ 
welche  dazu  dienen  soll,  Im  Fall  von  Nachblutungen  nach  Entfernung 
der  PharyDxtonsille  durch  OompresBion  h am os tatisch  zu  wirken.  Die 
seitlich  aufsitzenden,  von  dem  Pharynxtonsillotom  nicht  erreich- 
baren Vegetationen  werden  mit  dem  Michael'schen  Dappelmeisdel  _ 
operirt.  I 

Lenzmann  (Deutsche  med.  Wochenechr.  Nr.  48  u.  49)  beschreibt 
eine  Modification  des  Gottstein^sehen  Messers  für  adenoide 
Vegetationen.  In  den  Ring  hinein  ist  eine  Feder  gesetzt,  welche 
bezweckt,  dass  die  entfernten  Sticke  am  Instrument  bleiben  und  nicht 
in  den  Larynx  herabfallen  können« 


Krankheiten  der  Naae^  dea  RachenB  etc. 


Ö79 


Krankheiten  der  Nase,  des  Nasen raelienranmes  and  Pfundes. 

AllgemeiDes, 

Bresgen  (Wiener  med.  Wochenecbr.  Nr.  45,  46  u*  47)  macht 
recht  practische  Bemerkungen  über  das  AusschnaolieD  der 
Nase,  Wird  dies  bei  katarrhaliechea  oder  sonstigen  entzündlichen 
Zuständen  der  Nase  unvorsichtig  ausgeübt,  besonders  wenn  bei  dieser 
Procedor  beide  Nasenlöcher  verschlossen  werden,  so  gelangen  leicht 
Schleim  und  mit  demselben  In fections träger  in  die  Tuben,  und  es 
folgt  dann  eine  Mittelohrentzündung.  Durch  Belehrung  des  Patienten, 
besonders  nach  Operationen  werden  sich  manche  unangenehme  Neben- 
erscheinungen vermeiden  lassen«  Während  das  Schnauben  sich  be- 
sonders bei  Afiectionen  und  Operationen  der  unteren  Nasenpartien 
als  gefährlich  erweist,  können  sich  Affectionen  der  oberen  Partien 
durch  Fortschreiten  auf  den  Lymphwegen  oder  auch  durch  fort- 
BchreiteDde  Oberflächeneiterung  nach  oben  zu  verbreiten.  Ersteres 
geschieht  meist,  wenn  dem  Eiter  durch  Schwellung  der  Weg  nach 
aussen  verschlossen  ist,  letzteres  wann  derselbe  frei  ist  und  in  den 
Nasenrachenraum  gelangen  kann.  Durch  Sorgfalt  bei  der  Operation 
and  umsichtige  Nachbehandlung,  besonders  mit  Pyoktanin,  lassen  sich 
diese  unerwünschten  Folgen  meist  vermeiden. 

Moritz  Schmidt  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  4).  In 
manchen  Fällen  von  chronischer  Verstopfung  der  Nase  wird  keinerlei 
Hypertrophie,  Neubildung  oder  Verengerung  gefunden.  Es  beruht 
die  Anomalie  dann  darauf,  dass  bei  der  Inspiration  die  Nasen- 
flügel durch|^die  Luftverdünnung  angesogen  werden  und  so  die 
Nase  tamponiren.  Die  Beschwerden  der  Patienten  sind  ganz  die- 
selben wie  in  den  Fällen,  welche  auf  pathologischen  Veränderungen 
beruhen.  Beseitigt  werden  die  Beschwerden  durch  Application  eines 
kleinen  von  Feld  bausch  angegebenen  Instruments^  durch  welches 
Nasenflügel  unterstützt  und  so  nach  aussen  gehalten  werden. 


Verbiegung  der  NafienscheidewÄnd. 

^ionisio  (Archiviiitaliani  di  laringologia,  October)  bespricht  in 
sehr  ausführlicher  Weise  die  verschiedenen  Vorbildungen  dea 
knöchernen  und  knorpeligen  Septum  und  beschreibt  ein  von 
ihm  constmirtes  scherenartiges  Instrument,  welches  zur  Entfernung 
der  Sporne  und  Kanten  dient  und  durch  die  glatte  Wunde,  die  es 
machen  soO^  vor  den  zahlreichen  anderen  su  diesem  Zwecke  em- 
pfohlenen Werkzeugen  einen  gewissen  Vortheü  darbietet. 


580 


Michfte]. 


Nase  und  Morbus  BaBedowii. 

Winkler  (Wiener  med.  Wochenachr.  Nr.  40—44)  bespriclit  die 
IndioationeD  filr  eioe  Bekandlung  der  Nase  bei  Morbus  BBse- 
dowii  und  kommt  zu  dem  Beaultat^  dasa  man  nur  iu  gQl€b6ii  FäUen 
zu  einer  localen  Therapie  sich  entscblieasen  aoUe,  in  denen  die  Nase 
durch  Polypen^  Vegetationen  oder  DeformatioDen  ganz  oder  tbeil- 
weise  verstopft  ist.  Kleiner©  Unregelmässigkeiten  und  Katarrhe, 
welche  keioerlei  subjectiv©  Beschwerden  machen  ^  steheo  zu  der 
Krankheit  in  keiner  Beziehung,  und  hat  die  Localbehandlung  der- 
selben für  die  Therapie  der  B  a  s  e  d  o  waschen  Krankheit  keinen 
Zweck. 

R  a  c  h  e  n  p  o  1  y  p. 

üonitzer  beschreibt  einen  behaarten  Rachenpol ypen 
(DeutBche  med.  Wochenschr.  Nr.  51),  der  gestielt  im  Nasenrachen- 
raum links  von  der  Medianlinie  iuserirt  war.  Die  Untersuchung 
ergab  einen  Kuorpeikern,  FettmaBsen  und  in  der  UmhülluDg  Bämmt- 
liehe  Beatandtheile  der  Cutis  nebst  Blutgefässen,  Nerven  und  Lymph- 
follikeln.  Es  sind  bisher  nur  zehn  derartige  Polypen  beschrieben, 
welche  nach  Schuchardt  als  parasit&re  DoppelmiesbildiiDgen  auf- 
zufassen sind. 

R  !i  i  n  o  1  n.  h  e  n. 

G  erb  er  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr,  61)  hat  einen  ex- 
trahirfeen  Nasenstein,  dessen  Centrum  ein  Stück  Watte  bildete, 
genauer  untersucht  und  beweist,  dass  das  Kalkgeröst  der  Rhinolithen 
hauptsächlich  aus  verkalkten  Mikroben  besteht. 


H  i  g  h  mors  h  ö  h  i  e, 

Fürst  (Archiv  f.  Kinderheilk.  Bd.  14^  H.  6)  beobachtete  an  einem 
3t&gigen  Kinde  ein  Empyema  antri  Highmori.  Die  Entzündung 
hatte  sich  von  einer  Conjunctivitis  gonorrhoica  durch  den  Ductus 
lacrymalis  auf  die  Nase  und  die  Nasenhöhle  fortgepflanzt.  Durch 
Extraction  zweier  Zahnkeime  gelang  es,  Eiter  ans  der  Alveole  au 
entfernen.  Doch  musste  auch  einige  Tage  später  von  der  Backe  aus 
incidirt  werden.  Nach  einigen  Tagen  Exitus.  Die  Section  ergab 
vollständige  Zerstörung  des  Oberkiefers  und  zahlreiche  pyämische 
Abscesse  ta  allen  Körperth  eilen. 

Chiari  (Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  22,  23  u.  24)  kommt  nach 
einer  Erfahrung  von   28  Fällen   von  Empyema   antri  Highmori 


Krankheiten  der  Nase,  dea  Racheu«  etc 


581 


zu  folgenden  BeBaltaten:  in  den  seltensten  Fällen  ist  das  Empyem 
Idorch  eine  cariöse  Zahnwurzel  verursacht  und  kann  durch  Extraction 
Meraelhen  allein  geheilt  werden;  in  einigen  Fällen  wurde  durch  Irri- 
Fgation  der  Nase  Heilang  erzielt;  oftmals  genügen  Injectioneo  lo  das 
Antrum  selbst  sur  Heilung,  in  anderen  Fällen  wird  durch  dieselben 
QQf  Besserung  erzielt;  eine  geringe  Anzahl  von  Injectionen  bewirkt 
nur  in  ganz  frischen  Fällen  Heilung;  niemals  erreichte  Verf.  ein  ge- 
nügendes Resultat,  wenn  in  die  natürliche  Oeffoung  des  Antrum  allein 
Injectionen  gemacht  wurden,  ebensowenig  von  Einblasungen  von 
Jodoform,  Dagegen  erwies  sich  als  sehr  wirksam  die  Behandlung 
von  einer  eröflhieten  Alveole  aus.  Diese  Oeffnung  muss  jedoch  am 
Tage  verschlossen  sein,  und  zwar  lässt  sich  diese  Indication  am  besten 
bei   Behandlang    durch    Tamponade    mit    Jodoformgaze    verbinden, 

^Krelche   durch  die  Alveole  in  die  Höhle  eingeführt  und  wöchentlich 

^Bbmal  erneuert  wird. 

^^  kannt 


Sieb-  und  Kt^ilb  ein  höhle. 


Woakes  (Brit.  med.  Journal,  12.  März)  vertheidigt  seine  be- 
kannte eigenthümliche  Anschaumig,  dass  bei  Schwellung  der  Nasen- 
ach  leimhaut  und  bei  Polyp  enbildung  in  der  Nase  sich  stets  eine 
aekrotisirende  Entzündung  des  Siebbeins  vorhnde.  Die 
Behandlung  hat,  nachdem  auch  noch  durch  die  Sondirung  die  Nekrose 
festgestellt  ist,  in  einei-  Entfernung  der  Sequester  zu  bestehen,  Verf. 
hat  bereits  vor  einigen  Jahren  in  einem  grösseren  Werk  diese  An- 
Bebauungen  ausführlich  niedergelegt,  aber  weder  damals  noch  jetzt 
ist  es  ihm  gelungen,  seinen  Ansichten  allgemeine  Anerkennung  zu 
verschaffen. 

Schaff  er  (Deutsche  med,  Wocbenschr.  Nr.  47)  hat  in  19  F&Uen 
eine  acate,  in  53  eine  chronische  Entzündung  der  KeiU 
beinhöhle  beobachtet»  Kopfschmerzen,  Druckgefübl  zwischen  den 
Augen  und  Schwindel  sind  die  subjectiven  Symptome.  Objectiv  be- 
merkt man  rhinoskopisch  die  Vortreibung  der  vorderen  Keilbein- 
hlenwand.  Durch  eine  Sonde  kann  man  in  die  natürliche  OefPnung 
Höhle  eindringen.  Dies  genügt  in  acuten  Fällen  häufig,  um  die 
Entleerung  des  Secrets  und  damit  das  Verschwinden  des  Symptomen- 
complexes  zu  erreichen.  In  chronischen  Fällen^  häufig  Ozäna  be- 
gleitend (aber  nicht,  wie  Grünwaid  annimmt ^  diese  verursachend, 
sondern  vielmehr  secundär),  findet  man  Schwellung  und  Röthung  der 
Nase,  Schwindel,  Sehstörungen,  Pharyngitis  sicca  und  psychische 
Alterationen   neben    reichlicher    Eiterabsonderung,     Hier   muss    die 


582 


MichaeL 


Höhle   durch   deE   scharfen  Löffel   breit   eröffnet  und  mit  antisepti- 
schen Durchspülungen  imd  Jödoformpnlver  nachbehandeit  werden. 

Fremdkörper  der  Mandeln, 

Dun  das  Grant  (Journ,  of  lar.  Nr.  9)  gibt  eine  recht  zweck- 
mässige Methode  an,  um  die  oft  so  schwer  zu  Gesicht  su 
bringenden  Gräten^  welche  sich  in  die  Substanz  der 
Mandel  bineingespiesst  haben,  aufzufinden.  Während  die 
eine  Hand  des  Arztes  mit  dem  Spatel  die  Zunge  herabdrlickt,  drängt 
die  andere  die  betrefPende  seitliche  Unterzungengegend  nach  oben.  Auf 
diese  Weise  ist  dem  Verf.  gelungen,  tiefsitzende  Gräten  heraus- 
zudrängeD,  so  dass  man  sie  sehen  und  entfernen  konnte* 

T  u  m  *>  r  e  u  des  Munde  s. 

Zwei  sehr  seltene  Tunaoren  der  Mundhöhle,  ein  wall- 
nussgrosses  Fibrom  der  Wangen  schleim  baut  und  ein  eben  so 
grosses  Papillom  der  Zunge,  wurden  von  D e m m e  exstirpirt  und 
beschrieben  (Monatsschr.  f.  Obrenbeilk.^  Oct). 

Pemphigus. 

H  e  ry  n  g  (Nowiny  Lekarskie  Nr,  ö)  beschreibt  sechs  Fälle  von 
Pemphigus  des  Larynx  und  Pharynx,  Dasselbe  erscheint  als 
graue  Flecken  und  Blasen  bis  zu  Pfenniggrösse.  Die  Blasen  ver- 
soh winden,  um  an  anderen  Stellen  wieder  zu  erscheinen.  In  den 
eämmtlicheu  Fällen  erschien  bald  nach  dem  Auftreten  des  Schleim- 
hatitpemphiguB  ein  Pemphigus  universalis,  der  ebenso  wie  die  Schleim- 
hautaffection  jeder  Medication  trotzte.  Alle  Patienten  gingen  an  Er- 
schöpfung oder  complicirender  LungenafTection  zu  Grunde. 


P  h  a  r  y  II  g  o  m  y  k  o  8  i  8, 

H  e  m  e  n  w  e  y  (Journ,  of  lar,  Nr,  2)  beschreibt  im  Anschluss 
an  einen  beobachteten  Fall  die  P  h  a  r  y  n  g  o  m  y  k  o  s  i  s  b  e  n  i  g  n  a 
aebr  genau.  Er  bildet  seine  mikroskopischen  Befunde  ab  und  sehliesst 
sich  der  Ansicht  derjenigen  an,  welche  den  betretenden  Bacillus 
nicht  für  Leptothrix,  sondern  fiir  eine  besondere  Art  Bacillus  fas- 
üiculatus  halten.  Der  Leptothrix  ist  im  Munde  so  häufig,  dass  auch 
die  Pharyngomykosis,  wenn  durch  ihn  veranlassti  wesentlich  häufiger 
vorkommen   müsste.     Differentialdiagnostisch  von  Diphtherie  unter- 


Krankheiten  der  Nase^  des  Rachens  etc. 


683 


dcheidet  sie  sich  duroh  den  chroniachöti  Vorlauf,  durch  den  Mangel 
der  Oonfluenz  der  einzehaeo  Flecken  und  durch  die  Geringfügigkeit 
der  Symptome*  Therapeutisch  wirksam  ist  allein  die  gal van ocaus tische 
Ziratömng. 

Prodromale  Angino. 

Vouwillers  (Revue  de  lar.  etc.  Nr.  14)  beBchretbt  eine  eigen- 
tbömliche  Form  der  Angina^  etarke  Röthung  und  Schwellung  neben 
zahlreichen  runden  und  ovalären  Ulcerationen  mit  verhältnissmäsBig 
geringer  Belästigung  des  Patienten  hetrefiPs  Schmerz  und  Schling- 
beschwerdeO}  aber  mit  starker  Frostration  einhergebond  ala  eine 
luw eilen  dem  Typhus,  und  zwar  stets  schweren  Formen  des- 
selben, vorangehende  Krankheitserscheinung.  Bayer  (Revue 
de  lar.  Nr,  16)  bestätigt  diese  Angabe  durch  eine  Beobachtung^  einen 
Coliegen  betreffend,  den  er  au  der  beschriebenen  Fortn  der  Angina 
bebandelte  und  der  wenige  Tage  darauf  au  einem  schweren,  letal 
endenden  Typhus  erkrankte, 

^B  Lermoyes  (Annales  dea  maladies  de  Toreille  etc.,  Mars)  macht 
^■atif  einen  angeborenen  Zustand  aufmerksam,  welchen  er  als  insuf- 
^■fiaanee  velo-palatine  bezeichnet.  Oft  wird,  besonders,  wte  schon 
Langenbeck  bemerkt  hat,  bei  Personen  mit  Ha senecb arten,  die  dem 
Wolfsrachen  elgenthümliche  Gaumensprache  beobachtet.  In  solchen 
^^Ftikn  handelt  es  sich  meist  um  ein  abnorm  kurzes  Gaumensegel, 
^■vnrnleii  aach  um  eine  Spalte  im  knöchernen  Gaumen  ohne  Mit- 
^vbedieilignng  der  Schleimhaut.  Yerf,  stellt  zwölf  derartige  Fälle  aus 
^T  eigener  and  fremder  Erfahrung  zusammen.  Therapeutische  Versuche 
haben  sich  als  erfolglos  erwiesen. 


Insufficientia  ve  lo-pslatina» 


Leukoplakia« 

Erb  (Münchener  med.  Wochenschr.  Nr.  42)  bespricht  die  ver« 
schiedenen  Ursachen  der  Leukoplakie  der  Mundsehleinihaiit  imd 
der  Zunge.  Dieselbe  konnte  zurückgeführt  werden  auf  Syphilis  allein 
IQ  36  FdBen,  auf  Hauchen  allein  in  37  FäUeo,  auf  Syphilis  bei 
BaoelisrD  in  Bi  Fallen.  In  einer  relativ  sehr  kieiaea  Angihl  von 
HDoi  (11)  koanito  weder  Lues  noch  Bauchen  bewihiiMigt  werden, 
imd  die  Aeüokigie  war  nicht  aufgeklärt. 


584 


MichÄel- 


Z  u  ti  g  e  u  tn  a  II  t !  e  1 . 

Gl  egg  (ßrit  med.  Journal,  2.  Jan,  1892)  hatte  Gelegenheit,  an 
einem  4tägigen  Kinde  wegen  eineg  ÄDgiomB  des  Zunge  n- 
g  r  u  D  d  e  s  die  Tracheotomie  auszuführen.  Das  Kind  überlebte  die 
Operation  nur  2  Tage. 

Wroblewsky  (Gaz.  lekaraka  Nr.  12,  13  u,  14)  bespricht  die 
A f f e ctioDen  der  Zungenton sille.  Unter  diesen  ist  die  häufigste 
die  Hypertrophie,  Verf.  hat  dieselbe  meist  bei  Phthisikern  angetroffen, 
Sie  macht  das  Gefühl  eines  Fremdkörpers  im  Hals  und  bereitet  Be- 
schwerden beim  Sprecheu  und  Siogen.  In  leichteren  Fällen  genügen 
Bepinselnngen  mit  adstriDgirendee  Lösungeiij  in  schwereren  müssen 
Cauterisationeu  mit  dem  GalvaDocauter  oder  Chromsäure  angewendet 
werden.  Ausser  der  Hypertrophie  wird  noch  eine  acute  Tonsillitis 
der  Zungeumandel  und  relativ  häufig  eine  Mykosis  leptothricia  der* 
selben  beobachtet.  Bei  letzterer  bewahrte  sich  ihm  Gurgeln  mit 
Jodkali  und  mit  einem  Tabakiufus,  In  selteneren  Fällen  beobachtete 
Verf.  Tuberculose,  Lues,  Carcmom  und  benigne  Neubildungen  der 
Zungentonsille. 

Gurowicz  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  32)  besehreibt  mehrere 
Fälle,  welche  subjectiv  die  Symptome  einer  acuten  Angioa  darboten, 
während  objectiv  am  Gaumen  und  Rachen  nichts  zu  sehen  war.  Der 
Symptomen  com  plex  wurde  in  diesen  Fällen  hervorgerufen  durch 
acute  Entzündung  der  Zungenmandel,  der  Valleculae  und 
der  Epiglottis,  welche  stark  geschwollen  und  geröthet  sind.  Mit 
Ausnahme  weniger  Falle,  in  denen  die  Entzündung  besonders  stark 
ist,  so  dass  sie  in  die  parenchymatöse  Form  übergeht,  oder  in  denen 
die  Schwellung  so  hochgradig  ist,  dass  sie  zeitweilig  Athem- 
besch werden  hervorruft,  verläuft  die  Krankheit  so  schnell  und  harm- 
los wie  die  gewöhnliche  Angina, 


D  i  p  h  t  li  e  r  i  t  i  8. 


4 


Eugen  Fränkel  (Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  24}  fand 
in  vier  Fallen  von  sog.  reinem  Cro up  in  den  Membranen 
Liöffler'a  Bacillen  und  plaidirt  dafür,  dass  diese  AfTection, 
trotz  ihrer  klinischen  Verschiedenheit  der  echten  Diphtherie  zu- 
zurechnen sei, 

Hochhaus  (Virchow's  Archiv  Bd,  124)  widerspricht  der  all- 
gemein herrschenden  Anschauung,  dass  die  Ursache  der  diph- 
theritiscben  Paralysen  in  den  Nerven  oder  im  Central- 
nervensysteiQ   su  suchen  sei«     Er  fand  bei  seinen    Untersuchungen 


Krank heiteo  der  Kase^  dea  Rachena  etc. 


585 


lütiftndHcbe  Verändeningen  in  den  KuBkelfasem  und  der  intermus» 
Sabstaaz,  wfihrend  die  Nervenendigungen  in  den  Mnskeln 
mt  Anomalien  zeigten.  Er  nimmt  deswegen  an^  dass  die  Paralysen 
dorch  einen  toxiachen  Effect  eines  epeciüschen  Virus  auf  die  MuskeU 
iubetanz  verursacht  werden. 

Eugen  Fränkel  (Aerztl.  Verein  in  Hamburg,  22.  März)  zeigt 
Präparate  von  Scharlachdiphtherie  und  echter  Diphtherie. 
Wlhrend  bei  der  ersteren  niemals  Löffle r^ache  Bacillen  gefunden 
vttrden,  fehlten  sie  bei  der  echten  Diphtherie  in  keinem  Falle  —  Be- 
mi  för  die  ätiologische  Verschiedenheit  der  klinisch  so  ähnlich  ver- 
!wifenden  AÄectionen. 

Concetti  (Archivii  italiani  di  lan,  April)  hat  5  Fälle  von 
Rhinitis  chronica  membranacea  behandelt  und  konnte 
den  Beweis  führen,  dass  in  allen  diesen  es  sich  um  echte  Diphtherie 
tiandelte.  In  zweien  gelang  es,  den  Bacillus  Löffler  nachzuweisen, 
i  einem  dritten  wurde  durch  lofection  bei  einem  anderen  eine  schwere 
Diphtherie  erzeugt^  im  vierten  entwickelte  sich  eine  echt  diphtheritißche 
Qaamenlähmuog,  im  fünften  schloss  sich  ein  Larynxcroup  an  die  Er- 
krankung an.  Das  Resultat  ist  von  grossem  Intereeae,  da  diese 
chroDische,  fieberlose  und  benigne  AJPection  mit  der  acuten  malignen 
ghtherie  klinisch  kaum  einen  Berührungspunkt  darbietet. 


Diphtheriiishe  handlang. 

Ausserordentlich  zahlreich  sind  wie  alljährlich  die  Behandlungs- 
oethoden,  welche  bei  der  Diphtheritis  empfohlen  werden;  jeder  Autor 
lülfc  sein  Mittel  für  ein  Specificum,  oder  glaubt  doch  wenigstens, 
dass  es  unter  allen  das  relativ  beste  sei.  Wir  beschränken  uns  hier 
Äof  die  Aufzählung,  die  Verantwortang  für  ihre  Empfehlung  den 
einielnen  Autoren  überlassend.  So  emptieblt  Med  in  (Eiria)  Pinseln 
tait  ^'i^iy^gBV  Sublimatlösung;  Ozegowöky  (Nowiny  lekarskie  Nr.  3) 
Kngeln  mit  Acidum  carbolionm,  Argentnm  oitricum,  Jodum  purum 
ooa  5,0,  Cognac  100  (wobei  zu  bemerken,  dass  Argen  tum  niiricum 
mit  Jod  einen  unlöslichen  gelben  Nietlerschlag  gibt,  Ref.);  Wiesing 
(ügskrift  of  Laeger  Nr.  6)  Terpentin;  Bloodworth  (Therapeutio 
ÖÄzette,  16.  Mai)  Pinseln  mit  Hydrogenperoxyd ;  Stein  (Thüringische 
iüonatsscbr.  Nr  4)  Inaufflationen  von  Schwefel  und  Chinin;  Fulton 
(Med,  News,  23.  April)  Pinseln  mit  staHten  Lösungen  von  Argentnm 
uitricnm  und  Gurgeln  mit  Sublimat;  Watkins  (New  Orleans  med. 
4nd  snrg.  Journ.,  Febr.)  Trinken  von  Wasser  mit  einigen  Tropfen 
Jodtinctur;  Jänicke  (Therapeutische  Monat«h.  Nr,  5)  Einblasungon 


586 


Michael. 


von  Methylviolett ;  Wilbains  (American  Practitiouer,  12,  März)  sub- 
mixcöse  lnjectionen  von  Aqua  Chlori  in  die  ToDaillen  neben  Gurgeln 
mit  an ti septischen  MundwaaBeri] ;  HeyBiuger  (Jonrnöl  of  Oph- 
thalmie etc.)  Gurgeln  mit  übermangan saurem  Kali;  Turner  (Timee 
and  Hegister,  31.  Sept)  Gurgeln  mit  Salmiak  und  innerlichen  Ge- 
brauch von  Syrupne  Toluj  Trautmann  (Times  and  Register^  31.  Sept.) 
Pinseln  mit  Sublimat,  Gurgeln  mit  Kali  cblorictim  neben  innerlichem 
Gebrauch  von  Tinctura  Ferri;  Longaker  und  Rosenthal  (Times 
andRegiater,  31.  Sept.)  Gurgeln  mit  Wasserstofiauperoxyd:  Martin* 
dale  (New  York  med.  Joum,,  13.  Febr.)  Inhalationen  von  Terpentin 
und  Theerj  Rehn  (XL  Congreas  für  Medicin)  Tinctura  F^erri  seaqui- 
chlorati  innerlich;  Schilling  (AerztL  Practiker  Nr.  17)  Pinseln  mit 
Milcbsänre,  Gurgeln  mit  Chlorkali  neben  äusserlicber  Anwendung 
von  Kataplaamen  auf  Brust  und  Hals;  Hagedorn  ( A er ztl.  Practiker 
Nr.  6)  galvanocauaiiache  Zerstömng  der  Beläge f  Charles  Smith 
(Lancet,  2.  Januar)  empfiehlt,  in  der  Nähe  des  Patienten  Tücher  auf- 
zuhängen, welche  mit  der  folgenden  Lösung  getränkt  sind:  1  Theil 
Tinctura  Eucalypti,  1  Theil  Acidum  carbolicum  und  8  Theile  Oleum 
Terebinthini;  Juley  Simon  (Archivs  of  pediatrics  Nr*  S)  Pinseln 
mit  einer  Lösung  von  Salicyl,  Eucalyptus,  Alkohol  und  Glycerin, 
daneben  Gurgeln  mit  Borax,  ausiscrdem  innerlicli  Copaiva  und  Cubeben 
und  Inhalationen  von  Thym Öllösung;  Gaucher  (Arch.  of  ped.  Nr.  31 
Pinseln  mit  einer  Lösung  von  Campheröl,  Alkohol,  Carbol  und  Wein- 
steinsäure j  Legroux  (Arch.  of  ped,  Nr.  3)  Pinseln  mit  Creoeot- 
glycerin;  Legendre  (Arch»  of  ped,  Nn  3)  Pinseln  mit  Naphthol- 
glycerin;  Hutmel  (Arch,  of  ped,  Nr,  !])  Pinseln  mit  Terpenhydrat, 
Sublimatt  Alkohol  und  Thymol;  Cadet  deGaasieourt  (Arch.  of 
ped.  Nr*  3)  Pinseln  mit  Carbol  und  Natrium  sulfuricinatum;  Lin- 
coln (New  York  med.  Journal^  31,  Dec.)  Insufflationen  mit  Pyoktanin; 
Barbier  (Lancet,  9.  Juni)  mit  Acidum  carbolicum  und  Acidum  buI- 
faricinatum  zu  gleichen  Theilen, 

Wesentlich  kritischer  als  die  vorgenannten  Autoren  ist  A.  Ba* 
ginsky  (Archiv  f.  Rinderheilk,  Bd,  14,  H,  1),  Derselbe  versuchte 
eine  groase  Anzahl  von  gegen  Diphtherie  empfohlenen  Mitteln,  ver- 
suchte aosserdemi  analog  den  Koch^schen  Experimenten,  subcutane 
Injectionen  von  Bacillen  extra  cten,  gelangte  jedoch  zu  dem  Resultat, 
das«  der  Ertblg  bei  allen  Methoden  der  gleiche  sei.  Stets  ergabea 
die  Fälle  seines  Hospitals  gegen  40%  und  nach  Abzug  der  bereits 
in  boffnungslosem  Zustand  Aufgenommenen  2d%  Mortalität. 


I 

1 


I 


I 


I 


Krftnkheiten  der  Nase^  des  Racbeufi  ete. 


Tracheotomie  und  Intubatio ti. 

Icbmiegelow  (Hoapitalatidende  Nr.  61)  emplieklt  O'Dwyer's 
Intubation  in  Fällen  von  acutem  Larynzö dem ^  in  Fällen  von  diph- 
tberitiscLer  Stenose,  weon  keine  Zeit  mehr  zur  Tracheotomie  ist,  in 
Fällen  von  Posticuslähmungen,  Dyspnoea  spaatica^  Fremdkörpern  und 
chronischen  Stenosen. 

Massei -Neapel  (Archivii  ital  di  lan  etc.,  Jnli)  hat  mehrfache 
Versuche  über  Intubation  bei  Erwachsenen  angestellt  Er  hat 
die  O'Dwy ©raschen  Tuben  för  diesen  Zweck  modificirt  und  ganz 
^  beachtenswertbe  ßesultate  erlangt,  besonders  war  es  oft  möglich,  die 
'  Tracheotomie  zu  umgehen.  Besonders  erfreulich  war  der  Erfolg  bei 
einem  Patienten,  der  im  Anschluss  an  eine  Larynxpolypenoperation 
einen  Abscess  des  Larynx  acquirirt  hatte,  welcher  hochgradige  Stenosen- 
erscheinungen machte.  Die  ersten  eingeführten  Tuben  brachten  so- 
fortige Erleichterung,  wurden  jedoch  wieder  ausgehustet.  Bei  der 
Einführung  einer  dickeren  Tube  trat  vollständige  Eophorie  ein.  Zu- 
gleich wurde  durch  den  Drtick  der  Tube  der  Abscess  eröffnet  und 
entleert,  and  so  der  Kranke  in  kurzer  Zeit  geheilt. 

Habs  herichtet  (Deutsche  Zeitschn  f.  Chir.  Bd.  33,  R  G),  daas 
von  572  wegen  Diphtheritis  auf  der  Hagedorn'schen  Klinik  in 
Magdeburg  in  einem  10jährigen  Zeitraum  tracheotomirten  Fällen 
206  =  44^/4%  heilten  und  316  =  55*iVjO,(^  starbetü,  Ee  wurde  fast  stets 
Tracheotomia  inferior  ausgeführt. 

Schlatter  (Correspondenzhl.  für  Schweizer  Äerzte  1892,  Nr.  5 
and  6)  berichtet  über  510  Fälle  von  Larynxdiphtherie,  darunter 
40B  Tracheotomien  mit  69  Heilungen,  .J4  Intubationen  mit  19  Todes- 
fällen.  In  10  derselben  wurde  noch  nachträglich  tracheotomirt.  Von 
dieeen  letzteren  wurde  nur  einer  am  Leben  erhalten.  Verf.  resomirt^ 
daas  die  Tracheotomie  im  AUgemeiDen  die  bessere  Methode  sei,  ohne 
ftr  geeignete  Fälle  die  Intubation  verwerfen  zu  wollen.  Letztere  ist 
für  die  Behandlung  chronischer  Stenosen  (zwei  Fälle,  beide  geheilt) 
sehr  zu  empfehlen. 

Galatti  (Allgemeine  Med.-Zeitung  Nr.  46)  empfiehlt  O'Dwyer's 
Intubation  als  Ersatz  für  die  Tracheotomie  bei  diphtheriti- 
schen  Larynxstenosen. 

Egidi  beschreibt  (Bell,  delle  malattie  del  orecchio  etc.,  Jan.j 
modificirte  O'Dw yer'sche  Tuben.  Die  neuen  Tuben  sind  kürzer, 
haben  ein  weiteres  Lumen  und  einen  hohlen  Conduotor.  Infolge 
dessen  wird  Decubitus  vermiedem,  der  Durchtritt  von  Membranen 
erleichtert  und,  da  der  Luftstrom  durch  den  Conductor  passirtj  es 

f 


588 


Michael, 


armöglicbt,  vor  HeraaBuabme  desselben  beBtimmt  za  wiesexti  ob  sich 
die  Tube  auch  an  ibrem  rechten  Platz,  am  Larynx,  beendet* 

Muralt  demonatrirt  (CorreBpondenzbl*  L  Schweizer  Aerzte  Nr.  2*2) 
modificirte  O'Dwyer'sche  IuBtrumente  ssur  Intubation,  welche 
einige  Ünsuträglicbkeitt?E   der  Originalinstrumente  vermeiden   sollen, 

Schmiegelow  (Monatsschr,  f.  Obreoheilk.  Nr.  1,  2,  3,  4  u.  5) 
beschreibt  sehr  ausftihrlich  seine  Resultate  der  Intubation,  Von 
vier  Diphtberitispatienten  starben  drei;  von  acht  chronischen  Stenosen 
wurden  drei  geheilt.  Trotz  dieser  recht  ungüQBiigen  Erfolge  empfiehlt 
Verf.  dringend  diese  Methode, 

In  der  New  York  Academy  of  Medicine  (Medical  Eecord,  5.  Nov,) 
hielt  O'Dwyer  einen  Vortrag  über  den  Ersatz  der  Tracheotomie 
durch  die  Intubation  bei  acuten  Trachealstenosen  der  Kinder, 
Er  glaub»,  dass  die  schlechten  Resultate,  die  von  manchen  Autoren 
berichtet  worden  sind,  auf  die  mangelhafte  Technik  zurückzuführen 
sind;  ebenso  treten  die  Schwierigkeiten  beim  Schlucken  nur  nach 
ungeschickter  Einführung  der  Tuben  auf.  Der  Verf.  scbliesst  mit 
der  Behauptung,  datis  die  Intubation  alle  Vortheile  der  Tracheotomie 
ohne  ihre  Nachtheile  habe.  —  Pi Icher  glaubt,  daes  den  vier  wichtigsten 
Indicationeu  bei  diphtheritischeti  Laryoxstenoeen,  der  Zufuhr  von  Luft, 
der  Reinigung  de«  erkrankten  Gebietes,  der  Autisepsis  und  der  Ernährung 
durch  die  Tracheotomie  wesentlich  besser  Genüge  geleistet  wird,  als 
durch  die  Intubation,  und  dass  letsstere  deshalb  in  keiner  Weise  mit  der 
erateren  concurriren  könne,  —  Auch  die  Statistik  von  Gay  ergab  ein 
kleines  Ueberge wicht  zu  Gunsten  der  Tracheotomie,  Trotzdem  glaubt 
dieser  Redner,  dass  in  erfabrener  Ausführung  auch  durch  die  Intuba- 
tion ganz  beachte nswerth 6  Resultate  erreicht  werden.  —  Waxham 
glaubt,  dass  die  Resultate  der  Intubation  von  der  Tracheotomie  nie- 
mals erreicht  werden  können.  Unter  421  Fällen  von  Intubation  hat 
er  34"^/3  Oi^j  Heilungen  erzielt.  —  A,  Jacobi  glaubt,  dass  man  des- 
halb oft  gezwungen  wäre,  die  Intubation  auszuführen,  weil  zu  dieser 
Operation  die  Angehörigen  leichter  ihre  Einwilligung  geben  als  zur 
Tracheotomie.  Auch  kann  bei  ersterer  Erysipel  und  Wunddiphtherie 
nicht  vorkommen,  —  Hub  er  bebt  hervor,  dass  die  erreichten  Re* 
sultate  bei  älteren  Kindern  für  beide  Methoden  ungefähr  die  gleichen 
seien,  fü^r  die  Kinder  unter  2  Jahren  erzielt  die  Intubation  zweifel- 
los die  besten  Erfolge.  —  Einige  andere  Redner  sprachen  sich  theils 
Au*  die  eine,  theilä  für  die  andere  Methode  aus,  so  dass  es  scheint, 
dass  auch  in  Amerika  die  Intubation  gegenüber  der  Tracheotomie 
mehr  und  mehr  im  Rückgang  begriffen  ist;  in  Europa  hat  sie  nie- 
mals viele  Anhänger  gehabt. 


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Michael. 


A  J 1  g"  t*  m  e  i  11  e  s. 

Hajek  berichtet  (Intemat»  kÜDp  Rundßohau  Nr*  31—52)  über 
zahlreiche  Erfahrungen  in  Nasen-,  Rachen-  und  Kehlkopf- 
krankheiten, die  er  anf  der  Schnitzler'achen  Klinik  gasaminelt, 
auf  die  jedoch  hier  nur  verwiesen  werden  kann. 

ßaamgarten  (Deutsche  med,  Wochenecbr.  Nr.  9)  beobachtete 
in  fünf  Fällen  Beziehungen  zw  lachen  Menstruation  und 
Krankheiten  der  oberen  Re  «pirations  wege,  Blutungen  aas 
dem  Larynx,  die  theÜB  für  die  fiehlende  Menstruation  vicarürteD, 
theils  dieselba  im  Klimakterium  Bubstiituirten  oder  sie  begleiteteii. 
Ueber  ähnliche  Erfahrungen  berichtet  Compaired  (Siglo  medico, 
Januar). 

Sabrazes  und  Frische  (Annales  pour  les  maladies  deForeille  et 
du  larjnx,  September)  haben  einige  sog,  S&og  er  knoten  nach  der 
Exstirpation  unteröucht  und  gefunden,  dass  dieäelben  eine  Hyper- 
trophie des  Epithels  darstellen.  Dieselbe  betrifft  bald  die  verBcbie* 
denen  Zellachichten  oder  bezieht  sich  besonders  auf  eine  derselben 
und  ist  entweder  von  einer  üb ermäa eigen  Yerhornung  oder  von  einer 
iihermäsBigon  Vermehrung  der  polyedrischen  Zellen  begleitet.  Am 
öftesten  betheiligen  sich  Epithel  und  Ohorion  an  der  Verdickung. 

Rice  (New  York  med.  Journ,,  9.  April)  wendet  die  Aufmerk- 
samkeit atif  eine  Hypertrophie  derEpiglottis,  welche  bisweilen 
beunruhigende  Symptome  macht.  Dieser  Zustand  kommt  mit  und 
ohne  begleitende  Entzündungen  des  übrigen  Kehlkopfes ,  mit  und 
ohne  begleitende  Anschwellung  der  Tonsilla  lingnaliB  vor.  Die  Epi- 
glottis  berüliri  dann  die  Seitenwände  des  Pharjnjc  oder  den  Zungen- 
grund und  macht  dadurch  Beschwerden*  Aehnlicbe  Symptom©  ruft 
ein  ungewöhnlicher  Ht^cbstand  resp.  Tiefstand  des  Knorpels  hervor. 
Die  EpiglottiBschleimhaut  ist  dann  auch  häufig  gereizt  Die  Behand- 
lung kann  nur  eine  rein  symptomatische  sein* 

In  der  British  medical  Association  fand  in  den  Sitzungen  der  laryn- 
gologischen  Section  vom  26. — 29,  Jnli  1892  eine  interessante  Dia- 
oussion  über  die  Behandlung  der  S  ing stimmen  und  über  deren 
Krankheitszustande  statt.  Es  ist  dies  ein  Themas  welches^  obgleich 
dasselbe  eigentlich  der  Gegenstand  der  Laryngologie  xccr  i^ox^jV 
sein  sollte,  von  den  deutschen  Laryngologen  relativ  wenig  behandelt 
wird.  Sandford  besprach  die  Notb wendigkeit  einer  systematischen 
Erziehung  der  Stimme  in  den  Schulen  und  glaubt,  dass  der  Mangel 


Krankheiten  der  Nöse,  des  Rachenfl  eic. 


591 


einer  solchen  an  den  so  vielfachen  Beachwerden  der  Sänger  und 
Redner  Schuld  trage.  EbeMso  wie  auf  eine  schöne  Schrift  Werth 
gelegt  wird,  sollten  die  Lehrer  auch  f£lr  eine  schöne  deutliche 
und  laute  Sprache  Sorge  tragen,  für  die  richtige  Verwerthung  des 
Athmens  beim  Sprechen.  In  erster  Linie  ist  auf  normales  Athmen 
durch  die  Nase  zu  achten ,  und  wo  dieses  uumöglich  wegen  Ver- 
stopfung, sind  die  Polypen,  SchwelluDgeD  und  Vegetationen  zu  ent- 
fernen, andere  katarrhalische  Erkrankungen  der  Athmuogsorgaoe  zu 
behandeln,  vor  allen  Dingen  aber  ist  von  Seiten  des  Lehrers  einem 
richtigen  Gebrauch  der  Sprachorgane  bei  seinen  Schülern  die  volle 
Aufmerksamkeit  zu  schenken,  Lennox  Browne  bespricht  die- 
jenigen fehlerhaften  Gewohnheiten  im  Gebrauch  der  Singstimme^ 
welche  Krankheiten  der  Athmungsorgane  veranlassen  können.  In 
erster  Linie  kann  ein  zu  rasches  und  ein  zu  häuEges  Athembolen 
nachtheilig  sein.  Die  Stärke  der  Exspiration  soll  der  Stärke  der  zu 
prodacirenden  Töne  proportional  sein.  Die  Nichtbeachtung  dieser 
Vorschrift  gibt  der  Stimme  leicht  etwas  Krampfhaftes,  verursacht 
Tremolo  und  bewirkt  oft  einen  fehlerhaften  Registerübergang. 
Gaumen  und  Zunge  müssen  gymnastisch  trainirt  werden.  Für  den 
häufigen  frühzeitigen  Verlust  der  Singstimme,  welcher  allerdings 
meist  nicht  vollständig  ist,  sondern  sich  auf  ein  Register  zu  be- 
schränken pflegt f  dessen  Leitmuskel  (Michael)  überzerrt  oder 
paretisch  ist,  macht  Hunt  folgende  Fehler  verantwortlich:  ver- 
kehrte Methode  des  Athmens,  verkehrten  Gebrauch  der  Register, 
Ueberanstrengung  der  Stimme  und  Singen  während  eines  Katarrha. 
Die  Behandlung  besteht  in  absoluter  Rübe  und  später  in  einer  vor- 
sichtigen und  richtigen  Leitung  der  Gesangsilbungen  durch  einen 
erfahrenen  Lehrer.  Es  ist  jedoch  um  so  wichtiger,  die  genannten 
Schädlichkeiten  zu  vermeiden,  als  erfahrungsgemäss,  wenn  die  Stimme 
einmal  verloren  ist,  eine  vollständige  Restitution  nur  höchst  selten 
erreicht  wird* 

Im  Gegensatz  zu  der  allgemeinen  Anschauung,  dass  Gesang  Hir 
die  Gesundheit  wohlthätig  sei  und  eine  schwächliche  Brust  starke, 
hat  English  (New  York  med.  Reoord,  5.  März)  beobachtet,  dass  des 
Singen  für  zarte  Personen  bedenklich  seL  Durch  das  noth- 
wendige  tiefe  Athmen  wird  der  Thorax  fassförmig  ausgedehnt  und 
rigider.  So  entsteht  Emphysem  und  Kürzathmigkeit.  Secundär  ent- 
steht dann  verstärkte  Herzaotion  und  Hypertrophia  cordis.  Gegen 
50  ^f,  aller  Berufssänger  sollen  an  LungenafTectionen  zu  Grunde 
gehen. 


592 


MichaeL 


Ragonneaii  (Jouroal  of  lar.,  April)  hat  io  neun  Fällen  Hj^er- 
ämie  des  Kehlkopfes  und  chronischen  Katarrh  infolge  über- 
mässigen Fabrena  mit  Velociped  beobachtet.  Hauptsächlich 
beschuldigt  Verf*  einen  un zweckmässigen  Sitz  niit  weit  nach  vor-  _ 
wärtß  gebeugtem  Oberkörper,  durch  welchen  bei  schwächlichen  Per-  I 
sonen  nicht  nur  die  genannten  Schädlichkeiten^  sondern  viel  ernstere 
Zustände  als  Lungen  hämo  rrbagian  und  Emphysem  herbeigeführt 
werden  können.  Die  Behandlung  besteht  in  der  Yermeidung  der 
genat^nten  ScbädlichkeiteB. 


Ell  tz  Uli  düngen, 

Bryan  (Medical  News,  B.  Februar)  berichtet  einen  Fall  von 
Olottisödem  mit  eigen thiimlicli  er  Äetiologie.  Dem  strictur- 
kranken  Patienten  wurde  dnrch  den  Katheter  ein  falscher  Weg  ge- 
macht und  zugleich  eine  Pyämie  vernraacht^  die  sich  durch  Schüttel- 
frost, Pleuritis,  Leberabßce^s  und  acutes  Glottiaödem  markirte*  Das 
Glottisödem  selbst  wurde  durch  Scarificationen  beseitigt.  Patient 
ging  jedoch  einige  Tage  später  an  Fyämie  zu  Grunde* 

Banmgarten  (Wiener  med.  Wooheoachr.  Nn  7)  theilt  mehrere 
ätiologisch  interessante  Fälle  von  Larynxperichondritis  mit 
Dieselbe  entstand  in  einem  Falle  durch  Verletzung  durch  einen 
hinuntergeschluckten  Knochen  und  itndete  in  Heilung  nach  Ent- 
leerung eines  Abecesses  und  Exfoliation  der  linken  Arytaena,  in 
einem  zweiten  und  dritten  Fall  folgte  einer  Erkältung  eine  ideo- 
pathische  Perichondritis  mit  Abscessbildung  und  Knorpelexfoliation. 
Beide  Fälle  heilten:  in  beiden  konnte  Syphilis,  Tobercnlose  und 
Krebs  ausgeschlossen  werden. 

Grunwald  (BerL  klin.  Wocbenschr;  Nr,  20)  constmirte  aus 
folgendem  Symptomen complex,  den  er  in  Itinf  Fällen  beobachtet«: 
Unbequemlichkeit  beim  Schlucken  in  der  Gegend  der  Mandeln  und 
des  Zungenbeins,  vermehrt  durch  Druck  auf  das  Cricoarygelenk  und 
durch  Eückwärtsneigung  des  Kopfes,  Crepitation  der  empfindlichen 
Stolle,  Schmerzgefühl  beim  Druck  auf  die  seitlichen  Partien  des 
Kopfes  und  beim  Drehen  des  Halses,  Hyperästhesie  bei  Berijüirung 
des  Gelenks  mit  der  Sonde  —  eine  neue  Krankheit:  die  primäre 
Entzündung  der  Articulatio  cricoary taenoidea. 

Lues,  Phlhi^iP,  Pachydermie. 

Michelsohn  (Berl,  klin.  Wochenschn  Nr.  7)  fand  in  3  von  17 
(Krieg  in  2  von  IS)   Fällen   von  Pachydermia    laryngis    eine 


\ 


* 


Krankheiten  der  N&se^  des  Racliena  etc. 


51^3 


legJeitende  Kehlkopf-  und  Lungentuberculoae.  Pachydermie 
fand  er  bei  der  Section  auch  in  der  Umgebung  tuberculöser  Ge- 
Ächwüre  und  nimmt  an,  dass  die  reine  Pachydermie  und  die  tuber- 
calöse  Verdickung  oft  sehr  grosse  Aeiinlichkeit  haben,  —  Ueber 
24  Fälle  von  Pachydermie,  von  denen  3  mit  Taberculose  combinirt 
waren^  berichtet  Kausch  (Münch.  med,  Wochenschr.  Nr,  29  u.  30). 

Stein  (Dtsch,Med.-Ztg,  Nr,  46 — 48)  berichtet  ausführlich  über  die 
Litteratur  der  Tracheotomie  bei  Laryngealphthisis  und  be- 
richtet über  einige  Fälle,  in  denen  er  dieselbe  mit  gutem  Erfolge 
ausgeführt.  Er  schlieast  sich  nach  seinen  Erfahrungen  der  Meinung 
an,  dass  die  Tracheotomie  bei  der  Phthiae  eine  direct  curative  Wir- 
kung habe  und  deshalb  nicht  nur  auf  die  Fälle  mit  hochgradigen 
Stenosen  zu  beschränken  sei* 

Ramon  de  la  Sota  y  La stra- Barcelona  {Archivos  internatio- 
nales de  rinologia  Jan,-Febr,)  bespricht  im  Anschiuss  an  einen  von 
ihm  beobachteten  Fall  die  Complication  von  Syphilis  und 
Taberculose  im  Larynx,  Die  Zerstörungen  sind  bei  derselben 
hochgradiger  als  bei  dem  Vorkommen  einer  der  beiden  Krankheiten, 
Gesichert  wird  die  Diagnose  durch  das  schnelle  Heilen  eines  Theila 
der  Ulcerationen  durch  antisyphilttiache  Behandlung,  während  der 
andere  auf  Taberculose  beruhende  Theil  in  delefcärer  Weise  Fort- 
ritte macht.  Die  Berücksichtigung  der  Möglichkeit  einer  solchen 
'Complication,  die  besonders  bei  begleitender  Ltingenaffection  ins 
Auge  zu  fassen  ist^  ist  wegen  der  Prognose  von  grosser  Wichtigkeit. 

Neubildungen, 

Mas  sei  (Ai^^^^^i^ü  itahani  di  lar. ,  April)  beschreibt  einen  der 
seltenen  Fälle  von  Membranbildung  unterhalb  der  Glottis» 
welche  eine  chronische  hochgradige  Stenose  veranlasste.  Die  Ent- 
stehung derartiger  Membranen  ist  noch  nicht  ganz  aufgeklärt;  die 
Behandlung  ist  eine  laryngochir argische. 

White  (Journal  of  lar, ,  Oct.)  berichtet  über  einen  Fall  von 
Papillomen  des  Larynx^  welcher  nach  der  Tracheotomie 
spontan  heilte.  Vor  mehreren  Jahren  wurden  dem  Knaben  mehrfach 
Papillome  per  vias  naturales  entfernt;  es  trat  hochgradige  Dyspnoe 
auf,  and  die  Tracheotomie  musste  ausgeführt  werden.  Da  alle  ferneren 
Versuchci  die  Geschwülste  zu  entfernen,  nur  ein  beschleunigtes  Wachs- 
thum  derselben  zur  Folge  hatten,  so  wurden  sie  nicht  weiter  operirt. 
Jetzt  sind  sie  spontan  vollständig  verschwunden.  Der  Knabe  athmet 
iflhrbiidi  d,  pracL  MediciD,    1899,  38 


594 


Michael. 


gut  ofid  hat  eine  laute  reinö  Stimme.  Fünf  Jahre  lang  hat  er  die 
Canüle  getragen.  Es  ist  dies  der  sechste  publicirte  Fall  von  spon- 
tanem Verschwinden  von  Papillomeu. 

Lang  (Langenbeck''s  Archiv  Bd,  44)  berichtet  über  die  Laryn  go- 
tomien  auf  Eocher's  Klinik  in  Bern,  In  zwei  Fällen  war  es 
möglich,  sich  auf  eine  Excision  des  Erkrankten  zu  beschränkeu.  la 
einem  derselben  musste  später  wegen  Recidiv  die  halbseitige  Exstir- 
pation  gemacht  werden,  in  einem  zweiten  ist  bis  jetzt  (14  Monate 
ßpäter)  eio  Recidiv  nicht  eingetreten.  Partielle  Exstirpationen  wurden 
5mal  (2  wegen  Lupus^  2  wegen  Carcinom,  1  wegen  Sarkom)  vorge- 
nommen. Sechs  Totalexstii-pationen  wegen  Carcinom  waren  sämmt- 
lieh  erfolglos. 

8  oh  einmann  beobachtete  bei  einem  66jährigen  Patienten  ein 
Sarkom  unterhalb  der  Glottis  (Berl.  klin»  Wochenschr.  Nr.  21)» 
Die  Neubildung  hatte  nur  Heiserkeit  verursacht*  Bei  der  Operation 
bewährte  sich  ein  vom  Verf,  für  subglottische  Tumoren  constrnirtes 
Instnimentj  mit  dem  es  gelang,  den  Tumor  vollständig  zu  entfernen. 
Nach  1  ^2  Jö-bren  %var  noch  kein  Becidiv  eingetreten.  Die  Diagnose 
war  von  Waldeyer  bestätigt  worden* 

J.  Solle  Cohen -Philadelphia  (Journal  of  laryngology  Nr.  7) 
stellte  einen  Patienten  vor^  dem  einige  Wochen  vorher  der  Kehl* 
köpf  wegen  maligner  Geschwulst  exstirpirt  worden  war. 
19  Jahre  früher  war  ehr  Patient  längere  Zeit  wegen  Papillome  des 
LaryDx  specialistisch  behandelt  worden^  war  nach  3jähnger  wieder- 
holter Geschwulstexstirpation  10  Jahre  lang  gesund  geblieben.  Dann 
kehrten  die  früheren  Beschwerden  zurück;  dazu  gesellten  sich 
Schmerzen  und  Dyspnoe.  Die  mikroskopische  Untersuchung  ergab 
jetzt  Sarkom.  Die  Thyreotomie  wurde  ausgeführt;  nachdem  diese 
sich  jedoch  als  unzureichend  erwiesen,  der  Larynx  in  toto  exstirpirt. 
Eine  nachträgliche  mikroskopische  Untersuchung  zeigte,  dass  es  sich 
nicht  um  Sarkom  ^  gondern  um  Carcinom  handelte.  Patient  ist  ge- 
heilt. Das  Hauptinteresse  des  Falles  liegt  in  der  Frage^ 
ob  sich  hier  das  Papillom  in  eine  maligne  Geschwulst  um- 
gewandelt habe.  Verfasser  glaubt  dies  entschieden  verneinen  za 
können,  da  sich  die  zweite  maligne  Geschwulst  erst  so  viele  Jahre 
nach  Ablauf  der  ersten  benignen  gebildet  habe. 

Kaien  kämpf  und  Nolten  ins -Bremen  berichten  über  folgen- 
den höobet  interessanten  Fall   von   Larynxcarcinom  (Berl.  klin. 


^ 


I 


I 

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I 


Wociienschr,  1892,  Kr.  35).  Bei  eioem  53jährigen  seit  längerer  Zeit 
heiseren  Patienten  fand  man  das  rechte  Btimmband  geröthet  und  ver- 
dickt. In  dessen  Mitte  befand  sich  eine  kleine  Prominenz,  Eine  Schwer- 
beweglicbkeit  der  kranken  Seite  war  nicht  zu  constatiren.  Ale  sich 
zu  diesem  Befand  nach  einigen  Monaten  noch  Kopfi^chmers  und 
Nackenschmerz  gesellte,  wurde  der  Verdacht  auf  Oarcinoro  rege. 
Die  Prominenz  wurde  jetzt  galvanocaustisch  zerstört.  Als  nach 
einigen  Monaten  das  kranke  Stimmband  weiter  vergrössert  und  voll- 
ständig unbeweglich  war,  ward  die  CarciEomdiagnose  klinisch  ziem- 
lich eicher;  doch  ergab  die  mikroskopische  Unterguchung  etnefi  mit 
der  Curette  entfernten  Stücks  (Prof.  Helle r)  nur  verdicktes  Epithel 
ohne  jede  charaktenstische  Beimengung^  während  in  einem  anden  ii 
Stück  (Prof.  Krause)  Epithelne&ter  gefiinden  wurden.  Die  Dramen 
waren  nicht  vergrössert  Jetzt  wurde  von  K  ölen  kämpf  die  rT- 
krankte  Larynxhälfte  exstirpirt.  Big  jetzt  flO  Monate  poat  opera* 
tionem)  kein  Recidiv, 

Nearoaen, 

Fauvel  (Annales  pour  les  maladies  des  oreillea  Nr.  8)  hat  aeit 
vielen  J  abren  bei  bereits  über  oO  F&llen  von  8 1  i  m  m  b  a  n  d  1  ä  h  m  u  n  g 
einen  eigenthumlichen  aber  sehr  ausgesprochenen  Go« 
räch  nach  Knoblauch  bemerkt.  Eine  genaue  ünieriuchuDg  ergab 
ihm,  daßs  der  Ursprung  dieses  Fötor  weder  in  den  Lungen  noch  im 
Mundei  noch  im  Magen  gefunden  werden  konnte,  Auch  diu  Untiir* 
flachung  des  Unns  auf  Zucker  ergab  in  den  betreffenden  FiLlvn  «tefM 
ein  negatives  Resultat.  Verf.  hält  diesen  Geruch  güradoÄii  fllr  patiiii- 
gnostisch,  um  so  mehr  als  derselbe  mit  der  Heilung  dnr  Hrimtnbaufl- 
läbmung  auch  wieder  verschwand.  Verf.  glaubt,  dais  üurdi  dio 
mangelnde  Bewegung  des  Stimmbandes  Secrete  im  Larynx  btüibon, 
durch  deren  Zersetzung  der  Geruch  erzeugt  wtnK  Inhalutioriun  von 
Aqua  LaurocerasT  und  Oarbolsäure  haben  sich  als  braucbbaros  Pallia- 
tivum  erwiesen.  Poyet  bestätigte  au*)  seiner  Erfahrung  FauveTs 
Angaben. 

Hendrik  Burger  (Volkmann'^  Vorträge  N,  F.  Nr.  57}  bringt 
eine  Zusammenstellung  der  Litteratur  über  Postiouwlähmufig  und 
sucht  durch  dieselbe  zu  beweisen,  dass  die  Bern on^tichn  Amiohauuun 
die  richtige  sei.  Da  es  jedoch  einerseits  zweifellos  ausKor  dctr  gri^Hrttirnii 
Anzahl  von  Fällen,  in  denen  der  eigen thümliche  Symptomüricomplnx 
durch  eine  Lähmung  der  Postici  hervorgebracht  ist^  auch  eine  k)oiii«re 
zuerst  vom  Ref.  unter  dem  Namen  Dy spnooa  spantica  befl oh ri ebene 
Zahl  gibt,  in  denen  zweifellos  eine  Contractur  der  Stimmbatid«ühii««H«^r 


596 


Uichael. 


die  Jaxtapofiition  der  Stimmbänder  verursachtj  da  aber  andererseits 
die  Autoren  diese  schon  a  priori  so  wakrecheinliche  TbatsacLe  un- 
begreiflicherweiae  nicht  anerkenBen  wollen,  sondern  beide  Parteien 
hartnäckig  alle  Falle  nach  einer  Theorie  erklären  zu  müssen  glauben, 
so  wird  auch  die  Streitfrage  Bemon-Krause  bis  auf  Weiteres  un- 
geschlicbtet  bleiben. 

Benno  Holz  (BerL  klin.  Wochenschn  Nr,  33)  beobachtete  an 
einem  Patienten,  der  an  Railway-spioe  litt  und  kurze  Zeit  nach  dem 
Unfall  heiser  ge^-orden  war,  neben  einer  schon  früher  bestandenen 
Pacbydermie  während  der  Respiration  eine  bogenförmige  Exca- 
vation  der  freien  Stimmbandränder  und  zitternde  Be- 
wegung der  Aryknorpel,  während  der  Phonation  dieselbe  bogen- 
förmige Excavation ,  bei  einem  anderen  Patienten  mit  traumatischer 
Neurose  eine  Parese  der  Postici  und  Ätonia  glottidis.  Diese  Sym- 
ptome sind  für  die  Beurtheilung  solcher  Fälle  deshalb  von  grosser 
Wichtigkeit,  weil  sie  nicht  slmulirt  werden  können. 

Pflüg  er  (Württembergiscbes  Correspondenzbl,  Nr,  31)  berichtet 
über  einen  höchst  seltenen  Fremdkörper  in  der  Trachea.  Ein 
Sjähriger  Knabe  war  plötzlich  an  schwerer  Diphtherie  erkrankt  und 
seit  mehreren  Stunden  comatös.  Tracheotomie.  Nach  Eröffnung  der 
Luftröhre  Fortbestehen  der  Stenose.  Ein  in  die  Trachea  eingeführter 
Katheter  war  sogleich  verstopft.  Als  er  herausgezogen  wurde,  fand 
Verf.  im  Auge  des  Katheters  eine  todte  Fliege.  Durch  Aspiration 
konnten  dann  noch  einige  todte  Fliegen  aus  der  Trachea  entfernt 
werden.  Dann  war  die  Athmung  frei.  Verf.  glaubt^  dass  infolge  des 
tiefen  Coma  die  Hustenreaction  fehlte,  und  die  Fliegen  in  die 
Trachea  hineinkriechen  konnten. 

Pott  (Jahrbuch  f.  Kinderheilk.  Bd.  34,  H.  1)  hat  18  Fälle,  in 
denen  plötzlicher  Tod  in  einem  Anfall  von  Laryngismus 
stridulus  eingetreten  war,  secirt  In  dreien  derselben  (von  vieren, 
die  in  seiner  Gegenwart  zu  Grunde  gegangen  waren)  fand  er  einen 
abnorm  grossen  Thymus.  Er  glaubt,  dass  nicht  die  Compressiou  der 
Trachea,  sondern  die  der  grossen  Geßisse,  speciell  der  Pulmonal* 
arterie  und  die  dadurch  bedingte  OirculationsstörtiBg  das  plötzliche 
Ende  herbeiführen. 

Fremdkörper  in  der  Trachea, 

Als  abschreckendes  Beispiel  nnzweckmässiger  Be- 
handluDg   möge  hier  die    folgende   von   Sutherland    (Lancet, 


KraEkbeitfn  der  Nase^  des  Raclieiifl  etc. 


597 


2S.  Januar)  beschriebene  Fall  Fiat«  Hnden;  Ein  ITjähriger  Patient 
war  durch  ein  Holzstück  am  Halse  verletzt  worden.  Am  Halse  war 
ausser  einer  kleinen  Hautwunde  nichts  zu  bemerkeu.  ludessen  stellte 
flieli  trotzdem  bald  eine  sich  steigernde  Dyspuoe  ein^  die  schliesslich 
die  Tracheotomia  nöthig  machte.  Diese  brachte  kein  vollständfges 
Verschwinden  der  Athemnoth.  Nach  einigen  Wochen  wurde  die 
Canüle  entfernt  und  Patient  mit  Intubation  behandelt.  Gelegectlich 
eines  Hustenstosses  wurde  eine  Tube  inspirirt.  Wieder  einige  Monate 
später  wurde  der  noch  immer  selir  dyspnoische  Patient  untersucht 
und  (zum  ersten  Mal!)  laryngoskopirt:  Die  Stimmbänder  waren  ein- 
ander stark  genähert  und  entfernten  sich  bei  der  Inspiration  nicht 
von  einander,  Links  auf  der  Brust  war  Bronchialathmen,  und  da- 
aeben  f&hlte  man  die  Bewegungen  eines  fremden  Korperp,  daneben 
metallische  Rasselgeräusche  and  Pectoriloquie,  Jetzt  wurden  von 
einem  ChiiurgenT  Lack,  drei  Bippen  resecirt,  und  einige  Tage 
später,  nachdem  die  Probepuuctian  die  Anwesenheit  von  Eiter  er- 
geben hatte»  die  Pleura  pulmonalis  incidirt  und  ein  Lungenabscess 
eröffnet,  in  welchem  jedoch  trotz  eifrigen  Suchens  ein  Fremdkörper 
nicht  gefunden  wurdtj.  Die  Höhle  wurde  austamponirt,  und  ein  Drain 
eingelegt.  Einige  Wochen  später  ging  Patient  an  einer  starken 
Blutung  aus  der  Höhlen  wunde  zu  Grunde.  Man  fand  eine  aus- 
gesprochene Stenose  (marked  stenoeis)  der  Glottia  mit  Congestioo, 
lÄDgs  der  Trachea  aber  keine  Anzeichen  von  Verletzung  oder  Abscess. 
Links  überall  pleuritische  Adhäsionen.  Von  der  Operationswunde 
kam  man  in  einen  Abscess  mit  zerklüfteten  HäDdern,  in  den  hinein 
mehrere  Bronchien  mündeten.  Von  hier  aus  gelangte  man  auch  an 
den  Fremd körper,  eine  O'Dwyer'scLe  Tube,  welche  bei  Eröffnung 
des  linken  Hauptbronchus  in  diesem  gefunden  wurde,  die  umliegen- 
den Bronchien  waren  dilatjrt.  Eine  Quelle  der  Blutung  wurde  nicht 
gefunden,  —  Wohl  selten  ist  ein  Fall  publicirt  worden,  der  so 
schlecht  behandelt  worden  ist  wie  der  vorliegende.  Zuerst  hat  man 
den  armen  Kranken  wochenlang  nicht  ordentlich  untersucht  und  sich 
mit  seiner  Dyspnoe  quälen  lassen^  bis  die  Tracheotomie  ganz  dringend 
geworden  war.  Dann  bat  man  abermalS|  ohne  jede  laryngoskopiscbe 
Untersuchung,  ihm  die  Canüle  fortgenommen  und  durch  die  für  diesen 
Fall  absolut  unzweckmässige  Tubage  ersetzt,  während,  wenn  schon 
eine  Dilatation,  für  die  übrigens  gar  kein  Grund  vorlag,  vorgenommen 
werden  sollte,  bei  vorhandenen  Tracheal wunden  Schrötter^s  Zinn- 
bougies,  die  an  der  Canüle  befestigt  werden  konnten,  viel  ungefähr- 
licher gewesen  wären.  Als  die  Tube  inspirirt  war,  hat  man  den 
Patienten  abermals  wochenlang  mit  Dyspnoe  herumgehen  lassen,  ohne 


598 


Michael. 


den  Vörattch  zu  macheD^  ihn  von  dem  Fremdkörper  zu  befreien.  Als 
man  sich  endlich  dazu  entschloss,  machte  man  statt  der  Tracheotomie, 
durch  welche  allein  es  mögüch  gewesen  wäre,  einen  so  grossen  Fremd- 
körper, der  ja  in  einem  Hauptbronchua  stecken  bleiben  musate,  zu  ent- 
ferneQ  eineRippenresection  und  traebeotomirte  selbst  dann  nook  nicht,  ala 
das  zu  erwartende  negative  Resultat  derselben  dazu  aufforderte,  unver- 
ständlich und  unverstanden  ist  Bchliessllch  der  Sectionabeftind,  soweit 
er  den  Larynx  a  übe  trifft.  Eine  nervosa  Stenose  kaun  man  an  der 
Lunge  nicht  sehen  (woriu  also  die  marked  Stenosis  bestanden,  erfHhrt 
man  nicht).  Unbegründet  ist  die  Annahme  einer  Läsion  des  Vagus 
(ea  hätten  ja  auch  schon  beide  sein  müssen)  durch  das  erste  Trauma, 
und  nahm  man  eine  solche  an,  so  hätte  es  sieb  wohl  verlohnt,  den 
Nerven  daraufhin  mikroskopisch  zu  untersuchen.  Der  Sectionsbefund 
liefert  nur  das  eine  Roäultat,  dass  Patient  nicht  infolge  des  Trauma, 
sondern  infolge  der  Behandlung  zu  Grunde  gegangen  ist. 


Seliilddrüse. 


Oanizzaro  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nn  d)  konnte  bei 
Hunden,  denen  die  Schilddrüse  exstirpirt  war,  durch  Injection  von 
Blut  gesunder  Hunde  die  Erscheinungen  der  Cachexia  strumi- 
priva  vermeiden.  Controllversuclie  mit  dem  Blut  solcher  Hunde, 
denen  ebenfalls  die  Drüse  exstirpirt  war^  hatten  diesen  Erfolg  nicht, 

Eisolsberg  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  5J  excitirpirte 
jungen  Katzen  die  Seliilddrüse  und  implan tirte  dieselbe  in  die  Bauch- 
höhle. Die  Thiere  überlebten  den  Eingriff  und  bekamen  keinerlei 
Erscheinungen  von  Cachexia  st  rnmi  priva.  Einen  Monat 
später  entfernte  er  die  Drüse  von  ihrem  neuen  Platz.  Er  fand  die- 
selbe von  normaler  Beschaffenheit  und  von  neuen  Gefässen  durch- 
bogen und  ernährt.  Wenige  Tage  später  erkrankten  die  Thiere  an 
tetanischen  Erscheinungen.  Verf  glaubt,  dass  die  Drüse  an  ihrem 
neuen  Platz  ihre  Functionen  in  normaler  Weise  erfüllt  habe,  und 
schlägt  vor,  auch  bei  Menschen  mit  Erscheinungen  von  Cachexia 
fltrumipriva  oder,  wo  solche  infolge  eiiiür  vorgenommenen  Total- 
exstirpation  der  Schilddrüse  drohen,  Schilddrüsengewebe  ersatzwei 
in  die  Bauchhöhle  zu  implantiren« 

Lemke  macht  weitere  Mittheilungen  über  seine  Versuch 
durch  Exstirpation  der  vergröBserten  Schilddrüse 
den  Morbus  Basedowii  zu  heilen  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr,  11),  Die  zwei  früher  mitgetheilten  Heilungen  haben  sich  er- 
halten.   Auch  in  drei  neuerdings  in  gleicher  Weise  operirten  Fällen 


* 


Krankheiten  der  Kase^  des  RAchenF  etc. 


599 


verschwand  durch  Exstlrpation  der  Schilddrüse  der  Exophthalmus. 
Eiöer  dieser  drei  Fälle  ging  jedoch  später  an  Bronchitis  zu  Grunde. 
Ebenso  berichtet  Stirlin  (BruDs'  Beiträge  zur  klin.  Chirurgie 
Bd.  8)  über  29  Fälle  von  Basodow*scher  Krankheit,  die  mit  Exstir- 
pation  der  Struma  behandelt  wurden»  In  22  derselben  war  nachher 
deutliche  Besserung  zu  constatiren. 

H  0  r  8  1  e  y  (Brit»  med,  Joum,,  30.  Jan*  und  6.  Febn)  berichtet 
eingebend  über  seine  Studien  betreffs  der  Function  der  Schild- 
drüse. Er  widerlegt  die  früheren  Anschauungen,  dass  die  Drüse  ein 
Blutreservoir  fürdieGehirncirculation  vorstelle^iind  dass  die  Symptome, 
welche  durch  Exatirpation  der  Drüse  hervorgebracht  werden,  our  die 
Folge  unvermeidlicher  Nervenverletzungen  seien.  Es  werden  näm- 
lich gar  keine  Nerven  dabei  verletzt.  Durch  die  Exstirpation  wird 
vielmehr  die  cbemisch©  Beschaffenheit  des  Blutes  verändert,  auch 
die  Zahl  der  Blutkörperchen  vermiadert.  Dasselbe  hat  auch  einen 
vermehrteo  Gehalt  an  Mucin  und  wird  nicht  vollständig  oxydirt. 
Besonders  berücksichtigt  wird  auch  der  Einfluss  der  Drüse  auf  die 
weiblichen  Geschlechtsdrüaen,  weil  bei  Frauen  das  Myxödem  häufiger 
ist  als  bei  Männern.  Die  Drüse  zerstört  Zersetzungsproducte  des 
Blutes,  welche  durch  ihre  weitere  Anwesenheit  dem  Organismus 
Schaden  bringen.  Die  Drüse,  oder  vielmehr  deren  Epithel  producirt 
ein  collöides  Secret,  welches  durch  die  Ljmphgefiässe  ins  Blut  gelangt 
Sie  entwickelt  ihre  bedeuteudste  Thatigkeit  während  des  Intrauterin- 
lebens  und  in  erster  Jugend,  Daher  sind  auch  die  Erscheinungen 
der  Cachexia  strumipriva  um  so  bedeutender,  in  je  früherem  Lebens- 
alter die  Exstirpation  vorgenommen  wird,  Verf.  geht  dann  auf  die 
Beziehungen  zwischen  Schilddrüse  und  Hypophyais  ein  und  constatirt 
die  Thatsache,  dass  sowohl  diese  als  die  Beste  der  Schilddrüse  oder 
acceasorische  Drüsen  nach  der  Exstirpation  bypertrophiren  und  so 
den  schädlichen  Einfiuss  der  Exstirpation  paralysiren.  Die  schäd- 
lichen Folgen  der  Exstirpatio33  treten  bei  Fleischfressern  wesentlich 
atärker  auf  als  bei  Päanzenireesern.  Die  strumipriven  Symptome 
sind  erstens  nervöse,  als  Tetanie  und  motorische  Paralysen,  zweitens 
Myxödem  und  drittens  Cretinismus.  Niedrige  Aussen temperatur 
verschlimmert  sämmtliche  Symptome. 


Krowczynsky  (Medycyna  Kr.  d)  beschreibt  einen  Fall  von 
My^cÖdem,  welches  durch  eine  intercurrirende 
Blatternerkrankung  dauernd  wesentlich  gebessert 
wurde. 


GÜ(J 


Michaei. 


Schönemann  (Vircbow's  Archiv  Bd»  129)  beachtete  in 
112  Sectionen  das  V  erhält  niss  zwischen  Ejpophysis  und 
T  h  y  r  e  o  i  d  e  a.  In  27  Fällen»  in  denen  die  Schilddrüse  normal  war, 
fand  er  aach  an  der  Hypophysis  keinerlei  Anomalien,  In  allen  Fällen, 
in  welchen  die  Schilddrüse  erkrankt  war  (mit  einer  Ausnahme) >  war 
aach  die  Hypophysis  pathologisch  verändert,  und  zwar  war  dieselbe 
vergrössen  und  zeigte  einen  vermehrten  Beiehfchum  an  Bindegewebe* 
Ebenso  war  in  einem  Falle  von  Cachexia  strumrpriva  mit  Oretinis- 
mus  die  Hypophysis  vergrössert  und  degenerirtp 

Eiseleberg  (Internat,  klin.  Rundschau  Nr.  44)  entfernte  einigen 
Schafen  die  Schilddrüse  in  früheater  Jugend.  Die  Thiere  blieben 
kleiner  als  normal^  der  Kopf  war  mii^sbildef,  der  Leib  aufgetrieben  ^ 
die  Testikel  atrophisch.  Der  ganze  Habitus  erinnerte  an  mensc 
liehe  Cretins. 

Hoffmeister  (Fortschr.  d.  Med,  Nr.  3)  fand,  dass  bei  Kanin- 
chen, denen  die  Schilddrüse  exstirpirt  war,  die  Hypophysis  das 
Doppelte  des  normalen  Gewichts  hatte, 

Warren  {Internat.  Journ.  of  naedical  scienceSj  Oct.)  entfernte 
einen  hühnereigrossen  Knoten  aus  der  Zunge,  welcher  der  52jährigen 
Patientin  seit  30  Jahren,  seit  ihrem  ersten  Wochenbett^  allmählich  sich 
Steigernde  Beschwerden  bereitet  hatte.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung ergabt  dass  es  eine  accessorische  Schilddrüse  war. 
(Ein  ähnlicher  Fall  wurde  vor  2  Jahren  von  Rudolf  Wolf  in 
Hamburg  operirt.     Ref.) 


Neue  Bücher. 

Botey,  Estudios  clinicos  sobre  laringolcgia,  otologia  y  rinologia  su 

practica  y  essenanza  en  Europa.    (Bisher  erschienen  zwei  Hefte, 

1)  Frankreich,  2)  Oesterreich).     Madrid. 
Botey,    Diagnostico  y   tratamiento   de   las   vegetaciones   adenoides. 

Barcelona, 
Crrünwaldp  Nasen eiterungen,     MünoheUj  Lehmann, 
Halbeis,  Adenoide  Vegetationen  des  Nasenrachenranmes.  München, 

Lehmann, 
Jaraaz,  Krankheiten  der  Luftwege.   8,  Theil    Heidelberg,  Winter. 
Kaferoann,  Beitrag  zur  Diagnose  und  Therapie  der  Kieferhöhlen- 

eitern  [lg,     Danzig,  Kafemann. 
Krieg,  Atlas  der  Kehlkopf krankheiten.    Stuttgart^  Eoke. 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  ßQl 

Massei,  Pathologie  nnd  Therapie  der  Nasen-,  Rachen-  und  Kehl- 
kopf krankheiten,  ins  Deutsche  übersetzt  von  Fink.  2.  Lief. 
Leipzig,  Felix. 

Middeldorpf,  Experimentelle  und  pathologisch-anatomische  Unter- 
suchungen über  Group  und  Diphtherie.     Jena,  Fischer. 

Mikulicz- Michelson,  Atlas  der  Krankheiten  der  Mund-  und 
Bachenhöhle.     Berlin,  Hirschwald. 

Miller,  Mikroorganismen  der  Mundhöhle.     Leipzig,  Thieme. 

Bosenthal,  Erkrankungen  der  Nase,  der  Nebenhöhlen,  des  Nasen- 
rachenraumes und  Kehlkopfes.     1.  Band.    Berlin,  Hirsch wald» 

Bucault,  Maladies  de  la  bouche  et  du  pharynx.    Paris,  Massen. 

Tavel,  Aetiologie  der  Strumitis.     Basel,  Sallmann. 


XII. 


I 


Arzneimittellelire  und  Toxikologie. 

Von  Dr<  Alfred  Buchwald,  Privatdocenten  und  Primararzt  am 
AUerheiligenliospitiil  tn  Breslau, 

Natrium  chloratiini. 

üeber  den  Werth  der  KocbBalainjectioneß  bei  jähen 
Blutverlusten  und  deu  damit  verbundenen  Folgezuständen  besteht 
kein  Zweifel  mehr.  Die  Arbeiten  früherer  Jahre  und  die  io  diesem 
Jahre  veröffentlichten  bestätigen  djes  aufs  Neue.  Einen  besonderen 
Werth  habeD  aucb  die  Salzwassereinspritzungen  bei  der 
diesjährigen  Oholeraepidemie  erlangt.  Hier  ist  zum  ersten 
Male  in  grösserem  Massstabe  davon  Gebrauch  gemacht  worden. 
Differenzen  sind  nur  dartiber  entstanden  j  ob  man  die  subcutane 
oder  die  intravenöse  Infusion  oder  die  arterielle  centrale  wählen, 
ob  man  in  einzelnen  Intervallen  oder  continuirJich  einspritzen  soll. 
Das  grosse  Verdienst,  diese  Infusionen  dem  practischen  Arzte  em- 
pfohlen zu  haben^  gebübrt  Michael,  Samuel,  Cantani,  Hayem 
u.  A.  Dem  practischen  Arzte  kann  ^  als  für  ihn  allein  brauchbar,  ■ 
nur  die  subcutane  Infusion  empfohlen  werden.  Abgesehen  von  der 
Gefabriosigkeitj  welche  allein  der  stibcutanenj  sog.  parenchymatösen 
Infusion  zukommt,  ist  es  besonders  die  Leicbtigkeit  der  Ausfübrung, 
welche  hervorgehoben  werden  muas*  In  Kraukenbausern ,  chirurgi- 
schen Kliniken,  bei  genügender  Assistenz  wird  ja  in  einzelnen  Fällen 
die  Hayem'sche  intravenöse  Transfusion  grössere  Yortheile 
bieten,  aber  sie  wird  für  den  Practiker,  ebenso  wie  die  arterielle 
centrale  (Landois^  Ungar,  Silbermann)  nur  die  Ausnahme 
bilden  können. 


Armeiwritlfttrhre  snd  Toxikologie. 


Wi 


I 


Trotsdem  die  TedmÜE  durch  die  froiiereii  ArbeiteD  toq  Catttani^ 
Hfinchmeyer,  Weiss,  Leicbtenatem  q.  A.  bereits  redil  iweck- 
entsprechend  und  aosfiähHich  mitgetheilt  worden  ist,  sind  besonders 
ober  diesen  Punkt  ansfobrlicbe  ArbeiteD    veröffentlicht  worden:   so 
von  Kutner  (Deatsche  med.  Wocbenschr.  Nn  35),  Braats  (ibidem 
Kr.  36)^  Cantani  (Ibid.  Nr.  36),  Straass  (BerL  klln,  Wocheasebr. 
Kr,  88)}  Michael  (Deutsche  med.  Wochenschi,  Nr.  39  u,  45).    Am 
emfächgten  i^t  es,  möglichst  uncompHcirte  Apparate  zu  wthlen.   £a 
genagt  eine  stärkere  Ganüle  event,  mit  Seitenlöcbero  und  Sperrbahn 
v«reebeD,   wenn   man   continuirlicbe  Einfliessungen   vornehmen  will, 
ein  1,6—2  m   langer  Gummischlauch   und   ein  Glasirrigator,   event* 
eine  3  I  haltende  W  q  1  f fsche  Flasche.     Letztere   kommt   dann  eut 
Verwendung,  wenn  der  Dmck  des  Irrigators  nicht  genügt.   Es  wird 
dann  die  Wulff^^cbe  Flasche  mit  zwei  Glasrohren  versehen,  eiuem 
auf  den  Boden  reichenden,  mit  dem  Schlauche  in  Verbindung  stehen- 
den,  dem  zweiten  oberhalb  der  Flüssigkeitssäule  eudenden  und  mit 
einem  Richardson'sehen  Gebläse  armirten.   Idan  ist  so  in  der  Lage, 
den  Druck   beliebig   zu  verstärken,    event,  wird   er   durch  Massago 
onterstütst,   Dauercanülen  sind  von  verschiedenen  Seiten  empfohlen 
wordeü.  Ich  habe  derartige  durch  Härtel  (Breslau,  Weidenstrasge  33) 
bersteilen  lassen.   Strauss  betont  mit  Eecht,  dass  man  die  strengste 
Asepsis  zu  beobachten  hat.   Der  Operateur  hat  sich  die  Hände  sorg- 
ßiltig  zu  reinigen,  das  Operationsfeld  wird  mit  Aether  und  2"  Q^^iger 
Sublimatlosung  abgewaschen,  alle  in  Gebrauch  kommenden  CanUlen^ 
Gläser,  Schläuche  müssen  ausgekocht  oder  mit  5^^;^|iger  Garbollösung 
desinficirt  sein.     Die  Lösung  wird  frisch  bereitet   oder    vorher  auf- 
gekocht und  auf  88 — 40^*  C.  abgekühlt.    Auf  einmal  werden  an  einer 
Stelle  nicht  mehr  als  500  com  eingespritzt,  wenn  nöthig,  lässt  mau 
an  mehreren  Stellen  1  —  1 V2  Liter  etnfli essen  und  macht  eine  neue  In- 
jection,   wenn  kein  Puls  da  ist.     Die  Hypodermoklyse,  wie  sie 
Cantani  nennt,  wird  am  besten  in  beiden  Inguinalgegenden  ausge- 
führt,    man    kann    auch    andere  Stellen,    wie    lofraclaviculargegend^ 
lunenseite  der  Oberschenkel,   Infrascapulargegend  etc.  wählen,    nur 
vor  der  Halögegend^  auch  der  Gegend  der  oberen  Schlüsselbeingrubeu 
ist  zu  warnen,  weil  hier  leicht  Erstickungsgefahr  eintreten  kann. 

Bezüglich  der  Lösungen  ist  zu  erwähnen,  duss  man  physiologi- 
sche Kochsalzlösungen  wählen  kann  ^  7  g  auf  1  Liter  destillirtes 
Wasser.  Keppl er  empfiehlt  7  g  Ohlornatrium^  10  g  absoluten  Alkohol 
auf  1000  g  Wasser  und  spritzt  alle  Minuten  50  g  seiner  Lösung  biw 
zum  Erscheinen  des  Pulses  ein.  Der  practische  Arzt  wird  sich  um 
besten   an   die  Cantani'sche   Vorschrift  halten:    lg  Ghlornatriujn, 


*;()4 


Buchwald. 


3  g  Natrmm  carbonicLim^  auf  1  Litor  Wasser.  Hayem  beßutzte  zu 
seinen  intravenösen  Inj ectionen,  die  am  besten  mit  dem  Coüin'schen 
TransfiiBeiir  (eiehe  Baschreibimg  in  der  Deatschen  med.  Wochen- 
schrift  Nr.  55)  vorÄunebmen  sind,  eine  Lüsung  von  5  g  Natrium  chlo- 
ratum,  10  g  Natrium  sulfuricum  auf  1000  g  Waßser,  Dass  übrigens  ■ 
die  subcutanen  Infusionen  den  intravenösen  bezüglicb  der  Behandlung 
der  Cholera  vorzuziehen  sind,  hebt  Michael  besonders  hervor.  Er 
vergleicht  549  Fälle,  welche  von  Latta,  Hope,  Hayem,  Mc  Kin-  ■ 
tosh,  Galliard  u,  A.  bebandelt  sind,  mit  698  von  Cantaüi,  Angyan,  " 
du  M  e  g  n  i  1  Dach  C  a  n  t  a  u  i'scher  Methode  bebandelten  Fällen, 
Hier  waren  42,7  ''  fj  Heilungen,  dort  18,2  ^^,)  Heilungen  zu  verzeichnen. 
Allerdings  ist  eine  solche  Statistik  immer  etwas  unsieheTf  auch  ist 
hervorzuheben I  dass  in  letzteren  Füllen  auch  die  Tannineingiessungen 
In  den  Darm  (ä,  Tannin)  eine  Rolle  gespielt  haben.  Die  contiuuir- 
liche  Transfusion  Samuels  hält  Michael  nicht  für  nethig^  die  Ge- 
labren der  intravenösen  sieht  er  in  der  event.  Ueberdebnung  des 
Herzenö,  wenn  zu  viel  einfliesst,  oder  in  den  Wärmegraden  der 
Injectionsflüsöigkeit,  Ueber  40*^0.  und  unter  21  ^C  sind  schon 
gefährlich.  Bezüglich  der  Zeit  der  Anwendung  ßtimmen  die  Autoren 
überein,  dass  sie  möglichst  früh  vorzunehmen,  mit  oder  ohne 
Tanninklystiere ,  und  bis  ins  typhoide  Stadium  fortzusetzen  igt 
(Samuel), 

In  seiner  Arbeit  über  den  Werth  parenchymatöser 
Kochsalzwasserinjectionen  bei  acuten  Anämien  äussert 
sich  Kortmann  (Deutsche  med,  Wochenscbr.  Nr.  16)  dahin,  dass 
bei  inneren  Blutungen  die  intravenösen  Injectionen  zu  verwerfen  and 
nur  die  subcutanen  am  Platze  sind.  Erstere  bedingen  durch  mehr 
oder  weniger  unvermittelte  ßlutdrucksteigerung  die  Gefahr  einer 
neueo  Blutung.  Ilberg  (Allß,  Zeitscbr.  f.  Psych.,  ger.  Med,  Nr,  4S) 
empfiehlt  die  Kochsalzwassereinapritzungen  bei  collabirten,  N'ahruog 
verweigernden  Geisteskranken  und  führt  Eälle  an,  wo  diese 
Methode  segeubringend  war.  D am  ieville  verwandte  sie  bei  Gastro- 
enteritis kleiner  Kinder  (Eev.  med.  de  la  Suisse  rom,  Nr.  1)  mit 
gutem  Erfolge. 

Eine  experimentelle  Untersuch lang  über  den  Ein f Ines  der 
subcutan  eingeführten  grossen  Mengen  von  0,7  oj^^igen  Koch- 
salzlösungen auf  das  Blut  und  die  Hautäecretion  hat  Biernacki 
angestellt  (Zeitschn  f.  klin.  Med,  Bd.  19;  OentralbL  L  Ghir.  Nr.  16). 
Unmittelbar  nach  der  Hypodermoklyae  kommt  die  Blutverdünnang 
2um  Vorschein,  die  sich  durch  Abnahme  an  Zahl  der  roihen  Blut- 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  ^>i^5 

körperchen,  Ab&ll  des  specifiscben  Gewichtes,  Zunahme  des  Wasser- 
gahaltds  im  Blute.  Abnahme  der  Menge  fester  Blatbestandtheile 
knndgibt.  Die  Zahl  der  weissen  Biatzellen  nimmt  zn^  die  anorgani- 
sehen  Salse,  namendich  das  Kochsalz  werden  vermehrt.  Die  Blnt- 
Terdünnong  ist  geringer  als  nach  intravenösen  Injectionen  ^Cohn- 
heim  and  Lichtheim).  Die  Hypodermoklvsen  üben  dioretische 
Wirkong  aas.  Die  starice  Diärese  fahrt  eine  zweite  Periode  herbe: : 
Blatverdichtang  mit  vermindertem  Wassergehalte,  Yermehnmg  der 
reihen  Biatzellen  and  Steigerang  des  Gehaltes  an  festen  Steffen. 
Die  Zahl  der  Leokocjten  erscheint  vermindert.  In  einer  dri:tex: 
Periode  werden  rothe  Biatzellen  zam  Theil  zerstört  and  trin  Hisio- 
giobinarie  aof.  Die  Experimente  sind  an  Hunden  angesteü:.  Ol 
diese  Verhihnisse  aodi  far  den  Menschen  massgebend  sind^  mtss^T 
einer  besonderen  Untersachong  vorbehalten  bleiben. 

Aluutl 

nennen  B.  Heinz  and  A.  Liebrecht  ein  neaes  von  iime::  i=.  ien 
Aimeischatz  eingefohrtes  Adstringo-Antisepticam.  Die  =<€ 
Adstringentien  sind  Salze  der  Schwermetalle,  welche  die  Eizezisc 
besitsen,  mit  Eiweies  feste  Verbindangen  einrogehen,  isLlec  als:- 
Eiweiss,  bleiben  bei  ihrer  Anwendang  aof  cer  Oberääche  vcn  Gc* 
schwären  z.  B.  liegeo  and  vermögen  nicht  auf  die  tiefer«i  Scck^Tici. 
einsawiricen.  In  den  AlnminTnmT«]f.eE>  suchten  non  obige  A:imt<£=l 
nach  geeignet«]  Terbix^dongen.  welchen  cii»t  Uebelstäiide  züchT  &=<• 
haften.  Als  geeignete  Salze  stellten  sich  naeh  eingehezköer  Zzxer- 
snchnng  die  Alnmiaiamsalze  d^r  X&f htholsalfosiare  dar. 
Alamnol  ist  fsn  sokiies  Salz  mit  5^'^  Aluainiom.  15  ^'^  SeLweftL 
Zvar  gibt  es  Verbzniangec.  weiche  kriftig^r  actdaepücL  wirk^=_ 
Aliumol  jedodi  ist  handlicher,  iösliciier,  und  seire  >xu  Wirk:;::^ 
besser.  AIobb&I.  wtijdut»  tqz.  can  JarWerkesi  Meiettr.  LmTixe 
and  Bräning  in  öec  Ha&dfiJ  g%ri>raGLt  wird,  ist  eic  feixte,  w^iast«. 
nicht  hvgrckskofascbes  Palver.  ir  kkhem  Wasser  itatsü  j^ücL  Ix 
Alkohol  löst  nm  Ajcmnol  mit  scLc'Z.er  l'jbn,*sr  Fl:i.vnssfK&z  ix.  si- 
ria^eresa  Grade.  LtfslisL  is:  «e  ii.  G^^jt  ^rix.  •jzJ^'^^hL*^  21.  Aenii^r.  e^ 
besitet  ledecirwiöfe  EizeiiKianei^  A';u.n  i:.vl^6«;LjE*g.  rea^rj-fx  baiÄer. 
fiülen  KweisE,  m  löst  sisL  Msr  der  es-ietu^dece  I^i^r^ffbcüf  :x 
einem  Uebereciiaasf;  tvl  Erweist.  JL^Ioi  verLibl:  t&kUL  feiT-lioL  w^ 
EiweiflB.  In  esxeri^eL  htwr^ja.  \bigi  w^*:i.  ^  t.it.r.</  «^i^f  £*i{:  kajir- 
tödtende  Wirknz^  det  A'rpim«c>it  itrt  j^tx-ux):.  i^.^iL  LemiiLi  Alsjciii-. 
die  £otwickehiZ!g  pa:^:i!g«a««r  ljfe^..eri^L.  ',.'.:<  ,^^  lösiiLj^fa:  r.i*rei 
Milzbrand'.   TTphn^  4ä/_  Üa'^iliöL   ii   j:.'«'  iiitwiükfciUK .    I.i*  ...i:% 


(JOH 


Buchwald. 


Löfluugen  verliindern  jedes  Waclistbum,  Aiumnol  ist  ein  gutes  Ad- 
Btriogens,  seine  Wirkung  beschräükt  sieb  nicht  bloss  auf  die  Ober- 
fläche des  betroffenen  Gewebes,  sondern  setzt  sich  auch  in  die  Tiefe 
fort,  Alumool  hat  nur  geringe  giftige  Eigenschaften.  In  der  chirurgi- 
sehen  Praxis  bei  eiternden  Flächen  und  Höhlen  wunden  kommen 
0,6 — '2^%igQ  Lösungen  als  Spulmittel  zur  Verwendung.  Bei  kleinen 
Abscessen  und  FistelgäDgen  fiilirte  Aetzung  mit  10 — 20ö/Qigen  Lösungen 
zu  schneller  Eeinignrig  und  dann  geringere  Concentration  zur  Heilung, 
3_r*o^^ige  Alumnolsalben,  welche  an  der  Oberfläche  leicht  unBcheinlich 
werden,  fioden  bei  torpiden  Geschwüren  Verwendung,  Besonders 
wirksam  erwies  sich  Aiumnol  in  der  gynäkologischen  Praxis  bei  Endo- 
metritis gonorrhoica;  hier  wurden  2— öo^ige,  manchmal  10 — 20^fQige 
Stiibchen  verortlnet.  Als  Sptilmittel  bei  Colpitia  wurde  Aiumnol  in 
*f,2 — ^l%iger  Lösung  (2mal  täglich  ^/.^  Liter)  mit  Erfolg  versucht. 
Ahimnolpflastermulle  und  Firnisse,  von  der  Firma  Beyersdorff 
iu  Altona  hergestellt,  bewährten  sich  besonders  bei  Hautkrankheiten, 
Geradezu  specitiscb  soll  nach  Chotzen's  Untersuchungen  1^2%ige 
Alumnollösung  bei  Gonorrhoe  wirken.  Es  werden  3 — 4mal  täglich 
6  com  obiger  Lösung  injicirt.  Die  Gonokokken  waren  nach  3 — 6  Tagen 
verschwunden.  Nach  dieser  Zeit  wird  nur  Imal  täglich  injicirt. 
Brieger  verwandte  Aiumnol  bei  Otitis  media  purulenta.  ^%^gQ 
Alu mn Öllösungen  ins  Auge  geträufelt  stillen  nach  Wolfberg  selb&t 
das  heftigste  Thränen.     (Berh  klin.  Wochen«chr.  Nr.  46.) 

Cbotzon  hat  neuerdings  seine  Erfahrungen  über  Aiumnol  in  der 
BerK  klin.  Wochenschr.  Nr.  48  verölf entlicht.  Zur  Verwendung  kam 
sowohl  das  Aiumnol  rein,  als  auch  Alomnolstreupulver  10— 20ö|Qig  mit 
Taicum  venetum  und  Amylum  ana  hergestellt,  ausserdem  Lööungen 
l_50^^^ig^  Alumnolöpirituß  '2K^ — lOO/^ig,  Alumnol-Lößolinsalben  etc. 
Die  Anwendungsweise  muse  je  nach  dem  Einzelfalle  individualisirt 
werden,  vor  zu  dickem  Aufstreuen  von  Aiumnol  und  zu  starken 
Conoentrationen  ist  zu  warnen.  Aiumnol  erwies  sich  wirksam  bei 
acuten  oberflächlichen  Entzündungäprocessen  sowohl,  als  auch  tieferen 
chronischen  Entzündungsprocessen  der  Haut,  ferner  bei  parasitären 
Erkrankungen,  wie  Erysipel,  Favus,  Lupus,  Ulcus  molle,  Gonorrhoe. 
Bei  Erysipel  wurde  20%ig08  Alumnolpflaster  gebraucht,  bei  Favus 
20**  o^g®  Aiumnol' Lanolinsalbe  und  o**'oiger  Alumnolspiritus,  bei  Ulcus 
molle  reines  Aiumnol;  besonders  aufmerksam  muss  auf  die  schneUe 
Wirkung  bei  Gonorrhoe  gemacht  werden^  nur  in  vereinzelten  Fällen 
versagte  die  ausserordentlich  schnell  eintretende  an tigonorrho Ische 
Wirkung;  Urethritis  prost atica  wurde  mit  Guyou'achen  Instillationen 
behandelt;  Vaginalfluor  verschwand  nach  Ausspülungen  mitl^2%igen 


I 
I 


I 
I 


eo7 

Aluamallöeoiigeiit  CerTMmlloLtmrriie  mcb  Eia^infenuigeii  mix  i — 5^  M^ 
Lösungen  mittels  Brann^sckier  Spntse.  Auch  m  Gtug^elttiigeii  uid 
PiDselimgen  in  dar  Mond-  und  JUeJwhfiMt  ward«  ^|— i^^igie 
LdsfUDgen  Tertragen.  Bewihno  sieli  dio  geedi]ld«rt«n  Kig«iiacliAl\eii 
des  Almnnols,  so  dorftd  diaooHw  als  eine  BereicheniDg  des  Aimei* 

^Mlintsen  «ngeseliea  wezd^  dslm  isl  der  Frds  ein  geringer  — ^  l  g 

^^koBtel  4—5  Pfennige. 


Kalimm  JlTp^niftB^Aifitii. 

Obgleich  die  acuten  Phosphorvergiftnngen  selten  geword^Q  sind, 
no  verdienen  doch  die  Arbeiten  An  tal's^  Hajnos\  Erd5ä'  eine  ge* 

^  i^ridse  Beacb tung^  insofern  diese  Antoren  im  Kalium  bypermangani* 
cum  ein  höchst  wirksames  Antidot  gegen  acute  Phosphor- 
vergiftangen  entdeckt  haben  wollen.  Antal  hatte  seine  Experi- 
mente an  Thieren  angestellt.  Hajnos  theilt  nun  zwei  Fälle  von  acuter 
Phospharvergiflung  mit,  wo  Kalium  hypermanganicum  gewissermassen 
lebensrettend  wirkte.  Ein  19jähriger  Arbeiter  hatte  eine  Lösung 
von  Phosphor  (Zündhölzchen)  getrunken.  Nach  Ausspülung  des 
Magens  wurdeo  500g  einer  '  i(i%igen  Lösung  eingeftihrt.  Am  nächsten 
Tage  Wohlbefinden.  Ebenso  günstig  wirkte  bei  einem  zweiten 
Patienten  dieselbe  Curmethode,  (Pester  med.-chir.  Presse  Nr.  9* 
CentralbL  für  die  ges.  Therapie  Nr.  G.)  Erdös  Hess  bei  einer  acuten 
Phosphorvergiftnng  nach  vorheriger  Apomorphineinspritzung  im  Ver* 
laufe  von  l^jq  Stunden  glasweise  2  Liter  einer  i,t^%igen  Kaliuin 
hypermanganicum- Losung  trinken.  Ab  und  zu  erfolgte  Erbrechen, 
trotzdem  wurde  die  Lösung  weitergereicht,  auch  am  nächsten  Tage 
wurde  noch  1  Liter  einer  ''^/lo^o^g^ii  Lösung  verabreicht.  Die  Kranke 
genas.     (Orvosi  Hetilap.  Nr.  30.  Therap.  Monatsh.  Nr.  10,) 

B6kai  und  Koranyi  (St,  Petersb.  med.  WooLenschr.  1891, 
Nn  50)  haben  auf  Grund  ihrer  Untersuchungen  % — *  ;j%ig«  Lösungen 
empfohlen.  Phosphor  oxydirt  sich  in  Berührung  mit  diesen  Lösungen 
zu  Orthophosphorsäure,  gleichzeitig  entstehen  Mangan by per oxyd  und 
Kaliumhydroxyd.  Die  Orthophosphorsäure  ist  unschädlich.  Im 
Magen   entsteht   unter  Anwesenheit    von    Salzsäure  Manganchlorid. 

fliöenngen  von  1/5 — 1/3 — i'^»  j^^^o  üben  keinen  schädlichen  EinMuss 
auf  die  Magen  wand  aus. 

Kössa  hat  auf  Grund  von  Thierexperimenten  eonstatirtp  dass 
Ealinm    hypermanganicum   auch    bei    Oy  an  Vergiftungen  infolge 

.Beiner   oxydirenden  Wirkung  unschädlicbe  cyansaure  Verbindungen 

I erzeugt.     Bei    der  Unwirksamkeit   anderer  Antidote  wÄre  evenluell 


Ci08 


Buchwald. 


auck    hier  Kalium    hypermangamcum    zu    versuclieii.    (Wiener  med. 
Wochenschr.  Nr,  36.) 

Die  Anwendungaweise  iat  zweifellos  rationell  und  wohl  wirk- 
samer, als  Cupram  sulfuricum  und  Wasserst  off öuperoxjd,  welche 
bei  Pbosphorintoxication  Verwendung  fanden.  Der  Practiker  wird 
aber  gut  thun,  nach  vorhergegangener  Magenausspfiltiag  die  schwä- 
chereE  Lösungen  von  ^if,®/^  zu  gebrauchen,  da  Kalium  hjperman* 
ganieum  selbst  Giftwirkuug  entfRlten  kann, 

Elisen. 

Eine  auafuhrliche  Arbeit  aber  das  Schickaal  des  Eisens  im 
thierischen  Organismus  hat  Scbmulin  seiner  Inaugural-Disser- 
tation  niedergelegt.  Anschliessend  an  die  früheren  Arbeiten  von 
Bidder  und  Schmidt,  Bunge,  Kobert  und  seinen  Schülern, 
Jacob i,  Landwehr  u.  A.  benutzte  er  zur  Nachprüfung  der  dort 
angeführten  Befunde  das  Ferrum  oxy chloratum  der  russischen 
Pharmakopoe  (3,5  ^,0  Fe),  das  Kobert'sche  Keductionsderivat  der 
Blutfarbstoffe,  das  Hämogallol  (0;278  o,,  Fe)  und  das  Hörne- 
mann'sche  Ferrum  oxydatum  saccharatum  solubile. 
Eisen  lagert  sieh  hauptsächlich  in  der  Leber  und  Milz  ab.  Ein 
Theil  der  weissen  Blutzellen  beladet  sich  schon  im  Blut  mit  Eisen, 
ein  anderer  Theil  tritt  in  die  Blut-  und  Lympheapi  Ilaren  der  Leber 
und  nimmt  das  dort  in  den  Leberzöilen  abgelagerte  Eisen  auf.  Hier- 
bei zeigt  sich,  daes  die  Lympbzellen  sich  anfangs  am  Rande  (Proto- 
plasma)! später  am  Kerne  mit  Eisen  durchtränken.  In  den  Qalien- 
gfißgen  tindet  sich  kein  Eisen,  aucb  wird  derselbe'^nicht  durch  die  Galle, 
sondern  wesentlich  durch  den  Darm  ausgeschieden.  Die  mit  Eisen 
beladenen  Leukocyten  gelangen  durch  die  Capillaren  der  Vena  hepa- 
tica  wieder  in  den  grossen  Kreislauf  und  werdeu  in  erster  Linie  durch 
den  Darm  ausgeschieden,  wie  mau  an  den  mit  eisenhaltigen  Xreuko- 
cyten  vollgepfropften  Darmzotten  erkennen  kann,  Die  per  os  ein- 
geführten Mengen  anorganischer Eiaensalze  verlassen,  übereinstimmend 
mit  den  Angaben  früherer  Untersucher,  fast  völlig  unresorbirt  den 
Verdauungstractus,  Ihre  unzweifelhafte  Wirkung  bei  verschiedenen 
chlorotischen  Zuständen  ist  dann  so  zu  denken,  wie  Kobert,  Bunge, 
Landwehr  vermuthen  (vergl,  vor,  Jahrbuch).  Von  dem  im  Ferrum 
oxydatum  solubile  enthaltenen  Eisen  wurden  nur  0,034  resorbirt, 
von  Ferrum  oxychloratum  nur  0,087  ^^^■^.  Hämogallol  erwies  sich  da- 
gegen resorptionsiahig.  Die  Resorptionszahl  gibt  Verf.  bei  den  Prä- 
paraten im  Verhältniss  von  34:87:2351  an.  Die  klinisoh-practische 
Seite  ist  nicht  berücksichtigt,  jedoch  kann  man  den  Schluss  ziehen^ 


> 


in  der  Prax»  de©  Xotwag  gebes  wi»^ 

Der  F^Bge  der  Sisenresorptioii  sl  »neb  Peter  Katcrl 
Berry  in  seiner  iBBiigiirel-I>i99Qrtilmi  näher  gell  eKa^  W«ifiiii  dür 
DetAÜfl  vervoiaeii  wir  auf  des  OngiBel  and  de«  He^irel  in  Seh  nid  t*« 
Jahrbüefaem  Kr.  11* 

Str«etjiBsaltf, 

Während  die  StroDtiamsahe  in  ihrem  chemisc&he»  Verbelten  den 
Binromsalzen  sehr  nahe  stehen,  unterscheideD  sit»  aich^  wteOm^lin 
bereits  Anfang  dieses  Jahrhunderts  hervorhob,  Hahutoau,  le^iuäil 
HassaD,  Vulpian  und  neuerdings  Laborde  duroh  Tbionixpwri- 
mente  bestätigten,  von  jenen  wesentlioh  durch  ihre  relativti  Uu- 
^ftigkeit.  Durch  Laborde's  Versuche  angeregt^  Vörwandtüii  G,  H6o 
ü.  Ä-  die  Strontinmsalze  bei  verschiedenen  Erkrankungöu.  JJei 
Magenkranken  gab  8Se  an&ngUch  Strontium  Itictioutn;  gpdtur 
Strontium  bromatum  in  Dosen  von  2— 4  g  täglich.  In  32  Füllen  vüh 
Dyspepsie,  zum  Theil  mit  HyperaciditÄt  vergeiellBclmlYe^  trat  Mohnullu 
Beaserung  resp.  Heilnng  ein*  Auch  bei  Qastralgie  war  der  Erfolg 
ein  günstiger.  Fer^  gab  Strontium  bromatum  uti  Htullo  du«  Urt*iii- 
kalinm  mit  Erfolg  bei  Epilepsie.  Oonataiitin  Paul  will  bt^i  Mor- 
btts  Brigbtii  von  Strontium  lacticum  schnelle  Erfolgu  i^HHoboit  Imboit. 
Bei  einem  hysteroepilaptitichen  Mädchen  Bcbwanden  naob  IVgoMilow^in 
von  6  g  Bromstrontium  (monatelang  gebraucht)  die  Anfalle^  Ihi* 
jardin  Beaumetz  bestätigt  die  Abnahme  den  EiweiHMea  bei  NifHi^n^ 
and  Herzkranken«  La  bor  de  bezeichnet  die  Strontiumiiai^i?  al« 
Bandwnrmmittel.  Coronedi  gab  Bromstrontiam  in  Doneii  vau 
1  _s  g  gegen  nervoeea  und  djspeptiachea  Erbrechen,  (Intern*  kljn, 
Bondechao  Nr.  35.) 

Die  Präparate  sind  noch  zu  wenig  erprobt,  am  edurai  jeUt  de«ii 
ptwoöadk&k  Arzte  empfoiikB  werden  sn  kdnneii. 

Bemerken  woDeo  wir,  diM  die  Dosie  von  Btroaliaai  broo^ttuo 
auf  *2— i  g  Cast^oeeixt  iil  (pro  die),   bei  MpUmpmt  gelleo  dieeellmi 
BrofekelinoL    Strootinm  jodelom  wffd  wie  Jod^ 
BtroDiinin  nitrieaa  hiBzuibi 


(ilO  ^^^^"  Huclnval(i 

(Bulletin  de  Facademie  1891.     Les  douv.  Remedes  189192,     Societe 
de  biologtei  Dec.  189L     Tlierap.  Monatsii.  Nr,  6.) 

ttuecksilber. 

Die  Behandlung  des  acuten  Darniverschlusses  mit 
grossen  Gaben  metalliseben  Quecksilbers  war  frtlher  gang  und  gebe* 
Jetzt  ist  sie  mit  Hecht  allgemein  verlassen  worden.  Wenn  heut  zu 
Tage  noch  ein  Arzt  wie  Richter  die  Quecksilberdarreich ung  ver- 
bucht und  Erfolge  erzielt,  sc  hat  er  dies  selbst  zu  verantworten  und 
von  Glück  zu  sagen,  wenn  es  half.  Empfehlenswerth  ist  die  Dar- 
reichung  jedenfalls  nicht.  Richter  sah  nach  Darreichung  von  150  g 
Hydrargyrum  die  Einklemmung  sich  lösen.  Die  Behandlung  des 
Ileus  kann  heut  zu  Tage  nur  die  sein,  die  Därme  durch  Opiat©  zu  1 
beruhigen,  durch  Eingiessungen,  Lufteinblasungen,  Magenausspüluogen 
nachzuhelfen  und  möglichst  imh,  bei  noch  erhaltenötn  Kräftezustande, 
die  Laparotomie  zu  machen,  wenn  nicht  etwa  die  Natur  des  Grund- 
leidens andere  chirurgische  Eingriffe  erfordert.  (TherapeuL  Monats- 
heite  Nr.  7.) 

Ueber  die  Behandlung  der  Syphilis  mit  Mercurialien 
nebst  Bemerkungen  über  Nephritis  bei  Luetikern  veröffent- 
licht Lang  einen  sehr  beachtnngswertben  Aufsatz  in  dem  Central- 
blatt  für  die  gesammte  Therapie  Nr.  1.  Zunächst  hebt  er  wiederum 
hervor,  dass  sein  Oleum  cinereuiB  besondere  Vorzüge  besitzt.  1  com 
des  30'f  (jigen  Oeles  enthält  0,369  g  Qaecksilber,  ein  gleiches  Volumen 
des  öOt'i^igen  Präparates  0,810  g.  Lang  wählte  das  letztere  Prä- 
parat. Mit  einer  geaichten  Spritze  ist  man  im  Stande,  bis  auf  0,01  ccm 
genau  zu  dosiren.  Die  [ujection  macht  er  fast  aasnahmslos  unter 
die  Rückenhaut  subcutan;  Einspritzungen  in  die  Nates  hält  er  fttr 
minder  zweckmässig.  Zur  Allgemein  beb  an  dl  ung  wählt  er  Ofib  ccm 
des  50%igen  grauen  Oeles;  8 — 12^16  Dosen  stellen  eine  wirksame 
Cur  dar.  Je  nach  dem  speciellen  Falle  kann  man  jede  Woche  resp» 
jeden  6.  Tag  an  zwei  Stellen  0^05  ccm  injiciren,  bis  die  Symptome  m 
geschwunden  sind^  sodann  ist  als  Ueberdispensation  alle  8 — 14  Tage 
eine  Einspiitzung  von  0,05  ccm  zu  verabfolgen.  Trotz  der  geringen 
Dosis  von  0,1  Metall  ist  der  Effect  ein  sicherer.  Soll  die  Wirkung 
schneller  zu  Stande  kommen,  so  dispensirt  man  in  der  ersten  Woche 
in  Zwischenräumen  von  3 — 4  Ta^en  2— 4— 6mal  0,05  ccm,  in  der 
nächsten  Woche  nur  einmal  obige  Dosis;  die  Ueberdispensation  be- 
BChliesst   man   mit  0,05  ccm  in  10 — 14  Tagen.     Während   und   nach 


Arzneimittellehre  and  Toxikologie. 


en 


der  Behandlung  ist  der  Kranke  genau  zu  beobachten;  wenn  auch 
Lang  die  EinspritzuDg  vod  grauem  Oele  nicht  tur  die  einzige  Me- 
thode  der  Quecksilberbebandlung  hält,  ao  sei  sie  doch  eine  der  besten. 
Andere  Autoren,  wie  Balzer,  Thiroloix,  Man,  Eich  u.  A.,  be- 
stätigen dies.  Das  graue  Gel  ist  in  seiner  Wirkung  langsamer,  aber 
dtl&r  nachhaltiger,  Recidive  sind  seltener. 

Sehr  beachtungswerth  ist  die  Aufforderung  Lang's  bei  der  Mer- 
üoria) behau dlung  nicht  bloss  auf  das  Auftreten  von  Speichel* 
fhß«,  sondern  auch  auf  die  Harnsecretion  und   die  Darm- 
fanctionen  zu  achten.    Es  ist  nicht  gleichgültig,  ob  ein  Syphilitiker 
AibumiDurie  bekommt,  und  namentlich  ist  es  wichtig,  ob  man  einen 
Ntjphritiker,    der  Lues   acquirirt,    mit  Mercurialien    behandeln  will. 
Im  Allgemeinen    darf  man    Nephritiker,   Tuberculöse   und  Malaria- 
sieche  nicht    mit  Mercurialien   behandeln.     Aus  Fürbringer's  und 
Lang'B  Untersuchungen  geht   hervor,    dass   Albuminurie    in    vielen 
Fällen  ein  Intoxicationssymptom  ist,  während  andererseits  Welan* 
der  zeigte,  dass  in  manchen  Fällen  die  Nephritis  Zeichen  eines  zer- 
fallenden   Nieren gummas    ist.     Gerade    so    wie    das    Auftreten    von 
OiDgivitiB    beachtet    werden   muss    und   zum  Aussetzen   des   Queck- 
aiibers  au^ordert,  wird  es  also  unter  Umständen  das  Auftreten  von 
Albuminurie  nöthig  machen. 

Dass  selbst  geringe  Mengen  von  grauer  Salbe  eine  t  ö  d  t- 
liche  Mercurialintoxication  bedingen  können ,  zeigt 
ein  von  S  a  c  k  u  r  veröffentlichter  Fall.  Nur  ca.  5  g  waren  auf 
eine  allerdings  nicht  intacte  Haut  eingerieben  worden.  Eine  Stunde 
Dachher  Uebelbefinden ,  Ohnmacht,  Erbrechen.  Am  nächsten  Tage 
Albuminurie,  Tenesmus,  dann  blutige  Stühle,  Koliken,  Anurie.  Am 
nächsten  Tage  Hämatemesis,  blutige  Diarrhoen,  Unter  weiterem 
Auftreten  von  gangränöser  Gingivitis  erfolgte  der  Tod.  Die  Section 
ergab  das  Bild  einer  acuten  Dysenterie.  (Berliner  klin,  Wochen- 
schrift Nr.  21.) 


Bieganski  berichtet  in  einer  sehr  sorgfältigen  Arbeit  über 
die  Veränderungen  des  Blntes  unter  dem  Einfluss  von 
Syphilis  und  pharmakologischen  Gaben  von  Quecksilber. 
Unter  Einwirkung  des  Syphilisgiftes  wird  die  Zahl  der  rothen  Blut- 
Zeilen  nicht  in  einer  irgendwie  constanten  Weise  verändert,  dagegen 
wird  die  Zahl  der  weissen  Blutzellen  vermehrt,  und  tritt  eine  zweifel- 
lose^  nicht  unbeträchtliche  Leukocytose  auf*  Der  Hämoglobingehalt 
wird  geringer.  Durch  eine  Quecksilbertherapie  nimmt  die  Zahl  der 
weiBsen  Blntsellen  ab,  ihr  Verhältnisa  zur  Zahl  der  rothen  Blutsetlen 


612 


BucUwald. 


wird  wieder  norraal.  Der  Hämoglobin  gab  alt  wird  durch  Qaecksilber- 
euren  gesteigert,  nur  iiacii  grosaen  Hg-Dosen  tritt  wirkÜDbe  Anämie 
auf,  die  mit  einer  Veränderung  der  Form  oud  Beschaffeeheit  der 
rotheo  ßlutzellen  einbergeht. 

Kunkel  weist  durch  seine  Untersuchungen  nach,  dass  Queck- 
silber aus  der  graaen  Salbe  sicher  verdunstet,  und  dass  bei 
Schmiercuren  dieser  Factor  mit  in  Rechnung  zu  ziehen  ist  Es  zeigte 
sich,  dass  1  cbm  Luft  in  einer  Temperatur  von  330—350  0.  8  bis 
18  mg  Quecksilber  aus  der  grauen  Salbe  aufnimmt.  (Versuche  siehe 
im  Original -Sitzungsbericht  der  physikaliach-med,  Geöellschaft  in 
Würzburg.)  Wenn  man  auf  24  Stunden  12  cbm  Luft  als  eiuge- 
athmet  annimißt,  so  wird  somit  ©ine  namhafte  Menge  Quecksitbdr 
auch  m  Bampfform  zur  Äuiiiabme  kommen.  Da  Mesnü  bat  sich 
(ibrigens  überzeugt,  dass  bei  Kranken,  welche  mit  anderen,  einer 
Inunctionscur  unterworfenen  Kranken  in  einem  Saale  zusammen  ver- 
pflegt wurden,  Öfters  mercurielle  Stomatitis  auftrat^  und  auch  Hg  im 
Harn  nach ixe wiesen  werden  konnte»  Friedrich  Müller  fand,  daas 
das  Aufhängen  von  Lappen  mit  grauer  Salbe  in  einem  Kranken- 
zimmer gentigt,  um  Hg  im  Urin  bei  den  Insaaaen  auftreten  zu 
sehen, 

Qneeksllk'relilorid. 

Von  Wenderoth  und  Gottstein  ist  seiner  Zeit  die  Sublimat- 
Lanolinbehandluog  des  Erysipels  empfohlen  worden.  Winek- 
1er  theilt  einen  weiteren  Fall  mit,  wo  Sublimat-Lanolin  0,1  i»,,  bei 
Böse  gute  Dienste  leistete,  (Therap.  Monatsh.  Nn  &.)  Talamon  em- 
pfiehlt die  Abortivbehandlung  des  Qesichtserjsipels  mit 
Sublimatftthertergtäubungen.  (Oentralbh  f5r  die  ges.  Therapie 
Nr,  9.)  Es  wird  in  ziemlich  energischer  Weise  eine  l^'oige  Subli- 
mat-Aetherlösung  zerstäubt.  Die  Frocedur  ist  schmerzhaft,  wegen 
eventueller  Sublimatin toxication  nicht  ungefährlich,  in  ihrer  Wirkung, 
wie  auch  Guyon  hervorhebt,  nicht  zuverlässig,  deshalb  nicht  em- 
pfehlend werth.  Wir  sind  überhaupt  der  Meinung,  dass  man  mit  einem 
so  giftigen  Körper,  wenn  er  nicht  absolut  zuverlässige  Resultate  er- 
gibt, nicht  experimentireu  solL  Beim  Erysipel  halten  wir  alle  Subli- 
matpriparAte  fib*  Überflüssig,  da  mit  einer  zweckentsprechend  gelei- 
teiteii  Ichthyolbehandlung  derselbe  Effect  erzielt  wird,  und  dies  Mittel 
mgefthrlich  ist*  Denn  dass  Sublimatin  toxi  catio  neu  auch  bei  gs* 
nl^gancler  Vorsicht  vorkommen,  beweisen  erneute  Publicationen ,  so 
rm  Aronsohn  iXherap.  Monatsh.  Nr    2i,  Gebhard  fibid.  Nr 


I 

I 

I 

1 


I 


1 


AnafitittrilAne  mmä  Toxikologiif. 


»IS 


G^ayoD  r^et  der  So  b  1 1  mi  tb  eh^ndtuD  g  bei  Cyatttis 
das  Wort.  Die  Blase  Tertrfigt  Sublinuitltetiiigeii  sehr  gaty  nament* 
üch  lässt  sich  das  Qaecksilberchorid  aacJi  bei  tnbercalöser  Cystiti^ 
anwenden^  was  von  besonderer  Wichtigkeit  ist,  da  Argentum  nitrt* 
cum  hierbei  absolnt  nicht  vertragen  wird.  Die  Be handlang  bestand 
tbeils  in  Auswaschungen  der  Blase  mit  Lösungen  von  1 :  5000  bis 
1 :  1000.  Auch  worden  EintränfeluDgen  in  die  hintere  Harnröhren* 
gegend  vorgenommen,  anfangs  mit  wenigen  Tropfen;  wurde  Ja» 
Sublimat  vertragen  —  bekanntlich  ist  die  Hamrohrenschleimhaut 
sehr  empfindlich  gegen  Sublimat  — ,  so  wurden  grdssere  Mengen 
^(bis  4  g)  eingeträufelt^  nach  vorheriger  EnHeerung  der  Blase* 
(Therap.  Monatsb.  Nr.  3.) 

Injectionen  mit  ö^j^iger  Sublimatlösung  bei  SyphiH^t 
empfiehlt  Lukaeiewicz  als  besonders  schnell  wirkend,  Sie  »ollen 
besser  wirken  als  Injectionen  mit  Lang'acbem  Oel  und  Soisojodol* 
quecksilber.  Ob  diese  Methode  besondere  Vorzüge  vor  anderen  In* 
jectioDsmetboden  und  vor  der  Lewin^schen  besitzt ,  müäsen  auüge» 
dehntere  Untersuchungen  lehren. 

Bjdrargjrnni  soiojadoUcuui 

wurde  im  vorigen  Jahre  von  Schwimmer  als  eines  der  li  e  h  i  «^  u 
An ti syphilitica  angepriesen.  Mit  dem  Vorzüge  der  Leicht li^a- 
Üchkeit  vereinigt  es  auch  in  «ich  die  günstigen  EigenMt^liaCten  der 
schwerlÖslicheD  Präparate  in  Bezug  auf  andauernde  und  ontirKiiich«^ 
Wirkung.     Die  Lösung  bestand  aus 

Hydrarg.  sozojodoiic.  0,b, 

Xalii  jodat.  1,6, 

Aqu,  destill,  10. 


Witthauer  will  das  Mittel  bei  chroüitfchen  Foü*  und 
Unterschenkelgeschwüren  mit  Erfolg  angewttjdet  haben.  Nadi 
vorhergegangener  Abseifnng  in  einem  Eetnigujsgiibade  werden  di« 
Geschwüre  mit  einer  Salbe  aus 

Hydrarg.  sozojodoti«;,  1,0, 

Lanolin.  90,0, 

Ol  Olivmr.  Wfi 

"belbandelt.  Die  Salbe  wird  mem^ntek&üdkk  ftiif  IMüwwäätiMm 
von  der  Breite  moemfmgfirw  gmtriAm,  «ad  dte  BtrtUSni  dam  o^Immi 
einander   oder   diehwcaUdnnig   thtw  im  6t«äbwttf»fli«b«   C»^(l# 


tii4 


Oacliwald 


darüber  kommt  Watte  und  eine  CambricbiDde^  die  etwas  straff  an- 
gezogen wird.  Ruhelage  wird  angewendet ^  der  Verbaed  anfangs 
täglich,  später  alle  4—5  Tage  gewechselt.  Die  Vernarbiing  sohreitet 
gewöhnlich  auffallend  rasch  vor,  die  letzten  kleinen  offenen  Stellen 
werden  dann  mit  einem  Ptilver,  bestebend  aus 

Hydrarg.  sozojodolic.  l^ü, 
Tale,  venet.  90,0, 

zur  Heilung  gebracht.  Um  Wiederaufbrechen  zu  verhüten,  wird 
Unna' sc  her  Z  in  kl  ei  mv  erb  and  (Berl.  klln.  Wochensclir.  Nr,  12) 
uro  das  Bein  angelegt.  Ferner  verwandte  Wittbaaer  das  Streu- 
pulver bei  Ekzemen,  bei  tiefgehenden  VerbreonungeE ;  bei  tubercu- 
lösen  Wunden,  Fisteln,  fungösen  Gelenkentzündongen  wurde  Sozo- 
jodolqueckailber  an  Stelle  des  Jodoforms  verwendet.  1 — 2—4  g  fol- 
gender Emulsion  kam  zur  Verwendung: 

Hydrarg.  sozojodolic.  0,5, 

Ölycerin,  4,0, 

Gummi  arab.  2^i), 

Aqu.  destiil.  44,0. 

Bei  der  ÄBwendung  dieses  noch  recht  theuren  Medicamentes  darf 
man  übrigens  nicht  ausser  Acht  lassen,  dass  man  es  mit  einem 
<iuecksilberpräparate  zu  tbun  hat,  und  muss  eine  mögliebe  Intoxica- 
tion  im  Auge  behalten.     (MünGbener  med,  Wocbenschr.  Nr.  34.) 

Kiemann    verwandte    dasselbe    Präparat    gegen    Ohreneit 
rungen.    Hier  gibt  es  wohl  bessere  Mittel. 


Aspara^in-C^nrek  »Silber. 


te*     ■ 


Von  Professor  Neumaon  sind  mit  einem  von  Professor  Ludwig 
hergestellten  Präparate  lujectionsversuche  bei  37  Syphilitikern  mit 
gutem  Erfolge  angestellt  worden.  Das  Präparat  kommt  in  seiner 
Wirkung  am  nächsten  dem  Bamberg  er 's  eben  Peptouqueck- 
silber  und  dem  Liebreich^schen  Quecksilberfor mamid.  Ein 
besonderes  Bedürfnis»  nach  neuen  Quecksilberpräparaten  in  der 
Syphilotherapie  liegt  wobl  nicht  vor.  (Interessenten  finden  die  De- 
tails in  den  Wiener  medicinischen  Blättern  Nr.  9.) 


I 


Arsenik* 

Ueber  das  Verhalten    der    degenerativen    und    progres- 
eiven   Vorgänge   in    der  Leber   bei  Arseoikvergiftung  hat 


ArÄU**iniittel lehre  und  Toatikologic. 


(j15 


Wolkow  Uotersuchutsgea  angestellt.  Der  häufigste  Befund  io  der 
Leber  bei  Äröenik Vergiftung  ist  eine  Fettmetamorphose  der  Leber- 
zellen. Bei  Anwendung  grosser  Dogen  tr<:^ten  im  Leberparenchym 
nekrotische  Herde  auf,  welche  sich  wesentlich  an  die  Peripherie  der 
aberläppchen  halten.  Die  Kerne  vieler  Zellen  in  diesen  Herden, 
owie  mancher  anregehuässig  vorkommenden  Leberzellen  zeigen  eine 
gesprochene  Chromatolyse*  In  den  Leberzellen  kommen  Mitosen 
doch  stehen  sie  in  keiner  bestimmten  Beziehung  zu  diesen  ne- 
tiflcben  Herden,  Atypische  Formen  der  Kemtheilang  kommen  ver- 
einselt  yor.  Bei  Anwendung  grosser  Gaben  finden  sich  entzündliche 
Vorgänge  in  den  Galle ngängen«  Mitosenbüdung  ist  über  die  ganze 
Leber  zerstreut  zu  bemerken.  Ziegier  und  Obolonskj  deuten  sie 
als  6 iftwirkung  (Anregung  zur  Karyokines e ).  ( Virchow's 
Archiv  Bd.  127,  H.  3.  Schmidt*ä  Jahrbücher  Nr.  8.) 

Dass  Arsenik  auch  bei  den  Lymphosarkomen  einen  vorüber- 
gehenden Erfolg  gewähren  kann^  zeigt  ein  von  Romberg  veröffent- 
» lichter  Fall,    (Deutsche  med.  Wochenschn  Nr,  19/»   Bei  den  malignen 
Lymphomen,    den   Lymphdrüsentumoren,    der    Pseudoteukämie,   ist 
seine  Wirkung,  intern  und  parenchymatös,  ja  vielseitig  anerkannt. 


Förster  theilt  einen  Fall  von  Braun färbung  der  Hant 
nach  längerem  Arsengebrauch  mit.  (BerK  klin.  Wochenschr, 
Nr,  11»)     Gesicht  und  Arme  blieben  frei,  der  Hals  war  nur  schwach 

>pigmentirt,  auch  die  Stemalgegend  und  die  Gegend  der  Eecti  ab- 
dominis  bis  zum  Nabel  herab  war  wenig  verfärbt.     Sehr  du»kel  bin- 

[gegen  waren  die  Seitenfiachen  des  Bauches  und  Brustkorbes,  schon 
in  der  Axilla  beginnend,  und  insbesondere  war  es  die  Hautbedeckung 
der  die  Achselhöhle  begrenzenden  Huskelbäuche.  Vom  Nabel  ab* 
wärts  war  die  Baucbhaut  dunkel.  Glied,  Gesäss,  Innenseite  der 
Oberschenkel  im  oberen  Drittel  waren  ebenfalls  braun.  Nach  Aus- 
setzen des  Mittels  schwand  die  Figmentirung,  um  bei  erneutem  Ge- 
brauche wieder  aufzutreten.  Da  keine  Addison'sche  Krankheit 
vorhanden  war,  auch  die  Reaction  auf  Arsenik  sich  genau  verfolgen 
lieaSf  so  schiebt  Verf.,  entgegengesetzt  den  Anschauungen  von 
Mobius  (Schmidt's  Jahrbücher  Bd.  22B)  im  Einklang  mit  Ver- 
öflfentlichangen  von  Ha  ff  1er,  Wygfl  die  Schuld  auf  Arsenik- 
gebrauch. 

Eine  interessante  Arbeit  über  Arseniklähmung  veröffent- 
lichen Erlicks  und  Rybalkin.  (Archiv  f,  Psychiatrie  Bd.  23,  H.  2, 


(iU» 


Buchwalil. 


Nach  ikren  Untere nchangen  hat  man  ee  mit  einem  centraleD  Procegae 
trophischen  Charaktere  im  Rückenmarke  und  einer  Neuritis  der 
Nerven  der  gelähmten  Extremitäten  zu  thun. 


Basij^eh  galltiäsaare^  Wiämiilli  (DerMatol), 

Bermatol  ist  im  vorigen  Jahre  von  Heinz  und  Liebreoht  in 
den  Arzneischatz  eingeführt  worden.  Das  Mittel  wird  von  der  Fabrik 
Meieter,  Lucius  und  B  r  ü  n  i  n  g  in  den  Handel  gebracht,  auch 
neuerdings  von  Merck  und  anderen  Firmen  hergestelH,  Die 
Präparate  sind  nicht  völlig  gleich werthig  zu  erachten  und  auch  in 
mancherlei  Baziehitng  verschieden,  wie  die  Pharmaceu tische  Central- 
halle  Nr.  2  hervorhebt.  Man  wird  gut  thun^  bei  seinen  Versuchen 
sich  des  Originalpräparates  zu  bedienen.  Die  Eigenschaften  des- 
selben haben  wir  im  vorigen  Jahrbuche  ausführlicb  geschildert,  auch 
ist  das  gutCi  brauchbare  Mittel  wobl  den  meisten  Äerzten  aus  eigener 
Anschauung  bekannt  geworden.  Im  Allgemeinen  hat  sich  die  von 
Glaeser  u,  A,,  auch  dem  Verf.  dieses  Artikels  demselben  vindi- 
cirte  Eigenschaft  als  zutreffend  herausgestellt  Es  ist  ungiftig,  absolut 
reizlos,  wirkt  antiseptisch,  besitzt  hervorragend  austrocknende  Eigen- 
schaft, ist  ein  ausgezeichneteH  Wundheilmittel,  handlich,  völlig  ge- 
ruchlos, haltbar,  luftbeständig^  billiger  als  Jodoform*  Das  Jodoform 
kann  es  nicht  ersetzen,  ist  aber  ein  Wundheilmittel  eigener  Art, 
welches  seinen  Platz  im  Arzneischatz  behaupten  wird.  Bezüglich 
der  ÜDgiftigkeit  waren  Zweifel  entstanden,  nachdem  WeissmüUer 
in  der  Berliner  klin.  Wochenachr.  1891,  Nr.  51  einen  Fall  von 
Intoxication  beschrieben  hatte.  Indess  weist  CMaeser  (Berh 
klin.  Wochenschn  Nr.  41)  und  auch  Heinz  mit  Recht  darauf  hin^ 
dass  es  sich  hier  um  eine  andere  Vergiftung  als  mit  einem  Wismut h- 
präparate  handeln  müsse.  Eine  Dermatol Vergiftung  kann  aber  nur 
als  W  i  8  m  u  t  h  V  e  r  g  i  f  t  u  n  g  verlaufen  :  durch  das  alkalische 
Wundsecret  wird  nämlich  Dermatol  langsam  in  gallussaares  Alkali 
einerseits,  Wismuthoxyd  oder  Hydroxyd  andererseits  gespalten. 
Gallussäure  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Ht?inz  aber  ungiftig. 
Die  Wismuth Vergiftung  Ist  nun  zwar  möglich,  auch  durch  Thier- 
experimente  vom  Dermatol  nachgewiesen,  sie  müsste  aber  dann  beim 
Menschen  in  der  für  Wismuth  Vergiftungen  typischen  Weise  verlaufen, 
wie  sie  Kocher  und  Petersen  beschrieben,  auch  sonst  ans  der 
Litteratur  bekannt  sind:  es  findet  sich  acute  Stomatitis  mit  starker 
Schwellung  des  Zahnfleisches^  der  Zunge,  des  Rachens,  Lockerung 
der  Zähne   und    Schwarzfärbung  des  Zahnfleisch randea^  gleichzeitig 


I 

I 
I 
I 


Araneiroittel lehre  and  Toxikologie. 


611 


tritt  Darmkatarrh  aizf  mit  Leibschmerzen  und  Durchfall^  BcklieasHch 
kommt  es  zu  desquamativer  Nephritis  und  VerdauungestÖrungen» 
ebelkeit^  Erbrechen.  So  verlief  nun  obiger  Fall  nicht;  dass  eö 
ledoch  unter  besonders  günstigen  Verhältnissen  zu  leichten  Intoxi- 
cationen  kommen  kann  ,  zeigt  der  von  0 1  a  e  s  e  r  mitgetheilte 
FalL  Die  Erscheinungen  waren  aber  so  geringfügige,  dassGlaeser 
trotzdem  das  Mittel  als  ungiftig  bezeichnet.  Dasselbe  zeigt  auch 
Stierlin.  (Correspondenzbl  für  Schweizer  Aerzte  Nr.  7»)  Eine 
^Hftusfüiirliche  Zusammenstelliing  über  die  Resultate  der  Dermatol- 
^Hbehandlung  hat  Kovert  in  seiner  Dissertation  (Breslau,  Dec.  1892) 
^Hgegeben.  Er  hebt  besonders  hervor,  dass  nur  ein  absolut  reines 
^^pViparat  als  Heilmittel  Verwendung  finden  darf.  Namentlich  ist  auf 
^^Arsengehalt  Rücksicht  2u  nehmen^  was  namentlich  auch  bei  der  jetzt 
■  vorgeschlagenen  internen  Behandlung  mit  Dermatol  zu  berücksichtigen 
j         ist,  auch  darf  das  Dermatol  keine  freie  Gallussäure  enthalten.     Bac- 

Steriologiflche  Untersuchungen  haben  früher  Rosenthal,  Bliibm, 
eenerdings  8 tone  aegestellt.  Die  üngiftigkeit  des  Mittels  wird  fa^st 
ftllBeittg  betont,  so  namentlich  auch  von  Dorn  berger  in  der  Kinder- 
heilkunde, und  bei  interner  Application  von  Dutto  und  Colasanti. 
Letztere  gaben  tägliche  Dosen  von  3—6  g,  Kovert  gab  wochen- 
lang Dosen  von  6—8  g^  ebne  Intoxication  zu  beobachten.  Neuere 
Arbeiten  in  der  Gynäkologie  röhren  her  von  Asch  (Centralbl.  f. 
Gynäk.  Nr.  1).  Er  bestätigt  die  eminent  austrocknende  Wirkung^  es 
bewährte  sich  das  Dermatol  besonders  gut  bei  Dammrissen  und  Damm* 
plaatikeu,  Dermatolgaze  wurde  bei  Scheidenkatarrhen  zur  Tampo- 
nade  angewendet.  Auch  Fritsch  hebt  die  Vorzüge  des  Dermatol«^ 
in  der  5.  Auflage  seines  bekannten  Lehrbuches  hervor.  In  der 
Chirurgie  bestätigen  neuere  Arbeiten  von  Stierlin,  Stone, 
We  r  t  h  e  r  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  2&),  Powers  da» 
frühere  Gesagte. 

Zar  Nachbehandlung  nach  gatvauocaustischen  Operationen  in  der 
Nase  will  Aronsohn  (Deutsche  med.  Wochenschr*  Nr.  2H)  das  Mittel 
tagelang  angewandt  wissen*  Dermatol  übt  nicht  den  geringsten  Reis 
aus;  es  hindert  die  Entzündung,  mildert  die  Schmerzen,  beschränkt 
die  Secretion,  macht  bei  frühzeitiger  und  reichlicher  Anwendung  alle 
bis  jetzt  gebräuchlichen  Tampons  überflüssig.  Bloebaam  (Deutdcfar 
Hed.-Zeitg.  Nr.  1)  empfiehlt  Einblasung  von  Dermatol  nach  gatvano* 
caustischen  Operationen  im  Rachen«  In  der  Opbthalmiatnk  ver- 
wendet Eversbusch  (Deutsche  Med.-Ztg,  Nr,  1)  das  Dermatol  bei 
Bolbusverletzungen.  Es  bat  den  Vorzug,  «ich  mit  den  Eir  '^  -  ' 
secreten  zu  emulgiren.     In  der  Otiatrik   haben  Dermatol 


iAH 


Budiwald. 


Davidsohii  und  Chaoiowaki  mit  gatem  Erfolge  bei  Otorriaoen 
ÄCgewacdt  In  der  Berliner  klimscbeD  W o che o sehr ift  Nr.  M  ver- 
öH'yntlicben  Colasanti  und  Dutto  ibre  Untersuchungen  überBer- 
matol  bei  Darmleiden,  Ea  entaprach  vollkommen  der  Erwartung 
als  eines  der  besten  Äntidiarrhoica  der  modernen  Mediciu.  Sie  ver- 
ordneteo  es  in  Dosen  von  2—6  g  pro  die,  m  Pulvern  von  0,25—0,6, 
entweder  allein  oder  eventuell  mit  Opium  0,05—0,1  gemischt,  wenn 
gleichzeitig  Schmerzen  vorbaüden  waren.  Besoodere  VerwendüDg  fand 
es  bei  colliquativeo  Diarrhoen  der  Phthisiker.  Etwa  IOC)  Tuberculöse 
wurden  auf  diese  Weise  behandelt.  Bald  nach  den  ersten  Dosen 
stellte  sich  Besserang  ein,  und  selbst  bei  Patienten,  welche  vorher 
täglich  10 — 11  Ausleerungen  gehabt  hatten,  stand  die  Diarrhoe.  Bei 
den  Diarrhoen  Typhöser  wurden  1 — 3  g  auf  100  g  Gummischleim 
verordnet.  Nach  2^ — 3maliger  Wiederholung  Hess  der  Darchfali  nach. 
Oleich  günstigen  Erfolg  sahen  die  genannten  Autoren  bei  geschwüri- 
ger Enterocolitis,  bei  einfachen  und  dysenterischen  Malariadiarrhoen 
und  bei  DurcbfäUen  nach  acuteo  Krankheiten.  Niemals  wurde  irgend 
eine  Unannehmlichkeit  beobachtet,  das  Mittel  ist  besser  als  andere 
Wismutbpräparatej  der  Urin  wurde  regelmässig  untersucht,  zeigte 
niemals  Abweichungen  vom  normalen  physikalischen  Verhalten, 
Gallussäure  oder  deren  Derivate  wurden  nicht  darin  gefunden  (ent- 
gegen den  Beobaohtungen  Bricka's).  Die  Fäces  wurden  bei 
grösseren  Gaben  durch  Bildung  von  Schwefelwismutb  schwarz  ge- 
färbt Kovert  sebst  verwandte  Dermatol  bei  Verbrennungen  am 
Auge,  bei  Schweissfues,  chronischen  Ekzemen,  Ulcus  cruris  etc. 

Unsere  eigenen  Erfahrungen  hat  Wert  her  (Ueber  Derma  to  1- 
behandlung;  aus  dem  Wenzel  Hancke'schen  Krankenhause.  Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  25)  veröffentlicht.  Besonders  hervorzuheben 
sind  die  Wirkungen  bei  Verbrennungen  zweiten  Grades.  Nach  Ab- 
tragung der  Blasen  wurde  Dermatol  dick  aufgepulvert  Die  Wunden 
heilten  auffallend  schnell.  Bei  ausgedehnten  Brandwunden  kann 
man  zwar  Dermatol  in  reichlicher  Menge  auftragen,  nicht  aber 
Jodoform. 

Dermatol  ist  nach  dem  näher  Erörterten  ein  brauchbares  Mittel, 
welches  mit  dem  Jodoform  gar  nicht  verglichen  werden 
sollte.  £a  ist  ein  Wandheilmittel  und  Antidiarrhoicum  eigener 
Art,  welches  dauernd  seinen  Platz  im  Arzneischatze  behaupten  wird* 


Antimon. 

Gegen  den  Gebrauch  der  Antimonpräparate  wendet  sich 
«iner  unserer  geschätztesten  Pharmakologen ,  Harnack,  mit  Recht. 


ArzaeimitteÜelire  und  Toxikologie. 


61Ö 


Antimon  war  zu  yerscbiedenen  Zeiten  sehr  beliebt,  daiiu  wieder  in 
Misßcredit  gekommen.  Noch  iin  Jahre  1830,  zu  einer  Zeit,  wo  man 
vüEQ  Stimulus  und  Cootrastimulus  sprach ,  wareu  nicbt  weniger  als 
21  Antimonpräparate  officinell  ^  heute  aiod  nur  noch  Brechwoinsteiü 
und  Goldschwefel  ofticineU,  Entbehrlich  sind  auch  dieae.  Man  ver- 
wendet heut  zu  Tage  die  Antimonpräparate  noch  zu  folgenden  Zwecken : 
1)  als  hauten tzün den  des  Mittel  zum  Zwecke  einer  Ableitung  auf  die 
Haut;  2)  als  Emeticum;  3)  als  nauseoses  Expectorans;  4)  als  Diapho- 
reticam;  5)  als  Ftebermitteh  Als  Pustelsalbe  ist  die  Brechweinstein- 
salbe  entbehrlich,  wir  haben  bessere  Mittel,  auch  ist  der  Effect  leicht 
ein  excesaiver,  indem  er  zur  Nekrose  führt.  Die  emetische  Wirkung 
des  Brechweinsteins  ist  ebenfalls  keine  besonders  gute*  An  und  f\!iT 
sich  werden  ja  Brechmittel  selten  verordnet,  will  man  aber  ein 
Brechmittel  anwenden  ^  so  bat  man  am  Apomorphin  ^  in  richtiger 
Gabe  angewendet^  ein  viel  besseres.  Man  soll  nur  nicht  gleich 
Gaben  von  10 — 20  mg  anwenden,  sondern  mit  Gaben  von 
3—5  mg  beginnen.  Als  nauseoses  Expectorans  ist  Apomort>hin 
gleichtalls  vorzuziehen,  die  alten  Plummer'schen  Pulver,  Calo- 
mel  mit  Sulfur  auratum  sind  entbehrlich.  Als  Diaphoreticum  und 
Antifebriie  bedürfen  wir  des  Tartarus  stibiatus  ebenfalls  nicht.  Wir 
haben  hier  bessere  Mittel.  Den  Ausführungen  Harnack's  können 
wir  nur  voll  beistimmen*  Die  Antimoopräparate,  auch  dar  viel  ge* 
ptriesene  Brechweinslein,  sind  entbehrlich.  fMünch«  med.  Wochen- 
schrift Nr,  11.) 


Bremofoni. 

Das  von  Stepp  gegen  Keuchltusten  empfohlene  Bromoforiu 
wurde  neuerdings  auch  von  Cassel  in  Anwendung  gesogen«  Von 
40  Falien  konnten  nur  13  verwertbet  werdea^  Die  Donimng  betrug 
im  l,  Lebensjahre  gewöhnlich  8mal  t^lich  S— 4  Tropfen ,  in  den 
folgenden  ^:imal  taglich  4 — 5  Tropfen  unter  den  von  Stepp  aoge' 
gebenen  Cautelen.  Hdbere  Dosen  wurden  nicht  verabfolgt.  Der 
Gesammtgebraadi  dee  Bronofoms  ech wankte  aewiseben  10  uiMi  20  g^ 
Ueble  Kebenwtriniiigen  worden  mekt  t»eabttclilet  Em  war  kein 
Todesfall  su  veriejchnen,  ob^lekli  wwm  fUle  mit  eehw^er  kjUerrheli* 
scher  Pneumonie  complktft  waren.  Die  Dauer  der  IffluMÜkiiffi  lie- 
trug  im  Mittel  <>1^  Tage,  Verf.  reewnirt,  ämm  ualer  dem  OefaiMeh 
von  Bromoform  die  Zakl  der  AnfiUUs  nnxweifelheft,  die  Inleoeattl  b 
der  Mehrzahl  der  Ritte  gns  cribsUach  iwehgeaefTt  wM,  wdireiid 
von  einer  AbkdnoBg  dee  Qi  ■■■■■f  f  eriiiifei  keine  Bede  ■eis  Iceofi, 
Grötaere  Dosen  könnten  hier  wokl  mAr  leieteB,  doeli  derf  wamü  eie 


620 


Buchwatd. 


wegen  der  Intosdcationsgefahr  nicht  geben.  Wenn  demnach  auch 
Bromoform  als  eine  Bereicherung  des  ArKneischatzes  anzusehen  ist, 
werden  doch  andere  Mittel,  wie  Chinin ,  Belladonna^  Antipyrin,  nicht 
entbehrlich.     (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  6.) 

Zwei  Fälle  von  Brom  oformvergiftung  veröfFeiitlicht 
Neiden  (Therap.  Monatshefte  Nr.  5).  tm  ersten  Falle  hatte  ein 
2 ^,'^ jähriges  Kind  4  g  Bromoform  auf  einmal  getrunken.  Unmittelbar 
nach  dem  Oenuss  gerieth  das  keuchhustenkrsnkt?  Kind  ins  Schwank eD, 
wie  ein  Betrunkener,  um  dann  sofort  hewusstlos  hinzustürzen.  Der 
Körper  war  regungslos,  die  Bchmerzempfindung  aufgehoben^  der 
Kopf  hing  schlaff  herab,  an  den  Extremitäten  bestand  nicht  der  ge- 
ringste Contractiona  zu  stand,  dagegen  waren  die  Masaeteren  stark 
contrabirt,  die  Zahureiben  fest  aufein andergepresst.  Gesicht  cya- 
notiscb,  Bulbi  unbeweglich,  Pupillen  stark  myotiacb,  CorDealreflex 
aufgehoben  j  Eespiratioo  oberflächlicb  ^  frequent,  der  Ätbem  nach 
Bromoform  riechend,  Traoheal rasseln ^  Puls  freqiient,  klein,  150  in 
der  Minute,  zuweilen  auesetzend.  Die  Therapie  bestand  in  heissen 
Einwickelungen ,  Campher-  und  Aetberinjectioneri,  Ausapülung  des 
Magens.  Im  weiteren  Verlaufe  wurde  noch  Albuminurie,  bedingt 
durch  Auftreten  von  weissen  und  rothen  BlütsBeÜen  im  Urin,  con- 
statirt.  Das  Kind  genas  übrigens  nach  längerer  Zeit  In  einem 
zweiten  Falle  (LeichteneterD-Herrmanns)  hatte  ein  Sjähriges,  an 
Keuchhusten  leidendes  Mädchen  6  g  Bromoform  getrunken.  Die 
Symptome  bestanden  in  hochgradiger  Asphyxie,  Cyanoae,  völliger 
Bewuastlosigkeit,  Erschlaffung  der  Extremitäten,  Puls-  und  Re- 
gpirationslosigkeit,  Myosis  wurde  constatirt.  Künstliche  Respiration 
wurde  lange  Zeit  gemacht,  dabei  zeigte  sich  Lungenödem,  der  Puls 
sehr  schwach,  äusserst  frequent.  aussetzend.  Durch  heisses  Bad 
und  Aetherinjectionen  wui*den  die  bedrohlichen  Symptome  bekämpft 
Das  Kind  genas.  Das  Bild  der  Bromoformasphyxie  glich 
dem  Bild  einer  Chioroformasphyxie*  Interessant  war,  dass  in 
diesem  zweiten  Vergiftungsfalle  durch  die  Brom  oformvergiftung  die 
Keuchhusten  an  ßiile  erloschen  waren,  und  der  Keuchhusten  als  ge- 
schwunden anzusehen  war.  Laichtenstern  ist  der  Ansicht,  dass 
Bromoform  nichts  Besonderes  nutzt,  Wirkung  siebt  mau  eher  von 
Morphium  und  Chloralhydrat.  Einen  Unterschied  in  dem  Verhalten 
von  medicamentös  und  nur  diätetisch  behandelten  keuchhustenkranken 
Kindern  konnte  er  nicht  wahrnehmen«  Dem  gegenüber  stehen  aller- 
dings die  positiven  Erfahrungen  anderer  Aerzte. 


ArKneiniil teilehr«  und  Tozikolofle,  i;*>l 

Brtmitlijl  (Aetlier  liromiitm«»  fnrtsdaiis  Mertk). 

lieber  die  immer  mehr  und  mehr  in  Aufnahme  gekommene 
Bromäthylnarkose  in  der  Zabnheilkunde  and  kleioec 
Chirurgie  gibt  Gilles  in  der  BerL  kiin.  Wochenschr.  Nr.  8  u*  9 
eine  ausf&hrlicbe  Beschreibung.  Es  wird  das  Historische,  die  Be- 
mtongäweise  etc.  geschildert  and  dann  näher  auf  die  Technik  ein- 
ngen.  Gilles  bedient  sich  einer  eigenen,  vom  Inätrumenteu* 
macber  Böser  in  Coln  hergesteUten  Maske,  welche  weseotlicb  die 
rasche  Verdunstung  des  fl&cbtigen  Betäubungsmittels  verhüten  soll. 
£r  hat  dadurch  stets  geringe  Mengen  Bromäthjl  gebraucht.  Meist 
genügte  ein  einmaliges  Durchnässen  der  Maske  mit  einer  Dosis  von 
5—6  g,  um  für  kleinere  Operationen  hinreichende  Analgesie  su  er- 
spielen. Bei  Kindern  und  Erwachsenen  von  »arter  Constitution  ge- 
nügten meist  3—4  g.  Mehr  als  10  g  wurden  nur  ausnahmsweise 
gebraucht.  Die  Narkose  trat  in  der  Begel  in  ca,  21»— 4i)  Secundeu 
ein,  manchmal  in  noch  karzerer  Zeit,  die  Mehrzahl  der  Patienten 
athmete  das  Bromäthy]  ohne  Heizeriscbeinuugen  ruhig  ein.  Eincelue 
hatten  anfangs  eine  gewisse  Beklemmun^^  sie  wehrten  nach  Athem 
ringend  das  Mittel  ab,  meist  aber  beruhigten  sie  sich  und  athmeteti 
ruhig  weiter  bis  zu  gelungener  Narkose.  Hat  man  es  mit  ängstlichen 
Patienten  zu  thun,  so  giesst  man  anfangs  nur  einige  Tropfen  auf,  bis 
sich  der  Patient  an  das  Mittel  gewöhnt  hat,  dann  die  ganie  Menge. 
Holländer  lässt  seine  Patienten  langsam  1^  2  zählen,  bis  sieh  eine 
gewisse  Verwirrung  im  Zählen  geltend  mecht,  Dass  der  geeignete 
Moment  zum  Operiren  gekommen  ist^  erkennt  man  darwn,  das«  die 
anfänglich  vorhandene  Streckung  der  Extremitäten  nachzulasöon  be- 
ginnt, und  die  Athemzüge  langsamer  und  tiefer  werden,  wie  bei 
einem  gesunden  Schlaf.  Manchmal  ist  Stertor  vur banden,  ht  man 
zweifelhaft,  ob  die  Narkose  genügt,  fordert  mau  den  Krauken  aul, 
die  Hand  zu  erheben.  Vollführt  er  dies  gar  nicht  oder  mit  MUho, 
lisst  die  Hand  gleich  schlaff  sinken,  so  ist  genügende  Betäubung  tun- 
getreten. Erlöschen  des  CornealreHesces  ist  niabt  zu  tienutKen^  häutig 
tritt  er  nur  unvollkommen  oder  gar  nicht  ein.  Öröeaoro  Mengen 
jj  Bromäthyl  sind  zu  vermeiden,  sie  schaden  mehr  uk  sie  nützen,  für 
|i  langdauernde  Narkosen,  bezw,  grössere  Operationen  eignet  «iuh 
f  Bromäthyl  überhaupt  nicht.  Excitation  ist  bei  richtig  goloiletor 
Bromäthylnarkose  —  sie  will  eben  gelernt  sein  —  aelton,  I*(jU  untl 
i  Athmung  verhalten  sich  nahezu  normal.  Die  Mutükelu  t*ind  HeUtsii 
j^K  erschlaflFt,  meist  sogar  ist  eine  Erhöhung  des  MuakeltonuM  zu  mn- 
^H  statiren.     An  der  Unterarm-,  Finger-,  Kitumunculatur   igt  oft   gontig 


iV2U 


Bijchwald. 


tetaDischo  ZusammenziehuDg  vorhaDden,  Auch  Opisthotonus  findet 
sich.  Schneider  zeigtej  dass  man  Thiere  grosso  Mengen 
BromätJovl  einathmen  lassen  kann,  ehe  sie  sterben^  die  Äthmung 
hört  früher  anf^  als  die  flerzthätigkeitj  der  Tod  durch  Synkope  igt 
also  weniger  zu  befürchten  als  beim  Chlorotbrm.  Schneider  wie 
auch  Holländer  halten  entgegen  den  Ansichten  Löher's  Bromälhyl 
für  kein  Herzgift,  Abooji  ist  derselben  Meinung.  Die  früher 
geschilderten  Todesfälle  sind  durch  grosse  Dosen,  oder  durch  falsche 
resp.  schlechte  Präparate  hervorgerufen;  noan  soll  nur  obiges  Präparat, 
in  kleinen,  gut  verschlossenen,  vor  Lieh tein Wirkung  geschiitzten 
Gläsern  verwahrt,  benntzen,  Gilles  hebt  zuletzt  als  Vorzüge  hervor: 
Ausserordentliche  Einfachheit  und  Bequemlicbkeit  der  Anwendung, 
eine  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  anzunehmende  Ungefährlich keit 
der  Narkose  bei  Anwendung  der  erlaubten  Menge  (5 — 15  g),  sehr 
rascher  Eintritt  der  Narkose,  rasches  Erwachen  aus  derselben,  gleich 
subjectives  Wohlbefinden,  kein  Erbrechen,  Ausserdem  wird  die 
Entbehrlichkeit  eines  zweiten  Arztes  hervorgehoben»  Nachtheile  sind 
die  bisweilen  starke  Excitation,  der  knoblauchartige  Geruch,  der  bis 
zum  2. — 5.  Tage  im  Athem  wahrnehmbar  ist,  und  die  Unbraucbbar- 
keit  för  längere  Narkosen.  Die  nöthigen  Cautelen,  welche  für  jede 
Narkose  dringend  ans  Herz  zu  le^en  sind^  Untersuchung  des 
Herzens  etc. ^  sind  natürlich  nie  ausser  Acht  zu  lassen,  auch  wird 
man,  wenn  irgend  möglich,  die  Narkose  nur  unter  Assistenz  eines 
zweiten  Arztes  vornehmen,  wegen  eventuell  nöthig  werdender  künst- 
licher Respiration. 

Ziemacki  berichtet  über  f»00  Narkosen  mit  Bromäthyl, 
ist  für  kurzdauernde  Narkosen  mit  dem  Mittel  sehr  zufrieden,  er  giesst 
erst  einige  Tropfen ,  dann  5^  8  g  auf.  Für  längere  Narkosen  fand 
er  es  ebenfalls  unbrauchbar.  Bei  Verbandwechsel  in  der  Kinder- 
praxis will  er  es  auch  angewendet  wissen,  Kraske  hat  sogar  Kropf* 
enucleationen  in  Bromäthylnarkose  vorgenommen,  (Archiv  f.  klio, 
Chirurgie  Bd.  42.)  Gleich  verwendet  auf  der  Billrot  haschen 
Klinik  die  mit  Stanniol  überzogene  Es  mar  c  hasche  Maske.  Ruhe 
in  der  Umgebung  muss,  wie  bei  jeder  Narkose,  herrschen.  Re- 
spiration und  Puls  werden  frequenter,  das  Qesicht  röthet  sich, 
Cyanoae  tritt  nur  nach  grossen  Dosen  ein^  nach  ij  Minute  aeigt 
sich  Streckung  der  Extremitäten  >  Excitation  wurde  bei  Potatoren, 
einmal  auch  epileptische  Zuckung  und  Erythem  beobachtet.  Es  sei 
gleichgültig,  ob  bei  leerem  oder  vollem  Magen  narkotisirt  werdei  es 
trete  kein  Erbrechen  ein  während  der  Narkose  —  besser  wird  man 
immer  bei  leerem  Magen  betäuben  — ,  bei  Kindern  könne  man  bis 


i 


Atzne'miiüel lehre  und  Toxikologie. 


62a 


"10  g^  bei  Erwach Beoen  bia  zu  SO  g  geben,  Dittel^  Mettnitz, 
Hacker  bestätigen  die  AngabeD  Gleich'a,  DasB  die  Gefahren  für 
das  Herz  geringe  sind^  zeigt  auch  Regli  io  seiner  Dissertation, 
Bern  1892.  (Correspondenzblatt  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  10.)  Aus- 
geschieden werde  übrigens  das  Bromäthyl  nicht  aUein  durch  die 
Lungen,  sondern  auch  durch  die  Nieren,  längere  Anwendung  könne 

I Nieren reizung  erzeugen.  Eine  combinirte  Chloroform-Brom- 
Ithylnarkose,  wie  sie  Ferrier  will  (Semaine  mödicak  Nr,  56), 
ist  nicht  za  befürworten. 
Gleich,  der  oben  das  Mittel  empfahl,  berichtet  übrigens  über 
einen  Fall  von  tödtlicher  Bromäfchylnarkoae,  Ein  48j ähriger 
Patient  worde  wegen  Spaltung  eines  Furunkels  mit  Bromäthjl  nar- 
kotisirt;  er  war  etwas  icterisch  und  hatte  einen  frequenten  Puls. 
Die  Maske  wurde  nnch  2  Minuten  entfernt.  Plötzlich  trat  Cyanose 
und  Stillstand  des  Herzens  und  der  Äthmung  ein»  Kttuötliche  Re- 
spiration war  fruchtlos.  Die  Autopsie  ergab  fettige  Degeneration 
des  Herzens  und  der  Leber.  Es  zeigt  dieser  Fall,  daas  man  doch 
die  Organe  vorher  genau  controUiren  soll  und  bei  allen  Fällen,  wo 
eine  locale  Anästhesie  möglich  ist,  diese  vorzuziehen  hat.  Wir 
anästhesiren  bei  solchen  Erkrankungen,  wie  Abscesaen,  Furunkeln  etc  y 
nur  mit  dem  Petroleumätber-Aetberepray  local  und  können  dem  prac- 
tischen  Arzte  nur  ratben,  allgemeine  Narkosen  nur  dort  vorzu- 
nehmen,  wo  sie  sich  durch  locale  nicht  ersetzen  lassen. 

Jendritza  beschreibt  ebenfalls  einen  Fall  von  rasch  vorüber- 
gebender Intoxication  nach  Bromäthylnarkose ,  dieselbe  war  am 
'  Tage  vorher  wegen  Zahnextraction  vorgenommen  worden,  Cyanose 
I  war  nicht  vorhanden,  hingegen  Bewusstlosigkeiti  erloschene  Sensi- 
f  bilitat  und  reflectoriache  Zuckungen  am  Musculus  orbiculans  palpe- 
^^brarum  wurde  bemerkt.  (Therap.  Monatsh,  Nr.  B.) 
^B  Alles  in  Allem  genommen  ist  Bromätbyl  ein  gutes,  wenig  ge- 
^^Uirliches  Betäobnngsmittel ,  welches  seinen  Platz  im  Arzneischatz 
behaupten  wird. 


Brumpräparatf. 


^B       Der  Werth  und  die  An  wen  du  ngs  weise  der  Brompräparate  wird 
^^fci   dem  sehr  lehrreichen   AufsAtze    von  Eulenburg,    Ueber  den 
^^etzigen  Stand   der   Epilepsiebehandlung  (Therap.  Monatsh. 
Nr.  II  u.  12)  besonders  ausführlich  besprochen.   Bei  jeder  Epilepsie- 
behandlung muss  genau  Buch  gefrihrt  werden  über  Zahl,  Art,  Inten- 
sität,  Dauer  etc.   der   einzelnen  Anfälle.     Sehr  viele  Brompräparate 


6^4 


Büchwald. 


sind  gegen  Epilep&k^  empfohlen  worden,  aber  auch  ebauäo  schnell 
wieder  verlassen  worden:  Bromeisen,  Bromcadmium^  Brom- 
gold, Bromalhjdrat,  Bromäthylen,  BromchiniOi  B  r  o  m- 
campher  etc.^  heatehen  geblieben  sind  nur  die  drei  Bromsake  Brom- 
kalium, Bromnatriam,  Bromammonium,  bald  worden  sie  allein, 
bald  combinirt  gegeben.  Erlenmeyer  kam  auf  den  Gedanken^ 
2  Theile  Bromkalium,  2  Theile  Bromnatrium,  1  Theil  Bromammo- 
niom  in  kohlensäurehaltigem  Wasser  zu  verabreichen,  und  bald  war 
das  Erlenm  eye  rasche  Bromwasser  allgemein  bekannt  Euienburg 
bedient  sich  desselben  auch  seit  fast  8  Jahren  und  ist  damit  zu- 
frieden ^  die  Erscheinungen  des  Bromismus ^  der  cumulativen  Wir- 
kung, das  Exanthem^  Gaßtrointestinalkatarrbe,  Dyspepsie  etc.  werden 
dadurch  nicht  vermieden,  schwerere  Grade  des  chronischen  Bromis- 
mus  und  die  Kachexie  sind  jedoch  bei  Aufmerksamkeit  zu  verhüten. 
Billiger  und  bequemer  sind  die  N eus 8-8 and o waschen  brausenden 
Bromsalse,  Bromsalx,  Bronaeisensalz  und  BromcoffeinsaU. 
Das  Erlen  m  eye  rasche  Verhältnias  der  ßromide  2:2:1  ist  auch 
hier  gewahrt.  Das  Eisensak  enthält  40  Oq  Bromalkali,  1%  Eisen, 
das  CofTeinpraparat  3  ^j^  Coffein,  30  %  Bromalkali,  Am  besten  gibt 
man  die  Bromsahe  in  obiger  Eorm,  nie  gebe  man  die  reinen  Salze 
in  concentrirter  Form,  sondern  stark  verdünnte  Lösungen  in  kohlen- 
g&urehaltigen  Wässern.  Die  Dosis  sei  eine  genügende,  d.  h.  den 
Anfallen  und  dem  Alter  entsprechende,  Meist  braucht  man  bei  Er- 
wachsenen  5— 10g  pro  die  in  3  Theilen  gegeben.  Weniger  nützt  meist 
nichts,  EU  viel  sali  man  auch  nicht  geben.  Kommen  die  Anfalle  nur 
am  Tage,  so  wählt  mau  am  besten  zwei  grössere  Tagesdosen,  20  bia 
30  Mtnaten  nach  der  Morgen*  und  Mittagsmahlzeit^  bei  überwiegend 
nächtlichen  AnflÜlen  gibt  man  die  eine  Dosis  nach  dem  Abendbrod, 
oder  man  vertheilt  die  Geaammtmenge  aof  die  drei  Hauptmahlzeiten. 
Auf  den  nflchternen  Magen  nach  Yoiain's  Vorschlage  soll  man 
die  firomsalxmiachong  nicht  geben.  Die  Mittel  diiid  minde- 
steji«  2,  besser  noch  3  Jahre  nach  dem  Auftreten  der  letilen  Aix- 
fUle  III  geben,  auch  aoU  während  der  ganzen  Cardaaer  BromsaLs 
nicht  einen  Tag  ausgelassen  werden;  die  Menatraation  hindert  nicht; 
die  gewöhnlichen  leichten  Erscheinungen  der  Bromintoxicatian ,  wie 
Acne,  leichter  Gastrokatarrh ,  bedingen  keine  Unterbrechung ,  aadi 
keine  Herabsetsung  der  Dosis,  aondem  nur  eine  Beob«cbtiiiig  der 
bekatuitea  hygienischen  Massnahmen ,  roborirende  Diät,  Bewegang, 
Hautpflcgei  Bäder  etc«  Hat  man  die  genügende  Tagesdosia 
ermittelt^  so  soll  sie  während  der  ganzen  Ourdauer  beibekaUeii 
«erden.    Es  gibt  nun  alterdinga  Fälle>  etwa  b^^,  wo  Brompripante 


i 


i 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


fi25 


mcöl  vertragen  werden,  Bromißmiis,  Kachexie,  Adynamie,  Gedächt- 
uisaechwäche  etc.  auftreten,  oder  gar  kein  Heileffect  bemerkt  wird, 
dann  kann  man  versuchen,  entweder  mit  kleinen  Dosen,  orier  mit 
Eisen,  Arsen  und  Bromsalzen  gleichzeitig  vorzugehen;  auch  da  wird 
man  manchmal  noch  Heilung  sehen,  in  einigen  wenigen  Fällen  ist 
allerdingB  alle  Behandlung  fruchtlos,  aber  auch  die  sonst  gepriesenen 
Antepileptica  helfen  in  solchen  Fällen  nicht.  Man  lasse  sie,  wie 
Ealenburg  sagt,  in  Frieden  ruhen  1  Dies  gilt  von  den  Zink-, 
Wismuth-,  Silberpräparaten,  von  der  Belladonna,  dem  Amylenhydrat, 
Borax  etc.,  dem  Pulver  aus  verkohlten  Elstern,  welche  zwischen 
Weihnachten  und  drei  Königen  gesohossen  sein  müssen  (Epilepsie* 
mittel  der  Dres'iener  Diaconissenanstalt).  Eine  nothwendige 
Ergänzung  zu  der  med icamen tosen  Behandlung  ist  die  diätetisch- 
hygienische. Blande  Kost,  Vermeidung  von  Alkohol  und  Tabak, 
Bewegung  im  Freien,  genügende  geistige  Ruhe,  hydrotherapeutische 
Proceduren, 

Jodütorni. 

üeber  den  Werth  der  Jodoformbehandlung  bei  Tuber- 
culose  der  Knochen  und  Gelenke  sind  die  Ansichten  so  ziem- 
lich geklärt.  Die  meisten  namhaften  Chirurgen ,  wie  B  i  1 1  r  o  t  h, 
Mikulicz,  Braus,  Mosetig»  Trend  elenburgu.  A,  haben  die  Jodo- 
formtherapie obenangestellt,  Üeber  die  Art  der  Behandlung  hat 
^ch  auch  fast  die  gleiche  Methode  ausgebildet,  es  handelt  sich  nm 
Tamponade  mit  Jodoformgaze,  Jndoformglycerin-  oder  Jodoformöl- 
Einsprltzungen,  parenchymatöse  Injectionen. 

Neuere  Arbeiten  über  diesen  Gegenstand  rühren  her  von  Wo  Im 
(Inaugural-Dissertation,  Breslau),  Arons  (Beiträge  zur  klinischen 
Chirurgie  etc.),  Bryant  (Times  and  Beg.  Phiiadelph.,  Febr.).  Nur 
tiber  die  beste  Injectionsflässigkeit  haben  Besprechungen  stattge- 
funden. Stubenrauch  fand,  dass  bei  ungeeigneter  Sterilisa- 
tion freies  Jod  entsteht,  und  solche  Jodoforminjectionen  sehr  heftige 
Nebenwirkungen  zeigen.  Er  gibt  eine  eigene  Steril isationwmetb od e 
von  Jodoforminjectionsflüssigkeiten  an.  (Centralblatt  f.  Chirurgie.) 
Zweckmässiger  ist  es,  statt  eine  umständliche  Sterilisation  vorzu- 
nehmen, Jodoform  in  gekochtem  Mandel-  oder  Olivenöl  nach  der 
Abkühlung  zu  lösen  oder  zu  sospendiren.  Das  Jodoform  kann  vor- 
her mit  Sablimatlösung  gewaschen  werden.  Am  besten  ist  das  fein- 
pulverige  auf  elektrolytischem  Wege  gewonnene  Jodoform  der  I 
Scherin  gesehen  Fabrik  zu  wählen.  (Garr^,  Zur  Sterilisation 
von  Jodoformölemulsion.  Centralblatt  für  Chirurgie  Nr.  39. 
iahrbuch  d.  pract.  Medi<:iii.    1883.  40 


(i2Ü 


BTichwald. 


Bohni  Gorrespondonzbh  f.  Scbweizer  Aerzte,)  Die  Lösungen  sind 
b — lO^'^ig.  iJags  mau  mit  der  Jodoform&D Wendung  vorsichtig  sein 
muss,  «eigen  neue,  von  Dreesmann  und  Naecke  (Berliner  klin. 
Wochenschr.  Nr.  7)  beschriebene  Fälle  von  Jodoformintoxication, 
Sie  sollten,  nacbdem  wir  die  Jodoformwirkung  bo  genau  kennen, 
nicht  mehr  vorkommen.  Daas  Jodoform  Dermatitis  erzeugt,  lehren 
die  Fälle  von  Legiehn  und  Hahn,  (Tberap.  Monatsb.  Nr.  2  u.  4,) 
Neisser  macht  auf  die  eminente  Wirkung  des  Jodoforms 
gegen  Culturen  von  Cholera  Vibrionen  aufmerksam  und 
meint,  es  sei  Jodoform  in  zulässigen  Gaben  eines  Versuches  werth. 
(Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr,  10/)  Gegen  Kehlkopftuberculoae 
empfiehlt  Siemon  (Deutsche  Med.-Ztg;  Nr,  57/)  Inhalationen  von 
Jodoform : 

Jodoform,  1^0, 

OL  Eucalypti  20,0, 

Ol,  CaryophylK  5,0, 
eventuell  mit  etwas  Alkohol  vereetzt  Drei-  bis  viermal  täglic 
werden  10—15  Tropfen  auf  Terpentinöl  ^e^osaen  und  aus  Mnem  vom 
Verf.  angegebenen  Inhal ationsfläschchen  eingeathmet.  Namentlich 
soll  das  lästige  Schluck  weh  bei  munchen  Phthisikern  dadurch  ge- 
mildert werden. 

Aristo), 

Ueber  den  geringen  Werth  des  SubBtitutionsmittels  des  Jodo- 
forms haben  wir  uns  bereits  im  vorigen  Jahrbuch e  ausgesprochen. 
Neue  Ai'beiten  haben  u.  A,  Günz  und  Vinay  veröffentlicht.  Gunz 
will  das  Aristol  dann  angewendet  wissen ,  wenn  Jodoform  wegen 
Beines  Geruches  nicht  tolerirt  wird.  Es  soll  dann  das  relativ  beste 
Ersatzmittel  sein.  (Memorabilienf  Januar.)  Es  ist  jedoch,  wie  wir 
bereits  erwähnten^  vollkommen  entbehrlich. 


EurtFpben  (Isobiilylorthü(Teüj?t*ljmIid). 

Als  ein  Ersatz-  resp,  Ergänzungsmittel  des  Jodoforms 
wurde  im  vorigen  Jahre  das  etwa  28,1^  n  Jod  enthaltende  Präparat  em- 
pfohlen. Ein  Ersatzmittel  des  Jodoforms  ist  es  ebensowenig  wie 
das  Aristol  und  das  nicht  zur  Jodgruppe  gehörende  Dermatol.  Die 
geringe  Zahl  der  über  dieses  Mittel  erschienenen  Arbeiten  lässt  schon 
den  Scblusa  zu,  dass  besonders  hervorragende  Eigenschaften  dem* 
selbei)  nicht  innewohnen.  Es  hat  nicht  den  eigenartigen,  für  viele 
Menschen  unangenehmen  Geruch  des  Jodoforms,  ist  übrigens  eben- 
falls ein   gelbes  Pulver^    doch   nähert  sich   die  Farbe  mehr  der  des 


ArineimUtel lehre  und  Toxikologie. 


027 


¥ 


Aristolfl,  S  i  6  b  e  l  verwandte  Europhen  bei  Verbrennungen  in 
Salbenform : 

Europhen.  3, 

Ol.  Olivar,  7, 

Vaselin.  60, 

Lanolin,  3Ö, 
Abgeeeben  von  der  schmerzlindernden  Wirkung,  erzielte  Siebel  mit 
obiger  Salbe  rasche  und  gute  Heilungsresuitate.  Vergiffcnngssym- 
ptome  werden  bei  so  schwachen,  übrigens  wegen  des  hohen  Preises 
des  Europhens  theuren  Salben  nicbt  zu  förchten  sein.  lunerlicb 
nahm  Siebel  1,&  g  Europhen  ohne  Schaden*  fBerL  klin.  Wocben- 
Bchrift  Nr,  8,)  Petersee  (J^t.  Petersburger  med.  Wochenschr*  Nn  14) 
empfiehlt  dm  Europhen  als  gutes  VerbandmitteL  Er  bat 
60  Fälle  damit  behandelt^  und  zwar  25  Falle  von  Circnmoislon, 
20  Fälle  von  Ulcus  luolle.  Diese  und  die  früheren  Untersachuugen 
von  Eich  hoff,  Nolda,  Löweng  lein  zeigen  zwar,  das  s  Europhen 
ein  brauchbares  Mittel  ist,  daßs  es  aber  besondere  Vorzüge  nicht  be- 
sitzt.    Wegen  seines  geringen  Jodgehaltes  ist  es  minder  giftig. 

Ttiioptiendijodid 

wurde  bIs  ein  weiteres  Ersatzmittel  des  Jodoforms  in  Ao- 
Wendung  gezogen,  Thiophen  ist  ein  scbwefelhaitiger  Kohlenwasser- 
stoff der  aromatischen  Reihe.  Im  Thiophenjodid  sind  2  Atome 
Wasserstoff  durch  2  Atome  Jod  vertreten:  C4H.^J2S.  Es  krystalli- 
sirt  in  schönen  Tafeln,  ist  in  Wasser  unlöslich,  schmilzt  bei  40,5*'  C, 
an  der  Luft  ist  es  flüchtig.  Es  hat  einen  charakteristischen,  nicht 
anangenehmen,  in  Form  der  verwendeten  10ö|^^igen  Gaze  einen  schwa- 
chen, angenehm  aromatischen  Geruch.  In  Chloroform,  Aether,  heissem 
Alkohol  ist  es  leicht  löslich,  es  enthält  75,5  %  Jod,  9,5  o/,^  Schwefel, 
beide  an  Kohlenstoff  gebunden.  Bas  Präparat  stellt  in  tadelloser 
Weise  Schuihardt  in  Görlitz  her.  AiUibacterielle  Unter- 
suchungen wurden  von  Spiegier  angestellt;  Hock  verwandte  bei 
verschiedenen  chirurgischen  Leiden  theils  Pulver,  theils  Gaze  mit 
gutem  Erfolge.  Weitere  Versuche  sind  jedoch  abzuwarten,  (Therap, 
Monatsh.  Nr,  2,) 

^^        Als  weiteres  Thiophenpräparat  wurde  ferner  das 

^H  Thioptien8ii[f(»»4aurc  Natron 

F       von  i 
Pru. 


von  Spiegier   in    der    dermatologlscben    Klinik    von  Kaposi    bei 
Prurigo  gebraucht.    Es  ist  ein  weisses,  aus  Lösungen  in  ßlättchen 


d 


(>2H 


Buchwald, 


krystallisirendes  Präparat.  Es  enthält  33  *'  ^j  Schwefel;  für  sich  allein 
hat  68  einen  schwachen,  unangenebmefi  Geruch^  der  jedoch  bei 
5^100 j,igen  SalbbD,  weiche  empfohlen  werden,  slcli  nicht  bemerk- 
bar macht  Diese  Salbeo  aus  Lanolio  und  Vaseline  mit  5 — 10**(o 
thiophensnlfo saurem  Natron  hergestellt,  wurden  in  30  Fällen  ver- 
wendet Schon  nach  Ablauf  einer  Woche  trat  der  gewünschte  Er- 
folg ein,  die  Haut  wtirde  glatt,  die  Verdickung  ging  zurück,  dag 
Jucken  verschwand.  Da  das  Präparat  nii giftig  ist,  so  hat  es  gegenüber 
der  gebräuchlichen  Naphtholaalbe  gewisse  Vorzüge,  (Therapeut. 
Monatsh,  Nr.  2.)  Vielleicht  ist  dieses  Präparat  dazu  berufen^  das 
Toinenol,  über  welches  wir  im  vorigen  Jahrbtiche  ausführlich  be- 
ricliteten,   zu  ersetzen.     (Gf*  daselbst  und  Therap,  Monatsh.  Nr.  5,) 


In  der  Dermatotherapie  sind  ferner  mit  einem  von  Sei  bei  her 
gestellten  neuen  Schwefelpräparate  Versuche  angestellt  worden.  Er 
nennt  dasselbe 


Thilaniri  (braanes  gesthwi^felteiä  Lanolin). 


4 


Es  ist  ein  con staute b  Präparat,  welches  etwa  ^^^^  Schwefel 
enthält^  eine  salbenartige  Masse  darstellt,  von  derselben  Oonsistens 
wie  gewöhnliches  Lanolin;  es  hat  gelbbrännliche  Farbe,  den  charakte- 
ristischen Geruch  solcher  Schwefelverbindungen.  Saalfeld  empfiehlt 
es  bei  oberflächlichen  leichteren  Dermatosen,  es  soll  gewissermassen  das 
Ungüentum  Hebrae,  Borvaseline  oder  Borlanolin  ersetzen.  Besonders 
angewendet  wurde  es  bei  verschiedenen  Formen  des  subacaten, 
trockenen  und  schuppenden  Ekzems,  bei  Herpes  zoster  etc.  Auf  der 
behaarten  Kopfhaut  soll  unverdünntes  Thilanin  nicht  verwendet 
werden.  (Allgem.  med*  Centralztg.  Nr,  5*)  Als  Vorzug  wird  von 
Saalfeld  die  Reizlosigkeit  des  Mittels  hervorgehoben,  was  von 
Werman  {Schmidt's  Jahrb.  Nr.  6)  bestritten  wird.  Ausgedehntere 
Versuche  in  dermatologischeii  Kliniken  sind  abzuwarten.  Leider 
werden  die  meisten  neuen  Mittel  auf  Grund  kurzdauernder  Be- 
obachtungsreihen empfohlen. 

An  Stelle  des  Ichthyols  {e.  d.)  wurde  seinerzeit  das  schwefel- 
haltige 

Tbiol 

empfohlen.  Die  Firma  Riedel  bringt  Thiol  in  drei  Formen  in  den 
Handel,  von  denen  das  Trocken präparat  mit  12%  Schwefel  und  das 
Thiolum  liquidum  die  bevorzugteren  Marken  Bind,     Bidder  will  es 


ArÄTjeimittel lehre  und  ToxikoJogie, 


tiL^i) 


bei  VerbrermuDgen  angewendet  wissen.  Tiiiol  wirkt  reducirend,  aus- 
trocknend, gefösö verengernd,  verlornen d,  schmerKstillend,  reizt  nickt, 
hemmt  aber  das  WachBthum  gewisser  inficirender  Mikroorganismen, 
Er  läast  die  Brandstellen  und  deren  Umgebung  bei  Verbrennungen 
ersten  und  zweiten  Grades  mit  Tliiolum  liquidum  und  Wasser  ana  be- 
pinseln und  mit  einer  dicken  Schicht  sterilisirter  und  nicht  ent- 
fetteter Watte  bedecken.  Der  Inhalt  der  Brandblase  wird  hierbei 
resorbirt,  tbeils  trocknet  er  ein,  und  man  bebt  sie  nach  ca»  8  Tagen 
mit  dem  Verbände  ab.  Sind  schon  unzweckmässige  Heil  versuche^ 
namentlich  mit  dem  zu  verwerfenden  Leinöl  und  Kalkwasser  gemacht, 
so  muss  man  erst  die  Wund  fläche  desinficiren.  Bei  älteren  ver- 
nachiässigten  Fällen  sollte  zuvor  die  Brfindblasenmembran  entfernt 
werden.  Man  pulvert  dann  zunächst  Borsäure  auf  und  dann  Thiolum 
siccnm.  Wir  sind  mit  der  Anwendung  von  Dermato!  und  Borsäure- 
präparaten bei  Behandlung  von  Brandwunden  ho  zufrieden  gewesen, 
dass  wir  keinen  Grund  hatten,  Thiol  zu  verwenden.  Gegen  die  An- 
wendung von  Leinöl  und  Kalkwasser  möchten  wir  die  Practiker 
aber  auch  auffordern  zu  Felde  zu  ziehen,  (GeEitrnlbL  f.  Chirurgie 
Nr.  42.) 

In  der  Frauenheilkunde  hat  Kurtz  das  Thiol  angewendet. 
Es  handelt  sich  um  19  genau  beobachtete  Fälle  von  Endometritis 
ttnd  Parametritis.  Es  wirkte  gut  hei  Exulcerationen  der  Portio  und 
bei  entztindlicheii  Processen  der  Uterussohleimhaut.  Er  verordnete 
Bepinselungen  mit  10— 20ö,(jigen  Thiol lösnngen  oder  Tampons  von 
derselben  ConcentrtitioD,  Besonders  bewährte  es  sich  auch  bei 
cbroniacben  exsudativen  Parametritiden.  Er  gibt  dem  Thiol  den 
Vorzug  vor  dem  Ichthyol,  weil  Thiol  ohne  Geruch  sei,  kein 
Brennen  verursache  und  schmerzstillend  wirke,  was  beim  Ichthyol 
nicht  der  Fall  sei.  Auch  lassen  Kich  Thiolflecke  leicht  aus  der 
Wftsche  mittels  Seife  entfernen.     ( Allgem.  med,  Centralztg.  Nr.  82.) 


IciitliyoL 

Für  kein  Mittel  ist  wohl  in  der  letzfen  Zeit  so  viel  Propaganda 
gemacht  worden,  wie  für  das  Ichthyol,  zu  viel  Anpreisungen  schaden 
&ber  meiner  Ansicht  nach  eher  als  sie  nützen^  denn  dass  im  Ichthyol 
ein  üniveraaiheil mittel  gefunden  sei  ^  wird  NieiBand  dauernd 
behaupten  wollen.  Dass  es  seinen  Werth  hat,  haben  wir  stets  her* 
vorgehoben,  aber  nicht  für  alle  Krankheiten.  Einen  guten  Erfolg 
haben  wir  nur  beim  Erysipel  gesehen^  dies  wurde  dnrch  verschiedene 
Arbeiten  festgestellt  und  wird  auch  neuerdings  wieder  bestätigt»   Für 


tiSO 


Buchwald. 


den  iDnereii  Gebrauch  ist  es  ganz  eutbehrlicb,  Zwar  hat  Reale  es 
bei  LuDgeDtaberculosef  Typhus^  Gastrektaaie  und  Qastro- 
xynsis  verwendet,  doch  köiiDen  wir  es  bei  diesen  Krankheiten 
durch  Beflsereö  erset2en.  (Gazetta  delt©  Cliniche  Nr.  24.)  Daes  es 
in  der  Frauenheilkunde  gute,  wenn  auch  nicht  sichere  Dienste  leistet, 
ist  durch  die  zahlreichen  Arbeiten  früherer  Jahre,  jetzt  durch  Ar- 
beiten von  Herr  man  (Lnauguraldisaertation  aus  Strassburg),  Ket- 
sch au  etc.  festgestellt.  Der  enthusiastischen  Anpreisung  können 
jedoch  verschiedene  Gynäkologen,  so  auch  Pee  (Therap.  Mouatsb. 
Nr,  5)  u.  A.  nicht  beiatimmen.  Uns  hat  es  atrch  wiederholt  im  Stich 
gelassen. 

Niemirowsky  sah  nach  der  Anwendung  von  lO'^.^igen  Ichthyol - 
glycerin- Tampons  bei  chronischer  Para-  und  Perimetritis  glänzende 
Resultate,  während  sich  bei  Oophoritis  der  Zustand  nur  erheblich 
besserte,  und  bei  Endometritis,  öalpingitis,  Erosionen  der  Erfolg  aus- 
blieb. Die  schmerzstillende  Wirkung  wird  hervorgehoben,  doch 
aollen  Pruritus  und  Hautausschläge  an  den  Genitalien  entstanden 
sein.     (CeutralbL  f,  Gynäkologie  Nr.  23,} 

Phil  Ups  behandelt  die  Rhinitis  atrophicans  mit  Bepinse- 
lungen  einer  "iO^^igen  Ichthyollösung»     {Med.  Record») 


O ehren    wendet   es   bei    wunden    Brustwarzen   an   nach 
folgender  Vorscbri ft : 

Ichthyol.  4, 

Lanolin., 

Glyceriü.  ana  5,0, 

OL  Olivar.  1,0. 

Schon  nach  einmaliger  Application  lassen  die  Schmerzen  nach,  die 
Schrunden  heilen  rasch ,  auch  kann  Ichthyol  laicht  abgewaschen 
werden,  schadet  übrigens  dem  Kinde  nicht.  (Therap.  Monatshefte 
Nr.  2.) 


4 


Schwimmer  verwandte  es  bei  Eryibemformen  verschiedener 
Art,  eine  wirklich  gpecifische  Einwirkung  auf  die  Erysipel- 
kokken  und  somit  auf  das  Erysipel  selbst  erkennt  er  an;  ein  dank- 
bares Object  für  die  Ichthyolbehandlung  bildet  ferner  die  Acne 
Simplex  und  rosacea.  Bei  Erysipel  verwandte  er  Lösungen  von 
10  Ichthyol  auf  30  Wasser,  bei  Acne  wurde  erst  1—2  Wochen  lang 
Abends  1 — 2  Stunden  eine  Paste  aus  Lac.  sulfun,  Naphthol.  ana  6,0, 
SapoD,  virid.  10,0,   Axang.  porci  20 — 30  aufgelegt,   diese  dann  mit 


d 


ArzneiiDittellehre  and  Tüxikolog:ie. 


warmem  Wasser  abgöwascheu,  und  später  Icbthyollöauög  aufgepinselt. 
(Wiener  meil.  Wochenschr.  Nr.  29  a.  30.) 

Neu  ist  die  Anwendung  des  Iclithyols  bei  der  Gonorrhoe, 
wie  sie  Manganoki  (Journ.  de  Media  Nr.  41)  und  Jadassohn 
(Deutsche  med,  Wochenschr.  Nr,  38  n,  39)  vorschlagen.  Ersterer 
empfiehlt  1 — 30|Qige  Lösungen  sowohl  im  acuten  als  im  stjbacuten 
Stadium  3 — 5mal  tägliub,  Jadassohn  gibt  an,  dass  1 — o^'ö^ge 
Lösungen  von  der  Urethra  anterior  des  Mannes,  1 — 10%^ige  Lösungen 
von  der  Urethra  posterior  des  Mannes  und  dem  Cervicalkanal  des 
Weibes  gut  vertragen  werden.  Selbst  stärkere  Lösungen  kann  man 
verwenden:  7^^i%^^^  rmp^  2ü\ige.  l^^'o^S^  Lösungen  des  Ichthyols 
haben  eine  zweifellose,  sehr  beträchtliche  antigonorrhoische  Wirkung. 
Die  Gonokokken  verschwanden  schneller  als  nach  Anwendung  von 
fc^ablimat,  Kalium  hjpermanganicum,  Resorcin,  und  blieb  der  früh 
eintretende  Effect  ein  dauernden  Di©  eiterige  Secretion  wird  relativ 
schnell  in  eine  mehr  dünnäiis&ige  seröse  verwandelt.  Ichthyol  ist 
»war  weit  entfernt  davon  .^  ein  Idealmittel  der  Gonorrhoe bebandlung 
zu  sein,  seine  Wirkung  ist  aber  der  des  Argentum  uitricum  zu  ver- 
gleichen. Dabei  ist  die  An wendungs weise  eine  einfache  und  billige. 
Er  kommt  zu  dem  Schlüsse,  da^^s  Ichthyol  einen  hervorragenden 
Platz  in  der  Behandlung  der  Gonorrhoe  in  allen  ihren  Localisationen 
verdient, 

Glnther  (Correspondenzbh  für  Schweizer  Aerzte  Nr.  8)  rühmt 
die  schmerzlindernde  und  trocknende  Wirkung  bei  Erythemen,  Inter- 
trigo^ Rhagaden,  Perityphlitis  etc. 


Natrium  l»iboracieimi. 

Huchard  und  Mairet  wollen  den  Borax  bei  der  Epilepsie 
in  denjenigen  Fällen   angewendet  wissen,   wo  Bromsalze  nicht  ver- 
tragen  werden.     Der  Borax   muss   chemisch   rein   sein.     Manchmal 
ruft  er  Verdauungsstörungen  und  Hautausschläge,  Abmagerung  und 
Conjunctivitis  hervor.   Man  muss  daher  für  reichliche  Nahrungszufuhr 
sorgen    und  gegen   Diarrhoen  Bismuthum   äalicylicum  geben.     Nach 
Mairet   ist  Borax   wirksamer  bei  den   symptomatischen  Epilepsien. 
Man  beginnt  die  Behandlung  mit  0,5--l,0  pro  die  und  steigt  succes- 
sive  auf  4,  5,  8,  ja  10  g.   Sind  Dosen  von  8—10  g  unwirksam,  so  muss 
man  das  Mittel  aussetzen.    Sind  die  Anfälle  geschwunden,  p^ 
man  die  Dosis  herab  auf  4  g,  steigt  event.  wieder  auf8— 
Borax  soll  in  grösseren  Zeiträumen  vor  der  Mahlzeit  gegel 
Nach   den  Erfahrungen  anderer  Autoren ,    Eulenburg 


63^ 


Buchwald. 


Borax  nichts  bei  der  Epilepsie.     (Revae  g^n^r,  de  chir.  et  de 
tberapeut  Nr,  0,   CeDtraibl.  f.  d.  ges.  Therapie  Nr.  4.) 

Daes  Natrium  tetraboracicum  bei  leichten  Ohreneite- 
rungen gute  Dienste  leii^tet,  bei  schwereren  wenig  nützt  ^  lehren 
die  Unters tichungen  von  Max  aus  der  Klinik  von  Urbantschitsch. 
Die  Cibertriebenen  Anpreisungen  von  Kafeman  weist  er  mit  Recht 
zurück.    (Intern,  klin.  Rundschau  Nr.  2  u,  3.) 

Natrinm  chlorft-borosum. 

Als  neues  giftfreies  Antisepticum  hatte  die  Firma  Wass- 
muth  &  Comp,  obiges  Praparal  in  den  Handel  gebracht.  Ausgedehnte 
Versuche  sind  mit  dem  Mittel  nicht  angestellt  worden.  Das  sog. 
Antimyceton  bat  jedenfallB  nicht  die  hervorrageodeii  Eigenschaften^ 
welche  ihm  beigelegt  wurden.  Bull  er  hat  bacteriologische  und 
klinieche  Beobachttingeo  über  Natrium  cMoro-borostim  angestellt  und 
veröffentlicht.  Der  Liqaor  Natrii  chloro-borosi  3— 5ü(^ig  ist  nach 
seinen  ünterauchangen  ein  mildes^  wirksames  Antisepticum.  Er  ist 
inditferent,  klar  löslich,  wasserhell,  relativ  ungiftig,  verliert  aber  bei 
längerem  Stehen  an  antiaeptischer  Kraft.  Das  Pulver,  sowie  dessen 
Lösung  hat  keine  anttseptischen  Eigenschaften,  es  ist  ein  harmloses 
Streupulver.  In  der  Ohren-  und  Nasen  heil  künde  ist  es  nicht  an- 
wendbar, weil  es  su  festen  Klumpen  verbaUt  und  durch  Eetention 
von  Eiter  gefahrlich  werden  kann.  Eine  dtrect  specifiache  Wirkung 
konnte  nicht  nachgewiesen  werden.  Hände  und  Instrumente  werden 
vom  Liquor  nicht  angegriffen.  Die  bacterientödtende  resp,  wachs- 
thumhemmende  Eigenschaft  wurde  am  Bacillus  pyocyaneua  erprobt. 
Nach  Büller's  Untersuchungen  kann  das  Mittel  als  entbehrlich 
bezeichnet  werden.  Wir  haben  ja  am  Liquor  Aluminii  acetici  ein 
besseres  und  sichereres,  dabei  ebenfalls  uugiftiges  Antisepticum, 


CliloräÜiyl  (ÄPthykhlDridj. 

Seit  dem  vorigen  Jahre  wurde  dieses  neue  iocaleAnästhett- 
cum  in  den  Handel  gebracht  und  namentlich  in  Frankreich  in  An- 
wendung gezogen.  ChloräthyJ,  welches  eine  vollkommen  farblose 
Flüssigkeit  von  stark  ätherischem,  aber  nicht  unangenehmem  Ge- 
rüche darstelltn,  hat  eine  sehr  wichtige  physikalische  Eigenschaft, 
durch  welche  es  sich  von  anderen  localen  Anästheticis  unterscheidet 
und  die  ihm  auch  ein  bleibendes  üebergewicht  sichern  dürfte,  näm- 
lich einen  ungemein  niedrigen  Siedepunkt.  Es  verdampft  schon  bei 
einer  Temperatur  von  10— ll^C,    man   kann    die  damit  behandelte 


AmneimiUellehre  und  Toxikologie. 


cisa 


Körperstelle  bis  auf  —3b^  C.  abkühleü.  Die  Flüssigkeit  kommt  in 
zugeschmolzenaii  Pbiolen  von  der  Gestalt  eines  Keagenzglases  mit 
schnabelförmigem  Ende  in  den  Handel,  Durch  die  Wärme  der  Hand 
wird  nach  Abbrechen  des  zugespitzten  Endes  der  Aetbylcbloridspra}^ 
ia  einer  Entfernung  von  30—50  cm  von  der  zu  a näst b es ir enden  Stelle 
gegen  dieselbe  zerstäubt,  Licht  ^  brennende  Kerzen  sind  fern  zu 
lialten  wegen  eventueller  Explosionsgefahr,  An  der  zu  anästhesiren* 
den  Stelle  wird  erst  Prickeln,  bei  wunden  Stellen  Brennen  empfunden. 
6s  stellt  sich  Hyperämie  ein,  dann  wird  die  Stelle  weiss,  bei  voU- 
flt&ndiger  Anästhesie  kreideweiss;  dies  ist  der  geeignete  Moment  für 
den  operativen  Eingriff  Umgebende  Schleimhäute  schützt  man  durch 
Oompressen,  wunde  Flächen  werden  am  besten  vorher  cocainisirt^ 
dk  Mundböhienschleimbaut  abgetrocknet.  E  h  rm  a  n  n  hat  unter  Aethjl- 
ohloridspray  Excochleationen  von  Lupusknötchen  vorgenommen, 
Farunkelabscedöe  gespalten,  Baudouin  kleine  G-eschwülste  entfernt, 
Nagy  Zähne  extrahirt.  Bei  den  Zahnertractionen  wurde  zuvor 
^i^i—'^l'i  Spritze  20,oige  Cocainlösung  submucös  injicirt,  dann  das 
Zahnfleisch  mit  Aetbylchlorid  berieselt,  bis  eine  dicke  weisse  Krystall- 
schiebt  sich  gebildet  bat.  (Pester  med»-chir.  Presse  Nr,  lö.  Wiener 
med.  Wochenschr.  Nr.  26,  Progree  medic.  Nr.  10.  Centralbl.  t  d, 
ges.  Tberap.  Nr.  4.) 

CMorufürm* 

Durch  G-efrier enlassen  bat  Pictet  ein  verhältnissraässig  reines 
Chloroform  aus  dem  bisher  gebrluchlichen  Chloroform  hergestellt. 
Die  Untersuchung  über  dieses  Chloroformium  medicinale  Pictet 
ist  von  verschiedenen  namhaften  Chemikern,  so  Valpius,  Schatz, 
Blitz,  Heibing,  Passmore  etc,  in  AngriflT  genommen  worden. 
Sie  äussern  sich  darüber:  Das  CMoroformium  abaolutum  Pictet  ist  ein 
sehr  reines  Präparat  und  hinsicbtHch  seiner  Beschaffenheit  constant. 
Bas  specifische  Gewicht  beträgt  1,5<')02  bei  15  o,  der  Siedepunkt  liegt 
bei  61  ^'^  Es  hinterlässt  beim  Verdampfen  keinen  nennenswerthen 
Rückstand.  Die  Gegenwart  eines  kleinen  Prooantsatzes  Alkohol 
druckt  den  Siedepunkt  herab.  Früher  oder  später  wird  wohl  dieses 
Präparat  die  anderen  verdrängen^  da  aus  den  Versuchen  du  Bois- 
Rejmond's  hervorgeht,  dass  in  den  Beimengungen  des  Handels- 
cbloroformes  Stoffe  enthalten  sind^  welche  die  Athmung  bedeutend 
heftiger  und  ungünstiger  beeinflussen,  als  das  krystalJreine  Chloro- 
formium medicinale  Pictet.  (Pharmac.  Centralhalle,)  Jedes  Chloro- 
form zersetzt  sich  übrigens  nach  Biltz  am  Tageslicht^; 
dies  liegt  in  der  Eigenschaft  des  Chloroforms,  mag  e»  rein  oder  ttii* 


()34 


BuchwAld. 


rein  seio,  im  Sommer  achnelier  als  im  Winter.  Nur  Aufbe Währung 
im  Duökeln  und  ein  genügender  Älkoholzusatz  verhindern  die  Zer- 
setzung oder  machen  sie  unschädlich.   (Pharmac.  Centralhalle  Nr.  19.) 


Die  vielfachen  Erörterungen  über  die  Ohloroformnarkose  in 
den  letzten  Jahren,  uher  welche  wir  auch  im  vorigen  Jahrbnche 
berichtet  hahen^  beweisen^  daas  die  bisherige  Methode,  grosse  Gaben 
in  Zwiächenräumeii  zu  geben,  unzureichend  und  gefährlich  ist.  Man 
ist  jetzt  allgemein  der  Ansicht,  dass  es  zweckmässiger  sei,  stetig 
tropfenweise  auf  eine  gute  (S  c  h  i  m  m  e  1  b  u  sc  hasche)  Maske 
aufzuträufeln ,  am  besten  aus  dunklen  Tropfgläsern ,  absolnte 
Ruhe  während  der  Narkose  bewahren  und  die  Patien- 
ten vor  dem  Erlöschen  der  Eeäexe  unberührt  zu  lassen.  Nach 
Gisevius  (Deutsche  med,  Wocbeüschrift)  ist  das  Erlöschen  des 
Cornealreflexes  oft  nicht  zu  verwerthen.  Bei  dieser  Methode  (Labb6j 
gibt  es  kaum  ein  eigentliches  Exaitationsstadiumf  die  Synkope  ist 
so  gut  wie  ausgeschlossen^  auch  das  Stadium  der  tiefen  Narkose 
kann  mit  geringen  Mengen  Chloroform  weiter  erhalten  werden.  Die 
Morphium- Ob loroformnark ose  ist  von  Gisevius  aufgegeben  worden« 
Ob  diese  jetzt  wohl  allgemein  zur  Geltung  kommende  Methode  auch 
Gefahren  mit  sich  bringt,  müssen  weitere  Erfahrungen  lehren,  der 
Practiker  thut  jedenfalls  gnt,  sich  streng  an  dieselben  zu  halten, 
Ourlt  gibt  an,  dasa  auf  94123  Cbloroformnarkosen  36  Todesfälle 
kommen  oder  1:2614,  auf  8431  Aethernarkosen  nur  l  Todesfall, 
auf  2891  Mischnarkosen  (Aether- Chloroform)  1  Todesfall,  auf  1221 
Bromäthylnarkosen  kein  Todesfall,  auf  219  Pentalnarkosen  1  Todes- 
fall. (Sammelforschung  zur  Narkotisirungsstatistik.  Centralbl.  ftr 
Chirurgie  Nr.  32.) 

Auf  eine  ausführliche  ejcperimentelle  Arbeit  über  C  h  1  o  r  o- 
form-  und  Aethernarkose  von  Arthur  Cushnj  (Zeitschr,  f. 
Biologie  Bd.  28)  wollen  wir  besonders  aufmerksam  machen.  Nach 
seinen  Untersuchungen  sind  Aether-  und  Chloroform  Wirkung  keines- 
wegs qualitativ,  sondern  nur  quantitativ  verschieden.  Maas 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr,  12)  beschreibt  eine  eigene  Methode  der 
Wiederbalehung  bei  Herztod  nach  Ohlorofarmeinathmung^  die  nach 
Kraske  modificirte  Sil  ve8ter*sche  Methode,  Ob  sie  etwas  Wesent- 
liches nutzt,  muss  dahingestellt  bleiben.  Kouig  lässt  zweckmässig 
einfache  Compressionen  der  Herzgegend  vornehmen.  Bei  wirk- 
licher Synkope  nutzen  nach  den  Erfahrungen  fast  aller  Autoren 
keine  Manipulationen.  Immerhin  kann  man  nach  den  Empfehlungen 
eines  so   hervorragenden   Chirurgen  die  Methode    anwenden.     Man 


* 


» 


Arznei mUteUehre  und  Toxikologie. 


6S& 


tritt  auf  die  linke  Seite  des  Kranken,  das  Geeicht  dem  Kopf  des- 
selben zugewandt  und  dr&ckt  mit  raseben^  kräftigen  Bewegungen 
die  Kerzgegend  tief  eiti,  indem  der  Daumenballen  der  geÖfPoeten 
rdcbten   Hand   zwiscbeo   die   Stelle    des   Spitz enstosses    und   linken 

IStemalrand  gesetzt  wird.  Die  HäuEgkeit  der  Oompressioneo  beträgt 
120  and  mehr  in  der  Minute.  Man  kann  sich  die  Arbeit  erleichtern, 
indem  man  gleichzeitig  mit  der  linken  Hand  die  rechte  Tboraxseite 
des  Kranken  umgreift  und  den  Körper  fixirt  Künstüch  erzeugter 
Carotidenpuls  und  Myosis  la&sen  die  Wirkung  erkenneD.  (Med.  Nenig- 
keiten,  Pract.  Arzt  Nr.  7.) 

üeber  die  Einwirkung  des  Chloroforms  auf  den  nor- 
malen Gebur tsverlauf  nach  Untersuchungen  mit  dem  Toko- 
dynamometer  bat  Dönhoff  Untersuchungen  angestellt  Aas  den 
interessanten  Scblussfolgerungen  wollen  wir  nur  hervorbeben ,  dass 
Chloroform  auch  in  der  leichten  Narkose  einen  lähmenden  Einfluss 
auf  die  Uterincontractionen  ausübt  Die  Summe  des  Wehendruckes  in 
einer  gleichen  Zeit  sinkt  in  der  Narkose  bis  fast  auf  die  Hälfte  von 
dem  Drucke  vor  der  Narkose.     (Crede*s  Arcbiv  Bd.  42,  H.  2.) 

Hör  ran  d  (1867)  und  Du  ff  empfehlen  Chloroform  bei  Eclam- 
psia gravidarum  innerlich.  Die  schweren  Symptome  und  die 
Älbaminurie  sollen  schwinden,     (Wiener  med.  Presse.) 


ferner  glaubt  im  Chloroform  oin  ausgezeichnetes  Mittel 
bei  der  Typhusbehandlung  zu  geben,  namentlich  in  den  ersten 
beiden  Wochen.  Nach  den  Erfahrungen  B  e  h  r  i  n  g's  und  S  a  1  k  o  w  s  k  i* s 
gehen  Typhusbacillen  und  Ciiolera Vibrionen  nach  1  Stunde  durch 
^'^ — '  4**i'ö^S®  OhloroformloBungeo  zu  Grunde,  Werner  gab  von  einer 
lo^igen  Lösung  1— Sstündllch  1 — 2  Esslöffel  voll,  und  zwar  im 
Hdhestadium  Tag  und  Nacht,  beim  Nöcblassen  der  Eracbeinungen 
wird  weniger  und  seltener  Cbloroformwasser  verabreicht.  Nur  wegen 
auftretenden  Icterus  wurde  Chloroform  ausgesetzt,  sonst  waren  keine 
Nebenwirkungen  au  beobachten.  An  l!26  Patienten  wurde  die  gün- 
stige Wirkung  erprobt  [St.  Petersb.  med.  Wocbenscbr.  Allg,  med. 
ralztg.  Nr.  59.) 

Von    Desprez    u.   A.    ist    auch    Chloroform    bei    Cholera 
^asiatica  angewendet  worden.    Er  gibt  von  folgender  Lösung  halb- 
adlich  1  Esslöffel:  Chloroform  1,0,  Alkohol  8,  Ammon.  acet  10,0, 
"Aq.  destill  110,0,  Sirup,  morph,  hTdrochl.  40,0, 


t»3G 


Biiclm^ild. 


Pental  ( Tntnetliyliitljer), 

Pental  iat  em©  überaus  flüchtige  ^  nacla  Benzio,  Senföl  schar 
riechende,  wasserhellej  ätherähniiche  Flüssigkeit  von  kühlend  eöss- 
lichem,  zum  Schluss  etwas  zaaammenKiehendeni  Geschmacke,  Die 
Haut  wird  vom  Pental,  ähnlich  dem  Chloroform,  schwach  weisslich 
geätzt  Es  ist  leicht  entzündlich  und  brennt  mit  gelber,  sehr  stark 
mssender  Flamme.  In  Wasser  ist  Penlal  unlöslich,  dafür  mischbar 
mit  Cbloroform,  Äether^  ÄlkohoL  Dem  Lichte  ausgesetzt  verändert 
es  sich  nicht;  specifisches  Gewicht  =  li, 6383— 0,6783  bei  36,8  0  C, 
Siedepunkt  zwischen  36  «nd  38^  C.  Holländer  hatte  Pental  als 
ß e tau bungs mittel  in  der  Zahnheilkunde  empfohlen ,  seitdem 
sind  mehrfach  Versuche  mit  diesem  neuen  Anästheticum  angestellt 
worden.  Holländer  selbst  äussert  sich  in  einem  neuen  Aufsatz e 
folgend ermassen:  Bei  ruhigen  Personen,  die  vertrauensvoll  und  ruhig 
einathmen,  denen  das  Mundstück  des  Junker'schen  Apparates  — 
diesen  hält  er  für  den  besten  für  die  Pentalnarkose  —  Nase  und 
Mund  so  bedeckt,  dass  keine  Pentaldämpfe  zum  Auge  gelangen, 
tritt  die  Narkose  in  1 — ^3  Minuten  ein.  Der  Zustand  der  Narkose 
kennzeichnet  steh  zuweilen  durch  Hinten  üb  er  neigen  des  Kopfes  oder 
durch  Weitauf^itehen  der  Atigenlider  mit  gleichzeitiger  MydriEtsis, 
seltener  Myofcsis,  oder  durch  leichte  Zuckungen  in  den  Fingern,  oder 
dadurch,  dass  die  aufgehobene  Hand  des  Patienten  von  selbst  herabfällt. 
Niemals  sah  er  ein  Aussetzen  der  Herzthätigkeit  oder  der  Athmung. 
Das  Erwachen  aus  der  Narkose  findet  nur  allmählich  statt;  einige 
Patienten  klagen  über  leichtes  Kribbeln  otler  Schwäche  in  den  Händen 
und  Füssen;  schwerere  Zustände:  Aphasie,  Seh  windele  heftigen  Kopf- 
schmerz,  Zittern  am  ganzen  Körper,  Trismus  etc.,  wie  sie  Soheff 
beschreibt,  hat  Holländer  nie  beobachtet,  ersterer  will  unter 
72  Narkosen  12mal  Opisthotonus  beobachtet  haben,  Holländer 
sah  diesen  bei  800— !XK)  Narkosen  einmal,  ferner  fand  er  Larynx- 
stenose,  doch  schwanden  die  Symptome  nach  Einathmung  von  5 — 6 
Tropfen  Amyluitrit,  Kopfschmerzen  sah  er  nie  nach  Pentalnarkosen, 
jedoch  häufig  Heisshunger,  was  auf  eine  durch  Pental  angeregte 
Salzsäureausscheidung  im  Magen  zurückgeführt  wird.  Wie  Pental 
wirkt,  müssen  erst  ausgedehnte  experimentelle  Untersuchungen  lehren. 
Für  absolut  gefahrlos  hält  Holländer  übrigens  das  Mittel  auch 
nicht,  es  gibt  ja  auch  kein  absolut  gefahrloses  Anästheticum.  Es 
ist  aber  nach  seinen  Angaben  für  kurz  dauernde  Operationen  in  allen 
Fällen  wirksam^  während  Bromäther  in  einzelnen  Fällen  unwirksam 
bleibt   Die  Anästhesie  tritt  langsamer  ein,  dauert  aber  dafür  länger, 


I 


I 


I 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie» 


mi 


Herzthätigkeit  und  AtlimiiDg  sind  nicbt  beschleunigt,  doch  kann  der 
Pttls  bei  Anämiöolien  etwas  achwächer,  bei  sehr  Aafgerögten  etwas 
lebhafter  werden.  Bei  ruhigee  Personen  genügen  schon  2—  B  com 
zur  BetäubuDg,  10  ccm  reichßn  in  fast  allen  Fällen  zu  einer  Extrac- 
tioü  von  5^10  Zähneo  aua,  die  Narkose,  mit  dem  Junker^Hoben 
Apparat  eingeleitet,  tritt  in  1—3  Minuten  ein.  Er  bält  Pental 
wegen  seiner  öicheren  Wirkung  und  wegen  des  Wohlbefindens  nach 
der  Narkose  für  das  beste  Mittel  für  alle  nur  kurz  dauernden  Nar- 
kosen*   (Deutsche  med,  Wochenschr,  Nn  33.) 

Nacli  V.  Rogner,  der  15  g  auf  einmal  aufgieöst,  trat  dip 
Narkose  nach  Ablauf  von  60 — 70  Secunden  ohne  jedwedes  Excitationa- 
Stadium  ruhig  und  allmählich  ein*  Er  hält  es  fär  ein  sehr  brauch- 
bares Betäubungsmittel  für  kleinere  chirurgische  Ope- 
rationen.    (AUgem,  med*  Gentralztg*  Nr,  10,) 

Weber   verwandte    Pental   ebenfalls   bei   kleinen   chirurgischen 

'iügriffen  in  etwa  200  Fällen;    er   beobachtete   manchmal  ein  Exci- 

ätadium    und   daran   sich    anschliessend    bald    verübergehende 

ige  tetaniscbe  Krämpfe  in  Armen  und  Beinen.  (Münchener  med. 
ocbeoschr.  Nr.  7.) 

Nach  Hägler  ist  das  Bild  eines  gut  Narkotisirteu  folgen dee: 
Ke  Arme  hängen  schlaflF  herunter,  die  Augen  sind  weit  und  Btarr 
^ffnet,  die  Pupillen  erweitert,  der  Gomealreflex  zumeist  vorhanden^ 
<3a8  Sensorium  scheint  gewöhnlich  nicht  ganz  erloschen  zu  sein, 
t^nangenebme  Nebenwirkungen,  in  einem  Falle  CyanoBe,  Dyspnoe, 
^«81*.  inspiratorische  Apnoe,  sind  seltea.  (Correspondenzblatt  f&r 
Schweizer  Aerzte.) 

Nach  Calalb  ist  die  Pentalanäathesie  eine  oberflichliche^  die 
^^it  bis  znm  Eintritt  ist  eine  grössere,  als  nach  Anwendung  von 
Chloroform.  Pental  setzt  den  Kreitflaof  herab,  in  groiisen  Dosan 
kann  es  gefährlich  werden,  als  locales  Anästheticum  steht  es  weit 
ii&ter  dem  Aeiber.  Während  Philipp  ebenfalla  Pental  empfiehlt, 
warnt  Schede  davor «  im  Pental  ein  gaos  anachuldigea  llittal  ani 
erblicken,  Gurlt  berichtet  ja  tber  einea  Todesfall,  er  aelbei  «ah 
schwere  Sjnkope  und  A^yicie.  Die  Pentaloarkose  bal  maocbe 
Kigenthümliehkeit,  will  eben  auch  betfondera  gelernt  aesn,  der  pradi- 
«che  Arst  wli^i^r  gat  tban,  falle  er  nicht  Gelegenbait  hat,  me 

ungeo  abntwairten.    Ret  der  waaamkr  mM- 
düifUi  die  Oe£a^  ^ftcMr  aebi,  ab 

'^e  sieh   übrig»  tar  knrs 


638 


Buchwald, 


Snlfoiäl. 

Dass  ctacL  dem  von  Käst  eingefahrteu ,  vortreif liehen 
vorsichtig  angewandt^  unschuldigeQ  Hjpnoticam  geringere  oder 
schwerere  IntoxtcationseräobeinangeQ  vorkommen  können ,  ist  durch 
Fälle  aus  der  Litteratur  bekannt^  obglemli  es  sich  auch  hierbei  em- 
pfehlen würde,  eicht  alle  Erscheinuiigen  dem  Snlfonal  zur  Last  zu 
lögen.  (Cfr.  Kobert,  Centralbl  f,  klin.  Med.  Nr.  10.)  Neuerdings 
iflt  von  J olles,  Quincke  u.  A,  auf  das  Auftreten  von  Hämata- 
porphyrin  im  Urin  nach  Suironalt^ebrauch  aufmerksam  ge- 
macht worden.  Das  Auftreten  einer  kirschsaftähnliohen  Färbung  im 
Urin  nach  Sulfonalgebrauch  soll  zur  Vorsicht  mahnen.  Der  Nach- 
weis des  Hämatoporphyrins  geschieht  meist  nach  der  Salkowski- 
sehen  Methode  (s,  Pharmac.  Centralhalle  Nr.  4).  Gold  stein  hebt 
nun  hervor,  dass  das  Hamatoporphyrin,  das  Spaltnngaprodnct  des 
HämatinSf  auch  vorkommt^  ohne  daj^s  je  Sulfonal  gebraucht  worden 
ist,  So  beobachtete  Sobernheim  (Deutsche  med,  Wochenschrift 
Nr.  24)  eine  chronische  Hämatoporphyrinurie  bei  eintm  Manne,  der 
nie  Sulfonal  erhalten  hatte.  Garrot  (The  Lancet)  zeigte,  dass  diefle 
Urin  Veränderung  eine  nicht  seltene  Erscheinung  bei  Arthritis  und 
Chorea  ist.  Er  beschreibt  14  Fällen  wo  kein  Sulfonal  gegeben 
wurde.  Es  ist  daher  nicht  erlaubt,  Hämatoporphyrinurie  als  spect- 
fisches  Symptom  der  Sulfonalintoxication  ansusehen,  wenn  sie  auch 
dabei  vorkommt,  wie  obige  Autoren  und  auch  Hammarsten  zeigten. 
Sulfonal  begünstigt  das  Auftreten  bei  dazu  Disponirten.  1— 2  g  Sul- 
fonal  werden  nie  toxisch  wirken,  grössere  und  längere  tortgesetsste 
Dosen  können  wegen  ihrer  cumulativen  Wirkung  Gefahren  mit  sich 
bringen.  Sulfonal  häuft  sich  nach  längerem  Gebrauch  im  Körper 
an  und  wird  immer  reichlicher  durch  den  IVin  ausgeschieden, 
doch  genügt  eine  2 — 3tägige  Pause  in  der  Darreichung,  um  den 
Körper  vollständig  von  Sulfonal  zu  befreien.  (Gold stein,  Zur 
Kenntnias  der  Sulfonalwirkung,  Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  2  u.  30 

Trioual  tmd  Tetronul. 

welche  ala  Ersatzmittel  des  Sulfonals  empfohlen  und  von 
Schnitze  geprüft  wurden,  sind  auch  in  diesem  Jahre  Verhältnisse 
massig  wenig  gebraucht  worden.  Eine  ausführlichere  Arbeit  hat 
Schäfer  veröffentlicht.  (Berl.  klin.  Wochenschr,  Nr.  2^.)  Verab- 
reicht wurden  gegen  630  Einzeldosen.  Die  Zahl  der  behandelten 
Kranken }  Geisteskranke   und  Nervenkranke,  betrug  für  Trionai  77. 


4 


I 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


6S» 


för  Tetronal  49,   bei   42  Kraokee   kam  Trional  und  Tetronal  neben 
einander  zur  Verwendung.    Die  Einzel dosia  schwankte  zwischen  0,5 
imd  4  g.   Die  grössten  Dosen  betrugen  B— 8  g.  Die  meisten  Kranken^ 
welche  an  Schlaflosigkeit  litten,  erhielten  eine  einmalige  Abenddosia 
von  1 — 2  g  in  heisser  Milch.     Bei  psychischer  Erregung  und  moto- 
rischer Agitation  erfolgte  die  Darreichung  von  1 — 3  g  in  4 — Sstündigen 
Zwischenräumen»     Trional  und  Tetronal  sind  Mittel  mit  ausgezeich- 
neter hypnotischer  Wirkung.    Tetronal  ist  beruhigender.   Der  Eintritt 
der  Wirkung  erfolgt  schon  nach  10 — 20  Minuten»   Die  wirksame  Gabe 
iät  1  — 2  g,    aber   auch  einmalige  Dosis  von  3— 4  g,    6— 8  g  pro  die 
kann    ohne    Bedenken    gegeben    werden.     Die    Darreichung    erfolgt 
am    besten    direct    vor  dem  Schlafengehen»      Erhebliche    schädliche 
Nebenwirkungen  wurden  nicht  beobachtet.     Der  Practiker  wird  gut 
thno,  weitere  Erfahrungen  abzuwarten, 

Böttiger  hält  Trional  ebenfalls  für  ein  gutes  Hypnoticum, 
2  g  Trional  entsprechen  nach  seinen  Angaben  3—4  g  Chloralamid 
and  3  g  Amylenhydrat,     (Berl.  klin.  Wochenschn  Nr,  43.) 


Creolii. 

Jacob  Munk  u»  A»  befürworten  neuerdings  die  Behandlung  der 
Diphtheritis  mit  Oreolin«  Ersterer  wählt  eine  Lösung  von 
Creolin  1^2:  100  Wasser,  befestigt  Wattetampons  an  einem  Stäb- 
chen, lässt  diese  mit  der  Creoltnlösoiig  vollsaugen  und  wischt  mit 
diesen  Tampoos  dreimal  täglich  die  afhcirten  Rachengebilde  aus,  bei 
Kindern  unter  einem  Jahre  wird  eine  schwächere  Lösung  gewählt. 
Die  Behandlung  soll  gleich  im  Beginne  der  Erkrankung  eingeleitet 
werden»  Verf.  hebt  hervor,  dass  er  bei  dieser  Behandlung  seit 
3  Jahren  keinen  Kranken  verloren,  auch  bei  Scharlachdiphtherie  das- 
selbe günstige  Resultat  erzielt  habe,  Dass  hei  leichteren  Formen 
diese  von  vielen  Collegen  angewandte  Methode  nützen  kann,  wollen 
wir  nicht  bestreiten,  bei  den  schwereren  Formeti  nützt  keine  Be- 
handlungsmethode ,  auch  die  methodische  Creolinbehandlung  nicht, 
wie  wir  aus  eigener  Erfahning  hervorheben  können.  Vor  stärkerem 
Auswischen  möchten  wir  überhaupt  warnen.  (Allg.  med,  Central- 
ZeituDg  Nr.  9.) 

LysoL 

(raun,  Director  der  Hebammenschule  in  Metz,  befürwortet  die 
Einführung  des  Lysols  an  Stelle  des  Creolins  als  obliga- 
lorischea  Desinfectionsmittel  in  der  Hebammenpraxis, 
^eolin  wird  neeh  seinen  Angaben  bei  längerer  Aufbewahrung  dick* 


4H0 


Blichwald. 


tlü8sig^  har^äbuiicb  und  Biesat  dann  ich  war  atis  der  Flasche^  es  bilder 
terner  mit  Wasser  vermischt  eine  milchige  Emulaion^  läast  sieb  auch 
schwer  vertheüeDj  es  biuterlässt  in  den  benutzten  GefäSBen  einen 
schmierig-öligen,  schwer  zu  entfernenden  Belag  und  verdirbt  nament- 
lich die  Kants chuköchläuche  der  Irrigatoren,  Er  hält  die  l^^/o^gß  Lösung 
von  Lysol  für  weit  empfehlen s wert h er ,  es  ist  nicht  nur  in  Reincufturen, 
sondern  auch  in  Bacteriengemischen  wirksamer  als  Carbulsäure  und 
Creolin*  Die  Desinfection  gelingt  bei  Anwendung  von  l"/^iger  Lö- 
sung ohne  Seife.  Es  ist  ungiftiger  als  die  gleichwerthigen  Antisep- 
lica.  Mit  destillirtem  Wasser  mischt  es  sich  klar^  mit  kalkhaltigem 
Wasser  trübt  es  sich  nur  wenig.  Die  Hände  werden  nach  Lysol- 
waschungen weich,  geschmeidig,  völlig  schlüpferig,  so  dass  die  Heb- 
amme  auch  ohne  Anwendung  von  Bor  Vaseline  bald  untersuchen 
kann,  es  sterilisirt  auch  die  Hände  vollkommen.  Auch  in  concen- 
trirten  Lösungen  wirkt  Lysol  nicht  ätzend,  verursacht  in  concen- 
trirter  Form  höchstens  das  Gefühl  von  Brennen ,  welches  übrigenö 
nicht  lange  anhält.  Auch  ist  der  Preis  billiger  als  der  des  Creolins 
und  Phenols.  Lysol  wird  von  der  Firma  Schul  ke  &  Mayer  in 
Hamburg  dargestellt, 

Szuman  verwendet  in  der  Chirurgie  meist  O,50|(jige  Lösungen 
von  Lysol,  die  Lastrumente  legt  er  meist  in  2ö|'^,ige  GarboUösung, 
doch  können  diese  ja  ebenso  gut  vorher  sterilisirt  werden  durch 
heiases  natronbaltiges  Wasser.  (Schimmelbuach,  Internat,  klin. 
Rundacbau  Nn  19.)  Zu  Blaaeoausspülungen  eignen  sieb  übrigens 
auch  0/t*^n)ige  Lösungen  nicht.  Selbst  auf  der  Vaginalschleimhaut 
verursachen  solch  schwache  Lösungen  oft  genug  Brennen, 

Die  Nacbtheile  und  Vorfcbeile  des  Lysols  gegenüber  dem  Creolin 
sind  aus  Vorstehendem  ersichtlich  j  ob  Lysol  das  Desinfectionsmittel 
der  Zukunft  ist^  wie  Fee  meint,  wollen  wir  d  ab  ingestellt  sein  laBsen, 
mit  destillirtem  Wasser  verdünnt ,  ist  es  jedenfalls  ein  gutes  und 
brauchbares  Antisepticom.  Es  wird  bald  mehr  Willkür  sein,  ob 
man  diese  oder  jene  Cresol Verbindung  wählen  will,  wir  kennen  nun 
bereits  die  Sapocarbole,  zu  denen  Pearson's  und  Artmann's  Creolin 
gehören,  das  Sapocarbol  OT,  das  Lysol  und  neuerdings  werden 
uns  die  Solveole,  Solu  toi  und  Saprol  anempfohlen. 

Das s  Ly Solu m  purum  concentratum  äuss erheb  angewendet  Gift- 
wirkung entfaket,  zeigen  die  von  Anton  und  Reich  bebandelten 
resp.  erwähnten  Fälle.  In  einem  Falle  starb  das  Kind,  welches  mit  con- 
centrirtem  Lysol  behandelt  war,  in  dem  anderen  Falle  wurde  Epilepsie 
und  Albuminurie  beobachtet.  Für  ganz  einwandsfrei  halten  wir  die 
Falte  allerdings  nicht,   immerhin  soll  auch  das  wenig  giftige  Lysol 


ArssneiDaitteUehre  und  Toxikologie. 


G41 


Bit  Vorsicht  gebraucht  werden,  (Therap»  Monatsh.  Nr.  12.  Pharm, 
rZeitODg  Nr,  617.)  lonerlich  genommen  hat  eine  Frau  1  Theelöffel 
'Lysol,  ohne  Intozication  zu  zeigen,  wie  Fotjan  mittheilt.  (Therap* 
iKonatah*  Nr.  12.) 

Solveal 

Bt  eine  neutrale,  durch  cresotingaures  Natron  bewirkte 
roonoentrirte  Creaollößung,  midcht  sich  mit  jedem,  auch  kalk- 
Italtigem  Wasser  zu  klaren  neutralen  Ldsungen,  welche  der  chirur- 
gischen CarboUösung  gleichen*  Hammer  schlägt  für  chirurgische 
und  medicinische  Zwecke  eine  0,50(oige  Lösung  vor,  ftir  aseptische 
Operationen  genügen  nach  Hueppe  O^l^j^lge  Lösungen.  O^ö^ige 
Lösung  ist  gleichwerthig  einer  2 — 5%igen  CarboUdsung,  es  entfaltet 
auch  in  eiweisshaltigen  Flüssigkeiten  seine  Wirksamkeit,  da  es  nicht 
wie  Sublimat  die  Albuminate  fällt,  es  ist  mischbar  mit  jedem  be- 
hebigen Wasser,  ist  in  Lösungen  nicht  schlüpfrig  wie  Lysol  und 
relativ  un giftig. 

SnUi&l 

ist  durch  Cresoinatrium  gelöstes  Cresol,  es  enthält  in 
100  ccm  60,4  g  Cresol,  davon  ein  Viertel  als  freies  Cresol,  drei  Viertel 
als  Cresoinatrium  gebunden.  Solütol  ist  namentlich  für  die  grobe 
Desinfection  verwendbar,  für  Sputum,  Krankenwäsche,  Excremente, 
Viehtransport  wagen  etc.  Hammer  zeigte,  dass  Milzbrandsporen 
durch  10— 20"j(jige  Solutollösungen  schon  nach  5  Minuten  bei  50"'  C. 
abgetödtet  werden.  Am  besten  verwendet  man  das  reine  Solutol, 
man  kann  Krankenzimmer  damit  besprengen,  Nachtgeschirre,  Aborte 
damit  desinficiren.  (Archiv  fßr  Hygiene  Bd.  12,  Pharm.  Central- 
halle  Nr,  2L)  Cresolkalk  empfiehlt  Foder  als  bilhges,  wirk- 
sames Desinficiens.     (Merck's  Jahresbericht/) 

Saprol 

igt  ein  weiteres  Oresolpräparat,,  welches  von  der  Firma  Nord  linger 
in  Bockenheim  bei  Frankfurt  a,  M.  in  den  Handel  gebracht  wird» 
Es  ist  ein  Gemisch  von  rohen  Cresolen,  denen  noch  grosse  Mengen 
Pyridinbasen  und  Kohlenwasserstoffe  beigemengt  sind ;  das  Gemisch 
wird  dadorch  leichter  und  schwimmt  auf  Wasser.  E.s  aoU  sich  be- 
sondere zur  groben  Desinfection  eignen:  für  Aborte,  für  Äbwasser- 
bahlltar,  Sammelgruben,  Schlammfäuge  u.  dergl.  Man  giesst  ent- 
sprechende Mengen  auf,  dass  eine  Saprotschicht  oben  hchwimmt. 
Die  Fäcalien  sollen  ihren  vollen  Werth  für  die  Landwirtbscbaft  be- 
ithrbuch  d.  prscc.  Medicin.    1893.  41 


<>42 


Buchwttld. 


halten^  was  bei  andere»  DesinfectionBiuitteln  zum  Thei)  nicht  der  Fall 
iat.  Allerdings  ist  es  als  ein  Nachtbeil  zu  betrachten,  dass  Saprol 
brennbar  ist,  Saprol  stellt  ein  dunkelbraunes  Oel  dar;  nach 
Laser  genügt  l%ige  Saprollösung^  um  Fäces  unti  Urin  zu  desin- 
ficiren.     Saprol  ist  ein  brauchbares  Präparat. 


Mit  dem  Namen 


ANapt'ol 


belegen  Starkler  nnd  Dubiel  ein  nicht  zu  der  Cresolreihe  ge- 
höriges Präparat:  /^-naphthol  «- mono sulfon saures  Calcium,  welches 
bei  den  verschiedensten  KrankheiteD,  Gicht,  BheumatiBmoa,  Gelenk* 
rbenroatismue,  lofluenza  etc,  intern  gegeben  (1— 4  g),  wirken  soll. 
Der  Arzt  wird  wohl  vorläufig  keinen  Gebrauch  vom  Asaprol  machen* 
(Bulletin  göneral  de  therapeutique,     Nouveaux  rem^dea.) 

Ebenso  wird  der  Practiker  weitere  Versuche  mit  dem  Trij  öd- 
ere so  1  oder  Losophaii  abwarten  müJiBen.  Es  wurde  dies  neue 
Mittel  von  Saalfeld  bei  verschiedenen  Dermatomykosen  in  Anwen- 
dung gezogen.  Hergestellt  wurde  es  von  der  Firma  Friedr.  Bayer 
&  Comp,     (Therap,  Monatsh.  Nr.  10.) 

Ein  Gleiches  gilt  von  dem  Diaphtherin  oder  OxjchinaaeptoL 
Es  bildet  bernsteiogelbe ,  durchsichtige,  dem  hexagonalen  System 
angehörige  secbsecktge  Säulen^  welche  gepulvert  sich  in  gleichen 
Theilen  Wasser  lösen.  Beim  Erhitzen  über  2(X)**  tritt  Abspaltung 
von  Phenol  und  Oxychinolin  ein.  Lembach  und  Schleicher 
stellten  es  dar,  Emmerich  und  Kronach  er  (Mönch*  med.  Wochen- 
schrift Nr.  19)  verwandten  es  als  Antisepticum.  Es  wurde  in  0,2  bis 
0,3 — lo/ßigen  Lösungen  angewendet  und  soll  an  Wirkung  dem  Lysol^ 
Cresol,  Phenol  gleichkommen,  sogar  diese  Stoffe  übertreflFen.  Be- 
sonderes Bedürfniss  nach  neuen  Antisepticis  liegt  bei  der  heutiges 
chirurgischen  Anschauung ,  wesentlich  aseptisch  zn  verfahren, 
nicht  vor. 

€re«80t 

In  der  Behandlung  der  Tuberculose  mit  Creoaot  sind 
neue  Gesichtspunkte  nicht  gewonnen  worden.  Semon  gibt  zu,  dsas 
die  Behandlung  eine  empfehlenswerthe  sei.  Von  Revillet  n.  A. 
wird  die  Einverleibung  als  Clysma  empfohlen.  Er  gibt  folgende 
Formel  an: 


Araieirailtelleiire  und  Toxikologie. 


US 


Creoeot.  2 — 4, 

Ol.  Amjgdal.  2ö,0, 

Vitell.  ovi  onius, 

Aqu.  destill.  200,0. 
M.  f«  emulsio. 
^e,  welche  die  inDerliciie  DarreicbuDg  mcht  vertragen,  könneti 
auf  diese  Weine  geniigende  Mengen  von  CreoBot  bekommen.  Auch 
reaorbirt  der  Darm  sehr  gut,  (Journal  de  m^d,  de  Parie.)  Als  gut 
lösliche  und  zerreibliche  Pillen  atellen  Jungfer  und  Upjohn  0,OÖ 
and  0,1  Creosot  haltige  Präparate  dar.  (Pharm,  Centralhalle  Nr,  27, j 
Sommer bro dt  empfiehlt  ausser  bei  Tuberculose  auch  die  Creosot- 
behandluüg  bei  d  er  Scrophulose.  Tages  mengen  von  ^ii—l^g 
bei  Kindern,  ca.  4  g  bei  Erwachsenen  sind  nach  seinen  Anschauungen 
imgefährlich  und  können  sogar  noch  (iberöchritten  werden.  Der 
practische  Arzt  wird  gut  thun,  mit  der  Verabreichung  von  Creosot 
langsam  und  vorsichtig  zu  Werke  zu  gehen,  Sommerbrodt  hat 
aar  Erfahmngen  bei  Kindern  über  7  Jahren  gesammelt.  Man  be- 
ginne mit  3 mal  täglich  I  Tropfen  Creosot  in  Milch  oder  Wein  und 
steige  allmählich  auf  1  g  pro  die.  (BerL  klin.  Wochen  sehr.  Nr,  26, 
Aufforderung  zur  Behandlung  der  Scrophulose  mit 
Creosot*) 

Ferrari  hat  Versuche  Ctber  die  Resorption  des  Creosots  bei 
Tuberculosen  angestellt,  er  kommt  zu  dem  Resultate,  dass  die  heste 
Methode  die  hypodermatische  ist;  diese  ist  jedoch  in  der  Privatpraxis 
nicht  durchzuführen,  die  zweitbeste  iat  die  Application  per  rectum. 
Statt  des  Clysmas  kann  man  Suppositorien  anwenden,  welche  0,5 
bis  1,0  Creosot  enthalten.  Dadurch  gelangt  man,  ohne  den  Ver- 
dauungstract  zu  belästigeD,  zu  den  wirksamen  Dosen  von  3—4  g 
pro  die. 

Mit  dem  Benzosol  (benzoesauren  Guajacol)  als  Ersatz* 
mittel  des  Creoeotä  sind  ausgedehnte  Versuche  nicht  angestellt  wor^ 
den.     Hughes  läset  Trochiscen  aus  Benzosol  darstellen: 

^^L  Ben zü sei,  5,0^ 

^^^^  Ol.  Menthae  pip.  0^1  ^ 

^^^^P  Fiant  trochiBci  XX, 

^^^r    tässt    davon  in  der    1.    Woche   3mal  1  Stück   nehmen,    in    der 

I  2, — 4,  Woche  3mal  2  Stack,  in  der  5,  Woche  1  Pastille,  ha  der 
6.  Woche  wird  es  ausgesetzt^  und  mit  der  7,  Woche  ein  neuer 
Cyclus  begonnen.  (Deutsche  med.  Wochenschr.  1891,  Nr.  53.  Therap. 
Monatflh,  Nr,  3.) 


644 


buchwald. 


(inajacol 

in  Form  d  es  G  u  a j  a  c  o  1  u  m  c  a  r  b  o  n  i  o  u  m  wurde  im  vorigen  J  abre 
von  Seifert  and  Hol  seil  er  an  Stelle  dea  Oreosotö  empfohlen.  Es 
iflt  ein  einheitlicher,  chemisch  reiner  Stoff,  fest  und  krystallieisch. 
Es  ist  geruchlos,  geschmacklos,  unlöslich  in  Wasser,  von  neutraler 
Reaction  und  ohne  Reiz  Wirkung  auf  die  Schleimhäute,  Es  belästigt 
die  Verdauungöwerkzeuge  in  keinerlei  Weise.  Bei  Phtbisikern  trat 
nnter  GuajacolcarbonatbebandluBg  eine  ßassemng  des  Appetites, 
Hebung  des  Ernährungszustandes  und  der  allgemeinen  Widerstands- 
fähigkeit Bin.  J)\e  Husten  an  fälle  wurden  aUmäblich  milder,  der  Ans- 
wuri  lose,  schltfimig,  eiterig,  spärlicher,  das  Fieber  schwand,  ebenso 
die  Nacbtschweisse.  Das  Mittel  wurde  Morgens  oder  Abends  oder 
'/M  beiden  Zeiten  in  Dosen  von  0,2—0,5  g  aUmählich  steigend  bis  zu 
G  g  pro  die  gegebt^n  und  von  allen  Patten t«n,  auch  solchen,  welche 
OeoBOt  nicht  vei trugen,  ohne  Beschwerden  genommen.  In  einem 
weiteren  Aufsatze  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  3)  schliessen  obige 
Autoren  eine  speci  fischt*  Wirknn  g  im  Sinne  Sommerbrodt^s 
auö,  «ebenso  halten  sie  die  Ansicht^  dass  Guajacol  nur  als  Bittermittel 
wirke,  für  irrig.  Alles  Guajacol  soll  sich  nach  ihrer  Ansicht  an  im 
kranken  Körper  kreisende  labile  Eiweissstoffe  anlegen  zu  Verbin- 
dungen^ welche  ungiftig  sind  und  nun  der  Oxydation  anheimfallen. 
Durch  Vernichtung  solcher  Krankheitsproducte  wurden  auch  die 
K  rank  hei  tssym  ptome  ,  wie  Fieber,  Nachtschwei^ise  ,  Verdaaungs- 
titö rangen  beseitigt* 

Sohüller  hebt  hervor^  dass  man  des  Guajacolcarbonates,  welches 
übrigens  eine  ausgedehntere  Verwendung  nicht  gefanden  so  haben 
ficlieiut,  nicht  bedürfe,  da  man  mit  dem  Guajacol,  welches  er  einge- 
führt habe,  ganz  gut  auskomme.  Im  Handel  sind  ja  Guajacol  kapseln 
und  Pillen  von  gleicher  Stärke  wie  die  Creosotpräparate  za  haben* 
Sob filier  empfiehlt  bei  der  chirurgischen  Tubereulose  ausser 
looaler  Jodoformbehandlong  eine  allgemeine  Guajaeol- 
bebandluDg«     Er  verordnet  folgende  Mischung: 

GuajaooL  5.0  (2,0), 

Spir»  Vin.  rect, 

Aqu.  Menth,  pip.  ana  50,0. 

Ol    Papaveris  (Jecor.  Aselli»  50,0  (30,0\ 

M*  D.  S.  Wohl  umgeschüttelt  4— 5mal  täglich  1  Esslöffel 

^1  Kinderlöffel). 

Da«  EingekUmmerte  gilt  ftir  kleine  Kinder.    Aach  reines  Goajacol 

kann  gegeben  wierden.    Man  verordnet  dann  4 — 5mal  täglich  2  bis 


I 


d 


ArzneiiDitte] lehre  und  Toxikolog^ie, 


645 


5  Tropfen  in  einem  Glase  Milch  oder  Zuckerwasser.  Auch  bei  der 
Anwendung  des  Guajacols  wird  man  gut  thnn^  anfangs  niclit  mit  so 
starken  Dosen  vorzugeben^  sondern  erst  mit  kleinen  Gaben  die  To- 
leranz des  Organismus  zu  prüfen*  Man  kann  dann  die  in  der  Prager 
Burtdschaii  Nr.  13  verordnete  Formel  wäblen : 

(GuajacoU  2fi^ 
Spirit.  20,0, 
B  Tioct.  Gentiao.  20,0, 

^M  Eitr,  Coffeae  concentr.  20^0, 

"  Aqu.  destilh  200,0. 

M.  D.  S.  Täglich  2—4  Eealöffeh 
ucb  bierbei  würde  sich  eventuell  die  Application  per  rectum  in 
iprchenrorm  empfehlen.  t*oggi  empfiehlt  als  Normaldose  1,0  g  pro 
die.  (La  Bi forma  medica  Nr,  10.)  Pohl  bat  daa  Guajaeol  auch 
bei  der  Cholera  angewendet.  (Allgem.  med.  Centraktg.  Nr.  96.) 
Der  practiöche  Arzt  wird  am  bebten  thun,  sich  an  die  Guajacol- 
kapseln  zu  hatten ,  eventuell  GuaJaGolcarbonat  zu  verwenden^  oder 
Suppositorien  mit  Guajacol  zu  verordnen.  Wirkliebe  Heilerfolge 
»oD  er  sich  jedoch  weder  vom  Oreosot  nocb  vom  Guajacol  ver- 
sprechen,  immerbin  aber  gelten  diese  Mittel  auch  nach  unseren  Er- 
^hningen  als  Hülfsmittel  in  der  Phthiseotherapie. 

Für  die  Behandlung  d  er  T  u  bereu  lose  ist  anch  der  zi  mm  t- 
saure  Guajacolätber,  da^  Styracol  empfohlen  worden,  doch 
sind  ausgedehnte  Versucha  damit  nicht  angestellt  worden. 

PyoktauJii 

resp.  Methylviolett  wird  von  Jaenicke  auf  Grund  bacteriologiscber 
Untersuchungen  bei  der  Diphtherie  empfohlen.  Wir  haben 
unsere  Anschauungen  über  den  Werth  dieses  Mittels  bei  Diphtherie 
und  malignen  Neubildungen  (v.  Mosetig-Moorhof)  bereits  in 
früheren  Jahrgängen  ausführlich  auseinandergesetzt;  wir  halten  das 
Mittel  für  vollkommen  entbehrlich  und  können  es  dem  Practiker 
nicht  anempfehlen. 


Bnphorjii  (PbenyUi'ethaii). 

lieber  dieses  von  Sansoni   angepriesene   an ti thermische,    anti* 

neuralgische   und   an tirbeuma tische  Mittel   haben   wir   uns  schon  im 

,  vorigen  Jabrbuche  ablehnend  ausgesprochen.    Die  ausführliche  Arbeit 

von  Kdster  (Therap.  Monatsh.  Nr,  8)  zeigt^  dass  wir  Recht  hatten. 


ti4G 


Bwchwald. 


Köater  sagt  in  aeinam  Eesume:  Das  Mittel  füllt  keine  Lücke  in 
unserem  Ärzneiscbatse  auä.  Aucli  die  biBher  bekannten  Antipyretica 
wird  es  nicht  verdrängen,  obgleich  ihm  hierbei  ein  gewisser  Werth 
nicht  abzuaprechen  ist.  Ais  Sedativum  und  AntirheamaticQm  steht 
es  den  bekannteu  Mitteln  entschieden  nach*  Wozu  es  noch  weiter 
zu  verwenden? 

Ob  dem  neuen  Anodjnum  und  Antirbeumaticum,  dem 


A^atliin  cSalieyl-m^thyl-phcüijlh ydrazon ) 

ein  anderes  Loos  beschieden  sein  wird^  muss  abgewartet  werden. 
Eloßenbaum,  La  quer,  Löwenthal  verwandten  das  Mittel  in 
Gaben  von  0,5  2 — 3mal  täglich.  Agatbin  stellt  weiss©  Plättchen 
mit  schwachem  Stich  ins  Grünliche  dar,  die  gerucb-  und  geschmack- 
ioSf  in  Walser  unlöslich,  in  Alkohol  und  Aetber  löslich  sind,  und 
bei  74  ü  C.  schmelzen.  Das  Roo  stäche  Mittel  Agathin,  von  Meister, 
Lucius  «fc  Brüning  hergestellt,  hat  unangenehme  Nebenwirkungen 
im  Allgemeinen  nicht  erkennen  lassen.  Augenblicklichen  Erfolg 
scheint  das  Mittel  nicht  zu  haben ,  erst  uach  4 — 6  g  tritt  die  ge- 
wünschte Wirkung  ein. 

EbeoBO  entbekrlich  ist  das  in  den  Mandel  gebrachte  Exodyn. 
Dieses  neue  Antipyreticum  und  Antineuralgicum  besteht  aus  90  ^^ 
Acetanilid,  5  "  q  Natriumsalicylat,  5  o>\^  Natrium  bicarbonioum. 

Welches  Schicksal  dem  neuesten  Antipyreticum  und  Nervi- 
num,  dem 

beschieden  sein  wird,  muss  ebenfalls  abgewartet  werden.  Chemisch  ii 
Acalgen  als  Ortho-Oxäthyl-a-Monoacetyl- Amido-ChinoHn 
zu  bezeichnen.  Es  ist  ein  weisses,  volumioöses,  bitter  scbmeckendes 
Pulver,  welches  in  kochendem  Wasser  ziemlich  leicht,  in  kaltem  Wasser 
schwer  löslich  ist.  Später  wurde  als  Benz*Analgen  an  Stelle  des 
Phenaceto-Chinoli na  (Analgens)  dii^Benzoylverbindung  verwendet 
Bisher  wurde  das  Mittel  ausschliesslich  von  Lob  eil  und  Vis  (Beutsche 
med.  WocheDSchr.  Nr,  44)  angepriesen.  Es  kam  bei  verschiedenen 
Formen  der  Neuralgie,  Lumbago,  Ischias,  Facialisneuralgie,  Schmerzen 
der  Gichtkranken  etc.  zur  Verwendung.  Unangenehme  Nebenwirkungen 
oder  Nachwirkungen  wurden  nicht  beobachtet.  Als  Einzelgahe  gilt 
bei  Erwachsenen  0,5,  mit  welcher  bis  zu  3,0,  selbst  5,0  g  pro  die 
gestiegen  werden  kann* 


Arzneimittellekre  und  Toxjkoiogie. 


Ii4i 


Auch  ein  Antithermin  (Phenylhydrazin-Lävülinsäure) 
haben  wir  nunmelin  Hoffentlich  verschwindet  das  von  Nicot, 
Drobner  eingeführte  Mitte!  bald  wieder.  Wir  haben  am  Antifebriu 
und  Antipyrin  genug*     (Wieiier  med.  Presse  Nr.  14,) 


An  der  Berliner  ÜDiveraitatapoliklinik  wurden  im  Jahre  1891 
35  Kranke^  welche  an  Chorea  litten,  mit  ExaJgio  behandelt,  nnd 
swar  wurden  meist  drei  Dosen  von  0^2,  ausnahmsweise  fünf  solche 
Dosen  gegeben^  bei  einem  3jährigen  Knaben  nur  3mal  0^1,  immer 
in  warmem  Zuckerwaßser  gelöst.  Frische  Fälle  heilten  mitunter 
schon  nach  8  Tagen,  ältere  erst  nach  5 — 6  Wochen.  Neben  ersehe  i- 
nungen  waren  Ohrensausen,  Gefühl  von  Trunkenheit,  Uebelkeit  und 
Erbrechen,  Kopfschmerz  uod  Cyanose;  ernste  Vergiftungserschei- 
nun  gen  kamen  nicht  vor.  Da  es  keine  specifiHche  Wirkung  hat, 
auch  schon  nach  veihältnissmäsaig  kleinen  Gabeo  von  Prentisi 
schwere  Vergiftungseriächeiniingen  beobachtet  wurden,  kann  es  besser 
ganz  bei  Seite  gelassen  werden.  (Löwenthal,  Behandlung  der 
Chorea  St.  Viti  mit  Exalgin.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  5, 
Therapeut.  Gazette,  Febr.  Vergl.  auch  Joris,  Moncorvo,  Behand- 
lung der  Chorea  mit  Exalgin,  Wien.  med.  Presse  Nr.  44, 
DoÄen  von  0,15 — 0.8  wurden  Bmal  täglich  gegeben*) 

Phenoi'olliim  liydruehknciiin 

im  vorigen  Jahre  als  Antipyreticum ,  Antirheumaticum  und  Ner- 
vinum  in  den  Handel  gebracht  worden.  Diesbezügliche  Arbeiten 
hatten  Hertel,  Herzog,  Aronsohn,  Schmidt  veröffentlicht.  In 
diesem  Jahre  haben  Cohnbeim,  Bum,  Balzer  Arbeiten  ver- 
offeDtlicht» 

Cohnheim  (Therap,  Monatsh.  Nr,  1)  hat  schon  von  0,25  anti- 
pyretische Wirkung  gesehen,  gewöhnlich  wurde  0,5  pro  dosi  gegeben, 
höchste  Einzelgabe  betrug  1,0,  Tagesgabe  4^5  g.  Starke  Seh  weisse 
and  leichtes  Frösteln  heim  Wiederansteigen  des  Fiebers  wurden 
ebenfalls  gesehen ,  auch  zeigte  der  Urin  eine  dunkle  Färbung  mit 
charakteristischen  Heactlonen.  Eiweiss  oder  Urobilin  fand  sich  nicht 
im  Urin,  Ein  zuverlässige?!  Äntineuralgicum  und  Antirheumaticum 
ist  es  nicht.  Bum  verwandte  PhenocoUum  als  Antifehrile  bei  Phthisis 
und  Erysipel,  als  Antirheumaticum  und  Antineuralgicum  hei  Myelitis, 
Ischias,  Gephalaea.  Er  gab  es  intern  in  Oblaten  in  Dosen  von 
0,5 — 0,7^1,0,    pro   die    bis   5  g.     Unangenehme    Nebenwirkungen, 


«48 


Buchwald. 


nameBtlieh  ColkpSi  Erbrechen  etc.  felüten.  Auch  seine  Erfolge  sind 
keine  gläüÄenden.  Nach  Balser's  Unterauchungen  wirkt  Phenocolluir 
in  Dosen  von  1^0  gut  und  prompt  antipjreti seh,  bei  achwachen  Kranken 
darf  man  jedoch  solche  Gaben  nicht  verwenden,  sondern  nur  0,25— U,5 
versuchen  j  überhaupt  besitzt  es  keine  besonderen  Vorzüge  vor 
Phenacetin  and  Antipyrin.  (Wiener  med.  Presse  Nr.  20—22.  Tharap. 
Monateh.  Nr,  6.)  Als  Antitjpicum  soll  es  nach  Prati'ö  und  Novi's» 
sowie  Venturini*B  TJutersuchuogeu  in  gewisaen  Fällen  dem  Chinin 
vorzuziehen  sein.  Es  ist;  aber  auch  hierbei  als  entbehrlich  zu  be- 
trachten. 

Salopliei 

ist  ein  neues  von  der  Firma  F.  Bayer  eingeführtes  SalicyUäure- 
derivat,  welches  besondere  Vorzüge  besitzen  soll.  Chemisch  ist  es 
als  BaHcyleäureacetylparamidophenoläther  anzusehen,  mit 
einem  Gehalte  von  50,9  ü|,^  Salicj^isäure.  Es  ist  relativ  ungittig.  Es 
stellt  kleinste  weissei  krystallinische  Blättchen  dar,  welch©  in  Wasser 
fatit  ganz  unlöslich  sind.  Es  ist  vollkommen  geruch-  und  geschtnack- 
lo8.  Ein  Tbeil  des  Salopheus  wird  im  Körper  in  seine  Componenteu 
gespalten,  ein  anderer  Theil  wird  unverändert  durch  die  Fäces  aus- 
geschieden. In  pharmakologischer  Beziehung  kommen  dem  Salophen 
dieselben  günstigen  Eigenschaften  zu  wie  dem  Bald;  vor  letzterem 
aber  hat  ea  den  Vorzug  der  absoluten  G*?ruch-  und  Geschmacklosig- 
keit und  der  ganz  beträchtlich  geringeren  Giftigkeit.  P.  G^ttmann 
äussert  sich  günstig  über  die  Erfolge,  hat  auch  keine  unangenehmen 
Nebenwirkungen  eintreten  sehen.  (Siebel^  Pharmakologische 
Untersuchungen  über  Salophen ^ein  neueaSalicylaäure- 
derivat.  Thersp*  Monatsh.  Nr.  1.)  Arbeiten  über  das  Salophen 
sind  von  Fröhlich  (Wiener  med.  Wochenschr.),  Flint  (New  York 
med.  Journ.),  Dräsche  (Wien.  med.  Wochenschr.),  Caminer  u.  A. 
erschienen.  Fröhlich  wählte  zu  seinen  Versuchen  elf  Fälle  von 
acutem  und  sechs  Fälle  von  chronischem  Gelenkrheumatismus.  Meist 
gab  er  6  g  pro  die,  nach  dem  Schwinden  der  Hauptgymptome  ging 
er  zu  4  g  herab.  Auch  bei  anderen  fieberhaften  Erkrankungen  ver- 
wandte er  Salophen,  begann  aber  dann  mit  3  g,  stieg  allmählich  bis 
SU  (i  g.  Auch  als  Streupulver  und  bei  Cystitiden  wurde  es  local  als 
Antisepticum  verordnet.  Beim  Gelenkrheumatismus  (acutem)  hat  es 
gute  Dienste  geleistet,  erbebliche  cerebrale  Störungen  waren  nicht 
vorhanden,  bei  chronischem  Gelenkrheumatismus  ist  seine  Wirkung 
Eweifelhaft^  als  Antipjreticum  ist  es  nicht  zu  verwerthen.  Dräsche 
hebt  hervor,   dass  nach  dem  Gebrauche   von  Salophen  häufig  reich- 


Arznei  mittel  lelire  und  Toxikologie. 


B41> 


liehe  Scbweisaauescheiduixg  zu  Stande  kommt,  uod  nach  Verdunstung 
desflelben  eine  grosse  Menge  kleinster,  ponkt förmiger,  V.^ — 1  mm 
grosser  Krystalle  auf  der  Haut  zurückbleiben.  Die  Haiat  sieht  aus 
wie  mit  Diamantetaub  beetreut.  Die  Furchen  an  Gelenken^  Hals, 
Hohlhand  etc.  sind  mit  weisser ,  aab  est  ahn  lieber,  glänzender  Masse 
ausgefüllt.  Caminer  gab  Salopben  bei  Migräne^  Neuralgie,  Ce- 
phalalgie. 

Salophen.  5,0, 
Divide  in  partes  V. 
S.  2atündlicb  1  Pulver  bis  aur  Wirkung, 
Seine  Erfolge   ermuntern    zu   weiterer  Anwendung,    zumal   die    ge- 
bräucblichen    Dosen   von    mehrmals    täglich    1  g   gefahrlos   za   sein 
scbeiiien,     (Tberap.  Monatab.  Nr.  10.) 


Salipyrin  (Riedel). 

AufGrond  der  Empfehlungen  P.  Gutt man n's  und  der  Arbeiten 
Hennig^b,  Mosengeil's  u.  A.  wurde  dos  aus  Antipyrin  und  Salicyl* 
säure  bestebende  neue  Präparat  sowobl  als  Antifebrile,  als  auch 
namentlich  als  Antineuralgicum  und  bei  Influenza  angewendet. 
Namentlich  hielt  es  Mosengeil  für  ein  Bpeciflcum  bei  der  damals 
herrschenden  InEuenzaerkraDkung.  Dem  Mittel  ist  ein  gewisser  Werth 
nicht  abzusprecherj,  ein  Specificum  ist  m  jedoch  bei  keiner  Erkrankung, 
und  in  vielen  Fällen  hat  es  keine  Vorzüge  vor  den  Componenten. 
Zu  bemerken  ist  allerdings^  dass  verhältnissmätiBig  wenig  unangenehme 
Nebenwirkungen  vorhanden  sind.  Die  Empfehlungen  haben  zu 
mannigfachen  Nachprüfungen  Veranlassung  gegeben.  So  hat  Wit- 
ting  Salipyrin  in  80  Fällen  von  Influenza  verordnet|  ohne  besondere 
Erfolge  erzielt  zu  haben.  Er  gab  6  g  pro  die,  die  ersten  3  g  in 
Grammdosen  halbstündlich,  (Allg.  med.  (Jentralztg,  Nr.  30.)  Argo 
gibt  kleiner«  Dosen,  ist  meist  mit  3  g  pro  die  ausgekommen,  beson- 
ders rühmt  er  das  Salipjrin  bei  Hemicranie,  bei  Kopfschmerz  nach 
Alkoholexcessen,  bei  Gelenkrheumatismus.  (Tberap.  Monatsh.  Nr.  5.) 
Prof.  Müller  gab  Salipyrin  bei  Influenza  der  Kinder  zu  0^3 — 1,0 
Bmal  täglich  mit  gutem  Erfolge,  bei  schweren  Fällen  von  Influenza 
Hess  es,  wie  alle  anderen  Mittel,  im  Stich.  Kleinwäcbter  ver* 
wandte  das  Antifebrile  ausserdem  bei  Phthisikern,  Besondere  Vor- 
süge  hat  es  dabei  nicht,  ßei  Menstruationsbescbwerden,  namentlicb 
klimakterischen  Blutungen  soll  es  nach  Znrheüe  besser  wirken  als 
Seeale  und  Hjdrastispräparate*  (Deutsche  Med.-Ztg.  Nr.  Ü9.j  Go- 
grewe  meint,  dass  im  Durchschnitt  fnst  jede  Form  der  Influenza  auf 


mo 


Buchwald» 


SaUpjrm  reagire.  Eine  AuaDahma  machen  nur  die  mit  schwereD 
bronebopneumoiiisGlien  Eracheicungen  ein  hergeben  den  InfectioneD 
und  dicsjenigen  FormeD,  bei  denen  die  gastris^chen  Eröcheitiungen  in 
den  Vordergrund  treten,  bei  welchen  es  auch  meist  sofort  erbrocheü 
wurde.  (Deutsche  Med. -Ztg.  Nr.  5.)  Am  besten  scheiiit  es  noch 
beim  acuten  Gelenkrheumatiamua  zu  wirken.  (Vergl.  auch  Trachten- 
berg, Salipyrin  gegen  Gelenkrheiimatiömu»,  Der  Arzt  Nr.  18,} 
Zunächst  wird  sich  der  practiache  Arzt  immer  an  die  erprobten 
Mittel,  Natrium  aalicvlicum^  Antipyrin,  Phenacetin  halten  köunen,  die 
neueren  Mittel  jedoch,  zu  denen  auch  das  Antinervin  (Kägl)  gehört 
{Dosis  0,5  mehrmals  täglich),  sich  für  diejenigen  Fälle  ver sparen^ 
iß  denen  diese  Mittel  wirklich  keine  Heilkraft  zeigen.  Die  bekannten 
Mittel  sind  nebenbei  auch  die  billigeren. 

Ob  dem  Antinervin  und  dem  ebenfalls  bei  Gelen krhenmatiemus 
empfohlenen  Natron  dithiosalic jlicum  (Linden born,  May, 
Voit),  in  Tagesdosen  von  G— Bg  (zu  je  1  g),  ein  besonderer  Warth 
beizumeaaen  ist,  müsaen  weitere  Untersuchungen  lehren.  (Deutscheö 
Archiv  £  klin.  Med.  —  Antinervin  [Salicylbromanilid]  von 
Dr.  Eilippi.     Rif.  med.     Deutsche  Med  .-Ztg.  Nr.  5) 


Salt»!. 

Die  giftigen  Eigenschaften  des  Saiols  habeo  wohl  die  meisten 
€ollegen  mit  Becbt  dasu  veranlasst^  von  diesem  Mittel  möglichst 
wenig  Gebrauch  zu  machen.  Am  meisten  Endet  es  noch  Verwendung 
bei  den  Blasenkatarrhen  und  kann  hierbei,  vorsichtig  verwendet, 
auch  thatsächlich  empfohlen  werden.  Ein  Aufsatz  von  Arnold  be- 
leuchttit  aufs  Neue  den  Wertb  des  Saiols  bei  acuten  und  chroni- 
schen Biasenkatarrhen.  Es  macht  den  alkaliscjien  Urin  sauer, 
beseitigt  den  fauligen  Geruch,  der  trübe  Urin  klärt  sich,  das  eiterig- 
schleimige Secret  nimmt  stetig  ab;  die  Harnmenge  wird  in  der  Regel 
vermehrt.  Vom  Magen  wird  das  sieb  erst  im  Darm  spaltende  Salol 
sehr  gut  und  längere  Zeit  vertragen.  Am  besten  wird  der  Arzt 
thnn,  3  g  pro  die  nicht  zu  überschreiten.  (Therap.  Monatsb,  Nr.  12.) 
Sympson  empliehlt  es  ebenfalls  bei  ohroniachen  Blasenkatarrhen. 
(Fractitioner,  Juni.)  Löwenthal  will  eine  specifische  Heilwirkung 
des  Saiols  bei  der  Cholera  geäeken  haben.  (Deutsche  med. 
Woebeoschr.  Nr.  32.)  Das«  Salol  sich  bereits  im  Magen  spaltet, 
ako  sur  Prüfung  der  Fanciionsfahigkeit  des  Magens  ungeeignet  ist, 
zeigt  die  experimentelle  Arbeit  Steines.  (Wiener  med.  Wochenacbr. 
1892,  Nr.  43.) 


I 
I 

I 
I 


Anineimiiteliehre  und  Toxikologie, 


(»51 


tierbsäiirp. 

Die  gerbBäurehaltigen  Pflanzenstoffö  werden  von  den  Aorzten 
der  neueren  Sehnle  zweifellos  za  wenig  gewürdigt.  Wahrend  die 
älteren  Aerzte  ihr  Extractum  oder  Decoctum  Colombo,  Eatanbae 
Monesiae  noch  oft  genug  verordnen,  ist  die  jüngere  Generation  zu 
den  Bismuthpräparaten  etc.  übergegangen,  Weber  bescbreibt  die 
vortheilhafte  Wirkung  einiger  gerbsänrebaltiger  Arznei- 
Stoffe  bei  chronischen  nicht  compHoirten  Bünndarm- 
katarrhen.  Vom  Extractmn  Monesiae  gab  er  2  g  pro  die  in  ge* 
theilten  Dosen.  Hugo  Schulz  epricht  der  Tinctura  Colombo 
einen  besonderen  Werth  bei  den  genannten  Krankheiten  zu;  herge- 
etelit  wird  diese  Tinctnra  im  Verhältuiss  von  1 :  10  reinem  Alkohol 
Die  Dosiä  betrug  anfänglich  1,5  g,  doch  konnte  rasch  auf  6 — ^8 — 10  g 
pro  die  gestiegen  werden,  Der  Vortheil  der  Golombotinctur  gegen- 
über dem  Decoct  liegt  auf  der  Hand,  Die  Tinctnr  ist  unbegrenzt 
haltbar^  der  Geschmack  läsat  sich  durch  Verdünnung  und  Versüssung 
mildem^  der  Preis  ist  ein  erheblich  billigerer,  die  An  wendunga weise 
bequem.     (Therap.  Monatsh,  Nr.  2.) 

Acidum  tannicum  wurde  von  Cantani  als  gerbsaure  En- 
teroclysebei  Cholera  in  Dosen  von  5—10—20  g  Acidum  tannicum 
verordnet.  Diese  werden  xn  1  V^ — 2  Liter  Wasser-  oder  Camil leninfug, 
mit  oder  ohne  2(^—30  Tropfen  Opium,  zuweilen  auch  mit  HO— 5^J  g 
Oumnii  arabicum  angewendet,  und  zwar  immer  in  heisaer  Lösung 
von  38— -40^  C.  Je  früher  die  Enteroclyse  ausgeführt  wird,  je  öfter 
sie  wiederholt  wird,  desto  rascher  und  sicherer  soll  ihr  Erfolg  sein. 
Jedenfalls  ist  die  Behandlungs weise  Gantani's  rationell  und  kann, 
wenn  nöthig,  mit  anderen  Methoden  combinirt  werden*  8ie  ist  leicht 
auszuführen, 

Heidelbeertlätter, 

Alte  Mittel  kehren  aufs  Neue  wieder.  Jetzt  wird  das  Heidel- 
beerkraut  besonders  als  ein  Mittel  gegen  die  Zackerkrankbeit  em- 
pfohlen* Knorr  in  Colberg  bestätigt  diese  Angaben  und  hat  ein 
Fluidextr actum  Myrtilli  aus  frisch  gesammelten  Blättern  her- 
gestellt. Die  ausgede  hu  testen  Versuche  hat  jedoch  Weil,  welcher 
von  einer  Abkochung  der  Heidelbeerblätter  gute  Erfolge  sah,  ange- 
stellt. Er  bediente  sich  zuletzt  der  Pilulae  Myrtilli  Jasper,  von 
denen  jede  0,12  Extractam  foliorum  Myrtilli  =  1  g  getrockneter 
Heidelbeerblätter  enthält.  Die  von  ihm  behandelten  Diabetiker  nahmen 
neben  entsprechender  Diät: 


* 


652 


je 


Bueliwald. 

Pille 
Pillen 


darauf  Smal  tägUch  je  5  Pillen  rej^elmässig  weiter,  Belbst  24  Pillen 
wurden  okne  Schaden  am  Tage  ganommen.  Der  Zuckergehalt  sank 
bei  einer  Patientin  von  4,<i8  allmäblich  aar  0^0 'Vq.  Schon  Dach 
8—14  Tagen  sank  der  Zuckergehalt  wesentlich;  wo  Verstopfung 
durch  die  Püleu  eintritt,  wird  sie  durch  Carlsbader  Salz  bekämpft. 
Weil  fordert  zu  weiteren  Versucben  auf,  die  Diät  allein  soll  nicht 
genügen  f  um  das  günstige  Resultat  zu  erzielen.  Wir  haben  bereits 
mehrfach  die  Pilulae  M3Ttilli  Jasper  bei  Diabetikern  schwerer  Art 
verordnet,  bislang  aber  keine  Erfolge  gesehen.  Ein  endgültiges  ür- ' 
theil  wagen  wir  aber  noch  nichl  abzugeben^  da  die  Beobachtungszeit 
eine  zu  kurze  ist 

Das  io  den  letzten  Jahren  namenthoh  von  Amerika  aus  empfohlene 
antidiabetische  Mittel  Sy2>'gium  Jainbolanum  hat  bislang  eine 
sichere  Wirkung  nicht  erkennen  lassen.  Jambul  wird  in  Form  der 
gepulverten  Samen  oder  des  Fluidextractea  %'er wendet,  besonderen 
Werth  bat  es  jedoch  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  nicht,  (Therap. 
Monatshefte  Nr.  4,  Lenn*^^  ibid.  Nr,  H.  Ger  lach,  ibid.  Nr.  7.) 
Wenn  es  auch  bei  experimentell  erzeugter  Zuckerharnrakr  im  Stande 
war,  die  Ausscheidung  aufzuhalten  (Robert),  so  ist  doch  daraus 
auf  die  Erkrankung  der  Menscbeu,  welche  doch  nicht  identisch  ist 
mit  einer  Glykosurie,  kein  Scbluss  zu  ziehen. 

Die  Zimmtsäure  wird  zur  Behandlung  der  Tuber culoae 
von  Landerer  angepriesen.  Trotzdem  der  Autor  einen  guten  Namen 
hat,  würden  wir  nicht  ratheu,  den  von  Lander  er  eingeschlagenen 
Weg,  ohne  weitere  Erfolge  abzuwarten ,  zu  betreten.  Intravenöse 
Injectionen  halten  wir  überhaupt  nicht  für  ungefährlich.  Die  Miss- 
erfolge mit  der  einst  so  gepriesenen  Benzoesäure  mahnen  doch  zu 
vorsichtigem  Abwarten.  Wir  geben  auch  deshalb  auf  die  ausführ- 
hebe  Arbeit  Landerer*«  nicht  ©in.  Ein  Referat  findet  der  Arzt  in 
den  Therap.  Monstsb.  Nr.  5.  Die  Tabercuioae  ist  keine  Krankheit, 
bei  der  einige  wirkliche  oder  vermeintliche  Heileriblge  einen  schnellen 
Schluss  zulassen.  Ganz  dasselbe  gilt  auch  fUr  die  Behandlung  der 
Tubercuiose  mit  Oleum  camphoratumj  welche  neuerdings  befür- 
wortet wird. 


* 


ArzneimiUellehre  und  Toxikologie. 


(i53 


DigitaliiL 

Ueber  einig©  Digitalisspeciei  hat  Goldeoberg  ünteranc hangen 
«ngestellt  £s  wurden  geprüft  Digitalis  purpurea,  unsere  officineUe 
Pflanze,  nervoaa,  gigantea,  ferruginea,  eriostachys,  glandulosa,  Fon- 
tanesii,  von  allen  die  verscbiedeneii  Theile.  Qualitativ  wirken  alle 
beim  Frosche  ähnlich  der  Digitalis  purpurea,  nur  quantitativ  «ind 
fiie  verschieden,  so  wirkt  Digitalis  ferruginea  beispielsweise  lOmal 
stärker  als  Digitalis  purpurea.  Digitalein  und  Digitonin  fand  Golden- 
berg «iemlich  rein  und  wirksam,  Digitaün  wurde  nicht  charakte- 
ristisch  wirksam  gefanden,     (Dorpater  Inaugural* Dissertation.) 


Die  Frage,  welches  von  den  Glykosiden  und  Alkaloiden  man 
event.  prsctisch  an  die  Stelle  unserer  Digitalispräparate  setzen  solle, 
ist  noch  nicht  entschieden.  Auch  die  neaeren  Arbeiten  von  Haudas 
(Untersuchungen  über  das  Digitaleii}  SchmiedebergV)  und  von 
Kiiiani  (üeber  das  Digitalin,  Pharmac.  Gentralhalle  Nr,  12  u.  31) 
kommen  der  Praxis  nicht  zu  Gute-  Die  Versuche  von  Mottes  sind 
nicht  ausgedehnt  genug,  um  das  Digital  in  verwenden  zu  können. 
Lupine  verwendet  das  Digitalinum  crystallisatum  Nativelle 
milligrammweise.  (Semaine  mSd.  Nr.  4.J  An  Stelle  der  inneren  Appli- 
cation des  Digitalisinfuses  ist  neuerdings  nach  dem  Vorgange  Stol- 
nikow's  das  Di gitali »infus  O^S — 10  subcutan  verwendet  worden, 
2 — 3mal  täglich  eine  Pravaz'sche  Spritze  obigen  Infuses.  (Zi^netz 
u.  A.  Sem,  med.  Nr.  1.)  Gegen  die  grossen  Dosen  von  Digitalis^  3— 4  g 
pro  die,  tagelang  fortgesetzt^  haben  wir  uns  ans  naheliegenden 
Gründen  sehr  entschieden  ausgesprochen ,  auch  die  neuen  Arbeiten 
von  Mas  ins  (Acad^mie  royaie  de  möd.  de  ßelgiq;ue)  und  vou  flöpfel 
(Beitrag  aur  Digitalisbehandlung  bei  Pneumonie)  machen 
uns  in  unseren  Anachauungen  nicht  irre.  Die  Ansichten  Petresoo^s 
(Therap.  Monatsh.  1891)  halten  wir  für  falsch,  die  Digitalisbehand- 
Inng  der  Pneumonie  für  irrationell,  mit  hohen  Gaben  für  geradezu 
gefährlich.  Wenn  Höpfel  das  Erbrechen  nach  solch  starken  Digi- 
talisgaben für  die  Folge  einer  Idiosynkrasie  hält,  so  kann  er  dies 
halten,  wie  er  will;  wir  sind  der  Ansicht,  dass  diet»  ein  Vergiftungs- 
symptom  ist,  und  warnen  ausdrücklich^  Digitalis  bei  Pneumonien  zu 
geben.  Bei  der  Pneumonie  sind  wirkliche  Herzstärk ungs mittel  am 
Platze,  braucht  mau  überhaupt  Antipyretica,  so  gibt  es  hebsere  als 
die  Digitalis.  Die  Digitalishehandlung  i^t  gerade  so  verwärflioh,  wie 
die  frühere  Veratrinbehandlung.     (Therap.  Monatsh.  Nr.  7.) 


*r54 


Btichwald. 


[>ie  Anregung  rassischer  Autoren,  die  Trunkaucht  mit  sub- 
cutanen Strycbnininjectionen  zu  heileo,  hat  bei  uns  in 
Deutschland  nicht  die  Wirkung  gehabt,  welche  man  bei  einar  so 
wichtigen  Sache  erwarten  sollte.  Es  sind  nämlich  nur  sehr  ver- 
einzelt Untersuchungen  über  den  Werth  dieser  Behandluogsmethode 
gemacht,  resp*  veröffentlicht  worden.  PortugaloW|  der  bereits 
über  455  Heilungen  verfügt,  behandelt  seine  Patienten  folgender- 
masäen:  Er  wählt  eine  Lösung  von 

Strychnin.  nitric.  0,06, 

Aqu.  des  tili  15,0 
und  macht  täglich  1 — 2  Injectionen^  erst  zu  0^5,  dann  ^a  0^25  obiger 
Lösung.  Starck  bat  einen  Fall  nach  dieser  Methode  mit  gutem 
Erfolge  behandelt  Rabow  hat  gegen  000  subcutane  Injectioneo  bei 
AlkoholiamUB  gemacht  Einen  nennenswerthen  Eri'olg  hat  er  in  keinem 
Falle  erzielt.  Hoffentlich  werden  in  nicht  allzu  langer  Zeit  staatliche 
Trinkerasyle  und  Tritikerheilstätten  gegründet  werden,  in  denen  dann 
die  hoffentlich  vorhaDdenen  ärztUcben  Leiter  ausgedehnte  Erlah- 
rungen  mit  obiger  Heilmethode  machen  können.  (Therap.  Monatsh. 
Nr,  3,)  Bold  au  ist  der  Ansicht^  dass  das  Strychnin  vielleicht  daa 
krankhafte  Verlangen  der  Potatoren  nach  Alkohol  aufhebe,  es  wirke 
bei  DipBomanen,  weniger  bei  chronischen  Alkoholikern,  (Fortschr, 
d.  Med.  Nr.  8.) 

Hjrlra^iuinuiii  hjdroi'liloricniu, 

welches  nach  Freundes  Untersuchungen  mehr  und  mehr  in  Auf- 
nahme kommt j  ist  ein  ganz  schwach  gelblich  gefärbtes,  intensiv  bitter 
schmeckendes  Kr y stallpul ver,  welches  zwischen  205—208^  unter 
Zersetzung  schmilzt  und,  auf  dem  Platinbleche  erhitzt,  ohne  einen 
Rückstand  zu  hinterlassen,  verbrennt.  Es  ist  in  Wasser  und  Al- 
kohol leicht  löslich ,  die  wäsBerige  Lösung  ist  gelblich  und  zeigt 
Fluorescenz.    (Pharm*  Centralh.  Nr,  20.) 

Abel  verwandte  Hydrastinin  bei  primären  Blutungen,  bei  Endo- 
metritis, Metritiö,  Myomen^  sowie  secundären  Erkrankungen  der  An- 
hänge  ^  ferner  bei  Menorrhagien  und  Metrorrhagien  ohne  objectiven 
Befand.  Er  spritzte  von  einer  wässerigen  lO^pigen  Losung  V-^ — l»t)g 
ein.  Die  Zahl  der  Einspritzungen  wurde  abhängig  gemacht  von  der 
Schwere  der  Erkrankung  (cf.  Berl,  klin.  Wochenechr.  Nr,  3),  meiat 
1  g  während  der  Blutungen  täglich.  Faber  (Therap.  Monatsh*  Nr.  6) 
spricht  sich  dahin  aus,  dass  Hydrastininum  hydrochloricum  Merck- 


* 


I 


Arzneimitteilebre  und  Toxikologie.  (}55 

Freund  den  Uterus  zu  Cootractionen  anrege^  was  von  anderer  Seite 
bestritten  wird;  er  hält  das  Mittel  für  ein  gutes,  zieht  die  subcutane 
Anwendung  der  internen  vor.  Andere  bey orangen  die  bequeme  An- 
wendung der  von  Czempin  verwendeten  Perles,  welche  0,025  Hydra- 
stinin  enthalten,  letztere  wurden  bekanntlich  zu  4—5  Perlen  täglich 
2 — 3  Tage  lang  verabfolgt.  Gottachalk  empfiehlt  als  Injections- 
stelle  die  Musculatur  der  Giutäalgegend.  Das  Alkaloid  ^  welches 
intern  ebenso  gut  gegeben  werden  kann,  wird  in  grosseren  Gaben 
nicht  vertragen,  gerade  so  nicht,  wie  das  Extractum  fluid  um  Hydra* 
stis  canadensis.  Als  Indication  für  den  Gebrauch  gibt  er  an: 
diejenigen  Gebärmutterblutungen,  welche  auf  gesteigerte  Congestion 
am  Uterus  zurückzufahren  sind.  Dahin  gehören  die  oft  «ehr  pro- 
fasen  Menstrualblutungen  juegirättlicber  Mädchen,  ftmer  Blutungen 
nacb  Auskratzungen,  in  dem  Klimacterium,  die  Erkrankungen  der 
Adnexe.     (Therap,  Mouatsh.  Nr.  5.) 

Tlieabromin  (Diaretin  KnoU). 

Die  Ansichten,  welche  wir  im  Einklang  mit  den  meisten  ünter- 
sachern  im  vorigen  Jahre  aussprachen,  werden  auch  durch  die  neuesten 
Arbeiten  bestätigt:  Diuretin  ist  bei  vielen  mit  Hydrops  einhergehen- 
den Grundkrankbeiten  ein  brauchbares,  manchmal  sogar  ein  hervor- 
ragendes Mittel.  In  einzelnen  Fällen  lässt  es  jedoch  im  Stich.  Man 
wählt  am  besten  die  Losung  5—7  g  :  90  Aq.  destilL,  100  Aq.  Menth, 
pip.,  10  g  Syrup.  aimpL  Ueber  die  physiologische  Wirkung  ist 
eine  Arbeit  von  Co hn stein  unter  der  Leitung  von  W.  v.  Schröder 
erschienen.  Darnach  ist  eine  Steigerung  des  Blutdruckes  nach 
Tbeobromindarreichuiig  nicht  nachweisbar.  Eine  irgendwie  constaute 
Beeinflasi^aDg  der  Pulsfrequenz  ist  ebenfalls  nicht  vorhanden,  auch 
die  Energie  der  Herzcontractionen  wird  nicht  erhöbt.  Bei  grossen 
Dosen  machte  sich  im  Gegeatheil  ein  Sinken  des  Blutdruckes  und 
der  Pulsfrequt^nz  bemerkbar.  Dem  Theo  bromin  kommt  somit  in 
physiologischer  Dosis  eine  nachweisbare  Wirkung  auf  Herz  und  Ge- 
f&ABsystem  des  Säugethieres  nicht  zu,  Coffein  hingegen  bewirkt 
in  kleinen  Dosen  eine  Erhöbung  des  Blutdruckes,  es  wirkt  reizend 
auf  das  vasomotorische  Ceutrum,  auch  übt  es  einen  directen  Einfluss 
auf  das  Herz  aus.  (Schmidt^s  Jahrbücher  Nr,  6.)  Wenn  daher  der 
Blutdruck  auch  nicht  direct  durch  Diuretin  beeinflusst  wird,  so  ge- 
acbieht  dies  doch  indirect  durch  Verschwinden  der  Oedemflussigkeit, 
der  Pols  wird  grösser  und  kraftiger,  und  die  indirecte  tonisirende 
Wirkung  auf  das  Herz  geht  der  Zunahme  der  Harnausscheidung  im 
Ganzen  paralleh    Masius  fand  das  Diuretin  besonders  wirksam  bei 


<J56 


Bttchwald. 


cardialeiö  Hydropa,  und  bei  den  mit  Arteriosklerose  und  Herzaffec- 
tioneD  complicirten  Nephritiden,  Ala  unangenehMe  Nebenwirkung 
fand  er  ebenfalls  Erbrechen  nnd  Durchfall.  (Balletin  de  racadömie 
royale  de  medec.)  Frank  {Prager  med.  Wocbenachr.  Nn  12  u.  13) 
hatte  günstige  Erfolge  bei  verschiedenen  Herz-  und  Nierenleiden , 
Pleuritis  j  Peritonitis ,  Lebercirrhose.  Ale  Dosis  wählte  er  5 — 7  g 
pro  die.  Die  Wirkung  zeigte  sich  meist  schon  am  ersten  Tage»  um 
nach  ,H— 7  Tagen  ihr  Masimuai  zu  erreichen.  Es  übertrifft  nach 
seinen  Anschauungen  die  Wirkung  des  Coffein,  Galomel,  Kali  aceti- 
<^um  als  barntreibendes  Mittel,  während  es  als  wirkliches  Herzmittel 
mit  der  Digitalis  nicht  concurriren  kann.  Man  wird  aber  in  ent- 
sprechenden Fällen  Diuretin  mit  Herzmitteln  combiniren  können» 
Demme  hat  Diuretin  bei  11  Kindern  angewendet,  und  zwar 
4mal  bei  Hydrops  und  stockender  Diurese  im  Gefolge  von  Scharlach* 
Nephritis,  3mal  bei  Hydrops  der  Mitralinsufficienz ,  bei  chronischer 
Peritonitis  und  Pleuritis,  die  Tageadosia  betrug  bei  Kindern  von 
2—5  Jahren  0,5— 1,5  g,  bei  Kindern  von  G— 10  Jahren  1,6— 3  g, 
Kinder  unter  1  Jabr  vertragen  das  Mittel  schlecht,  weil  sie  Darm- 
reizung und  Magen  Störungen  bekommen.  Bei  ScharJachnephritis 
lässt  Demme  das  Diuretin  erst  dann  verabreichen,  wenn  die  acute 
Periode  vorüber ^  und  die  Harnmenge  schon  auf  300— 40C>  ccm  ge- 
stiegen istj  zur  Bekämpfung  der  hydropischan  Erscheinungen.  Oumn- 
lative  Wirkung  hat  Demme  auch  nach  woehenlangem  Gebrauche 
nicht  eintreten  sehen. 


I 
I 


Sparteinuüi  snlfuri^^um 

bat  sich  bislang  nicht  einbürgern  können;  ob  die  neue  Empfehlang 
von  Rhode  zu  weiteren  Versuchen  Veranlassung  geben  wird,  mnifi 
dahingestellt  bleiben.  Vorläufig  ist  es  dem  Practiker  nicht  zu  em- 
pfehlen, (ßerl.  klin.  Wochenachn  Nr.  32,)  Dasselbe  gilt  vom  Ne- 
rium  Oleander  (L )»  welches  v.  Oefele  als  Cardiotonicnnä  in 
der  Aerzf liehen  Randstihau  Nr,  38  u.  39  anpreiat.  Es  wurde  so- 
wohl als  Tinctur  wie  als  Infus  verordnet^  und  zwar  wurden  diese 
aus  frischen,  aus  trockenen  Blättern,  Rinde,  Früchten  hergestellt. 
Eür  den  ersten  Gebrauch  soll  sich  am  besten  ein  Infus  aus  noch 
nicht  ausgereiften  Frörhten  empfehlen,  welche  den  giftigsten  Theil 
darstaUen  (Tagesdosis  0,OÖ— 0,25J,  für  längeren  Gebrauch  di&  Merck- 
ache  Tinctur,  aus  unreifen  Früchten  im  Verhältniss  von  1  :  10  her- 
gestellt, 2— 3mal  taglich  20  Tropfen,  oder  Pillen  resp.  Pulver  aus 
den  Blättern  in  der  Tagesdosis  von  0,1—0,2. 


AfÄiieiinit  teil  ehre  and  Toxikologie, 


6sr 


Cocain. 

An  Stelle  des  Cocainum  hydrochloricam   iat  von  Ghadbourne 
Tropocain^   ein    Benzoyl-Pgendotropein ,   als   lacales   Anästbeticum 
in  Anwendung   gezogen  worden.     Es   ist  nach  seinen  Angaben  riel 
weniger  giftig  als  Cocain,  soll  in  den  meisten  Fällen  ebenso  gnt,  in 
einigen  Fällen    besser  als  Cocain   sein.     Weitere  Vers  ticke  sind   ab- 
zuwarten.     V,   Oefele  will  das  Cocainum    pheoyiicnm   an    die 
Stelle  des  Cocainum  hydrocbloricam  gesetzt  wissen.    Ein  besonderer 
Grund   liegt   nicht  vor,    an  Stalle    eines  erprobten,   in  seinen  guten 
and  schlechten  Wirkungen  genau  bekannten  Mittels  andere  noch  nicht 
erprobte   zu   setzen.     (Therap,   Monat  ah.   Nr.  9.     Aerztl.   Eundechau 
Nr.  9.)    Auf  die  Vorsichtsmassregein  bei  Anwendung  selbst  geringer 
Meogen  Cocains  haben  wir  in  früheren  Jahrgängen  ausfübrlicb  auf* 
merkaam  gemacht.     Selbst  nach  sehr  kleinen  Mengen  kann  man  In- 
töxicfttionen    beobachten.      Wir    verzichten    daher    darauf,    die    be- 
heraigenswerthen  Vorschriften  Magitot's   noch   einmal  zu  recapitu- 
Uren,  da  wir  annebmeQ,  dass  jeder  Arzt  bei  Anwendung  des  Cocatos^ 
namentlich  in  subcutaner  Formf  die  grösste  Vorsicht  obwalten  Iftest. 
(Deutsche  Medic.*Zeitg.) 

Caatfaaridtn. 

Ueber  die  Behandlung  der  Tuberculose  mit  cantbaridinsaurem 
Natron  und  Kali  nach  der  Methode  Liebreiches  haben  wir  im  vorigen 
Jahrbuch   ausführlich   berichtet.     Das  Mittel   ist  kein  Heilmittel  bei 
Tabercnlose,  in  geringen  Dosen  ist  ea  andchädltch|  in  grossen  Dosen 
«in  di^Terentas,   sogar   gefahrlicbea  Mittel    Mögen  die  Deductionen 
liebreiches  auch  noch  so  richtig  sein,  so  ist  es  doch  vorlduüg  tUr 
die  allgemeine  Verwendung   nicht   zo  gebrauchen«     Kranke^  welcbo 
ait  der  Injectionstherapie   nach  Liebreich   behaudelt  werden,  be* 
iftrfen   einer  steten  Aufsicht,  dazu  eignet  sich  nur  die  Klinik  odar 
^das  Hospital.    Im  Allgemeinen  ist  man  auch  in  Kliniken  und  Spitälern 
misstrauisch  geworden,  and  sind  nur  wenig  Pnblicaticmen  trorhandeo. 
Demme  sagt  zwar,  dass  das  Mittel  nicht  von  der  Hand  zo  weisen 
^■ei,  da  es  gewisse  Erfolge  zu  erzielen  vermag,  die  wir  mit  gleicher 
ücherheit  bei  kanm  einem  anderen  Mittel  finden,  doch  muM  ea  mit 
Vorsicht  angewandt  werden.     AlbamiDOiie  kann  dabei  ver- 
werden.    Anf  den  Proeeos  in   den  Longen  war  nur  ein  ge- 
ringer £infla^  zn  constattreo,  doch  beMOten  sich  die  verMcbiedenÄO 
Formen   der  Langen tnbercnloee   in   verschiedenen   FäUen.     fTherftpw 
Monatsh.  Nr  S,}    Kahn  sagt  fibid^a  Nr,  5):  JedenfalU  ermttnt^m 
lubfliiKBii  d.  pract.  Umiiem,  nm.  42 


H58 


Buchwald. 


die  Yeräuche  mit  schwachen  Canthandiiilösungeii  durchaus  nicht  zur 
Fortsetzung,  und  da  die  VenvenduDg  concentrirterer  Löaungen  kaum 
rathaam  erscheint^  so  wird  wohl  von  der  localen  Anwendung  der 
cantharidinsauren  Salze  wenig  zu  erwarten  sein.  Liebreich  wendet 
sich  in  einem  längeren  Artikel  gegen  die  abfälligen  Urtheile  Kahn'g, 
V,  Bergmann'»  u.  A.  und  wird  mit  der  für  diese  Therapie  notb- 
wendigen  Ruhe  seine  Bebandlungsmethode  weiter  fortsetzen*  (Tberap^ 
Monatsb,  Nr.  <i.) 


Piporaziii 


4 


bat  die  Erwartungen  ^  welche  man  an  dasselbe  knüpfte^  nioht  erfüllt. 
Wenn  auch  Piperazin  in  kalter  wässeriger  Lösung  12iiial  so  viel  Harn- 
säure auflast^  als  das  kohlensaure  Lithion^  so  geschieht  dies  zwar  im 
Reagensglase,  aber  nicht  im  lebenden  Körper.  Piperazin  wurde  als 
Gichtwaäser  empfohlen:  1  g  Piperazin  auf  1  Flasche  Sodawasser  als 
Tagesdosis;  äusserlich  sollre  eine  Lösung  von  1  g  Piperazin  auf  80 
Wasser  und  2i)  Alkohol  angewendet  werden.  Für  giclitische  Wanden 
und  Blasenauääipülangen  sollen  l^'oige  Lösungen  dienen.  Mendel- 
sobn  sagt:  Der  Urin  einer  längere  Zeit  der  Wirkung  des  Fiperazins 
imterworfenen  Person  löst  keine  Öpur  von  Harnsteinen ,  selbst  bei 
wochenlang  fortgesetzter  Behandlung,  Eine  innere  Darreichung  ist 
demnach  harnsauren  Steinen  gegenüber  vollkommen  wirkungslos^ 
denn  das  Mittel  kann  in  der  Blase  noch  viel  weniger  wirken ,  weil 
der  Stein  sich  immer  am  Boden  der  Flüssigkeit  befindet  und  ge- 
wöhnlich einen  complicirten  und  fefitgefügten  Körper  darBtellt.  Auch 
wenn  man  eine  Piperazinlösung  direct  in  die  Blase  einfliessen  Hesse, 
w&rde  kein  besserer  Effect  erzielt  werden,  weil  durch  den  nach- 
träufelnden Urin  bald  die  Verdünnung  der  Piperazinlösung  eine  su 
grosse  werden  würde.  Für  die  innere  Behandlung  von  hamaauren 
Steinen  können  unter  den  jetzigen  Verhältnissen  nur  die  Mineral- 
wässer, iür  die  locale  die  Lithotripsie  in  Betrauht  kommen.  Bei 
offenen  Gichtknoten  mit  Freiliegen  der  Harnsäure  kann  hingegen 
Piperazin  ev.  nutzbringend  sein.  (Deutsche  Med.-Zeitg,  Pharmac 
Centralhalle  Nr.  17,) 

Van  der  Klip  spricht  ebenfalls  dem  Piperazin  als  Harnsäure 
lösendem  Mittel  nur  geringen  Werth  zu.  (WeekbU  van  het  Nederl. 
Tijdschr.  voor  Geneesk.  Bd,  1,  Nr.  14.) 

Biesenthal  und  Schmidt  äussern  sich  günstiger,  ein  ab- 
acbiiessendea  Urtheil  ist  nicht  zu  fällen«  Piperazin  wirkt  auf  die 
Schleimhäute  nicht  ätzend  und  ist  in  1 — 2"  feiger  Lösung  vorzüglich 
geeignet  sor  Blaaenauaspülung.     Zu    Bubcotanen    Injectionen    kann 


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ArzneimJUellehre  und  Toxikologe. 


(i5t* 


0,1  Piperazin  auf  1  g  Wasser  verwendet  werden*  Ea  kann  auch 
zur  Differentialdiagnose  zwischen  Gicht  und  anderen  Arthritisformen 
dienen.     (BerL  klin,  Wochenschr.  Nr,  2.) 

Mordhorst  (Deutsche  med.  Wochenschrift  Nr*  45  u.  46)  sah 
ebenfalls   keine  besonderen  Resultate  von  der  Piperazindarreichung. 

Das  Mittel  ist  nicht  bilüg,  soweit  man  bis  jetzt  sehen  kann,  nicht 
zaverJässig,   daher   besser   durch   die    bekannten  Mittel  zu  ersetzen. 


TaUtrcttlin  und  TnbercHloeidin. 

Auf  die  Arbeiten  über  obige  beiden  Mittel  gehen  wir  nicht  näher 
ein.  Bevor  nicht  ausgedehnte  Versuche  in  den  Kliniken  gemacht 
worden  sind^  wozu  diese  wenig  Lust  zu  spüren  schein en^  kann  man 
eine  derartige  Behandlung  nicht  in  der  allgemeinen  Praxis  verwenden. 
Es  muss  dahingestellt  bleiben^  ob  das  Klebs'sclie  Tuberctilocidin 
mehr  leistet,  als  das  Tuberculin,  oder  ob  eine  combinirte  Tuber- 
cul  in -Tube  reu  loci  diu -Behandlung  mehr  leistet  als  jedes  Mittel 
allein.  Wer  die  Mittel  versuchen  will  —  wir  haben  keine  nennens- 
werthen  Resultate  gesehen  — »  der  halte  sich  genau  an  die  Angaben 
von  Klebs,  Behandlung  der  Tuberculose  mit  Tuberculo- 
cidin  (Verlag  von  Leopold  Voss  in  Hamburg),  und  beziehe  das  Mittel 
direct  von  der  Firma  vormals  Meister,  Lucius  &  Brüning, 
oder  halte  sich  an  das  Verfabren  von  Spengler  (Deutsche  med* 
Wochenschr*  Nr.  14  u.  ff,),  wo  auch  die  genaue  Dosirung  angegeben 
ist,  Vergl.  auch  Patschkowski  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  6)^ 
Bornträger  (Deutsch,  med.  Wochenschr*  Nr.  18),  ßotkin  (Deutsch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  15),  Hämatologisohe  Untersuchungen 
über  das  Tuberculin. 

Auf  die  interessanten  Arbeiten  Behring's  über  die  ßluteerum- 
therapie  (Leipzig,  Verlag  von  Georg  Tbieme)  wollen  wir  besonders 
aufmerksam  machen.  Inwieweit  diese  Methode  später  bei  Behand- 
lung verschiedener  Infectionskrankheiten,  namentlich  des  Tetanus 
eine  Rolle  spielen  wird,  müssen  ausgedehntere  Versuche  lehren. 


XIIL 


Klimatologie  und  Balneologie. 


Von  Dn  Felix  Beetz  in  München, 


AMgemeini'B. 

Im  Vorjahre  hatte  der  BalneologeD-CoDgreas  beschlossen, 
durch  eine  Commissi on  einheitlich©  Vorschriften  ausarbeiten  zu  lassen, 
nach  welchen  künftig  Mineralwassüranalyöen  auszufübren  sein 
würden.  Den  Bericht  tiber  die  Vorschläge  der  Commission  hat  gelegent- 
lich des  diesjährigen  Oongresses  G- r  ö  de  1 -Nauheim  erstattet:  Die 
Analysen  sollen  möglichst  einfach  gehalten  werden  und  sich  nur  auf 
Litermengeü  beziehen,  die  festen  Rückstände  sollen  nach  Grammen, 
die  Gase  nach  Cubikcentimetern  berechnet  werden.  Die  Temperatur 
wird  nach  Celsius  angegeben;  die  im  Wasser  gelösten  kohlensauren 
Salze  werden  als  einfachkohlensaure  angeführt^  ausgenommen  die 
wirklich  als  doppeltkohlensaure  Salze  darstellbaren  des  Natrium, 
Kalium  und  Ammonium.  Alle  übrige  an  Salze  nicht  festgebundene 
Koblen säure  wird  als  freie  Kohlensäure  angeführt,  und  demnach  die 
Trennung  in  freie  und  halbgebundene  K-ohlensäure  unteriaBSen.  — 
Auch  die  ungarischen  Oollegen  sind  zu  einem  Baineologen* 
Congress  zusammen ge treten j  nachdem  sie  im  vorigen  Jahre  einen 
balneologisehen  Verein  gegründet  haben.  Der  Verein  versendet  an  die 
Mitglieder  ein  Jahrbuch  und  an  alle  Aerzte  des  Landes  eine  prospect* 
artige  Schilderung  der  ungarischen  Ourorto*  Der  Verf*  des  letzteren 
Buches  bezweifelt  übrigens  in  seinem  dem  Congresse  erstatteten 
Keferate  seihst  die  Zuverlässigkeit  seiner  Zahlenangaben,  und  soll 
deshalb  für  eine  verlässHcbe  Bäderstatistik  Vorsorge  getroffen 
werden.     Misslich   steht   es   jedoch  bezüglich  der  Hauptsache:    der 


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A 


Klimntologie  und  Balneologie.  \\k\\ 

Analyse.  Denn  die  vom  Staat©  errichtete  Anstalt  zur  Unter- 
suchung heimlBcher  Quellen  scheint  aus  Mangel  an  Mitteln  eingehen 
£U  solleii. 

Der  Hygiene  der  Badeorte  nimmt  sich  der  Tküringer 
Bäderverband  energiach  an.  Schenk^Sulza  trug  in  der  nennten 
allgemeinen  Versammlung  über  die  Beschaffung  unverfälschter 
Milch  vor  und  wünschte  die  Besorgung  dieses  wichtigen  Gurmittels 
durch  Milchcuranstalten ,  während  der  Correferent,  Bürgermeister 
GröschnerSulza,  mehr  die  polizeiliche  ControUe  betont,  üeber  cur- 
gemässe  Unterhaltung  in  Bädern  referiren  K  aem  pf-Friedricharoda 
und  Schütse-Kdsen«  Musik  und  Spielplätze,  auch  für  Erwacbsene, 
werden  empfohlen. 

Wie  im  Vorjahre  von  Fiinsberg  berichtet  wurde  (dieses  Jahr- 
buch 8.718),  hat  auch  Salzbrunn  unter  Director  Manser^s  Leitung 
eine  M  1 1  c  h  a  t  e  r  i  1 1  s i  r  u  n  g  im  Grossen  eingerichtet  (Verhandle  des 
XX.  schles.  Bädertages  8*  31),  Die  Milch  wird  dort  durchgeseiht, 
auf  S*"  C,  gekühlt  und  dann  in  Halbliterflaschen  ^  deren  324  im 
Apparate  Platz  haben,  sterilisirt*  Der  Flaschen  verschluss  ist  nicht 
der  einfache  Soxhlet' sehe,  sondern  es  ist  der  ^■og,  Patentverschluss, 
bei  welchem  die  Drahtbügel  nach  dem  Oeffnen  des  Apparates  zum 
Schiiessen  gebracht  werden  müssen.  Die  Sterilisirung  und  et  nach 
Mstündigem  Stehenlassen  der  Flaschen  noch  einmal  statt.  Die  Molke 
wird  nur  einmal  steriliBirt. 

Die  Pflege  des  Auswurfes  behandelt  Willrich-Berka;  er 
empfiehlt  die  Benutzung  von  Spuckgefässen  mit  WasserfüUung,  um  das 
Vertrocknen  au  verhüten^  ohne  Sublimat  oder  Carbolsäure,  da  diese 
Kosten  verursachen,  aber  mit  Seifenzusatz,  weil  in  diesem  der  Aus- 
wurf dem  Äuge  entschwindet,  Practischer  als  solche  Spucknäpfe 
dürften  die  in  Beichenhall  eingeführten  sein,  welche^  mit  ilessend^m 
Wasser  versehen^  den  Auswurf  sofort  entfernen.  Eine  dortige  districta- 
polizeiliche  Vorschrift  gibt  überdies  genaue  Anleitung  über  die  Hand- 
habung der  Gesundkeitspflege  im  Currayon,  Aus  dieser  ist  wichtig 
das  Verbot,  ganze  Zimmerböden  mit  Teppichen  zu  belegen;  von 
irfiheT  vorhandene  müssen  am  Ende  jeder  Saison  im  städtischen  Des- 
infectionsapparate  desinficirt  werden.  Das  Nämliche  hat  mit  Betten 
zxk  geschehen,  in  denen  Curgäste  gestorben  sind  oder  an  Infections- 
krankheiten  gelitten  haben.  Die  lahalatorien  müssen  bei  beschränkter 
Anzahl  der  gleichzeitig  Anwesenden  gut  ventilirt  und  bis  auf  2  m 
Höbe  abspülbar  sein^  ebenso  der  Fussboden.    KuhstäÜe,  aus  welchen 


r>«2 


Beets, 


Milch   zu  Ourzweckeo  abgegeben  wird,  müssen  unter  amtsthieränst- 

lieber  Controlle  stehen. 


Reinl  hat  die  schon  früher  dem  schlesischen  Bädertage  mitge- 
theilten  bacteriologischen  Untereuchungen  von  Mineral- 
wässern fortgesetzt  ( Rothes  Kreuz  VIIIj  13)  und  dabei  ganz  beträcht* 
liehe  Verunreinigurigeii  nachgewieseTi.  Die  nicht  koblensäureh  alt  igen 
Wässer  pflegen  stärker  vernnreinigt  zu  seio,  als  gewöhnliches  Trink- 
wasser j  die  KohleQsäure  verhindert  die  Bacterienentwickeiung  kräftig; 
die  stark  saliniachen  nicht  kohlensäurebaltigen  Wässer  sind  so  ver- 
unreinigt^ dass  Eeinl  sie  für  nngeeignet  zum  innerlichen  Gebrauche 
erklärt  Die  Veranreinignngen  stammen  nicht  aus  den  Quellen  gelbst, 
sondern  vermuthh'ch  aus  den  Flaschen  ond  Korken»  Um  ein  nicht 
kohlensäurehaftiges  Wasser  aaf  Flaschen  füllen  zu  können,  so  dass 
es  dauernd  frei  von  Bacterien  bleibt ^  müst?en  die  Flascheü  ausge- 
kocht oder  mit  Dampf  behandelt  werdeo ,  in  umgekehrter  Stellung 
an  ataub  Meiern  Orte  auskühlen,  gefüUt  und  mit  ausgekochten  Korken 
verschlossen  werden. 

Unter  dem  Titel:  ^.Die  Balneotherapie  in  der  Augenheil- 
kunde" hat  Goldzieher  auf  dem  zweiten  ungarischen  Balneologen- 
Oongress  eine  ZusammenfassuDg  derjenigen  Erkrankungen  des  Auges 
gegeben,  bei  welchen  die  Allgemeinerkranktmg  durch  die  an  ver- 
schiedenen Badeorten  zur  Verfügung  stehenden  Factoren  beeinflusst 
werden  kann,  also  z,  B,  die  öcrophuiösen  Ophthalmien  durch  Sool- 
bäder,  Lues  durch  Schwefelthermen,  Diabetes  durch  Karlsbad,  Tabes 
duri?h  Eiöenbuder  bezw.  bydropathische  Procedoren  (Pester  med. 
chir.  Presse  1892  Nr.  16—18). 


;l 


Guinard  ist  der  alten  Frage  nach  der  Eesorptionsfäbigk 
der  Haut  wieder  nähergetreten  (Hef.  im  Oesterr.nngan  Centralbl, 
f.  d,  med.  Wissenschaften  Bd.  1,  Nr.  92).  Er  liess  einständige  Arm-  und 
Fussbäder  in  wässerigen  Lösungen  von  Sublimat  2  öj^p^  Jodkalium  2<>|,^, 
Chlorlithium  l^l^  nehmen;  ferner  in  alkoholischen  Lösungen  von  Jod- 
kalitJm  1  ^iq,  Chlorlithium  1  "/q,  Salicylnatron  2  0|p*  Sodann  wurden 
Einreibungen  gemacht  von  10"  ^^igem  Jodkalivaselin,  20%igem  Chlor- 
lithium vaselin  und  15%igem  ÖalicylnatronvaÄeliß.  Nach  Application 
der  Lösungen  konnte  der  betreffende  Stoff  im  Urin  nachgewiesen 
werden,  mit  Ausnahme  der  Salioylsänre,  Für  in  fetten  Medien  sua- 
pendirte  Substanzen  bildet  die  intacte  Epidermis  eine  undurchdring- 
liche Hülle.     In  der  Mehrzahl  der  Fälle,   in  welchen  scheinbar  eine 


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KHmatologie  und  Balneologie, 


663 


BasorptioB  von  StoÖeKi  aus  der  SalbeDfonn  stattfindet^  bandelt  es 
sich  um  ä&chtige  Stoffe,  deren  Beeorption  durch  die  Ätheni%vege 
stattgefunden  hat. 

Für  diejenigen ,  welche  sich  über  die  Bäder  Frankreichs 
instruiren  wüUen ,  bringt  Axel  W  i  n  c  k  1  e  r  im  balneo logischen 
Centralbl.  1892,  Nr.  12  ff.  einen  tiott  geBchriebenen  Ueberblick. 


KIiiiiatDlo;s:ic. 

Ueber  die  Vermehrnng  der  Blutkörperchen  beim  Auf  ent- 
halte im  Hochgebirge,  ein  Beitrag  zur  Deutung  der  Bergkrank- 
heit, wird  von  Egger  in  Arosa  berichtet  (Corre«pondenzbl,  f.  Schwei- 
zer Aerzte  1892,  Nr.  20).  Egger  weist  zunächst  E^li's  Theorie  über  die 
Entetehung  der  Bergkrankheit  durch  Abnahme  des  Hämoglobingehaltes 
Burück»  Dann  berichtet  er  über  eigene  Untersuchungen,  welche  die 
von  Vianlt  in  den  Oordilleren  angestellten  bestätigen  und  nacb- 
weiaen,  dass  Hchon  in  einer  Höbe  von  18O0  m  sich  bei  den  aus  dem 
Flachlande  neu  Angekommenen  die  Zahl  der  Blutkörperchen  rasch 
vermehrt.  Bei  13  gesunden  oder  kranken  Personen  stieg  die  Zahl  durch- 
schnittlich in  IGTagen  um 780000 im Cubikmillimeter.  Bei  Kaninchen^ 
die  Egger  in  Basel  und  Arosa  untersuchte,  nachdem  sie  an  beiden 
Orten  unter  gleichen  Bedingungen  gelebt  hatten,  fand  er  ebenfalls 
eine  bedeutende  Vermehrung,  und  zwar  sowohl  im  Blute  aus  dem 
Capillargebiet,  als  in  dem  Blute,  das  er  grösseren  Arterien  ent- 
nommen hatte.  Bei  fünf  untersuchten  Eingeborenen  fand  Egger 
eine  Blntkörperchenanzahl  von  durchschnittlich  7  Millionen.  Egger 
glaubt,  dass  es  sich  nicht  om  eine  Eindickung  der  Säfte,  sondern  um 
eine  wirkliche  Vermehrung  handele,  and  fasst  diese  als  Compenaa- 
tionserscheinung  auf.  Wenn  schon  nach  den  Ergebnissen  der  La* 
boratoriumsexperimente  die  Sauerstoffaufnahme  erst  beeinträchtigt 
wird  bei  einem  viel  niedrigeren  Sauerstoffgehalte  der  Inspirationsluft, 
als  ihn  unsere  bewohnbaren  Höhen  noch  aufweisen ,  so  sehen  wir 
doch  in  viel  geringeren  Höhen  Athembesch werden  auftreten  und 
Symptome,  welche  auf  Sauerstoffmangel  im  Blute  deuten»  Egg  er 
erklärt  das  Wesen  der  Bergkrankheit  als  relative  Anämie.  Ein  Ge- 
sunder, der  im  Flachlande  eine  normale  Zahl  von  Blutkörperchen 
besitzt,  hat  deren  zu  wenig,  wenn  er  auf  grosse  Höben  kommt 
Daher  die  identischen  Beschwerden  der  Chlorotischen  und  der  an 
Bergkrankheit  Leidenden.  Die  Acclimatisation  beruht  in  nichts 
Anderem,  als   in   der  Vermehrung  der  rothen  Blutkörperchen,     Bei 


H4i4  Beetz. 

öesüDdeu  tritt  diese  rasch  eiia,  viel  laogaAmer  bei  solchen,  welche 
aohon  im  Unterlande  anämisch  waren,  und  oft  gar  nicht  bei  denen, 
deren  blutbildende  Organe  schwer  erkrankt  sind  (Lenkämie)  oder 
nicht  mehr  fanctioniren  (hohes  Alter).  Die  regnlatorische  Tbätig- 
keit  des  Oirculations-  und  Eespirationssystems,  grössere  Frequens 
der  Herzschläge  und  der  Äthmung  wird  nur  in  der  allerersten  Zeit 
in  Anspruch  genommen,  bis  die  eigen tlicbe  Compensation  durch  Ver- 
mehrung der  rothen  Blutkörperchen  erfolgt  ist. 

Veraguth  in  St.  Moritz  tritt  in  einem  in  der  Internationalen 
klinischen  Bundschau  veröffentlichten  Aufsatze  der  Anschauung  ent- 
gegen, daas  Herzaff ectionen  im  Hochgebirge  ungünstig  be- 
einiluBst  würden.  Das  sei  nur  der  Fall,  wenn  dem  Herren  durch 
Touren  oder  dergleichen  eine  Ueberanstrengung  zugemuthet  werde. 
Die  Wirkung  des  Hochgebirgsklimas  auf  das  Herz  ist  eine  zweifache: 
eine  vorübergehend  excitirende  und  eine  dauernd  tonisirende.  Am 
geeigneteten  sind  die  Kenroeen  des  Herzens  für  das  in  Rede  stehende 
Küma^  Klappenfehler  bilden  an  sich  keine  Gegeuanzeige,  nicht  ver- 
tragen wird  es  jedoch^  wo  die  Spannung  im  arteriellen  System  über 
die  Norm  erhöht  ist;  ein  günstiger  Erfolg  ist  dagegen  zu  erwarten, 
wo  die  Tension  der  Arterien  eine  zu  geringe  ist,  falle  dies  nicht  in 
irreparablen  Degenerationszuständen  des  Myocards  seinen  Grund  hat. 
Die  besten  Erfolge  werden  erzielt  bei  tünctioneller  Herzschwäche  und 
bei  anämischem  Fettherz;  die  Patienten  haben  während  der  ersten 
Wochen  Anstrengungen  zu  meiden. 

Hössli  in  St.  Moritz  veröffentlicht  in  der  Deutschen  med.  Wochen- 
schrift 1892,  Nr.  35  ,j  einige  Bemerkungen  zu  den  klimatisch  an 
Guren  in  den  Alpen"^  im  Specielleo  über  die  Erfolge  der  Winter- 
curen  bei  kleinen  Kindern*  Dieselben  zeigen  den  grossen  Nutzen, 
welchen  Trainirung  des  Muskelsystems  bei  schwächlichen,  durch 
Modethorheiten  von  dtsn  Bewegungen  in  freier  Luft  ferngehaltenen 
Kindern  bringt,  und  dass  dies  am  Besten  im  Hochgebirge  anzu- 
streben sei.  Nicht  auf  die  blosse  Zunahme  des  Körpergewichtes,  die 
durch  Fettansatz  oder  Wasser  bedingt  sein  kann,  kommt  es  hierbei 
an,  sondern  auf  das  Krfiftigwerden  der  Muskeln,  das  normale  Funo- 
tioniren  der  Nerven  und  die  bessere  Widerstandskraft  gegen  Er- 
kältungskrankheiten. Verf^  bringt  als  Beleg  eine  Krankengeschichte 
mit  den  betreffenden  Messungen.  Was  für  die  Kinder  gilt,  das  gilt 
oeteris  paribus  auch  für  schwächliche  und  besonders  anämische  Er- 
wachsene,    Freilich  frieren  diese  im  Hochgebirge  mehr,    als  in  der 


Klimatologie  ond  Balneologie 


mh 


llbene;  aber  eben  der  dort  eintretende  W&rmeverlast  bringt  den 
Patienten  mit  der  Notb wendigkeit  zu  essen  einen  besseren  Appetit. 
Derjenige  Mnskel,  welcher  der  Stärkung  am  dringendsten  bedarf, 
das  Herz^  £ndet  diese  am  ersten  im  Gebirge;  hierher  gehören  auch 
die  Neorastheniker,  nicht  zum  Herumreisen,  sondern  zu  länger  dauern- 
der consequenter  Behandlung.  Die  bei  den  letzteren  anfangs  auf- 
tretende Verschlimmerung  ihres  Leidens  bringt  keine  Gefahr,  sondern 
ist  eine  Reaction,  nach  welcher  sich  der  Kranke  nm  so  schneller 
accliinatiairtf  je  eher  sie  eintritt. 


Beiträge  „zur  Klima  tologie  des  Südens^  bringt  C  o  n- 
rad  dar  in  der  Wiener  klin.  Wochenschrift  1892,  Nr.  35. 
Zwei  Wege  bieten  sich,  wenn  im  Winter  die  Sonne  sieb  ent> 
femt(?),  derselben  näher  zn  rucken  und  der  heimatbliclien  Nebel* 
hülle  zu  entEiehen :  der  Weg  in  die  Höhe  und  jener  zum  Süden, 
Die  geringe  Dichte  und  Feuchtigkeit  der  diathermanen  Höhenluft 
bedingt  einen  Gegensatz  ^wisoben  Sommerwärme  und  Ltiftk&lte, 
der  sich  geltend  macht  in  der  einseitig  erwärmten  Körperoberfläche 
gegenüber  der  mit  kalter  Luft  versorgten  inneren  Oberfläche  des 
Respirationstractus.  Diese  Gegensätze  sind  oft  erwünscht,  indom 
sie  anregend  auf  Respiration,  Circuktion  und  ötoflEwechsel  einwirken, 
aber  sie  sind  uupaBsend,  wo  die  klimatische  Grandwirkung  eine 
sedative  sein  solL  Wo  die  feuchte  Wärme  angestrebt  wird,  wie  bei 
allen  subacut  entzüiidlichen  Processen^  ist  die  Insel ^  und  wo  die 
trockene  Wärme  gesucht  wird,  wie  bei  den  Störungen  im  uropoetigcheu 
System,  ist  die  Wüste  das  Paradigma  des  gewünschten  Aufenthaltsortes» 
Von  den  vier  möglieben  Combi nationen  der  Wärme  und  Feuchtig- 
keit der  Luft  ist  die  Combinatioo  feuchtkalt  klimatotherBpeutisch 
anbrauchbar;  das  trockenkalte,  trockenwarme  und  fenchtwarme  Luft- 
regime finden  sich  im  Hochgebirge,  der  Wüste  und  der  Insel  Ein 
Mittelglied  zwischen  den  beiden  letzteren  bilden  die  Küsten,  Verf. 
bat  nun  ^  um  ^die  klimatische  Charakterfestigkeit^  einer  Eeibe  von 
Stationen  zu  prüfen,  den  nngünstigen  Winter  des  Jabres  1891  go- 
wählt  und  die  Temperatur  im  ersten  Vierteljahr  einer  vergleichenden 
Betrachtung  unterzogen.  Aus  dieser  hat  sich  ergeben^  dass  von  don 
WintersuLtionen  des  westlichen  Mittelmeergebietes  Biskra  in  Nord- 
afrika  und  Ajaccio  die  grösste  Stabilität  der  WftrmeverhältniBse  auf- 
wiesen. Abbazia  zeigt  grössere  Unregelmässigkeiten^  besser  ist  Lussin 
piccolo  (Insel  im  Quamero).  Nizza  und  Algier  verhalten  sich  ftbn* 
lieh  wie  Abbazia,  Das  zum  Vergleich  angezogene  Wien  zeigt  alle 
denkbaren   Unregelmässigkeiten»    indem    nicht   nur    die   GrOnsc   dut 


rp66 


Beet«. 


AmplitadeD,  soedero  auch  die  TemperaturänderuDgen  von  emem  Tage 
zum  andern  ungeniem  schwanken. 

Aerztliche  Mittheüungen  aus  Abbazia.  Unter  diesem  Titel 
läsBt  Prof.  Julius  Glas  seinem  im  Vorjahre  in  Gemeinschaft  mit 
Dr.  Schwarz  herausgegebenen  Büchlein  über  den  geBannten  Oarort 
eine  Fortsetzung  in  xwanglos  erscheinenden  Heften  folgen.  Das  eben 
erschienene  erste  Heft  enthält  einen  Ueberblick  über  die  hygienischen 
und  meteorologischen  Verhältnisse  von  Abbazia.  Aus  den  beigegebenen 
Tabellen  geht  hervor,  dass  die  mittlere  Jahrestemperatur  Abbazias 
höher  ist,  als  jene  der  anderen  österreichischen  Wiiiterstationen, 
welche  unter  dem  nämlichen  Breitengrade  liegen,  aber  im  Binnenlande 
(Grörz  und  Arco).  Ferner^  daes  die  mittlere  Jahrestemperatur  Abbaziaa 
jener  der  Riviera  di  Ponente  näher  steht,  ala  jener  von  Görz,  Arco 
und  Gries,  sowie  daas  die  Teraperaturextreme  geringer  sind,  als  an 
den  genannten  Curorten  des  Binnenlandes.  Abbazia  ist  somit  im 
Winter  wärmer  und  im  Sommer  kälter  als  Arco,  Görz  und  Gries. 
Die  relative  Luftfeuchtigkeit  Abbazias  ist  wesentlich  grösser,  als 
jene  der  Riviera  und  der  südtjrolischen  Winterstationen,  und  die  in 
Abbazia  beobachtete  Niederschlagsmenge  ist  mehr  als  doppelt  so  gross, 
als  jene  der  genannten  Orte.  Schnee  fällt  in  Abbazia  seltener,  als 
in  Arco,  Görz  und  Gries. 

In  Leysin  (Canton  Freiburg)  hat  sich  in  der  Höhe  von  1460  m 
«in  neuer  Luftourort  auf^ethan ,  von  dem  Lerebouillet  in  der 
Gazette  hebdomadaire  1892,  Nr.  80  berichtet.  Das  Klima  von  Leysin 
ist  besser  als  das  von  Daves  für  die  überwinternden  Patienten,  denn 
es  ißt  trockener,  mehr  besonnt,  mindestens  ebenso  ruhig,  weniger 
kalt  und  geringeren  Temperaturschwanknngen  ausgesetzt  Natürlich 
sind  die  Bewohner  sowohl  gegen  Phthisis  wie  gegen  Infectionskrank- 
heit^n  immun;  wie  auch  andere  klimatische  Curorte  passt  Leysin 
weniger  für  vorgeschrittene  Phthisen,  als  für  Prädisponirte.  Die  in 
anderen  Stationen  übliche  Ueberemährung,  „qui  r^pugne  aux  estomacs 
fran^^is",  wird  in  Leysin  nicht  eingeführt.  Das  Sanatorium  ist  unter 
Berockaichtigung  der  in  Falkenstein,  Davos  und  Canigon  gemachten 
Erfahrungen  mit  allem  Comfort  erbaut  und  wird  unter  der  Pro- 
tection der  französischen  Aerzte  wohl  seinen  Weg  machen ,  zumal 
M.  le  Dr,  L  a  u  t  h  „saura  varier  le  traitement  suivant  las  indications 
individuelles". 

In  der  Wiener  med.  Wochenscbr.   empfiehlt  E.  Kohn  Sexten 


im  Pustertbale   (Ötatiou  Jnnicben)   als   Terraincurortj   wozu   es   sich 


I 


I 


I 

I 


Kliniat4Dlogie  und  ßalneologie. 


(i67 


wegen  der  gieiclimäasigen  Steigung  des  au  der  Kirche  begi  du  enden 
Weges ^  seiner  prachtvollen  Natur  und  leichten  Erreichbarkeit  auch 
eignen  dürfte. 

Algerien  als  Winteraufenthalt  für  Leidende  von  l>r.  Herrn. 
Reimer  (Deutsche  med,  Wochenscbr.  1892,  Nr,  42).  Es  eacistirt 
kein  zweiter  Punkt^  der  uns  so  schnell  und  bequem  in  die  orientali- 
sche Welt  versetzt  wie  Algier,  und  hat  dies  für  solchej  welche  den 
milden  Winter  und  die  Möglichkeit  reichlichen  Laftgenusses  suchen, 
dadurch  an  Werth  gewonnen,  dass  Unterkunft  und  Verpflegung  sich 
gegen  fr&her  bedeutend  gebessert  haben.  Für  den  Winteriücht- 
ling  bietet  Algier  drei  Stationen:  Der  relativ  Gesunde,  welcher 
den  Winteraufenthalt  in  einem  milden  Klima  als  eine  Wohlthat 
empfinden  und  sich  dem  vollen  Reiz  des  orientalischen  Lebens  und 
Treibens  hingeben  will,  bleibt  am  besten  im  Strandquartier  der 
Stadt,  Brustkranke  thun  am  besten,  die  Strandhotels  nur  als  Ab- 
steigequartier zu  benutzen  und  nach  Mustapba  sup^rieur  überzu- 
siedeln. Mustapha  supt^rieur  ist  der  hochgelegene  Theil  einer  Vor- 
stadt, welcher  ein  Villen  quartier  mit  Gärten  darstellt,  von  wo  aus 
man  in  luftiger  Lage  eine  prachtvolle  Aussicht  auf  die  untere  Stadt 
and  das  Meer  hat.  Für  Deutsche  werden  hier  Hotel  Kiacb  und 
H5tel  d*Orient  et  continental  empfohlen.  Rheumatiker,  Arthritiker 
und  Neuralgische,  welche  eine  Therme  gebrauchen  wollen,  ebenso 
wie  Blutarme  und  Nervöse,  die  vor  Allem  einen  behaglichen  Auf* 
enthalt^  Ruhe  und  gute  Luft  suchen^  gehören  nach  Hammam  R'irha; 
dieser  Ort,  die  alte  Rdmerstadt  Aquae  calidae,  ist  in  4i;.|  Stunden 
mit  Bahn  und  Post  von  Algier  aus  zu  erreichen  und  lie^t  550  m 
über  dem  Meere  auf  einer  gegen  Norden  geschützten  Terrasse. 
Die  ergiebigen  Quellen  haben  in  den  Bassins  eine  Temperatur  von 
42—440  0,  und  enthalten  Gips  (1,30%)  und  Ciiloralkayen  (0,9%). 
Man  badet  10 — lö  Minuten  und  ruht  dann,  in  Decken  gebullt,  in 
den  Scbwitzstuben.  Ausserdem  entspringt  in  Hammam  RVirha  eine 
schwache,  19**  0.  warme  Eisenquelle  (Ferrum  bicarbonicum  0,01  "/qq), 
die  Mittags  mit  Wein  gemischt  getrunken  wird. 


Die  Beschaffenheit  der  Nordseelnft  hat  Kruse  untersucht 
[  (Baineolog.  Centralbl  Bd.  2,  S.  294).  Setzte  er  bei  starkem  Winde 
und  kräftigem  Wellenschläge  einen  Objectträger  in  aenkrechter  Lage 
in  einer  Entfernung  von  10  m  von  den  Ausläufern  der  Wellen  der 
Luft  aus,  90  sah  die  dem  Winde  zugewendete  Seite  in  15  Minuten 
wie  angehaucht  aus.     Unter   dem  Mikroskop   sieht  man  hier  kleine 


mB 


Beetz. 


Tröpfchen,  welciie  bei  der  Verdunstung  Salzkryötalle  Kurücklaseeo* 
Bei  Windstille  gelingt  der  Versuch  nicht.  Die  Menge  des  ange- 
ilogeneo  Salzes  richtet  sich  nach  der  Windstärke.  Auf  offener  8e© 
fehlt  der  NiederJäcblag  -  derselbe  iat  also  abhängig  von  der  Brandung. 
Hierbei  zerschellt  ein  Theil  der  Woge  in  unzählige  Tropfen,  von 
denen  die  kleinsten  vom  Winde  entführt  werden.  Bei  Aspiration 
der  Luft  durch  einen  oben  offenen  Trichter  konnte  der  Chlorgehalt 
der  Seeluft  quantitativ  bestimmt  werden,  und  fanden  sich  in  1000  Litern 
Luft  bei  mitteSmäasfg  starkem  Wind  und  kräftigem  Wellenschlag  am 
Strande  52  mg  Chlor,  bei  Sturm   ','2  km  vom  Wasser  entfernt  35  mg. 

Balneologie, 

M,  Höfler  in  Tölz-Krankenheil  hat  während  der  Trink-  und 
Badecur  eine  grosse  Anzahl  von  Körpergewichtsbestimmungen 
vorgenommen  (Balneolog*  Centralbl.  Bd.  2^  S.  160).  Seine  Tabellen 
zeigen,  dass  neben  OewichtKabnabme  auch  ein  Gewebsansatz  erfolgen 
kann,  ferner,  dass  trotz  sichergestellter  Gewichtszunahme  das  Unter- 
bautfettgewebe  auffälüg  geschwunden,  die  Taille  schlanker  geworden 
sein  kann,  Drüsenanschwellungen  .sich  zurückgebildet  haben,  Exsudate 
aufgesaugt  worden  sind  n.  e.  w. ,  wie  ja  auch  Schuster  bei  seiner 
Arbeit  über  die  Kost  in  Gefängnissen  festgestellt  hat,  dass  bei  besserer 
Kost  und  Bewegung  die  Gefangenen  leichter  werden,  da  der 
Wassergehalt  des  Körpers  verhältnissmäsaig  ab-,  die  Mnekelsubstanz 
aber  zunimmt.  H  5  f  l  e  r  nahm  eine  derartige  Ahnahme  bei  guter 
Ernährung  hauptsächlich  bei  Männern  wahr.  Zunahme  des  Körper- 
gewichts findet  sich  Öfters  heim  weiblichen  Geschlechte;  am  stärksten 
ist  die  Zunahme  bei  den  Serophulöaen.  Bei  Luetikern  ist  die  Con- 
Btanz  des  Körpergewichts  prognostisch  günstiger,  als  Aenderungen 
des  Gewichts,  selbst  wenn  es  Zunahmen  sind.  So  grosse  Schwan- 
knngen,  wie  sie  der  kindliche  oder  jugendliche  Organismus  zeigt^ 
kommen  beim  älteren  nicht  mehr  vor. 


Einen  Beitrag  zur  Kenntniss  der  m  edica  men  tosen  Seifen 
liefen  Pas  ch  k  i  s-Wien  in  der  Pbarmaceut.  Post  1892,  8.20. 
Keine  der  Krankenheiler  Jodsodaseifen  enthält  Jod;  es  sind  diese 
Seifen  schwach  parfümirte  weisse  Cocosnussol sodaseifen  von  ge- 
ringer Alkalescenz,  und  ist  sowohl  die  Bezeichnung  Jodsoda-  wie 
Jodsoda  schwefelseifen  unrichtig,  da  auch  Schwefelsiure  in  der 
mit  Nr.  1  bezeichneten  Seife  gar  nicht,  in  Nr.  2  und  3  nur  in  Spuren 
vorbanden  ist. 


Klimatologie  und  Balneologie. 


6ü** 


Lindem  an  n^Helgolatid  hat  lo  der  balneologischen  GeBelbchaft 
ztt  Berlin  (11,  März  1892)  über  die  Wirkeng  des  Meerwassers 
yorgetragen.  Zur  Klarstellung  der  Frage,  in  wie  weit  man  berechtigt 
sei,  die  fftr  kalte  Wasser-  und  Soolbäder  beobachteten  Thatsachen 
auch  auf  die  Seebäder  zu  übertragen,  hat  Lindamann  eine  grossere 
Anzahl  Süss-  und  Seewasserbäder  unter  möglicbfit  gleichen  ße- 
dingnngen  in  der  Wanne  genammea,  bezw.  von  Anderen  nehmen 
lassen,  und  hierbei  den  Puls,  die  Respiration,  Blutdruck,  die  Tem- 
peratur der  Haut  und  der  Höhlen  bestimmt.  Der  Salzgehalt  betrug 
3,7 0(q.  Nach  den  Bädern  trat  PulBverlangsamung  ein,  die  nach 
dem  Seewasserbade  länger  anhielt,  als  nach  dem  Süsswasserbade. 
Der  Blutdruck  war  nach  den  Bädern  erniedrigt,  nach  etwa  einer 
Stunde  aber  erhöht;  ein  deutlicher  Unterschied  zwischeia  Süss-  und 
Seewasser  war  nicht  nachzuweisen.  Der  Puls  verlangsamung  ent- 
sprach eine  Verminderung  der  Ke.Hpirationsfrequenz.  Die  Lungen- 
temperatur war  nach  den  Seewasf^erbadern  höher^  bIb  nach  den  Süss- 
wasserbädem.  Die  Hauttemperatur  verhielt  sich  bei  Theilbädem 
umgekehrt;  bei  den  Vollbädern  steigt  die  Hautwärme  nach  dem 
Bade  schneller  bei  den  Seebädern,  als  nach  den  Süss  wasserbädem 
und  überschreitet  die  vor  dem  Bade  gemessene  Temperatur.  Der 
Wellenschlag  im  Seebade  wirkt  wie  eine  kräftige  Abreibung  als 
reactionsbefördernder  Hautreiz*  Aehnliche  Versuche  sind  im  Vor- 
jahre von  Keller -Rheinfelden  angestellt  worden^  die  sich  wesentlich 
auf  die  Unterschiede  im  Stoffwechsel  bezogen  und  eine  deutliche 
diuretische  Wirkung  des  3%igen  Salzbades  ersehen  Hessen. 

üeber  den  Gebrauch  der  Nordseebäder  (Deutsche  Med  .-Ztg. 
18i>2,  Nr,  23).  Kruse  in  Norderney  hat  bei  einer  chlorotisohen  Dame 
nach  dem  Gebrauche  von  Nordseebädern  acute  Dilatation  des  rechten 
Herzens  gesehen;  er  warnt  vor  zu  langdauernden  Seebädern  bei 
Chlorose,  lässt  anfangs  nur  eine  Minnte,  später  8^ — 4  baden  und  bei 
stürmischem  Wetter  ganz  aussetzeiij  um  Ueberan strengung  der  Mus- 
culatar  zu  vermeiden.  Ebenso  bedarf  das  Verhalten  bezüglich  des 
Luftgennsses  genauer  Regelung,  da  die  geschwächten  Patienten  schon 
der  mhige  Aufenthalt  in  der  kühlen,  bewegten  Meeresluft  ermüdet, 
in  den  Fällen,  in  welchen  die  Anämie  mit  parametriti&chen  Exsudaten 
verbanden  ist,  werden  warme  Seebäder  genomn^en,  bei  Nacht  feucht- 
warme Eiopackungen  des  Unterleibes,  event  Massage»  Der  übliche 
Gebrauch  geistiger  Getränke  ist  einzuschränken. 

Unter  dem  Titel:  Die  Seebäder  und  ihre  Anwendung  hat  Axel 
Winckler  einen  Leitfaden  herausgegeben,  der  alles  Wissen swerthe 


670 


Bc^tz. 


Über  die  Wirkang  der  Seebäder,  Seeschlamm-  und  Sand- 
bäder, sowie  die  zu  beobachtenden  Baderegelo  ond  ferner  ein  Ve 
zeichniaa  nebst  kurzer  Charakterisirung  der  verschiedenen  Badeorte 
enthält.  Das  mit  bekannter  Grewandtheit  und  gut  lesbar  geschriebene 
Büchlein  wird  der  mit  den  einschlägigen  Verhältnissen  nicht  persön- 
lich  bekannte  Arzt  gern  als  Rathgeber  benutzen. 

Prof.  E,  Ludwig  hat  den  Säuerling  von  Selters  bei  Weilbnrg 
in  Nassau  analysirt»  Die  Quelle  war  in  den  zwanziger  Jakreo  infolge 
der  Labnreguliriing  verschwunden  und  ist  kürzlich  wieder  autge- 
fnnden  worden.  Die  Quelle  liefert  stündlich  1200  Liter  Wasser. 
Lodwig  fand  in  KXXK)  Gewichtstbeilen;  Chlorkalium  0,2,  Chlor- 
Batrium  5,3,  Chlormagnesium  5,4,  doppekkohlensaures  Calcium  21,7, 
doppeltkohlensaures  Mangan  0,3,  Kieselsäure  0,3,  freie  Kohlen- 
säure 2B,7.  Das  Wasser  wird  unter  der  Bezeichnung  Originalselters 
in  den  Handel  gebracht. 


In  der  BerL  klin»  Wochenschr.  veröffentlicht  Emil  Pfeiffer- 
Wiesbaden  in  einer  Reibe  von  Artikeln  Neues  über  Harnsäure  und 
Gicht.  Beim  Gichtkranken  in  den  ersten  Stadien  wird  weder  mehr 
Harnsäure  auage schieden,  noch  mehr  Harnsäure  producirt,  als  in  der 
Norm,  sondern  der  Hsuptunterschied  zwischen  dem  Gichtkranken 
und  dem  Gesunden  beruht  in  der  Production  einer  allzu  ausscheid- 
baren Harnsäure.  Das  vornehmste  Bestreben  muss  also  sein^  die 
Harnsäure  zu  binden.  Dies  geschieht  am  sichersten  und  ausgiebigsten 
durch  den  andauernden  Gebrauch  von  Alkulien  und  am  angenehmsten 
durch  den  Gebrauch  von  alkalischen  Mineralwässern^  wie  Vichy, 
Bilin,  Fachingen,  Offenbach,  Salzbrunn.  Das  in  den  Wässern  von 
Vichy  und  Fach  in  gen  reichlich  vorhandene  doppeltkohlensaure  Calcium 
wirkt  unterstützend  auf  das  doppeltkohlensaure  Natrium^  indem  es 
eäuretilgend  in  den  ersten  Wegen  wirkt  und  so  einen  Theil  des 
Natriums  vor  der  Bindung  an  starke  Säuren  schützt.  Die  Wirkung^ 
dieser  alkalischen  Wässer  darf  jedoch  nicht  nach  dem  Säuregrada 
des  Urins  gemessen  werden,  soDdern  nur  nach  der  wirklichen  Bin-' 
düng  der  Harnsäure  im  Urin.  Es  kann  ein  sehr  saurer  Urin  alle 
Hajmsäore  in  gebundenem  Zustande,  und  ein  schwach  saurer  viel 
freie  Harnsäure  enthalten.  Wenn  man  sich  nur  nach  dem  Säure- 
grade des  Urins  richten  wollte,  so  müsste  man  den  Urin  fortgesetzt 
alkalisch  erhalten.  Ein  solcher  Vorschlag  ist  in  der  That  von  Mord* 
hörst  (s.  dieses  Jahrbuch  1892,  8.  718  u.  331)  gemacht  wordöiij 
dieses  Verfahren  ist  aber  ungeeignet  ^  da  durch  die  Möglichkeit  d€ 


Klimatologfe  and  Balneologie. 


671 


^Fbo8|kluitftosscheidaiig  im  alkaUscben  Urin  die  Idslicbeii  bamsaareii 
mit  einer  unldslicbeo  Scbicbt  van  Pbo^pbaten  ombülit  werden 
rkAnnten  and  &o  far  weitere  Lösung sversncbe  nicbt  geeignet  sein 
würden«  Tut  die  völlige  Bindang  der  H&msäore  im  Urin  eines  Gicbt- 
imd  Stein  kranken  ist  aber  ein  täglicb  getrunkener  Krug  einee  der 
genannten  Mineralwässer  völlig  anareicbend,  obne  dass  der  Uria 
jemals  alkalisch  oder  auch  nur  neatral  sa  sein  branelile.  In  etoem 
Bef(»ate  über  die  genannte  P  fei  ff  er'scbe  Arbeit  bemerkt  die  Aent« 
liebe  Bnndsebau  ^  Dr.  Kröcbe  ^  1892,  S.  29&  iber  das  toh 
Mord  hörst  empfohlene  Wiesbadener  Gicbtwasser:  Tom  rhiwni'Pffm— 
betrachtet  eignet  steh  wohl  kein  Mineralwaaser  so  ven% 
eÄDSD  Zosttts  TOD  doppeltkohlensaurem  Natrium  wie  der  Wie»* 
KoeUnmiiisiL  Es  finden  dorch  die  in  dwmsallwm  moflmii- 
denen  Calcium-,  Msgnwtiom-  und  Eiseasahe  so  qmfsa^gyeiefce  Zer- 
setemgen  mit  doppel&ohlensaurem  Natrium  slatl^  daas  w»  dea  ar- 
^rtagltdieB  Salieo  des  Eochbmnnens  fast  nidiis  aafe  llitig  bleib^ 
tmd  daas  das  Eadneoltat  fast  nur  eiee  Aaflasaag 
and  doppeltkohleasaaram  Natrium  in  eine 
waranrciitlgtga  Wasser  ist.    Wegen  der 

KocUmaraaBwaaser  bei  Zuaats  von 
TOT  aicli  gellen,  maas  das  Frodaet  wimKoh  ta  graesea  Ge* 
einer  Klärung  unterworfeoi  werden,  and  bei 
eatwiekein  sich  in  demselbea^  ab  ia  einer  gutan  Hüirleanag^  i 
Bacterien;  es  wäre  eatachiedea  rationellerf  daaa  maa,  weoB  mtm  mh 
SB  dea  PriacspieB  des  Wiesbadener  OJehrwaacri  bekamt,  daanriii^ 
dordi  Asfldaen  yud  7,5  g  doppahkohlfiaeanfm  Nairiam  aad  7^  g 
Chlomatfigm  m  1  liter  baelecieDGreieii  !biakwaaaera  aeftai 
ab  eia  nmdk  anhjgieaiaebefi  Principien  bermtelaa  Oetviak 


Mordhorst  bringt  ubrigeaa  Ia  der  ] 
189S,  Nr*  4&-^7  eine  Eeihe  von 
hei¥orgehty   daaa   ein    ToUätiodiges 
kiTslalle  dorrb  kam  aaderea  Mjitel  i 
Wicabadaaar  0icbtwaaaer,  darah  wc 
dea  Kaefatbanea,  aaf  2,^—0^ 
neatral  und  seibat  alkaliseh;  o*  war 
hielt  kein  8i%dimetft  ▼oo 
aacb  langwai  Stäben  tribte 
faraacbe  voa  sehr  kaflcraicbi 
gnaa  soll  alaa  dareb  das  Wieabadener 


war,  ala  dareb 

i  die  Aiftdififl,  aal 

Ta^awarderH 


i^7U 


Beetz. 


Die  Oberaalzbriinner  Kronenqüelle  wird  aufs  Neue  von 
Alafberg  (Müüch*  med.  WocbeDacbn  1892^  Nr.  10)  gegen  barosaure 
Diatbese  empfohlen.  Yerf*  atammt  aus  einer  Familie  von  Artbntikeni 
und  hat  selbst  wiederholt  an  der  Krankheit  gelitten.  Seit  188B 
trinkt  er  jährlich  50—60  Flaschen  Kronenquelle  und  ist  seit  9  Jahren 
von  der  Gicht  verschont  geblieben,  mit  Ausnahme  eines  leichten 
Anfalles  im  Jahre  1889,  als  er  den  Oebrauch  des  Wassers  ausgesetzt 
hatte.  Gleiche  £rfabruogaD  wurden  hei  anderen  Patienten  gemacht, 
und  betont  Alafberg,  dass  die  Cur  consequeDt  sehr  lange  Zeit 
hindurch  fortgeführt  werden  muss. 

Die  Auflösung  eines  harnsauren  Blasensteinas  durch 
das  Emser  Wasser  theilt  E.  A  r  o  n  s  o  h  n  in  der  BerL  klin. 
Wochenschr.  1892,  Nr,  41  mit.  Dem  Patienten  war  im  Jahre  1878 
von  Langenbeck  und  Schönborn  das  Vorbandensein  eines 
Blasensteines  bescheinigt  worden;  ersterer  hatte ,  weil  Patient  eine 
Operation  ablehnte,  den  Gebrauch  der  Emaer  Trmkcur  gerathen, 
und  hatte  Patient  4  Wochen  lang  taglich  1  Glas  Kesselbrunnen, 
ü  Glas  Kräöchen  und  2  Victoria  getrunken.  Hierauf  verschwand 
der  Stein,  und  wurde  dessen  Nichtvorhandensein  von  Langen- 
beck  1878  und  wiederholt  im  Jahre  1885  bestätigt. 

Kalk-  und  Magnesiabrnnnen  als  Heilmittel  der  Nieren* 
Steinerkrankungen  von  Dr.  Golovien  in  St.  Petersburg  (Aerztl. 
Rundschau  1892,  19.  März).  Anstatt  nach  Lösungsmitteln  für  die  Harn- 
säure zu  suchen,  würde  es  rationeller  sein^  die  überflüssige  Bildung 
der  Harnsäure  zu  verhüten.  Das  im  Harne  befindliche  phosphor- 
saure Natron  bindet  Alkali  wie  eine  Säure  und  macht  Harnsäure 
frei.  Man  muss  demnach  Diät  und  Heilmittel  so  einrichten,  dass 
nicht  zu  viel  phosphorsaures  Natron  im  Organismus  gebildet  wird. 
Bei  Einnahme  von  Kalk-  und  Magnesiasalsen  findet  eine  Abnahme 
der  ausgeschiedenen  Phosphorsäure  und  gleichzeitig  eine  Steigerung 
der  Urinmenge  statt;  dabei  wird  aber  wenig  Kalk  und  Magnesia  in 
den  Satteatrom  aufgenommen.  Es  wird  also  „derjenige  Brunnen  der 
beste  sein,  welcher  reichlich  Kalk  und  Magnesia  enthält  Die  bisher 
aus  miäs verstandenen  chemischen  Anschauungen  hervorgegangene 
Perhorrescirung  der  kalkhaltigen  Mineralwässer  ist  eine  irrige,  wenn 
es  sich  darum  handelt,  die  Harnsäurebildung  au  beschränken".  In 
Deutschland  ist  übrigens  diese  Perhorrescirung  nicht  üblich,  und 
Golovien  führt  selbst  an,  dat>s  dte  bei  Nierensteinen  hauptsächhch 
gebrauchten  Wässer  reich  seien  an  Kalk-  und  Magneeiasalzen.  Die 
Versuche,  mittels  innerlichen  Gebrauches  von  Alkalien  Concremente 
von  einigermassen  erbebHohem  Umfange  zur  Auflösung  zu  bringet} 


Klimatologie  und  Balneologie. 


673 


Ü 


haben  keine  ernste  Bedeutung;  gegen  den  Nierensand  kann  man 
aber  erfolgreich  kämpfen.  Magnesia  und  Kalk  machen,  indem  sie 
Pbosphorsäure  binden,  Natron  in  einer  zur  Neutralisation  der  Harn- 
säure nöthigen  Menge  frei  uod  verhindern  nicht  nur  das  Auftreten 
der  Nierensteinkölik ,  sondern  beseitigen  auch  die  Schmerlen  und 
neurasthenischen  Beschwerden,  welche  von  der  Heizung  der  ner- 
vösen Elemente  der  Nieren  und  der  Harnleiter  abhängen. 


,     gäure 
^^«•stei 


¥ 


Zur  Behandlang  der  Scrophulose  und  der  Chorea  minor 
bei  scrophulösen  Kindern  bat  Fürst- Leipzig  die  Guberquelie  in 
Srebrenica  verwendet  (Deutsche  Med.-Ztg.  1892,  S.  663)  in  ähn- 
licher Weise,  wie  dies  im  Vorjahre  durch  Kersch  geschehen  ist 
(8,  dieses  Jahrb.  1892^  S.  728),  Das  genannte  Wasser,  welches  im 
1000  TheiJen  0,37  schwefelsaures  Eisen oxydul  uod  0^006  Arsenik- 
Bäureanhydrit  enthält,  eignet  sich  zu  längerem  Gebrauche,  da  es  gut 

agen  und  nicht  ungern  genommen  wird.  Die  Gabe  war  in  der 
ten  Woche  2mal  täglich  ein  Kinderiöffel,  zweite  Woche  3mal  ein 
Kinderlöifelj  dritte  Woche  3mal  ein  Esslöffel.  Vorletzte  Woche  der 
Cur  wie  in  der  zweiten,  Schlusswocha  wie  in  der  ersten  Woche j 
stets  eine  Stunde  nach  den  Mahlzeiten  zu  geben.  Die  Hämoglobin- 
bestimmongen  ergaben  im  DnrchschDitt  eine  Zunahme  von  1B\^ 
die  Blutkörperchenzählungen  eine  solche  von  i^b^QO0.  Zelt  der  Be- 
handlung durchschnittlich  8  Wochen.  Die  nach  Arsengebrauch  sonst 
auftretende  Oligocythämie  blieb  aus.  Fürst  schliesst  aus  seinen 
Versuchen,  dass  die  GuberqueUe  die  mit  Anämie  verbundenen  Formen 
der  Scrophulose  rasch  und  sicher  heile,  bei  Chlorose  weniger  auf- 
fällige, aber  befriedigende  Resultate  ergebe  und  gegen  die  mit  Anämie 
verbundene  Chorea  minor  eine  fast  speci lisch e  Heilwirkung  habe. 

Kleinwächter  empfiehlt  im  Frauenarzt  (1892,  Xj  die  Guber- 
quelle  zu  Srebrenica  gegenüber  Boncegno-  und  Levicowasser,  weü 
bei  dem  ersteren  der  Arsengehalt  kein  coustanter,  und  das  letztere 
eine  Mischung  des  starken  Wassers  mit  QueUwasser  ist,  Klein- 
wächter wendet  die  Guberquelie  vorzugsweise  bei  Chlorose,  die 
mit  Anämie  complicirt  ist,  an,  lässt  dieselbe  6^8  Wochen  lang 
ninken  und  begiont  mit  zwei  Esslöffeln  des  Tages,  bis  zu  sechs  Ess- 
löffeln steigend.  Gegen  das  Ende  des  Trinkens  wird  in  gleicher 
Weise  die  Gabe  vermindert. 


Ewald  und  Dronke  haben  mit  Levicowasser  eirperimentirt 
(Berl  klin*  Wochenschr.  1892,  Nr.  19),  Es  handelte  sich  um  eine 
21  Jährige  Erzieherin,  welche  an    allgemeiner   Körperschwächa    mit 

Jahrbuch  d.  pract  Medicin.    18Ü3  4S 


B74 


Beetz. 


Olmmächtsanfälleii^  heftigem  Durcbfalte  und  Erbrechen  litt.  Vor  Be- 
ginn der  Behandlnng  feinden  sich  82%  Hämoglobin  und  &  120000 
rothe  BlntkörpercheUi  und  bandelte  es  sich  nicht  um  Chlorose  oder 
Auämiei  sondern  um  einen  nearastheniöchen  Zustand.  Die  Patientin 
wurde  nicht  auf  eine  bestimmte  Kost  gesetzt,  aber  es  wurden  die 
Speisen,  welche  genossen  wurden,  genau  abgewogen.  Während  der 
ersten  8  Tage  wurden  zwei  Esslöffel  schwächeres,  dann  zwei  Eäs- 
löffel  starkes  Levlcow asser  gegeben.  In  der  ersten  Periode  bat  Pa- 
tientin 45/1  g  ö  tickst  off  ==  1294  Fleisch  augesetzt,  in  der  zweiten 
37 j8  Stickstoff  =  10ti*i  g  Fleisch.  Diese  Zunahme  war  nicht  bedingt 
durch  günstigere  Lebensbedingungen  im  Augustahospital ,  da  sich 
Patientin  vorher  in  den  günatigaten  äusseren  Verhältnissen  be- 
funden hatte. 

Das  Schwefelbad  Ilidze  bei  Serajevo  io  Bosnien,  von  E.  Lud- 
wig-Wien. 13  km  westlich  von  Serajevo  au  der  Bahn  Serajevo-Moetar 
liegt  eine  mächtige  Therme  von  51*>  0.  Dieselbe  enthält  in  1000 
Theilen:  0,8  schwefelsaures  Natrium,  0,5  Chlorcalcium,  1,0  Kalium- 
bicarbouat,  0,4  Magnesiumbicarbonat,  0,4  freie  Kohtensäure*  Dan 
Wasser  ist  sehr  ähnlich  der  Ficoucellaqiielle  bei  Civitavecchia*  Es 
Endet  innerlichen  und  äusserÜchen  Gebrauch  und  wird  zu  letzterem 
in  zwei  grosse  Kühlbassins  geleitet,  von  wo  es  mit  der  gewünBchten 
Badetemperatur  zur  Verwendung  kommen  kann. 

Nach  einer  MittheiluDg  von  v.  Tjmovski  wurde  in8chinznach 
ein  Neubau  für  Gurgelungen,  Trink-  und  Inhalationscur  hergestellt. 
Für  letztere  bestehen  Apparate  zur  Pulverisiruug  des  Wassers 
—  dies  wird  auch  äusBerlich  gegen  Ekzem  und  Akne  verwendet  — 
und  für  feuchte  und  trockene  Inhalationen,  je  nachdem  sich  die 
Patienten  im  feuchten  Nebel  oder  im  gaserfüllten  Raame  aufhalten. 

Pro  11,  Curarzt  in  Meran  und  Gasteiu,  bedauert  in  einer  Bro- 
schüre über  die  Gebrauchsmethode  des  versendeten 
Gasteiner  Thermalwassers,  dass  das  Gast  ein  er  Wasser  noch 
zu  den  indifferenten  Thm'men  gezählt  werde»  „da  durch  die  Gasteiner 
Heilquelle  die  Elektricität  stärker  geleitet  wird,  als  durch  jede  andere 
Wasse^gattuug^^  Er  wünscht^  dass  in  jeder  grösseren  Stadt  und 
jedem  Seehafen  Europas  ein  grosses  Depot  von  Gasteiner  Wasser 
sich  befinden  möge,  um  jedes  weit  fahrende  Schiff  und  auch  die 
grösseren  Städte  jenseits  des  Meeres  mit  einer  genügenden  Menge 
desselben  versehen  zu  können.  Da^u  dürften  »llerdings  selbst  die 
Oasteiner  4  Milliouen  Liter  nicht  reichen. 


Klimatologie  und  Ealneolagie. 


675 


SteinscliDeider-Franzeoöbad^  Wie  sollen  Moorbäder  ge- 
braucht werden?  (Wien.  med.  WocheDschr.  1892,  Nr.  25  and  Med.-chir, 
Rundschau  S.  507.)  In  FranzenBbad  werden  75^150  kg  Moorerde 
zu  einem  Bade  verwendet;  das  fertige  Moorbad  enthält  eine  grosse 
Menge  (750|q)  unlöslicher  Bestandtheile;  je  nach  dem  Verhältnisse,  in 
welchem  es  mit  dem  Mineralwasser  gemengt  ist^  stellt  es  einen  mehr 
oder  weniger  dicken  Brei  dar^  dessen  Wärm ecapaci tat  geringer  idt, 
als  jene  des  Wassers.  Ein  Moorbad  von  mehr  als  indilFerenter 
Wärme  erhitzt  daher  nicht  so,  und  ein  kühleres  entzieht  nicht  so 
viel  Wärme,  wie  ein  gleich  warmes  Wasserbad,  Die  26%  löslichen 
Stoffe  wirken  theils  reizend,  theils  zusammenziehend  auf  die  Haut. 
Ein  Eisenmoorbad  j  dessen  Temperatur  über  die  indifferente  Bade- 
wärme hinausgeht,  bewirkt  daber  eine  nach  Temperatur  und  Üonsi- 
stenz  verschieden  grosse  Erregimg,  Vermehrung  der  Puls-  und  Re- 
spiration sfrequenz  und  Zunahme  der  Eigenwärme  auch  bei  geringerer 
Dauer  des  Bades,  als  ein  Wasserbad.  Aehnlich  ist  die  Wirkung  des 
Moorbades,  dessen  Temperatur  niedriger  ist,  als  die  indifferente  Bade- 
wärme, nur  dass  es  im  Anfang  sich  aJs  kühl  bemerkbar  macht.  Wo  es 
sich  um  Hebung  der  Ernährung  und  nm  Anregung  des  Stoffwechsels 
handeltf  ist  ein  Moorbad  mittlerer  Consistenz,  indifferenter  Wärme  und 
8 — 12  Minuten  Dauer  angeKeigt^  jeden  3. — 4.  Tag,  im  Ganzen  zehn 
Bader.  Soll  mehr  die  adstringirende,  tonisirende  Wirkung  der  Moor- 
bäder zur  Geltung  kommen,  wie  bei  den  Katarrhen  der  weiblichen  Sexual- 
organe, bei  Erschlaffung  der  Schleimhäute  und  Bänder  (!),  so  wird  der 
Moor  dicker  genommen,  und  bei  indifferenter  Badewärme  alle  2  Tage 
mit  längerer  Dauer,  10 — 20  Minuten,  gebadet,  im  Ganzen  12 — 15  Moor- 
bäder und  zwischendurch  Stahlbäder.  Bei  chronisch  entzündlichen 
Processen,  Exsudaten  kommen  dicke  warme  Bäder  von  längerer 
Daner,  in  Summa  18 — 20  an  die  Reihe.  In  jenen  Fällen^  in  welchen 
ein  einmaliger  Gebrauch  einer  massigen  Reihe  von  Moorbädern  nicht 
«um  Ziele  führt,  ist  es  besser,  die  Cur  zu  wiederholen,  als  in  einer 
einzigen  Behandlungsreihe  den  Erfolg  auf  Kosten  der  Widerstands- 
kraft gewaltsam  anzustreben. 

Deicbmüller- Muskau  hat  dem  XX.  schlesischen  Bädertag© 
über  Moor  und  Moorbäder  berichtet.  Er  pol emisirt  gegen  Forel^ 
welcher  die  Wirkung  der  Bäder  als  auf  Autosuggestion  beruhend 
bezeichnet  hat,  und  sieht  den  Einfluas  des  Moores  neben  der  allge- 
mein anerkannten  physikalischen  Einwirkung  in  der  Aufsaagung 
dttrch  die  Haut.  Er  betont  hierbei,  dass  die  saure  Reaction  einer 
Moorart  den  darin  enthaltenen  Harzen  zuzuschreiben  sei;  das  ist 
weht  richtig,  denn  hieran  ist  in  erster  Linie  die  Schwefelsäure  schy 


G7(> 


Beetz. 


und  temer,  dass  im  Muskauer  Koor  nach  gewiesen  werden  könne  ^ 
dass  Ozon  an  die  Harze  gebunden  sei,  was  allerdings  noch  merk- 
würdiger ist. 

Bei  Gunzendorf  zwiaclien  Nürnberg  und  Eger  sind  beträcht- 
liche Moorlager  aufgedeckt  worden^  deren  therapeu tische  Verwendung 
beabsichtigt  ist.  Die  Analyse  einer  Durchschnittsprohe  ergab  in 
100  Theilen:  Wasser  3 7,0^  organische  Substanz  30,1,  Kieselsäure  1,0, 
Eisenoxydul  7,6,   Eisenoxyd  3,2,   Schwefelsäure  10j4 


Hydrotlierapie. 

Heber  die  hydrotherapeutische  Behandlung  der  Cholera 
berichtet  Winternitz  (BL  f,  klin.  Hytiroth,  1892^  Nr.  7),  Nachdem  er 
einer  vernünftigen  Abhärtung  durch  feuchte  Abreibungen  bezw.  kalte 
Kegenbäder  das  Wort  geredet,  bespricht  er  die  eigentliche  Behandlung 
der  Cholera.  Auf  Grund  der  Erfahrungen  von  Gull,  Dtetel,  sowie 
seiner  eigenen  wiU  Winternitz  die  prämonitijrische  Diarrhoe  ener- 
gisch bekämpft  wissen.  Am  promptesten  wirkt  die  hjdriatische  Be- 
handlung. Winternitz  siebt  das  Wesen  der  Cholera  in  der  massen- 
haften Transeudation  und  in  der  Anhäufung  der  sonst  fortgeführten 
und  neutraliöirten  Hückbildungaproducte  des  Stoffwechsels,  nicht 
aber  in  einer  ausschliesslichen  Giftwirkung  seitens  des  Cholera« 
bacillus.  Der  causale  Process  bleibt  immer  die  Lähmung  der  Darm- 
nerven, die  Lähmung  der  Darmgefäsae.  Die  Hauptaufgabe  ist  es 
demnach,  eine  mächtige  Innervationserregung  im  Splanchnicus  und 
dem  von  diesem  versorgten  Gefässgehiete  hervorzurufen^  selbst  wenn 
die  Kommatoxine  die  Lähmung  veranlasst  haben.  Durch  den  thermi- 
schen und  mechanischen  Eingriff  der  Wassercur  werden  von  den  sen- 
siblen peripheren  Nervenendigungen  dem  Centralorgane  Reize  zuge- 
leitet, und  von  hier  aus  Reüexe  zu  den  verschiedensten  Organen  fort- 
geleitet.  Unter  solcher  Einwirkung  wird  dieHerzaction  eine  kräib'gere 
und  die  Innervation  in  den  Vasomotoren  eine  höhere;  man  sieht, 
wie  die  so  bewirkte  Innervatianssteigernng  im  Splanchnicus  die  Ge- 
fässe  des  Darmes  und  der  Unterleibsorgane  zu  mächtiger  Zusammen- 
Ziehung  bringt,  den  Blutdruck  erhöht  und  die  Circulation  kräftigt. 
Ein  Gefäss  mit  hoher  tonischer  Spannung  seiner  Wand  wird  dem 
Durch tritte  seines  Inhaltes  einen  grösseren  Widerstand  entgegen- 
setzen, als  ein  erschlafftes  paretisches  oder  paralysirtes  Gefäss;  anter- 
stiktzt  wird  dieser  Effect  durch  Proceduren,  welche  nachweislich  die 
peristaltische  Bewegung  verlangsamen,  die  Ausscheidung  in  den  Darm 
vermindern  und  die  Aufsaugung  fördern*     Die  Methoden,  mit  dene^ 


KHmatologie  nnd  Balneologie, 


t)77 


solclie  mächtige  Effecte  zu  erzielen  sind,  können  ziemlich  verschieden 
sein.  Die  einfachste,  am  leichtesten  überall  durchführbare  und  fast 
ausnahmalos  wirksame  ist  die  einer  Abreibung  mit  einem  in  mög- 
lichst kaltes  Wasser  getauchten,  meist  etwas  ausgerungenen  Lein- 
tnche,  der  man  unmittelbar,  ohne  vorherige  Abtrocknung,  ein 
8 — 10 — 12gi'adigeB  Sitzbad  in  der  Dauer  von  15,  20 — 30  Minuten 
folgen  läsöt.  In  diesem  Sitzbade  muse  der  Kranke  an  allen  nicht 
im  Wasser  befindlichen  Theileo  gut  in  eine  Wolldecke  gehüllt  sein 
tuod  dessen  Unterleib  kräftig  frottirt  werden. 

F  o  d  0  r  in  Wien  hat  eine  Reihe  von  Malariakranken, 
bei  welchen  der  Gebrauch  des  Chinins  keine  Hülfe  gebracht  hatte, 
mittels  hydrotherapeutischer  Proceduren  zur  Heilung  ge- 
bracht: kurzer  kalter  Begen^  Fächerdouche  20 — 30  Secunden  gegen 
die  Milz  bezw.  die  Leber»  Wesentlich  ist  hierbei ,  dass  die  Appli- 
cation der  feuchten  Kälte  kurz  vor  Beginn  des  erwarteten  Frost- 
aDfailes  erfolgt. 


Im  Vorjahre  hat  W  i  n  t  e  r  n  i  t  z  ein  neues  hydriatisches 

Verfahren  in  Vorschlag  gebracht,  welches  darin  bestand,  zwischen 
der  trockenen  und  der  feuchten  Einpackung  des  erregenden  Stamm - 
omschlages  eineo  aufgerollten  Schlauch  anzubringen,  durch  welchen 
warmes  Wasser  fliesst.  Dies  Verfahren  wurde  durch  B  a  x  b  a  q  m- 
Wien  mehrfach  angewendet,  welcher  es  bei  Hyperemesis  gravidarum , 
Dysmenorrhoe  und  Parametritis  angelegentlich  emptiehlt. 

Generalarzt  Dr.  Förster  gibt  in  der  Aerztlichen  Rundschau  1892, 
8.  67  ein  vorzügliches  Kühlungsmittel  für  das  Hinterhaupt 
bekannt,  das  er  besonders  für  die  Kioderpraxis  empfiehlt;  das  Eis- 
kataplasma.  Auf  ein  Stück  alter  Leinwand  von  60 : 90 cm  wird  in  der 
Mitte  in  einer  Ausdehnung  von  20 :  30  cm  eine  1  ^f^  Finger  starke  Schicht 
Pkcenta  seminis  Lini  pulverisati  ausgestreut.   Dieses  wird  mit  einer 

r gleich  hohen  Schicht  Eissttickchen  belegt,  und  auf  diese  wieder 
1  Finger  dick  Leinkuchenpulver  gestreut.  Das  Ganze  wird  nach  Art 
eines  warmen  Kataplasma  zusammengefaltet  und  als  Kopfkissen  unter 
das  Genick  des  Kranken  gelegt«    Mit  der  Eisblase  ist  eine  derartige 

r  Kühlung  nicht  möglich.  Das  Bett  wird  hierbei  nicht  durchnässt,  weil 
das  schmelzende  Eis  vom  Leinkuchen  aufgesogen  wird,  Wechsel  je 
nach  Zimmertemperatur  erst  in  4-^7  Stunden  nöthig.  Krüche  em- 
pfiehlt statt  des  Leinsamens  die  Holzwolle  ^  welche  auch  das  Eib^ 

.'irasser  gut  aufsaugt. 


Erttohe  hat  ein  Lehrbuch  der  practiBoIieii  Waäserheil- 
künde  eräcbmnen  laisen.  Das  Buch  wird  den  zahlreich eu  CoMegen  ein 
practischer  Eatbgeber  sein  ^  welche  wenig  GelegeBbeit  hatten^  sieh 
mit  der  genannten  Disciplin  vertraut  zu  machen.  Da  bassoDders  die 
Technik  kurz  aber  trefflich  geschildert  und  durch  Illustrationen  leicht 
Teratändlioh  gemacht  ist^  kann  die  Schrift  auch  dem  L^aien  in  die 
Hand  gegeben  ^verden^  als  Gegengewicht  gegen  die  vielen  Wasser- 
bücher  eweifelbafter  Provenienz,  die  sich  heutzutage  in  fast  jeder 
Familie  finden. 


XIV. 


Grerichtliclie  Mediciii. 


Von  Kreifiphysicus  Geb.  SaDitätsrath  Dr,  Wiener  in  Uraudeos« 


A.    Allgemeiner  ThelL 

U e b e r  L e i c lie D V e r fä r b u D g: e n. 

Gelegentlich  eines  Ob ductionst alles  bei  einer  aufgehängt  gefun- 
denen Leiche  y  welche  ß  Tage  in  der  Wohnung  und  3  Monate  im 
Grabe  gelegen  hatte,  wurde  der  Wissenßchaftlichen  Deputa- 
tion die  Frage  zur  ßegutachtung  vorgelegt^  ob  die  vorgefundenen 
Verfärbungen  am  Halse,  dem  recfateo  Oberschenkel  und  dem  rechten 
Arme  Folgen  des  Verwes ungsprocesses  seien,  oder  ob  diese  An- 
nahme bestimmt  ausgeschlossen  werden  könne«  Nach  dem  Obductions- 
protocoU  waren  die  Bauchdecken  schwär zlichgrün  verfärbt,  die  Rücken- 
fläche  blauroth,  die  Extremitäten  biadsröthlich-gelb» 

1)  Auf  der  also  verfärbten  rechten  oberen  Extremität  fand  sich 
am  Oberarme^  über  dem  Ellenbogen  beginn end^  ein  gelber  10  cm  langer 
und  6  cm  breiter  Fleck,  den  deutliche  Venen  durchzogen.  Einschnitte 
in  den  Fleck  zeigen  keiuen  Blutaustritt. 

2)  Der  Fleck  an  der  Hüfte,  10  cm  lang  und  5  cm  breit,  wird  aJs 
schwärzlich  verfärbt  bezeichnet.  Er  zeigte  kein  freies  Blut  im  Unter- 
hautbindegewebe, 

3)  An  der  rechten  Seite  des  Halses  ist  die  Haut  nach  Abwischen 
der  Schimmelbildung  rothbräunlich.   Schnürfurche,  unterhalb  welcher 
die  Haut  noch  in  der  Länge  von  7  cm  und  der  Breite  von  B  <:.isi  Vy^&«Tk.> 
dera  dunkelrothbraun  gefärbt  iat. 


680 


Wiener, 


Das  MedicinalcoUegium  hat  diese  Flecken  bezw.  Verfärbungen 
auf  Gewalteinwirkungen,  welche  die  lebende  Person  trafen,  bezogen, 
weil  die  betreffenden  Stellen  ausserhalb  des  Gebietes  liegen,  welches 
erfabrungsmässig  Hypostasen  ausgesetzt  ist^  und  weil  sie  scharf  um- 
schrieben waren.  Die  Veränderungen  am  Halse  fährte  das  Gollegium 
auf  Blatergüsae  an  der  Lebenden  im  ünterbautzellgewebe  und  den 
tieferen  Weichtheilen  zurück  wegen  ihrer  Lage  an  der  vorderen 
Halsüäcbe,  woselbst  naturgemäas  Stockungen  am  meisten  auage- 
schlössen  sind,  und  weil  sie  streng  umsebrieben  waren,  während 
Verfärbungen  an  Leichen  durch  Btutfäulniss  sich  auf  weite  Ge- 
biete erstrecken  und  verschwommene  Grenaen  haben.  Dieser 
Ansicht  träfe  die  Wissenschaftliche  Deputation  entgegen.  Solche 
Flecken,  wie  am  Oberarme,  fäcden  sich  an  Leichen  nach  8  bis 
14  Tagen  und  noch  später  sehr  häufig.  Sie  entständen  nach  Ab* 
hebung  oder  Abstreifung  der  Oberhaut  vor  und  wäbrend  des  Ver- 
wesangsprocesses,  infolge  von  Eintrocknung.  Niemals  dürften  sie 
als  sicheres  Zeichen  einer  Gewalteinwirkung,  welche  im  Leben  statt- 
gefunden, ange^sehen  werden.  Das  wäre  nur  dann  zulässig,  wenn  im 
ünterhautbindegewebe  Sparen  eines  Blutergasses^  vor  allen  Dingen 
Einlageningen  geronnenen  Blutes,  gefunden  worden  wären.  Die 
Annahme  des  MedicinalcüUegiumB,  dass  im  Laufe  der  nach  dem 
Tode  vergangenen  Zeit  ein  früher  an  dem  Orte  vorhandenes  Blut- 
gerinnsel wieder  sich  aufgelöst  und  zerflossen  sein  könne,  ist  durch- 
aus willkürlich  und  wird  durch  den  Leichenbefund  nicht  unterstützt, 
da  von  besonderen  Verfärbungen  in  dem  ünterhautbindegewebe  im 
ObductionsprotocoU  nicht  die  Rede  sei.  Bei  dem  Flecke  an  der 
Hüfte  fehlte  es  an  jedem  Anhalt,  ihn  anders  zu  deuten,  als  die 
gleiche  Hautveränderung  am  Rücken^  nämlich  als  eine  Verwesungs- 
erscheinung. Ais  Folge  einer  Gewalteinwirkung,  welche  den  leben- 
den Korper  getrofien  hätte  ^  dürfte  er  nur  dann  angesehen  werden, 
wenn  in  den  entsprechenden  Stellen  unter  der  Haut  Spuren  von 
Blutergüssen  nachgewiesen  worden  wären,  was  nicht  der  Fall  ge- 
wesen. Die  Beschreibung  der  Hau tver färb un gen  am  Halse  entspricht 
dem  gewöhnlichen  Aussehen  der  Haut  am  Halse  von  Leichen,  die 
Erhängten  angehören  und  schon  einige  Wocben  alt  sind.  Die  roth- 
braune  Hautfarbe,  die  dunkelrothbraane  Hautfarbe  unterhalb  der 
Schnürfurche,  das  atarkgeröthete  Gewebe  der  eingeschnittenen  Mus- 
keln sind  Befunde,  wie  sie  auch  sonst  an  den  Leichen  Erhängter 
gefunden  werden.  Diese  Verfärbungen  sind  mit  gross ter  Wahr- 
scheinlichkeit Folgen  des  Verwesungsproceases  und  entsprechen  der 
schon  24  Stunden  nach  dem  Tode  roth  gewordenen  Strangulatioog- 


Gericbtliclie  Uedicin. 


681 


K 


marke  (Aussage  des  Leicbenwfisehers).  Sie  sind  daher  hier  mehr 
entwickelt,  als  an  anderen  Körperstellet}.  In  keinem  Falle  dürfen 
sie  als  Beweis  einer  während  des  Lebeos  stattgehabten  Gewaltein- 
wirkung, wie  von  Erwürgungsversuchen  herrührend,  angesehen  wer- 
den. (Vierteljahrsechrift  für  gerichtliche  Medicin,  3.  Folge,  Bd.  4, 
Heft  1.) 

Den  ßlutCQchwei^  störende  Einflüsse. 

Infolge  einer  von  der  medicin Ischen  Facultät  zu  Inns- 
bruck gestellten  Preisfrage:  ^Durch  welche  Einiüsse  wird  Blut 
derart  verändert,  dass  es  mit  keiner  der  bekannten  Methoden  mehr 
nachgewiesen  werden  kann?'*^  stellte  Hammerl  (Yierteljahrsacbr*  fiir 
gericbtL  Med.,  3.  Folge,  Bd.  4,  H.  1,  S,  44)  auf  Anregung  seines 
Lehrers  K ratter  Versuche  an,  die  im  Institut  für  gerichtliche 
Medicin  unter  Leitung  Kratter's  ausgeführt  wurden.  Es  wurde 
hierzu  theils  Menscbenbtut  aus  Leichen^  theils  irisches  Tbierblut  ver- 
wendet und  1)  dem  directen  äonnenlichte.  2)  atmosphärischen  Ein* 
Aussen,  3)  der  Faulniss  in  Erde,  4)  der  Einwirkung  hober  Tempe- 
raturen ausgesetzt,  Einfiüöse,  die  den  Blutnachweis  besonders  stören. 
Hammerl  fasste  die  Oesammtergebnisse  seiner  Versuche  in  folgende 
Sfitze  zusammen: 

1)  Durch  die  Einwirkung  des  Sonnenlichts,  der  Faulniss^  durch 

Slörtel,  Schimmel-  und  Rostbildung  wird  der  Nachweis  des  Blutes  sicht- 
ch  erschwert.  Ob  und  in  welcher  Zeit  er  durch  diese  Einflüsse  gang 
unmöglich  wird,  konnte  wegen  der  beschränkten  Versuchszeit  nicht 
festgestellt  werden« 

2)  Heisse,  trockene  Luft  verändert  das  Blnt  derart,  dass  der 
Nachweis  nicht  mehr  gelingt:  a.  mittels  der  Ozonprobe  bei  Erhitzung 
auf  130— 1350  0,  durch  eine  Stunde;  b»  mittels  der  Darstellung  der 
Teichmann'schen  Häminkry stalle  bei  einstündiger  Einwirkung  einer 
Temperatur  von  140 — 1450  C;  e.  Blutkörperchen,  in  der  Regel  schon 
durch  Erwärmung  des  flütssigen  Blutes  über  52**C,  verfallend,  können, 
vor  der  Hitzeeinwirkung  in  dünnen  Schichten  auf  Glas  oder  Holz 
angetrocknet,  hohe  Wärmegrade  (bis  über  2000  0.)  überdauern;  der 
spectralanalytische  Nachweis  ist  am  längsten  möglich;  er  gelingt  noch 
bei  auf  2000  0.  durch  viele  Stunden  erhitztem  Blute. 

Eine  sichere  Grenze  für  die  Leistungsfähigkeit  der  einzelnen 
Retraction&mittel  lägst  sich  nicht  bestimmen,  weil  sehr  hoch  erhitztes 
Blut  für  Lösungsmittel  wieder  lösbar  wird,  welche  hei  Einwirkung 
niederer  Temperaturen  bereits  den  Dienst  versagt  hatten.  Am  zu- 
verläesigsten  wirken  Eisessig,  concentrirte  Salzsäure  und  concentrirte 


mu 


Wiener. 


Schwefelsäure.  Die  Salzsäure  ist  zudem  ein  Keageut^,  welches  spec- 
tralanalyttsch  erkennen  lässt,  ob  Blut  sehr  höhen  Hitzegraden  aus- 
gesetzt war. 


lieber  den  Wertli  des  Häm  b  top  orpbyri  na  pect  rums   für  den 
I  o  r  e  n  F  i  c  li  e  n    ß  I  ti  t  n  a  c  h  w  e  i  s. 


Kratter  (Vierteljahrsscbr,  f,  gerichtl.  Med. ^  3.  Folge,  Bd,  4, 
fl.  1,  S.  62)  hat  zur  Prüfung  der  Richtigkeit  der  vorstehend  von 
H  a  m  m  e  r  l  angegebenen  Hesultate  Untersuchungen  angestellt.  In 
ersterer  Linie  überzeugte  er  sich  von  der  Richtigkeit  der  Angaben 
HammerFs.  Sodann  suchte  er  festzustellen,  bis  wie  weit  und  wie 
lange  Blut  erhitzt  werden  dürfe  ^  um  mittels  des  Hämatoporphyrin- 
spectrums  nachweisbar  zu  sein.  (Dies  Spectrum  wird  gewonnen  durch 
Einwirkung  co ucen tri rt er  Schwefelsäure  aufHämatin,  dem  das  Eisen 
entzogen  wird,  und  wodurch  das  sehr  charakteriatieche  Spectrum  noch 
bei  sehr  starker  Verdünnung  sichtbar  Ist.  Es  besteht  aus  zwei  Absorp- 
tionsstreifen, einem  achmaleren  und  schwächeren  dicht  vor  Linie  D,  und 
einem  breiteren,  dunkleren  in  der  Mitte  zwischen  Bond  E.)  Kratter 
steigerte  die  Erhitzung  auf  1^0 '\  200'*  und  2100,  und  zwar  wurde 
stets  zuvor  getrocknetes  oder  auf  Gegenstände,  namentlich  Holz,  an- 
getrocknetes Blut  zu  den  Versuchen  verwendet.  Einige  Krümelchen 
des  80  überhitzten  Blutes  wurden  in  der  Eprouvette  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  übergössen.  Nach  »(.^ — 1-  oder  mehrstündiger  Einwir- 
kung war.,  wenn  inzwischen  wiederholt  geschüttelt  wurde,  aus- 
nahmslos das  Hämatoporphyrinspectrum  sichtbar  geworden.  Die 
Blutkrümelchen  selbst  waren  aber  keineswegs  aufgelöst,  sondern  aus 
ilinen  nur  eine  meist  geringe  Menge  von  FarbstofiF  extrohirt  worden. 
Sie  selbst  waren  gequollen,  an  den  dünnen  Händern  durchscheinend 
und  von  granatähniicher,  leuchtender  Färbung  —  nach  Kratter 
höchst  charakteristische  Erscheinung.  Geeignete  Objecte  für  diese  Me- 
thode sind  nach  seinen  Untersuchungen:  a.  Blutspuren,  welche  hohen 
trockenen  Temperaturen  ausgesetzt  waren ;  b.  der  Flammen  wirkung  auö- 
gesetit  gewesenes,  angebranntes  und  verkohltes  Blut;  c.  angetrocknetes, 
altes  Blut  auf  allen  Gegenständen  und  Werkzeugen:  d*  verwittertes  Blut 
auf  Zeugen  und  Stoffen;  e.  verfaultes  und  eingetrocknetes  Blut.  Un- 
brauchbar ist  die  Methode  für  die  Untersuchung  von  flüssigem  oder 
balbMssigem  und  irische rn  nicht  eingetrocknetem  Blute,  bei  schon 
durch  kalte  conoentnrte  Schwefelsäure  leicht  verkohlbaren  organi- 
schen Substanseu.^  ong&nstig  bis  unbrauchbar  bei  Anwesenheit  von 
Kohle  oder  in  Schwefelsäure  löslicheni  färbenden  Steifen. 


Gerichtliche  Medicin, 


68a 


Qerichlsärztliche    Beurth eilung    der    Fussspuren    des 
M  e  n  s  e  li  e  n. 

Von  den  Spuren,  die  am  Orte  einer  verbrecherischen  That 
zurück  blieb  en  ^  haben  etwa  vorhandene  Fussspuren  für  den  ünter- 
sachungeriohter  ein  ganz  beaendersB  Interesse,  weil  sie  oft  die  alleinige 
Handhabe  zur  Entdeckung  des  unbekannten  Thäters  sind.  Der 
Richter  wird  sein  Urtheil  nur  auf  physikalischer  Grundlage  allein 
flieh  bilden,  indem  er  die  etwaige  Fussbökleidang  (Stiefel,  Schuh) 
CKier  den  unbekleideten  Fuss  mit  der  zurückgebliebenen  Spur  ver- 
gleicht. Hierdurch  kann  es  aber  leicht  zu  Trugsohlüssen  kommen. 
Mit  der  physikalischen  Diagnose  muss  steh  die  physiologische^  auch 
oft  die  pathologische  des  menschlichen  Bewegungsapparates  (Gang* 
trt)  verbinden,  und  zu  letzteren  wird  er  der  Beihülfe  des  Arztes 
kaum  entrathen  können.  Eine  scharfsinnige,  dankenawerthe  Arbeit 
hierüber  veröffentlicht  Vocke  in  Friedreich's  Blättern  für  gericht- 
liche Medicin^  Heft  1  u.  2  des  Jahrgange  1892,  Der  Inhalt  kann 
entsprechend  der  Tendenz  eines  Jahrbuchs  nur  skizzenhaft  excerpirt 
werden.  Die  einzelne  Spur  kann  einen  plastischen,  negativen  Ab- 
guss  des  Kusses  (Fusseindruck)  oder  lediglich  einen  flächenhaften 
Abdruck  desselben  (F  n  s  s  a  b  d  r  u  c  k)  d  arstellen.  Bei  dichteren  Lagen 
der  plastischen  Medien  (Staub,  Sand,  Erde,  Scbmntz,  Schlamm, 
Schnee  u.  dergL)  kommt  ein  Eindruck  zu  Stande,  aus  dem  man  das 
Relief  durch  Abgnss  gewinnen  kann,  während  dünne  Schichteo  jener 
Medien  auf  unnachgiebigem  Boden  lediglich  einen  Abdruck  der  ba- 
salen Fusstheile  gestatten.  Abdrücke  entstehen  auch  durch  färben- 
des, den  FuBSSoMen  anklebendes  Material  (fettige  Substanzen,  Blut, 
Farbstoff,  Staub,  Schlamm,  Schmutzwasser)  auf  festem  Boden,  nament- 
lich auf  den  Dielen  und  Fliesen  gedeckter  Kaume  und  auf  zufallig 
am  Thatorte  liegenden  Brettern  oder  Steinplatten.  Ist  der  Fues  be- 
kleidet, so  werden  einfach  diejenigen  Theile  abgedruckt,  auf  denen 
der  FusB  ruht,  beim  Schuh  ohne  Absatz  die  ganze  Sohle,  beim  Schuh 
mit  Absatz  dieser  und  ein  Theil  der  Sohle,  Der  Scbuhabdruck  in 
dünnen  Deckschichten  bleibt  in  seinen  Maassen  stets  derselbe,  da- 
gegen wechselt  er  in  seiner  Oonfiguration,  wenn  er  durch  färbende 
Flüssigkeiten  erzeugt  wurde,  da  es  hier  auf  die  der  Sohle  anhaftende 
Menge  ankommt.  Momentane  Un Veränderlichkeit  der  Fussbekleidung 
gewährt  durch  Maasse  und  Form  hinreichende  Sicherheit,  identische 
Fussspuren  als  zusammengehörig  zu  bezeichnen.  Besonderheiten  des 
Abdrucks  bei  Flickstücken,  Defecten  der  Sohlen^  Nägel,  Randnähte 
liefern   wichtige  Anhaltspunkte.     Schwieriger  sind   die   Verbältnisse 


684 


Wieticr 


beim  Abdruck  des  nackten  FusaeSi  zumal  wenn  der  Fassabdrnck 
keine  charakteris tischen  Merkmale  zeigt.  Die  Veränderungen  des 
Fasses  bei  den  einzelnen  Bewegungsarten^  die  Anpassungsfähigkeit 
an  die  jeweiligen  Bodenverhältnisse  machen  den  scheinbarön  Werth 
der  am  Abdruck  gewonnenen  Maasae  völlig  illusorisch.  Fus sein- 
drücke hioterlässt  der  Füss  im  plastischen  Material,  Der  Eindruck 
wird  sich  in  einer  homogenen  Masse,  die  eine  gewisse  Zähigkeit  be- 
sitzt (Schnee,  Lehm,  feuchte  Erde),  am  besten  ausprägen.  In  trocke- 
nem und  lockerem  Material,  wo  Theile  in  die  Spur  zurückfallen, 
wird  der  Eindruck  kleiner  sein  als  der  denselben  erzeugende  Fues, 
dagegen  grösser  in  schlüpfrigem  Material,  wo  der  Fuss  gleitet.  Die 
plastische  Form  des  Eindruckes  gestattet  viel  bestimmtere  Urtbeile 
über  die  Fnssform,  als  dies  bei  Abdrücken  der  Fall  ist.  Ferner 
können  bei  Eindrücken  aus  der  einzelnen  Spur  Schlüsse  auf  die  Be- 
wegungsart  gezogen  werden,  die  sich  verschieden  darstellen  beim 
aufrechten  Stehen,  beim  Lauf,  beim  Einwärtsgehen  (Plattfuss),  beim 
Hinken.  So  zweifellos  es  ist,  dass  aus  den  zurückgebliebenen  Fass- 
spuren  eine  Menge  scharfsinniger  Schlüsse  gezogen  werden  können, 
80  nothwendig  ist  es  doch,  alle  Details  in  der  SchlassfoJgerung  su 
beachten,  alles  nit'hfc  Erwiesene,  aÜes  Hypothetische  möglichst  aus- 
zußchliessen.  Wir  haben  nur  einen  skizzenhaften  Auszug  der  Arbeit 
gegeben  und  verweisen  im  Uebrigen  auf  das  Original,  daa  im  hohen 
Grade  leaens werth  ist. 


Können  frische  Leichen  j^chwimmenV 

Diese  Frage  erörtert  Haupt  gelegentlich  der  Begutachtung  fol- 
genden Falles.  Ein  Hirtenjunge  im  Alter  von  5\.^  Jahren,  der  Nach- 
mittags das  Vieh  auf  die  Weide  getrieben  hatte,  wurde  bei  einge- 
tretener Dunkelheit  schwimmend  im  Weiher  gefunden,  die  Kücken- 
flache  nach  oben  gekehrt,  dns  G-esicbt  auf  der  Wasserfläche  aufliegend, 
Obducenten  hatten  Ertrinken  angenommen,  obwohl  die  Sections- 
ergebnisse  nichts  dafür  Charakteristisches  ergaben.  Die  Lungen 
waren  zwar  sehr  ausgedehnt  und  aulgebläht,  Helen  aber  nach  deren 
Herausnahme  sehr  zusammen.  Sie  waren  wenig  blutreich ,  und  bei 
Druck  entleerte  sich  nur  wenig  blutige  Flüsaigkeii  aus  den  Schnitt* 
flächen.  Bezirksarzt  G.  erklärte  diesen  Mangel  an  Ertrinkungs- 
flüssigkeit  dadurch,  dass  beim  Herausziehen  der  Leiche  und  beim 
Transport  unbemerkt  Wasser  ausgeflossen  sein,  auch  die  Fäul- 
nissvorgänge (die  Leiche  wurde  13  Tage  nach  dem  Tode  obducirt) 
daran  ihren  Antheil  gehabt  haben  mögen.     Dem   tritt  Haupt  ent- 


gegea.  Die  Lungen  halten  aspirirte  Fliisgigkeit  so  fest,  wie  ein 
nicht  v5lUg  gesättigter  feiner  Schwamm  das  eiDgesaugte  Wasser, 
and  bezüglich  der  Fäulniss  lehre  die  Casuistik,  dasa  in  Leichen 
notorisch  Ertrunkener  noch  nach  viel  längerer  Zeit,  als  hier  ver- 
flossen war,  sich  das  Lungengewebe  infolge  von  Imbibition  stark 
wasserhaltig  zeige.  Haupt  weist  den  ErtriDkungstod  zuriick  und 
mifistdeai  Umstände^  dass  die  frische  Leiche  schwarnm,  überzeugende 
Beweiskraft  für  die  Berechtigung  dieser  Zurückweisuag  bei.  Er 
deducirt  folgendermaseen:  Frische  Leichen  Ertrunkener  sind  durch 
die  in  die  Lungen  eingetretene  Flüssigkeit  schwerer  als  Wasser  und 
müssen  deshalb  nach  physikalischen  Gesetzen  untersinken,  Lungen^ 
die  bis  zum  Stande  tiefster  Inspiration  aufgebläht  sind,  können  den 
Körper  specifisch  leichter  machen,  als  Wasser,  und  ihn  über  letz- 
terem schwimmend  erhalten.  Auf  diesem  Lnspirationsmechanismus 
zum  übergrosaen  Theile  beruhe  das  Wesen  des  Schwimmens  im  Ali- 
gemeinen*  Ermüdet  dieser  Inapirationsmechaoianius,  so  sinkt  selbst 
der  beste  Schwimmer.  Die  Lungen  hatten  sich  bei  dem  Hüte- 
jongen  im  Zustande  der  tiefsten  Inspirationsthätigkeit  befunden,  als 
er  starb,  und  deshalb  konnte  die  frische  Leiche  schwimmen.  (Fried- 
reich'e  Blätter  fiir  gerichtliche  Medicin  1892,  H.  4  u.  5,) 


k 


La  Suggestion  hvpuotique  au  point  de  vue  medicol^gaL 

Gilbert  Ballet  hielt  hierüber  Vortrag  in  der  Salptoi^re.  Er 
geht  scharf  ins  Gericht  mit  denjenigen,  welche  die  Suggestion  schon 
als  förmlich  ausgebildete  Methode  in  der  Hand  der  Verbrecherwelt 
betrachten  möchten  und  geneigt  sind ,  in  jedem  Dieb  oder  Mörder 
Dicht  einen  Verbrecher,  sondern  das  ahnungslose  automatisch  han- 
delnde Opfer  eines  im  Hintergrunde  lauernden,  in  kaltblütiger  Be- 
rechnung mit  Hypnose  und  Suggestion  manipalireuden  Bösewichta 
m  erblicken.  Es  sei  aus  der  Vergangenheit  auch  nicht  ein  einziger 
stichhaltiger  Fall  bekannt  ^  dass  eine  Person  durch  Suggestion  zu 
einem  Verbrechen  angetrieben  worden  sei,  und  es  sei  auch  keines- 
wegs anzunehmen,  dass  dergleichen  in  Zukunft  vorkommen  werde. 
Laboratorium  kann  man  wohl  die  V^orstellung  gewinnen,  als  ob 
Hypnotisirte  mit  magischer  Gewalt  dem  Willen  des  Hypnotiseurs 
müsse,  und  es  ist  ietoht^  die  Hypnotisirten  Dinge  vornehmen 
die  einem  Diebstahl  oder  Mord  täuschend  ähnlich  sehen, 
das  sind  aber  ^Laboratoriumsverbrecben^.  Im  that sächlichen  Leben 
liegt  die  Sache  ganz  anders,  da  hier  tausend  Einflüsse  des  täglichen 
Lafaena  stdrend  und  verwischend  auf  den  Gang  des  Erperimeuts  ein- 


wegs  anz 
^_im  Laboi 
Hier  Hypn 
^^polgen  ml 
Vau  käsen 


♦»86 


Wiener, 


wirken.  Die  Erfahrmig  zeigt,  dsss  die  Hypnotisirten  die  ilmen  sug- 
gerirteo  Handlungen  nach  dem  Erwachen  bereitwilligst  ausföhreo, 
sobald  ihnen  dieselben  gleichgültig  oder  gar  aßgenelim  sind ;  dass 
sie  aber  Widerstaud  leisten  oder  den  Gehorsam  verweigern,  sobald 
die  von  ihnen  verlangten  Handlungen  ihren  Lebensanschanungen 
widersprechen .  Moralisch  int  acte  Menschen  sind  für  ver- 
brecherische Handlungen  auch  auf  dem  Wege  der  Sug- 
gestion nicht  zu  haben.  (Gazette  hebdomatre  de  M6decine  et  de 
Chirurgie,  Paris  1891,  Nr.  44  ff.) 


l 


B.    Speoieller  Theil. 

Mecbanisclie  Verletzimgen, 


Ueber  Blutgerinnung   in    den  Körperhöhh^n    bei  todtlichei 
Verletzungen. 

Bei  grösseren  Blntergüssen  in  die  freien  Körper-hohlen  ist  das 
aus  grösseren  Geiässen,  dem  Herzen  oder  zerrissenen  Organen  ent-  I 
leerte  Blut  meist  flüsstg.  und  nur  ein  kleiner  Theil ^  selten  ^  3  oder 
gar  *J.2  des  Blutergusses,  tindet  sich  in  Form  ziemlich  fester,  dankler 
Gerinnsel,  die  in  dem  flüssigen  Blute  schwimmen.  Seydel-Königs* 
berg  beschreibt  in  Nr.  7  der  Deutschen  medicinischen  Wochenschrift, 
1892,  zwei  Fälle  von  Selbstmord  durch  Erschiessen,  bei  deren  einem 
im  Bmstfellsacke  150  tg  fast  nur  dunklen,  geronnenen  Blnttts  neben 
nur  sehr  wenig  flüssigem  Blute,  während  im  extremsten  Gegensatze 
hierzu  bei  dem  andern  Fall©  im  Pleurasäcke  etwa  1  Liter  dunkles 
flüssiges  Blut  fast  ohne  jegliche  Gerinnung  gefunden  wurde.  Diese 
so  abweichenden  Befunde  gaben  Seydel  Veranlassung,  auf  experi- 
mentellem Wege  der  Frage  über  die  Blutgerinnung  bei  tödtlichen 
Verletzungen  n  ab  er  zutreten.  Es  wurden  18  Hunde  durch  Pistolen 
verschiedenen  Kalibers  und  aus  verschiedener  Entfernung  durch 
Scbuss  in  die  linke  Thoraxsette  getodtet.  Hierbei  gelangte  er  zu 
folgenden  Resultaten: 

I)  Aus  zerrissenen  normalen  Gelassen  entleertes  Blnt  gerinnt 
gelbst  bei  schnell  eintretendem  Tode  vollstÄndig,  wenn  es  sich  unter 
hohem  Drucke  in  zerrissene  oder  zertrümmerte  Gewebe  ergiesst;  es 
ist  stets  fest  geronnen  in  den  Maschen  des  Unterhautbindegewebesi 
in  der  Schädelhöhle  (ausser  bei  pachymeningitischen  Blutungen),  im 
Herzbeutel  und  ähnlichen  Körperhöhlen  mit  zerrissenen  Geweben, 
worin  es  sich  relativ  schnell  ergiesst. 


I 


Gerichtliche  Mtdicin» 


687 


2)  Die  GerinnuDg  acheint  proportional  zu  sein  mit  der  Zerstörnng 
reap.  Veränderung  der  Gewebstiieüe,  die  mit  dem  Blutergusa  in  Be- 
miining  kommen« 

3)  Eine  längere  Lebensdauer  nach  der  Verletzung  scheint  die 
ßlatgerinnung  zu  befördern,  und  umgekehrt, 

4)  Ebenso  wie  stark  veränderte  Gewebstheile  scheinen  Fremd- 
körper (mehrfache  Projectile)  und  Gase  ( Pul  vergas  e)  zu  wirken. 

Ueber  die  durch  Einwirkung  äusaerer  Gewalt  auf  den  Schädel 

entsteh  enden   Verletzungen    und    Er  krau  klingen    des    Gehirns 

und  seiner  RünU'. 

ünt^r  diesem  Titel  verötFent licht  Moritz  in  Schlochau  ©ine 
Arbeit,  die  zwar  nichts  Neues  bringt^  aber  doch  durch  fletssige 
Sammlung  und  geordnete  Zusammenstellung  des  Stoffes  von  Werth 
ißt.  Er  beginnt  mit  den  Verletzungen  der  Weichtheüe,  geht  über 
za  denen  der  Meningen,  der  Hirnsubßtanz  und  schliesst  mit  denen 
der  Schädetbasis. 

Auf  Commotion  bat  der  Gericbtsarzt  zu  schliessenj  wenn 
eine  Veranlassung  zu  derselben  vorhanden^  der  Tod  bald  nach  Ein- 
wirkung von  Gewaltthätigkeiten  auf  den  Kopf  erfolgte,  die  äusseren 
begleitenden  Umstände  dafür  und  die  Sectionsbefunde  nicht  dagegen 
aprechen.  Stumpfe  und  schwere  Instrumente  mit  grosser  Angriffs- 
fläche bewirken  leichter  Commotion  als  scharfe  Instrumente,  Faust- 
schläge  und  ähnliche  Gewalten  können  schwere  Commotion  erzeugen. 
Das  Entstehen  einer  Fraetur  mindert  ceteris  paribus  die  Intensität 
einer  Commotion.  Trinker  disponiren  zu  Commotion.  Ob  Bewusst- 
loBigkeit  infolge  von  Alkoholgennss  oder  Commotion  eingetreten,  ist 
unter  Berücksichtigung  des  genossenen  Alkohole,  des  Verhaltens  des 
Betreffenden  vor  dem  Insult,  der  Art  des  Insults  zu  ermitteln,  in 
vielen  Fällen  aber  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden.  Die  nach 
der  Commotion  vorhandene^  das  Ereigniss  der  Verletzung  betreffende 
Gedächtnisslöcke  ist  für  die  Diagnose  von  grosser  Wichtigkeit.  Be- 
wusstlosigkeit  tritt  nicht  immer  sofort  nach  dem  Insult,  sondern  oft 
etwas  später  infolge  des  Schreckens  über  denselben  ein. 

Meningeale  Blutungen  treten  nicht  immer  unmittelbar  nach 
dem  Insulte  ein,  es  kann  längere  Zeit  bis  zum  Beginn  derselben 
vergeben. 

Beträchtliche   Hämorrhagien    über  die  Oberfläche  des 

Khirns  entstehen  fast  nie  spontan,  gesunde  Gefässe  bersten  niemals 
mtan. 
■ 


ÜB8 


Wietier. 


Für  die  ßeurtheilang  der  Entatehutig  von  Blutergüssen  in 
der  8ubstanz  des  Gehirns  gibt  Moritz  folgende  Anhaltspunkte: 
Traumaiiscbe  Ergüsse  sitzen  gewöhnlich  in  der  Rinde,  spontane 
meist  in  der  Tiefe  der  Himsiibstanz,  Nach  Trauma  findet  sich  meist 
auch  meningeale  Hämcrrhagie,  bei  spontanen  Blutungen  nicht.  Bei 
traumatischer  Entstehung  ist  die  Quantität  des  ergossenen  Blutes 
eine  beträchtliche ,  bei  spontaner  relativ  gering,  Hämorrhagien  aus 
innerer  Ursache  eind  Folge  einer  Gefässerkrankuug. 

Verf.  bespricht  sodann  die  Abscessbildung.  Acute  Abscess- 
bildang  ist  ein  häufiger  Obductionsbefund  nach  perforirenden  Traumen 
und  gewöhnlich  mit  eiteriger  Meningitis  verbunden,  bei  nicht  per- 
forirenden TraiimeG  kommt  es  häuÜger  zu  chronischer  Abscesabildung. 
Für  die  Altersbestimmung  von  A bscessen  und  anderen  pathologischen 
Befunden  im  Schädelinnern  werden  die  bekannten  L an genbec kuschen 
Kriterien  reprodacirt.  Die  Beurtheilung,  ob  ein  Abscess  Folge  innerer 
Ursachen,  besonders  Caries  des  Felsenbeins,  Ohraffection  ete,  iat, 
wird  sich  nach  den  Erscheinungen  richten^  welche  diese  Leiden  bereits 
vor  dem  Trauma  darboten. 

Die  Prognose  der  Verletzungen  der  Schädelbasis  ist  im 
Allgemeinen  schlechter  als  andere  Schädel  Verletzungen. 

Motorische  Lähmungen  und  Aphasie  nach  Schädel- 
verletzungen  bessern  sich  meist  im  Laufe  der  Zeit,  aber  langsam, 
doch  ist  die  Prognose  stets  unsicher, 

Psychosen  nach  Kopfverletzungen  geben  durchweg  schlechte 
Prognose.  Neurosen  oder  Psychosen  sind  nur  dann  abhängig  von 
einem  Trauma  zu  erklären,  wenn  vor  dem  Trauma  keine  Spur  der* 
selben  bestand,  z.  6.  leichte  geistige  Ermüdung,  Stimmungswechsel^ 
Neigung  zu  Affecten  und  Congestionen,  Intoleranz  gegen  AlcohoUoa, 
(Vierteljahrssohr.  f.  gerichtl.  Med.  1892,  Aprilheft,) 

Verlust  des  erkrankten  Augapfels. 

Ein  mit  einem  starken  Glotzauge,  welches  durch  Eindringen 
von  Kalk  fast  erblindet  war,  behafteter  Arbeiter  wurde  auf  das  Auge 
getreten,  wodurch  es  sofort  auslief.  Es  war  Phthisis  des  Augapfels 
die  Folge,  von  dem  nur  ein  kleiner,  erweichter  Rest  am  Grunde  der 
Augenhöhle  lag.  Kornfeld,  der  hierüber  in  Friedreich's  Blättern 
für  gerichtliche  Medicin  1892,  Heft  3  berichtet,  erörtert  hierbei  die 
Fragen,  ob  es  eich  um  Verlust  des  Sehvermögens  auf  einem  Auge, 
den  Verlust  eines  wichtigen  Gliedes  des  Körpers  oder  um  Entstellong 
handle  (§  224  Str.-Ges.^B.)    Um  Verlust  des  Sehvermögens  konnte  es 


Gerichtliche  Median, 


689 


eich  nicht  handelDi  da  letzteres  scbon  vor  der  Verletzmig  nicht  mehr 
vorhanden  war.  Ein  wichtiges  Körperglied  ist  auch  nicht  verloren 
gegangen,  da  nach  einer  Beichsgerichtsentscheidung  vom 
9,  Juni  1882  als  Kdrpergliöd  jeder  mit  einem  anderen  durch  Gelenke 
verbundene  Körpertheil  zu  betrachten  ist,  eine  Deutttug,  der  auch 
Skrzeczka  folgt  (Eeferent).  Es  bleibt  daher  nur  „Entstellung" 
ftbrig.  Die  Vertheidiguog  hob  hervor,  dasa  der  Verletzte  vor  dem 
Verlust  des  Auges  durch  die  Entartung  des  Augapfels  in  erhebe 
Uoherein  Maasse  entstellt  gewesen  sei,  als  nachher,  während  der 
Sachverständige  dem  entgegenhielt,  dass  der  kranke  Augapfel  früher 
nie  eine  Verunstaitung  verursachte,  immerhin  jedoch  ein  an  das  Nor- 
male erinnerndes,  nicht  ahstossendes  Gebilde  vorhanden  war.  Die 
leere,  knöcherne  Augenhöhle  dagegen  ist  geeignet^  den  Gedanken  an 
etwas  Skeletartiges,  Todtes  za  erwecken.  Auch  bei  dem  Tragen 
eines  künstlichen  Auges  würde  die  Entstellung  nur  als  eine  erträg- 
liche zu  bezeichnen  sein,  (Juridisch  kommt  nur  der  wirklich  vor- 
handene^ nicht  der  etwa  erreichbare  Zustand  in  Frage.  Beichs- 
gerichtsentscbeidung  vom  25.  März  1886.  —  Ein  Erkenn tniss  des 
Reichsgerichts  vom  1.  October  1886  sagt:  „Eine  erhebliche  Enfc- 
stellang  verliert  diese  Eigenschaft  nicht  dadurch,  dass  sie  durch 
künstliche  Mittel  nicht  oder  nicht  leicht  erkennbar  gemacht  wird. 
Wenn  ,  .  *  das  Verbergen  des  Defects  das  Begriffemerkmal  der 
danernden  erheblichen  Entatellung  beseitigen  könnte,  würde  dieses 
seine  objective  Bedeutung  völlig  verlieren.  Entscheidend  ist  nur,  ob 
der  entstellt«  Körpertheil  nach  den  natürlichen  und  socialen  Lebeos- 
verhältnissen  des  Verletzten  derart  verdeckt  zu  werden  pflegt,  dass 
der  Mangel  als  wesentliche  Entstellung  nur  unter  besonderen  Ver- 
hältnissen nach  aussen  erkennbar  ist  und  als  solcher  empfunden 
wird,-'     Bef.) 

Stichverletzungen  des  Bauches. 

Behn  berichtet  in  Friedreich's  Blättern  für  gerichtliche  Medicin 
1892,  Heft  1  über  drei  Sectionsbefunde  bei  Stiohverletznngen  des 
Bancbes.  In  zwei  Fällen  war  eine  dreifache,  im  dritten  Ealle  eine 
vierfache  Verletzung  des  Dünndarms  vorhanden^  welcher  jedesmal  in 
einem  grossen  Stück  durch  die  Bauchwunde  herausgedrungen  und 
von  den  Aerzten  scheinbar  zurückgebracht  worden  war.  Im  ersten 
Talle  war  ausserdem  der  Messerstich  bis  in  die  Harnblase  gedrungen 
und  hatte  die  epigastrischen  Blutgefässe  getrennt,  im  zweiten  war 
das  Gekröse  verletzt,  im  zweiten  und  dritten  Falle  die  Arteria  epi- 
gastrica  unversehrt.  In  allen  drei  Fällen  hatten  die  Aerzte  die 
Ithfimob  d.  prict.  Modidßa    iim.  ^ 


B9(» 


Wiener, 


\ 


Darmwunden  genaht,  io  den  ersten  beiden  die  SaesereD  Wunden  der 
Bauchhant  verlängert,  tun  die  vorgefalleneo  Därme  leichter  zurück- 
bringen zu  können.  Sie  hatten  dies  aber  in  der  Weise  gemacht, 
daHS  sie  die  Theile  der  Baoch  Wandungen  au  seinander  drängten  und 
so  innerhalb  derBclhen  geräumige  Höhlen  schufen^  in  welche  sie  die  ■ 
Gedärme  betteten,  während  diese  in  der  inoeren  Baucbwunde  ein- 
geklemmt verblieben.  Im  ersten  Falle  befand  sich  die  Höhlung  nach 
oben  von  der  Stichwunde,  im  zweiten  und  dritten  nach  unten  bis 
ins  klein©  Becken.  Der  Tod  war  in  einem  Falle  nach  kürzester  Zeit 
auf  die  Operation,  in  den  anderen  l*/-^  und  2*12  Tage  darauf  erfolgt. 
Auch  in  letzteren  beiden  noch  keine  Peritonitis.  Es  haben  in  sUen 
drei  FäUen  die  Äerzte  gegen  die  Regeln  der  Chirurgie  Verstössen, 
Es  müBs  in  Fällen  der  Art  die  Erweiterung  der  Wunde  in  der 
ganzen  Dicke  der  Bauchwaßd  vorgenommen  werden ;  sonst  geschieht 
eSf  dass  die  durch  die  äussere  grössere  Wundöffnung  gegen  die 
im  Bauchfell  befindliche  kleinere  von  der  Hand  des  Arztes  ange- 
drückten Gedärm©  nicht  durch  die  kleine  Wunde  hindurch  in  die 
Bauchhöhle  gelangen,  und  dass  falsche  Wege  oder  Höhlungen  inner- 
halb  der  Bauchwand  selbst  geschaffen  werden^  wie  es  in  allen  hier  ■ 
beschriebenen  drei  Fällen  geschehen  ist.  Im  ersten  Falle  zeugten 
auch  die  zahlreichen  kleinen  Kinrisee  im  Üeberzuge  des  Qekröees 
für  die  zur  Anlegung  der  künstlichen  Höhle  und  zur  Einbettung  der  ■ 
Gedärme  in  dieselbe  verwendete  Gewalt.  Die  Epigastrica  war  nicht 
unterbunden  worden.  Nur  die  erfabrungamässige  Wahrscheinlichkeit 
des  tödtlichen  AusgangeB  dieser  Baüchwunden  auch  ohne  das  un* 
richtige  ärztliche  Handeln  liess  vor  Gericht  von  der  Frage  d6B 
Kunstfehlers  absehen. 


Die   Letalität  der  penetrirenden   Schuseve  rietzungen   de» 
Unterleibei  vom   gerichisarz  tllchen  Standpunkte. 

P,  Seliger  (Prager  med.  Wochenschn  1892,  Nn  22—25)  kommt 
zu  folgenden  Ergebnissen: 

1)  Die  Bauchßchussverletzungen  von  vorn  sind  viermal  so  häufig, 
als  die  von  hinten.  Mortalität  64 ^^q,  bei  Complication  mit  Knochen- 
verletzungen 78%.  War  ein  Auaachuss  da,  4^2%;  wenn  das  Projectil  1 
stecken  bHeb,  65<5,j.  Complication  mit  Eröffnung  der  Brusthöhle, 
auch  ohne  Lungen  Verletzung,  war  stets  tödtlicb.  Von  236  TodesfUllen 
trat  in  98  Ffillen  der  Tod  in  der  ersten,  in  dS  in  der  zweiten,  in 
28  in  der  dritten,  in  14  in  der  vierten,  in  12  in  der  fQnften  und  in 
46  Fällen  nach  der  fünften  Woche  ein. 


Gerich  Üiöhe  Medidn. 


2)  HeÜQDg  erfolgte  auch  noch  in  später  Zeit,  sogar  noch  in  zwei 
Jahren  und  spater. 

3)  Vorfall  von  Eioge weiden  verschlechtert  die  Prognose. 
Verf.  bespricht   hierauf  speciell  die  Verletzungen  der  einzelnen 

Bauchorgane:  a.  Verletzungen  des  Netzes  werden  tödtüch  durch 
Gefass Verletzungen,  Bonat  ist  die  Prognose  gut.  b.  Magenschuas- 
wunden  —  meist  tödtlicli,  c.  Duodenalwunden  —  stets  tödtlich. 
d.  Wunden  des  Colon  descendens  und  der  Flexura  eigmoidea  sind  selten 
tödtlich,  ungünstiger  die  des  Cöeam  und  Colon  ascendens,  am  un- 
günstigsten die  des  Colon  transversum.  e.  Die  intraperitonealen 
Blasen  Verletzungen  sind  stets  tödtlich ,  die  extraperitonealen  haben 
15  O'q  Mortalität.  Diagnose  wird  gestellt  durch  Hämaturie.  Aeusserst 
langwierige  Folgezustände  (Urin  fisteln ,  Blaaenateine).  f.  Nieren  Ver- 
letzungen, Mortalitäfc  44%,  Diagnose:  Neben  Lage  und  Bichtung 
der  Wunde  ^  Hämaturie,  Nierenkoliken.  Folgezustande :  Nieren- 
fisteln, g,  Leber  Verletzungen.  Mortalität:  26,8%  bis  39  o^,  Com- 
pUcationen  mit  Verletzungen  anderer  Organe  sehr  häufig.  Diagnose: 
Neben  Lage  und  Richtung  der  Wunde  —  ßallenausfluss.^  Abstossung 
nekrotischer  Leberfetzen,  bisweilen  Icterus.  Folgezustände:  Abscesse, 
Gailenfisteln,  b.  Milzverletzungen,  Mortalität  65<^i(j.  Complicirt  oft 
mit  anderen  Organverletziingen,  Diagnose:  schwer*  i.  Bei  Ver- 
letzung des  Lenden  rücken  marks  entsprechende  Functionsstörungen  — 
Lähmungen,  Anästhesien.  Bei  wirklicher  Mark  Verletzung  ist  der  Aus- 
gang stets  tödtüch.  Besser  ist  die  Prognose  bei  Blutergüssen^  bei 
Verletzungen  der  Wirbelsäule,  wenn  sieb  der  Wirbelkanal  bald  scblieast. 
k.  Verletzungen  der  Geschlechtstheile  sind  leicht  diagnosticirbar  und 
geben  quoad  vitam  gute  Prognose.  Folgezustände:  Urethralfigteln 
sind  unter  Umständen  als  Siechthums zustände,  Spaltungen  des  Penis 
als  erheblich  dauernde  Entstellung,  Verlust  beider  Hoden  als  Verlust 
der  Zeugungafähigkeit  gerichtsärztlich  zu  begutachten.  1.  Verluste 
grosserer  dreier  Bauchgeföase  heilen  ohne  KuDsthülfe  selten.  Die 
Blutungen  entstehen  direct  durch  die  Geschosse  oder  durch  mit- 
gerissene Knocbensplitter,  secundär  durch  Arrosion  der  Gefäss- 
Wandungen  infolge  von  Wundkrankheiten.  m.  Verletzungen  des 
knöchernen  Beckens  geben  hohe  Mortalität.  In  später  Zeit  noch  Tod 
durch  langwierige  Eiterungen  an  Erschöpfung,  amyloider  Degeneration. 

4)  Bei  etwaiger  Beartheilung  von  Kunstfehlern  wird  man  die 
Ansicht  der  modernen  Chirurgen  bei  Darmachussverletzuingen  in  der 
Friedenspraxis  zu  Grunde  legen  müssen :  möglichst  baldige  Laparo- 
tomie, Nähen  der  Darm  wunde,  Stillung  der  Blutungen,  scrupuldse 
Asepsis  und  Antisepsis* 


69Ji 


Wiener. 


Die  niclit  peDetrirenden  Bauchscbn  »nverletzangen  vom 
g-erichtaärztlichen  Standpunkte. 

P,  Seliger  (Prager  med,  WocheDeclir.  Nr.  19  u,  20)  föhrt 
in  seinen  Betrachtungen  ans,  daes  die  nicht  penetrirenden 
Bauchschuaaverletzungen  eine  weit  bessere  Prognose  liefern^  als 
die  penetrir enden.  Die  Wunden  können  dnrch  Mitlei denscbat^ 
des  Peritonenm,  Blutungen,  indirecte  Verletzungen  innerer  Organe 
auch  ohne  Verletzung  des  Peritonenm  tödtlich  werden,  FolgazustaDd 
dieser  Verletzungen  ist  die  grosse  Neigung  zu  Bauchbrüchen  durch 
Beimung  der  Narbe,  Ist  durch  eine  Bauchs chuss wunde  Leberruptur 
entstanden,  so  kann  die  Bauchdeoken wunde  und  auch  der  Leberriss 
schon  geheilt  sein,  und  doch  kann  von  dieser  gebeilten  Leberqaetschung 
eine  secundäre  difiuse  Peritonitis  in  späterer  Zeit  mit  tödtlichem 
Ausgange  ausgehen.  Eiterung  in  der  Leber quetachang  kanu  ent- 
stehen durch  Uebertragung  des  Lafectionsmaterials  von  der  änsseren 
Bauchdecken  wunde  aus  oder  per  contiguitatem  auf  das  Peritoneum 
parietale.  Dabei  muas  natürlich  vorausgesetzt  werden,  dass  die 
äassere  Wunde  auch  dem  Leberriss  gegenüber  liegt,  andernfalls 
mnss  man  eine  palpable  oder  nicht  palpable  oder  auch  nicht  mehr 
nacbwei&bare  Verletzung  des  Darmes  annehmen,  aus  der  die  Eiter- 
erreger in  den  von  der  Leberquetsobung  herrührenden  ßlnterguss 
eingedrungen  sind. 

Zwei  Fälle  von  Eingeweideverlptznngen   durch  Einwirkung 
»tumpfer  Gewalt   ohne   änssere  Wunde, 

Ein  llj  ähriger  Knabe  wurde  von  einem  in  schnellem  Laufe 
umstürzenden  Wagen  herabgeschleudert,  wobei  auch  ein  oder  zwei 
Bierfässer  mit  20  und  67  Liter  Inhalt  auf  ihn  fielen.  Meist  bewusst- 
loser  Zustand  bis  zum  Tode  nach  etwa  20  Stunden.  Mehrfache 
Kopfwunden,  Abreissung  eines  Ohres,*  ausgedehnte  Schädelfracturen 
mit  sehr  grossen  Blutextravasaten  unter  den  weichen  Hirnhänteiit 
Beckenbmoh  mit  bedeutendem  Bluteintritt  in  die  Beckenhöhle.  In 
der  rechten  Brusthöhle  ca.  500  g  dunkelflüssiges  Blut.  Starker  Ein- 
riss  der  rechten  Lunge,  der  an  der  äusseren  El  ach  e  des  Unterlappens 
beginnt  und  bis  auf  die  Basis  herab  sieh  erstreckt,  sa  zwar,  dass 
der  ünterlappen  zur  Hälfte  seiner  ganzen  Dicke  durchrissen  ist;  an 
einigen  Stellen  ist  über  diesen  Riss  das  Lungenfell  noch  brücken- 
artig darüber  gespannt  und  unverletzt.  Der  ganze  Unterlappen  ist 
blutig  infiltrirt,  Aeusserlich  war  an  der  rechten  Brustseite  gar  keine 
Verletzung  oder  Blutnnterlaufung  zu  sehen,  und  auch  am  kodchernen 


I 


I 


Gerichtliche  ÄTedicin. 


^93 


Brustkorb  und  an  der  Wirbelsäule  iet  uirgendg  eine  Läsion  naoh- 
zuweisöDi  auch  an  den  Rippenpleuren  wurde  niclits  Besonderes  con- 
Btatirt.  Die  Mechanik  der  BrustverletzuDg  erklärt  sich  Verf.  so, 
dass  durch  Auftauen  einer  schweren  Last,  und  zwar  nicht  des 
Wagens^  der  leichter  Aiilass  zu  Sugillationen  gegeben  hätte^  sondem 
wahrscheinlich  der  oyEndrischeo  Fläche  des  Bierfasses  der  jugendlich 
elastische  Brustkorb  so  zusammengepresst  wurde,  daas  das  Lungen- 
gewebe einriss.  Von  Interesse  ist,  dass  die  zäh- elastische  Pleura  der 
quetschenden  Gewalt  mehr  Widerstand  entgegensetzte,  als  das 
schwammige  Lungengewebe ^  so  dass  sie  zum  Theil  brüokenartig 
über  dem  tiefen  Einriss  gespannt  erhalten  blieb. 

Im  zweiten  FaJlo  handelte  es  sich  um  einen  sehr  kräftigen  Mann 
von  nahe  30  Jahren,  der  einen  Stich  in  den  linken  Unterschenkel  er- 
balten hatte  und  dann  drei  Stockwerke  hoch  hinabgestürzt  war,  wo- 
bei er  mehrmals  auf  ein  am  Hause  befindliches  Baugerüst  aufheL 
Tod  nach  ungefähr  4  Stunden  bei  ziemlich  ungetrübtem  Bewusetaein. 
Die  Baucheingeweide  zeigten  sich  schon  bei  der  oberflächlichen  Be- 
sichtigung mit  Blut  beschmiert,  das  Netz  mit  verschieden  grossen 
Blutaustritten  durchsetzt  Bohnengrosser  Blutaustritt  unter  dem 
Bauchfellüherzug  des  rechten  Leberlappens  am  unteren  Ende  des 
Ligamentum  Suspensorium*  Etwas  rechts  von  der  Mitte  des  rechten 
Leberlappens  auf  der  oberen  Fläche  befindet  sich  ein  dr eis trah liger 
Riss,  der  einige  Millimeter  in  die  Substanz  eindrang.  Länge  der 
Strahlen  3,  4  und  5  cm»  Im  Bindegewebe  hinter  und  unter  der 
Leber  reichlich  ausgetretenes  Blut.  An  der  unteren  Fläche  des 
rechten  Leberlappens  ein  horizontal  verlaufender,  kleinfingerlanger, 
mehrere  Centimeter  tiefer  Riss,  4  cm  davon  nach  unten  ist  der  ser5se 
Ueberzug  durch  ein  Blutextravasat  von  der  Lebersubstanz  abgelöst. 
Die  Milz  ist  förmlich  in  Blutextravasate  eingebettet  und  zeigt  an  der 
oberen  Fläche  zwei  grosse  Einrisse  einige  Millimeter  tief.  An  der 
unteren  Fläche,  vom  Hylus  ausgehend,  vier  grossere  und  zwei  kleinere 
Hisse  mit  zackigen  Rändern,  die  zum  Tbeil  fast  das  ganze  Organ 
durchdringen.  Im  retroperitonealen  Bindegewebe,  besonders  links, 
ganz  enorme  Blutaustritte  bis  in  das  Becken  hinab.  Die  linke  Niere, 
von  einem  kindskopfgrossen  Blutextravasate  fast  umschlossen,  zeigt 
einen  grossen  Einriäs,  der  am  Hylus  beginnt,  ober  die  ganze  Hinter- 
fläche geht  zur  Vorderfläche  und  am  Anfang  1  cm  tief,  auf  der 
Vorderfläche  fast  2  cm  tief  ist  und  die  ganze  Niere  zum  grössten 
Theil  quer  durchtrennt.  In  der  Magenschleimhaut,  der  Schleimhaut 
des  Dünndarms  kleine  Blutaustritte.    Freies  Blut  neben  der  Wirbel- 

äule,    auch  beiderseits   unter   der  Kippenpleura    ohne  Läsion    des 


f;94 


Wiener: 


Bippenfelle  oder  der  Bippen«  Badeutende  BliitauBtritte  unter  dem 
serösen  Ueb erzage  der  linken  Lunge,  ebenso  an  der  rechten  Lunge. 
Die  Verletzungen  der  Leber  und  Milz  erklärt  Müller  eo ,  dajsa 
beim  Auffallen  oder  Anstossen  diese  Organe  in  der  Ricbtong  Ton 
vom  nach  hinten  stark  zusammengedrückt  wurden;  die  der  Niere, 
dase  dieselbe  beim  AufTallen  oder  Anstossen.  vielleicht  an  einem 
Gerüattheil,  so  stark  in  ihrer  Längenaxe  gebogen  wurde,  dass  sie 
fbrmlich  in  der  Mitte  durchrias.  Die  Läsionen  in  der  Brusthöhle 
lässt  er  durch  starke  Quetschuog  des  Brustkorbes  in  querer  Richtung, 
Auffallen  der  linken  Seite  entstanden  sein.  Als  Todesursache  sei 
kaum  die  Verletzung  eines  bestimmten  Organs  anzusehen ,  sondeirn 
das  Zusammenwirken  der  verächiedeneu  Läsionen,  die  zusammen 
einen  so  gewaltigen  Blutverlust  zur  Folge  hatten,  dasg  dadurch  der 
Tod  eintrat,  ehe  noch  andere  Momente  zur  Geltung  kamen.  Diese 
Annahme  wird  unterstützt  durch  die  ganz  auffallend  blasse  Hautfarbe 
und  die  allenthalben  sehr  trockene  und  blutarme  Musculatur  der 
Leiche.  (Muller,  Fnedreich'ä  Blätter  t  gerichtl  Med,  1892, 
H.  2.) 


I 
I 


Ein  Fall  von  Tod  durch  Einwirkung  des  elektrißchen  Stromes. 

Ein  31  Jahre  alter  Arbeiter  wurde  auf  dem  Bauche  liegend  todt 
aufgefunden,  Seine  linke  Hand  lag  unter  der  Brust,  mit  der  reohten 
ausgestreckten  Hand  hatte  er  einen  Drabt  einer  elektrischen  Leitung 
gefasstf  in  dem  ein  durch  Wechselstrommaschinen  erzeugter  elektri* 
acher  Strom  von  8000  Volt*Ampere  geleitet  wurde  ').  Die  Kleidungs- 
stücke waren  an  den  Stellen,  wo  der  Körper  mit  dem  Erdboden  m 
innigere  Berührung  gekommen  war  (linker  Arm^  rechtes  und  linkes 
Bein,  rechter  Fuas  u.  s,  w.) ,  siebartig  durohlöchert,  die  einzelnen 
Löcher  steoknadeikopf-  bis  halbkreusergross  ^  die  grosseren  sackig 
gerändert,  die  Ränder  überall  braunschwarz  verkohlt  Obduction: 
Quer  über  die  Mitte  der  Innenseite  der  zweiten  Fingerglieder  dea 
2.^  3.  ond  4.  Fingers  der  rechten  Hand,  mit  denen  der  Verstorbeud 
den  Draht  gefasst  hatte,  hefanden  sich  bis  5  mm  breite,  tief  einge- 
drückte, rinnenartige,  blaugraue^  malachitähniich  gefärbte  Furchen 
in  der  Haut,  die  sich  in  gerader  Linie  über  alle  drei  Finger  zogen 
und  sich  bis  zur  Spitze  des  kleinen  Fingers  sowie  bis  zum  ersten 
Fingergliede  des  Daumens  fortsetzten.     Ferner  war   überall  da,  wo 


i)  Nach  iuigefiteliben  Vertucheii   in  Amerika   sollen  lOOO— läüO  V,  mr 
Tod  tun  g  eines  Menschen  genügen. 


I 

I 


Gerlclitliche  MediciD« 


695 


II.  Erstickung. 

Zwei  scheinbar  gewaltflam  ausgeführte  Erstickungen,  bei 

deren  näherer  Würdigung  sich  irideßa  natürlicher  Tod 

he  ra  USA  teilte. 


der  Körper  mit  dem  Erdboden  id  nähere  Berührung  gekommen  war, 
die  Haut  in  grosserem  oder  geringerem  Umfange  tlieils  braunächwarz^ 
vertrocknet,  wie  verkohlt,  theils  gel  blich  weiss  mit  roth  violettem  Hof, 
die  Oberhaut  in  Fetzen  abziebbar  —  Veränderungen,  die  jedenfalls 
durch  den  Austritt  des  elektrisches  Stromes  hervorgerufen  waren 
und  den  verschiedenen  Graden  der  Verbrennung  entsprachen.  In 
den  inneren  Organen  nichts  CharakteristischeB.  Auffallend  waren  die 
zahlreichen  Austrittsstellen  des  elektrischen  Stromes.  Oh  wohl  der 
Verstorbene  nur  einen  Draht  berührt  hatte,  lässt  sich  daraua  doeh 
der  Schloss  ziehen,  dass  die  Ableitung  einer  grösseren  Menge  Elek- 
tricität  durch  seinen  Körper  erfolgt  war*  Friedinger  fülirt  dies 
auf  die  ganz  durchfeuchteten  Kleider  des  Arbeiters  zurück,  die  einen 
I  guten EJektricitätsleiter  abgaben.  (Friedinger,  Wien.  kliu.  Wochen- 
schrift 1891,  Nr.  48.) 

i 

^^M      Ein  plötzlich  verstorbenes  Kind  land  der  Leichenschauer  cyano- 

^^Bsch,   aus  dem  Munde  ragte  die  tiefblaue  geschwollene  Zunge,   das 

Gesicht   zeigte  Verletaungaspuren.     Durch   die  Obduction  eriuittelte 

man  eine  Reihe  eingetrockneter  Hautau  fach  ürfungen  ao  der  Oberlippe, 

der  rechten  Wange  und   hinter   dem    linken  Ohre.     Einzelne  sahen 

wie  Nagel  eindrücke  aus.    Blut  Überfüllung  der  Halsvenen,  der  Hirn- 

h&ate,   kleine  Blutauatritte  an  der  äusseren  Dura,  Aofgedunsenheit 

der  Lungen,  subpleurale  Blutaustritte,  dunkles  flüssiges  Blut  in  den 

Herzhöhlen  u.  s.  w.,   also  Merkmale   der  Erstickung.     Die  äusseren 

Befunde  gaben  der  Vermuthung  Raum,   dass  die  Erstickung  durch 

Verschluss   von  Nase   und  Mund   mit  der  Hand   erfolgt  sei.    Durch 

Zeugen  ward  jedoch  festgestellt,  dass  der  Tod  an  Eklampsie  erfolgt 

I      ißt,  und  dass  die  Excoriationen  durch  Versuche,  dem  noch  lebenden 

^^Kinde  den  Mund  zu  öffnen,  entstanden  sind. 

^B  Der  zweite  Fall  betraf  einen  auf  der  Landatrasse  todt  gefundenen 
I^Tfann,  dickleibig,  untersetzt,  mit  kurzem  Halse,  Er  lag  mit  dem 
Gesicht  auf  dem  Boden.  Seine  Cravatte  war  so  fest  um  den  Hals 
I  gezogen,  dass  sich  eine  ötrangrinne  gebildet  hatte.  Dieselbe  Uef 
'  rings  um  den  Hals  herum  und  war  nirgends  unterbrochen.  Innerlich 
Befunde  der  Erstickung.   Die  Vermuthung  der  Erwürgung  Hess  sich 


696 


Wiener« 


nicht  bestÄtigeo,  Es  wurde  vielmehr  angenommen,  daae  der  fetta 
Mann,  welcher  bald  nach  Verlassen  eines  BierkeUere  veninglüokte, 
einen  Schwindelanfall  erlitt,  hierbei  mit  dem  Gesiebt  auf  den  Boden 
fiel  und  erstickte.  Durch  die  Riickatauung  des  Blutes  zum  Halse 
und  Kopfe  schwoll  der  Hals  an,  und  die  ohnehin  enge  Binde  mnsate 
80  denselben  zusammengchnüren.  Wäre  die  Eingchnüruog  durch 
dritte  Hand  geschehen,  80  hätte  man  eine  Unterbrechung  in  der 
Strangrinne  sehen  müeßee.  (Leonpacher^  Eriedreich's  Blätter  für 
gerichtliche  Medicin  1892,  H.  3.)  (Die  Beweisführung  ist  nicht 
überzeugend^  besonders  was  die  Erklärung  der  Halsanschwel- 
lung und  der  Schnürfurche  betrifft.  Es  war  auch  anzugeben, 
ob  der  Leichnam  bereits  Verwesungszeichen  darbot  oder  nicht. 
Eef.) 


Einige  Bemerkongen  über  den  Tod  durch  Ertrinken, 

Die  Bemerkungen  bilden  gewissennassen  einen  Nachtrag  und 
eine  Ergänzung  der  Pal  tauf  sehen  „Studien  über  den  Ertrinkungstod 
und  über  die  Beziehungen  der  Thymus  zum  plötzhchen  Tod".  Dem 
Oedem  der  Schleimhaut  des  Kehlkopfeinganges  sei  deshalb  keine 
besondere  diagnostische  Bedeutung  für  den  Ertrinkungstod  zuzu- 
erkennen, weil  man  eine  gleich  aussehende  Quellung  des  submucösen 
Zellgewebes  auch  am  ausgeschnittenen  Leiehenpräparate  zu  erzielen 
im  Stande  ist^  dieselbe  sonaeli  nicht  mehr  typisches  und  :£U verlas siges 
Zeichen  de.s  Ertrinkungstodes  ist  Die  von  Seydel  beschriebene 
Trübung  und  Quellung  der  Cornea  bezw.  der  Epitheidecke  hält 
Paltauf  nur  für  eine  Leiohenerscheinung,  vielleicht  infolge  Herab- 
hängens des  Kopfes  im  Wasser,  Durch  Thierversuche  hat  der  Verf. 
den  Nachweis  erbracht,  dass  die  Dojchfeuchtung  der  Lungeu  bei 
Thieren  vorzugsweise  durch  Aspiration  von  Erträn kungsfiüssigkeit 
bedingt  sei,  weniger  Transsudat  oder  ein  Gemenge  der  Ertränkungs- 
flüssigkeit  und  Transsudat  sei,  wasLoye  und  Brouardel  bestätigten. 
Um  festzustellen,  ob  dieser  Modus  auch  beim  Menschen  stattfinde^ 
erörtert  Paltaof  des  Näheren  das  VerhältniBa  zwischen  dem  specifi- 
schen  Gewichte,  dem  Gewichte  der  Trockensubstanz  und  dem  der 
Adche  bei  Ertrinkungsfiüssigkeit  einerseits  und  Oedemfiüssigkeit 
andererseits,  ein  Verbältniss,  das  beim  Lungenodem  eiti  ziemlich 
oonstantes,  beim  Ertrinkungstod  aber  je  nach  der  Zusammensetzung 
der  Ertränkungsfiüssigkeit  ein  verschiedenes  sein  wird.  Im  Fluss- 
wasser ist  a  priori  ein  Minus  der  Aschen  bestand  th  eile  zu  erwarten. 
Bei  einschlägigen  Versuchen,  welche  mit  ausreichenden  Cautelen  bei 


Gerichtliche  Medicin. 


697 


der  Entoabme  der  im  Broochialbaame  enthaltenen  FiüsBigkeit  aus- 
geführt wurden f  ergab  eich,  dasB  beim  Lungenödem  die  aus  den 
Lungen  ausfliessende  FIüsBigkeitf  welche  stets  wenigstens  10  com 
betrug,  um  ein  Geringes  weniger  verbrennbare  Substanzen  enthält, 
«ie  die  Lungenä^üssigkeit  beim  Ertrinkungstode^  dass  sie  dagegen 
ein  ebenso  grosses  Plus  im  Aschengewichte  zeigt.  Dagegen  besitzt 
die  Lungenüüssigkeit  beim  Tode  durch  Ertrinken  viel  weniger  an- 
organische Bestandtheile  als  beim  Lungenddem,  ohschon  die  Ver* 
unrein igongen  der  Erträn kungsflössigkeit  die  Menge  der  anorganiachen 
Substanzen  vermehren.  Verf*.  weist  auf  die  Möglichkeit  hin,  unter 
Umständen  diese  Beziehungen,  falls  sie  sich  bei  weiteren  Unter* 
anchungen  bestätigen  eoHten,  in  der  forensischen  Praxis  zur  Diagnose 
der  Todesursache  zu  benutzen,  Verf.  führt  sodann  einen  cbarakte- 
ristischen  Fall  von  synkoptischem  Tod  im  Wasser  bei  Thymus- 
hjpertrophie  und  sonstigen  Oonatitntionsanomalien  auf.  Ein  26jäbrige8 
Mädchen  war  in  den  Fluss  gestürzt  und,  obwohl  alsbald  heraus- 
gezogen, leblos.  Die  zweilappige  Thymus  7  cm  lang,  5  cm  breit  und 
1,5  cm  dick.  Vergrösserung  der  Papillen  des  Zun  gen  grün  des,  Mandeln, 
Lymphdrüsen,  Milz,  Stenose  der  Aorta,  Dilatation  des  Herzens.  Die 
linke  Lunge  war  fest  angewachsen,  überall  Infthaltig,  sehr  blutreich; 
die  rechte  Lunge  frei,  lufthaltig,  stumpfrandig  und  entleert  auf  Druck 
viel  Blat.  bafolge  des  Umstandes,  dass  der  Tod  durch  Synkope 
bedingt  war,  fanden  sich  nicht  die  bei  anderen  Ertrunkenen  be- 
obachteten Unterschiede  des  Feuchtigkeitsgehaltes  zwischen  adhärenten 
und  freien  Lungenabschnitten,  wohl  aber  eine  hämometriscb  nach- 
weisbare Blässe  des  Blutes,  namentlich  im  linken  Ventrikel,  die  aber 
nicht  als  Blutverdünnung  durch  Ertrinken  und  Uebergang  von  Er- 
tränkungHflüssigkeit  in  die  Bluthahn  aufzufassen  war,  vielmehr  auf 
die  verminderte  Färbekraft  des  Blutes  bei  Constitutionaanomalien, 
die  zur  syn koptischen  Todesart  disponiren,  zurückzuführen  ist*  End- 
lich wird  noch  der  Blutungen  (8u£Fusionen)  in  den  Halsmuskeln 
Ertruokener  Erwähnung  gethan  und  über  einen  solchen  Befund  bei 
einem  zu  einem  Ei.^block  gefrorenen,  aus  einem  vereisten  Flusse  ge- 
zogenen Mädchen  berichtet.  Diese  Suffnsionen  werden  als  postmortal 
betrachtet,  obwohl  sie  ein  scheinbar  vitales  Entstehen  vortäuschen 
können.     (Pal tauf,  BerL  klin.  Wochenschr.  1B92,  Nr.  13.) 


Ein  Fall  von  Erstickung  durch  Aspiration  von  Speieebrei> 

Eine  24j ährige  Frau  flollte  durch  Misshandlungen  seitens  ihre« 
Mannes  getödtet   worden  sein.    Es  fanden  sich  auch  mehrere  Con* 


Wdb 


Wiener, 


tusioneu  uitd  Spuren  yqu  Bigswanden,  ausderdam  punktförmige 
Ekchymoseu  auf  Brust  und  Rücken,  Lungeo  balloDirt,  hyperämisch, 
sübpltjurale  Ekchymosen,  die  Luftwege  bis  in  die  mittleren  Bron* 
chien  mit  Speisebrei  erl'üUt.  Der  Vorgang  batte  sich  ao  abgespielt, 
dass  die  Frau  nach  dem  Eesen  misshandelt  worden  war,  dabei  ge- 
brochen batte  und  durch  Aspiration  erstickt  war.  Der  Erstickungß- 
tod  war  alä  Folge  der  Misehaud langen  anzuseben.  (Zeitschrift  für 
Medicinalbeamte  18^2,  Nr.  22,) 


Erection  und  Samenerguss    bei  Erhängten  ^k 

In  den  Lehrbücbern  der  gerichtlichen  Medicin  wird  der  Erection 
des  Penis  sowie  der  S ame ii entleer ung  eine  symptomatische  Bedeutung 
für  die  Diagnose  des  Erhäng  ung  st  o  des  nicht  zuerkannt  Krabmer 
bezeichnet  sie  als  Leicheasymptome^  Casper-Liman  die  Erection 
als  Fäulnisserection ,  wie  sie  bei  jeder  faulenden  Leiche  wahr- 
zunehmen ist. 

Ebertz -Weilburg  dagegen  berichtet  im  Supplementheft  der 
Vierteljahrsschrift  für  gerii^btliche  Medicin  pro  1892  über  einen  un- 
zweifelhaften Tod  durch  Erh äugen  bei  einem  71  Jahre  alten  Manne 
mit  starker  Erection  des  Penis  and  deutlich  ejaculirtem  Samen,  ohne 
dass  die  Leiche  die  geringsten  Fäalniesspuren  zeigte.  Am  wenigsten 
hatten  sich  im  Zellgewebe  des  Scrotuin  und  des  Penis  Fäulnissgase 
angesammelt. 

Einen  mit  der  Beobachtung  von  Ebertz  übereinstimmenden 
Fall  hat  Feld  verötf'entlicbt.  Er  fand  3 — 4  Standen  nach  d^m  Er- 
hängungstode  eines  Sträflings  das  Glied  in  starker  vollkommener 
Erection f  mit  stark  gefüllter  Vena  coronalis  und  im  Hemde  einen  be- 
trächtlichen Fleck  von  ergossener  Feuchtigkeit.  22  */,^  Stunden  nach 
der  ersten  Besichtigung  war  der  Penis  schlafi',  nicht  mehr  verlängert, 
ohne  Zeichen  von  Erection  und  Verwesung,  obwohl  letztere  ajn 
liumpf  bereits  eingetreten  war. 

Au  einem  erhängten  Epileptiker  beobachtete  Huppert  Samen- 
abgang ohne  Erection  des  Gliedes  und  wies  nach,  dass  die  Turges- 
üenz  des  Penis  und  die  Ejaculation  des  Samens  nicht  als  Leichen* 
erscheinung  aufgefasst  und  nicht  auf  die  gleiche  Stufe  mit  dem  bei 
Eintritt  des  Todes  so  häufig  zu  beobachtenden  Koth-  und  Urin- 
abgang zu  stellen,  sondern  als  activer  physiologischer  Vorgang  ssu  be* 
trachten  sei. 


1)  Cfr  auch  bei  Kapitel  »SexueÜe«^. 


Gerichtliche  Medidn« 


tiüy 


Ebertz  hält  diese  drei  einwandfreien  Beobachtungen  für  ge- 
eignet, den  von  Casper-Liman  so  kategorisch  au jgea teilten  Satz, 
dass  Erection  und  Samenerguss  bei  Erhängten  eine  Fabel  und  eratere 
als  Fäulnisaerection  aufzufassen  sei,  zu  widerlegen*  Bemerkenswerth 
ist  noch  bei  dem  E  bort  zischen  Falle,  dass  bei  einem  71jäbrigee 
Alkoholiker  die  Functionen  der  Geacblechtaorgane  vom  Alterascbwunde 
noch  unberührt  geblieben  sind. 


ni.  VergiftuBgen* 

Phyaoatigmin. 

Leibholz  berichtet  in  der  Vierteljahröschrift  für  gerichtüche 
Medicin  1892,  Aprilheft  über  zwei  von  ihm  beobachtete  Vergiftungs- 
fälle mit  Eeerin.  Zwei  Mädchen  auf  einem  Rittergute  waren  ge- 
ständig, die  Absiebt  gehabt  zu  haben,  sich  uma  Leben  zu  bringen* 
Zu  dem  Zwecke  nahm  das  Stubenmädchen  vom  Schreibtische  ihres 
Herrn  aus  einer  mit  dem  Giftzeicben  signirten  Schachtel  ein  Gläs- 
chen mit  Eaerin,  löste  den  Inhalt  in  einem  Topfe  mit  Waaser  auf 
und  leerte  dann  den  Topf  gemeinaam  mit  der  Wirthin.  In  der 
nächsten  halben  Stunde  hatten  sie  nichts  verspürt  und  ihre  Haus- 
arbeit in  gewohnter  Weise  verrichten  können.  Dann  wäre  ihnen  un- 
wohl geworden  und  plötzlich  das  Bewusstaein  geschwunden.  Der 
telegraphisch  gerufene,  2  Stunden  nach  Beginn  der  Erkrankung  an 
Ort  und  Stelle  eingetroffene  Arzt  fand  das  eine  Mädchen  bereits  bei 
Bewusstaein,  das  andere  noch  hewnsstlos.  Beide  lagen  mit  ge- 
rdthetem  glänzendem  Gesichte  da,  Papillen  ad  maximiim  erweitert, 
auf  Lichteinfall  nicht  reagirend.  Puls  voll,  stark  gespannt,  60  Schläge, 
Respiration  flach,  stöhnend.  Kein  Fieber,  Erbrechen.  Das  eine 
nicht  mehr  besinnungslose  Mädchen  jammerte  über  heftige  Schmerzen 
in  der  Magengegend  und  im  Unterleibe,  Jedes  Mädchen  hatte  etwa 
0,05  des  Giftes,  also  das  50fache  der  Maximaldose  genossen.  Auf* 
ÄUend  war  der  günstige  Verlauf  der  Erkrankung.  Da  die  Unter- 
suchung des  Präparats,  obwohl  schon  vor  5  Jahren  von  Merck  in 
Darmstadt  bezogen,  ergab,  dass  dasselbe  noch  alle  von  der  Pharma- 
kopoe verlangten  Reactionen  zeigte,  also  noch  nicht  zersetzt  war,  so 
muss  die  schwache  Wirkung  des  stark  giftigen  Physoatigminum  sul- 
furicom  auf  die  starke  Verdünnung  und  den  Umstand  zurückgeführt 
werden  1  dass  dasselbe  bei  gefülltem  Magen  genossen  wurde*  Auf- 
fällig war  die  starke  Erweiterung  und  Reactionslosigkeit  der  Pupill«* 
Während  die  Einbringung  von  Eserin  in  den  Conjunctivalsac 


700 


Wiener. 


die  Pupille  stark  und  Anhaltend  vereogt^  blieb  diese  Wirkung  in 
beiden  FälleD  aus,  obwohl  das  Präparat  in  grosseo  toziecben  Dosen 
verschluckt  worden  iat. 


ÜB  tersiichungen   über   dae    Verhalten   dea   Strychnin»  im 
ürg-anismiii. 

Eine  anter  der  Aegide  seines  Lehrers  Kratter  von  Ibsen  ange- 
stellte sehr  fleissige,  lehrreiche,  ergeh nias wichtige  Studie,  zu  welcher 
folgender  Fall  das  Material  lieferte:  Eine  ledige,  2B  Jahre  alte  weibliche 
Person  wurde  im  Hause  einer  Hebamme  todt  aufgefunden^  nachdem  sie 
einige  Stunden  früher  anscheinend  wohl  die  Wohnung  des  Vaters 
verlassen  hatte.  Section  44  Stnnden  post  mortem,  Scbädeldecken, 
Meningen ,  Gehirn ,  Rückenmark  sehr  byperämisch ,  hämorrhagische 
Infarcte  in  den  Lungen,  zablreicbe  Blutextravasate  auf  der  Lungen- 
pleura»  Heris  schlalf,  Muskelfleisch  fettig  degenerirt.  Blut  von 
dunkler,  flüssiger  Beschaflfenheit,  Im  Magen  100  c cm  rothbraune, 
sauer  reagirende  Flüssigkeit,  in  der  zwei  Stückchen  Speck  suspen- 
dirt  sind.  Schleimhaut  ohne  Hämorrhagien.  Milz  14,  9,  4  cm,  pulpa- 
und  blutreich,  brüchig.  Leber,  Nieren  sehr  blutreich.  Graugelber 
Eiter  im  Nierenbecken,  Schleimhaut  geröthet,  geßchwellt  ebenso  in 
beiden  üreteren,  der  Harnblase  und  Harnröhre.  Eiterherd  im  Sep- 
tom  urethro-vaginale,  Eiter  auf  der  Scbeidenschleimhaut,  Die  InneQ- 
fläche  des  vergrösserten  Uterus  mit  eit^irigen  Exsudatmassen  belegt, 
welche  sich  auf  das  uterine  Segment  der  Eileiter  fortsetzen.  Also 
eiterige  Entzündung  des  ganzen  Genitalschlauchea,  welche  ascendirend 
die  Harnorgane,  Lungen  mit  consecutiver  Entzündung  der  inneren 
Organe  befiel  und  zu  einer  pyämischen  AllgemeinerkrAnkung  gefuhrt 
hatte.  Dass  die  Milz  keine  Schwellung  zeigte,  stimmt  mit  den  Unter- 
suchungen Hahnes*)  überein,  durch  welche  dargethan  ist,  dass  das 
für  pyämische  und  septische  Processe  bis  jetzt  unerlässlich  gehaltene 
Postulat  der  Milzschwellung  hinfällig  sei.  Bei  neun  puerperalen  Er- 
krankungen mit  multiplen  Abscessen  unh  Infarcten  fand  Hahn  nur 
zweimal  Milztumoren  vor.  Inzwischen  war  von  der  Hebamme  mit 
vielem  Lärm  und  Aufsehen  das  Gerücht  ansposaunt  worden,  dass 
sich  das  Mädchen  seibat  mit  Strychnin  vergiftet  habe.  Bei  der  vöUigen 
Unkenntuiss  der  dem  Tode  vorangegangenen  Krankheitserscheinungen 
and  dem  bekannten  Mangel  jedweden  sicheren  pathognomi sehen  Merk- 


*)  Hahn,  Zur  Leichendiagnose  der  »eptiBchen  und  pyämischen  Processe. 
Virchow'B  Archiv  Bd.  123,  H.  1,  S.  1. 


Gerichtliche  Medicin. 


701 


zeiohens  des  Stryokniotodea  ward  von  K ratter  selbst  die  chemische 
Analyse  des  Magens  und  seines  Inhaltes  vorgenommen,  die  das  that- 
aftchliche  Vorhandensein  einer  nicht  geriogen  Menge  von  Strychnin 
ergab.  Demnach  mosste  Stryciin  in  Vergiftung  als  die  unmittelbare 
Todes  Veranlassung  bezeichnet  werden.  Bei  so  günstig  gebotenem 
Material  lag  es  nahe,  mit  den  bei  der  Saction  in  9G%igem  Alkohol 
sorgfältig  aufgehobenen  Organen  weitere  Experimente  anzustellen 
1)  über  das  Verhalten  und  die  Vertheüung  des  Strychnins  im  Orga- 
msmua,  2)  die  Ausscheidung  deaselben  durch  den  Harn  und  B)  seine 
Eesißtenz  gegen  die  Fänlniss,  worüber  bekanntlich  noch  grosse  Con- 
troversen  bestehen, 

Ipsen  fasste  die  Resultate  seiner  Untersuchungen  in  folgende 
8ätze  zusammen: 

1)  Das  Strychnin  wird  von  jeder  Applicationsstelle  aus  sehr 
rasch  resorbirt  und  durch  den  ßlutstrom  in  allen  Körperbezirken 
gleich  massig  vertheilt. 

2)  Der  Strychningehalt  der  einzelnen  Organe  ist  proportional 
dem  jeweiligen  Blutgehalt  derselben. 

3)  Weder  die  Resultate  der  Thierversuche^  noch  das  Verhalten 
im  menschlichen  Organismus  rechtfertigen  die  Annahme  einer  Bin- 
dung und  Aufspeicherung  des  Strychnins  in  den  Körperorganen.  ■ 

4}  Strychnin  wird  nuzersetzt  mit  dem  Kam  ausgeschieden;  die 
^  Ausscheidung  beginnt  sehr  rasch  nach  der  Aufnahme ,  so  dass  es 
[schon  3^ — 5  Minuten  nach  der  Einführung  im  Harn  erscheint. 

5)  Bei  toxischen  Gbkben  scheint  ein  Paraüelismus  zu  bestehen 
zwischen  der  Dauer  der  Ausscheidung  und  der  Intensität  der  Wir- 
kung des  Strychnins  auf  die  Nieren  arter  ien. 

Die  Versuche  p  nnn  die  noch  offene  Frage  des  Verhaltens  des 
Strychnins  zur  Fäulniss  zu  lösen,  sind  im  Gange,  Doch  macht 
Ipsen  schon  jetzt  die  Mittheilnng,  dass  bei  monatelanger  Eäulniss 
in  verschiedenen  Medien  der  chemische  und  physiologische  Nachweis 
immer  gelingt.     (Vierteljahrsschr.  für  gerichth  Medicin  1802,  H.  3.) 


Zur  gerichtsärstlichefi   Beurlheilung  von   Vergiftungen 

durch  VVurmfarnejctract 


Neben  gastroenteri sehen  Erscheinungen  stehen  Herzschwäche 
mit  Dyspnoe  und  Cyanose  und  nervöse  Symptome  tLähmungs- 
erscheiniuigen  and  Krämpfe  bis  zum  Tetanus)  im  Vordergründe. 
Fast  typisch  bezeichnet  Pal  tauf  die  Amaurose,  manchmal  mit 
Pnpülenstarre ,     Nystagmus    und    Aufhebung    des     Cornealreflexea, 


702 


Wiener. 


bald  eiuöeitig^  bald  doppelseitig.  Forensisch  wichtig  wurde  ala  blei- 
bende Folge  EinenguDg  des  Gesichts  Feldes  und  Herabsetzung  der 
Sehscbärfe  beobachtet  Palt  auf  berichtet  über  einen  durch  eine 
Schmiercur  geBchwfichfeen  Mann,  welcher  einer  Dosis  von  4,5  g  erlag. 
Nach  einer  Beobachtung  von  Er  man  trat  der  Tod  nach  6  g  ein* 
Bamberger  und  Nothnagel  sahen  bei  Gaben  von  6 — 10  g  hoch- 
gradige Vergiftungserscheinungen  ')*  Das  Ergebniss  der  gerichtlichen 
Section  fiel  negativ  aus,  die  Chloroformausschüttelung  des  Dickdarm- 
inbaltes  war  grünlich  gefärbt  und  zeigte  das  Chlorophyllspectrum. 
Pal  tauf  siebt  die  Ursache  der  Vergiftungen  nach  geringen  Dosen 
entweder  in  einer  abnormen  Wirksamkeit  der  Drogne  oder  in  einer 
eigenthümlichen ,  die  Resorption  besonders  begünstigenden  Körper- 
beschaffen  heit*  Nicht  ohne  EinUnss  ist  auch  die  Art  des  Vehikels, 
In  fetten  Oelen  ist  das  Ejd:ractnm  Filicis  maris  leicht  löslich.  Man 
gebe  deshalb  nicht  ^  wie  das  gewöhnlich  nach  Einnahme  von  Band- 
wurmmitteln geschieht,  Oleum  Ricini,  sondern,  wenn  erforderlich, 
salinische  Abführmittel.  Anch  durch  ein  längeres  Zurückhalten  des 
Darminhalts  kann  eine  vermehrte  Resorption  des  Mittels  bewirkt 
werden.  Anf  dieses  Moment  führt  Pal  tauf  den  tödtlich  verlaufenen 
Erm aussehen  Fall  zurück,  bei  dem  die  Section  Verengerungen  und 
Verwachsungen  des  Darms  ergeben  hatte.  (Paltauf,  Prager  med. 
Wochenscbr.  1892,  Nr.  5  u.  6.) 


Muflkaln  ufiSTergiftung. 


I 


Eine  solche  wird  von  B  e Et lif- Jersey  im  Brit.  med.  Journal 
beschrieben.  Eine  Ehefrau,  die  auf  erhaltenen  Rath  ihren  MaDn  von 
einem  Bläschenauaschlag  heilen  wollte ,  that  ihm  nahezu  eine  ganze 
geschälte  Muskatnuss  in  die  Abendmilch.  Derselbe  schlief  bis  gegen 
Morgen,  begann  aber  im  Moment  des  Aufstehens  über  Verlust  des 
Sehvermögens  und  unerträglichen  Kopfschmerz  zu  klagen.  Bei  der 
Untersuchung,  bei  welcher  er  nur  auf  starkes  Anschreien  reagirte, 
zeigten  sich  die  Beine  wie  abgestorben  und  unfähig,  den  Körper  zu 
tragen.  Snbjectiv  wurde  noch  ausserordentliche  Trockenheit  des 
Mundes  angegeben.  Objectiv  zeigte  sich  die  Zunge  rein  und  trocken^ 
Herztöne  normal,  Puls  und  Temperatur  regelmässig,  die  Pupillen 
eng.     Calomel  und  Ricinusöl  beseitigten  den  Zustand* 


')  Vergl,  Vergiftung  mil  Extractum  Filide  aetherenm,  Jahrbuch  1801, 
8.  678. 


Gerichtliche  Medicin. 


7ÜH 


Wurstvergiftung. 

Ph.  ßeiasz  theilt  in  Nr.  49  der  Wiener  mediciniacheD  Presse 
eine  WuratvergiftuDg  bei  der  aus  sieben  Köpfen  bestehenden  Familie 
mit  Die  Leberwurst,  theils  roh,  theils  gebraten  genossen,  hatte  einen 
dumpfigen  Geruch  und  schmeckte  etwas  sauer.  Tags  darauf  stellten 
sich  Erbrechen,  Stuhl  Verstopfung  und  grosse  Schwäche  ein^  Mund 
Tmd  Pharynx  trocken,  bei  einigen  Ejranken  Doppeltsehen,  Alle 
zeigten  stark  erweiterte  Pupillen,  Ptosis  beider  Aogen,  kleinen  Puls. 
Stimme  heiser  ^  klanglos,  Schluckbe  seh  werden,  erhebliche  Dyspnoe. 
Die  Ehefrau,  die  allein  Fiebertemperatur  darbot,  starb  am  7*  Krank- 
heitstage. Die  gerichtliche  Section  ergab  Hyperämien  der  Meningen, 
des  Gehirns f  ReBpirationskanals ,  acuten  Magenkatarrh,  Milzschwel- 
long.  Bei  den  übrigen  Kranken  trat  erst  nach  14  Tagen  merkliche 
Besserong  ein,  aber  selbst  am  42.  Tage  wurden  noch  Scbluckbe- 
acb werden  und  Trockenheit  des  Mundes  empfunden,  (Viertel] ah re- 
Bchrift  f*  gerichtl.  Medicin  1892,  Juli.) 


Salzfiänre. 

Ueber  einen  bemerkenswerthen  Fall  von  Salzsäure  Vergiftung  be- 
richtet Wunschheim-Prag  in  der  Prager  med icinischen  Wochen- 
schrift 1891,  Nr.  52.  Ein  35jähriger  Mann  hatte  25  ccm  Salzsäure 
gemischt  mit  einer  Spur  von  ScbwefelsÄure  getruoken.  Acht  Tage 
darauf  Tod  an  Peritonitis.  Bei  der  Section  zeigten  sich  graugelb- 
liche Verschorfungen  am  Gaumensegel  und  der  hinleren  Wand  des 
Beb  1  and  köpf  es,  gelbbraune,  längsgeatellte  ^  streißge  in  der  Schleim- 
haut der  Speiseröhre,  und  umfangreiche  Anätzang  der  Magenschleim- 
haut. Die  gelbbraunen ,  zottigen ,  im  Wasser  flottirenden  Schorfe 
fanden  sich  zumeist  an  der  Gardia,  zogen  sieh  über  die  kleine  Cur- 
vator  nach  rechts  und  nahmen  den  ganzen  Pylorus  ein,  dessen  ganze 
Mucosa  in  eine  dunkle  Pulpa  verwandelt  war.  An  zwei  thalergrossen 
Stellen  war  es  zu  totaler  Nekrose  gekonamen.  Geringe  Anätzung 
im  oberen  Duodenalabschnitt.  Oberflächliche  Gerbung  der  Leber, 
Milz,  FlejEura  coli  dextra  und  des  dem  Pylorus  gegenüberliegenden 
Peritoneum  der  vorderen  Rauchwand^  Ausser  einer  handtellergrossen 
Stelle  von  normaler  Farbe  war  die  Oberfläche  der  Leber  gelblich 
grau.  Interessant  bei  diesem  Falle  ist  die  G  e Ib  f ä rb un  g  der  Schorfe, 
die  für  Salpetersäurevergi^ng  als  charakteristisch  gilt.  Bericht- 
erstatter deutet  dieselbe  als  Imbibition  der  Schorle  mit  den  Deri- 
des  Blutfarbstoffs,    indem  die  Mineralsauren  &«a  ^Qjtoio^tJ^^vcv 


704 


Wieoer, 


sehr  rasch  zur  Lösung  bringen  und  in  seine  Derivate  umwandeln. 
Es  gelang  auch,  spectroskopiscb  die  Äbsorptionsatreifen  des  Häma* 
tins  m  mit  Kalilauge  behandelten  Aetzschorfen  nachzuweisen.  (Zeit- 
schrift f.  Medicinalbeamte  1892,  Nr,  2.) 

Acii  le  Queckailbetvergiftung. 

8 ackur- Breslau,  berichtet  in  der  Berliner  klinischen  Wochen- 
flchrift  1892,  Nr.  25  über  einen  letal  verlaufenen  Fall,  entstanden 
durch  Einreibung  von  5  g  grauer  Salbe  in  tiefe  Rhagaden  der  Hand 
und  des  Vorderarms.  Eine  Stunde  darauf  tritt  üebelkeit,  Ohnmacht, 
Erbrechen,  Sebwindelgefiihl  ein.  Bei  der  Aufnahme  ins  Hospital  bot 
die  sehr  anämische  Kranke  das  Bild  schwerer  Erkrankung  dar.  Er* 
brechen  gallig  gefärbter  Massen.  Die  linke  Hand  und  die  Dorsai- 
seite  des  unteren  Drittels  des  Vorderarms  massig  stark  geschwollen, 
grau  weis  8  verfärbt,  undeutlich  fiucttiirend.  Fortbestehen  des  Er- 
brecheuB,  Tenesmus,  leichte  Albuminurie.  Am  nächsten  Tage  Diar- 
rhoen, Koliken,  Abendtemperatur  36,2.  Am  3.  Tage  35^7  Temperatür, 
blutige  Durch  (alle.  Am  Zungenrande  bilden  sich  kleine  Geschwür- 
chen. Am  4.  Tage  gangränöse  Gingivitis,  Glottitia,  Durchfall,  Er- 
brechen. Am  5.  Tage  Tod*  —  Sectionsergebnisse :  Im  unteren  Ab- 
schnitte des  Diinndarmä  in  ca.  1  Fass  Länge  kleine  Hämorrhagien 
uDi^  nach  der  Bauhin'dchen  Klappe  zu  oberfiächliche  Nekrosen  der 
SchleimJiaut.  Im  ganzen  Dickdarm  das  Bild  der  schweren  Dysen- 
terie. Bemerkenswerth  ist  die  Entstehung  der  Vergiftung  und  der 
schnelle  Eintritt  derselben.  Sackur  konnte  nur  zwei  analoge  Fälle 
tödtlicher  Mercurialintoxieation  in  der  Litteratur  finden  und  schliesst 
sich  Buohner's  Anschanuug  an^  dass  nicht  nur  die  Resorption  des 
Hg  von  wunder  Haut  aus  für  die  deletäre  Art  der  Vergiftung  ver- 
antwortlich zu  machen  ist,  sondern  dasg  auch  eine  gewisse  Disposi- 
tion oder  Idiosynkrasie  des  Individuums  eine  Rolle  spielt.  Nach 
Kaufmann  bilden  Nephritis,  Septikämio  und  Anämie  Contraindica- 
tionen  gegen  die  Anwendung  von  Mercurialien.  (Zeitschrift  f.  Medi- 
oinalbeamte  1892,  Nr.  14.) 


KohleDdunstTergiftung. 

Voss  hatte  in  der  mediclnischen  Klinik  zu  Greifswald  Gelegen- 
heit, folgenden  intressanten  Fall  zu  beobachten.  Es  handelte  sich  um 
die  Familie  eines  Stein scblägers.  In  der  Nähe  des  mit  Kohlen  ge- 
heizten Ofens,  dessen  Thüre  und  Klappen  Abends  8  Uhr  geschlossen 


GerichtUche  Medicin* 


705 


bi 


wurden,  schliefen  die  Elteni.  An  der  dem  Ofen  gegenüberliegenden 
Wand  fahrt  eine  Thür  in  die  Schlaf kftmmer  der  Söhne,  welche  in 
der  Nacht  weit  offen  stand.  Morgens  6^;^  Uhr  erwachte  der  Vater 
mit  heftigen  Kopfschmerzen»  Er  schleppte  sich  mit  Mühe  bis  vor  die 
Tbür  nnd  rief  die  Nacbbaraleute,  die  den  ältesten  Sohn  von  16  Jahren 
mit  Schaam  vor  dem  Monde  todt,  den  jüngeren  von  12  Jahren 
schwach  röchelnd  fanden»  Letzterer  wnrde  in  die  Klinik  gebracht. 
Andauernde  Bewusstlosigkeit,  Um  11  Uhr  trat  ein  Erregungs- 
Äustand  auf  mit  Krämpfen^  die  das  Symptombild  der  Tetanie  aus- 
machen, nämlich  tonisch  intermittirende  Krämpfe  der  Extremitäten, 
der  Gesichts-  und  in  geringem  Grade  der  Kaumuskeln.  Patellar« 
refiex  normal.  Die  Anfälle  wurden  immer  häufiger ^  Lungenödem, 
Exitus  Nachmittags  4  Uhr.  —  Sectionaresultat:  Lungenödem,  frische 
Bronuhopneamonie,  nicht  ganz  frische  Schwellung  der  Darmfollikel, 
der  Peyer'schen  Plaques,  der  Mesenterialdrüsenj  der  Milz.  Im  Hirn 
und  Rückenmark  nichts  Pathologisches.  Bei  dem  todtaufgefun denen 
Bruder  derselbe  Befand.  Im  Blute  des  letzteren  wurde  Koblen- 
oxydhämoglobin,  wenn  aüch  relativ  schwach ^  nachgewiesen,  dagegen 
Tjicht  bei  dem  jüngeren  Bruder.  In  den  aus  Milz  und  Lymphdrüsen 
angelegten  Culturen  entwickeln  sich  keine  Golonien  von  Typhus- 
bacillen,  Änamnestisch  ist  zu  bemerken,  dass  die  Kinder  vor  7  Jahren 
[Typhus  überstanden  und  eine  Neigung  zu  Darmkatarrhen  hei  Diät- 
fehlern zurückbehalten  hatten.  Auch  in  den  letzten  Wochen  vor 
der  Vergiftung  sollen  dieselben  mit  einem  solchen  Katarrh  behaftet 
gewesen  sein.  Die  Befunde  im  Darme  erklären  sich  leicht  aus  dem 
Darmkatarrh.  Für  CO* Vergiftung  sprechen  vor  Allem  die  charak- 
teristischen Zeichen ,  wenn  es  sich  ancb  nur  um  die  Aufnahme  von 
geringen  Mengen  des  Giftes  gehandelt  haben  kann,  was  dnrch  die 
schnelle  Wiederherstellung  der  Eltern  und  den  spectroskopischen 
Befund  bewiesen  wird.  Es  zeigt  der  Fall  wieder  deutlich,  dass 
Kinder  für  CO  viel  empfänglicher  sind^  als  Erwachsene.  Nach 
V.  F  ran  kl-H  och  wart  ist  für  das  Entstehen  der  Tetanie  zunächst 
ein  specifisches  Agens  anzunehmen,  sodann  aber  als  Aetiologie  der 
übrigen  Fälle  Kropfexstirpation,  Magen-  und  Darmkatarrh,  Vergif- 
tungen mit  Infectionskrankheiten  aufzustellen.  Bei  Kindern  kommen 
luptsächlich  Magen-  und  Darmkrankheiten  in  Betracht.  Man  wird 
nach  annehmen  können,  dass  trotz  der  geringen  Menge  des  ein- 
athmeten  Kohlenoxydgases  der  Tod  dadurch  erfolgte,  dass  durch 
flexein Wirkung  des  erkrankten  Darmes  auf  ein  durch  Intoxication 
in  erhöhte  Erregbarkeit  versetztes  Centralnervensystem  tetanische 
^Krämpfe  ausgelöst  wurden  .^  die  auf  die  Athmungsmusculatur  über- 
iahrboch  d.  praet  Medlcin.    18^3.  i& 


706 


Wiener. 


gifigen  und  so  den  Tod  im  Gefolge  haben  mussten.    (Deutsche  m«jd* 
Wochenacbr.  1892,  Nr.  40.) 


ßcnzinvergiftUDg. 

Ein  2  Jahre  alter  Knabe  hatte  aus  einer  FJasche  Benzin,  wie 
es  zur  EfitfernuEg  von  Flecken  aus  Kleidern  gebraucht  wird,  ge- 
trunken, nach  Aussage  der  Mutter  nur  einen  „Schluck",  alabald  die 
Augen  verdreht  und  war  nach  10  Minuten  verschieden ♦  Ein  hinzu- 
gerufener  Arzt  nahm  nocb  eine  Magen  aus  spülung  vor^  und  war  im 
Spülwasser  durch  Geruch  und  die  chemische  Untersuchung  deutlich 
Benzin  nachzuweisen.  Bei  der  Leichenobduction  konnte  bei  Er- 
öffnung der  Bauchhöhle  zweifellos  Geruch  nach  ßenzie  wahrgenommeu 
werden.  Im  üebrigen  aber  war  das  anatomische  Sectionsergebniss 
negativ.  Die  chemische  Analyse  des  Mageninhalts  ergab,  ganz  wie 
in  der  Spülflüssigkeit^  Petroleum-Benzin,  d.  h,  das  gewöhnliche  Fleck- 
wasser des  Handels;  in  den  zweiten  Wegen  konnte  nichts  davon 
aufgefunden  werden,  obwohl  doch  der  Tod  durch  die  resorbirte  Sub- 
stanz herbeigeführt  war.  (F.  Falk,  Viert eljahrsschrift  f.  gerichtl. 
Medicin  1892,  ApriliieftO 


IV.  Sexuelles. 

S  p  e  r  m  a  t  o  z  o  i  d  e  n. 


i 


Einen  Fall  von  langer  Lebensdauer  der  Spermatozoiden  beobach- 
tete Ja  eger-Langenburg.  Er  hatte  die  Section  eines  Selbstmörders 
vorzunehmen,  welcher  sich  2  Tage  vorher  an  einer  Leiter  aufgehängt 
hatte.  An  der  Hamröhrenmündung  wurde  Sperma  in  ziemlicher 
Menge  gefunden.  In  demselben  konnten  mehrere  sieb  sehr  lebhaft 
bewegende  Spermatozoiden  nachgewiesen  werden,  die  demnach  44  bis 
45  Stunden  nach  Eintritt  des  Todes  ihre  Lebensfähigkeit  noch  nicht 
verloren  hatten.  Verf.  fuhrt  die  Ursache  auf  die  damals  herrschende 
milde,  mit  hohem  Feuchtigkeitsgrade  der  Luft  verbundene  Tempe- 
ratur, sowie  auf  die  kräftige  Constitution  des  Selbstmörders  zurück. 
(Med.  Oorrespondenzblatt  des  Württembergischen  ärztlichen  Landea- 
vereins  1891,  Nr.  38.) 

Bezugnehmend  hierauf  theilt  Räuber-Nordhausen  einen  Fall 
aus  seiner  Beobachtung  bei  einem  G5  Jahre  alten  ^  gleichfalts  durch 
Seibster hängen  gestorbenen  Manne  mit,  wo  noch  55  Stunden  nach 
Eintritt  des  Todes  in  einem  Tröpfchen  ans  der  Harnröhre  genom- 
menen  Samens   die  Samenfäden  selbständige    Bewegungen    zeigten. 


Gerichtliche  Medicin, 


7or 


Räuber  möchte  jedoch  diesen  Fall^  ebensowenig  wie  deo  von  Lan- 
gen b  er  g  mitgetheilten  als  eine  Ausnahme  auffassen,  vielmehr  nur 
als  einen  neuen  Beweis  einer  öfters  beobachteten  Thatsache,  dass  die 
jl  Samenfäden  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  eine  lange  Lebens- 
I  fähigkeit  haben.  In  gerichtsärztlicher  Beziehung  lasse  ^ich  dieselbe 
I  in  geeigneten  Eällen  als  Anhalt  zur  Bestimmung  der  Zeit^  weiche 
^^  seit  dem  Tode  verflossen  ist,  verwerthen.  (Zeitschrift  f.  Medioinal- 
^■beamte  1892,  Nr.  IL) 

^^H  F  ä  r  b  T]  Ti  g   von    S  p  e  r  m  a  t  o  z  o  e  n. 

^H        Bräutigam-Königsberg  i.  N.  gibt  folgende  Methode  der  Oon- 
^^Bervirung  als  sehr  zweckmässig  an: 

1)  Einlegen  der  einzelneE  Leinwandstücke  in  je  ein  Uhrglas, 
Zusatz  einiger  Tropfen  Aqua  deatillata. 

2)  Nach  dem  Aufweichen  Ausdrücken  mit  einem  Glas  Stabe. 

3)  Herstellung  von  Deckglas-Trockenpräparaten. 
4j  Färbung  mit  Alauncarmin  (Carmin,  rubr,  optim.  1^  Alumin.  5, 

Äq.  destill/  100,  Solve,  coque  K^  h.),  in  angewärmtem  10  Minuten 
oder  besser  in  kaltem  24  Stunden  liegen  lassen^  dann  Abspülen  in 
Wasser  mit  Zusatz  von  1^ — 3  Tropfen  Essigsäure. 

5)  Färbung  in  Malachitgrün  (Malachitgrün  in  Alkohol  gesättigt, 
davon  1 : 5  Aq.  dest, ,  darin  V^ — 1  Minute  liegen  lassen ,  dann  Ab- 
spülen in  Wasser  mit  Essigääure). 

6)  Trocknenlassen  an  der  Luft. 

7)  Einbetten  in  Canadabalsaroi  der  in  Xylo!  gelöst  ist. 
Dann  sind  die  Köpfej  meist  nur  in  der  hinteren  Hälfte^  kräftig 

rothf  manchmal  auch  der  ganze  Kopf,  der  dann  kleiner  ist.  Meist 
ist  die  vordere  Hälfte  heller  oder  grünlich.  Die  Schwänze  sind 
grün.  Die  Färbung  mit  Alauncarmin  hält  sich  monatelang  und  ist 
80  deutlich  f  dass  die  Spermatozoon  auch  Laien  leicht  zu  demon- 
striren  sind.  Sie  ist  die  angenehmste  Kernfärbung,  färbt  nie  zu 
stark.  Die  Farbe  muss  allerdings  mindestens  5  Minuten  einwirken 
nnd  mit  Essigwasser  abgespült  werden ,  weil  in  gewöhnlichem  die 
Färbung  wieder  verschwinden  würde.  (Zeitechr.  f*  Medicinalbeamte 
1892,  Nr,  5.) 

L'eber  die  Zeit,  in  welcher  nach  Anwendung  der  veröchiedeuen 
Abtreibemittel  die  Anaatoösung  der  Fracht  erfolgt 

W.  Dölger  (Friedreich'ö  Blätter  f.  gerichth  Med.  1892,  H.  1 
und  2)  hebt  einleitend  hervor,  dass  die  Feststellnng  einer  strei» 
tigen  vorsätzlichen  Fruchtabtreibung  zu  den  schwierigsten  Aufgaben 


f'Os 


Wi 


des  Oerichtsarztea  gehört,  und  dass  als  Bichere  und  absolut  zuver- 
lässige Verfahren  nur  einige  mechanische  Mittel  betrachtet  werden 
dürfen ,  während  innere  Mittel  den  abortiven  Erfolg  haben  können, 
aber  nicht  noth wendig  haben  müssen.  iDdividuelle  Verhältniase, 
Disposition  und  die  verschiedene  Reizbarkeit  des  Uterus  spielen  eine 
wichtige  Rolle»  Letztere  ist  znr  Zeit  des  Menatmationatermins  er- 
höht und  nimmt  mit  der  Annäherung  an  den  physiologischen  Ge- 
burtatermin  stetig  zo.  Zur  Zeit  der  Piacentaraolage^  also  im  Laufe 
des  3.  Graviditätsmonats  ist  die  Disposition  gleichfails  entschieden 
erhöht,  Verf,  wendet  sich  nun  zu  denjenigen  inneren  Mitteln,  die 
im  Rufe  stehen,  die  Unterbrechung  der  Schwangerschaft  zu  bewirken. 
Es  gibt  unstreitig  Stoffe^  nach  deren  Genuse  der  Abort  tbatäächltch 
manchmal  erfolgt  ist.  Hierbei  hängt  viel  ab  voo  der  Dosis  und  der 
Qualität  des  Mittels  (ob  frisch,  Zeit  der  Ernte,  Form  der  Einver- 
leibung) und  von  der  Wideratandafähigkeit  des  weihlichen  Organis- 
mus, Die  Wirkung  ist  nach  allgemeiner  üeberoinölimmung  nicht 
sowohl  eine  specifische,  contractionserregende ,  sondern  meist  als 
Theilerscheinung  einer  Allgemeinintoxicatioo  aufzufassen,  ddrch  welche 
die  spinalen  oder  parenchymatösen  Oentren  direct  getroffen  oder  auf 
reflectorischem  Wege  von  Seiten  des  Magendarmkanala  oder  durch 
vasomotorische  Beeinflussang  erregt  werden ;  der  mechaniache  Insult 
des  Erbrechens  allein  mag  in  manchen  Fällen  genügen.  In  allen 
Fällen  wären  Uteruscontractionen  die  nächste  Folge*  Durch  üeber- 
gang  des  toxischen  Agens  durch  den  Plaeentarkreialauf  in  die  fö- 
talen Bahnen  kann  ein  Absterben  der  Frucht  und  als  entferntere 
Folge  Abort  eintreten. 

Dölger  stellt  hierauf  die  Erfahrungen  der  Praxis  mit  den  ein- 
aelnen  als  Abort iva  in  Ruf  stehenden  und  gebräuchlichen  Mitteln 
zusammen,  deren  Zahl  gross  isti  Stjcale  corniituni,  Jyniperus  Sabina 
(wohl  die  am  häutigsten  gebrauchten)^  Herba  Tbujae,  Taxus  baccata 
(Eibenbaum),  Terpentinöl,  Bernsteinöl,  Ruta  graveolens  (Raute),  die 
Drsstica,  Cantbariden,  Schwefelarsen,  Phosphor^  Strychnin,  Schwefel- 
säure  und  Brennöl,  Ammoniaklösung,  Kohlenoxyd,  Leuchtgas,  Jod- 
kali, Safran,  Pilocarpin^  Salicylsäure  und  Natrium  aalicylicum.  Die 
zahlreichen  von  Aberglauben  und  Gewinnsucht  gehegten  nichtssagen- 
den Volksmittel  werden  übergangen.  Für  die  Beurtheilung  der  Wir- 
kung ist  wichtig  die  Berücksichtigung  der  Zeit,  in  welcher  nach 
Einnahme  des  Mittels  die  Ausstossung  der  Frucht  erfolgt.  Letztere 
tritt  in  der  Regel  auf  der  Höhe  der  dyrch  das  Mittel  bewirkten  Ver- 
giftungserscheinungeü  oder  bald  darauf  ein  —  nach  den  bisherigen 
Beobachtungen  zwischen  5  Stunden  bis  13.  Tag,    im  Durchschnitt 


Gerichtüclie  Medicin, 


709 


aus  27  genauen  Einzeldaten  nach  60  Stunden.  Fälle,  in  welcben  die 
getödtete  Frucht  noch  länger  im  Uterus  verblieb,  sind  äusserst  schwer 
zu  beurtbeilen. 

Die  mechanischen  FrucbtäbtreihuDgsmittel  haben  LachLiman 
sämmtlich  den  Zweck,  das  Ei  zu  lösen  oder  die  dasselbe  einhüllen- 
den Membranen  zu  durchbrechen ,  oder  sie  bezwecken,  direct  durch 
Erregung  von  Uteruscontractionen  die  Loalösung  und  Ausstossung 
des  Eies  zu  bewirken.  Die  primitivste  und  wohl  nur  von  Laien 
geübte  Methode  der  mechanischen  Fruchtahtreibueg  besteht  in  roher 
Einwirkung  auf  den  Unterleib  oder  auf  den  Körper  überhaupt  durch 
StÖßse,  Kneten,  Drücken  des  Unterleibes:  ßeizung  der  ßrustdrüßen- 
nerven  (Scanzoni  regte  dadurch  Frühgeburt  an);  Verletzung  des 
Eies  durch  in  den  Utems  eingebrachte  Instrumente  (Drähte,  Sonden, 
Stricknadeln,  Federhalter,  Blattstängel,  ßrenneiseD),  Ei  hautstich. 
Aus  Beobachtung  von  30  tbeila  foransiscben,  theils  klinischen  Fällen 
war  die  kürzeste  Zeitdauer  für  den  Eintritt  des  Aborts  13  Stunden^ 
die  längste  8  Tage,  im  Mittel  64^  ^  Stunden.  Für  den  Eintritt  der 
Frühgeburt  betrug  die  kürzeste  Dauer  4  Stunden,  die  längste  117  Stun- 
den, mittlere  A3V^  Stunden. 

Nächst  dem  Eihautstich  kommt  in  der  Verbrecherpraxis  wohl  am 
häu%st6n  die  Co hen^scha  Methode  zur  Anwendung  (intrauterine 
Injection).  Sie  wird  bei  der  Baßchheit  der  Wirkung  von  gewerbs- 
mässigen Abtreiberiunen  gern  angewendet.  Bei  Abort  betrug  die 
Minimaldauer  7  Stunden,  die  Maxiinaldauer  2'^  Tage,  durchschnittlich 
18  Stunden  nach  der  Injection,  bei  Frühgeburt  minimal  8  Standen, 
maximal  5  TagUj  durchschnittlich  31  Stunden,  Dio  Veröchiedenbeit 
des  Erfolges  mag  wohl  von  der  Tiefe,  bis  zu  welcher  das  Injectiona- 
robr  neben  dem  Ei  in  die  Höbe  geführt  wird,  einerseits  und  anderer- 
seits von  der  Menge  der  eingespritzten  Flüssigkeit  abhängen  —  ob  dies 
Aqua  picea  oder  sterilisirtes  Wasser  ist,  dürfte  ohne  Belang  sein, 

Douchen.  Ueber  Aborte,  durch  Douchen  herbeigeführt,  liegen 
Erfahrungen  nicht  vor,  dagegen  über  Frühgeburten.  Nach  49  zu- 
sammengeätellten  Beobachtungen  betrug  die  geringste  Dauer  von  der 
ersten  Douche  bis  zur  Vollendung  der  Oeburt  10  Stunden,  die  längste 
12  Tage,  die  mittlere  3*/^  Tage. 

Beize,  deren  Angriffspunkt  die  Vagina  ist  (Tamponade, 
Colpeurynter,  Hue herrsche  Blase,  Kautschuktampon,  Einleitung  von 
Kohlensäure).  Beim  Kautachuktampon  trat  Frühgeburt  nach  5*f^  Stun- 
den, auf  Anwendung  der  Hu  ehe  raschen  Blase  in  zehn  Fällen  nach 
14  Stunden  bis  11  Tagen  ein.  Nach  Einleitung  von  Kohlensäure 
täglich  zweimal  K^  Stunde  erfolgte  die  Frühgeburt  nach  82  Stunden, 


710 


Wiener, 


Krause's  Metbode  (Einführen  von  Sonden  und  anderen  loatru- 
menten  zur  Ablösung  des  Eies  von  der  Uteruswand).  Bei  Aborten 
in  neun  Fällen  betrug  die  geringste  Dauer  8  Stunden,  die  längste 
5  Tage,  die  mittlere  2^4  Tage.  Hier  war  die  Zeit  der  Schwanger- 
schaft bis  zum  4.  Monat  vorgeschritten^  und  der  EingrifiF  fast  aus- 
schliesslich von  är^tücher  HaBd,  die  Ablösung  also  gründlich  und 
ausgiebig  bewerkstelligt  worden.  Bei  l&G  Frühgeburten  war  die 
kürzeste  Dauer  3*12  Stunden j  die  längste  12 ',.2  Tage,  mittlere 
47^,3  Stunden, 

Es  werden  noch  der  Vollständigkeit  wegen  als  Abtreibungsmittel 
erwähnt;  die  manuelle  Cervixdilatation ,  Busches  Dilatatorium,  der 
Pressflchwamm ,  Laminariastift,  die  Cauteriaation  der  Cervicalhöhle 
mit  Höllenstein,  die  Elektricität^  auch  Aderlass. 

Oft  findet  ein  combinirtes  Verfahren  zum,  Zwecke  der  Frucht- 
abtreibung statt  Als  Gesammtergebniss  nach  Anwendung  mechani- 
scher Frucbtabtreibungsmittel  stellte  Do Iger  fest:  Es  erfolgte  unter 
940  Fällen  der  Abgang  der  Frucht  in  mioimo  nach  2  Stunden,  in 
inaximo  nach  IG  Tagen,  im  DurchBchnitfc  aus  618  Fällen  nach  44  Stun- 
den. Meist  erfolgte  durchschnittlich  am  2.  Tage  der  Abgang  der 
Frucht j  etwas  langsamer^  durciischnittlich  am  3,  Tage,  nach  Anwen- 
dung von  Douchen  und  bei  combinirtem  Verfahren.  In  nur  2  Fällen 
wurde  fcrensiseb  ein  längerer  Zeitraum  beobachtet  von  Ca  sp  er- 
Lima n,  in  welchen  nach  Einwirkung  roher  Gewalt  der  Abort  nach 
29  resp.  37  Tagen  erfolgt  war. 


Fruchtabtreibnng  durch  Injection  heissen  Waesers» 
Plötzlicher  Tod  durch  LungenemboHe. 

Fruchtabtreibungen  durch  Injectionen  waren  früher  seltener  als 
gegenwärtig  und  sind  unter  umständen  viel  bedenklicher  für  die 
Mutter  als  der  Eihautstich,  weil  zu  der  Gefahr  einer  Verletzung 
der  Genitalien  durch  das  eingeführte  Instrument  oder  durch  septische 
lufection  mit  diesem  auch  die  besondere  Gefahr  hinzukommt,  welche 
durch  die  Injectionsfidssigkeit  gesetzt  werden  kann:  septieche  Endo- 
metritis,  Metritis^  diffus  sowohl  wie  local;  in  letzterem  Falle  kann 
es  zu  localen  septischen  Erweichungen  und  secundären  Durchlöche- 
rungen kommen.  Ruptur  des  Uterus  bei  dünnen  Wandungen  und 
bei  forcirter  Injection  direct  in  die  Uterusböhle  ist  nicht  unmöglich. 
Dorch  Eindringen  der  Injection eflüssigkeit  in  die  Tuben  und  von  da 
in  die  Bauchhöhle  kann  Peritonitis  und  Salpingitis  entstehen»  Eine 
weitere  Gefahr    besteht   im   Eintritt   von   Luft   in  die   Uterusvenen, 


Gerichtliche  Medicin. 


711 


was  schon  bei  der  aufsteigenden  Scheidendouchü  nach  Kiwiach  ge- 
schehen kann.  Es  werden  durch  den  bei  offenem  Muttermunde  mit 
Gewalt  einströmenden  einfachen  Wasaeratrahl  die  Eihäute  abgelöst, 
und  der  Lufteintritt  in  die  Venen  begünstigt,  was  natürlich  noch 
leichter  erfolgen  kann,  wenn  die  Fliisaigkeit  direct  in  den  Uterus 
«ingespritzt  wird.  Allzu  holie  Temperatur  der  lojectionsflüssigkeit 
fahrt  einerseits  zur  Verbrühung  der  Theile,  andererseits  zu  einer 
Ooagalation  des  Blutes  in  den  Uterusvenen  mit  schweren  Erschei- 
nungen, selbst  Tod  im  Gefolge.  Dies  ist  schon  bei  Anwendung  der 
heissen  Scbeidendouche  ^  noch  mehr  aber  dann  möglich  ^  wenn  alku 
heisBes  Wasser  in  den  Uterus  eingespritzt  wird,  Kiwi  seh  hatte 
30-350  R.,  Braun  nur  22-28"  R.  empfohlen.  Letzterer  fand,  dass 
schon  bei  30— 350  E.  die  Scheide  verbrüht  werden  kann.  Die  Blut- 
gerinnsel können  aus  den  Uteruavenea  in  die  untere  Hohlvene  und 
ins  rechte  Herz  und  weiter  in  die  Lungen  eingeschwemmt  werden 
und  EmboHe  verursachen. 

Einen  Fall  von  plötzlichem  Tod  an  Lungenembolie  nach  Injection 
einer  coagulirenden  Flüssigkeit  theilt  Hof  mann  (Friedreich'ö 
BlÄtter  für  gerichtliche  Medicin  1892,  Heft  1)  mit.  Er  betraf  ein 
22  Jahre  altes  Mädchen,  das  mit  dem  Ansuchen  bei  einer  Heb- 
amme erschien,  es  wegen  Schmerzen  im  Unterleibe  zu  untersuchen. 
Bevor  noch  die  Untersuchung  erfolgte^  stürzte  das  Mädchen  todt  zu- 
sammen (nach  Aussage  der  Hebamme)*  —  Sectionsbefund ;  In  den 
feinsten  Verzweigungen  der  Lungenarterien  steilenweise  missfarbige, 
kleine  Gerinnsel,  welche  sich  aus  einsselnen  dieser  Gef^sscben  wurst- 
förmig  herausdrücken  liessen.  Das  untere  Drittel  des  Eies  miss- 
farbig, in  seiner  Consistenz  vermehrt,  wie  gekocht  —  im  Gegensatze 
sa  den  oberen  zwei  Dritteln,  die  sich  unverändert  präsentirten. 
Mutterkuchen  sowie  Innenwand  der  Decidua  und  die  ans tosa enden 
Eihäute  erscheinen  im  ümfiioge  von  nahezu  einer  halben  Handfläche 
missfarbig,  wie  gekocht  und  mit  schwärÄÜchen  starren  Blutgerinnseln 
durchsetzt.  Diese  gekochte  Beschaffenheit  war  auch  auf  dem  Chorium 
und  dessen  Innenfläche  vorhanden.  Im  geöffneten  Amnium  befindet 
sich  in  reichlichem  klarem  Fruchtwasser  Eottirend  ein  11 1.2  cm 
langer  Embryo  von  ganz  frischem  Aussehen.  Nabelschnur  11  cm 
I  lang,  geht  zur  Mitte  des  Mutterkuchens.  In  vorliegendem  Falle  wurde 
i  das  Kindringen  der  Flüssigkeit  in  die  üterusvenen  durch  den  Um- 
stand begünstigt,  dass  die  Placenta  ungewöhnlich  tief  sass  und  den 
inneren  Mattennund  tbeilweise  bedeckte,  so  dass  das  eingeföhrte 
Instrument  oder  der  mit  Gewalt  eingespritzte  Wasserstrnhl  die  Deci- 
IduÄ  sprengte^   zwischen  Placenta  und  Uterus  gelangte,   ond  so  ein 


7U 


Wiener. 


directes  Einspritzen  der  heisaen  Flüssigkeit  in  dio  erweiterten  Uterus- 
venen atattland.  Dies  veraolasate  einerseits  ein  sofortiges  Gerinnen 
des  Blutes,  andererseits  ein  Fortspülen  der  Gerinnsel  und  Ein- 
schwemmen  durch  die  untere  HoMveDe  ins  rechte  Herz  und  von  da 
in  die  Lungen  und  vielleicht  auch  ein  Eindringen  von  Luft  in  diesfr 
Wege,  woraus  sich  der  plötzliche  Tod  des  Mädchens  vollkommen 
erklärt. 

Abort  zehn  Wochen  nach  dem  Tod  des  Fötus. 

Dass  abgestorbene  Früchte  hie  und  da  noch  sehr  lange  im  Uterus 
verweilen,  bis  sie  ausgestossen  werden,  illustriit  Leonpacher  aa 
folgendem  Falle.  Eine  erstgeschwäogerte,  junge,  gesunde  Frau  aber- 
tirte  mit  Zwillingen»  Diese  befanden  sich  in  einem  Fruchtsacke  und 
waren  todtfauL  Die  Länge  eines  Fötus  betrug  nur  22  cm,  was  dem 
5.  Seh  wanger  seh  aftamonatö  entspricht,  während  die  Schwangerächaft 
bereits  30  Wochen  dauerte.  Es  waren  also  die  Früchte  in  der 
20.  Schwangerschaftswoche  abgestorben  und  erst  10  Wochen  später 
auBgeötoeöen  worden*  Im  Gegensätze  hierzu  hatte  sich  Leonpacher 
über  folgenden  Fall  gutachtlich  zu  äussern.  Eine  Frau  bezog  ihre 
angebliche  Frühgeburt  auf  einen  7  Wochen  vor  der  Geburt  gegen 
den  Bauch  erlittenen  Schlag.  Das  Neugeborene  hatte  aber  eine 
Körperlänge  von  47  cm  und  ein  Gewicht  von  2335  g,  ging  also  erst 
im  letzten  Monate  der  Eatwickelung  zu  Grutide. 


I 


Läflfit  sich  an  der  abgf'gangeneo  Frucht  die  Fruchlabtreibung 

erweisen? 

Durch  zufällige  Einwirkung  stumpfer  äusserer  Gewalten :  Schlag^ 
Stügö,  Tritt ^  Sturz,  Fall,  sind  mannigfache  Verletzungen  vor  der 
Geburt  am  Kampfe,  den  Extremitäten,  am  Schädel  bemerkt  worden, 
aber  nie  absichtlich  oder  per  vaginam»  Absichtliche  Verletzungen 
der  Fracht  während  der  Geburt  sind  beobachtet  durch  Ziehen  an 
vorgefallenen  Extremitäten^  Einiübren  von  langen  Stiefelhakan^ 
scharfen  Instrumenten.  Dölger  gelangt  zu  dem  SchiuBSf  dass  sich 
an  der  abgegangenen  Frucht  nur  dann  die  Abtreibung  erweisei> 
lasse ^  wenn  sich  an  ihr  Verletzungen  Enden,  die  durch  das  einge- 
führte Werkzeug  gemacht  worden  sind.  Am  ehesten  werden  Stiebe 
Verletzungen  am  vorliegendea  Kindestbeil  zu  Stande  kommen.  Oh* 
wohl  in  den  ersten  Wochen  daä  Ei  in  der  Regel  in  toto  ausgestossen 
wird,  kann  die  Zerreissang  der  Eihäute  allein  nicht  als  Zeichen  des> 
provocirten  Abortus  gelten,   und  man  darf  sie  in  criminellen  Filiea 


Gerichtliche  Medicin, 


7ia 


nicht  allein  für  beweisend  erklären ,  selbst  wenn  sie  sich  in  den 
ersten  Monaten  findet  (nach  3 — 3  '/.^  Monaten  ist  die  Zerreissuug  der 
Eihäute  die  Regel),  Dass  der  Tod  der  Frucht  durch  Vergiftung 
in  der  Weiße  erfolgen  kann^  dasa  das  Gift  von  der  Mutter  zu  ihr 
t gelangt  und  dann  seine  toxiöcbe  Wirkung  entfaltet^  ist  bislang  nur 
bei  Jodkalium  erwiesen»  Bei  zwei  öyphiUtiachen  Schwangeren,  die 
Jodkalium  b  Wochen  lang  gebraucht  hatten,  ergab  das  eingeäscherte 
Meconium  deutliche  Jodreaction,  (Dölger,  Friedreich's  Blätter  für 
gerichüiche  Medicin  1892,  H.  3,) 


V.  Neugeborene, 

Der   EinfluBs    von    Bewegungen    einer   Kindesleiche   auf  derer» 
Respiration b-  und  Digestiünatractus. 

Auf  Anregung  Messerer'd  hat  8.  Merkel- Nürnberg  zu  den  be- 
reits vorhandenen  Versuchen  seinerseits  weitere  vorgenommen  ^  um 
deu  Erfolg  verschiedener  Manipulationen  ala  Schwingungen,  rhyth- 
mische Compressioneß  des  Thorox  u*  dergl.  m  Bezug  auf  die  Luft- 
einfohr  in  den  Respirations-  und  Dar mtr actus  festzas teilen.  Er  ge- 
langte zu  folgendem  Resultate:  Durch  ca.  30  Sehn  Uz  ersehe 
Schwingungen  kann  bei  einer  vor  dem  Blasensprunge  abgestorbeneu 
reifen  Frucht  fast  genau  dasselbe  Bild  in  den  Lungen  erhalten 
werden^  als  wenn  das  betreffende  Kind  gelebt  hätte  und  dann  ge* 
atorben  wäre.  Bei  allen  Versuchen  waren  die  beiderseitigen  Unter- 
lappen nicht  in  toto  lufthaltig  nnd  seh  wimmfähig,  Bewegungen  der 
Kindesleiche,  wie  sie  beim  Transpart  oder  Schütteln  und  Stossen 
derselben  vorkommen^  oder  absichtliches  Comprimiren  und  Dehnen 
des  kindlichen  Thorax,  sowie  endhcb  nur  wenige  S  c  h  ul  t  z  e'sche 
Scshwingnngen  haben  nie  —  selbst  uicht  einen  geringen  Grad  — 
Luft  in  den  Reapirationstr actus  gelangen  lassen.  Bei  Anwendung 
»von  ca.  30  Schultze'scben  Schwingungen  wird  der  Magen  schwimm- 
r&liigi  der  Anfang  des  Darmtractus  luiihaltig.  Haiin  fand  schon 
nach  4 — 5  ausgeführten  Schultze'scken  Schwingungen  Luftbläechen 
im  Magen,  wahrend  Rango,  Reinsberg  und  Schauta  mit  be* 
deutend  mehj^  Schwinguugen  ein  negatives  Resultat  hatten.  Wenn 
Bo  von  irgend  einer  Seite  angegeben  wird,  es  seien  regelrecht  auÄ- 
'  gefiihrte  Schul tze^scbe  Schwingungen  in  grösserer  Anzahl  gemacht 
worden,  so  will  Merkel  den  Luftgehalfc  der  Lungen  auf*  die 
Schwingungen  zurückgeführt  wissen  und  nicht  auf  ein  Gelebthaben 
des  Kindes.    Ebenso  sei  in  Zukunft  ein  Befund  von  Luft  im  Magen 


714 


Wiener. 


eines  Neugeborenen  erst  dann  als  ein  Beweis  für  das  extrauterine 
Leben  des  Kindes  zu  verwertben,  wenn  eine  intrauterioe  Luftaufnahme 
ans  zu  schli  essen  ist,  und  nach  der  Geburt  keine  Luft  in  den  Magen 
dnrcb  Schwingungen  eingetreten  sein  kann.  Durch  wenige  Schnitze- 
sehe  Schwingungen,  rhythmische  Compressionen  des  Thorax,  Trans- 
portiren etc,  Luft  in  den  Magen  oder  Darm  zu  bringen,  gelang  nie. 
(Friedreicb's  Blätter  f,  ger.  Med.  1892,  H,  6,) 


Zweifelhaftes  Leben  einen  Neugeborertep  (fötale  Lungen 
über  Entwe  leben  der  Luft  ans  flexi  Lungen), 
(Gutflchten  der  Wissenßcbaf  tli  clien  Depn  tal  ion.) 

Eb  handelte  eich  um  die  Leiche  eines  in  einem  Teiche  gefun- 
denen neugeborenen  Kindes,  dessen  nachträglich  ermittelte  Mutter 
aussagte,  daea  das  Kind  sich  bewegt  und  etwas  geBchrieen  habe. 
Sie  habe  es  in  ein  Leinwandtuch  gewickelt  nnd  ins  Bett  an  dessen 
Fussende  gelegt.  Bei  der  Section  zeigen  sich  die  Lungen  von 
fötaler  Beschaffenheit  und  sinken  im  Ganzen  und  in  allen  Theilen 
unter.  Magen  und  Dänndarm  sinken  in  einem  mit  kaltem  Wasser 
gefüllten  Gefässe  zu  Boden.  Auf  dem  hinteren  Theil  der  Zungen- 
oberääcbe  beündet  sich  ein  feines  schwarzes  Kornchen,  ein  eben- 
solches im  nnteren  Theil  der  Luftröhre,  welches  mikroskopisch  sich 
ohne  nachweisliche  Structur  zeigt.  Ausserdem  zeigen  sich  in  der 
Luftröhre  und  im  Kehlkopfe  ziemlich  reichliche  röthliche  und  schwärz- 
liche Massen  und  daneben  kleinere  schwärzliche  Theile  von  theils 
rundlicher,  theils  mehr  eckiger  Form.  Im  Magen  keine  Luft,  3 — 4  com 
leicht  dickflüssiger^  röthücher,  trüber  Flüssigkeit.  Diese  besteht,  mikro- 
skopisch untersucht,  aus  zelligen  Zerfallsproducten,  aus  vereinzelt  in 
Büscheln  angeordneten  Nadeln  nnd  rundlichen  glänzenden  Körperchen 
(anscheinend  krystallioischen  Zersetzungsbestandtheilen),  —  Die 
Wissenschaftliche  Deputation  verneint  die  Frage,  dase  es  unvereinbar 
sei  mit  dem  Sectionsbefnnde,  dass  das  Kind  nach  der  Geburt  leise 
geschrieen  nnd  sich  bewegt  habe,  und  dass  es  die  gleichen  Lebens- 
äusserungen noch  am  Abend  des  anderen  Tages  gezeigt  habe.  So 
nngewöbnlich  es  ist,  dass  nach  stundenlangem  Leben,  d,  h.  Aihmen^ 
die  Luft  aus  den  Lungen  wieder  gänzlich  entweicht,  so  kommen 
solche  Fälle  doch  vor.  Bei  kräftigem  stundenlangem  Athmen  und 
lautem  Schreien  allerdings  nicht ^  wohl  aber  kann  es  vorkommen, 
wenn  ein  Kind  höchst  mangelhaft  geathmet  und  dabei  nur  geringe 
Theile  seiner  Lungen  mit  Luft  gefüllt  hatte;  dabei  kann  das  Leben 
auch  einen  ganzen  Tag  bestehen.     Wenn  es  somit  nicht  unmöglich 


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Gerichtliclie  lledicin. 


715 


erscheintj  dass  das  Kiod  gelebt  hat,  so  wird  diese  Anealime  unter- 
stiitat  1)  durch  den  Mangel  aller  subpleuralen  Ekchymosen  an  den 
Langen^  die  wabrscheinlicli  nicht  gefehlt  hätten,  wenn  das  gut  ent- 
wickelte  und  lebensfähige  Kind  unter  der  Geburt  abgestorben  wäre; 
2)  spricht  das  Auf  finden  eines  schwarzen  Körncheos  auf  dem  hinteren 
Theile  der  Zunge  und  eines  gleichen  in  dem  unteren  Theile  der 
Luftröhre  für  eine  stattgehabte  Atbmung  des  Kindes.  Da  jedoch 
die  Natur  dieser  Körnchene  mikroskopiach  nicht  sicher  featgeateÜt 
'et,  so  kann  nicht  mit  Sicherheit  aus  dieaem  Befunde  geschlossen 
werden,  dass  diese  Substanzen  von  aussen  in  den  Körper  hinein* 
gelangt  sind,  was  auf  stattgehabte  Athmung  wurde  schliessen  lassen. 
Fest  steht,  dass  die  Atbmung  eine  sehr  unTollkommene  gewesen  ist, 
und  es  ist  möglich^  dass  das  Neugeboreoe  durch  die  über  Nase  nnd 
[und  liegenden  Gegenstände  an  vollkommener  Athmung  gehindert 
riirde;  wahrscheinlicher  aber,  dass  es  von  Anfang  an  nicht  gehörig 
nthmet  hat  und  nicht  zum  ordentlichen  Schreien  gekommen  ist.  Wäre 
letzteres  auch  nur  einige  Minuten  der  Fall  gewesen,  so  wäre  schwer- 
lich die  Luft  aus  den  Lungen  wieder  völlig  entwichen.  Wahrschein- 
lich war  Schleimansammlung  im  Munde  und  Schlünde  das  Hinderniss 
der  Athmung,  welche  zu  beseitigen  gewesen  wäre,  um  das  Kind 
zum  vollen  Schreien  zu  bringen.  Wann  der  Tod  erfolgt  ist,  ob  nach 
Stunden  oder  nach  noch  längerer  Zeit,  ob  das  schwache  Leben  schon 
vor  dem  Hineinwerfen  in  das  Wasser  erlosch,  oder  ob  der  Tod  erst 
dojch  Ertränken  herbeigeführt  wurde,  das  entzieht  sich  nach  dem 
blossen  Sectionsbefunde  jeder  Beurtheilong.  Beides  ist  möglich.  Bei 
dem  Mangel  an  HÜfe  wäre  das  sehr  schwache  Leben  des  Kindes  auch 
ebne  Hineinwerfen  ins  Wasser  sehr  bald  erloschen,  ( Viertel jahrsschr, 
t  ger.  Med*  1892,  Supplementheft.) 


Ueber  dit*    Obliteration   der  Nabelgefäese. 

Arrigo  Tamassia  (Hiviata  veneta,  November  1891)  wollte 
durch  Versuche  feststellen ,  ob  aus  den  verachiedenen  Phasen  der 
Umwandlung  der  Arteria  und  Vena  umbilicalis  zum  Ligamentum 
hepaticum  rotundam  resp.  Ligamentum  vesicae  latum  Bückschlüsse 
auf  die  Zeitdauer  des  extra  uteri nen  Lebens  des  Kindes  gemacht 
werden  könnten.  Dauert  das  Leben  auch  nur  einige  Stunden  an, 
so  nimmt  das  Lumen  der  Getässe  eine  gezähnte,  fast  sternförmige 
Zeichnung  an,  das  Endothel  ein  opakes  Aussehen,  das  mit  dem 
Fortschreiten  der  Obliteration  immer  deutlicher  auftritt.  Die  Blut- 
coagula,  welche  beide  Gefässe  mehr  oder  weniger  a^sMV<&\i^  XA^'safe'ß. 


7HJ 


Wiener. 


vom  4.  Lebenstage  ab  üllmälilicli  ab.  Vom  12.  Tage  ab  leitet 
sieb  iü  der  Arterie  der  cbaraktermttsctie  Vorgacg  der  Organisation 
des  Thrombus  eio,  das  Lumen  wird  fortscbreiterid  enger.  In  der 
Vene  ist  der  Vorgang  verschieden,  je  nachdem  das  Lumen  frei 
von  Blutgerinnsel  oder  ebenfalls  von  einem  Coagulum  angefüllt 
ist  Am  45,  Tage  ist  der  Tbrombiis  vollständig  organisirt^^  das 
Lumen  der  Arterie  meist  geschlossen,  und  die  Umwandlung  in  ein 
Ligament  perfect  geworden.  Aebnlich  verhält  es  sich  mit  der  Vene* 
Zwischen  den  Nabelschnurgefässen  eines  todtgeborenen  Kindes  und 
eines  solchen,  das  nur  kurze  Zeit  extrauterin  gelebt  hat,  werden  sich 
Unterschiede,  die  forensisch  verwerthbar  wären ^  nicht  aufstellen 
lassen.  Tamassia  kommt  zu  dem  Facit,  dass  der  Befund  an  der 
Nabelschnur  die  bisherigen  Zeichen  ^  also  auch  die  Lungenprobe^ 
nicht  zu  ersetzen  vermag*  Aber  auch  für  die  Feststellung  des  vor- 
geschrittenen Alters  der  Neugeborenen  werden  sich  die  Befunde  nur 
vorsichtig  verwerthen  lassen,  da  der  Zustand  der  Ernährung  vielfach 
das  Bild  ändern  wird. 


Murd    des   Kindes  am  10.  Tage   Jiach   der  Geburt.     Zwei  fei  haflc 
Zurech  n  Q  ngsfä  higkei  t  der  Mutier. 

Eine  33jährig6  ledige  Dienstmagd  N.  gibt  zu,  am  .%  Juli  in  der 
Entbindungsanstalt  zu  K.  geboren  und  am  15.  Juli  das  Kind  durch 
Niederhalten  des  Gesichte  auf  den  Boden  ermordet  zu  haben  ^  und 
bleibt  bei  dieser  Aussage.  Das  Gemeindeamt  gibt  der  N.  ein  gutes 
Zeugniss.  Ihr  Charakter  sei  ehrlich,  ihre  Gemiithaart  hitzig,  reisbar^ 
ihr  Temperament  aufgeregt.  Sie  lebte  atill  und  zurückgezogen.  Ein 
gleichfalls  gutes  Zeugniss  stellte  ihr  der  Dienstherr  aus»  Die  Geburt 
war  eine  normale,  der  Verlauf  des  Wochenbetts  ein  regelmässiger. 
Die  Gerichtsärzte  wiesen  auf  die  Möglichkeit  geistiger  Schwäcbe- 
zustände  nach  der  Geburt  hin.  Auf  Antrag  des  Vertheidigers  wurde 
Dn  B.  mit  der  Exploration  des  Geisteszustandes  beauftragt.  Er 
hielt  die  N,  für  nicht  geisteskrank,  auch  nicht  zur  Zeit  der  incrimi- 
nirten  That  Daraufhin  ward  auf  Antrag  der  Staatsanwaltschaft 
daa  Gutachten  der  Facultat  eingeholt  und  die  N.  zu  Graz  am  9.  und 
10.  November  explorirt.  —  Befund;  Die  N.  ist  von  Reue  gefoltert. 
Sie  ißt  von  gesunden  Eltern  geboren^  litt  als  Kind  an  Convulsionen, 
sei  im  13.  Lebensjahre  an  Kopftyphus  krank  gewesen.  Seitdem 
leide  sie  öfter  an  Kopfgchmerzen.  Mit  14  Jahren  Labe  sie  zum 
ersten  Male  menstruirt.  Explorata  hat  treue  Erinnerung  für  die 
Details  ihrer  That,  Das  Kind  habe  sie  erbarmt,  die  Möglichkeit 
einer  Versorgung   des  Kindes    erschien  ihr   ausaichtslos.     Sie   habe 


Gerichtliche  Medkin. 


717 


keinen  anderen  Ausweg  gewuast  Als  das  Kind  todt  war,  habe  sie 
noch  für  dasselbe  gebetet  Die  N,  ist  kräftig  gebaut,  von  regelmässiger 
Schädelbildung. 

Outachten  der  Grazer  medicinischen  Facultät  (Ref.  Krafft- 
Ebing):  1.  Frage:  Kann  bei  einer  Gebärenden  auch  noch 
10  Tage  nach  dem  Geburtsacto  jener  durch  den  Geburtsact  hervor- 
gerufene pathologische  Zustand  ^  welcher  die  Willensfreiheit  der 
Wöchnerin  zu  beeinträchtigen  geeignet  ist,   vorhanden  sein?     Diese 

e  berücksichtigt  die  Thatsache,  dass  der  moralisch  und  physisch 
Ichtig  eingreifende  Vorgang  der  Geburt  nicht  so  selten  psychisch© 
Ausnahmezastände  bis  zur  vollkommenen  Binnesverwlrrung  herbei- 
führt, die  als  Delirium,  Mania  transitoria,  Raptus  melancholicus  u.  s.  w. 
auftreten.  Derartige  Zustände  sind  durch  Anomalien  der  Constitution, 
präexistirende  Krankheiten^  anomale  Verhältnisse  des  Geburtsorganes 
bedingt,  treten  im  Allgemeinen  nur  während  der  Geburt  und  in  den 
ersten  Tagen  nach  derselben  auf,  Wohl  zu  berücksichtigen  ist  aber^ 
dass  die  Rückbildung  der  Genitalien  von  der  Geburt  ab  f>  Wochen 
beansprucht,  und  dass  während  dieser  Zeit  die  Wöchnerin  nicht  nur 
leichter  gemütblich  erregt  und  afficirt  wird^  sondern  auch  erfabrungs- 
gemäBS  viel  mehr  zu  psychischer  Erkrankung  disponirt  ist,  als  ausser- 
halb dieser  Zeit. 

2,  Frage:  Hat  sich  die  N.  zur  Zeit  der  That,  d.  b.  am  15.  Juli, 
in  einem  solchen  Zustande  befunden?  Dieser  Zustand  ist  bestimmt 
auszuschliessen ,  was  schon  aus  den  Thatumstäoden  zu  folgern  ist, 
die  auf  Prämeditation  und  Ueberlegung  hin  weisen  j  und  daraus,  dass 
die  N.  treue  Erinnerung  für  alle  Erlebnisse  an  jenem  Tage  hatte. 
Es  dürfte  nicht  zu  bezweifeln  sein,  dass  die  Thäterin  zur  Zeit  der 
That  gemüthlich  sehr  afficirt  war,  doch  muss  verneint  werden,  dass 
dieser  affectvolle  Zustand  die  Grenze  des  physiologischen  Affects 
überschritten  habe.  Es  wäre  denkbar,  dass  N.  zur  Zeit  der  That 
geisteskrank  gewesen  wäre.  Die  einzige  sich  hier  ergebende  Mög* 
lichkeit  wäre  Gemüthskrankheit  (Melancholie).  Auch  diese  Ver- 
mutbuDg  ist  nicht  haltbar,  wenn  man  erwägt,  dass  eine  solche  Krank- 
heit mindestens  Wochen  anhält,  deutliche  geistige  und  auch  körper- 
liche Symptome  bietet,  von  denen  keines  bei  der  N,  weder  während 
der  Schwangerschaft,  noch  im  Wochenbett,  noch  später  in  der  Haft 
Laien  wie  Aerzten  auffindbar  ist.  Die  Explorata  muas  desbaib  als 
eine  Persönlichkeit  bezeichnet  werden,  bei  der  weder  vor,  noch 
während,  noch  nach  der  incriminirten  That  Zeichen  einer  Sinnes- 
verwirrung oder  einer  Geisteskrankheit  nachweisbar  sind.  (Friedreich'ß 
Blätter  f.  ger.  Med.  1892,  H.  L) 


718 


Wiener, 


I 


Kann    die    Strangfarche    bei    Tod    durch    Nabel scb im r- 
Dmschlingang    fehlen? 

Gasper-Liman  sagt:  ^Die  Atiabilduiig  siner  Straogmarke  kanD 
gar  nicht  anders  als  nach  dem  Tode  erfolgen;  sie  ist  nur  eine 
Laichen^racheinuDg/^  Eine  experimentelle  Bestätigung  am  lebenden 
Menschen  büdet  ein  von  Klein  (WwÄburg)  beschriebener  Fall  Bei 
einem  Kinde,  dessen  Herztöne  bis  etwa  5  Minuten  vor  der  Geburt  des 
Kopfes  noch  normal  waren-,  konnte  die  zweimal  fest  um  den  Hals  ge- 
schlungene Nabelschnur  nicht  gelockert  werden,  sondern  musste  vor 
Geburt  des  Rumpfes  am  Halse  durchachnitteu  werden*  Sie  lag  nicht 
nur  sehr  fest  dem  Halse  an,  sondern  war  überdies  sehr  straff  gegen 
die  Placenta  hin  angezogen.  Die  Gesichtsfarbe  war  ebenso  blaas  wie 
die  übrii^e  Hautfarbe.  Keine  Druckiuarke  am  Kopf,  Gesiebt  und 
Hals*  Für  die  Praxis  ist  vor  Allem  wichtig,  dasa  bei  Tod  durch 
Nabelschnurumschlingung  um  den  Hals  die  Strangrinne  fehlen  kann 
und  stets  fehlen  wird  ^  wenn  die  Nabelschnur  bald  nach  dem  Tode 
des  Kindes  gelockert  wörde  oder  sich  selbst  lockerte.  Noch  weist 
Klein  auf  den  von  allen  Autoren  betonten  Umstand  hin,  dass  durch 
Beugung  des  Kopfes  nach  dem  Tode  Falten  am  Halse  entstehen 
können,  die  in  Bezug  auf  Verfärbung,  Yertiefung,  ja  gelegentlich 
selbst  im  Verlaufe  den  Strangrinnen  vollkommen  gleichen«  (Viertel- 
jahrsßchr*  f.  ger.  Med.  1892,  Januar.) 

Sarggeburt. 

Im  Januar-  und  Aprilheft  1892  der  Vierteljahrsschrirt  für  ge- 
ricbtliche  Medicio  veröfientlichen  Bleisch-Kosel  und  Bezirksarzt 
Hankel- Glauchau  je  einen  Fall  von  Sarggeburr,  Im  ersten  Falle 
war  das  Kind  ein  reifes,  im  zweiten  eine  Frucht  von  32  Wochen, 
In  beiden  Fällen  lagen  die  Kinder  zwischen  den  Schenkeln  der 
Mütter,  vor  den  Geschlechtstheilen  der  Mutter  in  beiden  Fällen  die 
umgestülpte  uod  vorgefallene  Gebärmutter.  Kinderleichen,  Nabel-  _ 
schnür  und  Nacbgeburtstheile  wurden  in  ihrer  ganzen  Vollständigkeit  I 
unverletzt  und  in  ungestörtem  gegenseitigem  Zusammenhange  vor- 
gefunden. Bei  der  £in&argang  waren  die  Mütter  unentbunden, 
künstliche  Entbindungseingriffe  hatten  nicht  stattgefunden.  Im  Falle 
Bleisch  wurde  die  gerichtliche  Obduction  am  4.  Tage  und  die  im 
Falle  Hank  ei  gleichfalls  am  4.  Tage  vorgenommen.  Die  Leichen 
der  Mütter  befanden  sich  im  Zustande  hochgradiger  Fäulniss.  Der 
Bauch  derselboü  war  stark  autgetriebenj  und  Hankel  fiiblte,  dasa 
die  Darmpartien  hinter  der  umgekehrten  Gebärmutter  stark  gespannt 


I 


Gerichtliche  Medtcin. 


719 


wareii.  Iq  beiden  Fällen  handelt  es  aich.  zweifellos  om  Geburten 
iffl  Sarge.  Es  dürfte  keinem  Zweifel  unterliegen^  dass  die  Geburten 
durch  die  Wirkung  der  Fäulnissgase  zu  Stande  kamen.  Wo  bei 
Eröffnung  des  Sarges  Kindeäleiche,  Nabelschnur  und  Nachgeburts* 
theile  in  ilirer  ganzen  Vollständigkeit  und  im  Zusammenhange  un- 
verletzt, sowie  in  einer  Lagerung  bei  der  mütterlichen  Leiche  ge- 
funden werden,  welche  der  aus  dem  Befunde  an  der  Kindesleiche 
SU  reconstruir enden  Kiudeslage  in  der  Geburt  entspricht,  würde  man 
sich  bei  der  Begutachtung  ohne  Bedenken  dahin  aussprechen  dürfen, 
dass  die  Geburt  vor  der  Sarglegung  der  Leiche  nicht  stattgefunden 
habe.  Die  Möglichkeit  von  Sarggeburten  ist  lange  angezweifelt 
worden.  Obwohl  angenommen  werden  kann,  dass  in  den  meisten 
FäQen  die  Faulnissgase  die  allein  austreibende  Wirkung  haben,  60 
muss  doch  die  Möglichkeit  einer  Entbindung  durch  die  postmortale 
ContractioD  der  Gebärmutter  zugegeben  werden*  Eine  solche  post- 
mortale  Contraction  dauert  aber  höchstens  bis  eine  Stunde  nach  dem 
Tode  an. 


XV. 


Medicinalwesen  im  engeren  Sinne. 

Von  KreiBphysicui  Gelh  ßanitätsrath  Dr.  Wiener  in  Graudenz, 

A.    Deutschland. 
Aledieinallieaiiite. 

Wenn  das  Wort:  ,, Künftige  Ereiguiöse  werfen  ihre  Schatten 
voraus"  sich  hier  bewahrheiteii  solltei  dann  dürfte  es  endlich  zn  einer 
Aenderung  des  preuas lachen  Fhysikats  kommen  in  dem 
Sinne,  dasa  die  Stellung  der  Physiker  eine  selbstindigere  wird,  dass 
sie  aus  eigener  Initiative  in  Fragen  des  öfFentlichen  Gesundheite- 
Wesens  vorgehen  dürfen.  In  Bezug  auf  Infectionskrankheiten  wird 
das  Beichsseuchengesetz  vorauasichtlLch  die  Bestimmung  enthalten, 
4 aas  die  Anzeigen  vom  Ausbruch  derselben  Dicht  durch  die  Polizei- 
behörde und  das  Landrathsamt^  sondern  direct  an  den  Physicus  ge- 
langen, und  dass  letzterer  fortan  nicht  erst  vom  Landrat li  requirirt 
werden  musa,  um  einzugreifen.  Für  eine  solche  selbständigere  Stel- 
lung der  Physiker  haben  wir  immer  und  immer  wieder  plaidirt. 
Dass  die  Nothwendigkeit  derselben  oben  erkannt  wird,  haben  die 
vorjährigen  Ministerialverfügungen  während  der  Cholera  dargethan. 
Es  ist  aber  nicht  richtig,  erst  solche  aufrüttelnde  Anlasse  abzu- 
warten^ um  das  für  nothwendig  Erkannte  zur  practischen  Ansfilh- 
rung  zu  b  riß  gen.  Das  ist  die  Ursache,  weshalb  es  in  Preussen  mit 
der  öffentlichen  Gesundheitspflege  bislang  eigentlich  recht  übel  be- 
stellt war. 

Schon  vor  mehreren  Monaten  berichteten  politische  Blätter^  dass 
der  Cuhusmio ister  beim  Finanzminiater  die  Bereitstellung  von 
Mitteln    zu    einer   gründlichen  Medicinalreform  angeregt 


Medicinalwescn  im  engeren  Sinner  Deu(ach!and, 


721 


habe,  in  jilogster  Zeit,  dass  eixie  Summe  ftir  die  Aufbesserung 
der  Pliysikate  bereits  in  den  Etat  eingestellt  seiO*  An- 
dererseits wieder  liest  man,  dass  die  vom  Caltusminister  eingefor- 
derten Nachweise  der  EinDahmen  der  Kreisphysiker  Ergebnisse  ge- 
liefert haben,  wonach  sieb  die  letzteren  materiell  so  gut  und  besser 
stehen^  als  die  Reglerungsmedioinalräthe.  Hierbei  ist  nur,  die  Rich- 
tigkeit dieser  Ergebnisse  zugegeben,  der  grosse  Unterschied,  dass 
die  Thätigkeit  der  Physiker  eine  aufreibendere  und  gefahrlicbere  ist 
und  dassi  wenn  sie  im  Dienste  des  Staates  früher  als  andere  Be- 
amtenkategonen  dieustunfähig  geworden  sind,  oder  wenn  sie,  wie  es 
nicht  vereinzelt  vorkommt,  sich  in  Ausübung  der  Berufspflicht  bei 
Constatirung  von  Infectionskrankheiten  den  Tod  holen,  dass  in  allen 
solchen  Fällen  sie  bezw.  die  Ihrigen  hülflos  bleiben  und  verhungern 
können*  Was  die  Physiker  beanspruchen  und  was  ihnen  zu  grossem 
Unrecht  vorenthalten  wird,  das  ist  die  volle  Beamtenqualität — Pen- 
sionsberechtigung. Nicht  auf  hohes  Gehalt  kommt  es  so  sehr  an,  als 
darauf,  dass  für  sie  im  Älter  in  gleicher  Weise,  wie  für  alle  übrigen 
Beamten,  gesorgt  sei,  önd  dass  im  Todesfalle  Wittwen  und  Waisen 
nicht  betteln  dürfen.  Denn  bei  ihnen  heisst  es:  ^toajours  en  vedette^. 
Sie  müssen  bei  Sturm  und  Wetter  zur  Constatirung  der  Infectiona- 
krankheiten  in  die  elendesten  Hütten  treten.  Wie  leicht  können  sie  trot^ 
aller  Vorsicht  Infectionskeime  forttragen,  in  die  Familie  einschleppen, 
ihre  eigene  und  die  Gesundheit  und  das  Leben  der  Ihrigen  gefährden  1 
Das  Exempel  von  den  guten  Einnahmen  stimmt  also  bdchstens  nur 
so  lange,  als  der  Physicus  dienst-  und  arbeitsfähig  ist^  nicht  aber, 
wenn    er   verbraucht  ist  und   ihm  der  Dienst  gekündigt  wird.     Hie 

bhaeret  aqua! 
Dass  es  in  den  anderen  deutschen  Etnzelstaaten  anders  und 
schon  darum  besser  um  die  Medicinalbeamten  bestellt  ist,  als  sie 
volle  Beamten qualität  haben,  ist  bekannt  In  Bayern  sind  in  jüng- 
ster Zeit  Gehaltsaufbesserungen  eingetreten,  die  mit  dem  Dienstalter 
steigen,  was  bei  einer  etwaigen  Pensionirung  für  die  bayerischen 
Amtsoollegen  von  grosser  Bedeutung  ist.  Auch  der  Wohnungsgeld - 
saschuss  wurde  erhöbt. 


Bezüglich  Ausstellung  von  Attesten  der  Kreisphysiker 
für  Staatsbeamte  sind  seitens  der  preussischen  Minister  der  öffeni- 


1)  Scheint  eich  nach  der  Rede  des  Fiiianzininisters  bei  Einbringung 
des  Etats  in  der  Abgeordnelen hanflsitznng  vom  12,  Januar  1893  leider  nicht 
lu  bestätigen. 

I  d,  prtct  Hedicin.    1H93.  ^ 


722 


Wiener. 


lieben  Arbeiten  und  der  Finanzen  zwei  wichtige  Entscbeidungen  ge* 
troiTen  worden.  Die  eine  dafcirt  vom  31*  Januar  1B92,  die  »weite 
vom  13.  August  1892.  Nach  denselben  sind  die  Kreis- 
phyöiker  berechtigt,  bei  Abgabe  eines  eingehenden  moti- 
virten  Gatacbtens  über  den  Gesundbeitezuatand  eines 
Beamten  nach  Massgabe  des  §  3  Nr.  6  des  Gesetzes  vom 
9.  März  1872  eine  Gebühr  ssu  beanspruchen.  Der  Ministerial- 
erlass  vom  16,  Februar  1844,  wonach  die  Kreismedicinaibeamten  zur 
unentgehlichen  Bewirkung  der  UiiterBUchung  des  Gesundheitszustandes 
königHcher  Beamten,  sowie  zur  unentgeltlicberi  Ausstellung  der  Befund- 
attehte  verpflichtet  werden,  bezieht  sieb  nur  auf  die  Ausstellung  von 
Befund  sehe  inen  ohne  nähere  gutachtliche  Aeusserung,  nicht  aber  auf 
Gutachten  im  Sinne  der  Nr.  G  gedachten  Gesetaea.  Solche  Gut- 
achten, zumal  wenn  sie  in  der  durch  den  Circularerlass  des  Ministers 
der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten  vom  20.  Januar  1853  bezw. 
11,  Februar  1856  vorgeschriebenen  Form  abgegeben  werden,  fallen 
immer  nnter  §  3  Nr.  6  des  Gesetzes  vom  9.  März  1872. 

Vom  1.  April  1893  ab  sollen,  wie  der  preussische  Herr  Minister 
der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten  auf  eine  Eingabe  der  Kreispbjsiker 
des  Kegierungsbezirks  Trier  erwidert  bat,  die  bei  sämmtlicben  Staats- 
behörden lind  einzelötebenden  Beamten,  insbesondere  auch  den  Kreis- 
physikern in  Ötaatsdienstangelegenheiten  entstehenden  Postporto- 
und  Gebühr  enbe träge  in  einer  Durchscbnittssunme  gezahlt  werden. 
Der  gleichzeitig  gestellte  Antrag,  den  Physikern  Schreibhülfe  zu  ge* 
währen,  iät  abgelehnt  worden. 

unterm  23.  März  1892  hat  der  preussische  Handelsminister  eine 
Dienstanweisung  für  die  Gewerbeaufsichtsbeamten  erlassen. 
Dieselben  haben  sich  nach  §  12  der  Anweisung  mit  den  technischen 
Beamten  des  Kreises  (Kreisphjsicus  und  Kreisbaumeister)  über  die 
den  amtlichen  Wirkungskreis  derselben  berührenden  Fragen  ins  Be- 
nehmen zu  setzen  und,  falls  sie  eine  Mitwirkung  dieser  Beamten  bei 
den  von  ihnen  vorzunehmend en  Besichtigungen  für  erforderlich 
halteup  ihre  darauf  gerichteten  Anträge  bei  dem  zuständigen  Regie- 
rungspräsidenten anzubringen. 

Mittels  Erlasses  vom  5.  März  1891  hatte  der  preussische  Cultns- 
minister  den  Regierungspräsidenten  ein  Druckexemplar  des  Berichtes 
der  Königlichen  Wiseenschaftlichen  Deputation  für  das  Medicinalwesen 
vom  29.  October  bis  1.  November  1890  mitgetheilt,  betreffend  die 
Feststellung  gewisser  Grundsätze  für  die  Beurtheilung  der  Proj  ecte 


Medicinalwesen  im  eogeren  Siime;  Deutschland. 


723 


zur  Anlage  oder  Erweiterung  von  Begräbnissplätzeu, 
sowie  der  Begräbnissplatzordnungs weise  vom  Standpunkte  der  öffent- 
lichen Gegundheitspflege.  Durch  Runderlass  vom  20.  Januar  1892 
bestimmt  nun  der  Herr  Minister  weiter,  dass  die  BeurtheüuDg  durch- 
weg unter  Beachtung  der  Beschlüsse  der  genannten  Depotation  statt- 
finden soll,  und  dass  fortan  zur  Prüfung  in  jedem  Falle  der  zustän- 
dige Medicioalbeamte  (Kreispiiysicus  etc)  hinzuzuziehen  ist.  Die 
Mitwirkung  denselben  hat  in  der  Regel  unter  eigener  örtlicher  Prü- 
fung der  Verhältnisse  zu  erfolgen.  Von  dieser  Prüfung  darf  in  ein- 
zelnen Fällen,  und  zwar  dann  Abstand  genommen  werden,  wenn  die 
geplante  Benutzung  des  Platzes  zu  Begrahnissz wecken  unzweifelhaft 
als  hygienisch  unbedenklich  zu  erachten  ist  (dünnbevölkerte  Gegend, 
weite  Entfernung  des  gewählten  Platzes  von  Wohnatätten  und 
Wasserentuahmeatellen,  tiefer  Stand  des  Grundwasserspiegels,  eine 
dem  trockenen  Leichenzerfalle  günstige  Bodenbescbaffenheit).  Hier- 
über haben  die  Präsidenten  zu  entscheiden.  —  Nach  einer  weiteren 
Ministerialvertügung  vom  18.  Octoher  1892  ist  jedes  Physikatsgut- 
achten  über  derartige  Neuanlagen  oder  Erweiterungen  von  dem  zu- 
ständigen Regierangs-  und  Medicinah-ath  zu  prüfen  und  mit  einem 
Vermerk,  dass  dies  geschehen  ist,  zu  versehen.  Im  Fall  das  amts- 
ärztliche Gutachten  nicht  genügt,  ist  dasselbe  zur  VervoUstfindigung 
an  den  Gutachter  zurückzugeben. 


Zur  Erstattung  der  General-Sanitätsberichte  derRegie- 
r ungsmedicinalräthe  hat  der  preussische  Cultusminister  Bemer- 
kungen erlassen,  die,  weil  sie  auch  als  Richtschnur  für  die  Berichte 
der  Kreispbysiker  gelten  können,  hier  auszugsweise  wiedergegebeo 
werden  sollen. 

1)  Bei  der  Mittheilung  über  meteorologische  Beobachtungen 
soll  auf  Einzelheiten  nur  insoweit  eingegangen  werden,  als  es  der 
Bedeutung  für  die  Gesundheit  und  Sterblichkeit  entspricht.  Das- 
selbe gilt  bei  der  Schilderung  von  Ueberschwemmungen. 

2)  Bezüglich  der  Bewegung  der  Bevölkerung  sollen  die  Angaben 
für  die  einzelnen  Berichtsjahre  unter  einander  verglichen  werden 
können.  [Sind  für  eines  der  drei  Kalenderjahre,  auf  welche  sich 
der  Bericht  bezieht,  die  Ergebnisse  einer  in  demselben  erfolgten 
Volkszählung  bereits  festgestellt,  so  sind  diese  zu  benutzen.  Für 
andere  Berichtsjahre  sind  die  Ziffern  der  zwischen  den  letzten  beiden 
Volkszählungen  stattgefundenen  Zu-  bezw.  Abnahme  durch  5  zu  divi- 
diren,  und  der  sich  hierbei  ergebende  Quotient  ist  mit  der  Zahl  der  auf 
die    letzte    dem  Berichtsjahr  vorangegangene   Volkszählung  bis  ein- 


724 


Wiener» 


liesslicb  des  Berichtsjabres  gefolgten  Jahre  zu  malttplicireii  und 
zu  den  ZifFem  jener  Volkszäblung  in  Addition  bezw.  Subtraction  zu 
bringeta.]     (Siehe  im  Folgenden:  Zu  Formular  L) 

3)  EiDzelbeiten,  welche  in  dee  Berieb ten  der  Physiker  eine  be- 
rechtigte Stelle  finden p  eignen  sich  meist  nicht  zur  unverkürzten 
Wiedergabe.  Inabesoodere  wird  die  Darstellung  des  Verlaufs  von 
Epidemien  zu  weitschweifig  und  wenig  übersichtlicb,  wenn  über  jede 
Infectionskrankheit  gesondert  f^r  jedes  Jahr  und  jeden  Kreis  be* 
richtet  wird.  Die  Mittheilung  jeder  einzelnen  Ortschaft,  in  welcher 
Falle  einer  Infectionskrankheit  vorgekommen  sind,  kann  zwar  fär 
den  Phyaikatsbericbt  zweckmässig  sein,  für  den  General bericht  wird 
es  ausreichen^  wenn  in  demselben  für  das  flache  Land  angegeben 
wird,  auf  wie  viele  Ortschaften  sich  eine  gewisse  Zahl  von  Erkran- 
kungs-  und  Todesfällen  in  einem  Kreise  vertheilt* 

Es  sind  Formulare  zur  Benutzung  beigegeben  und  daran  Be- 
merkungen geknüpft. 

Zu  Formular  1 :  Zahl  der  Einwohner.  (Siehe  im  Vorhergehen- 
den Ziff,  2  das  in  eckigen  Klainmern  Bemerkte.) 

Zu  Formular  2:  Oeburten.  Bei  der  Berechnung  der  Geburts- 
Ziffern  auf  IQQO  Einwohner  ist  die  Volkszählung  zu  verwerthen. 

Zu  Formular  3:  Zahl  der  Gestorbenen.  Todtgehurten  sind  aus- 
zuschliessen.  Zur  Berechnung  muss  die  Gesammtzahl  der  Gestor- 
benen benutzt  werden.  Die  Ortsfremden  sind  nicht  nur  von  der 
Zahl  der  Gestorbenen  in  Abzug  zu  bringen ,  vielmehr  muas  deren 
Zahl  auch  von  der  Volkszabl  abgesetzt  werden.  Bei  der  Berech- 
nung der  Sterbeziffer  auf  1000  Einwohner  ist  die  Volkszabl  zu  ver- 
werthen. 

Die  Todesursachen  sind  nach  den  Bezeichnungen  des  Kdnig- 
liehen  Statistischen  Bureaus  zu  geben  (Nummer  und  Name), 


Von  principieüer  Wichtigkeit  ist  eine  Entscheidung  des  Ober- 
landesgericbts  zu  Posen  vom  26.  März  1892^  wonach  der  Sachver- 
ständige zur  Wahrnehmung  eines  Termins  unter  Umständen 
für  2  Tage  Tagegelder  zu  beanspruchen  hat.  In  der  Ausführung 
heisBt  es:  „Die  Wahrnehmung  des  Termines  vor  dem  Schwurgericht 
bedingte  es,  dass  der  Sachverständige  in  voller  Frische  vor  dem  Ge- 
riebt erschien,  um  im  Stande  zu  sein,  einer  über  eine  Reihe  von 
Stunden  sich  hinziehenden  Verhandlung  zu  folgen  und  demnächst 
ein  sachgemässes  Gutachten  abzugeben.  Die  Frische  musate  oder 
konnte  doch  beeinträchtigt  werden  ^  wenn  der  Sachverständige  zur 
Reise   nach  0.   sich   des   um  5  Uhr  50  Minuten   von  J.  abgehenden 


Medidnalweaen  im  engeren  Sione:  Beutflchland. 


725 


Morgenzuges  bedieDte  oDd  dadurch  genöthigt  war,  in  froher  Morgen- 
Btonde  B6)ne  Nachtruhe  zu  unterbreclieQ  und  dafür  zu  sorgen ,  dasa 
er  rechtzeitig  den  abgeheoden  Zug  erreichte.  Es  war  daher,  zumal 
der  Termin  in  den  tiefen  Winter  fiel  und  vor  dem  Schwurgericht 
Bustand,  fnr  den  Beschwerdeführer  angezeigt^  daBs  er  die  Reise  be* 
reits  Tags  vorher  antrat^  und  sind  ihm  demgemäss  auf  Gruod  der 
Vorschrift  in  §  14  der  Gebührenordnung  für  Zeugen  und  Öachver- 
stäüdige  auch  für  diesen  Tag  Tagegelder  in  der  vorgeschriebenen 
Höhe  zu  gewähren," 

Betreffend  Erstattung  von  Gutachten  seitens  der  Medicinal- 
beamten  beiFestatellung  von  Unfall-,  Invaliden-  und  Alters- 
renten bestimmt  das  Grossherzoglich  ba  diso  he  Ministerium  durch 
Erlass  vom  7-  December  1891 ,  dass ,  wenn  der  Antragsteller  die 
Kosten  für  das  eribrderiiehe  ärztliche  Zeugniss  zu  tragen  ausser  Stande 
ist,  das  BezirkBamt  an  Stelle  desselben  eine  Begutachtung  durch  den 
Bezirksarzt  herbeiznluhreo  hat.  Glaubt  das  Bezirksamt^  dass  durch 
das  ärztliche  Attest  die  Frage  der  Erwerbsunfähigkeit  nicht  aus- 
reichend aufgeklärt  ist^  daun  ist  gleichfalls  ein  Gutachten  des  Be- 
zirksarztes  zu  erheben.  Kann  die  Untersuchung  des  Antragstellers 
nicht  am  Wohnsitze  des  Bezirkaarztes  erfolgen,  dann  können  neben 
der  Geschäftsgebühr  noch  Diät-  und  Beisekosten  in  Ansatz  gebracht 
werden, 

Muster  für  die  ärztlichen  Zeugnisse  sind  zur  EeststelluDg  ge- 
langt. Die  Bezirksärzte  sind  in  denjenigen  Fällen ^  in  welchen  von 
ihnen  Gutachten  zur  Aufklärung  der  nach  Erstattung  und  Vorlage 
eines  ärztlichen  Zetignisseä  verbleibenden  Bedenken  erhoben  wird^ 
nicht  gehalten,  das  vorgeschriebene  Muster  zu  Grunde  zu  legen. 

Bezüglich  der  Gebühren  erhielt  die  Verordnung  vom  17*  No- 
vember  1887  folgende  Zusätze:  13)  Untersuchung  des  körperlichen 
und  geistigen  Zustande  nebst  Erfundsbericht  und  Gutachten  behufs 
Feststellung  der  Erwerbs  Unfähigkeit  bei  Beantragung  einer  Invaliden- 
rente auf  Ersuchen  einer  Behörde:  2  Mk.  14)  Untersuchung  nebst 
Erfuudsbericht  und  Gutachten  über  den  Zustand  und  den  Grad  der 
Erwerbsunfähigkeit  eines  durch  Unfall  Verletzten  auf  Ersuchen  der 
landwirthschaftlicheo  Berufagenossenschaft:  2  Mk*  Ist  eine  längere 
Beobachtung  oder  eino  schwierige  oder  mehrmals  vorzunehmende 
Untersuchung  erforderlich,  kann  die  Gebühr  um  f*  Mark  erhöht 
werden* 

Das  Grossherzoglich  mecklenburg-schwerin'sche  Mini- 
sterium ermächtigt  durch  Runderlass  vom  22.  September  1892  die 


7W 


Wiener, 


Kreisphysiker,  wenn  sie  es  nach  pflichtroägBigem  Ermessen  fnr  nöthig 
halten,  sich  —  auch  abgesehen  von  der  Bestimmuiig  in  Ziffer  2  der 
Instruction  vom  13.  Mai  1841  —  beim  Auftreten  von  Typhus  an 
einem  Orte  ihre«)  Bezirkes  ohne  zu  vorige  Genehmigung  des  Mini- 
steriums an  Ort  und  Stelle  zu  begeben  and  dort  gemäss  Kap,  II 
§  4  der  Medicinalordnong  mit  der  Ortsobrigkeit  die  erforderlichen 
Anordnungen  zu  trefTen.  Die  Kosten  derjenigen  Reisen,  welche  die 
Kreisphysiker  auf  Requisition  der  Ortsobrigkeiten  machen,  sind  bei 
den  letzteren  zu  liquidiren. 


Eine  Verfügung  des  Obersanitatscoliegiums  des  Hersogthums 
Braunschweig  vom  22,  Juli  1892  an  sämmtliche  Pbyaiker  fordert 
mit  Bezugnahme  auf  das  Eundschreiben  vom  5.  November  1891,  alle 
Leichenschau  berichte  so  abzufassen,  als  ob  dieselben  den  ersten 
Tbeil  der  gerichtlichen  Section  bildeten,  insbeeondere  dieselben  in 
ihren  einzelnen  Theileu  zu  nummeriren,  Lei  eben  verfärb  an  gen  ^  Ex- 
corialionen  etc*  einzoschDeideu  und  darüber  einen  Vermerk  zu 
machen*  Ergibt  sich  aus  der  äusseren  BeBichtigung  die  Todesursache 
nicht,  so  ist  das  Ghutachten  dahin  abzugeben,  dass  sich  aus  der 
äusseren  Besichtigung  die  Todesursache  nicht  feststellen  lasse,  viel- 
mehr die  Vornahme  der  Section  erforderlich  sei. 

Eine  Rund  Verfügung  des  Ministeriuins  der  Justiz,  des  Cultus 
und  des  Unterrichts  des  Grossb  erzogtbums  Darmstadt  vom 
2.  Juni  1892  an  die  Staatsanwaltschaften  und  Amtsgerichte,  sowie 
abschrifUtch  durch  Verfügung  vom  30.  Juni  1892  an  alle  Bezirks- 
ärzte, empfiehlt  nachdrücklich,  bei  gewaltsamen  Todesurten  in 
der  Regel  die  Vornahme  der  gerichtaärztlichen  Leichen- 
beaichtigung  anzuordnen  und  hiervon  nur  in  aolchen  Pälien 
abzusehen,  in  denen  das  Vorhandensein  einer  strafbaren  Handlung 
von  vornherein  oder  durch  zuverlässige  Erhebungen  mit  Bestimmt* 
heit  ausgeschlossen  ist.  Die  Grunde  der  Unterlassung  der  gerichts- 
ärztlichen Leichen besichtigung  sind  jeweils  in  den  Acten  festzu- 
stellen. 

.4erzte. 

Nach  dem  Heichsmedioinalkalender  pro  1893  beträgt  die  Zahl 
der  Aerzte  in  Deutschland  20&I30,  die  der  Zahnärzte  828.  In 
Preussen  ist  die  Zahl  der  Aerzte  von  11201  auf  12074,  die  der 
Zahnärzte  von  457  auf  521  gestiegen.  Berlin  hat  1 6B6  Aerzte  gegen 
1524  des  Jahres  vorher  und  149  Zahnärzte  gegen  114  des  Vorjahres. 
Während  auf  10000  Einwohner  in  Preussen  4^5  Aerzte  komme 


Medicinalweaen  im  engeren  Sione:  Deutschland. 


7t47 


kommen  auf  lOOlH}  Ein  wohn  er  Berlins  10^36.  Trotz  dieser  Ueber- 
fülle  von  Aerzten  merkt  man  nichts  von  eioer  Abnahme  der  Medicin 
Studirenden.  Und  wönn  nun  gar  noch  Frauen  zum  Studium  der 
Medicin  zugelassen  werden  ^),  wag  nur  eine  Frage  der  Zeit  ist,  dann 
fuimus  Troes! 


• 


Der  preuasiache  Herr  Cultusminister  hat  den  Erlass  einer 
neuen  Taxe  auf  Gnitid  des  §  80  der  Keichsgewerbeordnung  als 
Norm  für  streitige  Fälle  in  Aussicht  genommen  und  durch  Eund- 
erlass  vom  19.  November  1892  an  die  Oberprüsidenten  es  als  wün- 
schenswerth  bezeichnet^  über  mehrere  allgemeine  Fragen  die  Aerzte- 
kammem  gutachtlich  zu  hören ^  und  zwar:  1,  ob  eine  einheitliche 
Taxe  für  die  ganze  Monarchie  oder  besondere  Taxen  für  di&  ein- 
zelnen ProvinÄen  zu  erlassen;  II,  ob  nur  der  Mindestbetrag  der  zu 
gewährenden  Gebühren  oder  ein  Mindest-  and  Höchstbetrag  festzu- 
stellen sei;  111.  wie  die  Frage  zu  Behandeln  ^ei,  falls  der  Arzt  beim 
Besuche  eines  Kranken  einen  längeren  und  zeitraubenderen  Weg 
zurückzulegen  hat,  ob  ihm  dann  neben  der  Gebühr  für  die  ärztliche 
Verrichtung  Enteohädigangea  für  die  Fubrkosten  etc,  und  die  Zeit- 
versäumniss  zuzubilligen  sind.  Ausserdem  sind  Untertragen  gestellt. 
—  Dem  Eef.  liegen  zur  Zeit  die  ProtocoUe  der  Aerztekammern  West- 
preussens  und  Schleswig-Holsteins  vor,  aus  denen  sich  ergibt,  dasß 
viele  Fragen  eine  veröchiedene  Beantwortung  erfahren  hoben,  so  dase 
zu  befürchten  steht,  dass  der  in  Aussicht  genommene  Erlass  an  der 
tnangelnden  Uebereinstimmung  der  Aerztekammern  scheitern  könnte, 
wie  ehemals  der  vom  Minister  Falk  ausgearbeitete  Entwurf  einer 
neuen  Taxe  durch  die  Verschiedenartigkeit  der  Gutachten  der  ge- 
hörten Regierungen  gescheitert  ist.  Warum  tritt  in  Fragen  von  so 
allgemeinem  ärztlichen  Interesse  nicht  der  Aerztekammer-Ausscbuss 
zu  gemeinsamer  Action  zusammen? 


Aerztekamnieru  and  Aerzterereine. 

Eine  Königliche  Verordnung  vom  21.  Juni  1892  bestimmt  unter 
Aufhebung  des  ersten  Absatzes  des  §  3  der  Verordnung 
vom  25.  Mai  1887,  betr,  die  Einrichtung  einer  ärztlichen  Standes- 
vertretung,  dass  zu  den  Sitzungen  der  ProvinzialmedicinalcoUegien 
und  der  Wissenschaftlichen  Deputation,  in  welchen  allgemeine  Fragen 


*)  Der    p  reu  s  81  «che    anü    bailische    Landtag    haben    auf   dies  bezügliche 
tiiifiripn  hereiis  in  diesem  Sinne  ßeechlüsfie  gefa^tst. 


728 


Wiener, 


oder  besonders  wichtige  Gegenstände  der  öfFentlicben  Gesundbeits- 
pflege  zur  Berathang  stehen^  oder  in  denen  über  Anträge  von  Aerzte- 
kammem  beschlossen  wird,  Vertreter  der  Aerztekammem  alä  ausser- 
ordentlicbe  Mitglieder  mit  voller  Stimme  zuzuziehen  sind. 

Der  in  ärztlichen  Kreisen  bestehende  Wunsch,  die  Disciplinar- 
bef'ugnisse  der  Aerztekammern  ku  erweitem  und  ähnliche 
ehrengerichtliche  Institutionen  einzuführen,  wie  solche  für  die  Rechts- 
anwälte bestehen,  hat  den  Herrn  Minister  veranlasst^  die  Aerzte- 
kammem zu  einer  gutachtlichen  Aeusserung  über  diese  Frage  auf- 
fordern zu  lassen,  Wohl  haben  sich  sämmt liehe  Aerztekammem  in 
bejahendem  Sinne  zur  Frage  ausgesprochen  und  eine  Aenderung  der 
bisherigen  Ausnahmestellung  der  Medicinalbeamten  und  Militärärzte 
in  irgend  einer  Form  für  unerlässlicb  bezeichnet.  Diese  Form  dürfte 
sich  indess  schwer  Hnden  lassen,  und  daran  dürfte  die  Sache 
sob  eitern» 

In  der  am  30.  November  1891  abgehaltenen  Sitzung  des  Landes- 
medicinalcoliegiums  des  Königreichs  Sachsen  wurde  der  von  Prof. 
Bircb-Hirschfeld-Leipzig  gestellte  Antrag,  daas  die  ärztlichen 
Vereine  mit  gesetzlichen  Berechtigungen  ausgestattet  würden,  die 
ihnen  mehr  als  bisher  eine  Disciplinargewalt  über  sämmtliche  Aerzte 
gewähren^  einstimmig  angenommen  mit  dem  von  Med.-Bath  FHnz er- 
Chemnitz beantragten  Zusatz,  die  Kreisvereinsansschüsse  zu  beauf- 
tragen, mit  thunlicbater  Beächleunigung  bestimmte  Vorlagen  zu 
machen,  dazu  auch  die  Mitwirkung  der  medicinischen  Facultät  zu 
erbitten  und  die  gewonnenen  Unterlagen  sodann  dem  Landeemedi- 
cinalcollegium  zu  unterbreiten. 


I 


Krankenkaäs«"!},  Herufs^eiK^sseiiBehaneii^  l^o  fall  versieh  cruuji^s-,  Alters- 
fiiiil  ItivalitlitutsverdcherttngS'Attstalteii. 

Die  vom  Reichstage  angenommene  Novelle  zum  Rranken- 
kasseDversioherungBgesetz  hat  die  Kaiserltche  Sanction  er- 
halten und  ist  am  1.  Januar  1893  in  Kraft  getreten.  Danach  ist 
den  Krankenkassen  das  Hecht  eingeräumt^  durch  8tatut  festzusetzen, 
dass  den  Versicherten  ärztliche  Behandlung,  Arznei,  sowie  Cur  und 
Verpflegung  nur  durch  bestimm  te  Aerzte^  Apotheken  und  Kranken- 
häuser zQ  gewähren  ist,  und  die  Bezablang  der  durch  Inanspruch- 
nähme  anderer  Aerzte  etc.  entstandenen  Kosten,  von  dringenden 
Fällen  abgesehen,  abgelehnt  werden  kann.  Jedoch  ist  nach  §  55a 
die   höhere  Verwaltungsbehörde   auf  Antrag  von   mindestens  30  be- 


Medfciiialwesen  im  engeren  Sinne:  Deutschland,  739 

theiligteD  Versicherten  nach  Anhörang  der  Kaase  und  der  Aufaicbts- 
behörde  befugt,  die  Ge Währung  der  Krankenleistungeo  durcb  weitere 

^als  die  von  der  Kasse  bestimmten  Aerzte  etc.  zu  verfügen,  wenn 
durch  die  von  der  Kasse  getrojffenea  Anordnungen  eine  den  berech- 
tigten   Anforderangen    der  Versicherten    entsprechende    Gewährung 

,  jener  Bestimmungen  nicht  gesichert  ist.  Durch  §  75  iat  bestimmt, 
dasa  die  freien  Hülfskassen  künftigbin  ebenfalls  freie  ärztliche  Be* 
bandluDg  üEd  Arznei  oder  als  Ersatz  der  ersteren  die  Hälfte  des  orts- 
üblichen Tageiohnea  zu  gewähren  haben.  Apothekergehülfen  ond 
-Lehrlinge  werden  aus  der  Krankenversicherung  ausgeschieden. 
Handlungsgehilfen  und  -Lehrlinge  sind  nur  dann  beitrittspflichtig, 
wenn  durch  Vertrag  die  ihnen  nach  Art  60  des  Handelsgesetzbuches 
zustehenden  Kechte  aufgehoben  oder  beschränkt  sind.  Die  Ans* 
dehnußg  der  Krankenversicherung  auf  das  Gesinde  wurde  einem  be- 
sonderen Gesetze  vorbehalten. 

Nach  einem  Erlass  des  Königlich  säch  eis  eben  Ministeriums  des 
Innern  vom  24.  März  1892  ist  unter  der  in  §  6  Abs.  1  Ziff.  1  des 
Krankenversicherungsgesetzea  vom  15.  Juni  1883  erwähnten  „ärzt- 
lichen Behandlung"  die  Behandlung  durch  einen  approbirten 
Ar  st  zu  verstehen.  Doch  können  sich  Versicherte  in  einzelnen 
besonderen  Ausnahmefällen  mit  Genehmigung  des  Kassenvorstandes 
an  einen  Nichtarzt  wenden.  Hierbei  musB  selbstverständlich  dem 
Kassenvorstande  das  Becht  vorbehalten  bleiben^  in  Fällen,  wo  es  die 
Art  der  Krankheit  erfordert,  auch  gegen  den  Willen  des  Ver- 
sicherten die  Behandlung  durch  einen  approbirten  Arzt  bezw. 
darch  einen  Specialarzt  vorzuschreiben.  Eine  Gleichstellung  von 
approbirten  Aerzten  und  sog,  Natorbeil  kund  igen  betrachtet  das 
'Ministerium  fijr  gänzlich  unstatthaft.  Es  müssen  insbesondere 
den  approbirten  Aerzten  gewisse  autoritäre  Befugnisse  fZeugniss* 
ertheilung,  Atteste  über  die  Nothwendigkeit  von  Krankenpflege  etc.) 
vorbehalten  werden.  Endlich  dürfen  nicht  approbirte  Personen  von 
der  Krankenkasse  nicht  unter  der  Bezeichnung  ,, Kassenarzt '^  ange- 
Btetit  worden. 

Nach  Entscheidung  des  Reichs  versicherungsamts  vom  26.  März  1892 
tfinden  in  Unfallversicherungsstreitj^achen  bei  Festsetzung 
der  Gebühren  für  medicinische  Sachverständige  die  Be- 
stimmungen des  Gesetzes  vom  9.  Mär«  1872  bezw.  17.  September  1876 
Anwendung,  auch  für  nichtbeamtete  Aerzte,  denen  nach  §  7  dieses 
Gesetzes  im  Falle  amtlicher  Bequisition  dieselben  Gebuhren,  Tage- 
gelder and  Beisekosteu  zustehen,  wie  beamteten  Aerzten. 


730 


Wiener. 


Alters-  und  InvalidenrentöU.  öebuliren  für  Ga tackten  etc. 
üiehe  badisciie  Min isterial Verfügung  vom  7,  December  1891  unter 
Kapitel  ^Medicinalbeamte". 


Apotheker. 

Von  den  eocialdemokratiachan  Abgeordneten  des  Reichatages 
wurde  der  Antrag  auf  Verstaatlichung  des  Apotheken weaens 
gestellt  unter  Beleuchtung  der  Missstäode  des  jetzigen  Concessions- 
systems,  Staatssecretär  v.  Botticher  erklärte  die  Verstaatlicbung 
in  dem  SiuDe^  dass  das  Beich  die  Verwaltung  der  Apotheken  oder 
auch  nur  die  Beaufsichtigung  der  veralaatiichten  Apotheken  über- 
nimmt, für  kaum  durchführbar.  Dazu  müasten  Organiaationen  ge- 
schafFen  werden,  die  einzutukreD  er  dem  Reich  nicht  ratken  würde. 
Doch  sagte  er  zu^  die  Vorlage  eines  Geaetzentwurfs  an  den  Bundes- 
rath  und  Reichstag,  betre^Tend  die  Regelung  dea  Apothekenweseos, 
zu  beächleunigee. 

Einzelne  Bezirke  des  deutschen  Apotheker  vereine  hatten  an  den 
Cuitusminister  eine  Eingabe,  betreffend  die  Einrichtung  einer 
Staats  Vertretung  der  preussischen  Apotheker,  gerichtet.  Der 
Minister  erklärte,  es  zur  Zeit  nicht  fiir  zweckmässig  erachten  zu 
können,  dieser  Angelegenheit  näherzutreten.  Er  sei  iudeas  nickt 
abgeneigt,  zur  Erörterung  allgemeiner  pharmaceutischer  Fragen  auch 
Apothekenbesitzer  aus  den  Provinzen  nach  Bedürfniss  als  Sachver- 
ständige einzuberufen. 

Die  Genehmigung  zur  Verlegung  von  Apotkeken  iat  nach 
ErlasB  des  preussischen  Cultueminiatera  vom  24.  Februar  1882  sack- 
liok  einer  Neuconcesaionirong  gleich  zu  erachten^  und  unterliegt  in- 
folge dessen  der  Inhaber  einer  verlegten  A[)otheke  den  Beatimmungen 
des  Erlasses  votn  21,  Juli  1886,  betreffend  die  Vorstellung  eines 
Geschäftsn  ach  folgers  vor  Ablauf  von  10  Jakren  seit  Eröflfhung  einer 
Apotkeke.  Dabei  mackt  es  keinen  Üntersckied,  ob  eine  Apotkeke 
aus  dem  biskerigen  Grundstock  in  ein  anderes  oder  in  einen  anderen 
Stadttkeil  oder  in  eine  andere  Ortschaft  verlegt  wird.  Es  ist  dem- 
gemäss  vor  Abiauf  von  10  Jakren  nach  Eröffnung  der  Apotheke  auf 
dem  neuen  Grundstück  die  Vorstellung  eines  Geschäftsnachfolgers 
ohne  Genehmigung  des  Ministers  nickt  gestattet. 

Unter  Vorsitz  des  Geh.  Medicinalraths  Dr*  Fi  stör  tagte  vom 
12» — 16.  December  die  durch  sechs  Apothekenbesitzer  und  ebensoviel 


1 


I 


* 


HedksamhPSiB  im 


IHmiMUaad. 


>,  OBL  Beatummuigeii  Qber  Etnrichtttiig  «nd  Betri»^ 
ler  Apotliekeii«  sowie  eine  neue  Anwmiam^  lor  emtliolMii  BtTismi 
ApotbekeB  ete,  xa  beimtben.    Näheres  bt  iiocb  aidit  bekanal« 

Dondi  £rbs3»  v^om  22:.  April  1892  hal  der  preoesisiolie  Hiiiisleir 
bestimmt,  dass  in  jeder  Apotheke  ein  Nermslgewichtasalg  mr 
Prafuiig  der  Gebranchsgewichte  vorhanden  sein  muas,  ferner  daaa 
in  jeder  Apotheke  mindestens  rwei  InfuDdirbüchsen  you  Porcellait 
Torriihlg  sein  müssen» 

Ovale  Gläser  dnrfen  iur  innerliche  Armeieii  na^  etaeiB 
Ministerialrescript  vom  8,  Marx  1892  fernerhin  nicht  verweiidet 
werden. 

Nach  einer  Ministenalverfügung  vom  15.  Februar  lfc?S'J  kouneu 
die  mit  Sublimat  and  Jodoform  etc.  getränkten  Verbaud- 
stoffe,  welche  durch  die  Verordnung  vom  27*  Januar  1890  §  1  Abs«  2 
dem  freien  Verkehr  ohne  Einschränkung  überlassen  sind,  von  Apo- 
thekern anstandslos  ohne  ärztliche  Verordnung  abgegeben  und  an 
jeder  gesonderten  Stelle  der  Apothekenraume  aufbewahrt  werden. 

In  der  preussischen  Arznei taze  pro  1893  ist  bei  61  Arsnei* 

xaitteln  eine  Erhöhung^  bei  110  eine  Ermässigung  der  Preist^  i^inge* 
treten.  Die  Bestimmung  über  Oomprimiren  mehrerer  Subdtunsen 
zu  einer  Tablette  hat  den  Zusatz  erhalten,  dasa  för  jedes  Stück  aber 
25  hinaus  nur  die  HälTte  des  sonst  üblichen  Arbeitspreisos  (10  Pfg. 
for  das  Stück)  in  Anrecbnung  gebracht  werden  darf«  Weisse  Glftser, 
Gläser  mit  eingeriebenen  Stöpseln,  Tropfglaser,  gefärbte  Glttssr,  so* 
wie  Holzkorkstöpsel  und  KautHchukstöpsel  dürfen  künftighin  nur 
2Gr  Anwendung  und  Berechnung  kommen,  wenn  sie  ausdrücklich 
verlangt  und  verordnet  worden  sind,  oder  wo  sie  durch  die  Natur 
des  Arsneimittela  nothwendig  erfordert  werden. 


HeLamuRu* 

Das  kürzlich  erschienene  Preussiache  Hebamsionlshrbueh 
zdchnet  sich  äusaerlich  von  dem  froheren  durch  grösseren  Druck 
und  trotzdem  geringeren  Umfang  aus.  Inhaltlich  ist  ein^  KütÄung 
fi&mmtÜcher  Abschnitte  eingetreten,  dafür  grössere  Präcislon  in  Be* 
arbeitung  derselben.  Die  Ausdrucksweise  ist  dem  Verständnisse  von 
Personen  mit  einem  Bildungsgrade,    wie  ihn  Hebammen  uwiV  ^v^X^* 


73^ 


Wiener. 


amineDlehrtöohter  besitzen^  angepasst.  Die  dem  Texte  eingefügten, 
nicht  wie  iVüiier  am  Schlüsse  angefügten  Abbildungen  sind  natur- 
getreu und  instructiv.  Bezüglich  der  BefugniBse  ist  den  Hebammen 
nach  wie  vor  in  Ausnahmefallen  das  Eingehen  in  den  Uterus  zur 
Vornahme  der  Wendung  und  Herausholung  bezw*  künstlichen  Lösung 
der  Nachgeburt  gestattet  Letztere  darf  nur  im  äuss ersten  Nothfalle 
vorgenommen  werden  (lebensgefährliche  Blutiingen).  Unter  gewöhn- 
lichen Verhältnissen  soll  die  Placenta  durch  den  äusseren  Handgriff 
exprimirt  werden.  Die  Nabelschnur  soll,  abweichend  von  der  früheren 
Vorschrift,  stets  doppelt  unterbunden  werden.  Den  Neugeborenen 
soUen  zur  Vermeidung  von  Augenentzündiingen  zwei  Tropfen  einer 
20  (^^  igen  Höllen  st  ei  olösung  gleich  nach  der  Geburt  in  die  Bindehaut 
der  Augen  eingeträufelt  werden.  Die  Antiseptik  bei  der  Geburt 
und  im  Wochenbett  schliesst  sich  in  allen  Theilen  an  die  Ministerial- 
verordnung  vom  22.  November  1888,  betreffend  die  Verhütung  des 
Kindbettfiebers  aHj  jedoch  wird  statt  Carbolöl  die  Verwendung  von 
Vaselin  vorgeschrieben. 

Nach  einem  ErkenntnisB  des  Oberverwaltnngsgerichts  vom 
8.  Februar  1892  ist  die  Zorücknahme  des  Prüfungs Zeugnisses 
einer  Hebamme  auf  Grund  des  §  55  der  Gewerbeordnung  nicht 
zulässig,  wenn  sich  dieselbe  bei  Ausübung  ihres  Berufes  eine  an- 
steckende Krankheit  (Syphilis)  zugezogen  hat^  wenn  also  diese  An- 
steckung auf  ein  Ereignies  zurückzuführen  ist,  welches  ausserhalb 
des  Kreises  der  von  der  Hebamme  vorgenommenen  Handlungen  liegt 
und  sich  lediglich  als  ein  unglücklieber  Zufall  darstellt. 


Drojs^ui  steil. 

Nach  einem  Erkenntnias  des  Oberverwal tungsgerichts  vom 
5.  Mai  1892  können  Droguenbändler,  die  als  Apotheker  ge- 
prüft sind,  sich  auf  Geschäftsanzeigen  etc.  „geprüfte  Apotheker" 
nennen.  Das  Wort  „Apotheker^  bezeichnet  den  persönlichen  Stand, 
die  persönliche  Qualifieation,  es  kommt  nicht  nur  denen  zu^  welche 
eine  Apotheke  besitzen  oder  betreiben.  In  der  Bekanntmachung 
vom  &.  März  1875 ^  betr.  die  Prüfung  der  Apotheker^  ist  von  dem 
Erforderoiss  des  Besitzes  oder  des  selbständigen  Betriebes  einer 
Apotheke  nirgends  die  Rede. 

Anzeigen  oder  sonstige  Veröffentliehtingen ,  wie  r^alle  frei- 
gegebenen Arzneimittel  und  Apothekerwaaren"  geben  nach 
dem  Erkenn tnisö  desselben  Gerichts   keine  genügende  Veranlassung 


1 


Medicinalweaen  im  engeren  Siiiue:  iJeutschlaTid.  733 

«om  Einschreiten  der  Polizei  Verwaltung.  Eine  solche  Veranlassung 
würde  nur  vorliegen^  wann  die  Anzeigen  an  sich  geeignet  sied,  das 
Publikum  in  den  Glauben  zu  versetzen,  daas  in  der  Droguerie  Apo- 
thekerwaaren  unter  denseibeo  Garantien  wie  in  einer  Apotheke  zu 
kaufen  seien.  Anzeigen  des  angegebenen  Inkalts  aber  sind  an  sich 
deutlich,  und  mit  der  blossen  Möglichkeitj  dass  ein  Theil  des  Publi- 
kums sie  aus  Irrthum  und  ÜDkeniitniss  anders  auffassen  könnte, 
darf  nicht  gerechnet  werden. 

ÖewissermasseBi  im  Widerspruch  hiermit  hält  das  Ob  er  ver  waltun  gs* 
gericht  durch  Urtheil  vom  5.  Mai  1892  (vom  selben  Tage  wie  das 
Torstehende  ErkenntniBs)  die  Worte  „Apotbekerwaaren,  deren 
Verkauf  gesetzlich  erlaubt  ist^*  und  „Thierarzneimittel" 
auf  den  Schildern  der  Droguenbändler  für  unzulässig ,  dagegen  die 
Anbringung  des  Genfer  Kreuzes  (rothes  Kreuz  auf  weissem  Grunde) 
für  erlaubt. 

In  einem  Urtheil  des  Kammergericlits  vom  24.  März  1892  hat 
dasselbe  den  Grundsatz  ausgesprochen  ^  dass  der  Verkauf  von 
Thierbeilmitteln  seitens  der  Droguenhändler  nach  der  Kaiser- 
lichen Verordnung  vom  27,  Januar  1890  verboten  sei,  da  auch  Thier- 
heilmittel  zu  den  „Zubereitungen,  Arzneien,  Apotbekerwaaren^  im 
8inne  jener  Verordnung  zu  rechnen  seien.  In  gleichem  Sinne  sprachen 
sich  die  Oberlandesgenchte  Stettin,  Kiel,  München  aus. 

Ein  Droguenhändler  hatte  die  einzelnen  Bestandtheile  des 
Brusttbees  in  je  einem  besonderen  Fache  aufbewahrt,  die  sich  in 
einem  gemeiusamen  Kasten  bezeichnet  ^.ßrusttbee^  befanden.  !Nach 
Erkenntnisß  des  Kammergerichts  vom  24,  Mai  1892  ist  die  Zerlegung 
des  Brustthees  in  seine  Bestandtheile  und  die  Scheidung  derselben 
von  einander  noch  als  ein  „Gemenge"'  anzusprechen  und  der  Verkauf 
durch  Nichtapo theker  unzulässig«  Es  waren  hier  nicht  beliebige 
Substanzen  wahllos  neben  einander  in  irgend  eine  Hülle  gepackt, 
sondern  nur  solche,  welche  in  der  vom  Angeklagten  abgewogenen 
Menge  zusammengesetzt  Brustthee  ergehen.  Hierbei  muss  es  ein* 
iusalos  bleiben,  dass  die  von  ihm  gewollte  letzte  Vermengung,  für 
die  er  Alles  bereitgestellt  hat,  und  die  nur  noch  ein  Herausnehmen 
der  Zwischenwände  durch  einen  Handgriff  erfordert,  nicht  durch  ihn 
selbst  geschehen,  sondern  dem  Käufer  überlassen  worden  ist.  Solche 
in  ihrer  Zusammensetzung  ausgewählte,  in  ihren  Verhältniss mengen 
abgewogene  Bestandtheile,  welche  in  gemeinsamer,  die  Einzel  Ver- 
packungen zusammenfassender  HüUe  unter  einem  Gesammtnamen 
feilgehalten  werden,  müssen  daher  als  ein  Gemenge  im  Sinne  der 
AUerhÖcbsten  Verordnung  vom  27«  Januar  1890  angesehen  werden. 


734 


Wiener. 


Das  Restitutionsfluid  ist  nach  Entscheidung  deaßelben  Ge- 
richts von  demselben  Tage  eine  Lösung  (Mixtura)  und  fällt  daher 
zweifellos  unter  Nr.  5  des  Verzeiohmsses  A.  zu  der  genannten  Ver- 
ordnung» Dieselbe  erstreckt  sich  nicht  nur  auf  Arzneien  für  Menschen, 
Unter  „Arznei"  in  der  Sprache  des  Gesetzgebers  sind  die  Heilmittel 
für  Menschen  und  Thiere  zusammengefasst.  Weder  das  Strafgesetz- 
buch noch  die  Allerhöchste  Verordnung  von  18fiO  scheidet  hier.  Und 
wo  das  Gesetz  nicht  scheidet  ^  hat  der  Richter  keinen  Anlass,  eine 
solche  Scheidung  ohne  zwingende  Gründe   seinerseits  vorzunehmen. 

Der  Verkauf  von  Mercurialsalbe  {IJnguentum  Hydrargyri 
cinereum)  seitens  der  Droguisten  ist  nicht  strafbar,  wenn  dieselbe 
nicht  als  „Heilmittel"  verkauft  wird^  §  1  der  Kaiserlichen  Verordnung 
vom  27*  Januar  1890  und  Nr.  10  des  der  Verordnung  beigefügten 
Verzeichnisses  A.  behalten  den  Apothekern  das  Peilhalten  und  den 
Verkauf  der  dario  aufgeführten  ZubeTeitungen  nicht  allgemein,  son- 
dern nur  insoweit  vor,  als  sie  als  Heilmittel  in  Betracht  kommen. 
(Urtheil  des  Reichsgerichts  vom  3.  November  1891.)  Doch  ist  der 
Droguist  nach  Urtheil  desselben  Gerichts  vom  27.  Mai  1892  ver- 
pflichtet, den  Käufer  über  die  Anwendung  der  Quecksilbersalbe  zu 
unterrichten.  Thufc  er  dies  nicht,  und  entstehen  bei  dem  auch  nur 
äusserlichen  Gebranch  krankhafte  Zustände^  so  hat  er  diejenige  Auf- 
merksamkeit ausser  Augen  gesetzt^  zu  der  er  vermöge  seines  Ge- 
werbes als  Droguist  besonders  verpflichtet  war,  da  er  den  einge- 
tretenen Erfolg  bei  Anwendung  der  gebotenen  Aufmerksamkeit  vorher- 
zusehen in  der  Lage  war. 

Infolge  einer  Eingabe  des  Vorstandes  der  Berliner  Droguen- 
innung  bat  der  Minister  durch  Erlass  vom  12.  Nov^ember  1892  die 
Begierungs Präsidenten  aufgefordert,  sich  darüber  zu  äussern,  ob  es 
nach  den  gemachten  Erfahrungen  angezeigt  erscheine,  dem  Wunsche 
der  Bittstellor  gemäss  das  bei  Apotbekenre Visionen  übliche 
Verfahren,  nämlich  durch  Irrthum  und  Unkenntniss  entstandene 
Unregelmässigkeiten  nicht  sofort  durch  Bestrafnngen,  sondern  zuerst 
durch  Verweise  ahnden  zu  lassen,  auch  auf  die  DroguenhaDdlungen 
auszudehnen. 

Gebe i mm  1 1 te  1  w e hv a ,  € i rp f u s cli e rei . 

BeBtrt&iigen  sind  in  reichlicher  Menge  erfolgt.  Trotzdem  dauert 
das  schamlose  Treiben,  begünstigt  vornehmlich  durch  die  Presse,  fort. 
Das  Verbot  der  öflFentlichen  Anpreisungen  mnss  sich  nicht  nur  auf 
die  Geheimmittel,  sondern  auch  auf  die  Beclamemittel  erstrecken. 


I 


I 


Modicinalweflen  im  engeren  Sinne;  Oest^rreich. 


735 


Durch  ürtlieil  des  Oberlaßdesgerichts  zu  Naumburg  vom 
2L  Januar  1892  wurde  ein  Naturheilkundiger,  der  flicb  in  einer 
Annonce  die  Bezeichnung  „practicirender  und  geprüfter  Vertreter 
der  arzneilosen  Heilweise"^  beilegte,  venirtbeilt,  weil  der  Titel  den 
Glauben  erweckt  und  erwecken  muBS,  der  Angeklagte  sei  eine  nicht 
von  einer  unzuständigen  Privatperson  oder  von  einem  unberufenen 
Vereine  etwa  geprüfter  Arzt,  sondern  eine  staatlich  geprüfte  und 
zugelassene  Medicinalperson,  Eine  Verstärkung  erhält  diese  offenbar 
auf  Täuschung  des  Publicums  berechnete  Annonce  durch  den  Zusatz: 
i^Bebandlung  Kranker  jeder  Art  nach  den  Grundsätzen  der  giftfreien 
Heil  weise.  ^ 


B.    Oesterreich. 

Von  Dn  lleinrieli  Adler  in  Wien, 

1«   Orj^aDi^atioiK 

Durch  das  Gesetz  vom  2B.  Juni  1892  ist  der  Sanitätsdienst 
in  den  Gemeinden  des  Kronlandes  Steiermark  geregelt  worden. 
In  sämmtlichen  Kronländern  mit  Ausnahme  von  Schlesien,  Ober» 
Österreich,  Salzburg  und  Görz  ist  8omi.t  der  Gemeindesani tätsdien st 
organistrt. 


11.   Apotliekpr,  (ieheitiiiiiittel,  lürpfaselierei. 

Hinsichtlich  der  Lehrzeit  der  ApotbekertironeD  ordnet 

das  Ministerium    des  Innern    mit  £rlass  vom  22.  August  1892  an^ 
dass  eine  Abkürzung  der  vorgeschriebenen  dreijährigen  Lehrzeit  im 
i        Princip  unzulässig  sei* 


k 


Der  Erlass  der  böhmischen  Stattbalterei  vom  31.  Mai  1892  ver- 
bietet die  Erzeugung  und  den  Verkauf  von  Santoninzeltchenf 
da  nach  der  österreichischen  Pharmakopoe  vom  Jahre  1889  das  San- 
tonin  zu  jenen  Heilmitteln  gehört ,  welche  nur  auf  ärztliche  Ver- 
schreibung  aosgefolgt  werden  dürfen. 

Mittels  Erlasses  des  Ministeriums  des  Innern  vom  6.  Juni  1892 
wurde  das  mit  Erlass  vom  21.  Juni  1890  erfolgte  Verkaufsverbot 
der  R.  Brandt'schen  Schweizerpillen  auch  auf  die  A.  Brandt- 
schen  Schweizerpilien  ausgedehnt. 


k 


73(i 


Adler. 


Der  gegen  allerlei  KraDkheiten  in  ZeittingsbLättern  iii  markt- 
scbreier jacher  Weise  angeküDdigte,  voaMazzolini  in  Born  erzeugte 
„  P  a  r  i  g  l  i  B  a  -  S  y  r  u  p  ^'  ist  wegen  Nichtvorhandenseins  einer  präciseo 
Bereitungövorscbriffc  durch  Erlass  der  Statthalterei  für  Tirol  und 
Vorarlberg  vom  10,  December  1891  vom  Verkaufe  in  Apotheken  und 
allen  Geschäften  ausgeschlossen  worden. 

Durch  Erlass  der  Statthalterei  von  Galiäsieu  vom  24,  November  1891 
wird  der  Verkauf  der  unter  dem  Namen  ^Spitzer's  Sommer- 
sprossenaalbe*^  erzeugten  Pomade  gegen  Sommersprossen  verboten, 
da  die  chemische  Analyse  dieser  Pomade  geäundheitsschädliche  Be- 
etandtheile^  nämlich  Quecksilberoxyd-  und  Quecksilberoxydulsalze 
ergeben  hat 

Der  Erlass  des  Ministeriums  des  Innern  vom  4.  Februar  1892 
verbietet  den  Vertrieb  aller  zusammengesetzten  Ärznei- 
fabrikate  der  Firma  Ad.  Bichter  &  Co.  in  Rudolstadt^  da 
die  densBlben  beigegebenen  B  er  ei  tungs  Vorschriften  die  Substanz  der 
betreffenden  Arznei  Zubereitungen  nicht  durchweg  in  quantitativer 
und  qualitativer  Beziehung  mit  hinreichender  Bestimmtheit  und  Ver- 
lässhchkeit  erkennen  lassen. 

Auf  Grund  eines  Gutachtens   des  obersten  Sanitätsrathos ,    dass 

nichtärztliche  Personen  unter  verschiedenen  Formen  sich 
gewerbsmässig  mit  Orthopädie  befassen,  die  Orthopädie  je- 
doch einen  besonderen,  sehr  gründliche  medicinische  Kenntnisse 
voraussetzenden  Zweig  der  chirurgischen  Wissenschaft  darstellt, 
dessen  Ausübung  in  sanitärer  Beziehung  von  bedeutender  Tragweite 
istf  verfugt  das  Ministerium  des  Innern  durch  Erlass  vom  27.  Mai  1892, 
dass  bei  der  angestrebten  Errichtung  orthopädischer  Privat- 
institute jeder  Art  die  Mitwirkung  eines  Arztes  nicht  bloss  formell 
angemeldet,  sondern  die  in  medicinischer  Hinsicht  allein  verantwort- 
liche Leitung  und  ausübende  Wirksamkeit  eines  in  diesem  Zweige 
wohlerfahrenen  Arztes  sichergestellt  sein  müsse, 


111.   WnliüungHliygiene. 


Als  ein  wichtiger  Fortschritt  ist  das  Gesetz  vom  9,  Februar  1892 
betreffend  Begünstigungen  für  Neubauten  mit  Arbeiter- 
wohnungen zu  bezeichnen.  Abgesehen  von  den  ausschliesslich 
nur  den  zum  Zwecke  der  Vermiethung  an  Arbeiter  bestinmiten  nen- 
errichteten  Wohngebäuden  gesetzlich  gewährten  Steuererleichterungen 
sind  in   dem  Gesetze    auch  wiobtige   sanitäre  Grundsätze  enthalten, 


I 


I 

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92      I 


I 


d 


Medicinftlwefien  im  engeren  Sinne:  Oeaterreich, 


737 


welche  die  aanitätsgemäase  Beschaffenheit  der  Wohnräume  betreffen. 
In  dieser  Hinsicht  ist  besonders  die  Beatimmung  des  §  3  hervor- 
zuheben, gemäfiB  welcher  Gebäude,  welche  Wohnungen  enthalten, 
deren  Fussboden  unter  dem  Strassenniveau  liegt,  von  der  Steuer- 
freiheit auBgeBchlosaen  sind.  Durch  dieses  Gesetz  wird  es  in  Zukunft 
1  denjenigen  Gemeinden,  welche  eine  zahlreiche  Arbeiterbevölkerung 
haben,  leicht  möglich  sein,  auf  billige  Weise  für  entaprechende 
Woheungsverhältniase  der  arbeiteeden  Clasaen  Vorsorge  zu  treffen 
and  einer  groaseo  Keähe  von  sanitären  Uebelatänden,  welche  sich 
erfahruDgsgemäss  in  Arbeiterquartieren  zeigen,  den  Boden  zu  ent- 
ziehen. 

lY.  Zatintechniker. 

Durch  ErlasB  des  Handelsministers  und  des  Ministers  des 
Innern  vom  20,  März  1892  wurde  das  Zahntechnik  er  ge  werbe 
unter  die  concessionirten  Gewerbe  eingereiht.  Dasselbe  umfasst  die 
Herstellung  von  künstlichen  Zahnen  und  Ersatzstücken :  der  Zahn- 
techniker darf  die  Abdrucknahme  und  die  Anpassung  von  Zahn* 
ersatzstücken  mir  im  vollkommen  gesunden  menachltchen  Munde 
ausfuhren;  das  Extrahiren,  Plombiren ^  Abfeilen,  Äbkneipen  von 
Zähnen  ist  ihm  nicht  gestattet.  Als  Befähigungsnachweis  sind  ein 
Lehrzeugniss  (die  Lehrzeit  beträgt  3,  für  Mechaniker  ^nd  Goldarbeiter 

2  Jahre)    und    ein  Arbeitszeugniss    als   zahntechnischer  Gehülfe   (je 

3  Jahre  bei  einem  Zahntechniker  und  bei  einem  Zahnarzte)  bei- 
zubringen. Die  Bezeichnungen  „Zahnkunstler^*,  „Zahnartist"^  „Den- 
tist" sind  verboten. 

?.   Prophylaxis  der  JnfeeüonBkratJklieiteu. 

Von  der  Mittheilung  der  sehr  zahlreichen  Verordnungen  in  Be- 
treff der  Cholera-Prophylaxifi  glauben  wir  hier  absehen  zu  aollen. 
Es  mag  genügen,  zu  erwähnen,  dass  die  im  Jahre  1886  erlassene 
sehr  ausführliehe  Cholera-Inetruction  repubücirt,  eine  gemein- 
verständliche «Belehrung  über  Cholera  und  Cholera-Maassnahmen", 
eine  ^Anleitung  zur  Desinfection  während  einer  Cholera-Epidemie'*, 
und  für  Aerzte  eine  ^,Anleitung  zur  Behandlung  der  Cholera**  von 
Amts  wegen  herausgegeben  wurden. 

Der  Erlass  des  Ministeriums  des  Innern  vom  28.  März  1892 
betrifft  die  Maassnahmen  zur  Hintanhaltung  von  Ueber- 
tragungen  ansteckender  K.rankbeiten  durch  den  Betrieb 
von  Waschanstalten.  Den  Inhabern  oder  Leitern  von  gewerb- 
lichen Waschanstalten  ist  es  verboten,  Wäsche,  welche  vermuthlich 

jBisrbiicli  d.  pnct  Metiieim    1893,  ^ 


738 


AdJer. 


von  ac  Infectionskrankheiten  Erkrankten  oder  Verstorbenen  herrührt, 
vor  erfolgter  Desinfection  zur  Reinigung  zu  übernehmen.  Der  Trans- 
port der  schmutzigen  Wäsche  hat  stets  in  sicherer  Verwahrung  und 
derart  zu  gescbehen,  dasa  sie  mit  der  gereinigten  in  keinerlei  Berührung 
kommen  kann.  Die  mit  dem  Sortiren  und  Einweichen  der  schmntzigen 
Wäsche  beschäftigten  Personen  sollen  während  ihrer  Arbeit  leicht 
zu  reinigende  Oberkleider  tragen,  welche  nach  geschehener  Arbeit 
abzulegen  und  zu  reinigen  sind,  dürfen  während  des  Sortirens  und 
Einweichens  der  schmutzigen  Wäsche  keinerlei  Nahrung  gentessen 
und  haben  bei  Unterbrechung  der  Arbeit  zu  diesem  Zwecke  Gesicht 
und  Hände  gut  zu  reinigen.  Die  Waschgefässe  sollen  dicht  und  glatt, 
die  Waschiocali  täten  mit  undurchlässigem  Boden  versehen,  alle  Be- 
schäftigten sollen  geimpftj  bezw.  revaccinirt  sein. 

Durch  die  Verordnung  der  niederösterreichi sehen  Statth alterei 
vom  16.  April  1892  werden  die  Bezirksbauptm an n schaffen  angewiesen, 
zu  veranlassen,  dass  in  Orten,  wo  Sommerwohnungen  vermiefchet 
werden,  ein  Verzeichniss  aller  jener  Häuser  angelegt  werde,  in  denen 
sich  seit  dem  1.  Januar  d.  J.  anzeigepflichtige  Infections- 
krankheifcen  ergeben  haben,  in  welche  Verzeichnisse  die  wohnung* 
suchenden  Parteien  im  Gemeindehause  Einsicht  nehmen  können. 

Die  Landesregierung  von  Kärnthen  bestimmte  nach  eingeholtem 
Gutachten  des  Landessanitätsrathes  durch  Eriass  vom  24.  Februar  1892, 
daas  die  Blennorrhoe  der  Neugeborenen  von  nun  an  der 
Anzeigepflicht  unterliege. 

Durch  Eriass  der  ßukow inaer  Laudesregierung  vom  25,  Juli  1892 
wird  die  Abhaltung  der  üblichen  Todtenmahle  ausnahmslos  ver- 
boten, indem  dieselbe  mit  grossen  Gefahren  für  die  Gesundheit 
verbunden  ist,  da  hierdurch  erwiesenermaasseu  schwere  ansteckende 
Krankheiten  verschleppt  werden. 

Im  Laufe  der  beiden  letzten  Jahre  ist  die  epidemische  Aus- 
breitung von  Trachom  in  mehreren  niederöBterreichischen 
Landes-Humanitätsan stalten  constatirt  worden  und  erwiesenermaassen 
nur  dadurch  zu  Stande  gekommen,  dass  der  Einschleppung  und  den 
ersten  Anfangen  dieser  Augenkrankheit  seitens  der  hierzu  bestellten 
Organe  die  entsprechende  Beachtung  nicht  zugewandt  worden  war. 
Die  Bezirkshauptmannschaften  wurden  daher  durch  Eriass  der  nieder- 
öBterreichischen Statthalters i  vom  13.  Februar  1892  angewiesen,  die 
in  den  Anstalten  fungirenden  ärztlichen  Organe  zur  Protokoll irung 
des  in  vierteljährigen  Zwischenräumen  aufzunehmenden  Befundes  der 
Augenhindehaut  der  ihnen  anvertrauten  Individuen  zu  verhalten. 


Medicicialwe^en  im  engeren  Sinne:  Oesteireich. 


':y^ 


An  das  Mintsterium  ist  eine  Beschwerde  über  die  h&ofig  »1*^ 
SU  treffen  de  UnreiDlichkeit   in  den  Hotels  gelangt.    Nach 
Idem  Inhalte  dieser  Beschwerde  besteht  die  Reinigung   gebrauchter 
rServietteni  Tischtücher  und  gebrauchter  Bettwäsche  darin^  dass  dJaae 
Wäschestücke  mit  kaltem  Wasser  bespritzt  and  in  einer  Presse  eine 
.Zeit  lang  eingelegt  belassen  werden,  worauf  dieselben,  ohne  vorher  einen 
[gründlichen  Reinigungsprocess   durchgemacht  zu  habeo,  ftlr  andere 
[Oiste  in  Yerwendung  gesogen  werden.    Da  durch  ein  solches  un- 
sauberes  und  ekelerregendes  Gebahren,  welches  dadurch  noch  straf- 
barer wird,  dass  die  Bespritzung  sehr  bäuEg  durch  von  einem  Hotel- 
bediensteten in  den  Mond  genommenes    und   aus    demselben   ausge- 
spucktes  Wasser  erfolgt,   Infectionskrankheiten    übertragen  werden 
könneUi  weist  das  Ministerium  des  Innern  durch  Erlaas  vom  2d*  Sep- 
tember 1892  die  Landesbehörden  an,  die  Abstellung  dieser  sanitats* 
widrigen  Zustände  mit  aller  Energie  bewirken  zu  lassen* 


VL  Nahriiagsmittclb.ygiciie. 

Anlässlich  der  infolge  der  Choleragefahr  angeordneten  Abstellung 
sanitärer  UebelstHnde  wurde  das  Ministerium  des  Innern  darauf  auf- 
merksam gemacht,  dass  häufig  Kochsalz  in  Verkaufslocalitttten 
derart  am  Fussboden  aufbewahrt  wird,  dass  dasselbe  der  Bo- 
achmutzung  und  Verunreinigung  durch  Thiere  ausgesetzt  ist.  In 
ihnltch  nachlässiger  Weise  werden  auch  Mehl  und  andere  Nahrung»- 
und  Genussmittel  untergebracht  Das  Ministerium  weist  deshalb  mit 
Brlass  vom  <i.  December  1892  die  unterstehenden  Behörden  an^  diese 
Üebelstände  abzustellen. 

Der  von  einer  Firma  in  Prag  erzeugte  „We  in  extract"  wurde 
vom  Obersten  Sanitatsrathe  als  gesundheitsschädlich  erklärt  und 
daher  dessen  Erzeugung >  Verkauf  und  Vertrieb  mittels  Verordnung 
der  Ministerien  des  Innern  und  des  Handels  vom  2.  Mai  1892  verboten. 
Die  Verordnung  des  Ministeriums  des  Innern  vom  10.  August  1892 
verbietet  die  Einfuhr  von  mit  Theerfarbstoffen  gefärbten 
Weinen  nach  Oesterreich, 

Das  Ministerium  des  Innern  weist  die  politischen  LandeebehÖrden 
durch  Erlass  vom  27,  November  1892  an^  dem  in  jüngster  Zeit  mehr- 
\hch  vorgekommenen  üebelstand,  dass  Trauben  wein  mit  Obst- 
rein  verfälscht  unter  der  Bezeichnung  von  ^Wein**  zum  Ver- 
kaufe gebracht  wurde,  in  wirksamer  Weise  zu  steuern,  indem  dnrob 
en  Fäbchttng  sowohl  die  Interessen   der  Ck^nsumenteOi  als  atiob 
i  d«r  reelle  Weinhaodel  geschädigt  werden* 


740 


Adler. 


Der  Erlaas  der  oberdsterreichisclien  Statthalterei  vom  13.  Jänner 
1892  lenkt  die  Aiilmerksamkeit  der  politischen  Bebörden  auf  die 
bleihaltigen  Top  ferglastireik.  Es  sind  alle  jene  Geschirre  ssu 
beanstandeoj  deren  innere  Fläche  schon  beim  bloesen  Befeucbten  mit 
Schwefelwaeaeratoffwasaer  eine  dunklere  Färbung  der  Glasur  bis  zur 
vollkommenen  Schwärzung  derselben  aeigt. 

Zum  Zwecke  eines  gleichmässigen  Vorganges  bei  der  markt- 
polizeilichen Untersuchung  der  Glasuren  und  Email- 
Überzüge  von  Thon-  und  Eisengeach  irren  gibt  das  Miniaterimn 
des  Innern  durch  Erlaas  vom  6.  December  1892  eine  ausführliche 
Anleitung,  Die  Untersuchung  dieser  Geschirre  hat  sich  darauf  «u 
beschränken,  featzustellen,  ob  die  zum  Verkaufe  gebrachten  Geräthe 
Bieioxyd  und  eventuell  auch  Kupferoxyd  in  einem  aolcbeii  Zustande 
enthalten,  dass  ein  Uehergang  derselben  in  Speisen  statthnden  könne. 


Die  Statthalterei  von  Galizien  hat  durch  Erlass  vom  15*  De- 
cember 1831  die  politischen  Behörden  auf  den  in  vielen  Gemeinden 
herrschenden  Mangel  an  gutem  Trinkwasaer  aufmerksam 
gemacht  und  dieselben  angewiesen ,  die  Gemeinden ,  in  welchen  der 
Mangel  an  gutem  Trinkwasser  behördlich  erwiesen  ist^  zur  Bescbaffmng 
desselben  durch  Errichtung  öffentlicher  Brunnen  anzuhalten.  Mit 
Bezugnahme  auf  diese  Verordnung  trifft  das  Ministerium  des  Innern 
durch  Erlass  vom  20.  Jänner  1892  dieselbe  Verfügung  für  sämmt- 
bche  Landesbehörden. 

Die  eigenthümlichen  Verhältnisse  des  stellenweise  wasserarmen 
Königreichs  Balmatien  haben  den  Erlass  des  Gesetzes  vom  5,  Au- 
gust 1892  nothwendig  gemacht,  welches  sich  mit  Vorkehrungen 
zur  Beschaffung  von  Wasser  zum  Trinken  für  die  häos- 
lichen  und  landwirthschaftlichen  Bedürfnisse  beschäftigt.  Das  Ge- 
setz sagt:  Es  ist  Pfiicht  der  Gemeinde^  einen  Evidenzstand  fiir 
jede  einzelne  Ortschaft  ihres  Gebietes  zu  führen,  welcher  constatirt, 
ob  und  was  für  öffentliche  Anlagen  zur  Beschaffung  des  nöthigen 
Wassers  (Wasserleitungen,  Wasaerreßervoirs,  Brunnen,  Cisternen, 
Tränken  etc.)  daselbst  bestehen,  nnd  in  welchem  Zustande  der  Er- 
haltung sie  sich  behnden,  sowie  ob  deren  Wasserdotation  und  Be- 
schaffenheit des  Wassers  für  den  betreffenden  Gebrauch  entspricht, 
oder  ob  endlich  eine  Ortschaft  derartiger  Anlagen  gänzlich  entbehre 
und  Mangel  an  Wasser  für  den  Haus-  und  Wirthschaftsbedarf  leide. 
Auf  Grund  der  von  den  Gemeinden  eingebrachten  Ausweise  und  des 
sonst  bekannten  Bedarfes  bestimmt  der  Landesausschuss  die  in  jedem 
Jahre  auszuführenden  Arbeiten  und  die  Eeihenfolge  derselben. 


MediomalweeeD  im  engeren  Sinne:  Oesterreich. 


741 


VII,   (tewerbehygiene. 

Rücksicht  darauf,  dass  der  zu  gewissen  gewerblichen 
Betrieben  zur  VerweuduBg  kommende  Brech weiDßtein 
zu  den  Giften  gehört,  die  durch  denselben  bedingten  Oefahren  jedoch 
unter  Berücksichtigung  gewisser  Vorschriften  vermieden  werden 
können,  beötimuit  die  niederösterreichische  Statthalterei  durch  den 
Erlass  vom  24.  Juni  1892,  dasa  für  alle  aus  der  Anwendung  des 
Brech  wein  st  ein  3  sich  ergebenden  Gesund  hei  tß  Schädigungen  ein  der 
poHtischen  Bezirksbehörde  namhaft  2u  macbender  sachverständiger 
Leiter  des  betreffenden  gewerblichen  Betriebes  verantwortlich  zu 
machen  sei ;  ferner  ißt  die  Ableitung  der  beim  Betriebe  sich  ergeben- 
den Abwässer  in  Kanäle ,  in  die  Kähe  von  Brunnen ,  Dünger- 
haufen u.  B.  w*  untersagt. 


VUL  Leichenwesel. 

Die  Statthalterei  in  Triest  hat  mittels  Rundschreibens  vom 
8.  August  1892  auf  die  Unsitte  hingewiesen,  dass  mit  der  Reinigung 
und  Bekleidung  Verstorbener  sich  beschäftigende  Personen  die  am 
Leibe  des  Verstorbenen  vorfindlichen  Wäschestücke  an  sich 
nehmen,  welcher  Vorgang,  da  er  eine  Verschleppung  von  Infections- 
krankheiten  ermöglicht,  verboten  wird. 

Die  Leichenverbrennung  ist  in  Oesterreich  nici^t  gestattet. 
Anlässlich  des  Ansuchens  einer  Wittwe,  dass  ihr  gestattet  werde, 
die  in  einer  Urne  eingeschlossenen  Aschenreste  der  im  Auslände 
der  Feuerbestattung  zugeführten  Leiche  ihres  Gratten  in  ihrer 
Wohnung  aufzubewahren,  gelangte  die  Frage  der  Unterbringung 
von  licichenasclien  zur  principielleu  Entscheidung,  Dem  Ansuchen 
wurde  von  den  Ministerien  des  Innern  ^  der  Justiz  und  des  Cultus 
keine  Folge  gegeben,  ^da  hier  nicht  allein  der  sanitätspolizeiliche 
Gesichtspunkt  massgebend  ist,  von  welchem  aus  allerdings  im  Princip 
niohts  einzuwenden  wäre,  sondern  auch  die  Wahrung  der  Oultus* 
in  ter  essen  ", 


Oeffentliclie  Gesundlieitspfiege. 


Ton  Efi^,-  nnd  Ifed.-Ralh  Dr.  A.  Pffiffer  in  Wiesbaden. 

A.    Hygiene. 

L  AügemeiBes. 

Luft. 

Ohlmöller,  üeber  die  Einwirkung  des  Ozons  auf  Bao- 
terien.  Auf  Grand  sehr  umfassender  Versuche  kommt  Ohlmüll er 
ma  dem  Bestütate,  daas  das  Ozon  auf  Bacterien,  welche  in  Wasser 
«ofgesehwemmt  sind,  in  kraftiger  Weise  serstorend  unter  der  Be- 
diqgQiig  einwirkt,  dass  das  Wasser  nicht  zu  stark  mit  lebloser 
ofganischer  Sobslana  verunreinigt  ist,-  der  Erfolg  ist  der  gleiche) 
wenn  die  Menge  der  leblosen  organischen  Masse  bis  lu  einem  g»- 
wiaieD  Grade  durch  das  Oson  ozjdirt  wird.  (TeröfFentL  d.  Kai& 
Oerandh.-Amt6  1892.) 

Budde,  Versuche  aber  die  Verunreinigung  der  Luft 
bewohnten    Bäumen   durch   undichte    Fussböden   bei    ver- 
schiedenen Modalitäten  der  Lufterneuerung.   Durch  Irüherej 
Tersoehe  hatte  Verl  festgestellt,  daas,  wenn  man  aus  einem  Zimmer  ^ 
ndt   midiehtem  Fusaboden,  aber  undurchlässigen  Wänden   und  gut 
echliessenden  Thären  und  Fenstern  durch  Absaugung  eine  groäsere 
Loftmeoge  entfernt,  als  durch  den  Lufleintrittskanal  zatreten 
die  abigeeaiigte  L«ft  eine  grtesere  Menge  Kohlensäure  enthil 
dem  Zimmer  produoirt  wird  mit  derjenigen  der  Auaeenlull  so 
Dieser  Untas^ed  Heee  sich  zum  wesentlichsten  TheQ  nm 
StB8tr5>Bieii  TOtt  00^  ^tirch  den  undichten  Fussböden  ana 


OefTenUiche  Gesund  hei  tspüege* 


743 


reinaD  ZwischendeckeDfüIluiigsmaterial  bezw.  aus  einem  unter  dem 
Zimmer  gelegenen  Kaume  (Keller)  Äuröckfähren.  Er  warnt  deshalb, 
bei  künstlicher  Ventilation  von  Wohnräumen  in  diesen  einen  üeber- 
druck  zu  erzeugen,  jedenfalls  aber  dem  Einströmen  von  CO.^  durch 
den  Fuasboden  durch  Anwendung  impermeabler  Fassböden,  sowie 
Verwendung  reinsten  Füllmaterials  zu  begegnen.  (Zeitsohr.  f.  Hygiene 
Bd.  12,  H,  3.) 


Lieht, 


^f        Geiseler,  Zur  Frage  über  den  EinfluBS  des  Lichts  auf 
1      die  Bacterien  (speciell  die  Typhasbacillen). 
I  1)  Einen  qualitativen  Unterschied  hinsichtlich  der  Wirkung  des 

I  Sonnen-  und  elektriflcheo  Lichtes  konnte  Geissler  nicht  bemerken; 
^K^er  Unterschied  ist  nur  ein  quantitativer:  das  Sonnenlicht  hemmt 
^^stärker  als  elektrisches  Licht  das  Wachsthum  der  Typhushacillen 
auf  Fleiscbpeptongelatine. 

2)  Nicht  nur  die  sog*  Licht-  und  chemischen  Strahlen  des  Sonnen- 
and  elektrischen  Lichles  wirken  hemmend  auf  das  Wachsthum  der 
Tjphttäbacillen,  sondern  auch  die  Wärmestrahlen, 

3)  Alle  Strahlen  des  Sonnen-  und  elektrischen  Spectrums,  aus- 
genommen die  rothen,  wirken  hemmend  auf  das  Wachsthum  der 
Typhusbacillen,  und  diese  Wirkung  ist  um  so  starker,  je  grösser  der 
Brechungöindex  ist,  oder  je  geringer  die  Wellenlänge  der  betrefifenden 
Strahlen. 

4]  Der  ungünstige  Kinüuas  des  Sonnen-  und  elektrischen  Lichts 
auf  das  Wachsthum  der  Typhusbacillen  in  Nährgelatine  hängt  nicht 
nur  von  der  unmittelbaren  Wirkung  desselben  auf  die  betreffenden 
Mikroben  ab,  sondern  auch  von  den  Veränderangen ,  welche  dieses 
Licht  in  dem  Nährmedium  bor  vorruft  (Referat  aus:  Hygienische 
Rundschau  1892,) 

WasBer. 

Wasserversorgung  Berlins.     Im  Berichtsjahre  18{)Dj91    be- 
trug die  Zahl  der  an  das  städtische  Wasserlei tangsnetz  angeschlosse- 
nen Grundstücke  21598  mit  1434778  Einwohnern.    560  Grundstücke 
(2,660[(l)  sind   nea    hinzu    gekommen    mit  37815  Einwohnern.     Mit 
Ananahme  von  ISO  Bedärfnissanstalten  waren  überall  Wassermesaer 
^       '^  »sammtverbrauch    an    Wasser    belief    sich    auf 
baten  war   der  Verbrauch   im  August,   am 
qgermenge  lieferte  das  Werk 
Werk  Stralau.    Der  Ver- 


744 


Pfeiffer, 


brauch  an  Wasser  pro  Kopf  UBd  Tag  bezifferte  sich  auf  67,98  Liter 
und  hat  gegen  das  Vorjahr  etwas  abgenommen.  Das  Rohrnet«  be- 
stand aus  703317  m  Rohrleitung,  in  welche  2277  Schieber,  4640 
Hydranten  und  46  LnftveDtile  eingeschaltet  waren.  Waßsermesser 
waren  21625  im  Betrieb  und  erforderten  eine  Auswechselung  von 
18,540f„.  Die  Reineinnahme  betrug  6256196  Mk.  (VeröffentL  des 
Kais.  Gesundh.-Amts.) 

Ueber  chemische  und  bacteriologisehe  Wasserunter- 
Buohung  sprach  sich  Gruber  auf  der  Versammlung  der  Nahrnngs- 
mittelchemiker  und  Mikroekopiker  in  Wien  1891  dahin  aus,  dass 
nach  dem  Ausfall  der  chemischen  Untersuchung  man  beurtheilen 
könne,  ob  ein  Wasser  nicht  nur  augenblicklich,  sondern  dauernd 
brauchbar  sein  werde.  Es  sei  in  jedem  Falle  erforderlich,  nicht  nur 
die  bacteriologische,  sondern  auch  die  chemische  Untersuchung  eines 
Wassers  möglichst  rasch  nach  der  Probenahme  zur  Ausführung  zu 
bringen,  da  eine  Aenderung  der  ursprünglichen  Beschaffenheit  durch 
Bildung  neuer  und  Zerstörung  vorhandener  Stoffe  in  Kurzem  ein- 
treten könne.  Aus  der  bei  der  bacteriologischen  Untersuchung  ge 
wonnenen  Zahl  der  Bacterien  einen  Schluss  auf  die  Beschaffenheilj 
des  Wassers  zti  machen,  müsse  man  sich  hüten ^  da  Grund wässe 
trotz  eventueller  schlechter  chemischer  Beschaffenheit  meist  keine 
Bacterien  enthalten.  Wichtig  ist  es,  3iu  erfahren,  woher  die  gefun- 
denen Bacterien  stammen.  Grub  er  zieht  es  vor^  bei  Untersuchungen 
des  Wassers  von  Schachtbrunnen  diese  leer  zu  schöpfen,  in  de 
Schacht  hinabzusteigen  und  die  einzelnen  Zu  Busse  von  Wasser 
trennt  zu  untersuchen.  Bei  allen  Untersachungen  von  Brunnen  ia 
auf  die  Bodenbeschaffenheit  der  Umgebung  des  Brunnens  besonder»" 
zu  achten.     (Qyg-  Rundschau  1892.) 


Boden. 

Karlinski,  Untersuchungen  über  das  Verhalten  dea 
Bodens  zu  Typbusbacillen  (Archiv  f.  Hygiene  Bd.  13). 

1)  Die  längste  Lebensdauer  der  Typhusbacillen  im  Boden  beträgt 
nach  Versuchen  S  Monate, 

2)  Die  Lebensdauer  der  Typhusbacillen,  die  mit  typhösem  Koth 
in  die  Erde  eingeführt  und  dort  unter  natürlichen  Verhältnissen  be- 
lassen wurden,  ist  wesentHch  kürzer,  als  die  der  in  Heincultuxen 
angefügten  Bacillen  ^  was  wohl  der  Thätigkeit  der  gleichzeitig  zuge- 
setzten Kothbacterien  zuzuschreiben  ist. 


Oeffentliclie  Gesund heitopflege. 


745 


3)  In  den  tieferen  ßodönschichten  vermögeß  die  Typhußbacillen 
den  wechselnden  Einflüssen  der  Temperatur,  der  Eenclitigkeit  und 
Thätigkeit  der  ßodenmikroorganiemeii  Trotz  zu  bieten, 

4)  Auf  der  Oberfläche  der  Erde,  der  Befeuchtung  und  der  Sonn 
ausgesetzt,  gehen  dieselben  bald  zu  Grunde, 

5)  Die  wechselnde  reichliche  Befeuchtung,  einerlei  ob  dieselbe 
von  oben  oder  von  unten  die  inficirte  Bodenschicht  trifft,  kürzt  die 
Lebensdauer  der  eingebrachten  Typhusbacillen  wesentlich« 

6)  In  den  Bodenschichten^  in  welche  die  PÖanzeo wurzeln  reichen, 
ist  die  Lehensdauer  eine  sehr  kurze. 

7)  Während  der  Fäuiniss  der  Organe  von  Typhusleichen  kommt 
es  zu  einer  beträchtlichen  Temperatürsteigerung. 

8)  Die  Typhusbacillen  können  in  den  Organen  begrabener  Typbus- 
leichen unter  Umständen  bei  verzögerter  Eäulnisa  und  bei  behindertem 
Zutritt  von  specifischen  Fäulnissorganismen  noch  nach  3  Monaten 
nachgewiesen  werden.     (Hyg.  Rundschau  1892.) 


IL   Specielles. 
lieHeitlg^ung  der  imreiDOii  Abgiiiigo  ans  StiltUen. 


^^P  Schmutz  Wässer,  Nach  dem  VerwaUungsbericht  der  städtischen 
Kanal isationewerke  in  Berlin  pro  1890(91  betrug  die  Gesammt- 
länge  der  aasgefüiirten  Leitungen  43000  m.  Es  bestehen  neun  Radial- 
syateme  mit  zehn  Pumpstationen  und  waren  hieran  20 307  Grund* 
stücke  angeschlossen.  Bie  Berieselnngsanlage  erreichte  eine  Aus- 
dehnung von  3229  ha,  auf  weiche  täglich  50859272  cbm  Schmutzwasser 
geleitet  wurden,  so  dass  durchschnittlich  jedes  Quadratmeter  täglich 
4^32  Liter  zu  bewältigen  hatte.  Bie  Kosten  betrugen  bei  einer  Aus- 
gabe von  6694226  Mk.  und  einer  Einnahme  von  4660861  Mk.: 
2033365  Mk,  oder  pro  Kopf  der  Bevölkerung  und  1  cbm  Wasser 
0,57  Mk.  —  Bor  Gesundheitszustand  der  Arbeiter  auf  den 
Rieselfeldern  war  im  Allgemeinen  ein  guter,  Infectioaskraiikheiten 
kamen  selten  vor,  dagegen  vielfach  Magen-  und  Darmerkrankongen, 
Von  86  so  erkrankten  Personen  starben  2  Kinder.  (VeröflFentl.  d. 
Kais.  Ge&andh.-Amts.) 

Der  Gesundheitszustand  der  München  er  Kanal  ar  bei  ter^ 
von  Prausnitz  aus  den  Arbeiterlisten  des  Stadtbauamts  i^r  die 
letzten  5  Jahre  1886—90  ermittelt,  stellte  sich,  trotzdem  diese 
Arbeiter   den   ganzen  Tag  ^   häufig    auch   die  Nächte   in    den    alten 


7  40 


Pfeiffer 


uad  Deuen  Kanälen  MüQcbeQS  Bich  aufhalten  mussten,  als  ein  sekr 
guter  heraus.  Es  entfallen  pro  Jahr  nur  3^2  Krankheitstage  durch- 
schnittlich. Arbeiter,  welche  4 — 9  Jahre  in  dieser  Thätigkeit  standen, 
waren  zum  Theil  nicht  einen  Tag  erkrankt.  Im  Vergleich  mit  den 
Zahlen  der  Fahriks-  und  Betrieb skrankenkassen  stellt  sich  die  Mor- 
bidität unter  den  freilich  meist  dem  jüngeren  Lebensalter  angebörigen 
Kanalarbeitern  auf  etwa  die  Hälfte  (Büchner,  Hyg.  Rundschau, 
1892).  Man  ersiebt  hieraus  wohl  zunächst,  welchen  ungünstigen 
hygienischen  Verhältnissen  der  Mensch  sich  anzupassen  im  Stande  ist. 

Pfuhl,  Ueber  die  Desinfection  von  städtischen  Ab- 
wässern mit  Kalk.  Verf*  verlangt  auf  Grund  erneuter  Versuche 
über  die  Desinfection  städtischer  Abwässer  mit  Kalk  einen  Mindest- 
zusatz von  1%^^  Kalkhydrat,  wenn  frisches  Kanalwasser  in  1 — 1*/2 
Stunden  von  Cholera-  bezw.  Typhuakeimen  befreit  werden  soll.  Hier- 
bei ist  noch  unbedingtes  Erforderniss ,  dass  das  Kanalwasser  mit 
dem  zugesetzten  Kalk  in  fortgesetzter  Berührung  bleibt  (Zeitschr. 
f.  Hygiene  1892;) 

Wieba,  Betriebsergebnisse  der  Kläranlage  zu  Essen. 
Die  Stadt  Essen  klärt  ihre  Abwäaser  nach  dem  Röckner-Rothe- 
schen System  in  vier  gemauerten  Brunnen  mit  aufgesetzten  Eisen- 
cylindern  von  je  7  m  Höhe  and  4,2  m  Durchmesser.  Die  Anlage 
ist  für  täglich  180CK)  cbm  Abwasser  eingerichtet.  Im  Jahre  1891  _ 
sind  bei  einer  Einwohnerzahl  von  84000  6  990  682  cbm  AbwasiflH 
geklärt  worden  und  816CKX)  cbm  ungereinigt  abgeflossen.  Es  wnr^^ 
demnach  täglich  19152  cbm  Abwasser  geklärt,  demnach  pro  Kopf 
der  Bevölkerung  228  Liter.  Diese  ausser  gewöhnlich  grosse  Zahl  ist 
daliin  zu  erklären,  dass  täglich  etwa  8000  cbm  Wasser  aus  drei 
Kohlenbergwerken  mit  zur  Reinigung  kommen.  Für  Chemikalien 
wurden  im  Jahre  1891  16520  Mk.  verausgabt.  Die  gesammten  Be- 
triebskosten betrugen  33497  Mk.,  so  dass  die  Reinigung  von  1  cbm 
Abwasser  auf  48  Pfennig  zu  stehen  kam.  Ohne  die  Reinigung  der 
Bergwerks wäsäer,  welche  demnächst  eine  besondere  Behandlung  er- 
fahren öollen,  wird  sich  der  Kostenbetrag  nur  auf  39,9  Pfennig  be- 
rechnen. Der  bei  der  Klärung  gewonnene  Schlamm  fand  zu  land- 
wirthschaftHchen  Zwecken  nur  sehr  wenig  Verwendung,  obgleich  er 
unentgeltlich  abgegeben  wurde.  Es  musaten  zu  seiner  Unterbringung 
grosse  Erdbecken  hergestellt  werden. 

Die  Klärbeckenanlage  in  Wiesbaden  entspricht  ihrem 
Zweck  nur  sehr  unvollkommen,  insofern  als  auf  dem  langen  Wege, 


OeffeotÜche  Geatindheit« pflege. 


747 


welcbeD  das  geklärte  Wasser  von  der  Anlage  bis  zuim  Rhein  zurück - 
zolegen  hat,  eine  zu  lebhaften  Klagen  führende  Ablagerung  von 
Schlammmassen  in  dem  sog.  Mühlgraben  eintrat.  Wiesbaden  besitzt 
ain  sog.  Doppelkanalsystem  und  leitet  infolge  die.ser  Einrichtung  die 
nicht  unbeträchtlichen  Meteorwäaser,  in  welche  Fäcalien  jetzt  nicht 
mehr  gelangen,  nicht  durch  die  Klärbecken,  sondern  um  dieselben 
beroni  und  führt  sie  erst  unterhalb  der  Kläranlage  dem  geklärten 
ßchmutzwasser  zu.  Diesea  letztere  enthält  bei  seinem  Austritt  aus 
der  Kläranlage  eine  nicht  unbeträchliche  Menge  gelösten  Kalkes, 
welcher  mit  den  organischen  Stoffen  des  Meteorwassers  alsbald  die 
belästigenden  8chlammmeDgen  erzeugt.  Infolge  der  wiederholten 
Klagen  der  an  dem  Mühlgraben  anliegenden  Mühlenbesitzer  und  der 
Stadt  Biebrich,  oberhalb  welcher  der  Mühlgraben  in  den  Rhein 
einmündet^  wird  die  Stadt  Wiesbaden  jetzt  vor  die  Nofchwendigkeit 
gestellt,  die  MühlengeffiUe  zu  erwerben  und  die  gesammten  Abwässer 
Wiesbadens  in  geachlossenem  Kanal  unterhalb  Biebrichs  in  den 
Ebein  einzuleiten.  Irgend  ein  desinEcirender  Einflass  macht  sich 
bei  der  Klärung  mit  Kalkmilch,  wie  er  in  den  Wiesbadener  Klär- 
becken erfolgt^  nach  den  wiederholten  üntersnchungen  des  Ref,  nicht 
bemerklich.  Hierzu  genügt  weder  der  Kalkzusatz  noch  die  Dauer 
der  Klärung,  Die  Schlammmassen  finden  keinerlei  Absatz,  weil  sie 
wegen  ihres  Kalkgehaltes  bei  den  hiesigen  Boden*  und  landwirth- 
^^ftgchaftlichen  Verhältnissen  nicht  allgemein  verwerthet  werden  können. 
^^rlnfolge  dessen  haben  sich  schon  ganz  enorme  Schlammmassen  in  der 
1  Umgebung  der  Anlage  angesammelt.  Die  Betriebskosten  sind  nicht 
I  unbeträchtlich  und  werden  sich  auf  ungefähr  70  Pfennig  pro  Kopf 
^^der  Bevölkerung  belaufen, 

^^  Von  den  Anwohnern  des  Mains  unterhalb  Frankfurt  a.M, 
sind  in  letzterer  Zeit  Klagen  laut  geworden  über  die  Verschlam- 
mung der  Ufer  dieses  Stromes,  welcher  durch  die  Kanalisation 
desselben  in  seinen  Stromverhältnissen  eine  beträchtliche  Aenderung 
erlitten  hat  Es  stellte  sich  heraus,  dass  die  Abwässer  der  Stadt 
Frankfurt  in  der  Zeit  von  10  Uhr  Abends  bis  8  Uhr  Morgens  über- 
haupt nicht  geklärt,  sondern  ganz  unberechtigter  weise  ungeklärt 
dem  Main    während   der   angegebenen  Zeit  überliefert   wurden.     Es 

it  der  Stadt  aufgegeben  worden,  versuchsweise  wenigstens  die 
'mechanische  Klärung  der  Abwässer  für  die  Nachtstunden  voran • 
nehmen,  mit  dem  Vorbehalt,  dass  bei  weiteren  Klagen  auch  für  die 

^acht  die  chemische  und  mechanische  Klärung  angewandt  werden 

üAse. 


748 


Pfeiffer. 


8trasB6iireiuigueg,  WelcheSnmmendieStrasBeQreLnigung 
in  ßerlin  verschlmgt^  gekt  aus  dem  Berichte  des  Magistrat«  über 
das  städtische  Reinignugsweaen  im  Etats  jähre  1890.91  hervor.  Der 
Reinigung  wtirden  anter^sogen  im  Glänzen  8158241  qm  Fahrdamm 
und  Bürgersteige,  Die  täglich  zu  reinigeode  Fläche  beziffert  sich 
auf  8156376  qm.  Beschäftigt  wurden  722  Personen  mit  42  Kehr- 
maschinen. Die  Abfuhr  erfolgt  vertragsmässig  durch  Unternehmer 
und  erforderte  96774  Fuhren.  Für  die  Schneeabfuhr  mussten  allein 
367601  Mk.  verausgabt  werden.  Zur  Strasaensprengung  waren 
808688  cbm  Wasser  erforderlich.  Die  Gesammtkosten  beziffern  sich 
auf  2107255  Mk,,  welchen  nur  eine  Einnahme  von  127  720  Mk.  meist 
für  die  Reinigang  von  Pferdebahnstrecken  gegenübersteht.  Die  Aos- 
gabe  betrug  demnach  1979534  Mk.  (Veröffentl.  d.  KaiserL  öeanndh.- 
Amts,) 

ßHnpDüzei. 


Für    die   Revision    der   ßauordnnng   in   Frankfurt  a, 
hat  der  dortige  Clesondheitarath  folgende  Funkte  als  beacbtenswerth 
empfohlen: 

1)  Eine  angemessene  Abstufung  in  dem  Verhältniss  der  Häuaer- 
höhe  zur  StraBsen  breite  bezw.  Festsetzung  geringerer  Haus  höben  für 
Neubauten  an  noch  nicht  fertiggestellten  Strassen. 

2)  Geringere  Höhe  selbständiger  Hofgebäude  an  Höfen  von  ge- 
ringerer Breite. 

3)  Bestimmungen  über  die  Neigung  der  Dächer  nach  den 
Höfen  zti. 

4)  Verhindernng  der  Entstehung  von  SackgaBsen  auf  hinterliegen- 
den  Hofgrund  stücken. 

5)  Grössere  Bemessung  der  HolHächen  nach  Massgabe  der  Q^rund- 
stücksgrösse  und  der  Höhe  der  Häuser,  bezw.  der  Zahl  der  Woh- 
nungen. 

6)  Bemessung,  Anordnung  und  Benutzung  von  Lichthöfen, 

7)  Bestimmung  über  Einrichtung  von  Luftkanälen  bei  Keller- 
räumen. 

8)  Beschränkung  der  Zulässigkeit  geringerer  Stockwerkshöhen 
in  engen  Strassen. 

9)  Schärfere  und  bestimmtere  Anforderungen  betreffend  Erhellnng 
und  Lüftung  von  Wohnräumen. 


* 


Geffentliche  Gesundheitspflege* 


BesinfeetioQ. 


r49 


Kirchner^  Sputtimdesinfection  bei  Lungentubercalos 
(Zeitschr.  f.  Hygiene  1892).  Auf  Grund  von  Versuchen  und  Er- 
wägungen kommt  Kirchner  zu  dem  Eesultat,  dass  die  Desinfec- 
tion  der  Speigläser  in  strömendem  Wasserdampf  die  einzig  sichere 
and  hygienisch  zulässige  Beseitigungsart  des  Ansteckungsstoffes 
sei.  Er  hat  hierzu  einen  kleinen  Apparat  construirt  nach  dem  be- 
kannten Princip  der  einfacben  Lab oratoriumsappa rate  für  strömenden 
Dampf.  Die  Verwendung  ist  bei  einiger  Vorsicht  einfach  und  büHg, 
der  Bruch  der  Oläser  beträgt  etwa  5  0q. 

Leieheiiscliaii  und  Bogräbnisswesen, 

Leichenschau,  Die  Herren  Minister  des  Innern  und  der 
geistlichen  etc.  Angelegenheiten  haben  durch  Erlass  vom  4,  Sept.  1891 
auf  V^eranlassung  des  Ausschusses  des  Vereins  deutscher  Lebens* 
Versicherungsgesellschaften  Erhebungen  darüber  herbeigeführt,  in- 
wieweit infolge  der  in  mehreren  Städten  seit  Jabren  durchgeführten 
obligatorischen  ärztlichen  Leichenschau  eine  Besserung  früherer  Miss- 
Stände  insbesondere  in  medicinal polizeilicher  Hinsicht  sich  bemerkbar 
gemacht  habe,  und  ob  eventuell  der  Einführung  einer  allgemeinen 
obligatorischen  Leichenschau  entweder  nur  für  Städte  über  bOOO  Eiji- 
1  wobner  oder  auch  für  Landgemeinden  mit  mehr  als  2000  Einwohnern 
namentlich  rücksichtiich  der  Kostenfrage  Bedenken  entgegenstehen. 
Die  Aufnahme  dieser  wichtigen  Angelegenheit,  deren  Bedeutung  auch 
für  die  Frage  der  Leicbenverbrennung  unverkennbar  ist,  dürfte  mit 
Freude  zu  begrüssen  sein. 

Feuerbestattung.  Aller wärts  regt  sich  die  Bewegung  für 
die  Einführung  der  Feuerbestattung*  Die  Bildung  zahlreicher  Vereine 
in  Deutschland  dürfte  auch  hier  als  ein  Maassstab  für  das  Bedürfnis^ 
nach  Einführung  dieser  hygienisch  und  ästhetisch  als  ideal  zu  bezeich- 
nenden Leichenbestattung  zu  betrachten  sein.  In  Preussen  kann  man 
sich  aus  joristischen  und  theil weise  religiösen  Bedenken  noch  immer 
nicht  zur  Errichtung  von  Crematorien  und  zur  Erlaubniss  der  freiwilli- 
gen Feuerbestattung  entscbliessen.  Ueber  die  bei  dem  preussiscben  Ab- 
Egeordnetenhause  von  14911  Personen  eingereichte  Petition  wurde  in 
der  CommissIonsBitzung  vom  25.  Mai  1891  mit  elf  gegen  fünf  Stim- 
men beschlossen,  dem  Hause  zu  empfehlen,  über  die  Petition  sur 
Tagesordnung  überzugehen«  —  In  den  ausserpreussischen  Staaten  ist 
man   weniger    ängstlich,    so   dass    in    Heidelberg    vor  Kurzem    d«ft 


dortige  Crematoritim  in  Benutzung  genommöD  werden  koDnte,  Ueber 
die  wenig  aciiwerwiegende  Bedeutung  der  juristiBChen  Bedenken^ 
über  die  viel  umstrittenen  religiösen  Skrupel  oder  gar  über  die 
hygienische  Bedeatnng  der  Frage  hier  weitere  Worte  zu  verlieren, 
dürfte  überflüsBig  sein. 

Pro»titiitioii  nnd  AlkolioltttisHbraiteh. 

Prostitution.  Nach  Lavasse ar  beträgt  die  Zahl  der  Prosti- 
tuirten  in  Paris  annähernd  10000  eingeschriebene  Personen,  Bie 
heimliche  Prostitution  hat  natürlich  mit  ganz  anderen  Zahlen  zu 
rechnen.  Zu  den  letzteren  zahlen  meistens  miuderjährige  Mädchen. 
Viele  von  diesen  aus  den  unteren  Volksclasaen  leben  zudem  im  Oon- 
cubinat.  Auch  die  vielen  unterhaltenen  Frauen  in  den  verschieden- 
sten Vermögensverhältnissen  sind  hierher  zu  rechnen.  In  Paris  ist 
der  vierte  Theü  aller  Geburten  unehelich.  Seit  10  Jahren  vermehrt 
sich  die  Zahl  dieser  unehelichen  Geburten  in  erschreckender  Weise. 
In  den  Jahren  1821 — 25  betrog  die  Zahl  der  unehelichen  Geburten 
ungefähr  69000,  in  den  Jahren  ISSO-^Sö  aber  73 (.XX).  Im  Jahre  1886 
hatte  Frankreich  ungefähr  D  Millionen  Einwohner  mehr  als  im  Jahre 
1806,  1886  zählte  man  73357  Eheschliessungen  mehr  als  im  Jahre 
1806,  und  dennoch  übertraf  im  Jahre  1807  die  Zahl  der  ehelichen 
Geburten  diejenige  deä  Jahres  1887  um  mehr  als  öO<XX).  (OentralbL 
L  allg.  Gesundheitspflege  1892.) 

Trunksucht  Gegen  Trunksucht  hat  die  Stadt  St.  Grallen 
unter  dem  25.  Mai  1891  ein  Gesetz  erlassen,  welches  als  muster- 
gültig  in  seiner  Einfachheit  zu  bezeichnen  sein  dürfte.  Die  hier 
interessirenden  Paragraphen  lauten: 

§  L  Personen,  welche  sich  gewohnheitsmässig  dem  Tranke  er- 
geben, können  in  einer  Trinkerheilanstalt  untergebracht  werden. 

§  2.  Der  Aufenthalt  in  der  Anstalt  beträgt  0 — 18  Monate;  bei 
Rückfällen  kann  eine  Verlängerung  eintreten. 

§  3.  Der  Eintritt  erfolgt  entweder  freiwillig  oder  auf  Erkennt- 
niss  des  Gemeinderaths  der  Wohngemeinde* 

§  5.  Es  bedarf  dazu  eines  Gutachtens  eines  Amtsarztes,  welcher 
den  Zustand  des  Trinkers  und  die  Nothwendigkeit  constatirt^  ihn  zu 
seiner  Heilung  in  der  Anstalt  unterzubringen* 

§  7.  Besitzt  der  Trinker  Yermdgen,  so  trägt  er  die  Kosten. 

§  8.  Für  die  Dauer  der  Yersorgungszeit  erhält  der  Internirte 
einen  interimistischen  Vormund. 


I 


Alkohol  verbrauch  in  Frankreich.  Der  Alkoholverbrauch 
bat  in  Frankreich  seit  dem  Jahre  1875  infolge  der  Verheerungen 
der  Reblaus  ganz  beträchtlich  zugenommen.  Er  betrug  in  den 
Jahren  1830—40  je  7B0OO0  hl,  1H41--50  je  1194000  hl  und  im 
Jahre  1886  2ü52U<J0  hl.  Dabei  hat  sich  die  Qualität  des  Alkohols 
angeblich  erheblich  verschlechtert,  da  statt  des  seither  gehrauchten 
Cognacs  ebenfalls  infolge  der  Reblaus  Verheerungen  auf  andere  Weise 
gewonnener  Alkohol  den  Bedarf  decken  muss.  Der  jährliche  Ver- 
brauch von  Alkohol  beziffert  sich  in  Frankreich  auf  10  Liter  pro 
Kopf,  und  auf  je  90  Einwohner  kommt  eine  Ayasohankstelle.  Der 
Zunahme  des  Alkoholgenusses  entspricht  eine  Zunahme  der  Selbst- 
morde, der  Todesfälle  durch  Unfälle,  der  Geistesstörungen  etc. 

Trunksucht  als  Todesursache  in  der  Schweiz.  Im  Jahre 
1891  starben  in  l'i  grösseren  Städten  der  Schweiz  425  Personen  im 
Alter  von  20  Jahren  und  darüber  mittelbar  oder  unmittelbar  an  den 
Folgen  der  Trunksucht,  und  zwar  366  Männer  =:  10%  aller  Ge- 
storbenen, und  59  Weiher  ^  1,7  ('.q.  Auf  100  Gestorbene  kamen  im 
Alter  von  20— -SJ»  Jahren  11,6,  im  Alter  von  40 — 59  Jahren  14,8 
solcijer  Todesfälle.  Am  häufigsten  waren  dieselben  hei  Handwerkern 
und  Fabrikarbeitern  (139),  dann  bei  Wirthen  (46).  (Veröffenth  des 
Kaiser].  Gesundh.-Amts,) 


Oei8te»kranklieiieii  aud  Irrenhäuser. 

Geisteskrankheiten.  DieZahlderGeisteskrankenin  Wien 
betrug  im  December  1890  bei  einer  Civilbevölkerung  von  1341897 
3964.  Davon  waren  1627  irr-  oder  blödsinnig,  374  Oretins  (983  Blinde 
und  980  Taubstumme).  Es  ergab  sich  eine  Zunahme  der  Geistes- 
kranken  einschliesslich  Cretins  von  32fid%,  In  Privatpflege  be- 
fanden sich  hiervon  287  Irr-  oder  Blödsinnige  und  145  Cretins,  von 
welch  letzteren  nur  45  mit  häuslichen  Arbeiten  beschäftigt  werden 
konnten.     (Veröffentl.  d.  Kais.  Gesundh.-Amts.) 

Statistik  der  Irrenanstalten  in  Preussen.  Während  der 
Jahre  1886—88  wurden  iu  den  Irrenanstalten  Preussens  32068  Per- 
sonen aufgenommen,  und  kamen  durch  Uebergang  von  ausserpreussi- 
sehen  Anstalten  8008  in  Zugang.  Die  meisten  der  Kranken  befanden 
sich  in  den  79  öffentlichen  Irrenanstalten,  und  zwar  21876;  in  den 
Privatanstalten  befanden  sich  7650.  Mehr  als  die  Hälfte  aller  Kran- 
ken Bf  and  im  Alter  von  30—50  Jahren.  Unter  15  Jahren  waren 
1332  Kranke,  welche  sich  meistens  in  Privatanstalten  befanden. 


i 


752 


rfeiffer. 


überwiegende  Form  der  ErkrankuDg  war  die  einfache  Seelenstörung 
mit  19497  oder  61%  des  Zugangs.  Paralytische  Seelenstörung  fand 
sich  bei  404.1  {12fi%\  Seelenstörung  mit  Epüepsie  bei  2023  (6,3  0,^), 
Imbecillität  und  Idiotie  bei  2563  (S",/),  Säuferwahnsinn  bei  3&31 
(11  0|'qX  darunter  154  Weiber,  Als  Krankheitsursache  wird,  abgesehen 
von  Erblichkeit,  nicht  nur  beim  Delirium,  sondern  bei  fast  allen  Formen 
verhältnisßmässig  oft  der  Abusus  spirituosorum  angegeben,  und  zwar 
betrug  der  Procentsatz  der  Geiste ekrankheiten  infolge  von  Alkoholis- 
mus  in  den  drei  Berichtsjahren  39,  41^  ^^Jn*  (VeröffentU  d.  Kais, 
Gesuadli.-Amt8.) 

Statistik  der  Irrenhäuser  in  Norwegen  1890.  Die  An- 
zahl der  Irrenhüuser  betrug  im  Ganzen  elf  mit  1329  Stellen*  Irren- 
häuser sind  drei  in  Cbristiania,  je  zwet  In  Christianssund  und  Trond- 
hjem^  je  eines  in  Stavanger  und  Bergen.  Dazu  kommen  zwei  Privat- 
irrenanstalten in  Bergen.  Die  Gesammtsumme  der  behandelten 
betrag  2164  (darunter  795  Zugänge)  mit  im  Ganzen  503990  Ver- 
pfleguogstagen.  Das  Verhältniss  der  Belegung  zur  Zahl  der  Stellen 
betrug  etwa  G0%.  Männer  kamen  52,^H»:^,  Weiber  47,1  f*,o  zur  Auf- 
nahme. Als  geheilt  wurden  219,  als  gebessert  230^  ungeheilt  234^ 
auf  besonderen  Wunsch  15  entlassen.  Gestorben  sind  94,  so  daes 
am  Ende  des  Jahres  ein  Bestand  von  1372  verblieb.  Auf  Staats- 
kosten wurden  1802=83,3%,  auf  eigene  Kosten  lßj7  %  verpflegt. 
Der  GesundheitazuBtand  in  den  Anstalten,  selbst  in  somatischer  Be- 
ziehung, war  ein  sehr  günstiger.  Nur  in  dem  Staatsasyl  zu  Bergen 
kamen  50  Inflnenzafälle  vor.  Unter  den  Todesursachen  nimmt  die 
Lungentüberculose  die  erste  Stelle  ein  mit  28  Todesfällen  =^29,8**io 
sämmtlicher.  Die  Behandlangsdaner  erstreckte  sich  auf  2  und  mehr 
Jahre  in  26,3  «(,,  auf  unbekannte  Zeit  6,8^*1;,,  auf  weniger  als  *i'2  Jahr 
in  47,1*%,,  auf  «'-^—1  Jahr  in  I2fi%^  auf  1—2  Jahre  in  7,15  o^  der 
Fälle.  Unter  den  Krankheitaursachen  steht  die  erbliche  Belastung 
mit  186  Fällen  an  erster  Stelle.  Im  Anschluss  an  fieberhafte  Krank- 
heiten traten  lOmal  Geistesstörungen  auf^  davon  6mal  nach  Influenza, 
2mal  nach  Masern,  je  Imal  nach  Typhus  und  Rose.  (Veröffentl, 
Kais.  Gesund  h.- Amts.) 


I 


1 


1 


SterbUclikeiL 


1  d.| 
ahre  ■ 


Sterblichkeit  im  p reu ssi sehen  Staate.  Im  Berichtsjahre 
1889  betrug  die  Sterblichkeit  im  preussisohen  Staat  nach  den  Ver* 
öfFentlichungen  des  Preussischen  statistischen  Bureaus  23^1  ^l^yf^  und 
war  etwas  höher  als  im  Vorjahre  mit  22,9  ^q^^^  niedriger  aber  als  in 


^ 


Oeflfentliche  ü es u nd hei ts pflegt 


753 


dem  ganzen  Zeitraum  von  187&— 87*  Nameütlicii  die  Ältersclasse 
bis  zum  10.  Jahre  zeigte  eine  Sterblichkeits zunähme.  Vom  10.  bis 
25.  Jahre  war  dieselbe  nur  ein  wenig  hoher,  und  von  25  Jahren  imd 
darüber  in  allen  Ältersstafen  geringer  als  im  Vorjahre.  BezügUob 
der  Todesursachen  ist  zu  bemerk en,  dass  besonders  die  Zahl  der  im 
Kindbett  gestorbenen  Frauen  seit  1885  ununterbrochen  abgenommen 
hat.  Dagegen  ißt  bezüglich  des  Typhus,  der  Diphtherie,  Scharlach, 
Hasern  seit  dem  Jahre  1888  wieder  eine  Zunahme  der  Todesfälle  zu 
verzeichnen.  Ebenfalls  eine  Zunahme  erfahren  die  Todesfälle  an 
Alkoholismus  und  Syphilis,  an  Herzkrankheiten  und  Nierenleiden, 
bei  Krebs  und  Luftröhrenentzündung.  Die  höchste  Steigerung  er* 
fuhren  die  Todeef^ille  an  Brechdurchfall  bei  Kindern,  und  zwar 
starben  hieran  incl.  einfacher  Diarrhoe  und  Krämpfen  auf  je  100 
lebendgeborene  in  den  Groasstädten  Säuglinge  überhaupt  26,4 ,  dar- 
unter 14,2  an  Brechdurchfall  etc.;  in  den  Mittelstädten  21, i^^  davon 
12,1^  Id  den  Kleinstädten  21^8,  davon  12^1  und  in  den  Landgemeinden 
l19,4,  davon  9,6.  lo  den  grösseren  Städten  waren  Tuberculose, 
■  Bcropheln,  Krebs  und  Selbstmord  die  häufigeren  Todesursachen, 
während  Diphtherie,  Scharlach  und  Masern  auf  dem  Lande  öfter 
als  in  den  Städten  tödtlich  verliefen.  Typhus  ist  am  häufigsten  in 
den  Mittelstädten,  Altersschwäche  auf  dem  Lande  die  Todesursache. 
Todesfälle  im  Wochenbett  kamen  häufiger  auf  dem  Lande  als  in 
Städten  vor,  so  dass  von  1000  Todesfällen  weiblicher  Personen  im 
Alter  von  20 — 50  Jahren  auf  dem  Lande  123,  in  den  Städten  G6  im 
Wochenbett  verstarben.     Durch  Selbstmord  starben  4430  männliche 

iund  1185  weihliche  Personen.  Die  Zahl  der  Selbstmörder  wuchs 
vom  26.  Jahre  an  mit  jeder  Altersstufe  bis  zum  80,  Jahre  (relativ). 
Verunglückt  sind  9615  männliche  und  2585  weibliche  Personen. 
!  3479  kamen  durch  Ertrinken,  207  durch  Blitzschlag  ums  Leben* 
1       (VeröflFentL  d.  KaiserL  aesundh.-Ämts.  j 

^M  Sterblichkeit  in  Kr&kau.  Während  der  Jahre  1888 
[bis  1890  starben  2460  {M^Iqq),  2344  (320,^,0)  und  2797  (37,72  %o). 
Auf  je  10000  der  Bevölkerung  starben  405  Männer  und  345 
Weiber.  Im  1,  Lebensjahre  starben  von  je  100  22,5,  22,6  und  19» 
Von  Neugeborenen  starben  von  100  17,3,  18,3  und  18,1  ehelicher 
Geburt  und  29,6,  28,1,  20,2  unehelicher  Abkunft.  Den  Pocken  er- 
lagen 5.^  1,  0;  den  Masern  94,  18,  101;  dem  Scharlach  43,  31,  54; 
Diphtherie  und  Croup  106,  114,  195;  Keuchhusten  3,  14,  21;  Unter- 
leibstyphus 52,  33,  49;  Flecktyphus  14,  6,  20;  Ruhr  10,  11,  14; 
Lungenschwindsucht  525,  501,  549;  Lungen-  und  Brustfellentzün- 
Jahrbach  d,  pract  Medicfn.    f89:i,  ^ 


754 


Pfeiffer. 


düng  447,  386   und  5114  Personen,     (Veröffentl.  d.  Kais.  Gesucdh.- 
Amts.) 

Sterbliclikeit  in  den  Niederlanden  1891.  In  den  an 
Deutschland  angrenzenden  niederländisclien  Provinzen  Friealand  und 
Groningen  starben  nach  amtlichen  Ausweiaen  11019  Personen  auf 
die  Bevölkerungszahl  von  SUIS«.»,  demnach  18  %u.  An  Influenza 
starben  236,  an  acuten  Erkrankungen  der  Athmungsorgane  1494,  an 
Lungen-  und  Kehl  kopfsch  wind  sucht  1268  Personen.  3368  der  Ge- 
ötorhenen  hatten  das  65*  Lebenejahr  überschritten,  2255  standen  im 
1,  Lebensjahre.  Ohne  ärztliche  Behandlung  starben  70L  Todesfälle 
an  Pocken  0,  an  Typhus  98,  an  Scharlach  15,  an  Diphtherie  und 
Croup  226,  durch  Ertrinken  148,  an  Krebs  535  Personen,  Im 
Wochenbett  oder  an  den  Folgen  desselben  starben  95,  und  zwar 
kam  in  Friesland  auf  225,  in  Groningen  auf  182  Geburten  1  Todes- 
fall im  Wochenbett.  Die  Zahl  der  Lebend  geborenen  überstieg  die 
der  Gestorbenen  um  7652,  so  dass  auf  1000  Einwohner  ein  Bevöl- 
kerungszuwachs von  12,5  kommt.  Die  SäugUngesterblichkeit  war  sehr 
gering,  von  100  Lebendgeborenen  starben  im  L  Lebensjahre  12,6. 
(Veröffentl.  d.  Kais.  Gesundh^^Amts.) 

Kahler,  Die  Lebens-  und  Sterblichkeitsverhältniaae 
im  preussischen  Staat,  ein  statistischer  Versuch«  In 
dieser  die  Jahre  1875 — 37  umfasäenden  Znsammen  Stellung  aus  den 
Publicationen  dea  Königlichen  statiatischen  Bureaus  wird  die  Zahl  der 
Gebarten  auf  40,3 :  1000  Einwohner  angegeben ,  mit  Schwankungen 
in  den  einzelnen  Kegierungsbezirken  zwischen  4G,8  ( M ari en werde r) 
und  31,0  (Lüneburg).  Die  grösste  Fruchtbarkeit  herrscht  in  den 
Bezirken,  in  denen  die  alavische  und  die  Landbevölkerung  überwiegt« 
Die  Zahl  der  auf  dem  Lande  geborenen  Kinder  beträgt  40,70,  die- 
jenige der  in  den  Städten  geborenen  39,44,  Auf  100  Mädchen  kom- 
men im  Durchschnitt  106^2  Knaben.  Die  Zahl  der  unehelichen  Ge- 
burten beträgt  im  Mittel  7,48  %,  in  den  Städten  ^,11  %,  auf  dem 
Lande  6,29  ^^y  Ihre  Zahl  stieg  bis  1885  und  nahm  von  da  an  stetig, 
wenn  auch  wenig,  ab«  In  den  öinzeinen  Bezirken  schwankt  die  Zahl 
aiwiöchen  14,26  (Stralsund)  und  2,41  (Münster).  Die  Zahl  der  Todt- 
geburten  betrog  im  Mittel  bei  ehelichen  Kindern  3,91  f  ^^,  bei  ausser- 
ehelichen  5,39  ^^,q.  Die  Sterblichkeit  bezi^Terte  sich  im  Mittel  auf 
25,4  ^'iQQ  und  schwankt  in  den  einzelnen  Biegierungsbezirken  zwischen 
28,9  (Liegnitz)  und  18,2  (Auricb).  In  den  Städten  beträgt  die  Stert 
Jiahkeiteziffer  28,6,    auf  dem  Lande  26,3,     Fftr  das   männliche 


I 


Oeffentliehe  Gesund  h ei tapflege. 


755 


ht  27)0,  für  das  weibliche  23,8.  Di©  Säuglingssterblichkeit  be- 
ziffert sich  im  Mittel  auf  23,9  %.  Sie  ist  am  höchateu  in  LiegnitK 
mit  32,9,  am  niedrigsten  in  Aarich  mit  15,Ö.  Von  ehelichen  Säug- 
lingen starben  19,4,  von  unehelicheD  35,1  "o.  Von  100  Gestorbenen 
kamen  auf  Scharlach  2,14,  Masern  1,56,  Diphtherie  6,53,  Keuch- 
husten 2,17,  Typhas  1,07,  Ruhr  0,51,  Kindbettfieber  1,92,  Lungen- 
entzündung 4,98,  Tuber  CO  lose  12,44,  Krebs  1,24,  Selbstmort]  0,74. 
(Centralblatt  für  allgemeine  Gesundheitspflege  1892/) 

Bewe^iiili^  der  BeviMkernD^. 

Im  Deutschen  Reich  vollzog  sich  die  Bewegung  der  Be- 
völkerung im  Jahre  189()  in  folgender  Wtise:  Bei  einer  mittleren 
Bevölkerungszahl  von  46  239  00t J  Einwohnern  wurden  lebend  geboren 
1759  253  Kinder,  davon  158652  (9^*/ol  auaserehelioh.  Todtgeboren 
wurden  61011,  davon  7020  (11,5  "/ti)  rniehelich»  Es  kamen  demnach 
auf  100  Geburten  3,96  eheliche  und  4,24  unehelicbe  Todtgeburten. 
Die  wenigsten  Geburten  fielen  in  den  October  {Einfluss  der  Influenza 
des  Vorjahrs I,  die  meisten,  und  zwar  täglich  5388,  auf  den  De- 
cember.  Es  starben  (excK  Todtgeborene)  1199  0<Xj  Personen  beiderlei 
Geschlechtes,  und  zwar  am  meisten  (täglich  etwa  4674)  im  Januar 
(Influensa),  die  wenigsten  im  October  und  November  (2836  bezw. 
2858),  Der  üeberschuss  der  Geborenen  beträgt  560247.  Auf  je 
1000  Einwohner  kamen  35,7  Lebendgeborene  (21,9  in  Frankreich, 
29,6  in  England,  22,5  in  Irland,  36,0  in  Italien);  es  starben  (excl. 
Todtgeborene)  24,3  (22,9  in  Frankreich,  19,2  in  England,  18,4  in 
Irland,  26,5  in  Italien).  Der  Oeburtsüberschiisö  war  demnach  in 
Deutschland  am  höchsten  (11,4^*0^)  gegen  10,4  «Jq^j  in  England  (ohne 
Irland).  In  Frankreich  kamen  3844G  Sterbefälle  mehr  als  Geburten 
vor.     (Veröffentl,  d,  Kais.  Gesundb.-Ämts.) 


In  England  betrug  im  Jahre  1889  die  Zahl  der  Bevölkerung 
ungefähr  29000000,  davon  14iXKJü(X)  Männer  und  150000(X>  Weiber. 
Geburten  ereigneten  sich  885944  oder  30,5  %tj.  Seit  1876  (36,3  %o) 
hat  die  Geburtsziffer  beständig  abgenommen.  Unehelich  geboren 
wurden  40627  Kinder  =  i,^%i^  der  Bevölkerung,  46  0|(ja  der  Ge- 
burten. Es  starben  51835B  Personen  ^  17,9%»  gegen  17,8  %q  im 
Vorjahre.  Im  1.  Lebensjahre  starben  127198  Kinder  =  144  %^j  der 
Geburten.  Eines  gewaltsamen  Todes  starben  17497,  davon  durch 
Selbstmord  2170,  durch  Hinrichtung  12,  durch  Mord  172,  davon 
74  Kindesmorde.     (VeröffentL  d.  Kais.  Ges und h.- Amts,) 


756 


Pfeiffer, 


In  Italien  bat  uDter  dam  EidAiibs  der  Influenza  im  Jahre  IB9Q 
di©  Bevölkerung  eine  geringere  Zunahme  erfahren.  Die  Gebnrten- 
siffer  sank  gegenüber  dem  Vorjahre  anf  35,91  %q  gegen  38,35  ^/qq. 
Die  Sterbe zifTer  stieg  von  2&,63  auf  26^39.  Bei  einer  berechneten 
Bevölkerung  von  30158408  wurden  1083103  Kinder  lebend  geboren, 
und  starben  ausscbliesBlich  der  Todtgeborenen  795911  Personen« 
Auf  1000  Geburten  kamen  37|4  Todt-  und  982,6  Lebendgeborene,  Am 
höchsten  war  die  Sterblichkeit  im  Monat  Februar,  am  niedrigsten 
im  Monat  Mai.  Die  Zahl  der  Lebendgeborenen  war  am  geringsten 
im  November  (Influenza),  Die  Kindersterblichkeit  stieg  von  18,6  Oi^j 
der  Lebend  geborenen  auf  19,2  % ,  war  jedoch  im  Verhältniss  zur 
Geaammtzahl  aller  Gestorbenen  geringer  als  im  Vorjahre.  (VeröffentL 
d.  Kais.  Gesundk-Amts.) 

Die  Einwohnerzahl  des  ganzen  russischen  Reichs  im  Jahre 
1889  wird  anf  114378520  angegeben.  Hiervon  kommen  96009426 
auf  den  europäischen  Theil,  7  712316  auf  den  Kaukasus,  4594842, 
auf  Sibirien  und  6061936  anf  die  asiatisclien  Gebietstheile.  In  dem 
enropäischeu  Theile  Eusslande  wurden  geboren  4580873  Kinder, 
demnach  47,7  ^Jqq  der  Bevölkerung*  Die  Zahl  der  Todesfelle  belief 
sich  hier  auf  3206506  oder  33,4  ^/i^).  Der  Geburtenüberschuss  be- 
trägt demnach  14,1  \q»  (VeröfFentHchung  des  Kais,  Geaundhetts- 
Amts.) 

Fflraorge  ftir  Kranke,  Genesende  and  Kinder* 

In  den  Heimstätten  für  Genesende  der  Btadt  Berlin, 
in  Heinersdorf  und  Blankenburg,  wurden  1890—91  518  Männer  und 
584  Frauen  verpflegt.  Die  Zahl  der  Verpflegungstage  betrug  in 
Heinersdorf  15433,  ftr  Blankenburg  17  177.  Erstere  Anstalt  hat  60, 
letztere  70  Betten  zur  Verfugung.  Das  Personal  beider  Anstalten 
bestand  aus  je  zwei  Schwestern,  je  einer  Köchija,  je  einem  bis  zwei 
Hausmädchen  und  je  einem  Hausdiener.  Die  Kosten  für  den  Ge* 
sammtbetrieb  betrugen  in  Heinersdorf  30057  Mk.,  in  Blankenburg 
32467  Mk,  und  haben  trotx  einer  etwas  geringern  Frequenz  gegen 
das  Vorjahr  eine  nicht  unerhebliche  Vermehrung  erfahren.  (VeröffentL 
d.  Kais.  Gesundh.-Amts*) 


Volksküchen.  In  Barmen  wurden  im  Jahre  1890  ans  der 
dortigen  Volksküche  32  780  Portionen  Fleisch  und  27301  Portionen 
Chmüse   verabreicht  und  hierfür  vereinnahmt  5674  Mk.     Für  Rech- 


Oeffentliche  Gesund  hei  tspöege. 


757 


nung  der  Armenverwaltung  wurden  durchsclmittlich  täglich  li)S  Por- 
tionen Fleisch  und  90  Portionen  Gemüse  verabfolgt. 

Eeriencolonien.  Die  Barmener  Feriencolome  11\t  arme  kranke 
und  schwächliche  Schulkinder  bat  im  Jahre  1891  im  Ganzen  407  Per- 
sonen beherbergt.  Von  Epidemien  blieb  die  Anstalt  vollkommen  ver- 
schont» Von  den  Pfleglingen  litten  195  an  Scropbulose ,  139  an 
Blutarmut  und  allgemeiner  Schwächei  35  an  Affectionen  der  Athmungs- 
organe,  4  an  rbeumatiacben  Erkrankungen  und  deren  Folgeasuständen, 
8  an  Erkrankungen  des  Nervensystems,  7  an  Ehachitis,  5  an  Flechten. 
Die  Erfolge  waren  sehr  gut  bei  167,  gut  bei  178,  befriedigend  bei 
42  und  ohne  sichtlichen  Erfolg  bei  6  Pfleglingen.  Namentlich  in  die 
Augen  springend  war  der  Erfolg  bei  den  gcrophulösen  Kindern,  in 
zweiter  Linie  bei  den  blutarmen  und  nervösen  Kranken.  Ausser 
diesen  in  der  Anstalt  befindlichen  Kindern  wurden  auf  Veranlassung 
des  Vereins  noch  136  Schulkinder  wahrend  der  4wöchentlichen 
Herbstferien  in  4  Colonien  in  der  Nähe  Barmens  täglich  mit  Milch 
und  Brot  beköstigt  und  zu  Spielen  und  Spaziergängen  tagsüber 
ins  Freie  geführt.  Die  Einnahmen  betrogen  21 606  Mk,,  die  Aus- 
gaben 32016  Mk.,  so  dass  ein  Deficit  von  rund  10000  Mk,  zu 
decken  blieb.     (Centralbl.  für  allg»  Gesundheitspflege  1892.) 

Kinderbewa h ranstalten.  Die  Maria -Apollonia* Krippe  in 
Düren,  eine  Anstalt^  welche  Kinder  armer  Leute  tagsüber  in  Pflege 
nimmt,  damit  die  Eltern  ihrer  Arbeit  nachgehen  können,  hat  im 
Jahre  1891—92  im  Ganzen  110  Kinder,  47  Knaben  und  63  Mädchen, 
verpflegt.  Von  diesen  starben  37  im  1.  Lebensjahre,  11  Kinder  wur- 
den nach  zurückgelegtem  3.  Löbensjahre  entlassen*  Die  Pflege  tage 
betrugen  im  Ganzen  12931  Tage.  Die  Einnahmen  an  Zinsen,  Pflege- 
geldern, Sammlungen  etc.  betrugen  11279  Mk,,  die  Ausgaben 
11082  Mk.    Die  Krippe  besitzt  ein  Vermögen  von  über  300000  Mk. 

DerBerlinerKinderschutzverein  hat  in  den  Jahren  1880—89 
864  Kinder  verpflegt,  demnach  jährlich  dttrchschnittlich  165*  Für 
den  Verein  ist  ein  eigener  Arzt  angestellt.  Die  ärztliche  Beaufsich- 
tigung bei  den  Pflegeeltern  besorgen  weitere  70  Aerzte  unentgelt- 
lich. Die  Kosten  fnr  jedes  Kind  belaufen  sich  bei  einer  Pflege  von 
höchstens  3  Jahren  auf  272  Mk.  im  Durchschnitt  abzüglich  des 
Pflegegeldes  mit  167  Mk.  Die  Sterblichkeit  der  Kinder  schwankt 
awißchen  25,3  und  14,5  ^[q,  40  %  der  Verstorbenen  gingen  an  Magen- 
und  Darmkatarrhen  «u  Grnnd.  (Centralblatt  für  allg,  Geeundheits- 
18920 


75Ö 


Pfeiffer. 


Rahts,  Die  Htjilanetalt  en  des  Deutsclieii  Reichs  aach 
den  Erhebungen  der  Jahre  1886 — 88.  Die  bei  dem  Kaiser- 
lichen Gesundheitsamt  in  den  Jahren  1886,  1887  und  1888  nach  ein- 
ander eingegangenen  Ausweise  über  die  allgemeinen  Krankenhäuser 
im  Deutschen  Reich  beziehen  sich  auf: 

1777,  1791,  1803  öffentliche  Anstalten  und 
5*20,  541,  586  Anstalten  mit  privatem  Cbarakter. 
Die  Gesammtzahl  der  Betten  in  diesen  Heilanstalten  beüef  sich  1888 
auf  107  7U2,  von  denen  82979  aul'  die  öffentlichen  und  24723  (etwa 
23%)  auf  Anstalten  mit  privatem  Charakter  entfielen.  Im  Darch- 
ßchnitt  hat  jede  öffentliche  Anstalt  rund  46,  jede  der  an  der  Be- 
richterstattung betheiligten  Privatan stalten  etwa  42  Betteo  enthalten. 
An  Kranken  wurden  in  den  3  Jahren  nacheinander  626195,  640410, 
667593  verpflegt,  von  denen  518575,  528394,  548986  auf  die  öffent- 
lichen Anstalten  kamen.  In  den  Privatanstalten  sind  hiernach  nur 
17 — 18  '';„  der  Kranken  verpflegt  worden.  Dem  weihlicben  Geschlecht 
gehörten  durchschnittlich  35 — 36  von  Je  IW  Kranken  (35^53  *\y)  an, 
und  zwar  in  den  öffentlichen  Anstalten  35,7^  in  den  Friva  tan  stalten 
34,5  'V|t<  ^^3  mittlere  Dauer  der  Verpflegung  eines  jeden  Kranken 
schwankte  i^r  jedes  der  3  Berichtsjahre  in  den  öffentlichen  Anstalten 
zwischen  28,8  und  29,0,  in  den  Privatanstaiten  zwischen  40,3  und 
41,4  Tagen.  Im  3jährigen  Durchschnitt  wurde  jeder  der  verpflegten 
Kranken  32,9  Tage  behandelt,  denn  auf  1818984  Kranke  entfielen 
59858500  Verpflegungätage.  Auf  10000  Einwohner  des  Deutschen 
Reichs  kamen  im  Jabre  1888  138  verpflegte  Kranke.  An  Kranken- 
betten standen  für  10t300  Einwohner  22^3  zur  Verfögungj  davon  in 
öffentlichen  Anstalten  17,1.  Die  im  Jahre  1888  am  besten  mit  Betten 
versehenen  Staaten  waren  Hamburg  ^nd  Bremen  mit  62,9  auf  10000 
Einwohner.  Die  wenigsten  Betten  waren  in  Posen  mit  10,8  auf 
lOOOt»  Einwohner,  In  den  allgemeinen  Krankenhäusern  kamen  in 
den  Berichtsjahren  auf  100  verpflegte  Kranke  8  Todesfälle-  Auf  je 
3  Kranke  mit  äusserlichen  Leiden  kamen  4  mit  innerlichen  Leiden. 
Schätzt  man  nach  den  ErgebnisHen  der  neueBten  Volkszählung  die 
mittlere  Bevölkerung  des  Reichs  \ü  der  ßerichtszeit  auf  47,67  Mil- 
lionen, so  wind  von  je  1000  Bewohnern  in  den  drei  Jahren  etwa  B9 
in  die  allgemeinen  Krankenhäuser  aufgenommen,  von  denen  17  an 
äusserlichen,  22  an  innerlichen  Leidea  behandelt  worden  sind.  (Me- 
dicinalstatistische  Mittheilungen  a.  d.  Kais.  Gesundh.*Amt  Bd.  1, 
E.  1  u.  2.) 


Oeffeniliche  Gesnndricitdpflege. 


759 


KrankoDkaggen  nM  Unfallversiklieriiu;^, 

In  Oesterreich  waren  Ende  188Ü  im  Ganzen  1310379  Per- 
sonen in  2402  Krankenkasaeo  versichert.  Die  Zahl  der  Erkrankuoga- 
fSlIle  betrug  353118,  mitbin  auf  je  100  Vereicberte  33,6  Erkran- 
kungen. Krankengeld  wurde  für  4723710  Krankentage  gezahlt,  so 
dasa  die  durchschnittliche  Dauer  jedes  Erkraukungsfalles  13^4  be- 
trägt. Es  starben  im  Ganzen  6Ö38  versicherte  Personen  =  5  *^|'(jq  der 
Mitglieder,  und  zwar  männliche  4,7  o^^,,  weibliche  ö^.oo'  Von  je 
100  ii,  Ausgaben  fielen  56^1  auf  Krankengeld,  14,3  auf  ärztliche  Be- 
zahlung^ 11,3  auf  Arzneien,  3,3  auf  Beerdiguagskosten,  Im  Ver- 
gleich mit  Deutschland  wurde  erheblich  mehr  an  Kraukengeld,  für 
Arzt  und  Apotheke  etwas  weniger  verausgabt»  (Veröifentl.  d.  Kaia. 
Ge8undh,-Amts,) 

Ueber  die  Ausführung  des  Unfallversicherungsgesetzes 
im  Deutschen  Reiche  liegen  folgende  Zahlen  für  das  Jahr  1890 
vor:  Die  Zahl  der  Berufsgenossenschaften,  auf  welche  sich  die  nach- 
folgenden Zahlen  beziehen,  betrug  112,  wovon  64  gewerbliche  und 
48  landwirthschaftliche.  in  5234243  Betriebsstellen  waren  13015  370 
Personen,  bei  316  Reichs-,  Staats-,  Provinzial-  und  Gemeindebetrieben 
€40380  Personen  beschäftigt  und  versieh  ort.  Im  Ganzen  gelangten 
(mit  Ausnahme  der  Baugewerksberufsgenossenachaft,  wofür  die  An- 
gaben fehlen)  2rXJ(X)l  Unfälle  zur  Anmeldung.  Feststellungen  von 
Entschädigungsrenten  für  UnföUe  aus  1890  erfolgten  42038,  ein- 
schliesslich 6047  Unfälle  mit  tödtlichem  Ausgang  und  2708  mit 
dauernder  völliger  Erwerbannfahigkeit  Die  Gesammtsumme  der  Ent- 
schädigungen (Kosten  des  Heilverfahrens,  Renten  an  Verletzte  und 
Hinterbliebene  Getödteter,  sowie  an  Angehörige  in  Krankenhäusern 
untergebrachter  Verletzter,  Beerdigungskosten  etc.)  betrug  20315319 
Mark;  die  Ausgaben  für  Unfalluntersuchungen,  Feststellung  der  Ent- 
schädigungen, Schiedsgerichts-  und  Unfall verhütungakosten  betrugen 
1436763  Mk.  An  Verwaltungskosten  wurden  bezahlt  4835669  Mk. 
Totale  Ausgabe  demnach  26  587  751  Mk.  Die  Häufigkeit  der  ün- 
föUe  betrug  bei  den  gewerblichen  Genossenschaften  30  %^^  der  Ver- 
sicherten^ bei  den  landwirthschaftlichen  Berufsgenossenschaften  4  ^i^^y. 
Am  häufigsten  waren  die  Unfälle  Folgen  von  Beschäftigung  an  be- 
wegten Maschinen  (Motoren,  Transmissionen  und  Arbeitsmaschinen), 
danach  in  absteigender  Häufigkeit  durch  Einstürze  (Zusammen- 
brach,  Einsturz,  Herab-  und  Umfallen  von  Gegenständen),  durch 
Fall  (von  Treppen,    Leitern  und  Luken  und  in  Vertiefungen)     ^ 


760 


Pfeißer- 


und  Abladen,  Fahrzeuge  (Ueberfahreii  mit  Wagen,  Karren  etc.,  Eisen- 
bahnunMle,  Schiffa-  und  Wasserverkelirannl^Ue) ,  Handwerks  zeuge 
(Hämmer,  Aexte,  Spaten,  Hacken  etc.),  durch  feuergefährlicbe,  beisae 
und  ätzende  Stoffe,  durch  Fabr stuhle  (Aufiaüge,  Krahneu  und  Hebe- 
maacbinen),  durch  Explosion  (Dampfkessel,  Dampf kochap parate  und 
Sprengstoffe)  und  durch  Thiere  (Stoas,  Schlag,  Bisa  etc).  Im 
Allgemeinen  ergab  Bich  eine  Zanahme  der  Verietziingeo  bei  dei^ . 
Gewerbebetrieben  um  0,86  %^q  ,  bei  den  iandwirthachaftlichen  Be 
trieben  um  1,55  %f^^y  gegen  das  Vorjahr,  Auch  die  Zahl  der  Ent- 
schädigungen war  höher  als  seither,  (VeröflFentl,  d.  Kaia.  Gesundh.- 
Amts.) 

In  Berlin  belief  sich  im  Jahre  1891  die  Zahl  der  Kassenmit- 
glieder  auf  304550,  darunter  74145  Weiber.  Davon  gehörten  de 
Ortfikrankenkasse  296044  an.  Auf  je  100  kamen  35,4  Erkrankungenrl 
Die  Dauer  derselben  betrug  durchscbnittlich  26,2  Tage.  An  Kranken- 
geld wurden  bezahlt  3188591  Mk.,  an  Sterbegeld  246479  Mk.  Die 
Ausgaben  für  ärztliche  Behandlung^  Arzneien  und  Heilmittel,  sowie 
Krankenbauspflege  betrugen  2,5  Millionen  Mark,  wovon  nur  20,  4**i'^^ 
auf  ärztliche  Behandlung  und  40  ^^^  auf  Krankenhauabebandlung  ent- 
fallen. Die  übrigen  40  "'/q  kommen  auf  den  Arznei-  und  Heilmittel* 
(Verbandstoff- )Bedarf,    (Veröffentl.  d,  Kais.  Gesundb^-Amts.) 


Bäder  aad  Bad eau stalten, 

Bericht  über  die  schlesischen  Bäder  Die  schlesischen 
Bäder  ausschliesslich  Langenaus  wurden  1891  von  23  504  FamiHen 
mit  44  503  Personen  besucht.  Hiervon  waren  18761  wirkliche  Gar 
gaste,  und  21655  Erholungegäate  und  Durchreisende,  Am  zahl- 
reichsten waren  Warmbrunn,  dann  Beinerz,  Sakbrnnn  und  Landeck 
besucht.  Es  starben  in  Görbersdorf  26,  in  Salzbrunn  13,  in  Bein- 
erz 7,  in  Warmbrunn  &,  in  Oharlottenbrunn  und  Flinsberg  je  2  Per- 
sonen. Mineralbäder  wurden  359  317,  Moorbäder  30616,  Süsswasser- 
bäder,  medicinische  und  Gaabäder  18  073  ^  Zellensoolbäder  13200, 
Sooldampfbäder  und  gewöhnliche  Dampfbäder  1283^  Ficbtenrinde- 
und  Fichtennadelbäder  9995,  Sitzbäder  137,  Kiefernadelbäder  5753, 
KaltwasseranwenduDgen  5930,  Inhalationen  5492  und  Douchen  62242 
gebraucht.  Curgemäss  wurden  getrunken  43000  Liter  Kuhmolke, 
47611  Liter  Ziegenmolke,  3056  Liter  Scbafmolke  und  21962  Liter 
Kefir,  Der  Brunnen versand  belief  steh  auf  745  448  Flaschen  zum 
überwiegendsten  Theil  aus  Satzbrunn,    Aerztlich  behandelt  wurden 


OefTentliche  Gesund heitopQege. 


761 


12020  PersoneD,  darunter  00%  Frauen.  Die  Burchsdinittadauer 
der  Cur  belief  sich  auf  30,8  Tage.  (Veröffeiitl.  d.  Kaiß,  ßesuudh.- 
Amts,) 

in  der  Badeanstalt  zu  Barmen  wardeo  vom  1.  April  1890  bis 
ult  März  1891  176213  Bäder  verabreicht  gegen  191  707  im  Vorjahre, 
Die  Zahl  der  Abonnenten  betrug  543,  Schwimmunterricht  wurde  an 
136  Schüler  ertheilt.  Die  stärkste  Frequenz  fällt  auf  den  Monat 
Juli  mit  31527,  die  schwächste  auf  den  Janaar  mit  5335  Bädern« 
Die  Einnahmen  betrugen  56814  Mk.  Die  Ausgaben  40271  Mk, 
Demnach  ein  Brnttoüberschuss  von  16  741  Mk.  (Centralbl.  f,  allg. 
Gesundheitspflege  1892»j 

In  der  Badanstalt  der  Stadt  Duisburg  wurden  im  Jahre  1890 
verabreicht  2086  Bäder  L  GlaBse  und  4249  Bäder  II.  Claaee.  An 
arme  Kinder  2782  Freibäder.  Die  Frequenz  der  Anstalt  ist  in  be- 
ständiger Zunahme  begrifTen,  so  dass  ihre  Einrichtungen  den  An- 
forderungen nicht  mehr  genügen;  es  sollen  daher  zn  den  Wannen- 
bädern Brausebäder  und  ein  Schwimmbassin  eingerichtet  werden. 

In  der  städtischen  Badeanstalt  in  Dortmund  wurden  1890^91 
verabreicht  gegen  Bezahlung  165633  Bäder,  anentgeltlich  2898,  wo- 
bei sich  bezüglich  der  Gesammtsumme  ein  Weniger  gegen  das  Vor- 
jahr von  Sböl  Bädern  ergibt.  Die  stärkste  Frequenz  war  im  August., 
die  schwächste  im  December.  Die  Ausgaben  betrugen  62646  Mk., 
die  Einnahmen  52  542  Mk.,   mithin  ein  Deficit  von  rund  10000  Mk. 


Impfung. 

Die    Ergebnisse    des   Impfgeschäfts    im    Deutschen 

Beiche  für  das  Jahr  1889  (Medicin  als  tat  istische  Mittheilungen 
aus  dem  Kais.  Gesundh,-Amt  Bd.  1,  H.  1,  1892).  Die  Zahl  der  im 
Jahre  1889  zur  Impfung  vorzustellenden  Erstimpflinge  betrug  1 554864, 
die  der  Wiederimpflinge  1233456.  Von  der  Impfung  befreit  waren 
95524  Eratimpflinge  und  8949  Wiederimpflinge.  Es  verblieben  dem- 
nach noch  impfpflichtig  1458393  Erstimpflinge  und  1  224  507  Wieder- 
impflinge,  zusammen  2  682 9(X)  Impflinge  überhaupt  Geimpft  wurden 
1299981  Erstimpflinge  und  1185504  Wiederimpflinge,  zusammen 
2485485.  Ungeimpft  blieben  158 41 2 Erstimpflinge  und  39003 Wieder- 
impflinge, zusammen  197415.  Vorschriftswidrig  der  Impfung  ent- 
zogen   wurden    30238    Erstimpflinge    und    9908    Wied<«vm^S^\t!t^  ^ 


76ä 


Pfeiffer. 


d.  h,  2263  bezw.  314  mehr  als  im  Vorjahre.  Mtt  MeDschenljanplie 
wurden  geimpft  135259  Erstimpfliuge  und  123942  Wiederimpflinge, 
zusammen  259  201  (etwa  die  Hälfte  gegen  das  Vorjalir);  mit  Thier- 
lymphe  116800B  Erstimpflinge  und  1057193  Wiederimpfiinge ,  zu- 
sammen 2225196  =  89%  gegen  77,4%  im  Vorjabra 

E  r  8 1  i  ßi  p  f  u  n  g  e  n.  Zur  Erst  impf  ung  waren  vorauatellen  1 654  364 
:^  3j240,j  der  mittleren  Bevölkerung,  Hiervon  wurden  von  der 
Impfung  befreit:  a»  weil  sie  in  den  letzten  5  Jahren  Blattern  über- 
standen hatten,  182;  b.  weil  bereits  im  Vorjahr  mit  Erfolg  geimpft, 
92382;  c.  weil  im  Vorjahr  mit  Erfolg  geimpft,  aber  erst  im  Berichta- 
jahre  zur  Nachscliau  erschienen^  3960;  zusammen  96524«  Von  den 
1485347  verbliebenen  Erstimpfungen  wurden  geimpft  mit  Erfolg 
1258348,  ohne  Erfolg  37206,  mit  nnbekamitem  Erfolg  4430,  äu- 
aammen  1299984.  Das  Kesuitat  des  Erfolgs  beträgt  daher  96,80%, 
des  Misserfolgs  2,55%  und  des  unbekannten  Erfolgs  0,3%,  ünge- 
impft  blieben  (abgesehen  von  46  Kindern  in  Hamburg,  welche  drei* 
mal  zurückgestellt  waren) :  a.  auf  Grund  ärztlicher  Zeugnisse  118862 
^8,15^^,ö;  b.  weil  nicht  aufzufinden  oder  ortsabwesend,  9266^0,64%; 
c.  weil  vorschriftswidrig  der  Impfung  entzogen,  30238  ^  l,92ö/(y;  zu- 
sammen  158  366»  Die  meiaten  vorschriftswidrigen  Entziehungen 
kamen  im  Eerzogthum  Oldenburg  und  im  preuasi sehen  Regierunga- 
bezirk  Magdeburg  vor.  Von  den  Erstimpflingen  wurden  mit  Men- 
ßchenlymphe  135259  =  10,24";,,,  mit  Thieriymphe  1 108003  =88,46  o/,j, 
mit  nicht  näher  bezeichneter  Lymphe  17112  geimpft. 

Wiederimpfungen,  Zur  Wiederimpfung  waren  vorzustellen 
1233456  ^  2,57*J,t>  der  mittleren  Bevölkerung.  Befreit  von  der 
Impfung  wurden:  a.  (s,  o.)  218,  b.  8731,  zusammen  8949.  Es  ver^ 
blieben  demnach  wieder  impfpflichtig  1224  507.  Hiervon  wurden 
wiedergeimpft:  a,  (s.  o.)  1068552  —  88,20",'o,  b.  113385  =  9,26o,o, 


üngeimpft  blieben 
b. 


c,  3568  =  0j29*^^>,  zusammen  demnach  1185505, 
38967  -=  3,18%  und  zwar:  a.  (s.  o.)  15482  =  1,26%,  D.  wegen 
Aufbörens  des  Besuches  einer  die  Impfpflioht  bedingenden  Lehr- 
anstalt 10227,  c  (s.  o,)  3350,  d.  9908  =  0,81%,  Von  den  Wieder- 
impfungen wurden  ausgeführt  mit  Menschenlymphe  123942^  mit 
Thieriymphe  1067193  =  89,18%,  mit  nicht  näher  bezeichneter 
Lymphe  4370. 

Besondere  Vorkommnisse.  Eine  Verbreitung  von  anstecken- 
den Krankheiten  durch  das  ImpfgeschÖft  (nicht  die  Impfung)  ist 
nirgends  beobachtet  worden,  trotzdem  allenthalben  Masern,  Schar- 
lach, Diphtherie  u.  s.  w.  herrschten.  Bei  der  Ausluhrung  der  Ope- 
ration selbst  wurde  überall  der  erforderlichen  Antisepsis  gebührend 


I 
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I 


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d 


Oaffeniliche  G«sundheitepflege. 


763 


I 


RechDung  getragen,  00  daas  irgend  nennenswerthe  BcbädiguDgen 
ilurch  die  Impfang  nirgends  vorgekommen  sind.  Todesfälle  infolge 
der  Impfung  (nicbt  post  boc,  ergo  propter  boc)  sind  in  ganz  Deutsch- 
land niobt  zur  Beobachtung  gekommen.  Die  Todesfülle,  welche  in 
unmittelbarem  seitlichem  Zusammeiibang  mit  der  Impfung  vorkamen, 
konnten  bei  den  amtlichen  Ermittelungen  immer  auf  Ursachen  zu- 
rückgeführt werden,  welcbe  nichts  mit  der  Impfung  zu  thun  hatten. 

Oewerlilicbes. 

Marx,  Hat  die  Handhabung  der  Gewerbebygiene  in 
Preussen  in  den  letzten  Jahren  Fortschritte  gemacht? 
Ist  die  Betheiligung  der  Medicinalbeamten  an  derselben 
ausreichend?  Verf.  beantwortet  diese  Fragen  durch  nachstehende 
Sätze: 

1)  Das  Verzeichniss  der  genebmiguiigspfiichtigen  Anlagen  des 
§  16  der  Keichsgewerbeordnung  wurde  erweitert  durch  die  Auf- 
nabme  von  Kalifabriken  und  Anlagen  zum  Imprägniren  von  Holz 
mit  erhitzten  Theerölen;  Kunstwoilfabriken  und  Gewerbeanlagen  zor 
Herstellung  von  Celluloid;  Ddgrasfabriken ;  Fabriken,  in  welchen 
Röhren  aus  Blech  durch  Vernieten  hergestellt  werden  f  Anlagen  zur 
Erbauung  eii^erner  Scbi0e,  zur  Herstellung  von  eisernen  Brücken 
oder  sonstigen  eiäernen  Bauconstructionen ;  Anlagen  zur  Destillation 
von  oder  zur  Verarbeitung  von  Theer  oder  Theerwasaer;  Anlagen, 
in  welchen  auB  Holz  oder  ähnlichem  Fasermaterial  auf  chemischem 
Wege  Papierstoff  hergestellt  wird  (Cellulosefabriken) ;  Anstalten,  die 
2um  Einsalzen  und  Trocknen  ungegerbter  Thierfelle  dienen  ^  sowie 
VerbleiuDgs-,  Verzinnungg-  und  Verzinkungsan^talten;  Anstalten,  in 
welchen  Albuminpapiere  hergestellt  werden. 

2)  Die  die  Gewerbehygiene  berührenden  Gesetze  aind:  das 
Reiehsgesetz ,  betreffend  die  Krankenversicherung  der  Arbeiter  in 
gewerblichen  Anlagen;  das  Gesetz,  betreffend  die  Anfertigung  und 
Verzollung  von  Zündhdlxem;  das  Unfall versicherungsgesetz;  das  Ge* 
Betz^  betreffend  die  ünfallverBicherong  der  bei  Bauten  beschäftigten 
Personen. 

3)  In  das  Gebiet  der  Gewerbehygiene  schlagen  die  Bekannt- 
machungen u.  s,  w,f  betreffend  die  Redaction  der  Gewerbeordnung 
für  das  Deutsche  Reich;  die  Beacbäftdgung  jugendlicher  Arbeiter  in 
Steinkohlenbergwerken;  die  Auadebnung  der  Unfallversicherung  auf 
Arbeiter  und  Betriebsbeamte  in  Betrieben,  welcbe  sich  auf  die  Aos- 
fUirang  von  Bauten  erstreoken ;  die  Beschäftigung  von  AxVi«i\v«c>3S!Wfe'«i 


f64 


Pfeiffer. 


und  jugendlichen  Arbeitern  in  Drahtziehereien  mit  Wasserbetrieb; 
die  Fabrikation  von  Bleifarben  und  Bleizucker ;  der  Betrieb  oed  die 
Einrichtung  von  Anlagen,  in  denen  Cigarren  angefertigt  werden ;  das 
Verbot  der  Beschäftigung  von  Arbeiterinnen  und  jugendlichen  Ar- 
beitern in  Gammiwaarenfabriken  bei  der  Anfertigung  sog*  Präser- 
vativs und  anderer  zu  gleichen  Zwecken  dienender  Gegenstände. 

4)  Die  Betheiligung  der  Medicinaibeamten  in  der  Handhabung 
der  Gewerbehygiene  ist  eiße  unziireichende» 

5)  Es  muss  vom  hygienischen  Standpunkt  gefordert  werden, 
dass  den  Medicinalbeamten  bei  der  OonoeBsionsertheilung  zur  Anlage 
gewerblicher  Betriebe  eine  entscheidende  Mitwirkung  wie  früher  zu- 
gestanden wird, 

6)  Dem  Modi  ein  albeamten  ist  neben  dem  Fabrikinspector  eine 
ständige  Ueberwachung  der  gewerblichen  Anlagen  ssu  übertragen. 
Diese  Ueherwacliung  seitens  der  Medi  ein  albeamten  hat  sich  auf  die 
Verhütung  der  Gewerbekrankheiten  und  sonstiger  Gesundheitsschädi- 
gungen dnrch  den  Gewerbebetrieb,  sowie  auf  die  Verhütung  einer 
Schädigung  der  Anwohner  von  gewerblichen  Anlagen  in  Rücksicht 
auf  deren  Gesundheit  zu  erstrecken.  ( Vierteljahr ©achrift  f«  öflFentl. 
Gesundheitspflege  Bd.  23,) 


I 

I 
I 


(iebrauch^gegi^nüitäiide. 

lieber  die  schädlichenBestandtheile vonGummiwaaren 
für  Kinder.  Nach  Balowsky -Moskau  ist  der  Hauptbestand theil 
der  Gummiaachen  infolge  der  Bereiten  gsmethode  der  Schwefel,  welcher 
etwa  5EU  30 Oy  mit  dem  Gammi  mechanisch  verbunden  ist.  Er  selbst 
ist  unschädlich.  AnsBer  ihm  werden  jedoch  noch  eine  Reihe  von 
Stoffen  gebraucht,  um  den  Gummi  zu  färben  und  schwerer  zu  machen, 
von  weichen  man  dies  nicht  behaupten  kann.  Es  sind  dies  besonders 
Zinkozyd  und  Blei.  Daneben  Eisen,  Alttminium,  Magnesium,  Kiesel- 
säure nnd  Antimon.  Letzteres  fand  sich  in  allen  in  der  Masse  roth- 
gefärbten  Gummi waaren.  Schädlich  ist  hiervon  namentlich  das  Blei^ 
jedoch  auch  Zink,  Die  Menge  der  in  den  Gummi  eingeführten  Me- 
talle etc.  soll  sich  nach  Donath  leicht  aus  dem  specifischen  Gewicht 
ermitteln  lassen,  welches  für  reinen  Gummi  unter  1,3  betragen  soU« 
Auch  die  Farben ,  mit  welchen  namentlich  Gnmmiapielsachen  häu^ 
bemalt  sind,  sind  zum  Theil  beÄügltch  ihrer  Schädlichkeit  verdächtig. 
Für  die  ungeflüire  Beurtheilung  der  Schädlichkeit  lassen  sich  fol- 
gende Sätze  aufstellen: 

I.  Alle  Gummiaachen,    mit   welchen  Kinder  in  Berührung  kom- 


I 
I 


Oeffen tische  Gesandheifc^pilege. 


765 


men,  sind  unschädJich,  weon  sie  a.  in  Wasser  schwimmen,  b,  wenn 
sie  elastiscli  uBd  c.  von  weicher  Conaistenz  aind« 

II*  Schwärze  Saugbütchen  sind  unschädlich. 

III.  Schwarze  Puppen  sind  öchädlich,  wenn  sie  im  Wasser  unter- 
sinken, weil  sie  dann  mit  ßleioxyd  beschwert  sind. 

IV*  Reihe  oder  rotbbraune  Gammisachen  sind  unschädlich ,  da 
sie  swar  Antimon  enthalten,  dieses  sich  aber  aus  der  Gummimasse 
mit  Speichel  nicht  auälöaen  lässt  (?).  Graue  Guminiäachen  sind  wegen 
ihres  Gehalts  von  Zinkoxyd,  welches  sich  im  Speichel  und  in  säuer- 
licher Milch  löstj  gefährlich.    (Aerztl.  Rand  sc  hau  1S92.) 


Ohim&ller  und  Heise,  Untersuchungen  über  die  Ver- 
wendbarkeit des  Aluminiums  zur  Herstellung  von  Ess-, 
Trink'  und  Kochgeschirren, 

L  Das  Aluminium  wird  innerhalb  der  für  Ess-,  Trink-  und 
Kochgeschirre  Im  Allgemeinen  in  Betracht  kommenden  Zeit  durch 
saure  und  alkalische  Flüssigkeiten,  sowie  durch  Salzlösungen  an- 
gegriffen, und  zwar  bei  Zimmerwärme  in  verhältnissmässig  geringem 
Orade,  Bei  Siedehitze  ist  die  Löslichkeit  sehr  verschieden  und  er- 
reicht in  manchen  Fällen  eine  beträchtliche  Grösse. 

II.  Die  Ängreif barkeit  der  Geachirre  wird  mit  der  Zeit  infolge 
von  Veränderungen  des  Metalls  häufig  geringer. 

III.  Mit  der  Reinigung  ist  je  nach  der  Art  derselben  stets  ein 
verhältnissmässig  bedeutender  Material verluBt  verbunden, 

IV.  Eine  Schädigung  der  Gesundheit  durch  den  Genuss  von 
Speisen  und  Getränken,  welche  in  Aluminiumgeachirren  gekocht  oder 
aufbewahrt  worden  sind,  ist  bei  den  hier  gewöhnlich  in  Betracht 
kommenden  Verhältnissen  nicht  zu  brwarten.  (Veröffentl.  d.  Kaifl. 
Gesundh.-Amt8  1892.) 

Weyl,  Bleivergiftung  durch  einen  schlecht  emaillirten 
Kochtopf.  Im  vergangenen  Jahre  erkrankte  in  der  Praxis  des 
Herausgebers  dieses  JahrbuchB  ein  ganzer  Hausstand  von  sechs 
Köpfen  unter  auffallenden  Vergiftungserscheinungen  mit  Uebelkeit, 
Erbrechen,  Diarrhoe,  Fieber  und  grosser  Abgeschlagenheit  einige 
Stunden  nach  einer  Mahlzeit.  Die  Erscheinungen  verloren  sich  bald, 
als  Ursache  wurde  ein  Gericht  Maccaroni  ermittelt,  weil  das  er- 
krankte Hausmädchen  an  dem  fraglichen  Mittag  nichts  Anderes  ge- 
gessen hatte.  In  den  übrig  gebliebenen  Maccaroni  konnte  ein  schäd- 
h'cher  Farbstoff  nicht  nachgewiesen  werden.  Die  Untersuchung  des 
Kochtopfes  aber  ergab  beim  Kochen  von  Esaig  in  demselben  einen 


76<; 


Pfeiffer 


deutlichen  Bleigehalt  des  Essigs.  Es  war  dömoach  bei  Herätellung 
des  Topfes  eine  bleihaltige  Glasurmasse  verwandt  worden,  welche 
nicht  genügend  eingebrannt  war,  da  gut  eingebrannte  Bleiglasuren 
nach  Kochen  mit  Esaig  an  dieeeii  kein  Blei  abgeben.  (Deutsche 
medic.  Wochenschrift  1892,  Nr.  13.) 

Im  Scblachthause  zu  Wiesbaden  wurden  in  der  Zeit  vom 
L  April  1891  bis  1.  April  1892  geschlachtet  7244  Stück  Rindvieh, 
16667  Kälber,  6792  Schafe  und  25218  Schweine.  Hiervon  waren 
tüberculös  112  Stück  Rindvieh  und  14  Schweine.  Mit  Finnen  be- 
haftet waren  20  Schweiue,  Trichinen  wurden  nicht  nachge- 
wiesen. Zum  menschlichen  Genuss  ganz  ungeeignet  waren  30  Stück 
Rindvieh,  162  Kälber»  2  Schale  und  32  Schweine.  Theilweise 
geniessbar  war  das  Fleisch  von  89  Stück  Rindvieh,  3  Kälbern  und 
27  Schweinen*  Yon  den  152  tlür  ungenieasbar  erklärten  Kälbern 
waren  145  nicht  geboren.  Die  Zahl  der  in  der  Roasschlächterei  ver- 
wertheten  Pferde  betrug  im  gleichen  Zeitraum  261 ,  wovon  eins 
tuberculÖB,  das  Fleisch  jedoch  noch  geniesebar  war,  —  Es  fungiren 
am  Schlachthaus  1  städtischer  Thierarzt,  2  Hallenmeister  und 
10  Trichinenschauer. 

In  Frankfurt  a.  M.  betrug  die  Zahl  der  vom  April  1891  bis 
dahin  1892  geschlachteten  Thiere  789  Pferde,  22819  Rinder,  55161 
Kälber,  28141  Schafe,  66615  Schweine.  Hiervon  waren  mit  Tuber- 
culose  behaftet  2216  Rioder,  6  Kälber,  267  Schweine.  Finnen  hatten 
5  Binder^  28  Schweine.  4  Schweine  war  den  trichinös  ge- 
funden. Als  angeeignet  zum  meiiBchlicben  Genuas  wurden  gänElich 
verworfen  8  Pferdoj  77  Rinder,  22  Kälber,  29  Schafe  und  34  Schweine. 
Minderwertkig  waren  272  Rinder^  76  Kälber,  145  Schafe,  147  Schweine. 
Der  Abdeckerei  wurden  an  einzelnen  Organen  ynd  Fleiachstticken 
zur  Vernichtung  überwiesen  2996  Organe  tind  2H9  kg  Fleisch  von 
Rindern,  von  Kälbern  59  Organe  und  30  kg  Fleisch,  von  Schafen 
4899  Organe  und  26  kg  Fleisch ,  von  Schweinen  6384  Organe  imd 
405  kg  Fleisch,  und  von  Pferden  24  Organe  und  64  kg  Fleisch, 
Am  Schlachthaus  amtiren  1  Blädtiecher  Schi  ach  thofthierarzt  mit 
3  Hailetimeistern  und  28  Trichinen  schauern. 

In  Bockenheim  wurden  im  Schlack thause,  welches  unter  der 
Leitung  eines  städtischen  Thierarztes  steht,  im  gleichen  Zeitraum 
geschlachtet  2549  Rinder,  1769  Kälber,  751  Schafe  und  5062  Schweine. 


I 

I 


I 


I 


Oeffenüiche  Geauodbeitspüege. 


7H7 


Taberculös  fanden  sich  biervoa  259  Rinder  und  16  Schweine,  finnig 

1  Schwein,     Ganz  verworfen   wurden    17   Rinder   und   5  Schweine. 
Auf  der  Freibank  verkauft   107   Stück  Rindvieh^    meist  Kühe  und 

2  Schweine,   Zahlreiche  einzelne  Theile  wurden  dem  Abdecker  über- 
wiesen. 

Fleischbeschau  in  Berlin.  In  den  öffentlichen  Schlacht- 
häusern des  städtischen  Ceotralachlachthofes  sind  im  Jahre  1890 — 91 
geschlachtet  worden  124593  Rinder,  115431  Kälber,  371943  Schafe, 
472859  Schweine^  zusammen  1084826  gegen  1142700  im  Vorjahre. 
Hiervon  wurden  beanstandet  und  zurückgewiesen  5899  ganze  Thiere, 
K944B  Organe  und  einzelne  Theile,  Ea  wurden  ausserdem  von  der 
Verwerthung  ausgeschlossen  108  Thiere,  welche  in  den  Ställen  des 
Schlachthofes  verendet  waren,  und  1395  ungehorene,  fast  ausge- 
.tragene  und  7272  ungeborene  ^  nur  wenig  entwickelte  Kälber,  Den 
rand  zur  ßeanatandung  ganzer  Thiere  bildete  in  erster  Reihe  die 
Tuberculose  mit  3318.  Weiter  wurde  beobachtet:  käsige  Langen- 
entzündung  (14),  Finnen  (1409),  Trichinen  (170),  Echinokokken  (3), 
Psorospermien  (IG),  Strahlenpilz  (16),  Kalkconcremente  (49)^  ekel- 
erregende Beschaffenheit  des  Fleisches  (240),  Schweinerotblauf  (209), 
Schweineseuche  (2)  und  Wassersucht  (182),  Von  den  Organen  bezw, 
einzelnen  Theilen  wurden  zurückgewiesen  wegen  Kchinokokken 
|5  740  Lungen  und  7732  Lebern  von  Rindern,  Schafen  und  Schweinen, 
^i^egen  Fadenwürmern  14242  Lungen  von  Rindern,  Schafen  und 
Schweinen,  wegen  alter  pathologischer  Veränderungen  6390  Lungen 
and  362  Lebern,  wegen  blutiger  Beschaffenheit  1654  kg,  und  wegen 
PäuLniss  215  kg  Fleisch,  123  Lungen  und  113  Lebern  wegen  Fäulnisa. 
Die  Tuberculose  zeigte  sich  in  verschiedenen  Graden  bei  14397  Rin- 
dern, 91  Kälbern,  18  Schafen,  8513  Schweinen,  zusammen  23019 
Igen  15735  im  Vorjahre.  In  den  Fieiöchuntersuchungsstationen 
sind  von  auswärts  eingeführt  untersucht  worden  128308  Rinder- 
viertel, 133145  Kälber,  57235  Schafe  und  96  697  Schweine.  Davon 
wurden  beanstandet  wegen  Tuberculose  2C6  Rinderviertel,  1  Kalb, 
Schafe,  25  Schweine,  175  Theile  und  Organe.  Wegen  Trichinen 
Schweine,  4  Theile  uod  Organe,  wegen  Kalkooncremente  2,  Faoro- 
enuien  4  uod  Rothlauf  4  Schweine,  wegen  Egel  11  Lebern  von 
Rindern  und  Schafen,  wegen  Fadenwürmern  61  Schaf-  und  Schweine- 
lungen, ausserdem  eine  grössere  Zahl  von  Thieren,  Organen  und 
Theilen  wegen  wässeriger  und  ekelerregender  Beschaffenheit,  Fäul- 
Hias,  Gelbsucht,  Abscesae  und  Entzündungen.  Wegen  Krankheit 
[Oder  mangelhafter  Ursprungsatteste  wurden  polizeilich  geschlachtet 


768  Pfeiffer. 

1542  Rinder,  391  8cli weine,  9€  Kälber,  684  Schafe;  von  diesen 
Thieren  wurden  als  ungeoiessbar  verworfen:  342 Rinder,  1 20 Schweine, 
75  Kalb  er  und  185  Schafe.  Yon  den  auf  dem  Transport  oder  nach 
der  Ankunft  verendeten  Thieren  sind  1251  Stück  der  Abdeckerei 
überwiesen  worden.  Leider  ist  nicht  angegeben,  ob  dies  alle  ver- 
endeten Thiere  waren.     (Veröffentl.  d.  Kais.  GeBundh.-Amts.) 

Fleischbeschau  in  Weimar«  Im  InnungsBchlachthaus  wur- 
den 15C>2  Stück  Rindvieh,  8246  Schweine,  8(:)81  Kälber  und  Schafe 
und  61  Pferde,  zusammen  1781K)  Stück  Vieh  geschlachtet .  Hiervon 
wurden  228  Thiere  beaostaudet,  davon  83  Stück  Rindvieh  und 
3  Scb weine  mit  Taberculoße,  30  Stück  Rindvieh,  23  Schweine^ 
18  Hammel  mit  Hülsen wünnern ,  12  Stück  Rindvieh  mit  Leber- 
abscessen,  2  StCick  Rindvieh  und  4  Hammel  mit  Egelkrankbeit,  je 
2  Schweine  mit  Fienen  oder  Roth  lauf  und  9  Hammel  mit  parasitärer 
Lungen  Verhärtung.  Ganz  vom  Verbrauch  auizuscblieesen  waren 
27  Thiere,  davon  16  Stück  Rindvieh  wegen  allgemeiner  Tuberculosen 
(Veröffentl,  d.  Kais.  Qeauiidh--Amt8.) 

Im  Königreich  Sachsen  wurde  in  den  öffentlichen  Schlacht- 
häusern im  Jahre  189«  >  bei  15,7  ^i^^  aller  geschlachteten  Rinder  Tnber- 
culose  nachgewiesen,  während  dieselbe  nur  bei  0,03 (^'^  der  Kälber, 
0,84 0|q  der  Schweine,  und  0,02  ''/o  ^^r  Schafe  vertreten  war.  Von 
den  tuberculösen  Rindern  wurden  4,2  ^j^^  gänzlich  verworfen,  10,1  *^;q 
der  FreibaDk  überwieäen  und  8&,6öiy  für  bank würdig  erklärt.  In 
Leipzig  erstreckte  sich  die  Erkrankung  bei  4546  tuberculösen  Rindern 
und  775  tuberculöBen  Schweinen  auf  ein  Organ  bei  S800  bezw»  231, 
auf  die  Organe  einer  Körperhöhle  bei  203  bezw*  7.  Auf  mehrere 
Kdrperhöhlen  bei  543  bezw.  537,  auch  auf  das  Fleisch  bei  50  besw. 
81,  auch  auf  das  Euter  bei  23  be«w.  3  der  genannten  Thiere.  (Gen- 
tralbl  f.  allg,  Gesundheitspflege  1892.) 

Im  SchlachthauBO  zu  Dortmund  ^vurdeu  im  Jahre  1890 — 91 
von  35062  Schlachtthieren  1589  Stück  beanstandet,  darunter  328 
wegen  Tuberculose  (299  Kühe,  6  Ochsen,  2  Stiere,  21  Schweine). 
Die  Gesammtzahl  der  Beanstandungen  entspricht  einem  Procentsatz 
▼on  4,8.  Von  den  beanstandeten  Thieren  wurden  als  gesundheits- 
schädlich gänzlich  vernichtet  27,  für  minderwerthig  erklärt  155.  Die 
übrigen  zwar  beaiiätandet ,  aber  zum  freien  Verkehr  zugelassen. 
Trichinen  sind  in  dem  genannten  Jahre  nicht  gefunden  worden.  In 
der  Pferdeschlacht  halle  wurden  905  Thiere  geschlachtet  und  von 
diesen  50  beanstandet,     (Centralbl  f,  allg.  Gesundheitspflege  1892.) 


1 


I 


OefTentliclie  QeBondlieitspfiege. 


Nahraiiz«-  und  Genvssmittel. 


» 


I 

t 
■ 


I 


Milch.  Oßtertag  stellte  auf  dem  VII.  internationalen  CoBgress 
ftir  Hygiene  in  London  für  den  Betrieb  von  Milch  wirtbacbaften 
folgende  Forderungen  auf: 

1)  Alle  Milchwirthschaften  unterliegen  einer  polizeilichen 
ControUe. 

2)  Alle  zur  Milcbgewinnung  benutsten  Tbiere  werden  tbierärzt- 
Jicb  untersucht  und  von  Zeit  zu  Zeit  controllirt, 

3)  Es  darf  nur  gutea^  uö verdorbenes  Futter  verabreicht  werden. 
Jede  Erkrankung  der  Thiere  ist  dem  Tbierarzt  anzuzeigen,  und  die 
Milch  des  erkrankten  Tbieres  ist  dem  Verkehr  zu  entziehen* 

4)  Peinlicbste  Sauberkeit  ist  beim  Milchgeschäft  zu  beobachten, 
an  Infectionskrankbeiten  leidende  Personen  dürfen  zum  Melken  nicht 
verwendet  werden» 

5)  Die  gesammelte  Milch  muse  alsbald  gekühlt  und  in  besou- 
dereu  Michkamaiernj  nicht  in  Wohn-  oder  Schlafräumen  aufbewahrt 
werden. 

6)  Der  Transport  der  Milch  ist  nur  in  geeigneten  Gefässen  zu 
gestatten. 

7)  Bei  Äphthenseuche  und  Tuberculoseverdacht  darf  die  Milch 
nur  gekocht  in  den  Verkehr  gebracht  werden.  Alle  als  ekelhaft 
oder  gesundbeitsgefäbrlicb  zu  betrachtende  Milch  ist  vom  mensch- 
lichen Genuss  auszuschltessen.  Beim  Ausbruch  einer  epidemiächen 
(soll  wohl  beissen  ansteckenden)  Krankheit  in  dem  Hause^  in  welchem 
Molkerei  betrieben  wird,  ist  der  Milch  verkauf  aus  diesem  Hause  zu 
untersagen. 

8)  Bei  Gewinnung  der  Kindermilch  sind  ganz  besonders  hohe 
Anforderungen  in  Bezug  auf  Fütterung,  Sauberkeit,  auf  die  Ab- 
kühlung der  Milch  und  den  geeigneten  Transport  derselben  zu  stellen* 

Butter.  Der  Verbrauch  von  Kunstbutter  in  Dänemark 
scheint  ein  besonders  grosser  zu  sein.  Neben  14  eigenen  Fabrik- 
betrieben,  welche  im  Jahre  1890  91  5136025  kg  Margarine  herstellten, 
worden  von  Deutschland,  Norwegen  und  den  Niederlanden  noch  im 
Ganzen  in  demselben  Jahre  1 040  201)  kg  eingeführt,  Uebertretungen 
gegen  die  Fabricationsbestimmungen  kamen  nur  wenige  zur  Anzeige. 

Kaffee.    Eine  neue  Art  der  Kaffeeverfälschung  besteht 
darin,    dass    die  Bohnen    zuerst  des  grössten  Theiles  ihrer  aroma- 
tischen Bestandtheile  zur  Herstellung  von  Kaffeeextract  beraubt,  dann 
nochmals  unter  Zusatz   von   Zucker  geröstet  und    nicht    extrabirte 
J«bilHicfr  d.  praet.  MBdicin,   Wm.  ^^ 


770 


Pfeiffer. 


Kaffeesorten  beigemischt  werden,   womit  natürlich  eine  ganz  erheb- 
liche Täuschung  und  SchädigEEg   der   Consumenten   verbunden  ist. 

Fleisch.  Der  Verbrauch  von  Fleisch  pro  Kopf  betrug 
nach  englischen  Zuisammeo Stellungen  in  Australien  111,6  kg,  in  den 
Vereinigten  Staaten  54^4  kg,  in  Engküd  47,6  kg,  in  Schweden  and 
Norwegen  39,5  kg,  Frankreich  33,6  kg,  Deutschland  31,3  kg,  Belgien 
und  den  Niederlanden  31,3  kg,  Oeaterreich  21,0  kg,  Spanien  22,2  kg, 
Russland  21,8  kg  und  in  Italien  10,4  kg.  (VeröffentL  des  Kaiserl, 
Gesundk-Amts.) 

Kindernäbrmehle,  Bezüglich  der  Beschaffenheit  der  Kinder- 
n&hrmehle  fordert  Hanau seck,  dass  hierzu  praparirte  Getreidemehle 
möglichst  frei  von  Kleie  und  von  der  Kleberzeilschicht  seien,  ins- 
besondere aber  keine  Fragmente  der  spitzen,  starren  Haare  enthalten; 
Leguminosen  m eh!  soll  aus  den  sorgfältig  geschälten  Samen  der 
Bohne,  Erbse  und  Linse  hergestelltf  und  alle  Mehle  sollen  einem  ent- 
sprechenden Röstprocess  unterworfeö  werden,  wodurch  ein  Auf- 
schliesseo  der  schwerverdaulichen  Stoffe,  niemals  aber  eine  unange- 
nehme Geschmacks  Veränderung  herbeigeführt  werden  aolle,  (Viertel- 
jahraachr.  f  Chemie  d.  Nahrungs-  u.  Genussmittel  1891.) 

Wein.  Nach  dem  Gesetzentwurf  betreffend  den  Verkehr  mit 
Wein  sollen  lösliche  Aluminium-  und  Bariumverbitidungen,  Borsäure, 
Glycerin,  Kermesbeeren ,  Magßesiumverbindnngen ,  Salicylsaure,  un- 
reiner Sprit  und  unreiner  Stärkezucker,  Strontiumverbindungen  und 
Theerfarbstoffo  bei  der  Weinbereitüng  nicht  zur  Anwendung  kommen. 
Für  gewisse  Rothweine ,  ausgenommen  Dessertweine  ausländischen 
Ursprungs,  soll  ein  Maximalgehalt  von  Schwefelsäure  vorgesehen  sein. 
Als  Weinfälschung  soll  die  Herstellung  von  Weinen  mittels  Auf- 
gusses von  Zuckerwasser  auf  halb  oder  ganz  ausgepreaste  Trauben 
oder  Weinhefe  gelten.  Die  Verwendung  von  Saccharin  oder  ähn- 
lichen Süasstoffen  soll  bei  der  Herstellung  von  Schaum-  und  Obst* 
weinen  als  Verfälsohnng  anzusehen  sein.  Dagegen  soll  die  sog. 
Kellerbehandlung  und  Haltbarmachung  des  Weines,  wobei  Alkohol, 
geringe  Mengen  von  Klärungsmitteln,  Kochsalz,  Tannin,  Kohlensäure, 
schweflige  Säure  verwendet  werden ,  nicht  als  Verlalschung  gelten, 
wenn  die  Menge  des  zugesetzten  Alkohols  bei  Weinen,  welche  als 
deutsch©  in  Verkehr  kommen,  nicht  mehr  wie  1%  beträgt.  Auch 
der  Verschnitt  von  Wein  mit  Wein,  der  Zusatz  von  reinem  Zucker 
in  geringen  Mengen,  die  Entsäuerung  mit  reinem  gefälltem  kohlen- 


Oeffentliche  Geanndheitspflege. 


771 


I 


Bauram  Kalk  sollen  zulässig  sein.  Weon  wemhaltige  oder  wein- 
ähnliche  Getränke  unter  Verwendnug  von  RosineB,  KorintheUj  Sac- 
charin und  anderen  Süssatoffen^  Ton  Säoren  und  Bouquetatoffen,  von 
Gummi  u,  dergl  hergestellt  werden,  so  sollen  sie  nur  unter  einer 
ihren  Charakter  präcisirenden  Bezeichoung  verkauft  werden  dürfen, 
(Pbannac.  Zeitung.) 

Gesalzene  Weine  in  Frankreich.  Neuerdings  hat  man  in 
Frankreich  die  Weine  zur  Conservirung  mit  Chlornatrium  zu  ver* 
aetzen  hegonneuj  so  dass  die  Behörden  bereits  genöthigt  waren, 
hiergegen  als  eine  Verfälschung  des  Weines  vorzugehen.  Der  Justiz- 
minister  hat  angeordnet,  daas  ein  grösserer  Gehalt  des  Weines  an 
Kochsalz  als  1  g  im  Liter  an  dem  Fälscber  zu  bestrafen  sei.  (Ver- 
öffentl.  d»  Kais.  Gesundh^-Amts.) 


Conserven.  Tschirch  glaubt,  da  ungefärbte  Conserven  von 
hönem  Aussehen  nicht  zu  haben  sind,  dass  es  zweckmässig  sei, 
eine  Maximalgrenze  für  den  zulässigen  Kupfergehalt  festzusetzen. 
Die  geringen  Mengen  Kupfer,  die  zur  Bildung  des  grünen  phyllocyanin- 
üauren  Kupfersalzes,  welches  durch  Einwirkung  von  Kupfersulfat 
auf  Chlorophyll  entsteht,  erforderlich  sind,  hält  er  nicht  für  ge- 
sundheitsschädlich.    (Hyg.  Kundschau  1892.) 


Beaufsichtigung  des  Marktverkehrs  mit  Nalirnngsinitteln. 


I 

^M        Vorschläge  zur  Beaufsichtigung  der  Gemüsemärkte  stellte 
^^Nevenny  bei  der  Versammlung  der  Nahrungsmittelchemiker  in  Wien 

in  folgenden  Sätzen  auf: 

Gemüse.     1)  Altgewordenesj  welkes,  sowie   ungereinigtes   und 
^verschimmeltes  Gemüse  ist  als  Marktwaare  nnznläasig* 
^m       2)  Das  %um  Beinigen  des  Gemüses  verwendete  Wasser  musa 
"rein  sein. 

3)  Die  zur  Aufbewahrung  des  Gemüses  verwendeten  Itäumlich- 

keiten  dürfen  weder  ständig  noch  zeitweise  von  Personen  oder  Thieren, 

namentlich  nicht  von   solchen,   die  an  In  fections  krank  hei  ten   leiden^ 

besucht  werden. 
|ft        4)  Es  ist  darauf  zu  sehen,    dasa   die  Gemüöearten    nicht    mit 
***  schädlichen  Pflanzen    oder    aolchen  Pflanz ent heilen    vermengt    oder 

verwechselt  öind. 

Kartoffeln.    1)  Marktfähig  sind  nur  solche  Ka 

gesund  und  reif  sind. 


77i3 


Pfeiffer. 


2)  Junge,  unrei  Pe,  ausgekeimte,  schimmliche  und  faule,  erfrorene 
Kartoffelü  Bind  vom  Marktverkelir  auszuschliessen, 

Obst.  UoreifcB,  verschimmeltes,  faules,  künstlich  gefärbtes, 
geschwefeltes  und  altes  Obst  ist  zum  Marktvarkehr  nicht  ziizulassen. 

Schwämme.  1)  Die  Kenn tniss  der  essbaren  bezw,  schädlichen 
Schwämme  ist  zu  fördern. 

2)  Alle  zum  Verkauf  gelangenden  Schwämme  sind  von  einem 
sachverständigen  Aufseher  vorher  zu  untersuchen, 

3)  Der  Hauäirhandel  mit  Schwämmen  ist  zu  untersagen. 

4)  Zum  Verkaufe  dürfen  our  ganze^  höchstens  halbirte  und  ge- 
sunde Schwämme  kommen. 

5}  Zerfressene,  madige,  faulige^  zerschnittene  und  getrocknete 
Schwämme  sind  vom  Marktverkehr  ganz  auszuschliessen.  (Hyg. 
Rundschau  1802.) 


Verfähchnng  vim  Nalirangsmittt^ln. 


4 


Bestrafungen  vonPäUchern  etc.  im  Deutschen  Reiche 
18 7  9.  Wegen  Verfälschung  von  Kahrungs-  und  Genussmitteln, 
Feilhalten  verfälschter  oder  verdorbener  Nahrungs-  und  Genussmittel 
wurden  im  Ganzen  833  Personen  bestraft.  Die  meisten  Bestrafungen 
mit  187  kamen  auf  Bayern  (hiervon  allein  5ü  auf  Oherbayern),  dann 
auf  Berlin  121,  Württemberg  105,  Regierungsbezirk  Schleswig  60. 
Wegen  Herstellung  und  Feilhaliens  gesundheitsschädlicher  Nahrungs- 
und Genussmittel,  sowie  solcher  Gebrauchsgegenstände  wurden  im 
Ganzen  343  Personen  bestraft.  Am  meisten  Bestrafungen  fielen  auf 
den  Regierangsbezirk  Oppelii  mit  97  und  Bayern  mit  68.  Im  Re* 
gierungsbezirk  Stettin  kameo  15^  in  Berlin  8  Fälle  zur  Bestrafung, 
Im  Allgemeinen  haben  die  Verurtheiiungen  eine  nicht  unerhebliche 
Zunahme  erfahren.     (Statistik  des  Deutschen  Reichs.) 


In  dem  Lebensmitteluntersuchungsamt  zu  Hannover  wurden 
959  Proben  untersucht  und  hiervon  im  Ganzen  132  beanstandet.  Die 
Untersuchungen  erstreckten  sich  auf  Nahrungs-  und  Geoussmiltel^ 
Gebrauchsgegenstände,  Futtermittel^  Gegenstände  aus  dem  Gebiet  der 
Hygiene  (Fluss-  und  Abwässer),  steueramtliche  Untersuchungen  und 
technische  Producte. 


üefFenUiche  Gesundheitspflege. 


**  Kl  O 


B*   Epidemiologie. 


Cholera, 

Woher  und  auf  welchem  Wege  die  Cholera  im  August  d.  J. 
ihren  Eingang  in  Hamburg  genommen  hat,  wird  mit  Sicherheit  wohl 
kaum  noch  zu  ermitteln  sein.  Von  Indien^  woselbst  im  Anfang  dteseii 
Jahres  ein  heftiger  Ausbrach  der  Seuche  stattfand,  hat  sie  diesmal 
ihre  Hauptverbreitung  auf  dem  Landwege  nach  Afghanistan  übtr 
Persien  nach  Ruasland  gefunden.  Anfang  Mai  trat  sie  bereits  in 
Herat  in  heftiger  Weise  auf,  und  Ende  dieses  Monats  finden  wir  sie 
bereits  in  Turbeti  Scheich  j  Djam  auf  dem  Wege  nach  Mesched. 
Mitte  Juni  herrschte  sie  in  Baku,  immer  den  grossen  Verkehrs- 
Verbindungen  folgend,  und  faiid  zu  Eiade  Juni  ihren  Eintritt  in 
Astrachan,  nachdem  sie  auch  einen  Abstecher  nach  TiEis  nnter- 
nommen,  von  hier  aus  aber  wohl  keine  Weiterverbreitung  gefunden 
hat,  da  Oonstantinopel  in  diesem  Jahre  vollkommen  verschont  blieb. 
Einmal  in  Astrachan  angelangt,  waren  ihr  die  grossen  Eisenbahn- 
linien nach  dem  Innern  Russlands  nicht  mehr  zu  verlegen,  und  wir 
sehen,  wie  sie  diesen  Schritt  für  Schritt  folgend  Moskau  und  Petersburg 
erreichte,  natürlich  auf  ihrem  Wege  überall  und  nach  allen  Seiten 
zündende  Funken  verstreuend.  Auch  in  Frankreich,  und  zwar  in 
der  Umgebung  von  Paris  und  in  Havre,  hatten  sich,  und  zwar  auf- 
fallen der  weise  schon  im  April,  choleraverdachtige  Fälle  gezeigt,  die 
damals  und  bis  zum  August  als  Cholera  nostras  bezeichnet  wurden, 
über  deren  Natur  als  echte  Cholera  man  jedoch  heute  nicht  mehr 
zweifelhaft  sein  kann,  um  so  weniger^  als  die  allerhöchste  Wahrschein- 
lichkeit vorliegt,  dass  die  furchtbare  Epidemie  zu  Hamburg  auf  aus 
Frankreich  bezw.  Belgien  eingeschleppte  Fälle  zurückzuführen  sein 
wird,  weit  eher  wie  auf  Einschleppung  aus  Ruesland,  Die  ersten 
als  Cholera  constatirten  Fälle  waren  am  19.  August  in  das  städtische 
Krankenhaus  zu  Altona  aufgenommen  worden,  welchen  bald  am  20» 
und  21.  weitere  Erkrankung» fälle  folgten.  Am  22.  wies  auch  in 
Hamburg  die  bacteriologische  Untersuchung  bei  einigen  Erkrankungen 
Cholera  nach,  obgleich  zweifellos  schon  seit  längerer  Zeit,  und  zwar 
schon  seit  Mitte  August,  Er krankungs fälle  in  Hamburg  aufgetreten 
waren ^  von  welchen  es  jetzt  wohl  kaum  noch  einem  Zweifel  unter- 
liegen kann,  dass  auch  sie  Fälle  echter  Cholera  gewesen  sind.  Die 
Zahl  dieser  Erkrankungen  betrug,  wie  nachträglich  festgestellt  wurde, 
bis  zum  20.  August  bereits  85  Erkrankungen  mit  36  Todesfalles). 
Warum  die  angeblich  vorgenommenen  bact^TVQlo^\ÄC.\^'ft.w  \lxiX'JÄViNisiQL- 


774 


Pfeiffer. 


ungöü  des  Medicinalamtes  nicht  sofort  zur  richtigen  Erkenntoiss  der 
autfallendea  Erscheiimngen,  bei  welchen  nur  ein  kindliches  Gemüth 
sich  noch  mit  der  Diagnose  Cholera  noßtras  begnügen  konnte,  führte, 
let  unbegreiflich,  und  der  Leichtsiiin,  mit  welchem  diese  Uuter- 
Buchuugen  angestellt  worden  sein  müssen»  ist  als  unverantwortlich 
zu  bezeichnen,  er  musste  für  das  blühende  Gemeinwesen  Hamburgs 
verhfingnissvoll  werden.  Schon  am  21.  August  stieg  die  Zahl  der 
Erkrankungen  auf  83  mit  22  Todesfällen ,  in  den  folgenden  Tagen 
auf  200,  270,  um  von  da  an  stetig  zuzunehmen,  bis  am  30.  August 
mit  1081  Erkrankungs-  und  484  Todesfällen  die  höchste  Ziffer  er- 
reicht  war.  Nur  sehr  allmählich  begann  hierauf  die  Epidemie  zurück- 
zugehen, denn  erst  vom  7.  October  ab  wird  die  Zahl  voa  20  täg- 
lichen Neuerkrankuagen  nicht  mehr  erreicht  Der  24.  October  war 
der  arsta  Tag  seit  dem  19.  August,  an  welchem  einmal  keine  Er- 
krankung zur  Meldung  gelangte.  Im  Ganzen  erkrankten  im  Ham- 
burger Staatsgebiet  nach  den  Meidungen  an  das  KaiserUche  Ge- 
sundheitsamt vom  16.  August  bia  12.  November  17974  Personen 
=  58,8%  der  Bevölkerung,,  von  welchen  7611  ^  42,34«;^  der  Er- 
krankten und  23,5  Op(j  der  Bevölkerung  verstarben.  Dass  die  enorme 
Ausdehnung  der  Epidemie  den  mangelhaften  sanitären  EiiirichtuDgen 
der  Stadt  Hamburg  und  in  erster  Linie  den  geradezu  abschreckenden 
Trinkwasserverhältoissen  zuzuschreiben  ist,  kann  nach  dem  Gang 
tler  Krankheit  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen.  Näher  auf  diese 
Verhältnisse  einzugeben,  ist  hier  nicht  der  Ortj  es  muss  aber  den  neuer- 
dings wieder  in  altbekannter  Eassuag  aultretenden  Behauptungen 
der  Localisten  gegenüber  nochmals  betont  werden,  dass  die  Ham- 
burger Epidemie  in  erster  Linie  durch  das  Trinkwasser  ihre  Ver- 
breitung gefunden  hat,  dass  nebenher  diese  Verbreitung  ungemein 
be^gtinstigt  wurde  durch  die  mangelhaften  sanitären  Verhältnisse 
Hamburgs  und  die  überaus  ungünstigen  Witterun gs Verhältnisse, 
welche  die  Vermehrung  der  Krank  hei  ts  keime  wesentlich  unterstützten , 
dass  aber  für  die  Anschauungen  der  Localisten  auch  diese  Epidemie 
die  Belege  schuldig  gebliehen  ist.  Wie  zu  erwarten  war,  pflanzt« 
sich  von  Hamburg,  namentlich  auf  dem  Wasserwege  die  Krankheit 
nach  verschiedenen  Orten  fort,  ohne,  dank  den  umfassendsten  und 
sorgfältig  durchgeführton  sanitätspolizeilichen  Massregeln,  bei  welchen 
zum  ersten  Male  keine  Kosten  gescheut  wurden,  irgendwo  eine 
nennenswerthe  Verbreitung  zu  finden.  Wo  es  gelang,  den  oder  die 
ersten  Fälle  festhalten  zu  können,  ist  nirgends  eine  Weiter  Verbreitung 
der  Krankheit  erfolgt,  Beweise,  wie  sie  glänzender  für  die  contagio- 
nistieche  Lehre  nicht  erbracht  werden  können.     Leider  wird  za  be- 


Oeffentliche  (xesundheitapllege. 


775 


<»: 


fürchten  sein,  dass  mit  Beginn  der  besseren  Jahreszeit  die  hin  und 
wieder  noch  unter  der  Asche  glimmenden  Eanken  der  Krankheit  in 
Hamburg  zu  neuem  Aufflackern  angefacht  werden,  oder  dass  von 
Russland,  Frankreich,  Holland,  Belgien  oder  Ungarn  eine  Neuein- 
«chleppung  stattfindet;  wir  werden  der  Krankheit  auch  dann,  viel* 
leicht  noch  besser  als  seither,  gerüstet  gegenüberstehen  und  mit 
derselben  Umsicht,  Energie  und  Gewissenhaftigkeit  den  Kampf  mit 
ihr  wieder  aufnehmen. 

Von  den  übrigen  europäischen  Staaten  waren  die  soeben  genannten 
die  einzigen ,  welche  mehr  oder  weniger  heftig  von  der  Cholera  er- 
griffen wurden,  der  Süden  Europas  blieb  von  der  Seuche  vollkommen 
verschont. 

Iniaenza. 

Im  Vergleich  zu  den  Vorjahren  betrug  in  der  Zeit  vom  1.  Septem- 
ber 1889  bis  30.  November  18^  die  Sterbeziffer  im  Deutschen 
Beich  24,33  %Q  gegenüber  der  aus  dem  Durchschnitt  der  3  Vorjahre 
berechneten  Ziffer  von  23,88 t^/V^  I^^»  Mehr  an  Sterbefällen  über  den 
Durchschnitt  betrug  demnach  0,45  %o  der  Bevölkerung  oder  22,157 
Personen,  welche  als  Opfer  der  Influenza  zu  betrachten  sind. 


'^2 


l^^urt 


Sperling}  Beobachtungen  über  das  Auftreten  der  In- 
fluenza im  Jahre  1891,  nach  einer  Denkschrift  des  Kais,  Gesund- 
heitsamtes amtlich  zusammengestellt  für  die  Mitglieder  des  Reichs- 
tags. Die  Gesammtsterblichkeit  stieg  schon  während  des  Monats 
November  1891^  während  sonst  der  November  als  ein  besonders 
günstiger  Monat  zu  bezeichnen  ist,  io  mehreren  deutschen  Städten 
Idtslich  an,  und  diese  Steigerung  der  Sterhüohkeit  Hess  keinen 
Zweifel  daran,  dass  sie  durch  ein  erneutes  Auftreten  der  Influenza 
bedingt  war.  Bis  Mitte  December  wurden  in  Deutschland  haupt- 
sächlich einige  Städte  des  Nordens  und  Ostens  von  der  Seuche  stark 
ergriffen,  so  Kiel,  Bremen,  Posen,  Stettin,  Frankfurt  a.  0.^  Rostock, 
Lübeck,  Elbing,  Königsberg,  Potsdam,  Berlin,  in  deren  einigen  die 
Sterblichkeit  bis  zu  44  bezw,  48,4  ^'^jq  stieg.  In  Mittel-  und  Siid- 
deutscbland  Hess  sich  eine  solche  Steigerung  im  Allgemeinen  nicht 
erkennen,  dagegen  zeigten  einige  Städte  im  Westen,  namentlich 
Essen  und  Münster,  eine  sehr  hohe  Sterblichkeit.  In  der  zweiten 
Hälfte  des  December  begann  meist  schon  eine  Abnahme  der  Krank- 
heit einzutreten.  Keine  oder  nur  eine  massige  Erhöbung  der  Sterb- 
lichkeit zeigte  sich  io  den  Grossstädten  Leipzig,  Halle,  Erfurt,  Frank- 
a*M.  Dortmund,  Nürnberg,  Stuttgart,  Karlsruhe,  Düsseldorf,  Kre- 


77iy 


Pfeiffer. 


feld  und  Strassburg,  Im  Ausland  waren  es  anfangs  zunächst  die  qds 
benachbarten  russischen  und  österreichiachen  Grenzgebiete,  sowie 
Kopenhagen  und  Edinburgi  welche  von  der  Krankheit  ergriffen  wurden. 
Später  breitete  sie  sich  in  England  und  Irland,  in  Holland,  Belgien, 
Frankreich  und  Oesterreich- Ungarn^  schliesslich  auch  über  Amerika 
aus»  In  einzeleen  Grossstfidten  der  genannten  Länder  stieg  die 
Sterblichkeit  auf  50--60%,).  Verglichen  mit  den  Sterblichkeitsziffern 
der  Inäuenzaepidemie  von  1889j90  steht  das  Auftreten  der  Seucha 
im  Jahre  1891 ,  so  wohl  was  Intensität  als  Extensität  betrifft,  gegen 
diejenige  im  Vorjahre  erheblich  zurück.  Während  damals  die  Sterb- 
lich k  ei  tsziif  er  in  einigen  Städten  bis  zu  10%qj  häu£g  wenigstens 
über  50 ö/^,^^  stieg,  hatte  1891  nur  eine  über  50%>ö  hinausgehende 
Sterblichkeitsziffer.  Mit  dem  Beginn  des  Jahres  1B02  trat  fast  überall 
ein  erheblicher  Bückgang  in  der  Sterblicbkeitaziffer  ein,  welcher 
sich  manchmal  mit  überraschender  Schnelligkeit  vollzog.  Heftig 
dagegen  wüthete  die  Krankheit  noch  um  diese  Zeit  in  HoEand. 
(Hjgientscbe  Bundschau  1892.) 


Typhus  und  verwandte  KraakheitserscheiiiiitgcD. 

Typhus  trat  in  nicht  besonderer  Art  in  den  Vordergrund. 
Dagegen  erregt  unser  Interesse  eine  Krankheitsform ,  deren  Aetio- 
logie  noch  nicht  vollkommen  aufgeklärt  ist.  Es  ist  dies  die  im  Beg*- 
Bez.  Oppeln  aufgetretene  sog,  Schlammkrankheit,  Ein«  Bekannt- 
machung des  BegieruDgspräsidenten  über  dieselbe  vom  15.  October  1891 
lautet:  „Im  Anscbluss  an  meine  frühere  Miitheüung  vom  IL  Juli  d.  J.^ 
betreffend  die  im  Kreise  Kosel  aufgetretene  typhat^ähnliche  Epidemie^ 
bringe  ich  nachstehend  die  wichtigaten  Ergebnisse  der  hier  angestellten 
Erhebungen  zur  Kenntniss :  die  eigenartige  Krankheit,  welche  zuerst 
im  Kreise  Kosel  sich  bemerkbar  machte,  ist  innerhalb  des  hiesige n 
Bezirks  in  weiteren  sieben  Kreisen:  Batiborf  Neustadt,  Neisse, 
Grottkau^  Falkenberg,  Oppeln  und  Lublinitz  aufgetreten,  ausserdem 
im  Reg,-Bez,  Breslau  (Oblau)  und  im  Beg.-Bez.  Liegnitz  (Glogau) 
iD  gleicher  Weise  beobachtet  worden.  Ziffernmäsaige  Angaben  über 
die  Zahl  der  Erkrankten  lassen  steh  nicht  gewinnen,  da  vielfach,, 
insbesondere  nachdem  der  gutartige  Spontanablauf  der  Krankheit 
bekannt  geworden,  die  Krankheitsfälle  nicht  mehr  zur  öffentlichen 
Kenntniss  kamen;  es  lasi^t  sich  jedoch  ans  den  Meldungen  ersehen, 
da&B  ein  erheblicher  Theil  der  Bevölkerung  der  genannten  Kreise 
(von  einem  Arzt  auf  ^'^  der  Gesammthevölkerung  geschätzt)  von  der 
Krankheit  heimgesucht  wen     Von   besonderer  Wichtigkeit  war 


Oeffentliche  Gefiundheitspflegp. 


777 


Thatsache,  dass  fast  ausschliesslich  mit  Feld-  und  Erdarbeiten  be- 
ßcbäftigte  Personen,  insbesondere  Drainagearbeiter,  von  der  Krank- 
heit heimgesucht  wurden.  Ausser  den  Erkrankungsfällen  in  dieser 
Bevölkerungsciasse  sind  noch  zwei  Gmppenerkrankungen  in  der 
Koseier  und  Oppelner  Garnison  zu  verzeichnen.  Die  ärztliche  Auf- 
fassung  hinsichtlich  des  Wesens  der  Krankheit  kennzeichnet  sich 
in  den  vorliegenden  Berichten  als  eine  sehr  mannigfaltige  und 
vielfach  weit  auseinandergehende,  wie  sich  dieses  in  den  gebrauch- 
ten Benennungen  ausdrückt.  Besonderes  Eingehen  beansprucht 
mit  Rücksicht  auf  die  Folgerungen  für  das  aanitätspolizeiliche 
Handeln  die  vielfach  vertretene  Anschauung,  welche  die  Krankheit 
in  das  Gebiet  der  Typhen  (Flecktyphus,  Unterleibstyphus  und  Kück- 
falltyphos)  verwiesen  wissen  will  Die  fehlende  Contagiosität,  indem 
trotz  der  zahlreichen  Erkrankungsfälle  eine  Uebertragung  von  Person 
2U  Person  in  keinem  Falle  nachgewiesen  ist,  sowie  die  Un Wahrschein- 
lichkeit der  gleichzeitigen  Einschleppung  des  Flecktyphuskeims  an 
so  vielfach  ausser  Verkehr  stehenden  Orten,  gestatten  neben  anderen 
aus  dem  Krankheitsbild  sich  ergebenden  Gründen  nicht,  die  Krank- 
heit dem  Flecktyphus  zu2uzählen.  Die  Fiebercurve,  welche  in 
raschem,  zumeist  mit  Schüttelfrost  ein  hergehen  dem  Ansteigen  den 
höchsten  Grad  (41,8^^)  bei  Beginn  der  Krankheit  erreicht,  sich 
etwa  2  Tage  auf  der  Höhe  hält,  und  dann  bis  zum  4  oder  5.  Tage 
zur  Norm  und  darunter  abfällt,  sowie  die  fehlenden  charakteristi- 
schen Darmerscheintingen,  der  Verlauf  und  das  sonstige  Krankheits- 
bild  lassen  sich  mit  dem  typischen  Krankheitsbilde  des  Unterleibs- 
typhus auch  in  seiner  abortiven  Form  nicht  vereinen.  Gegen  den 
Hückfalltyphus  (Eecurrens)  ist  anzuführen,  dass  von  zwei  Seiten 
ausgeführte  Untersuchungen  Spirillen  im  Blute  nicht  ergeben  haben. 
Durch  die  vergleichende  Prüfung  der  Berichte,  sowie  diti  Beob- 
achtung einzelner  Krankheitsfälle  seitens  des  Regierungs-  und  Medi- 
cinalraths  (S  c  h  m  i  d  t  m  a  n  n)  ist  nunmehr  die  für  die  Beurtheilung 
wichtige  Thatsache  festgelegt,  dass  sämmtlicbe  Er kranknngs fälle 
mit  dem  Boden  in  Zusammenhang  zu  bringen  sind,  und  die  nasse 
Bodenbeschaffenheit,  bezw.  der  hohe  Grandwasserstand,  welcher  in 
verschiedenen  Gegenden  des  Bezirks  infolge  der  im  Monat  Juni  und 
Juli  stattgehabten  Niederschläge  und  Ueberschwemmungen  vorhanden 
war,  ein  begünstigendes  Moment  und  geeigneten  Nährboden  für  die 
Entwickelung  des  speci fischen  Krankheitskeims  dargeboten  hat.  Ob, 
wie  und  wann  die  erkrankt©  Person  mit  dem  siechhaften  Boden  in 
Berührung  gekommen  ist,  bleibt  deshalb  die  CardinaHrage,  die  bei 
der  Beurtheilung  der  E rk ran kuogsf alle  in  den  Vordergrund  zu  stellen 


778 


Pfeiffer, 


ist,  uiid  in  der  Beantwortung  dieser  Frage  ist  der  Schliiasel  gefunden 
für  die  Beobachtungen^  dass  fast  auBschliesslick  der  Stand  der  L and- 
iente, Feldarbeiter  und  Drainagearbeiter  befallen  ist^  dass  die  Zahl 
der  weiblichen  Kranken  überall  da  überwiegt,  wo  dieselben  mehr 
als  die  Männer  zu  ländlichen  Arbeiten  herangezogen  wurden,  dass 
fast  ausschlieBslich  das  arbeitsfähige  Alter  das  Krankencontingent 
stellte,  während  das  Eindesalter  fast  ganz  verschont  blieb,  dass  die 
Constitution  der  Personen  oboe  Bedeutung  war,  dass  in  der  Zeit  der 
meisten  Feldarbeit,  Juni,  Juli,  August  und  September,  die  zahl- 
reichsten Erkrankungen  sich  einstellten.  Auch  die  auffälligen 
Gm ppenerk rankungen  der  Koseier  und  Oppelner  Garnison  lassen 
sich  auf  dieser  Basis  ungezwungen  den  anderen  Krankheitsfällen 
anreihen,  denn  für  sämmtliche  Erkrankte  ist  nachgewiesen,  dass 
sie  theils  bei  Erdarbeiten  auf  feuchtem  Boden  beschäftigt  waren, 
tbeils  heim  Baden  Gelegenheit  hatten,  inßcirtes  Wasser  zu  schlucken. 
Die  Uebertragung  des  Krankheitskeim  es  auf  den  ]Men  sehen  wird 
nämlich  nicht  etwa  durch  Einatbmung  der  Bodenluft  bewirkt,  son- 
dern erfolgt  durch  directe  Einverleibung  von  Boden bestandtheilen 
in  den  Hagen,  sei  es  beim  Essen  mit  erdbeschmutzten  Händen,  oder 
sei  es  beim  Trinken  von  Grabenwässern  oder  inEoirten  Flusswässern, 
In  letzterer  Hinsicht  sind  charakteristische  Beispiele  die  Erkrankungs- 
fälle unter  den  Soldaten  nach  dem  Baden  und  weiterhin  die  Erkran* 
kung  eines  Mannes,  welcher  während  der  Ueberscbwemmung  def 
Gefahr  des  Ertrinkens  ausgesetzt  war  und  reichlich  Neissewasaer 
geschluckt  hatte.  Der  Verlauf  der  Krankheit  ist  in  allen  gemeldeten 
Fällen  ein  gimstiger  gewesen,  indem  meist  nach  ca.  14  Tagen  volle 
Genesung  eintrat.  Immerhin  war  eine  14tägige  Arbeitsunfähigkeit 
und  damit  eine  relativ  erhebliche  Schädigung  der  arbeitenden  Be- 
völkerung durch  die  Krankheit  veranlasst.  Die  Incubationszeit  der 
Krankheit  beträgt  anscheinend  3  Tage.  Welcher  Art  die  Krankheits- 
ursache ist,  konnte  bisher  nuch  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt 
werden,  doch  ist  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  anzunehmen,  dass 
dieselbe  als  ein  belebtes  Wesen  anzusprechen  ist,  welches  in  seinen 
Wirkungen  im  menschlichen  Organismus  dem  Malariakeim  am 
nächsten  steht  und  deshalb  in  der  Reihe  der  Mycetozoen  und  Proto- 
zoen ztt  suchen  sein  dürfte.  Der  Krankheitskeim  dürfte  im  Boden 
praformirt  und  unter  dem  Einflüsse  günstiger  AVitterungs-  etc.  Ver- 
hältnisse zu  aussergewöhnlicher  Entwickelung  gelangen.  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  ist  derselbe  auch  jetzt  noch  im  Boden  reichlich 
vorhanden,  und  das  Erlöschen  der  Epidemie  ist  zur  Zeit  deshalb 
eingetreten,  weil  die  Gelegenheit  zu  Feld-  und  Erdarbeit  und  damit 


I 


I 


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Ä 


Oeffentlichc  Gesundheitspflege. 


r?!t 


b 


zur  Infectioü  der  Jahreszeit  entsprechend  eine  geriügere  ist.  Für 
die  aanitätgpollzeiliclie  Bebandlang  der  Krankheit  ergeben  sich  so- 
nach folgende  Sätze: 

1)  Besondere  Massregelii  für  Isoliriing  der  Kranken »  Desinfec- 
tion  etc  sind  nicht  erforderlich, 

2)  Vor  dem  Trinken  der  Grahonwässer  ^  sowie  dem  Essen  mit 
erdbeschmutzten  Händen  ist  za  warnen,  sobald  durch  erneutes  Auf- 
treten der  Krankheit  die  Gefahr  der  Infection  auf  diesem  Wege 
vorhanden  ist.*^ 

Pocken. 

Rahts,  Ergebnisse  der  amtlichen  Pockentodesfalls- 
^tatistik  im  Deutschen  Reiche  vom  Jahre  1890  nebst 
Anhang,  betreffend  Ergebnisse  amtlicher  Erhebungen 
über  die  Pockenerkrankungen  des  Jahres  1890.  Während 
des  Jahres  1890  sind  im  Deutschen  Reiche  58  Todesfälle  von  Be- 
wohnern des  Reiches  ao  den  Pocken  zur  amtliclien  Kenntniss  ge- 
langt, d.  h,  142  weniger  als  im  Vorjahr  und  111  weniger  als  im 
Durchschnitt  der  seit  Beginn  der  amtlichen  Erhebungen  über  Pocken- 
todesfälle abgelaiitenen  4  Jahre.  Es  starben  an  den  Pocken  von 
1886—90  nach  einander  im  Deutschen  Reiche  197,  168,  112,  200, 
58  Personen,  mithin  im  Mittel  jährlich  147  oder  auf  je  eine  Million 
Einwohner  Sfiö^  im  letzten  Jahre  aber  nur  1,18:1000000,  Die 
58  Pockentodesfälle  des  Jahres  18Ö0  vertheilen  sich  auf  33  Ort- 
schaften, von  denen  17  in  Preussen,  8  in  Ba3^ern,  5  im  Königreich 
Sachsen  und  je  1  in  Baden,  Bremen  und  Elass- Lothringen  gelegen 
sind*  Die  Unempfänglichkeit  der  durch  dit^  gesetzlich  angeordneten 
Impflingen  und  Wiederimpfungen  geschützten  Bevölkerung  des  Reiches 
gegen  todtliche  Pock^nerkraukungen  geht  wiederum  aus  der  That- 
sache,  dass  durchschnittlich  auf  jede  betreflFende  Ortschaft  nur 
1 — 2  Pockentodesfälle  entfielen,  deutlich  hervor.  Eine  stärkere 
Verbreitung  haben  die  Pocken,  soweit  man  aus  der  Zahl  der 
Pocken todesf alle  urtheilen  kann  ,  nur  in  der  Stadt  München- Glad- 
bach gewonnen,  von  wo  15  Todesfälle  gemeldet  worden  sind,  im 
Üebrigen  sind  in  4  Ortschaften,  Berlin,  Bremen,  Oelsnitz  und 
Ist  ein  (Baden),  je  3  Personen,  in  3  Ortschaften,  Aachen,  Leobschütz 
und  Klein-Hoschütz  (Ratibor),  je  2  Personen,  in  25  Ortschaften  nur 
j«  1  Person  an  den  Pocken  gestorben,  49  Pocken todesf alle,  etwa 
85%  der  Gesammtzahl,  sind  in  den  Grenzbezirken  des  Reiches,  d.h, 
in  Verwaltungsbezirken  (Kreisen  etc),  welche  entweder  unmittelbar 
an  das  Ausland  grenzen,  oder  doch  nahe  der  Grenze  liegen,  vorge- 


780 


Pf  elfter. 


kommen,   davon   22  in  den  Oesterreicb  benachbarten  Gebieten   und 
21  in  den  an  Belgien  oder  Luxemburg  greozenden  Bezirken. 

Die  während  des  Jabres  1890  beobachteten  Erkrankungen 
an  den  Pocken  in  Elaass- Lotbringen  geben  ein  bezeichnendes 
Bild  von  dem  Auftreten  der  Pocken  Im  Deutschen  Reiche  seit  Durch- 
führung des  Impfgesetzea  vom  Jahre  1874,  Es  sind  insbesondere 
folgende  Wahrnehmungen  hervorzuheben : 

1}  Die  Einschleppung  der  Pocken  atia  dem  Auslande  bat  sich 
bei  jedem  Auäbruche  derselben  nachweisen  lassen» 

2)  Ein  grosser  Theil  der  ErkraDkungen  betraf  Personen,  welche 
nicht  zu  den  Bewohnern  des  Deutschen  Reiches  gehörten, 

3)  Die  ßchwereu  Erkrankungen  bei  Personen  im  Älter  bis  zu 
20  Jahren  betrafen  nur  iingeimptte  Kinder. 

4)  Bei  wiedergeimpften  Personen  war  der  Verlauf  der  Krankheit 
stets  ein  leichter*  (Medicinalstatistische  Mittheilungen  aus  dem  Kais. 
Gesttßdh.-Amt  Bd.  1,  H,  1.) 

Im  Heg.'Bez.  Oppeln  traten  im  Jahre  18G2  die  Pocken  in 
grösserer  Verbreitung  auf*  Eine  genauere  Angabe  bleibt  dem  nächst- 
jährigen Berichte  vorbehalten. 


ScliarlacU,  Diplitlierie  nntl  Mastern, 

namentlich  letztere  Erkrankung,  kamen  im  Berichtsjahre  häufig  lur 
Beobachtang.  Zuverlässige  Zahlen  lassen  sich  iber  diese  Krankheit^' 
formen  nicht  erhalten, 

Flecktyphus. 

Der  Flecktyphus  trat  im  Osten  des  Deutschen  HeicheSj  wenn 
auch  in  häufigen,  so  doch  vereinzelt  gebliebenen  kleinen  Epidemien 
von  6,  8,  10  Fallen  auf.  Nur  in  Pa vonkau  im  Kreise  Luhlioitz  trat 
eine  grössere  Zahl  von  Erkrankungen  auf.  .Im  Westen  des  Keicbs 
ist  nur  Düsseldorf  mit  5  Fällen  verzeichnet.  In  Königsberg  i.  Pr. 
erkrankte  eine  Wärterin  des  dortigen  Krankenhauses  infolge  An- 
steckung von  einem  eingeschleppten  Fall 

Genickstarre, 

Die  Genickstarre  trat  üherall  im  Deutseben  Reiche  nur  in 
vereinzelten  Fällen  auf,  so  in  Düsseldorf,  Schleswig,  München, 
Berlin,  in  den  Reg.  Bezirken  Arnsberg  und  Marienwerder.   Erst 


Oeffentlidie  Gesundheitepflegc, 


781 


Schlüsse  des  Jahres  scheint  bei  der  Garnison  in  Karlsruhe  eine 
grössere  Häufung  von  Fällen  eingetreten  zu  sein,  über  welche  je- 
doch Näheres  noch  nicht  bekannt  geworden  ist. 


Pest. 


^P  Die  Pest  trat  in  Persien  in  Astarabad  und  Bagdad,  in  Tut« 
"      kestan  und  Askabad  auf.     In  letzterer  Stadt  tödtete  sie  in  G  Tagen 

1300  Menschen,  um  dann  spurlos  zu  verschwinden.  Auch  das  rus- 
I      sische  Gouvernement  Kars  wurde  von  der  Seuche  ergriffen.    Eine 

weitere  Ausdehnung  hat  dieselbe  nicht  genommen« 


Gelbtlel»er. 

Das  Gelbfieber  trat  im  Jahre  1892  mit  grosser  Heftigkeit  in 
Südamerika  auf.  Ungewöhnlich  früh  beginnend,  zog  es  sich  weit 
bis  in  das  Jahr  hinein,  zahllose  Opfer  fordernd.  In  Eio  de  Janeiro 
starben  im  ersten  Quartal  circa  3500  Personen  an  der  Krankheit. 
Auch  Santos  und  Buenos  Aires  wurden  ergriffen.  Erst  im  Mai  bts- 
g&nn  die  Epidemie  nachzulassen.  In  Genua  in  Italien  mnssten  während 
einer  längeren  Zeit  sämmtliclie  aus  Brasilien  kommenden  Schiffe  unter 
Quarantäne  gehen,  weil  sie  theils  noch  Gelbßeberkranke  an  Bord 
hatten,  theils  unterwegs  solche  Krankheitsfälle  sich  auf  ihnen  er- 
eignet hatten. 

TollWHtll. 

Verbreitung  der  TollM^uth   im  Deutschen  Reiche  1891. 
1       Gegen  das  Vorjahr  ist  die  ToUwutfa  bei  den  Thieren  erheblich  zorück- 
h       gegangen.     Es  erkrankten  445  Hunde,  8  Katzen,  10  Pferde,  1  Esel, 
m^O  Rinder,  8  Schafe,  1  Ziege  und  4  Schweine.  Diese  Erkrankungen 
^Kertheilen    sich    auf    36    Regierungsbezirke    und    146    Kreise,     Die 
^Bneisten    traten    wieder    in    den    Bezirken    Königsberg,   Gumhinnen, 
^^Posen,  Bromberg,  Breslau,  Liegnitz   und  Oppeln  auf,   während   die 
im  Vorjahr  stark  verseuchten    Bezirke  Marienwerder,   Oberfranken 
und  Bautzen  dieses  Jahr  weniger  stark  betroffen  wurden.    Von  den 
an  Russland  angrenzenden  Kreisen  sind  nur  Tilsit,  Pillkallen,  Briesen, 
Inowrazlaw,  Benthen  und  Kattowitz  verschont  gebliehen.  Die  gröasten 
Herde   fanden    sich    in    den    Kreisen  Osterode  in   Ostpreussen    und 
.       Mohningen,  Schroda,   Schrimm  und  Plessen,     In  Ebasa-Lothringen 
sind  10  Kreise,  davon  die  meisten  an  der  französischen  Grenze,  be- 
iallen  worden,     in   den   übrigen  Theilen  des  Reiches  sind  nur  ver- 
einzelte Toll wuth fälle  bei  Hunden   vorgekommen.    Einschleppungen 


78:3 


Pfeiffer. 


d^r  Tollwuth  aus  dem  Auslände  haben  wiederholt  stattgefucden  n&cl 
Ostpreuasen ,  Schlesien  uud  Elsasa-Lothringenj  auch  in  eioem  Fall© 
nach  dem  Königreich  Sachsen,  Namentlich  zahlreich  kamen  die 
EiBBchleppungen  ams  Ruasland  vor,  so  in  5  Gememdeo  des  Kreises 
Ortelaburgj  in  mehreren  Gemeioden  des  Kreises  Roseoberg  L  0,-S., 
aucb  in  einer  Gemeinde  des  Kreises  Goldap,  Im  Königreich  Sachsen 
wurde  an  einem  aus  Böhmen  zugelaufenen  Kund  die  Tollwuth  con- 
statirt,  desgleichen  bei  einem  im  Kreise  Forbach  zugelaufenen  Hunde 
aus  Frankreich.  In  den  Kreisen  Hagenau,  Kappolts Weiler,  Ältkirch 
und  Erstein  wurde  je  1  aus  den  französischen  Vogesen  zugelaufener 
toller  Hund  getddtei.  Die  Zeit  des  Ausbruchs  der  Krankheit  nach 
dem  Bisse  schwankt  bei  Hunden  zwischen  G  und  102  Tagen,  beim 
Kindvieh  zwischen  19  Tagen  und  11  Monaten,  bei  den  Schafen 
zwischen  25  und  57  Tagen.  Eine  Uebert ragung  auf  den 
Menschen  hat  in  3  Fällen  stattgefunden.  Die  Erkrankten 
sind  50  bezw.  59  Tage  nach  dem  Biss  gestorben.  (Ver- 
öfFentl.  des  Kais.  Gesund h.- Amts.) 


Trichinose. 

In  Altena  trat  die  Trichinosis  bei  ungefiSlhr  30  Personen  au£^ 
die  von  einem  zu  Wurst  verarbeiteten  Schweine  gegessen  hatten» 
welches  in  dem  städtischen  Schlachthaus  für  trichinenfrei  erklärt 
worden  war.  Erst  die  spätere  üntersuchiing  stellte  das  Vorhanden- 
sein von  Trichinen  fest.  Der  Schlacht  haus  Verwalter  wurde  vom  Amte 
öuspendirt.     (Und  der  Trichieenschauer  ?) 

In  Purochen  im  Kreise  Glogau  trat  ebenfalls  infolge  leicht* 
fertiger  üntersucbung  bei  der  ganzen  Familie  eines  Landwirths 
Trichinose  auf.  Von  den  Erkrankten  starben  2,  die  übrigen  genasen 
nach  langwieriger  Reconvalescenz.  Der  Fleischbeschauer  hatte  bei 
der  Untersuchung  des  fraglichen  Schweines  nur  eine  knappe  Viertel- 
stunde verweilt  und  die  Untersuchung^  wie  sich  später  bei  der  ge- 
richtlichen Verhandlung  herausstellte,  gewobnheitsgemäss  in  leicht- 
fertigster Weise  vorgenommen.  Er  wurde  zu  einjälirigem  Gefangnisg 
verurtheilt. 


xvn. 


r 


Militärmedicin. 


Von  Stabsarzt  Dr,  Schill  in  ürfsden* 


1.  Oesintlheitsberichtc. 


Der  ofEcielle^  von  der  Medicinalabtheilung  dea  K6iii^U^  V^^^^^ 
siscben  Kriegsministeriams  bearbeitete  Sanitätabericht  Obei 
die  Königlich  p  reu  sei  seh©  Armee,  dta  XII  (Kö- 
niglich sächsische)  und  XIIL  (Königlich  würitem* 
bergische)  Armeecorps  für  das  Berichtsjahr  vom  1*  April  ISJS8 
bis  31.  März  1889  ist  seinem  Vorgänger,  welcher  den  Zeitraum  von 
1884—88  umfasste^  rasch  gefolgt.  Nur  wenige  Zahlen  und  I>«t«(i 
können  hier  Platz  finden.  Bei  einer  DurchschnittakopfstÄrke  (ab^«h 
kürzt:  K.)  von  420320  Mann  gingen  75Ö  7op  (gegen  ^iÖ  im  Durch- 
schnitt  der  letzten  10  Jahre)  als  Kranke  zu*  Es  wurden  lOlt^ti» 
Kranke  im  Lazaretb,  106486  im  Hevier  nnd  20813  im  La»areth  und 
Revier  behandelt.  Die  wenigsten  Kranken  gingen  im  September, 
die  meisten  im  März  zu.  Täglich  waren  29  Mann  von  UXK^  der 
Kopfstärke  (K.)  krank,  davon  19  im  Lazareth  und  10  im  Reviei*. 
Aaf  jeden  Kranken  entfallen  34,4  Behandlungatage,  jeder  Mann  dor 
Armee  war  im  Jahre  durchschnittlich  10,5  Diensttage  krank.  Dnroh 
den  Tod  verlor  die  Armee  1339  Mann  =  3,2  V,o  K.  (gegen  4,2  *U  K. 
im  Durchschnitt  der  10  voraufgegangenen  Jabre).  An  Allgemein« 
krankheiten  betrug  der  Zugang  31%^  K,  und  41^/^0  M.  (=  Morbi- 
dität). An  Pocken  erkrankte  nur  ein  Mann,  an  Masern  1,3  %«  K, 
(1  Todesfall),  an  ßose  1,8%,  (4  f),  an  Diphtherie  0,9%,  (14  f),  an 
AbdominaltyphuB  3,5  %„  K.  (122  f),  an  Flecktyphus  1  Mann,  an 
Eückfallfieber  3,  an  Malaria  3,6  %o  K.  (1  f),  an  Influenaa  3,7  "/o«  K., 


784 


Schill. 


an  acutem  Gelenkrlieumattsmus  10  %o  K,,  an  Hitzschlag  98  Mann, 
von  welchen  G  starben*  —  Au  Krankheiten  des  Nervensystema  be- 
trug der  Zugang  bVm  K.  (74  f)^  an  Krankheiten  der  Athmunge 
Organe  85  %o  K.  (davon  11 '7,h*  K,  Limgenentzündungen,  von  denen 
3,5  7ü  ßtarhen,  und  3%^  K.  Tuberculose,  von  deoen  15%  Btarben). 
Weiter  betrug  der  Zugang  an  Krankheiten  der  KreisJaiiforgane 
13  7g»  K.  (31  t),  der  Emäbrungsorgane  134  7oo  K,  (0,11%  f)»  ^er 
Harn-  und  Geschlechtsorgane  6,5  7o«  K.  (38  f),  an  venerischen  Krank- 
heiten 27  7.10  K.  (2  t),  an  Krankheiten  der  Äugen  27%«  K,»  der 
Ohren  11  %o  ^r  ^^^  äusseren  Bedeckungen  205  %p  K. ,  der  Bewe- 
gungsorgan e  63  7üü  K.  und  an  mechaniachen  Verletzungen  158  %o  K, 


Der  statistische  Sanitätsbericht  über  die  Kaisc^rlich 
deutsche  Marine  für  die  Zeit  vom  1.  April  1889  bis  31.  März  1891 
behandelt  1)  die  Kränklichkeit,  Abgang  durch  Dienstunbraucbbarkeit 
und  Invalidität,  sowie  die  Sterblicbkeit;  2)  die  Kra nkb ei ts Verhält- 
nisse auf  den  verschiedenen  Schiffsstatiotien  im  Auslände,  den  hei* 
mischen  Gewässern  und  den  Marinetheilen  am  Lande;  3)  tabellarische 
Krankheitsübersichten.  Die  Kopfstärke  betrug  a,  im  Berichtsjahr 
1889,90=  15507,  b.  1890/Ül  =  15576;  der  Krankenzugang  a.  =  998, 
b.  =  yil7io  K,  (—  der  Kopfstärke);  der  Abgang  als  gebeilt 
a.  =  893  7üQ  K.,  b,  =  790  V^  K.,  als  gestorben  a,  ^  2,8  \oi  b.  =  1,8  %„ 
als  anderweitig  a.  -  73  Vm  t  b.  —  88  7oti  ^*  Der  Gesammtkranken- 
zugang  hatte  gegen  das  Vorjahr  1889  90  zu-  und  1890,91  abge- 
nommen.  Der  tägliche  Krankenstand  betrug  35  7ü«  K.j  er  war  am 
höchsten  auf  den  SchifFcn  in  Afrika.  Als  dienstunbrauchbar  kamen 
in  beiden  Jahren  zusammen  605  Mann  =  19 "  ö^  zur  Entlassung, 
davon  über  die  Hälfte  sofort  oder  in  den  ersten  3  Monaten  nach  der 
Einstellung,  meist  wegen  Augenleiden  und  geringer  Sehfähigkeit, 
sodann  wegen  Leiden  der  ßewegungsorgane,  Herz-  und  Ohrenleiden. 
Als  halbin valid  wurden  3,  als  ganzinvalid  6  Voo  entlassen,  meist  wegen 
Unterleibsbrüchen,  Leiden  der  Bewegungsorgane  und  Brüchen,  Die 
Sterblichkeit  betrug  159  Todesfälle»  Die  Sterblicbkeit  war  an  Bord 
grösser  als  am  Lande  und  zumeist  bedingt  durch  Tuberculose,  dann 
durch  Lungen-  und  Brustfellentzündung,  Malaria  und  Typbus.  Im 
Marinelazareth  zu  Yokohama  wurden  101  Mann  mit  3569  Tagen  be- 
handelt. —  Durch  den  ßiss  eiues  Haifisches  wurde  ein  Mann  auf 
„Sperber"  während  des  Schwimmunterrichts  an  der  Angel  in  der 
Südsee  schwer  verletzt*  Der  Hai  riss  ihm  einen  grosseu  Theil  des 
Gesässes  fort  und  brachte  ihm  zugleich  erhebliche  Verletzungen  am 
Ober-  und  Uoterachenkel,  sowie  am  Fuss  bei;  es  wurden  17  Unter- 


MilitÄrmedicin. 


785 


bindungen  und  74  Nähte  erforderlich.  Nach  Smonatlicher  ßehand* 
lang  war  in  der  Geaässwiinde  noch  eine  Stelle  {4,il%^om)  unbe- 
Darbt;  der  Mann  konnte  ohne  Beechwerden  wieder  länger  gehen. — 
Malaria  war  an  der  Westküste  von  Afrika  sehr  häufig,  Die'Incu* 
bationsdauer  betrug  1 — 3  Wochen.  Der  Verlauf  der  Erkrankungen, 
meist  von  intermittirendem  Charakter,  war  günstig:  ?on  327  Kranken 
starb  nur  einer.  An  der  Oatküste  betrog  die  Incubatiou  etwa 
10  Tage;  die  Fieber  waren  schwerer;  das  Verhältniss  der  remittiren- 
den  zu  den  intermittirenden  Fiebern  =  2:1,  Prophy laotische  Veraus- 
gabung von  Arsen  an  der  West*  und  von  Chinin  an  der  Ostköate 
war  ohne  merkbaren  Erfolg.  (Beiblatt  zum  Marine -Verordnungs- 
blaU  Nr.  13.) 

Nach  dem  Sanitätsbericht  über  die  Königlich  ttalie- 
oische  Armee  für  das  Jahr  18tK)  war  der  Gesundheitezustaod  trotz 
der  in  das  Jahr  1890  fallenden  Infiuenzaepidemie  sehr  gönstig.  Die 
terbHchkeit  sank  von  Sfl%^  K.  im  Jahr  1889  auf  7,5  Voo  K.  Die 
anklichkeit  betrüg  796  7oo  H..  und  war  höher  als  io  den  beiden 
Vorjahren.  Die  Zahl  der  Todesfälle  an  Tuhereulose  ist  in  den  beiden 
letzten  Jahren  auffällig  gestiegen.  Die  Sanitätscompagnien  haben 
eine  sehr  hohe  Sterblichkeit  durch  ansteckende  Krankheiten. 

Die  Verluste  der  ostafrikaniacben  Schutztruppe  vom 
Beginn  der  Niederwerfung  des  Aufatandes  bis  zum  Ende  des  Reichs- 
ommissariats  waren  hauptsächlzch  Folge  der  AnstreogungeD  in  dem 
ttgewohnten  Klima,  Der  Geaammtverluat  der  Truppe  im  Gefecht 
betrug  (Todte  und  Verwundete)  21  Europäer  und  150  Farbige  (=  14 
zw.  12  7o).  Der  Gesammtverlust  der  Truppe  betrug  20  Europäer 
ad  208  Farbige  =  10  bezw,  ll^/^V«.  (Deutsche  Heeres  -  Zeitung 
Nr.  366.) 

Der  Bericht  über  den  Geaundheitsstand  der  französischen 
irmee  1889  ergibt,  dass  bei  einer  Effectivstärke  von  524000  Mann 
^«ine  Mortalität  von  6  7oo  hei  der  Armee  im  Binnenlaode,  in  Algier 
und  Tunis  bestand,  und  dass  dieselbe  in  den  letzten  10  Vorjahren  zwi- 
^Ächen  6,75  und  ll;98  7oo  achwankte;  bei  der  Armee  im  Biunenlande 
lein  betrug  sie  5,39  "/oo*  Die  Morbidität  war  etwas  h5her  als  im 
Vorjahr;  aber  es  besteht  keine  GleichilSrmigkeit  zwischen  der  Höhe 
der  Morbidität  und  Mortalität  bei  den  einzelnen  Truppenkörpem. 
Von  je  1000  Mann  der  Effectivstärke  litten  19  an  Bronchitis,  16  »n 
Krankheiten  des  Verdauungsapparats ^  14  an  Malaria,  12  an  Rhea- 
matismufl,    11   an  Typbus,    9  an  mechanischen  Verletsungen^   8  an 

iahfbaet  rf.  prad.  Medicin.    im:t  ^ 


78(1 


Schill. 


MaserD,  7  an  Diarrhoe  und  Dysenterie,  6  an  Brouchopneomonie  nn 
Pnenmonie,  6  an  Mamps,  je  n  an  Pleuritis,  Tuberculose  oder  Grippe, 
je  4  an  Scharlach,  Tripper  oder  Syphilis ,  2  an  weichem  Schanker. 
—  Die  Malaria  zeigte  vermehrtes  Auftreten,  Rheumatismus  bildet 
wegen  der  Häuügkeit  seines  Auftretens,  seiner  Recidive  und  der  Ent- 
lasflungen,  die  er  bedingt,  ein  die  Armee  ernst  bedrohendes  Leiden^ 
Typhus  hat  zwar  nur  noch  11,6  %(>  (g^ge^i  1Ö|2  %,,  im  Vorjahr)  Mor- 
bidität, biidet  aber  noch  die  Hauptseuche  in  der  französischen  Armee ; 
er  verursachte  noch  1024  Todesfälle  {—  1,95  auf  1000  Mann)!  Von 
350  Garnisonen  waren  nur  55  typhusfrei,  und  alle  diese  55  waren 
nur  achwach  besetzt;  keine  hatte  über  1500  Mann  Garnison.  Die 
Dysenterie  trat  mit  einer  seltenen  Heftigkeit  auf;  in  einzelnen  Garni- 
sonen lasat  sich  der  EinEuas  des  Wassers  auf  dieselbe  nicht  ver- 
kennen. Die  Tuberculose  zeigte  trotz  sorgfältiger  Entfernung  aller 
Erkrankten  aus  der  Armee  noch  immer  eine  hohe  Zahl  Syphilis 
und  Tripper  sind  nach  wie  vor  sehr  häuhge  Leiden,  Die  190  an 
Blattern  Erkrankten,  von  welchen  20  starben,  waren  fast  sämmtjich 
Leute,  welche  der  Revaccination  entgangen  waren.  (Statistique  m4d. 
de  Tarra^e  1889.) 

2.  Militär^esnDdfaeitspfle^e. 

Daw  letzte  Jahrzehnt  bat  eine  reiche  Fülle  von  Hand-  und  Lehr» 
büchern  der  Hygiene  gebracht;  nunmehr  ist  auch  auf  dem  Gebiet 
der  militärhygienischen  Lehrbücher  eine  neue  Erscheinung  zu  ver- 
zeichnen: Der  Grundriös  der  Militärgesundheitspflege  von 
Kirchner,  1.  Abtheilung  (Braunschweig,  H.  Bruhn).  Das  vortreff- 
liche Lehrbuch  von  Roth  und  Lex»  lange  Jahre  eine  Quelle  für 
alle  hygienischen  Schriftsteller  und  Belehrung  Suchenden,  ist  t heil- 
weise veraltet,  ebenso  das  Werk  von  0.  Kirchner,  Der  vorlie- 
gende Grundriss,  von  welchem  erst  eine  Abtheüung  (=:  ein  Drittel 
des  Ganzen)  erschienen  ist,  behandelt  die  Mikroorganismen^  Wasser 
und  Wasserversorgung,  Luft,  Witterung,  Klima,  Boden  und  Grund- 
wasser, Infectionskrankheiten  und  Desinfection.  Die  zweite  und 
dritte  Abtheilung  sollen  umfassen;  Kleidung  und  Ausrüstung,  Woh- 
nung im  Allgemeinen^  Baubygiene,  Grund  und  Boden,  Material^  Ven- 
tilation und  Heilung,  Beleuchtung,  Beseitigung  der  Abfallstoffe, 
Leichenbestattung,  militärische  Unterkunft,  Kasernen  und  Bürger- 
quartiere, Festungen,  Lager  und  Cantonnementa,  Lazarethe,  Gefäng- 
nisae  u.  A.,  Hygiene  des  Dienstes,  Armeekrankbeiten  und  £r- 
aäbrang. 


I 

I 


I 


Militärmedicia. 


7b7 


Eiae  auf  dem  Gebiet  der  SchifTsbygiene  wicbtige  Arbeit  ist  die 
yon  Hohenberg  über  die  z weckmäsaigste  Bekleidung  von 
Scbiffabesatzungen  anter  den  verschiedenen  klimati- 
scbeo  Verhältnissen,  weiche  sich  auf  eigene  ErfabxungeD  und 
die  in  den  Acten  des  Reicbsmarineamtea  enthaltenen  Berichte  stützt. 
Nach  Beaprechong  der  physikalischen  Eigenschaften  der  verschie- 
denen Kleidungöstoffe  und  ihres  hygienischen  Einflusses  werden  die 
einzelnen  Kleidungsstücke  für  den  Seemann  unter  den  verschiedenen 
klimatischen  Verhältnissen  besprochen.  Verf.  hält  für  Unterkleider 
die  Wolle  in  locker  gewebten  oder  gewirkten  Stoßen  für  allein 
zweckmässig;  als  Oberkleider  eignen  sich  dich tge webte  wollene 
Stoffe,  fiir  die  Tropen  auch  heile  baumwollene,  waschbare  Stoffe,  für 
kalte  Gegenden  dicke  wolleoe  Kleider  in  mehreren  Lagen  ond  Pelze. 
Schnitt  und  Farbe  der  Kleider  ist  bei  allen  Kriegsmarinen  fast  die 
gleiche.  Die  Unterkleidung  besteht  ans  wollenem  Hemd  aus  weissem 
Flanell  und  wollener  Unterhose.  Verf.  wünscht  die  Einführung  von 
zwei  Arten  Unterzeug:  aus  gauzwoHenem  Flanell  für  den  Norden, 
und  dünner  gewirktem  Tricot  für  die  Tropen.  BaumwoHebarchend 
erwies  sich  den  Italienern  in  Massaua  als  ganz  ungeeignet  Der  tiefe 
HalBausschnitt  der  Hemden  bietet  hygienisch  überwiegend  VortheUe ; 
die  Leibbinde  ist  für  die  Tropen  anentbehrlich,  soll  aber  nur  Nachts 
und  bei  ruhendem  Körper  getragen  werden*  Von  Oberkleidung  be- 
besitzt  der  Matrose  blaues  Zeug  und  Arbeitszeug.  Ersteres  ist  aus 
dunkelblauem  wollenem  Stoff,  letzteres  aus  weissem,  waschbarem 
starkem  Baumwollstoff  gearbeitet;  letzteres  wird  in  den  Tropen  an 
Bord  fast  ausächliessiich  getragen,  ist  aber  für  Landungen  dort  selbst 
auch  nicht  geeignet;  für  diesen  Zweck  wird  ein  leichter  Anzug  aus 
blauer  Serge  empfohlen.  Der  blaue  wollene  Ueberzieher^  welcher 
zum  Schutz  gegen  Kälte  und  Nässe  dient,  gleich  dem  gestrickten 
blauwollenen  Halstuch,  sollte  bis  zum  Knie  reichen*  Die  sonst  sehr 
brauchbare  blaue  schirmlose  Tuchmütze  bezw.  Segel tuchmütze  wird 
in  den  Tropen  bei  Landungen  zweckmässig  durch  den  Strohhut  oder 
besser  breitkrämpigen  weichen  Filzhut  ersetzt.  Als  Fussbekleidung 
empfiehlt  Verf.  zwei  Paare  Leder-  und  Segeltuch  schuhe  und  Strümpfe 
bezw.  Socken.     (Marine-Rundschau  H*  11  u.  12.) 


Feldflaschen  und  Kochgeschirre  aus  Aluminium  haben 
in  Plagge  einen  warmen  Vertheidiger  gefunden  auf  Grund  zahl- 
reicher im  hygienischen  Laboratorium  des  Friedrich- Wilhetms-lnstitute 
ausgeführter  Versuche.  Als  Vorzüge  der  Aluminiumfeldflasche  wer- 
den gerühmt:   Leichtigkeit,  Rostfreiheit,  Ungiftigkeit  gegenüber  an* 


788 


Schul. 


deren  MetaUcompositionan ,  ün  Zerbrechlichkeit  gegenüber  der  bis- 
herigen Glasflascbe.  Die  beobachteten  Mängeh  Bildung  schwarzer 
Flecken  d  urcb  gerb  saure  Fl  öasigk  ei  teo,  weisser  Flecken  durch  schwache 
Salziösungee,  z.  B.  auch  durch  gewöhnliches  Trinkwasser  bei  län- 
gerem ruhigem  Stehen,  sind  durch  zweckmässige  Behandlung,  even- 
tuell durch  zeitweise  gründliehe  Beiniguug  mit  heiaser  Sodalösung, 
im  schlimmsten  Fall  mit  concentrirter  kalter  Salpetersäure  zu  be- 
heben. —  Die  Alnminiumkochgefasse  werden  zwar  von  den  meisten 
Speisen  und  Getränken  angegriiFen,  aber  nur  in  geringem  und  bei 
fortgesetztem  Gebrauche  rasch  abnehmendem  Maasse,  ao  dass  die  in 
Betracht  kommenden  Aluminiummengen  pro  Mann  und  Tag  nur 
wenige  Milligramm  betragen.  Die  Aufnahme  geringer  Mengen  Alu- 
minium mit  den  Speisen  in  den  Körper  ist  nach  den  vom  Verf.  an- 
gestellten Versuchen  und  den  Untersuchungen  von  Siem  ganz  un- 
bedenklich.    {Deutsche  militärärztliche  Zeitschr.  Nr.  329.) 

Für  die  Verwendbarkeit  des  Aluminiums  für  die  Aufbewahrung 
flüssiger  Nahrungsmittel  stellt  der  Leiter  des  Intendanturlaboratoriums 
20  Paris  eine  sehr  günstige  Prognose,  Er  hält  es  für  den  häus- 
liehen  Gebrauch ,  wie  tiir  militärische  Zwecke  für  hervorragend  ge- 
eignet. Luft,  Wasser,  Wein,  Bier,  Cider,  Kaffee,  Milch,  Oel^  Butter, 
Fett,  Urin,  Speichel,  Erde  greifen  es  weniger  an  als  Eisen,  Kupfer, 
Blei,  Ziok  und  Zinn.  Essig  und  Seesalz  greifen  Aluminium  an,  aber 
in  aohr  geringem  Grade.     (La  France  mil.  Nr.  2474.) 


I 
I 


I 


Nogier  gibt  eine  Betrachtung  über  die  Morphologie  des 
menschlichen  Fuaaes,  welche  die  Grundlage  bilden  muss  für  die 
Anfertigimg  rationeller  Fussbekleidung.  In  Deutschland  haben  wir 
in  der  1879  erschienenen  Arbeit  von  Starke:  „Der  naturgemässe 
Stiefel"  eine  vorzügliche  wissenschaftliche  Grundlage  für  die  mili- 
tärische Fusibekleiduug.  (Arch.  de  m6d.  mil.  Bd.  19,  S.  337.)  Ein 
das  gleiche  Thema  behandelndes  Werkeben  ist  das  von  Beely  und 
Kirch  hoff  herausgegebene  „Der  menschliche  Fuss"  (Tübingen  bei 
Laupp),  welcbea  seine  Aufgabe:  die  Bewahrung  der  normalen  Gestalt 
der  Füsse  und  in  vielen  Fällen  die  Rückfnhrung  nicht  allzu  ver- 
änderter zur  normalen,  in  sehr  anregender  und  practischer  Weise 
löst.  VerC  schildern  den  Nornaalfuss  mit  seiner  der  Körpergrösse 
entsprechenden  Länge  und  Breite,  Sohienwölbung  und  geraden  Zehen- 
bildung und  die  Art,  wie  ein  dieser  Form  entsprechender  Schuh  be- 
schaffen sein  soll  Sohlenform,  Oberleder^  Absatz  finden  eingehende 
Beachtung.  Dem  Satze,  dass  ein  alter  getragener  Schuh  das  best^ 
Hülfsmittel  für  einen  verständigen  Schuhmacher  sei,  wird  man  gern 


Militärmedicin.  ^  ^  7jR9 

s5SlimmeD  nnd  die  übrigen  practischen  Regeb  für  das  HasBoehmen 
ji&ch  der  gegebeßen  Begrandung  voll  gelten  lassen. 

Hiller  macht  folgenden  Vorschlag  zur  Gresundheits- 
pflege  des  Soldaten:  Wie  die  Pferde  jeder  Schwadron  im 
Manöver  an  jedem  Ruhetage  nnd  in  der  GarniBon  zu  bestimmten 
Zeiten  in  Gegenwart  des  Rittmeisters,  Rossarztes  und  Wachtmeisters 
einzeln  vorgetlihrt  und  einer  Besichtigung  unterworfen  wnrdeUj  deren 
Gegenstand  in  erster  Reihe  die  Beine  bildeten ,  so  solle  beim  Infan- 
teristen eine  regelmässige  Besieh tigang  der  Füsse  stattfinden.  Der 
Nutzen  einer  solchen  Massregel  bestehe  1)  in  frühzeitigem  Erkennen 
und  Behandeln  von  Schäden  an  den  Gehwerkzeugen  und  dadurch 
ermöglichter  AbkürzuDg  der  Behandlungsdauer;  2)  in  Gontrolle  der 
vorgeschriebenen  Reinigung  (Pflege)  der  Füsse.  Erwünscht  wäre 
auch  die  Ausdehnung  der  Besichtigung  auf  die  Hände.  Bie  Ge- 
sundheitspflege des  Soldaten  fängt  mit  der  Hautreinigung  an.  *d)  Seien 
auch  Hals  und  Ohren  zu  besichtigen,  wegen  der  Häufigkeit  der 
Furunkel  unter  der  Halsbinde.  Seife  und  Handtuch  sollten  etat- 
mäasige  Bestandtheile  des  Putzzeugs  der  Soldaten  bilden.  (Deutsche 
militärärztliche  Zeitschr.  S.  389.) 

In  dem  Werke  von  F.  und  R.  Putxeys:  „La  construction 
des  casernes"  (mit  Atlas,  Li^ge  bei  Nierstrasz)  wird  der  Stoff  in 
9  Kapiteln  abgehandelt:  Lage^  Baumaterial,  Systeme,  Nebenbauten, 
Heizung,  Ventilation,  Beleuchtung,  Wasserversorgung  und  Entfernung 
der  Abfallstoffe.  Von  Kasernen  Systemen  finden  besondere  Dar- 
stellung die  quadratische  Form  um  einen  Hof  (System  Vauban), 
die  lineare  Anordnung^  die  lineare  Form  mit  Seitenflügeln,  die  Ka- 
sernen mit  mittlerem  Corridor,  die  französiscbe  Kaserne  vom  Typus 
1874,  welche  beute  allgemein  vernrtheilt  ist,  ferner  die  Decentrali- 
sationsanlagen:  das  System  der  Einzelbauten  von  Tollet  und  das 
System  Gruber  und  Völkner,  Verö.  tjrklären  sieh  durchaus  zu 
Gunsten  der  einstockigeo  Einzelbauten  an  Stelle  der  massiven  Ka< 
semen  trotz  des  Einwurfs,  dass  sie  den  Dienst  ersohweren  und  daas 
sie  tbeurer  seien.  Bei  beschränktem  Raum  empfiehlt  sich  Anwen- 
dung des  Blocksystems.  Der  lineare  Typus  sollte  nur  für  Festungen 
und  fiir  das  Innere  von  Städten  zugelassen  sein.  Den  Tpyus  der 
geradlinigen  Anlagen  mit  rechtwinkligen  Seitenflügeln  halten  Veiff. 
nur  für  bombensichere  Gebäude  rathsam,  und  den  Rechteckbau  mit 
innerem  Hof  verwerfen  sie  vollkommen.  In  dem  Atlas  finden  f 
Pläne  von  den  Kasernen  St.  Charles  zu  Marseille,  der  Schut 


Schill. 

Dresden,  der  Infanterie  zu  Verviers,  der  Artillerie  zu  Brüssel-Etter- 
beck,  der  Carabiniers  zu  ßrüssel-Scborbeck,  des  französiacben  Typu^ 
1874,  für  ein  ßegiment  zu  Bourges  nach  Tollet.  Die  in  ibrer  Art 
einzigen  Kasernen  der  Albertstadt  bei  Dresden ,  in  welcben  für 
Wobnen  ^  Scblafen ,  Essen ,  Wascben  und  Putzen  besondere  Räume  _ 
vorbanden,  und  die  Scblafsäle  in  den  Seitenilögeln  so  angeordnet  ■ 
sind,  dass  sie  von  drei  Seiten  Liebt  und  Luft  baben,  sind  gar  nicht 
berücksichtigt.  Das  Buch  ist  reich  an  Oonstructionseinzelbeiten  auf 
dem  Gebiet  der  Heisungs-  und  Latrinenanlagen«  ■ 

Ein  Versuch,  Soldaten  in  einer  Winternaoht  unter  einem 
Zelte  schlafen  zu  lassen,  ergab ^  dass  dieselben  in  dem  auf  dem 
hartgefrorenen,  vom  Schnee  gereinigten  und  mit  leichter  Strohscbicht 
versehenen  Boden  aufgeschlagenen  Zelte  in  gewöhnlicher  Winter- 
bekleidung und  Ausrüstung  bei  —  13 — Iß^  K.  Aussen temperatur  von 
9  übr  Abends  bis  3  Uhr  früh  gut  schliefen,  sich  dann  aber  durch 
Bewegung  erwärmen  mussten.  Im  Innern  des  mit  8  Mann  belegten 
Zeltes  stieg  die  Temperatur  bis  zum  Maximum  von  —  H^  um  1  Uhr, 
(Rev.  du  cercle  miL  Nr.  9.) 

Zur  Unterbringung  der  französischen  Truppen  in  Dahomey  be- 
stimmte Baracken  sind  aus  Tann  enholzj  wasserdichter  Pappe,  Eisen 
und  Ziegeln  hergestellt  Sie  haben  Doppelwände  und  eine  vom 
Dache  getrennte  Zimmerdecke ;  ringsnm  aber  eine  3  m  breite,  über- 
dachte Veranda.  Sie  erheben  sieh  1,70  m  über  dem  Erdboden  und 
fassen  40—50  Mann.    (Le  Progr^s  mil  Nr,  1203.) 

Das  Gesammtgewioht  der  Feldausrüstung  des  französi- 
schen Infanteristen  beträgt  28  kg,  was  entschieden  zu  viel  ist; 
es  sollte  wenigstens  der  schwere  Hokeinsatz  des  Tornisters  weg* 
fallen.  Das  Gewicht  setzt  sieb  zusammen  auB  dem  Mantel  2020  g, 
Flanellleibbinde  200.  Hoseu  uad  Träger  1100,  Leibbekleidung  1000, 
Käppi  280,  Halsbinde  30,  Hemd  ^*50,  Schnürschuhe  1800^  Schuhe 
1400,  zweites  HemdD50,  Unterhose  340,  Feldmütze  52,  Gamaschen  130, 
2  Taschentücher  50,  Mantelriemen  30,  Bürsten  110,  Löffel  50,  Be- 
atecktasche 200,  Becher  120,  Trittriemen  6,  Feldflasche  470,  Ver- 
bandzeug 40,  Werkzeug  360,  Tornisterbeutel  150,  Schanzzeug  900, 
Gewehrriemen  Uo,  3  Patrontaschen  750 »  Leibgurt  706,  Tornister 
3400,  Gewehr  4800,  Patronen  3290;  dazu  kommt  Zwieback  mit  1200 
und  Lebensmittel  mit  676  g.    (La  France  miL  Nr.  2503.) 


I 


Militärmedfcin. 


791 


Staecker  theilt  zwei  Fälle  von  Selbststrangulation  mit- 
tels der  eigenen  Halsbiode  im  Zustande  der  Betrunkenheit  mit 
uod  kommt,  namentlich  in  ßlicksicUt  atif  die  verhängnissvolle  Rolle, 
welche  die  Halsbinde  bei  anstrengenden  Märschen  bei  grosser  Hitze 
für  den  Soldaten  zuweilen  spielt  zu  dem  Scbluss:  1)  dass  die  Hals- 
binde  als  solche  am  besten  ganz  abgeschafft  und,  um  das  Durch- 
schwitzen  der  Kragen  zu  vermeiden,  durch  einen  in  den  Kragen  ein- 
genähten Bin  den  streifen  ersetzt  werde^  und  2)  dass  bei  Gelegenheit 
der  Instruction^  solange  die  Halsbinde  noch  getragen  wird,  auf  die 
GefÄhrlichkeifc  der  Halsbinde  in  gewissen  Fällen,  namentlich  bezüg- 
lich Entstellung  von  Hitzschlag,  hingewiesen  werde.  (Deutsche 
militärärztliche  Zeitschr.  S,  31/) 


Ueber  den  Dauerproviant  und  die  Präserven  in  der 
Schiffs  Verpflegung  und  deren  Bedeutung  für  die  Schifffahrt 
wie  Hygiene  hat  Richter  eine  eingehende  Arbeit  veröffentlicht.  Als 
Daaerproviant  bezeichnet  Verf, :  ein  gesalzen  es,  geräuchertes,  getrock- 
netes Fleisch,  Erbsen,  Bohnen^  Linsen^  Reis,  Mehl,  Gries^  Graupen. 
Sauerkohl,  eingemachte  Schnittbohnen,  Backobst  und  Hartbrod,  Das 
Pöckelieisch  hat  wegen  der  geriugereu  Löslichkeit  der  Fleisch- 
fasern nur  etwa  zu  2,^  vom  frischen  Nährwerth.  Die  geräucherten 
Fleiachwaaren  (ausser  Speck)  finden  wegen  des  hohen  Preises  fast 
nur  auf  dem  Tisch  der  Ofüciere  und  Cajütenpassagiere  Verwendung* 
Hartbrod  hat  hohen  Gehalt  an  Nährstoffen,  aber  faden  Geschmack; 
sein  Verhranch  ist  durch  Einführung  von  Backöfen  auf  Kriegs-  und 
Passagierschiffen  sehr  eingeschränkt;  eingesalzene  Schnittbohnen 
werden  besser  durch  Dörrschnittbohnen  ersetzt.  —  Von  den  Prä- 
serven  sind  die  durch  einfaches  Trocknen  oder  Einsalzen  und  Aus- 
trocknen, mit  nacbherigem  Mahlen  des  Fleisches  hergestellten  Fleisch- 
mehle nicht  schmackhaft.  In  Blechbüchsen  nach  Appert's  Ver- 
fahren hergestellte  Fleischconaerven  sind  gut,  der  Geschmack  aber 
fade,  und  nach  einiger  Zeit  tritt  Widerwillen  ^egen  dieselben  ein. 
In  der  deutschen  Marine  werden  corned  beef  und  präservirtes  Eind- 
und  Hammelfleisch  verwendet.  Präser v^rung  des  Fleisches  durch 
chemische  Mittel  hat  im  Allgemeinen  für  die  Marine  keine  Bedeu- 
tung. Ein  empfehlenswerthes  Präparat  sind  in  Essig  eingekochte 
Fische.  Nach  Appert  hergestellte  Gemüsepräserven  genügen  allen 
Anforderungen;  die  animalische  und  vegetabihsche  Nahrungsmittel 
vereinigenden  Präserven  haben  für  die  Schiffs  Verpflegung  keine  Be- 
deutung, doch  sind  Höppinger^s  Fleischgemüsepräaerven ,  z,  B. 
Hammelfleisch   mit   Kohl,   sehr  angenehm.  —  Nachtheile  der   Ver- 


792 


Schill. 


pflegiing  mit  Daiierproviant  sind  ecbwerere  Verdaalichkeit  und  Mangel 
an  Abwechslung;  ikre  Beziehungen  zur  Entstehung  von  Anämie^ 
Darmkrankheiten  und  Scorbut  werden  ausführlich  erörtert, 

Bas  französische  Kriegsministerium  will  den  Soldaten  schon  im 
Frieden  an  Feldzwieback  gewöhnen*  Derselbe  darf  zu  100  g  pro 
Tag  und  Mann  ausgegeben  werden  und  soll  in  mundgerechter  Zu- 
bereitung mit  dem  Morgenkaffee  ausgegeben  werden.  Die  Zuberei- 
tung besteht  darin,  dass  der  Abends  vorher  eine  Viertelstunde  lang^j 
in  verdünnten  gezuckerten  und  mit  E.um  vermischten  Kaffee  ge- 
tauchte, dann  unter  Leinwand  aufgestapelte  Zwieback  am  anderen 
Morgen  zum  Kaffee  genossen  wird.  Eine  andere  Zubereitung  be- 
steht in  Eintauchen  in  Salzwasser  am  Abend,  Scbwitzenlassen  unter 
Leinwand  in  der  Nacht  und  Bereitung  einer  Suppe  aus  dem  zer- 
kleinerten Zwieback  unter  Zusatz  von  Zwiebeln,  Lauch,  Kohl  und 
dergleichen  mit  Speck  und  Butter.  (Bull  offic,  du  minist^re  de  la 
gnerre,) 

Da  der  Zwieback  dem  Soldaten   wenig  angenehm  ist,    m&ohte 
man  in  Frankreich  vielfache  Versuche  mit  Dauerbrod:  gepresstem 
oder  getrocknetem  Brod  nach  verschiedenen  Verfahren  bereitet.    Dasj 
Bispain  Serran's  besteht  aus  gewöhnlichem,  mit  Salzzusatz  gebackenem 
Brod,   welches  nach  dem  Garwerden  stundenlang  gedörrt  und  dann 
gepreest  wird.     Es  nimmt  wenig  Platz  ein  und  bleibt  gut   erhalten. 
Das  Pain  de  conserve  Perier  ist  Brod,    dessen  Gährung  verhindert 
wird,  bis  es  in  den  Ofen  geschoben  wird.    Das  Pain  condense  Eon- 
Orillon  wird  aus  gewöhnlicbem  gegcbrenem  Brodteig  bereitet,  welcher J 
unter  Druck  in  verschlottsenen  Gefässen  gebacken  wird,    Nachtheilöi 
sind :  umständliche  Herstellung,  geringe  Dichtigkeit,  Zugänglichkeit  für 
Wurmfraas ;  der  Geschmack  ist  vorzüglich.    Das  Pain  comprim^  Ber« 
nard    wird   ähnlich  dem   P6rier*a   durch  Abpressen    der    wässerigen  1 
Bestandtheile    aus    gewöhnlichem    Brod    bereitet.      Alle    genannten 
Dauerbrod arten   sind  ans  Weizenmehl  bereitet.     (Milit.  Wochenblatt 
S.   137G.) 

In  Italien  sind  neue  Verpflegungssätze  eingeführt  worden 
Jeder  Soldat  erhält  800  g  Brod,    200  g  Fleisch,    180  g  Nudeln  oder^ 
Reis,  15  g  Speck,  20  g  Salz,  ausserdem  Kaffee  und  eventuell  WeinJ 
sowie  4  Centimes  für  Gemüse  und  Gewürz.  (Militärisches  Wochenbh] 
S.  1060.) 

3«  Militärkrankeuptiege. 

Sudour  hat  während  zweier  Masernepidemien  in  der  Garnison 
Carcassonne  eineHeihe  von  Tbatsachen  ermittelt,  welche  dafür  sprecheni 


Militärmedicin» 


79a 


dass  das  äeinem  Wesen  nach  zur  Zeit  noch  unbekannte  Contagium 
l'der  MaaexB  durch  die  in  den  Kasernenquartieren  deponirten  Keime 
[übertragen  werden  kann,  ohne  dass  es  der  Gegenwart  eines  Masern- 
Fkranken  bedarf^  sowie  dass  diese  Keime  mindestens  einige  Wochen 
lang  in  den  Wohnungen  sich  erhalten  können^  ohne  von  ihrer  Wirk- 
samkeit zu  verlieren.     (Bis  za  22  Tagen   beobachtet)     Besondere» 
[Interesse  verdient  die  ErkrankuDg   eines  Mannes^    welcher  nie  mit 
I  Hasern  kranken    in    Berührung    gekommen    war,    aber    ein    Zimmer 
Ischeuerte   und  mit  den  Betten  zu  thun  hatte,  in  einem  Zimmer,   in 
['Welchem   ein  Masernkranker  gelegen    hatte.     Verf.   behauptet,    dass 
[manche  Kasernen  gegen  Masern  Immunität  zeigten,     (Arch.  de  med. 
et  pharm,  mil  Bd.  19,  S.  24,) 

Der  Typhus  hat  in  der  i'ranzösischen  Armee  in  dem  Jahrt^ 
1891  wiederum  beträchtlich  abgenommen.  In  einem  von  dem  Kriegs- 
minister an  den  Präsidenten  der  Republik  gerichteten  Bericht  wird 
die«  mit  Recht   den   ergrifFenen  sanitären  Massregeln  ^   insbesondere 

Ider  Einführung  vorwurfsfreien  Trinkwassers  zugeschrieben.  Die 
berüchtigtsten  Typhusgarnisonen  sind  hierdurch  epidemiefrei  geworden ; 
fiberall  wo  Epidemien  von  Typhus  aasbrachen,  lieas  eich  Verunreini- 
gung des  Wassers  dorch  Beschädigang  der  Röhren  u.  s.  w.  nach- 
weisen, Es  wird  berechnet,  dass  im  Jahre  1892  die  Zahl  der  Todes- 
ftlle  infolge  Typhus^  um  50 ö/^^,  diejenige  der  Erkrankungen  um  GOO'q 
gegen  den  Durchschnitt  der  Jahre  188(3  und  87  zurückstehen  werde. 
Wo  tadelloses  Wasser  nicht  zugeführt  werden  konnte,  wurden  Filter- 
anlagen geschaffen.  Durch  die  Aufmerksamkeit  der  Commandeure 
and  Sanitätsofhciere  und  die  Vorsichtsmassregein  in  den  Caserne- 
ments  und  bei  den  Uebungen  wird,  wie  der  Bericht  ausführt,  sicher 
mit  der  Zeit  der  Abdominaltypbus  aus  den  Kasernen  verschwinden, 
und  die  allgemeine  Sterblichkeitsziffer  der  Armee  geringer  werden. 
(Sem.  med*  Nr*  11.) 

Auch  in  der  italienischen  Armee  fordert  der  Typhus  nach  der 
einen  11jährigen  Zeitraum  {1878—88)  umfagsenden  Zusammenstellung 
von  Sforza  nicht  unbeträchtliche  Opfer,  In  den  einzelnen  Garnisonen 
schwankte  die  Erkrankungsziffer  von  3— B3t»/o„  der  Kopfstärke;  am 
schlechtesten  stehen  Udine  und  Brescia  mit  33  bezw,  Sl^^j^j;  Neapel 
hatte  2y,  Rom  10,  Mailand  6^^^^  Erkrankungen.  Die  Sterblichkeit 
betrug  von  0,5 — ^i^^oa  ^^^  Kopfstärke.  Die  durchschnittliche  Mor- 
bidität der  Garnisonen  betrug  IS^J^q  der  Kopfstärke,  die  Mortalität 
22  %0  der  Behandelten»     (Giorn.  med.  del  r.  esercit  S.  1,) 


794 


SchiU. 


Arnaud  liat  das  Blut  aller  1891  in  das  Müitärlazareth  von 
Tanis  aufgenommenen  Malariakranken  uofcersuciit  und  schliesst 
auf  Grund  von  289  Blutuntersucbungen  j  1)  daas  die  verschiedenen 
Formen  vod  Laveran's  Hämatobium  nur  verschiedene  Entwicke- 
hingBzustände  eines  polymorphen  Parasiten  und  nicht  verschiedene  Arten 
sind*  2)  Die  Körperchen  in  ihren  verschiedenen  Formen  (sphärisch, 
mit  und  ohne  Geisöel,  halbmoad förmig,  rosettenfönaig)  findet  man  in 
allen  Fällen,  wenn  man  das  Blut  zu  Beginn  eines  Anfalls  untersucht^ 
und  der  Kranke  noch  kein  Chinin  erbalten  bat.  3)  Man  mnss  des- 
halb nach  dem  Hämatozoon  so  zeitig  als  möglich  suchen.  4)  Mit 
dem  Aufsueben  des  Malariaparaaiten  verbinde  man  das  Fahnden  nach 
Blutpigment,  dessen  Wichtigkeit  nicht  mehr  fraglich  ist.  5)  Auf 
Grund  dieser  beiden  symptomatologiscben  Elemente  kann  man  die 
Malaria  stets  sicher  diagnosticiren.  (Archives  de  m6d.  mil.  Bd.  20,  M 
S.  226.)  1 

Üeber  die  Plasmodien  bei  Malariaerkrankungen  hat 
Enge  eingebende  Studien  veröffentlicht,  deren  Ergebniss  folgende 
Sätze  bilden:  1)  Der  von  Laverau  im  Blute  Malaria  kranker  ge- 
fundene tbierische  Mikroorganismus  ist  als  Erreger  der  Malaria- 
erkrankungen anzusehen.  2)  Nach  den  bisherigen  Untersuchungen 
ist  anzunehmen,  dass  der  Malariaparasit  in  drei  Unterarten  vor- 
kommt: a.  Haemamoeba  malariae,  b,  Kaemamoeba  vivax,  c,  Laverania, 
und  es  demnach  drei  Grund  typen  voü  Malariafiebern  gibt:  die  Febris 
quartana,  hervorgerufen  durch  die  Haemamoeba  malariae,  die  Eebrig 
tertiana,  hervorgerufen  durch  die  Haemamoeba  vivax  und  das  aty- 
pische Fieberj  hervorgernfen  durch  die  Laverania.  Die  Febris  quo* 
tidiana  ist  nicht  als  ein  Grund typus  anzusehen.  3)  Die  Krscheinungen 
der  Malartafieber  sind  anzusehen  als  Wirkungen  der  giftigen  StofF- 
wechselproducte  der  Parasiten.  4)  Die  Kenntniss  der  Malariapara-  ■ 
siten  ist  namentlich  deshalb  für  den  Marinearst  wichtig,  weil  sie  in  ■ 
zweifelhaften  Fällen  das  Stellen  einer  Diagnose  aui' Malariafiober  ge- 
stattet, und  es  ausserdem  möglich  erscheint,  den  Farasitenbefund  für 
die  Malariaprophylaxe  zu  verwerthen.  5)  Wegen  der  grossen  Wider- 
standsfähigkeit der  Halbmonde  gegen  U hinin  sind  Kranke,  welche 
an  atypischen  Makriati ehern  gelitten  haben,  vor  ihrer  Entlassung 
aus  der  Lazaretbbehandlung  stets  auf  Malariapara  siten  zu  unter- 
suchen. 6)  Die  intravenösen  Chinininjectionen  Baccelli^s  sind  nur 
als  letztes  Hüüsmittel  in  verzweifelten  Fällen  anzuwenden,  7)  Die 
Methylen blanbebandlung  ist  zu  versuchen.  (Deutsche  militärärstliche 
Zeitflchr.  S.  49.) 


Militärraedicin. 


795 


Das  in  Massaua  herrschende  Fieber,  welches  man  zuerst 
für  Malaria,  dann  für  eine  Misohform  von  Malaria  und  Typhus  an- 
sah, ist  nach  Pasquale  keine  der  italienischen  Oolonie  eigenthüra- 
liehe  Fieberform j  sondern  mit  dem  Fever  common  continued  der 
Engländer,  welches  auch  als  Erkältuoga-^  katarrhalisches,  herpeti- 
sehes,  gastrisches  oder  Eintagsfieber  benannt  wird,  identisch.  Pas- 
quale  hält  die  Krankheit  für  eine  Infectionskrankbeit,  doch  gelang 
es  noch  nicht,  deren  Erreger  aufzufinden .  Geiegenheitsurßachen  sind 
Erkältungen  infolge  der  auf  die  heissen  Tage  folgenden  kühlen 
Abend  winde  und  niedrige  Nachttemperatur  und  Verdauungsatörungen 
infolge  von  Eingeweidewürmern.  Das  plötzlich  einsetzende  und  hohe 
Fieber  dauert  meist  1 — 3  Tage  und  endet  kritisch,  doch  dauert  es, 
wenn  erneute  SchädHchkeiten  einwirken^  auch  bis  zu  9  Tagen  mit 
Inter-  nnd  Remissionen.  Die  Prognose  ist  günstig;  es  bedarf  nur 
symptomatischer  Behandlung;  Chinin  ist  ganz  ohne  Wirkung.  Die 
Reconvalescenz  daxiert  oft  lange;  ea  besteht  Neigung  zu  Rückfällen. 
Es  soUen  nur  Leute  mit  guter  Verdauung  nach  Masaaua  gehen;  die 
dort  lebenden  Europäer  müssen  sich  vor  Erkältungen  und  Diät- 
fehlern hüten.  Malaria  kommt  in  Masaaua  nicht  vor;  anderwärts 
erworbene  Malaria  und  Malariakachexie  bilden  aber  bei  fieberhaften 
Erkrankungen  in  Massaua  sehr  erschwerende  Complicationen;  des- 
halb sollen  Leute  mit  Malariamilz  erst  mit  Gbinin  behandelt  werden, 
ehe  sie  nach  Massaua  aur  Colonialarmee  kommen.  (Giorn.  med,  del 
r.  eserc.  H,  11.) 

De  Santi  hat  die  chronische  Diarrhoe  der  heisäen  Län- 
der wesentlich  auf  Grund  eigener  Beobachtungen  in  Tonkin  mono- 
graphisch bearbeitet.  Symptomatologie,  pathologische  Anatomie  und 
Therapie  sind  eingehend  behandelt.  Der  Verf,  läsat  die  chronische 
Enteritis  entstehen  aus  dem  Heimischwerden  eines  bis  jetzt  noch 
unbekannten  epecifiachen  Agens  in  dem  durch  Malariainfection  zuvor 
zu  einem  günstigen  Nährboden  umgeschaffenen  Darmkanal.  (De  FEn- 
terite  chronique  paludeenoe,     Paris,  Rtieff  &  Comp,  216  S.) 


üeber  die  Gefahr  für  das  militärärztiiche  und  Sanitatöpersonal, 
an  Cholera  und  Flecktyphus  zu  erkranken,  hat  Erismann  im 
^Wratsch"  interessante  Thatsachen  veröffentlicht.  Wenig  bekannt 
ist,  dass  Militärärzte  im  Kriege  häufiger  erkranken  und  in  höherem 
Procentsatz  sterben  als  Officiere.  Von  den  Infectionskrankheiten 
richtet  insbesondere  der  Flecktyphus  enorme  Verheerungen  unter 
dem  ärztlichen  Personal  an.     Dies   bewies  z.  B.  der  letzte  russisch- 


f9(i 


Schill. 


türkische  Krieg.     Bei  Jaasy  erkrankten  am  Typhus  exanthematicas 
in  der  ersten  Hälfte  des  Januar  79  ö'(,  aller  Hospitaldienerj  67  ^^l^^  aller 
Heilgehülfen,  and  von  8  Aerzten  lagen  zur  Zeit  eineß  Besnciies  des 
Verf^'s,  welcher  den  Krieg  als  Präsident  des  Sanitätscorps  in  Romänien      _ 
und  Bulgarien   mitmachte,   7  krank;   alle   barmherzigen  Schwestern      ■ 
hatten  die  Kranklieit  durchgemacht  ^   und  von  16  derselben   blieben 
nur  die  Wirthschaltsschwestern  am  Leben.    In  einem  andern  Lazareth 
zu  Jaasy   erkraukten  an   Flecktyphus   60*^i'q  der  Aerzte,   100  o/^^  der     ■ 
Schwestern,  8lJ%  der  Heügehülfen  und  60— 70ö/o  des  unteren  Pflege- 
personals*    In  Frateschty  erkrankten   vom    Pflegepersoual   427   Per- 
sonen;  von   300  Pflegedienem   bei  Eröffnung  des  Hospitals   blieben 
schliesslich  nur  7 ;  alle  anderen  waren  theils  gestorben,  theils  krank 
in  die  Heimath   zurückgeschickt.     Aehnliche  Verhältnisse   waren   in 
Simnitzi,  Siatowo  und  Rasgrad ;  an  letzterem  Orte  muaste  das  Pflege-      ■ 
personal  dreimal  neu  completirt  werden.     In    Bela   erkrankten  von 
18  Aerzten  16,  in  St.  Stephane  last  alle  Aerzte  an  Flecktyphus  und 
Recurrens. 


In  der  österreichischen  Delegation  erörterte  Prof.  Billroth  die 

Frage,  ob  in  dem  Maasse^  in  welchem  die  Zerstörungsmittel  vervoll- 
kommnet worden,  aüch  die  Mittel,  den  Verwundeten  zu  helfen,  zu- 
genommen hätten.  Billroth  hebt  hervor,  dass  auch  in  einem 
künftigen  Kriege  die  hauptsächlichste  Aufmerksamkeit  der  Militär- 
äraste  den  Ge wehrprojectilen  gebühre,  da  diese  etwa  80%  aller 
Wunden  herbeitÜhrten  ^  während  die  Artilleriegeschosse  nur  15% 
und  blanke  Waffen  nur  b^'^  nach  den  Erfahrungen  des  deutsch- 
franÄÖöiscben  Krieges  hervorriefen.  Ob  dieses  Verhältniss  durch  die 
neuen  Geschosse  und  das  rauchlose  Pulver  eine  Verschiebung  er- 
leiden werde,  könne  zwar  Niemand  aus  Erfahrung  beurtheilen,  aber 
infolge  der  stärkeren  Percussionskraft  werde  die  Zahl  der  Scbwer- 
verletaten,  znmnl  der  Knochenverletzten  ^  bei  Massenkämpfen  wahr* 
scheinlich  eine  grössere  sein  als  früher.  Die  von  Manchen  vertretene 
Ansicht,  die  Verluste  würden  nicht  so  gross  sein,  da  man  aus  sehr 
grossen  Entfernungen  mit  recht  schlechten  TreflzaJilen  schiessen 
und  mehr  dahin  streben  werde,  den  Feind  aas  seinen  Btellungen 
herauszumanövriren,  theilt  Billroth  nicht,  da  eine  Truppe  ohne  be- 
trächtliche Verluste  ihre  Stellung  nicht  aufgeben  werde,  und  gum 
Herausmanövrireo  immer  günstige  Terrain  Verhältnisse  und  eine  wenig- 
stens locale  Uebermacht  gehören.  Beim  Kampf  grösserer  Truppen- 
körper gegen  einander  würde  die  Zahl  der  Verwundungen  weit  grösser 
sein,  abgesehen  von  dem  Fall,  dass  hei  besonders  günstigen  Terrain- 


I 
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Militärmedicin, 


797 


Verhältnissen  die  Deckung  des  angegriffenen  Trupp enkörpera  selbst 
beim  Kückzug  günstig  sei.  Es  sei  aber  gar  ntcbt  nothwendig,  auf 
die  schweren  Verletzungen  besonderes  Gewicht  zq  legen,  da  diese 
wohl  die  Behandlung  erschwerten,  für  den  Feldherm  aber,  fUr  den 
nur  die  absolute  Zahl   der  Verletzten   entscheidend  sei,   nicht  mehr 

■  Gewicht  hätten,  als  die  leichten  Verletzungen,  deren  erhebliche  Ver- 

'  mebrung  durch  die  neuen  Waffen  mit  grösater  Wahrscheinlichkeit 
vorauszusagen  sei.  Die  weitere  Tragfähigkeit  der  Geschosse  habe 
1^  die  Verbandplätze  die  wichtige  Folge,  daas  dieselben  mehrere 
hundert  Schritte  weiter  zurück  verlegt  werden  müssen  als  bisher, 
natürlich  aber  auch  jetzt  in  Anlehnung  an  ein  Haus,  einen  Graben, 
ein    Stück    Wald,     Die    grössere    Zahl    der    Verwundeten    und    der 

'  weitere  Transport  zum  Verbandplatz  bedingen  eine  bedeutende 
Vermehrung  der  Träger^  welche  in  der  österreichisch- 
ungarischen  Armee  schon  an  sich  eine  ausserordentlich 
geringe  und  unzureichende  sei,  ja  es  werde  überhaupt 
nicht  mehr  möglich  sein,  die  Verletzten  vom  Scblachtfeld  durch 
Träger  wegzubringen,  wenn  sich  das  nicht  auf  Tage  hin  er- 
strecken solle;  es  müssten  eine  grosse  Anzahl  leichter  Wagen 
bereit  sein,  um  die  Verwundeten  nicht  uur  in  die  Feld- 
lazaretbe,  sondern  schon  vom  Schlachtfelde  wegzufahren.  Der 
Einwand,     welchen     alle    Kriegsminister     in     Bereitschaft     hätten, 

.grosse  Schlachten  seien  wie  Naturereignisse,  denen  man  nicht  be- 
gegnen könne,  sei  nur  bedingt  richtig.  Man  könne  weDigstena  für 
die  bisherige  Kampfesweise  die  Verluste  scbätzen.  In  der  Schlacht 
bei  Graveiotte  -  St.  Privat  habe  der  Sstündige  Kampf  5000  Todte 
und  15000  Verwundete  gefordert,  wovon  er  etwa  5000  als  Schwer- 
verwundete reebne.  Hätte  eine  Trage  mit  awei  Trägern  den  Weg 
vom  Schlachtfeld  zum  Verbandplatz  lOmal  gemacht  —  eine  unwahr- 

'acheinliche  Annahme  —  so  seien  500  Tragen  mit  1000  Trägern 
nöthig  gewesen;  doch  da  die  Deutschen  als  Sieger  auch  die  verwun- 
deten Franzosen  zu  versorgen  gehabt  hätten,  so  seien  1000  Schwer- 

^  verwundete  durch  2000  Träger  zu  befördern  gewesen.  Solche 
len  seien  nicht  durch  Träger  zu  bewältigen,  zumal  ja  natür- 
lich Hülfs vereine  in  der  ersten  Linie  nur  wenig  thun  könnten; 
auch  landesübliche  Gefährte  seien ,  abgesehen  von  der  schlechten 
Lage  der  Verwundeten  auf  ihnen,  selteo  aufzutreiben,  es  bleibe  also 
nur  die  Vermehrung  des  Trains  übrig.  Den  Einwand  aller  hohen 
Militärs,  bei  einer  entsprechenden  Vermehrung  des  Trains  sei  das 
Heer  zu  schwer  beweglich ,  will  B  i  1 1  r  o  t  b  nicht  gelten  lassen. 
Weiterhin  fordert  Billroth  noch  die  von  Mundy  warm  befürwortete 


79S 


ScbiJL 


Einfübruog  vod  elektrischen  Beleuohtctngsapparaten^  mit 
welchen  das  Schlachtfeld  bei  Nacht  behufs  Aufsuchen  der  Verwun- 
deten strichweise  zu  beleuchten  sei  (Frankreich^  England  und  Deutsch- 
land besässen  diese  Apparate)  und  die  Wiedererrichtung  des  Josephi- 
numS|  dessen  Aufhebung  ein  sehr  grosser  Fehler  gewesen  sei.  Das 
Aussetzen  von  Studienstipendien  und  Commandtrung  an  Kliniken 
könne  eine  militärärztliche  Akademie  nicht  ersetzen.  Es  fehle  ins^ 
besondere  der  militärische  Corpsgeist,  infolge  dessen  der  Arzt  dem 
Officier  gegenüber  nicht  die  gehörige  Stellung  habe.  Die  militär- 
ärztliche  Akademie  aolle  sieb  nar  auf  die  klinischen  Semester  er- 
strecken und  dem  Institute  ein  möglichst  grosses  Material  an  Verletzungen 
zugewiesen  werden,  Bie  Österreichische  militärarztliche  Zeitschrift  ^Der 
Militärarzt**,  welcher  die  vorstehend  im  Auszug  wiedergegebene  Kede 
Billroth^s  im  Wortlaut  bringt,  führt  dieselbe  mit  einigen  Sätzen  ein,  in 
welchen  hervorgehoben  wird,  Billroth  habe  mit  sicherer  Hand  einige 
Gebrechen  des  Österreich!  seh -angarischen  Militärsanitätswesens  bloss- 
geiegt;  der  verbindliche  Dank  des  Kriegsministers  für  die  erhaltenen 
„Impulse"  werde  hoffentlich  nicht  an  dem  Widerstand  des  Finanz- 
ministers  wie  bisher  scheitern ,  denn  es  sei  nicht  anzunehmen ,  dass 
der  Kriegsminister  von  seinen  berufenen  Fachorganen  über  die  Notb- 
wendigkeit  der  Ausgestaltung  der  Sanitätshülfsmittel  im  Unklaren 
gelassen  worden  sei.  Leider  habe  es  sich  Billrotb  entgehen  lassen, 
die  dringend  nothwendige  Verbesserung  der  Verhältnisse  der  Militär- 
ärzte in  den  Kreis  seiner  Besprechung  zu  ziehen. 

Prof.  V.  Bardeleben  bat  in  einer  im  Königlichen  Friedrich- 
Wilhelms -Institut  zu  Berlin  gehaltenen  Rede  die  kriegs- 
chirurgische Bedeutung  der  neuen  Geschosse, 
und  zwar  bezüglich  der  vorauösiobtlich  von  ihnen  zu  erwar- 
tenden Wirkungen  und  bezüglich  der  Mittel  erörtert,  mit  denen 
der  Feldarzt  ihnen  entgegenzutreten  haben  wird.  Das  Schlacht- 
feld der  Zukunft  wird  mehr  denn  je  der  Schilderung  ent- 
sprechen: Jam  Corpora  procumbunt  humi  truncata»  Membra  täte  dis- 
persa Stern untUT.  Manat  undique  cruor.  Salus  una  restat  man- 
bundis:  vocant  hominis  aroioum,  Ecce  cbirurgusl"  Im  Wesentlichen 
werden  nicht  Hieb-  und  Stichwunden,  sowie  Verletzungen  durch 
grobes  Geschütz,  wohl  aber  die  modernen  Gewehrgeschosse  dem 
feldärztlicben  Handeln  neue  Aufgaben  stellen.  Wir  haben  es  jetzt 
zu  thun  mit  einem  GeschosS)  welches  mit  ungemein  gesteigerter 
Geschwindigkeit  und  mit  relativ  sehr  kleiner  Berührungs- 
fläche aufschlägt,  welches  wegen  der  Härte  des  Mantels  nur  wenig 
und  selten  deformirt  werden  kann.    Dies  Oescboss  mit  den  eben 


4 


MiliiäroiediciD. 


79i» 


Bzeichneten  EigeDBchaften  wird  nach  den  Gesetzen  der  Physik  nicht 
Inr  Wunden  von  geringerer  Weite  erzeugen,  sondern  auch  solche, 
|ie  nur   wenig   gequetscht   sein   werden*     Ist   der  zu   überwindende 

Widerstand  nicht  zu  gross,  so  wird  aus  dem  getroffenen  Theile  ein 
cylindrisches  Stück  iocheisenförmig  herausgeschlagen  ^  aber  nicht  als 
Ganzes,  sondern  in  tausend  Stocke  zermalmt  durch  die  Ausschuss- 
öffnung hinausfiiegen.  Die  Heilung  einer  solchen  Wunde  wird,  wenn 
sie  nicht  verunreinigt  ist,  wie  bei  einer  Schnittwunde  erfolgen ,  wie 
Redner  in  einem  Falle  in  seiner  Klinik  beobachten  konnte.  Die 
geringe  Quetschung  der  Wunde  birgt  aber  auch  Gefahren  in  sich; 
selteneres  Auftreten  spontaner  Blutstillung  und  öftere  Verletzung 
grösserer  Pulsadern,  so  dass  die  Zahl  der  Getödteten  erheblich  steigen 
wird.  (In  dem  einzigen  Krieg,  in  welchem  kleinkaliberige  Geschosse 
verwendet  wurden,  im  chilenischen  Bürgerkrieg,  soll  die  Zahl  der 
Todten  viermal  grösser  gewesen  sein  als  die  der  Verwundeten.) 
Für  die  Verletzungen  des  Skeletts  ist  noch  ein  dritter  Factor  neben 
den  obengenannten,  welche  f&r  Weichtheilverletzungen  allein  in  Be- 
tracht kommen,  zu  beachten:  der  Widerstand,  welchen  der  ge* 
troffene  Theil  dem  Geschoss  entgegensetzt«  Die  Grösse  dieses 
Factors  entzieht  sich  zur  Zeit  bei  der  Un Vollkommenheit  unserer 
Kenntnisse  von  der  Festigkeit,  Biegsamkeit  und  Elasticität  der  ein- 
zelnen Röhrenknochen  der  Berechnung.  Practische  Schiessversuche 
auf  Thiere  und  Leichen  (Br uns,  Kikuzi,  Habart^  Delorme  und 
Cbavasse)  entsprechen  bezüglich  der  reinen  Fleischscbüsse  den  ge- 
hegten Erwartungen;  Schädelschüsse  bestätigen  die  von  Beger  be- 
gründete Lehre  von  der  Bedeutung  des  hydraulischen  Drucks,  Die 
Epiphysen  der  Röhrenknochen  erlitten  bei  Schüssen  bis  400  m  fast 
stets  erhebliche  Splitterungen,  bei  Schüssen  aus  grösserer  Entfernung 
glatte  SchuBskanäle.  Die  Diaphyse  erlitt  durch  Schüsse  aus  grosser 
Nähe  (bis  100  m)  stets  völlige  Trennung  ihrer  Continuit4t  mit  aus- 
gedehnter Splitterung,  selbst  durch  Streifschüsse;  bei  weiterer  Ent- 
fernung ist  die  Splitterung  geringer ,  die  Splitter  sind  grö^^ser  und 
durch  die  Knochenhaut  susammengebalten,  ja  es  werden  einfache 
Schrägbrüche  und  Durchlochungen  beobachtet.  Bei  über  800  m 
werden  Sprengwirkungen  immer  seltener.  Rinnenschüsse ,  einfache 
Schrägbrüche,  lochfbnnige  Durchbohrungen  verdrängen  die  Splitter- 
brücbe^  welche^  wenn  vorhanden,  geringe  Ausdehnung  und  grosse, 
von  Knochenhaut  zusammengehaltene  Splitter  haben.  Bei  über  800  m 
werden  selbst  Schädellochschüsse  beobachtet.  Der  Vorzug  der 
neuen  Geschosse  vor  den  alten,  die  geringere  Sprengwirkung^  erklärt 
sich    leicht   aus  der    grösseren   Härte  ^   gerui^<&t^\i  ^"akKös^stk.   xssä. 


800 


Schill 


grösseren  Geschwindigkeit.  Als  Ursache  der  Zersprengung  der 
harten  Mittelatücke  der  Röhrenkoochen  sieht  Redner  nicht  den  hydrau- 
lischen Druck,  sondern  die  Elasticitat  des  getroffenen  Theiles  an.  Das 
neneOaschoBs  ist  also  michtsOf^human^^,  wieihmiiacbgesagt 
wird,  denn  es  wird  in  gleichen  Zeiträumen  und  unter 
sonst  gleichen  VerhältniBsen  mehr  Menschen  tödten  und 
verwunden  als  das  alte;  aber  die  Verletzungen,  welche  ea 
macht,  werden,  wenn  sie  nicht  sofort  tödten,  dem 
Wundarzte  im  Grossen  und  Ganzen  ein  erfreulicheres 
Feld  erspriessliüher  Thäligkeit  bieten.  Im  Bereich  des 
ieiudlichen  Feuers  wird  die  Fortschaffung  der  Verwundeten  die 
Hauptaufgabe  der  ärztlichen  Leitung  bilden.  Wenn  auch  ge- 
fährliche Blutungen  auf  dem  Schlachtfeld  selbst  gestillt,  zer- 
schossene Knochen  geschient  werden  müssen,  die  eigentliche  ärztliche 
Tbätigkeit  kann  erst  auf  dem  Verbandplatz,  dessen  richtige  Wahl 
das  Wohl  Tausender  entscheideo  kann,  beginneii.  Auch  dort  darf 
bei  der  spärlichen  Zahl  der  Aerzte  und  der  Masse  der  Verwundeten 
nichts  geschehen,  was  nicht  wirklich  noth wendig  ist:  dringende  Ge- 
fahren, als  Blutungen^  Erstickungsnotb,  schwere  Knochen-  und  Körper- 
höhlen Verletzungen,  verlangen  schnelles,  zielbewusstes  Handeln;  die 
meisten  Verwundeten  bedärfen  ausser  Lagerung  and  Bedeckung  der 
Wunden  mit  anti-  oder  aseptischem  Verbandmaterial  nichts  bis  zu  der 
möglichst  schüellen  Ueberführung  in  das  Feldlazareth.  Amputationen, 
Hesecttonen,  Trepanationen  werden  zu  den  alleräuss ersten  Vorkomm- 
nissen auf  den  Verbandplätzen  gehören.  Durchsuchen  der  Wunden 
nach  Bruchstücken  von  Geschossen,  welche  entstehen  können,  wenn 
das  Geschoss  vor  dem  Eindringen  in  den  Körper  auf  einen  Stein 
aufschlug,  darf  selbstverständlich  auf  dem  Verbandplatz  nicht  statt- 
finden. Liegt  Anlass  vor,  eines  der  neuen  Geschosse^  welche  selten 
in  der  Wunde  stecken  bleiben  und  selten  Kieiderfetzen  in  die  Wunde 
treiben,  aus  einer  Wunde  zu  entfemeu,  so  werden  schmale,  schlanke 
Kornzangen  zu  benutzen  sein^  wenn  man  nicht  vorzieht,  den  Schuss- 
kanal  aufzuschlitzen.  Die  gewöhnlichen  und  amerikanischen  Kugel - 
Zangen  werden  nur  beim  Ausziehen  von  Bleistticken,  nicht  dem  von 
ganzen  Geschossen  zu  verwenden  sein. 

In  einem  auf  dem  letzten  Chirurgencongress  gehaltenen  Vortrag 
über  die  kriegschirurgische  Bedeutung  der  neuen  Feuer- 
waffen hebt  Bruns  hervor,  die  Kenntniss  der  Wirkung  der  Ge- 
sohosse  auf  den  menschlichen  Körper  muss  ein  Theil  der  ärztUchen 
Kriegsbereitschaft  sein.  Als  £igenthümlichkeiten  der  neuen  Ge- 
schosse (gleichviel,  ob  aus  dem  Lebel-,  Manlicher-  oder  Mauserge  wehr) 


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Miiitarmedicin. 


ÖUI 


fld  zu  bezeichnen :  enorm  gesteigerte  Durcbschlagskraitj  verminderte 
Erschütterung  des  Ziels,  veränderte  Beschaffenheit  des  Schusskanals 
und  eine  durch  die  grössere  Geschwindigkeit  gesteigerte,  durch  das 
kleinere  Kaliber  aber  und  geringe  De formir barkeit  herabgesetzte 
Sprengkraft  in  flüssigen  Zielen.  Bruns  unterscheidet  mit  Delorme 
und  Habart  drei  Zonen  der  Geschosswirkung:  Die  erste  bis  auF 
400  m  ist  die  Zone  der  explosiven  Wirkung,  welche  furchtbar  schwere 
Wunden  aufweist  (aber  doch  geringere  als  die  früheren  Bleigeacbosse), 
Inder  zweiten  Zone  (auf  400 — 800  m)  iehlen  die  Erscheinungen  der 
Explosiv  Wirkung^  welche  nur  noch  bei  Schädelechüssen  hervortreten; 
die  Yerletsungen  sind  weniger  ausgedehnt  und  mit  geringerer  Zer- 
trümmerang  verbunden.  In  der  dritten  Zone  (8(X) — 12(X)  m)  kommt 
der  günstigere  Charakter  der  8chuss Verletzungen  am  meiatea  zur 
Geltung:  es  entstehen  reine  Defecte  mit  engen ^  glatten  Schusskanälen. 
Indireote  Schüsse  werden  infolge  Deformirung  des  Geschosses  oft 
farchterliche  Verletzungen  hervorrufen*  Die  Zone  der  tödtlichen 
Schüsse  reicht  annähernd  so  weit  wie  die  Tragweite  der  Waffe: 
B — 4000  m.  Verf  glaubt,  dass  künftige  Schlachten  blutiger  werden. 
Bezüglich  des  Heilungsverlaufs  stellt  Bruns  für  einfache  Fleisch- 
schüsse, Lungenschüsse,  Gelenkschüsse,  Durchbohrungen  der  platten 
und  kürzen  Knochen^  ja  selbst  der  Splitterbrüche  der  Röhrenknochen 
aehr  günstige  Resultate  in  Aussicht.  Die  ärztliche  Thätigkeit  in 
der  ersten  Linie  werde  sich  etwas  verändern:  infolge  der  nöthigen 
weiteren  Verlegung  hinter  die  Feuerlinie  würde  der  erste  Wund- 
verband oft  verzögert  werden,  was  indess,  da  die  Wunden  bei  der 
Eigenart  der  gesetzten  Verletzungen  länger  aseptisch  blieben,  nicht 
allzu  schwer  in  das  Gewicht  falle.  Die  eigentliche  ärztliche  Thätig- 
keit beginnt  auf  dem  Verband  platze.  Bei  der  Seltenheit  blinder 
Schusskanälö  und  des  Steckenbleibens  von  Geschossen  entfalle  das 
Ausziehen  von  Kugeln,  und  auch  andere  Operationen  seien  auf  Fälle 
dringender  Lebensgefahr  eingeschränkt.  Die  meisten  Verwundeten 
bedürfen  nur  der  ärztlichen  Desinfection  und  der  Bedeckung  der 
Wunden  mit  anti septischem  oder  aseptischem  Verbandmaterial. 
Langenbuch*8  Vorschlag,  bei  Leichtverwundeten  an  Stelle  des 
aufsaugenden  Verbandes  den  hermetischen  Wund  verschluss  durch 
Heftpflaster  oder  Wondnaht  zu  setzen,  verwirft  Bruns,  (CentralbL 
f.  Chir.,  Beil.  zu  Nr.  32.) 

üeber  dasselbe  Thema  hatte   das  Correferat  Eeger.    Derselbe 

bespricht   eingehend   die  seit   1870/71   angestellten   Schiessversuche, 

unter  welchen  bekanntlich  seine  eigenen  einen  ganz  hervorragenden 

Platz  einnehmen,   und  die  durch  dieselben   erreichten  richtigen  An- 

lahrbucJ)  d.  pracL  Medicin.    ih^.  ^V 


W2 


SchiU. 


schaonngeii  über  Gesdiosswirkung,  Den  Habar tischen  Schiess* 
vereuclien  misst  er  volle  Beweiskraft  bei,  während  er  die  von  Bruns* 
Kikuzi,  Obauveau,  Delorme,  Chauvel  und  Nimier  als  nicht 
einwandfrei  bezeichnet.  Sodann  macht  Heger  auf  den  weit* 
verbreiteten  Irrtham  aufmerkfiam,  dasa  voo  allen  Schüssen,  welche 
in  die  Zone  des  hydrauliaohen  Drucks  fielen  —  gleichviel  ob  sie 
tangential  oder  voll  den  Knocken  treffen  —  heftige  explosion saitige 
Zerstörnng  zu  erwarten  sei,  welche  nur  bei  voller  Eröffnung  der  Mark- 
höhle und  entsprechender  Entfernung  auftrete»  Durch  das  neue  Pulver 
werde  die  Durchschlagskraft  der  Geschosse  erhobt,  und  die  Zone  des 
hydrauljBchen  Drucks  ungünatig  beeinfluast.  Die  beste  Prognose  er- 
geben die  Schüsse  der  platten  spongiösen  Knochen,  der  Gelenke  and 
durch  die  Lunge.  Bei  den  U uteri eibsschüssen  hänge  der  Effect 
wesentlich  ab  von  der  Füllung  der  Eingeweide  und  der  Entfernung, 
da  leere,  luftgefüUte  Därme  nnr  mit  kleinster  Verletzung  durch- 
Hchossen  werden,  welobe  event.  Kothauatritt  nicht  gestatte,  Gelass- 
verletzungen  und  sofort  tödtliche  Schüsae  würden  procentual  seltener 
werden,  das  Steckenbleiben  von  Geschossen  nur  auf  den  Endbahnen 
des  GeechoBses  auftreten.  Das  Resultat  werde  also  gegenüber  den 
Wirkungen  des  alten  Bleigeaehosses  ein  befriedigendes  sein.  —  Die 
Wunden  würden  im  Allgemeinen  wegen  der  engen  Schusskanäle, 
der  kleinen  Ein*  und  Ausgangswunden  einer  Verslopfung  durch 
Blutgerinnsel  forderlich,  einem  Eintritt  von  Mikroorganismen  hinder- 
lich sein  und  deshalb  bessere  Prognose,  einfachere,  in  kürzerer  Zeit 
anzulegende  Verbände  zulassen.  Gliedabsetzungen  würden  selten 
sein.  Dem  Hauptverbandplatz  sollen  nur  die  unaufschiebbaren  Ope- 
rationen, Amputationen,  Unterbindungen,  Tracheotomien,  Versorgung 
vorgefallener  Eingeweide,  Einlegen  von  Kathetern,  die  übrigen  Opa- 
rationen dagegen  dem  Feldlazareth  zufallen.     (Ibid,) 

MesBoer  prüfte  die  Frage,  ob  die  Geschosse  beim  Verlassen 
des  Laufes  infolge  der  Erhitzung  steril  seien  ^  indem  er  mit  Rein- 
culturen  von  Staphylococcus  pyogenea,  von  grftnem  Eiter  oder  Pro- 
digiosus  inficirte  Geschosse  auf  125  und  250  m  mit  voller  Pulver- 
ladnng  auf  Büchsen,  welche  mit  Koches  Nährgelatine  gefüllt  waren, 
abschoss.  Alle  mit  Inficirtei^  Kugeln  beschossenen  Büchsen  zeigten 
im  Schusakanal  der  Nährgelatine  Bacterienentwickelung ,  ebenso 
Büchsen,  welche  über  dem  Pergamentdeckel  einen  FlaneUüberzug 
trugen,  welcher  inficirt  war,     (Ibid.) 

Lauenstein  weist  darauf  hin,  dase  durch  möglichste  Beiniich- 
keit  an  Körper  und  Kieidung  der  Soldaten  bessere  Aussichten  für 
die  Heilungen  von  Wunden  geschaffen  werden  konnten*     (Ibid.) 


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MilitarmediaiD, 


8oa 


Seinen  Vorschlag,  die  Wunden  der  Leicktverwundeten  auf  dem 
Scblachtfelde  direct  durch  Nalit  oder  PMaster  fest  zu  schliessen^  be- 
gründet Langenbuch  in  einer  besonderen  Arbeit.  Er  glaubt^  dass 
von  allen  Verwundeten  ^/g  zu  den  Leichtverwundeten  zu  reebnen 
sind^  und  dass  bei  diesen  wegen  fehlender  Blutung  und  SecretabE^on- 
[derung  ans  der  frischen  Wunde  Gaaecompreaaen  und  Binden  nicht 
fest  haften,  sondern  sich  leicht  verschieben.  Es  soll  nun  jeder  Soldat 
in  einer  lackirten  Blechdose  in  steriler  Watte  eine  eingefädelte  ver- 
nickelte Nadel  und  zwei  Kautschuk pflaster  tragen  ^  mit  deren  Hßlfe 
Aerzte  wie  hülfa ärztliches  Personal^  welches  mit  Nadelbalter  und 
Scheere  ausgeriiatet  werden  solle,  sofort  Naht,  bezw.  Verschlnaa 
durch  PÜaster  anlegen  könnten.  Versuche  am  Lazaruskrankenbaus, 
die  weder  mit  Antiaepticis  gewaschene  noch  rasirte  Wunde  sogleich 
durch  Naht  zu  schliessen,  tubrten  zu  guten  Resultaten.  Anti-  und 
Asepsis  lassen  sich  nach  Langenbuch  bei  der  grossen  Menge  der 
Verletzten  nicht  durchführen,  und  eine  ßertibning  der  Wunde  beim 
Nähen  lasse  sich  durch  Ausrüstung  des  Hülfspersonals  mit  Nadel- 
haltern vermeiden. 

In  Spandau-Kubeleben  fand  am  2,  April  1892  nach  einem  ein- 
leitenden Vortrag  des  Hauptmanns  y.  Heyking,  in  welchem  er  auf 
die  Untersuchungen  von  Bruns,  Habart,  Delorme,  Ghavasse 
u.  A.  einging,  welche  er,  weil  mit  abgebrochener  Ladung  auf  ver- 
kürzte Entfernung  geschossen  wurde,  für  nicht  einwandfrei  hält,  ein 
Belehrungsschiessen  für  Sanitätsofficiere  statt,  bei  welchem  auf  Holz- 
balken, Brustwehren  ana  Sand,  Erde,  Dünger,  gesiebtem  Sand,  Eisen- 
platten, Aesten,  Blechbüchaen,  Schweinsblasen,  Thonwürfel,  Knochen 
und  thieriscbe  Körpertheile  geschosseo  wurde, 

Ueber  kriegssanitäre  Vorgänge  im  letzten  chileiiischen 
Bürgerkriege  hat  auf  Grund  eigener  Beobachtungen  Marine- 
oberstabgarzt  Prinz  berichtet.  Im  Allgemeinen  wurden  von  dem 
8  nun  klein kalibrigen  Mehrlader  sehr  gerühmt  die  grosse  Durch- 
schlagskraft, die  grosse  Präcision  und  Rasanz,  sowie  die  auf  500 
bis  650  m  sichere  TrefFfähigkeit,  die  leichte  Handhabung  der  Waffe, 
die  Solidität  und  Güte  der  Ck^nstruction,  Die  Schusawunden  waren 
im  Allgemeinen  klein,  glatt,  rein,  ohne  schwere  Quetschung  der 
Ränder,  ohne  grosse  Zerreissung,  selbst  nicht  an  der  Auaschuss- 
Öffiiung,  Fremdkörper  sollen  nur  sehr  selten  durch  das  öeschoss 
mitgerissen  gewesen  sein.  Deformirungen  der  Geschosse  kamen 
selten  vor  und  dann  vielleicht  nur  durch  A  uff  seh  lagen  auf  Steine. 
Die  moralische  Wirkung  der  Ueberlegenbeit  der  neuen  Geschosse 
war  eine  auffallende.    (Deutsche  mil,-ärztl  Zeitachr.  8,  425/^ 


804 


Schill 


Dass  die  von  vielen  Autoren  auf  Grund  von  Beobachtungen 
bei  zufälligen  Verletzungen  und  von  Lei cbenschiess versnoben  be- 
hauptete humanere  Wirkung  der  kleinkalibrigen  Gescbosae  sich 
auch  im  Kriegsfall  zeige^  konnte  Stitt  im  chileniscben  Bürgerkrieg 
um  so  sicherer  beobachten^  als  ibm  gleichzeitig  zahlreiche  Verwun- 
dungen durch  gross kalibrige  Gewehre  vorkamen.  Der  Stahlmantel 
des  MannlicbergeBcbosaes  hatte  sich  nur  in  einem  einzigen  Falle 
vom  Hartbleikern  abgestreift.  Infolge  der  glatten  Oberfläche  ist 
das  neue  Gescboss  sehr  leicht  verschieblich,  so  dass  es  bei  Ex- 
tractions versuchen  oft  nicht  gefunden  wurde,  trotzdem  es  kurz  vor- 
her genau  seiner  Lage  nach  bestimmt  worden  war.  In  dem  Hospital 
St.  Augustini  welches  über  20«X)  Verletzte  aufgenommen  hatte,  blieben, 
nachdem  alle  durch  klein  kalibrige  Geschosse  Verwundeten  längst 
entlassen  oder  evacuirt  waren,  300  ausschliesslich  durch  grosskalibrige 
Geschosse  Verwundete  zurück.     (New  York  med.  Record,   6,  Febr.) 


I 


Ueber  die  Behandlung  durchbohrender  Bauchwunden 
hat  Luhe  eine  sehr  eingehende,  die  reich©  Caauistik  vortrefflich 
verwerthende  Arbeit  ve r offen tl ich t.  Als  Endergebniss  seiner  Be- 
trachtungen stellen  sich  folgende  Sätze  dar  t  1)  Bei  allen  durchbohren- 
den Bauchwunden  ist  der  Bauabschnitt  angezeigt,  und  zwar  sowohl 
in  der  Krankenhaus-  als  in  der  Hauspraxis,  sowohl  im  Krieg  als 
im  Frieden.  2)  Derselbe  ist  so  bald  als  möglich  auszuführen,  in 
den  Verhältnissen  des  Krieges  womöglich  schon  auf  dem  Verband- 
platz^ verspricht  aber  auch  noch  im  Feldlazareth  gute  Erfolge. 
3)  Dem  Bauchschnitt  hat  Durcbmuaterung  der  Bauchhöhle  und 
cbirurgiBche  Behandlung  der  vorgefundenen  E  in  ge  weide  wunden  zu 
folgen.  4)  Die  vorläufige  Anlegung  eines  widernatürlichen  Afters 
durch  Befestigung  der  verwundeten  Darmschhnge  an  der  Bauch- 
deckenwunde ist  unter  Umständen,  besonders  auch  durch  den  Mangel 
an  Zeit,  gerechtfertigt»     (Deutsche  mil.-ärztL  Zeitschr,  S.  145.) 

Auf  Orund  von  Versuchen  an  Hunden  verwirft  Chaput  bei 
Darmwunden  die  exspectative  Behandlung,  welche  50—00% 
Mortalitöt  babe,  während  er  bei  Hunden,  welchen  Darmwunclen  bei- 
gebracht waren,  ICW^  Heilungen  hatte.  Die  von  Senn  vorge- 
schlagene Feststellung  des  Bestehens  penetrirender  Darmwundeu 
durch  Wasserstoffgas^  weiches,  in  den  Mastdarm  eingeleitet,  beim 
Entweichen  aus  der  Bauchwunde  angezündet  wird,  gelingt  wegen 
des  Widerstandes  der  lleocöcalklappe  nur  bei  sehr  hohem  Druck, 
welcher  die  Gefahr  in  sich  birgt,  dase  aus  unvollkommenen  voU- 
irommene   Perforationen    entstehen    und    beginnende   Verklebungen 


J 


Krilitarmedldn* 


805 


I 


zerrissen  werden*  Chaput  will  Senn's  Verfahren  durch  vorsichtiges 
Sondiren  der  Bauch wnnde  und  Probelaparotomie  ersetzen.  Beim 
Absuchen  des  Darmes  nach  einer  Perforationsstelle  soll  man  Irgend 
eine  DünndarmschHnge  hervorziehen,  durch  deren  Mesenterium  eine 
fioblsonde  führen  und  nun  bis  zum  Duodenum  bezw.  Cöcum  hin 
den  Darm  absuchen,  wobei  man  jede  gefundeue  Perforation  durch 
Klemmpincetten  fasst  tind  dann  näht.  Zur  Reinigung  des  Bauch- 
fells empfehlen  sich  besser  trockene  antiseptische  Schwämme  als 
antt-  oder  aseptische  Flüssigkeiten.  Bei  stärkeren  Blutungen  soll 
die  Aorta  von  der  Bauchwunde  aus  digital  comprimirf  werden,  bis 
die  blutende  Stelle  unterbunden  ist.  Darmwunden,  welche  mehr  als 
ein  Viertel  des  ümfangs  des  Darmrokrs  betragen,  sollen  mittels 
einer  anderen  gesunden  Darmschlinge  geschlossen  werden,  welche 
etwa  20  cm  ober-  oder  unterhalb  der  Perforation  liegt  und  durch 
doppelte  Etagennaht  mit  den  Wundrändern  vereinigt  wird.  Dasselbe 
Verfahren  iäast  bei  doppelter  Perforation,  doppelt  angewendet,  die 
Resection  des  verletzten  Darmstücks  umgehen.  Zwei  dicht  zu- 
sammenliegende  Perforationen  werden  in  eine  grössere  Wunde  ver- 
wandelt^ und  diese  durch  die  beschriebene  Einpflanzung  einer  ge- 
sunden Darmschlinge  geschlossen.  Diese  Einpflanxungsmethode  hat 
Chaput  18mal  bei  Hunden,  stets  mit  Heilung,  ausgeführt.  (Gaz» 
des  höp,  Nr,  138.) 

Auf  Grund  von  zwei  Schussverletzungen  des  Unterleibs  aus 
Kraske's  Klinik  spricht  Zimmer  sehr  entschieden  für  sofortiges 
operatives  Vorgehen  bei  Verletzungen  der  Baucheinge- 
weide. In  den  beschriebenen  Fällen  wurden  Magen-  und  Cöcum - 
Perforationen  durch  die  Naht  mit  Erfolg  geschlossen*  Der  eine  Fall 
ging  durch  Verblutung  aus  einer  Milzwuode  zu  Grunde*  (Bruns' 
Beitr.  z.  kiin.  Chir.  Bd,  8,) 


Jn  einer  nach  einer  Comminutivschussfractur  des  rechten 
Oberschenkels  zurückgebliebenen  Fistel  sahSeydel  sich  nach 
20  Jahren  ein  Sarkom  entwickeln^  welches  die  Absetzung  des 
Beines  nöthig  machte.     (BeibL  zu  Nr,  28  des  Centratbl.  f.  Chir.) 


Einen  neuen  elektro-mikrophonischen  Kugelsucher  hat 
Klein  angegeben.  Derselbe  besteht  aus  einem  Telephon,  einem  sehr 
handlichen  Quecksilberoxj^dulelement,  zwei  Holzheften,  vier  Nadeln^ 
zwei  Knopfsonden,  einer  Kugekange  und  drei  Leitangsachnüren.  In  dem 
einen  Holzheft  beiludet  sich  eine  Knopfsonde,  in  dem  anderen  eine 
Nadel,  beide  sind  mit  dem  Element  verbunden.  Die  Sonde  wird  in  den 


806 


ßchill. 


Wondkanal  emgeftihrt,  und  die  Nadel  in  dassen  Nähe  eiagastochen. 
Beim  Berühren  von  Metall  dorch  den  Sondenkopf  entsteht  eio  deut- 
liches Gerfiusclu  Bei  fehlendem  Wuodkanal  sticht  man  zwei  Nadeln 
nahe  bei  eiDander  in  das  Gewebe  auf  die  Kugel  ein.  (ÄerztL  Poly- 
tecbnicum,  März,) 

Kaufmann  stellte  Unters uchungeo  an  mit  der  von  Bell  er- 
fundenen tölephonischen  Sonde  und  der  von  Hughes  ange- 
gebenen Inductionawage  zum  Nachweis  metallischer  Fremd- 
körper. Er  hält  die  telephonische  Sonde  für  die  sicberste  und  ein- 
fachste (überall  leicht  zu  improvisirende,  wo  sich  ein  Telephon  findet) 
Kugelsonde*  Bei  Berührung  des  Fremdkörpers  mit  der  Sonde  hört 
man  einen  hellen  Ton  oder  ein  kratzendes  Geräusch  im  Telephon. 
Auch  die  Inductionewage  findet  hohe  Anerkennung;  für  manche 
Fälle  empfiehlt  sich  die  Anwendung  beider  Unterauchuiagsmetboden. 
(Wiesbaden,  Bergmann.) 


I 
I 
I 


Als  Ergänzungsband  zu  seinem  ^Handbuch  der  kriegs- 
chirurgischen  Technik*^  hat  Professor  v.  Esmarch  in  Verbindang 
mit  Kowalzig  eine  ^^Chirurgische  Technik^  b erausgegeben ^ 
welche  eine  vollständige  Operationslebre  darstallt  Der  Grundsatz, 
durch  bildliche  Darstellung  der  Operationen  lange  Beschreibungen 
zu  sparen,  ist  mit  Glück  und  Consequenz  durchgeführt.  Das  Buch 
wird  neben  der  kriegscbirurgisckan  Technik  und  Porfslmprovisations- 
technik  in  der  Ausrüstung  des  Feldarztes  willig  einen  Platz  finden. 

Die  VerwundungeUi  welche  fünf  Landwehr] eute  durch 
Platzen  einer  Granate  beim  Einsetzen  in  das  Rohr  am  18.  Juni  1890 
in  Swinemünde  erlitten,  bat  Brettner  eingehend  geschildert.  Sie  be- 
trafen Kopf^  Qesicht,  Augen,  Brust  und  obere  Gliedmassen  und 
waren  bedingt  durch  Sprengstücke,  Pulverkörner,  fortgeecbleudertes 
Holz,  Verbrennung  und  Fall     (Deutsche  mib-ärztl.  Zeitscbr.  S.  473.) 


Eine  Stichverletzung  der  Vena  jugularis  externa  und 
interna  durch  ein  Messer,  deren  Ausgang  nach  ausgeführter  Üntar- 
bindung  unter  dem  Schutze  der  Antisepsis  ein  günstiger  war^  schil- 
dert Körting^  weicher  darauf  hinweist ^  dass  der  Arzt  sich  einer 
schweren  Verletzung  schuldig  machen  würde,  welcher  eich  bei  Ver- 
letzung der  grossen  Halavenen  auf  die  Wirkung  eines  Tarapona  ver- 
lasaen  wollte ,  auch  wenn  unter  dessen  Emfiuss  die  Blutung  beim 
Eintritt  in  die  Behandlung  zum  Stehen  gelangt  ist.  (Deutsche  mil.- 
ärztl  ZeitBchr.  S.  97,) 


Miliiarmedidn. 


807 


Nieb  ergall  berichtet  von  einer  wiederholten  Laparotomie, 
welche  an  einem  Jäger  ausg;eführt  wurde,  der  sich  selbst  mit  dem 
Hirschfänger  in  den  Unterleib  g68tochen  hatte.  Der  den  ersten 
Verband  anlegende  Lazarethgehülfe  hüllte  die  vorgefallenen  Darm- 
schlingen in  trockene  Snblimatgaze,  worauf  der  Transport  in  d&a 
Gamisonlazareth  stattfand.  Dort  wurden  von  Prof.  Braun  die  etwa 
2  m  vorgefallenen,  unverletzten  Därme  desinhcirt,  durch  einen 
züT  Wände  senkrecht  angelegten  7  cm  langen  Schnitt  in  der  Linea 
alba  in  die  Bauchhoble  znrückgehracht ,  und  Catgutetagennaht  an- 
gelegt. Nach  der  binnen  15  Tagen  erfolgten  Heilung  that  der  Ver- 
letzte 9  Monate  Dienet;  dann  traten  innere  Einklemmungserscbei- 
nungen  auf,  welche  eine  abermalige  Laparotomie  ndthig  machten, 
durch  welche  die  Ursache  der  Erscheinungen,  ein  von  der  Gekrös- 
wurzel  entspringendes,  eine  Dtinndarnu^chlinge  abquetschendes  Band, 
welches  sogleich  unterbunden  und  durchschnitten  wurde,  entdeckt 
wurde.  Nach  der  in  4  Wochen  erfolgten  Heilung  wurde  der  Mann 
mit  einer  Felotte  auf  der  Narbe  aus  dem  activen  Dienst  entlassen. 
(Deutsche  milit-ärztl.  Zeitschrift,  H.  8.) 


Die  Entfernung  des  Hauptverbandplatzes  von  dar 
feindlichen  Feuerlinie  setzt  Ha ase  auf250Om  in  der  Hegel  an; 
je  nach  der  Gefechtelage  würde  er  sich  1300— 210<)  m  hinter  der 
eigenen  Feuerlinie  befinden,  doch  ist  diese  Entfernung  zu  verringern, 
sobald  sich  genügende  Deckung  für  den  Verbandplatz  findet.  Der 
Wagenbalteplatz  wurde  etwa  1600  m  von  der  feindlichen  Fenerlinie 
entfernt  sein  müssen.  Den  zwischen  ihm  und  der  Fetierlinie  sich 
bewegenden  Rranken trägem  läset  sich  ein  Schutz  nicht  gewähren. 
Den  Verlust  derselben,  welcher  1870  nur  6,6 ö^^  betrug,  berechnet 
Haase  auch  für  die  Zukunft  als  nicht  sehr  belangreich.  Die  vor- 
handene Zahl  der  Krankenträger  hält  Haase,  da  er  ein  Mehr 
von  höchstens  M%  Verwundeter  in  Zukunftsschlachten  annimmt,  in 
Anbetracht  der  seit  J870  erfolgten  Vermehrung,  nach  welcher  jet^t 
jedes  Armeecorps  11  BS  Krankenträger  ond  Hilfskrankenträger  hat, 
für  ausreichend,  {Chirurg,  CentralbL  Nr,  32,  Beibl.)  Für  die  Nacht- 
arbeit der  Sanitätedetachements  empfiehlt  er  kleine  tragbare  elektri- 
sche Lampen  und  im  bedeckten  Gelände  Verwendung  von  Spür- 
hunden. Die  deutsche  Sanitätsorganjsation  verfügt  in  der  ersten 
Linie  über  45CXJ3  Mann  gut  ausgebildeten  niederen  Sanitätspersonals 
(Lazarethgebülfen ,  Krankenwärter,  Krankenträger  und  Trainmann- 
scbaften  der  Sanitätsfahrzenge). 


808 


Schill. 


Ecot  hat  eine  gründliche  Studie  über  die  Herrichtung  von 
Gebrauchswageo  zum  Verwundetentraneport  veröffentlicht. 
Als  Vorarbeiten  bezeichneter:  1)  Sorgfältig©  Listeofuhrung  über  die 
Evacuation  der  tran&portabeln  Verwundeten,  2)  Auswahl  genügender 
vier-  und  zweirädriger  Wagen»  3)  Weitere  Eintheilung  der  Wagen  nach 
den  Specialzwecken,  zu  welchen  dieselben  dienen  sollen,  und  zwar:  a.  Zu- 
rückstellen der  geforderten  Wagen  für  Schwerverletate;  b.  Zusam- 
menstellen der  Wagen I  welche  einer  elastischen  Suspension  bedürfen  ; 
0,  Bezeichnung  der  Wagen  für  die  sitzenden  Verwundeten;  d.  für 
liegende  Verwundete;  e.  für  sitzende  und  liegende  zusammen,  4)  Be- 
achtung folgender  Vorsichtsmassregeln:  Berechnuüg  des  Inuenraums 
der  Wagen  und  der  Zahl  der  verfügbaren  Plätze,  Verstärkung  der 
Wagen  wände  durch  feate  Qaerstäbe,  Bedeckung  der  Wagen  zum 
Schutz  gegen  Sonne,  Regen  und  Wind,  Rücksichtnahme  auf  die  Zu- 
gängliclikeit  beim  Beladen^  Ausstattung  sämmtlicher  Wagen  mit  je 
zwei  Reißigwellen,  Hacke  und  Schaufel  für  schwierige  Wegstellen.  Er 
bespricht  dann  die  Einrichtung  der  Wagen  für  Sitzende  oder  Leicht- 
verwundete (durch  Stroh,  Längsbänke,  Querbänke^  zusammengebun- 
dene Stühle,  Rücksitze),  sowie  für  Schwerverwundete,  die  Herrich- 
tung der  französischen  Park  wagen  (in  diesen  will  Ecot  die  Ver- 
wundeten in  einer  und  nur  im  Nothfali  in  zwei  Etagen  unter 
AnweDdung  einer  modificirten  S  mit  haschen  oder  der  Port'schen 
Methode  transportiren),  sowie  der  Packwagen  Modell  1887.  Beson- 
ders eingehend  ist  die  Verwendbarkeit  von  Matratzenstahlfedern  für 
elastische  Aufhängung  und  Aufstellung  von  Tragen  studirt.  (Arch, 
de  m6d,  mil  Bd.  20,  S,  204.) 

Jacoby  macht  zur  Reform  unseres  Verwnndetentranaport* 
Wesens  im  Felde  den  Vorschlag,  jede  Trage  nur  von  drei  Mann  be- 
dienen zu  lassen ;  er  hat  eine  Krankentrage  construirt  und  beschrieben, 
welche  7*'.^  Pfund  weniger  wiegt  als  die  vorschriftsmässlge  Feidtrage;. 
er  glaubt,  die  Trageteistung  der  Krankenträger  dadurch  um  l^j^  km 
täglich  zu  erhöhen.     (Deutsche  mil.-urztl.  Zeitschr.  S.  499.) 

Im  Auftrage  des  Königlich  Bayerischen  Kriegsministeriums  hat  der 
Verf.  des  bekannten  Taachen buche  der  feld ärztlichen  Improvisations* 
tecfanik,  Port,  eine  Anleitung  zu  ärztlichen  Improvisations- 
arbeiten  verfasst  Das  mit  zahlreichen  instructiven  Abbildungen  ver- 
sehene Werkchen  behandelt  die  Herrichtung  von  Schubkarren,  zwei- 
rädrigen Hand-  und  Baukarren,  vierrädrigen  Handwagen,  Leiter-  und 
Brücken-,  sowie  Eisenbahnwagen  iür  den  Verwundetentransport,  die 
Einrichtung  von  Fluss-  und  Kanalschiflen  für  den  gleichen  Zweck,  diÄ 


Militännedicin. 


809 


{erstellung  von  gewöhülichen  und  Stuhlbahren,  die  ImprovisatfoE  voq 
Verbänden^  Bettgalgen,  Zug  Vorrichtungen,  BeckenheberD  und -Stützeu, 
Dammstützen,  ReifeDbahreii,  Krücken  und  LaterneUj  gibt  auch  Wink© 
über  Kostzubereitung  und  ErrichtuDg  von  Oefen  aus  Backsteinen. 
Auch  für  die  Landpraxis  dürfte  maecher  Hinweis  recht  gut  ver- 
werthet  werden  können.  Von  der  Herricbtung  einrädriger  Fahrzeuge 
zum  Verwundet ent ran sport,  welche  sehr  zeitraubend  und  doch  un- 
sicher ist,  wird  aber  wohl  kaum  jemand  Gebrauch  machen,  (Port^ 
Anleitmig  zu  Improvisationearbeiten,  Stuttgart,  Enke,  48  8,) 

Von  dem  Gentralcomite  der  deutschen  Vereine  vom  rothen  Kreuz 
wurde,  wie  wii^  dem  von  Menger  erstatteten  Bericht  entnehmen, 
ein  transportables  Barackenlazareth  zu  Tempelhof  vom  L  Juli 
bis  31,  December  1891  zur  ErprobuDg  der  dauernden  Gebrauchs- 
fähigkeit  der  Dock  ©raschen   Baracke  aus  Pappe   und   der  Doppel- 

Ißegeltuchbaracke  des  Königlich  preuesiöchen  Kriegsministeriuma  einge- 
richtet Es  bestand  ans  sechs  Baracken,  von  denen  drei  je  16  Kranke 
aufnahmen,  während  die  vierte  Operationszimmer,  Apotheke,  Bade- 

l^inrichtung,  Pflegerinnenraum,  die  fünfte  Geßchäftszimmer  für  Aerzte, 
ate,  WäBchekammer  und  Pflegerwohnungj  und  die  sechste  Küche^ 

iWaschraum  und  Speisekammer  enthielt  Die  Pappebaracken  be- 
anspruchen zu  ihrer  Herstellung  sehr  lange  Zeit  und  können  deshalb 

^im  Kriegsfall  nicht  raech  geiiefert  werden ,  sie  besitzen  aber  grosse 
Dauerhaftigkeit,  lassen  sich  gut  desmüoiren  und  abwaschen,  sowie 
gut  heizen.  Die  Doppelsegeltuchbaracke  ist  rasch  herstellbar,  luftiger 
als  die  Pappbaracke  und  bei  Beschädigungen  leicht  wieder  herzu- 
stellen. —  Auf  Grund  der  günstigen  Ergebnisse  des  Versuchs  fasste 
das  Centrakomit(&  den  Beachluss,  für  den  Ernstfall  schon  im  Frieden 
50  Kranken-  und  30  Wirthschaftsbaracken  unter  Aufwendung  von 
400000  Mk.  zu  beschaffen,  so  dass  sofort  für  1000  Verwundete  Unter- 
kommen geschaffen  ist.  (Meng er,  Das  transportable  Baracken- 
lazareth  zu  Tempelhof.) 

Ein  heizbares  Winterzelt  für  Verwundete  stellte  Düms 

lauf  der  Ausstellung  für  das  rothe  Kreuz  in  Leipzig  aus.     Dasselbe 

rbeeteht  aus  zwei  über  einander  gezogenen  Krankenzelteu  der  Kriegs- 
sanitätsordnung.  Zwischen  den  beiden  Zelten  bleibt  30  cm  Luftraum* 
In  Frankreich  wurde  ein  fliegendes  Fei  dl  azar  et  h  hergestellt, 
welches  20  Lagerstellen  umfasat  und  auf  drei  zweispännigen  Wagen 
(jeder  wiegt  beladen  rund  1000  kg)  transportabel  ist.  Es  ist  19  m 
lang,  6  m  breit  und  wird  aus  im  breiten  Rahmen,  welche  eine 
doppelte  Lage  Oellulose  tragen,  gebildet.     Es  erhebt  sich  auf  einer 


810 


SchilL 


auf  den  drei  Wagen  ruhenden  Plattform.  Das  Dach  besteht  gleich* 
falle  aus  Rahmenatlicken  mit  CellulosefülluDg,  von  welchen  je  zwei 
auf  dem  First  durch  Charnlere  verbunden  sind.  Zur  Aufstellung 
brauch  au  einige  Mano  etwa  eine  Viertelatußde.  ( Militär  wochenbL 
8.  139.) 

In  die  Lazarethgehülfentasohe  will  Düms,  um  eine  gründ- 
liche Reinigung  der  Hände  des  SaDitätsunterpersonals  bei  Hülfe- 
leistungeu  im  Manöver  zu  ermöglichen,  ein  Stück  Seife  tind  eine 
antiseptische  Bürgte  aofgenommen  wissen.  (Deutsche  milit-arztL 
Zeitschrift  S.  440,) 

Bungartz  schildert  in  einem  Büchlein  f^DerHund  im  Dienste 
des  rothen  Kreuzes"  (Leipzig,  Twietmeyer)|  wie  er  sich  die  Heran- 
ziehung geeigneter  Hunde  (am  besten  schottischer  Schäferhunde] 
1)  zum  Aufsuchen  Verwundeter,  2)  zum  Botendienst,  S)  zum  Fort- 
schaffen von  Verwundeten  denkt  Den  hauptsächliehöten  Inhalt  des 
Baches  bildet  die  Belehrung  darüber^  wie  der  Sanitätshund  zum 
Gehorsam  zu  erziehen  ist  und  Versteckte  bezw,  Verwundete  auffinden 
lernt.  In  den  Vorschlägen  des  Verf.'d  über  die  Verwendung  des 
Sanitätehundes  im  Kriege  sehen  wir  sehr  viel  unserer  UeberzeuguDg 
nach  im  Ernstfall  Undurchführbares.  Die  Kapitel  über  Dressur, 
Pflege  oad  FCktterung  sind  offenbar  mit  grosser  Sachkunde  ge- 
scbrieben. 

Longuet  und  Schneider  schildern  eingehend  den  englischen 
Sanitätsdienst  Das  Militärlazareth  zu  Netley  dient  einmal  zur 
Aufnahme  der  aus  den  Colonien  evacuirten  Kranken ,  sodann  aber 
zur  Aosbildting  der  Militärärzte.  Letzterem  Zwecke  dienen  ausser 
VorlesongeQ  ein  chirurgisches  Museum^  ein  hygienisches  und  bac- 
teriologischeß  Laboratorium.  Eben  dort  besteht  auch  ein  besonderes 
Militär-Irrenhaus.  Ein  den  im  Krimkriege  erlegenen  Aerzten  ge- 
widmetes Denkmal  nennt  bb  Opfer  der  Cholera,  des  Typhus  und  des 
feindlichen  Feuers,  Sodann  werden  das  Militärlazareth  zu  Wool- 
wich,  die  Kasernen  zu  Cbelsea,  das  Lager  von  Aldershot,  das  De- 
pot und  die  Schule  des  „medical  staff  corps" ,  die  K ranken träger- 
compagnien  und  das  Feldmaterial  der  Sanitätsformationen  eiogehend 
beschrieben. 

Ein  Wort  zum  Schutz  geisteskranker  Soldaten  glaubt 
8chaefer  an  das  Officier-  und  Sanitätsofficiercorps  richten  za  sollen^ 
da  die  wiÄsenachaftlichen  Errongenachaften  der  Psychiatrie  im  Mili- 


I 


1 


d 


M  liitärmedicin.  ~^^^^  811 

tirwBseo  keine  praktischen  Folgen  gehabt  hatten.  Die  vom  Varf 
gemachten  Vorschläge  beziehen  steh  anf  die  Recratining^  Belehrung 
der  Ofßciere  über  gewisse  psychiatrische  nnd  besonders  criminal- 
^psychologische  Anschauungen,  Einfügung  der  Psychiatrie  in  den 
Fortbüdungscnrs  der  Militärärzte ,  Commandirnng  der  Aerzte  von 
grösseren  MUitärgefangnisden  nnd  Arbeiterabtheilnngen  2— 3  Jahre  lang 
an  Irrenanstalten  I  Berofang  eines  psychiatrisch  gebildeten  Militär- 
arstee  in  das  Oentrnm  der  Militar-Medicinalverwaltung,  (Stuttgart, 
Lata.   8*»,  120  Sj 

Auf  die  relativ  grosse  Zahl  simulirter  Leiden  in  der  Armee 
weist  Benz  1er  hin.  Unter  ihnen  sind  die  von  Augenleiden  am  in- 
teressantesten. Verf,  schildert  einen  Fall  von  simulirter  einseitiger 
Blindheit  nnd  die  bei  demselben  angewandten  Verguche  von  B  a  b  1- 
Hückhard,  Burchardt,  Heiter,  Heller,  Miller,  Michaud| 
Berthold  u.  A.,  denen  in  ihrer  Gesammtheit  auch  die  darchgebU- 
detsten  und  stndirtesten  Simulanten  nicht  gewachsen  sind.  (Deutsche 
mait&r&rztliche  Zeitschr.  S.  31.) 

Von  dem  namentlich  für  militÄrärztUohe  Zwecke  sehr  brauchbaren 
diagnostischen  Farbenapparat  von  Wolffberg,  bei  welchem 
der  Lichtsinn  nicht  direct^  sondern  der  quantitative  Farbensinn,  ge- 
messen durch  den  kleinsten  Winkel,  unter  welchem  eine  Farbe  noch 
erkannt  wird,  gemessen  wird,  ist  die  3.  Auflage  erschienen, 

„Die  practische  Diagnostik  der  Simulationen  von  Gefuhk- 
iähmung,  von  Schwerhörigkeit  und  Schwachsichtigkeit^  von  Bnr- 
chardt,  ein  Werk,  welches  auf  reiche  Erfahrung  sich  stützt,  ist  in 
3.  Auflage  erschienen;  es  wird  dem  Militärarzt  wie  dem  Arzt  der 
Krankenkassen  gleich  gute  Dienste  leisten.  (Berlin,  Enslin;  mit 
Stereoskop  15  Mk,) 

Nimier  bespricht  den  Einfloss  des  schnellenden  Fingers 
auf  die  Militärdiensttaugüchkeit.  Nach  Erörterung  des  Wesens  des 
Leidens  und  der  über  seine  Entstehung  aufgestellten  Hypothesen 
kommt  er  zu  dem  Schlüsse,  dass  verdchiedene  Zastftnde  unter  dem 
Begriif  dea  schneUendeo  Fingers  beschrieben  worden  sind,  welche 
indess  stets  die  klinische  ErscheinuDg  boten,  dass  Flexion  oder  Ex- 
tension oder  eine  dieser  Bewegungen  der  Finger  eine  plötzliche 
Unterbrechung  erfahre,  an  welche  sich  eine  plötzliche  ruckweise 
Ansföhrung  der  begonnenen  Bewegung  anschüesst  Nimier  hält 
ee  für  wahrscheinlich,  dass  eine  sorgfältige  Analyse  der  charakter 
«tischen  Erscheinungen  und  der  verschiedenen  Begleiterschelnu 


812 


Schill. 


unter  Beachtung  der  Aetiologie  und  der  EntwickeluQg  des  Leidens, 
vielleicht  auch  der  Heilerfolge  zu  einer  exacten  Diagnose  und  zur 
Aufstellucg  verschiedener  Abarten  des  schnellenden  Fingers  fuhren 
werde.     (Arch.  de  med.  mil.  Bd,  19,  8.  53.) 

De  Santi  beobachtete  einen  plötzlichen  Todesfall  nach  dem 
Genasse  von  120g  5%iger  Ca rh Ölsäure  (6  g  reine  Carbolöäure), 
Der  Tod  erfolgte  10  Minuten  nach  dem  Genaase  des  Giftes.  Die 
Section  ergab  intensive  Coogestion  des  Venensystems  und  aller  Brust- 
und  Bauche  ingeweide,  welche  an  Volumen  und  Gewicht  zugenommen 
hatten  j  Fehlen  von  Gerinnseln  in  dem  Herzen  and  den  grossen  Ge- 
fassen,  schwarzes,  flüssiges,  klebriges  ßiut  und  Oarbolgeruch  im 
Magen  und  Darm,  Verf.  bespricht  an  der  Hand  der  sehr  grossen 
Litteratur  über  Carboltod  die  drei  besonders  auffälligen  That- 
Sachen:  1)  die  geringe  caustische  Wirkung  des  Giftes  auf  den  Ver* 
dauungskanal,  2)  die  Plötzlichkeit  des  Todes,  3)  die  Geringfügigkeit 
der  tödtlichen  Dosis.     (Arch.  de  m^d,  mil.  Bd,  20,  S,  64.) 


Sachregister. 

1 

k. 

Alböminiirie  bei  Diphtherie  303 
Albuminurie  bei  Pneumonie  304 

■ 

Abftszia  666, 

Alexie,  subcorticaie  166. 

^^H 

Ab<luceusIähmuTig^  primäre  einseitige 

Algerien  667. 

^^H 

inlracranielle  traumatische,  infolge 

Alkohol^  Ei  weiss  ersparend  61. 

^^^^ 

TOD  Basißfractar  176. 

Alkohol,  Nierenreizung  durch  305. 

^^H 

Abfübnnittel  289. 

Aiküholisraos    als  äliologiachea  Mo- 

H 

Abort,  crimfneller  709. 

ment  für  Psychosen  214,  216, 

jl 

Abort  nach  dem  Tode  de«  Fötns  712. 

Alkoholismus.  Epilepsie  bei  216. 
Alkoholismns^  Folgen    für   die    De- 

Abwafser^    Desinfectiop    städtiacher 

mit  Kalk  746. 

acendenz  216- 

AcoeaBonoslähronng  bei  Syringonaye- 

Allylsulfocarbamid  gegen  Liipns  481, 

De  181. 

Alopecia  areata  478. 

Accommodation  76,  5<M,  508. 

Alpen.,  klimatiache  Curen  in  den  664. 

Acidität  des  Magens,   Beeinfltiasang 

Altmann'sche  Zellgranula,    Verände- 

durch Therapie  282,  283, 

rungen  der,  bei  Nekrosen  108. 

Acidam  tannicum  651. 

Aluminium,    Verwendung    zu    Ess*, 

Acne  syphilitica  496. 

Trink*  und  Kochgeschirren  765,787. 

ActinomykoBf  102,  291,  354. 

Aluronol  125,  487,  605. 

Acosticue,  Beziehung  zum  Kleinhirn 

Amblyopie  bei  Hysterischen  532. 

169, 

Anaemia  infuntilis  pseadoleucaemica 

AcnaticQSf  Erkrankungen  dea  546. 

448. 

Adenokyatom,  miiUiloculäres  120. 

Anaemia  splenica  im  Kindesalter  449. 

Adenokyetoin  der  Niere  315, 

Anämie,   acute,   Kochsalz  inj  ectionen 

Aderliaat,  Gefäfisvertheilang  der  503. 

^cgen  6(>4. 

Aentekammern  727. 

Anämie,  perniciöse,  nach  Ictenis  330. 

Aerztevereine  728. 

Anämie,  Behandlung  der  acuten  127. 

Aertte,  Zalil  726. 

Anämische  Zustände  326. 

Aerztliche  Improvisationsarbeiten  808. 

Anästhesie,    locale,    bewirkt    durch 

Aetherschwefelsäxire    im    Harn    und 

Rückenroarkläaioncn  179. 

^      DarmdesinJectioD  286. 

Anaigen  646. 

^^Aethylchlorid  632. 

Anatomie,  chirurgische  2. 

^V  Agathin  646. 

Anatomische       Folge  zu  stände       iiu 

1        Ainhnm  474, 

Rückenmark  nach  Entfernung  der 

1         Akinesia  algera  207. 

motorischen  Centren  75. 

1         AlaUe  195. 

Anatomische  Lehrbücher  1. 

d 

l        AlbmniDurie  298,  299,  300, 

Angina,  prodromale  583. 

1 

814 


Sachregister. 


AngiokeratonQ  473. 

ÄcophtbalmuP  1J3. 

Anorexie,  byeti^rische  194. 

Anticiiolerin  34ü. 

Antimon  618. 

Antimyceton  632. 

Anti nervi B  650, 

Antipyrin   als   Ursache    eines   Exan- 
thems 470. 

Antipyrin  bei  acuten  Hahentaöndnn- 
geti  577. 

Antithermin  647. 

Antriim  mastoideara,  Beiold'pche  Per- 
foration des  567. 

Aortennneürysma  202. 

Aphagie  195, 

Aphaaie  164,  165,  166. 

AphabieundTflubh*eitniitSehwundd<r 
eBtsprech enden  Rinden  fei drr  167, 

Aphakie  infolge    von    Waßsermangel   ^ 
im  Geliirn  165. 

Aphasie,  senForiacbe  166, 

Aplasie  der  Geaclilecbtsorgane  114. 

Apotbekeo^  Be^timmnngen  über  Ein- 
ricbtung  und  Belneb  731. 

Apolbeken,  Verlegung  von  730. 

Apotliekenwe^^en,  Verataailicbmig  730. 

Apotheker,  Lehrzeit  735. 

Apotheker,  Standes  Vertretung  730, 

Apparat  zur  Behandlung  der  Skoliose 
136. 

Apparat  zur  Bekämpfung  von  Knie- 
gelenkscontraciuren  137* 

Aproaexia  iiasblis  411. 

Aqua  calcia  bei  Diphtherie  430, 

Arbeiter  Wohnungen  736. 

Argfntnm  nunc  um  gegen  Gonorrhoe 
486. 

Argin  P. 

Ariatol  6*26. 

Ariatalbeb  and  lang    der    Tnberculaße 
238. 

Arni^  Dracklähmang  des  192. 

Arsen  gegen  Cholera  838. 

Arsen  gebrauch  ,     Braun  färbung    der 
Haut  durch  485,  615. 

Ar.'^enikläbmung  615* 

Arsenik  Vergiftung,  Verhalten  der  Le- 
ber bei  614. 

Arieria  pulmonalis  20. 

Arteria  thvreoidea,  Unterbindung  der 
143. 

Arten ae  popliteae,  Aneurysmen  bei- 
der 156. 

Articulatio  cricoaryiaenoidea,  primäre 
EnfEündung  der  592. 


Aryknorpel,  zitternde  Bewegung  wib- 
rend  der  Reppiralion  5Ö6, 

ArsEueiausöclilÖge  471. 

Arznei  tax e  731, 

Asaprol  642. 

Ascariden  im  Darm  344. 

Aficarideneier  im  men&chl,  Darm  419. 

Ascari^  lumbricoides  420. 

Ascites,  freier  39i*. 

Aseptische  Lösung^  milde  126. 

Aseptisches  Wund  verfahren  124. 

AsparBgin-Queckeilber  614, 

Aephyxie  der  Extremitäten  471. 

Astaeie-Abasie  195. 

Asthenopie,  nervöse  531» 

Asthma  bronchiale  246. 

Aethma  bronchiale,  Complication  mit 
Lungenschwindsucht  245. 

Asthma  nervosum  43. 

Ataxie,  cerebrale  172. 

Athmung,  Chemismus  46, 

Athmung,  nervöse  Regulation  48. 

Atlas,  Internationaler,  seltener  Haut- 
krankheiten 461, 

Atresia  ani   uterina  et  vesicalls  114. 

Atrophie  auf  dem  Wege  dea  Reflexes 
159, 

Atrophische  Lähmung  193. 

Ätropin,  Wirkung  auf  das  Hera  259. 

Ätropmkeradtis  521. 

Audiphon  546. 

Augapfel,  Verlust  des  erkrankten  688. 

Auge,  Bewegung  infolge  rfympathicos- 
reiiung  78, 

Auge,  hysterische  und  organisch  be- 
dingte Störungen  der  Functionen 
des  195. 

Auge  des  Neugeborenen  30. 

Augenerkrankungeu  infolge  von  Na- 
sen rachenraumerkrankungen  519. 

Augenheil  künde ,  Balneotherapie  in 
der  662. 

Augenheilkunde,  Lehrbäoher  497, 

Angen Untersuchung  bei  Milteloh rei le- 
rn ng  566. 

Auswurf,  Ptlege  des  661. 

Autoin tüxicationen  284. 

Axillarislähmung  192, 

B, 

Bacillen,  Wirkung  Uniter  96. 
Bacillus  pyocyaneufl  94,  549. 
Bacteriämie  bei  Neugeborenen  93« 
Bacterien,  Ausscheiden  aus  dem  KC 
per  88. 


^H                         ^^^^                Sachregieter.                      ^Hi^          816          ^^B 

W      Beeterien,  EindriDgea  in  den  menfich- 

Bevölkerungsbewegung  755.                          ^^H 

1            lieben  Orgatiic^mufi  Sf). 

ßewegiingsorgane,  Anatomie  4,                   ^^H 

1        Bäcterien^   EinEuss   des   Lichtes   auf 

ßezold'sche   Perforation  des  Antrum          ^^H 

1            auf  743, 

mastoideum  567.                                        ^^H 

^^  Bacterien,  Eintltise  des  Ozon  aof  742. 

Bildungehemmung  bei  Neugeborenen          ^^H 

^H  Bacterieu^  Mortjhologte  85. 

451.                                                                    ■ 

^VBacierieD,  Physiologie  86. 

BillrothWbes   Verfahren    der  opera-                 H 

Baclerieji,  Uebertragung  durch  Ver- 

tiren  Behandlung  der  tuberciilöseo                ■ 

erbuDg  87. 

Gelenke  132.                                                      M 

Bacterien,    V'orkommen   im  mensch- 

Bmdebaut, Croup  der  515,                          ^^^M 

lichen  Körper  86. 

Binoculares  Sehen  504.                                 ^^^| 

Bacterien,  Wirkungsweise  88. 

Blasenektopie  152.                                          ^^B 

Bacterien     in    der    Milch     gesünder 

Blasenkatarrh,  Behandlung  mit  Salol               H 

Fraoen  8^, 

650.                                                             ^^ 

BacterieDaasflcheidung  aus   dem   Or- 

Blasenscbeiden^stel  Operation  391.               ^^H 

^m      ganismuB  31X2.                                      i 

Blasenstein,  Auflösung  dea  hamf^auren         ^^^M 

^^B  Bacteri en p rod  q cte  ,       vasomotori sehe  ' 

durch  Emser  Wasser  672,                        ^^^| 

^      Wirkung  498. 

Blasentumoren,  Exstupation  von  154.         ^^^| 

Bacterium  coli  comtntine  93,  98, 

Bleivergiftung  180,  217.                               ^^1 

Bftdeanetalten  761. 

Blennorrhoea  neonatorum  gonorrhoi*        ^^^| 

Badeorte,  Hygiene  der  661, 

ca  384                                                             V 

Bäder,  schlesiacbe  760. 

Blnt,  Pathologie  des  328.                             ^^B 

Balken  tu  moren  17(1. 

Blut,    Veränderung    durch    Medica-         ^^H 

Balneologt'Di'ongrefi» ,  deutscher  660.  ; 

mente  35.                                                    ^^^| 

^^K  BalneologencongreEF^  ungarischer 660. 

Blut,  diastatisches  Ferment  im  35.            ^^^| 

^^g  Balneotherapie d.  Augenheilkunde  GG2. 

Blut,  speci Uschis  Gewicht  34.                      ^^H 

^^  Bai-acken  im  Felde  790. 

Blutbildung  37.                                             ^^H 

l        Baracken] azaretb^  transportables  809* 

Blutgerinnung  36.                                          ^^^| 

^v  Bar]ow*5che  Krankheit  444. 

Blutgerinnung  in  den  Körperhöhlen          ^^B 

^P  Baaedow Vhe  Krankheit  143, 198,199, 

bei  tödUicben  Verletzungen  686.                   ■ 

^■^      580,  598. 

Blutkörperchen,  Menge  der  rothen  33.                H 

I         Ba^isfractor,    AbducenaJähmuiig    in- 

Blutkörprchen  ,    Vermehrung    beim              ^t 

^_^      folge  von  176. 

Aufenthalt  im  Hochgebirge  663.            ^^^t 

^^fc  Bafisorinpasle  481. 

Blutkörperchen,  Zahl  der  weissen  S7.         ^^^| 

^^k  Bauch,  Anatomie  1. 

Blutnachweis,  t^törende  Einilü0se  681.         ^^^| 

^B  Bauch,  ScbussTei  letzungen  690,  691. 

Blutserum ,         bacterienTemicbtende               ^M 

^^K  Bauch,  Stichverletzungen  690. 

Kmft  89.                                                            ■ 

^Hf  Bancheingew^ide^  Verletzungen  805. 

Blutsei  um,  giftzeretörende  Fähigkeit               H 

^m  Bauchhöhle,  Tamponade  der  397. 

üo.                                                    ■ 

V        Bauch mas^age  289. 

Blutserumtherapie  659.                                   ^^H 

1        B&uchoperationen  290. 

Blutunterauchung    bti    Magenkrank-          ^^H 

1        Bancbspeicheldrüee  297. 

beiten  281.                                                    ^^M 

L        Baachwunden,     Behandlung    durch- 

Blut  Veränderungen    durch    Gebrauch          ^^H 

^K      bohrender  804 

von  Quecksilber  und  durch  Sypbi-         ^^H 

^B  Bauordnang  in  Frankfurt  748. 

lis  611.                                                       ^H 

^H  Becken,  Architekiar  13. 

Boden,  Verhalten  zu  Typhusbacillen          ^^H 

^H  Becken,  Asymmetrie  des  weiblichenl3. 

744.                                                                  M 

^  Becken  Organe,  normale  Lage  der  weib- 

Bogengangseymptome, Beziehung  zu          ^^H 

lichen  24. 

Klein hirni^ymptomen  539.                          ^^H 

Begräbniss platze,  Anlage  und  Erwei- 

Borax 631.                                                      ^H 

terung  723, 

Braehycephalen,Tiefer^tehender  mitt-         ^^H 

Beözinvergiftung  706. 

leren  SebädeJgrube  recbterseits  ge>        ^^^| 

Benzoesaures  Guajocol  643, 

gen  links  537.                                           ^^H 

fienzonapbthol  126,  2B3. 

Bradycardie  259.                                            ^^H 

BenzoEiol  643. 

Brom  623.                                                           H 

Bergkrankheit  663. 

ßromäthylnarkofie  621,                                     ^^ 

^^M           ^k;                                              SachregiBter,                                           ^^^^^H 

^H            Bromoform  431,  432,  619,  62a 

Cephalaematoma  neonatorum  453. 

^H           Bromoformvergittnng  432,  620. 

Cerebellum,  geröse  Cysten  im  173. 

^^m            BronchioldrüseD,    Hypertrophie    der 

Cerebrospinale  Syphilis,  muliiple  165. 

^M 

CerebrospinalllüBsigkeit  75. 

^^M           BroDchialmuskdn  43* 

Cerebrospinalmeningitis  552,  553» 

^^m            Bronchien,  Bezieh uiigen  zwischen  der 

Cerrix  uteri,  traubiges  Sarkom  110. 

^^m                Arteria  [itilmoDalia  und  den  2Ü. 

Chairou'sches  Zeichen  193. 

^^B            Bronchopneumonie  97. 

Chalazion  96. 

^H            Bruchband  136. 

Charcot-Rübin'sche  Kry stalle  in  den 

^^B            Briicke,  Herdeikrankungeti  der  171. 

Fäces  2111, 

^^H            Bf  u^taneurysma ,      Beziehungen     icu 

Cheiropompholyx  472. 

^^m               LuugeDblQtungen  26 L 

Chemische  Reizung  von  motorischen 

^H            Brnstdrüsc.    Paget'Bche    Erkrankung 

Nerven  69. 

H 

Chiasma  5Ü3. 

^^H           BrustfellentEUndtiBg^  eiterige  249. 

Chinin  gegen  Malaria  353. 

^^B            Brustwarzen, Uornplatten  aut'den4B2. 

Chinin  in  der  Kinderpraxia  456. 

^H            Brnstwarten,  überzählige  18,  IB, 

Chirurgische  Technik,  Handbuch  von 

^H            Bülau'^che  Aepirationsd  rat  nage  250, 

V,  Esmarch  806. 

^^m            Bulbarlähmung  175. 

Chlorätiiyl  632. 

^^M            BuJ&äfparaJyse  175. 

Chloroformium  medicinale  Pictet  633. 

^H           Bulbus  olfactoHus  28. 

Chloroformnarkose  109,  634. 

Chloroforra-Bromäthyluarkose  623. 

^^^K 

Chlorxinkhjsung  bei  Diphtherie  430. 

Cholecystitis  im  Anschluss  an  Typhus 

^^^^     Cachexia  strumipriva  119,  598. 

344.                                                         ■ 

^^m            Caissonarbeiter,  AlTection  der  178. 

Cholera  332^342,  635,  644,  650,  659.      ■ 

^^m            Calcaneua    und    Talus,    Zugänglich- 

676,  737,  773,  7H5.                                ■ 

^^M                tnachung  ohne  Verletzung  von  Ge- 

Cholerabaciilus,  Giftwirk ung^  des  99.      1 

^^M                 fassen  und  Nerven  160, 

Choleradejectionen ,    Behandlung  der     U 

^H            Calci  um  f)u]  fit  gegen  Tonsillitis  577. 

312.                                                         H 

^H            Calomel  gegen  Cholera  338. 

Choleranephritis  120.                                B 

^^m            Camphernaphtholinjeciion  in  acrophn- 

Choleraniere  304.                                        ■ 

^m                lose  Driläün  131. 

Choleravibrionen ,    Jodoformwirkui^^^J 

^^B            Cantharidin  657. 

gegen  Culturen  von  626.              ^^^B 

^^B            CantharidiDpÜaster     bei     Hals-    und 

Cholesteatom  112.                              ^^H 

^^B                Ohrenkrankheiten  577. 

Cholesterin  fett  462.                             ^^H 

^H            Canthßridinsaure  Salze    bei   Larynx- 

Chorea.  Aetiologie  der  200.             I^H 

^^B                tuberculo^e  577, 

Chorea,  Behau d hing  mit  Ejcalgin  200^^H 

^H            Oarbolaäure,  Vergiftung  durch  812. 

647.                                                        1 

^^B            Carcinoin,   primäres   in   der  Eauten- 

Chorea,   Emlluss   der  Jahreszeit  auf 

^^B                 grübe  170. 

200. 

^^fl            Carcinoma  uteri,    palliative  Behand- 

Chorea,  pathologische  Anatomie  der      ■ 

^H                luiig  mit  Aikohol  385. 

200.                                                          ■ 

^^B            Carcinome,  Uultiplicitär  primärer  474. 

Chorea  chronica  progressiva  201.           fl 

^^B             Cardiatgie  276. 

Choreanephritis  304,  409.                        ■ 

^^B            Card iopneuma tische  Bewegung  43. 

Chorioideal  Sarkom  523.                           V 

^^B            Castration  wegen  Osteom alacie  381. 

Cinchonidinum  e«uifuricuro  353.              1 

^H            Castration  uterine  395. 

Circulationsstörungeo   beim  epilepti-    ■ 

^^B            Cataracta  pyramidalis  527. 

sehen  Anfall  198.                                  ■ 

^^B             Cauterisator,  vereinfachter  134. 

Cladothrixformt-n  102,                        ^^B 

^m            Cecite  verbale  167. 

Cocain  522,  657,                                ^^M 

^H            Ceutralnerrensyitem,  Veränderungen 

Cocain  um  phenylicum  657.              ^^^| 

^^B                und  Altersbestimmungen  von  Blu- 

Coffein  655.                                         ^^H 

^H               ttingen  im  107, 

Collap^Edetir  224.                               ^^M 

^H            Centrifuge  zur  ünteranchnng  der  Fü- 

'   Coüin'scher  Transfufleur  604.         ^^M 

^^t               ces  287. 

""     1 

^^^^V                 mi^^^^^f          S^iiregiater,                                               ^l'J              H 

Comedonen  467. 

Darmdesinfection  125,  286.                              1 

Cömmimitivschü38fractiir  8Q5. 

Darmein  klemmung  290.                                   H 

CommotiQ  retinae  530. 

Darmepithelzellen   des    Regenwurma              H 

Compendiiini   der   normalen    Anato- 

57.                                                                 ■ 

mie  VOD  Voll  1. 

Darmfäulniss  286,  287.                             ^^H 

Comppnditim  der  vt'rg:leichenden  Ana- 

Barminvagination  290.                               ^^^t 

iomie  von  Rawita  3. 

Barmkanal,  Bau  bei  Kindern  414«          ^^^| 

Condurango    in    der    Tlierapie     des 

Darmklemme  138.                                       ^^H 

MageDS  283. 

Darmkrebs  149.                                           ^^H 

CüojuBCtiva,  breite  Exciaion  517, 

Darmmassage  289,                                     ^^^^| 

CünjuDCtivitj.s,  chronische  514. 

DarmneurüE^en  291.                                    ^^^| 

Conjunctivilis,  chirurgieche  Behand- 

1 »armparasiten  291.                                     ^^^H 

lung  der  granulöflen  517. 

Darm  Perforation,   operative  Behand>              ■ 

Conjunctivitis  diphtheritica  515. 

lung  348.                                                 ^^M 

CoD^angumität    in    der    Angenheil- 

Darmperforation  bei  Typhus  344.           ^^H 

künde  533. 

Darmtyphus  342.                                        ^^H 

^H     Confierven^  Kupfergehalt  771. 
^V     Comeatriibungen  523. 

Darm  Verdauung  beim   Menschen  53,             V 

Darmverletzung  148.                                         H 

Corpora  amylacea  109. 

Darm  verschluss,  acuter,  Behandlung              ■ 

Corpora  versicolorata  s.  Virchowii  109. 

mit  Quecksilber  610,                                       J 

Corrigenden ,     Geisteskranke     unter 

Darm  wunden  804.                                      ^^^| 

223,  224. 

Dauerbrod  792.                                           ^^H 

Colitis,    auf   epecifischer  Basis  ent- 

Defecte, angeborene  452.                           ^^^^ 

standene  159. 

Delirium  tremens  215,                                ^^H 

Cntnkncepbalometer  134. 

Dementia  paralytica  infolge  von  Blei-        ^^H 

Cramocerebrale  Topographie  27. 

ver^nftung  217.                                               ■ 

Craniotoniie   und    Craniektomie    bei 

Dementia    paralytica,    S}^hilis    als              1 

Idiotie  231. 

Factor  der  219,  220.                                      ■ 

Creoün  338,  639. 

Dementia  paralytica  und  Neuras  Ihenia             ■ 

CreoflOt  235,  440,  577,  642. 

cerebralis,  Ditlerentiaidiagnoae  221.              H 

CreoBotkUanien  Revillet's  236. 

Dermatitis  herpetiformis  469.                    ^^H 

Cresolkalk  641. 

Dermatol  288,  457,  485,  616.                   ^H 

Crimineller  Abort  709, 

Dermatol  in  der  Ki  n  der  praxi  s  457,          ^^H 

Croup  der  ßindebaut  515. 

Dermatol  Vergiftung  616.                            ^^H 

Croup  der  Nasenschi eimhaut  bei  Kin- 

Dermatomyome 475.                                    ^^H 

dern  411. 

Detentionslieber  im  Kindesalter  451.             H 

Croup,  Löirier's  Bacillen  b»  reinem  584. 

Diabetes  mellitus  59,  300,  317,  319,              ■ 

Curpfu  schere i  735. 

320,  322,  3'i3,  450,  492.                              ■ 

Cutis  laxa  47 G, 

Diabetes    mellitus  syphiliti&chen  ür-             ^ 

Cy  an  Vergiftung,  Behandlung  mit  Ka- 

Sprungs 492.                                            ^^H 

lium  hypermanganicum  607, 

Diabetes  im  Kindesalier  450.                    ^^H 

Cystenniere  120. 

Diabetes    infolge    Pankre^sexstirpa-       ^^B 

Cystische  Lebererkrankung  bei  Nea- 

tion  59.                                                           ■ 

geborenen  422. 

Diabetiker,  Albuminurie  der  3O0.           ^^^t 

Cy*ititis,  chronische  153. 

Diaplianoskopie  des  Magens  270.            ^^^| 

Cysdti»,  Sriblimatbehandlung  613. 

Diaphtherin  642.                                       ^^M 

CyBLoskopie  152, 

Diarrhoe,  chronische  in  heissen  Lan-            V 

dern  795.                                                          ■ 

■ 

Diarrhoe  und  Erbrechen  im  Kindes-             H 

■ 

alter  418.                                                  ^M 

Dammplastik,  Lappenbüdung  bei  der 

DJathepe,  h  am  saure  311.                           ^^H 

392. 

Diaxoreaction  345,  441.                            ^^H 

Darm,  Aoatoraie  und  Entwickelnngs- 

Digi talin  653.                                                    ■ 

geschichte  22. 

Diphtherie  100,  171,  187,  303,  346,            M 

D Annbeweg o nge n,Ein  Aus»  derOp i um  - 

424,  534,  585,  639,  645.                       ^M 

alkaloide  auf  288. 

Diphtherie,  Albuminurie  bei  303.           ^^H 

^K          liüirbnch  d,  pract,  Medictn.    1893. 

^H 

818 


Sachregister. 


Diplitherie,  CoiDplication  mit  Typhus 

346. 
Diphtherie  ^    Hemiplegia     cerebralie 

na«h  171. 
Diphtherie^  Löffler'ache  Bacillen  bei 

585. 
Diphtherie  im  Kindeaalter  -124. 
DiphtheriebehaDdluiig  585,  639,  645» 
Diphtherische  Lähmungen  187,  584. 
Diplococcus  pneumoniae  74,  97,  54H. 
Diplokokken^  pytigene  Fähigkeit  98. 
Diplopie,  monocirläre  172, 
Diaposition  zur  Ini'ection  88. 
Distomiim  tanceolalum  103. 
üistomuin  pulmonale  103. 
Diuretin  310.,  655. 
Drogiiisten  732. 
DruckguDgrän    infolge    von    Eczema 

int^ertrigo  465. 
Dracklahtnung  de«  Arms  192. 
DuboiBimim    sulfiiricum    als   Sedati- 

vnm  229. 
Diictae  coclilearis  539. 
Dünndarm^  Falten  des  menflchlichen 

20. 
Dünudarra,  Occlu&ion  darch  Gallen- 
steine 290. 
Dünndarmkatarrh^  Therapie  des  288. 
Dnra  mater,  Entzünduugen  569. 
Durchleuchtung  bei  Krankheiten  der 

Nebenhöhlen  der  Nase  578. 
Diirchleuehtiingsmethode     für     den 

Processus  mastoideus  544. 
Dysenterie  103. 
Dysidrosia  472. 
Dyspepsia  nervosa  277. 


Ei^  Entwickelung  des  befruchteten  in 
einer  fremden  Mutter  83» 

Eifersnehtswahd  beim  Manne  215^  216. 

Eingewdde  Verletzungen  ohne  äussere 
Wände  69Z 

Eisen^  Aufnahme  in  den  Organismus 
dej  Säuglings  56« 

Elisen  im  thierischen  Organismus  608. 

Eiseiichloridlösnng  bei  Diphtherie  430. 

Eisenrcaorption  609. 

Eiskataplasmen  677. 

Eiter ^  bncteriologieche  Untersuchung 
aas  tnberculöaen  Cavemen  stam- 
menden 242. 

Eklampsie  121,  3d9,  373,  374,  410. 

Eklampsie  bei  Kindern  410. 

Ekzem  464,  465,  468,  479, 


Ekzema  marginfttom  479. 
Elektrische  Erregbarkeit,   Beziehung 

zur  Blutvergiftung  188. 
Elektrischer  Strom,  Tod  durch  694. 
Elektrisches  Organ  desZitterrochensÖl* 
Elektrolyse  bei  Actinomykose  354, 
Elektrolyse  bei  chronischer  Pharyn 

tis  578. 
Elektro-mikrophonischerKugelsucher 

805. 
Elektrotherapie  der  Myome  339,  390. 
Elytrotomie,  intraligamentire  393. 
Emaillirtes   Geschirr^   Bleivergiftung 

durch  765. 
Embolie  der  Lungenarterien  247. 
Emboli  e  infolge  EndocarditiB  bei  Kin- 
dern 414, 
Embryonen,  über  den  Schwan»  der 

menschlichen  31. 
EmpiH^m  250. 

Empyema  antrl  Highmori  580. 
Emser  Wasser  gegen  Blasenstein  672. 
Endocardttis^  nlcerose  253. 
Endothelkrebs  der  Pleura,   primärer 

250. 
Enteritis  dissecans  114. 
Enteroklyse,  heisse  gerbsaure  338L 
Enteroptose  316. 
Entleerungen,     Wertli     der     mik 

skopischen  Ontersuchangen  bei  Kin* 

dem  417. 
Entmündigung    von   Geisteskranken, 

Gesetz  betre0"end  213. 
Ent  \v  i  ck  el  u  ngsgee  chich  te,  m  ensch  i  iche 

32, 
Enlwickelungstheorien  ^     altere     und 

neuere  31, 
Entzündung,  historische  und  kritische 

Uebersicht  über  die  Lehre  der  106. 
Entzündung,    Herkunft  der  zelligen 

Elemente  104. 
Enuresis  nocturna  424. 
Eosinophile  Zellen  bei  Tripper  485, 
Epidermin  484, 
Epididymitis  487. 
Epiglottis.  Hyperirophie  der  590* 
Epilepsie  ISTi^  lÖG,  197,  198,  623,  631. 
Epileptiforme    Krumpfe   bei   Kindern 

410. 
Erblindung  nach  Influenza  534. 
Erblindung^:  bei  Hysterischen  532. 
Erbrechen  Schwangerer  278, 
Ergotinin  500. 
Erhängte,  Erection  und  Saroenerj 

bei  698. 
Erinner ungsdefecte  75. 


Sacliregister. 


819 


Erstickung     durch     Aspiration    von 

Speisebrei  697» 
Erstickungen,  scheinbar  gewaltsame 

695. 
Erstickungstod  696, 
Erysipel  94,  358,  612. 
Erythem  478. 

Erythrodermia  exfoliativa  466. 
Elserinverg-iftung  699. 
Eüphorin  645, 

Europiien  125, 465, 485, 495,  577,  626. 
Ejtalgin  410,  647. 
Elxanthena,  Fieber  vor  Ausbruch  des 

»yphilitischen  491. 
Excavation,  glaiikomatöae  527. 
Exodyn  646, 
Exophthalmas  174. 
Exostosen  aua  dtin  Knochen  der  Naecn- 

muecheln  110. 
Exostosen  im  Gefiörgang,  Entfernung 

mit  elektrischer  Sctilitige  556. 
Exostosen,  multiple  110. 
Extensionebelrnndlnng  mit  voran sge- 

schick ter  Oeifoiomie  157. 
Extendonsweise  tMJi  Coxitis  159. 
Extraction  der  ungetrübten  Linse  5€6. 
Extrauteringravidität  401, 
Exiremitäteu,  3ymmetrische  Asphyxie 

der  471. 

F. 

Fadalislähmnrig,  periphere  190. 

Fäces^  Untersuchung  der  287 ♦ 

Fidchi^nkeratitis  521. 

Farbeoapparat,  diognoa tischer  811, 

Favus  479, 

Feldausriiatung,  Gewicht  790, 

FeldÜaÄChen  und  Kochgeschirre  aus 
Aluminium  787, 

Feldlflzareth,  aiegeudes  809. 

Feldzwieback  792, 

Ferien cokmien  757. 

Fermentationen  49. 

Fermente,  Wirkungen  der  49. 

Ferrum  oxychloratum  608. 

Ferrum  oxydatum  saccharatum  solu- 
bile 608. 

Fettige  Substanzen,  Ausscheidung 
von  462. 

Feuerbestattung  749, 

Fibrinferment  Solution  127. 

Fibrin-Jodkali n m-Päckchen  269. 

Fibrom  der  MBrnina  121. 

Fieber  bei  tun  gen  tu  bereu  lose  243, 

Fieber,  hysterisches  194. 


Fieber  in  Massaua  795. 

Fistel  an  der  Pars  pendula  des  Penis, 

VerschlieBsung  einer  151. 
Fixe  Ideen  214. 
Flecktyphus  349.  780,  795. 
Fleischbeschau  766. 
Fleischverbrauch  770. 
Flohstichencephalitis  363. 
Flures  fiulfuriö   lot.    und  Chinin    bei 

Diphtherie  430. 
Fluor  albus  im  Kindesalter  423. 
Fötale  Lungen  714. 
Fötale  Nierensecretion  385. 
Fötale  Rhachitis  442. 
Follikel,  Zerdrückung,  bei  Trachom 

517. 
Frankreich,  die  Bader  in  668. 
Fremdkörper»  Nachweis  von  metatlH- 

schen  806. 
Friedlönder'scher  Bacillus  245. 
Frösche,  Farbe  der  82. 
Frostsalbe  485. 
Frühgeburt^  künstliche^  372* 
Fühlsphären  73. 
Fu  rchu  ngskugeIn.,Treniiungder  ersten 

beiden  32. 
Fern  neu  lotom  556. 
FuHB,  Morphologie  des  menschlichen 

788. 
Fussgeachwüre  468. 
FussBpuren  des  Menschen,    genchtfi* 

ärxiliche  Beurtheilung  der  683. 

G. 

GallacötophrTiOn  485. 

Galle nfarbstotfe  des  Blutef»,  Ausschei- 
dung durch  die  Leber  54. 

GalJengangsunterbindung ,  Leberver- 
änderungen nach  115« 

Gallensteine.^  OcclusioD  des  Dünndarms 
durch  290. 

Galleusteinkolik  297. 

GaMeuwege^  Erkrankungen  der  253. 

Gangraena  symmetrica  471. 

Gasbildung  im  Magen  279. 

Gasteiner  Thermalwasser ,  Gebrauch 
des  versendeten  674. 

Gastritis  phlegmonosa  diifasa  im  Ver- 
lauf von  Magenkrebs  275. 

Gastroentexofitomie  148* 

Gavage  bei  Säuglingen  456. 

Oebiihreu  bei  Feststellung  von  Renten 
725. 

öeburtöhfllfe,  Narkose  in  der  368,  635. 

Gefasaerkrankungen  117. 


^^^^^KMf'                                              Sachregister.                                     ^I^^^^^^l 

^H         GetäBSTerhältniBfle  der  Schnecke  30. 

Ge«ichbfeldamblyopie  172.                  ^^H 

^^H          Oeheinunittelwesen  734^  735. 

Gesichtsfeld  Veränderungen  531, 

^H         Gehirn.  Afihasie  infolge  von  Wasser-   ' 

Gesundheitfipflege  der  Soldaten  789. 

^^B              mangel  im  165, 

Gewebe,    Aufnahme    von    Sauerstoff 

^^M         GehirnaffectioneD  infolge  vod  Mittel- 

in  49, 

^^M              ohreiterungeii  573. 

Gewebelehre,  Grundriss  von  Disse  3, 

^^1         Gehiiijceüfren    für    BeweguDgen   der 

Gewerbehvgicne  763. 

^H             VagiDB  163. 

Gicht  670^ 

^^m         Gehirn  Byphilis  164. 

Gicht  und  Harnsäure  323. 

^^m         Gehbrcentrnm  575« 

Glaskörper,  Bin tinjectionen  in  den  523. 

^^m         GehörfunctioDS  Prüfung ,     difTerential- 

Glaukom  525. 

^^B             difignostisclie  Bedeutung  576, 

Glaukom,  Priklisposition  zum  526. 

^^m         GebÖrgang^  fibrinöäe  Membranen  itn 

Glottis,    Membran bildung    unterhalb 

^^m            äasseren  nach  Influenza-Otiti»  546, 

der  593, 

^^B         Gehörorgan^  Tafel  von  Sandmann  30. 

Glottis,  Sarkom  unterhalb  der  594, 

^H         Gchöror^ane,WechBelbezielinrigen  bei- 

GlottifiÖdem  577,  592.                                 . 

^H             der  575. 

Glycerin,   Erregen  der  Wehenthätig^^^H 

^^H         Gehörs  emp find  ungen  ^  subjective  564. 

keil  durch  373,                                   ^^1 

^^m         Gehöraballucinatiönen  564, 

Glykogen  54. 

^^m         GehörsUirnogeo,  Simulation  einseiti- 

Glykogene  Metamorphosen  lü9. 

^m             ger  545. 

Glykogenbildiing      nach     Aufnahme 

^H         Geisteskranke^  Behandlung  mit  Voll- 

verschiedener  Zuckerar fcen  60. 

^M             bäderu  230. 

Glykosurie  im  Kindesalter  450. 

^H         Geisteskranke,    Bettbehandlung    der 

Gonococcus  369,  486. 

^1            230. 

GoDorrlioe  252,  369,  4Ö5,  488,  631. 

^H         GeifltCBkranke^  Einiliiss  derLu  ftd  ruck- 

Gott8tein*8ches  Messer  für  die  adenoi- 

^^m            ermedngnng  auf  226. 

den  Vegetationen  578. 

^^m         Geisteskranke^  Gesetz  bet reitend  die 

Granate,    Verwundungen    durch  das 

^^m             EntniündiguDg  von  213. 

Platzen  806. 

^^M         Geisteskranke^  Salzsäure  im  Magen- 

Granulöse    Conjunctivitis,    chirurgi- 

^^B            saft  von  51. 

sche  Behandlung  517, 

^H          Geisteskranke^  Statistik  751. 

Granulöse,  Behandlung  516.               ^^^B 

^^m          Geisteskranke  unter  den  Corrigeoden 

Grosshim,  der  Hund  ohae  70.           ^^H 

^m            223,  224. 

Grosshirn,  Topog^raphie  des  27»            ^^B 

^H          Geisteskranke  Soldaten  810. 

Grundriss  der  Gewebelehre  vonDiaae3.        M 

^^m         Geisteskrankheiten,   Simolation   von 

Guajacol  237,  644.                                 ^^M 

^m             227. 

Guajacoläther,  zimmtsaurer  645,        ^^H 

^H         Geiateaatörung  bei  Kindern  407. 

Guajacolcarbonat  644/                         ^^H 

^^m         Geiätefistorungen  unter  den  Farbigen. 

Guberquelle  in  Srebrenica  673.          ^^^| 

^H              der  Vereinigten  Staaten  2'23. 

Günzbiirg  sches  Reagens  267.             ^^W 

^H          GelhReber  781. 

Gumma  der  Scapula  491.                            ■ 

^^B         GelenkrheiimaUsmufi  35S. 

G  u  m  mi  wa  a  re  n ,     Seh  adlich  kei  t     für  ^^fl 

^^B         Gelenkrheumatismus,    Nephritis   bei 

Kinder  764.                                        ^H 

H             ^^ 

Gunzendorf  676.                                     ^^H 

^H          Qelenktnberculose  132. 

Gutachten  bei  Feststellung  von  Renten       B 

^^H          Gemüsemärkte.    Beaufsichtigung  der 

725.                                                            ■ 

^1 

Gynäkologie  und  Geburtshälfe,  Litte-        fl 

^H         Genera] -Sanitätsberichte    der    Eegie- 

ratur  405.                                                  H 

^^B             rungsmedjdnalräthe  723. 

Gynatresie  387.                                             ■ 

^H         GecickBtarre  760. 

Gyrus  angularis^  traumatischer  Aba-      U 

^^B          Genitalsecret  515. 

cess  im  167.                                     ^^M 

^H         GenitaUractQS,  Tuberculoae  des  460. 

^^^H 

^H         Gerbaiiure  651. 

^^1 

^^B          Geschlechtsorgane^  Aplasie  der  114. 

^^B         Geschoss,    kriegschiriirgisehe   Bedeu- 

Hämatokrit  33.                                      ^^^ 

^^B             lung  des  neuen  796, 

Bamatologie  der  Neugeborenen  446.       ■ 

^^^^^^^^^^^^^^K^^'          Sachregiater.                    ^^^^P             g^l              1 

Häraato  log  »sehe  Untersuchungen    bei 

Hemeralopie  naeb  Influenza  534,                   H 

Lues  and  Khachitis  im  KinrIesuUer 

Hemianopsie  167.                                                 H 

449. 

Uemiatrophie    der     Gesichtsmuekeln             H 

HämatolKJTpliyrinapectrum,  W«rtli  für 

bei  Sklerodermie  206.                                   ■ 

den  forensischeii  BlutDückweis  G82. 

Hemicephahis  113.                                              H 

Hämaturie  beim  Kinde  446. 

Hemiplegia  cei^bralifl  nacb  Diphtherie             H 

Hämogailol  G08. 

171,  ^6.                                                        ■ 

HämoglabiBurie  3UÜ,  301,  352. 

Hemiplegie,  functionelle  189,                         ^M 

Hämorrhagißcbe  Erosionen  dea  Magens, 

Hemmungsvorgange  67.                                    ^M 

^B        Be^iehun^   zu  den  runden  Magen- 

Hermaphroditiiimtis  verus  113.                       H 

^B        geschwür^n  114. 

Herpes  atypicus  gangraenoeus  hysteri-       ^^H 

P          Hämorrhoiden,   WhiteheadVche    Ex- 

cos  478.                                                  ^^M 

stirpation  149. 

Herpes  tonsurBns  479.                                ^^^| 

Halsbinde  79  L 

Herz,  ernährende  Ge fasse  40.                   ^^^| 

Hamuier-Anabosextraction  563, 

Herz,  Lageanomalie  25'2.                             ^^^| 

Hand,  vierfingerige  11^, 

Herz,  Materialverbrauch  bei  der  Ar- 

Haodbuch der  chirurglsclien  Technik 

beit  dea  42. 

von  V.  EsmüTch  806. 

Herz,  Ueberanstrengung  257. 

Handbuch   der   Ohrenheilkunde   von 

Herz,  Verhalte»  bei  Typhus  345. 

Schwarlze  31, 

HerzalTectiooen  im  Hochgebirge  664, 

Handbuch  der  Untrtllverletzungen  von 

HerzarbeU  40, 

Kaulmann  209. 

Herzbeutel,  Flüssigkeit  im  261. 

Harn^  Eiweiss  im  62. 

Herze rnährnng  39. 

Harn,  Gefrierpunkt  63. 

Herzfehler,  Diagnose  combinirter  255. 

Harn,  Zucker  im  321. 

Herzfehler7.ellen  246. 

Harnblase,    Wassereingiessungen    in 

Henfleiach,  Mediastinopericardilis  und 

die  bei  Cholera  340. 

Tiiberculose  261* 

Harnröhre,  Fremdkörper  in  der  weib- 

Herzklappenfehler    bei    Schwanger- 

lichen 386. 

schaft  370. 

Harnsäure  und  Gicht  323,  670. 

Herzkrankheiten ,      Aetiologie      der 

Harnsäure  Diathese  311,  324. 

eil ron lachen  252. 

Harnsteine^  e-\perimentelle  Erzeugung 

Herzkrankheiten  bei  Gonorrhoe   252, 

von  311, 

Herzkrankheiten,  diätetische  Behand- 

Haaen gehart  en  naht  14  L 

lung  26Ü. 

Hauptverbandplatz,  Lage  ß07. 

Herzkrankheiten,     hydriatische    und 

Haut^DurGhläj^aigkeit  für  Mikroben  87, 

mechanische  Therapie  260, 

Haut,  Resorptionsfiihigkeit  der  661. 

Herzlähmung  117.                                       ^_ 

Hautkrankheiten^  internationaler  Atlas 

Herzmuijkel,  Tuberculose  des  117.           ^^^| 

seltener  461. 

Herzatosscunre  42*                                     ^^H 

Hautkrankheiten,  Lehrbuch  von  Joaeph 

High  mors  hoble,  Empyem  der  142,  580.            ^M 

462. 

Highmorshöhle,  Vereiterung  der,  hei       ^^H 

Hautkrankheiten,     Pathologie     und 

Kindern  414.                                            ^^^M 

Therapie  der,  von  Kaposi  461. 

Himlocälisation  170.                                   ^^^^ 

Hautodem  472. 

UimsintJS,  Thrombose  der  174-                ^^H 

Hantperipiration  bei  Kindern  457. 

Hirntumor,  durch  Operation  beseitigt            fl 

^L     Hautsinn  80. 

138.                                                          ^M 

^B    Haut-  und  Haar  wachs  tb  um,  Zueam- 

Hist^iogie,  Lehrbücher  3.                          ^^^| 

^t              menhang  zwischen  463. 

Histologie  menschlicher  Organe,  Bei-        ^^B 

1           Hebammen,   Zurücknahme    dea  PrU- 

träge  zur  21.                                                  H 

^H         fungszeugnisee»  732. 

Hochgebirge,  Herzafliectionen  im  664.             H 

^H    Hebammen  ehrbuch  731. 

Hochgebirge,  Vermehrung  der  Blut-              ■ 

^H    Hefegährnug  im  Magen  280. 

kbrperchen  beim  Aufenthalt  im  663.              H 

^m    Heidelbeerblatter  651. 

HollensteinloBung,    Behandlung    der             H 

^^    Heilanstalten  des   Deutschen  Reiches 

Linsenkapsel  mit  502.                                  H 

1              758. 

Hörprüfung  bei  reinem  Tubenkatarrh             H 

^^     Heimstätten  für  Genesende  756. 

Ö4U.                                                         ^^M 

^H         g29                   ^^^ir              Sachregister.                 ^^^^^^^^^^^^^^^M 

^H         B5rprüfun^  des  normalen  Ohrs  540. 

Impfslatigtik  761.                 ^^^^^^^B 

^^H          Hörprüf ungsmethoden   bei  Beiirthci- 

Impft^yphilis  436.                                 ^^^H 

^^m             lung  der  Schwerhörigkeit  544. 

Implantation  128.                                 ^^H 

^^H          Hornhaut,    Erweiterung    der    Saft- 

Incisura   Santorini    des    Gehorgang-        V 

^H             lückeh  5t21. 

knorpels  538.                                           H 

^^B         Horpbaut,Krtimmung8verhültuis8e76. 

Indicanausächeidung  bei  tuberculöseo        H 

^^m         Bora  hau  tgeschwüre  5!20. 

Kindern  441.                                             H 

^^H         Hornplatten  auf  den  Brustwarzen  4U2, 

Influenza  101,   221,   3()4,  359—365,        ■ 

^^H          HüftgfelenksYerrenkung.    aogeborene 

432,  437,  533,  775.                                  J 

^m 

InÜtienzaapoplexie  362.                         ^^^M 

^^H         Bühnertuberculose,  Histologie  der  94. 

Intluenzabacillus  101,  360.                   ^^H 

^^H         Hamor  aqueus,  Abflusswege  de^  505. 

InlluenEaotUis  546,  547,  561.                    m 

^H         Hunde  im  SanitätsdieDst  dÜ7.  810^ 

Infusion,  intraarterielle  bei  Cholera         ■ 

^^m         Hyalin^  Beziehung  des  Keratohyalins 

340.                                                             ■ 

^H              2um  110. 

Infusion,  intravenöse  bei  Cholera  339.        ■ 

^^1          Hydrargyram  sozojodolicum  613. 

Infusion,  subcutane  bei  Cholera  339.        H 

^^m         Hydrastininum   hyd roch lori cum  654. 

Insufßcientia  velo-palatina  583.                  H 

^^m         Hydriatische    Behandlung  der  Neur- 

Interpli^uraler  Druck  45.                       ^^^| 

^m              algie  188. 

Intracranielle  Geschwülste  169.          ^^^f 

^^m         Bydriatisches  Verfahren^  neues  677, 

Intrauterine  Injection  709.                   ^^^| 

^^M         Bydrocephalie  des  Grosahims,  Ver- 

Intravenöse  Transfusion  127.              ^^^| 

^^H             auderangeii  dea  Kleinhirua  infolge 

Intubation  427,  587.                              ^^H 

^H             \on  169. 

Ischias  157,  193.                                   ^^M 

^^H         Bydrocephalus  bei   einem    syphilEti- 

IsobutylorthocreoBoljodid  626.            ^^H 

^H            'gehen  Kinde  442. 

^^^H 

^^m        Bydrocephal  ud  internus  cbrouicua  494. 

^H 

^^m         Hydrocepbalus^  Lumbalpuuction  des 

^H       ^^' 

Jackson 'sehe  Epilepsie  137,  ^^H 
Jaesche-Arlt'sche  Operation  510.         ^^H 

^H          Bydniphthalmos  527. 

^^H         Hydropa,  mechanische  bezw.  chirur- 

J&mbul  652.                                            ^^1 

^^H               giscbe  Behandlung  310. 
^H         Hyarotherapie  gegen  Cholera  676. 

Japanische  Tanzmäuse  80.                   ^^H 

Jodismus,  acuter  495.                           ^^H 

^^1          Hydrotberapie  gegen  Malaria  677. 

Jodkali  als  Tumorerreger  471.            ^™ 

^H          Eyoscin  als  Sedativum  229. 

Jodkali,  Larynxödem  infolge  dea  Ge* 

^H         Byperäatbesie  gegen  Salzsäure  ^78. 

brauch es  von  577. 

^H         Hyperthelle  18,  19. 

Jödkalium  bei  Chorea  410. 

^^m         Hypertrichosis  474,  485. 

Jodoform  131,   132,  217,  237,  238, 

^^H         Bypertrichosis  linnbalis  113. 

338,  625. 

^^m         Hypertrophie  der  Prostata  153. 

Jodoform  gegen  Cholera  338. 

^^m         Hvpodermoklsr^e  603. 

Jodoform  Vergiftung,  Psychose  durch 

^H         Hypopbysis  und  Thyreoidea  600. 

217. 

^^m         Hysterektomie,  vaginale  395. 

Jüd  tri  Chlorid  gegen  Tu  bereu  lote  de« 

^B         Hysterie  193,  194, 195, 407,  491,  531. 

Genitaltr actus  480. 

Jod  um  tribromatum  bei  Dipbtheria,^^H 
Jucken  bei  Sclmrhich  432.                   ^^H 

^H 

^H         Ichthyol  358,  629. 

Jucken  bei  Syphilis  4'j2.                     ^^H 

^^1         Ichthyosis  corneae  univeraalis  473. 

^M 

^H         Icterus  296. 

^H 

^m        Idiotie  231. 

^m 

^^m        Jleus^  Heilung  durch  constanlen  Strom 

Räi^ige  Pneumonie  118.                                ■ 

^B            290. 

Kaffee,    Wirkung   auf   das    Nerven-        1 

^H         UeoB  nach  Laparotomie  397. 

eyaiem  61.                                                H 

^H         Ilidste  bei  Serajewo,  Schwefelbad  674. 

Kaffeeverfälfichung  769,                         ^M 

^H         Immunität  89. 

Kaiserschnitt  380.                                 ^^B 

^^^^   Impetigo  463. 

"  ■"■"  1 

^^^^^^^^^^^^^^^^F          Sachreg^ist^r.                    ^P^^^             ^^g             ■ 

Kalk-    und   Ma^nesiabninnen   gegen 

Kochsalz-  und  Höllensteinberie^elung             ■ 

Nierensteiae  672. 

des  Mageos  282.                                             ■ 

Kalkmilcli  als  Dednfectione mittel  bei 

Koch'sches    Heilverfahren  233,  438,             ■ 

Cholf-ra  342. 

481.                                                               ■ 

KaJte  Äbfice^ße  132. 

Koch'scbelnjectionen  bei  Kindern  438«  .          ■ 

KaTialarbeiter,Gesnndheitazuatandder 

Körpergew  ich  tsb  es  tiramun  gen  bei  Cu-             H 

Münchfner  745. 

ren  668.                                                          H 

KaserDenanlageo  789. 

Kohleh3-drate,  Bedeutung  bei  der  Er*             ■ 

Katarrh,  chronischer,   infolge  über- 

nährung  58.                                                     H 

löäsBjgen  Fahrena  mit  dem  Vela* 

KohlehydratnabruDg     bei     Diabetes             ■ 

ciped  592. 

mellitus  323.                                             ^^B 

Kehlkopf,  künstlicher  135. 

Kohlendunstvergiftung  704.                      ^^H 

Kehlkopf exstiq>ation  591 

Koliken  1  Laparotomie  bei  147.               ^^^| 

Kehlkopfmiiskeln  68, 

Kopfhaut,  Krankheiten  der  behaar-       ^^M 

Keilbeinhohle.,  Etttziindong  der  581, 

ten  484.                                                        M 

Keimgeholt   in   der  Milch    gesunder 

Kosmetik  4B3.                                             ^^M 

Frauen  86. 

Krämpfe  im  Kindesalter  410,                  ^^^H 

H      Keratltie.,  bösartige  eiterige  520. 

Krankenkassen  728.  759,  760.                  ^^B 

^H     Keratohyalin,  Be2iebiiDgen  znm  Hva* 

Krankenträger,  Zahl,  607,                        ^^1 

™^         lin  110. 

Kraske'sche  Mastdarmresection  150,         ^" 

Keratoiritiden  500. 

Krebs  des  Ohrs  549. 

Kern  und  Protoplasma  10. 

Kreislauforgaoe,  Veründenmgen  der- 

KernschwuTidT iDfantiler  176. 

selben  bei  Nephritis  120. 

Keuchhusten  431,  619. 

Kreisphysiker,  Ausstellen  von  Atte- 

Keuchhasten behandlting  mit  Bromo- 

sten  für  Ötaatsbeamte  721. 

form  619. 

Kreisphysiker,  Befugniss  bei  Typhus- 

Kinderbewahranstal  ten  757. 

epidemie  726. 

Kinderheilknnde^  Litteratur  406. 

KreisphTSiker  und  Gewerben ufsichts- 

Kindermehle  458,  770. 

beamte  722, 

Kinderschutz verein,  Berliner  757. 

Kreissende,  innere  Desinfection  366. 

Kiodesleiche.  Eintlusa  von  Bewegnn- 

Kriegs  sanitäre  Vorgänge  in  Chile  803. 

gen    aaf   den    Respirations-    und 

Kropf,  Exstirpation  des  143 

ÜJgestionstf actus  713. 

KugeUhrombus  258. 

Kindeamord  zehn  Tage  nach  der  Ge- 

Kunstbutter 769. 

burt  716, 

Kupiervitriollösung  bei  Trachom  517. 

Klärbecken  an  läge  in  Wiesbaden  747. 

Kystome,  papilläre  der  Ovarien  121. 

Kleinhirn  169. 

^ 

Kleiohirnabscess,  Operation  572. 

^1 

Kliraatieche    Curen    in    den    Alpen 

^B 

664. 

Labenzym  bei  Säuglingen  415.                       H 

Kiimatologäe  des  Südens  665. 

Labyrinth-   und  JÜttelohrerkrankun-              ■ 

Kniegelen kacontracturen  ,    Schienen* 

gen,  Diflferentialdiagnose  542.                      H 

Apparat  zar  Bekämpfung  von  137, 

Lactfttion,  Fehlen  des  Sehvermögens        ^^H 

Knochen,  Gesetz  der  Trensformation 

während  der  533.                                   ^^M 

der  122. 

Lähmung,  atrophische  193.                       ^^^| 

Knochendefecte,  Ersatz  durch  decal- 

Lähmungen  187.                                                 H 

cinirte  KDOcbenplatten  129. 

LammbUilserumLuiectiDn  gegen  Lues             ■ 

Knocheiihöhle,  plastische  Ausfüllung 

496.                                                                  ■ 

nach  Nekrotomie  d.  Diaphysen  160. 

Lanolin  im  Blut-,  Leber-  und  Nieren-              ■ 

Knochenleitnngsprufung  543. 

fett  46^.                                                            ■ 

Knochennaht  129. 

Laparotomie  147,  148,  396,  398,  807.              ■ 

Knochenplasiik     mit     prothetischer 

Laparotomie  bei  Darm  Verletzung  148,              H 

Wirkung  161. 

Loparntomie  bei  tuberculöser  Perito-              H 

Kochsalzinjectionen  126,  60*2,  604. 

nitis  148.                                                         ■ 

KochaalalÖsung,  subcutan  einverleibte 

Laparotomie    bei     ünterleibskoliken             H 

^          indifferente  126. 

^^M 

^^m            824                                                  Sachregister.                            ^^^^^^^^^^^^H 

^^1            Luppe nbildung  bei  Dammplaetik  392. 

Leukonuclein  36.                         ^^^^^H 

^^M            L&rynj^iemu.^  5tridiilu8  5B6, 

Leukoplakie  476,  583.                ^^^^B 

^H            Lan^ngüie  ulcerosa  5'77. 

Levicow asser  67.3.                              ^^^| 

^^H            Lüiyngotomien  504, 

Leysin  666.                                       ^^M 

^H            Larynx,  Syphilis  und  Tiiberculose  des 

Liehen  planus  468.                           ^^H 

H                593. 

Liehen  ruber  468. 

^^H            Larytixcarcjnom  594. 

Liehen  scrophtiloaorum  468. 

^^H            La rvDx Croup  425, 

Licht,  Einduss  auf  den  Stoffwechsel  59. 

^^H            Laryti:c(Ii|ihtherie  587. 

Liebreich'ache  r an tharidin saure  Salze 

^^B            Laryaxpapillom  593. 

gegen  Tuberculose  239,  240. 

^^m            LaryDxpmchomiritis  592. 

Linien  kapsele  Behandlung  mit  Holten- 

^^B            LarynxphthisiB^Traelieotamie  bei  593. 

flbeinlosung  502. 

^^m            Larynxsyphilis  bei  KinderiL  422^  495. 

Lipomatosigi  universalis,    Oxalßäure- 

^H             Lazaretligeliiilt'eiUaeche  610. 

ausscbeidung'  325. 

^^1            Leber,  ÄitsscheidiiDg  der  Galknfarb- 

Lipome,  Einklemmung  präperitooea- 

^H                fltoflfe  des  Blutes  54. 

1er  278. 

^^m            Leber^Blntzellenbilduiig  derembryo* 

Liquor    ferri   sesquichloratl   bei   Di* 

^^m                naJen  115. 

phtherie  430. 

^^m            Leber,  Verhalten  bei  Arsenikvergif- 

Löfflereche  Bacillen  bei  Croup  584. 

^H               tung  614. 

Loffler'flche  Bacillen   bei  Diphtherie 

^H            Leber,  Verkleinerung  2113. 

585. 

^^B            Leber,  cystiäcbe  Erkrankung  bei  Neu- 

Losophan  642. 

^^B                geborenen  4'i2. 

Lucae^sche  Drucksonde  bei  Mittelohr- 

^^B           Lebercjrrhose,  biliäre  Itti. 

erkrankungen  557. 

^^B            Lebercirrhoae^  hypertrophische  296. 

LuftveruDreinigung   durch    undichte 

^^B            Leberentzündung,  chroBieche  2H3. 

Fussböden  742. 

^H            Leberkolik  297. 

Luftwege,  primäre  Geschwülste  der 

^^H             Leber  Veränderungen     nach     Galleu- 

119. 

^^B                 gan<^BiiDterbindung  115. 

Lumbalpunktion  d.Hydrocephalusl  64. 

^H            Leber-  und  Mihdämprimg  293. 

Lunge,   compensatoriache  Hypertro- 

^^B            Lehrbuch   der  gerichtlichen  Psycho- 

pliie  118. 

^H                Pathologie  v.  Krafft-Ebing  212. 

Lunge,  VerkäsutJg  in  einer  pneumo- 

^^B           Lehrbuih    der  Hautkrankheiten  von 

nischen  118. 

^H                Joseph  462. 

Lungenabscesg,  Nachweis  des  Fried- 

^H            Lehrbuch  derMililärgeaandheitspQege 

länder'schen  Bacillus  245, 

^^B                von  Kirchner  786. 

LangenarterienembüHe  247. 

^^B            Lehrbuch  der  prac tischen  Waseerheil- 

Lnngenarterieidihi|)pen ,     Schlussun- 

^H                künde  von  Krtiche  678. 

lahigkeit  der  255.                           ^^M 

^^H            Lehrbücher,  anutomiBche  1. 

Lungen blutun gen  246,  261.              ^^^B 

^^B            Lehrbücher  der  Augenheilkunde  497. 

Lun^endistomenk rankheit    in    Japi|^^^| 

^^H            Lehrbücher  der  Histologie  3. 

^H 

^^B             Lehrbücher  der  Psychiatrie  211, 

Lungenembolie  247.                          ^^ 

^^B             Leichen,  Schwimmen  frischer  684. 

Lnngenemphysem  118. 

^^B             Leichenschau  749. 

Lungenerkmnkungen^  Therapie  chro- 

^^B            Leichenschauberichte  726. 

niacher  248. 

^^B            Leichenverfarbuug  679. 

Lungengangnin  103,  246,  413. 

^H            Leistenhoden,    Herabrücken    in   den 

Lungengangnhi  bei  Kindern  413. 

^H                Hodensack  136. 

Lungenodem ,   Auftreten  bei  fibröser 

^H            Lepra  479. 

Pneumonie  245. 

^H            Lepra  anaesthetica  480. 

LungenschwindFucht  233,  235,  236, 

^M            Leukämie  32^,  329,  330. 

240,  241,  243,  245. 

^^B            Leukämie^  lienale  550. 

Lungentubercuiose,  kliniBche  Formen 

^^B            Leukämie^,  Complication  nait  Hämo- 

der  241. 

^H                globinurie  301. 

Lungenluberculoße,  Fieber  bei  243. 

^H            Leukocytose  bei  Influenza  362. 

Lungentubercnlose^  Miscblnfeclioaen 

^^M           Leakoiütt  adhaerene  526» 

bei  241. 

^^^^^^^^^^^^^^^V          Sachregister.                     ^^^^                           ^^B 

^H  Lnpüs  4SI. 

Masernepidemie  bei  den  Truppen  792,         ^^H 

^^V  Lapus  erytliemalosus  476. 

Äfassage.  Wirkuogauf  die  Muskeln 66.               ■ 

^^   LyTnpbdrüsenetitzündung,   retropha* 

Massage  bJlittelohrerkrankungen557.         ^^H 

l             ryiigeale  411» 

Mastdarm  ,     Resorption     von    Salz-         ^^H 

^^    Lymphosarkom  ^     Behandlung     mit 

Ibsungeu  56.                                               ^^H 

^B     'Arsenik  615. 

Mastdarmerkrankuugen,  syphilitische         ^^H 

H  Lysol  639. 

292.                                                             ^H 

1        Lyssa  356, 

Mastdarm  freschwüre  115,  292,                          V 

Mastdarmreaection,  Kraske'sche  150.           ^^H 

^B                              M. 

Mastdarmstrictur  150,  492.                          ^^H 

Mechanotherapie  bei  chronischer  Ob-         ^^H 

^^■fl|lgen^  braun  farbige  Fetten  Im  273. 

stipation  289  >                                            ^^H 

^^liigen,  Gasbildung  im  279,  2^0,  281. 

Meco-NarceiqueB  216.                                   ^^H 

^^^Magen^  GescbwuJstbildting  im  276. 

Mediastinopericarditis  im  Herzlleiech          ^^H 

1         Magen,  patbologisclie  Veränderungen 

261,                                                                   ■ 

1             des,  und  ibre  Beziehungen  zu  pri- 

Mediciual reform,  preussische  720.              ^^H 

1             mären  Psychosen  219. 

MeduUa  oblongata  175.                              ^^H 

^H    Magen,  Salzsäure  im  265,  266,  267, 

Meduüa  oblongata,  Abscesse  In  derl76,         ^^H 

^B   Magencarcinom  275. 

Meerwasaer,  Wirkung  des  669.                   ^^H 

^H  Magendoucbe  232. 

Melaena  neonatorum  451.                            ^^^^ 

^^ft  Magenelektrisirung  264. 

Meni^re'scher  Scbwindel  194.                     ^^^| 

^^B    Magener wei lern  nt;:  276, 

Meningitis,  Taubheit  infolge  von  B62.        ^^H 

f         Magengäbrung  279,  2ÖÜ, 

Meningitis  cerebrospinalis  552,  553.                ^M 

^^    Magengeach  wäre  274. 

Menstruation    ond    Krankheiten    der         ^^H 

^H  MagengTöfise,     Bestimmung    mittels 

oberen  Respirationswege  590.                  ^^^| 

^P      Lnffc  270. 

Metalldreherlahmung  189.                          ^^M 

P        Mageninhalt,  Ammoniak  im  266. 

Metatarsalnenralgie  162.                             ^^^| 

L        Mageninhalts  unter8uclioiigen265,4l7. 

Methylal  gegen  Schlaflosigkeit  2?{).         ^^H 

^K  Magenkranke,  Blut  bei  281. 

Metliyleublau  gegen  Malaria  353.              ^^H 

^^B  Magenkrankheiten,    Behandlung  mit 

Methylenblau  gegen  Tuberculose  237*        ^^^| 

^^       Salzsäure  281, 

Methyhiolett  bei  Diphtherie  429.              ^^M 

1         3Iagenkrankheiten,  Casiüstik  der  273. 

Migräne,  Psychose  nach  224*                      ^^^| 

^H  Jdagenkraokheiten,  Diagnostik  d.268. 

Mikrognathia  inferior  113.                         ^^^| 

^B  Hagenneurosen  2M. 

Mikroskopit^che  Anatomie  3.                      ^^^H 

^H  M&genoperationen  275» 

Milch,  Beschulung  unverfälschter  661.        ^^^B 

^^1  Magensaft,  SaUeaai^e  im  5U, 

Milch  gesunder  Früuen,   Keimgehalt              ^M 

^^K  MageoBaftsecr^tioii  278, 

der  8(1.                                                                ■ 

^^K  Magenschleimhaut  49. 

Milch,  hygienisehe  Vorschriften  769.               H 

^H  Magenscbleimlmut,  Ausscheidangvon 

Milch    und    Casein,     Verhalten    zur         ^^H 

^^V      Giften  durch  die  55. 

Sal^i^äure  416.                                           ^^M 

^^ft  M8genthättg;keit,  Prilfung  dnrch  Salol 

Milchdiät  bei  Scharlach  433.                     ^^M 

H    27a 

Milchlinie  19,                                               ^^M 

^^K  Magenverdauung  bei  Säuglingen  417. 

Milehsterilisaüon  459,  461.                         ^^M 

^^K  Magen-  undDarmdm'chleuchtung27U. 

Miliartuberculose  341.                                    ^^H 

^^f  Magen-    und    Darmbewegung,    Ab- 

MilitärgesundheitepQege,      Lehrbuch         ^^B 

^^       h&ngigkeit  derselben  vom  Nerven- 

von  Kirchner  786.                                     ^^H 

l           System  54. 

Milz  und  Pankreas  21.                                ^^H 

^^1  Magen*  und  Darmhautatrophie  276, 

Mihbraod  355,                                            ^M 

^■Malaria   102,    301,    350,    352,    353, 

Milzschwellungen    bei    rhechitischen              ^M 

^m      677,  795, 

Kindern  443.                                                  H 

^^m  Mamma,  Fibrom  der  121, 

Mineralwasser,  Untersuchung  von  662»              ^^ 

^^V  Mandeln,  Fremdkörper  in  den  582. 

Mineralwasseranalysen  660.                         ^^^ä 

^^B  Manne!   pratique  de  mMecine  mcn- 

Mitralklappenfehler  255.                             ^^^M 

^B       tale  TOn  Rfegis  212.                            ' 

Mitralstenose,  uncomplicirte  254.               ^^^H 

1        Maeern  433,  551,  566. 

Mitielohreiterung  549,  560,  566.               ^^M 

^^    Mager nbacill  US  433. 

Mittelohrerkranknngen,  TherapieÄ^^^^^^B 

^H            826                        ^^^^m           Sachregister.                            ^^^^^^^^^^^M 

^H            Mittelohrkatarrhe  565. 

^ 

^H            Hoor  uDd  MüorbädfT  675. 

^ 

^^^^^     Morbus  Adtiisonii  121. 

Nabelblutung  bei  Neugeborenen  384. 

^^^m     Morbus  Baeedowii  598,  580. 

Nabelgefässe,  Obliteration  715. 

^^^M     Morbus  Brjghtii  304. 

Nabelschnurumschlingung,  Fehlender 

^           Morbus  Weilii  353, 

Strangfurcbe  718.                                   1 

^H            Morbus  maciilosiis  445. 

Nachtschweisfl  der  Phthisiker  240,          1 

^m            Mollusca  fibrosa  474. 

Nabesehen,  anstrengendes  506. 

^H            Morphinismus.^  Behandlung  dea  218. 

Nahrung.^     Ausnutzung    unter    dem 

^H            Morph i 0 man ie  217. 

Eiolluas  von  körperlicher  Anstren- 

^H           Morphium  .^    AbslinenzerscheiDUDgen 

gung  53. 

^B               inid  Magen  285 

Nahrungßbedürfnisfl  58,                             i 

^^m           Morphium -Cocain -Wahn  sinn  217. 

Nahrungamittelfälachung  772.                  1 

^^M           Morphologie  der  Bacterien  85. 

Nahrungsverweigerung  232^  604. 

^^M           Morphologie  und  Biologie  des  Tuber- 

NaphtnlJn,  Einwirkung  auf  die  Netz- 

^^H              culoseer regers  94. 

haut  499.                                                  - 

^M           MorvanVche  Krankheit  180,  181. 

Napbtulin  gegen  Oxyiiris  419.                | 

^^B            Mund^  Tumoren  des  582. 

Narkose  in  der  GeburtshüUe  36S,          i 

^^m           Mnndschleimhauti     Erkrankung    be! 

Nase,  Ausschnauben  der  579. 

^^m               Neugeborenen  383. 

Nase,   Behandlung   der,   bei  Morbus 

^^1            Miindschleimhaut.^Leukop]akie  der583. 

Baaedowii  580. 

^H            Mandspeichel^    Farben reactionen  272, 

Naaenathmung  bei   Kindern^    behin- 

^H           Mundverdaaung    und    Mnodspeickel., 

derte  411. 

^H                Bedeutung   Tür  die  Thätigkeit  des 

NasenOügel,  Ansaugen  der,  bei  Iil* 

^^m              Mßgcns  272. 

Spiral  ion  579. 

^H            MuBculas  cremaster  24. 

Nasenstein  580. 

^V            Muskatnuesvergiftuug  702. 

Nasen-,    Rachen-  etc.  Erkrankiingeo., 

^H            Mnskel^    durch    Arbeitsleistung    ge- 

Litteratur  600. 

^H                 bildete  Wärmemenge  66. 

Natrium  biboracicum  631. 

^^m            Mudkeln^  Zusammensetzung  der  em- 

Natrium  chloratum  602. 

^H                bryonalen  458. 

Natrium  chloroboroaum  632. 

^H            Muskelatrophie,    progresaive    nenro- 

Natrium  tetraborocicum  632. 

^H                 tische  186. 

Natrium  tetraboricum  bei  Ohmtertin- 

^H            Mtiskel fasern^  Regeneration  der  i^uer- 

gen  560. 

^H               gestreiften  107. 

Natron  dithioaalicylicum  650. 

^H             fttu^kellibriUe  65. 

Nebenhodenkopf,  Drüsen  im  23. 

^H            Muskelbemmuiigen  67.^  68. 

Nebennieren  37. 

^m            MuskelinBuftlcitnz  506. 

Neben  pankreaa  116, 

^^B            Muskelleielung  IB. 

Nekrose  der  Streckmuskeln  109. 

^^m           Muskelma&chine  66. 

Nekrosen,    Verändern ngen    der   Alt* 

^^1            Muskelschwund  durch  Syringotuyel  ie 

mann^schen  Zellgranula  bei  108. 

^m          181. 

Nekrotomie  der  Diaphyaen,  plastische 

^m            Muskelsyphilia  494. 

Auflföllung  der  Knochenhöhle  nach 

^H            Muskelvarietäten  16. 

160. 

^H            Mnskelwarme  67. 

Nephrektomie  im  Kindeaalter  422. 

^H            Mfcositi  fungoides  482. 

Nephrin  311. 

^B            Mjocarditis  266. 

Nephritis,  acute  119. 

^H            Myocardtum.,  Fragmentalion  des  116. 

Nephritis,  acute,  infectiöse  302. 

^M            Myome,  Elektrotherapie  der  39ü. 

Nephritia,  diffuse  302. 

^m            Myomotomje  378. 

Nephritis,  toxische  302, 

^H            Myositifl  ossificans  progressiva  12X 

Nephritis,  Veränderungen  der  Kreis- 

^H           Myrrholin  gegen  Eczema  narium  577. 

lauforgane  bei  120. 

^H            Myrrholin    gegen    Larvnxtuberculose 

Nephriti9beiGelenkrheumatismus304. 

^m                577. 

Nephritis  bei  Lnetikern  610, 

^m            Myxödem  492,  599. 

Nephmlitbtasis  311.                                 \ 

Nerium  Oleander  056.                        ^^fc 

^^^^^^              Sachregister.                ^^^^^T          937         ^^M 

Nerr,   AufBQchuBg  de»,  jenseits  des 

Nieren  ei  terung  313.                                       ^^^| 

runden  Lochs icnerhalb  der  Schädel- 

Nierenentartiing,  polycystiache  315.            ^^^| 

liöhle  138. 

Nierenentzündung,  med  icamentÖ^eBe*         ^^^| 

Nerven,  chemische  Reizung  von  ino- 

handlang  310.                                            ^^H 

toritM^hen  69* 

Nierenepithelien.^  Veränderungen  bei          ^^^| 

Nenren,  Wülenareiz  (59. 

der  Harnaecretion  22.                                 ^^^| 

Nerven  dea  Armes  und  der  Hand  bei 

Nierenerkrankungen  bei  Syphilis  307,         ^^^^ 

Äffen  und  Menschen  IS* 

Niei^nexstirpation  314.                                 ^^H 

Nervendehnnng  bei  Ischias  157. 

Nierenge  webe,  Regenerationsfähigkeit         ^^^| 

Nervenerkrankungen   bei  Lues  493. 

des  108.                                                    ^H 

Kerrenlähniune:  infolge  Entbrndung 

Nierenkranke^  Stoffwechsel  der  307.          ^^M 

379. 

Nierensaek.    Herstellung  der   Cooti«         ^^^| 

KeTveii03r8tein^  toxiBche  Erkrankungen 

nuität  mit  Harnblase  154.                        ^^H 

dts  205. 

Nierensecretion,  fötale  385-                          ^^^| 

Nervensvstem,  Veränderungen  durch 

Nierenstein,    Behandlung   mit  Kalk-         ^^^^ 

Syphilis  532. 

und  Magne^iabrunnen  672.                      ^^^| 

KervöaeCentralor^ne,Anieitungbeim 

Nierenstrumen  314.                                       ^^^| 

ßtndium  de«  Baues  der,  Ton  Ober* 

Nieren thätigke it.,    Einüuss    auf  den         ^^^| 

Steiner  211» 

KreislauJapparat  305.                                  ^^H 

Nervosität  und  Psychosen  im  Kindes- 

Nierentuberculoi^e  313.                                    ^^H 

alter  202, 

Nierenl uberculose  im  Ktndepalter  4'23.         ^^H 

Nervns  acusticus,  Torpor  des  574. 

Nieren  Untersuchung.      physikalische         ^^^| 

Nerrus  lar\*ngeus  inferior.,  Functionen 

^H 

des  589/ 

Nierenveränderung  bei  Influenza  304.         ^^H 

Nervus  museal o-catanens .   Lähmung 

Nordseebäder,  Wirkung  der  669.                ^^M 

des  191. 

Nordseeluft^  ßeschafrenheit  der  667.          ^^H 

Nervus  octavns  79. 

Ncrmalgewichtasatz  in  den  A  potheken         ^^H 

Nervus   pharyngeus  medius   e  vago^ 

^^M 

elektrische  Reizung  des  589. 

Nncleinplättchen  36.                                      ^^H 

Netzhaut^  Degenerationen  durch  Naph- 

Nncleoalbuminurie,  renale  299.                  ^^^| 

talin  499. 

Nystagmus  der  Bergleote  509.                   ^^H 

Netzhaut,  helle  Streifen  auf  den  Venen 

^^^H 

^^a     der  menschlichen  504. 

^^1 

^nietzbauUblösun^  529. 

^^Bleixgeborene,  Erkrankung  der  Hand* 
^HT  Schleimhaut  363. 

Oberhautabscess   durch    Eiterkokken         ^^H 

verursach  1  463.                                          ^^^| 

^■«eageborene,     gonorrhoische    ßlcn^ 

Obersalzbrunner  Kronenquelle  672.            ^^^^ 

r           norrhoe  384. 

OberschenkeL  Contnctnr  der  Addoc*         ^^H 

^^  Neugeborene,  spontane  Nabel blutung 

toren  156.                                                   ^^H 

^^k    384. 

Obstipation^  Bebandlong  durch  He*         ^^H 

^KKengeborene ,     zweifelhaftes    Leben 

chanotherapie  289.                                      ^^^| 

1            714. 

Oeulomotorius  28.                                        ^^H 

1       Neuralgie  188. 

Ociüomotonnslihinttng  190.                        ^^H 

^^^euritlfl  diabetica  187. 

O^Dwyers  Intubation  587,                            ^^M 

^^^enritis  optica  nach  Influenza  534. 

Oesophagitia  dissecans  263.                          ^^H 

Nenri»i*,  periphere  436. 

Oesophagitis  dis«ecaoi  t  uperllcialiil  14,         ^^H 

Neuritis,  retrobulbäre  nach  Intlaen^ 

Oesophagopkatik  142.                                 ^^1 

533. 

Oesophagus,  Fremdkörper  im  7$L            ^^H 

Neu  rem  lll. 

Oesophagaserkmnknogen  263.                    ^^H 

Nenroretinitls,  beidersefUge  nach  In- 

0«8ophaguBsteDOde 263.                               ^^H 

fi  urnza  534. 

Ohr,  Erkrsnkaiigea  bei  liilhi€fua  547.         ^^M 

Neurosen  der  Prostata  2<^. 

Ohr,  Fistelbildung  im  501                         ^V 

Nieren,  Blntdupchsirömang  64. 

Ohr.  Krebs  de«  &I9,                                          V 

^_  liieren^  patpable  und  bewegliche  316. 

Ohr.  Syphilis  des  laoeren  540.                   ^^1 

^BKiereiL,  Thidgkdt  d.  fiberlebenden  63. 

Ohr.  ütaügm  Eid  im  556.               ^^^^M 

H|^rai6ysten  314. 

Ohr.  mdligne  Tnmonn  des  549.    ^^B^^^| 

^^M             Ohreiterongen^   Behandlung  mit  Na- 

^m 

^^1                 tri  lim  teirat>oradcum  632. 

^^m             Ohr^Ti^  Seh Qsa wunden  beider  575. 

Pachydermia  laryngis  592.              ^^^| 

^^B             Olirenerkrftnkungen   bei  Blasern  566* 

Paget*sche    Erkrankußg    der    Bmit-    V 

^^m             Olireoheilkunde^  Lehrbücber^grädeere 

rirüae  472.                                                   ■ 

^H                 Schrifkn  und  Atlanten  31^  536. 

PambotanQ  353.                                         ■ 

^^m             Olirfurunculoäe  555. 

Panaritium  93.                                            H 

^H             Ohriabyrlnib^  ßedentung  der  Bogen- 

Pankreas»,  Tubercwlose  de«  116*             ■ 

^^M                 gänge  538. 

Panophtbalmitis  523.                                ■ 

^^m             Obriiiusctiel^  Epitbeliom  der  555. 

Papillom  119. 

^^M             Olirmuäcbelcjsten  555* 

Pa<|uelin'flcherApparat.>Vereiiifachting 

^^B             Obrpolypen  560, 

des  134. 

^^M             Ohrscb Windel  574. 

Paracenteae  der  Shrapneirscheii  Mem- 

^^M           Ohränmoien    mH    ScbwindelanräUen 

bran  558. 

^m                565. 

Paracentese    des    Trommelfells     bei 

^^m             Oleum  Amygdalanim  gegen  Syphilis 

Mittelohrentzündung  558. 

^m 

Parncuais  Willisii  574. 

^^m             Ophthalmia  scrofiilosa  510. 

Paralyse  185,  201,  204,  219,  220.  221. 

^^B             Ophthal  [nie,  pnruiente  514. 

Paralyae^  Beziehung  der  allgemeinen 

^^m             Ophtha Jmie,^  .sympathiscbe  524. 

zur  Tabes  185. 

^^m             OphthalmobletiGorrhoea    neonatomm 

Paralyire,  acute  ascendirende  185. 

H 

Paralyse,  autointo.Yicatorische  204. 

^^m             Opiumalkaloide^   EinÜuss  auf  Darm- 

Paralyse,  geograph.  V^erbreitüng  221. 

^^B                  bewegungen  288. 

Paralysis  agitaDS  185,  201. 

^^m             Onentirungsstorungeii  nach  Hirnver- 

Paranoia,  periodische  225,                        M 
Parasitäre  Protozoen  103.                        ■ 
Parasystolisches   Geräusch    über   der 

^^m                 letz  un  gen  539, 

^H             Osteitis  deformans  122. 

^^m             Osteoarthropathie       hypertrophiante 

Mitralis  254. 

^^1                 pneumonique  206,  490. 

Partienligatur  Zweifel's,  fortlaufende     ■ 

^^m             Osteomalacia  ad u! forum   130. 

133.                                                         ■ 

^H             Osteomalacie  ]22,  381. 

Paata  cerafa  125.                                       ■ 

^^m             Osteophlebitis  cronii  138. 

Patellarreilex,  Wiederherstellung  des    fl 

^H             Oöteütoniie,Trendelenbnrg'8chesiipra- 

184.                                                        ■ 

^H                  malleolare  162. 

Patellarsehnenreaex  187.                         ■ 

^^m             Olalgia  tympitnica  5G4. 

Pathologie  und  Therapie  der  Haut-    1 

^H             Oihämatoni  546. 

krankheiten  von  Kaposi  461             ■ 

^^H             Otitis  externa  diffusa  565. 

Pathologie  uod  Therapie  der  psychi-    V 

^^M             Otitis  interna  553. 

sehen  Krankheiten  t.  Grieainger  211. 

^^m             Otitis   inUma^  Tatibheil   infblge  von 

Paukenhöhle^     Uebergang     von    Er- 

^^m                scarlatinöser  551. 

krankungen     derselben     auf     das 

^^m             Otitia  media  94. 

Schädelinoere  554. 

^^m             Otitis  media  catarrlialis  chronica  562. 

Paukenhöhlenentzimdung  558.        ^^^H 

^^m             Otitia  media  purulenta  chrüuica  562. 

Paukenhöhlenerkrankung  565.        ^^^| 

^^m             Otitis  media,  Pyämie  nach  568. 

Pediculi  pubis  47!:l«                            ^^^| 

^H              Otorrhoebehaudlung  558. 

Peduncuü  cerebri,  Tuberkel  der  1W^| 

^M             Ovale  Gläser  73L 

Pelioais  rheumatica  445.                       ^H 

^^M             Ovarien^  papilläre  Kystome  der  121. 

Pemphigus  des  Larynx  u.  Pharynx  582.   V 

^H             Ovariotomie  370,  308. 

Pemphigus  im  Kindesslter  455.              ■ 

^H             Oxalsänreausscheidung   bei   Lipoma- 

Pemphigus  foliaceus  477. 

^^M                 tosis  universalis  325. 

Penis,  VerschliesBung  einer  Fistel  an 

^^m             Oxalurie^  alimentäre  311. 

der  Pars  pendula  des  151.                  ■ 

^M            Oxamid  311. 

Pental  636.                                          ^J 

^H             Oxjchinaseptol  642. 

Penlosen  61.                                     ^^H 

^H             Ozyuris  410. 

Pepsinweine  263.                              ^^H 

^H             Ozäna  577. 

Peptone,  giftige  Eigenschaften  47.       V 

^H            OioDy  Einwirkung  auf  Baderien  742. 

~""""3 

^^^^^^^^^^HP^^               Sachregister.                     ^^^^"           329        ^^| 

Perforation? Peritonitis  bei  Keiigebo* 

Pneumonie  nach  Malaria  352.                     ^^H 

reuen  4'iO. 

Pocken  u.  Varicellen,  Identität  von  435.         ^^H 

Perforation  »Peritonitis  bei  Schwanger- 

Pockeufitatistik 780.                                      ^^M 

schaft  371. 

Polymyositis,  primäre^  acute  186.             ^^^M 

Periarteriitis  nodosa  118, 

Polyneuritideu  188.                                      ^^^| 

Peritoneal  tuberciilose  116, 

Polyspermie  84,                                           ^^^| 

Peritonitis,  Laparotomie  bei  tu  bereu  - 

Pompholyx  472,                                           ^^H 

I0.W  147. 

Posticuslähmung  595,                                  ^^^| 

Peritonitis,    tuberculöse  im   Kindea- 

Po8ttyphÖE;e  Eiterungen  316.                      ^^^| 

alter  421. 

Post  typhöse  Epididymitis  346,                   ^^^| 

PeritypMitia291. 

Posttyphöse  Lähniungen  345,                      ^^H 

Peritj^phlitis  bei  Kindern  415, 

Processus  mastoideus,  Durchleuchtung         ^^H 

Perlflucbt  beim  Menscheu  244, 

des  544.                                                          ■ 

Pes  planus  dolorosue  1Ü2. 

Frostaia,  Hypertrophie  der  153.                ^^^M 

Pefit  781. 

Prostata,  Neurosen  der  201.                       ^^H 

Phänomen    der   flecundären    Empfin- 

ProstitutiOQ  750,                                        ^^H 

dong  81, 

Proteus  vulgaris  369.                                   ^^^| 

Phagocytose  92, 

Protozoen,  parasitäre  103.                         ^^^| 

Pharyngitis  578. 

Pruritus  ani  476,                                          ^^H 

Pharyngomykosii  l^enigna  582. 

Pruritus  vulvae  476»                                  ^^B 

Pharvnxtonaille,  Tonsillotona  für  die 

Psammom  111.                                                     ^M 

578. 

P&eudobulbärparalyse,  echte  cerebrale         __^^ 

Phenocollnm  hydrochloricunn  647, 

^M 

Phenylurethan  645, 

Fseudogallensteine  297.                              ^^M 

Phlyctänuläre  Conjunctivitia  518, 

Pseudohydrouephrose  ^13,                          ^^H 

Pbonationscanüle,Verbes8enmgd.l35, 

Psoriasis  469.                                               ^^1 

Phoaphor  gegen  Rhachiiis  444, 

Psychiatrie,  Lehrbücher  der  21 L                 ^^B 

Phosphorvergiftiing^,  Behandlung  mit 

Psychische  Krankheiten,  Pathologie  u.               H 

Kalium  bypermanganicum  6u7, 

Therapie  der^  von  Griesinger  211.              H 

Phthifiiker,  Naehtach weiss  der  240, 

Psychische  Vorgänge,    Beeintlusaung              H 

Physikat^  Aendenmg  deä  pretiss,  720. 

durch  Arzneimittel  231.                               ■ 

Physiologie  der  Baclerien  86. 

Psychomotorische    Schwächezustände              H 

Pilocarpin  46. 

225.                                                                   ■ 

Pilocarpin  gegen  Glottisödem  577, 

Psychopathologie,   Lehrbuch  der  ge-              ■ 

Pilocarpinbehandlung   der  Mittelohr- 

richtlichen,  von  T.  Krafft-Ebing  212*               H 

cit**rüngeu  557, 

Fsychaeen,  Beziehungen  zu  paCholo-               H 

Pincette  zur  Trachombehandlung  518. 

gischen  Veränderungen  des  Magens         ^^B 

Pinguecula  519, 

^H 

Piperazin  312,  324,  658, 

Psychosen,  Eint  heil  ung  der  213.                ^^H 

Pityriasis  rosea  479, 

Psychosen  durch  gewerbliche  Vergif*        ^^H 

Pityriasis  rubra  466,  467, 

tungen  217,                                                ^^H 

Pityriasis  versicolor  479, 

Psychosen  im  frühen  Lebensalter  226.        ^^H 

Plasmodien  bei  Malaria  794, 

Psychosen  nach  Migräne  224,                     ^^H 

Plattfoss  ein  Degene  ratio  nsze;chen204. 

Pterygium  519.                                            ^^H 

Pleu  ra,  p  ri  märerE  n  d  otlie  1  k  r  ebfi  der250. 

Ftosisoperation  510.                                   ^^^| 

Pleara,  Verdickung  der  119. 

Puimonalosiium  256.                                  ^^B 

Pleura empyem  249. 

Pupille,    Wirkung    der    Farben    auf              ■ 

Pieuriria  97,  24Ö,  249. 

die  77.                                                           ■ 

Plexus  brachialis,   Lähmung  im  Be- 

Pupillenerweiterung  durch  Cocain  522.              H 

reiche  des  191,  192. 

Pupillenreaction,  hemiopische  (Wer-        ^^H 

Plexus  coeliacus,  Exstirpation  des  109. 

nicke's)  168,                                              ^^M 

Pneumatotherapie  24B. 

Pupillenstane,  hemiopische  168.                 ^^H 

Pneumonie,  Albuminurie  bei  304, 

Pupillenstarre,  reüeclorieche  532,                    ^M 

Pneumonie^  acute,  käsige  118,  fi42. 

Pupillenweite  77,  78.                                        ■ 

Pneumonie  mit  Ausgang  in  Indura- 

Purpura  haemorrhagica  445.                            ^M 

ttOD  244, 

Pyämie  nach  Ottiis  media  568,                       ■ 

^H         gSO                                               Sacliregtster.                                                     ^^^H 

^H         Pyelonephntiä  313. 

Rhinitis  pseudomembranacea  im  Kin>       1 

^^1          i^lorus^  Bewegung  deF  55, 

deealter  411.                                               ■ 

^^m         PylaruBreflectioneti  275. 

Rhmosklerom  483.                                       M 

^H         Fyoktanin  429,  5(jl,  645. 

Riechsclileimbaut,  menschliche  29.           H 

Riesenkind  379,  452.                                   ■ 

^h 

Randenfeld  des  Auges,  Beziehungen  zu        B 

den   primären  Opticuscentren  168.        ■ 

^^f         Qoeckflilber  610. 

Rippenabschiiitte,  Resection  der  hin*        ■ 

^^1         Quecksilber^    Verdunstung    aus    der 

teren^  mittels  Meisselzatige  145.             M 

^H             grauen  Salbe  612. 

Rotheln  434.                                         ^^B 

^H         Qnecksilberchlorid  612. 

Rotz  355.                                                ^^M 

^H         QnecksilbervorgiiltuDg  704. 

Rubeolen  434.                                         ^^B 

^^B         Quecksilbervergiftung    durch     graue 

Rückenmark^  combinirte  Erkrankung        ■ 

^m            Salbe  491, 

der  Stränge  des  177.                               ■ 

Rückenmark ,     combinirte     System-        1 

^H 

erkrank ung  des  177.                                 H 

Riickenmarkderkrankungen     bei     In-        1 

^H         Rachendiphtberie,     Taubheit     nach 

Üuenza  863.                                                 ■ 

^B             550. 

Rücken  niarksfunctio  neu  179.                       ■ 

^^H          Hacken poljrp  580. 

Rüekenmarksveränderungen  bei  5ko-        M 

^H         Radicalepilatioa    bei    Hypertrickosis 

iiose  tdO.                                                   ■ 

H 

Rumination  276.                                  __U 

^^H          Ranula^  Exsiirpation  des  ßalgea  einer 

^m 

^H             entleerten  142. 

^H 

^^B         Rapkanieepidemie  533. 

^^H          Kautengrube^  primäres  Carcinom  in 

Sachverständige,  Tagegelder  724. 

^H              der  170. 

ßängerknoten  590. 

^H         RavTmtid'Bche  Krankheit  471. 

Salicyl-meibyl'phenyl-hydrazon  646. 

^^m          Eeaction  des  Orins  auf  Traubenzucker 

Salicylpräparate  gegen  Pleuritis  249. 

^m 

Salipyrin  649. 

^^H          Keetum Prolaps,  Heilung  dea  151. 

Salol  650. 

^^H          Reetumstrictur,  sBcrale  Methode  491. 

Salol  gegen  Cholera  338. 

^^m          HefractioDsbeBlimmungen  507. 

Salol,    Verwendbarkeit   bei   Priif^ing 

^^M         Refructionszu stand    der  Augen  ^    Be- 

der  Magenthatigkeit  270. 

^H             ziehatig  zum  Schädelbau  5ü7. 

Salophen  648. 

^m         Reicbeohall  661. 

Salzsäure,    Behandlung  van   Ilagen- 

^H         Reinfectio  syphilitica  nsch  acht  Jahren 

krank  hei  ten  mit  281. 

^m        491. 

Salzsäure  im  Magensaft  50. 

^H         Reize  der  Vagina  7ü9. 

Salzsanrebindung  bei  küD^tlicher  Ver- 

^H         Resorcin  501,  577. 

dauung  269.                                      ^^H 

^^m         Resorption  fester  Körper  106. 

Salzsäurevergiftung  703.                      ^^M 

^^1          ReBpirationskrampf  bei  Kindern  189. 

Samen  Strang,  Torsion  des  152.           ^^H 

^^H          Retinal«    und    ChorioidealafTectionen^ 

Sanität^berieht  der  deutschen  Marine      H 

^^m             syphilitische  532. 

784,                                                          ■ 

^^m          Eetiuitls  pigmentOBa  530. 

Sanitätsbericht  der  französischen  Ar-       ■ 

^H          KetinitiB  proliferans  529,  530. 

mee  785.                                                  ■ 

^^B          Retrobulbäre  Neuritis  nach  Inllueuza 

Sani tätsberi cht  der  italienischen  Ar-       H 

^m             534. 

mer  785.                                                  ■ 

^H          Eelroilexio  uteri  284,  B93. 

Sanitätsbericht  der  prenssischen  Ar-        ■ 

^^B          Relropharyngeale     Lymphdriiseoent- 

mee  783.                                             _^^ 

^H             Zündung  411. 

Sanilätsdienst,  englischer  810.            ^^H 

^H         Rbabdomyom  111. 

Sanitäti^dienst  in  Steiermark  735.      ^^H 

^1         Rbaishitis  442,  449. 

Saprol  641.                                           ^^1 

^H         Ehetimatismus ,   £influBfi  der  Jahres- 

Sarggeburi  718.                                    ^^H 

^H             zeit  atif  200. 

Sarkom,  retroperitoneales  111,                  V 

^^^^  Rhinitis  chronica  roembranacea  565. 

Sarkom,  traubiges,  d.Cervix  uteri  IIO.^^B 

Sachregister, 


831 


Sark omatos is  nach  Tliymussarkom 
330. 

Sarflaparille  491. 

Sattel  na  st',  AufriclituBg  der  139, 

Sa  ne  reto  fT,  A  u  f  nah  me  i  d  d  i  e  Ge  we  be  49 . 

Souerstoflftherapie  248. 

Scapula,  Gumma  der  491. 

Seh  ad  elnerveD,ür5p  rang  einzelner  175. 

Schsdelrückgratshöhlu,  ßlutclrciila- 
tlon  in  der  178. 

Schädeherletzungen  durch  Einwir- 
kung äusserer  Gewalt  687, 

Schanker  nm  Augeolid  492. 

Schanker, StreptobucilluÄ  bei  weichem 
469. 

Scharlach  101,  432,  481,  550. 

Schftrlach,  Lupus  im  Gefolge  von  481. 

Scharlach,  Streptokokken  im  Blute 
der  Kranken  101. 

Scbarlflch,  Taubheit  nach  550. 

Schiefhal^,  spastischer  142. 

Schiffabesatiang,  Bekleidung  787, 

SchifFsproviant  791. 

Sch)l{!drüäe,  accefisorische  6O0. 

SchilddräB€,  Beziehung  zum  Nerven- 
System  37. 

Schilddrüse ,  oompensatorieche  Ver- 
änderung der  108. 

Schilddrüae,  Entfernung  37, 144,  598, 
600, 

Schilddrüae,  Function  der  599. 

Scbilddrüsenparenchym  144. 

Schinznach  G74. 

Schläfenbein,  topograpliiscbe  Verän» 
deningen  um  537. 

Schlaf losigkeU  als  Symptom  der  Psy- 
chosen 227. 

Schlammkrankheit  776. 

Schieimhaotcyaten  der  HighmorflhöhJe 
110. 

Schlempen  milch  459, 

Schlüssel  bei nbriiche,  Verband  für  die 
Behandlung  von  144. 

Schmier  cur  496. 

Schmatzwässer  in  Berlin  745. 

Schneckennekrose  573. 

Schnellender  Finger,  Einfluss  auf 
die  Miliiürdiensttauglichkeit  811. 

Schrumpfniere  305, 

Schrnmpfniere,  arten  oBkleroti  seh  e306. 

Schuasverletzungen  690,  691. 

Schutzimpfung  gegen  Cholera  34 L 

Seh u tat! rap fang  gegen  Milzbrand  356. 

Schotztriippe,  Verluste  der  ostafrika- 
niöchen  786, 

Schwangere,  Erbrechen  der  278. 


Schwangerschaft,    Complication    mit 

Herzklappenfehler  370. 
Schwangerschaft,  tödtliehe  innere Bln- 

tuug  bei  372. 
Schwefelätherinjectionen  1 93. 
Schwefelkohlenstoff  Vergiftung,  Manie 

entstanden  durch  217. 
Schwefelsäure,  quantitatives  Verhal- 
len im  Harn  bei  Diarrhoe  287. 
SchwefclwaßserBtoflT  im  Magen  281. 
Schweißs,  Reacdon  dea  menschlichen 

64,  462, 
Schweisa nerven  462. 
Schwielenbildung  an  den  Händen  475. 
Schwimmblase,  Gase  der  46. 
Scorbnt  330,  444. 

Seebäder  und  ihre  Anwendung  670. 
Sehnendurchschiieidung  128. 
Sehnenreßexe  202,  204. 
Sehnerven .    bacleriologische    Unter- 
such angen  524. 
Seh  nerve  aalTection  bei  Hysterie  194* 
Sehnervenaffection     infolge    von    In- 

Üueuza  533. 
Sehorgan,  Ermüdung  und  Erholung 

des  505. 
Sehschärfe,  Verbesserung  darch  Dis- 

cision  507. 
Sehvermögen,    Fehlen    während    der 

Lactation  533. 
Seifen,  medicamentöfle  668. 
SelterFer  Wasser  670. 
Senn'sche  Implantation   decalcinirter 

thurischer  Knochenatücke  128. 
Septikamie  und  Typhua,  Differential- 
diagnose 345. 
Septum,varicöseErkrankungen  deul  17. 
Septum,  Verbildungen  des  knöchernen 

und  knorpeligen  579, 
Serum,  immunisirende  Wirkung  des 

90. 
Serumtberapie  356,  357, 
Sexten  666. 
Shok  gegen  Shok  209. 
Shurly-Gibbes^eche  Methode  238. 
Siebbein,  Entwickelang  und  spätere 

Ausbildung  11, 
Siebbein,  nekrotisirende  Entztindung 

des  581. 
Simulanten  in  der  Armee  811. 
Simulation  einseitiger  GehÖrsiörongen 

545, 
Simulation  von  Gefühlelähmung,  von 

Schwerhörigkeit  und  Sehwachaich- 

tigkeit  811. 
Singen,  Gefahr  für  zarte  Fersonea  5dl. 


832                                               Sachregister.                                           ^^| 

SiDgatimme,  Behandlung  der  590» 

Stirn mbandränd er,  bogenförmige  Ex- 

Siiius  lateralis  567. 

cavation    der   freien   während  der 

Sir usthrom hose  569. 

Reapiration  596, 

Sirenenbildung  113. 

Stimmgabel  versuch  542. 

Sklerodermie  206,  475. 

StofTwecbsel  57. 

^                   Sklerose  162. 

StoiTwechseJ,  Einllnss  des  Lichtes  auf 

^^B                   Sklerose  des  Hirn>  und  RückenmarkB 

den  59. 

^H 

Strassenreinigung  in  Berlin  748. 

^^B                    SkoliOBe,   Lagernngeapparat  zur  Be- 

Streckmuskeln,  Totalnekrose  der  109. 

^^B                       bandJuijg  der  136. 

Streptothrixarten  102, 

^^m                   Skoliose,  Hückennaarks^erBuderungen 

Stroutiumsalze  60^.                          J 
Struma  93.                                        t| 

^H                       bei  160. 

^H                    Skrophitlose  440,  643,  673. 

StrumaexBlirpation  bei  Morbus  Base- 

^H                   Solntol  641 

dowii  199. 

^m                    SolTeo!  125,  641 

Strycbnin  654. 

^^f                    Sommerdiarrhoen  der  Kinder  413. 

Strychnin  in  der  Therapie  des  Ma- 

^^                   Soor,  endemischer  460, 

gens  283. 

■                          Sozojodolqu  eck  Silber  bei  Ohrpolypen 

Strychnin,  Verhalten  im  Organismus 

1                              560. 

700.                                                   ■ 

■                           Sparteinum  aulphuricum  261,  656, 

Styptica  127.                                      ■ 

1                           Spaatischer  Schiefkalfl  142. 

Styracol  645.                              ^^H 

1                            Speichel  272,  273, 

SubcortLcale  Alexie  166.           ^^M 

^^_                      Spdseröhrenverengung^Dilatiriiiigder 

Sublimat  612.                            ^^B 

^m                       264. 

Soblimatinjectionen   bei  Kerato-Irili* 

^m                    Spermatogenese  6. 

den  500. 

Spermatozoiden,  Färbiiii|[^  707. 

Substantia  propria  des  Trommelfella 

Spermatozoideji,  Lel>enedaner  706. 

538. 

Sperr canüle  Tür  den  Irrigator  134. 

Süden,  Klimatologie  de»  665. 

Spina  bifida  155. 

Suggestion,    Heilung    von    Hvsterie 

Spina  bifida  occulta  113. 

durch  195, 

Spinalganglien  76. 

Suggestion     vom     gerichtsärjEtlichen 

Spinalparalyse,  fipaölische  178. 

Standpunkte  beurtheilt  685.        J 

Spinalparalyse,  sy[«hilitißche  177. 

Sulfonal  228,  302,  638.                    ■ 

Splenektoraie  148. 

Sulfonalvergiftiing  302.            ^^H 

Spondylitis,  tuberculöse  145. 

Sycosis  idtopathica  469,           ^^H 

Spondylilitfche  Senkungsabscesse  131. 

iSymphyseoiomie  375.               ^"^^ 

Sprachstörung  im  Atischluss  an  Pocken 

Öyndactylie,  Beseitigung  der  angebo- 

^—^                       350. 

rt' neu  156. 

^^B                   Sptitumdesinfection  bei  Lungentuher* 

Syphilis,    Beziehung   zur    Dementia 

■                       culose  749. 

parnlyüca  219,  220. 

Staarejttraction  528. 

ÖyphiliB,  Beziehung  zur  progressiven 

Staphylococcus  albus  93, 

Paralyse  493. 

Stapliyloooocus  citreus  93, 

Syphilis,  Nierenerkrankungen  bei  307. 

Staphylococcus  pyogenes  aureus  94- 

Syphilis,  Subliraatbe  band  lang  613. 

Staphvlococmis   pyogen  es    aureus   et 

Syphilis,  Veränderungen  im  Nerven- 

albus 519. 

system  durch  532. 

Steigbügeiextraction  564. 

Syphilis,  Vererbung  87,  489,  494. 

Steinkrauke.  Innerliche  Behandlung 

Sypldlis,  intracranieOe  493, 

313, 

Syphilis,  multiple  cerebrospinale  165. 

Sterblichkeitsetatistik  752. 

Syphilis    des    Larvnx     bei    Kindern 

Stichverletzungen  690. 

495. 

Stickstoifhauahalt    Im    Kierenkrank> 

Syphilis  im  Kindesalter  442,  449. 

heilen  308. 

Syphilis  cerebralis  164.                    a 

SlielversorgiiDg,  retroperitoneale  383, 

Syphilis  und  Tabes  184.                   ■ 

400. 

Syphilis  und  Tuberculöse  im  Laryfll 

Stimmbandläbmung  595, 

593.                                                  1 

Sachregisier. 


883 


Syphiiisbehandlung    mit    Asparagin- 

Qaeckailber  614. 
Syphilisbehandlung  mit  Hydrargyrum 

sozojodolicnm  613. 
SyphillsbehandlnDg  mit  Quecksilber 

610. 
Syphilitische  Mastdarmerkrankungen 

Syphilitische  Retinal-  und  Chorioideal- 

alFectionen  532. 
Syringomyelie  180,  181. 
Syzygium  Jambolanum  323,  652. 

T. 

Tabak-  und  Alkoholamblvopie  534. 

Tabes  183,  184,  185. 

Tachycardie  260. 

Taesia  nana  bei  Kindern  418. 

Talns,  Zngänglichmachnng  ohne  Ver- 
letzung der  Gefasse  und  Nerven  160. 

Tamponade  der  Bauchhöhle  397. 

Taubheit,  einseitige,  durch  scarlati- 
nöse  Otitis  intima  551. 

Taubheit  infolge  von  Meningitis  552. 

Taubheit  mit  Schwund  der  entspre- 
chenden Rindenfelder  167. 

Taubheit  nach  Masern  551. 

Taubheit  nach  Scharlach  und  Rachen- 
diphtherie 550. 

Taubstumme  80. 

Taubstummheit  553.* 

Taxe,  ärztliche  727. 

Temperatursinn  80. 

Tendopiastik  128. 

Terpentin  gegen  Erysipel  358. 

Terpentin  gegen  Typhus  437. 

Terpentin- Jodoformdämpfe  gegen  Tu- 
berculose  239. 

Tetanie  gastrischen  Ursprungs  285. 

Tetanus  100,  130,  357. 

Tetanustoxin  100. 

Tetrcoal  638. 

Theobromin  (Diuretin  Knoll)  655. 

Thermopalpation  61. 

Thilanin  628. 

Thiol  628. 

Thiophendijodid  627. 

Thiophensulfosaures  Natron  627. 

Thränendrüse ,  doppelseitige  Erkran- 
kung 511. 

Thränensack,  Auskratzung  des  512. 

Thränensack,  blennorrhoische  Affec- 
tionen  512. 

Thränensack,  fistulöses  Geschwür511. 

Thränensackblennorrlioe  513,  515. 

Jahrbuch  d.  pract  Medicin.    1893. 


I   Thränenwege,    chronischer    Katarrh 

511. 
I   Thromben,  Genese  der  104. 
I   Thüringer  Bäderverband  661. 
i   Thymusdrüse,  vergrösserte  412. 
'   Thyreoidea  und  Hypophysis  600. 
'   Tinctura  Benzoes  gegen  Pruritus  ani 
I       477. 

Tinctura  Colombo  651. 

Tüllwuthstatistik  781. 

Tonsilla  pharyngea,  Instrument  zur 
Amputation  der  578. 

Tonsillitis  577. 

Tonsillotom  für  die  Pharynxionsiile 
578. 

Topographische  Anatomie.  Lehrbuch 
von  Joessel  1. 

Torpor  nervi  acustici  574. 

Trachea,  Fremdkörper  in  der  596. 

Trachealpulsation  589. 

Tracheotomie  428,  587,  592. 

Tracheotomie  bei  Diphtherie  428. 

Tracheotomie  bei  Larynxphthisis  593. 

Trachom  516. 

Transformation  der  Knochen  4,  10. 

Transfusion,  intravenöse  127. 

Traubenzucker,  Reaction  des,  im  Urin 
321. 

Traumatische  Neurosen  208,  209, 320. 

Traumatische  Perforationen  des  Trom- 
melfells 565. 

Trendelenburg'sche  supramalleolare 
Osteotomie  beim  Pes  planus  dolo- 
rosus  162. 

Trepanation,  intermediäre  138. 

Trichinose  782. 

Trichorrhexis  478. 

Trigeminus,  Reaction  des  dritten  Astes 
139. 

Trigeminusneuralgie  194. 

Trijodcresol  642. 

Trional  638. 

Trional  und  Tetronal  gegen  Schlaf- 
losigkeit 227. 

Tripper  485,  486. 

Tripperrheumatismus  bei  Kindern 
488. 

Tro  m  m  el  fei  1 ,  t  ra  n  mat  i  sehe  Perfora  - 
tionen  565. 

Trommelfellexcision  563. 

Trommelfellperforationen  561. 

Trophische  Fasern  im  Nervus  trige- 
minus 70. 

Tropocaiii  657. 

Trübe  Schwellung  109. 

Trunksucht  750. 


834 


chregister. 


TninksiichtbebandluTjgmilStrychnin-  | 

injertionen  G54. 
TiibDr£cliwflngersclmften ,     operative   ' 

Behündliing-  geplatzter  404,  ? 

Tübtnkatarrh,  Hurprürutig  bei  5-40» 
TiibenversehluBs,  SeriiniansarnmliiDg   i 

im  Muteiolir  bei  i.*infHchem  547. 
TubeQWönd,  Fettpolster  der  lateralen 

538. 
Ttiberctiliji  96,  *ZS3,  234,235,314, 695. 
Tub^rciiJocidin  *234,  235,  659. 
Tubei'L'ulöse  üelfiikatTectionen  13*Ä 
Tabeiculö.se    Peritünitis    im    Kindes- 

üller  421. 
TiibLTculöSe  233^240. 
Tubercufose  der  Nier*fn  323,  423. 
Tnberculose,  JnfectioDtigefiibr  241* 
Tiiberkelbacillus,    Vorkommen   beim 

MeDscbeii  95. 
Tubertnilose  dt8  Genital tractiis  480. 
Tuberculosedes  HerzmnakeJ8ll7,259. 
Tu  bereu  lose  des  Keblkopfes  uml  der 

Lunge  593. 
Tnberculose  de«  Pankreas  116, 
Tuberculoye  im  Herztlebcb  261. 
Tuberculoae  im  Kindesalter  438. 
Tuberciiloöe  innerer  Orgitm;  233, 
Tabercu lose beliand hing   mit   Cantlia- 

ridio  657. 
Tu  bereu  loi^ebehandlung    mit   Creo^ot 

042. 
Tuberculosebehftndluisg  mit  Jodoform 

625. 
TnbtrrculosebehandlQDg  mit  Styraeol 

645. 
TübereiilosebühMndliing    mit    Tuber- 

culoeidin  ti59. 
Tu  bereu loee be ha nd  hing    mit   Zimmt- 

simre  652. 
Tiiberctilrifeerreger,  Morphologie  und 

Biologie  des  94. 
Tumore«,  atigeborene  414,  454. 
Tnssis  convulsiva  431. 
Typhoid,  biliöses  353, 
Typhus  342-^349,  635. 
Typhus  in  der   franzosisehen  Armee 

793. 
Tvpbuü   in    der  italiemachen   Armee 

^793. 
Typhusbacillen,  L'nter.'^cheidung  vom 

Bacterium  coli  commune  98. 
Typhuiböcillen,  Verhallen  des  Bodens 

iu  744. 
TyphusbaeilliiB.  paibogene  Wirkung 

Ö8. 


Ulcuä  durum.  Excision  496. 

Uleua  molle  485,  489, 

Ulci\s  vetitriculi  274. 

Umriöse  zum  Einzeichnen  dea  Faser- 
ve rl  aufs  im  Central nerveasyslem  28. 

Unfallverletzungen ,  Handbuch  der 
von  Kaufmann  109. 

ünfallveraicherung  729,  759. 

Unna'scher  Zinkleimverbaud  614. 

Unterarmatiiinpr  161. 

Urämie  301. 

Ureterscheide  27. 

Urethritis  487. 

Urobiiinicteraa  234. 

urogenital! uberculose  des  Weibea$89. 

Urticüria  472. 

Uterus,  Fremdkörper  im  385. 

Uteruß^  liijeetion  von  Lit|üor  ferri 
sesquichlorati  387. 

Uterus  bicornis  unicolli»  mit  Schwan- 
gerschaft  387. 

Uteruscarcinum  386. 

Uteru8ex8lirpaiion  393. 

Ü  te  r  u  s  fi  bro  m  y  o  me  388. 

Uterusmyome,  elektriache  Behandlung 
der  389. 

Uteruö-  und  Vagi  na- Prolaps  391, 

Uvea,  Pi^menippittiel  522. 


Vagi,  DuiehschiieJdung  der  48» 

Vagina,  Gehirncentren  für  Bewegung 
tter  163. 

Vagiualeinlagen  aus  festem  GJycerixi 
386. 

Varicös«  Gestalt  der  Muakelflbrille  65- 

Variola  350,  435. 

Vasomotorieche  Wirkung  der  ßaü* 
terieiiproducte  498. 

Vena  jogulaiis,  St  ich  Verletzung  806, 

Ve  neun  übt  126. 

Veueiilhrümba-e,  Cnmplicalion  mit 
Typhus  3-16. 

Venen  wunden  126. 

Ventrikel.  Verschluss  dea  vierten  mit 
CO n Beeil ti Vera  Hydnncephalus  173. 

Veratrin  gegen  Cholera  338. 

Verbandstoffe,  mit  Sublimat  uiid  Jodo- 
form gel  rankte  731. 

Verbrennungen  455,  465,  169. 

Verdauung  53,  54,  269,  417. 

Verdauung  de^  Mageaa  bei  Säug- 
lingen 417. 


Sachregister. 


835 


Verdauung,     Salzsäurebindung     bei 

künstlicher  269. 
Verdauungsenzyme,     Verhalten     bei 

Temperaturerhöhung  271. 
Verdauungstractus ,  Krankheiten  des 

277. 
Vererbung  erworbener  Eigenschaften 

83. 
Vergleichende     Anatomie,     Compen- 

dium  von  Rawitz  3. 
Verpflegungssätze  in  Italien  792. 
Verschlammung  der  Mainnfer  747. 
VerwuDdetenpflege     gegenüber     der 

WaflFentechnik  796. 
Verwundetentransportwesen  808. 
Vibrationstherapie  210. 
Virus  der  Masern  433. 
Vitiligo  475. 
Vocale,  Wesen  der  79. 
Volksküchen  756. 
Vollbad  bei  Geisteskranken  230. 
Vulvovaginitis  im  Kindesalter  424. 

W. 

VVaft'entechnik     und     Verwundeten - 

ptlege  796. 
Wanderniere  316. 

Warzenfortsatz,  Entzündung  des  561. 
Warzen fortsatz,  Knochenerkranknng 

des  548. 
Warzenfortsatz,  Percussion  des  545. 
Waschanstalten ,    Uebertragung    an- 

i^ leckender  Krankheiten  durch  den 

Betrieb  von  737. 
Wasserheilkunde,  Lehrbuch  der  prac- 

tischen  von  Krüche  678. 
Wasserstoffsuperoxyd  in  der  Kinder- 
praxis 457. 
Wassernntersuchung  744. 
Wasserversorgung  Berlins  743. 
Wehen,  Erregung  durch  Glycerin  373. 
Weinbereitung,   Gesetzentwurf  betr. 

770. 
Whitehead'sche      Ezstirpatlon      der 

Hämorrhoiden  149. 
Wiederkäuen  beim  Menschen  278. 
Willkürliche  Bewegungen,   Energie 

und  Schnelligkeit  der  205. 


Winterzelt  für  Verwundete,  heizbares 
809. 

Wirbelkanal,  operative  Eröffnung  des 
145. 

Wirbelsäule,  traumatisches  Aneu- 
rysma an  der  178. 

Wismuth  bei  Verbrennungen  469. 

Wortblindheit  167. 

Wund  verfahren,  aseptisches  124. 

Wurmfarneztrat,  Vergiftung  durch 
701. 

Wurstvergiftung  703. 

X. 

Xeroderma  pigmentosum  473. 

Y. 

Young-Helmholtz'sche  Farbentheorie 
79. 

Z. 

Zähne,  Beadehung  cariöser  zur  Acti- 

nomykose  354. 
Zahntechnikergewerbe  in  Gestenreich 

737. 
Zelle  4. 

Zelle  und  Gewebe  1. 
Zelleinschlüsse  112. 
Zellkern  als  Vererbungsträger  82. 
Zellkern,  Unsicherheit  der  Structnr- 

verhältnisse  5. 
Zelltheilung  5. 

Zelt,  Benutzung  im  Winter  790. 
Zeugungsfähigkeit  nach  Epididymitis 

Zimmtsäure  237,  652. 

Zonula,  Bau  der  501. 

Zucker,  Glykogenbildung  nach  Auf- 
nahme von  60. 

Zuckerkrankheit  317,  319,  320,  322, 
323. 

Zungengrund,  Angiom  des  584. 

Zungenmandelentzündung  584. 

Zungentonsille,  Affectionen  der  584. 

Zwerchfell,  sichtbare  Bewegung  45. 


Autorenregister. 


A. 

Abadie  500. 

Abegjr  3t»6. 

Abel  654. 

Abeles  311. 

Abelous  37. 

Abeod  277. 

AboByi  62*2. 

Achard  93.  180. 

Adamück  512. 

Aeby  20. 

Aeyräpää  140. 

Alafberg  325,  (572. 

Albanese  38. 

Albarran  313. 

Albert  161. 

Aluerium  U2. 

Albrand  521. 

Alba  236. 

Aldehoff  59,  317. 

Aldibert  421. 

Alt  55,  219,  448 

Althaus  359. 

AUhen  237. 

Anderlya  163. 

Antnl  607. 

Anton  640. 

Antonelli  533. 

Appenzeller  145. 

Argo  649. 

Aruaud  794. 

Anu'inann  310. 

Arnold  113,  177,  527,  650. 

Arnould  343. 

Arnozan  462. 


Aron  45. 
Arons  625. 

Aronsohn  612,  617.  672. 
Arthus  49. 
A$ch  617. 
Aschatfenburg  224. 
Aschoff  103,  104. 
Askanazv  420. 
Aubert  496 
Auerbach  171.  426. 
Aufrecht  12(»,  304. 
Aust  250. 
Azna  475. 


B. 

Habes  198,  360. 

Haccelli  262.  352. 

BUumler  361. 

Haginsky  309,  412,  413,  415,  422, 

424,  58<5. 
Ball  443. 
Hallet  685. 
Balowskv  7t)4. 
IJalzer  487,  (>48. 
IJamberger  702. 
Barabascher  50l\ 
Barbier  586. 

V.  Banleleben  J>.  18,  19,  469,  798. 
Baregjri  360. 
Barr  556. 
Barsonv  382. 
Barth  108,  340. 
Bartüschew lisch  287. 
de  Bar^'  450. 


Autorenregister. 


837 


V.  Basch  45. 

Baudouin  633. 

Bauholzer  529. 

Baumgärtner  136. 

Baumgarten  87,  118,  577,  590,  592. 

Baur  :2S0. 

Bay  134. 

Bayer  583. 

V.  Bayern,  Prinz  Ludwig  Ferdinand 

248. 
Beau  238. 
V.  Bechterew  163. 
Becler6  488. 
Beevor  167. 
Behring  91,  357,  659. 
Bein  351 
Beldau  654. 
Belfield  480. 
Belmondo  230. 
Benario  109. 
Benczür  61. 
Benda  6. 

Benedikt  197,  209. 
Bentlif  702. 
Benzler  811. 
Beresovvsky  108. 
Berger  151. 
Brrggriin  421. 
V,  liergniann  2,  658. 
Berkhmn  16l5. 
Bei!  TDK  12a 
Bernhardt  190,  191. 
Bernheim  165,  240. 
Bernstein  49. 
Berry  609. 

Berthenson  233,  330. 
Bei  wnld  252. 
Besnier  355,  483. 
Betz  577. 
Bexelius  306. 
Bial  35. 
Bidder  628. 
Biedermann  82. 
Biedert  433,  435. 
Biegansivi  611. 
Bier  132,  160,  161,  290. 
Blermer  378. 

Biernacki  126,  265,  271,  272,  605. 
Biesenthal  312,  324,  658. 
Bignami  102,  351. 
Bihler  121. 
Billroth  796. 
Biltz  633. 
Bing  542. 

Birch-Hirschfeld  325. 
Bircher  290. 


Bimbacher  510. 

Bitfich  131. 

Blachstein  47. 

Blaschko  478. 

Blasi  460. 

Blass  267. 

Blatty  144. 

Bleibtreu,  L.  34. 

Bleibtreu,  M.  34. 

Bleisch  718. 

Blix  33. 

Bloch  149. 

Bloebaum  617. 

Bloodworth  585. 

Blum  269. 

Boas  268,  281. 

Bobroff  155. 

Bo6  523. 

de  Boeck  219. 

Bock  mann  517. 

Böhm  101. 

Böhni  626. 

Böttiger  227,  639. 

Bogdanik  160. 

Bohr  46. 

Boisleax  393. 

Bökai  411,  607. 

Bongartz  810. 

Bonome  90. 

Bonorden  111. 

Bordaz  4^i. 

Borger  420. 

Borntrftger  233,  659. 

Borrel  112. 

Borschke  116. 

Botey  564. 

Botkin  659. 

BoQchard  361,  498. 

Bourgea  122. 

Boimievilk  193,  231. 

Bcuveret  172,  285. 

Bovero  496. 

Braatz  137,  603. 

Braiitbrd  162. 

Bräutigam  707. 

Braun  639,  711. 

Brayton  473. 

Bresgen  411,  579. 

Brettner  806. 

Brie  227. 

Brieger  88,  90,  341,  606. 

Brisken  514. 

Bristowe  361. 

Brocq  475. 

Brösicke  1. 

Brooks  20. 


^H                      ^^^0                                           ^^^^^^^^^H 

^m         Brosiuä  230. 

Chadboume  657.                  ^^^^^^^^| 

W              Broflken  454. 

Challenron  475.                            ^^^^^H 

1              Brouardel  696, 

Championni^re  137,                     ^^^^^^1 

^K          Browne  591. 

(Jhaniowski  618,                                   ^^^^| 

^^         Brit^dmann  248. 

Miaute  in  p.-^se  98.                                     ^^^| 

V.  Brunn  29. 

(Jfiapell  577,  578.                                   ^H 

Brimner  93,  li4,  113. 

Cbapotot  172.                                          ^^M 

Brune  80ü. 

Cbaptit  8<i4.                                            ^^M 

Bnisehettini  88,  130,  358. 

Charazac  549.                                          ^^^| 

Bryan  592. 

Charcot  157,   183,  192.                          ^^B 

Bryant  625. 

Ghaumier  408.                                               V 

Büchner  86,  704. 

Chazal  134.                                                   ■ 

Budde  742. 

Chiari  110,  142,  169,  580,                           ■ 

Büller  632- 

Chindamo  193.                                       _^^H 

V,  Büngner  144 

Cbolewa  555.                                          ^^H 

ßnlkley  478, 

Choizen  487,  606.                                 ^^M 

Bull  529. 

Cbfjiippe  165.                                                   ^M 

BnUer  524 

Clägsen  261.                                                    ■ 

Bora  289,  647. 

Clar  665.                                                      ■ 

Biimm  366. 

Cle^^  584.                                                       ■ 

Bung^e  56. 

Ciopatt  417.                                                  ■ 

Burchardt  81L 

Clutlon  569.                                           ^^B 

Burger  595. 

Cocheril   555.                                           ^^^M 

Burnett  562. 

Cohen  594.                                                ^^H 

Bnrnev  Yen  347, 

Cohn  245,  459,  498.                         ^^^H 

Euro  353. 

Cobnbeim  647.                                  ^^^^^^1 

Bttjy  345,  436. 

ColiJislL'in  655.                                       ^^^B 

Bnxbancn  677. 

CkjlasaBll  288.                                             V 

^^, 

('om bemale  35tL                                             H 

^^m 

Compaired  590.                                             ^M 

V                       c. 

Cnncetti  585.                                              ^^H 

Conitzer  580.                                           ^^H 

Cttdet  de  Gassicourt  586. 

Consian  343.                                           ^^^| 

Caheti-Brach  423. 

Cotiiejean  50.                                         ^^^B 

Cfilalb  637.                                               1 

Cornet  241.                                              ^^^| 

Caliari  130, 

Curnil  346.                                              ^^H 

Calroetle  349. 

Corunedi  609.                                     ^^^B 

Caminer  648, 

Co  u  et  011 X  r>19.                                  A^^^l 

Caniszaro  598. 

Cramer  151.                                       ^^^^^^| 

H          Canou  360,  433. 

Crooke  117,                                           ^^B 

^P         CaBtaii)  338,  339,  603.  65 J. 

Csillag  424.                                                   ■ 

^"         Capitahi  6^2. 

Cuffer  30(1                                              ^^B 

1              Carter  189,  197, 

Cunningham  27.                                    ^^H 

^_          Caryophjlifi  195. 

Cuslinv  634,                                            ^^B 

^m         Caaati  130,  357.  361. 

C*itler*  479.                                                      H 

^1        Caapary  471. 

Czaplewski  92,  96.                               ^^B 

^m        Ca^aalt  106. 

Czempin  392.  655.                                ^^H 

m        Cmel  431. 

*   ^^^^1 

Caataldi  520. 

^^^B 

da  Castel  476. 

^^M 

Catbelmeait  193. 

Cattanni  91,  92,  130,  356,  357. 

Ualbj  549.                                               ^^H 

CavaxzAtii  75. 

Dami^vitte  mA.                                     ^^B 

CecharelJi  147, 

Dannehl  1<»9.                                           ^^H 

H          Chaband  236. 

Darembero  240.                                      ^^H 

^1        Chabri^  299. 

Darier  50r.>,  517.                                    ^^H 

Alltorenregister. 


839 


Darkschewitsch  128,  190. 
Davidsohn  118,  54(5,  578,  618. 
Davier  442. 
Davoli  472. 
Dean  572. 
Debagorv  517. 
Decker  278. 
Dehio  259,  328. 
Deichmüller  675. 
D^jerine  Kw. 
Delboeuf  472. 
Delfitanche  542. 
DeUbie  239. 
Demant lu-  204. 

>emTOe,  240,  310,  582,  656,  657. 
Dent>i  260. 
Desprez  635. 
Dessoir  80. 
Determann  363. 
Deutschmann  530. 
Devic  285. 
Diakonoff  139. 
Dietz  227. 
Dieiilafoy  311. 
Dimmer  504. 
Dionisio  579. 
Disse  3,  22. 
Dittel  62:^. 
Dittrich  355. 
Doehle  433. 
Dölger  707,  712. 
DönhofT  635. 
Dörnberpcr  457.  485. 
Dohrn  87,  494. 
Doraec  102. 
Dornblüth  223. 
Dowd  492. 
Dransart  509. 
Dräsche  648. 

Dreesmann  143,  199,  626. 
Dreser  47,  63. 
Driesch  32. 
D robner  647. 
Dronke  673. 
Dsirne-Livland  379. 
Dubiel  642. 
Dnbrulle  343. 
Dührssen  368,  374. 
Düms  809,  810. 
Dürck  107. 
Duff  635. 

Dujardin-Beaumetz  309,  609. 
Dunbar  98,  255. 
Dnnin  88. 
Diipont  304,  358. 
Duprez  98,  346. 


Durozier  254. 
Dutto  288. 
O'Dwyer  588. 


£. 


Eberliard  379,  452. 

Eberth  106. 

Ebertz  698 

Ebstein    61,   261,    311,    320,   322, 

323. 
Eckhard  70. 
Ecot  808. 
Edle  43. 
Edwards  345. 
Egasse  297. 
Egger  663. 
Egidi  587. 
Ehlers  485. 
Ehrlich  327. 
Ehrmann  478,  633. 
EichhoflF  483. 
Eichhorst  187,  329,  470. 
Eichler  30. 
Eimer  65. 
Einthoven  43. 

Eiseisberg  38,  144,  598,  600. 
Eisenhart  372. 

Eisenlohr  170,  176,  276,  305,  340. 
Elliot  469,  472.  484. 
Elsenberg  471,  481. 
Eltz  289. 
ICmmerich  642. 
Enderlen  35G. 
Eudrea  22. 
Engel'ReJtiiers  492. 
V.  Engelhard  t  :W1. 
English  59 J, 
Epstein  419. 
Erb  177,  183,  184,  583. 
Erdös  607. 
Erismann  795. 
Erlicks  615. 
Erman  702. 
Ernst  110,  111. 
Escherich  438. 
V.  Eemarch  SOG, 
d'Kspine  lOt 
Euleuburg  364,  623. 
Eversbusch  617. 
Ewald  65,  263,  268,  277,  284,  314, 

673. 
Ewart  589. 


^H^^^4ü                   ^^^^P          Autorenregister.                    ^^^^^^1 

■ 

^^r 

Freudberg  35.                 ^^H 
Freund  209,  654,                  ^M 

^H 

Faber  654. 

Frey  er  435.                            ^| 

^^^^^^1 

Faillard  33^. 

Freyhan  260,  296.                        ' 

^^^^^^^1 

Falk  7(16. 

Frieden  reich  228. 

^^^^^^H 

Falkeiiheim  4'li}, 

Fried  inger  695. 

^^^H 

Fasching  346. 

Fried  raaiin  202,  226. 

^^^1 

Faiivel  b\)b. 

Friöcbniann  330. 

^^^^M 

Feer  441. 

Friudi  131,  t>17. 

^^^H 

Fehling  382, 

Fröhlich  501,  648, 

^^^1 

Feinberg  320.  492. 

Fromme  218, 

^^^1 

Feiss  384. 

Froinmel  368,  4ü3. 

^^^H 

Feld  69B. 

Fuchs,  362,  437,  4i)8,   511,  519, 

520.  ^H 

F^lizet  141,  156. 

Fürbringer  297,  310,  315,  327, 

333,  ^H 

Feleenthal  447, 

348,  363. 

^^^H 

Fenwick  239. 

Fürst  414,  451,  458,  580,  673. 

^^^M 

F^re  204,  205,  609. 

Füratner,  225.  230, 

^^^M 

FergUF80n  202, 

Fiikftla  507,  508,  516,  518. 

^^^H 

Ferrand  297. 

Fulton  585. 

^^^1 

Ferrari  643. 

^^^H 

Ferrier  150,  623. 

^^^1 

Fick  10,  66,  310. 

ii. 

^^^H 

Fiedler  353. 

^^^1 

FiesBinger  188,  304, 

Gabrilsohewsky  328. 

^^^H 

Fißger  478,  489,  49a 

Gad  81, 

^^^^^H 

Finot  62, 

Gärtner  33. 

"^^^^^1 

Fiscbbaeb  410. 

Galatü  587, 

^^^^^H 

Fiscliel  94. 

Galeotti  85. 

^^^1 

Fischer  97,  180, 

tialliard  333,  345. 

^^^H 

FiBclil  459, 

Gariialeta  91 J, 

^^^H 

FlaischleD  378,  396. 

Gamel  489, 

^^^1 

Fleischer  308. 

V.  Ganrier  501,  526. 

^^^1 

Flemming  5. 

Garrä  133,  625. 

^^^1 

Fletcker  118. 

Garri'rou-Desnrenes  56<), 

^^^H 

Flick  238. 

Garrnd  228. 

^^^^t 

Flint  648. 

Garrot  638. 

^^^^^^H 

Fou  112. 

Gaaton  300. 

I^^^^H 

Foder  641, 

Gaucher  5SI5. 

^^^^^^H 

Fodor  677. 

Gaadin  495. 

^^^^^^H 

Förster  485,  615,  677, 

Gavde  70,  76, 

^^^^^H 

Foltanek  428, 

Gauüer  351. 

^^^^^H 

Forssberg  4*/2. 

Gay  588. 

^^^^^1 

Förster  86. 

Gebhard  486,  612. 

^^^^^^K 

Fortunato  491. 

Geigel  267,  277. 

^^^^^H 

Foster  83. 

Geiesler  743. 

^^^^1 

Füurtiier  47t,  489,  491. 

Gelle  546. 

^^^H 

Füx  443, 

Gemayel  353. 

^^^1 

Friukel  50,  54,  109.  147,  Zi^. 

Gen«erich  421. 

^^^^M 

Fraenkel,  A.  119,  '250,  242,  244. 

Gerber  496,  560. 

^^^H 

Fraenkel,  C,  335,  337. 

Gerde»  122,  369, 

^^^H 

Fraenkel,  E.  120,  334,  425,  384,  585. 

Uerhnrdl  114,   115,  255,  274, 

'^ö3,  ^m 

V,  FranckI  Hoch  wart  705, 

310,  344, 

^M 

Frank  91,  150,  357.  656. 

Gerke  515. 

^^^^^ 

Frtokel  68,  360. 

Gerlacb  226,  323,  652. 

^^^H 

Frt^che  590. 

GerlocÄy  346 

^^^1 

Freud  166. 

1 

8t.  Germain  475. 

1 

Alltorenregister. 


841 


Gervais  152. 

Giese  170. 

GiflFord  510. 

Gilbert  2«3. 

Gilles  621. 

Gilles  de  la  Tourette  193,  194,  210. 

Gillet  301. 

Gillet  de  Grandmont  520. 

Gillette  159. 

Girode  346. 

Gisevius  634. 

Glaeser  387,  616. 

Glaser  305. 

Glax  666. 

Glayson  577. 

Gleich  623. 

Gley  37. 

Glogner  34. 

Gluck  422. 

Qlnziaski  'H5. 

Gorde^  3m, 

Gogrewe  649, 

Gold  355. 

Goldberg  367,  373. 

Goldeiiberg  48H,  653. 

Goldliam  '204. 

Gold  mann  111. 

Güldscheider  81^  97,  249. 

Goldäteiu  228,  638. 

Goldzieher  661. 

Golgi  350. 

Golovin  312,  672. 

Goltz  70. 

Gompertz  537. 

Gott^tihalk  655. 

GottsteiB  612. 

Gould  142. 

Graddy  534. 

Gradenigo  546. 

GrafFenb<?rger  59. 

Grammatiichikojr  86,  95,  96. 

Graneber  96, 

Grandis  47. 

Grant  582. 

Grashey  178. 

Grasset  181. 

Graux  312. 

Grawitz  104,  118,  353. 

Gray  493. 

Gredig  313. 

Greef  504,  524. 

Greenwood  57. 

Grehaut  61. 

Griesinger  211. 

Grindon  468. 

Grödel  660. 


Groenouw  534. 
Gross  405. 
Grossmanii  45. 
Grösz  450. 
Gruber  744. 
Grünhagen  78, 
Griinwald  578,  592. 
Grütiner  69. 
Gmndaach  273, 
Grunert  563. 
Gu6oiot  382. 
Günther  631. 
Günz  626. 

iMLILzäMir^^    2G9, 

Uürber  3fi,  4ll. 

iiiiermrmpitfz  555. 

Gulmbail  217, 

Guinard  661. 

Gniteras  486. 

Gumpertz  188. 

Gundobin  414. 

Gurlt  634,  637. 

Gurowicz  584. 

Gusserow  399,  404. 

Guttmann,  P.  332,  333,  334,  648. 

Guttmann,  S.  359. 

Guye  567. 

Guyon  153,  612. 


H. 

Haase  807. 
Haasler  118. 
Habennann  553. 
Habs  587. 
Hacker  623. 
Hadji-Costa  352. 
Häßler  369,  637. 
Ha£fkine  341. 
Hagedom  141,  586. 
Hahn  292,  626,  700. 
Haitier  293. 
Hajek  590. 
Hajnos  607. 
Hall  274. 

Hallopenu  355,  479. 
Halpem  465. 
Hammer  641. 
Hammerl  681,  682. 
Hampeln  261. 
Hanau  iT2. 
Hanausek  770, 
Hankel  718. 
Hankin  92. 
Hansemann  276. 


^H          ^42                                            Aulorenregiater.                  ^^^^^^^H 

■ 

^m          Harnack  618. 

HiJlyer                          ^^^^| 

^^1 

^H           Hartridf^e  534. 

V,  Hippel  518.                          V 
Hirschberg  497.                         ^ 

^^^H 

^H           HafiFe  13. 

^^^^H 

^H           iiaiig  56G. 

Hirechel  98,  346, 

^^^^^1 

^B           Haun  713. 

Hirscbfeld  260,  309,  32t 

^^^H 

^H           Haupt  684. 

His  252. 

^^^^ 

^H           Hauser  89, 

Hitzig  218,  285, 

^^^H 

^H           Hflvem  265, 

Hocken egg  142. 

^^H 

^H           H^'vkraa  43,  65. 

Hocbhaiia  187,  584, 

^^^H 

^H           HelioM  503. 

Hock  627. 

'^^^H 

^H           V,  H(>bra  481. 

Höfer  29. 

^^^1 

^H           Hecbt'Lobnau  264. 

Höfler  668. 

^^^H 

^H           H^Tke  568,  569. 

Hdlacber  237,  644. 

^^^1 

^H           Heddeeiis  513. 

Hopl'el  653. 

^^^1 

^B          Hedin  33. 

Hössli  664. 

^^^H 

^H           Heer] ein  61. 

HofTa  157,  159, 

^^^H 

^m           Heese  78. 

HofTmann  1,  181,  186,  372,  562. 

^^H 

^H           HefTter  39. 

Hofmeier  369. 

^^H 

^H           Heiberg  389. 

Hofmeister  37,  122,  600, 

^^^^ 

^^H           Heifiemann  105. 

Hof  mann  711. 

^^^M 

^m           Heidenbai  n  10.  40,  136,  468. 

Hohenl>erg  787, 

^^^H 

^^B           Heilbronner  164. 

Holländer  62L  636. 

^^^1 

^H           Hei  mann  252. 

Hcilmea  Spiee  r  514. 

^^^1 

^m           Heinz  125,  606,  616. 

Holragren  79. 

^^^H 

^H           Heise  249,  765. 

Holz  596. 

^^^H 

^M           HeiHler  479. 

Hook  348, 

V 

^m           He] bitig  633. 

Hoppe-Seyler  175,  279,  334,  425. 

H 

^H           Heller  442.  494. 

Horner  278. 

H 

^m          Heliner  62, 

Horrand  635. 

^^B 

^^m           Herne nsvuy  582. 

Hnrdey  27,  144,  167,  599. 

^^^H 

^H           Hennfg  *239. 

Hondas  653. 

^^^M 

^M           Hei-czel  492 

Huber  49,  93,  588. 

^^^^H 

^H           Herhig  50(5. 

Hucbani  631, 

^^^^1 

^H           Hermann  79. 

Hübner  430. 

^^^^1 

^^B           Herr  mann  63lK 

Hüfler  "mi 

^^^1 

^^H           Herrnheiser  507. 

Hüfner  46. 

^^^1 

^m           Hertel  355, 

Hünermann  379. 

^^^^1 

^H          Hertwig  2,  31. 

Hueppe  641. 

^^^H 

^H           HerUka  445, 

Hürtble  42.                                      1 

^^^^H 

^^m          Herxheimt^r  464. 

Hüter  453. 

^^^^1 

^M          llenng  270,  578,  582. 

lluft^chmid  120. 

^^^H 

^M          Herz  287, 

Hughe.s  643, 

^^^H 

^H          Herzog  438. 

Hiighlinge  Jackson  184, 

^^^H 

^H          Hesa  504,  521. 

HuLsliolT  456. 

^^^H 

^H           Hessler  565.  568. 

Hon  185. 

^^^H 

^H           Heubner  444, 

Hunt   59  L 

^^^1 

^H           Heuk  354. 

Huppert  698. 

^^^1 

^H          Hetiss  64,  462. 

Hutrael  586. 

^^^^1 

^^B          Hevmann  110. 

^^^^1 

^H          Hevse  338,  340, 

^^^^1 

^H          Heysinger  586. 

I. 

^^^1 

^H          Higier  179. 

^^^1 

^m          Hi^ert  113,  316, 

Ibsen  700, 

.^^^H 

^m          Hildebrandt  323, 

Ikeda  398. 

^^^^1 

^m          HUi-Griftilb  523. 

llberg  217,  232,  604. 

^^^^1 

^m          Hitler  125,  789, 

Inonye  401. 

J 

Autorenregister. 


843 


Israel,  J.  307,  314. 
Israel,  0.  120,  305. 
Iszlai  354. 
Ittmann  469. 
Ivanoif  344. 


J. 

Jaccoud  307. 
Jack  563. 
Jacobi,  A.  588. 
Jacobj  54,  63. 
JacobsohD  245. 
Jacoby  808. 
Jacques  430. 
Jacquet  468,  475.. 
Jadassolm  466,  631. 
Jäger  343,  706. 
Jaenicke  429,  585,  645. 
Jahreiss  401. 
Jakowaki  97. 
Jakttbüwitsch  458. 
Jankam  54Z 
Janowaki  115. 
Jansen  670. 
Jawein  273. 
Jeanseime  355. 
Jendrifz^i  6*33, 
Jersey  413. 
Jessner  468. 
Jetter  89. 
Joel  578. 
Joessel  1. 
Joflfroy  164,  180. 
Johannovsky  400. 
Johansson  41. 
JoUes  228,  638. 
Jolly  180,  407. 
Jolyet  61. 
Jonas  61. 
Jones  34,  432. 
Jordan  94. 
Joris  647. 

Joseph  462,  473,  474. 
Josserand  93. 
Jürgens  95. 
Jullien  489. 
Jungfer  643. 


K. 


Kaempf  661. 
Känsche  275. 
Kahane  441. 


V.  Kahlden  119. 

Kahn  577,  657. 

Kalischer  303. 

Kallmeyer  100,  358. 

Kamen  102* 

Kanthück  422. 

Kaposi  4G1,  467,  477,  483. 

Karewski  158. 

Karlinski  744. 

Kassel  Gl  9. 

Katz  421,  558. 

KtitzeDsteJn  589. 

Kaöfmann  209,  704,  806. 

Kausch  225. 

ICayser  70,  543. 

Knzaurow  511. 

Kazzander  20. 

Keibel  31. 

Kelle  256. 

Kelling  270. 

Kelsch  346. 

Kelynack  276. 

Kemwood  472. 

Kenny  278. 

KeresÄtszeghv  111. 

Kern  364,  545. 

Kirschbaum  er  522. 

Kickhefel  105, 

V.  Kiesevitzky  346. 

Kit  r3  sei  back  544. 

Kilani  653. 

Killian  142. 

Kipp  566. 

Kirby  107. 

Kirchhoff  211. 

Kirchner  94,  477,  749,  786. 

Kirn  362. 

Kirstein  95. 

Kisch  312,  325. 

Kitasato  90,  91,  96,  101,  3G0 

Kiwisch  711. 

Klamann  560. 

Klcbs  96,  234,  328,  340,  659. 

Klein  310,  358,  432,  718,  805. 

KleiDwÜchter  649,  673. 

Klcmann  614, 

Ki eraperer  9ü,  341. 

van  der  Klip  658. 

Klippel  180. 

Klotz  397. 

Knapp  169,  518. 

Knies  498. 

Knörr  216. 

Knorr  651. 

Kober  301 

Kobert  49: 


^^m          344                                             Antorenre^sler,                                  ^9I^^^^^^| 

^B          Küch  562. 

Kruse  92,  07,  103,  105,  667,  669.     ^J 

^m          Koehler  134,  4^,  494,  556,  754 

Krypiakiewicz  226.                                ^^H 

^B           V.  Eölliker  2S, 

V.  Krzywicki  576.                                 ^^^M 

^m           König  189.  t207,  634.                               , 

Kuck  303.                                             ^^M 

^H           Küiiiger  246 

Kiidrewetzky  116.                                ^^H 

^H           Konigfidorr  363, 

Kühn  223.                                           ^^H 

^H           Korn  er  537,  345,  554. 

Künimell  123,  197.                             ^^M 

^H           Körting  806, 

Kiirstdiier  in,                                   ^^M 

^H           KÖBter  249,  ii45. 

Küster  154.                                            ^^H 

^H           Költschau  114,  1530. 

Kahrt  2^1                                             ^^M 

^m           KohUtock  289.  301,  352. 

Kiilcnkampr  594.                                 ^^^H 

^H           Kühn  484,  666. 

Kumpf  289.                                           ^^M 

^H          KoUrnüiiTi  419i;. 

Knnkel  612.                                           ^^M 

^H           KoJst^r  40. 

\\  Kupfer  21.                                      ^^H 

^^M          Koiiow  3^^. 

Kurtz  629.                                           ^^M 

^^1           Kopp  37 

Katner  443.  603.                                 ^^M 

^H        Koppei  mi. 

^^^H 

^H           Kurach  338 

^^^H 

^^H            Kiirntiyi  607. 

^H 

^^H           Korczyiiski  345. 

^^H 

^^m           Koinbliim  307,  308. 

Laborde  609.                                       ^H 

^H           Kornlekl  24o,  688. 

Laennec  479.                                         ^^^H 

^H           Koroiko  102 

Lagana  310.                                        ^^H 

^^m           KortmaTm  l'^7.  604. 

Laker  557.                                           ^^B 

^^M           Kortnew  533. 

Lamdau  395.                                        ^^H 

^^H           Koi?egarteu  547. 

LtiBd^^rer  230,  237.  652.                    ^^M 

^H           Kussa  607. 

Landergren  64.                                    ^^^H 

^H          Koai<ler  2m. 

Landgraf  247.                                      ^^H 

^B           Kovert  617.  618. 

Landois  3.                                           ^^M 

^H           Kowaliig  84^6. 

Lang  !158,  298,  307,  467,  594,  610.        ■ 

^H           Krüpdin  231. 

Lange  34,  169.  539.                             _^^B 

^m          V.  KraflVEbiu^    212.  215    221.  229, 

Lan^enbiicii  803.                                    ^^^| 

^m 

Langeriijann  235,  266«                       ^^H 

^M           Kriihmer  696. 

Langbans  37,  119.                              ^^H 

^H           Kram^ztyk  434. 

Langley  78.                                       ^^^H 

^M           KrannbnlH  361. 

LaiigloiB  37.                                    ^^^H 

^m           Kraeke  622. 

Langrandet  386.                             ^^^^^1 

^K           KrassiQ  140. 

LanDcloni^^tie  93.                               ^^^^| 

^H           KraUtir  681.  682,  701. 

Lannois  550.                                        ^^^H 

^H           Kraus  43(K 

Lnnz  291.                                              ^^H 

^H           Krause  131.  138,  589. 

Laplace  155.                                         ^^H 

^m           Krehl  48,  257. 

Laqiieur  646.                                        I^^^l 

^H           Kreidel  538. 

Larven  552.                                         ^^^H 

^H           Kreid)  79. 

Laser  334.  642.                                   ^^H 

^B           Kre^  3  t  6. 

Lassar  465,  479.                                  ^^M 

^m           Kriege  274. 

Lauenstein  147,  151,  156,  802.         ^^M 

^B           V.  Kriea  66. 

LavasBeur  750.                                       ^^^| 

^m          Kroell  356. 

Lavrand  555.                                       ^^^| 

^H          Kramer  200. 

Uzanis  91,  342,  356.                         ^^M 

^H           Kröpleiti  139. 

Leber  l94.  531.                                    ^^M 

^H           KrÖFing  105. 

Lecorcbi^  307.                                       ^^H 

^H           Kromayer  464,  469. 

Ledermann  469.                                   ^^^H 

^H           Kronacber  642. 

LedoQX- Lebard  96.                             ^^^H 

^^m           Krowczvnskv  599. 

Legend  re  586.                                    ^^^M 

^m          Krliehe'67i;277,  678. 

Legiebn  6*26.                                      ^^H 

^H          Krakenberg  215. 

Legroux  47L  586.                             ^^H 

Autoreoregister. 


845 


Leibholz  699. 

Leichtenstem  291,  362,  620. 

Leloir  481 

LembacL  G4i, 

Lemcke  553,  598. 

Lenare  652. 

Lenn6  300,  320. 

Lenzmann  578. 

Leo  323. 

Leoniiacher  696,  712. 

Leopold  367,  375,  401. 

LrpiDe  318,  653. 

Lerebouillet  666, 

Lermoyez  583. 

Lesshaft  4,  13. 

Letienne  164. 

Leu  345. 

Leubuscher  51,  283,  288. 

Leiich  256. 

Leusden  96. 

Lfcva  201,  253. 

Lf'vt  II  30ti. 

Levinstein-Schlegel  211. 

Levy  97,  462. 

Le  wasche w  339,  349. 

Leyden  T^O,  168,  184,  304,  309,  859. 

Lichtheini  316. 

Lickft^tt  334. 

Liebrecht  125,  605. 

Liebreich  418,  465,  657. 

Liegeois  364. 

Lihotzki  371. 

LilleDfeld  36. 

Li  man  709. 

Limbourg  hl2. 

LiDcohi  58*3. 

Lindemann  669. 

Lindenborn  650. 

Lindner  148. 

Lipmann  347. 

Litten  45,  228. 

Lfjckhart-Gillebsie  300. 

Loeb  538- 

Löbell  646. 

Löbker  2. 

Löwen berg  .^74. 

Löwenthal   200,  278,  282,  338,  409, 

646,  647,  650. 
Lohnstein  386. 
Longaker  586. 
Longard  204,  208. 
Longuet  810. 
Loott  480. 
Lorenz  128,  158. 
Loye  696. 
Lu barsch  335. 


Lubliner  349. 
Luciani  74. 
Ludwig  670^  674. 
Lücke  160. 
Luhe  804. 

Lukasiewicz  475,  613. 
Luksch  98. 
Lundie  144. 


M. 

Maas  527,  634. 

Mac  Clintock  231. 

Macfadyan  53. 

Mackenrodt  390,  393. 

Macpherson  144. 

Mader  236. 

Maes  491. 

Maggiora  68,  103. 

Magitot  657. 

Magnany  343. 

Maguire  254. 

Mairet  631. 

Maiseis  476 

Makroefci  530. 

Manara  523. 

Manasse  104. 

Manchot  34o. 

Mandry  474. 

Manganoki  631. 

Mann  309. 

Mannaberg  351. 

Manser  661. 

Maragliano  241,  304,  328. 

Marandon  de  Monthyei  229. 

Marc  113. 

3Iarchand  106. 

Marchiafava  102,  351. 

Marianelli  482. 

Marignac  101. 

Mariu8  655. 

Markowski  171. 

Marmaduke  556. 

Martha  94,  549. 

Martin,  A.  390. 

Martin,  M.  100. 

Martin-Sidney  100. 

Marti ndale  586. 

Marvand  343. 

Marx  573,  763. 

Masins  653. 

Massei  587,  593. 

Master  444. 

Mateme  468. 

Max  560,  564,  632. 


84() 


Antorenregister. 


V.  Maxiniuwitsch  255. 

May  650. 

Maydl  148. 

Mayer  217. 

Mayer,  C).  173. 

Mayer,  W.  428. 

Mazet  41)2. 

Medin  585. 

Meige  192. 

Mellinger  528. 

Meltzer  48,  476. 

Mendel  199.  213. 

Mendelsohii  312,  324,  658. 

Mtijjuer  i^Ui). 

V.  Meriri^^  274, 

Merkd  Z\K  713- 

Menimim  367. 

Mertens  418. 

Merttens  453. 

Meschede  221. 

du  Mesnil  282. 

Messerer  713. 

Messner  113,  802. 

Metaxas  534. 

Metschoikoff  90,  92,  106. 

Mettnitz  623. 

Metzner  66. 

Meyer  4J0. 

Meyer,  W.  152. 

Meyer  (Petersburg)  276. 

Mibelli  479. 

Michael  339,  603. 

Michelsohn  592. 

Mierzinski  267. 

Mikulicz  140,  152. 

Mills  575. 

Minerbi  419. 

Minkowski  59,  317,  319. 

Miuot  32. 

Mintz  275.  <Si. 

Mislawski  163. 

Miura  61. 

Mizerski  51. 

Möbius  176,  198,  206,  207,  208,  615. 

Möller  381. 

Moizard  122. 

Moncorvo  647. 

Mono«!  313. 

M(K)i<  550. 

Mordhorst  <;59,  671. 

Moritz  172,  687. 

Morris  200. 

V.  Mosetig-Moorhof  645. 

Mosny  91. 

Mounier  558. 

Mucha  223,  361. 


Mucbin  177. 

Müller,  H.  (Zürich)  451. 

Müller  308,  416,  649,  694. 

Müllerheim  376. 

Miinzer  177 

3Iunk  68,  73,  639. 

Muralt  588. 

Musehold  143. 

Muter  milch  514. 

Mygind  551. 


i  ^• 

j   Näcke  217,  224,  229,  626. 
I   Nagy  633. 

Narath  2ü. 
,  Nasse  103. 

Nauwerck  116,  120,  315. 

Neisser  338,  355,  626. 

Nencki  51.  63. 

Netter  97,  334. 

Nettleship  533. 

Neumann  339,  459,  467,  504,  614. 

Neuäser  4>S5. 

Newmack  306, 

^Nickel  115,  292, 

Nicolaier  100,  311,  358. 

Nicot  647. 

Niebergall  126,  807. 

N  i  e  iiH  i  o  vv  fl  U  i  630 . 

Nikilbroff  93. 

Nimier  811. 

Nöggerath  112. 

N()j,ner  788. 

Nolda  182. 

Nolden  620. 

Noltenias  594. 

V.  Noorden  45,  246,  308. 

Nordmann  121. 

Norlury  577. 

Nothers  565. 

Nothnagel  702. 

Novi  648. 

Nuel  502. 


0. 

Übermayer  299. 
Obersteiner  211,  220.  493. 
Obolonskv  ()15. 
Ochs  239. 
Odebrecht  399. 
Oebecke  219. 
Oeder  247. 


Aatorenregister. 


847 


V.  Oefele  656,  657. 

Oestreich  257,  258. 

Ogata  103. 

Ohlmüller  742,  765. 

Ohlsen  459. 

OhinaTin-Dmiie9niI  477. 

Okew-ßlom  153. 

Ülachanvtzky  56. 

Omosi  398.' 

Opitz  259. 

Oppel  84. 

Oppenheim  205,  208,  410. 

Oppenheimer  65. 

Orr  30. 

Oser  55. 

Osters pey  281. 

Ostertag  769. 

Ostmann  538,  539. 

Ostwalt  532. 

V.  Ott  397. 

Ouvry  205. 

Overweg  19. 

Ozegowski  585. 


P. 

Page  209. 
Pagenstecher  192. 
Palleske  86,  460. 
Paltauf  696,  701. 
Panas  516. 
Panecki  284. 
Pansini  92,  97. 
Parinaud  508,  528. 
Paschkis  668. 
Pasquale  795. 
Passmore  6P3. 
Paisthkowski  233,  659. 
Paul  609. 

Pawlowsky  95,  330. 
Pean  346,  395. 
Pee  630. 
Pekelharing  36. 
Pelman  212. 
Pelzer  (Köln)  373. 
Penrose  149. 
Perachia  344. 
Per6  98. 
Pernice  3o2. 
Pescarolo  74. 
Peter  236. 
Petermann  356. 
Peters  513. 

Petersen  125,  428,  627. 
Petersen  217. 


Petresco  653. 

Petruschky  99. 

V.  Pettenkofer  337. 

Peyer  201. 

Pfander  94. 

Pfannenstiel  110. 

Pfeiffer,  E.  323,  670. 

Pfeiffer,  R.  99,  101,  192,  334,  360. 

Pflürrer  57,  58,  596. 

Pfuhl  94,  342,  363,  746. 

V.  Pfungen  286. 

Phelps  159. 

Philipp  637. 

Philippoff  432. 

Philippson  466,  476,  481,  482,  488. 

Phillaps  630. 

Pick  195,  284. 

Picot  237. 

Pictet  633. 

Pielicke  433. 

Pilcher  588. 

Piotrowsky  67. 

Piraccini  216. 

Pitres  196. 

Pizzini  95. 

Plagge  787. 

Pletzer  387. 

Placzek  185,  209. 

Podack  143. 

Podwyssozki  87,  112. 

Pölchen  115,  292. 

Poeller  50G. 

Poggi  645. 

Pohl  644. 

Poirier  2. 

Politzer  473,  560. 

V.  d.  Poll  383. 

Pollack  564. 

Pollak  117,  259. 

Pomorski  451. 

Popoff  86. 

Port  808. 

Portugalow  654. 

Posner  313. 

Pospelow  491. 

Pospischil  260. 

Postempski  138. 

Potain  344. 

Pott  412,  454,  596. 

Pouison  573. 

Powers  617. 

Prati  648. 

Prausnitz  745. 

Prengrueber  231. 

Prentisi  647. 

Printz  803. 


848 


Autorenregister. 


Prior  308. 
Prochownick  388. 
Pröbsting  523. 
Pröll  674. 
Prntz  121. 
Pulawski  273. 
Putzey,  F.  789. 
Patzey,  R.  789. 


(jaain  1. 
Qu^nu  150. 
Quervain  93. 
Quincke  164,  228,  638. 
(^uinquaud  472. 


B. 

Rabeck  122. 

Rabinovitsch  348. 

Rabow  220,  654. 

Radais  102. 

Räuber  706. 

Ragonnean  592. 

Rahts  758,  779. 

Ramon  de  la  Sota  v  Lastra  593. 

Randall  537. 

Rauber  1. 

Haudnitz  417. 

Raum  108. 

R.awikow lisch  424. 

Rawitz  3. 

Kaymond  184. 

Reale  319,  630. 

Reboul  131. 

Redlich  532. 

Redtenbacher  258. 

Reger  801. 

R^is  212. 

Regli  (>23. 

Rehn  430,  586,  689. 

Reich  640. 

Reichinann  270,  281,  587. 

Reimer  667. 

Rein  402. 

Reinl  662. 

Reinsberj:^  "713. 

Reisner  138. 

Reissz  703. 

Renault  496. 

Renon  357. 

V.  Rensselaer  178. 

Renvers  234,  360. 


de  Renzi  319. 

Reussen  134. 

Revillet  642. 

Rey  475. 

Reynolds  166. 

Rhode  656. 

Ribbert  111,  120. 

Rice  590. 

Richardiere  301. 

Richter  61u,  791. 

Rieder  362. 

Riegel  278. 

Rieger  212. 

Riehl  200. 

Riese  114. 

Rindfleisch  117. 

Ripperger  360. 

Rissmann  385. 

Ritter  431. 

Ritzema  Bos  83. 

Rizzoli  130. 

Robertson  153,  578. 

Robinson  577. 

Roch  2. 

Kodet  98. 

Köhmann  35. 

Römer  37. 

Rörig  488. 

V.  Riogner  637. 

Rohde  261. 

Rohrer  574. 

Rolleston  422. 

Roloflf  96. 

Romberg  257,  315. 

Romei  130. 

Komi6e  509. 

Roosa  567. 

Rosenbach  272,  299,  321. 

Rosenberg  53.  114,  263. 

Rosenheim  264,  265,  266,  275,  28*^ 

Rosensiein  293. 

Rosenthal  586,  646. 

Rosenthal  (Berlin)  83,  436,  485. 

Rosenthal  (San  Francisco)  39. 

Rosin  98,  346. 

Rosinski  383. 

Rouget  100,  358. 

Roiisell  353. 

Rousset  221. 

Routschewsky  124. 

Roux  32,  93,  98. 

Rovighi  286. 

Rückert  84. 

Rueter  391. 

RuiTer  112. 

Rüge  113.  350,  794. 


^^^^BHP         ÄutorenregiBler,                                            849       ^J 

Ruggieri  310. 

Schlatler  427,  587.                                     ^H 

Ruhenaanii  360, 

Schleich  125.                                               ^M 

Rumpf  33,S. 

Schleicher  642.                                         ^M 

■      ßimeberg  %il). 

SchleifTarth  105.                                         ^H 

m     Kiuige  713. 

Schlichter  426.                                          ^H 

r^       Rüshton  Parker  :i7L 

Schlier  344.                                                ^M 

L_      Rybalkin  fil5. 

Schmidt  105,  152,  156,  658.                    ^M 

H      Ryinssa  507. 

St-hmidt,  A.  36,  181,  201,  312,  324        ^M 

■ 

Schmidt,  H.  490.                                       ^M 

■ 

Schmidt,  M.  313.  579.                             ^H 

■ 

Schmidt,  M.  B.  115.                                  ^H 

■     Saaireld  484,  486,  628,  (i42. 

Schmidtmann  777.                                    ^^M 

■     Sabrazes  590. 

Schmidt- Rimpler  2ü9,  525.                       ^H 

n      SqcIis  77,  117,  165,  1%,  358. 

Schmiegelow  561,  587,  588.                     ^H 

Sack  468,  485. 

Schmitz  287.                                              ^H 

Sackur  491,  611,  704. 

Schmorl  121.                                             ^H 

Sänger  493,  532. 

Schmal  608.                                               ^H 

Öalkowski  638. 

Schnabel  527.                                            ^H 

Sallier  193, 

Schneider  114,  622,  810,                          ^H 

1          Sftlomone  49L 

Schneider  (BerHn)  401.                             ^H 

■     Salvioli  53. 

Schnitzler  139.                                            ^H 

■     Samuel  107,  338,  339. 

Schönemann  600.                                        ^H 

'^      Sanareili  91,  99. 

Scbünfeid  529.                                             ^H 

iSanchez-Toledu  358. 

Schfjnthal  226,  407.                                  ^H 

Öaiiclford  5JN). 

ScboU  211.                                                ^H 

jgandnianE  30. 

Scholze  362.                                               ^H 

Sandmeyer  75. 

Schott  252.                                                ^H 

Sansoni  645. 

Bchreider  89.                                              ^H 

Santi  462,  47*i,  795,  H12. 

V.  Schröder  176,  655<                                ^^M 

öarbo  UH. 

Schubert  557.                                             ^H 

Sattler  96. 

Schuchardt  627.                                          ^H 

Sauvageau  102. 

Schule  178.                                                 ^M 

Sawlschenko  112. 

Schüller  644.                                            ^H 

Saxer  121. 

Schuetz  469,  578.                                      ^H 

Scagliosi  302. 

Schütze  661.                                               ^H 

Schäfer  227,  283,  638,  810. 

SchuUze  190,  W^,  530,                                    1 

ScbäiTer  228,  58K 

SchahitN  Oscar  19.                                          ■ 

Schäffer,  R.  385,  389. 

SchuU  338,  651.                                            ■ 

SchaiTer  21,  23. 

Schulz  (Budapeil)  386.                            ■ 

Schau  633. 

Schulze  119,  577.                                      ^H 

Schau  ta  713. 

Schwartze  31.                                            ^H 

Schede  126,  136,  157,  291,  637. 

Schwarzmüller  442.                                           • 

Scheff  636. 

Schweigger  525. 

Scheibe  547,  548. 

Scbweni^HTs  487, 

Scheimpllug  439. 

Schwimmer  613.  630. 

Schein  4R3. 

See  309,  609, 

Schein  m  nun  594^ 

Seegen  319,  321, 

Schenk  661. 

Seeligmann  477, 

Schepers  387. 

Segond  395. 

Scherer  452. 

Sei  bei  6^28. 

Schievekamp  134. 

Seifert  237,  64^1. 

SciiiflF  54,  446,  449,  484 

Seilz  297,  361. 

Schild  361- 

Seliger  61H),  691. 

SchilÜDg  586. 

Selvatico  229. 

Schimmel buicli  640. 

Seminola  290. 

Schlager  370. 

SeiDOii  642. 

JabrJjycli  d.  iirdcl.  Modirjn     ^m. 

-  j 

^^m         850                 ^^^^^             Alltorenregister.                   ^^^^^^^^H 

^H          Senator  175.  2m,  309,  315. 

StelTen  441.                          ^^B 

^H          Send  1er  25a 

Stein  269,  221,  43^»,  5R5,  592,  61 

^H          Sewenin^^  410. 

Steinnch  77,                                    ■ 

^H          8extün  563, 

Sleinbrügge  552.                         ■ 

^H          Seydel  342,  (>8G,  GIHI  805. 

V.  Stdnbiichel  515.             ^^U 

^H          Sforza  793. 

Steinhans  11!^.                     ^^M 

^H          Shakespeare  106. 

SteinlioiT  248.                       ^^M 

^m         8haw  167. 

SteiiiBchneider  675.                   ^ 

^H          Sick  491. 

Stell wa^en  482.                    ^M 

^H         Giebel  465.  B27,  fUB. 

Stembn  181.                         ^H 

^^H          Siebenmal!  n   54(K 

Stenheck  39.                         WM 

^H         Sieber  53. 

Sten.  89,  9tJ,  91,  101,  192,  357, 

^H          Siefart  BIO. 

Steyerthal  336. 

^H          Siegert  10^^  119. 

Stierlin  109.  143,  199,  485,  59ffl 

^^m          iSiemerling  216 

Stiner316.'                                 | 

^H          Silbennano  340. 

Stiller  315.                                   1 

^H          Simmonde  120,  304^  336. 

StiUin^-  501.                               ■ 

^H          Simon  586^  626. 

Stintzing  314,  316.             ^^^ 

^H          Singer  278. 

Sütt  804.                              ^H 

^H          Sippel  384,  402. 

Stock(.'r  394.                        ^^M 

^^m          SJöbring  85. 

Stohr  3.                                ^^M 

^m          Skrxeczka  689. 

Stonc  617.                            ^H 

^B          Smitb,  Ch,  5BB. 

Storch  301.                          ^^1 

^^^    Smilb,  J.  474. 

Straub  510,  519.                  ^H 

^^H  SmJtb,  Noble  142. 

Strauß,  R.  44'i.                    ^^1 

^^^m   Snell  509,  534. 

Strauss  495,  603.                 ^H 

^         Snellen  499. 

Straudd,  A.,  187.                 ^^M 

^H          Sobemheim  229^  638. 

Strazzeri  130.                       ^^1 

^^m          V.  Sobiecanski  63. 

Streclier  112.                         ^^M 

^m          Sollier  194. 

Strelitz  455.                          ^^1 

^H           Solowj  382. 

Stj^ng  103,  246.                  ^H 

^H           Sommä  449. 

Strümpell  186,  243.             ^H 

^B          Sommerbrodt  23r),  440^  643. 

Stiibenrniich  133,  U'Ib.         ^^ 

^H          Sottafi  344. 

Stnrges  418.                                1 

^H          Souctake  witsch  112. 

Stuver  457.                                  ■ 

^m          Souplet  487. 

Sucklin^  474.                              ■ 

^H          Sonques  180. 

Sadour  792.                                1 

^^B          South  am  145. 

Sulzer  76.                                     ■ 

^H          S{}eDcer  178. 

Sntberland  596.                   ^JM 

^H          Spengler  23i,  659. 

Sulngiu  372.  401.               ^^| 

^^b         Sperling  775. 

Szana  89.                             ^ 

^^H   Spiegier  299,  627. 

Sze^ö  426. 

^^^^M   Spillmfinn  496. 

Szekely  89. 

^         Spitzer  419. 

Szenes  565,  617. 

^H           Sjjoron  128. 

Szogö  303. 

^H          Spratiin^  564. 

Szumati  640. 

^H          Spronck  104». 

Szydlowski  415. 

^^B           Sfiokolow  457. 

^m           Stadelmann  295. 

T- 

^B          Stadenni  505. 

*# 

^H          Staecker  791. 

Talamon  307. 

^H          Stamm  411« 

Talma  330. 

^H          St^rck  654. 

Tamaasia  715. 

^H          StarkbT  G42. 

Tammann  49.                            ' 

^m          Starr  179. 

Tannen  385.                             j 

^^^^^b  478. 

,  TarufTi  130.                         ^H 

Autoren  regia  ter. 


851 


Taube  4'29. 
Tavel,  93,  Ü8,  125. 
Taylor  184. 
Tedeschi  116. 
Teissier  304,  360. 
Terray  354. 
Terson  511. 
Tescliemüchei'  3*20. 
Testut  15. 
Theobald  510. 
Th6r^8e  301. 
Thibierge  473. 
Thiem  150. 
Thoinot  349. 
Thomas  304,  409,  412. 
Thompson  509. 
Thomson,  H.  133. 
Thomson,  John  189,  446. 
Tibbet  575. 
Tigerstedt  39,  41,  64. 
Tipjakoff  394,  398. 
Tischkow  546. 

TizzoDi  88,  91,  92,  130,  356,  357. 
Tochtermann  198. 
Törngren  377. 
Toldt  24. 
Tooth  175. 
ToQchard  290. 
Toulemin  350. 
Toulouse  410. 
irJichtenLKT«r  mO. 
Trambüsti  85,  109. 
Trautmann  566. 
Trendelenbiirg  162,  391. 
Tricomi  148. 
Troitzky  456. 

Troje  95,  244,  327,  329,  425. 
Trombetta  89. 
Trousseau  533. 
Tscherning  76. 
Tßchirch  771. 
Tschistowitsch  242. 
T^^chJenoff  267 
Tuffier  154. 
Turner  175,  586. 
V.  Tymovski  674. 
Tyrmowsky  577. 


U. 


ückermann  551. 
üffelmann  33.'). 
Ulrich  526. 
Unna  463,  489. 
Upjohn  643. 


ürban  146. 

Urbantschitsch  544,  575. 
Uschinsky  106. 

V. 

Vacher  508. 

Vaülard  89,  90,  100,  358. 

Valien  217. 

Vas  299. 

V.  Velits  131,  376,  382. 

Venturini  648. 

Veraguth  664. 

Verwom  82. 

Vibert  424. 

Vidal  98. 

Vinay  626. 

Vincent  100,  358. 

Virchow  315. 

Visa  646. 

Vissmann  96. 

Vocke  683. 

Vohsen  558. 

Voit  60,  650. 

Volkmann  106. 

Voll  1. 

Voss  704. 

Vosseier  65. 

Vossins  498. 

Vonwillers  583. 

Vulpius  633. 


Wagenhäaser  550. 
Wagner  75,  283. 
Waibel  358. 
Waldeyer  24. 
Walker  112,  471. 
Walthan  88. 
Walton  189,  197. 
Warmer  67. 
Warrcn  600. 
Wasmtith  87. 
Wwsermaim  88,  90,  341. 
WÄtkins  5n:i. 
Watkiiii'Pi  teil  fori  450. 
Waogb  477. 
WaxhMD  5^, 
Weher  268j  637,  651. 
de  Wecker  512. 
Weeka  534. 
Weide  ob  am  m«r  128. 
Weieerl  106. 
Weiobold  485. 


^H        g52                  ^^^^m           Auborcnregist^n                     ^^^^^^^^^^^^^^M 

^B         Weiss  448,  513. 

Wolff,  E.  241,                       ^^^^^H 

^1          VVelaoder  48d. 

WoM,  J,  4,  tO,  122,  135.                   ^^B 

H          WelBford  !23a 

WollT  360.                                              ^H 

^1          Wt^TKk^Lstadt  34. 

Wolkow  615.                                          ^^M 

^m          Weiiderolh  C>12. 

Wolter  393,  481.                                     ^H 

H          Werigo  47,  92. 

Wolters  206.                                            ^^B 

H         Werner  216,  635. 

Wood  240,  437,  515.                             ^H 

^H         Werner  [Pt^tersbarg)  347. 

WrighL  127.                                           ^^B 

H         WerDicVe  91,  213,  214. 

Wroblewsky  584.                                  ^^B 

^B          Wertheim  3G9. 

V.  Wanschheim  17t),  7t)3.                    ^^^B 

^H         Wertheimber  455. 

Wurtz  98.                                               ^^B 

^H          Wertheimer  54. 

^^^B 

H          Werther  283,  485,  617,  618. 

^^^1 

B          Weyl  335,  356,  765* 

^H 

■          Whipple  314. 

^^^M 

H         White  296,  593, 

Yaiuägiva  96,  103,  246.                       ^^H 

^H         Whittniann  417. 

Yoon  126.                                              ^^H 

H          V.  Wiehert  95. 

^^^H 

^m          Wichmann  208. 

^^^B 

H          Wiener  669. 

^B 

^1          Wies'ini,^  565. 

^^^1 

^m          Wig^ti  355. 

Zacher  224.                                       ^^^B 

^H          Wilbaina  566« 

Zambaco  Pascha  480.                       ^^^^^| 

^1          Wilbrand  209,  53 J. 

Zander                                              ^^^^^M 

H          V.  Wild  545. 

Zapgger  306.                                    ^^^^B 

^1          Wilhelmy  430. 

Znrniko  110.                                      ^^^^1 

H          WiUe  129. 

Zelkr  162.                                        ^^^H 

^m          Wllljnmson  173,  319. 

Zenker  98.                                         ^^^^H 

^B          Willrich  661. 

Ziegler  106,  148,  302,  615.            ^^^^H 

H          WiTickel  380. 

Ziegler  (Fotedani)  433.                  ^^^^H 

H          Wiiickler  358,  663,  669. 

Ziehen  51.                                       J^^^H 

^m          Wiiikler  580. 

Ziem  174,  342,  577,  57B.              ^^^H 

H         Wind3€heid  191. 

Ziemaeki  621.                                   ^^^^H 

^m          \¥ipkflrjed^  Williams  476. 

Ziembicki  153.                                      ^^H 

^H          Winter  (Paris)  265. 

V.  Ziem!<sen  127.                              ^^^^^| 

^B          Winternitz  188,  676,  677. 

Zienetr.  653.                                      ^^^H 

^H          Witmer  223. 

Zienie^  2^iL                                       i^^^^^l 

^1          Wittbauer  262,  613. 

Zimmer  91.  805.                             ^^^^^1 

^H          Wjiting  649. 

Zinn  168.                                         ^^^B 

^m          Wimkea  581. 

Znckerkandl  IL                                   ^^H 

^1          Wöliii  625. 

ZuDtz  42,  47.                                      ^^^B 

^M          V.  Woerz  383. 

Zurhelle  649.                                    ^^^^H 

^^i         Wolfberg  606,  811. 

Zweifel  377.                                    ^^^^B 

^^^^H                                           "^ 

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