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Full text of "Die Propaedeutik der Araber in zehnten Jahrhundert"

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University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/diepropaedeutikdOOikhw 


DIE 

PHILOSOPHIE  DER  ARABER 

IM  IX.  l'ND  X.  JAHRHUNDERT  N.  CHR. 

AUS  DER 
THEOLOGIE  DES  ARISTOTELES,  DEN  ABHANDLUNGEN 

ALFARABIS  UND  DEN  SCHRIFTEN  DER  LAUTERN  BRÜDER 

HERAUSGEGEBEN  UND  ÜBERSETZT 


VON 


DR.  FRIEDRICH  DIETERICI 

PROFESSOR  AN  DER  UNIVERSITÄT  BERLIN 


SECHSTES  BUCH 

DIE  PROPAEDEUTIK. 


BERLIN 
E.  S.  MITTLER  &  SOHN. 


Die 


Propaedeutik  der  Araber 


im 


zehnten    Jahrhundert 


von 


Dr.  Friedrich  Dieterici, 

Professor  an  der  Universität'  zu  Berlin. 


Jg£  MiGäAELS  COLLEGE 

Wjiim  THE  INSTITUTE  OF  umm  mm 

V         10  ELMSLEY  FLApg 
*  TORQNTO  6,  CAWAOA 


CANAOA, 

Mit  einer  Karte  und  zwei  Schrifttafeln. 


-<^<^c^^^c^- 


Berlin,  1865. 

Druck  und  Verlag  von  E.  S.  Mittler  und  Sohn. 

(Koeh-Strasse  69.) 


1HE  INSTITUTE  OF  MEDIAEVAL  STUDIO 
10  ELMSLEY  PLAO€ 

TOHONTO  5,  CA*4ADA, 

OCT2  41931 


Herrn 

Julius    Mohl 

Mitglied  des  Instituts  von  Frankreich. 


In  Dankbarkeit  gewidmet 


vom  Verfasser. 


Vorwort. 


-Uie  folgenden  Blätter  sollen  die  propädeutischen  Stu- 
dien der  Araber  im  X.  Jahrh.  n.  Chr.,  wie  dieselben  von 
dem  Philosophen-Orden  der  Lautern  Brüder  getrieben  wur- 
den, darstellen,  und  liefert  somit  dieses  Buch  eine  Fortsetzung 
zu  meinen  früheren  Arbeiten  über  diese  Schule  *).  Es  sind 
die  Abhandlungen  über  Arithmetik,  Geometrie,  Astronomie, 
(Astrologie)  Geographie,  Musik  und  die  Relation,  welche 
von  diesen  Philosophen  speciell  als  die  propädeutischen  Stu- 
dien (arrijadhijjat)  bezeichnet  und  in  den  ersten  sechs  Tracta- 
ten  niedergelegt  sind. 

Die  freie  Wissenschaft,  welche  von  dem  streng  or- 
thodoxen Muslim  gehasst  und  verfolgt  ward,  wurde  im 
Osten  von  den  Secten  und  in  wohl  geordneten  Verbrüde- 
rungen sorgsam  gepflegt,  um  durch  sie  und  in  ihr  eine  Waffe 
und  eine  Stütze  gegen  die  krassen  Lehren  einer  Religion  zu 
haben,  welche  in  der  strengen  Fassung  von  der  Vorherbe- 
stimmung Gottes  einen  jeden  Keim  sittlicher  und  geistiger 
Entwicklung  erdrückte.    In  diesem  Streben  suchten  die  Lau- 


*)  Cf.  Streit  zwischen   Thier   und   Mensch.     Berlin  1858.     Die    Natur- 
ansehauung  der  Araber  im   X.  Jahrh.   1881. 


745 

.BIOS 


IV 

tern  Brüder  das  ganze  Bereich  des  Wissens,  wie  dasselbe 
im  X.  Jalirh.  von  den  Arabern,  damals  dem  gebildetsten 
Volk  der  Welt,  beherrscht  wurde,  in  51  Abhandlungen  zu 
umfassen  und  stellten  sie  die  mathematischen  Wissenschaf- 
ten allen  anderen  Wissenschaften  als  Grundlage  und  Ein- 
leitung vorauf. 

Nachdem  durch  das  unsterbliche  Verdienst  de  Sacy's 
und  den  rastlosen  Eifer  seiner  Schüler  die  arabische  Philo- 
logie aufhörte  nur  eine  dienende  Magd  hebräischer  Sprach- 
wissenschaft zu  sein  und  als  eine  selbstständige  danach 
strebte  eine  bestimmte  Fase  der  Culturgeschichte  zu  reprä- 
sentiren,  tritt  an  die  Vertreter  dieses  Studiums  immer  mehr 
die  Aufgabe,  die  Stufe  der  Cultur,  welche  die  Araber  im 
Mittelalter  einnahmen,  darzulegen,  um  so  auch  ihrerseits 
einige  Bausteine  zum  Aufbau  der  allgemeinen  Culturge- 
schichte herbei  zu  tragen. 

Schon  ein  Blick  auf  diese  Abhandlungen  wird  genügen, 
die  Araber  als  ein  Culturvolk  zu  erkennen.  Sie  hegten  mit 
aller  Sorgfalt  die  auf  sie  gekommenen  Schätze  des  Wissens, 
sie  suchten  dieselben  zu  beherrschen  und  mit  selbstständigem 
Geist  zu  entwickeln.  Sie  haben  im  Gebiete  des  Geistes  ge- 
rungen und  gekämpft,  und  fügen  sich  als  ein  Ring  in  die 
Kette  der  Culturvölker.  Das  wird  immer  klarer  werden,  je 
mehr  die  Finsterniss  sich  lichtet,  die  das  Mittelalter  deckt, 
und  je  mehr  die  Schwierigkeiten  schwinden,  die  der  Bear- 
beitung einer  fast  unbekannten  Literatur  entgegenstehen. 

Die  nach  Stoffen  geordnete  Encyklopädie  der  Lautern 
Brüder  giebt  ein  klares  Bild  von  dem  Gesamnitumfang  des 
Wissens,  im  Ganzen  sowohl  als  in  seinen  einzelnen  Theilen, 
und  kennzeichnet  den  Stand  der  allgemeinen  Bildung  im  Osten 
in  jenem  Jahrhunderte.      Man   lernte    von   den   griechischen 


Meistern,  welche  Jahrtausende  hindurch  die  Lehrer  der  Welt 
waren,  wie  Ptolemäus,  oder  noch  jetzt  es  sind  wie  Euklid. 

Nicht  allein  die  aristotelische  Philosophie,  als  deren  Wie- 
derbeleber die  Araber  im  Mittelalter  auftreten,  sondern  auch 
die  neoplatonische  Philosophie  ist  von  diesem  Orden  mit 
allem  Eifer  studirt  worden.  Gerade  die  neoplatonische  Gei- 
stesrichtung versprach  diesen,  die  Einheit  Gottes  festhalten- 
den arabischen  Philosophen,  eine  bessere  Lösung  der  Räthsel, 
als  die  realistische  Philosophie  des  Aristoteles.  Das  wunder- 
bare Wesen  der  Zahl  und  die  die  Zahl  behandelnde  Wissen- 
schaft erschienen  ihnen  als  das  schon  fertige  Gerüst  den 
Aufbau  der  Wissenschaften  daran  zu  versuchen.  Die  erste 
Reihe  bis  zur  Vier  enthielt  ihnen  die  geistige  Welt  und  be- 
gann von  da  die  Sinnenwelt.  Auf  die  Vier  und  damit  zu- 
sammenhängend auf  die  Acht,  den  Körper,  ist  ihre  Theorie 
begründet.  Deshalb  heissen  diese  Studien  bei  ihnen  die 
propädeutischen  für  die  Wissenschaft  xare^ox^v  d.  i.  für  die 
Philosophie. 

Der  gelehrte  Verfasser  der  akademischen  Abhandlung 
über  al  Ghazzali,  Berlin  1858,  Professor  Dr.  Gosche  spricht 
pag.  242  diesem  Philosophen  einen  Einfluss  auf  die  geistige 
Entwicklung  der  Araber  ab,  welchen  er  dagegen  dem  Pan- 
theisten  al  Ghazzali  im  vollsten  Maasse  zutheilt.  An  sich 
wäre  die  Philosophie  al  Ghazzalis  schon  ohne  solche  Vor- 
gänger, wie  die  Lautern  Brüder,  unmöglich;  die  schroffsten 
Consequenzen  eines  Systems  werden  erst  gezogen,  nachdem 
die  Versuche  sich  mit  der  Religion  zu  versöhnen,  fehlge- 
schlagen sind. 

In  keinem  muhammedanischen  Kopfe  wird  bei  dem 
strengen  Monotheismus  der  unpersönliche  Allgott  sofort  ge- 
boren;   es    bedarf    bestimmter    Voraussetzungen    zu    diesem 


VI 

Todtensprung.  Dass  aber  al  Ghazzali  selbst  keineswegs  so 
unabhängig  von  diesen  Philosophen  ist,  hat  der  um  die  orien- 
talische Bibliographie  so  sehr  verdiente  Dr.  Steinschneider 
nachgewiesen.  AI  Ghazzali  citirt  sowohl  selbst  diese  Schule, 
(cf.  Schmölders  essai  24)  als  auch  schreibt  er  sie  aus,  und 
ist  in  dem  al  Kistas  al  mustakim  ein  Stück  (pag.  155 — 58 
der  Naturanschauung)  vom  Ghazzali  entnommen.  *) 

Dass  al  Magriti  diese  Abhandlungen  so  bald  (er  starb 
heisst  es  anno  1007)  nach  Spanien,  dem  Griechenland  des 
Mittelalters  brachte,  beweist  die  grosse  Wichtigkeit  dieser 
Schule,  denn  ohne  die  Zusammenfassung  aller  Wissenschaf- 
ten, wie  es  diese  Schule  that,  hätte  nimmer  die  grosse  gei- 
stige Entwicklung  unter  den  Muhammedanern ,  Juden  und 
Christen  Spaniens  stattfinden  können;  eine  Entwicklung,  die 
ihren  befruchtenden  Einfluss  mit  aller  Macht  auf  die  mittel- 
alterliche Bildung  ausübte.  Gewöhnlich  theilt  man  dem  ge- 
bildeten Italien  allein  die  Rolle  zu,  die  Bildung  des  germa- 
nischen und  gallischen  Geistes  geleitet  zu  haben.  Rom 
überflutete  diese  Völker  mit  der  Religion,  und  von  der  katho- 
lischen Religion,  ihren  Priestern  und  Mönchen  wurden  die 
Barbaren  zunächst  geschult.  Die  Verbindung  der  italischen 
Bildung  mit  der  Naturkraft  der  Germanen  bedingte  den 
Fortschritt  des  Mittelalters.  Man  mag  diesen  Strom  des 
Geistes  den  romano-germanischen  nennen  und  wer  kann 
seine  Bedeutung  leugnen.  Aber  diese  Strömung  allein  würde 
nimmer  das  Wieder-Erblühen  der  Wissenschaft  in  der  neuen 
Akademie    bewirkt    haben,  denn    sie   wäre    nimmer   aus    der 


*)  Deutsche  morgenländische  Gesellschaft.     XVIII.  169. 
Cf.  Steinschneider  zur  pseudepigraphischen  Literatur  S.  36,  im  Allge- 
meinen cf.  Bibliographie  1859,  91. 


VII 

neoplatonischen  mystischen  Weltanschauung  herausgekommen. 
Doch  vereinte  sich  mit  ihr  ein  anderer  Strom  des  Geistes, 
den  man  den  graeco-arabischen  nennen  mag.  Den  wilden 
Horden  des  Krieges  folgte  die  here  Gestalt  der  Bildung  vom 
Osten  zum  Westen  und  fand  in  Spanien  ihre  Pflege.  Von 
Byzanz  ging  der  Rest  griechischer  Bildung  zu  den  Syrern, 
von  den  Syrern  zu  den  Arabern  über,  mit  ihnen  zog  sie  nach 
Spanien,  um  von  Muhamedanern,  Juden  und  Christen  ge- 
hegt, mit  neuem  Glanz  vom  Westen  her  die  Schatten  der 
Unbildung   zu  verscheuchen. 

Die  Wiederbelebung  der  aristotelischen  Philosophie  durch 
Averroes  und  die  Kommentatoren  des  Aristoteles  wäre  un- 
denkbar ohne  die  vorhergegangene  Durcharbeitung  der  neo- 
platonischen Philosophie,  doch  die  Araber  erhoben  sich  viel 
früher  aus  den  Banden  gewagter  Mystik  und  wandten  sich 
mehr  der  nüchternen  aristotelischen  Forschung  zu.  Ein 
Ibn  Buschd  (Averroes)  konnte  nimmermehr  ohne  Vorgänger 
sein  und  die  Kommentatoren  des  Aristoteles  bei  den  Arabern 
hätten  auf  Sand  gebaut,  wenn  ihr  Volk  nicht  philosophisch 
angeregt  und  geschult  gewesen  wäre,  so  dass  es  in  der 
Philosophie  die  Lösung  aller  Fragen  suchte. 

Ueber  die  Art  und  Weise,  in  welcher  ich  die  Studien 
dieser  Schule  einem  grösseren  Publikum  vorführen  möchte, 
habe  ich  viel  geschwankt.  Lange  schien  es  mir  passend, 
über  einen  jeden  der  Tractate  wieder  eine  Abhandlung  zu 
schreiben,  die,  wie  es  bei  dem  jetzigen  Stand  der  arabischen 
Philologie  nicht  anders  sein  kann,  aus  aneinander  gereihten 
Excerpten  bestanden  haben  würde.  Bei  dieser  Art  der  Be- 
handlung kann  der  Bearbeiter  manche  Schwierigkeit  umgehn 
und  verliert  die  Darstellungsweise  gar  viel  von  der  Steifheit, 
die  einer  Uebertragung  immer  noch  anhaftet.    Dennoch  stand 


VIII 

ich  davon  ab,  denn  bei  der  wissenschaftlichen  Behandlung 
einer  Frage  kommt  es  oft  nicht  sowohl  auf  das  Was  als 
auf  das  Wie  an  und  gewinnt  die  Schilderung  einer  Cultur- 
stufe,  wie  sie  aus  diesen  Abhandlungen  hervorgeht,  durch 
eine  Uebertragung  bei  weitem  mehr,  als  die  ungelenke  Form 
ihr  Schaden  that.  Bei  der  grossen  Menge  neuer  wissenschaft- 
licher arabischer  Termini,  bei  der  grossen  Schwierigkeit, 
welche  die  Uebertragung  unbekannter  Stoffe  dem  Uebersetzer 
machen,  hoffe  ich  der  Wissenschaft  durch  eine  treue  Ueber- 
tragung den  grössten  Dienst  zu  thun;  denn  so  wird  es  für 
einen  jeden  Fachmann,  der  sich  mit  der  Geschichte  seiner 
Wissenschaft  befasst,  möglich,  das  Manuscript  selbst  zu  be- 
nutzen. Die  wissenschaftlichen  Ausdrücke  habe  ich  in  einem 
Anhang  zusammengestellt  und  einige  Anmerkungen  folgen 
lassen.  Für  die  Geographie  hat  mein  geehrter  Freund, 
Prof.  Dr.  Kiepert,  mit  seiner  für  eine  jede  wissenschaftliche 
Frage  stets  bereiten  Humanität  und  Aufopferung  eine  Karte 
entworfen,  und  stand  er  bei  der  wissenschaftlichen  Begrün- 
dung der  einzelnen  Positionen  mir  zur  Seite,  um  die  Fort- 
schritte der  Araber  im  Gebiete  der  Geographie  darzustellen. 
Bei  meiner  Arbeit  benutzte  ich  die  Pariser  Handschrift 
1005,  wovon  ich  eine  Abschrift  genommen  hatte.  Während 
derselben  lernte  ich  durch  die  Güte  des  Prof.  Müller  in 
München  noch  eine  Handschrift  von  allen  Tractaten  der 
Lautern  Brüder  kennen  und  verglich  dieselbe.  Obwohl  die 
Münchener  Handschrift  erst  in  neuerer  Zeit  in  Constantinopel 
gefertigt  ist  und  viele  der  Mängel  solcher  Copien  hat,  auch 
bei  ähnlichen  Endworten  ganze  Stücke  ausgelassen  sind,  ist 
sie  mir  dennoch  an  manchen  Stellen  von  Nutzen  gewesen. 
Ein  viel  älterer  Codex  der  Gothaer  Bibliothek  hat  nur  ein- 
zelne Tractate  und  auch  diese  mehr  im  Excerpt.  Es  wurden 


IX 

nämlich  diese  Abhandlungen  bald  nach  ihrer  Verbreitung  in 
kürzerer  Fassung  noch  einmal  bearbeitet  und  entstand  davon 
die  persische  Uebertragung ,  welche  Prof.  Dr.  Gosche  be- 
nutzte. Auch  dies  giebt  ein  Zeugniss  für  die  grosse  Wich- 
tigkeit dieser  Schule  ab. 

Berlin,  April  1865. 

Fr.  Dieterici. 


Inhalts  -  Verzeichniss. 


Seite 

I.     Arithmetik 1 

II.     Geometrie 23 

LI.     Astronomie  (Astrologie)     .» 46 

Geographie  (mit  einer  Karte  und  Tabellen) 86 

V.     Musik 100 

TL     Mathematische  Relation 154 

EL     Verzeichniss  der  arabischen  Ausdrücke 169 

Anmerkungen 184 


Arithmetik. 


Die  lautern  Brüder,  welche  in  ihren  naturwissenschaft- 
lichen Schriften  meist  den  aristotelischen  Grundzügen  fol- 
gen*), bekennen  sich  in  dem  ersten  Theil  ihrer  Abhandlun- 
gen vollständig  als  Neopythagoraeer  und  bezeichnen  als  die 
eigentliche  Grundlage  ihres  ganzen  philosophischen  Systems 
die  Lehre  von  der  Zahl  und  den  Eigenthümlichkeiten  der- 
selben. Sie  begründen  diesen  Grundsatz  also:  die  Lehr- 
weise der  lautern  Brüder  ist's,  alle  Wissenschaft  von  dem 
Vorhandenen,  also  von  den  Substanzen  und  Accidensen,  dem 
Einfachen  und  Zusammengesetzten,  theoretisch  zu  behandeln; 
die  Menge  ihrer  Gattungen,  Arten  und  Unterarten  zu  er- 
forschen und  dann  ihre  jetzige  Ordnung  und  Reihung,  wie 
dieselbe  von  dem  einen  Grunde  ausging,  zu  erfassen,  und 
ferner,  wie  die  Trennung  des  Vorhandenen  aus  dem  einen 
Grunde  stattgefunden  habe,  durch  arithmetische  Beispiele 
und  geometrische  Beweise  festzustellen.  [8]  Die  lautern  Brüder 
folgen  darin  den  Pythagoraeischen  Weisen.  Aus  diesem 
Grunde  ist  es  nöthig,  die  Abhandlung  über  die  Arithmetik 
allen  andern  Abhandlungen  als  Einleitung  und  Vorwort  voran- 
zustellen, um  so  den  Weg  für  die  zu  ebnen,  welche  die 
philosophischen  Uebungswissenschaften  (Propaedeutik)  zu 
erfassen  streben. 

Die  Philosophie  ist  in  ihrem  Anfang  die  Liebe  zu  den 
Wissenschaften;  in  ihrer  Mitte  die  Kenntniss  von  dem 
eigentlichen  Werthe    des  Vorhandenen,    so   weit  diese   näm- 


*)  Cf.  Dieterici,  Naturwissenschaft  und    Naturanschauung   der  Araber  ira 
10.  Jahrh.     Berlin,  Nicolai;  1861. 

Dietoriei,  aral>.  Propaedeutik.  \ 


—     2     — 

lieh  den  Menschen  möglich  ist,  und  in  ihrem  Ende  die  der 
Wissenschaft  entsprechende  Rede  und  Handlung. 

Die  Philosophie  zerfällt  in  vier  Arten:  1.  die  Uebungs- 
(propädeutischen),  2.  die  logischen,  3.  die  naturwissenschaft- 
lichen, 4.  die  theologischen  Wissenschaften. 

Die  propaedeutischen  Wissenschaften  zerfallen  in  vier. 
1.  Arithmetik,  2.  Geometrie,  3.  Astronomie,  4.  Musik. 

Die  Musik  ist  die  Kenntniss  von  der  Zusammensetzung 
der  Töne. 

Die  Astronomie  ist  die  durch  die  im  Buch  Almagisti 
erwähnten  Beweise  begründete  Wissenschaft  von  den  Sternen. 

Die  Geometrie  ist  die  durch  die  im  Buch  des  Euklid 
gegebenen  Beweise  begründete  Wissenschaft  der  Messkunst. 

Die  Arithmetik  ist  die  Kenntniss  von  den  Eigenthüm- 
lichkeiten  der  Zahl  und  den  denselben  entsprechenden  Be- 
deutungen für  das  Vorhandene,  wie  solche  Pythagoras  und 
Nikomachus    erwähnten. 

Diese  lässt,  als  die  erste  Wissenschaft,  sich  am  leich- 
testen erfassen. 


Die  Worte  führen  auf  Bedeutungen,  denn  die  Worte 
sind  Namen  und  die  Bedeutungen  das  Benannte. 

Das  weitumfassendste  Wort  ist  „Ding."  Das  Ding  ist 
entweder  eins  oder  mehr  als  eins. 

Eins  gebraucht  man  auf  2  Weisen,  entweder  in  seiner 
eigentlichen  oder  in  seiner  metaphorischen  Bedeutung. 

Eins  im  eigentlichen  Sinne  ist  das  Ding,  das  überhaupt 
keine  Theile  hat;  Eins  im  metaphorischen  Sinne  ist  eine  jede 
Summe,  die  man  Eins  nennt;  z.  B.  eine  Zehn,  ein  Hun- 
dert etc. 

Die  Eins  ist  Eins  durch  die  Einheit,  sowie  das  Schwarze 
schwarz  ist  durch  seine  Schwärze. 

Die  Vielheit  ist  dagegen  eine  Summe  von  Einern,  die 
Erste  ist  zwei,  dann  drei,  dann  vier  etc. 

Die  Vielheit  zerfällt  in  2  Arten;  sie  ist  entweder  Zahl 
oder  Gezähltes;  zwischen  Beiden  ist   der  Unterschied,    dass 


—     3     - 

die  Zahl  die  Einheit  von  Formen  der  Dinge  in  der  Seele 
des  Zählenden  ist;   das  Gezählte  aber  die  Dinge  selbst  sind. 

Die  Rechnung  ist  die  Vereinigung  von  Zahlen  und  ihre 
Trennung. 

Die  Zahl  zerfällt  in  zwei  Arten,  in  Ganze  und  in  Brüche. 

Die  Eins,  die  ja  vor  der  Zwei  ist,  ist  die  Wurzel  und 
der  Anfang  der  Zahl;  aus  ihr  wächst  die  ganze  Zahl  sowohl 
als  der  Bruch  hervor,  und  beide  lösen  sich  zu  ihr  zurük- 
kehrend  auf.  —  Denn  die  ganze  Zahl  geht  aus  der  Eins 
durch  Vermehrung,  die  Brüche  aber  aus  derselben  durch 
Theilung  hervor.  Fügt  man  zur  Eins  Eins,  so  sagt  man  zu 
dieser  Summe  Zwei  etc.  Die  Auflösung  zur  Eins  geht  nach 
dieser  Analogie.  Nimmt  man  von  Zehn  eins,  bleibt  9;  wirft 
man  davon  eins  ab,  bleibt  8.  Aber  von  der  Eins  kann  man 
nichts  wegnehmen,  denn  sie  hat  durchaus  keine  Theile. 
Die  Brüche  gehen  aus  der  Eins  in  folgender  Weise  hervor.  [9] 
Reiht  man  die  Zahlen  nach  ihrer  natürlichen  Reihenfolge  1, 
2,  3,  4  und  deutet  man  dann  auf  eins  von  einer  jeden  Summe 
hin,  so  tritt  dann  klar  hervor,  wie  sie  aus  der  Eins  hervor- 
gehn.  Deutet  man  auf  Eins  von  der  Summe  zwei,  so  sagt 
man  von  ihr,  sie  sei  die  Hälfte  der  Zwei;  deutet  man  auf 
Eins  der  Summe  vier,  so  nennt  man  sie  ein  Viertheil,  und 
so  fort  bis  zum  Zehntheil.  Dann  sagt  man  bei  Elf  ein 
Theil  von  Elfen.  *)  Ein  Zwölftheil  nennt  man  ein  halbes 
Sechstheil;  bei  Dreizehn  sagt  man  ein  Theil  von  Dreizehn; 
ein  Vierzehntheil  heisst  ein  halbes  Siebentheil,  ein  Funfzehn- 
theil  das  Drittheil  eines  Fünftheils.  Hiernach  beurtheile 
man  alle  Brüche,  und  also  ist  klar,  dass  die  Zahl,  die  Ganze 
und  die  Bruchzahl,  von  der  Eins  ausgehn  und  diese  die 
Quelle  für  alle  sei. 

Die  ganzen  Zahlen  werden  in  vier  Stufen  «;eordnet: 
Einer,  Zehner,  Hunderte,  Tausende,  so  dass  12  einfache 
Worte  sie  alle  umfassen.  Alle  Zahlwörter  sind  entweder 
von  diesen  abgeleitet,  oder  aus  ihnen  zusammengesetzt,  z.  B. 


'"')  Im  Arabischen    kann    man    nicht   sprachlich   ein  Elftheil    bilden,  man 
sagt  einer  von  elf  Theilen. 

1* 


_     4     — 

dreihundert,  oder  aus  ihnen  durch  Wiederholung  enstanden 
(Tschrina  aus  aschara).  Die  12  einfachen  Worte  wären  1  —  10, 
Hundert  und  Tausend. 

Die  Anordnung  der  Zahl  in  vier  Stufen  beruht  aber 
nicht  auf  etwas  Nothwendigem,  der  Natur  der  Zahl  Anhaf- 
tendem, wie  dies  davon  gilt,  dass  die  Zahl  in  Grade  und 
Ungrade,  in  Ganze  und  Brüche  zerfällt,  und  auch  davon, 
dass  eine  von  ihnen  unter  der  andern  steht;  sondern  dies  ist 
vielmehr  etwas  Gesetztes,  was  die  Gelehrten  willkürlich 
einführten.  Sie  thaten  dies,  damit  die  Zahl  den  Stufen  der 
natürlichen  Dinge  entspräche,  denn  die  Dinge  der  Natur 
sind  meist  vierfach,  so  Kälte,  Hitze,  Feuchte  und  Trockniss; 
die  vier  Elemente  Feuer,  Luft,  Wasser,  Erde,  so  die  vier 
Mischungen  Blut,  Speichel,  Schwarz-  und  Gelbgalle;  die 
vier  Jahreszeiten,  die  vier  Himmelsgegenden,  die  vier  Winde, 
die  vier  Pole,  Ostpunkt,  Westpunkt,  obere  und  untere  Cul- 
mination,  die  vier  Produkte  Mensch,  Thier,  Pflanze,  Mineral. 
Somit  sind  die  meisten  Dinge  der  Natur  vierfach.  Aus  der 
Fürsorge  und  der  Weisheit  des  Schöpfers  ging  hervor,  dass 
die  Dinge  der  Natur  meist  als  vierfache  auftreten,  [10]  damit  die 
Stufen  der  Naturdinge  den  Geistesdingen,  die  über  der  Natur 
erhaben  sind,  entsprächen. 

Die  Dinge,  die  über  der  Natur  als  vier  bestehen,  sind 
erstlich  der  Schöpfer ,  dann  darunter  die  schaffende  Allver- 
nunft, dann  darunter  die  himmlische  Allseele,  dann  darunter 
die  Urmaterie.     Alle    diese  Vier   bestehen   nicht  in  Körpern. 

Der  Schöpfer  steht  zu  dem  Vorhandenen  in  demselben 
Verhältniss  wie  die  Eins  zu  den  Zahlen ;  das  Verhältniss  der 
Vernunft  gleicht  dem  der  Zwei,  das  der  Seele  dem  der 
Drei  und  das  Verhältniss  der  Urmaterie  dem  der  Vier  zu 
den  Zahlen.  Denn  alle  Zahlen:  Einer,  Zehner,  Hunderte, 
Tausende  haben  alle  die  Zahlen  von  der  Eins  bis  zur  Vier 
als  ihre  Wurzeln.  Alle  übrigen  Zahlen  setzen  sich  aus  ihnen 
zusammen  und  wachsen  aus  ihnen  hervor,  so  dass  ihre  Wur- 
zel in  diesen  Vieren  enthalten  ist.  (1+4=5.  2+4=6.  2-J-l 
+4=7.  1+3+4=8.  2+3+4=9.  1+2+3+4=10.) 


—     5    — 

Fragt  man,  wie  der  Schöpfer  die  Dinge  in  der  Vernunft 
entstehen  liess,  wie  er  ihnen  in  der  Seele  Existenz  verlieh, 
wie  er  sie  dann  in  der  Materie  formte,  so  überlege  man 
Folgendes. 

Das  erste  Ding,  was  der  Schöpfer  entstehen  hiess  und 
aus  dem  Lichte  seiner  Einheit  neu  hervorrief,  war  eine  ein- 
fache Substanz,  die  man  „schaffende  Vernunft"  nennt.  Dies 
geschah  so,  wie  er  aus  der  Wiederholung  der  Eins  die 
Zwei  hervorgehen  liess.  Dann  schuf  Gott  aus  dem  Lichte  der 
Vernunft  die  himmlische  Allseele,  so  wie  er  die  drei  dadurch 
schuf,  dass  er  die  Eins  zur  Zwei  hinzufügte.  Dann  schuf 
er  die  Urmaterie  aus  der  Bewegung  der  Seele,  so  wie  er 
die  Vier  dadurch  hervorrief,  dass  er  die  Eins  zur  Drei  fügte. 
Dann  schuf  er  die  übrigen  Geschöpfe  aus  der  Ma- 
terie; er  ordnete  sie  durch  die  Vermittelung  der  Vernunft 
und  der  Seele  so  wie  er  die  übrigen  Zahlen  aus  jenen  Vieren 
durch  (Anlehnung)  Hinzufügung  entstehen  liess,  wie  wir 
dies  oben  in  Beispielen  dargethan  haben. 

Darin,  dass  die  Zahl  sich  aus  der  Eins,  die  vor  der 
Zwei  ist,  zusammensetzen  lässt  und  aus  ihr  hervorwächst, 
liegt  einer  der  deutlichsten  Beweise  für  die  Einheit  des 
Schöpfers;  auch  wird  dadurch  klar,  wie  er  die  Dinge  aus 
seinem  Licht  entstehen  und  sie  hervorgehen  liess.  Wie  näm- 
lich die  Eins,  die  vor  der  Zwei  ist,  wenn  auch  die  Existenz 
der  Zahl  von  ihr  aus  sich  bildet  und  daraus  zusammengesetzt 
wird,  doch  nicht  von  dem  Zustand,  in  dem  sie  sich  befindet,  sich 
ändert  und  nicht  sich  bessert,  also  ist's  auch  mit  Gott.  Ist 
er  es  auch,  welcher  die  Dinge  aus  dem  Licht  seiner 
Einheit  entstehen,  hervorgehn  und  beginnen  liess;  beruht 
gleich  in  ihm  ihr  Bestehen,  Verbleiben,  ihre  Vollendung  und 
Vollkommenheit;  so  ändert  er  sich  doch  nicht  aus  der  Ein- 
heit, in  der  er  war,  bevor  er  sie  entstehen  und  hervorgehen 
liess.  *)  Also  ist  das  Verhältniss  des  Schöpfers  zu  dem  Vor- 
handenen, wie  das  der  Eins  zur  Zahl.  Ferner  wie  die  Eins, 
die  Wurzel  der  Zahl,  ihr  Anfang,  die  Erste  und  Letzte  der- 

*)  Abhandlung  von  dein  Anfang  der  Vernunft.     Vgl.  Abh.  XXXI.     D.  M. 
Ges.  XV.  577. 


—     6     — 

selben  ist,  so  ist  auch  Gott  der  Grund  der  Dinge,  ihr  Schaffer 
und  Schöpfer,  ihr  Former,  Anfang  und  Ende  derselben.   [11] 

Wie  dann  die  Eins  keine  Theile  und  keine  ihr  Gleiche 
unter  den  Zahlen  hat,  so  kennt  auch  Gott  alle  Dinge,  ihre 
Endziele  und  ihre  Qualitäten  durch  die  Zahl;  er  umfasst  sie 
alle  in  der  Zahl,  er  zählt  sie  als  Grade  und  Ungrade,  er 
weiss  das  Wieviel  und  das  Wie  derselben. 

Die  meisten  Völker  haben  nur  vier  Zahlstufen,  aber  die 
Pythagoraeer,  die  Männer  der  Zahl,  kennen  16  Stufen  der- 
selben 10,000,000,000,000,000  tausend  tausend  tausend  tau- 
send tausend. 

Die  Bruchzahlen  haben  viele  Stufen,  denn  es  giebt  keine 
ganze  Zahl,  die  nicht  einen,  oder  zwei,  oder  eine  Anzahl 
Theile  hätte;  so  hat  die  12:  eine  Hälfte,  ein  Drittheil,  ein 
Viertheil,  ein  Sechstheil  und  ein  halbes  Sechstheil. 

Haben  aber  auch  die  Bruchzahlen  viele  Stufen  und 
Theile,  die  alle  einer,  über  dem  andern  geordnet  sind,  so 
umfassen  doch  10  Worte  sie  alle;  von  diesen  ist  eins  vag, 
doch  neun  speciell  und  bestimmt.  Von  diesen  Neun  ist  ein 
Wort  ursprünglich,  nämlich  das  Wort  Hälfte,  und  nicht  ab- 
geleitet wie  Drittheil  von  Drei  etc.  bis  Zehntheil.  Das  allge- 
meine vage  Wort  ist  „Theil",  denn  von  einem  Elftheil  sagt 
man  ein  Theil  von  Elfen;  die  übrigen  Bruchzahlworte  sind 
diesen  zehn  Worten  angeschlossen,  so  nennt  man  ein  Zwölf- 
theil ein  halbes  Sechstheil,  ein  Funfzehntheil  ein  Drittel 
Fünftheil,  ein  Zwanzigtheil  ein  halbes  Zehntheil  etc. 

Jede  der  zwei  Zahlarten  geht  in  der  Vielheit  bis  in's 
Unendliche;  doch  beginnt  die  ganze  Zahl  von  der  kleinsten 
Menge,  nämlich  zwei,  und  geht  zunehmend  bis  in's  Unend- 
liche. Die  Bruchzahl  aber  beginnt  von  der  grössten  Menge, 
nämlich  der  Hälfte,  und  geht  in  der  Theilung  bis  in's  Un- 
endliche. 

Beide  sind  also  in  Hinsicht  ihres  Anfangs  begrenzt,  in 
ihrem  Ende   aber  unbegrenzt. 


—     7     — 

Die  Eigenthiiiiiliehkeiteii  der  Kahl. 

Eigentümlichkeit  bedeutet  die  dem  Beschriebenen  spe- 
ciell  zukommende  Eigenschaft,  so  dass  keine  andere  an  der- 
selben Theil  hat. 

Eigenthümlichkeit  der  Eins  ist,  dass  sie  die  Wurzel 
der  Zahl  ist  und  ihr  Beginn;  sie  bildet  alle  Zahlen,  Grade 
und  Ungrade,  siehe  darüber  Oben. 

Eigentümlichkeit  der  Zwei  ist,  dass  sie  überhaupt  die  erste 
Zahl  ist;  sie  bildet    die    Graden,    doch  nicht   die   Ungraden. 

Eigenthümlichkeit  der  Drei  ist,  dass  sie  die  erste  Un- 
grade ist;  sie  bildet  ein  Drittheil  der  Zahlen,  einmal  Un- 
grade und  einmal  Grade. 

Eigenthümlichkeit  der  Vier  ist,  dass  sie  das  erste  Qua- 
drat ist. 

Eigenthümlichkeit  der  Fünf  ist,  dass  sie  die  erste  Kreis- 
zahl ist,  sie  heisst  auch  kugelig. 

Eigenthümlichkeit  der  Sechs:  sie  ist  die  erste  vollstän- 
dige Zahl. 

Eigenthümlichkeit  der  Sieben:  sie  ist  die  erste  vollkom- 
mene Zahl.  (2X3-}-1.5  d.  i.  die  erste  Grade  mal  der  ersten 
Ungraden  plus  1.) 

Eigenthümlichkeit  der  Acht:  sie  ist  die  erste  Würfelzahl, 
sie  heisst  auch  Körperzahl.     (2X2X2.) 

Eigenthümlichkeit  der  Neun:  sie  ist  das  erste  ungrade 
Quadrat  und  bildet  die  letzte  Stufe   der  Einer. 

Eigenthümlichkeit  der  Zehn:  sie  bildet  die  erste  Stufe 
der  Zehner. 

Eigenthümlichkeit  der  Elf:  sie  ist  die  erste  stumme  Zahl.*) 

Eigenthümlichkeit  der  Zwölf:  sie  ist  die  erste  Ueber- 
schusszahl.      [12] 

Eigenthümlichkeit  einer  jeden  Zahl  ist,  dass  sie  die 
Hälfte  ihrer  beiden  Grenzzahlen  zusammengenommen  ist; 
addirt   man   die   beiden  Grenzzahlen,   so  sind  sie  doppelt  so 


*)  Man  sagt  im  Arabischen  nicht  der  Elfte,  sondern  einer  von  elf  Theilen. 
Dies  scheint  die  falsche  Deutung  des  griechischen  «QQqrog  zu  sein. 


viel  als  jene.    5=4+6   3+7  2+8.     Das  gilt  von  allen  Zah- 

2        2        2~ 
len.    Die  Eins  aber  hat  nur  eine  Grenzzahl,   nämlich  2,  und 
sie  ist  die  Hälfte  davon,  und  jene  2  mal  so  viel  als  sie. 

Die  Vier  nannten  wir  die  erste  Qnadratzahl,  denn  es  ist 
die  Multiplikation  der  2  mit  sich.  Jede  Zahl  heisst,  wenn  sie 
mit  sich  multiplicirt  wird,  Wurzel,  und  die  Summe  *)  Quadrat. 

Sagen  wir:  die  Fünf  ist  die  erste  Kreiszahl,  so 
heisst  das,  dass  sie  mit  sich  multiplicirt  wieder  zu  ihrem 
Wesen  zurückkehrt;  wird  dann  diese  Summa  wieder  mit 
sich  multiplicirt,  kehrt  sie  wieder  zu  ihrem  Wesen  zurück. 
5X5=25.  25X25=625.  625X625=390625,  so  bewahrt  die 
5  stets  sich  selbst,  und  dasselbe  thun  ihre  Produkte. 

Die  Sechs  ist  darin  ähnlich  der  Fünf,  doch  haftet  diese 
Eigenschaft  ihr  nicht  so  an  und  währt  nicht  so  wie  dies  bei 
der  Fünf  der  Fall  ist.     6X6=36. 

Vollständig  heisst  eine  solche  Zahl,  deren  Theile, 
wenn  sie  addirt  werden,  sie  selbst  als  Summe  ergeben. 
Sechs  ist  die  erste  derselben,  die  Hälfte  ist  Drei,  Drittheil 
ist  Zwei,  Sechstheil  ist  1.  3+2+1=6.  Diese  Eigenschaft 
hat  keine  Zahl  vor  ihr,  aber  einige  nach  ihr,  wie  28,  492,  7128. 

Die  Sieben  ist  die  vollkommene  Zahl,  denn  sie  vereinigt  in 
sich  den  Sinn  aller  Zahlen.  Alle  Zahlen  sind  grade  oder 
ungrade.  Von  den  Graden  giebt  es  eine  erste  und  eine 
zweite,  und  ebenso  ist's  mit  den  Ungraden. 

Zwei  ist  die  erste  grade  Zahl  und  Vier  die  zweite. 
Drei  die  erste  Ungrade,  Fünf  die  zweite.  Addirt  man  die 
erste  Grade  zur  zweiten  Ungraden,  oder  die  erste  Ungrade 
zur  zweiten  Graden,  so  entsteht  7.     2+5  oder  3-}- 4. 

Ferner  gilt  von  ihr,  dass,  wenn  man  die  Eins,  die  Wur- 
zel der  Zahl,  zu  der  Sechs,  der  vollständigen  Zahl,  addirt,  dar- 
aus 7  entsteht. 

Diese  Eigenthümlichkeit  hat  keine  Zahl  vor  der  Sieben, 
und  hat  sie  deren  noch  mehr,  die  später  hervorgehoben  wer- 
den, wenn  gezeigt  wird,  dass  das  Gezählte  der  Natur  der 
Zahl  gemäss  ist. 

*)  Für  Summe  und  Produkt  haben  die  Araber  das  Wort   (igtimäc). 


-     9     — 

Acht  heisst  die  Würfelzahl.  Eine  jede  Zahl,  die  mit 
sich  multiplicirt  wird,  heisst  Wurzel,  ihr  Produkt  Quadrat; 
multiplicirt  man  das  Quadrat  mit  seiner  Wurzel,  so  heisst 
die  Summe  Würfel.  Zwei,  die  erste  Zahl,  ergiebt  mit  sich 
multiplicirt  Vier  als  Quadrat,  und  Vier  mal  Zwei  ergiebt 
Acht.     [13] 

Körperzahl  heisst  die  Acht,  denn  der  Körper  entsteht 
aus  zusammengehäuften  Flächen,  die  Flächen  aus  einander 
benachbarten  Linien,  die  Linien  aus  aneinander  gereihten 
Punkten,  wie  dies  in  der  Geometrie  dargestellt  wird.  Die 
kleinste  Linie  aber  besteht  aus  zwei  Punkten,  die  kleinste 
Fläche  aus  zwei  Linien,  der  kleinste  Körper  aus  zwei  Flächen. 
So  ergiebt  sich  aus  diesen  Vordersätzen,  dass  der  kleinste 
Körper  aus  8  Theilen  besteht.  Der  erste  derselben  ist  die 
Linie,  diese  besteht  aus  zwei  Theilen;  multiplicirt  man  die 
Linie  mit  sich,  so  entsteht  daraus  die  Fläche,  das  wären 
vier  Theile;  und  multiplicirt  man  die  Fläche  mit  einer  ihrer 
Längen,  so  entsteht  daraus  die  Tiefe.  Somit  besteht  die 
Summe  des  Körpers  aus  acht  Theilen.  Länge  2,  Breite  2, 
Tiefe  2.     (2X2X2) 

Neun  ist  die  erste  Ungrade,  die  ein  Quadrat  ist,  denn 
3X3=9.     Weder  3  noch  5  noch  7  ist  ein  Quadrat. 

Zehn  bildet  die  erste  Stufe  der  Zehner,  ebenso  wie  die 
Eins  die  erste  Stufe  der  Einer  bildet.  Das  bedarf  keiner 
weiteren  Erklärung.  Sie  hat  eine  Eigenthümlichkeit,  welche 
der  Eigenthümlichkeit  der  Eins  gleicht;  sie  hat  nur  von 
einer  Seite  eine  Grenzzahl,  nämlich  Zwanzig.  Von  ihr  ist 
die  Zehn  die  Hälfte,  wie  dies  auch  bei  der  Eins  stattfindet, 
die  ja  die  Hälfte  der  Zwei  ist. 

Elf  ist  die  erste  stumme  Zahl,  denn  sie  hat  keine  aus- 
sprechbaren Theile;  man  sagt  einer  von  eilf  Theilen,  aber 
nicht  ein  Elftheil  cf.  13,  17,  19  etc. 

Zwölf  ist  die  erste  Ueberschusszahl;  denn  ergeben  die 
Theile  einer  Zahl,  wenn  man  sie  summirt,  mehr  als  sie  selbst, 
so  heisst  eine  solche  Zahl  eine  Ueberschusszahl.  Zwölf  ist 
die   erste  derselben,   ihre  Hälfte  =ü,  ihr  Drittheil  =4,  ihr 


10    — 


Viertheil  =3,  ihr  Sechstheil  =2  und  ein  halbes  Sechstheil  1. 
Diese  Theile  addirt  ergeben  16,  was  ja  mehr  ist  als  12. 

Kurz,  hiernach  giebt  es  keine  Zahl,  die  nicht  eine  Eigen- 
thümlichkeit  hätte,  die  ihr  speciell  und  keiner  anderen  zu- 
käme; doch  unterlassen  wir  dieselben  zu  erwähnen. 


Die  Zahl  zerfallt  in  zwei  Theile,  Ganze  und  Brüche. 
Die  Ganzen  zerfallen  wieder  in  zwei  Theile,  Grade  und  Un- 
grade. Grade  ist  eine  jede  Zahl,  die  sich  in  zwei  richtige 
Hälften  theilen  lässt.  Ungrad  aber  eine  jede  Zahl,  die  um 
eins  grösser  oder  kleiner  ist,  als  die  Grade.  Die  grade 
Zahl  wächst  aus  der  Zwei  durch  Wiederholung  hervor. 
2,  4,  6,  8,  10. 

Die  graden  Zahlen  zerfallen  in  drei  Arten:  Grad-Grad, 
Grad-Ungrad,  Grad-Grad-Ungrad. 

Grad-Grad  ist  eine  jede  Zahl,  die  sich  in  zwei  richtige, 
einander  gleiche  Hälften  theilen  lässt,  dann  ihre  Hälfte  im- 
mer wieder  in  zwei  Hälften,  bis  die  Theilung  bei  der  Eins 
endet.     64,  32,  16,  8,  4,  2,  1. 

Diese  Zahl  wächst  aus  der  Zwei  als  ihrem  Anfang 
hervor,  wie  man  immerfort  in's  Unbegrenzte  eine  Summe 
mit  zwei  multipliciren  mag.  Wer  sich  das  recht  klar  machen 
will,  der  verdoppele  die  Felder  des  Schachbretts,  denn  nur 
solche  Zahlen,  nämlich  Grad-Grade,  werden  daraus  her- 
vorgehn. 

Diese  Zahlen  haben  noch  andere  Eigenthümlichkeiten, 
die  Nikomachus  in  seinem  Buche  weiter  ausführt;  davon  sei 
einiges  hier  erwähnt.  Er  sagt:  [14]  Ordnet  man  diese  Zahlen 
in  ihrer  natürlichen  Reihenfolgen  nämlich:  1,  2,  4,  8,  16,  32, 
64,  so  ist's  ihre  Eigentümlichkeit ,  dass  bei  der  Multipli- 
cation  der  beiden  Endzahlen  miteinander  dasselbe  heraus- 
kommt, als  wenn  man  die  Mittelzahl  mit  sich  multiplicirt. 
Dies  gilt  für  den  Fall,  dass  es  nur  eine  Mittelzahl  giebt; 
giebt  es  aber  zwei  Mittelzahlen,  so  ist  das  Produkt  der 
beiden  Endzahlen  gleich  dem  Produkt  der  einen  Mittelzahl 
mit  der  andern  multiplicirt,  z.  B.  64,  (1,  2,  4,  8,  16,  32,  64). 


—   11   — 

64  ist  die  eine  Endzahl  und  Eins  die  andere.  Es  giebt  hier 
nur  eine  Mittelzahl  acht.  Nun  ist  1X64=2X32=4X16 
=8X8.  Fügt  man  zu  dieser  Reihe  noch  eine  Stufe  (128), 
so  ergiebt  die  Multiplikation  der  beiden  Endzahlen  mit  ein- 
ander dasselbe  Produkt,  als  die  beiden  Mittelzahlen  mit  ein- 
ander multiplicirt  (8X16=128=1X128=2X64=4X32. 

Die  gradgraden  Zahlen  haben  ferner  die  Eigentümlich- 
keit, dass  ihre  Summe,  wenn  man  sie  bis  zu  irgend  einem 
Punkt  hin  addirt,  immer  um  eins  kleiner  ist,  als  die  Zahl, 
zu  der  man  gekommen.  1-f  2+4=8  -  1.  1+2+4+8=16—1. 
1+2+4+8+16=32-1. 

Grad-Ungrad  ist  eine  jede  Zahl,  welche  sich  einmal  in 
zwei  Hälften  theilen  lässt,  aber  in  der  Theilung  nicht  bis 
zur  Eins  gelangt,  so  6,  10,  14,  18,  22,  26;  diese  und  ihres 
gleichen  lassen  sich  einmal  theilen,  doch  kommen  sie  dann 
nicht  bis  Eins.  Diese  Zahlen  gehn  aus  der  einmaligen 
Multiplication   einer  jeden    ungraden    Zahl   mit  Zwei  hervor. 

Grad-Grad-Ungrad  ist  eine  jede  Zahl,  welche  sich  öfter 
als  einmal  in  zwei  Hälften  theilen  lässt,  aber  in  der  Thei- 
lung nicht  bis  zur  Eins  gelangt,  so  12,  20,  24,  28.  Diese 
Zahlen  gehen  daraus  hervor,  dass  man  die  Grad-Ungraden 
Zahlen  einmal  oder  öfter  mit  zwei  multiplicirt.  Andere  Eigen- 
tümlichkeiten dieser  Zahlen  unterlassen  wir  hier  anzuführen. 

Die  ungrade  Zahl  zerfällt  in  zwei  Arten :  Urungrad 
(Primzahl)  und  Zusammengesetzt-Ungrad.  Von  Zusammen- 
gesetzt-Ungraden  giebt  es  zwei  Arten,  gemeinschaftliche 
und  gesonderte. 

Urungrad  ist  jede  Zahl,  die  durch  keine  andere  Zahl 
als  Eins  gebildet  wird,  so  3,  5,  7,  11,  13,  17,  19,  23  etc. 

Eigentümlichkeit  dieser  Zahlen  ist,  dass  sie  keine  an- 
dere Theile  hat,  als  solche,  die  nach  ihr  benannt  sind.  Drei 
hat  nur  Drittheile,  Fünf  nur  Fünftheile,  Sieben  nur  Siebentel 
(nicht  Hälften  etc.),  so  11,  13,  17. 

Ueberhaupt  werden  alle  stummen  Zahlen  nur  durch 
Eins  gebildet,  denn  der  Name  ihrer  Theile  wird  von  ihnen 
abgeleitet. 


—     12     — 

Zusammengesetzt-Ungrad  ist  jede  Zahl,  welche  ausser 
durch  die  Eins  noch  durch  eine  andere  Zahl  gebildet  wer- 
den kann,  so  9,  25,  49,  81.     [15] 

Gemeinschaftlich-Ungrad  sind  je  zwei  Zahlen,  welche 
ausser  durch  Eins  noch  durch  eine  andere  Zahl  gebildet 
werden,  so  9,  15,  21.  Denn  die  Drei  bildet  sie  alle,  ebenso 
werden  15,  25,  35  durch  die  Fünf  gebildet. 

Alle  solche  Zahlen  heissen  gemeinschaftliche  in  Bezie- 
hung auf  die  Zahl,  welche  sie  bildet. 

Gesondert-Ungrad  sind  je  zwei  Zahlen,  welche  ausser 
durch  die  Eins  noch  durch  zwei  andere  Zahlen  gebildet 
werden,  doch  bildet  die,  so  die  eine  schafft,  nicht  auch  zu- 
gleich die  andere  so  9  u.  25.  Drei  bildet  die  Neun  als  Zahl, 
aber  nicht  die  25.  Fünf  bildet  die  25  zur  Zahl,  aber  nicht 
die  Neun.  Diese  und  ähnliche  Zahlen  nennt  man  Ge- 
sonderte. 

Dasselbe  gilt  auch  von  je  zwei  ungraden  Quadratzahlen. 

Eigenthümlichkeit  einer  jeden  ungraden  Zahl,  welche 
es  auch  sei,  ist  die,  dass,  wenn  man  sie  in  irgend  zwei  Theile 
theilt,  stets  der  eine  der  zwei  Theile  eine  grade  und  der 
andere  eine  ungrade  Zahl  ist. 

Eigenthümlichkeit  der  graden  Zahl  aber  ist's,  dass,  wenn 
man  sie  in  zwei  Theile  theilt,  ihre  beiden  Theile  entweder 
beide  grade  oder  beide  ungrade  Zahlen  sind. 

Die  Zahlen  lassen  sich  in  einer  andern  Beziehung  in 
drei  Arten  theilen:  in  vollständige-,  Ueberschuss-  und  Man- 
gelzahlen. 

Vollständig  ist  eine  jede  Zahl,  die,  wenn  man  ihre 
Theile  summirt,  selbst  als  Summe  herauskommt.  Vgl.  6=1 
+2+3.  28=1+2+4+7+14,  ferner  496,  7128.  Von  diesen 
Zahlen  findet  man  in  einer  jeden  der  Zahlenstufen  nur  eine: 
Sechs  unter  den  Einern,  28  unter  den  Zehnern,  496  unter 
den  Hunderten  und  7128  unter  den  Tausenden. 

Eine  Ueberschusszahl  ist  eine  jede  Zahl,  deren  Theile 
summirt  eine  grössere  Summe  als  sie  selbst  ergeben,  so  12, 
20,   60,  72  u.  dergl.     Die  Hälfte   von   Zwölf  ist  Sechs,   das 


—     13    — 

Drittheil  Vier,  das  Viertheil  Drei,  das  Sechstheil  Eins.  Die 
Summe  dieser  Theile  ergäbe  16,  das  ist  mehr  als  12. 

Mangelzahl  nennt  man  dagegen  eine  solche,  deren  Theile, 
wenn  man  sie  summirt,  weniger  ergeben,  als  sie  selbst;  so  4, 
8,  10  u.  dergl.   Zahlen. 

Die  Hälfte  von  acht  ist  Vier,  die  Hälfte  davon  Zwei, 
das  Achttheil  Eins  macht  zusammen  Sieben,  die  geringer  als 
Acht  ist.  Nach  dieser  Regel  beurtheilt  man  alle  Mangel- 
zahlen. 


In  einer  andern  Beziehung  kann  man  die  Zahlen  in 
zwei  Klassen  theilen:  in  die  einander  entsprechenden  und 
nicht   entsprechenden. 

Sich  entsprechend  sind  je  zwei  Zahlen,  von  denen  die 
Eine  eine  Ueberschuss-  und  die  andere  eine  Mangelzahl  ist, 
so  dass,  wenn  man  die  Theile  der  Ueberschusszahl  summirt, 
ihre  Summe  die  Mangelzahl  ergiebt;  addirt  man  aber  die 
Theile  der  Mangelzahl,  so  sind  sie  in  der  Summa  gleich 
der  Ueberschusszahl;  so  ist  220  eine  Ueberschusszahl,  284 
aber  eine  Mangelzahl;  summirt  man  die  Theile  von  220,  so 
ergeben  sie  die  Summe  284;  [16]  summirt  man  aber  die  Theile 
der  Mangelzahl,  so  ergeben  sie  220.  Diese  Zahlen  heissen 
„sich  entsprechend"  doch  giebt  es  ihrer  nur  wenige. 

Eigenthümlichkeit  der  Zahl  ist  ferner,  dass  sie  bis  in's 
Endlose  Vervielfachung  und  Hinzufügung  annimmt.  Dies 
geschieht  auf  fünf  Arten  : 

a)  nach  der  natürlichen  Reihenfolge  1,  2,  3,  4,  5,  6  etc. 

b)  nach  der  Reihenfolge  der  Ungraden  1,  3,  5,  7,  9, 
11  etc. 

c)  nach    der   Reihenfolge   der   Graden    1,  2,  4,  6,  8  etc. 

d)  im  Wurf,  wie  es  passt  und  wie  man  es  in  den  Rech- 
nungen findet. 

e)  durch   die  Multiplication. 

Eine  jede  dieser  Arten  hat  eine  Anzahl  von  Eigentüm- 
lichkeiten, über  welche  die  Bücher  der  Arithmetik  weitläu- 
figer handeln;  wir  wollen  davon  etwas  hier  erwähnen. 


_     14    — 

Eine  Eigenthümlichkeit  der  natürlichen  Reihenfolge  ist's, 
dass  wenn  man  sie  von  Eins  bis  zu  irgend  einem  Punkt 
hin  summirt,  die  Summe  gleich  dem  Produkt  ist,  das 
aus  der  Multiplication  der  Endzahl  +1  mit  ihrer  Hälfte 
hervorgeht.  Fragt  man:  wieviel  ergiebt  die  Addition  von 
1 — 10  in  der  natürlichen  Folge,  so  ist  die  Regel,  dass  man 
zu  zehn  eins  hinzufügt  und  dann  diese  Zahl  mit  der  Hälfte 
voxi  Zehn  multiplicirt.  5X11=55.  Dies  gilt  von  dieser 
Klasse  als  Regel. 

Eigenthümlichkeit  von  der  Reihenfolge  der  Graden  1, 
2,  4,  6,  8,  10,  12  ist,  dass  die  Summe  immer  eine  ungrade 
Zahl  ist. 

Ferner  ist  ihnen  eigenthümlich,  dass  bei  einer  Summi- 
rung  derselben  in  der  natürlichen  Reihenfolge  bis  zu  irgend 
einem  Punkte  hin  die  Summa  gleich  ist  dem  Produkt,  das 
aus  der  Multiplication  von  der  einen  Hälfte  dieser  Endzahl 
-|-1  mit  der  andern  Hälfte  herauskommt,  doch  muss  man 
zur  Summe  noch  Eins  hinzufügen.  Sagt  man :  wieviel  ergiebt 
die  Summirung  der  graden  Zahlen  von  1  —  10,  so  nimmt 
man  die  Hälfte  von  Zehn  +1=6  und  multiplicirt  sie  mit 
der  andern  Hälfte  5X6=30.  Dann  fügt  man  zu  der  ganzen 
Summe  1=31.     Dies  gilt  von  allen  graden  Zahlen. 

Eine  Eigenthümlichkeit  von  der  Reihe  der  ungraden 
Zahlen  ist  die,  dass,  wenn  man  sie  in  ihrer  natürlichen  Folge 
addirt,  die  Summe  einmal  eine  Grade,  das  anderemal  eine 
Ungrade  ergiebt;  diese  Summen  sind  alle  Quadratzahlen, 
von  denen  eine  der  andern  folgt;  4,  9,  16,  25  und  l-f-3, 
1+3+5,  1+3+5+7. 

Eine  andere  Eigenthümlichkeit  der  Reihe  von  ungraden 
Zahlen  ist  die,  dass,  wenn  man  sie  in  ihrer  natürlichen  Rei- 
henfolge von  Eins  bis  zu  irgend  einer  Zahl  addirt,  die 
Summe  gleich  ist  dem  Quadrat  der  voll  hergestellten  Hälfte. 
Fragt  man:  wieviel  ergiebt  1 — 11  nach  der  Reihenfolge  der 
Ungraden,  so  nimmt  man  die  Hälfte  von  11  und  stellt  die- 
selbe als  voll  her  =6.  Dann  multiplicirt  man  dies  mit  sich. 
6X6=36.  Dies  gilt  von  dieser  Klasse,  und  kann  man  sich 
danach  richten. 


—     15     - 

Den  Grundpfeiler  der  Rechnung  bildet  die  Kenntniss 
der  Multiplication. 

Multiplication  ist  die  Vervielfachung  einer  von  zwei 
Zahlen  um  so  viel  als  eine  andere  Einer  hat.  Fragt  man: 
wieviel  ist  3X4,  so  heisst  das,  was  ist  die  Summe  von  Drei 
viermal  genommen. 

Die  Zahl  zerfiel,  wie  wir  früher  dargestellt  haben,  in  Ganze 
und  Brüche;  die  Multiplication  einer  Zahl  mit  einer  andern 
zerfällt  in  zwei  Arten,  die  einfache  und  zusammengesetzte. 
Die  einfache  zerfällt  wieder  in  drei  Arten. 

a)  Ganze  mit  Ganzen  2X2.     3X4.     4X5  u.  dergl. 

b)  Brüche  mit  Brüchen  ^X1/**     V4XV5  u.  dergl. 

c)  Ganze  mit  Brüchen  2X1/s.     3XJA  u.  dergl. 

Die  zusammengesetzte  Multiplication  zerfällt  ebenfalls 
in  drei  Arten. 

Ganze  und  Brüche  mit  Ganzen  und  Brüchen.  21/s'X4:1/5 
u.  dergl. 

Ganze  und  Brüche  mit  Ganzen.    3Y4X5-   [17] 

Ganze  und  Brüche  mit  Brüchen.     2Y3XV7. 

Die  Multiplication  der  ganzen  Zahlen  zerfällt  in  vier 
Stufen,  die  von  Einern,  Zehnern,  Hunderten  und  Tausenden; 
die  Summe  aber  in  zehn  Arten. 

a)  Einer  mit  Einern,  von  denen  einer  Eins  und  zehn  Zehn 
ausmachen. 

b)  Einer  mit  Zehnern,  von  denen  eins  Zehn  und  zehn 
Hundert  ausmachen. 

c)  Einer  mit  Hundert,  von  denen  eins  Hundert  und 
zehn  Tausend  ausmachen. 

d)  Einer  mit  Tausend,  von  denen  eins  Tausend  und 
zehn  Zehntausend  ausmachen. 

Das  wären  vier  Capitel.  Dann  folgt  die  Multiplication 
der  Zehner  mit  Zehnern. 

a)  Zehner  mit  Zehnern,  die  einmalige  ergiebt  100,  die 
zehnfache  1000. 

b)  Zehner  mit  Hunderten,  die  einmalige  1000,  die  zehn- 
fache 10000. 

c)  Zehner  mit  Tausenden,  die  einmalige  10000,  die  zehn- 
fache 100000. 


—    16    - 

Das  wären  drei  Capitel. 

Dann  folgt  die  Multiplication  der  Hunderte  mit  Hundert. 

a)  Hunderte  mit  Hunderten.  Die  einmalige  10000,  die 
zehnfache  100000. 

b)  Hunderte  mit  Tausenden.  Die  einmalige  100000,  die 
zehnfache  1000000. 

Das  wären  zwei  Capitel. 

Dann  folgt  die  Multiplication  der  Tausend  mit  Tausend, 
die  einmalige  1000000,  die  zehnfache  10000000.  Das  ist  ein 
Capitel. 

Ergiebt  zusammen  10  Capitel. 

Sinn  der  Worte  Quadrat,  Kubus  und  anderer, 
so  bei  den  Algebristen  und  Mathematikern  gebräuch- 
lich sind. 

Multiplicirt  man  irgend  eine  Zahl  mit  irgend  einer 
andern,  so  nennt  man  das  Produkt  Viereckzahl.  Sind 
die  beiden  Zahlen  einander  gleich,  so  nennt  man  das  Produkt, 
Viereck-Quadrat-Zahl.  Jene  beiden  Zahlen  aber  nennt  man 
die  beiden  Wurzeln  dieser  Zahl.  2X2=4.  3X3=9.  4X4 
^=16.  4,  9,  16  sind  Viereck-Quadratisch.  2,  3,  4  aber  Wur- 
zeln, 2  die  von  4,  3  die  von  9,  "4  die  von  16.  Hiernach  be- 
handelt man  alle  Viereck-Quadrate   und  Wurzeln. 

Wenn  man  irgend  zwei  verschiedene  Zahlen  eine  mit 
der  andern  multiplicirt,  so  heisst  die  Summe  Viereckszahl 
Unquadrat. 

Die  beiden  Zahlen  heissen  Wurzeln  derselben,  auch 
heissen  sie  die  beiden  Schenkel  dieses  Vierecks.  Dies  sind 
Ausdrücke  der  Mathematiker  2X3,  3X4,  4X5  u.  dergl. 
Die  jSummen  solcher  Zahlen  oder  das  Pordukt  der  einen 
mit  der  andern  heissen  Viereck-Unquadrat.  Jede  Viereck- 
zahl Quadrat  oder  Unquadrat  ergiebt,  wenn  sie  mit  irgend 
einer  Zahl  multiplicirt  wird,  eine  Summe,  die  man  Körper- 
zahl heisst.  Ist  die  Viereckzahl  ein  Quadrat  und  wird  das- 
selbe mit  seiner  Wurzel  multiplicirt,  so  heisst  das  Produkt 
Körper- Würfelzahl.  4  ist  eine  Quadratzahl  X2  ihrer  Wurzel 
ergiebt  8.     Dasselbe    gilt    von    der  9;    es    ist    ein   Viereck- 


—     17     — 

quadrat,  mit  seiner  Wurzel  3  multiplicirt,  ergiebt  27.  Das- 
selbe gilt  von  der  IG.  Dies  ist  ein  Viereckquadrat,  mit  4, 
seiner  Wurzel  multiplicirt,  ergiebt  es  64.8,27,64  beissen  Körper- 
Würfelzahl.  [18]  Würfel  heisst  ein  Körper,  dessen  Länge, 
Breite,  Tiefe  einander  gleich  sind,  er  hat  6  viereckige  ein- 
ander gleiche  Flächen  mit  gleichen  und  rechten  Winkeln, 
er  hat  12  einander  parallele,  8  Körper-  und  24  Flach- 
winkel. 

Multiplicirt  man  das  Viereck-Quadrat  mit  einer  Zahl, 
die  kleiner  ist,  als  ihre  Wurzel,  so  nennt  man  das  heraus- 
kommende Produkt  eine  Quaderzahl.  Der  Körper  des  Qua- 
der hat  zwar  einander  gleiche  Länge  und  Breite,  doch  ist 
die  Höhe  geringer  als  beide;  er  hat  sechs  viereckige  Flächen 
mit  je  einander  gleichen  Schenkeln  und  rechten  Winkeln,  je- 
doch sind  zwei  davon  einander  gegenüberliegend,  2  mit 
einander  gleichen  Schenkeln  und  rechten  Winkeln,  und  4 
länglich  mit  12  Schenkeln,  von  denen  je  2  einander  parallel 
sind.     Er  hat   8  Körper-  oder  24  Flachwinkel. 

Multiplicirt  man  eine  Viereck-Quadratzahl  mit  einer  Zahl, 
die  grösser  ist  als  ihre  Wurzel,  so  nennt  man  die  daraus 
hervorgehende  Summe  eine  Brunnenkörperzahl,  z.  B.  4  ist 
eine  Quadratzahl  X3,  die  ja  grösser  ist  als  ihre  Wurzel 
2,=12;  ebenso  9X4=36;  dies  sind  brunnenkörperliche  Zah- 
len. Denn  ein  Brunnenkörper  ist  ein  solcher,  dessen  Höhe 
grösser  ist  als  seine  Breite  und  Länge;  er  hat  sechs  vier- 
eckige Flächen,  wovon  je  zwei  sich  einander  gegenüberstehn 
und  gleiche  Schenkel  und  Winkel  haben.  Vier  derselben 
sind  länglich,  sie  haben  rechte  Winkel  und  einander  paral- 
lele Schenkel.  Er  hat  12  Schenkel,  je  zwei  einander  pa- 
rallel, er  hat  dann  8  Körper-  und  24  Flachwinkel. 

Multiplicirt  man  eine  Viereck-Unquadratzahl  mit  ihrem 
kleineren  Schenkel,  so  heisst  die  Summe  quaderkörperlich; 
multiplicirt  man  sie  aber  mit  ihrem  grösseren  Schenkel,  so 
i  heisst  sie  brunnenkörperlich,  z.  B.  12  ist  eine  unquadratische 
Viereckzahl,  der  eine  ihrer  beiden  Schenkel  ist  drei,  der  an- 
dere vier.     Multiplicirt  man  12  mit  3,  =  36,  so  ist  dies   ein 

Dicterici,  arab,  Propaedeutik.  O 


—     18    — 

Quaderkörper;  multiplicirt  man  12  mit  4=48,  so  ist  das  ein 
Brunnenkörper.  Multiplicirt  man  aber  zwölf  mit  einer  Zahl, 
die  geringer  als  drei  ist,  so  heisst  die  Summe  tafelkörperlich. 
Tafelkörper  ist  der,  dessen  Länge  grösser  ist,  als 
seine  Breite,  dessen  Breite  aber  wieder  grösser  als  seine 
Tiefe  ist;  er  hat  6  Flächen,  von  denen  je  zwei  sich  ein- 
ander gegenüberstehn  und  einander  gleich  sind;  auch  hat 
er  12  Schenkel,  von  denen  je  zwei  einander  parallel  sind; 
er  hat  8  Körper-  oder   24  Flachwinkel. 

Eine  jede  Quadratzahl  ergiebt,  wenn  man  dazu  die  bei- 
den Wurzeln  plus  Eins  hinzufügt,  eine  Quadratzahl  als  Summe 
9_j_6+l=16. 

Jede  Quadratzahl  ferner,  von  der  ihre  beiden  Wurzeln 
minus  eins  abgezogen  werden,  ergiebt  eine  j  Quadratzahl 
als  Rest  (16-7=9.     25-9=16). 

Multiplicirt  man  von  je  zwei  (sich  folgenden)  Quadratzahlen 
die  Wurzel  der  Einen  mit  der  Wurzel  der  Andern  und  fügt 
man  dazu  ein  Viertheil,  so  ist  die  Summe  ein  Quadrat.  2X3 
=6+1/4=61/4,  die  Wurzel  davon  ist  2%  Denn  21/2X21/2—25U 
=6:/4.     Das  Beispiel  bezieht  sich   auf  4  und  9. 

Wenn  man  von  zwei  Quadratzahlen,  die  in  der  Reihen- 
folge stehn,  die  Wurzel  der  Einen  mit  der  Wurzel  der  An- 
dern multiplicirt,  so  kommt  eine  Mittelzahl  heraus,  die 
zwischen  beiden  in  einem  Verbindungsverhältniss  (mittleren 
Proportion)  steht.  Vgl.  4  und  9  aus  2  und  3.  2X3=6. 
4:6  =  6:9.    Nach  dieser  Regel  behandele  man  sie  alle.  [19] 

Sätze  aus  dem  zweiten  Buche  des  Euklid. 

I.  Theilt  man  von  zwei  Zahlen  die  eine  in  irgend  wieviel 
Theile  und  multiplicirt  man  dann  die  andere  mit  der  ge- 
theilten,  so  ist  das  Produkt  beider  gleich  dem  Produkt,  das 
aus  der  Multiplikation  der  nicht  getheilten  Zahl  mit  allen 
Theilen  der  getheilten  Zahl  zusammen,  Theil  für  Theil  addirt 
hervorgeht.     Vgl.    10X15=10X7+10X3+10X5. 

II.  Theilt  man  irgend  eine  Zahl  in  irgend  wieviel  Theile 
und  multiplicirt  man  dann   diese  Zahl    mit  sich,   so   ist   das 


—     19     — 

Produkt  gleich  der  Multiplikation  derselben   mit   allen  ihren 
Theilen  10=7+3.     10X10=10X7+10X3. 

III.  Theilt  man  eine  Zahl  in  zwei  Theile,  so  ergiebt 
die  Multiplikation  dieser  Zahl  mit  einem  ihrer  Theile  das- 
selbe Produkt,  als  wenn  man  diesen  Theil  der  Zahl  mit 
sich  und  mit  dem  andern  Theil  der  Zahl  multiplicirt  10=7 
+3.     10X7=7X7+3X7. 

IV.  Theilt  man  eine  Zahl  in  zwei  Theile,  so  ergiebt 
die  Multiplikation  dieser  Zahl  mit  sich  dasselbe  Produkt, 
als  wenn  man  jeden  Theil  mit  sich  multiplicirt  und  das 
doppelte  Produkt  des  einen  Theils  mit  dem  andern  hinzu- 
fügt 10=3+7.  10X10=7X7+3X3  +7X3  doppelt  ge- 
nommen; 49+9+42. 

V.  Theilt  man  eine  Zahl  in  ihre  beiden  Hälften  und 
dann  in  zwei  verschiedene  Theile,  multiplicirt  man  dann  den 
einen  der  zwei  verschiedenen  Theile  mit  dem  andern  und 
erhebt  man  die  Differenz  eines  der  Theile  und  der  Hälfte  zum 
Quadrat,  so  ist  die  Gesamintsumme  gleich  dem  Quadrat  der 
Hälfte.  10=5+5  und  =7+3.  7X3+4  (dem  Quadrat  der 
Differenz  zwischen  5  und  7  d.  i.  2)  =5X5. 

VI.  Halbirt  man  eine  Zahl  und  fügt  man  dann  zur 
ganzen  Zahl  ein  Plus  hinzu,  so  ergiebt  die  Multiplikation 
dieser  Zahl  und  dieses  Plus  mit  diesem  Plus  und  die  Hälfte 
der  Zahl  zum  Quadrat  erhoben  zusammen  genommen  das- 
selbe Resultat  als  die  Hälfte  dieser  Zahl  mit  dem  Plus  zum 
Quadrat  erhoben  10  (=2X5)  +2.    12X2+52=  (2+5)2=49. 

VII.  Theilt  man  eine  Zahl  in  zwei  Theile,  so  ergiebt 
das  Quadrat  dieser  Zahl  plus  dem  Quadrat  des  einen  Theils 
zusammen  dasselbe  Resultat  als  die  Multiplikation  dieser  Zahl 
mit  diesem  Theil  doppelt  genommen  plus  dem  Quadrat 
des  andern  Theils. 

10=7+3.     10X10+7X7=2X  (10X7)  +32=149. 

VIII.  Theilt  man  eine  Zahl  in  zwei  Theile  und  fügt 
man  dann  zu  der  ganzen  Zahl  den  einen  der  beiden  Theile, 
so  ist  diese  Summe  zum  Quadrat  erhoben,  gleich  der  Mul- 
tiplikation der  Grundzahl  ohne  das  Plus  mit  diesem  Plus 
vierfach    genommen    X    dem    Quadrat    des    anderen    Theils. 


—     20     — 

10=7X3.  10+3  132=10X   (3X4)  12+72.  13X13=169.  [20.] 
10X12=120+7X7=49. 

IX.  Theilt  man  eine  Zahl  in  ihre  beiden  Hälften  und 
dann  in  zwei  verschiedene  Theile,  so  ist  die  Summe  der 
Quadrate  dieser  zwei  verschiedenen  Theile  gleich  der  dop- 
pelten Summe  von  dem  Quadrat  der  Hälfte  X  dem  Quadrat 
der  halben  Differenz  jener  beiden  Theile  10  =  7+3  =  5+5. 
7X7_j_3X3=  (52+22)  X2.     58  =  29X2. 

X.  Theilt  man  eine  Zahl  in  ihre  Hälften  und  fügt  man 
dann  zur  Zahl  ein  Plus,  so  ist  das  Quadrat  diese  r Summe  mit 
dem  Quadrat  dieses  Plus  =  der  doppelten  Summe  vom 
Quadrat  der  halben  Grundzahl  X  dem  Quadrat  der  halben 
Grundzahl  mit  dem  Plus  10+2  =  12.  12X12+  (2X2)  =  148. 
5X5+7X7  =  74X2  =  148. 

Die  Gelehrten  stellen  die  Theorie  der  Zahlenkunde  des- 
halb vor  die  Theorie  aller  anderen  Uebungswissenschaften, 
weil  diese  Wissenschaft  in  einer  jeden  Seele  der  Kraft  nach 
begründet   ist. 

Der  vernünftige  Mensch  braucht  diese  Wissenschaft  nur 
mit  seiner  blossen  Denkkraft  zu  betrachten,  ohne  für  sie 
Beispiele  aus  einer  andern  Wissenschaft  herzunehmen;  da- 
gegen werden  von  ihr  die  Beispiele  für  alle  Lehr-  und  Lern- 
gegenstände entlehnt. 

Wenn  wir  in  dieser  Abhandlung  Beispiele  von  den 
Linien  der  Geometrie  hernahmen,  so  geschah  dies  nur  für 
die  Anfänger,  bei  denen  die  Denkkraft  noch  schwach  ist; 
der  Einsichtsvolle  und  Scharfsinnige  bedarf  deren  nicht. 

Das  Eine  unserer  Ziele,  die  wir  bei  dieser  Abhand- 
lung haben,  haben  wir  vorn  angegeben;  das  andere  Ziel  ist 
das,  auf  die  Seelenkunde  aufmerksam  zu  machen  und  zur 
Erkenntniss  der  Substanz  der  Seele  anzutreiben. 

Denn  der  Vernünftige  weiss,  wenn  er  die  Zahlenkunde 
betrachtet  und  über  die  Menge  ihrer  Gattungen,  die  Theilung 
ihrer  Arten  und  die  Eigentümlichkeiten  derselben  nach7 
denkt,  dass  diese  Zahlen  alle  nur  Accidensen  sind,  deren 
wirkliches  Vorhandensein  und  deren  Bestand  in  der  Seele 
und    nicht     im    Körper    beruht,    dass    die    Seele    also    eine 


—    21     — 

Substanz  sei.  Denn  das  Accidens  hat  nur  Bestand  in  der 
Substanz  und  wird  nur  an  ihr  befunden. 

Die  Weisen,  Gelehrten  haben,  wenn  sie  die  Uebungs- 
wissenschaften  behandeln  und  ihre  Schüler  zu  denselben 
antreiben,  nur  das  dabei  im  Auge,  dass  sie  von  ihnen  den 
Weg  und  Uebergang  zu  den  Naturwissenschaften  gewinnen. 

Bei  den  Naturwissenschaften  ist  dann  das  Ziel  und  die 
Absicht  die,  dass  man  von  ihnen  Weg  und  Anfang  zu  den 
theologischen  Wissenschaften  gewinne.  Denn  diese  bilden 
das  höchste  Ziel  der  Gelehrten  und  das  Endziel,  welches 
sich  aus  den  wahrhaften  Erkenntnissen  erhebt. 

Die  erste  Stufe  bei  der  Behandlung  der  Theologie  ist 
die  Erkenntniss  der  Seele  und  ihrer  eigentlichen  Substanz; 
dann  die  Forschung  nach  ihrem  Anfang  und  ihrem  Ur- 
sprung, bevor  sie  sich  dem  Körper  anhing. 

Dann  folgt  die  Frage,  wohin  sie  nach  der  Trennung 
vom  Körper,  dem  Tode,  zurückkehren  werde;  dann  die  For- 
schung danach,  wie  die  Guten  belohnt  werden  und  wie 
sie  in  der  Geister-,  d.  i.  der  zukünftigen  Welt  sein  werden. 

Es  ist  eine  Anlage  des  Menschen,  dass  ihm  nach  der 
Erkenntniss  seines  Herrn,  der  ihn  schuf,  herstellte,  ihn  un- 
terhielt und  gross  zog,  verlangt.  Doch  hat  er  keinen  Weg, 
seinen  Herrn  kennen  zu  lernen,  ausser  nach  der  Erkenntniss 
seiner  Seele.  Daher  heisst  es  in  der  Ueberlieferung:  wer 
sich  erkennt,  erkennt  auch  seinen  Herrn,  und  wer  am  besten 
sich    erkennt,    erkennt  auch   am  besten  seinen  Herrn.     [21.] 

Demgemäss  muss  jeder  Vernünftige  nach  der  Kenntniss 
seiner  Seele  und  der  Erkenntniss  ihrer  Substanz  streben;  er 
muss  sie  wohl  herstellen;  so  heisst  es  im  Koran  9,  7:  Bei  der 
Seele  und  dem,  der  sie  herstellt  und  ihr  Gottlosigkeit  oder 
Gottesfurcht  eingab  etc.  und  so  noch  viele  Stellen  im  Koran. 
Die  Weisen  und  Philosophen  vor  dem  Islam  handelten  über 
die  Kenntniss  der  Seele  vor  der  Offenbarung  des  Koran, 
so  die  Tora*)  und  das  Evangelium.  So  oft  sie  nun  mit  den  na- 
türlichen    Kräften     ihrer     Herzen     danach     forschten     und 


:)  Das  alte  Testament. 


-     22     — 

mit  den  Schlüssen  ihres  Verstandes  die  Erkenntniss  ihrer 
Substanz  zu  fördern  suchten,  um  das  eigentliche  Wesen 
der  Seelensubstanz  darzuthun,  trieb  sie  dies  dazu,  philo- 
sophische Bücher  zu  schreiben,  wie  wir  deren  im  Anfang 
dieser  Abhandlung  gedachten. 

Sie  handelten  darüber  weitläufig,  und  viele  erkannten 
weder  den  Sinn  noch  das  Ziel  der  Verfasser;  sie  wurden  aus 
einer  Sprache  in  die  andere  übertragen  und  fehlerhaft  und 
verändert  wiedergegeben.  So  blieb  der  Sinn  derselben  den 
Betrachtenden  verborgen,  und  ward  es  den  Forschern  schwer, 
die  Ziele  der  Schrift  steller  zu  erkennen.  Wir  aber  haben 
den  Kern  ihres  Sinnes  aufgefasst  und  sie  in  der  möglichst 
kurzen  und  gedrungenen  Fassung  in  51  Abhandlungen 
zusammengestellt. 


Geometrie. 


Die  zweite  Abhandlung  der  lautern  Brüder  behandelt 
die  Anfangsgründe  der  Mathematik;  sie  erklärt,  was  dieselbe 
sei  und  wie  viel  Arten  sie  habe.  Sie  hat  das  Ziel,  die  Seelen 
von  dem  sinnlich  Wahrnehmbaren  zu  dem  nur  geistig  Fass- 
baren hinzuleiten  und  heisst  „Geometrie". 

Der  Wissenschaften,  welche  die  Philosophen  hervor- 
brachten und  in  denen  sie  ihre  Schüler  übten,  giebt  es  vier 
Gattungen:  I.  Die  Uebungswissenschaften ;  II.  die  logischen 
Wissenschaften;  III.  die  Naturwissenschaften;  IV.  die  theo- 
logischen Wissenschaften. 

Die  Uebungswissenschaften  zerfallen  wieder  in  vier  Arten: 

a.  Die  Arithmetik  d.  i.  die  Kenntniss  der  Zahl,  der 
Menge  ihrer  Arten  und  deren  Eigentümlichkeiten.  Den 
Anfang  dieser  Wissenschaft  bildet  die  Eins,  welche  vor  der 
Zwei  ist. 

b.  Die  Geometrie  d.  i.  die  Mathematik  d.  i.  die  Erkennt- 
niss  der  Maasse  für  die  Dinge  mit  Dimensionen.  Sie  behan- 
delt, wie  viel  Arten  derselben  es  gebe  und  deren  Eigen- 
tümlichkeiten. Den  Anfang  dieser  Wissenschaft  bildet  der 
Punkt,  die  Spitze  der  Linien. 

c.  Die  Astronomie  d.  i.  die  Wissenschaft  von  den  Ster- 
nen oder  die  Kenntniss  von  der  Zusammenfügung  der  Sphä- 
ren, der  Einzeichnung  des  Thierkreises,  von  der  Zahl  der 
Sterne,  ihrer  Natur,  und  wie  sie  den  Beginn  des  Seienden 
beweisen.  Den  Anfang  dieser  Wissenschaft  bildet  die  Sonne 
und  ihre  Bewegung. 

d.  Die  Musik  d.  i.  die  Kenntniss  der  Komposition 
und  der  Beziehungen   zwischen   den  Dingen  mit  verschiede- 


—     24     — 

nen  Substanzen  und  einander  entgegengesetzten  Kräften.  Den 
Anfang  dieser  Wissenschaft  bilde  die  Relation  (die  Be- 
ziehungen der  einander  gleichen  Mengen),  dass  3:6  =  2:4. 

[22]  Die  logischen  Wissenschaften  behandeln  die  Kennt- 
niss  von  dem  Sinn  der  vorhandenen  Dinge,  die  in  den  Gedanken 
der  Seele  geformt  sind.  Den  Anfang  bilden  die  Kate- 
gorien. 

Die  Naturwissenschaften  bestehen  in  der  Erkenntniss 
von  den  Substanzen  der  Körper  und  von  den  Accidensen, 
die  ihnen  zustossen.  Den  Anfang  dieser  Wissenschaft  bildet 
Bewegung  und  Ruhe. 

Die  theologischen  Wissenschaften  bestehen  in  der  Er- 
kenntniss der  blossen  Formen,  die  von  der  Materie  dieser 
AVeit  losgetrennt  sind,  dann  in  der  Kenntniss  von  den  Sub- 
stanzen der  Seele,  von  den  Engeln,  Seelen,  Satanen,  Genien, 
dem  Geist  ohne  Körper,  denn  die  Körper  haben  drei  Dimen- 
sionen. Den  Anfang  dieser  Wissenschaft  bildet  die  Kenntniss 
von  der  Substanz  der  Seele. 

Für  eine  jede  Art  dieser  Wissenschaften  haben  wir  eine 
Abhandlung  wie  als  Einleitung  oder  Vorwort  geschrieben. 
Die  erste  die  über  die  Zahl  etc. 

In  dieser  zweiten  Abhandlung  wollen  wir  den  Ursprung 
der  Mathematik  d.  h.  die  drei  Maasse,  die  Menge  ihrer  Arten 
und  deren  Eigenthümlichkeiten  angeben  und  hervorheben, 
wie  dieselben  aus  dem  Punkt,  der  Spitze  der  Linie,  hervor- 
gehen. Denn  der  Punkt  ist  in  der  Mathematik  das,  was  die 
Eins,  die  ja  vor  der  Zwei  ist,  in  der  Zahlenkunde  ist. 

Die  Mathematik  zerfällt  in  zwei  Arten,  in  die  sinnliche 
und  die  geistige.  Die  sinnliche  Mathematik  besteht  in  der 
Kenntniss  der  Maasse  und  deren  Bedeutungen,  wenn  man 
das  Eine  mit  dem  Andern  in  Beziehung  setzt;  sie  werden 
durch  Gesicht  und  Tastsinn  erfasst.  Die  geistige  Mathematik 
hingegen  wird  nur  erkannt  und  verstanden.  Mit  dem  Auge 
sieht  man  die  Linie,  die  Fläche  und  den  Körper  mit  Dimen- 
sionen, und  ebenso  Alles,  was  als  Accidens  ihnen  zukömmt, 
wie  die  Schwere  zu  dem  tritt,  was  schwer  ist.  Dies  wird  nur 
durch  die  Praxis   erkannt,   wogegen  die  Schwere   etwas  An- 


-     25    - 

deres  ist  als  das  Schwere.  Der  Maasse  giebt  es  drei:  Linien, 
Flächen,  Körper. 

Die  sinnliche  Mathematik  dringt  in  jedes  Gewerk  ein, 
denn  jeder  Handwerker  wendet,  wenn  er  sein  Werk  ent- 
wirft, ehe  er  es  ausführt,  eine  Art  Mathematik  an.  Die 
geistige  Mathematik  ist  aber  die  Erkenntniss  der  Dimen- 
sionen, so  wie  auch  die  Erkenntniss  davon,  welche  Bedeu- 
tung ihnen  zustösst,  wenn  man  die  eine  derselben  mit  der 
andern  in  Beziehung  setzt.  Sie  formt  sich  in  der  Seele  durch 
den  Gedanken.  Es  sind  drei  Arten:  Länge,  Breite,  Tiefe. 
Diese  geistigen  Dimensionen  sind  die  Eigenschaften  der  sinn- 
lichen Maasse.  Die  Linie  ist  eins  der  Maasse  und  hat  nur 
eine  Eigenschaft,  die  Länge;  die  Fläche  ist  ein  zweites  Maass, 
mit  zwei  Eigenschaften:  die  Länge  und  Breite;  der  Körper 
ist  ein  drittes  Maass,  mit  drei  Eigenschaften:  Länge,  Breite, 
Tiefe. 

Die  Behandlung  der  vom  Körper  abstrahirten  Dimensio- 
nen ist  Werk  der  Philosophie. 


Wir  beginnen  mit  der  Beschreibung  der  sinnlichen  Ma- 
thematik, denn  sie"  liegt  dem  Verständniss  der  Schüler 
näher. 

Die  Wurzel  der  sinnlichen  Linie,  die  ja  eins  der  Maasse 
ist,  ist  der  Punkt. 

Wir  handelten  davon  schon  in  der  Abhandlung  über  die 
Zahl,  denn  die  Eins  ist  die  Wurzel  der  Zahl;  so  tritt  auch, 
wenn  man  den  sinnlich  fassbaren  Punkt  an  einander  reiht, 
die  vom  Gesicht  fassbare  sinnliche  Linie  hervor. 

Wir  behaupten  aber  nicht,  dass  dieser  Punkt  derjenige 
sei,  der  keine  Theile  hat,  sondern  nur  der  geistige  Punkt 
ist  eben  der,  der  keine  Theile  hat. 

Ferner  behaupten  wir,  dass  die  körperliche  Linie  der 
Ursprung  der  Fläche  sei,  so  wie  der  Punkt  Ursprung  der 
Linie  und  die  Eins  Ursprung  der  Zwei,  und  wieder  die  Zwei 
Ursprung  aller  graden  Zahlen  ist,  wie  wir  vordem  darthaten, 
denn  wenn  die  Linien  sich  ausbreiten,  so  tritt  für  das 
Gesicht  die  Fläche  hervor. 


—     26     — 

Endlich  behaupten  wir,  dass  d*e  Mäche  Ursprung  des 
Körpers  sei,  so  wie  die  Linie  Ursprung  der  Fläche  und  der 
Punkt  Ursprung  der  Linie,  so  wie  auch  die  Eins  Ursprung 
der  Zwei,  [23]  und  Eins  und  Zwei  der  Ursprung  der  Zahl  ist, 
denn  wenn  von  den  Flächen  eine  über  die  andere  sich  häuft, 
so  tritt  für  das  Gesicht  die  Tiefe  des  Körpers  hervor. 

Die  Arten  der  Linien. 

Die  Linien  zerfallen  in  drei  Arten: 

a.  Die  gerade,  sie  wird  durch  das  Lineal  gezogen. 

b.  Die  Bogenlinie,  sie  wird  durch  den  Zirkel  gezogen. 

c.  Die  krumme,  sie  wird  aus  beiden  zusammengesetzt. 

Die  Beinamen  der  graden  Linie. 

Setzt  man  von  den  geraden  Linien  die  eine  mit  der 
andern  in  Beziehung,  so  sind  sie  einander  gleich,  oder  ein- 
ander parallel,  oder  einander  berührend,  oder  einander  be- 
gegnend, oder  sich  einander  schneidend. 

Einander  gleich  sind  solche,  die  eine  Länge  haben. 

Einander  parallel  sind  solche,  die  in  einer  Ebene  auf 
beiden  Seiten  immerfort  fortgeführt,  sich  nie  begegnen. 

Einander  begegnend  sind  solche,  die  sich  auf  einer  der 
beiden  Seiten  treffen  und  einen  Winkel  bilden. 

Einander  berührend  sind  solche,  von  denen  die  eine  die 
andere  berührt,  so  dass  zwei  Winkel  entstehen. 

Einander  schneidend  sind  solche,  durch  deren  Schnitt- 
punkte vier  Winkel  entstehen. 

Die  Namen  der  graden  Linien. 

Steht  eine  grade  Linie  auf  einer  andern  im  gleich- 
massigen  Stand,  so  nennt  man  die  stehende  Linie  Säule  und 
die  andere  Basis.  Lehnen  sich  zwei  Linien  zu  einem  Winkel 
aneinander,  so  heissen  sie  die  beiden  Schenkel  des  Winkels. 
Eine  jede  Linie,  die  einem  Winkel  gegenübersteht,  heisst 
Sehne  dieses  Winkels. 

Die  Linien,  welche  irgend  eine  Fläche  begrenzen  (wört- 
lich ihr  angelehnt  werden),  heissen  Seiten  dieser  Fläche. 


-     27     — 

Jede  Linie,  welche  von  einem  Winkel  des  Vierecks  aus- 
geht und  zu  einem  andern  hinführt,  heisst  Durchmesser  (Dia- 
gonale) dieses  Vierecks. 

Jede  Linie,  welche  von  dem  Winkel  eines  Dreiecks  aus- 
geht und  bis  zu  der  ihr  gegenüberliegenden  Seite  geht,  dann 
auf  der  gegenüberliegenden  Linie  im  rechten  Winkel  steht, 
heisst  Steinfall  (Loth)  oder  Säule ;  die  Linie  aber,  auf  welche 
der  Steinfall  stattfindet,  heisst  Basis. 

Die  Arteu  der  Winkel. 

Die  Winkel  zerfallen  in  zwei  Theile,  in  Flachwinkel 
und  Körperwinkel. 

Flachwinkel  sind  solche ,  welche  von  zwei  Linien  die 
nicht  eine  grade  Linie  bilden,    umschrieben  werden. 

Körperwinkel  sind  solche,  welche  von  drei  Linien  in 
einem  Winkel  umschrieben  werden;  je  zwei  derselben  bilden  nie 
eine  grade  Linie. 

Der  Flachwinkel  zerfällt  in  Betreff  der  Linien  in  drei 
Arten;  er  besteht  entweder  aus  zwei  geraden  Linien,  oder  aus 
zwei  Bogenlinien,  oder  aus  einer  graden  und  einer  Bogenlinie. 

Die  Winkel,  welche  von  zwei  graden  Linien  umschrie- 
ben werden,  zerfallen  in  Beziehung  ihrer  Eigenschaft  in  drei: 
rechte,  stumpfe  und  spitze. 

Wenn  eine  gerade  Linie  auf  einer  andern  gleichmässigen 
Standes  steht,  so  entstehen  an  ihren  beiden  Seiten  zwei  ein- 
ander gleiche  Winkel;  ein  jeder  von  ihnen  heisst  ein  rechter 
Winkel.  Steht  aber  diese  Linie  im  ungleichmässigen  Stand, 
so  entstehen  an  ihren  beiden  Seiten  zwei  verschiedene  Win- 
kel, von  denen  der  eine  grösser  ist  als  ein  rechter,  und  der 
heisst  stumpf;  der  andere  kleiner  als  der  Rechte,  und  der 
heisst  spitz;  ihre  Summe  ist  gleich  zwei  Rechten,  denn  der 
spitze  Winkel  ist  um  so  viel  kleiner,  als  der  stumpfe  grösser 
ist  als  ein  rechter.     [24] 

Die  Bogeulinien. 

zerfallen  in  vier  Arten ;  sie  umschreiben  entweder  einen  Kreis, 
einen  Halbkreis,  mehr  als  einen  Halbkreis  oder  ein  Bogen- 
stück  kleiner  als  der  Halbkreis. 


—     28     — 

Der  Mittelpunkt  des  Kreises  ist  ein  Punkt  in  der  Mitte 
des  Kreises;  alle  Linien,  die  von  ihm  zum  Umkreis  gehen, 
sind  einander  gleich. 

Durchmesser  des  Kreises  ist  die  gerade  Linie,  die 
den  Kreis  in  zwei  Hälften  schneidet  und  durch  den  Mittel- 
punkt geht. 

Sehne  ist  die  gerade  Linie,  welche  die  zwei  Enden 
einer  Bogenlinie  verbindet.  —  Lehnt  man  einen  Pfeil  (irgend 
wo)  an  den  Bogen,  so  nennt  man  dies  den  verkehrten  Ein- 
schnitt; lehnt  man  ihn  aber  an  die  Mitte  der  Sehne  und  die 
Mitte  des  Bogens,  heisst  man  das  den  gleichmässigen  Ein- 
schnitt. 

Parallele  Bogenlinien  sind  solche,  die  nur  einen  Mittel- 
punkt haben. 

Sich  schneidende  Bogenlinien  sind  solche,  deren  Mittel- 
punkte verschieden  sind. 

Sich  berührende  Bogenlinien  sind  die,  von  denen  die 
eine  die  andere  von  innen  oder  von  aussen  berührt,  aber 
nicht  durchschneidet. 

Der  krummen  Linien  gedenken  wir  nicht  weiter,  denn 
sie  werden  nicht  angewandt. 

Die  Figur. 

Die  Figur  ist  eine  Fläche,  welche  von  einer  oder  meh- 
reren Linien  umschrieben  wird.  Der  Kreis  ist  eine  Figur, 
welche  nur  von  einer  Linie  umschrieben  wird  und  im  Innern 
einen  solchen  Punkt  hat,  dass  alle  Linien,  die  von  diesem 
zu  jener  ausgehen ,  einander  gleich  sind.  Halbkreis  ist  eine 
Figur,  welche  von  zwei  Linien,  einer  Bogenlinie  und  einer 
geraden,  umschrieben  wird. 

Die  Arten  der  Figuren  mit  graden  Linien. 

Die  erste  dieser  Figuren  ist  das  Dreieck;  es  wird  von 
drei  Linien  umschrieben  und  hat  drei  Winkel.  Das  Viereck 
ist  eine  Figur,  welche  von  vier  Linien  umschrieben  wird 
und  vier  Winkel  hat.  Das  Fünfeck  wird  von  fünf  Linien 
umschlossen  und  hat  fünf  Winkel.     Das  Sechseck  wird  von 


—     29     — 

sechs  Linien  gebildet  und  hat  sechs  Winkel,  ebenso  das 
Siebeneck.  Nach  dieser  Analogie  nehmen  die  Figuren  zu 
so  wie  die  Zahlen. 

Die  Linie  wird  vom  Gesicht  erfasst,  sie  besteht  aus 
aneinander  gereihten  Punkten.  Die  kleinste  Linie  besteht 
aus  zwei  Punkten,  dann  aus  drei,  vier  etc.;  sie  nimmt  stets 
um  eins  zu,  wie  die  Zahl  in  der  natürlichen  Reihenfolge. 

Die  kleinste  dreieckige  Figur  besteht  aus  drei  Theilen, 
dann  aus  sechs,  dann  aus  zehn,  dann  aus  fünfzehn.  Nach 
dieser  Analogie  nimmt  es  zu  in  der  natürlichen  Reihenfolge 
der  Zahlen.    (3     6     10     15     21     28     36     45     55) 

\       3         4  56  78  9  10/ 

Das  erste  Viereck  wird  aus  vier  Theilen,  dann  aus  neun, 
dann  aus  sechszelm,  dann  aus  fünfundzwanzig  gebildet.  Nach 
dieser  Analogie  nehmen  die  Vierecke  in  der  natürlichen 
Folge  der  Einer  zu,  sie  sind  alle  Quadrate.  (4,  9,  16,  25, 
36/49).     [25]. 

Das  Dreieck  als  Ursprung  aller  Figuren. 

Das  Dreieck  ist  der  Ursprung  aller  Figuren  mit  geraden 
Linien,  so  wie  die  Eins  Ursprung  aller  Zahlen,  der  Punkt 
Ursprung  der  Linie ,  die  Linie  Ursprung  der  Fläche  und 
die  Fläche  Ursprung  des  Körper  ist. 

Lehnt  man  ein  Dreieck  an  ein  anderes  mit  einer  gleichen 
Seite,  entsteht  aus  beiden  ein  Viereck;  lehnt  man  daran  noch  ein 
gleiches  Dreieck,  entsteht  ein  Fünfeck;  fügt  man  dazu  noch 
ein  solches,  entsteht  ein  Sechseck  u.  s.  f.  Nach  dieser 
Analogie  entstehen  die  geradlinigen  Figuren  mit  vielen 
Winkeln,  wenn  man  ein  Dreieck  zum  andern  fügt;  sie  neh- 
men immerfort  zu  ohne  Ende,  so  wie  sich  die  Zahl  von  den 
Einern  aus  mehrt,  indem  man  stets  Eins  bis  ins  Unendliche 
hinzufügt. 

Also  lassen  sich  die  gradlinigen  Figuren  zusammensetzen ; 
aus  den  Flächen  lassen  sich  dann  Körper,  aus  den  Linien 
Flächen  und  aus  den  Punkten  Linien  zusammenfügen.  Ebenso 
wie  sich  aus  der  Eins  die  Zahl  zusammensetzen  lässt;  denn 
der  Punkt  ist  in  der  Messkunst  wie  die  Eins  in  der  Zahlen- 


—     30     — 

künde,  und  wie  die  Eins  keine  Theile  hat,  so  hat  auch  der 
ideelle  Punkt  keine  Theile. 

Die  Flächen  zerfallen  ihrer  Qualität  nach  in  drei  Arten: 
ebene,  gesenkte  und  gewölbte.  Die  ebenen  sind  wie  die 
Fläche  der  Tafel;  gesenkte  wie  der  Grund  der  Gefässe;  ge- 
wölbte wie  die  Decken  der  Thürme. 

Von  den  Figuren  nennt  man  auch  die  eine  eiförmig, 
andere  neumondförmig,  andere  tannzapfenartig  konisch,  andere 
mirobolanförmig,  andere  trommeiförmig,  noch  andere  oliven- 
förmig. 

Die  Körper. 

•  Die  Flächen  sind  die  Grenzen  der  Körper,  die  Grenzen 
der  Flächen  sind  Linien,  die  Grenzen  der  Linien  Punkte, 
denn  eine  jede  Linie  muss  von  einem  Punkt  ausgehen  und 
in  eine  andere  auslaufen;  jede  Fläche  muss  in  eine  oder 
mehrere  Linien  auslaufen,  und  jeder  Körper  in  eine  oder 
mehrere  Flächen. 

Es  giebt  Körper,  die  von  einer  Fläche  umschlossen 
werden,  nämlich  die  Kugel;  andere  werden  von  zwei  Flächen 
umschlossen,  d.  i.  die  Halbkugel,  von  diesen  ist  die  eine 
gewölbt,  die  andere  ebenrund.  Andere  werden  von  drei 
Flächen  umschlossen,  so  die  Viertelkugel.  Andere  werden 
von  vier  dreieckigen  Flächen  umgrenzt,  sie  heissen  die  Feuer- 
Figur;  andere  von  fünf  Flächen,  andere  von  sechs  vierecki- 
gen Flächen  und  gehört  hierher  der  Würfel,  der  quaderför- 
mige, der  brunnenförmige  und  der  tafelförmige  Körper.  Würfel 
ist  der  Körper,  dessen  Höhe  gleich  seiner  Breite  und  dessen 
Breite  gleich  seiner  Tiefe  ist;  er  hat  sechs  viereckige 
Flächen  mit  einander  gleichen  Seiten  und  rechten  Winkeln; 
er  hat  acht  Körperwinkel  oder  vierundzwanzig  Flachwin- 
kel, dann  zwölf  einander  gleiche  Seiten,  je  vier  derselben 
laufen  einander  parallel. 

Quaderkörper  ist  ein  solcher,  dessen  Länge  und  Breite 
einander  gleich  sind,  dessen  Tiefe  aber  geringer  ist;  er  hat 
sechs  viereckige  Flächen,  zwei  davon  sind  weit,  einander 
gegenüberstehend,  mit  einander  gleichen  Seiten  und  rechten 


—     31     — 

Winkeln.  Die  vier  anderen  Flächen  sind  länglich,  haben 
einander  gleiche  Seiten  und  rechte  Winkel.  Er  hat  zwölf 
Seiten,  vier  kurze,  einander  gleich  und  parallel,  und  acht 
lange,  einander  gleich,  von  denen  je  vier  einander  parallel 
laufen;  er  hat  acht  Körper-,  d.  i.  vierundzwanzig  Flach- 
winkel.     [26] 

Brunnenkörper  ist  ein  solcher,  dessen  Länge  und  Breite 
zwar  einander  gleich,  dessen  Tiefe  aber  grösser  ist  als  jene. 
Er  hat  sechs  viereckige  Flächen,  zwei  davon  stehen  einan- 
der gegenüber  mit  einander  gleichen  Seiten  und  rechten 
Winkeln.  Vier  davon  sind  länglich,  mit  einander  gleichen 
Seiten  und  rechten  Winkeln.  Er  hat  zwölf  Seiten;  vier 
davon  sind  lang,  einander  gleich  und  parallel,  acht  aber 
kurz,  einander  gleich  und  parallel.  Er  hat  acht  Körper- 
winkel d.  i.  vierundzwanzig  Flachwinkel. 

Tafelkörper  ist  ein  solcher,  dessen  Länge  grösser  ist 
als  seine  Breite,  und  dessen  Breite  grösser  als  seine  Tiefe; 
er  hat  sechs  viereckige  Flächen ,  zwei  davon  sind  lang,  sich 
einander  gegenüberstehend  und  einander  gleich.  Seine  je 
zwei  sich  gegenüberstehenden  Seiten  stehen  rechtwinklig  auf 
einander;  zwei  andere  Flächen  sind  lang,  aber  eng  mit  ein- 
ander gleichen  Seiten  und  rechten  Winkeln;  zwei  andere 
Flächen  sind  kurz  und  eng  mit  einander  gleichen  Seiten 
und  rechten  Winkeln.  Dieser  Körper  hat  zwölf  Seiten,  vier 
davon  sind  lang,  vier  aber  kurz,  und  vier  noch  kürzer;  er 
hat  acht  Körperwinkel,  d.  h.  vierundzwanzig  Flachwinkel. 

Kugelkörper  ist  derjenige,  den  nur  eine  Fläche  um- 
schliesst;  in  seinem  Innern  ist  ein  solcher  Punkt,  dass  alle 
Linien,  die  von  ihm  zu  der  Fläche  der  Kugel  ausgehen, 
einander  gleich  sind.  Dieser  Punkt  heisst  das  Centrum  der 
Kugel.  Wenn  die  Kugel  sich  dreht,  so  giebt  es  auf  ihrer 
Fläche  zwei  sich  gegenüberstehende,  ruhende  Punkte,  diese 
heissen  die  Pole  der  Kugel.  Verbindet  man  beide  durch 
eine  gerade  Linie,  so  geht  diese  Linie  durch  das  Centrum 
der  Kugel;  diese  Linie  heisst  die  Axe  der  Kugel. 

Wir  haben  etwas  von  dem  Ursprung  der  sinnlichen 
Geometrie  als  Einleitung  erwähnt  und  sagten,  dass  ein  jeder 


—     32     — 

Werkmann  dieser  bei  seiner  Kunst  bedürfe.  Man  wendet 
nämlich  die  Geometrie  beim  Entwurf  vor  der  Ausführung 
an.  Ein  jeder  Werkmann  setzt  Körper  einen  mit  dem 
andern  zusammen  und  fügt  sie  aneinander.  Er  muss  zuerst 
den  Raum  bestimmen,  an  welchem  Orte  er  es  arbeite,  und 
dann  die  Zeit,  zu  welcher  er  die  Arbeit  beginne.  Ferner 
die  Möglichkeit,  ob  er  derselben  fähig  ist  oder  nicht,  auch 
mit  welchem  Geräth  oder  Werkzeug  er  es  schaffen  kann, 
dann  wie  er  es  schaffe  und  die  Theile  desselben  zusammen- 
füge, dass  es  sich  schicke  und  zusammensetzen  lasse.  Dies 
thut  die  Geometrie,  sie  greift  somit  in  alle  Gewerke  ein, 
die  ja  in  der  Zusammensetzung  der  Körper  eines  mit  dem 
andern  bestehen. 

Viele  Thiere  schaffen  von  Natur  schon  Werke,  dies  ist 
ihnen  ohne  Unterricht  eingegeben,  so  die  Bienen,  die  sich 
Häuser  schaffen;  sie  bauen  Häuser  in  Stockwerken  von  runder 
Gestalt,  wie  Schilde,  eins  über  das  andere;  die  Oeffnungen 
der  Häuser  machen  sie  alle  mit  sechs  Seiten  und  Winkeln. 
Dies  thun  sie  mit  sicherer  Weisheit,  denn  es  ist  die  Eigen- 
thümlichkeit  dieser  Figur,  dass  es  weiter  ist  als  das  Viereck 
und  das  Fünfeck.  Auch  bedecken  sie  die  Löcher,  bis 
kein  Zwischenraum  zwischen  ihnen  ist,  so  dass  die  Luft 
darin  eindringen,  den  Honig  verderben  und  ihn  faulen  machen 
könnte. 

So  ist  es  auch  mit  der  Spinne;  sie  webt  ihr  Netz  in 
den  Winkeln  der  Häuser.  Die  Mauern  sind  für  dasselbe 
dann  ein  Schutzdach,  dass  nicht  die  Stürme  es  zerreissen 
und  seine  Tracht  vernichten.  Fragt  man  wie  sie  spinnt,  so 
geschieht  dies  so,  dass  sie  die  Einschläge  in  geraden  Linien 
zieht,  denn  das  ist  leicht;  die  Fäden  des  Gewebes  aber  im 
Rund,  weil  dies  leicht  zu  machen. 

Einige  Menschen  schaffen  ganz  neue  Werke  durch  ihre 
Naturanlage  und  die  Schärfe  ihres  Geistes;  die  meisten 
aber  nehmen  sie  durch  Zustimmung  und  Belehrung  von 
den  Lehrern. 

Die  Wissenschaft  der  Geometrie  dringt  in  alle  Werke, 
und  besonders   gilt  das    von   der    Messkunst.      Sie    ist   eine 


—     33     — 

Kunst,  deren  die  Arbeiter,  Schreiber,  Handwerker  und  Guts- 
besitzer bei  ihren  Geschäften  bedürfen,  sei  es  die  Steuern 
einzunehmen,  Kanäle  zu  graben,  Posten  einzurichten  und  der- 
gleichen mehr. 

Der  Maasse,  mit  denen  man  in  Irak  die  Ländereien 
misst,  giebt  es  fünf:  1)  Seil;  2)  Rohr,  Ruthe;  3)  Elle; 
4)  Faust;  5)  Zoll,  Finger. 

Der  Zoll  hat  die  Dicke  von  sechs  fest  aneinander  ge- 
reihten Gerstenkörnern,  so  dass  die  Oberseite  des  einen 
sich  dicht  an  die  Unterseite  des  andern  anschliesst. 

Die  Faust  hat  4  Zoll. 

Die  Elle  hat  8  Faust  =  32  Zoll. 

Die  Ruthe  hat  6  Ellen  =  48  Faust  ==  192  Zoll. 

Das  Seil  hat  10  Ruthen  =  60  Ellen  =  480  Faust  = 
1920  Zoll. 

Multiplicirt  man  diese  Längenmaasse  eins  mit  dem 
andern,  so  gehn  daraus  Geviertmaasse  hervor;  summirt  man 
sie,  kommen  Feidmaasse  heraus. 

Ihre  Berechnung  ist  folgende: 

1  QZoll  sind  36  Gerstenkörner  in  6  gleichen  Reihen 
eng  zusammengelegt. 

1  DFaust  =  16  DZoll. 

1  DElle  =  64  DFaust  =  1024  aZoll. 

1  DRuthe  =  36  DEllen,  2304  DFaust,  36864   DZoll. 

1  DSeil  —  100  D Ruthen  =  3600  Q Ellen,  230400 
DFaust,  3686400  DZoll. 

Das  DSeil  als  Einheit  gesetzt,  heisst  1  Garib. 

Vio  Garib  ist  ein  Kafiz  (360  DEllen,  23040  DFaust, 
368640  aZoll). 

Vio  Kafiz  ist  ein  Aschir  (36  DEllen,  2304  DFaust, 
36864  aZoll). 

Vio  Aschir  ist  ein  Tsaub  (33/5  DElle,  2302/5  DFaust, 
36862/5  DZoll). 

Der  Kafiz  ist  beinahe  19  X  19  Elle  (361  oben  360). 

Der  Aschir  entsteht  aus  der  Multiplikation  einer  Ruthe 
mit  sich. 

Dieterici,  arab.  Propaedeutik.  3 


—     34     — 

DerGarib  entsteht  aus  der  Multiplikation  des  Seils  mit  sich. 

Der  Kafiz  entsteht  aus  der  Multiplikation  des  Seils  mit  der 
Ruthe;  zehnfach  genommen  ergiebt  dies  den  Garib. 

Multiplicirt  man  das  Seil  mit  der  Elle,  so  ist  die  Summe 
l2/s  Aschir;  6  davon  =  1  Kafiz. 

Multiplicirt  man  das  Seil  mit  der  Faust,  so  ergiebt  sich, 
y6  _|_  y9  z±z  15/54  =  5/is  eines  Aschir,  so  dass  33/5  dieses 
Maasses  einen  Aschir  geben  und  je  36  desselben  einen  Kafiz.  *) 

Multiplicirt  man  Seil  X  Zoll**)  =  1920  :  36864  =  1973/390 
□  Zoll  also  etwa  Y20  Aschir. 

Die  Ruthe  mit  sich  multiplicirt  ergiebt  einen  Aschir, 
zehnmal  genommen  ein  Kafiz  192  X  192  =  36864. 

Die  Ruthe  mit  der  Elle  multiplicirt  ergiebt  Ye  Aschir 
sechsmal  genommen  einen  Aschir  192  X  36  =  6144  X  6  = 
36864. 

Die  Ruthe  mit  der  Faust  multiplicirt  ergiebt  7*8  Aschir 
192  X  4  =  768  X  48  =  36864. 

Die  Ruthe  mit  dem  Zoll  multiplicirt  ergiebt  85  mal  ge- 
nommen nahe  zu  3/8  Aschir.  192  X  85  =2  16320.  1632%6864  = 

85/l92;  84/l92  =  7S. 

Elle  mit  Elle  multiplicirt  ergiebt  1/a  von  einem  Neuntel 
Aschir  =  736,  je  100  =  22/3  Aschir  (genau  27/9)  (32  X  32 
=z  1024  :  36864  =  36.) 

Dies  wäre  die  Darlegung  von  den  Maassen  der  Länge 
und  Breite.  Die  Maasse  der  Tiefe  entstehen  dann  dadurch, 
dass  man  Länge  und  Breite  mit  einander  multiplicirt  und 
ihre  Summe  wieder  mit  der  Tiefe  vervielfältigt,  da  kommen 
dann  die  Körper-Maas se  heraus. 

Wenn  man  Brunnen,  Flüsse,  Teiche,  Graben,  Kanäle 
graben,  oder  Posten  und  Schleusen  herrichten,  oder  Ge- 
bäude begründen  will,  muss  man  die  Geometrie  anwenden. 

In  einem  jeden  Gewerk  erfasst  den  Zweifel,  der  das- 
selbe  [28],   ohne   Mathematik    zu   verstehn  unternimmt    oder 


)  Die  Rechnung  ist  ungenau,  das  Seil  hat   1920  Zoll  X  4  =  7680;  der 


Aschir  =  36864  ^gfo 


**)  Die  Handschrift  ist  durchaus  corrumpirt,    ist    also   ergänzt,    die    Be- 
rechnung in  Zahlen  ist  hinzugefügt. 


-    35     - 

nur  mangelhafte  Kenntniss  davon  hat  und  sich  darum  nicht 
kümmert.  Man  erzählt,  Jemand  hätte  von  einem  Mann  ein 
Stück  Landes  für  1000  Dirham  gekauft,  das  100  Ellen  lang 
und  ebenso  viel  breit  sei;  darauf  sprach  der  Verkäufer: 
Nimm  statt  dessen  zwei  Stück,  ein  jedes  50  Ellen  lang 
und  breit,  und  meinte,  damit  geschehe  jenem  sein  Recht. 
Sie  stritten  nun  vor  einem  Richter,  der  nicht  Mathematik 
verstand,  und  dieser  war  irriger  Weise  derselben  Ansicht, 
dann  aber  stritten  sie  vor  einem  andern  Richter,  der  der 
Mathematik  kundig  war  und  der  entschied,  dass  dies  nur 
die  Hälfte  seines  Anrechts  wäre. 

Auch  erzählt  man,  ein  Mann  dang  einen  andern,  er  sollte 
ihm  eine  Grube  vier  Ellen  lang,  vier  breit  und  vier  tief,  für 
acht  Dirham  graben;  der  aber  grub  einen  solchen  zwei  Ellen 
lang,  zwei  breit  und  zwei  tief  und  verlangte  vier  Dirham, 
die  Hälfte  des  Lohns.  Sie  stritten  vor  einem  Mufti,  der 
nichts  von  der  Mathematik  verstand,  und  der  urtheilte,  dies 
sei  eben  Recht.  Darauf  holten  sie  das  Urtheil  eines  der 
Mathematik  Kundigen  ein,  und  der  entschied,  sein  Lohn  sei 
nur  ein  Dirham. 

Einst  fragte  man  einen  Mann,  der  sich  der  Rechnung 
belleissigte,  sie  aber  nicht  verstand,  welches  ist  das  Ver- 
hältniss  von  1000  X  1000.  :  1000  X  1000  X  1000.  Der  sprach, 
dies  sind  2/s  von  jenem;  doch  der  der  Rechnung  Kundige 
sagte,  es  ist  der  10  X  10  X  10te  Theil  Yiooo.  So  erfasst  der 
Zweifel  jeden,  der  eine  Kunst  betreibt,  ohne  derselben  ge- 
wachsen zu  sein. 

Ein  Mensch  allein  würde  ein  trübes  Leben  führen*);  er 
bedarf  zur  Annehmlichkeit  des  Lebens  der  verschiedensten 
Arbeiten,  deren  ein  Mensch  allein  nicht  mächtig  ist,  denn 
das  Leben  ist  kurz  und  der  Künste  giebt  es  viele.  Daher 
kommen  in  einer  jeden  Stadt  und  einem  jeden  Dorfe  viele 
Menschen  zusammen,  dass  einer  dem  andern  beistehe.  Die 
einen  treiben  Gewerke,  andere  Handel,  andere  betreiben  die 
Bauten,  andere  sind  mit  der  Leitung,   noch    andere  mit  den 


*)   Im  Auszug  mitgelheilt. 


—    36    - 

Wissenschaften  und  deren  Lehre  beschäftigt.  Die  Einen 
sind  Diener  für  die  Bedürfnisse  der  Andern.  Sie  gleichen 
hierin  den  Brüdern,  die  von  einem  Vater  abstammen  und 
in  einer  Behausung  sich  in  ihrem  Leben  beistehn.  Gewicht 
Maass,  Preis,  Lohn  sind  bei  einer  weisen  Leitung  wohl  be- 
stimmt, damit  dies  ein  Antrieb  für  sie  sei,  eifrig  ihr  Werk 
und  ihre  Kunst  zu  betreiben,  da  ein  jeder  nach  dem  Maass 
seines  Eifers  Lohn  empfängt. 

Ebenso  kann  der  Einzelne  aus  dieser  Welt  des  Seins 
und  des  Vergehens,  aus  dem  Reiche  der  Versuchung  und 
Vergänglichkeit  der  Adamskinder  nnr  mit  der  Hülfe  de)' 
Brüder  entkommen,  um  zu  der  Welt  der  Sphären,  zu  den  in 
der  Weite  des  Himmels  dem  Erhabenen  nahgestellten  En- 
geln zu  gelangen. 

„Es  wird  auf  Kaiila  wa  Dimna  die  beiden  Schakalen 
hingewiesen,  die  bei  gegenseitigem  Beistand  aus  dem  Netz 
entkamen.  Man  nehme  nur  die  [29]  Gleichnisse  her  von 
den  Dingen  dieser  Welt,  um  auf  die  Dinge  der  andern  Welt 
hinzuweisen,  so  weit  diese  dem  Verstand  des  Menschen 
fassbar  sind." 

Die  geistige  Mathematik. 

ist  eines  der  Ziele  für  die  Weisen,  die  in  den  theologischen 
Wissenschaften  fest  und  in  den  Uebungswissenschaften  wohl 
geübt  sind.  Man  setzt  die  Mathematik  hinter  die  Zahlen- 
lehre, um  die  Schüler  von  dem  sinnlich  Wahrnehmbaren  zu 
den  Kategorien  und  von  den  körperlichen  Dingen  zu  den 
geistigen  überzuführen.  Die  Betrachtung  der  sinnlichen 
Mathematik  hilft  zum  Scharfblick  in  den  praktischen  Kün- 
sten; die  Betrachtung  der  geistigen  Mathematik  führt  zum 
Scharfblick  in  den  geistigen  Künsten,  denn  diese  Wissen- 
schaft ist  eine  von  den  Thoren,  die  zur  Erkenntniss  von  der 
Substanz  der  Seele  führen.  Diese  Erkenntniss  ist  der  Ur- 
sprung der  Wissenschaften,  das  Element  der  Weisheit  und 
die  Wurzel  der  praktischen  und  theoretischen  Künste. 

Die  geistige  Linie  ist  als  eine  abstrakte  nur  zwischen 
zwei  Flächen  sichtbar.     Das  ist  die  gemeinschaftliche  Tren- 


-     37     - 

nungslinie  zwischen  der  Sonne  und  der  Finsterniss;  wenn 
weder  Sonne  noch  Finsterniss  ist,  wird  keine  Linie  ge- 
schaut.. Die  geistige  Fläche  wird  als  abstrakte  nur 
zwischen  zwei  Körpern  geschaut,  und  dies  ist  z.  B.  die  ge- 
meinschaftliche Trennungslinie  zwischen  Oel  und  Wasser. 
Der  geistige  Punkt  wird  in  seiner  Abstraktheit  nur  da 
geschaut,  wo  die  Linie  in  zwei  Theile  im  Sinne  getheilt 
wird.  Der  Ort,  auf  den  die  Hindeutung  fällt,  ist  dieser 
Punkt, 

Stellen  wir  uns  die  Bewegung  dieses  Punktes  auf 
einem  Wege  vor,  so  entsteht  in  unsrem  Geist  eine  ideelle 
grade  Linie. 

Stellt  man  sich  aber  die  Bewegung  dieser  Linie  in 
andere  Ebenen  vor,  als  die  ist,  worin  sie  vorher  war,  so 
entsteht  in  deinem  Sinn  ein  ideeller  Körper;  hat  er  sechs 
viereckige  Flächen  mit  rechten  Winkeln ;  so  ist  er  ein  Würfel. 
Die  sinnliche  Linie  ist  die  geschriebene.  Bei  den  Weisen 
und  Philosophen  ist  sie  aber  ein  Körper,  so  klein  er  immer 
sei;  ebenso  ist  auch  ein  jeder  Theil  derselben  ein  Körper. 
Nach  Ansicht  der  Sophisten  ist,  wenn  die  Theile  klein 
sind  und  noch  getheilt  werden,  nicht  mehr  ein  jeder  Theil  der- 
selben ein  Körper,  sondern  sie  nennen  ihn  dann  eine  blosse 
Substanz ;  so  lange  er  nämlich  die  Theilung  annimmt,  heisst  er 
Körper;  Substanz  aber,  wenn  er  die  Theilung  nicht  mehr  an- 
nimmt, Die  Philosophen  aber  behaupten  das  Gegentheil 
davon. 

Ist  die  Distance  der  Flächenbewegung  geringer,  als 
die  Distance  der  Linienbewegung,  so  entsteht  daraus  ein 
Quaderkörper;  ist  aber  die  Distance  der  Flächenbewegung 
grösser  als  jene,  entsteht  ein  Brunnenkörper;  ist  sie  ihr  aber 
gleich,  entsteht  ein  Würfel. 

Eine  jede  grade  Linie,  die  in  der  Vorstellung  bestimmt 
ist,  muss  zwei  Enden  haben;  dies  sind  ihre  Spitzen  und 
heissen  ideelle  Punkte.  Stellt  man  es  sich  vor,  dass  der 
eine  dieser  zwei  Punkte  sich  bewege,  bis  er  zu  dem  Punkt,  von 
wo  er  ausging,  zurückkehrt,  und  der  andere  ruhe,  so  ensteht 
hierdurch  eine  ideelle  Kreisfläche  und  ist  der  ruhende  Punkt, 


—    38     - 

der  Mittelpunkt  des  Kreises;  der  sich  bewegende  Punkt 
lässt  in  deinen  Gedanken  durch  ihre  Bewegung  die  Peri- 
pherie des  Kreises  entstehn. 

Die  erste  Fläche,  welche  aus  der  Bewegung  des  Punktes 
entstand,  ist  das  Dreieck,  dann  der  Viertelkreis,  dann  der 
Halbkreis,  dann  der  Kreis  selbst.  Stellt  man  sich  die  Bo- 
genlinie  vor,  die  den  Halbkreis  bildet,  so  ruhen  die  beiden 
Spitzen ;  bewegt  sich  aber  diese  Linie  weiter,  bis  sie  zu  ihrem 
Ausgangspunkt  zurückkehrt,  so  entsteht  in  den  Gedanken 
durch  ihre  Bewegung  eine  Kreisfläche. 

Es  ist  durch  das  bisher  Erwähnte  klar,  dass  die  gei- 
stige Mathematik  die  Betrachtung  der  drei  Dimensionen 
Länge,  Breite  und  Tiefe,  [30]  frei  von  den  Körpern  der 
Natur  sei. 

Diejenigen,  welche  die  sinnliche  Mathematik  behandeln, 
reissen,  wenn  sie  darin  geübt  sind,  und  ihre  Denkkraft  er- 
starkte, die  drei  Dimensionen  von  den  drei  Maassen  Linie, 
Fläche,  Körper  los;  sie  bilden  sie  ihren  Seelen  ein  'und 
betrachten  dieselben  frei  von  der  Materie.  Hierbei  wird 
die  Substanz  ihrer  Seelen  für  diese  ihr  eingebildeten  Di- 
mensionen wie  die  Materie  und  sie  sind  wie  die  Form.  Sie 
nennen  dieselben  Maasswerthe  und  verstehen  darunter  die 
Dimensionen,  sie  können  dadurch  der  Betrachtung  der  sinn- 
lichen Mathematik  entbehren. 

Dann  philosophiren  sie  darüber  und  geben  von  ihnen 
Kunde,  von  ihren  Gattungen,  Arten,  Unterarten;  auch  davon, 
was  für  Bedeutung  ihnen  zukommt,  wenn  man  eins  mit 
dem  andern  in  Verbindung  setzet.  Sie  sagen,  die  Linie  ist 
ein  Werth  mit  einer  Dimension,  die  Fläche  einer  mit  zweien, 
nämlich  in  der  Idee ,  der  Körper  einer  mit  drei  Dimen- 
sionen. 

Die  grade  Linie  ist  die  kürzeste  Verbindung  zweier 
Punkte.  Der  Punkt  ist  die  Spitze  der  Linie.  Die  Bogen- 
linie  ist  eine  solche,  bei  der  man  unmöglich  drei  Punkte  in 
einer  Richtung  denken  kann.  Der  Winkel  ist  die  Berüh- 
rung zweier  Linien,  die  in  nicht  grader  Richtung  liegen.  Figur 
ist  das,   was   von   einer  oder  mehreren  Linien   umschrieben 


-     39    — 

wird.  Kreis  ist  eine  von  einer  Linie  umschriebene  Figur; 
in  ihrem  Innern  ist  ein  Punkt,  von  dem  es  gilt,  dass  alle 
von  ihm  zu  jener  Umgebungslinie  ausgehenden  Linien  ein- 
ander gleich  sind. 

Dreieck  ist  eine  Figur,  die  von  drei  Linien  umschrieben 
wird  und  drei  Winkel  hat,  Viereck  ist  eine  von  vier  Linien 
umschriebene  Figur,  sie  hat  vier  Winkel.  Dieser  Analogie 
und  diesen  Beispielen  gemäss  behandeln  sie  die  geometrischen 
Figuren,  ohne  auf  einen  Naturkörper  hinzuweisen. 

Die  meisten  Menschen,  welche  die  Wissenschaft  der 
Mathematik  betrachten,  meinen,  die  drei  Dimensionen  Länge, 
Breite  und  Tiefe  hätten  eine  Existenz  und  ein  Bestehen 
in  ihrem  Wesen.  Sie  wissen  aber  nicht,  dass  diese  Existenz 
eben  nur  die  Substanz  des  Körpers  ist,  oder  in  der  Substanz 
der  Seele  liegt.  Die  Seele  dient  ihnen  als  Materie,  und  sind 
sie  in  ihr  wie  Formen,  wenn  nämlich  die  Denkkraft  sie  von 
den  sinnlichen  Dingen  abstrahirt  hat. 

Das  Hauptziel  bei  der  Behandlung  der  Uebungswissen- 
schaften  ist  nämlich  das,  dass  die  Seele  der  Lernenden  sich 
darin  übe,  die  Formen  der  sinnlichen  Dinge  auf  dem  Wege 
der  Sinneskraft  zu  erfassen  und  sie  durch  die  Denkkraft  ihrem 
Wesen  einzubilden,  so  dass,  wenn  das  Sinnlich-wahrnehmbare 
aus  der  Bezeugung  der  Sinne  geschwunden  ist,  die  Grund- 
züge bleiben.  Diese  lässt  die  Sinneskraft  zur  Vorstellungs- 
kraft, die  Vorstellungskraft  zur  Denkkraft  und  die  Denk- 
kraft zu  der  Gedächtniss-Kraft  als  der  Seele  eingeformte 
gelangen. 

Dann  kann  die  Seele  hierbei  des  Dienstes  der  Sinnes- 
kräfte bei  der  Erfassung  des  Gewussten  entbehren;  sie  be- 
trachtet ihr  Wesen  und  findet  die  Formen  aller  geistigen 
Dinge  in  ihrer  Substanz.  Sie  kann  der  Körper  dann  ent- 
behren und  stellt  sich  das  Seiende  vor. 

[31]  „Hierdurch  wird  die  Seele  frei,  sie  entgeht  den 
Banden  der  Natur  und  gelangt  zu  der  geistigen  und  geist- 
lichen Reinheit;  dies  ist  das  Endziel  für  die  Bestrebungen 
dieser  Philosophen. u 


—     40     — 

Die  geometrischen  Figuren,  ihre  Unterarten  mit  besonderen  Eigentüm- 
lichkeiten, wir  wir  solche  auch  sthou  bei  den  Zahlen  hervorhoben. 

Zunächst  das  Dreieck.  Die  Figur  mit  drei  Seiten  und 
drei  Winkeln.     Es  zerfällt  in  sieben  Arten: 

1.  Gleichseitig  mit  spitzen  Winkeln. 

2.  Spitzwinklig,  gleichschenklig. 

3.  Spitzwinklig  mit  ungleichen  Seiten. 

4.  Rechtwinklig,  gleichschenklig. 

5.  Rechtwinklig  mit  ungleichen  Seiten. 

6.  Stumpfwinklig,  gleichschenklig. 

7.  Stumpfwinklig  mit  ungleichen  Seiten. 

Jedes  einzelne  dieser  Dreiecke  hat  eine  Eigenthüm- 
lichkeit,  die  den  andern  fehlt.  Dies  ist  im  ersten  Buch  des 
Euklid  im  ersten  Abschnitt  mit  seinen  Beweisen  dargelegt. 
Wir  erwähnen  hier  nur  die  Eigenthümlichkeiten,  die  in  ihrer 
Weite  sie  alle  umfassen. 

I.  Jedes  Dreieck,  wie  es  auch  sei,  muss  zwei  spitze 
Winkel  haben,  der  dritte  kann  spitz,  recht,  oder  stumpf  sein. 

II.  Die  drei  Winkel  eines  jeden  Dreiecks  sind  zusam- 
men zweien  Rechten  gleich. 

III.  Die  längste  Seite  eines  Dreiecks  ist  die  Sehne  des 
grössten  Winkels. 

IV.  Je  zwei  Seiten  eines  Dreiecks  zusammengenommen 
sind  grösser  als  die  Dritte. 

V.  Verlängert  man  die  eine  Seite  eines  Dreiecks,  so  ent- 
steht ein  Aussenwinkel,  und  dieser  ist  grösser  als  irgend  ein 
Winkel,  der  ihm  gegenübersteht;  er  ist  gleich  den  beiden  ihm 
gegenüberstehenden   inneren  Winkeln. 

VI.  Trifft  der  (Stein)  Lothfall  eines  Dreiecks  die  Mitte 
seiner  Grundlage,  so  ist  dieses  Loth  die  Distanz  dieses 
Dreiecks. 

VII.  Bei  einem  rechtwinkligen  Dreieck  ist  das  Quadrat 
der  Sehne  eines  Winkels  kleiner  als  das  Quadrat  der 
Sehne  des  rechten  Winkels.  Das  Quadrat  der  Sehne  des 
rechten  Winkels  ist  gleich  den  beiden  Quadraten  der  beiden 
anderen  Schenkel. 


—    41     — 

Bei  einem  spitzwinkligen  Dreieck  ist  das  Quadrat  der 
Sehne  des  spitzen  Winkels  kleiner  als  das  Quadrat  der  bei- 
den übrigen  Schenkel  und  zwar  um  das  Viereck,  so  gebildet 
wird  aus  dem  Schenkel,  worauf  das  Loth  fällt,  mit  dem  dop- 
pelten Stück  vom  Fallort  des  Lothes  bis  zum  Winkel. 

Bei  einem  stumpfwinkligen  Dreieck  ist  das  Quadrat  der 
Sehne  des  stumpfen  Winkels  grösser  als  das  Quadrat  der 
beiden  Schenkel  und  zwar  um  das  Viereck,  das  aus  einem 
der  Schenkel  und  dem  doppelten  Stück  von  ihm  bis  zum 
Fallort  des  Perpendikels  gebildet  wird. 

Das  Viereck  hat  vier  Seiten  und  vier  Winkel;  es 
zerfällt  in  fünf  Arten: 

1.  Das  Viereck  mit  gleichen  Seiten  und  rechten 
Winkeln. 

2.  Das  längliehe  Viereck  mit  rechten  Winkeln,  je  zwei 
einander  gegenüberstehende  Seiten  sind  einander  gleich. 

3.  Das  verschobene  Viereck  mit  gleichen  Seiten,  doch 
verschiedenen  Winkeln. 

4.  Das  dem  verschobenen  ähnliche  Viereck,  in  dem  je 
zwei  einander  gegenüberstehende  Seiten  gleich  sind. 

5.  Das  Viereck  mit  verschiedenen  Seiten  und  Winkeln. 
Jede    dieser    Figuren    hat    Eigenthümlichkeiten ,    deren 

Ausführung  zu  weit  führen  möchte;   wir  erwähnen  nur,   was 
ihnen  allesammt  eigenthümlich  ist. 

I.  In  einem  jeden  Viereck  sind  die  vier  Winkel  vier 
Rechten  gleich. 

II.  Ein  jedes  Viereck  lässt  sich  in  zwei  Dreiecke  thei- 
len ;  fügt  man  dazu  noch  ein  Dreieck,  so  entsteht  ein  Fünfeck. 

Ein  Fünfeck  ist  eine  Figur,  die  von  fünf  Seiten  um- 
schlossen wird ;  sie  ist  die  erste  der  Figuren  mit  vielen  gleichen 
Winkeln  und  einander  gleichen  Seiten,  von  denen  eine  jede 
von  einem  Kreise  umschlossen  werden,  oder  selbst  einen  Kreis 
umschliessen  kann. 

Je  mehr  eine  dieser  vielwinkligen  Figuren  Winkel  hat, 
i  desto  grösser  ist  sie  und  umspannt  eine  weitere  Dimension, 
als  die,  welche  weniger  Winkel  hat,  wenn  auch  der  sie  um- 
schreibende Kreis  derselbe  ist. 


—     42     — 

Multiplicirt  man  einen  Perpendikel  der  Dreiecke  des 
Vielecks  mit  ihren  Basen,  so  ergiebt  dies  den  Inhalt  (die 
Dimension^  dieser  vieleckigen  Figur. 

Dem  gleichseitigen  und  gleichwinkligen  Sechseck  ist's 
eigentümlich,  dass  eine  jeder  seiner  Seiten  gleich  dem  hal- 
ben Durchmesser  des  ihn  umgebenden  Kreises  ist. 

Kurz  es  giebt  keine  Figur,  die  nicht  eine  oder  eine  An- 
zahl von  Eigenthümlichkeiten  hätte.  Wir  unterlassen  sie  zu 
erwähnen,  um  nicht  weitschweifig  zu  werden.  Den  Eigen- 
schaften des  Sechsecks  hat  Euklid  einen  besonderen  Abschnitt 
in  seinem  Buche  gewidmet. 

Die  Kreisfigur  ist  eine  Fläche,  welche  von  einer  einzigen 
Linie  umgeben  wird;  ihr  Mittelpunkt  liegt  in  ihrer  Mitte. 
Alle  ihre  Durchmesser  sind  einander  gleich.  Sie  hat  einen 
weiteren  Umfang,  als  alle  vielwinkligen  Figuren  mit  gleich 
langer  Umfassungslinie. 

Alle  Figuren  sind  im  Kreise  der  Kraft  nach  vorhanden. 

Die  Kugelgestalt  ist  ein  von  einer  Fläche  umgebener 
Körper ;  er  theilt  die  Eigentümlichkeit  des  Kreises  und  steht 
mit  allen  Körpern  in  demselben  Verhältniss  wie  der  Kreis 
zu  den  anderen  Flächen. 

Die  Eigenthümlichkeiten  des  Kreises  werden  im  letzten 
Abschnitt  vom  Buche  des  Euklid  dargestellt. 

Das  Endziel  der  mathematischen  Bücher  des  Euklid  und 
anderer  ist,  die  Eigenthümlichkeiten  der  drei  Maasse  Linien, 
Flächen  und  Körper  und  ihre  eigentlichen  Werthe  darzustel- 
len, sowie  auch  anzugeben,  welche  Beziehungen  zwischen  dem 
einen  zum  andern  stattfinden. 

In  der  vorigen  Abhandlung  haben  wir  etwas  von  den 
Eigenthümlichkeiten  der  Zahlen  und  in  dieser  etwas  von  den 
Eigenthümlichkeiten  der  Figuren  angegeben;  jetzt  wollen 
wir  etwas  von  den  Eigenthümlichkeiten  beider  zusammen 
hervorheben. 

Verbindet  man  einige  Zahleu  und  einige  mathematische 
Figuren  mit  einander,  so  gehen  daraus  andere  Eigenthüm- 
lichkeiten hervor,  die  eine  jede  einzelne  derselben  allein 
nicht  hat. 


—     43 


1.  Schreibt  man  neun  Zahlen  in  dieser  neunfach  ge- 
formten Gestalt,  so  kommt,  wie  man  auch  immer  zähle,  die 
Summe   15  heraus.     (Figur  1.) 


Fig.  1. 


2  |  7  |  6 

9  |  5  1 

4  |  3  8 

Schreibt    man  16    in   dieser   Figur    mit    16  Fächern,    so 
kommt,  wie  man  auch  immer  zähle,  34  heraus.     (Figur  2.) 


Fig.  2. 


4 

14 

15 

1 

9 

7 

6 

12 

5 

11 

10 

!  8 

16 

2 

3 

13 

3.  Dasselbe  gilt  von  25;  schreibt  man  sie  in  einer  Form 
mit  25  Fächern,  so  kann  man  zählen,  wie  man  will,  die 
Summe  ist  65.     (Figur  3.) 


Fig.  3. 


21 

3 

4  ! 

12 

25 

15 

17 

6  ! 

19 

1  8 

10 

24 

13  ! 

2 

1  16 

18 

7 

20  1 

9 

1  11 

1 

14 

22  ! 

23 

0 

4.     Schreibt  man  36  in  dieser  Form,  so  ist  die  Summe, 
wie  man   auch  immer  zähle,  111.     (Figur  4.) 


Fig.  4. 


11 

22 

32 

5 

23 

18 

25 

16 

7 

30 

13 

20 

27 

6  ! 

35  , 

36  | 

4  | 

3 

10 

31 

1 

2 

33 

24 

14 

19 

8 

29 

26 

15 
21 

24 

17 

|  28 

!  9 

12 

5.  Schreibt  man  49  in  dieser  Form  mit  49  Fächern,  so  ist 
die  Summe,  wie  man  immer  zähle,  175. 

Dasselbe  gilt  von  64,  in  einer  Figur  mit  64  Fächern,  wie 
man  auch  immer  zähle,  die  Summe  ergiebt  stets  260. 


—     44     - 

Ebenso   verhält   es  sich   mit  81;    so    in    einer  Figur   mi 
81  Fächern    niedergelegt,    wie   man    auch  immer    zähle,    die 
Summe  ist  stets  369.  *) 

[34]  Als  Nutzen  der  Zahlenfigur  in  den  neun  Feldern  wird 
dann  angegeben,  dass,  wenn  man  sie  auf  zwei  irdene  Scher- 
ben, die  das  Wasser  nicht  begiesst,  schreibt  und  sie  vor! 
einen  mit  Talk  beworfenen  Spiegel  hängt,  es  sich  dann  trifft 
dass  der  Mond  in  der  neunten  Station  steht  und  mit  dem 
Herrn  der  neunten  Station  verbunden  ist,  die  Nativitaet  dies 
erleichtert.**)  Dies  ist  die  Form.  Hiernach  verfahren  die, 
so  Talismane  aufstellen. 

Es  giebt  nichts  unter  dem  Vorhandenen,  es  werde  in 
den  Uebungs- ,  Natur-  und  theologischen  Wissenschaften  be 
handelt,  es  hätte  denn  eine  Eigentümlichkeit,  die  den  an- 
deren fehlt;  auch  haben  ihre  Gesammtheiten  Eigenthüm 
lichkeiten,  die  den  Einzelheiten  abgehen.  Dies  gilt  von 
den  Zahlen-Figuren  und  Formen,  von  Ort  und  Zeit,  von 
aromatischen  (medicinischen)  Pflanzen,  von  Speisen,  Farben 
Gerüchen,  Tönen,  von  Wort  und  That,  von  Consonanten  und 
Vocalen.  Verbindet  man  diese  Dinge  nach  den  Beziehungen 
der  Zusammensetzungen,  so  treten  ihre  Eigentümlichkeiten 
und  ihre  Wirkungen  hervor. 

Die  Richtigkeit  unsrer  Behauptung  wird  bewiesen  durch 
die  Wirkungen  der  Heilmittel,  Pflaster  und  Tränke,  durch 
die  musikalischen  Melodien  und  ihre  Wirkung  auf  Leib  und 
Seele.  Das  ist  keinem  verständigen  Philosophen  verborgen, 
und  stellten  wir  etwas  davon  in  der  Abhandlung  der  Musik  dar. 

Die  Betrachtung  der  sinnlichen  Mathematik  hilft 
zum  Scharfblick  in  den  Gewerken  ;  die  der  geistigen 
Mathematik  giebt  die  Erkenntniss  von  den  Eigentümlich- 
keiten der  Zahlen  und  Figuren,  sie  lässt  die  Eigenschaft 
von  den  Einwirkungen  der  einzelnen  Himmelskörper  und  der 
musikalischen  Töne  auf  die  Seelen  der  Hörenden  ersehen. 


*)    Es  folgt  pag.  34   die    Beschreibung   von    Schachzügen,    die   bei    ieei 
gelassenem  Schema  unverständlich  sind. 

**)  Zusatz :  oder  mit  dem  Herrn  seines  Hauses  von  der   neunten  Station. 


-     45    — 

Die  Betrachtung,  wie  unsere  Sinne  ihre  Objecte  erfassen, 
lasst  erkennen,  wie  die  vom  Leibe  getrennte  Seele  auf  die 
mit  dem  Körper  in  der  Welt  des  Entstehens  und  Vergehens 
verbundene  Seele   wirkt. 

Somit  liegt  in  der  Wissenschaft  der  geistigen  Mathematik 
für  die  Betrachtenden  ein  Weg  zur  Erkenntniss  der  Seele, 
so  Gott  hilft  und  leitet. 


Die  Astronomie-  oder  Sternkunde. 


Die  Sternkunde  zerfällt  in  drei  Arten. 

a)  Die  Kenntniss  von  der  Zusammenfügung  der  (Himmel-) 
Sphären,  von  der  Menge  der  Sterne,  der  Eintheilung  der- 
selben in  Sternzeichen,  von  den  Dimensionen,  der  Grösse 
und  Bewegung  der  Sterne  und  dergl.  Dieser  Theil  der  Stern- 
kunde heisst  die  Wissenschaft  der  Himmelsform. 

b)  Die  Kenntniss  von  den  astronomischen  Tafeln,  sie 
richtig  herzustellen,  dann  die  Zeitberechung  zu  bestimmen 
u.  dero-1. 

c)  Die  Kenntniss  davon,  wie  man  durch  den  Umschwung 
des  Himmels,  den  Aufgang  der  Sternzeichen,  und  die  Bewe- 
gung der  Sterne  richtig  auf  das  Seiende,  noch  bevor  es  unter 
dem  Mondkreis  ist,  schliesst.    Diese  Art  heisst  die  Astrologie. 

Von  allen  drei  Arten  der  Sternkunde  erwähnen  wir  hier 
etwas  als  Anleitung  für  die  Anfänger. 

Die  Grundzüge  der  Sternkunde  bestehen  in  der  Kenntniss 
von  drei  Dingen:  Sterne,  Sphären  und  Sternzeichen, 

Die  Sterne  sind  kugelrunde  leuchtende  Körper.  1029 
grosse  Sterne  werden  von  den  Instrumenten  erreicht.  Sieben 
davon  heissen  Wandelsterne;  es  sind  Saturn,  Jupiter,  Mars, 
die  Sonne,  die  Venus,  Merkur,  Mond.  Die  andern  heissen 
Fixsterne.  Ein  jeder  dieser  sieben  Wandelsterne  hat  eine 
ihm  specielle  Sphäre. 

Die  Sphären  sind  durchsichtige  hohle  Kugelkörper;  es 
giebt  deren  neun,  eine  gefügt  in  das  Innere  der  andern  wie 
die  Ringe  einer  Zwiebel.  Uns  zunächst  liegt  die  Sphäre  des 
Mondes.  Dieselbe  umgiebt  die  Luft  von  allen  Seiten,  wie  die 
Schale  des  Eies  das  Weisse  desselben  umgiebt. 


-     47     — 

Die   Erde    ist   im    Iunern    der  Luft    wie    das    Gelbe    im 

Weissen  des  Eies. 

Hinter  der  Mondsphäre  ist  die  Sphäre  des  Merkur. 
Dann  folgt  die  der  Venus,  dahinter  die  derSonne;  hinter  der  Son- 
nejisphärc  folgt  die  des  Mars,  dann  die  des  Jupiter,  darauf 
die  des  Saturn.  Hinter  der  Sphäre  des  Saturn  folgt  die  der 
Fixsterne  und  hinter  der  der  Fixsterne  folgt  die  Umge- 
bungssphäre. 

Die  Umgebungssphäre  ist  in  einem  fortwährenden  Um- 
schwung wie  ein  Wasserrad;  es  kreist  von  Ost  nach  West 
über  der  Erde  und  von  West  nach  Ost  unter  der  Erde. 
Jeden  Tag  macht  sie  einen  Umschwung,  sie  dreht  mit  sich 
die  übrigen  Sphären  und  Sterne.  (Vgl.  den  Koranspruch  21, 
34  „Alles  in  einer  Sphäre   preist  Gott"). 

Die  Umgebungssphäre  ist  in  zwölf  Theile  getheilt.  Diese 
gleichen  den  [36]  Schnitten  einer  Melone.  Ein  jeder  dieser 
Theile  heisst  Sternzeichen.  Dies  sind  ihre  Namen:  Widder, 
Stier,  Zwillinge,  Krebs,  Löwe,  Aehre,  Wage,  Scorpion,  Bo- 
gen, Steinbock,  (Wasserträger)  Urne,  Fisch.  Ein  jedes 
Sternzeichen  hat  30  Grad,  macht  zusammen  360  Grad.  Jeder 
Grad  zerfällt  in  60  Theile:  Minuten,  macht  zusammen  21600 
Minuten.  Jede  Minute  zerfällt  wieder  in  60  Theile:  Zwei- 
theile; diese  wieder  in  60  Theile;  Drittheile  u.  s.  f.  Vier- 
theile, Fünftheile,  Sechstheile. 

Die  Sternzeichen  sind  verschieden  geartet,  sowohl  in 
Hinsicht  der  Zahl,  als  der  Eigenschaftsannahme.  Wir  heben 
das  Notwendigste  hervor. 

Die  Zeit  zerfällt  in  vier  Theile:  Frühling,  Sommer, 
Herbst,  Winter;  dann  giebt  es  vier  Seiten:  Ost,  West,  Süd, 
Nord.  Ebenso  giebt  es  vier  Elemente:  Feuer,  Luft,  Wasser, 
Erde;  dann  giebt  es  vier  Naturen:  Hitze,  Kälte,  Trockniss, 
Frische ;  dann  vier  Mischungen :  Gelb-  und  Schwarzgalle,  Spei- 
chel,  Blut;  dann  vier  Winde:  Nord-,  Süd-,  Ost-,  Westwind. 

Von  den  zwölf  Sternzeichen  sind  sechs  nördlich  und 
i  sechs  südlich;  sechs  graden  Aufgangs,  sechs  curvischen 
l  Aufgangs;  sechs  männlich,  sechs  weiblich;  sechs  täglich, 
i  sechs  nächtlich ;  sechs  unter  der  Erde,  sechs  über  derselben. 


—    48     - 

Sechs  steigen  auf  bei  Nacht  und  sechs  bei  Tage  ;  sechs  stei- 
gen auf,  sechs  sinken  nieder:  sechs  sind  rechts  und  sechs 
sind  links;  sechs  stehen  seitens  der  Sonne  und  sechs  seitens 
des  Mondes. 

Die  sechs  nördlichen  Sternzeichen  sind  Widder,  Sti^r, 
Zwillinge,  Krebs,  Löwe,  Aehre. 

Die  sechs  südlichen  sind  Waage,  Scorpion,  Bogen,  Stein- 
bock, Urne,  Fisch, 

Ist  die  Sonne  in  den  nördlichen  Sternzeichen  so  ist  die 
Nacht  kürzer  und  der  Tag  länger;  weilt  sie  in  den  südlichen, 
so  ist  die  Nacht  länger  und  der  Tag  kürzer. 

Grad  aufgehend  sind  Krebs,  Löwe,  Aehre,  Waage,  Scor- 
pion, Bogen.  Ein  jedes  derselben  steigt  auf  in  mehr  denn 
zwei  Stunden.  Weilt  die  Sonne  in  einem  dieser  Sternzeichen, 
so  sinkt  sie  vom  Norden  zum  Süden  nieder  und  von  der  oberen 
Abscisse  zur  unteren;  die  Nacht  ist  kürzer  als  der  Tag. 

Curvischen  Aufgangs  sind  Steinbock,  Urne,  Fisch,  Wid- 
der, Stier,  Zwillinge. 

Ein  jedes  von  ihnen  steigt  auf  in  weniger  als  zwei 
Stunden.  Weilt  die  Sonne  in  einem  von  ihnen,  so  steigt 
sie  auf  von  Süden  nach  Norden  und  von  der  unteren  zur 
oberen  Abscisse.     Der  Tag  ist  kürzer  als  die  Nacht. 

Die  sechs  männlichen  und  täglichen  sind  Widder,  Zwil- 
linge, Löwe,  Waage,  Bogen,  Urne. 

Die  sechs  weiblichen  und  nächtlichen  sind  Stier,  Krebs, 
Aehre,  Scorpion,  Steinbock,  Fisch. 

Die  sechs,  welche  bei  Tage  aufgehn,  sind  die  sechs 
Sternzeichen,  von  dem,  in  welchem  die  Sonne  weilt,  bis 
zum  siebenten  Zeichen  davon. 

Die  sechs,  welche  bei  Nacht  aufgehn,  sind  die  vom  sie- 
benten Zeichen  bis  zu  dem,   [37]   in  welchem   die  Sonne  ist. 

Die  sechs  auf  der  Seite  der  Sonne  sind  die  vom  Löwen 
bis   zum  Steinbock. 

Die  sechs  auf  der  Seite  des  Mondes  sind  die  von  der 
Urne  bis  zum  Krebs. 

In  einer  anderen  Beziehung  zerfallen  die  Sternzei- 
chen in: 


—    49    — 

a)  Frühlingliche;  sie  steigen  im  Norden  auf,  wenn  der 
Tag  länger  ist,  als  die  Nacht;  es  sind  ihrer  drei:  Widder, 
Stier,  Zwillinge. 

b)  Sommerliche;  sie  steigen  vom  Norden  nieder,  wenn 
die  Nacht  viel  kürzer  ist,  als  der  Tag;  es  sind  ihrer  drei: 
Krebs,  Löwe,  Aehre. 

c)  Herbstliche;  sie  steigen  im  Süden  nieder,  wenn  die 
Nacht  den  Tag  überwiegt;  es  sind  ihrer  drei:  Wage,  Scor- 
pion,  Bogen. 

d)  Winterliche,  steigen  auf  im  Süden,  wenn  der  Tag 
viel  kürzer  ist,  als  die  Nacht.     Steinbock,  Urne,  Fisch. 

Noch  in  einer  anderen  Beziehung  zerfallen  diese  Stern- 
zeichen in  vier  Theile: 

1.  Die  Dreifachen,  so  feurig,  heiss,  trocken,  östlich 
und  von  einer  Natur  sind:  Widder,  Löwe,  Bogen. 

2.  Die  Dreifachen  so  staubartig,  kalt,  trocken,  südlich, 
und  von  einer  Natur  sind:  Stier,  Aehre,  Steinbock. 

3.  Die  Dreifachen  so  luftartig,  heiss,  feucht,  westlich, 
und  von  einer  Natur  sind:  Zwillinge,  Wage,  Urne. 

4.  Die  Dreifachen  so  wasserartig,  kalt,  feucht,  nörd- 
lich und  von  einer  Natur  sind:  Krebs,  Scorpion,  Fisch. 

In  anderer  Beziehung  zerfallen  diese  Sternzeichen  in 
drei  Theile: 

Vier  von  ihnen  sind  wandelbarer  Zeit:  Widder,  Krebs, 
Wage,  Steinbock. 

Vier  von  ihnen  sind  feststehender  Zeit:  Stier,  Löwe, 
Scorpion,  Urne. 

Vier  von  ihnen  sind  doppelter  Körper  (glücklich  und 
unglücklich):  Zwillinge,  Aehre,  Bogen,  Fisch. 

Es  ist  klar,  dass,  wenn  es  der  Sternzeichen  mehr  oder 
weniger  als  zwölf  gäbe,  die  Theilung  in  der  erwähnten  Weise 
nicht  durchginge ;  demnach  sind  es  in  nothwendiger  Folge 
der  Weisheit  zwölf,  denn  der  Schöpfer  thut  nur  das  Wei- 
seste und  Sicherste. 

Der  Herr  schuf  die  Sphären  in  kugliger  Gestalt,  denn 
dies  ist  die  vortrefflichste  aller  Gestalten,  sie  ist  die 
weiteste,    leidet   am    wenigsten    Beschädigung    und    ist    am 

Dieterlci.  arab.  Propaedeutik.  4 


—    50    — 

schnellsten  in  der  Bewegung,  ihr  Mittelpunkt  liegt  gerade 
in  der  Mitte,  und  sind  ihre  Durchmesser  einander  gleich. 
Eine  einzige  Fläche  umschliesst  sie,  und  ein  anderer  Körper 
berührt  sie  immer  nur  an  einem  Punkt.  Diese  Eigenschaften 
finden  sich  an  keiner  anderen  Gestalt,  als  an  dieser.  Auch 
setzte  Gott  ihre  Bewegung  als  die  kreisförmige,  denn  diese 
ist  die  vortrefflichste  aller  Bewegungen. 

Die  zwölf  Sternzeichen  vertheilen  sich  zwischen  diese 
Sterne,  nämlich  die  sieben  Wandelsterne,  in  verschie- 
denen Weisen,  sie  machen  in  denselben  in  der  verschieden- 
sten Beziehung  Theilung  und  (Grenz-)  Linien,  so  Haus 
(Glück)  und  Schaden;  untere  und  obere  Abscisse,  Aufstieg 
und  Niederstieg.  Dann  gehört  hieher  die  Herrschaft  der 
Dreifachen,  die  der  Grenzen  und  die  der  Anfänge;  die  Herr- 
schaft der  Knotenpunkte  (Haupt  und  Schweif  des  Drachens), 
die  Herrschaft  der  Zwölf  [38],  dann  die  Herrschaft  der 
Pfeilorte  und  andere.  Die  Wandelsterne  sind  wie  der  Geist, 
und  die  Sternzeichen    wie  der  Leib. 

Haus  und  Schaden. 

Der  Löwe  ist  das  Haus  der  Sonne,  der  Krebs  das  des  Mon- 
des, die  Zwillinge  und  die  Aehre  sind  die  beiden  Häuser  des 
Mercur;  Stier  und  Wage  die  der  Venus;  der  Widder  und 
Scorpion  sind  die  des  Mars;  Fisch  und  Bogen  die  des  Ju- 
piter; Steinbock  und  Urne  die  des  Saturn.  Ein  jeder  dieser 
Sterne  hat  ein  Haus  von  Seiten  der  Sonne  und  eins  von 
Seiten  des  Mondes.  Der  Schaden  eines  jeden  Sterns  ist 
seinem  Haus  grad  gegenüberstehend.  Von  diesen  Sternen 
sind  die  Einen  in  den  Häusern  der  Anderen.  Bestimmte 
(Himmels-)  Oerter  sind  der  Hochstieg  und  der  Niederstieg, 
die  obere  und  die  untere  Abscisse,  das  Haupt  und  der 
Schwanz  des  Drachens. 

Nähere  Erklärung:  Hochstieg  ist  die  herrlichste  Stelle 
der  Sterne  im  Himmelsrund;  ihr  Niederstieg  das  Gegentheil. 

Obere  Abscisse  ist  der  höchste  Ort  des  Sternes  im 
Himmelsrund,  und  die  untere  Abscisse  das  Gegentheil  davon. 

Hochstieg    der    Sonne    ist    im    Widder,  dem    Haus   des 


—     51     — 

Mars;  ihre  obere  Abscisse  in  den  Zwillingen,  dem  Haus  des 
Mercur.  Hochstieg  des  Saturn  ist  in  der  Wage,  dem  Haus  der 
Venus;  seine  obere  Abscisse  in  dem  Bogen,  dem  Haus  des 
Jupiter.  Sein  Knotenpunkt  ist  in  dem  Krebs,  dem  Haus  des 
Mondes.  Knotenpunkt  ist  der  Durchschnitt  der  Sonnenbahn 
durch  die  Sternbahn.  Dies  findet,  wenn  die  Sonne  durch  die 
Sternzeichen  geht,  an  zwei  Punkten  statt;  der  eine  ist  der 
Kopf  des  Drachens,  der  andere  der  Schweif  desselben.  Wenn 
der  Saturn  durch  die  Sternzeichen  geht,  so  durchschneidet 
sein  Lauf  sechs  Sternzeichen  rechts  von  der  Sonnenbahn,  dann 
geht  er  über  zu  der  anderen  Seite  und  durchwandelt  die 
sechs  Sternzeichen  links  von  der  Sonnenbahn.  So  schneiden 
sich  die  beiden  Bahnen  an  zwei  Orten,  von  denen  der  eine 
der  Kopf,  der  andere  der  Schweif  des  Drachens  heisst. 

Ein  jeder  der  fünf  Wandelsterne  hat  den  Durchschnitts- 
punkt wie  der  Saturn ;  dies  ist  in  den  astronomischen  Tafeln 
erwähnt.  In  den  Tabellen  ist  der  Durchschnittspunkt  des 
Mondes  angegeben;  die  beiden  Durch schnittspunkte  heissen 
auch  die  beiden  Knoten.  Sie  werden  nur  kurz  in  den  Ta- 
bellen behandelt,  denn  sie  werden  übertragen  auf  die  Stern- 
zeichen und  Grade.  Sie  haben  einen  Wandel  wie  die  Sterne 
und  haben  auch  dieselbe  Bedeutung  wie  jene. 

Kommen  Sonne  und  Mond  in  einer  Zeit  bei  einem  dieser 
beiden  Knoten  in  einem  Sternzeichen  und  in  einem  Grade 
zusammen,  so  verfinstert  sich  die  Sonne.  Dies  geschieht  nur 
am  Ende  eines  Monats,  denn  der  Mond  wandelt  dem  Ort 
der  Sonne  gegenüber  in  Sternzeichen  und  Graden,  so  dass 
er  das  Licht  der  Sonne  vor  unseren  Blicken  hindert;  wir 
sehen  sie  verdunkelt  (eigentlich  defect),  so  wie  ein  Stück 
einer  Wolke  es   vor  unseren  Blicken  verhüllt.     [39] 

Dies  findet  somit  statt,  wenn  er  unserem  Auge  und  auch 
der  Sonne  gegenüber  vorüberzieht. 

Steht  die  Sonne  bei  einem  der  beiden  Knoten  und  kommt 
der  Mond  zum  anderen,  wird  der  Mond  verfinstert.  Eine 
Mondfinsterniss  findet  nur  in  der  Mitte  des  Monats  statt, 
denn  der  Mond  ist  in  der  Mitte  des  Monats  in  dem  Stern- 
zeichen, welches  dem  Sternzeichen,  in  welchem  sich  die  Sonne 

4* 


—    52    — 

befindet,  gerade  gegenüber  steht.  Dann  steht  die  Erde  in 
der  Mitte,  so  dass  das  Licht  der  Sonne  gehindert  wird,  den 
Mond  zu  erleuchten,  dann  sieht  man  den  Mond  verfinstert, 
da  er  nicht  an  sich  Licht  hat,  sondern  sein  Licht  von  der 
Sonne  nimmt. 

Der  Hochstieg  der  Sonne  ist  im  Widder,  und  ihre  obere 
Abscisse  im  Orion-  (Zwillinge);   ihr  Drachenkopf  im  Bogen. 

Der  Hochstieg  des  Jupiter  ist  im  Krebs,  seine  obere 
Abscisse  in  der  Aehre,  sein  Drachenkopf  im  Orion. 

Der  Hochstieg  des  Mars  ist  im  Steinbock,  seine  obere 
Abscisse  im  Löwen,  sein  Drachenkopf  im  Widder. 

Der  Hochstieg  der  Venus  ist  im  Fisch,  ihre  obere  Ab- 
scisse im  Orion,  ihr  Drachenkopf  im  Stier. 

Der  Hochstieg  des  Mercur  ist  in  der  Aehre,  ihre  obere 
Abscisse  in  der  Wage,  der  Drachenkopf  im  Widder. 

Der  Hochstieg  des  Mondes  ist  im  Stier,  seine  obere 
Abscisse  bewegt  sich  in  den  Sternzeichen  hin  und  her.  Dies 
wird  aus  Tabellen  und  astronomischen  Tafeln  klar. 

Dem  Hochstieg  eines  jeden  Sternes  gegenüber  steht  der 
Niederstieg  desselben,  im  siebenten  Zeichen  davon,  dem 
Grade  des  Hochstiegs  grad  entsprechend ;  der  oberen  Abscisse 
gegenüber  steht  die  untere  Abscisse,  und  dem  Kopf  des 
Drachens  grade  gegenüber  ist  die  Stelle  des  Drachenschweifs, 
im  siebenten  Sternzeichen  davon. 

Die  Herrschaft  der  Dreifachen,  ihre  Anfänge  und  ihre  Grenzen. 

Von  den  Wandelsternen  hat  einer  mit  den  Häusern  des 
andern  Gemeinschaft.  Ferner  haben  sie  in  jenen  Theilungen; 
diese  heissen  Anfänge,  auch  haben  sie  in  ihnen  Linien,  die 
die  Grenzen  heissen. 

Erklärung:  Die  drei  Sternzeichen  von  einer  Natur  heissen 
die  Dreifachen,  (wie  oben  schon  gesagt  ist.)  Die  Leitung  der 
drei  Sternzeichen  heisst  Herrschaft.  Die  Dreifachen  führen  auf 
drei  Lebensdauern  der  Geborenen.  Die  drei  Feuerherren 
sind  am  Tage  Sonne  und  dann  Jupiter;  in  der  Nacht  erst 
Jupiter  und  dann  die  Sonne;  ihr  Genoss  bei  Tag  und  bei 
der  Nacht  ist  der  Saturn.    Die  drei  Erdherren  sind  am  Tage 


—    53    — 

Venus  und  dann  der  Mond;  in  der  Nacht  der  Mond  und 
dann  die  Venus;  ihr  Genoss  ist  bei  Tag  und  bei  der  Nacht 
der  Mars. 

Die  drei  Luftherren  sind  am  Tage  Saturn,  dann  der 
Mercur;  in  der  Nacht  Mercur,  dann  der  Saturn;  ihr  Ge- 
noss bei  Tag  und  bei  der  Nacht  Jupiter. 

Die  drei  Wasserherren  sind  am  Tage  Venus  und  dann 
Mars,  in  der  Nacht  Mars  und  dann  Venus,  ihr  Genoss  bei 
Tag  und  bei  der  Nacht  ist  der  Mond. 

Die  Herren  der  Anfange.     [40] 

Jedes  der  zwölf  Sternzeichen  zerfallt  in  drei  Drittheile, 
und  jedes  Drittheil  in  zehn  Grade;  sie  heissen  Anfänge  in 
Bezug  auf  einen  Wandelstern,  der  dann  der  Herr  des  An- 
fangs heisst;  es  wird  durch  denselben  die  Form  des  Gebor- 
nen  und  das  Aeussere  der  Dinge  angegeben. 

Nähere  Erklärung:  Die  ersten  zehn  Grade  des  Widders 
sind  Anfang  des  Mars,  die  zweiten  Anfang  der  Sonne,  die 
letzten  Anfang  der  Venus. 

Vom  Sternzeichen  Stier  sind  die  ersten  zehn  Grade 
Anfang  des  Mercur,  die  zweiten  des  Mondes,  die  letzten  des 
Saturn. 

Vom  Sternzeichen  Orion  sind  die  ersten  zehn  Grade 
Anfang  des  Jupiter,  die  zweiten  zehn  Grade  die  des  Mars, 
die  letzten  zehn  die  der  Sonne. 

Nach  dieser  Analogie  geht  es  bis  zum  Ende  des  Fisches; 
je  zehn  Grade  gehören  einem  Stern  an,  nach  der  Folge  der 
Sphären. 

Die  Grenzen  und  ihre  Herren. 

Ein  jedes  dieser  Sternzeichen  zerfällt  in  fünf  Theile  von 
verschiedenen  Graden,  der  kleinste  Theil  hat  zwei  Grade, 
der  grösste  zwölf.  Ein  jeder  dieser  Theile  heisst  Grenze, 
und  wird  derselbe  auf  einen  der  fünf  Wandelsterne  bezogen, 
der  Herr  der  Grenze  heisst.    Durch  denselben  wird  der  Cha- 


-    54    — 

rakter  des  Gebornen  angezeigt,  doch  hat  weder  Sonne  noch 
Mond  darin  Antheil. 

Sie  zu  berechnen  haben  wir  einen  Kreis  gezogen  und  je 
zwei  Buchstaben  geschrieben,  den  ersten  für  den  Namen 
des  Herrn  der  Grenze,  den  zweiten  als  Nummer  des  Grades 
desselben.  Ebenso  für  die  Berechnung  der  Anfange,  ein 
Buchstabe  zeigt  den  Herrn  derselben  an,  und  der  andere  den 
wievielten  Grad  des  Anfangs.  Zeichen  des  Saturn  (zuchal  oder 
kaiwan)  ist  kaf,  des  Jupiter  (muschtari)  mim,  des  Mars 
(mirrich  oder  bahram)  ba,  der  Sonne  (schams)  ist  sin,  des 
Mondes  (qamar)  ist  kof,  der  Venus  (zuhra)  ze,  des  Mercur 
(cutarid)  Ajin.  Der  weiteste  Kreis  enthält  die  Berechnung  der 
Grenzen  je  zwei  Buchstaben,  der  mittlere  Kreis  die  Berech- 
nung der  Anfänge,  der  kleine  Kreis  die  Namen  der  Stern- 
zeichen.*) 

Die  Wandelsterne. 

Zwei  der  Wandelsterne  sind  die  beiden  Leuchtenden: 
Sonne  und  Mond.  Zwei  derselben  sind  die  beiden  Glück: 
Venus  und  Jupiter.  Zwei  derselben  sind  die  beiden  Unglück: 
Saturn  und  Mars.  Einer  ist  gemischter  Natur,  nämlich  Mercur, 
ebenso  die  beiden  Knotenpunkte  Kopf  und  Schweif. 

Ihre  Natur. 

Sonne:  männlich,  täglich,  heiss,  trocken,  leuchtend  Glück. 

Saturn:  kalt,  trocken,  männlich,  täglich,  Unglück. 

Venus :  kalt,  feucht,  weiblich,  nächtlich,  Glück. 

Mercur:  zart,  gemischter  Neigung,  Glück  mit  Glück, 
Unglück  mit  Unglück. 

Mars:  heiss,  trocken,  weiblich,  nächtlich,  Unglück. 

Jupiter:  heiss,  feucht,  männlich  täglich,  Glück. 

Mond :  kalt,  feucht,  weiblich,  nächtlich,  leuchtend,  Glück. 

Das  Haupt  des  Drachens  gleich  Jupiter.  Der  Schweif 
gleich  Saturn. 


)  Leider  fehlt  die  Figur,  wofür  Raum  gelassen. 


—    55    - 

Ihr  Lieht. 

[41]  Das  Licht  der  Sonne  ist  15  Grad  vor  ihr  und  eben- 
soviel hinter  ihr. 

Das  Licht  des  Mondes  ist  12  Grad  vor  ihm  und  eben- 
soviel hinter  ihm. 

Das  Licht  des  Saturn  und  Jupiter  ist  9  Grad  vor  ihnen 
und  ebensoviel  hinter  ihnen. 

Das  Licht  des  Mars  ist  8  Grad  vor  ihm  und  ebensoviel 
hinter  ihm. 

Das  Licht  der  Venus  und  des  Mercur  eines  jeden  ist 
7  Grad  vor  ihnen  und  ebensoviel  hinter  ihnen. 

Was  toiii  Tag  und  von  der  Naeht  ihnen  angehört. 

Nacht  und  Tag  und  die  Stunden  beider  sind  zwischen 
die  7  Wandelsterne  vertheilt. 

lste  Stunde  vom  ersten  Tag  (Sonntag)  und  dem  fünften 
(Donnerstag)  Nacht  gehören  der  Sonne. 

lste  Stunde  vom  zweiten  Tag  (Montag)  und  Freitags 
Nacht  gehört  dem  Monde. 

lste  Stunde  vom  3.  Tag,  Dienstag,  und  Sonnabend  Nacht 
gehört  dem  Mars  an. 

lste  Stuude  vom  4.  Tag,  Mittwoch,  und  Sonntag  Nacht  ge- 
hört dem  Mercur  an. 

lste  Stunde  vom  5.  Tag,  Donnerstag,  und  Montag  Nacht 
gehört  dem  Jupiter. 

lste  Stunde  vom  6.  Tag,  Freitag,  und  Dienstag  Nacht  ge- 
hört der  Venus. 

lste  Stunde  vom  7.  Tag,  Sonnabend,  und  Mittwoch  Nacht 
gehört  dem  Saturn. 

Die  übrigen  Stunden  der  Nacht  und  des  Tages  sind 
zwischen  diese  Sterne  nach  der  Reihenfolge  ihrer  Sphären 
vertheilt.  Die  erste  Stunde  vom  Sonntag  gehört  der  Sonne, 
die  zweite  der  Venus,  da  ihre  Sphäre  unter  der  der  Sonne 
ist;  die  dritte  dem  Mercur,  dessen  Sphäre  unter  der  der 
Venus  liegt;  die  vierte  dem  Monde,  dessen  Sphäre  unter  der 


—    56     — 

des  Mercur  folgt;  die  fünfte  dem  Saturn,  die  sechste  dem 
Jupiter,  die  siebente  dem  Mars,  die  achte  der  Sonne,  die 
neunte  der  Venus,  die  zehnte  dem  Mercur,  die  elfte  dem 
Monde,  die  zwölfte  dem.  Saturn.  So  werden  alle  Stunden 
des  Tages  und  der  Nacht  berechnet,  man  fängt  von  der 
ersten  Stunde  nach  der  Reihenfolge  ihrer  Sphären  an,  wie 
wir  darthaten. 

Die  Zahlen,  welche  diesen  Sternen  angehören. 

Einem  jeden  dieser  Wandelsterne  wohnt  eine  Hinwei- 
sung auf  bestimmte  Zahlen  von  Jahren,  Monaten,  Tagen  und 
Stunden  bei.  Durch  sie  wird  die  Menge  der  Lebensjahre 
für  das  Geborene  angegeben,  so  wie  auch  die  Dauer,  wie 
lange  die  Wesen  in  der  Welt  des  Entstehens  und  Vergehens 
weilen  angedeutet  wird.*) 

Der  Umschwung  des  Himmels  und  Theilung  seiner  Viertel. 

Der  Umgebungskreis  schwingt  immerfort  um,  wie  ein 
Wasserrad;  er  kreist  von  Ost  nach  West  über  und  von 
West  nach  Ost  unter  der  Erde. 

So  ist  denn  stets  die  Hälfte  des  Himmels,  6  Sternzei- 
chen, 180  Grad,  über  der  Erde.  Diese  heisst  die  Rechte  und 
die  andere  Hälfte  .6  Sternzeichen  180  Grad  unter  der  Erde, 
sie  heisst  die  Linke.  So  oft  nun  ein  Grad  vom  Ostpunkt 
aufsteigt,  geht  seinesgleichen  im  Westpunkt  vom  siebenten 
Sternzeichen  unter;  so  gehen  denn  stets  6  Sternzeichen  bei 
Tage  und  sechs  bei  Nacht  auf. 

Es  ist  stets  ein  Grad  im  östlichen  Horizont,  ein  anderer 
seines  gleichen  im  westlichen,  ein  anderer  steht  gerade  in 
der  Mitte  des  Himmels,  dieser  heisst  Pflock  des  Zehnten 
und  ein  anderer  seines  gleichen  ist  herabgesunken  unter  die 
Erde  und  heisst  Pflock  des  Vierten  [42].  Es  ist  somit  der 
Himmel  stets  in  vier  Viertel,  ein  jedes  zu  90°  getheilt. 


*)  Es  sind  hier  5  Zeilen  im  Manuscript  leer  gelassen. 


—    57     — 

Vom  Ostpunkt  bis  zum  Pflock  des  Himmels  sind  90 
Grad;  diese  heissen  das  in  die  Luft  aufsteigende  östliche 
Viertheil.  Vom  Pflock  des  Himmels  bis  zum  Westpunkt 
sind  90  Grad,  diese  heissen  das  herabsinkende  Westviertheil. 
Vom  Westpunkt  bis  zum  Pflock  der  Erde  sind  90  Grad; 
sie  heissen  das  in  die  Finsterniss  sinkende  Südviertel.  Vom 
Pflock  der  Erde  bis  zum  Ostpunkt  sind  90  Grad;  sie  heissen 
das  aufsteigende  Nordviertheil. 

Der  Umschwung  der  Sonne  durch  die  Sternzeichen,  die  Veränderungen 

der  Jahrcsyiertel. 

Die  Sonne  kreist  durch  die  12  Sternzeichen  in  je  365Y4 
Tage  einmal;  sie  weilt  in  einem  jeden  Sternzeichen  30  Tage 
4-  einen  Bruch  und  in  einem  jeden  Grade  einen  Tag  und 
eine  Nacht  -(-  einen  Bruch;  sie  ist  bei  Tag  über,  bei  Nacht 
unter  der  Erde.  Sie  steigt  im  Sommer  hoch  in  der  Luft 
durch  die  nördlichen  Sternzeichen  und  kommt  dem  Zenit 
unserer  Häupter  nah. 

Aber  im  Winter  ist  sie  in  den  südlichen  Sternzeichen 
und  steht  niedrig  in  der  Luft,  sie  ist  fern  vom  Zenit  unse- 
rer Häupter.  In  ihrer  oberen  Abscisse  erhebt  sie  sich  hoch 
im  Himmel  und  ist  von  der  Erde  fern,  aber  in  ihrer  unteren 
Abscisse  sinkt  sie  nieder  am  Himmel  und  kommt  sie  der 
Erde  näher.  *) 

Eintritt  der  Sonne  in  die  Viertel  des  Himmels. 

Tritt  die  Sonne  in  den  ersten  Grad  vom  Sternzeichen 
Widder,  ist  Tag  und  Nacht  gleich,  das  Klima  (die  Zeit) 
gemässigt,  es  wendet  sich  der  Winter  und  beginnt  der  Früh- 
ling. Die  Luft  ist  lieblich,  es  weht  der  Frühlingswind,  es 
schmilzt  der  Schnee.  Die  Wasser  fliessen  in  den  Rinnsalen, 
die  Ströme  dehnen  sich,  die  Quellen  sprudeln,  es  sprosst  das 
Gras,  die  Saat  wird  lang,  es  wächst  das  Kraut,  es  glänzen 
Blüthen  und  Blätter  an  den  Bäumen,  die  Blumen  öffnen  sich, 


*)  Es  gehören  zu  diesem  Abschnitt  zwei  Figuren,  die  aber  nicht  ausge- 
führt sind. 


—    58    — 

das  Antlitz  der  Erde  wird  grün.  Die  Thiere  gebären,  ihre 
Euter  sind  milchreich.  Die  Jungen  erstehen  und  sie  breiten 
sich  aus  über  das  Angesicht  der  Erde.  Die  Erde  treibt  ihre 
Zierde  hervor  und  ist  geschmückt.  Die  Menschen  freuen 
sich  und  wünschen  sich  Glück.  Die  Welt  gleicht  einer  jun- 
gen Maid,  die  sich  schmückt  und  erglänzt  für  die  Schauenden. 

Eintritt  des  Sommers. 

Gelangt  die  Sonne  zum  Ende  der  Zwillinge  und  zum 
Anfang  des  Krebses,  erreicht  die  Länge  des  Tages  und  die 
Kürze  der  Nacht  ihre  höchste  Höhe.  Dann  beginnt  der 
Tag  abzunehmen,  der  Frühling  wendet  sich  und  es  tritt  der 
Sommer  ein.  Die  Hitze  wird  stark,  und  die  Luft  warm,  es 
weht  der  Samum.  Die  Wasser  schwinden,  die  Halme  wer- 
den trocken,  [43]  die  Körner  fest,  es  zeitigt  die  Ernte,  die 
Früchte  kommen  zur  Reife,  die  Thiere  werden  fett,  die  Kraft 
der  Körper  wird  stark,  die  Erde  giebt  reiche  Frucht  und 
wird  die  Fülle  gross,  reichlich  fliessen  die  Gaben  der  Güte, 
die  Menschen  sind  froh,  es  ist  ja,  als  wäre  die  Welt  eine 
reiche  spendende  Braut. 

Eintritt  des  Herbstes. 

Kommt  die  Sonne  zum  Ende  der  Aehre  und  zum  An- 
fang der  Wage,  so  ist  zum  zweiten  Mal  Tag  und  Nacht 
gleich,  es  beginnt  die  Nacht  zuzunehmen  über  den  Tag,  der  - 
Sommer  wendet  sich  fort  und  es  beginnt  der  Herbst.  Die 
Luft  wird  kalt,  es  weht  der  Nordwind,  das  Klima  verändert 
sich,  die  Flüsse  werden  trocken,  die  Quellen  versiegen,  die 
Baumblätter  werden  gelb,  die  Früchte  werden  gepflückt. 
Man  tritt  die  Tennen  und  sammelt  das  Korn,  das  Grün 
verschwindet,  das  Antlitz  der  Erde  ist  staubig  und  die  Thiere 
werden  mager,  das  Gewürm  verkriecht  sich,  die  Vögel  und 
das  Wild  wenden  sich  wärmeren  Strichen  zu,  die  Menschen 
sammeln  Speise  für  den  Winter,  die  Welt  gleicht  einer  Altern- 
den, von  der  sich  die  Tage  der  Jugend  abwandten. 


-    59    — 


Eintritt  des  Hinters. 


Kommt  die  Sonne  zum  Ende  des  Bogens  und  Anfang 
des  Steinbocks,  so  erreicht  die  Länge  der  Nacht  ihre 
höchste  Höhe,  es  beginnt  von  da  der  Tag  zuzunehmen. 
Der  Herbst  wendet  sich  fort,  der  Winter  tritt  ein,  die  Kälte 
wird  stark,  die  Luft  wird  dick,  es  fallen  die  Blätter  der 
Bäume  ab,  es  sterben  die  meisten  Thiere,  oder  kriechen  ein 
in  das  Innere  der  Erde.  Die  Kraft  der  Körper  wird  schwach, 
und  das  Antlitz  der  Erde  vom  Schmucke  bloss,  Wolken  ent- 
stehen, der  Feuchtigkeit  wird  viel,  die  Luft  dunkel  und 
finster  das  Antlitz  der  Erde,  die  Zeit  ist  alt  und  ist  der 
Mensch  gehindert,  sich  zu  tummeln,  es  ist  als  würde  die 
Welt  alt  und  hinfällig  und  wäre  der  Tod  ihr  nah. 

Kommt  aber  die  Sonne  zum  Ende  des  Fisches  und  zum 
Anfang  des  Widders,  so  wird  die  Zeit  wieder  wie  das  Jahr 
vorher.  Das  ist  so  die  Weise  und  also  ist  die  Bestimmung 
des  Herrlichen  Erhabenen. 

Inischwung  des  Saturn  durch  die  Sternzeichen  und  seine  Lage 

zur  Sonne. 

Der  Saturn  kreist  durch  die  12  Sternzeichen  in  beinahe 
30  Jahren  einmal,  er  weilt  in  einem  jeden  Sternzeichen 
2*/2  Jahr,  in  einem  jeden  Grade  einen  Monat  und  in  einer 
jeden  Minute  12  Stunden.  In  jedem  Jahre  steht  er  mit  der 
Sonne  einmal  in  Opposition,  wenn  die  Sonne  im  7ten  Grad  von 
ihm  ist,  sie  stehtj  2  mal  mit  ihm  im  Viertheil;  und  zwar  einmal 
gen  Rechts  und  einmal  gen  Links.  Ferner  steht  der  Saturn 
mit  der  Sonne  in  Conjunction,  einmal  dann,  wenn  er  mit  ihr 
in  einem  Sternzeichen  und  in  einem  Grade  ist,  dann  über- 
schreitet ihn  die  Sonne  und  erscheint  dann  der  Saturn  nach 
20  Tagen  im  Osten  am  Morgen  vor  dem  Sonnenaufgang. 
Dann  läuft  der  Saturn  von  der  Zeit,  in  der  er  sich  von  der 
Sonne  trennte,  bis  dass  er  wieder  mit  ihr  in  Conjunction 
tritt  381  Tage;  davon  läuft  er  123  Tage  gerade  gen  Osten, 
134  rückkehrend  und  124  Tage  gerade  gen  Westen.     So  ist 


—     60     — 

die  Weise  beider   in  einem  jeden  Jahre.     Nach  der  Bestii 
mung  des  Herrlichen  Wissenden. 

Umschwung  des  Jupiter  durch  die  Sternzeichen  und  seine  Lage 

zur  Sonne. 

Der  Jupiter  kreist  durch  die  12  Sternzeichen  in  beinah 
12  Jahren  einmal;  er  weilt  in  einem  jeden  Sternzeichen  ei 
Jahr  und  in  je  2*/2  Graden  einen  Monat,  in  je  5  Minute 
einen  Tag  und  eine  Nacht.  —  Mit  ihm  steht  die  Sonne  i 
Opposition  in  einem  jeden  Jahre  einmal,  wenn  sie  im  7te 
Sternzeichen  von  ihm  ist.  Sie  steht  von  ihm  im  Vierthe 
zweimal,  einmal  rechts  und  einmal  links;  ferner  steht  de 
Jupiter  mit  der  Sonne  in  jedem  Jahre  einmal  in  Conjunctior 
wenn  er  mit  ihr  in  einem  Sternzeichen  und  in  einem  Grad 
ist.  Dann  geht  die  Sonne  an  [44]  ihm  vorüber  und  es  er 
scheint  der  Jupiter  nach  20  Tagen  im  Osten  am  Morge: 
vor  dem  Aufgang.  Der  Jupiter  geht  von  der  Zeit,  in  de 
sich  die  Sonne  von  ihm  trennt,  bis  zu  der  Zeit,  wo  er  sie 
mit  ihr  wieder  verbindet,  399  Tage,  nämlich  144  Tage  geradez 
gen  Ost,  111  Tage  rückkehrend  und  144  Tage  geradez 
gen  West  und  so  immerfort.  *) 

Umschwung  des  Mars  durch  die  Sternzeichen,  seine  Lage  zur  Sonne. 

Der  Mars  kreist  durch  den  Himmel  in  beinahe  2  Jahre 
weniger  beinah  einen  Monat;  er  weilt  in  jedem  Sternzeiche 
etwa  45  Tage,  einmal  etwas  mehr,  und  einmal  etwas  wenige] 
Er  steht  in  einem  jeden  Grade  1  Tag  und  einen  Tagtheil;  kehl 
er  zurück  zum  Sternzeichen,  verweilt  er  darin  etwa  6  Monate 
etwas  mehr  oder  weniger.  Die  Sonne  steht  in  diesem  Zeit 
räum  einmal  mit  ihm  in  Opposition,  wenn  er  rückkehrt  vor 
7ten  Sternzeichen,  sie  steht  im  Viertheil  von  ihm,  einms 
rechts  und  einmal  links.  Ebenso  steht  sie  einmal  mit  ihr 
in  dieser  Zeit  in  Conjunction,    wenn   sie  mit  ihm   in  einer 


*)  Im  ursprünglichen  Manuscript  waren  Figuren  dazu  angegeben,  in  de 
Pariser  fehlen  dieselben,  die  durch  leergelassene  Stellen  angedeutet  sind. 


—     61     — 

Steinzeichen  und  in  einem  Grade  weilt.  Dann  schreitet  über 
ihn  die  Sonne  hin,  und  wandelt  der  Mars  unter  den  Strahlen 
der  Sonne  zwei  Monate,  (so  dass  er  nicht  gesehen  wird.) 
Dann  erscheint  derselbe  am  Morgen  im  Osten  vor  dem  Auf- 
gang der  Sonne  zwei  Monate.  Es  wandelt  der  Mars  von 
der  Zeit,  wo  sich  die  Sonne  von  ihm  trennte  bis  sie  sich 
wiederum  mit  ihm  verbindet  858  Tage.  325  Tage  gerade 
östlich,  78  Tage  rückkehrend,  455  Tage  gerade  westlich,  das 
ist  seine  Weise. 


Umschwung  der  Venus  durch  den  Himmel  und  ihre  Lage  zur  Sonne. 


Die  Venus  kreist  durch  die  Sternzeichen  wie  die  Sonne, 
nur  dass  sie   einmal   den  Lauf  beeilt  und  der  Sonne  zuvor- 
I  kommt  und  ein  ander  Mal  im  Laufe  zögert  und  zurückbleibt, 
dann   ist   sie   hinter   ihr.     So   trennt   sie  sich  einmal  von  ihr 
tals  rückkehrend,  ein  andermal  geradeaus  gehend.    Wenn  sie 
i  sich  von   der  Sonne    in   rückgängiger  Bewegung  trennt ,  er- 
I  scheint  sie  nach  fünf  Tagen  aufgehend   von  Osten  am  Mor- 
tgen,  bevor   die  Sonne   aufgeht.     Man   sieht  sie  gegen  Ende 
tder  Nacht   acht  Monate   aufgehen,   dann  nennt  man  sie  öst- 
lich.    Darauf  beeilt  sie  ihren  Lauf  und  hängt  der  Sonne  an 
und  läuft  unter  ihren  Strahlen  drei  Monate.     Man   sieht  sie 
nicht,  dann  erscheint  sie  am  Abend  im  Westen  nach  Unter- 
gang   der   Sonne.       Man   sieht   sie   acht  Monate   im  Anfang 
der  Nacht  untergehen,  sie  heisst  dann  westlich. 

Von  der  Zeit,  in  der  sich  die  Venus  als  geradeaus  ge- 
hende von  der  Sonne  trennt,  bis  sie  sich  zum  zweitenmale 
mit  ihr  verbindet,  sind  es  578  Tage,  von  diesen  geht  sie 
50  Tage  rückgängig  und  die  anderen  Tage  geradeaus  ge- 
hend, sie  ist  höchstens  48  Grad  vor  und  ebensoviel  hinter 
der  Sonne. 

Inischwung  des  Mercur  durch  den  Himmel   und  seine  Lage 

zur  Sonne. 

Der  Mercur  verhält  sich  zur  Sonne  wie  die  Venus. 
Doch  gebraucht  er  von  der  Zeit,  wo  sich  die  Sonne  von  ihm, 


—     62     — 

da  er  geradeaus  geht,  trennt,  bis  zur  Zeit,  in  der  er  sie 
wieder  in  demselben  Zustand  mit  ihr  verbindet  125  Tag« 
Von  diesen  ist  er  22  Tage  rückgängig,  die  anderen  geht  € 
geradeaus.  [45] 

Er  ist  höchstens  27  Grad  vor  oder  hinter  der  Sonn« 
Er  kehrt  in  jedem  Jahre  dreimal  zurück,  er  entflamn 
sechsmal,  er  erscheint  dreimal  im  Osten  und  dreimal  ii 
Westen. 

Umschwung  des  Mondes  durch  den  Himmel  und  seine  Lage 

zur  Sonne. 

Der  Mond  kreist  durch  die  Sternzeichen  in  jedem  arg 
bischen  Jahre  zwölfmal,  er  weilt  in  jedem  Sternzeiche 
21/z  Tag,  in  jeder  Station  einen  Tag  und  eine  Nacht,  i 
jedem  Grade  nahezu  2  Stunden.  Er  steht  mit  der  Sonn 
in  einem  jeden  Monat  einmal  in  der  Opposition,  und  ii 
Viertheil  zweimal,  einmal  rechts  und  einmal  links,  und  stel 
mit  ihr  allmonatlich  einmal  in  Conjunction.  Er  wird  dan 
zwei  Tage  nicht  gesehen,  darauf  erscheint  er  im  Westei 
nachdem  die  Sonne  untergegangen  ist,  als  Neumond,  dan 
nimmt  er  jede  Nacht  an  Licht  um  (1/2  Siebentheil)  J/i4  zi 
hat  am  14ten  Vollicht,  bis  dass  er  dann  im  anderen  The 
des  Monats  abnimmt. 

Der  Mond  und  seine  Stationen. 

Der  Mond  hat  in  den  Sternzeichen  28  Stationen, 
sagt  Gott  (im  Koran  36,  39).  Dem  Monde  haben  wir  Stj 
tionen  bestimmt,  bis  er  wiederkehrt  wie  der  alte  Palnc 
zweig  (wieder  ausschlägt). 

In  je  drei  Sternzeichen  sind  7  Stationen,  in  einem  jede 
Sternzeichen  21/s  Stationen.    Dies  sind  ihre  Namen: 

1)  scharatan,  die  zwei  Widderhörner, 

2)  butain,  Widderbauch, 

3)  tsurajja,   die  Plejaden, 

4)  dabaran,  Stierauge, 

5)  hakca,  3  Sterne  im  Orionhaupt, 

6)  hanca,  fünf  Sterne  in  der  linken  Orionschulter, 


—     63     — 

7)  dsira,  Arm,  zwei  Sterne  über  den  Zwillingen. 
Dies  sind  die  Mondstationen  des  Frühlings. 

8)  natsra,  Nüstern  des  Löwen, 

9)  tarf,  das  Auge  des  Löwen, 

10)  gabha,  Stirn  des  Löwen, 

11)  zubra,  Widerrist  des  Löwen, 

12)  sarfa,  Wendung,  Herz  des  Löwen, 

13)  awwa,  Hund,  5  Sterne  in  der  Jungfrau, 

14)  simak,  Schlüsselbein,  Aehrenspitze. 

Dies  sind  die  Mondstationen  des  Sommers. 

15)  ghafr  (Bauch)  #>,  c,  k,  im  Fuss  der  Jungfrau, 

16)  zubana,  Fühlhörner  des  Scorpion, 

17)  iklil,  Krone, 

18)  kalb,  Herz  im  Scorpion, 

19)  schaula,  Schwanz  des  Scorpion, 

20)  na«im  Strauss,  im  Körper  des  Pegasus, 

21)  balda,  Stadt  und  Ort,  wo  kein  Sternbild  zu  sehen. 
Dies  sind  die  Mondstationen  des  Herbstes. 

22)  sadu-d-dsabichi  (Glück  des  Schlächters)  im  Steinbock, 

23)  sadu-l-bul«a,  Glück  (des  Schlundes), 

24)  s«du-s-sucud,  Doppelglück  =■  ß  £  im  Wasserträger 
c.  im  Schwanz  des  Steinbocks, 

25)  sadu-1-akhbija,  Glück  d.  Zelte   y  £  n  iq  im  Wasser- 
träger, 

26)  farghu-d-dalwi  al  mukaddami,  vordere    Henkel    der 
Urne, 

27)  farghu-d-dalwi  al  muakhari,  hintere  Henkel  der  Urne, 

28)  batnu-1-huti,  Bauch  des  Fisches. 
Dies  sind  die  Stationen  des  Winters. 


Die  12  Sternzeichen. 

1)  Der  Widder  ist  das  Haus  deo  Mars,  Hochpunct  der 
Sonne,  Tiefpunct  des  Saturn.  Schaden  der  Venus.  Dies 
Sternzeichen  ist  tagartig,  östlich,  männlich,  wandelbar,  Natur 
der  Gelbgalle,  es  ist  frühlingsartig.     Tritt  die  Sonne  in  den 


—     64     — 

ersten  Grad  desselben,  ist  Tag  und  Nachtgleiche,  der  Ta, 
beginnt  zu-  und  die  Nacht  abzunehmen.  Dies  währt  3  Mo 
nate  ==  90  Tage.     Er  hat  3  Anfänge  und  5  Grenzen. 

2)  Der  Stier  ist  das  Haus  der  Venus,  Hochpunkt  de 
Mondes.  Schaden  des  Mars.  Dies  Sternzeichen  ist  erd 
artig,  nächtlich,  südlich,  fest,  frühlingsartig,  die  Natur  de 
Schwarzgalle,  er  hat  3  Anfänge  und  5  Grenzen. 

3)  Orion    ist    das    Haus    des    Mercur,    Hochpunkt   des 
Kopfes,  Tiefpunkt  des  Schweifes  der  Drachen.    Schaden  de 
Jupiter.    Dieses  Sternzeichen  ist  luftartig,  männlich,  tagartig 
westlich,    frühlingsartig,   blutartig,    mit    zwei   Körpern.      A 
seinem  Ende   erlangt   die  Taglänge   ihre   höchste   Höhe   un 
ist  die  Nacht  sehr  kurz.   Es  hat  3  Anfänge  und  5  Grenzen 

4)  Krebs  ist  Haus  des  Mondes,  Hochpunkt  des  Jupiter 
Tiefpunkt  des  Mars.  Schaden  des  Saturn.  Dies  Sternzei 
chen  ist  wasserartig,  weiblich,  nächtlich,  verkehrt,  sommerlic 
und  speichelartig.  Im  Anfange  desselben  beginnt  die  Nach 
zu-  und  der  Tag  abzunehmen.  Dies  währt  90  Tage,  er  ha 
3  Anfänge  und  5  Grenzen. 

5)  Löwe  ist  das  Haus  der  Sonne,  ist  weder  Hoch-  nocl 
Tiefpunkt.  Schaden  des  Saturn.  Dies  Sternzeichen  is 
feuerartig,  männlich,  tagartig,  östlich,  sommerlich,  fest 
Seine  Natur  ist  die  der  Gelbgalle,  es  hat  3  Anfänge  und 
Grenzen. 

6)  Die  Aehre   ist  das  Haus  des  Mercur,  ist  Hoch-  unc 
Tiefpunkt  der  Venus  (im  Manusc.  ihr  Hoch-  und  Tiefpunkt  i 
die  Venus),  sie  ist  der  Schaden  des  Jupiter.   Dies  Sternzeich 
ist  erdartig,  nächtlich,  weiblich,  südlich,  sommerlich  und  h 
2  Körper.     Ihre  Natur  ist  die  der  Schwarzgalle.     An  ihre 
Ende    ist  Tag   und  Nacht   zum   zweitenmal   einander    glei 
Es  hat  3  Anfänge  und  5  Grenzen.  *) 

8)  Der  Scorpion   ist  das  Haus  des  Mars,  ist  Tiefpun 
des  Mondes  und  Schaden  der  Venus.     Dies  Sternzeichen  i 
wasserartig,  nächtlich,  weiblich,  herbstlich,  nördlich,  speich 
artig.     Er  hat  3  Anfänge  und  5  Grenzen. 


"')  Leider  ist  das  Sternzeichen  die  Wage  ausgelassen. 


—     65     — 

9)  Der  Bogen  ist  das  Haus  des  Jupiter.  Hochpunkt 
des  Drachenschweifes ,  Tiefpunkt  des  Drachenhauptes  und 
Schaden  des  Mercur.  [46]  Dieses  Sternzeichen  ist  feuer- 
artig, männlich,  tagartig  und  hat  2  Körper;  es  ist  herbstlich. 
Seine  Natur  ist  die  Gelbgalle,  an  seinem  Ende  ist  die  Nacht 
am  längsten  und  der  Tag  am  kürzesten.  Er  hat  3  Anfänge 
und  5  Grenzen. 

10)  Der  Steinbock  ist  das  Haus  des  Saturn,  Hochpunkt 
des  Mars,  Tiefpunkt  des  Jupiter,  Schaden  des  Mondes.  Die- 
ses Sternzeichen  ist  erdartig,  nächtlich,  wandelbar.  Seine 
Natur  ist  die  Schwarzgalle,  es  ist  winterlich,  südlich.  Im 
Anfang  desselben  beginnt  der  Tag  zu-  und  die  Nacht  abzu- 
nehmen; dies  geschieht  drei  Monate  hindurch.  Er  hat  3 
Anfänge  und  5  Grenzen. 

11)  Die  Urne  ist  das  Haus  des  Saturn,  es  fällt  in  ihr 
weder  der  Hoch-  noch  der  Tiefpunkt  eines  Gestirns,  doch 
ist  sie  der  Schaden  der  Sonne.  Dies  Sternzeichen  ist  luft- 
artig, männlich,  tagartig,  westlich,  fest,  winterlich,  blut- 
artig, hat  3  Anfänge  und  5  Grenzen. 

12)  Der  Fisch  ist  Haus  des  Jupiter,  Hochpunkt  der 
Venus,  Tiefpunkt  des  Mercur,  sowie  der  Schaden  desselben. 
Dieses  Sternzeichen  ist  wasserartig,  weiblich,  nächtlich,  nörd- 
lich, speichelartig.  Am  Ende  desselben  ist  Tag  und  Nacht 
einander   gleich,   dann   tritt   die   Sonne    in    den   Anfang    des 

1  Widders  und  beginnt  die  Zeit  von  Neuem,  wie  beim  Beginn 
!  der  Welt.     Also  ist  die  Bestimmung  des  Herrlichen. 

Die  Wandelsterne  laufen  durch  die  12  Sternzeichen  mit 
i  verschiedenen  Bewegungen,  wie  wir  dies  vorher  darthaten. 
Oefter  kommen  zwei,  drei,  vier,  fünf,  sechs  oder  auch  alle 
sieben  in  einem  Sternzeichen  zusammen.  Treffen  zwei  derselben 
in  einem  und  demselben  Grade  des  Sternzeichens  zusam- 
men, so  sagt  man,  sie  sind  beide  in  Conjunction.  Zu  den 
meisten  Zeiten  sind  sie  in  den  Sternzeichen  von  einander 
getrennt.  Man  erkennt  ihre  Oerter  in  den  Graden  der  Stern- 
zeichen, auch  ob  sie  getrennt  sind  oder  zusammen  kommen, 
aus  der  Tabelle  und  astronomischen  Tafeln. 

Wird  ein  Kind  geboren  oder  entsteht  ein  Ding,  so  muss 

Dieterici.     arab,  Propädeutik.  5 


—     66     — 


nothwendig  in   diesem  Augenblick  irgend  ein  Grad  von  dem 
östlichen  Horizont  aufsteigen. 

I.  Von  diesem  bis  zum  vollendeten  dreissigsten  Grad 
heissen  die  aufsteigenden  Grade:  Haus  des  Lebens.  Es  ist 
gleich,  ob  diese  dreissig  Grade  einem  oder  zwei  Sternzeichen 
angehören. 

II.  Vom  vollendeten  30sten  bis  vollendetem  60sten 
Grad  heisst:  Haus  des  Besitzes. 

III.  Bis  zum  vollendeten  90sten  Grad  heisst:  Haus  der 
Brüder. 

IV.  Bis  zum  vollendeten  120sten  Grad  heisst:  Haus 
der  Väter. 

V.  Bis  zum  vollendeten  150sten  Grad  heisst:  Haus  dei 
Kinder. 

VI.  Bis  zum  vollendeten  180sten  Grad  heisst:  Haus 
der  Krankheit. 

VII.  Bis  zum  vollendeten  210ten  Grad  ist  es  das  Haus 
der  Gatten. 

VIII.  Bis  zum  vollendeten  240sten  Grad  ist  es  das 
Haus  des  Todes. 

IX.  Bis  zum  vollendeten  270sten  Grad  ist  es  das  Haus 
der  Wanderer. 

X.  Bis  zum  vollendeten  300sten  Grad  ist  es  das  Haus 
des  Herrschers. 

XI.  Bis  zum  vollendeten  330sten  Grad  ist  es  das  Haus 
der  Hoffnung. 

XII.  Bis  zum  vollendeten  360sten  Grad  ist  es  das  Haus 
der  Feinde. 

Ein  jedes  dieser  Häuser  und  die  Andeutungen  derselb< 
führen   auf  eine    Menge    von   Dingen.      Wir    unterlassen 
dieselben   hier   hervorzuheben,    da    sie    in    den   Büchern   d< 
Astrologie  angegeben  sind. 

„Nach  diesem  kurzen  Abriss  der  Astronomie  und  Astrc 
logie  folgt  die  Ausbeutung  dieser  Wissenschaft  für  die  m; 
stischen  Tendenzen  dieser  Verbrüderung." 

Die  Betrachtung  der  Sterne  und  Sphären,  ihrer  Bew< 
gungen,  Grösse  und  Eigentümlichkeiten  erregt  in  der  See] 


—     67     — 

die  Sehnsucht,  zu  den  Sternen  aufzusteigen.  Dies  könne 
natürlich  nicht  in  diesen  schweren,  dichten  Körpern  gesche- 
hen, sondern  nur  von  der  Seele,  die  vom  Körper  gelöst  und 
nicht  durch  schlechte  Handlung,  falsche  [47]  Ansichten, 
Thorheit  und  schlechten  Charakter  verderbt  ist.  Dieser  Auf- 
stieg ist  dann  aber  in  einem  Augenblick,  zeitlos.  Die  Seele 
ist  da,  wohin  ihr  Streben  und  ihre  Liebe  geht,  so  wie  die 
Seele  des  Liebenden  dort  weilt,  wo  der  Geliebte  ist. 

Liebt  dagegen  die  Seele  diese  sinnliche  Welt  und  diesen 
sinnlichen  Leib  mit  seinen  Begierden,  sehnt  sie  sich  nicht 
zum  Aufstieg  in  jene  Sphärenwelt,  es  eröffnen  sich  ihr 
dann  nicht  die  Thore  des  Himmels,  sie  bleibt  in  der  Welt 
der  Gegensätze  unter  dem  Mondkreis,  im  Grunde  dieser  wan- 
delbaren, aus  Gegensätzen  bestehenden  Körper,  die  einmal 
vom  Entstehen  zum  Vergehen  und  ein  andermal  vom  Ver- 
gehen zum  Entstehen  sich  wandeln. 

Hierfür  werden  folgende  Koranstellen  angeführt:  4,  59: 
So  oft  ihre  Haut  reift,  geben  wir  ihnen  an  der  Stelle  der- 
selben eine  andere ,  auf  dass  sie  die  Strafe  kosten.  —  78, 
23:  Sie  weilen  in  der  Hölle  Zeitläufe,  so  lange  Himmel  und 
Erde  währt,  kosten  sie  weder  Kühlung  noch  Trank. 

In  der  Ueberlieferung  vom  Propheten  heisst  es:  das 
Paradies  ist  in  dem  Himmel,  aber  das  Feuer  auf  der  Erde. 

Als  Lehre  der  alten  Weisheit  wird  der  Spruch  ange- 
führt: Wer  es  vermag,  seinen  Körper  abzustreifen,  der 
Sinne  sich  zu  entäussern,  und  die  Zuflüsterungen  zu  be- 
schwichtigen ,  der  steigt  zum  Himmelskreis  des  Orion  auf, 
das  ist  der  beste  Lohn. 

Ptolemäus  liebte  die  Astronomie;  er  machte  die  Mathe- 
matik zu  einer  Leiter,  auf  der  er  zum  Himmelskreis  anstieg; 
dort  mass  er  die  Sphären,  ihre  Dimensionen,  die  Sterne 
und  ihre  Grösse.  Dies  buchte  er  dann  im  Almagist.  Dieser 
Aufstieg  geschah  natürlich  mit  der  Seele ,  nicht  mit  dem 
Leibe. 

Von  Hermes  dem  dreifachen  in  der  Weisheit  (trismegistos), 
und  dies  ist  der  Prophet  Idris,  wird  berichtet,  er  sei  zur 
Sphäre    des    Saturn    aufgestiegen,   und   sei    mit   ihm  dreissig 

5» 


—     68     — 

Jahre  umgeschwungen,  bis  er  alle  Zustände  des  (Himmels 
als  Zeuge  schaute,  dann  sei  er  herabgestiegen  und  hätte 
den  Menschen  die  Astronomie  verkündet.  Zum  Beleg  hier- 
für wird  die  Koranstelle  19,  58  angeführt:  Wir  erhoben  ihn 
(den  Idris)  auf  eine  hohe  Stelle. 

Aristoteles  sagt  in  seinem  Buche  „Theologumena"  in 
räthselhafter  Weise:  Ich  war  bisweilen  allein  mit  meiner 
Seele;  ich  streifte  meinen  Körper  ab,  und  ward  wie  eine 
blosse  Substanz  ohne  Körper;  da  trat  ich  ein  in  mein  eigent- 
liches Wesen  und  aus  allen  Dingen  heraus;  ich  sah  in  mei- 
nem Wesen  solche  Schönheit  und  solchen  Glanz,  dass  ich 
darüber  verwundert  und  bestürzt  war.  Denn  wisse,  ich 
war  ein  Theil  von  den  Theilen  der  Welt,  jedoch  einer  der 
vortrefflichsten  und  erhabensten. 

Pythagoras  sagt  in  seinem  goldnen  Brief  (Testament): 
Wenn  du  thust,  was  ich  dir  sage,  o  Johannes,  so  trennst 
du  dich  von  diesem  Körper,  dass  du  in  der  Luft  weilest, 
dann  schwebst  du  hin  und  her,  kehrst  aber  nicht  zum 
Menschthum  zurück  und  nimmst  den  Tod  nicht  an. 

Der  Messias  sprach  zu  den  Aposteln  in  einem  seiner 
Testamente:  Wenn  du  diesen  Bau  verlassest,  so  stehe  ich 
in  der  Luft  zur  Rechten  vom  Throne  meines  Yaters,  und 
ich  bin  bei  euch,  wohin  ihr  auch  gehet;  ihr  seid  nicht  von 
mir  geschieden,  auf  dass  ihr  mit  mir  einst  im  Himmel- 
reich seid. 

Der  Prophet  sagt  in  einer  Anrede  an  seine  Genossen: 
Ich  stehe  für  euch  auf  dem  Szirat,  denn  ihr  werdet  morgen 
zur  Grube  niedersteigen,  dann  stelle  ich  euch  mir  nah 
am  Tage  der  Auferstehung.  Wer  also  aus  der  Welt  tritt, 
wie  ich  euch  verlasse,  der  soll  sich  nicht  ändern  noch  ver- 
wandeln nach  mir. 

Diese  Berichte  und  Aussprüche  beweisen  das  Bestehen 
der  Seele,  nachdem  sie  den  Körper  verlassen. 

„Demgemäss  folgen  Ermahnungen,  nach  der  Reinheit  der 
Seele  deshalb  zu  streben.  [48]  Diesen  Werth,  den  die  Astro- 
nomie für  die  Mystik  hat,  heben  diese  Philosophen  des- 
halb besonders  hervor,    weil    die    meisten    Astronomen   über 


—    69    — 

die  Religion  und  die  Geheimnisse  der  Propheten  Zweifel 
hegen." 

Es  liege,  so  behauptet  diese  Schule,  darin,  dass  es 
gerade  neun  Himmelsstufen  (Sphären)  gebe,  dass  der  Stern- 
zeichen gerade  zwölf  seien,  dass  es  der  Wandelsterne  sieben 
und  der  Mondstationen  28  gebe,  eine  ganz  besondere  Weisheit« 
Denn  dies  sei  also,  damit  nach  der  Lehre  des  Pythagoras 
die  vorhandenen  Dinge  den  Eigenthümlichkeiten  der  Zahl 
entsprechen.  Die  pythagoräische  Schule  stellte  es  ja  auf, 
dass  eine  jede  Zahl  eine  Eigenthümlichkeit  habe,  die  den 
anderen  Zahlen  fehle,  und  von  den  vorhandenen  Dingen 
eine  jede  Art  durch  eine  bestimmte  Zahl  begrenzt  werde. 
Sie  sagen:  die  vorhandenen  Dinge  entsprechen  der  Natur 
und  den  Eigenthümlichkeiten  der  Zahl.  Wer  daher  die 
Natur  der  Zahl,  ihre  Arten  und  die  Eigenthümlichkeiten 
dieser  letzteren  kenne,  dem  wäre  die  sichere  Weisheit 
offenbar. 

7  Wandelsterne  giebt  es,  denn  7  ist  die  erste  vollkom- 
mene Zahl  (2  X  3  -\-  1  =  7) ;  9  Sphären  giebt  es,  weil  9  die 
erste  ungerade  Quadratzahl  ist  (3  X  3  =  9);  12  Sternzeichen 
giebt  es,  weil  12  die  erste  übervolle  Zahl  ist  (3  X  4=12); 
28  Mondstationen  giebt  es,  weil  28  die  erste  vollständige 
Zahl  ist  (7X4=  28).  Also  sind  sie  nach  göttlicher  Weis- 
heit auf  diese  Zahlen  beschränkt. 

Von  den  sieben  Wandelsternen  sind  2  Lichter,  2  glück- 
lich, 2  unglücklich,  1  gemischter  Deutung  [49]. 

Von  den  zwölf  Sternzeichen  sind  4  wandelbar,  4  fest- 
stehend, 4  doppelkörperlich. 

Darin,  dass  die  beiden  Knoten  (Kopf  und  Schweif  des 
Drachen)  in  ihrer  Mitte  liegen,  liegt  noch  eine  besondere 
Weisheit.  Dies  weist  darauf  hin,  dass  ein  Theil  der  vor- 
handenen Dinge  offenbar,  klar,  den  Sinnen  nicht  verborgen, 
der  andere  Theil  dagegen  verborgen,  geheim,  den  Sinnen 
unerfassbar  ist. 

Offenbar  und  klar  sind  die  Substanzen  der  Körper  und 
deren  Accidensen.  Verborgen  und  geheim  sind  die  Sub- 
stanzen der  Seele  und  ihre   Zustände.      Offenbar  und   klar 


—     70     — 

sind  auch  die  Dinge  dieser  Welt.  Verborgen  und  dem  Ver- 
stände der  meisten  verhüllt  sind  die  Dinge  der  anderen 
Welt.  Gott  bestimmte,  dass  das  Offenbare,  Klare  auf  das 
Verborgene  und  Geheime  hinweise. 

Von  der  Sonne  und  dem  Mond  ist  der  Mond  ein  Hin- 
weis auf  die  Dinge  dieser  Welt,  auf  ihre  Zustände  und  Be- 
wohner, wie  sie  ab-  und  zunehmen,  wie  sie  sich  ändern 
und  hinschwinden.  Dagegen  deutet  das  andere  Licht,  die 
Sonne,  auf  die  Dinge  der  andern  Welt,  auf  den  Zustand 
ihrer  Bewohner,  ihre  Vollendung  und  Vollkommenheit,  ihr 
Licht  und  ihre  Strahlen. 

Von  den  beiden  Glückssternen,  dem  Jupiter  und  der 
Venus,  zeigt  der  Eine,  die  Venus,  das  Glück  der  Kinder 
dieser  Welt  an;  beherrscht  sie  die  Geburtsstunde,  deutet 
dies  auf  ein  lieblich  Leben,  Speis  und  Trank,  Geschlechts- 
umgang und  Geburten.  Wer  solches  hat,  gehört  zu  den 
Glücklichen  dieser  Welt. 

Der  Jupiter  dagegen  kündet  das  Glück  der  Kinder  jener 
Welt  an;  beherrscht  er  die  Geburtsstunde,  deutet  dies  auf 
gesunde  Natur,  rechten  Glauben,  Aufrichtigkeit,  Enthalt- 
samkeit, wahre  Gottesfurcht;  wer  also  sich  befindet,  gehört 
zu  den  Glücklichen  der  anderen  Welt. 

Von  den  beiden  Unglückssternen,  Saturn  und  Mars,  ist 
der  Saturn  der  Ungiücksstern  für  die  Kinder  der  Welt;  be- 
herrscht er  die  Geburtsstunde,  so  deutet  dies  auf  Elend, 
Unglück,  Unfruchtbarkeit,  Krankheit,  Unfall  in  den  Ge- 
schäften. Der,  welchen  solches  trifft,  gehört  zu  den  Un- 
glücklichen dieser  Welt. 

Der  Mars  ist  dagegen  der  Ungiücksstern  für  die  Kinder  i 
der  andern  Welt;  beherrscht  er  die  Geburtsstunde,  deutet  er 
die   Uebel   der    Unrechtschaffenheit,    Schändlichkeit,    Mord, 
Diebstahl,  Verderben  an.   Wer  also  thut  in  dieser  Welt,  gehört 
zu  den  Unglücklichen  in  der  anderen  Welt. 

Bei  demjenigen,  dessen  Geburtsstunde  vom  Jupiter  und 
der  Venus  beherrscht  wird,  weist  das  Doppelglück  auf  das 
Glück  in  dieser  und  in  jener  Welt  hin.  Wessen  Geburts- 
stunde aber  vom  Saturn  und  Mars  beherrscht  wird,  bei  dem 


—     71     — 

deutet  das  Doppelunglück  auf  das  Unglück  in  dieser  und  in 
jener  Welt  hin. 

Der  Mercur  ist  gemischt,  Glück  und  Unglück;  er  deutet 
auf  die  Dinge  in  dieser  und  in  jener  Welt  hin  und  beweist, 
dass  Eins  mit  dem  Andern  zusammenhängt. 

Von  den  Sternzeichen  sind  die  einen  wandelbar  und 
deuten  sie  auf  die  Wandelung  in  den  Zuständen  von  den 
Kindern  dieser  Welt:  die  andern  sind  fest,  sie  deuten  auf 
den  Bestand  von  den  Zuständen  der  Kinder  der  anderen 
Welt.  Die  Sternzeichen  mit  zwei  Körpern  beweisen  den 
Zusammenhang  von  den  Dingen  dieser  Welt  mit  denen  der 
anderen  Welt. 

Man  sagt,  der  Aufgang  der  Welt  sei  der  Krebs; 
dies  ist  ein  wandelbares  Sternzeichen,  und  ebenso  die  Pflöcke 
(die  Cardinalpunkte)  desselben. 

Die  beiden  Knoten  d.  i.  der  Kopf  und  der  Schweif  des 
Drachen,  sind  weder  zwei  Sterne  noch  zwei  Körper,  son- 
dern zwei  verborgene  Dinge,  wie  wir  das  darstellten.  Sie  bewe- 
gen sich  aber  durch  die  Sternzeichen,  [50]  so  wie  die  Sterne 
sich  bewegen;  sie  deuten  auch  ebenso  wie  die  Sterne  auf 
Seiendes  hin.  Der  Kopf  des  Drachen  hat  die  Bedeutung 
der  Glückssterne,  der  Schweif  die  der  Unglückssterne ;  beide 
sind  verborgenen  Wesens  und  sichtbarer  Wirkung.  Diese 
Eigenschaft  derselben  beweist,  dass  es  in  der  Welt  Seelen 
giebt,  deren  Wesen  zwar  verborgen,  doch  deren  Wirkungen 
sichtbar  sind.  Das  sind  die  geistigen  Wesen,  nämlich  die 
Gattungen  der  Engel,  die  Stämme  der  Genien  und  die 
Sehaaren  des  Teufels.  Die  Gattungen  der  Engel  sind  vor- 
treffliche Seelen,  die  mit  der  Erhaltung  der  Welt  und  der 
guten  Stellvertretung  in  derselben  betraut  sind.  Sie  waren 
einst  mit  Körpern  begabt,  dann  aber  läuterten  sie  sich,  wur- 
den einsichtig;  sie  trennten  sich  von  ihren  Körpern  und  be- 
standen in  ihrem  Wesen  allein;  so  entkamen  sie  (der  sinn- 
lichen Welt)  und  schweiften  umher  in  der  Weite  der  Sphä- 
ren und  der  Ausdehnung  des  Himmels.  Sie  sind  glücklich, 
froh,  heiter  und  in  Lust,  so  lange  Himmel  und  Erde  be- 
stehen. 


—     72     — 

Die  Efrit  unter  den  Genien  und  die  widerspenstigen 
Satan  sind  schlechte  verdorbene  Seelen,  die  einst  mit  Körper 
begabt  waren,  dann  aber  von  ihrem  Körper  sich  trennten, 
doch  ohne  Einsicht  und  ungeläutert;  sie  blieben  blind,  die 
Wahrheit  zu  sehen,  taub,  das  Rechte  zu  hören,  stumm,  ohne 
sinnige  Rede  über  die  feinen  Bedeutungen.  Sie  schweifen 
umher  in  den  Finsternissen  des  Meers  der  Materie,  und 
tauchen  in  den  Grund  der  finstern,  mit  drei  Dimensionen  be- 
gabten Dinge  d.  i.  der  Körperwelt  und  sinken  nieder  in  den 
Tiefgrund  des  Orkus.  „So  oft  ihre  Haut  reift  im  Unglück, 
geben  wir  ihnen  dafür  eine  andere,  das  ist  also  mit  ihnen, 
so  lange  Himmel  und  Erde  bestehen."  —  Sie  weilen  dort  Zeit- 
läufe und  empfinden  nicht  die  Frische  des  Hauchs  aus  der 
Geisterwelt,  noch  kosten  sie  die  Lust  vom  Trank  der  Er- 
kenntniss,  also  bleibt  es  bis  zum  Tag  der  Heimsuchung. 

Sichtbare  Wirkungen  vom  Kopf  und  Schweif  des  Drachen 
sind  die  Verfinsterungen  der  beiden  (grossen)  Lichter,  denn 
jene    beiden    sind    die    sichersten  Ursachen   der  Mond-   und 
Sonnenfinsterniss.     Die  göttliche  Weisheit  bestimmte  die  Ver- 
finsterung  der  zwei   grossen  Lichter,    damit    aller  Verdacht 
und  Zweifel    aus    dem   Herz   der   Zweifelnden   weiche,    dass 
jene  zwei  Götter  wären;  denn  wären  sie  zwei  Götter,  würden 
sie  sich  nicht  verfinstern  lassen.     Dies  Unheil  (die  Verfinste- 
rung)  trifft  die   beiden   herrlichsten  Lichtkörper   durch   zwei 
verborgene  Ursachen,   und   deutet  dies  darauf  hin,   dass  die 
grösste  Versuchung  vom  Satan  den  Propheten  zustosse,  denn 
die  Propheten  sind  die  Sonne  und  der  Mond  der  Menschen- 
kinder.    Dass  dies  also  sich  verhalte,  beweist  die  Erzählung 
vom  Iblis  mit  Adam  dem  Menschenvater,  da  er  ihn  aus  dem 
Paradies  brachte.     Dann  wie  er  mit  Noah  in  der  Arche  fuhr 
und  dann,  dass  er  eine  Wurfmaschine  herstellte,   den  Abra 
ham  ins  Feuer  zu  werfen.      Auch    des  Teufels  Zuflüsterun 
an  Mose  ist  dafür  Beweis,  da  er  zu  ihm  sprach:  „Vielleic 
ist  doch  das  Wort,    welches   du   hörst,    nicht  ein  Wort  vo 
dem  Herrn  der  Welt."     Da  sprach  Mose:   Herr,   ich   blick 
auf  dich.      Der  Herr  aber  sprach:   führwahr,  nicht  siehst 


9 


—     73     — 

mich  (Kor.  7,  139).    Dasselbe  beweisen  die  Erzählungen  von 
dem  Messias,  Zacharias,  Johannes  und  anderen. 

Wir  heben  dies  hervor,  denn  die  meisten  Astronomen 
bezweifeln  die  zukünftige  Welt  und  haben  wirre  Vorstellun- 
gen über  die  Satzungen  der  Religion;  sie  kennen  die  Ge- 
heimnisse des  Prophetenthums  nicht,  verleugnen  die  Abrech- 
nung und  Heimsuchung.  Doch  wir  beweisen  ihnen  die  Wahr- 
heit von  dem,  was  sie  leugnen.  Das  ist  ja  überhaupt  das 
Ziel  unsrer  Abhandlungen  (den  Zwiespalt  zwischen  Glauben 
und    Wissen   aufzuheben).    [51] 

Werth  der  Astrologie. 

Ueber  die  Wahrheit  und  den  eigentlichen  Werth  der 
Astrologie  haben  die  Gelehrten  verschiedene  Ansichten. 

Die  Einen  meinen:  Die  Himmelskörper  geben  Hindeu- 
tungen auf  das,  was  in  dieser  Welt  sein  werde,  bevor  es  ist. 

Die  Zweiten  meinen:  Sie  übten  That  und  Einwirkung 
zugleich  mit  ihrer  Hindeutung  aus. 

Die  Dritten  leugnen  eine  jede  That-,  Einwirkungs-  oder 
Hindeutungskraft  derselben,  die  Sterne  seien  vielmehr  wie 
das  Feste  und  das  Todte. 

Die  Astrologen,  sie  kennen  die  Hindeutungen  durch 
die  sorgfältige  instrumentale  Beobachtung  der  Bewegung  und 
Einwirkung  der  Sterne.  Sie  betrachten  dieselben,  über- 
legen dann  ihre  Zustände,  dann  forschen  sie  nach  dem 
Wandel  der  Sterne  im  Lauf  der  Tage,  Monde  und  Jahre, 
wie  solcher  bei  Volk  auf  Volk,  Zeitlauf  nach  Zeitlauf,  statt- 
fand. Sobald  sie  etwas  davon  erfassen,  stellen  sie  dies  in 
ihren  Büchern  fest. 

Die,  welche  dies  leugnen,  gehören  zu  den  Skeptikern; 
sie  unterlassen  es,  diese  Wissenschaft  zu  betrachten,  und 
denken  nicht  daran,  die  Zustände  der  Sphären,  deren  ein- 
zelne Körper,  die  Bewegung  und  den  Umschwung  derselben 
sich  zu  überlegen;  sie  kümmern  sich  nicht  darum,  danach 
zu  forschen,  noch  auch  den  Wandel  derselben  zu  beschauen. 
Sie  wissen  nichts  davon  und  verleugnen  es;  sie  sind  Gegner 
der  Vertreter  dieser  Wissenschaft  und   binden   mit  ihnen   in 


—     74     — 

Zank  und  Hass  an.  —  Die  endlich,  welche  behaupten,  die 
Sterne  übten  Kraft  und  Einfluss  auf  das,  was  unter  dem 
Mondkreis  ist,  aus,  die  erkennen  dies  auf  einem  andern  Wege 
als  dem  der  Astrologen;  durch  eine  strengere  Forschung 
und  genauere  Ueberlegung.  Dies  ist  der  Weg  der  geistigen, 
(mystischen)  Philosophen,  und  der  Seelenwissenschaft,  (Psycho- 
logie), der  Gottesstärkung  und  des  Beistandes  des  Herrn. 
Wir  wollen  davon  etwas  hervorheben,  um  die,  welche  die  Phi- 
losophie lieben  und  nach  ihr  begehren,  wohl  zu  leiten. 

Die  Sterne  des  Himmels  sind  Engel  Gottes  und  himm- 
lische Könige;  Gott  hat  sie  geschaffen,  seine  Welt  zu  pfle- 
gen, seine  Creaturen  zu  regieren  und  seine  Geschöpfe  zu 
leiten.  Sie  sind  die  Stellvertreter  Gottes  in  den  Sphären, 
wie  die  Könige  Stellvertreter  Gottes  auf  der  Erde  sind,  um 
die  Diener  Gottes  in  bester  Weise  zu  leiten.  In  dieser  Weise 
verhält  es  sich  mit  den  Entscheidungen  der  Sterne  auf  das 
unter  dem  Mondkreis  Befindliche;  sie  üben  feine  Kräfte  und 
eine  so  zarte  Wirkung  aus,  dass  die  meisten  Menschen  sie 
nicht  erkennen,  so  wie  thörichte  junge  Leute  die  kluge  Lei- 
tung der  Könige  nicht  recht  verstehen.  Nur  den  Vernünf- 
tigen und  tiefer  Eindringenden  ist  dies  klar,  wie  den  Philo- 
sophen und  den  von  Gott  erleuchteten  Theologen. 

Wie    die    Kräfte    der    einzelnen    Körper    in    der 
Hochwelt  zu  den  einzelnen  Kräften  der  Niederwelt, ' 
der  Welt  des  Entstehens  und  Vergehens  gelangen.  [52] 

Der  Ausdruck  „Welt"  bedeutet  alle  vorhandenen  Körper 
mit  den  daran  hängenden  Eigenschaften.  Sie  alle  bilden  eine 
Welt,  wie  eine  Stadt  und  ein  Thier.  Alle  Körper  zerfallen 
nun  in  zwei  Theile,  nämlich  in  die  Welt  der  Sphären  und 
die  Welt  der  vier  Elemente:  Feuer,  Luft,  Wasser,  Erde, 
d.  h.  die  Welt  des  Entstehens  und  Vergehens.  Die  äusserste 
Grenze  der  Sphärenwelt  beginnt  von  der  äussersten  Oberfläche 
der  Umgebungssphäre  bis  zur  äussersten  Tiefe  des  Aethe] 
kreises,  das  heisst  bis  zum  Mondkreis,  da  wo  er  an  die  Li 
grenzt. 

Die   Grenze    der  Elementenwelt    geht    von    der   Grun< 
fläche  der  Mondsphäre  bis  zum  Mittelpunkt  der  Erde. 


—     75     — 

Die  eine  der  zwei  Welten  heisst  die  Hoch  weit,  die 
andere  die  Tiefwelt.  Denn  „hoch"  ist  das,  was  dem  Um* 
gebungskreis  nahe  liegt,  und  „tiefu  ist  das,  was  dem  Mittel- 
punkt zu  liegt. 

Das,  was  über  dem  Himmel  ist,  das  ist  die  Ordnung 
der  Allseele,  deren  Kräfte  in  alle  Körper  und  in  alle  Welten 
dringen,  vom  Umgebungskreis  bis  zum  Mittelpunkt  der 
Erde. 

Die  Kraft  der  Allseele,  welche  der  Welt  zudringt,  ist 
zunächst  in  den  vorzüglichsten  Leuchtkörpern,  d.  h.  den 
Fixsternen  und  dann  in  den  Wandelsternen,  danach  in  den 
vier  Elementen  unter  ihnen  und  den  aus  ihnen  entstandenen 
Einzelkörpern,  Mineral,  Pflanze  und  Thier,  eingedrungen.  Denn 
die  Kraft  der  Allseele  emanirt  auf  die  All-  und  Theilkörper 
zusammen,  so  wie  das  Licht  der  Sonne  und  Sterne  die 
Luft  durchdringt  und  ihr  Strahlenwurf  bis  zum  Mittelpunkt 
der  Erde  geht. 

Die  Wandelsterne  steigen  einmal  in  ihren  Bewegungen 
zu  der  höchsten  Höhe  ihrer  Sphäre  und  ihrer  oberen  Ab- 
scisse  auf,  sie  nahen  sich  den  vorzüglichsten  Einzelkörpern, 
den  Fixsternen,  und  nehmen  von  da  Licht,  Erguss  und 
Kräfte.  Ein  andermal  steigen  sie  nieder  zur  untern  Abscisse, 
sie  nahen  sich  dabei  der  Welt  des  Entstehens  und  Ver- 
gehens, und  führen  dabei  diese  Ergüsse  und  Kräfte  den 
anderen  Einzelkörpern  zu,  eben  so  wie  die  Kraft  der  Thier- 
seele  ins  Gehirn  und  durch  Vermittlung  der  Nerven  zu  allen 
Theilen  des  Körpers  gelangt  *). 

Gelangen  nämlich  diese  Kräfte  und  Ergüsse  mit  ihren 
Strahlen  zu  dieser  Welt,  durchdringen  sie  zuerst  die  vier 
Elemente,  Feuer,  Luft,  Wasser,  Erde.  Dies  ist  dann 
Grund,  dass  das  Seiende,  Mineral,  Pflanze,  Thier  entstehe. 
Ihre  verschiedenen  Gattungen  und  Arten  entstehen  den  ver- 
schiedenen Himmelskörpern,  Orten  und  Zeiten  gemäss.     Die 


*)  Die  Abhandlung  von  dem  sinnlieh  Wahrnehmbaren;  es  jsl  die  spater 
folgende  Abhandlung  in  der  früheren  eitirt.  Offenbar  entstanden  alle  diese 
Abhandlungen  gleichzeitig  wie  bei  uns  die  Encyklopädien. 


—     76    — 

Grenze  ihrer  Menge,  die  Arten  ihrer  Einzelwesen  und  die 
verschiedenen  Eigenschaften  kennt  nur  Gott,  der  sie  schuf, 
hervorgehen  Hess  und  sie  nach  seinem  Willen  formte. 

Wie  Glück  und  Unglück  des  Seienden  entsteht. 

Die  Umgebungssphäre  dreht  sich  immerfort  wie  ein  Rad 
von  Osten  nach  Westen,  und  dann  von  West  nach  Ost, 
ebenso  bewegen  sich  die  Sterne  immerfort  nach  der  Folge 
der  Sternzeichen,  wie  dies  in  den  astronomischen  Tafeln  und 
in  den  Tabellen  dargethan  ist.  Ebenso  sind  auch  alle  Dinge 
an  Entstehen  und  Vergehen  gebunden,  sie  kommen  davon 
weder  bei  Tage  noch  bei  der  Nacht,  weder  des  Winters 
noch  des  Sommers  los.  —  Wenn  es  sich  aber  zu  einer  Zeit 
trifft,  dass  die  Wandelsterne  in  ihrer  oberen  Abscisse  [53]  in 
ihrer  Strahlkraft,  in  ihren  Häusern  (Sternzeichen)  und  in 
ihren  Grenzen  sind,  und  der  eine  zum  andern  in  dem  vor- 
trefflichsten Verhältniss,  dem  sogenannten  musikalischen  d.  i. 
Hälfte,  Drittheil,  Viertheil,  Achttheil  stehe,  dann  hierbei 
diese  Kräfte  von  der  Allseele  hervordringen  und  durch 
Vermittelung  der  Sterne  zu  dieser  niederen  Welt  unter 
dem  Mondkreis  gelangen,  so  entstehen  durch  diese  Mittel- 
ursachen (die  Wandelsterne)  Dinge,  die  in  der  besten 
Mischung,  der  reinsten  Natur  und  vortrefflichsten  Reihung 
sind.  Sie  beginnen,  nehmen  zu,  werden  vollendet  und  voll- 
kommen, und  gelangen  in  dem,  wonach  sie  streben,  zur 
höchsten  Vollkommenheit  und  zum  weitesten  Ziel;  diese  Zu- 
stände und  Verhältnisse  und  was  in  ihnen  entsteht,  nennt 
man  glückliche  und  gute. 

Ist  aber  die  Haltung  des  Himmels,  und  sind  die  Oerter 
der  Sterne  in  umgekehrter  Weise ,  erreichen  jene  Dinge 
nicht  ihre  höchste  Vollendung,  das  nennt  man  Unglück  des 
Himmels  und  Ursach  der  Uebel.  Dies  liegt  nicht  in  der 
Grundabsicht,  sondern  in  zutreffenden  Mittelursachen;  vgl.  die 
Abhandlung  über  Ansichten  und  Lehrweisen  im  Kapitel  über 
Grund-  und  Mittelursachen  der  Uebel. 


77     — 


I rsachcn  der  verschiedenen  Einwirkungen  der  Sterne  auf  die 
vergehenden  ftiuge  uuter  dem  Hondkreis. 

Die  Strahlung  der  Steine  auf  die  Luft  und  der  Wurf 
ihrer  Strahlen  auf  den  Mittelpunkt  der  Erde  geschieht  nach 
einer  Regel,  aber  die  Annahme  der  dieselben  Empfangenden 
ist  nicht  eine,  sondern  nach  der  Verschiedenheit  ihrer  Sub- 
stanzen verschieden. 

Wenn  die  Sonne  vom  Ostpunkt  erglänzt,  erleuchtet  sie 
mit  ihrem  Licht  die  Luft,  vom  Reflex  ihrer  Strahlen  wird 
die  Oberfläche  der  Erde  warm  (cf.  die  Abhandlung  von  den 
Wirkungen  der  Höhe);  der  Lehm  wird  trocken,  der  Schnee 
schmilzt,  das  Wachs  wird  weich,  die  Frucht  reift,  das  Fleisch 
wird  stinkend,  die  Kleider  der  Walker  weiss,  doch  ihr  Ant- 
litz dunkel;  es  reflectiren  die  Strahlen  von  den  polirten 
Flächen  wie  vom  Angesicht  des  Spiegels.  Dagegen  dringt 
der  Strahl  in  die  durchsichtigen  Körper  ein  wie  in  Glas, 
Beryll  und  reines  Wasser.  Das  Licht  der  Blicke  wird  bei 
den  meisten  Thieren  stark,  bei  anderen  aber,  wie  bei  der 
Eule,  den  Fledermäusen,  den  Milben  u.  dergl.  schwach, 
so  findet  die  verschiedenartigste  Einwirkung  bei  den  ver- 
schiedenen Substanzen,  der  verschiedenen  Zusammensetzung 
und  Mischung  und  den  verschiedenen  Annahmen  gemäss 
statt,  während  die  Strahlung  doch  nur  eine  ist.  Ebenso  ist 
auch  die  Annahme  der  Sterneinwirkung  bei  den  Menschen 
verschieden. 

Ist  z.  B.  der  Himmel  zu  einer  Zeit  in  seiner  belobten 
Glücksgestalt,  in  den  glücklichen  Zuständen  der  Sterne  und 
wird  dann  in  derselben  eine  Anzahl  von  Geschöpfen  und  Men- 
schen geboren,  so  sind  dennoch  die  Einen  Königs-  und  Häupt- 
lingskinder, andere  Kinder  von  Präfekten,  Kaufleuten  und 
Wohlhabenden,  noch  andere  Kinder  von  Armen,  Elenden 
und  Arbeitern;  somit  nehmen  sie  das  Glück  des  Himmels 
doch  nicht  in  einer  Weise  auf,  sondern  ein  jeder  seiner 
Stellung  gemäss.  Die  Kinder  der  Arbeiter  erreichen  beim 
Glück  der  Zustände  die  Stufe  von  Kaufleuten  und  Wohl- 
habenden,  die   der  Kaufleute   die   der  Häuptlings-  und  Kö- 


—     78    - 

nigskinder,  und  die  Prinzen  erheben  sich  bei  der  Annahme  des 
Himmelsglücks  zum  Königsthron.  [54]  Stehen  sie  im  Unglück 
des  Himmels,  gehen  sie  des  Throns  verlustig  und  sinken 
alle  die  Erwähnten  zu  einer  niedrigeren  Stufe  herab. 

Ferner:  Fällt  eine  Anzahl  von  Geburten  in  einen  Hoch- 
stern und  zu  einer  Zeit,  doch  in  verschiedenen  Ländern  vor, 
und  führt  dann  die  Haltung  des  Himmels  darauf,  dass  sie 
Dichter  und  Redner  werden,  dass  die  Einen  in  den  ara- 
bischen, andere  in  nabatäischen,  noch  andere  in  armenischen 
Ländern  erstehen,  so  differiren  jene  doch  in  der  Annahme 
des  Glücks.  Der  Araber  nimmt  am  raschesten  an,  wegen 
der  Eigenthüinlichkeit  seines  Landes,  die  Nabatäer  weniger 
und  die  Armenier  noch  weniger  rasch.  So  differiren  die 
Einflüsse  der  Sterne  auf  das  Seiende.  Dies  ist  in  den  astro- 
logischen Büchern  weiter  ausgeführt. 

Die  Wandelsterne  sind  in  ihren  ihnen  eigentümlichen 
Sphären  den  verschiedensten  Zuständen  unterworfen;  einmal 
laufen  sie  schnell,  ein  andermal  zögern  sie  in  ihrer  Bewe- 
gung; sie  stehen  still,  gehen  geradeaus  oder  rückwärts;  sie 
erheben  sich  zur  oberen  oder  sinken  zur  unteren  Abscisse. 
Ferner  sind  sie  in  der  Neigung,  oder  gehen  zur  Breite,  oder 
gelangen  zum  Knoten  und  dergleichen  Verschiedenheiten 
mehr.  —  Sie  haben  ferner  in  den  Sternzeichen  Abtheilungen 
und  Abschnitte,  so  die  Häuser  und  die  Schäden,  die  Höhen 
und  Tiefen,  die  Dreifachen,  die  Grenzen,  die  Lichtstätten 
und  dergleichen.  Ferner  sind  einige  den  andern  zugewandt, 
mit  ihnen  vereinigt  und  verbunden ,  dann  abgewandt ;  sie 
gehen  auf  und  unter,  stehen  in  den  vier  Cardinalpunkten 
oder  nahe  dabei,  oder  weichen  von  ihnen  ab  und  derglei- 
chen mehr,  wie  solches  in  den  Büchern  der  Astrologie  steht 
und  wir  es  oben  hervorhoben. 

Der  Lauf  der  Wandelsterne  geht  an  Sternzeichen  hin, 
doch  ist  er  von  verschiedener  Bewegung.  Bisweilen  kom- 
men zwei  derselben,  drei,  vier,  fünf,  sechs,  oder  alle  in 
einem  Sternzeichen  zusammen,  doch  geschieht  das  selten 
einmal  in  langen  Zeiten.  In  den  meisten  Zeiten  sind  sie 
durch  Sternzeichen,   und    die  Grade   derselben   von  einander 


-     79     — 

getrennt.  Man  lernt  ihre  Stellung  zu  den  Sternzeichen,  den 
Graden  und  Minuten,  aus  den  Aufstellungen  und  den  astro- 
nomischen Tafeln  für  jede  Zeit  und  jede  Stunde  kennen. 

Die  Sonne  gleicht  unter  den  Sternen  dem  Könige,  die 
andern  Wandelsterne  sind  seine  Helfer  und  seine  Truppen. 

Der  Mond  ist  der  Vezir  der  Sonne  und  ihr  Verbündeter. 
Der  Mercur  gleich  dem  Schreiber,  der  Mars  ist  ihr  Feldherr. 
Der  Jupiter  ist  der  Richter,  der  Saturn  der  Schatzmeister  dersel- 
ben. Die  Venus  ist  den  Mädchen  und  Dienern  zu  vergleichen. 

Die  Sphären  gleichen  den  Climaten  der  Erde,  die  Stern- 
zeichen den  Kreisen  und  Strichen,  die  Anfänge  und  Grenzen 
derselben  sind  den  Städten,  die  Grade  den  Dörfern,  die 
Minuten  den  Haltpunkten  und  Märkten  in  den  Städten  zu 
vergleichen.  Die  halben  Minuten  sind  wie  die  Herbergen 
in  den  Haltestätten  und  die  Läden  auf  den  Märkten. 

Die  Sterne  sind  in  ihren  Sternzeichen  wie  der  Geist  in 
dem  Körper. 

Der  Stern  in  seinem  Haus  gleicht  dem  Mann  in  seiner 
Stadt  und  Familie. 

Der  Stern  auf  seiner  Höhe  gleicht  dem  Mann  in  seiner 
Macht  und  Herrschaft. 

Der  Stern  in  den  Dreifachen  gleicht  dem  Mann  in  seiner 
Stätte,  seinem  Laden,  seinem  Geschäft. 

Der  Stern  in  seinem  Anfang  ist  der  Mann  in  seiner 
Kleidung,  seinem  Schmuck. 

Der  Stern  in  seiner  Grenze  gleicht  dem  Mann  in  seiner 
Natur  und  seiner  Anlage. 

Der  Stern  auf  seiner  Oberabscisse  gleicht  dem  Mann 
auf  seiner  höchsten  Stufe. 

Der  Stern  im  obern  Lauf  ist  der  Mann  in  seinem  Com- 
fort  unter  Genossen  und  Freunden. 

Der  Stern  in  seinem  Schaden  gleicht  dem  Unglücklichen, 
Zurückkommenden. 

Der  Stern  in  seiner  nicht  guten  Lage  gleicht  dem  Mann 
in  unsicherer  Stellung. 

Der  Stern  in  einem  ihm  nicht  zukommenden  Stern- 
zeichen gleicht  dem  fremden  Mann  in  fremder  Stadt.     [55] 


—     80     — 

Der  Stern  in  seinem  Sinken  gleicht  dem  geringen,  nie- 
drigen Mann. 

Der  Stern  in  seiner  Unterabscisse  gleicht  dem  Mann  in 
verächtlicher  Lage,  der  von  seiner  Stufe  niedersinkt. 

Der  Stern  unter  der  Strahlung  gleicht  dem  gefangenen 
Mann,  der  verflammende  Stern  dem  Kranken,  der  stehende 
dem  in  seinem  Geschäft  verwirrten,  der  rückkehrende  Stern 
dem  widerspenstigen,  widerstrebenden,  der  schnelllaufende 
dem  rüstigen,  gesunden  Mann,  der  langsame  dem  schwachen 
mit  schwindender  Kraft.  —  Der  Stern  in  seinem  Aufgang 
ist  dem  frischen  Mann,  der  Stern  in  seinem  Untergang  ist 
dem  altersschwachen  zu  vergleichen. 

Der  zugewandte  Stern  ist  Bild  des  begehrenden,  seinem 
Bedürfniss  nachgehenden;  der  abgewandte  gleicht  dem,  der 
seine  Begierde  befriedigt  hat. 

Zwei  mit  einander  verbundene  Sterne  gleichen  zwei 
Freunden  unter  den  Menschen. 

Der  Stern  im  Pflock  (Cardinalpunkt)  ist  wie  der  Mann, 
der  des  ihm  erstehenden  Geschicks  gewärtig  ist. 

Der  vom  Cardinalpunkt  abweichende  Stern  gleicht  dem 
sich  Verbergenden,  Abwartenden;  der  weichende  gleicht  dem 
Dahingehenden  und  Schwindenden. 

Der  Stern  im  Aufgang  ist  wie  das  zur  Erscheinung  Ge- 
borene oder  das  ins  Sein  Tretende. 

Im  zweiten  Sternzeichen  ist  es  wie  der,  welcher  er- 
wartet, was  sein  wird. 

Im  dritten  gleicht  er  dem,  der  da  geht,  die  Brüder  zu 
finden. 

Im  vierten  gleicht  der  Stern  dem  Mann  im  Hause  seiner 
Väter  oder  dem  Ding  in  seiner  Grube  (Mine,  wo  es  ur- 
sprünglich gefunden  wird). 

Im  fünften  gleicht  der  Stern  dem  Mann,  der  zum  Handel 
sich  gerüstet,  und  über  das,  so  er  hofft,  fröhlich  ist. 

Im  sechsten  gleicht  der  Stern  dem,  der  scheu  flieht  und 
ermüdet  ist. 

Im  siebenten  ist  der  Stern  wie  ein  Mann,  der  zum 
Kampf  und  Krieg  hervortritt. 


—     81     — 

Im  achten  Sternzeichen  ist  der  Stern  wie  der  furcht- 
same, ängstliche  Mann. 

Im  neunten  Zeichen  gleicht  er  dem  Reisenden,  der  fern 
von  seiner  Heimath  ist  und  seinem  Gebiete  fernsteht. 

Im  zehnten  Zeichen  gleicht  der  Stern  dem  Mann  in 
seinem  Thun,  in  dem  ihm  bekannten  und  bestimmten  Gebiet. 

Im  elften  dem  Mann,  der  liebt,  übereinstimmt  und  zu- 
geneigt ist. 

Im  zwölften  Zeichen  gleicht  der  Stern  dem  Mann,  der 
gefangen,  nicht  gern  an  jenem  Orte  weilt,  und  die  Stätte,  in 
der  er  sich  befindet,  hasset. 

Wenn  ein  Stern  mit  einem  andern  Stern  in  einem  Grad 
des  Himmels  geht  (d.  h.  sich  deckt),  sagt  man,  sie  sind  beide 
verbunden.  Geht  aber  der  eine  bei  dem  andern  vorbei,  so  sagt 
man,  er  wandte  sich  fort.  Erreicht  der  eine  den  andern,  so 
sagt  man,  er  hat  sich  mit  ihm  vereinigt.  —  Die  Vereinigung 
geschieht  bisweilen  mit  der  Verbindung  und  der  Ent- 
sprechung, wenn  nämlich  zwischen  beiden  60  Grad  sind 
d.  h.  ein  Sechstheil  des  Himmelskreises,  oder  90  Grad  d.  h. 
ein  Viertheil  desselben,  oder  120  Grad  d.  h.  ein  Drittheil, 
oder  180  Grad  d.  h.  die  Hälfte  des  Himmelsrundes. 

Entsprechen  sich  zwei  Sterne  im  Sechstheil  des  Him- 
mels d.  h.  bis  60  Grad,  gleichen  sie  zwei  Männern,  die  sich 
aus  irgend  einer  Ursache  gegenseitig  lieben;  entsprechen  sie 
sich  im  Dritttheil  d.  h.  bei  120  Grad,  gleichen  sie  zwei 
Männern,  die  in  Natur  und  Charakter  mit  einander  überein- 
stimmen. Entsprechen  sie  sich  im  Viertheil  d.  h.  bei  90  Grad, 
so  gleichen  sie  zwei  Männern,  die  mit  einander  rechten, 
so  dass  ein  Jeder  die  Sache  für  sich  beansprucht.  Ent- 
sprechen sie  sich  in  der  Opposition  d.  i.  bei  180  Grad, 
so  gleichen  sie  zwei  Männern,  die  mit  einander  streiten  oder 
zwei  Genossen,  die  gegen  einander  gieren.  Es  geht  hieraus 
hervor,  dass  die  gegenseitige  Entsprechung  der  Sterne  des 
einen  mit  dem  andern  an  sieben  Punkten  in  den  Graden  des 
Himmels  stattfindet.  (60,  90,  120,  180,  240,  270,  300)  Ihre 
Entsprechung  ist   der  Gegenwurf  ihrer  Strahlen. 

Dieterici,  arab.  Propaedeutik.  Q 


—     82     — 

Die  Sterne  werfen  ihre  Strahlen  nach  allen  Graden  den 
Himmels,  sie  erleuchten  dieselben  und  füllen  sie  mit  Lieh 
und  Glanz  aus,  wie  die  Fackel  alle  Theile  eines  Kreises  er- 
leuchtet und  mit  Licht  erfüllt. 

Die  Astronomen  heben  aber  nur  7  Punkte  davon  hervor 
um  die  Thaten  und  Einwirkungen  der  Sterne  auf  dies» 
Welt  von  diesen  [56]  bekannten  Graden,  von  denen  stet 
einer  mit  dem  anderen  in  Relation  steht,  kund  zu  thun. 

Die  Thaten  der  Sterne  und  ihre  Einwirkungen  auf  dies- 
Welt   sind   ihrem   Verhältniss   zur   Erde    gemäss,    nämlich  j 
nach   Verhältniss    ihres   Körpers    zum    Erdkörper    und    ihre) 
Distancen   zum  Mittelpunct    der    Erde    oder    im   Verhältnis 
ihrer  Bewegungen  der  des  Einen  zu  der  des  Andern. 

Von  diesem  Verhältniss  heben  wir  etwas  in  der  Abhanc 
lung  über  die  Musik  hervor. 

Der  Astrolog  behauptet  nicht  die  Kenntniss  von  der 
Verborgenen  zu  haben,  obwohl  viele  Menschen  meinen,  daß 
die  Astrologie  sich  die  Kenntniss  des  Verborgenen  vindicir 
doch  ists  nicht  so,  wie  sie  meinen.  Denn  die  Kenntniss  voi 
Verborgenen  zu  haben,  hiesse,  dass  man  das,  was  sein  werd 
ohne  Andeutung,  ohne  eine  Grund-  oder  Mittelursache  wiss 
Das  kann  aber  keiner  der  Schöpfung  wissen,  weder  ei 
Astrolog,  noch  ein  Wahrsager,  noch  ein  Prophet,  noch  e: 
Engel.     Nur  Gott  allein  kann  es  wissen. 

Alles,  was  der  Mensch  weiss,  zerfällt  in  drei  Arten. 

1)  Das,   was   war,   vollendet  und  vorbei   ist   in   der   vei 
gangenen  Zeit. 

2)  Das,  was  vorhanden  ist  in  der  Gegenwart. 

3)  Das,  was  sicher  sein  wird  in  der  Zukunft. 
Der  Mensch  hat  zu  diesen  drei  Arten  des  Wissens 

Wege: 

1.  Hören   und   Kundthun   für  das,    was    vorübergeg 
gen  ist. 

2.  Die   sinnliche  Wahrnehmung   für   das    Gegenwärti 
Vorhandene. 

3.  Die  Hinführung  auf  das  in  der  Zukunft  Seiende. 
Dieser   dritte  Weg   des   Erkennens   ist    der    feinste 


—     83    — 

subtilste  und  zerfällt  in  mehrere  Arten.  Er  findet  statt  durch 
die  Sterne,  durch  Ahnung,  Omen,  durch  Wahrsagung,  durch 
Nachdenken,  Gesichte,  Ueberlegung;  dann  durch  Traumausle- 
gung, Gedanken,   Offenbarung  und  Inspiration. 

Dies  Letztere  ist  das  herrlichste  und  findet  in  der  herr- 
lichsten und  erhabensten  Weise  statt.  Es  wird  nicht  er- 
worben, sondern  es  ist  ein  Geschenk  Gottes,  an  wen  er  will. 

Die  Sternkunde  dagegen  wird  von  dem  Menschen  er- 
worben, er  gewinnt  sie  durch  Abmühung,  Studium,  durch 
Fleiss  in  der  Wissenschaft  und  Eifer.  Dasselbe  gilt  auch 
von  der  Ahnungsdeutung,  vom  Omen,  der  Einsicht  in  den 
Büchern,  vom  Calcul,  von  der  Wahrsagekunst,  vom  Schluss 
aus  äusseren  Anzeichen,  vom  Wissen,  Traumdeutung  und 
dergleichen. 

Bei  allen  diesen  bedarf  der  Mensch  der  Belehrung,  der 
Betrachtung,  des  Nachdenkens,  der  Anschauung  und  des 
Schlusses.  In  dieser  Art  von  Wissenschaft  sucht  eine  der- 
selben die  andere  zu  übertreffen  und  jeder  Einzelne  eignet 
sich  etwas  speciell  davon  an. 

Das  Seiende,  auf  das  die  Astrologen  sich  hinführen 
lassen,  zerfällt   in  7  Arten. 

1.  Religionen  und  Zeitwechsel.  Darauf  deuten  die 
grossen  Conjunctionen,  welche  in  je  1000  Jahren  nahezu 
einmal  stattfinden. 

2.  Uebertragung  des  Königreiches  von  einem  Befehls- 
haber auf  einen  andern,  von  einem  Volk,  einer  Stadt,  von 
einer  Familie  auf  eine  andere.  Auf  diese  und  ihr  Erstehen 
weisen  die  Conjunctionen  hin,  die  nahezu  in  je  240  Jahren 
einmal  stattfinden. 

3.  Die  Veränderung  der  Personen  auf  dem  Thron  des 
Königreichs  und  die  Kämpfe  und  Spaltungen,  welche  dadurch 
hervorgerufen  werden.  Darauf  leiten  die  Conjunctionen, 
welche  etwa  in  je  20  Jahren  einmal  stattfinden. 

4.  Das  Seiende,  was  jährlich  neu  ersteht:  billige  und 
theure  Zeit,  Trockniss  und  Feuchte,  Tag  und  Nacht,  Ver- 
derben und  Pest,  Tod  bei  Mensch  und  Thier,  Regenmangel, 
Krankheit  und  Seuchen,  und  Gesundheit.    Auf  das  Entstehen 

6* 


—     84     — 

von    dergleichen    führt    die   Erklärung   von    den    Jahren    dei 
Welt,  wie  solche  die  Tabellen  jährlich  bezeichnen. 

5.  Das  Erstehen  der  Tage,  Monat  für  Monat;  Tag  füi 
Tag.     Darauf  leiten    die  Zeiten   der  Conjunction  und  Oppo 
sition,  wie  dies  die  Tafeln  bestimmen. 

6.  Die  Entscheidungen  der  Geburtsstunden  für  einer 
jeden  [57]  einzelnen  Menschen.  Sie  sind  nach  der  Gestalt  des 
Himmels  und  der  Stellung  der  Sterne,  wie  solche  beim  Grund- 
anfang ihrer  Geburt  stattfand,  bestimmt. 

7.  Die   Hindeutungen    auf  das   Verborgene,    das    Gut^j 
und  Schlechte.     Die  Enthüllung  des  Geheimen  und  Deutung 
der  Fragen.  Auf  sie  wird  durch  den  Aufgangsstern  in  der  Zei 
der  Frage  und  dessen,  wonach  gefragt  wird,  hingewiesen. 

Es  liegt  kein  Heil  für  einen  jeden  Menschen  darin,  dasi 
er  das  Seiende,  bevor  es  ist,  wisse.  Das  würde  das  Lebei 
trüben,  ihm  Sorge  machen  und  ihm  Furcht  und  Trauer,  unc 
Unglück,  noch  bevor  dasselbe  eintrifft,  bringen. 

Die  Weisen  beschäftigen  sich  daher  mit  diesen  Wissen 
Schäften,  um  ihre  Seelen  zu  üben  und  sich  selbst  zu  genü- 
gen, und  nehmen  diese  Wissenschaft  zu  Hülfe,  um  zu  dem 
was  über  derselben  erhaben  ist,  sich  zu  erheben. 

Der  wahrhaft  Vernünftige  hat  aus  dieser  Wissenschaf 
den  Vortheil,  dass  er  aus  der  Sorglosigkeit  und  der  Thor 
heit  erwache,  das  wahre  Wesen  des  Vorhandenen  erkenne 
das  Zukünftige  erspähe,  um  sich  dadurch  über  diese  Wel 
zu  erheben.  Dafür  wird  als  ein  Spruch  des  Prophetei 
angeführt:  Für  den,  der  sich  der  Welt  enthält,  wiegt  leich 
das  Unglück  und  Kor.  57,  23.  Damit  ihr  euch  nicht  betrüb 
über  das,  was  euch  entging,  noch  euch  dessen  freuet,  wa 
euch  zukommt." 

„Als  Nutzen  der  Sternkunde  wird  hervorgehoben,  das, 
man  sich  auf  die  Zukunft  vorbereiten  und  sich  davor  dadurcl 
hüten  könne,  dass  man  manche  Unternehmung  unterlässt 
Auch  kann  man  bevorstehende  Uebel,  durch  Gebet  und  De 
muth,  durch  Reue  und  Gaben  verhüten  und  dies  sei  da 
herrlichste  Ziel  und  das  erhabenste  Gesetz." 


-     85     - 

Mose  hatte  seinem  Volke  Israel  das  Testament  gegeben 
und  gesagt:  Bewahrt  die  Gesetze  der  Tora,  die  mir  Gott 
offenbarte  und  thut  ihre  Gebote.  Gott  hört  dann  euer  Ge- 
bet, erleichtert  euren  Mangel,  giebt  reiche  Fülle  euren  Lan- 
den, giebt  euch  der  Güter  und  der  Kinder  viel  und  hält  von 
euch  fern  den  geheimen  Hass  eurer  Feinde.  Fürchtet  ihr 
die  Geschicke  der  Tage  und  das  Unglück  der  Zeit,  so  be- 
reuet vor  Gott  aufrichtig,  bittet  ihn  um  Verzeihung  [58], 
betet  zu  ihm,  fastet  und  seid  aufrichtig  im  Geheimen  und 
auch  öffentlich.  Ruft  ihn  an  in  Furcht  und  Demuth,  dass  er 
von  euch  das  Uebel,  wovor  ihr  euch  fürchtet,  abwende  und 
die  Versuchungen  und  Uebel  der  Welt,  so  wie  die  Geschicke 
von  euch  nehme.  Aehnlich  war  'das  Gebot  Jesu  an  die 
Apostel  und  Muhammeds  an  sein  Volk.  Die  Rechts-  und 
Traditionsgelehrten,  sowie  die  Ergebenen  und  Gottgeweihten 
verwehren  es  sich,  mit  der  Sternkunde  zu  befassen,  denn  dies 
sei  ein  Theil  der  Philosophie,  welche  den  Jünglingen  und  Kna- 
ben verwehrt  sei.  Ein  jeder,  der  die  Religion  und  das  Ge- 
setz, so  viel  ihm  nöthig,  nicht  kennt  dem  frommt  das  Studium 
oder  das  Unterlassen  derselben  nichts.  Wer  aber  der  Ge- 
setzes-Kenntniss  sich  befleissigt,  die  Religion  und  den  Nomos 
recht  treibt,  dem  schadet  die  Betrachtung  der  Philosophie 
nicht,  sie  unterstützt  ihn  vielmehr  zur  wahren  Behandlung 
der  Religion. 


IV.   Geographie, 


Die  vierte  Abhandlung  d.  1.  Br.  ist  der  Geographie  ge- 
widmet, d.  h.  sie  behandelt  den  Zustand  der  Erde  und  wie 
sie  geformt  ist,  auch  den  Grund,  warum  die  Erde  im  Mittel- 
punkt der  Welt  steht. 

Die  Behandlung  dieser  Wissenschaft  ist  nöthig,  damit 
man  erkenne,  dass,  wenn  auch  unser  Körper  aus  irdischen 
Stoffen  sei,  doch  die  Seele  sich  sehne,  in  die  Spährenwelt 
aufzusteigen  etc. 

Zuerst  müsse  man  der  Eigenschaft  der  Erde  gedenken 
ihrer  6  Seiten  und  wie  sie  in  der  Luft  stehen  könne. 

Die  Seiten  sind  Osten,  Westen,  Süden,  Norden,  Oben 
und  Unten. 

Osten  ist,  wo  die  Sonne  aufgeht;  Westen,  wo  sie  unter- 
geht. 

Süden  ist  der  Umkreis  des  Hundssternes,  Norden  da, 
wo  der  Steinbock,  (Polarstern)  und  die  beiden  Kälber  kreisen. 

Oben  ist  dem  Himmel  nah  und  Unten  heisst  dem  Erd- 
ball nah. 

Die  Erde  ist  ein  Rundkörper,  so  wie  eine  Kugel,  sie  steht 
in  der  Luft  mit  all  ihren  Bergen,  Meeren  etc.  Die  Luft 
umgiebt  sie  von  allen  Seiten,  im  Ost  und  West,  im  Süd  und 
Nord,  von  dieser  und  jener  Seite. 

Die  Erde  ist  von  dem  Himmel  an  allen  Seiten  gleic 
weit  ab. 


—     87     — 

Der  grösste  Kreis  auf  der  Erdoberfläche  ist  20400  Mei- 
len, 6800  Parasangen.  Der  Durchmesser  dieses  Kreises,  d.  h. 
der  Erddurchmesser  ist  nahezu  6501  Meilen,  2167  Para- 
sangen. 

Der  Mittelpunkt  der  Erde  ist  ein  in  der  Tiefe  in  der 
Mitte  des  Durchmessers  liegender,  doch  nur  vermutheter 
Punkt.  Er  liegt  von  der  sichtbaren  Oberfläche  der  Erde  und 
der  Oberfläche  des  Wassers  von  allen  Seiten  gleich  weit  ent- 
fernt, da  die  Erde  mit  allem,  was  auf  ihr  ist,  eine  Kugel 
bildet. 

Kein  Theil  von  der  Oberfläche  der  Erde  auf  irgend 
einer  Seite  ist  tief  zu  nennen,  wie  viele  in  der  Betrachtung 
ungeübte  Menschen  wähnen,  denn  sie  meinen,  dass  der  unserer 
Stelle  gegenüber  liegende  Theil  der  Erdoberfläche  der  untere 
Theil  derselben  sei  und  auch  die  Luft,  welche  ihn  auf  dieser 
Seite  umgiebt,  unten  liege.  Dasselbe  gelte  von  der  halben  Sphäre 
des  Mondes,  auch  von  den  anderen  Sphärenhälften  liege  die  eine 
tiefer  als  die  andere,  so  dass  die  tiefste  der  Tiefen  dort  der 
äusserste  Umgebungskreis  sei.  Doch  ist  derselbe  grade  die 
Höchste  der  Höhen.  Wenn  man  sich  übt  in  den  Wissen- 
schaften der  Mathematik,  so  sieht  man  ein,  dass  sich  die 
Sache  gerade  umgekehrt  verhält,  als  jene  meinen.  Das  Nie- 
drigste der  Erde  ist  ein  in  der  Tiefe  derselben,  auf  der  Mitte 
ihres  Durchmessers  gedachter  Punkt,  der  der  Mittelpunkt 
der  Welt  heisst.  Tief  ist  das  im  Innern,  diesem  Mittel- 
punkte Naheliegende,  von  welcher  Seite  der  Erde  es  auch 
sei.  Der  Mittelpunkt  der  Erde  ist  das  Allertiefste.  Aber  die 
sichtbare  Oberfläche,  die  die  Luft  berührt,  und  die  Ober- 
fläche der  Meere  ist  Oben,  und  die  umgebende  Luft  ist  auch 
von  allen  Seiten  über  der  Erde.  Die  Sphäre  des  Mondes 
ist  über  der  Luft.  Dann  ist  die  Sphäre  des  Mercur  darüber 
und  so  die  anderen  Sphären,  eine  über  der  anderen,  bis  zur 
9ten  Sphäre,  welche  über  alle  und  die  Höchste  der  Höhen 
ist.  Ihr  gegenüber  liegt  der  Mittelpunkt  der  Erde,  die 
Tiefste  der  Tiefen. 

Wo  nur  immer  der  Mensch  auf  der  Oberfläche  der  Erde 
steht,  im  Osten,  Westen,  Süden,  Norden,  auf  dieser  oder  jener 


—     88    — 

Seite,  ist  seine  Sohle  immer  über  der  Erde,  und  sein  Kopf 
gen  Oben,  dem  Himmel  zu,  seine  Füsse  aber  unten  an  der 
Erde;  er  sieht  vom  Himmel  nur  die  Hälfte,  die  andere 
Hälfte  aber  verbirgt  ihm  der  Bogen  der  Erde.  Begiebt  sich 
der  Mensch  von  diesem  Orte  zu  einem  anderen,  so  erscheint 
ihm  vom  Himmel  ein  Stück,  was  ihm  auf  der  anderen  Stelle 
verborgen  war. 

Je  19  Parasangen  nennt  man  einen  Grad,  jede  Para- 
sange  ist  3  Meilen,  jede  Meile  4000  Ellen,  jede  Elle  6  Faust 
(pag.  33,  8  Faust),  jede  Faust  4  Finger,  jeder  Finger 
6  Gerstenkörner. 

Der  Grund,  warum  die  Erde  in  der  Mitte  der  Luft  steht. 

Ueber  den  Grund,  weshalb  die  Erde  in  der  Mitte  der 
Luft  stehe,  gelten  4  Aussprüche. 

1.  Der  Himmel  zieht  die  Erde  von  allen  Seiten  gleich- 
massig  an,  deshalb  muss  sie  in  der  Mitte  stehen,  weil  die 
Anziehungskraft  von  allen  Seiten  gleich  ist. 

2.  Er  stösst  sie  mit  gleichen  Kräften  ab,  deshalb  muss 
die  Erde  in  der  Mitte  bleiben. 

3.  Der  Mittelpunkt  zieht  alle  Erdtheile  von  allen 
Seiten  zur  Mitte.  Denn  weil  der  Erdmittelpunkt  zugleich 
der  Mittelpunkt  des  Alls  ist,  ist  er  der  Magnet  der  Schwere. 
Da  nun  die  Theile  der  Erde  schwer  sind,  lassen  sie  sich 
zum  Mittelpunkt  ziehen.  Es  kommt  ein  Theil  dem  anderen 
zuvor  und  gelangt  zum  Mittelpunkt.  Dann  stehen  die  übri- 
gen Theile  um  diesen  Punkt  herum.  Denn  ein  jeder  Theil 
von  ihnen  will  zum  Mittelpunkt  gelangen.  Aus  diesem 
Grunde  ist  die  Erde  mit  allen  ihren  Theilen  eine  Kugel, 
da  sich  alle  Theile  gleichmässig  um  den  Mittelpunkt  grup- 
piren. 

Da  ferner  die  Wassertheilchen  leichter  sind  als  die  Erd- 
theilchen,  steht  das  Wasser  über  der  Erde,  und  da  die  Luft- 
theile  leichter  sind  als  die  Wassertheile,  ist  die  Luft  über 
dem  Wasser.  Endlich,  da  die  Feuertheile  leichter  sind  als 
die  Lufttheile,  sind  sie  in  der  Hohe  dem  Mondkreis  zunächst. 


—     89    — 

4.  Es  lässt  sich  der  Stand  der  Erde  mitten  in  der  Luft 
daraus  erklären,  dass  ein  jedes  Ding  einen  ihm  speziell  zu- 
kommenden, für  ihn  passenden  Ort  hat.  Gott  setzte  für 
einen  jeden  Allkörper,  d.  h.  Feuer,  Luft,  Wasser,  Erde,  einen 
speziellen  Ort,  als  den  für  ihn  passendsten,  fest.  Also  hat  ja 
auch  der  Mond,  der  Merkur,  die  Venus,  die  Sonne,  der  Mars, 
der  Jupiter,  der  Saturn,  eine  ihnen  spezielle  Stelle  im  Himmel 
(eine  Sphäre).  Er  bleibt  darin,  während  die  Sphäre  mit  ihm 
aufschwingt. 


Beschreibung  der  Erde  und  ihre  Eintheilung  in  Viertel. 

Von  dem  Umfang  der  Erde  ist  die  Hälfte  von  dem 
grossen  Umgebungsmeer  bedeckt,  die  andere  Hälfte  ist  da- 
von enthüllt. 

Die  Erde  gleicht  einem  Ei,  dessen  eine  Hälfte  ins  Wasser 
getaucht  ist,  während  die  andere  Hälfte  daraus  hervortaucht. 
Von  dieser  Hälfte  ist  wiederum  eine  Hälfte  wüst,  nämlich  das, 
was  südlich  vom  Aequator  liegt;  die  andere  Hälfte  dagegen 
das  bewohnte  Viertheil,  ist  das,  was  nördlich  vom  Aequator 
liegt. 

Der  Aequator  ist  eine  nur  ideelle  Linie.  Sie  beginnt 
von  Ost  nach  West,  unter  dem  Kreis  vom  Anfang  des  Stern- 
zeichens Widder.  Nacht  und  Tag  sind  stets  auf  dieser  Linie 
einander  gleich.  Von  den  beiden  Polen  steht  dort  der  süd- 
liche immer  fest  im  Horizonte,  am  Kreise  des  Kanopus,  der 
andere  ebenso  im  Norden,  nahe  dem  Steinbock. 


Beschreibung  des  bewohnten  Viertheils. 

In  dem  bewohnten  nördlichen  Viertheil  der  Erde  giebt 
es  7  grosse  Meere,  und  in  jedem  Meere  eine  Anzahl  Inseln. 
Jede  dieser  Inseln  ist  20 — 100,  auch  1000  Parasangen  gross. 

Hier  liegt  das  Meer  von  Rum  (Griechenland)  mit  etwa 
50  Inseln;  dann  das  Meer  von  Sikalia  mit  etwa  30  Inseln, 
dann    das  Meer  von    Gurgan   mit  etwa  5,    (M.  50)    das    von 


—     90    — 

Kolzuin  mit  etwa  15  Inseln  *),  das  von  Persien  mit  7,  das 
von  Sind  und  Hind  (Indien)  mit  etwa  1000  Inseln,  endlich 
das  von  Sin  (China)  mit  etwa  200  Inseln. 

In  diesem  Viertheil  liegen  auch  15  kleinere  Meere,  und 
jedes  derselben  ist  von  20 — 200,  bis  1000  Parasangen  gross; 
einige  sind  süss,  andere  bitter. 

Das  Meer  des  Westens,  das  von  (rog  und  Magog,  das 
von  Zang,  das  grüne  Meer  und  das  Umgebungsmeer,  liegen 
ausserhalb  des  bewohnten  Viertheils.  Alle  diese  Meere  sind 
Abzweigungen  und  Kanäle  vom  Umgebungsmeer  und  sie  alle 
sind  salzig. 

Auf  dem  bewohnten  Viertheil  sind  dann  an  200  Gebirge. 
Ein  jedes  derselben  hat  eine  Länge  von  20 — 100,  auch  1000  Pa- 
rasangen. Einige  davon  gehen  von  Osten  nach  Westen,  andere 
von  Westen  nach  Osten,  noch  andere  von  Norden  nach  Süden, 
oder  von  Süden  nach  Norden.  Noch  andere  schrägen  diese 
Richtung.  Dann  giebt  es  hier  etwa  240  Flüsse,  sie  fliessen  von 
den  Bergen  und  münden  im  Meere,  auch  in  Sümpfen  oder  Tei- 
chen. Sie  bewässern  bei  ihrem  Durchgang  Städte,  Dörfer  und 
Marschen,  und  was  dann  von  ihren  Wassern  übrig  bleibt,  er- 
giesst  sich  in  das  Meer,  und  vermischt  sich  mit  dem  Meerwasser. 
Darauf  wird  es  zu  Dunst,  steigt  in  die  Luft  auf;  es  verdich- 
ten sich  daraus  Nebelwolken,  und  treiben  die  Winde  diesel- 
ben zu  den  Spitzen  der  Berge,  und  in  die  trockenen  Land- 
striche ;  dort  fallen  sie  als  Regen  nieder  und  laufen  in  ihren 
Rinnsalen  und  Strömen  ab.  Sie  kehren  zu  den  Meeren  von  den 
Höhen  wieder  zurück.  Also  ist  ihre  Weise  im  Winter  und 
Sommer. 

Das  ist  die  Bestimmung  des  Herrlichen,  Weisen. 

In  dem  bewohnten  Viertheil  giebt  es  7  Klimate.  Sie 
enthalten  an  17,000  grössere  Städte,  die  etwa  von  1000  Kö- 
nigen beherrscht  werden. 

Dies    gilt   von    einem   Viertheil    des   Erdumfanges.      M 
den  anderen  drei  Viertheilen  verhält  es  sich  anders. 

Die    Abtheilungen    der    7    Klimate    schneiden    das    b 


*)  Pariser  Codex  10  Inseln. 


—     91     — 

wohnte  Viertheil  wie  ausgebreitete  Teppiche.  Ihre  Länge 
geht  von  Osten  nach  Westen,  und  ihre  Breite  von  Süden 
nach  Norden.  Sie  haben  verschiedene  Länge  und  Breite; 
das  längste  und  breiteste  ist  aber  das  erste  Klima. 

Die  Länge  desselben  von  Osten  nach  Westen  ist  etwa 
3000  Parasangen.  Die  Breite  von  Süden  nach  Norden  150 
Parasangen.  Das  kürzeste  derselben  an  Länge  und  Breite 
wäre  das  7te  Klima.  Dasselbe  ist  von  Osten  nach  Westen 
etwa  1500  Parasangen  lang,  und  von  Süden  aus  etwa  70  Pa- 
rasangen breit.  Die  übrigen  Klimate  liegen  an  Länge  und 
Breite  dazwischen.     Also  ist  ihre  Form. 

Diese  7  Klimate  sind  nicht  von  der  Natur  gegebene 
Eintheilungen ;  sie  sind  nur  ideelle  Linien,  welche  die  alten 
Könige,  die  das  bewohnte  Viertheil  durchzogen,  setzten.  Dies 
thaten  sie,  damit  man  die  Grenzen  der  Städte,  Reiche  und 
Strassen  kenne.  Solche  sind  Feridun  a  Ibtini,  *)  die  Himja- 
ritischen  Herrscher,  Suleiman  der  Sohn  Davids  der  Israelit, 
Alexander  der  Grieche,  Ardaschir  Babakan  der  Perser. 

Bei  den  anderen  drei  Viertheilen  hinderten  hohe  Berge 
und  schwierige  Wege,  wogende  Meere,  der  starke  Wechsel 
des  Klimas  von  der  Hitze  zur  Kälte,  und  die  Finsterniss  die 
Bereisung.  Dies  ist  besonders  im  Norden,  unter  dem  Kreis 
des  Steinbocks,  der  Fall.  Denn  dort  ist  es  sehr  kalt.  Sechs 
Monat  ist  dort  Winter  und  fortwährend  Nacht,  und  ist  die 
Luft  dort  sehr  finster,  das  Wasser  gerinnt  durch  die  zu  grosse 
Kälte,  und  geht  Thier  und  Pflanze  unter. 

Dieser  Stätte  gegenüber  im  Süden  beim  Kreis  des  Kano- 
puus  ist  es  6  Monate  Sommer.  Die  Luft  ist  heiss  und  wird 
zum  glühenden  Feuer.  Es  verbrennt  dort  Thier  und  Pflanze 
vor  zu  grosser  Hitze;  man  kann  dort  weder  wohnen  noch 
wandeln. 

Im  Westen  verhindert  das  Umgebungsmeer  die  Reise 
dorthin,  weil  die  Wogen  dort  aneinander  schlagen,  und  es 
so  sehr  finster  ist.  Im  Osten  ist  man  durch  hohe  Berge 
verhindert  zu   wandern.     Somit   sind   die  Menschen   auf  das 


')  Im  Manuscript  heisst  dieser  Herrscher  stets  IVabatli,  der  Nabataeer. 


-     92     - 

bewohnte  Viertheil  der  Erde  beschränkt,  und  wissen  sie  nichts 
von  den  übrigen  drei  Viertheilen. 

Die  Erde  ist  mit  allem,  was  auf  ihr  ist,  Bergen  und  Meeren, 
in  Beziehung  auf  die  Weite  der  Sphären,  nur  wie  der  Punkt 
im  Kreis.  Denn  im  Himmel  befinden  sich  1029  Sterne,  von 
denen  der  kleinste  18 mal  so  gross  als  die  Erde,  und  die 
grösseren  107mal  so  gross  sind.  Wegen  der  grossen  Entfer- 
nung und  der  Weite  der  Sphären  sieht  man  sie  aber  wie  Perlen 
ausgestreut  auf  einem  dunklen  Teppich. 

Bedenkt  der  Mensch  die  Grösse  des  Alls,  so  wird  ihm  die 
Weisheit  des  Schöpfers  klar,  und  er  erwacht  aus  dem  Schlum- 
mer der  Thorheit. 

„Der  Hinblick  auf  die  herrliche  Schöpfung  wird  diesen 
moralisirenden  Philosophen  Anlass  zur  Ermahnung:  Die  An- 
schauung der  Welt  müsse  dem  nach  Weisheit  strebenden  ein 
Antrieb  zu  seiner  Vorbereitung  für  den  Himmel  sein,  wo- 
gegen der  sinnliche  Mensch  einem  thörichten  Wanderer  gleiche, 
der  in  die  herrliche  Stadt  eines  mächtigen  Herrschers  kam. 
Alles  Schöne  und  Herrliche  erblickt  dort  sein  Auge,  aber  er 
greift  nur  nach  den  bereiteten  Speisen  und  Getränken;  er 
übernimmt  sich,  und  verlässt  seiner  unbewusst  und  trunken 
die  Stadt,  ohne  etwas  von  der  wahren  Schönheit  derselben 
wahrzunehmen." 

Die  Grenzen  der  7  Klimata 

werden  nach  den  Stunden  des  Tages  und  dem  Plus  zwischen 
ihnen  berechnet.  Steht  die  Sonne  im  Anfang  des  Stern- 
zeichens „Widder"  ist  Tag  und  Nacht  in  diesen  Klimaten 
einander  gleich.  Durchwandert  dann  die  Sonne  die  Grade 
von  den  Sternzeichen  Widder,  Stier  und  Zwillinge  werden 
die  Stunden  des  Tages  eines  jeden  Klimas  verschieden,  so 
dass,  wenn  sie  zum  Ende  der  Zwillinge  und  zum  Anfang  des 
Krebses  kommt,  der  Tag  in  der  Mitte  des  ersten  Klimas  13, 
des  zweiten  1372,  des  dritten  14,  des  vierten  14J/2  Stunden 
lang  ist. 

In  der  Mitte  des  fünften  Klimas  ist  er  15  Stunden,  in  der 
Mitte  des  sechsten  Klima  15  V*  und  in  der  Mitte  des  siebenten 


—     93     - 

Klimas    grade   1(5  Stunden.     An  den  Orten    unter,  der  Breite 
von  66  bis  90  Grad  ist  es  die  ganzen  24  Stunden  Tag. 

Dies  näher  auszuführen,  würde  zu  weit  führen ;  es  ist  im 
Almagist  dargethan. 

Länge  eines  Ortes  oder  einer  Stadt  ist  ihre  Entfernung 
vom  äussersten  Punkt  des  Westens,  Breite  bedeutet  ihre  Ent- 
fernung  vom  Aequator. 

Aequator  ist  der  Ort,  wo  Nacht  und  Tag  stets  einander 
gleich  sind. 

Eine  jede  Stadt  auf  dem  Aequator  hätte  0  Breite,  und 
eine  Stadt  im  äussersten  Westen  hätte  0  Länge.  Vom 
äussersten  Westen  bis  zum  äussersten  Osten  sind  180  Grad; 
ein  jeder  Grad  ist  19  Parasangen  gross,  und  eine  jede  Stadt, 
deren  Länge  90  Grad  ist,  liegt  in  der  Mitte  zwischen  Ost 
und  West.  Eine  Stadt  mit  höheren  Längengraden  liegt  näher 
gen  Osten,  eine  solche  mit  geringeren  Längengraden  liegt 
näher  an  Westen. 

Von  je  2  Städten  liegt  die  mit  grösserer  Länge  und 
Breite  näher  an  Osten  und  Norden,  als  die  andere.  Die 
Differenz  zwischen  beiden  in  der  Breite  ist  nahezu  bei  jedem 
Grade  19  Parasangen.  Bei  den  Längengraden  ist  aber  ihre 
Differenz  verschieden.  Auf  dem  Aequator  ist  ein  jeder  Grad 
in  der  Länge  19  Parasangen,  im  ersten  Klima  17  Parasangen, 
im  zweiten  15,  im  dritten  13,  im  vierten  10,  im  fünften  7, 
im  sechsten  5,  im  siebenten  aber  nur  3  Parasangen. 

Städte  ausser  den  sieben  Klimaten  sind  alle  die,  welche 
vom  12ten  Grade  nördlicher  Breite  nach  dem  Aequator  zu  lie- 
gen.   Die  erste  davon  wäre  die,  welche  dem  Osten  nahe  liegt. 

Die  Städte  des  ersten  Klimas  gehören  dem  Saturn  an, 
die  Länge  dieses  Klimas  geht  von  Ost  nach  West  9000  Meilen 
=  3000  Parasangen,  seine  Breite  reicht  von  Süd  nach  Nord 
440  Meilen  r=  etwa  146  Parasangen.  Ihre  erste  Grenze 
ist  in  der  Nähe  des  Aequators,  da  wo  die  Polhöhe  (d.  h.  die 
Erhebung  des  Nordpols  des  Himmels  über  den  Horizont) 
13  Grad  ist.  Denn  die  ersten  13  Grad  liegen  ausserhalb  des 
bewohnten  Viertels.    Die  Stunden  seines  längsten  Tages  sind 


—     94     — 

12  -{-  y/i  ~\-  Y^.  Die  Mitte  dieses  Klimas  ist  da,  wo  die  Pol- 
höhe 162/3  Grad  über  dem  Horizont  steht.  Der  längste  Tag 
zählt  hier  nicht  mehr  als  13  Stunden. 

Die  Südgrenze  des  zweiten  Klimas  ist  da,  wo  die  Pol- 
höhe über  dem  Horizont  20 Y2  Grad  ist,  der  längste  Tag 
währt  da  13y4  Stunden.  In  diesem  Klima  giebt  es  etwa 
20  hohe  Berge,  die  20-100  — 1000  Parasangen  lang  sind. 
Auch  giebt  es  hier  30  (G.  80)  Flüsse,  20  - 100  —  1000  Para- 
sangen lang.  Es  enthält  etwa  50  grössere  Städte.  Die  Nord- 
grenze dieses  Klimas  beginnt  im  Osten,  nördlich  von  der 
Insel  Jaqut  (Java?),  geht  über  die  Distrikte  des  (südlichen) 
(pin  (China),  dann  nördlich  von  den  Strichen  Serendib's 
(Ceylon),  durchschneidet  die  Mitte  der  Districte  von  Hind 
(Indien),  so  wie  die  Mitte  der  Striche  von  Sind.  Sie  geht 
dann  durch  das  persische  Meer  südlich  von  den  Strichen 
Omans,  geht  mitten  durch  die  Districte  von  Schihr,  schneidet 
Jemen  mitten  durch,  geht  dann  durch  das  Meer  von  Qolzum, 
geht  mitten  durch  Habesch  (Abessinien),  durchschneidet  den 
Nil  von  Egypten,  läuft  dann  über  Nubien  und  mitten  durch 
das  Land  der  Berber  und  das  der  Libyer  *),  geht  dann 
südlich  von  dem  Lande  Maritana  (Mauretanien)  und  läuft  im 
Meere  des  Westens  aus.  Die  meisten  Leute  in  den  Land 
strichen  dieses  Klimas  sind  alle  schwarz.     Gott  weiss  es. 

Die  Städte  dieses  Klimas  liegen  alle  zwischen  dem  13.— 
20.  Grad  nördlicher   Breite,   und   die    östlichste  derselben  ist 
die  erste. 

Das  zweite  Klima  gehört  dem  Jupiter  an.  Seine  Länge 
ist  von  Ost  nach  West  8,600**)  Meilen,  seine  Breite  vor 
Süd  nach  Nord  400  Meilen.  Seine  Südgrenze,  die  an  das 
Klima  des  Saturn  reicht,  ist  da,  wo  die  Polhöhe  über  dem 
Horizont  2OV2  Grad  ist.  Sein  längster  Tag  zählt  13Y2  Stunde. 
Die  Mitte  ist  da,  wo  der  Nordpol  24°  6'  hoch   steht,     Hiei 


*)  Im  Manuscript,  das  besonders  in  den  Namen  fehlerhaft  ist,  steht 
bula,  nach  den  arabischen  Buchstaben  liegt  die  Conjectur  al-lubi   wohl  ns 
•*)  Fehlerhaft  im  Manuscript  7600.     (G.  9600). 


—     95     — 

dauert  der  längste  Tag  131/«  Stunden.  Die  zweite  (Nord-) 
Grenze  ist  da,  wo  die  Polhöhe  über  dem  Nordpunkt  27 V* 
Grad  erreicht;  hier  dauert  der  Tag  1372  -}"  lA  Stunde.  In 
diesem  Klima  giebt  es  etwa  17  lange  Gebirge  und  ebensoviel 
lange  Flüsse,  es  enthält  etwa  50  grössere  bekannte  Städte. 

Die  nördliche  Grenzlinie  des  zweiten  Klimas  beginnt  im 
Osten ,  geht  mitten  durch  die  Districte  von  Cin  und  nördlich 
bei  denen  von  Serendib  vorüber,  geht  dann  durch  die  nörd- 
lichen Bezirke  Indiens,  zieht  vorüber  bei  den  Districten 
[Qandahars ,  geht  mitten  durch  Kabul  *)],  nördlich  von  Sind 
und  nördlich**)  von  den  Strichen  von  Makran.  Diese  Grenz- 
linie schneidet  dann  das  persische  Meer,  geht  über  die  Striche 
Oman's,  geht  mitten  durch  die  Districte  Arabiens,  schneidet 
das  Meer  von  Qolzum,  geht  dann  nördlich  von  Habesch  und 
südlich  von  der  Sa'ide  (Ober-Egypten) ,  sie  schneidet  den 
Nil  dort,  geht  dann  mitten  durch  die  Striche  von  Barqa  und 
Afriqa,  nördlich  von  den  Berberstaaten  und  südlich  von 
Qairuwan,  geht  dann  mitten  durch  Maritana  (Mauretanien) 
und  endet  im  Westmeer.  Die  meisten  Einwohner  dieses 
Klimas  haben  eine  vom  röthlichen  zum  schwarzen  über- 
gehende Farbe.  Gott  weiss  es.  —  Von  den  Städten  in  diesem 
Klima  ist  die  erste  die  dem  Osten  am  nächsten  liegende 
äusserste  Stadt  Chinas. 

Das  dritte  Klima  ist  das  des  Mars,  es  ist  von  Ost  nach 
West  8,200  Meilen  lang  und  von  Süd  nach  Nord  350  Meilen 
breit,  es  geht  von  2772°  bis  zu  3372°,  seine  Mitte  ist  da, 
wo  die  Polhöhe  über  dem  Horizont  30 -|- 72  +  V5  C/io)  Grad  ist. 
Der  längste  Tag  dieses  Klimas  dauert  gerade  14  Stunden,  dies 
Klima  enthält  33  lange  Gebirge,  22  Flüsse  und  128  grössere 
bekannte  Städte.      Die  Grenzlinie  dieses  Klimas    beginnt  im 


*)  Die  in  Klammern  eingeschlossenen  Worte  stehen  zwar  im  Text,  doch 
sind  sie  offenbar  ans  Versehn  der  Schreiber,  welche  diese  Angaben  von 
der  Karte  abschrieben  und  von  einein  Klima  sich  in  das  andere  verirrten, 
entstanden.      Ebenso  hat  cod.  Goth. 

"'*)  Das  Manuscript  hat  südlich  ein  Versehn  derselben  Art,  wenn  man 
nicht  für  Makrän,  Karmaii  lesen  will. 


—     96     — 

Osten,  geht  nördlich  von  China,  südlich  von  Jadjudj  und 
Madjudj ,  nördlich  über  Indien  und  südlich  von  den  tür- 
kischen Districten,  dann  mitten  durch  Kabul  und  über  die 
Striche  von  Qandahar  [und  die  von  Makran],  dann  südlich 
von  den  Strichen  Sedjistans,  mitten  durch  Kerrnan,  durch- 
schneidet Persien  am  Meere,  geht  über  die  Striche  Iraq's 
im  Süden  [geht  südlich  vorüber  von  Dijarbekr]  und  nördlich 
von  Arabien,  dann  geht  diese  Grenzlinie  mitten  durch  Scham 
(Syrien)  und  über  Aegypten  durch  Alexandria,  mitten  durch 
Marmariqi,  mitten  durch  Qasija,  mitten  durch  Qairuwan, 
mitten  durch  Tandja  und  endet  im  Westmeer,  die  meisten 
Bewohner  dieser  Districte  sind  roth.  —  Zu  diesem  Klima 
gehören  alle  Städte  von  27°  30'  bis  33°  30'  nördlicher 
Breite. 

Das  vierte  Klima  hat  eine  Breite  von  Ost  nach  West 
von  7,800  Meilen,  seine  Breite  beträgt  von  Süd  nach  Nord 
350  Meilen,  es  reicht  von  33°  30'  bis  zu  39°.  Die  Polhöhe 
(der  Mitte  des  Klimas)  36°  50'.  Der  längste  Tag  dauert 
14Y2  Stunden.  In  diesem  Klima  giebt  es  25  Berge,  22  grosse 
Flüsse  und  etwa  212  grosse  bekannte  Städte.  Das  Klima 
beginnt  vom  Osten,  geht  nördlich  von  China,  und  südlich 
von  Jadjudj  und  Madjudj,  geht  dann  durch  das  südliche 
Turk  und  nördliche  Indien  durch  Tokharistan,  geht  nördlich 
von  Balkh  und  Bamian,  geht  dann  [nördlich  von  Makran], 
geht  mitten  durch  Sedjistan  [und  Kerman],  dann  durch 
Persien  und  die  Districte  Khuzistan,  dann  mitten  durch  Iraq 
und  mitten  durch  Diar-Rebi'a  und  Diar-Bekr,  dann  geht  sie 
südlich  von  Thughr  (Cilicien)  und  nördlich  von  Syrien. 
Diese  Linie  durchschneidet  dann  mitten  das  Meer  von  Rum 
und  die  Insel  von  Qibris  (Cypern),  geht  im  Meer  nördlich 
von  Aegypten  und  Alexandria,  geht  dann  bei  der  Insel  Si- 
qälia  und  nördlich  von  Marmariqi  und  Qasija  und  Qairuan 
und  Tandja  vorüber,  und  endet  im  Westmeer.  Die  meisten 
Bewohner  dieser  Districte  haben  eine  Farbe  zwischen  roth 
und  weiss.  Dies  Klima  ist  das  der  Propheten  und  Weise 
es  liegt  in  der  Mitte  und  hat  3  Klimata  im  Süden  und  3  i 
Norden.     Auch   hat   es   bei   der   Sonnentheilung   am  meist 


—    97    — 

Licht.  Die  Bewohner  dieses  Klimas  haben  die  beste  Anlage 
und  den  besten  Charakter.  Nach  ihnen  kommen  dann  die 
Bewohner  der  2  Seiten -Klima  des  dritten  und  fünften.  Die 
Bewohner  der  andern  Klimata  stehen  in  ihrer  Anlage  diesen 
bei  weitem  nach,  denn  ihre  Brust  ist  hässlich  und  ihre  Natur 
wild,  wie  dies  bei  den  Zandj  und  Abessiniern  und  den  meisten 
Völkern  des  zweiten,  des  sechsten  und  siebenten  Klimas 
stattfindet,  so  bei  den  Jadjudj  und  Madjudj,  Bulgaren,  Sla- 
ven  und  anderen.  Die  Städte  des  vierten  Klimas  liegen 
zwischen  33°  30'  bis  39°. 

Das  fünfte  Klima  gehört  der  Venus  an,  es  ist  von  Ost 
nach  West  7,400  Meilen  lang  und  von  Süd  nach  Nord  255 
Meilen  breit,  es  reicht  vom  39°  bis  zum  43 Y2.0  In  der  Mitte 
ist  die  Polhöhe  41 Y30  und  der  längste  Tag  dauert  gerade 
15  Stunden,  es  hat  etwa  30  Berge  und  15  Flüsse  und  zählt 
etwa  200  bekannte  grosse  Städte.  Im  Osten  beginnt  die 
Grenze  mitten  im  Lande  Jadjudj  und  Madjudj;  dann  geht 
sie  mitten  durch  die  Türken,  durch  Ferghana  [und  Isbidjab], 
dann  mitten  durch  Soghd  und  Mawar-en-nahr ,  sie  schneidet 
den  Djihon,  geht  mitten  durch  Khorasan,  [nördlich  von 
Sedjistan  und  Kerman],  geht  nördlich  von  Persien  mitten 
durch  Rai  und  Mahan,  nördlich  von  Iraq,  südlich  von  Azer- 
bidjan,  mitten  durch  Arminia,  nördlich  von  Thughr,  dann 
mitten  durch  Rum  (Klein -Asien),  durchschneidet  dort  den 
Kanal  von  Konstantinopel,  geht  nördlich  durchs  Meer  von 
Rum  (mittelländische  Meer),  und  mitten  durch  Rumija  (Ita- 
lien) ,  geht  nördlich  vom  Tempel  der  Venus  *),  mitten  durch 
Andalusien  und  verläuft  im  Westmeer.  Die  meisten  Be- 
wohner dieser  Landstriche  sind  weiss.  Die  Städte  desselben 
liegen  zwischen  39  und  43°  30'. 

Das  sechste  Klima  gehört  dem  Merkur,  es  ist  von  Ost 
nach  West  7000  Meilen  lang  und  von  Süd  nach  Nord  220**) 
Meilen  breit,   es   reicht  von  43 Y2 — 47 Y40.      In  seiner  Mitte 


*)  Der   Venushafen  am    Ostende  der  Pyrenäen,  jetzt  Port  Vendres. 
**)  Par.  200,  Goth.   220,  Münch.  210,  richtig  214. 

Dieterioi,  arab.   Propaedeutik.  7 


—    98     — 

beträgt  die  Polhöhe  über  dem  Horizont  45  °  30',  sein  längster 
Tag  dauert  V&xfe  Stunden.  In  diesem  Klima  giebt's  22  lange 
Berge,  32  lange  Ströme  und  70  grosse  Städte;  die  Grenz- 
linie läuft  nördlich  von  Jadjudj  und  Madjudj ,  dann  südlich 
von  Sistan  und  Taghazghaz,  geht  dann  mitten  durch  Khaqan, 
südlich  von  Kaimak,  nördlich  von  Isbidjab,  Soghd  und  Ma- 
war-en-nahr;  die  Grenzlinie  geht  dann  mitten  durch  Kharizm, 
nördlich  von  Djordjan  und  Taberistan  und  geht  mitten  durch 
die  Striche  von  Azerbidjan,  dann  mitten  durch  Armenien 
und  Malatia,  nördlich  vom  Meere  Filistin,  dann  nördlich  von 
Konstantinopel,  mitten  durch  Makedunia  [mitten  durch  das 
nördliche  Afrika] ,  es  geht .  südlich  durch  das  Meer  von  Si- 
qalia,  nördlich  vom  Tempel  der  Venus  und  endet  im  West- 
meer. Die  meisten  Bewohner  dieses  Klimas  sind  röthlich 
weiss,  auch  weiss;  hierher  gehört  jede  Stadt  mit  der  Breite 
von  43°,  30  —  47°  15'. 

Das  siebente  Klima  gehört  dem  Mond  an,  es  ist  von 
Ost  nach  West  6,600  Meilen  lang  und  von  Süd  nach  Nord 
185  Meilen  lang,  es  reicht  von  47°  15'  bis  zu  ÖO1^0.  Die 
Mitte  ist  da,  wo  die  Polhöhe  über  dem  Horizont  482/3°  ist, 
der  längste  Tag  ist  gerade  16  Stunden.  In  diesem  Klima 
giebt's  etwa  10  Gebirge,  40  lange  Flüsse  und  etwa  22  grössere 
Städte. 

Die  Grenze  beginnt  im  Osten,  nördlich  (msc.  südlich) 
von  Jadjudj  und  Madjudj,  geht  dann  südlich  von  Sistan. 
dann  geht  sie  durch  die  Striche  Ghorghor  (M.  Thugr),  durcl 
die  von  Kaimak,  dann  südlich  von  Allan,  nördlich  von: 
Meere  Djordjan  und  der  Striche  von  Khalnadj  (Knalidj),  dam 
über  Djilan,  das  Thor  der  Thore  (mitten  im  Kaukasus),  mittel" 
durch  das  Meer  Bontus,  südlich  von  Burdjun,  nördlich  von  Ma- 
qedunia  südlich  vom  Meere  der  Slaven  und  dann  südlich  voi 
der  Insel  Alba  (Albion?)  und  verläuft  ins  Westmeer.  Di< 
meisten  Bewohner  dieser  Striche  sind  röthlich  weiss,  all* 
Städte  zwischen  47,  15  bis  50°  gehören  hierher. 

„Die  Abhandlung  stellt  nun  dar,  wie  die  Menschen  ii 
diesen  verschiedenen  Klimaten  in  Sprache,  Farbe,  Charakter 
Sitten   und    Gewohnheiten,   in   ihren   Werken    und    Arbeitei 


I 


—    99     - 

verschieden  wären,  ebenso  wie  auch  die  Thiere,  Pflanzen  und 
Minerale  in  Gestalt,  Geschmack,  Farbe  und  Geruch  von  ein- 
ander abwichen.  Der  Grund  hiervon  liege  in  der  Verschie- 
denheit der  Luft  und  Landstriche,  in  der  Süsse  und  Salzig- 
keit des  Wassers,  und  alles  dies  hänge  wieder  von  den 
Sternzeichen  (den  12  Zeichen  des  Thierkreises)  mit  ihren 
Graden,  wenn  sie  über  die  Striche  dieser  Länder  aufgingen, 
ab,  und  ihr  Aufgang  stehe  im  Verhältnisse  zu  den  Ueber- 
a-än^en  der  Gestirne   durch  den  Zenith  dieser  Landesstriche, 

ÖD  ' 

wie  denn  auch  der  Strahlenwurf  der  Gestirne,  der  von  den 
Himmelspunkten  (Nord,  Süd,  Ost,  West)  auf  diese  Stätten 
stattfinde,  dies  bewirke. 

Ein  alter  König  hätte  einst  alle  Stätte  des  bewohnten 
Viertels  zählen  lassen  und  mehr  denn  17,000  Städte  wären 
o-ezählt  worden.  Die  Zahl  der  Städte  nehme  aber  zu  und  ab, 
nach  der  Constellation  der  Gestirne,  je  nachdem  sie  zum 
Glück  oder  Unglück  der  Welt  stattfand." 


7* 


V.  Musik. 


Wir  haben  in  zwei  Abhandlungen  die  Kunstwerke  gei- 
stiger Wissenschaft,  d.  h.  die  Gattungen  der  Wissenschaften 
hervorgehoben,  und  ebenso  der  leiblichen  Künste  gedacht, 
indem  wir  angaben,  worin  eine  jede  Kunst  der  beiden  be- 
ruhe, wie  viel  Arten  sie  habe  und  was  das  von  ihnen  ange- 
strebte Ziel  sei  [71].  Wir  wollen  jetzt  in  dieser  Abhand- 
lung die  Musik,  die  aus  Körper  und  Geist  zusammen  gebil- 
dete Kunst,  behandeln.  Dies  ist  nun  die  Kunst  der  Com- 
position,  die  in  der  Erkenntniss  der  Relation  beruht,  doch 
keine  Unterweisung  in  Gesang  und  Spiel,  wenn  wir  auch 
dergleichen  mit  erwähnen. 

Alle  Künste  werden  mit  den  beiden  Händen  ausgeübt, 
denn  die  für  dieselben  gesetzten  Stoffe  sind  eben  nur  Natur- 
körper, und  das  durch  sie  hervorgebrachte  sind  körperliche 
Gestaltungen.  Die  Musikkunst  allein  macht  davon  eine  Aus- 
nähme,  denn  der  dazu  gesetzte  Stoff  ist  nur  geistige  Sub- 
stanz, nämlich  die  Seele  der  Hörer  und  die  Einwirkungen 
auf  dieselben. 

Die  Weisen  der  Musik  sind  Laute  und  Töne,  die  auf 
die  Seele  denselben  Eindruck  machen,  wie  die  Künste  der 
Künstler  auf  die  ihrer  Kunst  gesetzten  Stoffe  hervorbringen, 
denn  diese  Melodien  und  Töne  bewegen  die  Seele  zu  schwerer 


—    101     — 

Arbeit  und  mühevoller  Kunst,  auch  erheitern  sie  dieselben 
und  stärken  ihren  Entschluss  zu  dem  für  die  Körper  an- 
strengenden und  ermüdenden  Werk.  Als  Beispiel  dienen 
die  ermuthigenden  Kampfgesänge  und  der  Preis  der  Helden, 
cf.  „War  ich  von  Masen's  Stamm,  so  nahmen  mir  mein  Vieh. 
Die  Findelkindes  Kinder  von  Dhuhl  ben  Schaiban  nie." 

Dann  zur  Erregung  und  Entflammung  des  Zorns  den 
geheimen  Hass  anzufachen,  so:  „Gedenket  des  Schlachtfelds 
von  Husein  und  Zaid  und  des  an  der  Seite  von  Mihras 
(Mörser,  Felsen)  Erschlagnen. 

Es  giebt  Gesänge,  die  Feindschaft,  und  andere,  die 
Freundschaft  anzuregen. 

Zwei  Männer,  deren  Hass  beim  Gelage  entbrannte,  waren 
durch  die  Musik  besänftigt  und  zu  Freunden  umgewandelt 
worden. 

Es  giebt  Weisen  und  Töne,  welche  die  Seele  aus  einem 
Zustande  in  einen  andern  versetzen  und  ihre  Natur  von 
einem  Gegentheil  ins  andere  umwandeln.  Einst  war  eine 
Gesellschaft  von  Musikern  bei  einem  grossen  Oberhaupt  ver- 
sammelt, der  ordnete  ihre  Reihen  nach  ihrer  Tüchtigkeit. 
Darauf  [72]  trat  ein  Mann  in  abgenutzten  Kleidern  ein,  und  den 
erhob  jener  über  alle  anderen,  was  alle  verwunderte  und 
erzürnte.  Aber  der  Vorsteher  bat  jenen  Mann,  sie  etwas 
hören  zu  lassen,  worauf  er  Hölzer  herausholte,  sie  zusam- 
menfugte und  mit  Saiten  überspannte,  die  er  dann  zu  rühren 
begann.  Er  brachte  alle  Versammelte  zum  Lachen  wegen 
der  Lust  und  Freude,  die  er  in  ihre  Seelen  senkte.  Darauf 
änderte  er  die  Saiten  und  bewegte  sie  in  andrer  Weise.  Er 
brachte  durch  die  Zartheit  seiner  Weisen  alle  zum  Weinen 
und  zur  Trauer.  Wiederum  änderte  er  die  Saiten  und  wiegte 
alle  in  Schlummer,  worauf  er  still  und  unerkannt  entwich. 

Deshalb  gebraucht  man  die  Musik,  einmal  beim  Freuden- 
und  Festgelag,  bei  Hochzeiten  und  Gelagen,  dann  aber 
wieder  bei  Trauer-,  Unglücks-  und  Todesfällen.  Sie  wird 
in  den  Häusern  des  Gottesdienstes,  bei  Festen,  auf  Märkten, 
auf  den  Stationen  und  bei  Reisen  zur  Erholung  und  bei  Abmat- 
tung, in  den  Gesellschaften  der  Könige,  und  dann  wieder  auf 


—     102     — 

Marktorten  angewandt;  man  sieht  sie  von  Männern,  Weiber 
und  Kindern  ausgeübt. 

Eine  jede  Kunst  wird  von  den  Weisen  hervorgebradb 
und  von  den  Leuten  erlernt;  dieselben  sind  ein  Erbgut  de 
Weisen  an  das  Volk  und  ein  Vermächtniss  von  den  Meister 
an  die  Schüler.  Auch  die  Musik  ward  also  geschaffen  un 
den  verschiedenen  Zielen  gemäss  bearbeitet. 

Die  Leute  der  Culte  wandten  dieselbe  bei  Opfern,  Aul 
rufungen  und  dergleichen  an,  so  David  beim  Herlesen  de. 
Psalmen. 

Also  thun  die  Christen  in  ihren  Kirchen  und  die  Muj 
lim  in  den  Moscheen;  sie  lesen  mit  lieblicher  Modulatio 
und  Weise;  dies  geschieht,  die  Herzen  zu  erweichen  und  di 
Seelen  zu  demüthigen,  dass  sie  sich  mit  Gebot  und  Verb( 
leiten  lassen,  ihre  Sünden  bereuen  und  zu  Gott  dadurch  um: 
kehren,  dass  sie  die  Satzungen  der  Culte  beobachten. 

Einer  der  Gründe,  der  die  Weisen  bewog,  die  Culte  au: 
zustellen  und  deren  Satzungen  zu  erfüllen,  ist  der,  dass  ihne 
aus   dem   Entscheid   der    Sterne    Glück    und   Unglück    scho 
beim  Anfang   der    Conjunctionen   und   dem  Wandel   der  Ze 
klar  ward,   wie:   Theurung,   Mangel,    Pest,   Uebel   etc.     E 
suchten  sie  nun  Mittel,   das  Uebel  abzuwenden.      Sie   fände 
nichts  Eingreifenderes  und  nichts  Nützlicheres,  als  die  Satzui 
gen   der   Culte    aufzustellen,     Gebet,    Opfer,    Anrufungen 
Demuth,   um  durch  Selbsterniedrigung,  Weinen    und   Bitte 
Gott  zu  bewegen,  solches  Unheil,   so    schon  die   Sterne   en 
schieden,  abzuwenden;  [73]  sie  wandten  zu  dem  Ziel,  die  Me] 
sehen  zur  wahren  Reue  zu  führen,  auf  dass  Gott  ihnen  ve 
gebe  und  das  Uebel  abwende,   den  Trauergesang,  besonde 
bei  Opfern,  Anrufungen  und  Gebeten  an. 

Ebenso  brachten  sie  eine  andre  Weise  vor,  den  Heide] 
sang,  den  wandten  die  Heerführer  bei  den  Kämpfen  ui 
der  Feldschlacht  an,  den  Seelen  Tapferkeit  und  Muth  5 
gewinnen. 

Eine  andere  Weise  brauchten  sie  in  den  Krankenhä 
sern  zur  Morgenzeit,  den  Schmerz  der  Krankheiten  bei  d 


—     103    — 

Leidenden  zu  lindern,  ihre  Gewalt  zu  brechen  und  sie  von 
vielen  Uebeln  zu  heilen. 

Eine  andre  Weise  brauchten  sie  bei  Unglücks-,  Trauer- 
uncl  Todesfällen,  die  tröstete  die  Seelen,  erleichterte  den 
Schmerz,  besänftigte  die  Trauer. 

Eine  andere  Weise  wandte  man  bei  schwerer  Arbeit 
und  mühevollem  Werke  an;  so  thun  die  Lastträger  und  die 
Bauleute,  die  Kahnschlepper  und  Bootsleute,  um  die  Abmat- 
tung  ihrer  Leiber  und  Abspannung  ihrer  Seelen  dadurch 
zu  erleichtern. 

Eine  andre  Weise  wendet  man  zur  Lust  und  Freude  und 
Erheiterung  bei  Hochzeitgelagen  und  Schmausereien  an,  die 
ist  in  unsrer  Zeit  viel  in  Gebrauch. 

Auch  braucht  man  die  Musik  bei  Thieren;  so  thun  die 
Treiber  der  Kameele,  ihre  Thiere  auf  der  Reise  und  in 
dunkler  Nacht  zutreiben,  dass  die  Dromedare  auf  dem  Marsch 
lebhaft  seien  und  die  Lasten  ihnen  leichter  werden. 

Auch  die  Treiber  von  Kleinvieh,  Rindern  und  von  Pfer- 
den zischen,  wenn  sie  zum  Tranke  niedersteigen,  dass  jene 
lüstern  würden  zum  Trank  des  Wassers. 

Einen  andern  Ton  haben  sie  sie  zum  Besprung  und  zum 
Harnen  zu  reizen. 

Noch  andere  Töne  haben  sie  beim  Milchen,  dass  die 
Milch  reichlich  fliesse. 

Auch  gebrauchen  die  Jäger  der  Gasellen,  der  Frankolin 
und  Katha  und  andere  Vogelsteller  Weisen  in  der  dunklen 
Nacht,  dass  die  Thiere  stehen  bleiben  und  sich  mit  der  Hand 
greifen  lassen. 

Auch  haben  die  Weiber  für  ihre  Kinder  noch  andere 
Weisen,  sie  beim  Weinen  zu  beruhigen  und  sie  einzuschlä- 
fern. 

Demnach  ist  klar,  dass  alle  Völker  die  Musik  verwen- 
den und  alle  Creaturen,  die  Gehör  haben,  sich  daran  er- 
götzen und  ihre  Einwirkung  auf  ihre  geistigen  Seelen  fühlen, 
gerade  so  wie  die  anderen  Künste  Wirkungen  auf  die  leib- 
lichen Stoffe  ausüben. 


—     104    — 

Die  Musik  ist  Werkzeug  des  Gesangs,  der  Gesang  be- 
steht in  componirten  Weisen,  die  Weisen  sind  auf  einander 
folgende  Töne,  und  die  Töne  sind  gewogene  Laute.  Laut 
aber  ist  ein  Stoss,  der  in  der  Luft  dadurch  entsteht,  dass 
zwei  Körper  einer  an  den  andern  zusammentreffen;  (cf.  das 
Nähere  in  der  Abhandlung  der  sinnlichen  Wahrnehmung,) 
davon  müssen  wir  etwas  hier  hervorheben. 

Wie  die  Hörkraft  die  Laute  erfasse. 

Die  Laute  zerfallen  in  zwei  Arten,  in  thierische  und 
nichtthierische. 

Die  nichtthierischen  wieder  theilen  sich  in  zwei  Arten, 
natürliche  und   instrumentale. 

Natürliche  sind  solche,  wie  der  Schall  des  Steins,  des 
Eisens,  des  Holzes,  des  Windes  und  andrer  Körper,  die  keinen 
Oden  haben,  also  die  Concreten.     [74] 

Instrumental  aber  ist  der  Schall  der  Trommel,  der  Po- 
saune, der  Blas-  und  Saiteninstrumente. 

Die  thierischen  Laute  zerfallen  in  zwei  Arten,  in  Rede 
und  Nichtrede. 

Nichtrede  sind  die  Laute  aller  unvernünftigen  Geschöpfe. 
Rede  sind  die  Laute  der  Menschen,  sie  zerfällt  in  zwei  Ar- 
ten, in  sinngebende  und  nichtsinngebende,  so  Lachen,  Wei- 
nen, Schreien,  kurz  jeder  Laut  der  buchstablos  ist.  Sinnge- 
bend ist  dagegen  die  Rede  und  sind  die  Worte,  die  aus  Buch- 
staben bestehen.  Alle  diese  Laute  sind  stets  nur  ein  Stoss,  ' 
der  in  der  Luft  durch  die  Collision  von  Körpern  entsteht. 

Die  Luft  dringt,  weil  sie  so  fein  und  von  leichter  Sub- 
stanz ist,  auch  ihre  Theile  sich  so  rasch  bewegen  durch  alle 
Körper.  Stösst  nun  ein  Körper  an  den  andern,  so  wird  die 
Luft,  die  zwischen  beiden  ist,  gehäuft,  ihre  Theile  stossen  ' 
aneinander  und  wogen  nach  allen  Seiten  hin,  aus  der  Bewe- 
gung entsteht  eine  Rundgestaltung  diese  erweitert  sich,  wie 
die  Flasche  sich  durch  das  Einblasen  der  Luft  von  dem 
Glaser  erweitert.  Wenn  diese  Figur  sich  erweitert,  wird 
ihre  Bewegung  schwächer  und  wogt,  bis  sie  ruht  und  schwindet. 


—    105    — 

Ist  nun  ein  Mensch  oder  ein  anderes  Geschöpf  mit 
Ohren  gegenwärtig  und  diesem  Ort  nah,  so  wogt  diese 
Luft  in  ihrer  Bewegung  und  dringt  in  seine  beiden  Ohren, 
sie  gelangt  zu  den  beiden  Ohrhölen  am  Hintertheil  des  Ge- 
hirns. Die  dortige  Luft  wogt  ebenfalls,  und  empfindet  die 
Hörkraft  diese  Bewegung  und  diese  Veränderung. 

Ein  jeder  Ton  hat  eine  Weise,  eine  Form  und  eine 
geistige  Haltung,  die  dem  eines  anderen  Tones  entgegensteht 
denn  die  Luft  trägt  wegen  der  Feinheit  ihrer  Substanz  und 
zarten  Natur  einen  jeden  Ton  in  seiner  Haltung  und  Form 
und  erhält  denselben,  damit  sich  nicht  einer  mit  dem  andern 
vermische  und  ihre  Haltung  verderbe,  bis  er  zu  dem  äusser- 
sten  Ziel  bei  der  Hörkraft  anlange  und  diese  ihn  zu  der 
Vorstellungskraft  gelangen  lasse,  dessen  Sitz  im  Vordertheil 
des  Gehirns  ist.  Also  ist  die  Bestimmung  des  Herrlichen, 
Wissenden,  der  euch  Ohr  und  Auge  und  Herz  gab. 

Wie  die  verschiedenen  Arten  von  dein  Zusaminenstoss  des  Körpers 
des  einen  mit  dein  andern  entstehen. 

Je  zwei  Körper,  welche  sanft  und  leis  zusammenstossen, 
lassen  keinen  Ton  hören,  denn  die  Luft  wird  zwischen  ihnen 
nur  ganz  allmählich  gehäuft  und  erzeugt  keinen  Ton.  Der 
Ton  entsteht  nur  dann  aus  der  Collision  der  Körper,  wenn 
ihr  Zusammenstoss  mit  Gewalt  und  Schnelle  geschieht,  denn 
die  Luft  wird  hierbei  plötzlich  gestossen  und  wogt  in  ihrer 
Bewegung  schnell  nach  den  sechs  Seiten.  Dann  entsteht  ein 
Ton  und  wird  derselbe,  so  wie  wir  darthaten,  vernommen. 
Stossen  starke  Körper  an  einander,  ist  ihr  Ton  stärker,  denn 
das  Wogen  der  Luft  ist  stärker. 

Werden  zwei  Körper  von  einer  Substanz  und  einem 
Werth  und  einer  Gestalt  zusammen  geschlagen,  so  ist  der 
Ton  beider  einander  gleich. 

Ist  der  eine  von  ihnen  hohler,  ist  sein  Ton  stärker,  denn 
|    er  stösst  mehr  Luft  nach  innen  und  aussen. 

Die  Töne  der  glatten  Körper  sind  glatt,  denn  die  zwischen 
i   ihnen  und  der  Luft  gemeinschaftlichen  Flächen  sind  glatt. 


—     106     — 

Die  Töne  der  rauhen  Körper  sind  rauh,  denn  die  zwischei 
ihnen  und  der  Luft  gemeinschaftlichen  Flächen  sind  rauh. 

Die  harten  holen  Körper,  wie  die  Töpfe,  Becher  und 
Krüge  tönen  lange  Zeit,  wenn  sie  angeschlagen  werden, 
denn  der  Ton  wiederholt  sich  in  ihren  Höhlen  und  stösst 
einmal  nach  dem  anderenmal  an,  bis  dass  er  zur  Ruhe 
kommt.  Die,  welche  weiter  sind,  geben  einen  starken  Ton, 
denn  sie  stossen  viel  Luft  nach  aussen  und  innen. 

Von  den  Posaunen  haben  die  langen  einen  stärkeren 
Ton,  denn  die  in  ihnen  in  Wogen  versetzte  Luft  stösst,  da 
sie  eine  weitere  Distance  durchschreitet,  oft  an  sie  an.  So 
haben  auch  die  grossen  Thiere  mit  starken  Lungen,  langen 
Kehlen,  weiten  Nasenlöchern  und  Mundwinkeln  starke  Töne, 
denn  sie  ziehen  viel  Luft  ein  und  entsenden  dieselbe  mit 
Gewalt.  [75]  Durch  das  bisher  Erwähnte  ist  klar,  dass  die 
Stärke  des  Tones  der  Stärke  des  Tönenden,  der  Gewalt  des 
Zusammenstosses  und  der  Fülle  des  Luftgewoges  nach  den 
Richtungen  hin  entspricht.  Der  stärkste  Ton  ist  der  Schall 
des  Donners,  und  haben  wir  in  der  Abhandlung  von  den 
Wirkungen  in  der  Höhe  die  Ursache  seiner  Entstehung  dar- 
gethan. 

Wir  erwähnen  hier  nur  das  Notwendigste  davon.  Der 
Grund  seines  Entstehens  ist,  dass  zweierlei  Dünste  aus  den 
Meeren  und  den  Steppen  aufsteigen;  sind  sie  hoch  in  der 
Luft,  vermischen  sie  sich,  und  umgiebt  der  feuchte  Dunst  den 
trocknen  Rauch,  dann  umfasst  die  Eiskälte  die  beiden  Dünste, 
den  feuchten  und  den  trockenen,  es  entzündet  sich  der 
trockene  Rauch,  er  entflammt  im  Innern  des  feuchten  Dun- 
stes und  sucht  einen  Ausweg;  es  kommt  der  trockne  Rauch 
mit  dem  feuchten  Dunst  zusammen  und  presst  ihn,  dann  er- 
kracht der  feuchte  Dunst  vor  der  Hitze  dieses  trocknen  Rauchs, 
wie  die  feuchten  Dinge  krachen,  wenn  das  Feuer  sie  plötz- 
lich umgiebt.  Es  entsteht  hierdurch  ein  Stoss  in  der  Luft, 
und  theilt  sich  derselbe  nach  allen  Seiten  mit.. 

Durch  den  Ausgang  des  trocknen  Rauchs  wird  dann  ein 
Strahl  erzeugt,  welcher  Blitz  heisst,  wie  aus  dem  Rauch  der 


—     107     — 

erlöschenden    Fackel    ein   Strahl   hervorgeht,    wenn    ihm  ein 
brennend  Licht  naht,  worauf  dieselbe  erlischt. 

Oefter  zergeht  etwas  von  diesem  feuchten  Hauch  im 
Innern  der  Wolke  und  wird  Wind,  der  kreist  umher  im  In- 
nern der  Wolke  und  Nebel;  er  sucht  einen  Ausgang,  dann 
hört  man  von  ihm  ein  Sausen,  wie  es  der  Mensch  in  seinem 
Bauche  hört,  wenn  er  aufgebläht  ist.  Darauf  reisst  die  Wolke 
mit  einem  Mal  plötzlich  auseinander  und  geht  dieser  Wind 
hervor;  man  hört  einen  heulenden  Ton,  der  Donnergekrach 
genannt  wird.*)  So  viel  über  die  Ursache  des  Donners  und 
wie  er  entsteht. 

Der  Ton  des  Windes  und  die  llrsaehe  seiner  Entstehung. 

Der  Wind  ist  nichts  als  ein  Luftwogen  gen  Ost  oder 
West,  gen  Nord  und  Süd,  gen  Oben  und  Unten.  Stösst  er 
bei  seiner  Bewegung  und  seinem  Lauf  auf  Berge,  Mauern, 
Blumen,  Pflanzen,  und  dringt  er  zwischen  sie  ein,  so  entstehen 
daraus  verschiedene  Töne,  Sausen,  Geheul  von  verschiedener 
Art,  ein  jedes  der  Grösse  und  Kleine  der  Körper,  ihren 
Gestaltungen  und  Hölungen  gemäss.  Der  Ton  währt  lang, 
weil  die  Substanz  des  Windes  so  fein  und  er  seiner  Natur 
nach  flüssig  (elastisch)  ist  und  er  in  alles  eindringt.  So  ent- 
stehen diese  Töne  der  verschiedensten  Art  aus  den  bei  den 
Winden  erwähnten  Gründen  gemäss. 

Die  Töne  der  mit  Lungen  begabten  Thiere  sind  ver- 
schieden geartet  und  von  verschiedenen  Weisen,  der  Länge 
oder  Kürze  ihrer  Hälse,  auch  der  Weite  ihrer  Kehlen  und 
der  Zusammensetzung  ihres  Schlundes  gemäss.  Sie  richten 
sich  nach  der  Stärke  ihrer  Lufteinziehung  und  der  Stärke 
ihres  Hauchausstosses  aus  ihrem  Mund  und  Nasen. 

Die  Thiere  ohne  Lungen,  wie  Wespe,  Heuschrecke,  Grille 
und  dergleichen,  bewegen  die  Luft  mit  ihren  leichten  schnel- 
len Flügeln;  daraus  entstehen  verschiedene  Töne,  wie  sie 
aus  der  Bewegung  der   Saiten   einer  Laute   entstehn.     Diese 


fe)  Naturanschauung  der  Araber  pag.  82. 


d 


-     108    — 

Töne  sind  verschieden  geartet,  je  nach  der  Zartheit  oder 
Dicke,  nach  der  Länge  oder  Kürze  ihrer  Flügel  und  der 
Schnelle  ihrer  Bewegung. 

Die  stummen  Thiere,  wie  Fisch,  Krebs,  Schildkröte  un 
dergleichen  sind  deshalb  stumm,  weil  sie  weder  eine  Lunge, 
noch  zwei  Flügel  haben,  daher  haben  sie  keine  Töne.  [76]  Die 
verschiedenen  Töne  der  Metalle  und  Pflanzen,  wie  die  des 
Holzes,  Eisens,  des  Erzes,  des  Glases,  des  Steines  u.  dergl. 
sind  der  grossen  Trockenheit  und  Härte,  ihren  Massen, 
d.  h.  ihrer  Grösse  und  Kleinheit,  ihrer  Länge  und  Kürze 
ihrer  Weite  und  Enge  gemäss,  so  wie  sie  auch  von  ihren 
verschiedenen  Gestaltungen  ihrer  Hohlheit  oder  Wölbung  und 
dann  von  der  Stärke  des  Zusammenstosses  und  sonstigen 
Mittelursachen  bedingt  sind.  Wir  werden  dies  an  seiner  Stelle 
darstellen. 

Die  verschiedenen  Instrumente,  welche  man  zur  Tonbil- 
dung sich  wählte,  als  Trommel,  Posaune,  Dibdib,  Pauke, 
Sirtai,  die  Harfe,  die  Laute  u.  dergl.,  haben  verschiedene 
Töne  je  nach  ihrer  Gestaltung  und  Substanz,  aus  der  sie  ge- 
nommen, nach  ihrer  Grösse  und  Kleine,  nach  ihrer  Länge 
und  Kürze,  nach  der  Weite  ihres  Bauchs  (Resonnanzboden), 
nach  der  Enge  ihrer  Löcher,  der  Zartheit  oder  Dicke  ihrer 
Saiten  und  je  nach  der  verschiedenen  Bewegung  ihrer  Spieler. 

Was  die  Musik  sei! 

Musik  sind  wohlgefügte  Weisen  und  geordnete  Töne, 
dies  heisst  Gesang.  Der  Gesang  besteht  in  gefügten  Weisen, 
und  die  Weise  besteht  in  geordneten  Tönen.  Die  geord- 
neten Töne  entstehen  durch  aufeinander  folgende  Bewe- 
gungen, zwischen  denen  sich  hemmende  Ruhen  befinden. 


Bewegung  und  Ruhe. 


Die  Bewegung  ist  die  Uebertragung  von  einem  Ort  zu 
einem  andern,  sie  findet  in  zwei  Zeitpunkten  statt.  Ruhe 
ist  das  Gegentheil  davon,  nämlich  der  Stillstand  am  ersten 
Ort  in  dem  zweiten  Zeitpunkt. 


—     109    — 

Die  Bewegung  zerfällt  in  zwei  Arten,  in  die  schnelle 
und  die  langsame.  Die  schnelle  ist  eine  solche,  dass  der  mit 
ihr  sich  Bewegende  eine  grosse  Distanz  in  kurzer  Zeit 
durchmisst. 

Langsam  dagegen  ist  die  Bewegung,  in  der  der  sich 
Bewegende  eine  kleinere  Entfernung  in  gerade  derselben  Zeit 
zurücklegt. 

Zwei  Bewegungen  werden  nur  dann  als  zwei  gerechnet, 
wenn  zwischen  beiden  die  Zeit  einer  Ruhe  ist. 

Die  Ruhe  ist  der  Stillstand  des  sich  Bewegenden,  der 
am  ersten  Ort  irgend  eine  Zeit,  in  der  es  möglich  wäre,  dass 
er  darin  eine  Bewegung  machte,   stattfindet. 

Die  Töne  zerfallen  in  Hinsicht  ihrer  Qualität  in  acht 
Arten,  von  denen  sich  je  zwei,  in  Weise  einer  gegenseitigen 
Beziehung  gegenüberstehn ;  sie  sind  stark,  schwach;  schnell, 
langsam;  fein,  dick;  schwer,  (hell),  leicht.  Stark  und  schwach 
gelten  bei  den  Tönen  und  in  Beziehung  des  Einen  auf  den 
Andern,  so  ist's  mit  den  Tönen  der  Pauke,  die  Töne  der  einen 
bezogen  auf  die  der  Anderen.  So  verhält  es  sich  mit  dem  Ton 
der  Pauke  bei  den  Processionen  (der  Pilger-Oaravanen),  der- 
selbe ist  stark  in  Beziehung  zu  den  Pauken  der  Spötter  im 
Triumphzug,  doch  ist  er  schwach,  wenn  man  ihn  mit  dem  Ton 
der  Erzpauken  vergleicht.  Der  Ton  der  Erzpauke  dagegen 
ist  wieder  schwach  mit  dem  Donnergekrach  verglichen.  Die 
Erzpauke  ist  eine  grosse  Trommel,  die  man  in  den  Pässen 
von  Khorasan  bei  den  Empörungen  anschlägt  und  deren  Ton 
man  Parasangen  weit  hört. 

So  bestimmt  man  die  Stärke  und  Schwäche  des  Tons, 
indem  man  den  einen  mit  dem  andern  in  Beziehung  setzet. 

Desgleichen  spricht  man  von  schnellen  und  langsamen 
Tönen  indem  man  den  einen  mit  dem  andern  in  Bezie- 
hung setzet.  Schnell  sind  die  Töne,  bei  denen  die  Zeit 
der  Pausen  zwischen  den  Anschlägen  im  Verhältniss  zu  den- 
selben kurz  ist.  So  sind  die  Schläge  der  Färberstäbe  und 
idie  Hammerschläge  der  Schmiede  schnell  im  Vergleich  zu 
den  Schlägen  der  Blei-  und  Gipsarbeiter,  und  diese  im  Ver- 


—     110     — 

gleich  mit  jenen  langsam;  aber  wiederum  sind  die  letzteren 
schnell  im  Vergleich  mit  den  Schlägen  der  Schiffsruder. 

So  wird  Schnelle  und  Langsamkeit  nur  durch  die  Be- 
ziehung bestimmt. 

Fein  und  dick  sind  ebenfalls  nur  die  Töne  der  eine  in 
Beziehung  zu  dem  andern;  so  sind  die  Anschläge  der  Discant- 
saite  im  Vergleich  zur  zweiten,  und  die  zweite  im  Vergleich 
zur  dritten,  und  die  dritte  im  Vergleich  zur  vierten,  der 
Basssaite,  fein.  [77]  Der  Bass  umgekehrt  zu  den  anderen  dick 
und  ebenso  die  anderen,  die  dritte  und  zweite,  jede  im  Ver- 
gleich zu  den  folgenden.  So  bestimmt  man  die  Feinheit  und 
Dicke  eines  Tones  durch  das  Verhältniss. 

Ueber  die  Leichtheit  (Helle)  und  Schwere  eines  Tones 
haben  wir  im  Anfang  dieses  Abschnitts  gehandelt. 

Die  Töne  zerfallen  in  Hinsicht  auf  ihre  Menge  in  zwei 
Arten:  verbundene  und  getrennte. 

Getrennt  sind  solche,  zwischen  deren  Anschlägen  eine 
fühlbare  Ruhe  ist,  so  die  Anschläge  der  Saiten,  das  Fallen 
des  Plectrums. 

Verbunden  sind  dagegen  die  Töne  der  Rohrilöte  und 
Holzflöte,  des  Dibdib,  die  der  Wasserräder  und  der  Schöpf- 
maschinen. 

Die  verbundenen  Töne  zerfallen  in  feine  und  dicke  (volle). 

Die  Rohr-  und  Holzflöten  mit  grosser  Hölung  und  weiten 
Löchern  haben  vollere  Töne,  die  mit  einer  engeren  Hölung 
und  engeren  Löchern  haben  feine  Töne. 

In  anderer  Beziehung  haben  die  Löcher,  je  nachdem  sie 
dem  Blasorte  näher  oder  ferner  liegen,  einen  feineren  oder 
volleren  Ton. 

Die  Töne  der  Saiten,  die  an  Dicke,  Länge  und  Span- 
nung einander  gleich  sind  und  mit  einem  und  demselben 
Anschlag  angeschlagen  werden,  sind  einander  gleich.  Sind 
aber  die  beiden  Saiten  zwar  in  der  Länge  gleich,  aber  in 
der  Dicke  verschieden,  sind  die  Töne  der  dickeren  Saite 
dicker  (voller),  die  der  dünneren  Saite  feiner.  Sind  sie  zwar 
gleich  in  Länge  und  Dicke,  doch  verschieden  in  der  Span- 
nung sind  die  Töne  der  festergespannten  feiner,  die  der  loser- 
gespannten voller. 


—   111   — 

Sind  sie  gleich  in  Dicke,  Länge  und  Spannung,  aber 
verschieden  angeschlagen,  ist  der  Ton  der  stärker  angeschla- 
genen Saite  höher  im  Ton. 

Die  (dünnen),  feinen  und  vollen  Töne  stehen  zwar  ein- 
ander entgegen;  sind  sie  aber  in  einem  Compositionsverhält- 
niss  lassen  sie  sich  zusammensetzen,  sich  vermischen  und 
werden  zu  eins;  sie  ergeben  eine  messbare  Melodie;  die 
Ohren  finden  sie  lieblich,  der  Geist  erfreut  sich  daran,  und 
wird  die  Seele  heiter.  Stehen  sie  aber  nicht  in  einem  solchen 
Verhältniss,  fliehen  sie  einander  und  differiren  und  lassen  sie 
sich  nicht  zusammenfügen;  die  Ohren  finden  dieselben  nicht 
angenehm,  sie  fliehen  davor,  die  Seele  verabscheut  sie,  und 
sind  sie  dem  Geist  zuwider. 

Die  feinen  Töne  sind  heiss,  sie  erwärmen  die  Gesammt- 
Mischung  des  dicken  Chylus  und  macht  dieselben  zart.  Die 
dicken  Töne  sind  kalt,  sie  erfrischen  die  Gesammtmischung 
des  heiss  trockenen  Chylus. 

Die  gemässigten  Töne  zwischen  den  feinen  und  vollen 
bewahren  die  Gesammtmischung  des  gemässigten  Chylus  in 
seinem  Zustand,  damit  er  nicht  aus  der  Mitte  trete, 

Die  starken,  heulenden,  nicht  sich  entsprechenden  Töne 
verderben,  wenn  sie  plötzlich  mit  einem  Mal  das  Ohr  treffen, 
die  Mischung,  sie  lassen  dieselbe  aus  ihrem  Gleichmass  treten, 
sie  rufen  den  plötzlichen  Tod  hervor.  Für  sie  giebt  es  ein  Kunst- 
Instrument,  das  heisst  Arganin  (Organon).  Die  alten  Grie- 
chen gebrauchten  es  bei  den  Kämpfen,  sie  erschreckten  damit 
die  Seelen  der  Feinde.  Sie  verstopften  den  Bläsern  dessel- 
ben die  Ohren. 

Die  Mischungen  der  Körper  sind  vielartig,  und  die  Na- 
turen der  Thiere  sind  vielfacher  Gattung.  Einer  jeden 
Mischung  und  jeder  Natur  ähnelt  eine  Weise  und  hat  eine 
ihr  passende  Melodie,  Gott  allein  der  Herrliche  kennt  sie. 

[78]  Die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  wird  dadurch 
bewiesen,  dass  ein  jedes  Volk  Weisen  und  Melodien  ange- 
nehm findet  und  sich  daran  ergötzet,  die  andere  weder  lieb- 
lich finden,  noch  sich  daran  erfreuen.  Man  denke  nur  an  den 
Cresang  der  Deilamiten,   der  Türken,   der  Araber,  Armenier, 


—     112    — 

Aethiopier,  Perser  und  Neugriechen.  Diese  Völker  haben 
verschiedene  Zungen,  Naturen,  Charaktere  und  Gewohn- 
heiten. 

Wiederum  findet  man  in  einem  Volke  Stämme,  welche 
Weisen  und  Melodien  lieblich  finden  und  deren  Seelen  sich 
daran  ergötzen,  welche  kein  andrer  Stamm  lieblich  findet  und 
woran  sich  kein  andrer  erfreut. 

Ebenso  trifft  man  einzelne  Menschen,  die  zu  irgend  einer 
Zeit  eine  Weise  lieblich  finden  und  sich  daran  ergötzen,  doch 
zu  einer  anderen  Zeit  sie  nicht  hübsch  finden,  sie  verab- 
scheuen und  davon  Schmerz  empfinden. 

Ebenso  ist  ihr  Urtheil  bei  Speisen,  Getränken,  Gerüchen, 
bei  Kleidern,  bei  Vergnügungen,  bei  Schmuck-  und  Schön- 
heits-Dingen  verschieden.  Alles  dies  geht  aus  den  verschie- 
denen  Mischungen  der  Natur,  den  verschiedenen  Anlagen  der 
Körperzusammensetzung,  den  verschiedenen  Arten  und  Zeiten 
hervor;  wie  wir  dies  in  der  Abhandlung  über  die  Naturan- 
lagen hervorhoben. 


Von  der  Menge  der  verschiedenen  Tonweisen,  die  nur 
Gott  kennt,  heben  wir  hier  etwas  hervor  und  handeln  des- 
halb über  den  Ursprung  des  Gesanges  und  die  Grund-Me- 
lodien, aus  denen  die  andern  sich  zusammensetzen.  Der 
Gesang  besteht  aus  Melodien,  die  Melodie  aus  Tönen,  die 
Töne  aus  Griffen  und  Anschlägen,  der  Ursprung  von  die- 
sen allen  ist  Bewegung  und  Ruhe.  Ebenso  wie  die  Ge- 
dichte aus  Halbversen  bestehen,  die  Halbverse  aus  Füssen, 
die  Füsse  aus  Stricken  (zweiconsonantigen  wie  kad);  Pflöcken 
dreiconsonantigen)  zwei  bewegt  und  einer  ruhend  wie  wakad;  | 
aus  Abschnitten  vierconsonantigen  wie  walakad. 

Der  Ursprung  von  diesen  allen  sind  die  ruhenden  (vo- 
callosen)  und  bewegten  Buchstaben. 

Das  wird  in  den  Büchern  der  Metrik  durchgeführt. 

Ebenso  besteht  ein  jeder  Satz  aus  Nominibus,  Verbis 
und  Partikeln,  und  diese  alle  bestehen  aus  vocalisirten  und 
ruhenden  Buchstaben,  wie  wir  dies  im  Buche  über  die  Logik 
darstellten.     Alle    Aussprüche    sind    aus    Sätzen    zusammen- 


—     113    — 

gesetzt.  Wer  darin  einen  Einblick  haben  will,  der  muss  sich 
in  der  Grammatik  und  Metrik  üben,  wir  haben  davon  so  viel, 
wie  nöthig  war,   in  den    logischen  Abhandlungen   besprochen. 

Der  Ursprung  der  Metrik  ist  die  Wägung  der  Dichtung 
und  deren  Grundregeln.  Die  Grundregeln  der  Musik  sind 
denen  der  Metrik  ähnlich.  Die  Metrik,  die  Wage  der  Dich- 
tung,  lässt  das  Gleichmässige  (richtige)  und  das  Defecte  er- 
kennen. 

Es  giebt  acht  Versschnitte  in  der  arabischen  Dichtung: 
facülun,  mafa'ihm,  mutafäcilun,  mustafcilun,  fällätun,  fäcilun, 
mafcülätun,  mafäcilun. 

Diese  sind  aus  drei  Wurzeln  entstanden,  Strick  (sabab), 
Pflock  (watad),  Abschnitt  (fazila). 

Strick  bedeutet  zwei  Buchstaben,  von  denen  der  eine 
bewegt  ist,  der  andere  ruhet,  so  hal,  bal  u.  dergl. 

Pflock  bedeutet  drei  Buchstaben,  zwei  bewegt  und  einer 
ruhend,  na'am,  jali,  adjal. 

Abschnitt  bedeutet  vier  Buchstaben,  drei  bewegt  und 
einer  ruhend,  galabtu,  facaltu  u.  dergl. 

Die  Wurzel  dieser  drei  ist  ein  ruhender  und  ein  beweg;- 
ter  Buchstab, 

Das  sind  die  Grundregeln  (canones)  der  Metrik  und  ihre 
Wurzel. 

Die  canones  des  Gesangs  und  der  Weisen  haben  auch 
[drei  Wurzeln. 

a.  Das  Strick,  die  Bewegung  eines  Anschlags,  dem  eine 
3ause  folgt,  tan-tan-,  er  wiederholt  sich  immer  fort. 

b.  Pflock,  zwei  bewegte  Anschläge  und  dann  eine 
3ause  tanan  tanan,  er  wiederholt  sich  immer  fort. 

c.  Abschnitt,  drei  bewegte  Anschläge  und  dann  eine 
Pause  tananan. 

Diese  drei  sind  die  Wurzel  und  Grundregel  in  Allem, 
woraus  Weisen,  und  Allem,  was  aus  Weisen  in  irgend  einer 
Sprache  zusammengestellt  wird. 

Setzt  man  von  diesen  drei  Wurzeln  je  zwei  zusammen 
entstehen  daraus  neun  Doppelklänge,  also : 

1.     Ein  Anschlag  und  dann  zwei  tan,  tanan  u.  s.  f. 

Dieterici,  arab.  Propaedeutik.  ö 


—    114    — 

2.  Zwei  Anschläge  und  dann  einer  tanan,  tan,  tanan, 
tan  u.  s.  f. 

3.  Ein  Anschlag  und  dann  drei  tan,  tananan  u.  s.  f, 

4.  Drei  Anschläge  und  dann  einer  tananan,  tan. 

5.  Zwei  Anschläge  und  wieder  zwei  tanan,  tanan  u.  s.  f. 

6.  Drei  Anschläge  und  wieder  drei  tananan,  tana- 
nan u.  s.  f. 

7.  Zwei  Ansehläge  und  dann  drei  tanan,  tananan. 

8.  Drei  Anschläge  und  dann  zwei  tananan,  tanan  u.  s.  f. 

9.  Ein  Anschlag  und  eine  Pause  im  Werth  eines   An 
schlags  ist  die  Grundsäule  tan,  tan,  tan,  tan. 

Von   den  Dreiklängen  giebt  es  zehn  Fügungen, 
tan,  tanan,  tananan  1.  2.  3.  Anschl.  tanan,  tan,  tananan  2.  1.3. 
tan,  tananan,  tanan  1.  3.  2.  tananan,  tan,  tanan  3.  1.  2. 

tanan,  tananan,  tan  2.  3.  1.  tan,  tan,  tananan  1.  1.  3. 

tan,  tananan,  tan  1.  3.  1.  tanan,  tan,  tanan  2.  1.  2. 

tanan,  tananan,  tanan  2,  3.  2.  tananan,  tananan,  tanan 

3.  3.  2. 

Somit  giebt  es  drei  Ein-,  neun  Zwei-  und  zehn  Drei- 
klänge, zusammen  22. 

Die  Compositionen  derselben  ergeben  im  arabischen 
Gesang  acht  Arten: 

Erstes  Schwere  und  dessen  Leichtes.  Zweites  Schwere 
und  dessen  Leichtes.  Ramal  und  dessen  Leichtes.  Hazadj 
und  dessen  Leichtes. 

Diese  acht  Gattungen  sind  die  Wurzel  und  davon  zwei- 
gen  sich  alle  Arten  der  Melodien  ab  und  werden  darauf  be- 
zogen, so  wie  sich  von  den  acht  Einschnitten  die  Uebrigen 
in  den  Kreisen  der  Metern  abzweigen. 

Es  war  klar,  dass  alle  Uebungswissenschaften  aus  vier 
Principien  sich  ableiten  Hessen. 

Arithmetik.  Die  Zahl  ging  aus  der  Eins  vor  der  Zwei 
hervor. 

Geometrie.  Der  Punkt,  aus  dem  alle  Körper  entstan- 
den, war  gleich  der  Eins. 


—     115    — 

Astronomie.  Die  Sonne  mit  ihren  Zuständen  zu  den  Ster- 
nen ist  gleich  der  Eins  in  der  Arithmetik  und  gleich  dem 
Punkt  in  der  Geometrie. 

Zahlverhältniss.  Die  Relation  der  Gleichung  ist  Wurzel 
und  Kanon  der  Wissenschaft  und  spielt  dieselbe  Rolle  wie 
die  Eins  in  der  Zahlenlehre. 

In  dieser  Abhandlung  zeigten  wir  nun,  dass  der  Vocal 
(Bewegung)  gleich  der  Eins  sei;  der  (Strick)  Sabab  tan  gleich 
der  zwei;  der  Pflock,  (watad)  tanan  gleich  drei  und  der  Ab- 
schnitt (Tasila)  gleich   der  Vier. 

Alle  anderen  Weisen,  Melodien  und  Gesänge  sind  aus 
diesen  zusammengesetzt,  wie  alle  Zahlen  Einer,  Zehner,  Hun- 
derte und  Tausende  aus  4,  3,  2,  1  zusammengefügt  werden. 
In  der  Logik  zeigen  wir,  dass  die  Substanz  gleich  Eins 
sei,  die  andern  neun  Kategorien  gleichen  den  neun  Einern. 
Vier  davon  stehen  die  den  Uebrigen  voran.  Substanz,  das 
Wieviel,  das  Wie  und  die  Relation;  die  andern  sind  aus 
diesen  zusammengesetzt. 

In  der  Abhandlung  über  die  Materie  stellten  wir  dar, 
der  absolute  Körper  sei  aus  den  Vieren:  Substanz,  Länge, 
Breite  und  Tiefe  entstanden,  die  andern  werden  aus  dem 
absoluten  Körper  erst  gefügt. 

In  der  Abhandlung  der  Anfänge  wird  hervorgehoben, 
dass  der  Schöpfer  zu  den  vorhandenen  Dingen  sich  wie  die 
Eins  zu  den  andern  Zahlen  verhalte  [80]:  Er  die  Eins;  die 
Vernunft  die  Zwei;  die  Seele  die  Drei;  die  Urmaterie 
'die  Vier;  alle  anderen  Geschöpfe  aber  aus  der  Materie  und 
der  Form  beständen.  Dasselbe  geschieht  in  den  andern  Ab- 
handlungen. Wir  hatten  hierbei  stets  das  Ziel,  die  Einheit 
des  Schöpfers  hervorzuheben. 

Zwischen    zwei    Griffen    einer    Saite    oder    Anschlägen 
eines  Rohrs  muss  nothwendig  eine  lange  oder  kurze  Pause  sein. 
Wie   sich  die   Griffe  der  Saiten  und  die  Anschläge  auf- 
einander folgen,  so  folgen  auch  einander  die  Pausen  zwischen 
i  ihnen. 

Die   Zeit   der  Pausen   kann   der  Zeit  der  Tonbewegung 
gleich  oder  länger  als  diese  sein,  doch  ist's  nicht  möglich,  dass 

8* 


—     116    — 

sie  kürzer  sei.  Denn  die  Leute  dieser  Kunst  stimmen  darin 
überein,  dass  die  Zeit  der  Tonbewegung  nicht  länger  sein 
darf,  als  die  Zeit  der  Ruhe  von  ihrer  Gattung.  Sind  die  Zeiten 
der  Ruhe  den  Zeiten  der  Bewegung  in  der  Länge  gleich, 
kann  in  diese  Zeit  keine  andere  Ruhe  fallen. 

Diese  Weise  heisst  die  erste  Säule,  sie  ist  die  erste 
leichte,  so  dass  es  keine  leichtere,  als  sie  geben  kann.  Denn 
fällt  in  diese  Zeiten  eine  andere  Tonbewegung,  ist  ihre  Weise 
verbunden  mit  einem  Ton  des  vorhergehenden  und  des  folgen- 
den Griffes,  und  wird  das  Ganze  ein  verbundenes  Getön. 

Sind  die  Zeiten  der  Ruhe  so  lang,  dass  eine  andere  Be- 
wegung darin  fallen  kann,  so  heisst  diese  Weise:  die  zweite 
Säule  und  die  zweite  Leichte. 

Sind  die  Zeiten  dieser  Pausen  noch  länger,  dass  zwei 
Töne  darin  fallen  können,  nennt  man  diese  Weise  die  erste 
Schwere. 

Währen  sie  noch  länger,  dass  darin  drei  Bewegungen 
fallen  können,  so  heisst  diese  Weise  die  zweite  Schwere. 

Das  ist,  was  die  Regel  und  der  Kanon  erheischt,  wie- 
wohl die  Sänger  und  Spieler,  wie  wir  später  darthun,  unter 
schwer  und  leicht  etwas  anderes  verstehn.  Sind  die  Zeiten 
der  Ruhe  zwischen  den  Griffen  und  Anschlägen  noch  län- 
ger, verlässt  man  damit  die  Wurzel,  den  Kanon  und  die 
Regel  der  Musik,  denn  die  vernehmende  Hörkraft  kann  sie 
weder  erfassen  noch  unterscheiden;  davon  ist  der  Grund  der, 
dass  die  Töne  nicht  lange,  sondern  nur  so  lange  in  der  Luft 
weilen,  bis  das  Gehör  seinen  Theil  von  dem  Getön  vernom- 
men, dann  aber  verschwinden  diese  Töne  in  der  sie  bis  zum 
Ohr  tragenden  Luft. 

Auch  weilen  die  Töne  nur  so  lange  in  den  Ohren,  bis 
die  vorstellende  Kraft  ihre  Grundzüge  erfasst,  dann  schwin- 
det das  Getön  von  den  Ohren. 

Ist  nun  die  Zeit  der  Pause  noch  länger  als  dies  Maass, 
schwindet  die  erste  Weise  und  ihr  Getön  aus  den  Ohren, 
bevor  die  zweite  in  dasselbe  einfällt,  und  [81]  kann  die  Denk- 
kraft bei  der  Länge  der  Zeit  nicht  mehr  beide  unterscheiden 
und    die   Relation    zwischen    beiden    wohl   erkennen.     Denn 


—     117     — 

die  Fülle  des  Genusses  liegt  bei  den  Ohren  in  der  Erkennt- 
niss  von  dem  Wieviel  der  Zeit  zwischen  zwei  Weisen  und 
den   Zeiten   der   Ruhe  und  der  Bewegung  in  denselben. 

Es  verhält  sich  ebenso  mit  den  andern  sinnlichen  Wahr- 
nehmungen :  die  Sehkraft  kann  das  Maas  irgend  einer  Ent- 
fernung zwischen  dem  Erblickten  nur  dann  erkennen,  wenn 
es  im  Raum  einander  nah  gestellt  ist;  steht  es  zu  fern,  so  ist's 
wie  wenn  das  Gehörte  durch  die  Zeiten  getrennt  ist  und  kann 
die  Sehkraft  die  Distance  nicht  erfassen  und  nur  noch  durch 
die  Maasse  der  Geometer,  Thau,  Rohr,  Elle,  Faust,  Finger 
sie  bestimmen.  Die  wahrnehmende  Hörkraft  kann  dann  die 
Töne  nicht  mehr  erfassen,  nur  durch  Instrumente  kann  man 
dann  den  Ton  noch  beobachten,  so  durch  Kelche,  Züngel- 
chen, Kähnchen,  Astrolabe  und  ähnliche  Instrumente.  Stehen 
aber  die  Töne  einander  nah,  so  erfasst  sie  das  Gehör  und 
versteht  sie  zu  unterscheiden,  wie  dies  bei  den  Versfüssen 
der  Fall  ist.  Ein  anderer  Grund,  dass  die  Pause  nicht  zu 
lang  sein  darf,  ist,  dass  die  Form  eines  Tones,  wenn  derselbe 
zur  Hörkraft  gelangt,  nur  die  Zeit  von  drei  ihr  gleichen 
Griffen  mit  je  einer  Pause  weilt,  so  dass  im  ganzen  acht 
Tempo  herauskommen. 

Die  Formung  der  Instrumente,  ihre  Kunst  und  ihre  Herrichtung. 

Die  Meister  bildeten  viel  Instrumente  und  Geräthe  für 
die  musikalischen  Weisen  und  die  Melodien  des  Gesanges. 
Sie  haben  eine  verschiedene  Gestalt  und  sind  vielartig,  so 
Trommel,  Pauke,  Rohr-Flöte,  Becken,  Blasinstrumente,  die 
Schababat  (Pfeifen),  die  syrischen  Instrumente,  die  Zischer, 
Schilbak,  Schawaschil,  Laute,  Cymbel,  Violine,  die  Macarif, 
Organa  und  Harmonika. 

Das  vollendetste  Instrument  von  der  schönsten  Wirkung 
ist  das  Instrument  „Laute."  Dieselbe  hat  einen  Leib,  bei 
dem  Länge,  Breite,  Tiefe  im  erhabenen  Verhältniss  steht. 
Länge  zur  Breite  —  1  :  1/2.  Breite  zur  Tiefe  =  1  :  1fa. 
Länge  zur  Tiefe  =  1  :  %    [82] 

Die  Oberseite  ist  dünn,  von  hartem  leichten  Holz  ge- 
nommen, wrelches  tönt,  wenn  man  es  anschlägt.    Dann  nimmt 


—    118    — 

man  vier  Saiten,  von   denen   eine  dicker  ist,  als  die  andere 
und  im  vortrefflichsten  Verhältniss  steht. 

Nämlich  die  Basssaite  ist  ==  der  dritten  Saite  -["  V3  der- 
selben. 

Die  dritte  Saite  ist  ==z  der  zweiten  Saite  -f-  1/z  derselben. 

Die  zweite  Saite  ist  =  der  Diskant-Saite  ~j-  Ys  der- 
selben. 

Die  Basssaite  hat  64  Seidenfädchen,  die  Dritte  48,  die 
zweite  36,  die  Diskantsaite  27. 

Diese  vier  Saiten  werden  über  die  Oberfläche  der  Laute 
gespannt. 

Das  untere  Ende  derselben  im  Kamm,  das  obere  im 
Windepunkt  über  dem  Hals  derselben.  Die  Länge  der 
Saiten  ist  einander  gleich,  aber  in  Beziehung  auf  ihre  Dünne 
und  Dicke  besteht  das  Verhältniss  64,  48,  36,  27. 

Die  Länge  der  Saite  wird  in  vier  gleiche  Theile  getheilt 
und  der  Bund  des  kleinen  Fingers  bei  dem  drei  Viertheil 
beim  Hals  der  Laute  gelegt.  Dann  wird  die  Saite  vom 
oberen  Ende  in  neun  gleiche  Theile  getheilt  und  der  Bund 
des  Zeigefingers  auf  das  erste  Neuntheil  bei  dem  Hals  der- 
selben gelegt. 

Dann  theilt  man  wieder  von  dem  Bund  des  Zeigefingers 
an  bis  zum  Kamm  in  neun  gleiche  Theile  und  wird  der 
Bund  des  (vierten)  Ringfingers  auf  das  nächste  Neuntheil 
gelegt,  denn  er  liegt  über  dem  kleinen  Finger  dem  Bund 
des  Zeigefingers  zu. 

Dann  theilt  man  die  Länge  der  Saite  von  dem  Bund 
des  kleinen  Fingers  der  dem  Kamm  zuliegt  in  acht  Theile, 
dazu  fügt  man  einen  solchen  (d.  h.  Ys),  von  dem,  was  von  der 
Saite  oben  bleibt  und  legt  hier  den  Bund  des  Mittelfingers. 
Dieser  Bund  liegt  also  zwischen  dem  Bund  des  Zeigefin- 
gers und  dem  des  Ringfingers.  Dies  ist  die  Herrichtung 
der  Laute,  das  Verhältniss  der  Saiten  und  die  Stelle  der 
Bunde. 

Die  Stimmung  der  Saiten  und  die  Erkenntniss  ihrer  Re- 
lation zu  einander  geschieht  auf  folgende  Weise. 


—     119    — 

Man  dehnt  die  Diskantsaite  und  zieht  sie  so  straff  an, 
als  sie  es  erträgt,  ohne  zu  zerspringen,  dann  dehnt  man  die 
nächste  Saite  oberhalb  des  Diskants  und  zieht  sie  stark  an, 
man  bindet  dieselbe  mit  dem  kleinen  Finger  und  schlägt  sie 
bei  der  Freilassung  der  Diskantsaite  an.  Hört  man  ihre 
Töne  einander  gleich,  sind  sie  gut;  wo  nicht  spannt  man  die 
zweite  stärker  an  oder  lässt  sie  nach,  bis  beide  einander 
gleich  sind  und  ihre  Töne  wie  ein  Ton  erklingen.  Darauf  dehnt 
man  die  dritte  Saite,  man  bindet  sie  mit  dem  kleinen  Finger 
und  schlägt  sie,  während  man  die  zweite  loslässt  an,  bis  man 
die  Töne  beider  gleich  wie  einen  Ton  hört. 

Dann  dehnt  man  die  Bass-Saite,  bindet  sie,  und  schlägt 
sie  mit  dem  Freilassen  der  dritten  Saite  an.  Hört  man  die 
Töne  beider,  wie  einen  Ton,  sind  sie  im  Gleichmass,  und 
ebenso  alle  Saiten  in  gleicher  Weise. 

Der  Ton  einer  ungebundenen  Saite  steht  zu  dem  Ton 
derselben,  wenn  sie  mit  dem  kleinen  Finger  gebunden  ist, 
wie  1  :  4/3  in  Dicke  und  Schwere. 

Der  Ton  einer  jeden  mit  dem  kleinen  Finger  gebundenen 
Saite  ist  gerade  gleich  dem  Ton  der  Ungebundenen  unter  ihr. 

Der  Ton  einer  ungebundenen  Saite  steht  zu  ihr,  wenn 
sie  mit  dem  Zeigefinger  gebunden  ist,  wie  1  zu  9/s. 

Der  Ton  einer  ungebundenen  Saite  steht  zu  dem  Ton 
der  dritten  unter  ihr,  wenn  dieselbe  mit  dem  Zeigefinger 
gebunden  ist,   wie  2:1. 

Der  Ton  der  mit  dem  Zeigefinger  gebundenen  Saite  steht 
zu  ihrem  Ton,  wenn  sie  mit  dem  Ringfinger  gebunden  ist,  wie 
1  :  %,  die  mit  dem  Mittelfinger  gebundene  Saite  steht  zu  der 
mit  dem  kleinen  Finger  gebundenen  Saite  im  Ton  wie  1  :  9/s. 

Kurz  es  giebt  keine  Saite  oder  Bund  bei  diesen  Lauten, 
es  sei  denn,  der  Ton  habe  einer  zum  Andern  eine  Relation, 
doch  die  Eine  davon  ist  vortrefflicher  als  die  Andere.  [83] 
Eine  der  vortrefflichsten  Relationen  ist,  dass  ein  Ton  gerade 
.  gleich  dem  andern  sei  oder  gleich  ~|~  V25  V3?  1/h  lfa*  Sind  die 
!  Saiten  in  dieser  vortrefflichen  Weise  gestimmt  und  werden  sie 
in  einander  folgenden  Bewegungen,  die  sich  einander  ent- 
sprechen,  gerührt,    so    entstehen   auf  einander  folgende   und 


—     120    — 

einander  gleiche  Töne:  helle,  spitze,  leichte  und  dumpfe 
dicke. 

Setzt  man  verschiedene  der  vorerwähnten  Tongänge 
zusammen,  so  sind  die  dumpfen  dicken  Töne  für  die  hellen, 
leichten,  wie  Leiber  und  diese  für  jene  wie  Seelen,  dann 
wird  die  Eine  mit  der  andern  zu  Eins,  sie  vermischen  sich 
und  werden  Melodien. 

Die  Anschläge  der  Saiten  sind  an  der  Stelle  des  Mun- 
des, die  entstehenden  Töne  entsprechen  den  Buchstaben, 
die  Weisen  an  der  Stelle  der  Worte,  die  Melodie  gleich  den 
Aussprachen,    die  tragende  Luft   hat   die  Stelle  des  Papiers. 

An  dem  Sinn,  der  in  diesen  Tönen  und  Weisen  für  das 
Ohr  enthalten  ist,  ergötzt  sich  die  Natur,  es  erfreut  sich 
der  Geist  und  erheitern  sich  die  Seelen.  Die  Bewegungen 
und  Pausen  zwischen  den  Tönen  sind  Gewicht  und  Maass 
für  die  Zeit  derselben.  Sie  gleichen  den  Bewegungen  der 
Himmelskörper,  so  wie  ja  die  Bewegung  der  Gestirne,  die 
einander  verbundenen  und  entsprechenden  Zonen,  Gewicht 
und  Maass  für  die  Zeitläufte  sind.  Wiegt  man  die  Zeit  in 
den  sich  einander  gleichen  entsprechend  ebenmässigen  Ge- 
wichten, so  sind  die  Weisen  derselben  den  Weisen  der 
Sphären  und  Sternbewegungen  ähnlich  und  entsprechend. 

Daher  erinnern  sich  die  Theilseelen  in  der  Welt  des 
Entstehens  und  Vergehens  bei  diesen  Tönen  der  Freuden 
in  der  Sphärenwelt  und  der  dortigen  Seelenlust,  sie  wissen 
und  es  ist  ihnen  klar,  dass  sie  in  den  besten  Zuständen  der 
lieblichsten  Lust  und  in  steter  Freude  dort  lebten. 

Die  Weisen  der  Sphärenwelt  sind  reiner  und  lieblicher, 
weil  die  Körper  derselben  schöner  zusammengesetzt  und  von 
besserer  mehr  symetrischer  und  reinerer  Substanz  sind  auch 
ihre  Bewegungen  schöner  gereiht  sind  und  sich  besser  in 
ihrem  Zusammenhang  entsprechen. 

Weiss  nun  die  Theilseele  in  der  Welt  des  Entstehens 
und  Vergehens  von  den  Zuständen  der  Sphärenwelt  und 
kennt  sie  sicher  ihren  Werth,  so  sehnt  sie  sich  dort  hinauf- 
zusteigen und  ihresgleichen,  den  edlen  Seelen  aus  der  Ver- 
gangenheit  und    den  geschwundenen   Völkern,   zu  begegnen. 


—     121     - 

Sagt  man  dagegen,  der  Himmel  sei  eine  fünfte  Natur 
und  seine  Körper  könnten  weder  Laute  noch  Töne  haben, 
so  inuss  man  wissen,  dass  wenn  auch  der  Himmel  eine  fünfte 
Natur  ist,  er  doch  diesen  Körpern  und  ihren  Eigenschaften 
nicht  entgegengesetzt  ist.  Denn  etwas  von  diesem  Himmel 
ist  leuchtend,  wie  das  Feuer,  nämlich  die  Sterne,  andres  ist 
durchsichtig  wie  Crystall,  nämlich  die  Sphären,  noch  andres 
glatt  wie  eine  Spiegelfläche,  nämlich  der  Mondkörper,  noch 
andres  nimmt  Finsterniss  und  Licht  an,  so  die  Mondsphären 
und  die  des  Merkur.  Denn  der  Schatten  der  Erde  reicht  mit 
seiner  Pyramide  nur  bis  zur  Sphäre  des  Mercur. 

Dies  alles  sind  Eigenschaften  der  Naturkörper,  doch 
theilen  sie  die  Himmelskörper  mit  ihnen  —  und  ist  somit 
klar,  dass  wenn  auch  der  Himmel  die  fünfte  Natur  ist,  er 
doch  von  den  Naturkörpern  in  keiner  ihrer  Eigenschaften 
abweicht,  sondern  nur  dass  der  Eine  von  ihnen  über  dem  An- 
dern steht.  Der  Himmel  ist  weder  warm,  noch  kalt,  noch 
feucht,  sondern  trocken  und  hart,  noch  härter  als  der  Hyacinth, 
reiner  als  die  Luft,  durchsichtiger  als  der  Crystall,  glätter 
als  die  Spiegelfläche. 

Von  den  Himmeln  berührt  einer  den  andern,  es  schallt 
und  tönt  und  klingt  wie  Erz  und  Eisen  und  sind  diese  Töne 
entsprechend  und  zusammenstimmend  in  gemessenen  Weisen, 
wie  bei  den  Tönen  der  Laute  eine  Entsprechung  stattfindet.  [84J 


Brächten  die  Bewegungen  der  Himmelskörper  keine 
Töne  hervor,  noch  Weisen,  hätten  ihre  Bewohner  keinen 
Nutzen  von  der  bei  ihnen  vorhandenen  Hörkraft.  Hätten 
sie  aber  kein  Gehör,  würden  sie  taub,  stumm,  blind  sein. 
Dies  ist  aber  der  Zustand  der  concreten  Dinge  mangelhafter 
Existenz. 

So  steht  der  Beweis  und  die  Begründung  nach  philoso- 
phischer Logik  fest,  dass  die  Leute  des  Himmels  und  die 
Bewohner  der  Sphären,  die  Engel,  als  reine  Diener  des  Herrn 
hören,  sehen,  verstehen,  wissen,  lesen  und  Gott  preisen,  so- 
wohl bei  Tag  als  bei  Nacht;  sie  sind  nimmer  lässig  und  ihre 


—     122     - 

Lobpreisungen  sind  liebliche  Weisen,  noch  lieblicher,  als 
wenn  David  Psalmen  sang  und  angenehmer,  als  die  Weisen 
der  klarsten  Laute  in  den  hohen  Divanen. 

Wirft  man  dann  noch  ein,  sie  müssten  dann  auch  Ge- 
ruch, Geschmack  und  Tastsinn  haben,  so  muss  man  erwi- 
dern, die  Thiere  hätten  diese  drei  Sinne,  Speisen  zu  essen 
und  Getränke  zu  nehmen,  das  ihnen  Nützliche  vom  Schäd- 
lichen zu  unterscheiden  und  ihren  Körper  vor  der  sie  er- 
tödtenden  Hitze  und  Kälte  zu  bewahren.  Die  Himmelsleute 
aber  und  Sphärenbewohner  können  diese  Dinge  entbehren,  ihre 
Nahrung  ist  Lobpreisung,  ihr  Trank  Gottverehrung,  ihre 
Lieblingsspeise  die  Betrachtung,  das  Wissen  und  Erkennen 
ist  ihre  Freude,  Wonne  und  Lust. 

Die  Sphären  und  Sterne  haben  Töne  und  liebliche  Wei- 
sen, sie  dienen  zur  Ergötzung  der  Allseele  in  den  oberen 
Sphären,  die  von  erhabener  Substanz  ist,  ebenso  wie  die 
Musik  hier  die  Theilseelen  in  der  Welt  des  Entstehens  und 
Vergehens  erfreut. 

Es  geht  aus  den  bei  den  Weisen  fesstehenden  Grund- 
sätzen hervor,  1.  dass  die  zweiten,  die  verursachten,  Dinge  in 
ihren  Zuständen  den  Zuständen  der  Urdinge  ähnlich  sind, 
die  ja  ihre  Grundursache  sind. 

2.  Die  himmlischen  Einzeldinge  sind  die  Urgründe  für 
die  Einzeldinge  dieser  Welt  des  Entstehens  und  Vergehens, 
ebenso  ist 

3.  Ihre  Bewegung,  Ursache  für  die  Bewegung  dieser 
Dinge  und  die  Bewegung  der  letzteren  ist  den  Bewegungen 
jener  ähnlich,  somit  ist  auch  nöthig,  dass  die  Töne  dieser 
Welt  den  Tönen  jener  ähnlich  sind. 

Ein  Analogon  hierfür  sind  die  Spiele  der  Kinder,  die 
die  Thaten  der  Väter  und  Mütter  in  ihren  Spielen  nachahmen, 
ebenso  wie  die  Schüler  ihren  Lehrern  in  ihren  Künsten  und 
Werken  gleichen. 

Die  meisten  Gelehrten  lehren,  dass  die  himmlischen  Ein- 
zelerscheinungen und  ihre  wohlgereihten  Bewegungen  frü- 
herer Existenz  seien,  als  die  Creaturen  unter  der  Mond- 
sphäre  und   deren  Bewegungen;    die  Welt    der  Seelen  war 


—     123    — 

früher  vorhanden,  als  die  Körperwelt.  Cf.  Abhandlung  über 
die  Anfänge. 

Da  es  nun  in  der  Welt  des  Seins  aneinander  gereihte 
Bewegungen  giebt,  denen  Töne  entsprechen,  so  muss  es 
auch  in  der  Sphärenwelt  gereihte  miteinander  [85]  zusam- 
menhängende und  entsprechende  Töne  geben,  die  die  Seelen 
erfreuen  und  sie  nach  dem  Höheren  sehnsüchtig  machen. 

So  regt  sich  ja  in  den  Naturen  der  Kinder  die  Sehn- 
sucht nach  den  Zuständen  der  Väter  und  Mütter  und  in  den 
Seelen  der  Schüler  und  Lernenden  die  Sehnsucht  nach  den 
Zuständen  der  Lehrer ;  das  Volk  sehnt  sich  verständig  zu 
werden,  die  Verständigen  wollen  sich  zum  Zustand  (geisti- 
ger) Könige  erheben  und  diese  wiederum  den  Zustand  der  Engel 
erfassen;  man  sucht  ihnen  ähnlich  zu  werden,  denn  es  gilt  ja 
für  die  Philosophie  die  Definition,  sie  sei  das  Aehnlichwer- 
den  Gottes  soweit  es  dem  Menschen  möglich  ist. 

Es  heisst  von  dem  weisen  Pythagoras,  er  hätte  durch 
die  reine  Substanz  seiner  Seele  und  die  Einsicht  seines  Her- 
zens die  Bewegungen  der  Sphären  vernommen;  durch  die 
Güte  seines  Scharfsinns  aber  die  Grundsätze  der  Musik 
und  die  Weisen  der  Melodieen  herausgebracht.  Er  war  der 
erste  Gelehrte,  welcher  diese  Wissenschaft  behandelte  und 
dieses  Geheimniss  kundthat. 

Dann  folgten  ihm  Nikomachus,  Ptolemaeus,  Euklid  und 
Andere.  Deshalb  wenden  die  Weisen  musikalische  Töne  und 
Weisen  in  Tempeln  und  Gebetshäusern  für  die,  so  Gott  sich 
nahmen  an.  Es  finden  die  traurigen  und  zarten  Weisen  be- 
sonders bei  Hartherzigen,  bei  den  irrenden  Seelen  und  thö- 
richten  Geistern  ihre  Anwendung,  die  sich  sonst  um  die 
Freuden  der  Geisterwelt  und  deren  Lichtstätten  nicht  küm- 
mern. Man  hat  Worte  und  Verse  in  Massen  dazu  gefügt, 
um  durch  die  Schiderungen  von  der  Wonne  der  Geisterwelt, 
von  der  Lust  und  Freude  ihrer  Bewohner  ihnen  danach 
Sehnsucht  einzuflössen. 

Ebenso  werden  bei  Saitenklängen  die  Feldzüge  der 
ersten  Muslim  und  dazu  herabgesandte  Koranverse  verlesen, 
die  Herzen  zu  erweichen  und  den  Seelen  für  die  Geisterwelt 


—    124     — 

und  die  Lieblichkeit  des  Paradieses  Sehnsucht  zu  erwecken 
Vgl.  Kor.  9.  112.  Gott  erkaufte  von  den  Gläubigen  ihre 
Seelen  und  ihren  Besitz,  dass  ihnen  das  Paradies  werde,  sie 
kämpfen  auf  dem  Wege  Gottes,  sie  tödten  und  werden  ge 
tödtet. 

Auch  sagen  die  Kämpfer  der  Muslim  beim  Treffen  und 
in  der  Schlacht  Verse  über  die  Schwarzäugigen  her  um  durch 
die  Lieblichkeit  der  andern  Welt,  die  Seelen  nach  dem  Jen 
seits  begierig  und  zum  Angriff  tapfer  zu  machen.  Ebenso 
wird  von  den  Gottesgelehrten  die  Musik  in  den  Tempeln 
und  Gotteshäusern  angewandt,  die  Seelen  zu  erweichen,  sie 
aus  der  Welt  des  Seins  und  Vergehens  heraus  zu  reissenj 
und  nicht  in  das  Meer  der  Materie  versinken  zu  lassen.  [86] 
In  den  Gesetzen  einiger  Propheten  ist  der  Gebrauch  der 
Musik  verwehrt,  weil  die  Menschen  dieselbe  in  anderer 
Weise  zum  Spiel  und  Ergötzung  zur  Anregung  des  Sinnge- 
nusses und  dergleichen  verwenden.  Vgl.  Nehmt  meinen  Antheil 
von  der  Lust  und  Wonne  (des  Jenseits),  denn  alles,  das  so 
weit  hinausläuft,  entgeht  uns  doch;  ferner:  noch  kam  keiner 
uns  anzuzeigen,  ob  er  im  Paradies  der  Begnadigten  oder  in 
der  Hölle  sässe. 

Viele  Leute  meinen,  wenn  sie  solche  Verse  hören,  dass 
es  keine  Wonne  noch  Lust  gäbe,  ausser  eben  die  sinnliche 
und  dass  das,  was  die  Propheten  von  den  Freuden  des  Pa- 
radieses und  die  Gelehrten  von  der  Wonne  der  Geisterwelt 
erzählten,  eitel  Lüge  sei.  Aber  der  Glaube  der  Propheten 
und  die  Ansichten  der  Gelehrten  sind  wahr  und  hatten  die 
Propheten  bei  der  Feststellung  ihrer  Satzung  und  die  Ge- 
lehrten bei  der  Herrichtung  ihrer  Leistungen  als  das  höchste 
Ziel  das  im  Auge,  die  Seelen  von  den  Lüsten  dieser  Welt 
zu  befreien  u.  s.  f. 

Der  Sinn  der  Tongänge  und  Melodie  gelangt  auf  dem 
Wege  des  Gehörs  zur  Erkenntniss  der  Seelen  und  die  Grund- 
züge des  Sinnes,  der  in  diesen  Tongängen  und  Weisen  nie- 
dergelegt ist,  bilden  sich  den  Seelen  ein.  Dieselben  können 
dann  des  Getöns  in  der  Luft  entbehren,  so  wie  man  das 
Geschriebene    entbehren    kann,    wenn    man    den    Sinn    des- 


—     125    — 

sen,  was  geschrieben   war,   verstanden  und  dem  Gedächtniss 
eingeprägt  hat. 

Ebenso  ist  es  mit  den  Theilseelen,  bei  denen,  wenn  sie 
vollendet  und  vollkommen  geworden  und  dann  zum  höchsten 
Ziel  in  diesem  Leibe  gelangten,  der  Körper  natürlichen  oder  zu- 
fälligen Todes  vergeht,  die  bisweilen  aber  auch  Gott  direct  nahe 
treten.  [87]  Diese  Seelen  treten  dann  aus  dem  Körper  wie  die 
Perle  aus  der  Muschel,  das  Kind  aus  dem  Mutterschooss,  das 
Korn  aus  der  Hülse,  oder  die  Frucht  aus  der  Schale  hervor.  Es 
beginnt  mit  den  Seelen  etwas  Neues  (ein  neues  Leben),  wie 
auch  mit  jenen  Dingen.  Vgl.  Kor.  56,  58.  Wisst  ihr  etwa 
was  ihr  ausgiesst  (in  den  Mutterleib),  schafft  ihr  oder  sind 
wir  es,  die  da  schaffen.  Wir  bestimmten  dem  und  jenem 
von  Euch  den  Tod  und  kommt  uns  keiner  zuvor,  dass  wir 
an  Eurer  Stelle  Euresgleichen  setzen  und  wir  Euch  neu  (in 
einem  Zustand),  den  ihr  nicht  kennt,  hervorgehen  lassen.  — 
Dasselbe  gilt  von  den  Thierseelen;  es  beginnt  mit  ihnen 
nach  der  Schlachtung  etwas  Neues.  Die  Schlachtung  der 
Opferthiere  geschieht  nicht,  um  das  Fleisch  zu  essen,  son- 
dern um  die  Seele  von  der  Hölle  der  Welt  des  Bestehens 
and  Vergehens  zu  befreien  und  sie  vom  unvollkommenen 
Zustand  zu  dem  vollendeten  und  vollkommenen  in  der  Form 
les  Menschen,  die  ja  die  vollkommenste  von  den  Gestalten 
mter  dem  Mondkreis  ist  und  die  letzte  Stufe  in  der  Hölle 
ler  Welt  des  Entstehens  und  Vergehens  bildet,  zu  erheben. 
Cf.  die  Abhandlung  über  die  Lehre  vom  Tode). 

Der  Körper  ist  die  Muschel,  die  Seele  aber  eine  kost- 
)are  Perle,  vernachlässige  sie  nicht,  sie  steht  in  hohem  Werth 
)ei  ihrem  Schöpfer. 

Tritt  die  Seele  reiner  hervor  und  nimmt  sie  zu,  so  tritt 
de  ein  in  die  Form  der  Engel,  denn  dies  ist  die  Form,  zu 
ler  die  Seele  in  ihrer  Vollendung  gelangt. 

Vgl.  Kor.  32,  4.  Der  Engel  des  Todes,  der  mit  euch  be- 
raut  ward,  wird  euch  hinnehmen,  dann  werdet  ihr  zu  eurem 
lerrn  zurückkehren. 

Der  Todesengel   ist  der  Annehmer   der  Geister  und  die 


—    126    — 

Hebeamme  der   Seelen,   wie   die  Hebeamme    des  Leibes   die 
Kinder  annimmt. 

Eine  jede  Seele  der  Gläubigen  hat  in  der  Geisteswelt 
zwei  Eltern,  wie  auch  die  Körper  zwei  Eltern  in  der  Kör- 
perwelt haben,  so  sagte  der  Gesandte  zu  Ali:  Ich  und  Du  Ali, 
wir  sind  die  zwei  Väter  dieses  Volks.  Koran  22,  77.  Er 
bestimmte  euch  nicht  Lasten,  wie  die  Religion  Abrahams  that, 
er  nannte  euch  Muslim  (Gottganzergebene).  Dies  sind  na- 
türlich geistige  nicht  leibliche  Väter. 


Die  Musikverständigen  beschränkten  sich  bei  der  Zahl 
der  Saiten  der  Laute  auf  vier.  Nicht  weniger  und  nicht 
mehr,  damit  ihr  Werk  den  Dingen  der  Natur  unter  dem 
Mondkreis  ähnlich  sei  und  sie  die  Weisheit  Gottes  nach- 
ahmten.    Cf.   die  Arithmetik. 

Die  Diskantsaite  ähnelt  dem  Element  des  Feuers,  ihr 
Ton  gleicht  der  Hitze  und  Heftigkeit  desselben. 

Die  zweite  Saite  ähnelt  dem  Element  der  Luft,  ihr  Ton 
entspricht  der  Feuchtigkeit  der  Luft  und  deren  Gelindigkeit. 

Die  dritte  Saite  ähnelt  dem  Element  des  Wassers,  ihr 
Ton  ähnelt  der  Feuchtigkeit  und  Kühle  desselben. 

Die  Basssaite  ähnelt  der  Schwere  und  Dicke  der  Erde. 

[88]  Diese  Eigenschaften  gehören  ihnen  an,  sie  ent- 
sprechen einander  an  sich,  oder  in  Gemässheit  der  Einwir- 
kungen ihrer  Töne  auf  die  Mischungen  in  den  Naturen  der 
Hörer. 

Der  Ton  der  Diskantsaite  stärkt  die  Mischung  der  Gelb- 
galle und  mehrt  die  Kraft  und  Wirkung  derselben,  sie  steht 
der  Mischung  des  Speichels  entgegen  und  (verfeinert)  schwächt 
denselben. 

Der  Ton  der  zweiten  Saite  stärkt  die  Mischung  des 
Bluts  und  mehrt  die  Kraft  und  Wirkung  desselben.  Die- 
selbe steht  der  Mischung  der  Schwarzgalle  entgegen,  sie 
hebt  dieselbe  auf  und  macht  sie  gelind. 

Der  Ton  der  dritten  Saite  stärkt  die  Mischung  des  Spei- 


—     127    — 

chels  und  mehrt  die  Kraft  desselben,  sie  steht  der  Mischung 
der  Gelbgalle  entgegen  und  bricht   deren  Schärfe. 

Der  Ton  der  Basssaite  stärkt  die  Mischung  der  Schwarz- 
galle, sie  mehrt  die  Kraft  und  Wirkung  derselben  und  steht 
der  Mischung  des  Blutes  entgegen,  dessen  Wallen  sie  be- 
ruhigt. 

Bringt  man  diese  Töne  in  Weisen,  die  ihnen  entsprechen, 
an  und  gebraucht  man  diese  Weisen  zu  den  Zeiten  der 
Nacht  oder  des  Tages,  deren  Natur  der  Natur  der  mächti- 
gen Krankheit  und  des  zustossenden  Siechthums  entgegen- 
steht, so  beruhigen  sie  dieselben,  sie  brechen  deren  Gewalt 
und  erleichtern  den  Kranken  die  Schmerzen.  Denn  wenn 
der  Dinge,  die  sich  in  ihrer  Natur  ähneln,  viel  werden  und 
sie  zusammenkommen,  so  wird  ihr  Thun  stark  und  tritt  ihre 
Einwirkung  hervor,  bis  dass  sie  die  Gegensätze  überwinden. 

Die  Leute  kennen  dergleichen  bei  den  Kämpfen  und 
dem  Streit. 

Aus  dem  Wenigen,  was  wir  von  der  Weisheit  der  Mu- 
siker wissen,  die  ihre  Kunst  in  den  Krankenhäusern  zu  den 
der  Natur  der  Krankheiten,  der  Zufälligen  und  Grundursachen 
derselben  entgegenstehenden  Stunden  anwandten,  geht  ihre 
Einsicht  klar  hervor,  auch  ist  klar,  warum  sie  sich  auf  vier 
Saiten  beschränkten  und  weder  mehr  noch  weniger  annah- 
men. 

Der  Grund,  weshalb  die  Musiker  die  Dicke  einer  jeden 
Saite  gleich  der  Saite  unter  ihr  -j-  xj%  setzten,  war  auch, 
dass  sie  dabei  die  Weisheit  Gottes  und  die  Wirkung,  die 
er  durch  seine  Werke  auf  die  Werke  der  Natur  hervor- 
brachte,  nachahmten. 

Die  Gelehrten  der  Naturwissenschaft  setzten  fest,  dass 
von  den  Durchmessern  der  vier  Elemente,  Feuer,  Luft,  Was- 
ser, Erde  jeder  einzelne  gleich  dem  unter  ihm  -|-  1/z  in  der 
Qualität,  das  heisst  in  ihrer  Kraft   und  Dicke  sei. 

Sie  sagen,  der  Durchmesser  der  Aetherzone,  d.  h.  des 
Feuers  unter  dem  Mondkreis  sei  gleich  dem  Durchmesser 
von  der  Eiskältezone  -\-  Ys  derselben.  Der  Durchmesser 
der  Eiskältezone  sei  gleich  dem  Durchmesser  von  der  Wind- 


—     128     — 

hauchzone  +  Y»  derselben  und  der  Durchmesser  der  Wind- 
hauchzone gleich  dem  Durchmesser  der  Wasserzone  -f-  Y« 
derselben,  der  Durchmesser  der  Wasserzone  gleich  dem 
Durchmesser  der  Erdkugel  -f-  Ys  derselben. 

Die  Bedeutung  dieses  Verhältnisses  ist,  dass  die  Sub-t 
stanz  des  Feuers  in  der  Feinheit  gleich  der  Substanz  der 
Luft  _L  Ys  derselben  sei  und  die  Substanz  der  Luft  in  der 
Feinheit  gleich  der  Substanz  des  Wassers  -f-  Ys  desselben 
und  die  Substanz  des  Wassers  in  der  Feinheit  gleich  der 
Substanz  der  Erde  -\-  1/z  derselben  sei. 

Man  spannt  die  Diskantsaite,  die  dem  Element  des 
Feuers  ähnelt  und  deren  Ton  der  Hitze  und  Schärfe  des- 
selben entspricht,  unter  alle  Saiten  und  die  Basssaite,  die 
dem  Element  der  Erde  entspricht,  über  alle  Saiten  und  dann 
die  zweite  dem  Discant  und  die  dritte  dem  Bass  nah  aus 
zwei  Gründen;  1)  weil  der  Ton  des  Diskant  scharf  und 
leicht  ist  und  sich  nach  oben  bewegt,  der  Ton  des  Basses 
aber  dick  und  schwer  ist  und  sich  nach  unten  bewegt.  Dies 
ist  das  passendste  für  die  Verbindung  und  Vereinzelung 
beider.  Ebenso  ist  der  Zustand  der  zweiten  und  dritten 
Saite;  2)  weil  die  Dicke  der  Diskantsaite  sich  zur  Dicke 
der  zweiten  Saite  und  diese  wiederum  sich  zur  Dicke  der 
dritten  und  die  Dicke  der  dritten  sich  zu  der  Dicke  der 
Basssaite  verhält,  wie  der  Durchmesser  der  Erde  zu  dem  des 
Windhauchs  und  dieser  wiederum  sich  ebenso  zu  der  Zone  der 
Eiskälte  und  der  Durchmesser  der  Eiskältezone  sich  ebenso 
zu  der  des  Aethers  verhält.  Deswegen  spannt  man  sie  in 
dieser  Zusammenfügung. 

Die  Musiker  gebrauchen  das  Verhältniss  des  Achtels 
bei  den  Tönen  der  Saiten  und  nicht  das  des  Fünftheils, 
Sechstheils  und  Siebentheils  und  theilen  sie  danach,  weil 
dies  von  der  Acht  abgeleitet  ist  und  die  Acht  die  erste 
Würfelzahl  ist  (2X^X2).  Die  Sechs  ist  zwar  die  erste  voll- 
ständige Zahl  [89]  und  sind  auch  die  Körper  mit  sechs 
Flächen  die  vortrefflichsten;  aber  ihr  vor  steht  die  Würfel- 
zahl,  wegen   des    einander    Gleichen.     (Cf.    die  Abhandlung 


—     129     — 

der  Geometrie).  Denn  die  Länge  und  Breite  und  Tiefe  des 
Würfels  sind  alle  einander  gleich,  er  hat  sechs  viereckige 
Flächen,  die  alle  einander  gleich  sind  und  acht  Körper- 
winkel alle  einander  gleich,  er  hat  ferner  zwölf  einander 
parallele  und  einander  gleiche  Schenkel,  er  hat  24  rechte 
einander  gleiche  Winkel,  die  24  entstehen  aus  der  Multi- 
plikation der  Drei  mit  Acht. 

Wir  haben  es  ausgesprochen,  dass  ein  jedes  Werk,  in 
welchem  die  Gleichmässigkeit  grösser  ist,  auch  vortrefflicher 
sei,  auch  hält  man  nicht  die  Kugelgestalt  für  gleichmässiger 
:ds  die  Würfelgestalt.  Deswegen  sagt  Euklid  im  letzten 
Abschnitt  seines  Buchs,  dass  die  Gestalt  der  Erde  dem 
Würfel  ähnlicher  sei  und  die  Gestalt  des  Himmels  den  Kör- 
pern mit  zwölf  Basen  —  Zwölfeck  sehr  ähnlich  sei. 

In  der  Abhandlung  über  die  Astronomie  hoben  wir  den 
Vorzug  der  Kugelgestaltung  und  der  Zahl  Zwölf  hervor. 

Als  Vorzug  der  Acht  haben  die  Gelehrten  der  Propä- 
deutik hervorgehoben,  dass  zwischen  den  Durchmessern  der 
meisten  Sphären,  dem  der  Erde  und  dem  der  Luft  ein  mu- 
sikalisches Verhältniss  stattfinde. 

Ist  nämlich  die  Hälfte  des  Erddurchmessers  8,  ist  die 
Hälfte  vom  Durchmesser  der  Luftzone  9 ;  der  halbe  Durch- 
messer der  Mondsphäre  12;  der  der  Merkursphäre  13,  der 
der  Venussphäre  16,  der  der  Sonnensphäre  18,  der  der  Mars- 
sphäre 21 Y2,  der  der  Jupitersphäre  24,  der  der  Saturnsphäre 
284/9,  der  der  Fixsternsphäre  32. 

Der  Durchmesser  der  Mondsphäre  steht  zu  dem  der 
Erde  wie  1*/$  :  1  (24  :  16)  und  zu  dem  der  Luftsphäre  wie 
Ly*  :  1  (24  :   18). 

Der  Durchmesser  der  Venussphäre  steht  zu  dem  der 
Erde  wie  2  :  1  (32  :  16)  und  zu  dem  des  Mondes  wie  2  : 
P/s  (32  :  24). 

Der  Durchmesser  der  Sonnensphäre  steht  zu  dem  der 
Luftsphäre  wie  2  :  1  (36  :  18)  zu  dem  der  Erde  wie  21/* 
1  (36  :  16)  und  zu  dem  der  Mondsphäre  wie  V/2  :  1  (36 
24). 

Der  Durchmesser   der  Jupitersphäre    steht   zu   dem   der 

Dieterici,  arab.   Propaedeutik.  «J 


—     130     — 

Mondsphäre  wie  2  :  1   (48  :  24)    zu  dem  der  Erde    wie  3  :  1 
(48  :  16)  zu  dem  der  Venussphäre  wie  P/2   :  1  (48  :  32). 

Der  Durchmesser   der  Fixsternsphäre  steht   zu  dem  den 
Jupitersphäre  wie  P/4  :  1   (richtig  P/s   :  1.  64  :  48)   zu  den 
der  Venussphäre    wie    2  :  1   (64  :  32)    und   zu  der   Sonnen- 
sphäre  wie    l3/4  :   1   (64  :  36   ungenau  63  :  36)  zum   Monde 
wie  23/4  :  1  und  zur  Erde  wie  4:1. 

Der  Merkur,  der  Mars  und  der  Saturn  stehen  ausser- j 
halb  dieses  Verhältnisses  und  sagt  man  deshalb,  dass  sie« 
Unglück  bringend  wären. 

Ferner  behaupten  diese  Gelehrten,  es  gäbe  zwischen  dei' 
Grösse  dieser  Sternkörper,    der    des  Einen   zu   der   des   An- 
dern verschiedene,  theils   arithmetische,  theils  mathematische: 
theils   musikalische    Verhältnisse,    auch    seien  zwischen  ihnei 
und  der  Erde  diese  Verhältnisse  vorhanden. 

Die  Einen  derselben  seien  erhaben  und  vortrefflich,  die  an-:| 
dern  ständen  darunter,  doch  würde  uns  dies  hier  zu  weit  führen,] 

Aus  dem  bisher  Erwähntem  ist  zur  Genüge  klar,  das£f 
der  gesammte  Weltkörper  mit  allen  seinen  Sphären  und  Ein- 
zelerscheinungen, mit  seinen  Sternen  und  den  vier  Elemen- 
ten, die  Zusammenfüguno'  des  Einen  mit  dem  andern  nacl 
diesem  vorhererwähnten  Verhältniss  des  Einen  zum  Anden 
gemacht  ist  und  dass  der  ganze  Weltkörper  sich  wie  eir. 
Thier,  ein  Mensch  oder  eine  Stadt  verhalte  und  dass  der. 
der  sie  leitet,  formt,  fügt  und  setzt,  der  sie  hervorgehen  und 
entstehen  heisst,  nur  Einer  und  ohne  Genossen  sei.  Das  isl 
ja  das  Ziel   unsrer  Abhandlung. 

Die  Vorzüglichkeit  der  Acht  geht  auch  daraus  hervor, 
dass  wenn  man  die  vorhandenen  Dinge  beschaut  und  forschend 
nach  dem  Grundprinzip  der  dem  Verderben  unterworfenen 
Dinge  fragt,  man  findet,  dass  die  meisten  der  vorhandener] 
Dinge  zu  Acht  sich  finden.  So  die  Natur  [90]  von  den 
Elementen:  heiss,  kalt,  feucht,  trocken  und  dann  das  heiss- 
feuchte,  das  kalt-trockene,  das  kalt-feuchte  und  warm-trockene, 
zusammen  acht.  Das  ist  die  Wurzel  der  vorhandenen  Na- 
turdinge und  das  Prinzip  des  dem  Verderben  Anheimfal- 
lenden. 


-     131     — 

Betrachtet  man  ferner  den  Punkt  und  Gegenpunkt  im 
Himmel,  so  giebt  es  deren  acht.  Der  Mittelpunkt,  der  Ge- 
genüberstand, die  zwei  Drittheile,  zwei  Viertheile,  die  zwei 
Sechstheile,  zusammen  acht.  Diese  Acht  sind  auch  Mittel- 
ursachen für  das  Vergängliche  unter  dem  Monde, 

Die  28  Buchstaben  in  der  arabischen  Sprache  entspre- 
chen den  28  Mondstationen;  das  Alphabet  derselben  (der 
Mondstationen)  besteht  aus  acht  Buchstaben.  Auf  (a)  Lam 
(1)  Fa  (f)  Ja  (j)  Mim  (m)  Nun  (n)  Dal  (d)  Wav  (w).  Die 
Versmasse  der  arabischen  Dichtung  zerfallen  auch  in  acht 
Theile,  d.  h.  die  Versfüsse. 

Von  den  Gattungen  der  Melodieen  giebt  es  auch  acht,  wie 
wir  später  darthun.  Dann  sagt  man,  der  Embryo  habe  acht 
Stufen  und  der  Thronträger  (Gottes)  gebe  es  acht,  auch 
hätten  die  zwei  Leuchten  (Mond  und  Sonne)  je  sieben  Stell- 
vertreter. Den  eigentlichen  Sinn  davon  haben  wir  in  der  Ab- 
handlung  von  der  Heimsuchung  und  Auferstehung  dargestellt. 

Es  giebt  freilich  viele  Dinge  als  zweifache,  dreifache, 
vierfache,  5,  6,  7,  8,  9,  10 fache  und  so  fort.  Doch  wollten 
wir  mit  der  Hervorhebung  der  Acht  aus  der  Sorglosigkeit 
erwecken  und  darthun,  dass  die,  welche  für  die  Sieben  und 
deren  Vorzug  auftraten,  doch  nur  theilweis  und  nicht  allge- 
mein Recht  hätten.  Dasselbe  gilt  von  denen,  welche  die 
Zwei  besonders  hervorheben  und  für  die  Christen,  welche 
die  Drei  geltend  machen,  dann  von  den  Vertretern  der  Natur- 
wissenschaft, die  für  die  Vier  auftreten.  Von  den  Khurramiten, 
welche  für  die  fünf  und  den  Indern  und  den  Kajjaliten, 
welche  für  die  Neun  auftreten. 

Dagegen  haben  die  Lauteren  Brüder  eine  allgemeine 
Betrachtung  und  umfassen  die  Gesammtkenntniss. 

Die  Laute  gehört  nach  der  Menge  ihrer  Saiten,  dem 
Verhältniss  ihrer  Dicke  und  Dünne ,  der  Menge  ihrer 
Bünde,  der  Art  und  Weise  ihrer  Spannung ;  nach  der  Zahl 
ihrer  Töne  und  den  Griffen  ihrer  Saiten  zu  den  sichersten 
Fügungen  und  schönsten  Zusammensetzungen.  Sie  ist  im 
vortrefflichsten  Verhältniss,  weshalb  sich   die    meisten  Hörer 

9* 


—    132    — 

daran    ergötzen    und    die   meisten  Geister    sie    schön  finden. 
Man  spielt  sie  in  den  Sitzungen  der  Könige  und  Häuptlinge. 


Zu  den  bestgefügten  und  sichersten  Werken  gehört 
auch  die  Kunst  der  Rede  und  der  Aussprüche.  Die  klügste 
Rede,  die  klarste  eindringendste  und  beredteste  ist  die  ge- 
messene und  gereimte.  Die  lieblichsten  der  gemessenen 
Dichtungen  sind  die,  in  welchen  keine  Abweichung  statt- 
findet. Nicht  durch  Abweichung  verkürzt  sind  solche  Verse, 
bei  denen  die  ruhenden  Buchstaben  in  ihrer  Wägung  den 
bewegten  entsprechen,  so  das  Tawil,  Madid  und  Basit.  Denn 
von  diesen  ist  jedes  aus  acht  Aufgängen  zusammengesetzt 
facülun,  mafäcilun  vier  mal.  Diese  acht  Füsse  sind  zusam- 
mengefügt aus  12  Stricken  (2  Buchstaben  tan)  und  8  Pflöcken 
(3  Buchstaben  tanan)  zusammen  48  Buchstaben  [91]  d.  i. 
20  ruhende  und  28  bewegte.  Der  Iialbvers  hat  24  Buch- 
staben, der  halbe  Halbvers,  das  Viertheil  des  Verses  12.  Fünf 
davon  sind  ruhend  und  sieben  sind  bewegt.  Das  Verhält- 
niss  der  ruhenden  Buchstaben  zu  den  bewegten  ist  beim 
Viertel- Vers  ebenso  wie  bei  dem  Halbvers  und  dem  ganzen 
Vers.  Dasselbe  gilt  vom  Kamil  und  Wafir,  jedes  derselben 
ist  aus  sechs  Abschnitten  zusammengesetzt  mafäcilun  6  mal. 

Das  Verhältniss  der  ruhenden  Buchstaben  ist  zu  den 
bewegten,  beim  Drittheil  ebenso  wie  bei  der  Hälfte  und  bei 
dem  Ganzen. 

So  ist's  auch  bei  einem  jeden  Vers  der  Gedichte,  wenn 
er  frei  von  Zusammenziehung. n  (Fehlern)  ist,  bei  der  Hälfte 
bei  dem  Viertheil  und  dem  Sechstheil.  Das  gleiche  Ver- 
hältniss herrscht  bei  den  Zeiten  zwischen  ihnen.  *) 

Es  geht  aus  alle  dem  hervor,  dass  die  schönsten  Werke 
und  sichersten  Zusammenfügungen  die  sind,  in  denen  die 
Zusammensetzung  der  Theile  und  die  Grundlagen  ihres  Baus 
in  dein  vorzüglichsten  Verhältniss  stehen. 


*)  Dazu  war  eine  Tabelle  gegeben,  wobei  ha  die  bewegten  und  alif  di< 
ruhenden  anzeigt; 


—     133     - 

„Als  Beispiel  für  dies  Verhältniss  gilt  dem  Verfasser 
vor  allen  die  Schreibkunst,  das  schönste  der  Kunstwerke, 
wodurch  sich  Vezire,  Schreiber  und  Gebildete  in  den  Di- 
vanen  der  Herrscher  besonders  hervorthun;  es  wird  die 
arabische,  persische,  hebräische,  griechische,  indische  Schrift 
genannt.  Nur  Gott  kenne  die  Zahl  der  Alphabete,  er  schuf 
die  Völker  mit  verschiedener  Zunge,  Farbe,  Natur,  Anlage, 
Kunst  und  Kenntniss." 


leber  den  Irsprung  der  Buchstaben  und  ihre  Zusaiumenfiigung,  ihre 

Grosse  und  Verhältnisse. 

Alle  Buchstaben,  für  welche  Sprache  sie  auch  gesetzt 
seien,  welchem  Volk  sie  angehören  und  mit  welchem  Rohr 
sie  auch  geschrieben  werden,  haben  als  ihren  Ursprung  die 
gerade  Linie,  den  Durchmesser  des  Kreises  und  die  Bogen- 
linie,  die  Peripherie  desselben;  die  anderen  Buchstaben  sind 
daraus  zusammengefügt.  Cf.  darüber  schon  die  Geometrie. 
Dies  gelte  besonders  für  das  arabische  Alphabet;  geradlinig 
sind  alif,  ba,  ta,  tha,  andere  bogenförmig  dal,  dhal.  nun;  re, 
ze,  fa,  qaf,  andere  aus  den  beiden  Grundformen  zusammenge- 
setzt wie  die  anderen  Buchstaben.  [92.]  Dasselbe  gilt  von  den 
Schriftzügen  der  Zahlen  bei  den  Völkern,  den  indischen, 
syrischen,  hebräischen,  so  auch   griechischen   und  römischen. 

„Die  schönste  Schrift  und  beste  Zusammenstellung  ist 
die,  in  welcher  die  Maasse  der  Buchstaben,  des  einen  zum  andern 
in  dem  vortrefflichen  Verhältniss  stehen.  Von  den  Urtheilen 
der  Schreibkundigen  hebt  der  Verfasser  den  Ausspruch  des 
Geometers  Muharrir  als  Beweis,  Regel  und  Kanon  hervor; 
der,  welcher  schön  schreiben  und  recht  schreiben  will,  muss 
als  Grundlage  und  Kanon  für  die  arabische  Schrift  zuerst 
das  Alif  von  irgend  einer  Grösse  wählen,  er  mache  die  Dicke 
desselben  der  Länge  entsprechend,  d.  h.  Ys  so  stark,  dann 
lege  er  dieses  Alif  als  Durchmesser  eines  Kreises  und  mache 
auf  demselben  die  übrigen  Buchstaben  der  Länge  des  Alif 
und  Peripherie  des  Kreises  entsprechend. 


—     134    — 

Ba,  Ta,  Tha,  ihre  Länge  sei  =  der  Länge  des  Alif,  ihr 
Kopf  nach  oben  Ys. 

Djim,  Cha,  Kha  ihre  Dehnung  oben  1/^  Alif,  ihr  Bogen 
nach  unten  —  der  Hälfte  der  Peripherie  des  Kreises,  wofür 
Alif  der  Durchmesser. 

Dal  Dhal  =  der  Länge  des  Alif,  wenn  es  gebogen  wird. 

Be,  Ze  —  */4  von  der  Peripherie  des  Kreises,  wofür 
Alif  der  Durchmesser. 

Sin,  Schin,  ihr  Kopf  nach  oben  1/%  Alif,  ihre  Dehnung 
nach  unten  1/%  Peripherie  des  Kreises. 

Sad,  Dad,  ihre  Länge  =  der  Länge  des  Alif,  ihre 
Oeffnung  1/s  Alif,  ihre  Dehnung  nach  unten  1/2  Peripherie 
des  Kreises. 

Ta,  Tsa,  ihre  Länge  e=  Alif,  ihre  Oeffnung  =  1/s  Alif, 
ihre  Köpfe  nach  oben,  so  lang  wie  Alif. 

Am  Ghain ,  ihr  Bogen  oben  1/±  Peripherie  dieses 
Kreises  und  ihre  Biegung  unten  1fa  der  Peripherie. 

Fa  Qaf  so  lang  wie  Alif  nach  vorn  gedehnt,  ihre  Oeffnung 
Vs  Alif.  Der  (Ring)  Kopf  des  Fa,  Qaf,  Waw,  Mim,  Ha 
alle  gleich  1/s  Alif,  wenn  man  es  zum  Kreis  biegt.  Die 
Dehnung  des  Qaf  nach  unten  =  xj%  Peripherie  dieses  Kreises. 

Kaf,  seine  Dehnung  nach  vorn  =  der  Länge  des  Alif, 
seine  Oeffnung  s=  xj%  Alif.     Sein  Bruch  nach  oben  */4  Alif. 

Lam,  seine  Länge  s=  Alif,  seine  Dehnung  nach  vorn 
V2  Alif. 

Mim  und  Waw  ist  nach  unten  wie  Re  nnd  Ze  gebogen. 

Nun,  seine  Biegung  ist  gleich  der  halben  Peripherie 
des  Kreises,  wovon  Alif  der  Durchmesser  ist. 

Ja  =:  Dal,  seine  Dehnung  nach  hinten  ist  gleich  der 
Länge  des  Alif,  seine  Biegung  nach  unten  ist  gleieh  der 
halben  Peripherie  des  Kreises. 

Also  entsprechen  die  Verhältnisse  und  die  Grösse  ihrer 
Maasse  an  Länge  und  Breite  den  Grundregeln  der  Mathematik 
und  des  vorzüglichen  Verhältnisses.  Im  Uebrigen  urtheilen  die 
Menschen  über  die  schöne  Schrift  nach  Satzungen,  Gefällen 
und  Wahl,  wobei  Brauch  und  Gewohnheit  in  Rechnung  kommt. 


—     135    — 

„Ueber  die  Qualität  der  Formen,  die  Linien  der  Figuren 
und  die  Weise,  wie  man  einen  Buchstaben  mit  dem  andern 
nach  Kegel  und  Brauch  geuau  zusammenstellt,  giebt  der  Ver- 
fasser in  kurzer  zusammenfassender  Weise  drei  Aussprüche  an, 
wie  solche  nach  geometrischen  Grundregeln  und  philosophi- 
scher Norm  der  kluge  Mathematiker  Muharrir  aufstellte. 

1)  Die  Formen  aller  Buchstaben,  welchem  Volk  oder 
welcher  Sprache  sie  auch  angehören  und  mit  welcher  Feder  sie 
auch  geschrieben  werden ,  müssen  in  irgend  welchen  Bogen 
und  Krümmungen  stattfinden,  davon  ist  nur  das  Alif  in  der 
arabischen  Schrift  ausgenommen. 

2)  muss  die  Dicke  der  Buchstaben  der  Zartheit,  irgend 
wie  entsprechen. 

3)  müssen  bei  der  Zusammensetzung  alle  Winkel  spitz 
sein  und  zur  Rundung  passen. 

Dies  gehen  die  Schriftkundigen  im  Maass  dieser  Buch- 
staben und  ihrer  Beziehungen  einzeln  durch,  bei  der  Zusam- 
menfügung und  Zusammensetzung  aber  sind  sie  verschiedener 
Ansicht  und  haben  sie  verschiedene  Gründe,  aber  in  Betreff 
der  Lehre  von  al  Muharrir  herrscht  LTebereinstimmung. 

Durch  das  bisher  Erwähnte  ist  klar,  dass  die  weisesten 
Werke,  die  sichersten  Fügungen  und  schönsten  Zusammen- 
stellungen die  sind,  deren  Theile  im  vorzüglichsten  Verhält- 
niss  stehn,  das  vorzüglichste  Verhältniss  ist  1;  P/2,  Ys,  Y4?  V8* 

Dies  wird  auch  durch  die  Form  des  Menschen  und  den 
Bau  seines  Körpers  bewiesen.  Gott  machte  die  Länge  seines 
Wuchses  der  Breite  seines  Rumpfes  entsprechend,  die  Breite 
seines  Rumpfes  entspricht  der  Tiefe  der  Höhlung. 

Die  Länge  seiner  Unterarme  entspricht  der  Länge  sei- 
ner Unterschenkel  und  die  Länge  seiner  Oberarme  der  Länge 
seiner  Oberschenkel;  die  Länge  seines  Halses  aber  der  Länge 
seiner  Rückenseule;  die  Grösse  seines  Kopfes  der  Grösse 
seines  Rumpfes;  die  Rundung  seines  Gesichts  der  Weite 
seiner  Brust;  die  Form  seiner  Augen  der  Form  seines  Mun- 
des; die  Länge  seiner  Nase  der  Breite  der  beiden  (Gesichts) 
Seiten:  die  Grösse  seiner  Ohren  dem  Maasse  seiner  Wan- 
gen; [94]  die  Länge  seiner  Finger  der  Länge  seiner  Zehen; 


—     136    — 

die  Länge  seiner  Eingeweide  entspricht  der  Länge  der  Venen 
Die  Majxenhöle  der  Grösse  der  Leber,  das  Maass  des  Her- 
zens  der  Grösse  seiner  Lunge ;  die  Gestalt  der  Niere  dei 
Gestalt  der  Leber;  die  Weite  der  Kehle  der  Grösse  de] 
Lunge. 

Die  Länge  und  Dicke  der  Sehnen  entspricht  der  Grösse 
der  Knochen,  die  Länge  der  Seiten  und  ihre  Biegung  den 
Brustkasten  und  die  Länge  der  Adern  und  ihre  Weite  ent 
spricht  den  Distanzen  des  Körperdurchmessers.  Also  findei 
man  bei  genauerer  Ueberlegung,  dass  ein  jedes  Glied  im 
menschlichen  Körper  der  Gesammtheit  des  Rumpfes  in  irgenc 
einem  Verhältniss  entspricht  und  wiederum  einem  andern  Gliec 
des  Körpers  in  einem  andern  Verhältniss.  Recht  eigentlich 
kennt  dies  nur  der  erhabene  Gott,  der  schuf  und  bildete,  wie 
und  von  welcher  Beschaffenheit  er  wollte.  Bleibt  der  Samen- 
tropfen beim  Einfall  in  den  Mutterschoss  und  der  Entwick- 
lung Monat  für  Monat  von  den  dort  eintreffenden  Schäden,  voi 
verderbter  Mischung,  veränderten  Constitutionen,  auch  der 
unglücklichen  Himmelsfiguren  frei  und  ist  endlich  sein  Körper- 
bau vollendet  und  seine  Körpergestalt  vollständig  (cf.  unsere 
Abhandlung  darüber),  so  ist  bei  dem  gesund  gebauten  unc 
vollständig  ausgebildeten  Kinde  die  Länge  des  Wuchses 
gerade  8  seiner  Spannen  gross,  gerade  2  Spannen  von  dei 
Spitze  der  beiden  Knieen  bis  zur  untersten  Sohle,  2  Span- 
nen von  der  Spitze  der  beiden  Kniee  bis  zur  Taille,  2  Span 
nen  von  der  Taille  bis  zur  Spitze  seiner  Brust  und  von  dei 
Spitze  der  Brust  bis  zum  Scheitel  des  Kopfes  2  Spannen. 
Oeffnet  man  seine  beiden  Hände  und  dehnt  man  sie  nach 
rechts  und  links,  so  wie  der  Vogel  seine  Fittiche  öffnet,  sc 
findet  man,  dass  die  Entfernung  von  den  Fingerspitzen  dei 
linken  Hand  bis  zn  denen  der  rechten  8  Spannen  ist.  Die 
Hälfte  davon  beim  Kehlkopf,  das  Viertheil  beim  Ellenbogen. 
Streckt  man  die  beiden  Hände  über  den  Kopf  nach  oben 
und  setzt  man  die  Spitze  des  Zirkels  auf  seinen  Nabel,  spannt 
man  dann  denselben  bis  zu  den  Fingerspitzen  der  Hand 
und  schlägt  man  denselben  um  bis  zu  den  Zehenspitzen,  sind 
es  gerade  10  Spannen,  1I±  mehr  als  die  Länge  des  Wuchses. 


—     137    — 

Die  Länge  des  Gesichts  ist  von  der  Spitze  des  Kinns  bis 
zum  Sprossort  der  Haare  über  dem  Stirnknochen  l1/^ 
Spanne.  Zwischen  den  beiden  Ohren  ist  die  Entfernung  l1/* 
Spanne;  die  Länge  der  Nase  */*  Spanne;  der  Schlitz  eines 
jeden  der  beiden  Augen  1/s  Spanne;  die  Länge  der  Stirne 
1/s  von  der  Länge  des  Gesichts,  der  Schlitz  des  Mundes 
und  der  beiden  Lippen  ist  jedes  —  der  Nase,  die  Länge 
von  jeder  Sohle  l1/^  Spanne. 

Die  Hand  ist  von  der  Spitze  der  Handwurzel  bis  zur 
Spitze  des  Mittelfingers  1  Spanne,  die  Länge  des  Daumens 
ist  gleich  der  Länge  des  kleinen  Fingers,  die  Spitze  des 
Ringfingers  steht  1/s  (wohl  */*)  Spanne  über  dem  kleinen  und 
um  eben  so  viel  der  Mittelfinger  über  dem  Ringfinger  und 
über  dem  Zeigefinger. 

Die  Breite  der  Brust  ist  2*/2  Spanne  und  die  Weite 
zwischen  den  beiden  Brustwarzen  1  Spanne,  zwischen  dem 
Nabel  und  dem  Ende  der  Brust  1  Spanne,  von  der  Spitze  der 
Brust  bis  zu  dem  Ende  des  Kehlkopfes  eine  Spanne,  zwischen 
den  beiden  Schultern  liegen  2  Spannen. 

Nach  dieser  Analogie  und  dieser  Regel  entsprechen 
sich  die  Längen  der  Eingeweide,  die  Maasse  des  Bauchs,  die 
Adern  des  Körpers  und  die  Sehnen,  die  an  den  Knochen 
haften  und  ferner  die  Bänder  der  Glieder,  eins  dein  andern 
an  Länge,  Breite  und  Tiefe  eben,  so  wie  die  sichtbaren 
Glieder  mit  einander  im  Verhältniss  stehn.  Dasselbe  [95] 
gilt  vom  Bau  aller  Thiere,  die  mit  entsprechenden  Gliedern 
versehen  sind.  Ebenso  bilden  einsichtige  Künstler  die  Ge- 
stalten, Bilder  und  Formen,  eine  der  andern  entsprechend, 
sowohl  in  der  Zusammensetzung  als  in  den  sich  entsprechen- 
den Maassen  ahmen  sie  das  Werk  des  Schöpfers  nach.  Darum 
wird  auch  die  Philosophie  definirt,  sie  sei  das  Aehnlichwer- 
den  Gottes,  so  weit  es  dem  Menschen  möglich  sei. 

Durch  dies  Alles  wird  klar,  dass  die  besten  Werke,  die 
sichersten  Zusammenfiigungen  und  schönsten  Zusammenstel- 
lungen die  sind,  deren  Herstellung  im  vorzüglichsten  Ver- 
hältniss stattfindet  und  deren  Theile  in  derselben  Weise  zu- 
sammengesetzt sind. 


—     138    — 

Hierin  liegt  für  jeden  vernünftigen  Denker  der  Schluss 
und  Analogie-Beweis,  dass  die  Zusammenfügung  der  Sphä- 
ren und  ihrer  Sterne,  die  Masse  der  Elemente  und  ihre  Pro- 
dukte, eins  zum  andern  im  vortrefflichsten  Verhältniss  steht. 
Ebenso  entsprechen  sich  die  Distanzen  der  Sphären  und 
ihrer  Sterne  und  sind  sie  im  vortrefflichsten  Verhältniss 
gefügt. 

Den  sich  entsprechenden  Bewegungen  gehören  einander 
entsprechende  Tonweisen  an,  die  musikalisch  einander  folgen 
und  lieblich  sind,  wie  wir  dies  bei  den  Bewegungen  der 
Saiten  der  Laute  und  ihrer  Töne  darthaten. 

Der  Einsichtige  erkennt  bei  näherer  Ueberlegung,  dass 
die  Welt  einen  weisen,  einsichtsvollen  Schöpfer  hat,  der 
alles  wohl  zu  fügen  wusste,  es  schwinden  ihm  alle  Zweifel, 
die  sonst  in  das  Herz  vieler  Zweifler  dringen.  Er  weiss 
sicher,  dass  in  den  Bewegungen  der  Einzelkörper  und  den 
Tönen  derselben  Lust  und  Wonne  den  Bewohnern  derselben 
schon  hier  entspringt,  dabei  sehnt  sich  seine  Seele  dort  hinauf 
zu  steigen,  sie  zu  hören  und  darauf  zu  schauen. 

Also  stieg  die  Seele  des  (Dreifachen)  Hermes  trime- 
gistos  in  seiner  Weisheit  auf  und  schaute  dies,  er  ist  der 
Prophet  Idris  cf.  Koran  19,  58  „wir  erhoben  ihn  zu  einer 
hohen  Stätte." 

Also  hörte  auch  die  Seele  des  Pythagoras,  da  sie  von  der 
sinnlichen  Begierde  frei  geworden  und  durch  die  ewigen 
Gedanken,  durch  die  Uebung  in  der  Zahlenlehre,  Geometrie 
und  Musik  geläutert  war,  diese  Sphärenmusik.  So  bemühe 
dich,  deine  Seele  zu  läutern,  sie  aus  dem  Meer  der  Materie, 
den  Banden  der  Natur  und  der  Knechtschaft  sinnlicher  Be- 
gierde zu  befreien  und  so  wie  die  Weisen  thaten  und  be- 
schrieben, zu  handeln;  denn  die  Substanz  deiner  Seele  ist 
dieselbe,  thu  wie  es  in  den  Büchern  der  Propheten  steht 
und  reinige  deine  Seele  von  allen  schlechten  Eigenschaften, 
Thorheiten  und  aller  Bosheit,  denn  diese  hindern,  dass  sie 
dort  hinaufsteige,  so  sagt  Gott: 

Es  werden  ihnen  nicht  des  Himmels  Thore  geöflhet,  sie 


—     139     — 

gehen  nicht  in's  Paradies  ein,  bis  das  ein  Kameel  durch  das 
Nadelöhr  geht.     Kor.  7,  38. 

Die  Substanz  der  Seele  steigt  aus  den  Sphären  nieder 
an  dem  Tage,  wo  der  Saamentropfen  einfällt  und  bleibt  bis 
zu  dem  Hingang  dorthin  in  dem  Tode,  welcher  ja  die 
Trennung  vom  Körper  ist.  Wie  der  Körper  von  Staub  ist, 
so  kehrt  auch  der  Leib  dazu  zurück. 

Das  Leben  in  der  Welt  gleicht  für  die  verkörperten  See- 
len bis  zur  Zeit  der  Trennung,  d.  h.  des  Todes,  dem  Weilen 
des  Embryo  im  Mutterschooss  vom  Tage,  da  der  Samen- 
tropfen einfiel,  bis  zum  Tage  der  Geburt. 

Der  Tod  ist  nichts  als  Trennung  der  Seele  vom  Körper 
wrie  die  Geburt  nichts  [96]  ist,  als  die  Trennung  des  Embryo 
vom  Mutterschooss.  Der  Messias  sagt:  wer  nicht  zweimal 
geboren  wird,  steigt  nicht  auf  zum  Himmelreich. 

Gott  spricht  über  die  Paradiesbewohner :  sie  kosten  keinen 
Tod,  als  den  ersten,  (d.  h.  die  Trennung  der  Seele  vom  Leibe,) 
nach  der  vorhererwähnten  Bestimmung;  sie  sind  die  Glück- 
lichen, von  denen  Gott  sagt:  (7,  41)  sie  sprechen  Preis  sei 
Gott,  der  uns  hierher  geführt;  wir  lassen  uns  nicht  führen, 
wenn  Gott  uns  nicht  leitet;  schon  haben  die  Propheten  un- 
seres Herrn  die  Wahrheit  gebracht.  Die  Elenden  sind  aber 
die,  welche  zur  Welt  zurückzukehren  begehren,  die  sich 
zum  zweitenmal  an  den  Leib  hängen  wollen ,  sie  kosten 
den  Tod  ein  zweites  Mal.  So  wird  im  Koran  (40,  11)  von 
ihnen  berichtet:  O  Herr,  Du  Messest  uns  ein  zweites  Mal 
sterben  und  zum  zweiten  Mal  leben,  wir  bekennen  unsere 
Sünden. 

Die  Grundregeln  der  arabischen  Tonweisen. 

Für  den  arabischen  Gesang  und  dessen  Melodieen  giebt 
es  acht  Grundregeln,  die  den  Gattungen  gleichen,  von  ihnen 
:  zweigen  sich  die  andern  ab  und  haben  die  Uebrigen  darauf 
Beziehung,  so  wie  die  Verse  acht  Einschnitte  haben,  aus 
denen  sich  die  andern  Kreise  der  Masse  und  ihre  Arten 
fügen.  Diese  beziehen  sich  auf  jene  und  werden  danach  gemessen. 


—     140     — 

Das  ist    in    den  Büchern   der  Metrik  näher    ausgeführt. 

Von  den  acht  Grundregeln  der  arabischen  Musik  ist  die 
erste  das  erste  schwere,  dann  das  leicht  schwere,  dann  das 
zweite  Schwere,  dann  das  Leichte,  davon  dann  das  Ramal,  dann 
das  leichte  Ramal,  dann  das  leicht  leichte  und  endlich  das 
Hazadj. 

Diese  acht  sind  wie  die  Gattungen,  die  andern  aber  sich 
abzweigende  Arten,  die  darauf  zu  beziehen  sind. 

a.  Das  erste  Schwere  besteht  aus  neun  Anschlägen,  wovon 
drei  sich  einander  folgen,  der  vierte  aber  allein  steht,  schwer  ist 
und  ruht.  Dann  folgen  fünf  Anschläge;  von  denen  ist  der  erste 
(der  Anfang)  gefaltet  (mit  weggefallenem  Buchstaben)  cf.  maf 
-cü-lun-maf-mafä-fT-lun-maf.  (8  mal  tan)  Dann  kehrt  die  Cäsur 
wieder  und  wiederholt  sich  immer  fort,  bis  der  Musiker 
aufhört. 

b.  Das  zweite  Schwere  besteht  aus  11  Anschlägen;  drei 
davon  folgen  sich  aufeinander,  dann  ein  ruhender,  dann  ein 
schwerer,  dann  6  Anschläge,  von  denen  im  Anfang  einer  ge- 
faltet maf-cü-lun,  mafii,  ma-fä-ci-lun,  maf-cü  (10 mal  tan),  dann 
kehrt  die  Cäsur  immerfort  wieder. 

c.  Das  erste  Leichtschwere  besteht  aus  7  Anschlägen.  1 
Zwei  davon  folgen  sich  und  ist  nicht  die  Zeit  eines  Anschlags 
zwischen  ihnen,  dann  ein  einzelner  schwerer  Anschlag,  dann 
vier  Anschläge  einer  im  Anfang  derselben  gefaltet,  wie  ma- 
fä-cil,  mu-ta-fä-cil,  tanan,  tan,  tananan,  tan.  Dann  kehrt  diese 
Cäsur  wieder  und  verdoppelt  sich  bis  der  Sänger  aufhört. 
Die  Leute  nennen  jetzt  diese  Weise  das  Makhuri,  es  gleicht 
dem  Ruf  der  Ringeltaube  kuku,  ku,  kukuku,  ku. 

d.  Das  zweite  Leichtschwere.  Drei  sich  einander  fol- 
gende Anschläge  zwischen  denen  nicht  die  Zeit  eines  An- 
schlags ist,  jedoch  zwischen  je  drei  Anschlägen  die  Zeit 
eines  Anschlags  failun,  failun;  es  wiederholt  sich  immerfort 
tananan,  tananan,  bis  der  Sänger  aufhört. 

e.  Das  Ramal  ist  das  Umgekehrte  von  Makhuri.    Sieben 
Anschläge,  wie  jenes,   doch  zuerst    ein   einzelner    schwerer,! 
dann   zwei    sich   folgende   Anschläge,    zwischen   denen   nichts 

•i 


I 
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—     141     — 

die  Zeit  eines  Anschlags  ist,  dann  vier  Anschläge,  je  zwei 
davon  sich  einander  folgend,  zwischen  ihnen  liegt  nicht  die 
Zeit  eines  Anschlags;  cf.  fä'ilun,  mafäcilun,  ähnlich  dem  Ruf 
des  Rebhuhns  tan,  tanan,  tanan,  tanan,  ki,  kiki,  kiki,  kiki.  [97] 

f.  Das  leichte  Ramal.  Drei  Anschläge,  die  einander 
folgen  und  bewegt  sind,  dann  zwei  sich  folgende,  zwischen 
beiden  die  Zeit  eines  Anschlags,  mutafä-cilun,  tananan,  tanan. 

g.  Das  Leichtleichte  sind  zwei  sich  einander  folgende 
Anschläge,  zwischen  beiden  liegt  nicht  die  Zeit  eines  An- 
schlags, jedoch  liegt  zwischen  je  zwei  Anschlägen  die  Zeit 
eines  Anschlags,  cf  mafä-cilun,  mafä-cilun,  tanan,  tanan,  tanan, 
tanan. 

h.  Das  Hazadj  ist  ein  ruhender  und  ein  anderer  leich- 
terer Anschlag,  zwischen  beiden  ist  die  Zeit  eines  Anschlags  und 
ebenso  zwischen  je  zwei  Anschlägen  wie  fall,  fäcib.  Diese  acht 
Gattungen  sind  die  Wurzel  und  die  Kanones  des  arabischen 
Gesangs  und  seiner  Weisen.  Die  nicht  arabischen  Gesänge, 
wie  die  persischen,  römischen,  griechischen  haben  andere 
Tongänge  und  Weisen,  als  diese,  jedoch  trotz  der  Menge 
ihrer  Gattungen  und  verschiedenen  Arten  gehen  sie  aus  der 
vor  diesem  Abschnitt  erwähnten  Wurzel  und  Kanon  hervor. 


Gott  setzte  in  seiner  Weisheit  die  dem  Entstehen  und 
Vergehen  unterworfenen  Dinge  der  Natur  mit  ihren  Mittel- 
und  den  ihr  Sein  bestimmenden  Grundursachen  meist  als 
vierfache;  dieselben  sind  zum  Theil  einander  entgegengesetzt, 
zum  Theil  einander  ähnlich.  Die  sichere  Kunst  und  Weisheit 
davon  ist  nur  ihm  offenbar  und  heben  wir  etwas  davon  her- 
vor. Zu  den  als  vier  bestehenden,  offenbaren  und  klaren 
Dingen  gehören  die  vier  Zeiten,  die  Jahreszeiten:  Früh- 
ling, Sommer,  Herbst  und  Winter.  Dem  Frühling  entsprechen 
die  Sternzeichen  vom  Anfang  Widder  bis  Ende  Zwilling. 
Dem  Frühling  entspricht  das  östliche  Viertheil  des  Himmels, 
das  bis  zum  Pflock  des  Himmels  aufsteigt,  ihm  entspricht 
im  Monat  das  erste  Viertheil  von  sieben  Tagen  im  Anfang 
des    Monats.      Von    den  Sternconjunctionen     entspricht    ihm 


—     142     — 

das  linke  Geviert,  von  den  Elementen  die  Luft,  von  den 
Naturen  die  Hitze  und  Feuchte,  von  den  Seiten  der  Süden, 
von  den  Winden  der  Rechte,  von  den  Tagesviertheilen  die 
ersten  sechs  Stunden,  von  den  Mischungen  des  Körpers  das 
Blut,  von  den  Lebensaltern  die  Tage  der  Jugend,  von  den 
Naturkräften  die  gährende,  von  den  Kräften  der  Geschöpfe 
die  vorstellende  und  von  den  offenbaren  Handlungen  die 
Freude,  Wonne  und  Lust,  von  den  Charakteren  Güte,  Edel- 
muth  und  Gerechtigkeit. 

Unter  den  sinnlich  wahrnehmbaren  Dingen  entspricht 
dem  Frühling  die  zweite  Saite  und  deren  Ton,  von  den  Weisen 
der  Diskant;  bei  der  Rede  und  Dichtung  das  Lobgedicht; 
von  den  Speisen  das  Süsse  und  unter  den  Farben  die  ge- 
mässigten Tinten,  wie  die  der  Levkoie;  von  den  Gerüchen  der 
der  Galia  moscata,  des  Veilchens  und  der  Marolaine  und 
dergleichen  milder  Duft,  kurz  jeder  gemässigte  Geschmack, 
Geruch  und  Farbe.  Dem  Sommer  entspricht  von  den  Him- 
melsviertheilen  der  vom  Himmelspflock  zum  Westen  sich 
senkende,  von  den  Sternzeichen  vom  Anfang  des  Krebses 
bis  zum  Ende  der  Aehre;  von  den  Viertheilen  des  Monats 
das  zweite  Viertel,  sieben  Tage,  von  den  Sternconjunctionen 
das  was  vom  linken  Geviert  zum  entgegengesetzten  überführt, 
von  den  Elementen  das  des  Feuers,  von  den  Naturen  die 
trockene  Hitze,  von  den  Seiten  der  Osten,  von  den  Winden 
der  Euros,  von  den  Tagviertheilen  die  sechs  Stunden  bis 
zum  Ende  des  Tags,  von  den  Mischungen  die  Gelbgalle, 
ven  den  Lebens  viertheilen  das  Jünglingsalter;  von  den  Na- 
turen das  Feuer  (Licht),  von  den  Kräften  die  ziehende,  von 
den  Kräften  der  Geschöpfe  die  denkende  Kraft,  von  den 
geheimen  Naturanlagen  die  Tapferkeit  und  Freigebigkeit  und 
von  den  offenbaren  Handlungen  die  schnelle  Bewegung,  die 
Kraft  und  Stärke;  von  dem  Sinnlichwahrnehmbaren  das  ver-f 
stärkte,  wie  die  Töne  der  Diskantsaite,  von  den  Weisen  das 
Makhuri  und  derartige.  Von  der  Dichtung  das  Loblied  auf 
Pferde  und  Tapfere.  Unter  den  Geschmäcken  der  scharfe,  von 
den  Farben  Gelb  und  Roth,  von  den  Düften  Moschus,  Jasmin 
u.  dergl.,  kurz  jeder  warme  trockene  Duft,  Geschmack,  Farbe. 


—     143    — 

Dem  Herbst  entspricht  von  den  Viertheilen  des  Him- 
mels das,  welches  vom  Pflock  des  Westens  zum  Pflock  der 
Erde  hinabsinkt;  von  den  Sternzeichen  die  vom  Anfang  der 
Wage  bis  zum  Ende  des  Bozens. 

Von  den  Viertheilen  des  Monats  entsprechen  sieben  Tage 
die  der  Hälfte  folgen;  von  den  Sternconjunctionen  die  von 
dem  Oppositionspunkt  bis  zum  rechten  Geviert  vorhandenen; 
von  den  Elementen  das  der  Erde,  von  den  Naturen  Kälte 
und  Trockniss,  von  den  Seiten  der  Westen;  von  den  Win- 
den der  Westwind;  von  den  Tagviertheilen  die  sechs  An- 
fängsstunden  in  der  Nacht;  von  den  Mischungen  die  Schwarz- 
galle; von  den  Lebensviertheilen  das  Mannesalter  (34 — 50); 
von  den  Naturkräften  die  haltende;  von  den  Kräften  der 
Geschöpfe  die  behaltende;  von  den  Naturanlagen  die  Ent- 
haltsamkeit; von  den  sichtbaren  Thaten  die  Geduld  und 
Festigkeit;  von  den  sinnlich  wahrnehmbaren  Dingen  ent- 
sprechen dem  Herbst  die  Töne  der  dritten  Saite,  von 
den  Weisen  das  Schwere  u.  dergl. ;  von  der  Rede  die  Lob- 
rede auf  die  Vernunft,  Würde,  Festigkeit  und  Beständigkeit; 
von  den  Geschmäcken  die  Säuren,  von  den  Farben  das 
Schwarze,  Staubige  u.  dergl.,  von  den  Düften  entsprechen 
ihr  die  der  Rose  Aloe  u,  der^L,  von  den  Hauchen  der  kalte 
trockene. 

Der  Zeit  des  Winters  entspricht   von   den  Himmelsvier- 
theilen  das  vom  Pflock  der  Erde  zum  Ostpunkt  aufsteigende; 
von   den  Sternzeichen    die    vom   Anfang    des    Steinbocks   bis 
zum  Ende  des  Fisches,  von  den  Viertheilen  des  Monats  die 
i  letzten  sieben  Tage;  von    den  Sternconjunctionen    das  rechte 
I  Geviert;  von  den  Elementen    das  Wasser;    von  den  Naturen 
die   Kälte   und   Feuchte;    von   den    Seiten    der   Norden;    von 
den  Winden  der  südliche;  von  den  Tagviertheilen   die  letzte 
I  Hälfte   der  Nacht;    von    den    Mischungen    der  Speichel;   von 
den  Naturkräften    die    Stossende,    von   den  Kräften    der   Ge- 
schöpfe    die    Erinnernde;    von    der   Naturanlage   Milde    und 
Schonung:   von   den  sichtbaren  Handlungen    die  Leichtigkeit 
im  Schaffen  und  sicherer  Verkehr;    von  dem  sinnlich  Wahr- 
nehmbaren entsprechen  ihm  die  Töne  der  Basssaite  und  von 


—     144     — 

den  Weisen  das  Hazadj  und  Ramal;  von  den  Reden  und 
Gedichten  das  Loblied  auf  Güte,  Edelmuth,  Gerechtigkeit 
und  gute  Natur;  von  dem  Geschmäcken  der  fette  und  lieb- 
liche; von  den  Farben  das  Grüne;  von  den  Düften  der  der 
Narcisse,  Veilchen  und  Nanufar  u.  dergl. ;  kurz  jede  kalt- 
feuchte Farbe,  Geschmack  und  Duft. 

In  dieser  Weise  zerfallen  die  Zustände  des  in  der  Natur 
Vorhandenen  und  die  Eigenschaften  des  sinnlich  wahrnehm- 
baren Seienden  in  diese  vier  Abtheilungen,  von  denen  eins 
dem  andern  ähnlich,  oder  ihm  entgegengesetzt  ist.  Cf.  Koran 
11,  49.  Von  jedem  zwei  Paare,  ferner  96,  36:  Preis  sei 
dem,  der  da  schuf  die  Paare  allesammt,  sowohl  von  dem, 
was  die  Erde  sprossen  lässt,  als  auch  lebende  Wesen  und 
auch  von  dem,  das  sie  nicht  kennen. 

Verbindet  man  die  sich  einander  ähnelnden  Dinge  nach 
den  Verhältnissen  der  Zusammensetzung,  lassen  sie  sich  ver- 
binden und  werden  ihre  Kräfte  doppelt,  es  treten  ihre  Wir- 
kungen an  den  Tag,  sie  überwiegen  ihre  Gegensätze  und 
besiegen  das,  was  ihnen  entgegensteht.  Durch  die  Erkenn  t- 
niss  derselben  bringen  die  Gelehrten  die  die  Krankheit  hei- 
lenden  Mittel  heraus,  welche  die  Seuchen  heilen,  so  die  Te- 
riake,  Pflaster  und  Tränke,  [99]  wie  solche  den  Aerzten  be- 
kannt und  in  ihren  Büchern  beschrieben  sind. 

Ebenso  handeln  die,  welche  Talismane  machen,  nachdem 
sie  die  Naturen  der  Dinge,  ihre  Eigenthümlichkeiten,  das 
Wie  ihrer  Zusammenfügung  und  die  Verhältnisse  ihrer  Com- 
position  erforschten.  Ein  Beispiel  hiervon  ist  die  Neunform 
um  die  Nativität  leicht  zu  erkennen.  Jn  derselben  sind  die 
neun  Zahlen  für  den  neunten  Monat  der  Schwangerschaft 
und  die  neunte  Stunde  von  dem  Aufgangstern.  Dann  ist  der 
Herr  des  Aufgangs  im  neunten  (Feld)  oder  der  Herr  des 
Neunten  im  Aufgang.  Oder  es  ist  der  Mond  im  neunten  oder 
verbunden  mit  einem  Stern,  der  von  ihm  im  neunten  Felde 
steht,  und  dergleichen  mehr  von  den  Neunten. 


—     145     — 

Gott  gab  seiner  Weisheit  gemäss  einer  jeden  Gattung 
des  Vorhandenen  einen  für  das,  was  sie  zu  erfassen  hat, 
besonderen  Sinn,  auch  eine  der  Seelenkräfte,  mit  der 
sie  alles  Wahrnehmbare  ergreift  und  erkennt;  sie  thut  dies 
in  einer  bestimmten  Weise  und  kann  es  nicht  in  einer  andern 
thun.  Gott  legte  in  eine  jede  Grundanlage  einen  erfassen- 
den Sinn  oder  eine  Wissenskraft,  damit  sie  eine  Freude  an 
der  Erfassung  ihrer  sinnlichen  Wahrnehmung  habe,  sie 
sehnt  sich  nach  derselben  und  sucht  sie  auf,  dann  wird  sie 
ihrer  überdrüssig,  wenn  sie  dieselbe  eine  Weile  besass  und 
erholt  sich  an  einer  andern,  die  jener  gleich  geartet  war.  Das 
ist  bei  den  Leuten  wohl  bekannt  in  Speise  und  Trank,  an 
Kleidung  und  Geruch,  an  Schaustücken  und  Hörstücken. 

Ein  einsichtiger  Musiker  ist  nur  der,  welcher,  wenn  er 
weiss,  dass  die  Hörer  eine  Weise  überdrüssig  haben,  eine 
andere  ihr  entgegengesetzte  oder  ihr  ähnliche  singt. 

Der  Uebergang  von  einer  Weise  zu  einer  andern  und 
die  Uebertragung  derselben  auf  jene  kann  nur  auf  eine  von  zwei 
Arten  geschehen.  Entweder  muss  der  Musiker  aufhören  und 
schweigen,  die  Bünde  und  die  Saiten  durch  Anziehen  oder 
Nachlassen  stimmen  und  dann  eine  andere  Weise  beginnen, 
oder  er  lässt  die  Sache,  wie  sie  ist  und  geht  von  dieser 
Weise  zu  einer  ihr  naheliegenden  und  ihr  ähnlichen  über. 
Er  überträgt  vom  Schweren  auf  das  Leichte  derselben  oder 
vom  Leichten  geht  er  zum  Schweren  desselben  oder  auf  etwas 
Naheliegendes  über. 

Will   er  z.  B.    vom  Leichten    des   Ramal   zum   Makhuri 

übergehn,  muss  er  bei  den  zwei  letzten  Griffen  des  schweren 

Ramal  pausiren,  einen  Anschlag  jenen  folgen  lassen  und  dann 

!  eine  leichte   wirkliche  Pause    machen;    dann   beginnt   er  von 

Neuem  mit  dem  Makhuri. 

Aus  der  Einsicht  des  Musikers  geht  hervor,  dass  er  Ge- 
sänge mit  bekannter  Melodie,  die  einander  ähnlich  sind,  mit  ein- 
<  ander  umkleide,  so  das  Ramal  und  das  Hazadj  und  die  Lob- 
i  lieder,  die  vom  Ruhm,  Güte  und  Edelmuth  handeln,  mit  den 
bekannten    ihm   ähnlichen    Gedichten    bekannter    Melodie    in 

Dieterici,   arab.   Propaedeutik.  ^Q 


—     146     — 

Liedern,  die  die  Tapferkeit,  den  Muth  und  die  Lebendigkeit 
im  Makhuri  und  Hafif  besingen,  verbinde. 

Nach  seiner  Einsicht  gebraucht  ferner  der  Musiker  die 
für  Zeit  und  Umstände  mit  einander  passenden  und  ein- 
ander ähnlichen  Melodieen,  er  stimmt  beim  Anruf  der  Trauer- 
versammlungen und  Trinkgelage  die  Weisen  an,  welche  die 
Naturen  durch  Güte,  Edelsinn  und  Freigebigkeit  stärken,  so 
das  erste  Schwere. 

Dann  lässt  er  erfreuende,  erfrischende  Weisen  folgen, 
wie  Hazadj  und  Ramal  und  beim  Tanz,  Reigen,  und  Hände- 
reichen das  Makhuri  und  dergleichen  beim  Ende  der  Gesell- 
schaft. Fürchtet  er  Trunkenheit,  Streit  und  Härte,  stimmt 
er  besänftigende  und  beruhigende,  schläfrig  und  traurig  klin- 
gende Melodieen  an. 

Aussprüche  der  Philosophen  über  die  Musik. 

Es  heisst,  einst  versammelten  sich  gelehrte  Philosophen 
auf  den  Ruf  eines  Königs  und  befahl  derselbe,  ihre  Reden 
aufzuschreiben. 

Als  der  Musiker  eine  erfrischende  Weise  sang,  thaten  die 
Gelehrten  folgende  Aussprüche:  1.  Der  Gesang  hat  eine  Vorzüg- 
lichkeit, die  eine  Wirkung  offenbart,  welche  die  Logik  durch  den 
Schluss  nicht  hervorbringen  kann;  die  Seele  schafft  ihn  als 
gemessene  Weise,  [100]  hört  diese  dann  die  Natur  des  Menschen, 
findet  sie  dieselbe  lieblich,  sie  freut  sich  und  ist  in  Wonne.  So 
höret  denn  die  Kunde  jener  Seele  und  ihre  Geheimrede.  Man 
entsagt  der  Natur  und  der  Betrachtung  wegen  ihres  Schmucks. 

2.  Hütet  euch,  wenn  ihr  die  Musik  vernehmet,  dass  sie 
nicht  die  Begierden  der  Thier-Seele  in  euch  den  Banden 
der  Natur  zu  errege,  dass  sie  euch  nicht  abbringe  von  den 
Gesetzen  der  Rechtleitung  und  euch  vom  Verkehr  mit  der 
erhabenen  Seele  abwende. 

3.  Die  Musik  erhebt  die  Seele  ihren  erhabenen  Kräften 
zu,  zur  Milde,  Güte,  Tapferkeit  und  Gerechtigkeit,  zum  Edel- 
muth  und  Mitleid;  sie  beruhigt  die  Natur  und  regt  nicht  ihre 
thierischen  Leidenschaften  auf. 


—     147     — 

4.  Der  einsichtige  Musiker  bewegt  die  Seele  zur  Vor- 
züglichkeit und  nimmt  von  ihr  die  Mängel. 

5.  Es  heisst,  einst  hörte  ein  Philosoph  den  Gesang  von 
Reisenden,  da  sprach  er  zu  seinem  Schüler:  lass  uns  zu  die- 
sem Musiker  gehen,  vielleicht  giebt  er  uns  eine  erhabene 
Form.  Als  sie  aber  näher  kamen,  hörte  er  ungemessene 
Weise  und  einen  unschönen  Gesang,  da  sprach  er  zu  seinem 
Schüler:  die  Wahrsager  behaupten  die  Stimme  der  Eule 
deutet  auf  den  Tod  des  Menschen;  ist  nun  das  richtig,  so 
bedeutet  der  Gesang  dieses  Musikers  den  Tod  der  Eule. 

6.  Obwohl  die  Musik  kein  Geschöpf  ist,  ist  sie  doch 
beredter  Rede,  sie  thut  die  Geheimnisse  der  Seele  und  das 
Innerste  der  Herzen  kund.  Aber  ihre  Rede  ist  fremdartig 
und  bedarf  des  Auslegers,  denn  ihre  Worte  sind  nur  einfach, 
und  haben  keine  deutlichen  Buchstaben. 

7.  Die  Töne  der  Musik  und  ihre  Weisen  neigen  sich 
den  Seelen  zu,  wenn  sie  auch  nur  einfach  sind  und  nicht 
unterscheidbare  Buchstaben  haben.  Die  Seelen  nehmen  diese 
Weisen  rasch  an,  weil  zwischen  beiden  eine  Aehnlichkeit 
stattfindet,  denn  auch  die  Seelen  sind  nur  einfache,  geistige, 
nicht  zusammengesetzte  Substanzen,  so  wie  die  Weisen  der 
Musik.  Die  Dinge  aber  einigen  sich  stets  am  meisten  mit 
dem,  was  ihnen  ähnlich. 

8.  Der  Musiker  ist  Dolmetsch  der  Musik  und  ihr  Er- 
klärer versteht  er  es  wohl,  die  Sinne  darzulegen,  thut  er  die 
Geheimnisse  der  Seele  und  das  Innerste  des  Herzens  kund; 
geschieht  dies  nicht,  ist  der  Defect  von  ihm  geschehn. 

9.  Nur  die  erhabenen,  von  den  Flecken  der  Sinnlich- 
keit freien  und  von  thierischen  Begierden  lauteren  Seelen  ver- 
stehen die  Bedeutung  der  Musik  und  die  feine  Deutung  von 
den  innersten  Geheimnissen. 

10.  Als  der  Schöpfer  die  Theilseelen  den  Theilkörpern 
verband,  legte  er  in  ihre  Grundanlagen  die  leiblichen  Begier- 
den. Er  gab  ihnen  die  Möglichkeit,  die  leibliche  Lust  in 
den  Tagen  der  Jugend  zu  erfassen,  dann  nahm  er  ihnen  diese 
in  dem  Greisenalter  und  befreite  sie  davon,  sie  auf  die  Lust, 
die   Freude    und    die    Wonne    der    andern   Welt    hinzuleiten 

10* 


—     148     — 

und  sie  darauf  begierig  zu  machen.  Wenn  ihr  nun  die 
Weisen  der  Musik  hört,  so  betrachtet  ihre  Hindeutungen 
auf  die  Seelenwelt.  [101] 

11.  Ist  die  vernünftige  Seele  rein  von  sinnlicher  Be- 
gierde, bleibt  sie  keusch  von  den  Lüsten  der  Natur  und  frei 
vom  Roste  der  Materie,  dann  singt  sie  in  den  Weisen  der 
Theilseelen  und  gedenket  der  geistigen,  erhabenen  Welt,, 
zu  der  sie  sich  sehnt.  Hört  dann  die  Natur  diese  Weise, 
zeigt  sie  der  Seele  den  Schmuck  ihrer  Gestalten  und  den 
Glanz  ihrer  Farben,  dass  sie  sie  zu  sich  zurückbringe;  so 
hütet  euch  vor  der  List  der  Natur  und  fallet  nicht  in  ihr 
Netz. 

12.  Gehör  und  Gesicht  sind  die  edelsten,  die  erha- 
bensten der  fünf  Sinne,  die  der  Schöpfer  dem  Geschöpt 
verlieh.  Doch  das  Gesicht  ist  edler  und  gleicht  dem  Tage, 
und  das  Gehör  der  Nacht.  —  Dem  widersprach  ein  Andrer. 
Das  Gehör  ist  edler  als  das  Gesicht,  denn  das  Auge  ist  das 
Mittel,  das  Sinnliche  zu  erfassen,  es  dient  wie  ein  Sklave, 
es  zu  erreichen.  Dem  Gehör  wird  das  sinnlich  Wahr- 
nehmbare zugetragen,  dass  dies  ihm  wie  einem  König 
diene. 

13.  Das  Gesicht  erreicht  die  Wahrnehmung  nur  auf 
geradem  Wege,doch  das  Gehör  erfasst  sie  aus  der  Peripherie 
des  Kreises. 

14.  Die  meisten  Wahrnehmungen  des  Gesichts  sind 
leibliche,  doch  die  des  Gehörs  sind  alle  geistig. 

15.  Die  Seele  erfasst  durch  das  Gehör  die  Kunde  von 
dem,  was  in  Raum  und  Zeit  vor  ihr  verborgen  ist,  doch 
durch  das  Gesicht  erfasst  sie  nur  das  zeitlich  Gegenwärtige. 

16.  Das  Ohr  unterscheidet  feiner  als  das  Auge,  durch  die 
Güte  seines  Gefühls  erkennt  es  die  gemessene  Rede  und 
die  sich  entsprechenden  Weisen,  auch  den  Unterschied  zwi- 
schen dem  Wahren  und  dem  Fehlerhaften,  den  Ausfall  aus 
der  Cäsur  und  dem  Gleichgewicht  der  Weise.  Das  Gesicht 
aber  irrt  in  den  meisten  seiner  Wahrnehmungen,  oft  sieht 
es  das  Grosse    klein   und    das  Kleine  gross,   das   Nahe   fern 


—     149     — 

und  das  Ferne  nah,  das  Bewegte   ruhend  und  das  Ruhende 
bewegt,  das  Gerade  krumm  und  das  Krumme  gerade. 

17.  Da  die  Substanz  der  Seele  den  Zahlen  und  der  Com- 
position  entspricht  und  ihr  ähnlich  ist,  auch  die  Weisen  der 
Musik  gemessen  sind  und  die  Zeiten  und  Bewegungen  ihrer 
Anschläge  und  die  Pausen  dazwischen  sich  einander  ent- 
sprechen, so  empfinden  die  Naturen  daran  Lust,  es  freuen 
sich  daran  die  Geister  und  ergötzen  sich  daran  die  Seelen 
wegen  der  Aehnlichkeit,  der  gegenseitigen  Entsprechung  und 
gleichen  Gattung.  Dasselbe  gilt  von  der  Schönheit  der  Ge- 
sichter und  dem  Schmuck  der  Natur,  denn  die  Schön- 
heiten der  natürlichen  Dinge  entstehen  daraus,  dass  sich 
Formen  entsprechen  und  ihre  schönen  Theile  schön  zusam- 
mengesetzt werden. 

18.  Die  Blicke  der  Schauenden  richten  sich  auf  die 
schönen  Antlitze,  weil  sie  Spuren  der  Seelenwelt  an  sich  tragen 
und  die  gewöhnlichen  Erscheinungen  in  dieser  Welt  nicht  schön 
sind,  denn  es  treffen  sie  verhässlichende,  entstellende  Schä- 
den, sei  es  in  der  ursprünglichen  Fügung,  sei  es  später. 
Dies  geht  daraus  hervor,  dass  die  kleinen  Gebornen  zier- 
licher an  Gestalt  und  Form  sind  und  feiner  im  Bau,  denn 
sie  stehen  ihrer  Vollendung  vom  Schöpfer  näher,  dasselbe 
gilt  von  dem,  was  man  an  schönen  und  glänzenden  Kleidern 
beim  Anfang  ihres  Seins  sieht,  ehe  Schäden  aus  dem  Alter, 
der  Abnutzung  und  dem  Verderben  über  sie  kommen. 

19.  Die  Blicke  der  Theilseelen  sind  auf  die  Schönhei- 
ten aus  Sehnsucht  nach  ihnen  gerichtet,  weil  beide  gleicher 
Gattung  sind,  denn  die  Schönheiten  dieser  Welt  rühren  von 
den  Einwirkungen  der  himmlischen  Allseele  her. 

20.  Das  Maass  der  Anschläge  der  Musik  und  das  Ver- 
hältniss  zwischen  ihnen,  auch  ihre  lieblichen  Weisen,  zeigen 
den  Theilseelen  an,  dass  die  Bewegungen  der  Sphären  und  der 
Sterne  sich  entsprechende  lieblich  gefügte  Weisen  haben.  [102] 

21.  Wenn  sich  die  Grundzüge  des  schönen  Sinnlichen 
den  Theilseelen  einbilden,  so  werden  diese  ähnlich  und  entspre- 
chend der  Allseele,  sie  sehnen  sich  ihr  zu  und  wünschen  ihr 
anzuhängen.    Trennt  sie  sich  von  dem  Leibe,  erhebt  sie  sich 


—     150     — 

zum  Himmelreich  und  schliesst  sich  der  erhabenen  Versamm- 
lung an,  dann  ist  sie  der  Ewigkeit  sicher  und  vor  dem  Ver- 
gehen geschützt,  sie  empfindet  die  reine  Lust  des  Lebens. 

Da  fragte  Jemand,  und  was  ist  die  höchste  Versamm- 
lung, und  er  antwortete:  die  Bewohner  des  Himmels  und  die 
Insassen  der  Sphären.  Jener  sprach:  wie  haben  sie  denn 
Gehör  und  Gesicht,  und  der  Andere  erwiederte: 

Wenn  in  der  Welt  der  Sphären  und  der  Weite  der 
Himmel  keiner  wäre,  der  die  wohl  gereihte  Bewegung  sehen 
und  die  herrlichen  Einzelkörper  schauen,  noch  die  lieblichen 
gemessenen  Weisen  hören  könnte,  so  hätte  die  Weisheit 
etwas  Eitles,  Unnützes  geschaffen;  es  gehört  aber  zu  den 
Grundsätzen,  die  zwischen  den  Gelehrten  fesstehn,  dass  die 
Natur  nichts  Eitles  und  Unnützes  schaffe. 

22.  Sind  in  der  Weite  der  Sphären  und  den  Himmels- 
Breiten  keine  Geschöpfe  noch  Bewohner,  so  wäre  derselbe 
eine  leere  Wüste;  wie  ist's  aber  in  der  Weisheit  des  Schöp- 
fers möglich,  dass  er  die  Weite  dieser  Sphären  trotz  der 
Erhabenheit  ihrer  Substanzen  als  eine  öde  leere  Wüste  ohne 
Creaturen  lasse,  -  da  er  doch  die  finstern  Gründe  des  salzi- 
gen Meeres  nicht  leer  liess,  sondern  in  ihrem  Grunde  Gat- 
tungen von  Creaturen  schuf,  die  vielerlei  Fische,  Seethiere 
u.  dergl.  Auch  liess  er  nicht  die  Substanz  der  zarten  Luft 
frei  von  den  Gattungen  der  Vögel,  die  sie  durchziehen,  wie 
die  Fische  und  Seethiere  durch  die  Wasser  schwimmen. 
Auch  liess  er  nicht  die  Hügel,  noch  die  unbebauten  Stätten, 
noch  die  trocknen  Striche,  noch  sumpfige  Dickichte,  noch 
feste  Berge,  ohne  darin  Raubthiere  und  Wild  zu  schaffen. 
Auch  liess  Gott  weder  den  finstern  Schooss  der  Erde,  noch 
die  verschiedenen  Pflanzen,  Keime,  Früchte,  ohne  dass  er 
darin  Gewürm  und  Kriecher  schuf. 

23.  Die  Gattungen  der  Geschöpfe  dieser  Welt  sind 
nur  Umrisse  und  Gleichnisse  für  die  Formen  und  Creaturen 
in  der  Sphärenwelt  und  Himmelsweite,  wie  die  Zeichnungen 
und  Bilder  an  den  Flächen  und  Decken  der  Mauern  Um-  j 
risse  und  Gleichnisse  sind  für  die  Formen  dieser  fleischlichen 
Thiere.     Die   Geschöpfe    aus  Fleisch  stehen   zu  diesen  Ge- 


—     151     — 

schöpfen,  deren  Substanzen  rein  sind,  in  demselben  Verhält- 
niss,  wie  die  gezeichneten  und  gemalten  Figuren  zu  diesen 
Thieren  mit  Fleisch  und  Blut. 

24.  Sind  dort  Geschöpfe  ohne  Gehör  und  Gesicht,  ohne 
Vernunft  und  Einsicht,  ohne  Rede  und  Unterscheidung,  so 
sind  sie  dann  dumm,  stumm  und  blind. 

25.  Haben  sie  aber  Gehör  und  Gesicht,  ohne  dass  es 
dort  Töne  zu  hören,  noch  Weisen  zur  Ergötzung  gäbe,  so 
wäre  ihr  Gehör  und  Gesicht  dann  eitel  und  unnütz.  Haben 
sie  aber  weder  Gehör  noch  Gesicht  und  hören  sie  und  sehen 
sie  dennoch,  so  sind  sie  erhabener  als  die  hier,  weil  ihre 
Substanzen  reiner,  lichtvoller,  durchsichtiger,  vollkommner 
und  vollendeter  sind. 

26.  Die  hiesigen  musikalischen  Weisen  sind  den  dor- 
tigen ähnlich,  wie  man  die  Beobachtungsinstrumente  Astro- 
labe,  Pingane*)  und  Ringformen  den  dortigen  Gebilden 
ähnlich  schafft. 

27.  Wäre  die  sinnliche  Wahrnehmung  dort  nicht  erha- 
bener und  vortrefflicher  als  die  hier,  und  könnten  die  Seelen 
dorthin  nicht  gelangen,  so  wäre  das  Verlangen  der  Philo- 
sophen nach  der  Geisteswelt  zurückzukehren,  so  wie  das 
Verlangen  der  Propheten  und  ihre  Sehnsucht  nach  der  Lieb- 
lichkeit des  Paradieses  eitel,  blosse  Meinung  oder  Lüge. 
Wir  nehmen  zu  Gott  davor  unsere  Zuflucht. 

28.  Wähnt  Jemand,  oder  meint  einer,  oder  behauptet 
ein  Widersacher,  dass  das  Paradies  hinter  den  Sphären  und 
ausserhalb  der  Himmelsweiten  sei,  so  antwortet  man,  wie 
kann  man  dahin  gelangen  wollen,  ohne  zuerst  zu  dem  Him- 
melreich aufzusteigen  und  die  Himmelsweiten  zu  durch- 
messen. 

29.  Es  heisst,  wenn  der  Windhauch  des  Paradieses 
am  Morgen  weht,  bewegen  sich  die  Bäume,  es  sind  ihre 
Zweige  erschüttert  und  rauschen  ihre  Blätter,  [103]  dann 
fallen  ihre  Früchte  zerstreut,  ab,  ihre  Blüthen  glänzen  und 
ihre   Wohlgerüche   duften,    man   hört    von    ihnen  Melodieen 


*)  Eine  durchbrochene  Schale  die  Zeit  zu  messen. 


—     152     - 

und  Töne.  Thäten  die  Weltbewohner  nur  einen  Blick  darauf, 
würden  sie  das  Leben  dieser  Welt  nachdem  nimmer  lieb- 
lich finden.  Hierzu  sollen  wir  wirken,  uns  daran  erholen 
und  uns  daran  freuen,  denn  das  ist  besser,  als  was  man 
sammelt. 

Die  Philosophen  nennen  das  Paradies  die  Geisterwelt. 


Die  Einwirkungen  der  Musik  auf  die  Seele  der  Hören- 
den ist  verschieden  geartet,  auch  ist  die  Lust  der  Seelen  und 
ihre  Wonne  an  derselben  verschieden  gestaltet  und  von  ein- 
ander unterschieden.  Alles  dies  findet  je  nach  den  Stufen  der 
Erkenntniss  und  ihrer  Sehnsucht,  die  an  das  Schöne  sich 
gewöhnten,  statt. 

Hört  eine  Seele  Beschreibungen  von  dem,  was  ihrer  Sehn- 
sucht entspricht  und  Tonweisen,  die  für  ihre  Liebe  passen, 
so  ist  sie  heiter,  freudig,  sie  ergötzt  sich  und  empfindet 
Wonne,  je  nachdem  wie  sie  die  Grundzüge  ihrer  Liebe  sich 
einbildet  und  wie  sie  ihre  Liebe  glaubt.  —  Oft  befällt  sie 
Verlegenheit  und  Trauer,  da  sie  nicht  die  Weise  derselben 
kennt,  noch  weiss,  wie  sie  dahin  strebe.  So  wird  von  einem 
liebenden  Sufi  erzählt,  dass  er  stets  jemand  rufen  hörte :  o  du 
beruhigte  Seele  kehre  zu  deinem  Herrn  zurück,  zufrieden- 
stellend und  zufriedengestellt,  das  liess  er  sich  wiederholen, 
da  sagte  er,  wie  oft  sagst  du  zu  ihr:  kehre  zurück,  wenn  sie 
doch  nicht  heimkehrt,  noch  sich  heimsehnt;  dann  schrie  er 
auf  und  ward  ohnmächtig  bis  sein  Geist  ausging. 

Ein  anderer  hörte  einen  rufen,  der  sprach:  was  ist  sein 
Theil,  wenn  ihr  lügt:  sie  sagten:  seine  Vergeltung  ist  die 
Sehnsucht  auf  seiner  Reise.  Das  liess  er  sich  wiederholen 
schrie  auf  und  verschied. 

Die  Männer  der  Liebe  (Sufis)  meinen,  der  Sinn  des  Worts, 
sein  Lohn  ist  das,  wonach  er  auf  seiner  Reise  (Leben)  sucht, 
sei:  der  Liebende  ist  ein  Theil  des  Geliebten,  dieser  ist  der 
auf  der  Reise  ersehnte,  d.  h.  die  Form  des  Geliebten  ist  in 
der  Seele  des  Liebenden  gebildet  und  die  Grundzüge  seiner 


—     153    — 

Gestalt  sind  dem  Herzen  desselben  eingezeichnet  und  das 
ist  sein  Lohn. 

Siehst  du  nicht  Bruder,  wie  er  den  Sinn  des  Worts 
nach  seiner  Weise  und  seinem  Ziele  wandte,  obwohl  der 
Sinn  des  Verses   offenbar  ist. 

Ein  anderer  hörte  jemand  singen:  es  sprach  der  Ge- 
sandte morgen  besuchen  wir  (ihn),  da  sprach  ich:  weisst  du 
was  du  sackst?  da  that  ihm  die  Rede,  die  Weise  und  die 
Sehnsucht  Zwang  an  und  er  begann  es  zu  wiederholen  und 
setzte  an  die  Stelle  des  Nun  ein  Ta;  er  sprach:  morgen  be- 
suchst du  (ihn),  bis  er  aus  zu  grosser  Freude,  Lust  und 
Wonne  ohnmächtig  ward.  Als  er  wieder  zu  sich  kam,  fragte 
man  ihn  nach  seiner  Sehnsucht,  da  sprach  er,  der  Pro- 
phet sagte :  die  Bewohner  des  Paradieses  besuchen  ihren 
Herrn  täglich. 

Es  wird  in  der  Ueberlieferung  berichtet,  dass  die  lieb- 
lichste Wonne  und  die  zarteste  Melodie,  so  die  Paradiesbe- 
wohner hören,  das  Geheimgespräch  mit  Gott  sei;  ihr  Gruss 
ist  am  Tage,  wo  sie  Gott  finden;  „Friede".  Doch  dann 
ist  ihr  letzter  Ruf:  Preis  Gott  dem  Herrn  der  Welten. 
Es  heisst,  dass  als  Moses  die  Geheimrede  seines  Herrn 
vernahm,  ihn  solche  Freude,  Lust  und  Wonne  erfasste,  dass 
er  sich  nicht  beherrschen  konnte,  so  dass  er  froh  ward  und 
modulirte  und  er  nachher  alle  Melodieen,  Weisen  und  Töne 
geringschätzte. 


VI.  Die  Relation  in  der  Arithmetik,  Geome- 
trie und  Compositionsiehre. 


Relation  ist  einer  von  zwei  Werthen,  an  einem  anderen 
bestimmt.  Tritt  die  eine  von  zwei  Zahlen  in  Beziehung  zu 
einer  anderen,  so  müssen  sie  entweder  einander  gleich,  oder 
von  einander  verschieden  sein.  Sind  sie  einander  gleich,  so 
heisst  die  Beziehung  der  einen  zur  andern  das  Verhältniss 
der  Gleichheit  (Gleichung).  Sind  sie  von  einander  ver- 
schieden, muss  die  eine  grösser  und  die  andere  kleiner  sein. 

Setzt  man  die  kleinere  in  Verhältniss  zur  grösseren,  so 
heisst  dies  die  Verschiedenheit  der  Kleineren.  Man  bezeichnet 
dieselbe  durch  eine  von  den  neun  vorher  erwähnten  Zahlwörtern 
d.  h.  Y2,  V3,  V4,  Yö,  Ye»  1hi  V»)  79>  und  deren  Zusammen- 
setzung, so  sagt  man  ein  halbes  Sechstheil,  ein  drittel 
Fünftheil  u.  dergl.  Dies  Verhältniss  ist  bei  den  Rechnern 
bekannt,  so  das  Verhältniss  der  Sechzig  und  anderer  Zahlen. 

Setzt  man  die  grössere  Zahl  in  Beziehung  zur  Kleinen, 
so  heisst  dies  die  Verschiedenheit  der  Grössen.  Die  Be- 
handlung und  Besprechung  dieses  Verhältnisses  gebührt  den 
Philosophen  und  nicht  den  Berechnern  der  Divane. 

Dies  Verhältniss  zerfällt  in  fünf  Arten  und  bezeichnet 
man  dieselben  mit  fünf  Worten: 

1.  Verhältniss  des  Doppelt.  2.  Des  Gleich  plus  ein  Theil. 
3.  Gleich  plus  Theile.  4.  Doppelt  plus  ein  Theil.  5.  Doppelt 
plus  Theile. 

Es  kann  nie  eine  grössere  Zahl  mit  einer  kleineren  in 
Beziehung  treten,  ohne  dass  eine  dieser  fünf  Verhältnisse 
eintrete. 


—     155    — 

Erklärung:  Verhältniss  des  Doppelt  ist  die  Beziehung 
aller  von  der  Zwei  an  in  natürlicher  Reihe  folgenden  Zahlen 
zur  Eins,  so  weit  das  immer  geht. 

Zwei  ist  das  Doppelte  der  Eins,  Drei  das  Dreidoppelt, 
Vier  das  Vierdoppelt  und  so  folgen  alle  Zahlen, 

Verhältniss  des  Gleich  plus  ein  Theil  ist  die  Relation 
aller  Zahlen,  die  von  der  Zwei  an  in  natürlicher  Reihe  sich 
folgen,  jede    zu  ihrer  Genossin   gestellt   3:2,    4:3,    5:4, 

6  :  5  u.  s.  f.,  wenn  man  sie  zu  der  um  Eins  ihr  voraufge- 
henden in  Beziehung  setzt,  denn  es  geht  aus  diesem  Verhält- 
niss gleich  plus  ein  Theil  davon  hervor. 

Das  Verhältniss  des  Gleich  plus  Theile  ist  die  Beziehung 
aller  von  der  Drei  aus  anfangenden  und  sich  in  natürlicher 
Reihe  reihenden  Zahlen,  wenn  man  mit  ihnen  die  Zahlen  von 
der  Fünf  an  in  der  Reihenfolge  der  Ungraden,  nicht  in  der 
der  Graden,  in  Beziehung  setzt.  5  :  3,  7  :  4,  9  :  5,  11  :  6, 
13  :   7  u.  s.  f.  alle  Zahlen. 

Das  Verhältniss  des  Doppelt  plus  ein  Theil  sind  alle 
Zahlen,  die  von  der  Zwei  in  natürlicher  Reihe  folgen,  wenn 
man  damit  alle  Zahlen  von  der  Fünf  an  in  der  Reihe  der 
Ungraden,  nicht  der  Graden,  [105]  in  Beziehung  setzt.    5  :  2, 

7  :  3,  9  :  4,   11   :  5  u.  s.  f.  alle  Zahlen. 

Das  Verhältniss  des  Doppelten  plus  Theile  findet  bei  allen 
Zahlen  statt,  die  von  der  Drei  in  der  natürlichen  Reihe  fol- 
gen, wenn  man  damit  alle  Zahlen,  die  von  der  Acht  an  be- 
ginnen,  in    der  Reihenfolge    um  je    drei,   in  Beziehung   setzt. 

8  :  3,   11   :  4,   14  :  5,   17   :  6  etc. 

Es  ist  klar,  dass  wenn  man  von  zwei  verschiedenen 
Zahlen  die  grössere  mit  der  kleineren  in  Beziehung  setzt, 
Eins  dieser  fünf  erwähnten  Verhältnisse,  also  doppelt,  gleich  -|~ 
Theil,  gleich  -j-  Theile,  doppelt  -|-  Theil  doppelt  ~|-  Theile 
stattfindet. 

Setzt  man  die  kleinere  nach  dieser  von  uns  angegebenen 
Analogie  und  Anordnung  in  Beziehung  zur  Grösseren,  so 
fügen  wir  zu  den  fünf  erwähnten  Worten  noch  eins  hinzu 
nämlich:  unter.  Setzt  man  eins  in  Beziehung  zu  den  andern 
Zahlen,  sagt  man :  unter,   und  zwar  Doppelt. 


—     156    — 

Setzt  man  Zwei  in  Beziehung  zur  Drei,  sagt  man  unter 
gleich  -f-  Theil,  desgleichen  bei  3  :  4,  4  :  5. 

So  ist  dies  das  Umgekehrte  von  dem  im  ersten  Theil 
erwähnten  Verhältniss  des  Grösseren  zum  Kleineren,  jede 
in  Beziehung  auf  ihre  Genossin. 

3  :  5,  4  :  7,  5  :  9  =  Unter  Gleich  plus  Theile; 

2  :  5,  3  :  7,  4  :  9  =  Unter  Doppelt  plus  Theil; 

3  :  8,  4  :  11,  5  :  14,  6  :  17  =  Unter  Doppelt  plus  Theile. 
So  muss  das  Verhältniss  der  Geringeren    zur  Grösseren 

nothwendig  eine  von  diesen  Bedeutungen  haben:  Unter  Dop- 
pelt, Unter  Gleich  -f-  Theil,  Unter  Gleieh  -f-  Theile,  Unter 
Doppelt  -f  Theil,  Unter  Doppelt  +  Theile. 


Die  Relation  ist  einer  von  zwei  Werthen  an  einem 
andern  (bestimmt);  sie  zerfällt  in  drei  Gattungen:  a.  in  Hin- 
sicht des  Wieviel;  b.  in  Hinsicht  des  Wie;  c.  in  Hinsicht 
beider.  Die  des  Wieviel  heisst  die  arithmetische,  die  des 
Wie  die  geometrische,  die  beider  zusammen  heisst  die  der 
Composition  und  der  Musik. 

Die  arithmetische  Relation  ist  die  gleiche  Differenz 
zweier  verschiedener  Zahlen  1,  2,  3,  4  etc.  Die  Differenz 
zwischen  je  zwei  dieser  Zahlen  ist  stets  eins.  Bei  2,  4,  6 
8,  10,  12  etc.  ist  die  Differenz  zwischen  zwei  Zahlen  stets 
zwei  und  dasselbe  gilt  von  1,  3,  5,  7,  9,  11. 

Nach  dieser  Analogie  werden  die  übrigen  arithmetischen 
Verhältnisse  begründet,  man  berechnet  die  gleiche  Differenz 
zwischen  ihnen  beiden. 

Es  ist  die  Eigenthümlichkeit  dieser  Relationen,  dass 
wenn  man  von  irgend  zwei  Zahlen  von  jeder  derselben  die 
Hälfte  nimmt  und  diese  addirt  eine  Mittelzahl  zwischen  den 
beiden  herauskommt,  vgl.  3  und  4,  3/2  =  l1^  4/2  =r  2,  2  -(- 
iy2  =  3J/2,  31/*  ist  nun  xji  mehr  als  drei  und  um  1^  weni- 
ger als  vier.  Dies  gilt  von  allen  [106]  arithmetischen  Ver- 1 
hältnissen. 

Die  geometrische  Relation  ist  der  Werth  einer  von 
zwei  verschiedenen  Zahlen  in  Bezug  auf  eine  dritte,  so  stehen 


-     157     — 

4,  6,  9  iu  geometrischem  Verhältuiss  4  :  6  =  6  :  9,  4  =  */3 
von  6  und  6  ==  2/3  von  9  und  ebenso  umgekehrt  9:6  = 
6  :  4,  9  =  172  der  6  und  6  =  IV2  der  4. 

8,  12,  18,  27  stehen  in  einer  geometrischen  Relation 
nämlich:  8  =  2/3  von  12,  12  =  2/3  von  18,  18  =  2/3  von  27 
und  ebenso  umgekehrt;  27  =  IV2  mal  18,  18  =  P/2  mal  12 
und  12  =  IY2  mal  8.  Hiernach  behandelt  man  die  übrigen 
geometrischen  Relationen. 

Sie  zerfallen  in  zwei  Gattungen,  in  zusammenhängende 
und  getrennte. 

Zusammenhängend  sind  die  eben  erwähnten.  Die  Eigen- 
thümlichkeit  derselben  ist,  dass  wenn  drei  Zahlen  in  einer 
solchen  Relation  stehen  und  man  die  erste  mit  der  dritten 
multiplicirt,  das  Produkt  —  ist  dem  Produkt  der  mittleren, 
mit  sich  multiplicirt  (Quadrat)  4X9  =  6X6  (ac 
=  b2).  Stehen  aber  vier  Zahlen  in  solcher  Relation,  so  er- 
giebt  die  erste  mal  die  vierte  dasselbe  Produkt,  wie  die 
zweite  mal  die  dritte  a  d  =  b  c.  Ein  Beispiel  von  der  ge- 
trennten Relation  wäre  4,  6,  8,  12;  denn  4:6  =  8:  12, 
8  =  2/3  von  12,  aber  6  ist  nicht  2/3  von  8,  wohl  aber  4  = 
%  von  6.  Diese  Relation  und  ihresgleichen  heisst  die  Ge- 
trennte. Es  ist  ihre  Eigentümlichkeit,  dass  die  Erste  mal 
der  Vierten  gleich  ist  der  Zweiten  mal  der  dritten.  Eine 
Eigenthümlichkeit  der  zusammenhängenden  Relation  ist,  dass 
die  mittlere  Grenze  in  ihr  gemeinschaftlich  ist,  bei  der  ge- 
trennten Relation  ist  die  mittlere  Grenze  in  ihr  nicht  gemein- 
schaftlich. 

Die  Komposition-Relation  ist  aus  der  geometrischen  und 
arithmetischen  zusammengesetzt,  1,  2,  3,  4,  5.  6;  6  heisst 
die  grosse  Grenze;  3  die  kleine  Grenze,  4  die  mittlere  Grenze, 
1  und  2  aber  der  Zuwachs  zu  den  Grenzen.  Der  Zuwachs 
zwischen  4  und  6  ist  2  und  der  zwischen  3  und  4  ist  1. 

Die  Relation  der  2,  des  Zuwachses  zwischen  6  und  4 
zur  1,  die  ja  der  Zuwachs  zwischen  4  und  3  ist,  ist  wie  die 
Relation  der  grossen  Grenze  6  zu  der  kleinen  Grenze  3. 
(2:1  =  6:3). 


—     1.58     — 

Ebenso  steht  umgekehrt  3,  die  kleine  Grenze,  zu  6,  der 
grossen  Grenze,  wie  1  :  2  und  in  anderer  Weise  1:2:3 
=  2:4:6,  ferner  1  :  2  =  2  :  4  =  3  :  6;  das  Umgekehrte' 
6:3  =  4:2  =  2:1.  Ferner  6:4  =  3:2  und  umge- 
kehrt 2:3  =  4:6. 

So  ist  diese  Relation  zusammengesetzt  aus  der  arithme- 
tischen und  geometrischen  und  aus  beiden  gefügt.  Aus  dieser 
Relation  geht  die  Composition  der  Tongänge  und  Weisen 
hervor.      [107] 

Die  zusammeiihäugende  Relation. 

Wenn  irgend  eine  Zahl  mit  einer  grösseren  in  Beziehung 
tritt,  so  hat  sie  zu  ihr  irgend  eine  Relation,  auch  findet  man, 
dass  eine  kleinere  schon  zu  der  ersteren  in  derselben  Rela- 
tion stand. 

10  :  100  =  1  :   10,  denn  1  Zehner  =  10  Einer  wie  10 

Zehner  =  100. 

10    :    90   =    Vit    :    10    (10/9   :   9%)    10  :   80  =    l1/*    :    10 

(5A  :  4%). 
10  :   70    =    l3/7    :   10  (10/7    :    70/t)    10  :    60   =    l2/3    :    10 

(5A   :  3%). 

10  :  50  =  2  :  10.     10  :  40  =  2y2  :  10  (5/2  :  2%). 

10  :  30  =  3y8    :   10   (10/3   :   3%)  10  :  20  =  5  :   10. 

Nach  dieser  Analogie  beurtheilt  man  alle  zusammenhän- 
genden Relationen.  Die  Regel,  diese  Relation  hervorgehen 
zu  lassen,  ist,  dass  man  diese  (Grund-)  Zahl  mit  sich  mul- 
tiplicire  und  das  Produkt  mit  der  grösseren  Zahl  theile, 
was  da  herauskommt  (der  Quotient)  ist  die  kleinere  Zahl 
dieser  Relation:  theilt  man  aber  das  Produkt  mit  der  klei- 
neren Zahl  dieser  Relation,  geht  die  grössere  der  Relation 
daraus  hervor;  sagt  man  z.  B.  finde  eine!  Zahl,  die  zur 
Zehn  in  derselben  Relation  steht,  wie  10  :  11,  so  multiplicire 
man  10  'mit  .sich  und  theile  das  Produkt  (100)  durch  11 
(100/n)  =  9Vn,  9Vn  :  10  =  10  :  11,  theilt  man  das  Produkt 
100  durch  9,  kommt  liy9  heraus;  10  :  9  =  liy9  :  10. 

Zu  den  Eigentümlichkeiten  dieser  Relation  gehört,  dass, 
wenn  zwei  Zahlen  bekannt   sind,    die   dritte   aber   unbekannt 


—     159      - 

ist .  man  diese  unbekannte  aus  den  bekannten  bestimmen 
kann.  Die  Weise  ist  diese:  man  multiplicire  eine  der  zwei 
bekannten  mit  sich  und  dividire  das  Produkt  durch  die  an- 
dere, der  Quotient  ist  die  gesuchte  unbekannte. 

Sagt  man:  finde  eine  Zahl,  die  zur  Zwei  in  derselben 
Relation  steht,  wie  4  :  6  oder  zu  der  die  Vier  in  derselben 
Relation  steht,  wie  die  6  zur  4,  so  ist  die  Analogie  in  beiden 
dieselbe,  man  multiplicirt  4  mit  sich  (16)  und  theilt  dieses 
Produkt  durch  6  =  2%  22/3  (8/3)  :  4  (12/3)  =  4:6  und 
umgekehrt  4  :  2a/a  =  6:4. 

Hebt  man  die  Sechs  hervor,  thu  mit  ihr  wie  du  mit  der 
Vier  thatest  und  bleibt  die  Weise  dieselbe  6X6  =  36,  36/4 
=  9,  9  :  6  =  6  :  4  und  umgekehrt  6:9=4:6.  So 
bringt  man  das  Unbekannte  in  den  geometrischen  Relationen 
durch  das  Bekannte    heraus. 

Dasselbe  gilt  von  dem  Unbekannten  beim  Handel,  sei 
es,  dass  es  der  Preis  oder  das  Bepreiste  sei,  sagt  man  z.  B. 
Zehn,  seine  Relation  zu  Vier  für  wieviel.  Man  multiplicire 
4  X  6  =  24  und  theile  das  Produkt  durch  Zehn,  was  heraus- 
kommt  ist  das  Gesuchte  24/io   12/s. 

Das  Unbekannte  ist  einmal  der  Preis  und  ein  andermal 
das  Bepreiste.  Achte  bei  der  Regel,  dass  nie  der  Preis  mit 
dem  Preis,  noch  das  Bepreiste  mit  dem  Bepreisten  multi- 
plicirt werde,  sondern  der  Preis  mit  dem  Bepreisten,  dies 
ist's,  was  wir  erklären  wollten.     [108] 

Die  gegenseitige  Relation. 

Gegenseitige  Relation  ist  die  Uebereinstimmung  der 
Zahlwerthe  des  einen  zum  andern.  Zwei  Zahlen  können 
höchstens  durch  drei  sich  entsprechende  Zahlen  bestimmt 
werden.  Bei  drei  solchen  Zahlen  ist  der  Werth  der  ersten 
zur  zweiten  wie  der  der  zweiten  zur  dritten  und  eben  so 
umgekehrt;  denn  die  erste  mal  der  dritten  ist  gleich  der 
Zweiten  mit  sich  multiplicirt;  bei  4,  6,  9  ist  4  X  9  =  6  X  6. 

Sind  von  drei  Zahlen,  die  mit  einander  in  Relation 
stehen,    die   beiden  Grenzzahlen   bekannt,    die    mittlere   aber 


—     160     — 

unbekannt,  wird  aus  dem  Produkt  dieser  beiden  die  Wurzel 
gezogen  und  ist  diese  die  mittlere  unbekannte  4V  9  =  36, 
36  =a  6. 

Ist  eine  der  Grenzzahlen  und  die  mittlere  Zahl  bekannt, 
so  multiplicirt  man  diese  letztere  mit  sich  und  dividirt  das 
Produkt  durch  die  bekannte  Grenzzahl,  der  Quotient  ist  die 
unbekannte  Grenzzahl  36/4  =  9  36/g  =  4. 

Stehen  vier  Zahlen  in  einer  Relation  zu  einander,  so 
zerfällt  dieselbe  in  zwei  Arten,  a.  Die  Relation  der  Reihen- 
folge, b.  Die  ausser  der  Reihenfolge.  Bei  der  Relation  in 
Reihenfolge  ist,  steht  die  Erste  zur  Zweiten,  wie  die  Zweite 
zur  Dritten,  die  Zweite  zur  Dritten  wie  die  Dritte  zur  Vier- 
ten, wie  2  :  4  =z  8  :  16*). 

Stehen  die  vier  Zahlen  ausser  der  Reihenfolge  in  Rela- 
tion, ist  der  Werth  der  Ersten  zur  Zweiten,  wie  der  Werth 
der  Dritten  zur  Vierten,  doch  steht  der  Werth  der  Zweiten 
zur  Dritten  nicht  in  dem  Verhältniss  wie  3  :  6  —  8  :   16. 

Von  je  vier  in  Relation  stehenden  Zahlen  sei  es,  dass 
sie  in  der  Reihenfolge  oder  ausser  derselben  stehen,  ist  die 
Erste  mal  der  Vierten  =  der  Zweiten  mal  der  Dritten  (ad 
=  bc)  2  X  16  =  32,  =  4  X  8  ==  32,  3  X  16  =  48, 
6X8=  48.  Multiplicirt  man  die  eine  der  Mittelzahlen 
mit  der  andern  und  theilt  man  das  Produkt  durch  die  be- 
kannte Grenzzahl,  kommt  die  unbekannte  Grenzzahl  heraus. 
«/3  =  16,  32/2  =  16. 

Ist  eine  der  Mittelzahlen  unbekannt,  die  andere  aber 
bekannt,  so  multiplicirt  man  die  eine  Grenzzahl  mit  der  an- 
dern und  dividirt  die  Summe  durch  die  bekannte  Mittelzahl, 
der  Quotient  ist  die  unbekannte  Mittelzahl  3  X  16  =  48  : 
6  =  8,  2  X  16  =  32  :  8  =  4. 

Sind  von  vier  in  Relation  und  Reihefolge  stehenden  Zah- 
len zwei  bekannt  und  zwei  unbekannt,  kann  man  die  zwei  Un- 
bekannten durch  die  zwei  Bekannten  herausbringen,  ist  die 
erste   und    zweite  bekannt,    multiplicirt    man   die   zweite   mit 


*)  Im  Manuscript  sind  mit  Buchstaben   die  Zahlen  2:4  —  3:5,    was 
offenbar  falsch  ist. 


—     161     — 

sich   und   theilt   das  Produkt   durch   die   erste,   der   Quotient 
ist  die  dritte  2  :  4  =  8  :  16,  4  X  4  =  16  :  2  c=  8. 

Ist  die  Erste  und  Dritte  bekannt,  multiplicirt  man  die 
Erste  mit  der  Dritten  und  nimmt  von  der  Summe  die  Wurzel, 
dies  ist  die  zweite  Zahl,  dann  multiplicirt  man  die  dritte 
Zahl  mit  sich  und  theilt  die  Summe  durch  die  Zweite,  der 
Quotient  ist  die  Vierte. 

2  X  8  =  16,  V  16  =  4,  8  X  8  =  64,  :  4  —  16. 

Stehen  vier  Zahlen  zwar  in  Relation  aber  nicht  in  Rei- 
henfolge und  sind  uns  zwei  derselben  bekannt,  so  kann  man 
die  beiden  Unbekannten  nicht  durch  die  beiden  Bekannten 
herausbringen,  es  sei  denn,  dass  die  Erste  und  Zweite  bekannt 
sind  und  die  Zweite  grösser  ist,  als  die  Erste,  so  dass  man 
die  Zweite  mit  der  Ersten  theilen  kann;  so  oft  die  Erste  in 
der  Zweiten  enthalten  ist,  ebenso  oft  ist  auch  die  Dritte  in 
der  Vierten  enthalten.  Ist  aber  die  Erste  grösser  als  die 
Zweite,  theilt  man  sie  durch  dieselbe,  so  oft  nun  die  Zweite 
in  der  Ersten  enthalten  ist,  ebenso  oft  ist  die  Vierte  in  der 
Dritten  enthalten. 

Umkehrung  der  Relation  ist,  dass  man  die  Erste  zur 
Dritten  gleich  der  Zweiten  zur  Vierten  im  Gleichrnaass  und 
Umkehr  setze. 

Anordnung  der  Relation  ist,  dass  man  die  Erste  zur 
Ersten  und  Zweiten,  wie  die  Relation  des  Dritten  zur  Drit- 
ten und  Vierten  setze  [109],  a  :  a-f-b  ==  c  :  c-|-d  und  eben 
so  ist's  in  der  Umkehrung. 

Vertretung  und  Zerlegung  der  Relation  ist,  dass  man 
den  Rest  von  der  Zweiten  nach  Abzug  der  Ersten  zur  Ersten 
setze,  wie  die  Relation  der  Vierten  nach  Abzug  der  Dritten 
zur  Dritten  und  ebenso  umgekehrt  (b-a)  :  a  =  (d-c)  :  c. 

Die  Vorzüge   aus   der   Erkenutniss   der    arithmetischen,   geometrischen 

und  musikalischen  Relation. 

Philosophen  und  Propheten  stimmen  darin  überein,  dass 

1  Gott,    der   keinen   Genossen    und   keinen    ihm   gleichen   hat, 

wahrhaft    in   jeder  Beziehung   sei.      Aber    alles    ausser    ihm, 

Dieterici,  arab.   Propaedeutik. 


—     162     — 

alles  Vorhandene  ist  vervielfältigt,  zusammengesetzt  und  zu- 
sammengefügt, denn  da  Gott  die  Körperwelt  schaffen  wollte, 
ersann  er  zuerst  zwei  Wurzeln,  nämlich  die  Materie  und 
die  Form,  dann  schuf  er  aus  ihnen  den  allgemeinen  (abso- 
luten) Körper  und  setzte  er  einige  Körper,  nämlich  die  Ele- 
mente, nach  den  vier  Naturen  Wärme,  Kälte,  Feuchte,  Trock- 
niss.  Die  Elemente  sind  Wasser,  Erde,  Luft  und  Feuer. 
Dann  schuf  er  aus  diesen  Elementen  Alles,  was  sich  auf  der 
Erde  befindet,  Thier,  Mineral  und  Pflanze. 

Diese  Elemente  haben  einander  gegenüberstehende  Kräfte, 
einander  ensgegengesetzte  Naturen,  verschiedene  Formen  und 
von  einander  gesonderte  Stätten,  sie  sind  einander  feindlich 
und  meiden  einander.  Sie  werden  nur  durch  die  Zusammen- 
stellung dessen,  der  sie  zusammenstellt,  verbunden.  Geschieht 
die  Zusammenstellung  aber  nicht  in  Relation,  vermischen  sie 
sich  nicht,  noch  werden  sie  vereint. 

Hierher  gehören  auch  die  Laute  des  musikalischen  Ge- 
sangs, denn  die  Klänge  des  Diskants  sind  zart  und  leicht, 
die  des  Bass  aber  dick  und  schwer.  Zart  ist  Gegensatz  von 
dick  und  leicht  Gegensatz  von  schwer,  beide  sind  von  ein- 
ander gesondert,  einander  ausweichend,  sie  kommen  nicht 
zusammen  und  lassen  sich  nur  durch  einen,  der  sie  zusam- 
menfügt und  zusammensetzt,  zusammenstellen. 

Geschieht  die  Zusammenstellung  nicht  in  der  Relation, 
vermischen  sie  sich  nicht  und  werden  nicht  zu  eins,  das 
Gehör  findet  beide  nicht  lieblich.  Ist  dies  aber  der  Fall,  so 
lassen  sie  sich  zusammenstellen  und  werden  ein  Klang,  so 
dass  das  Gehör  sie  nicht  von  einander  scheidet,  die  Natur 
sie  lieblich  findet  und  die  Seele  sich  daran  erfreut. 

Dasselbe  gilt  von  der  gemessenen  Rede,  die,  wenn  sie 
in  der  Relation  steht,  dein  Ohr  lieblicher  ist,  als  reines  Gold, 
weil  eben  in  den  Maassen  Relationen  sind. 

Man  nehme  z.  B.  das  Maass  Tavil,  das  besteht  aus 
48  Buchstaben,  28  bewegten  und  20  ruhenden;  die  Relation 
der  ruhenden  zu  den  bewegten  ist  das  von  fünf  Siebenteln 
(2%8  =  5/0-    Dasselbe  gilt  vom  Halbvers,  das  sind  24  Buch- 


—     163     — 

staben,    14  bewegte    und    10   ruhende,    desgleichen    sind    im 
Viertelvers  7  Buchstaben  bewegt  und  5  ruhend. 

Ferner,  es  ist  dies  Maass  zusammengesetzt  aus  12  Stricken 
(2  Buchstaben  wie  tan),  davon  sind  12  bewegt  und  12  ruhend 
und  aus  8  Pflocken  (3  Buchstaben  wie  tanan),  von  denen 
8  Buchstaben  ruhend  und  IG  Buchstaben  bewegt  sind.  Nach 
dieser  Analogie  sind  alle  ruhenden  Buchstaben  in  jedem  Vers, 
nach  welcher  Weise  er  auch  gehe,  in  Bezug  auf  die  Beweg- 
ten zu  beurtheilen. 

Ein  Beispiel  hierfür  liefern  auch  die  Buchstaben  der 
Schrift,  sie  sind  von  verschiedener  Gestalt  und  von  einander 
gesonderten  Formen,  setzt  man  sie  nach  ihrem  (ursprüng- 
lichen) Werth  und  den  einen  zum  andern  in  Relation,  so  ist 
die  Handschrift  schön;  stehen  sie  aber  nicht  in  Relation  zu 
einander,  ist  die  Handschrift  schlecht.  Wir  haben  die  Re- 
lation der  Buchstaben  des  Einen  zum  Andern  und  wie  sie 
sein  müssen  in  einer  andern  Abhandlung  dargestellt  (cf.  die 
Fünfte). 

Dies  beweisen  auch  die  Farben  der  Maler,  sie  sind  ver- 
schiedener Art  und  entgegengesetzter  Strahlung,  so  schwarz, 
weiss,  roth,  gelb  u.  dergl.,  setzt  man  diese  Farben,  eine  zur 
andern  in  Relation,  werden  die  Zeichnungen  leuchtend  und 
schönstrahlend;  stehen  sie  aber  nicht  in  Relation  zu  einander 
sind  sie  dunkel,  unschön,  schmutzig.  In  einem  andern  [110] 
Tractat  stellten  wir  dar,  wie  man  diese  Farben  in  Relation 
zu  einander  bringen  muss,  damit  dieselben  schön  werden. 

Die  Glieder  und  Gelenke  geben  ein  neues  Beispiel  hier- 
für, sie  sind  verschieden  gestaltet,  von  gesonderten  Anfängen. 
Stehen  ihre  Maasse  eins  zum  andern  in  Relation,  sind  die 
Formen  richtig,  wahrhaft  und  angenehm,  sind  sie  aber  an- 
ders, so  sind  sie  hässlich,  verwirrt  und  unangenehm  der 
Seele.  Wir  haben  etwas  davon  hervorgehoben,  wie  das 
Maass  der  Formen  sein  und  ein  Glied  zum  andern  sich  ver- 
halten müsse 

Auch  die  Heilpflanzen  und  Mittel  geben  hierfür  ein 
Beispiel;  sie  haben  einander  engegengesetzte  Naturen  und 
verschiedenen  Geschmack.  Geruch  und  Farbe,  setzt  man  sie 

11* 


—     164     — 

in  der  Relation  zusammen,  haben  die  Heiltränke  vielen 
Nutzen,  so  die  Teriake,  Tränke,  Pflaster  u.  dergl.  Werden 
sie  nicht  in  Relation  in  ihren  Gewichten  zusammengefügt, 
werden  sie  schädliches,  tödtendes  Gift.  Deshalb  wird  in 
den  Büchern  der  Kunst  erwähnt,  dass  die  Heilpflanzen,  wenn 
man  sie  in  Relation  zusammen  bringt  und  ordnet,  heilsam ; 
wenn  sie  aber  nicht  in  Relation  stehn,  schädlich  und  nicht 
heilsam  sind. 

Auch  die  Gegenstände  der  Kochkunst  sind  von  verschie- 
denem Geschmack,  Art,  Werth  und  Geruch.  Setzt  man  nun 
ihre  Massen  in  den  Kesseln  in  Relation,  wenn  man  sie  kocht, 
ist  das  Gericht  von  gutem  Geruch  und  lieblichem  Geschmack, 
wohl  hergestellt;  ist  das  nicht  der  Fall,  verhält  es  sich  um- 
gekehrt. 

Ebenso  führt  die  Zusammensetzung  der  Metalle  einen 
Beweis  hierfür,  denn  sie  entstehen  alle  aus  Quecksilber  und 
Schwefel,  sind  beide  wohl  vermischt  und  ihre  Mengen  in 
Relation;  kocht  sie  ferner  die  Grubenhitze  in  Gleichmässig- 
keit  und  Ordnung,  so  verdickt  sich  in  der  Länge  der  Zeit 
das  Reingold  daraus.  Sind  ihre  Theile  zwar  in  Relation,  ist 
aber  die  Grubenhitze  zu  gering  sie  gar  zu  kochen,  entsteht 
das  feine  Silber  daraus.  Ist  der  Schwefel  zu  heiss,  trocknet  er 
die  Feuchtigkeit  des  Quecksilbers  auf  und  behält  die  Trocken- 
heit die  Oberhand,  so  wird  es  rothes  Kupfer.  Sind  Queck- 
silber und  Schwefel  dick  und  unrein,  entsteht  daraus  das 
Eisen.  Ist  des  Queksilbers  mehr,  des  Schwefels  aber  we- 
niger und  die  Hitze  mangelhaft,  so  nimmt  die  Kälte  Ober- 
hand, es  entsteht  Schwarzblei. 

Nach  dieser  Analogie  sind  die  Grubensubstanzen  ver- 
schieden je  nach  dem  Maass  von  Quecksilber  und  Schwefel, 
wenn  ihre  Mischungen  in  Relation  sind  oder  sie  in  plus  oder 
minus  zu  einander  stehen,  ob  die  Kochhitze  im  Gleichgewicht 
ist  oder  dieselbe  im  Uebermaass  zu-  oder  abnimmt.  Ebenso 
sind  die  Gestalten  der  Thiere  und  Pflanzen,  ihre  Haltung, 
ihre  Farben,  Geschmäcke  und  Gerüche,  je  nach  ihrer  Zusam- 
mensetzung aus  den  Elemententheilen ,  denen  des  Feuers, 
Wassers,    der  Luft  und  der  Erde,  verschieden,   je    nachdem 


—     165     — 

die  Menge  ihrer  Theile  und  die  Kräfte  des  einen  zum  andern 
in  Relation  stehen. 

Ebenso  erstehen  die  Kinder,  wenn  das  Quantum  ihrer 
Mischungen,  aus  denen  ihre  Körper  gefügt  werden,  nämlich 
Blut,  Speichel,  die  Schwarz-  und  Gelbgalle  im  Anfang  ihrer 
Entstehung  in  der  besten  Relation  stand  und  sie  kein  Zufall 
traf,  mit  gesunden  Körpern,  starkem  Bau  und  reiner  Farbe. 
Also  bleiben,  wenn  das  Maass  ihrer  Glieder  eins  zum  andern 
in  der  vorzüglichsten  Relation  ist,  ihre  Formen  schön,  ihre 
Haltung  lieblich  und  ihre  Beschaffenheit  lobenswerth.  Ist 
dem  aber  nicht  so,  werden  ihre  Körper  verwirrt,  ihre  Ge- 
stalten hässlich  und  ihre  Beschaffenheit  nicht  lobenswerth.  — 
Ueberwiegt  bei  diesen  letzteren  in  der  Mischung  der  Körper 
die  Hitze,  werden  ihre  Leiber  gracil  und  ihre  Farbe  roth, 
sie  sind  schnell  in  ihrer  Bewegung  und  im  Zorn,  voller  [HO] 
Muth  bis  zur  Unüberlegtheit  und  freigebig  bis  zur  Verschwen- 
dung. Diejenigen  aber,  in  deren  Körper  die  Kälte  überwiegt, 
sind  langsamer  Bewegung  und  weniger  eifrig,  sie  haben 
einen  mehr  gedrungenen  Körper  und  sind  von  weisser  Farbe, 
sie  sind  nicht  leichtsinnig,  doch  sehr  ängstlich  und  sparsam. 

Dies  ist  sicher  und  ist  dies  in  den  Büchern  von  der 
Arzneikunde  und  der  Physiognomie  ausgeführt. 

Wir  wollten  aus  jeder  Gattung  der  vorhandenen  Dinge 
ein  Beispiel  als  einen  Hinweis  auf  die  Erhabenheit  der  Lehre 
von  der  Relation,  die  in  der  Mnsik  erkannt  wird,  geben. 
Alle  Künste  bedürfen  dieser  Lehre,  doch  wird  dieselbe  spe- 
ciell  mit  dem  Namen  der  Musik,  d.  i.  die  Zusammenstellung 
von  Tönen  und  Weisen  bezeichnet,  weil  die  Beispiele  der- 
selben in  ihr  am  klarsten  liegen. 

Die  alten  Philosophen  brachten  die  Grundtöne  und 
Weisen  aus  der  Kenntniss  von  den  arithmetischen  und  geo- 
metrischen Relationen  heraus  und  da  sie  beide  verbanden, 
entstand  ihnen  die  musikalische  Relation,  wie  wir  dies  in 
der  Abhandlung  über  die  Hervorbringung  der  Verhältnisse 
darstellten.  Die  Astronomen  und  Philosophen  erwähnen, 
dassdie  Glückssterne  unter  den  Gestirnen  wegen  ihrer  Sphären 


-     166    — 

und  der  Grösse  ihrer  Körper,  so  wie  wegen  ihrer  schnellen 
Bewegung  zu  den  vier  Elemeuten  ein  musikalisches  Verhält- 
niss  hätten;  diese  Bewegungen  gäben  liebliche  Melodien. 
Den  Unglückssternen  unter  den  Gestirnen  wohnen  aber  diese 
Relationen  nicht  ein.  Ebenso  hatten  die  Häuser  des  Him- 
mels, von  denen  eins  dem  andern  entspricht,  eine  erhabene 
Relation,  die  denen,  die  sich  nicht  einander  entsprechen, 
fehlt. 

Die  Häuser  der  Unglückssterne  und  ihre  Sphären  stehen 
zu  einander  zwar  im  Verhältniss,  doch  die  Häusser  der 
Glückssterne  und  ihre  Sphären  stehen  zu  einander  in  einer 
erhabenen  Relation;  dasselbe  findet  weder  zwischen  ihnen 
und  den  Unglückssternen,  noch  zwischen  den  Unglückssternen 
unter  einander  statt. 

Wegen  der  Erhabenheit  der  Wissenschaft  von  der  Re- 
lation und  ihrem  feinen  Sinn  handeln  im  Buch  des  Euklid 
zwei  Abschnitte  mit  Beispielen  und  Beweisen,  von  der  Re- 
lation ganz  allein.  Alle  gemachten  Dinge  haben  einander 
entgegengesetzte  Naturen,  einander  feindliche  Kräfte  und  ver- 
schiedene Gestalten;  doch  sind  die  festesten  und  sichersten 
die,  bei  denen  die  Theile  und  Glieder  nach  der  erhabensten 
Relation  zusammengesetzt  sind. 

Eine  wunderbare  Eigenschaft  der  Relation  ist  das,  was 
von  Distance  und  Gewicht  an  Nutzen  und  Schäden  hervor- 
tritt, dem  entspricht,  was  sich  bei  der  Gross  wage  zeigt.  Der 
eine  ihrer  Arme  ist  lang  und  fern  vom  Hängpunkt,  der  andre 
kurz  und  nah  dabei.  Hängt  man  an  ihren  langen  Arm  ein 
klein  Gewicht  und  an  ihren  kurzen  ein  grosses,  so  sind  sie 
einander  gleich  und  entsprechen  sie  sich  im  Gewicht,  weij 
das  Verhältniss  des  kleinen  Gewichts  zu  dem  schweren,  der 
Entfernung  des  kurzen  Armes  zu  der  Entfernung  des  langen 
vom  Hängepunkt  entspricht. 

Dasselbe  tritt  hervor  bei  dem  Schatten  der  Personen 
von  gegenseitiger  Relation,  denn  eine  jede  Person  von  gleich- 
massigem  Wuchs  und  geradem  Stand  hat  denselben  Schatten. 

Das  Verhältniss  von  der  Schattenlänge  dieser  Personen 
zu  der  Länge  ihres  Wuchses  ist  in  jeder  Beziehung  wie  der 


-     167     — 

Sinus  der  (Sonnen)  Elevation  dieser  Zeit  zu  dem  Sinus  der 
geraden  vollen  Ele\ation,  das  wissen  die  Geometer  und  die, 
welche   mit  den   astronomischen  Tafeln  sieh  beschäftigen. 

Dasselbe  Verhältniss  findet  man,  wenn  man  das  Schwere 
durch  das  Leichte  zieht  und  etwas  Bewegliches  lange  Zeit 
durch  ein  schweres  Gewicht  bewegt.  Dasselbe  zeigt  sich 
auch  bei  den  zarten  Körpern  auf  dem  Wasser;  es  ist  ein 
gegenseitiges  Verhältniss  zwischen  ihrer  Schwere  und  der  Tiefe 
ihrer  Körper  in  dem  Wasser.  Denn  bei  einem  jeden  Körper, 
der  über  dem  Wasser  erhaben  ist,  verdrängt  das  eingetauchte 
Stück  vom  Wasser  gerade  das  Maass  seines  Gewichts.  Wenn 
aber  die  eingetauchte  Masse  dieses  Körpers  nicht  gerade  das 
Gewicht  desselben  an  Wasser  verdrängt,  so  versinkt  dieser 
Körper  ins  Wasser  und  ist  er  nicht  darüber  erhaben. 

Umfasst  dagegen  der  ins  Wasser  versenkte  Theil  des 
Körpers  gerade  sein  Gewicht  an  Wasser,  versinkt  er  zwar 
nicht  in  demselben,  doch  bleibt  auch  nichts  von  ihm  aus 
dem  Wasser  erhaben,  es  bleibt  seine  Fläche  gerade  an  der 
Wasserfläche. 

Zwischen  zwei  auf  dem  Wasser  schwimmenden  Körpern 
[112]  entspricht  das  Verhältniss  von  der  Weite  des  Ver- 
senkten, des  einen  zum  andern,  gerade  dem  Verhältniss  der 
Schwere  des  einen  zum  andern. 

Diese  hier  erwähnten  Dinge  kennt  ein  Jeder,  der  sich 
mit  der  Kunst  der  Bewegungen  beschäftigt  oder  die  Mittel- 
punkte von  der  Schwere,  den  Körpern  und  den  Distanzen 
kennt. 

Gar  manches  Unbekannte  wird  durch  die  Kenntniss  von 
i  der  Relation  bekannt.  So  tritt  das  gegenseitige  Verhältniss 
zwischen  den  Werthdingen  und  den  für  sie  gesetzten  Wer- 
then  hervor.  Denn  für  jedes  Ding  wird  nach  Wiegung  und 
Maass,  nach  Elle  und  Zahl  der  Preis  bestimmt  und  giebt  es 
zwischen  dem  geschätzten  Ding  und  dem  dafür  bestimmten 
Preis  zwei  Verhältnisse,  eins  das  gerade  und  eins  das  umge- 
kehrt, z.  B.  10  für  6.  Zehn  ist  das  geschätzte  Ding  und  6 
der  für  dasselbe  bestimmte  Preis.  Zwischen  beiden  giebt  es 
zwei  Verhältnisse,  eins  das  gerade  und  das  andere  das  Um- 


—     168     — 

gekehrte.  6  ist  10/2  -f~  Viotel  von  Zehn  umgekehrt  ist  10  i 
6  -j~  V3  der  Sechs.  Fragt  Jemand  nach  einem  Preis  von 
etwas,  wird  es  nothwendig  durch  4  Maasse,  von  denen  3 
bekannt  und  eins  unbekannt  ist,  ausgesprochen,  doch  ist 
zwischen  je  zweien  dieser  Werthe  ein  gerades  und  ein  um- 
gekehrtes Verhältniss. 

Sagt  man  10  für  6  wieviel  für  4?  so  ist  10  ein  bestimmter 
Werth,  ebenso  6  und  4,  aber  wieviel  ein  unbestimmter*); 
wir  sagen  zwischen  6  und  10  herrscht  eine  doppelte  Rela- 
tion und  ebenso  zwischen  4  und  dem  unbekannten  Wieviel. 
Ebenso  sind  zwischen  10  und  dein  Unbekannten  zwei  Rela- 
tionen und  ebenso  zwischen  diesem  und  6  zwei. 

Erklärung:  der  unbekannte  Werth  (x)  ist  62/3.  Wir  sagen 
nämlich  dies  x  —  2/s  von  10  wie  4  =  2/s  von  6  sind. 

Zehn  ist  =  x  -j-  1/2  x  wie  6  =  4  -f-  1/i  von  4. 

x  =  4  -|-  2/3  von  4  wie  10  =  6  -f-  2/s  von  6. 

Umgekehrt  4  ist  =  1/%  x  -\-  1/\o  x  wie  6  =  V2  von  10 
-f  V10  von  10. 

Dies  zur  Analogie  genommen  sind  zwischen  jedem  Werth- 
ding  und  seinem  Werth  2  Verhältnisse,  ein  gerades  und  ein 
umgekehrtes  und  wird  das  Unbekannte  durch  das  Bekannte 
erkannt.  Dies  geschieht  dadurch,  dass  das  eine  Bekannte 
mit  dem  andern  Bekannten  multiplicirt  und  die  Summn  durch 
das  dritte  Bekannte  getheilt  wird,  das,  was  herauskommt,  ist 
die  gesuchte  Unbekannte.     10  :  6  =  x  :  4.     4  X  10  =  62/3. 

— "6 


*)  Für  das  unbekannte  „Wieviel"   setzen   wir  nach   unserem  Sprachge- 
brauch x. 


Verzeiclmifs  der  Ausdrücke. 


Abhandlung  JoL«»   äüL«, 
Ableitung;  .äLsä*«! 

Abmühung  v_äJl£>   wä-Jbo 
Abnahme  ...Loiü 
Abrechnung  v-jL**^ 
untere  Abscisse  .  c*-a> 
obere  Abscisse  _»^ 

Abschnitte  (St.)  x^ai}   u, v^J 
Abschnitt  «laä* 
Abschnitt  (Metr.)  XLols 

abstract  o.^* 
abstreifen  <cl3- 
abweichen  (St.)  Jiy, 
Abwendung  (St.)  ^»L^aii 

abzweigen  <~  Jl> 

Accidens  ija.c:  \jc\^\ 

Ader  ^.c 

addiren  *-*> 

ein.  ähnlich  J^LiOOo 

8.  ändern    .«du 

Aequator  ^X*/^i   Jai> 
Aether    _o^ 
Aeufsere   ^>lb 

Anfang  ^Sl+a  ^iXa/) 

Dieterici,  arab  Propacdeutik. 


Anfang  (St.)  »j.>*   &>$ 

anhangen  /  äJL*j 
Anlagen     m£Ls>\   /  älr> 
Anlage   \Laz> 
Anlehnung  Zb\jto\ 
Annahme  ^xä 
Anordnung  i_^u„j 
Anschlag  KcIäjJ  8Jü 
anziehen    s  i^ 
Arithmetik  ^WäJI   Jix: 
Art  c  «i   (Gattung  u^^>) 

Unterart  &a£>13»   (joi^3» 

Arzneikunde  u^-b 

Astrolog  *^\Xx 

Astrologie  *L;v>^   Jlc.    Bücher 


s_^*.a 


^ 


Astronomie  ^c^>UJi   JLc 
astronomische  Tafel  0L2 
Auferstehung  ICoIaäJI 
Aufgang  «.Jikw 
auflösen  j^Lsr! 
aufsteigen  (St.)  tLftj.!    cLäj 

Ausführung  J.4X 
Ausspruch  Jyi 

;    Axe  BJüi    ,  *.^ 

12 


£Ö 


—      170 


Basis  övXcla 

Bafs  ^*j 
Bau  J^aP 

Bedeutung  ^l*^   i^*-* 
eigentliche  Bedeutung  KÄ>Jij=> 
metaphorische  Bedeutung   SL^° 

begehren  ^^».,£0 
Begierde  bVg..£ 

Beginn  L&JI.* 
begrenzt  SüLgi  _j»3 

Beipiel    XJL£/o 

— ,  arithm.,   'zJd>\\c 
Bekannt  y*ykx* 
Unbekannt   J^^ 

Berührung  y*UJ' 
Beschriebene  lJj-ao^ 

s.  bessern    ,i£? 
Bestand  ^oUä 
Bestehen  d.  S.   ^äaJI   ^Läj 
bestimmen    .«Ai 
Beurtheilung     .IaXcJ 

geometr.  Beweis  ^.*mAa£  q^-J 

alg.  Betrachtung  JXH    J3Ä.M 
Bewegung  »S  j> 

— ,  s.  folg.,   %ji\yAA  ol^y> 
— ,    wohlgereihte,      ol£=>,:> 
CavQ 


s.  bewegend  \,£-&a 

Beziehung  u*v.avJ.  &aa*o.  &aa*La/s 

O  .  7  •  7  ♦ 

Beziehung  XiLtot 
in  Bezug  auf  iAac 
Biegung  y*ojÄj 


Bogenlinien  ju^kU   J^.Li^ 
Bogenstück  (j^iJiJi   K*Ja3 
Breite  <j^,c 

Brief,  gold.  &aa&3   &aao», 
Bruch  B.av^    .j.^£=> 
buchen  ..^j^Xj 


Buchstab 


*>-?♦,-■=>    L-5-S> 


Bund    der  Finger    -AaJLäi   qIaavJ>, 

iül.AA%oi  -A^2ÄAJ)?  ^.klAV^J) 

Caesur  cLäjj    (Rythmus) 

Character   /  cj\s>  c.L.b 

Chylus  (j^^A^r) 

Collision  ^oLaäj 

Concret  BJ>U.> 

Conjunction  &j.liu  XjLs  rix^' 

Conjunction   pU.X:>! 

Constitution  „J^o 
(^> 

Cult  jc-^   ut?^ 


Defect  v^Ä^-jAvo 

Dehnung  Bc\./o 
Dicke  JaJ^c 
Differenz   OjLäj 
differiren   ,-*jLaj 
Dimension  iAxj  oLjuI 

eingebild.  Dim.  ö.j.Aail   ^Lxj^i 

Ding  s.^ 

Diskant    _j: 

Distanze  &>L*a/c  X£L«wa 

Doppelklang  äjuLu   X.+xi 
Doppelkörperl.  ..?jlXawJ>   »,3 
Drache  (St.)  ,0;j^>,  u*!;>   V"^ 


—     171 


Dreieck   ^JIjU 

gleichschenklig  M\jJLaJI  ^»L^Ä/o 

gleichseitig   c^L&^H   ^•LvsX^ 

ungleicbschenkl.  jjvjiJLäM  > äJL^:^ 

ungleichseitig  ebbto^M   \mjdji^ 
dreifache  (St.)   oLaJLaÜ   (Trigon) 
Dreiklang  iüo'ÜS   lv*xi 
Drittheil  KiiLi'   ^^Jj^ii 
Donnergekr.  äüicLo 


Dunst  .L>] 

Durchmesser   Jaä 

vT 


durchschneiden 
durchsichtig 


C 


) 


LLät 


ILÄXv     O*-w./0 


Ebene  ^Lu* 

ebenrund     5c\./)   ^Ja** 
Eigenschaft  K&aj> 

Eigenschaft  spec.  äuaÄ^U!  Käa^JI 

Eigenthümlichkeit  ÄjköLj*   U0^-^ 
Einer  ob>l 

zu  eins  werden    0>L>M 
Einheit   &jo!c\:>*   &aXj 
einfach   Jb-o*o 

Einleitung  ^3-cXx 
einzeln   J>JU 


verkehrter  Einschnitt 


\^> — *>_  >  _•> 


L 


V»«wXjt.»l 


gleichm.  Einsehe  ^o^äv*-^  s_^^>3- 


Einsicht 


-x«-p 


Eintritt  d.  j*3>0 
Eintritt  in  .Liä 
Einwirkung  8_äsu 
Einzelding  {j^j<^^ 


Eiskälte 


elastisch  sein  ...bL^ 

Elemente   ^b  .1   ^\    [^U    (j^t 

Elemente  d.  W.  ^.XrL   r*0*^ 

emaniren    ...Li.** 

Embryo   (jv^^> 

Endziel    (_>?-£   &jl»p 

Entfernung  «A*j 

entflammen  ,*f,?>4  (verbrennen) 

entgegengesetzt  oLiaÄ/o 
Entscheid   ^L£s>^i   'iL&^a 
entsprechen  (St.)    *kLo 
geg.  Entsprechung  u«m«Lm 
entstehen  lassen  cLxi>i 

Entstehen  Verg.  oL**äJ^    O-*^ 
Entwurf  ,jl\äj 

Erde   ^.i 
—  durchmesse!' 


erfassen  u5Lj>i 
erforschen  ^c   ö* 

Ergufs   iji^s 
Erhabenheit  \^j-ä 
Erkenntnifs  Xi.x/0 
erkrachen 
Ersehnte 


U^ 


^   .Li 


JÜÜ 


-> 


,.w»Jt/C 


/W) 


ersinnen  c\ 
Erstehend     öJ>Ls>  ca>Iä> 
ertragen  JL*X>t 
erweitern  Äj>j\ 
Erwerb  ^L^.JC5l 
Erzpauke  (j*j^ 
Existenz  £y>} 
Existenz  verleihend  oL>TJ 

früherer  Existenz  öy^yW  '***XöXa 
mangelh.  Existenz  öy=>yl\    \jaSu 


172     — 


Feinheit  XiliaJ 

feststehend  c^oij 

Figur  JjCä 

Feuerfigur       .Li   JjC& 

Kreisfigar  ^XjJ^a  ^ä 

Fläche  ^Ljw 

ebene  Fläche  &Sim*a 

gewölbte  Fläche   u^aä/o 

gesenkte  Fläche   j&a 

gehäufte  Fläche  X^ilyOo   r>^« 

geistige  Fläche  JJixJi   ^L^JI 

gemeinsch.  Fläche  (jdyCÄ*  ^Lm 

Finger  (Zoll)  g^of 

Daumen  ^oLgjl 

Kl.  Finger  j*aXs> 

Ringfinger  ^aX^ 

Mittelfinger  Jla^S 

Zeigefinger  aoL*y 

einand.  fliehen    jUu 

einand.  folgen    $£  $yi 

n.  d.  Folge  £^1  J^ 

Form  JJ.+0  b^j-zo 

Former 
Formen 


.AOXl 


)* 

/O«3 


s.  formen    .  *Jöj 

erhabene  Form  Käj.^  b\j.*3 

Form    der  Engel   iüÄUi   8.^*» 
F.  d.  Menschen  kobwJ^i    *.j*al\ 

brunnenförmig  ,5-0 

eiförmig    ^XJ 


L5 


olivenförmig 
quard erförmig  ^J 


tafelförmig  Lc^-' 

neumondförmig  J>blp 

trommeiförmig  ^Jwax? 

balonförmig      „>\JuJlPi 

blosse  Form    »Jy^0   »j^-0 
Freilassung;  .  vbLbt 
an  ein.  fügen  ^^jS JS 


Fünfeck 


Gattung 


fyf^.4.^- 


i  y+.<^Z>- 


LS*J*$ 


geboren  öjI^a 

Geburtsstunde  l\aJL/)  S^k^A 
gebunden    ^c^aja 
ungebunden   /  äJLLw 
gefallen  Kjy£>.x) 

gefaltet  ^  Ja* 
gegenüber  31*? 

s.  gegenüberstehend    JuU&xi 
Gegenwart  ^lü  ^.i^Ji 

geistig  ^Lo^ 
geistig  fafsb.  ^äxa 
Geheimrede    äL>Uy« 
Gehirn    cloJ> 

Vordertheil  d.  Geh.  cLoJi   ,.iAiu 

Hintertheil  d. Gehirns  cUjJi  r>y 

geliebt  uj»»*:^ 

gemischt  ^iä*./! 

gernäfsigt    .jjüuw 
gemeinschaftlich  b^JCciwa 

Geometrie  X^iAÄ^ii   +lc 
Geräth  &j  t 


-      173     — 


gesetzt   .*■*■?•    r^\ 

Gestalt  JjCü 

körperliche  Gestalt  LiU«v.>  ^S*& 

Kugelgestalt   ^JÜI   jXäJI 

Würfelgestalt  wot.O   JjC&J! 
Gewerk   :v*>.Ä/o 
Gewicht  tjLJCo 
Gesang   Ujc 
gespannt  o.l\^ 

gesucht   < >«JlLivo 

getrennt  Jouä^o 
glatt  J^äo  ^Lai 
ein.  gleich  ^Lwüuc 
Gleichgewicht  gleich  sein  tLiUd 
Gleichung  ^Liod!   x*a*j 
gleichmäfsig    •Xww« 
gleicher  Gattung  K^iLr?^ 
Gleich maafe  jljüdt! 

Gleichnifs   xSli* 
Glückst.  o».*.*,   Jvxm 

die  2  Glück    ..Ujlw 

Glück  (Schaden  ijl>»)   c^^ 

Grad   iC>.0> 

verschied.  Grade  _  .jJt   oj.JlX^ 

grade   ^aäX.*^: 

grade  Z      ^ 

Grenze    SüUi 

Grenze  (St.)   JwV>   l\s> 

die    grofse    Grenze    (Rel.)     lX=1 

die  kleine  Grenze    JtjS$\    cVä» 
die  Mittelgrenze  JaÄvj^li    i\il 
Griffe  der  Saite     ijV^i    cjI«JÜ 
drubenhitze  ...Jui^    »,L^> 


Grund(ursach.)  Sic 
Mittelursach.  ^^ 
Grundabsicht  j^i    J^oäÜ 

Grundanlage  ;<JL;> 
Grundlage  äiAclS 


Grundmelodie    ..tsi^l 


O- 


Grundprinzip    jkaÄx: 
Grundregel  rM\ii*3 
Grundsäule  dy+c 

Grundsatz  ka\Xsla 
Grundzug   yty**.   _^*.av, 


Halbvers    A  ,^a 
Hälfte  ^Jlasj 


3 13 


.A.C. 


i\AA.£ 


Hals  (der  Laute)   /  zj. 

geistige  Haltung   a-uü 
Handel   jULoU* 

handeln  über  ^.bCi* 
Handwurzel  c.  ».^Jji    ,  »J, 
hart  v^Lo 
s.  häufen  ^j  I J 

Haus  (St.)c^xj :  ä^xil,  JUi,  öj3>^, 


i-i: 


J! 


Hazadj    —  ;£ 
Heimsuchung  c^jui! 

Hermes  c^Jliit   ^j^aJP 
Herrichtung  d.  L.  J>*xi! 
Herrschaft  1\.-o*j. 
hervorgehen   lassen  „»L^äaJ 
neu  hervorrufen  i-JiXai 


Z 


^ 


to\ 


hervorwachsen 


y 


/*0 


—     174     — 


Himmel  *L^   =  Sphäre  i^ü 

Himmelsform    X-^if 
Himmelsgegenden    oU>  orA 

Himmelsglück  y^Uiüi   öw>Lä** 
Himmelsstufen   ol&*..b 
Himmelskörper  ^.^5   <jia^& 
Hinführung  j^cXÄ^J 

hinschwinden  ,  »Ls? 

U 
Hinzufügung   &>Ik 

Hochstieg  Li~& 
Höhe  i^^v- 


Höhe 


lS^»   H3;° 


höchste  ^ji  J^   ^jj^-5 

Höhlung  y_jb  k^ 

Holzflöte   jüjj 

w.  Horizont  Vj*^   ^-^ 

östl.  Horizont  .  kJ&C!   oisi 

Umkreis   des   Hundssterns    .it\/5 

Instrument  (astron.)  l\aö. 
Instrument  jü  | 

mus.  Instrumente:  Js^b^^O,  ^.jJ./o 

&jlj,  ^t-oj*,  ioL-w,  äiyyw^  ä.l&A^ 

Hörinstrumente:   Schale    X%z>Jo 
Züngelchen  (jv^Lä 
Kähnchen   ^»U,; 
Astrolab  ob)  Jo*oJ 

Kamm   JaA/o 
Kanon  iMjilä 


Kategorie   XJj.sU 
Kenntnifs   Xi.jt.-3 

Kern    v__*J   ws.:> 

d.  7.  Klimate  X*A*Ji   **JlifcM 

Grenze  d.  Kl.  *xJL£$i   ^l\> 

gemäfs.  Kl.  ...lo  Ji    JitAÄct 
die  2  Knoten    ...liWÄxJi 
Komposition   Oi^ib' 

konisch   ^.lyktaW    J^^Ut 
Körper  *L*s>t  p»*^,   Py?"  (*V 
Rundkörper    »»A/o   *-***->> 
absol.  Körper  oi^ii   &»*4* 

Allkörper   XaKJ   *L*.:>bli 

Theilkörper  Xj^  :il   *L**«>bl  i 
Doppelkörper   ^-jl\**c>-  oi»<3 

Kraft   ^ßyi   äyj 

Naturkraft  X^*A^Iiil   Bj.jüi 
gährende   X*aöIP 

vorstellende  XJLj^UU 
ziehende  Xj<3 be- 
denkende   öJCä/0 
j 

haltende  X£*vlo 
behaltende  Xias  b> 
stofsende  Xxsta 
erinnernde   »iiÄxi 
Sinneskraft  x«*Iav^>   05.S 
Anziehungskraft  ^«Ail   äyj 
Abstofsungskraft  eijJi   öj.5 
Denkkraft  Sü-Xsü!    äyüi 
Hörkraft  X-otfwJJ   H^äii 
Sehkraft  0./0L1   B*.s 
Wissenskraft  X-sbLt   Bys 
natürliche  Kraft  X^r..'i 
Krankenhaus  qIä^.Lo 


175     — 


Kreis  H_jIj> 

Kreis  der  Metrik  [Jo^jm1\    r1^ 

ideale  Kreisfl.     ?.^P»   j*1^0 
Krümmung  pUl^'J 

Kubus   irot£« 

Kugel  ä.£=> 
kugelförmig  ^cJji   *^^il 

Kunst  ä.cLUo   «jUao 

leibliche   pract.    juJl^JI    «oLUaii 


2UJ 


JL^w»^- 


geistige,   wiss.    ^A^Axif     xjLmoj! 


c: 


Kompositionsk.  01.JLJI   K^U-o 

Schreibkunst  jüLäXJ!   xcLUs 
Kunst  der  Bewegung   K_cl i_;o 

etfJL 

Lagen  z.  Sonne   o^L^> 
Länge  ^S^b 

"länglich  J^Ljcw^c 
Lauf   ,.!>->■ 
Schnelllauf  xo^ 
längs.  L.   plLwi 
Laut   o*..o 

thierisch      j^o> 

natürlich       x^>..b 

instrumental       j  \ 

gewogener  L.  r\^\y^   Oyo 
Laute  öy*l>\ 
Lebensdauer     +c 


leibl.   J,U\(*-5 
leicht   ^Äxär> 


Leichtschwere  J^SaJI    <^Jl^s.^> 
leicht  Leichte  ^-väi-   ^^£3» 
Lehrweise  v^ÄA,* 
Leitung     xjlXj 


leuchtend  ^azw 
d.  2.  Leuchtend. 
Licht    .j.i 


O 


-aJ 


Vollicht   t%iN 


Lichtstätten  Ot-^j  «i 

Linie   Jaü 

grade  L.   ^*^fiXAv./o 

Bogenlinie  (j**.ä/o 

krumme  L.  ^^\äs 

benachb.  Linien    Bt^LspU   Jbjiaj 

ein.  schneidend  KaL>IäÄ/3 

ein.  berührend   K^Uä/j 
ein.  parallel  ;^Ä/> 

ein.  gleich  ^  LawOc 

ein.  begegnend   KaS^U/j 
körperl.  Linie  ^v*JL  JaÜ 
ideelle  Linie     -*PjJ|   Jaü 
geist.  L.       l'Äxl\  Ja& 
Lobgedicht  ^o<-\.* 
Logik   /  zkuA 
Loch   i«UÄi 
Lufteinziehung     äL&JUäaJ 


Maafs    .!(AÜa3 

Maafswerthe  &a^»Ln*^    nh^ä* 
Zoll  j^of 

Faust  KaSa's 
Elle  p^v3 
Ruthe  ujIj 


17(3      — 


Seil  J^&i 
Geviertmaafs   rry*üo 

Feldmaafs  ,.,(j«5*  uu.> 


O^ 


SJ- 


Tsaub  u^2 

Aschir   -*,&j? 

Kafiz    -aä5 

Maasse  der  Buchst.  LJ»>r>  -jOUu 

Makhuri   jjy.j.j>lo 

Materie   J^P 

Urmaterie  ^^H   ij-VfrM 

Mathematik  K^viAaP 

sinnl.  Mathem.   'iu^J>-  iowiA^pi 
geist.  Mathem.   KJLääJ!   iwA^i! 
Mathematiker    ..^.^lAx^/a 
Meer     <?. 

grüne  Meer    .*ks>^I   r^^ 
Umgebungsmeer  Ja-^i    r^if 
Meer  der  Materien   ij-kgil    -sw 
Meile  tjLyo*  (J^ 
Melodie,  Weise  0'iAL   ^^ 

Menge  x^ 
Mefskunst  &^mj   A& 
Metall      jiAjw    fy^ 
metrische  Maafse  (jr»,  -& 

B.  der  Metrik  (ji^ytJI   v^ 

Minute   &.äa$0 

Mischung  J^;>i    JaJl^   (f^, 

Mischung   —\lx 

Gesammtmischung  ,i^L:>^l  „\-a 
Mittelurs.   w**« 
zutreffende    xioJc    ^L^J 
Mittelpunkt   -S \a 
Modulation     .^^\]Ci 
Mond     *'i 


Stationen  des  Mondes  ^äJi  j-U/s 

ÄJtßP,     £**£>      ci.v3.     örü.    L_2-i-> 


r 


■**s  Sku 


Xi>       XJ  »..vi 


i_      •  »       J  ' 

Ä.AA^'^i  A*a«,  ,»c\äIJ   aJi-XÜ    C  -5, 

Multiplication  v_j«to 

Musik      ju**»it  =  o^AobM  v ä.-*ülj 

Mutterleib   ^^>\ 
Nativität  %S$} 
Natur   £**>.b 

trocken,  feucht   (j*oL   ^.b. 

kalt  warm   .L>  v>.L 
von  Natur  L*^b 
Naturanlage  j^Js 

Naturforscher   ,Ä*fb 
nachlassen  s\s>S 
ein.  nah  &,j.Lää> 
Neigung  J^ 
Nerven   vjtAact 

Neunform  «„wXo  Jw&i 

Niederstieg  Jp^P 

niedersteigen  ipjucaiL  J,t  JzLLu^ 

Nomen   ^.^vi 

Norm   (j^LxS 

nothwendig  t^^yto    -*J 

Oben  <VjäJI 

Oberfläche  d.E.  (j^/^l  ^Li-w  r^Lb 


—     177     — 


fe.1 


►Aä£> 


Oberseite  x>» 

Oeffnung    ^03 

Ohrhöhle   A^*o 

Opposition   jJIjIäa) 

Ordnung  t-A-ö-J 

Orgauon  ^£Ü   ,•**-, 

speciell.  Ort    *+oyL\   *-**°j-* 

Bestimmte  Oerter  isU^o^  *jo\j.a 

ein.  parallel    jUä^ 
Parasange  &^+,  3 
Partikel  l3-> 
Pauke  J?~^   J**^3 
Pause  ÄÄ'i^ 

Peripherie  d.  Kr.  öjL\JI   Jj.*^ 

Pfeilort   ^oL^wJi   £-*°y* 

Pole,  Pflöcke  JOj  db^!  {JÄc  *j\j 

*JLL>  Vj^) 

Pfl.  d.  Viert,   gipi   JO, 
Pflock  d.  Zehnt.   J&j&   JoV 
Pflanze  ^>-o 
Philosophie  Ki^JLs 
mystische  Ph.   aLoL^, 
Pol  »JÜt   v_*Lä 
Polhöhe  (waLäÜ   p^V 
Physiognomie   &jwI3 
Plectrum   ^La^äÜ 
Plus    öJ>Ij; 
i.  d.  Praxis  JotäJLi 
Preis   ^y+S 
bepreist   .•*+£* 

Producte   oli-X-o   [0L0,   ...olx/a, 
Product  (Zahl)    iJLyo 


Princip   Juol 

Propaedeutiker  ^/toüjl 
Punkt  älaiü 

ruhender  Punkt  &tfLw  &Iaüi 
ideeller  P.  tUläc  xLäj 
gereihte  P.  'iUIiZXa  Jaäi 
vermutheter  P.  x*PjXo  Kiaüi 
geist.  P.  jüJIääJI  jcLiäaÜ 
Punkt  im  Himmel   S^a 

Gegenpunkt  idjl&o 

Drittheil  \£kA& 

Viertheil    ««o  J» 

Sechstheil  jj^olXmo* 
Pyramide  -bj*^ 

Pythagoräer   ^^lIx^Jl 

Quader  ^J 
Qualität  K-JL»^ 
Quadrat    s+>0<^ 
Quecksilber  /  £o : 

Ramal  ^a. 

leichte  R.   JwoJi  \mjuÄz> 
Rechnung  ujI**> 
Rede   /  oJai 
gemessene  R.  L«i^}j^ 
gereimte  R.  ^säa 
Rede  (logisch)   /  zLixa 
Nichtrede  x&h\j    ^£. 
Reihenfolge  (d.  Z.)   ^iü 
natürl.  R.      *.aaLJ\    -Ua^ii 
R.  der  Graden      L,  :*ii   aIü 
R.  der  Ungraden   oLs'it   *Jjj 
Reihen    ^1  kvit 

12* 


178 


Reihung  ^ollai 

Reihenfolge  j^ji 

i.  d.  Reihenfolge  *.^.JJ  ^s 


rein   ^-ä-o 
Reflex  y^bCxii 


(J"u* 


Ua 


Regel 

Rest       äj   Lo 

Relation  K.xavJ 

arithm.  Rel.    iLOAs:   tL^^i 

geometr.  Rel.  iüy^iAÄP  X^..**o' 

musik.  Rel.  KaäjJIj   xmmo 

Relationen :    q?.„  .»„/bqJ  i    £_>._**_i 

£• i  ir>  i     iA  j  i  J  i  +,     J»il  i    K-^w.i 


■j* 


iAj  i  ;j  j  *    v_&x>s_j i    Kx^^i 


r 

Relation  x^Lx* 

gegens.  Rel.    iwv**u_ 

Rohrflöte    .Loja 

Rückensäule    .gM   v^.*c 

rückkehrend   ^>-L 

Ruhe  q_j.^ 

Zeiten  der  R.  ,~jX*Ji   n^ 

Rumpf  Xi:> 

Rundung    ,j»l\j,   ö.ivAÄ**i 

Saite    .Ijji    ,j'* 
Diskant    _iJi     jV 

zweite  Seite   .  cvjts* 

dritte  Seite  u^JliU 
Bafs  ^*~Ji    JV 
Samentropfen  XiLii 


Satz  KLmvOj   JoLwmQ 

Satzung     C.yiOyA 

Säule   0^*_ 

Schaden  zutr.    &_>._  ola  i 
Schaffer  /  äJ  L> 
Schaffen  oLs^.i 

Schenkel  ,  »Lw 

U 
Schenkel  (W.)   jLto 

Schlitz   /  £.£ 
Schlufs  X.^\aä3 
Schöpfer  _5jLJi 
Schwefel   v^vo.aS' 

I.  Schwere  J^i   J^ftÜi 

II.  Schwere   J,lüi   Js.A_iJi 

Sechseck   (j*«-Xj*wo 
Sechstheil   [j^m\^3 
Seele  ^ai 

Thierseele  iüü|*^j>  y*J6 
Menschseele  aLuU*Jj   \j*Äi 
Allseele   iudXJi   y*JuJi 
himml.  Allseele    XJLjCiJ 
jCa^IäJ  i 


LT' 


£_A 


J) 


Theilseele  Äj^j»  jj*sjLiji 

verkörperte  Seele  'ö(A*v^pU  ^.si 

Seelenwiss.  &jöLw._J_i    ^oJlxJi 

Seidenfädchen    ^*.*».i\ 

Seite  «JOto    c^Loi 

Sein  u.  Vergehn   oI**äJL    Q^^i 
Sehne 


^ 


s.  sehnen 


sJiy 


Siebeneck   <c>.j*w« 


Sinn 


i^X/O 


Cr C5" 

sinngebend  jta 


:l_w 


179     — 


Sinn   1\avL> 


Sinne: 


bes.  Sinn    :<^,^^°   l\*vL=s» 
Skeptiker  jjj^  J^t 
Sonnentheilung  jj^^ciJi   xjwjj 
Sonnenbahn  y^^Ji   /^b 

auf  Seite  d.  S.  ^«-äül     ;x>    q-, 
Sophist  ^J&Oo 
Spanne     ^ 

Spannen  Jc^i 

Spannung  ^p 

speciell   fj^ja^ 

Sphäre   uS'^lil,   u5üi 

Umgebungssphärc   J^x^i  uSd*S\ 

Sphärenbewohner    yibli^f   ...IX* 

Spitze  ^J 

Sprofsort  c^i* 

bteinfall  (Lothf.)    ^t   Jaü**^ 

Stern   £+:p   v^O*" 

St.  zugewandt    Jb\j 

St.  abgewandt   o»ju2JU 

geradeauslauf.  St.  aUl&cJ 

rückwärtslauf.  St.  ^y>s 

St.  abweichend  JoU 
St.  verbunden  ,.,j;äxi 
schnell     -y*Ji   *;»«*« 
langsam    -v*Jf        ^aj 
Fixstern  SüoIj,   c^oUS 

Wandelst.  »jL*»;   J^y,   (jFjX&l, 
Sternzeichen  ^  ^  J^  ^ 


>>^    O 


.Lb. 


lXav)  .       ftJuw^lW. 


üt**J     VjÄft,     Ü*A    L5^>, 

Südlich    ^lys* 

Nördlich    CXU^ 

graden  Aufgang  cjlLJt  JUa&ü^/j 

curv.  Aufgang   pjilaJI  K>^jm 
aufsteigend  »AcLo 
niedersteigend  XlwLP 
Aufgang  d.  Sternz.  -^Jf  £%^ 
Sternkunde  ^^pJi    JU 
stillstehn  v^jyj* 
Stofs   c  _"i 
Strahlung   f3>1j&1 
Strahlenwurf  o(cl*.£Ji   rJ^ 

Sternconjunct.   xSLajl 

Kreis  des  Steinbock  ^J^P*    JtX^ 

—  Hundsstern  J^*Jf    JvXo 
die  2  Kälber  ..JwXsJ 
Stoff  =  Materie 
gesetzt.  Stoff  Xcj/öjli   J^^Jt 
leibl.  Stoff  iLoLfw^.  i^£> 
Strick  (metr.)  t^+j* 
Studium  (A^> 

Stufe    wOyO     v^olyO 

Substanz  fys>- 

einfache  Ja-y^o    fy^>- 


geistige 


LT 


■>J  ^ 


blosse  Ou^°    -£*>• 
der  Seele   {J^Jul\     £, 

Summe  (Gesammtheit)  iJU^. 

Summe  c.**^  •i"^ 

Tabelle  ^+j>yü 


—     180    — 


e*j 


astr.  Tafel 
Tafel     £ 

Tafelkörperl.  ^^-j^ 

Talisman  xfwJLb 

tauchen  {jzyz 

That  JUSt  Ja» 

Theil  ^> 

Theilung  ^^mSÜ 

natürl.  Theilung  K-otA^b  .»Löi 

Thsilseele  iujjil  y^ÄJÜi 

Theorie  Jü 

Tiefe  ^Jt 

Tiefgrund  d.  Orcus  ».jjdi  *JjL^ 

tiefste  ^JLsL*Ji  J*ä**I 

Thier  q^a> 

thierisch  j^^- 

Thierkreis  =  Sternzeichen 

Einzeichnung  d.  Thierkr.  JajJa^' 

Tinte  cLaöJ 
Thorheit  äJL^> 
Ton  =  Laut 
Ton  oUjü  jUjü 
Tonbildung  cio^oj 

feinere  T.  l\s>! 
vollere  T.  JiUI 

spitz,  leicht.  v_ äaä.5>,  J>1> 
dick,  schwer  JuJiS,  -^uJ^ 
stark  schwach    -jJkaö,  ^^-Jsä 
rauh  glatt  (j^JUt  rv"*£* 
schnell  längs.  ^.Jm,  fjif» 
hohl  <^j.z>-\ 
verbünd,  getrennt  JowaaJU,  JgtaX* 


heulend.  Ton  Jol£>  o^ao 

a.  ein.  folg.  Töne  ä-j^Oo  oUü 

geordn.  Töne  jlöJwq  aUu 

Trennung  &5.1&* 

Trennung  (d.  Zahlen)   /  &jJu 

Trennungslinie  Js.*as 

gemischt  k6jümi\  J.*2ftJf 

übereinstimmen    *Uji 
Uebereinstimmung  /  &&9^2 

Uebergang  HS 

Uebertragung  JUiÄiJ 

Umfassen  &bL>i 

Umkehrung  d.  Rel.  x^*JÜJ  v«dls 

unendlich  SüLgi   ^ta 

Unglückst.  g^^*   (lXxam)   qLm^' 

Ursache  Xlc 

Mittelursache  u^mm 

Urgrund  ^|   jUc 

Urding  ^^|   &^r>U 

verursacht.  Ding  jüjJl*If  ö^.>^II 

Ursprung  d.  W.  *jJL*Ji  ^t\> 

Ursprung   ii_\..y> 

umherschweifen  ^m 

Umrifs   &*+£, 

umschliefsen  (schreiben)  \bls>\ 

Umschwung  imI»^ 

unten  ^ft^bH 

unter  c>.^ 
ursprünglich   c^&yA 
Unterscheidung    i££+3 

vag  ^o(c 
Vene 


-     181     — 


Veränderung   jjs-ö 
Verbindung  JLasjI 
Verbindung  (St.)  XJ.ÜU 
verbleiben  ^Läj 

Verbum  Joti 
vereinen  ^L^l 
Vereinigung   tüUaj! 
Verfinsterung  ^LvXi^  v-il**^i 
Vergangenheit  jüytoUl   q^)*^ 
Verhältnifs  x^w.5 

Verbindung:  äJU^ä^  xa^vo 
umgekehrt.  xavjXjw  x*a*o 
grade  'xjj.x^^a  x>.*o 
arithm.  jLptAt  K>/**.i 
mathem.  JCj^XaP  ».+*»3 
musik.   iüJUvw^o   &a*»J 
Compos.verh.  juduJlj   K>-wi 
erhabene  Xij.^Ji  jUwJÜi 
Verhältnifs  d.  Achtels  ^^Äli  iC^*o 
Vermehrung  l\.j^' 
s.  vermischen  _J;Äxi 

Vermittlung  Ja*^j 

Vernunft  Jüic 

höchste  Versammlung   ^~J   ^bU 

Verschnitt   j^äj!   «iaiu 

Versmaafse  (j£^j£ 

versetzen  J.&3 

Vervielfachung  ^ Ä.uuaÄJJ 

vervielfältigt  ^j^a 
Vernunft  JJixii 

schaffende  Allv.  JUaJt  JJÜt  JJüdl 
Verschiedenheit  v-J^iÄi>! 

der  Gröfsen    »  kr>M   ^^Ui>! 


der  Kl.  j&jS*]  ^J&ü>\ 
verschieden  ^JilXs> 
Vertretung  Jojui' 

Viereck   *j  ./o 
längl.  (Viereck)  JuJaÄ*wwo 
verschoben  ,•*>>*«*    eig.  dick 
Vielheit  ü.'Z£==> 

Viereckzahl  «j  ^o  «3l\.c 

ungerade   .^tA^-xi  &y> 
Viertheil  eLJ    «j»,    ,%-£    .X-i, 

bewohnte  Viertheil  ^.j.Si^l\  «j  JJ 
d.  3  Viertheil  JÖittJI   J^i 


Vollkommenheit  JU 

Vollendung  ^oU-j 
Vorhandensein  ^^-3, 
Vorhandene  üOj.z>j.*  o^:>-j.x 

Vorwort  K/xAiU 
Vorzug  XLu&s 


Wage 


O'J 


;a^ 


sinnl.Wahrnehmung^j^^K^*.^^5 
Wahrsager  ,-^^ 
Wahrsagek.  SüL^iJi 
Wandel  J^j^rP    \Jujoj 
wandelbar  x*.Iäavo 

Was    Lo,  ä^^U 

Weg  uS^JL* 

weilen  jUlsl 

Weite  d.  Sph.  43&M  tUa 

Werkzeug  Bio! 

Werth  ^JÜU,  jcXS    «liXäf 


182     — 


eigentl.  Werth  /  ;plÄ^>   ,  4^^> 
Weise  ,-»L=^   q^ 
beruhigend    ...jCwwo 
besänftigende  ^JU 
erfrischende  Kj-Ia^o 
erfreuende  &.s>Jl* 

einschläfernd  ^o^JL/i 

traurig   machend   q;^° 

wohlgefügte,  componirte  v^)>jj.x> 

Welt   Jle 

W.  d.  Körper   ^U^M    ^ 

Welt  d.  Seelen  ^j^Äii!   ^ilc 

Körperwelt  ^iUv*j>  J'<c 
Sphaerenwelt  ysblj^i  ^!c 
Welt  d.  El.  0^i    >k 

Hoch  weit  ^Jl*Jt    }Ir'j\ 

Niederwelt  ^U.«Jt    JLxii 

Dinge  dieser  Welt  LotXJI    .j^o) 

Dinge  d.  a.  Welt  Hj>3\    » j~*i 

Mittelp.  der  Welt  jJlxK    jiyi 

Wesen  o^<3 

wesenhaft  JJ3 

geist.  Wesen    .. ^uL>.,j 

Wiederholung  .ijCi    -jio' 

sich  wiederholen   OJ>-j 
Wirkung  B-xSti 

sichtbare  ä^Uail   d1-*äLJi 
d.  Wieviel  *5    '^-f.^ 
d.  Wie  v^ä«<J    ^äj^ 
Winde  g^   r^J    [^>   ;Jt^j 

Windepunct  ^g^JU 


Winkel   iCj^j    LLj 

rechter   x*jiä   ä*Jj») 

spitzer    &>lp- 

stumpfer  &>juvq 
Aul'senwinkel  X:>-,li>   &jy; 
Innenwinkel   XJLi>iy>   ft-l^J 

Körperwinkel   x^v^i   *gjiU3i 
Flachwinkel   x^\la**i!   KjJJI 

3 

Wissenschaft  ^ojJlfi  JLc 

d. logischen  (Wissensch.)  oI^äJoaÜ 

d.  Naturwissensch.  oU*A>iaJ! 

d.>  psycholog.  oLoL*.äaJJ 

d.  theologischen  üL^^S 

propaedeut.  Wiss.  oLytoü  Jt 

d.  gewufsste  oU^Ix/j 

wogen      j.? 
Wölbung  ua.^äj" 
Wort   ±Ul\    Ja&i 
Wort  Kjiy 
Wurf  _  JaS\ 
Würfel  v-oi&o 
Wurzel  J^ot 
W.  d.  Quadr.    A> 

Zahl  OJ^c 

ganze  Zahl  ^^ 

Bruchzahl    .^..w^d 

grade  Zahl      ^ 

ungrade  Zahl  0-5 

grad  grad  ^\   ^ 

grad  ungrad   O.äJI   „»: 

grad-grad-ungradj^i^  ^5jil  ^ 

urungrad  (Prinz)  j^   Co 


183     — 


Quadratzahl    ,.*A^    J>Ac 
viereck.  Quadratz.  ,*A^A  «.j./cOAt 


Kreiszahl 


^_5-i      _sO   0«Ac 


vollständige  Zahl  ^o'j    J>Ae 
vollkommene  Z.  Jwotf   kXXe 

Würfelzahl  ^.xKxj   OhA^ 
ungrade  Quadratz.  .^.(A^  öjs  OiAc 
stumme  (Z.)  *joi  iX\x  (taub,  fest) 

Ueberschufsz.  JuU   J>Ac 


Körper  würfelz. 


X^  .**w»;>    OcX— 


Viereckz.   *j  ^o   S<JS.c 

Körperzahl  ^..**s^>:   0*A^ 

Quaderz.  ,^J   J>u\c 

ßrunnenkörperz.  ,  c-o   J>A.c 
einand.  entsprech.  Z.   j*JU>^a 
gesonderte  ^»Lx* 
gemeinschaftliche  [*$££** 
zusammenhängend   Jo^a^ 
Mangelzahl  (joS'j    J>A& 
Grundzahl  j^i   ^XXjüi 
Mittelzahl  Ja^v^üo   XVc 
Grenzzahl   jü^&b> 
Endzahl  ^_j.L> 
geringere  Z.    J.äi 
gröfsere  Z.   JÜ  t 
Genossin  (Z.)      «k* 
gezählt   J>.^\*^ 


Zeit  0Uj^,   0Uj,  ja^,   oiax5, 

Zeitlauf  ...  ,5 
<j  > 

Zeitwechsel  ^»^  XJ»J> 
feststehender  Z.   ...Lo J^   Uulj 
wandelbarer  Z.  i^tc-ii   £>1äJU 
Zeitberechnung  ^.jjjjdi  ~L&Äam1 
Zenith  iocl**.* 
Zerlegung  J**juju 
Ziel  (j£>„& 

höchste  Ziel   .  cA/3   .  -^Si 
Zirkel   ,l^.j 
Erdzone  (jb.^M   vS 
Wasserz.  s~li)   b*j 
Windhauchz.    lju*JJ1    ö„5 
Aetherz.    „*3^Ji    HS 
Eiskältez.     _s.ji.aJi    ä.i 
Zukunft  J^.jiÄ*m    o^°i^ 
Zunahme    öJ>L: 
Zuwachs  J^/toUj 

Zusammenhang    /  iiixj* 

Zusammenkommen    eL*Ä>J 

Zusamensetz.  <^,+S  S 
•   ••  -^ 

sich  zusammensetzen   «^o  .j 

Zusammensetzung  v^äjJIj 

Zusammenstofs   ^ciAas 

Zusammenziehung   ^_»Lr>; 

Zuwendung;  d.  St.   b"_bL/o 

j 

Zweitheil   äUj'u' 


—     184     — 


Bemerkungen. 


Pag.  1.  Die  Abhandlungen  beginnen,  wie  alle  Bücher  der 
Muhammedaner,  mit  allgemeinen  Preisungen  Gottes,  die  wir 
weglassen. 

Pag.  2.  Die  Eintheilung  der  Wissenschaften  in  propädeutische, 
logische,  naturwissenschaftliche  und  theologische  ist  später  nicht 
festgehalten  worden,  es  bilden  vielmehr  die  propädeutischen  und 
logischen  die  erste  Abtheilung  1-13,  die  naturwissenschaftlichen 
14-29  den  zweiten,  die  psychologischen  d.  i.  die  Lehre  von  der  Welt- 
seele den  dritten  30-40,  und  die  theologischen  41-53  den  vierten  Ab- 
schnitt. Vergl.  die  Aufzählung  aller  Abhandlungen  in  Thier  und 
Mensch   pag.  221-36. 

Durch  die  gleichzeitige  Bearbeitung  der  einzelnen  Abschnitte 
durch  verschiedene  Gelehrte  und  durch  eine  spätere  Anordnung  die- 
ser Encyclopädie  läfst  sich  sowohl  diese  Differenz  als  auch  die  häu- 
fige Wiederholung  und  Beziehung  auf  einander  erklären. 

Die  hier  citirten  Werke:  al- Magist  (?/  fieyiairj  avvta^ig)  des 
Ptolemäus  und  die  Elemente  des  Euklid  sind  die  Grundwerke  der 
mittelalterlichen  Astronomie  und  der  Geometrie.  Von  den  Werken 
des  Nikomachus  Gerasenus  sind  nur  Fragmente  bekannt.  —  Niko- 
machus  wird  in  die  erste  Hälfte  des  2.  Jahrh.  p.  Chr.  gesetzt,  da 
er  den  Ptolemäus  citirt  und  von  dem  Apulejus  citirt  wird.  Frag- 
mente des  Nikomachus  stehen  in  Photius  Bibliothek,  ed.  K.  K. 
Becker  p.  144,  und  in  Theologumena  Arithmeticae,  ed.  Astius,  Lip- 
siae  1817. 

Pag.  7.  Ueber  die  Eins  (povdg)  wird  in  den  Theologumena 
viel  gehandelt,  sie  ist  der  Anfang  der  Zahl  (aQXV  äQi&pov)  ohne 
Voraussetzung  (ßsaig).  Alles  ist  aus  der  alles  in  der  Möglichkeit 
(övvafAig)  enthaltenden  Eins  geordnet.  Sie  heifst  die  Form  der  For- 
men eldog  ei'dmv,  sie  sei  göttlicher  Natur  (&siag  qivaemg).  Da  die 
Möglichkeit  einer  jeden  Zahl  in  der  Eins  liege,  wäre  die  Eins  wirk- 
lich die  ideelle  (votjrog)  Zahl  zwar  nichts  Wirkliches  zeigend  aber 
alle  im  Geiste  (xaz  inivoiav)  zugleich  umfassend;  sie  heifst  Gleich- 
ungleich dQriontQiaaog. 


—     185     — 

Gott  entspreche  (icpaQpo&tv)  der  Einheit,  behauptet  Nikoma- 
chus,  die  Materie  aber  hängen  die  Pythagoräer  der  Zwei  an. 

Die  Zwei  heifst  die  Gleiches  zusammensetzende  cvvzi&uaa  iaa. 
Sie  sei  weder  ungrad  noch  grade  (aQtiog)  wenigstens  nicht  in  der 
Wirklichkeit,  denn  eine  jede  grade  Zahl  müsse  sich  in  Gleiche  und 
Ungleiche  (l'aa  aal  aviaa)  zerlegen  lassen,  die  Zwei  lasse  sich  aber 
in  ungleiche  Theile  nicht  zerlegen  (pag.  11).  Die  Zwei  trennte  sich 
zuerst  von  der  Eins  und  heifse  deshalb  Wagnifs  (rolfia)  pag.  8. 
Sie  sei  das  Element  von  der  Zusammenfügung  aller  Dinge,  entge- 
genstehend der  Eins  und  verhalte  sich  zu  ihr  wie  die  Materie  zur 
Form. 

Die  Drei  heifst  die  Erste  Ungrade  negiaoög,  sie  heifse  auch  bei 
Einigen  vollendet  itleiog,  als  Anfang,  Mitte  und  Ende  bezeichnend. 

Die  Drei  schaffe  aus  der  Eins,  Zwei  und  sich  selbst  die  Sechs 
nach  der  Zusammensetzung  (xaTa  cvv&eatv) ,  diefs  sei  die  erste 
Vollendete. 

Die  Vier  wird  die  erste  Quadratzahl  genannt,  sie  wird  auch  in 
dem  Abschnitt  über  die  Tetras  (pag.  16-24)  als  reTQciywvov  oder 
tb  ififiadov  rij  7T£Qt[xerQ(p  i'aov,  die  im  Umfang  gleiche  Grundfläche 
geheifsen  (pag.  23).  Im  Uebrigen  werden  hier  auch,  wie  in  diesen 
Abhandlungen,  die  meist  vierfachen  Dinge  hervorgehoben:  die  vier 
Elemente  670i%Eia:  tivq  äqQ  vdcog  yrj,  ihre  vier  Kräfte  (dvvdfieig:  frey- 
[XOV  IpVftQOV  vjqov   SriQOv). 

Die  vier  Cardinalpuncte  des  Himmels  vtizq  xogvqirjg,  xaid  ava- 
roXrjv,  7ZQog  og&dg  vnb  yrjv,  nqbg  dvaiv.  - —  Die  vier  Jahreszeiten, 
die  vier  Alter  u.  dgl.  m. 

Die  Fünf  wird  hier  als  Kugelzahl  dargestellt  und  ist  die  Er- 
klärung der  Araber  dafür  dafs  sie,  mit  sich  multiplicirt,  stets  zu 
ihrem  Wesen  zurückkehre.  Sie  heifst  bei  Nikomachus  pag.  27  av- 
y.hxcog  xivi'iGaaa  im  Kreis  bewegend.  —  Setzt  man  den  Punct 
(ariyfia)  =  1,  die  Linie  yQafifi.?}  =  2,  die  Fläche  minedog  =  3, 
die  (kubischen)  Körper  (aregecofia)  =  4,  so  ist  die  Fünf  die  ocpai- 
Qtatj9  die  kugelartige.  —  Der  Eins,  welche  ja  alle  Zahlen  ihrem 
Wesen  nach  in  sich  enthält,  werden  diese  Werthe  in  dieser  Reihen- 
folge zugetheilt. 

Die  Fünf  wird  mit  besonderer  Vorliebe  betrachtet,  sie  umfasse 
zuerst  die  Form  der  ganzen  Zahl,  d.  i.  die  erste  Grade  und  die 
erste  Ungrade  (2  -+-  3).  Der  gleichschenkligen  und  gleichwinkligen 
Figuren  igotzXsvqov,  icoywvov,  Tetraeder,  Hexaeder,  Octaeder,  Do- 
dekaeder Ikosaeder  giebt  es  fünf. 

13 


—     186     — 

Dann  werden  die  fünf  Elemente,  d.  i.  mit  dem  Aether  hervor- 
gehoben, 5  Mondphasen  (28),  5  Kreise  des  Himmels  und  die  Fünf 
der  Erde.     Sie  ist  das  Kentron  (Mitte)  der  Zehn. 

Die  Sechs  heifst  die  erste  vollständige  (r&etog)  Zahl. 

Die  Sieben  heifst  die  mutterlose  dfi^rmg  und  jungfräuliche 
(naQ&Fvog)  von  der  Eins,  sie  wird  ferner  reXeaq) ogog,  vollendend, 
genannt. 

Die  Acht  ist  der  Würfel  in  der  That  ivegyeia  xvßog  und  ein- 
zig innerhalb  der  Zehn  Grad-grad  ägriaxig  ugriog. 

Die  Neun  ist  die  gröfste  der  Einer  und  heifst  nsgag  dvv7Z8Q- 
ßXqrov,  auch  heifst  sie  übervollendet  STziTsXeiog ,  weil  sie  von  der 
vollendeten  Zahl  Drei  entsteht. 

Von  der  Apotheose  der  Zehn  bei  Py thagoräern ,  welche  diese 
Zahl  als  die  Vollendung  bald  die  Welt,  bald  den  Himmel,  das  All 
etc.  nannten,  ist  bei  den  Arabern  nichts  geblieben,  doch  schliefsen 
sie  auch  nicht  mit  der  Zehn,  sondern  der  Zwölf. 

Die  Elf  wird  als  die  Zahl  mit  unaussprechbaren  Theilen  be- 
zeichnet, nach  dieser  Erklärung  habe  ich  sie  als  stumme  Zahl  be- 
zeichnet, assammu  heifst  aber  fest  und  dann  taub,  eine  Uebertragung 
des  griechischen  cxQQtjrog,  irrationalis  liegt  hier  wohl  zu  Grunde. 

Die  Erklärung  der  Araber  für  diese  Bezeichnung  ist,  da  sie 
nur  aus  ihrer  Sprache  hergenommen,  ungenügend.  Alle  diese  Zah- 
len kommen  unten  als  Urungrade,  Primzahlen  vor,  mir  möchte  es 
scheinen,  dafs  taube  Zahl  die  Bezeichnung  dafür  wird  und  die  Prim- 
zahlen 3,  5,  7  nicht  als  solche  hervorgehoben  sind,  weil  dieselben 
schon  andere  Bezeichnungen  haben,  nach  ihrer  Definition  aber  die 
specielle  Eigenschaft  nur  einer  Zahl  zukommen. 

Die  allgemeine  Eigentümlichkeit  aller  Zahlen  findet  sich  bei 
Nikomachus  p.  75,  1.  21,  p.  10.  Als  Unterabtheilungen  der  Graden 
werden  hier  (75,  1.28)  dgridmg  dgriov  Grad-grad,  Grad-ungrad. 
lieber  die  Grad -grade  Zahl  cf.  1.  I.  75,  Abth.  r\,  über  aQ7i07itQiGGog, 
Grad-ungrad,  p.  78 #,  und  neQiaadQ'ztog  die  Zahl,  welche  durch  eine 
Potenz  von  Zwei  getheilt  eine  Ungrade  ergiebt,  wie  24,  12,  6,  3; 
cf.  79  v. 

Die  Ungrade  Zahl   zerfällt  in   nguTov   xal  dovv&STOv   und  8ev- 

TSQOV    XOU    GVV&8TOV    p.   82   ICC  . 

Mangelzahl  ist  iXXmrjg,  p.  88  ie,  Ueberschufszahl  vTreQzeXijg, 
p.  87  18.  Dann  handelt  Nikomachus  über  die  im/iogiog,  die  kleine 
Zahl  und  einen  Theil  dazu  in  sich  enthaltend,  p.  95,  das  imtiegeg, 
mehrere  Theile   dazu  in    sich   enthaltend,    das   noXXanXccGimiiioQiov 


—     187     — 

mehrere  Mal  die  Zahl  und  einen  Theil  dazu  enthaltend,  und  das 
7ToU.a7iXaate7iifiegrjg  mehrere  Mal  die  Zahl  und  mehrere  Theile  dazu 
enthaltend. 

Pag.  118  wird  die  Dreieckzahl  zgiycovog,  p.  119  die  Viereck- 
zahl Tergdywvog,  p.  120  die  Fünfeckzahl  aevTciycovog  und  p.  121  die 
i^dycovog  u.  s.  f.  behandelt.  Pag.  127  ist  von  der  iöonlevQog  gleich- 
seitigen und  dem  Würfel  xvßog,  und  p.  129  von  der  ungleichseiti- 
gen stEQOfirj'Atjg  aQi&fiog  die  Rede  und  wird  von  p.  139  die  dgiöfitj- 
rixrj  [isooTTjg  die  arithmetische  Mitte  betrachtet. 

Pag.  16,  17.  Die  hier  angegebenen  Zahlen  Viereck,  Quadrat 
und  Unquadrat,  Quader-  und  Brunnenkörperliche  sind  erst  aus  en- 
ger Verbindung  der  Arithmetik  und  Geometrie  hervorgegangen,  und 
kommen  in  der  Geometrie  wieder  vor. 

Pag.  18.  Die  hier  citirten  Sätze  sind  die  arithmetische  Dar- 
stellung der  Sätze  des  Euklid  im  zweiten  Buch.  Dasselbe  enthält 
14  Sätze.  Satz  11  und  14  sind  Aufgaben  und  Satz  12  und  13  sind 
nur  geometrisch  ausgedrückt.  Die  anderen  10  Sätze  finden  sich  hier 
arithmetisch  ausgedrückt. 

I.  1 .  Satz  wäre  mit  Buchstaben  ausgedrückt  a  (b  -4-  c  -4-  d . . .) 
=  ab  -+-  ac  -+-  ad . . . 

II.  2.  Satz  ist  ein  besonderer  Fall  von  1. 

III.  3.  Satz  aa  -+-  ba  =  (a  -+-  b)  a,  allgem.  (a  +  Ä  +  c.,.)m 
=  am  -f-  bm  -f-  cm. 

IV.  4.  Satz  0  -f-  by  =  a2  -h  62  H-  lab. 

V.  5.  Satz  b  (2a  —  b)  -h  (a  —  by  =  a*. 

VI.  6.  Satz  (man  setze  die  Zahl  =  a  und  das  Plus  =  b) 
b(a+  b)-h(±ay  =  (iß-HÄ)1. 

VII.  7.  Satz  (a  -h  by  -+-  62  =  a2  -f-  2b  (a  -+-  b). 

VIII.  8.  Satz  (2a  -I-  6)a  =  6* H-  Aab  -*-  4a2  =  b2  -+-  Aa  (a  +  b). 

ix.  9.  Satz  «2  +  *•  =  2  \{a -±±y + (^yj . 

X.     10.  Satz  (2a  +  Ä)1  +  i'  =  2  [a2  H-  («  -h  by]. 


Geometrie. 

Pag.  23.  Dafs  die  Geometrie  und  ihre  Schwesterwissenscbaf- 
ten,  die  Arithmetik  und  Astronomie,  von  diesen  Arabern  zur  Grund- 
lage ihres  Systems  gemacht  wird,  ist  in  dem  Lauf  der  Bildung  bei 
diesem  Volk  begründet.     Es  sind  die  mathematischen  Wissenschaf- 

13* 


—     188     — 

ten  schon  in  aller  Frühe  von  den  Arabern  gepflegt,  und  gab  es 
schon  zur  Zeit  des  Härün  ar  Raschid  eine  Uebersetzung  des  Euklid, 
welche  im  Gegensatz  zu  der  unter  Mämün,  der  Mamunischen,  die 
Harunische  hiefs.  Unter  al  Mämün  war  man  schon  so  weit  in  die- 
sen Wissenschaften  vorgeschritten,  dafs  man  genauere  Gradmessun- 
gen vornehmen  konnte.  Ueber  den  Verlauf  und  die  Entwickelung 
dieser  Wissenschaften  und  die  grofse  Zahl  berühmter  Mathematiker  und 
Astronomen  vergleiche  man  Histoire  des  Mathematiques  par  J.  F. 
Montucla  an  VII,  II,  1  p.  352  -414.  Den  grofsen  Arbeiten  der  Ara- 
ber über  die  Mathematik  und  Astronomie  gegenüber,  besonders  im 
Vergleich  zu  den  Arbeiten  des  Täbit  ibn  Kurrah  und  Albattani  sind 
die  hier  behandelten  Materien  gering,  doch  müssen  wir  hierbei  in's 
Auge  fassen,  dafs  wir  eine  populär  gehaltene  Philosophie  vor  uns 
haben,  welche  nur  auf  das  allgemein  Bekannte  ihr  System  stützten, 
und  sind  diese  Wissenschaften  eben  nur  als  Hülfswissenschaft  für 
das  allgemeine  Wissen  herbeigezogen. 

Bei  allen  hier  behandelten  Stoffen  wird  ein  Hinblick  auf  die 
Elemente  des  Euklid  genügen.  Die  Entstehung  der  Linie,  Fläche 
des  Körpers,  aus  dem  Punkt  ist  eine  gewöhnliche  allbekannte  An- 
schauung. Die  Definitionen  sind  aus  dem  Euklid  genommen,  der 
ja  auch  das  Dreieck  als  den  Anfang  aller  Figuren  zu  Grunde  legt. 
Die  pag.  30  angegebenen  Figuren,  wie  eischalenförmig  etc.,  müssen 
z.  Th.  aus  jener  Gegend  stammen,  in  der  diese  Abhandlungen  ent- 
standen. Die  Bezeichnungen  Quader-,  Brunnen-,  Tafelkörper,  sind 
offenbar  mehr  dem  practischen  Leben  als  den  Begriffen  entnommen, 
und  haben  diese  Philosophen  in  dem  ihre  ganze  Denkweise  schil- 
dernden Märchen  „Mensch  und  Thier",  den  Künstlern  unter  den 
Tbieren,  Biene  und  Spinne  ganze  Abschnitte  geweiht. 

Die  der  Geometrie  anhängende  Abhandlung  über  die  Landmaafse 
Iraks  habe  ich  schon  D.  M.  Ges.  1864  p.  69  mitgetheilt  und  darauf 
hingewiesen,  dafs  dieselben  indischen  Ursprungs  sind,  wie  mein  ge- 
lehrter Freund  Prof.  A.  Weber  behauptet.  Die  Maafse  sind  roh  wegen 
des  ungenauen  Grundmaafses  und  ist  ihr  System  bei  weitem  nicht 
mit  dem  feinen  System  der  altsemitischen  Maafse  zu  vergleichen, 
die  von  Babylon  aus  durch  die  ganze  alte  Welt  sich  verbreiteten. 
Cf.  Böckh,  Metrologie. 

Die  geistige  Mathematik  ist  als  philosophische  Abstraction  klar 
und  beweist,  dafs  der  Verfasser  das  Wesen  der  Geometrie  wohl 
erfafst  hat. 

Die  Nativitätsfiguren  mit  den  verschiedenen   Zahlreihen   gingen 


—     189     — 

durch    das   ganze  Mittelalter   als  Beweis   von   dem   geheimnifsvollen 
Werth   der  Zahl. 


Astronomie. 

In  der  Naturanschauung  der  Araber  ist  eine  Abhandlung  den 
Sternen  gewidmet,  weshalb  wir  darauf  verweisen.  Die  einzelnen 
Stoffe  werden  einem  Jeden,  der  sich  auch  nur  ein  wenig  mit  die- 
sem Gegenstande  beschäftigt  hat,  sofort  klar  werden,  es  ist  das 
ptolemäische  System  wieder  dargestellt.  Unsere  Abhandlung  ist, 
jener  der  Naturanschauung  gegenüber,  nur  in  der  Astrologie  er- 
weitert. 

Auch  für  die  Astrologie  ist  offenbar  Ptolemäus  die  Quelle,  des- 
sen opus  quadripartUvm  de  astrorum  judiciis  die  Grundlage  für  den 
astrologischen  Wahn  des  Mittelalters  hergiebt.  In  dem  ersten  Buch 
wird  der  Thierkreis  behandelt;  im  2ten  die  Gestirne,  welche  an  je- 
ner Stelle  eine  Macht  besitzen;  im  3ten  die  Beschaffenheit  dessen, 
was  angedeutet  wird;  im  4ten  Schlufs  auf  die  Zeit  aus  ihrer  Mor- 
gen- und  Abendstellung  zur  Sonne. 

In  dem  Buche  von  Pfaff,  Astrologie,  Nürnberg  1816,  finden 
wir  die  hier  behandelten  Stoffe  wieder.  Auch  sind  dort  die  Trigone 
des  Thierkreises  (cf.  die  Dreifachen  pag.  68) ,  wie  auch  die  Häuser 
der  Gestirne,  die  Grenzen,  ihr  Schaden  und  Fall  u.  dgl.  in  Tabellen 
wiedergegeben,  wie  dieselben  aus  dem  Buch  des  Ptolemäus  als  ein 
Weisheitscodex  für  das  Unwifsbare  durch  die  ganze  Welt  ihren 
Rundlauf  gemacht  haben.  —  Wenn  je  ein  Irrthum  den  Schein  der 
Wahrheit  für  sich  hatte,  so  war  es  der  der  Astrologie.  Den  Ge- 
stirnen wird  eine  Kraft  zugeschrieben,  wie  ja  die  Kraft  der  Sonne 
allen  fühlbar  ist,  und  ward  der  Himmel  als  das  Bild  des  allgemei- 
nen Lebens  zur  Stunde  der  Geburt  betrachtet. 

Der  Ausdruck  pag.  62  entflammt  mufs  heifsen  verbrannt,  d.  h. 
durch  die  Sonne  verlöscht. 

Leider  kam  mir  das  Buch  von  Pfaff  zu  spät  in  die  Hand,  sonst 
würde  ich  manche  Ausdrücke  dem  allgemeinen  astrologischen  Sprach- 
gebrauch mehr  conform  gewählt  haben. 

Pag.  68.  Ueber  die  apokryphisehe  Schrift  des  Aristoteles,  Theo- 
logia,  vergleiche  man  besonders  Haneberg,  die  Theologie  des  Aristo- 
teles, in  den  Abhandlungen  der  Münchener  Akademie  1862  I.  1-12. 
Der   Titel    ist   in   dem    Pariser   Manuscript  Thalügijjät,   also  Theo- 


—     190     — 

logica.    Das  aus  &eokoyia  mifsverstandene  Nomen  relativum  ist  mit 
dem  Artikel  ath-thalüdjijja  gesetzt. 

Geographie. 

(Hierzu  Karte  und  Facsimile  der  Tabellen.) 

Die  Geographie  der  Araber  beruht  im  Allgemeinen  ebenso  wie 
ihre  Astrologie  und  Astronomie  auf  Ptolemäus,   dessen  Geographie 
schon  unter  al  Mämün,  Anfang  des  9.  See.  in's  Arabische   übertra- 
gen wurde.    Die  Karte  des  Ptolemäus  blieb  für  die  geographischen 
Anschauungen  des  Mittelalters  und  auch  die  der  Araber  mafsgebend. 
Dennoch  können  wir  nicht  behaupten,  dafs  die  Bearbeitung  unseres 
Arabers  direct  aus   der  ptolemäischen  Karte   entlehnt  sei;   ebenso- 
wenig  wie   wir   wegen   der   starken  Corruption   der  Zahlen   die  be- 
stimmte Quelle  desselben  unter  den  bekannnten  arabischen  Geogra- 
phen  nachweisen   können.     Die  Positionsbestimmung   einer  Anzahl 
wichtiger  Orte  von  denen  nur  ein  Theil   mit  Orten  des  Alterthums 
in  der  ptolemäischen  Karte  zusammenfällt,  ist  Resultat  einer   zum 
grofsen  Theil  ganz  selbstständigen  gelehrten  Thätigkeit,  welche  wir 
freilich  unserem  nur  compilirenden  Autor  nicht  zuschreiben  dürfen. 
Um  die  den  Griechen  mehr  bekannten  europäischen  Länder  hat  sich 
der  Compilator  wenig    gekümmert.      Aufserhalb   Spaniens,    das  ja 
einen  Theil  des  Chalifenreichs  bildete,  und  dessen  nördlicher  Grenz- 
punet  gegen  die  Franken,  der  Venushafen,  daher  auch  genannt  ist, 
sehen  wir  nur  die  beiden  Hauptstädte  Rom  und  Constantinopel  und 
wenige  Ländernamen.      Es   ist   nicht   einmal  der   schon   damals  im 
Orient  allbekannten  Franken  gedacht.     Kleinasien,  welches  damals 
zum   oströmischen    Reich   gehörte,    ist   nur  durch   einen   oder  zwei 
Namen   repräsentirt.      Von   Cilicien   und   Armenien   an   östlich  bis 
Hind,  südlich  bis  an  den  oberen  Nil  sind  dagegen  vorzugsweise  die 
Hauptstädte   der   Provinzen   des  Weltreichs   der  Araber   aufgenom- 
men.   Wenn  in  diesen  Gegenden,  besonders  in  den  Euphrat -Tigris 
Ländern,   die  Lage   der  Hauptorte  selbst   im  Verhältnifs  zur  ptole- 
mäischen Karte  richtiger  bestimmt  erscheint,  so  sind  als  die  Quelle 
dafür    wohl    die    Gradmessungen     des    Chalifen    Mämün    anzuneh- 
men.    Besonders  in  Ostasien  gehen   aber  die  Angaben  unseres  Au- 
tors  weit   über   die  Grenzen   der   arabischen  Herrschaft  hinaus  und 
wird  es  namentlich  für  Indien  (Hind),  dem  im  Westen  auffallender 
Weise  auch  Kabul  und  Kandahar  zugerechnet  werden,  und  das  erst 
im  11.  See.  von  den  Arabern    erobert  wurde,   schwer  die  Angaben 


I 


—     191     — 

zu  veritieiren ,  da  weder  die  Zahlen  und  Namen  in  beiden  Hand- 
schriften übereinstimmen,  noch  ähnliche  bei  andern  arabischen  Geo- 
graphen erscheinen.  Bei  dem  arabischen  Meerbusen  ist  dagegen 
durch  die  Längen  von  Mekka  und  Medina  im  Verhältnifs  zu  Aegyp- 
ten  und  Palästina  auf  der  einen,  und  zu  San'a  und  Adeu  auf  der 
anderen  Seite  eine  gekrümmte  Form  des  Meerbusens  bedingt,  wel- 
che sich  auch  bei  anderen  arabischen  Geographen  findet  und  in  der 
Richtigkeit  gegen  die  Form  des  Meerbusens  bei  Ptolemäus  zurück- 
steht. 

Auch  in  China  (Sin)  hat  unser  Verfasser  eine  Anzahl  von  Orten 
gekannt,  deren  Namen  bis  auf  Asfitära  sich  bei  keinem  arabischen 
Autor  finden  und  wohl  nur  aus  einer  arabischen  Bearbeitung  des 
Ptolemäus  stammen  können.  Unter  dieser  Voraussetzung  fanden 
wir  es  gerechtfertigt  bei  dem  Fehlen  aller  Specialangaben  über  die 
hinterindischen  Küsten  uns  in  dem  Kartenentwurf  an  die  ungefäh- 
ren Formen  der  ptolemäischen  Karte  zu  halten. 

In  Betreff  der  Handschriften  bemerken  wir  noch,  dafs  die  Pariser 
garnichts  von  diesen  Daten  hat,  wohl  aber  die  Gothaer  No.  1076, 
dies  ist  eine  alte  Handschrift,  die  aber  nur  einige  Tractate  enthält. 
Offenbar  war  in  derselben  nur  die  erste  Tafel  wirklich  ausgefüllt 
und  hat  eine  spätere  doch  auch  alte  Hand,  die  anderen  Tabellen 
die  leer  gelassen  waren,  ergänzt;  das  Klima  III  ist  am  Rande  hin- 
zugefügt. Die  Münchener  Handschrift  ist  in  diesen  Daten  ganz  be- 
sonders lückenhaft;  Zahlen  zu  schreiben  ist  einem  unkundigen 
Schreiber  ganz  besonders  langweilig.  So  waren  denn  die  Auspi- 
cien  für  diese  Karte  nicht  besonders  günstig.  Da  die  Positionsta- 
belle in  einer  anderen  Officin  gedruckt  wurde,  war  es  mir  möglich, 
die  Umschreibung  der  Deutschen  morgenl.  Gesellschaft  anzuwenden; 
ich  habe  diese  Abhandlung  schon  einmal  in  der  Zeitschrift  für  all- 
gemeine Erdkunde,  Berlin   1861,  p.  40  -  57,  bearbeitet. 


Positionstafel  der  7  Klimata. 

G  Gothaer,  M  Münchener  Handschrift, 

Andere  zur  Vergleichung  angeführte  Geographen: 
R  Rasmu-r-rub'i-l-ma'mür  (ogiüfiög  jijg  oixovfAevqg)  von  Abu  Gafar 

Muhammad  ibn  Müsä  al  Härismi  um  830, 
F  Ahmad  ibn  KatTr  al  Fargäni, 
B  Muhammad  ibn  Gäbir  al  Battäni,  f  um  900, 


—     192     — 

T  Kitabu-t-Tuül  wal  'Urüd   des   anonymen  Färisi  bei  Abulfeda  um 
950  nach  Reinaud,  Abulfeda  p.  LXXXIX, 

Y  Abu-1-Hasan  'Ali  ibn  Yünis  von  Kahira,  f  1008, 
aus  dem  XI.  Jahrh.  nach  d.  Ihwän  as  Safä, 

K  Känün  des  Abu'r-Rihän  Muhammad  al  Birüni,  f  1039, 

K  Abu-1-Hasan  ibn  Labbän  Kusiar  al  GUT,  1060-1100. 

Südlich  vom  I.  Klima.     Tafel  I. 

Breite.  Länge. 

1 )  Theil  Indiens  G. 

Tamaslr(?)  in  Hind.  M.        11  G.  8  M.         120  G.;  sinnlos  M. 

2)  Insel  Kerek  in  Sind  9  G.  M.      1 10  od.  102  G.;  sinnlos M. 

3)  Hadramaut(inYemenM.) ')    10G.M.    71G.,ebensoR.Y.;  sinnl.M. 

4)  Stadt  TIb  in  Sind2)  5  G.  M.  75  G.;  sinnlos  M. 

5)  RaäwaG  )  .    „  ,  .     ,.   (11°  30'R.  11°  45'Y)         58  M. 
RagäwaMS1"  -blS6   >  11G.M.  65  G. 

6)  KarkühG)  inHabige4)      n  G.  (10°  35' Y.)  58  G. 
Karkük  M ) 

I.  Klima  13- 20^  °   nördl.  Br.     Tafel  II. 

1)  Stadt  am  Ende  von  Sin  18°  45'?  G.  M.  175°  G. 

M.  66°  30' sinnlos 

2)  Stadt  auf  einer  Insel  b.  Sin  5)       36  G.  39  M.  172°  G. 

M.  66  sinnlos 


')  Da  unter  Ländernamen  mit  Längen-  und  Breitengraden  regelmäfsig  die 
Hauptstädte  verstanden  werden,  wird  hier  Hadramaut  nicht  verschieden  sein 
von  der  Stadt  Sibäm,  welches  andere  arabische  Geographen  R.  Y.  unter  12-^° 
nördl.  Br.  setzen,  wahrscheinlich  ist  also  Jod.  be  zu  lesen,  welches  besser  zu 
der  Breite  von  Aden  in  Kl.  I.  pafst. 

2)  Die  Bedeutung  des  Namens  ebensowohl  als  die  Position  entspricht  dem 
ptolemäischen  'Apoj^axa  dxpOTrjptov,  welches  freilich  an  der  Ostküste  Afrika's 
und  nicht  in  Indien  liegt,  und  durch  die  ganze  Breite  des  indischen  Meeres  da- 
von getrennt  wird,  ist  wohl  Mifsverständnifs  des  Autors. 

3)  Nach  R  und  Y  in  Zagäwa  zu  berichtigen,  was  im  Sudan  angegeben 
wird.     Die  Angabe  der  Länge  in  M  ist  aus  dem  folgenden  Artikel  versetzt. 

4)  Kükü  in  Sudan  bei  Y. 

5)  Wohl  dieselbe  Insel,  welche  in  der  Beschreibung  der  Klimate  Yäküt  ge- 
nannt wird,  Mas'üdi  (Reinaud,  Abulfeda  CCLXXXV)  bezeichnet  Serendib  als 
die  Edelsteininsel,  welches  er  in  dem  äufsersten  Osten  des  Indischen  Meeres  ne- 
ben China  setzt.  Aber  bei  Kusjär  hat  Serendib  5°  15'  Br.,  135°  15'  L.  Hier 
ist  bei  der  Breite,  die  ja  nothwendig  unter  20^-  Grad  sein  mufs,  offenbar  Jod 
für  Lam  zu  lesen,  also  G.  16,  M.  19. 


193     — 


3)  Asfltär  in  Sin  ■) 


4)  Bahüwa  G.  in  Hind 
Banüfa  M.2) 

5)  Häsriin  G.  (fehlt  in  M.) 

in  Hind 

6)  Musta'lä  G.  in  Sind 
Masal(?)  M.3) 

7)  'Umän  in  Arabien 

8)  Ilmend  in  Sind 

9)  Stadt  AhzT  G.  Ahn  M. 

am  Meer 

10)  Zafär  (im  Land  'Umän 
G.  Tofäl  in  'Ad.  ?  M. 


Breite. 

19  G.? 
16^-  beiPtol. 

M.  17°  15' 
entw.  14  od.  16 

G.  M. 

49°15 

wohl  15°  49' 

16  G. 

39°  45  M. 

19°  15'?  G. 

8  M.  sinnlos 

18  G. 

15  M. 

15  G. 


Länge. 

160° 30' G. 
M? 

3 1  G.  wohl  1 00  ausgelassen 

125  M.  aus  dem  folgenden 

Artikel  versetzt 

125 
100  oder  110?  G. 
8  M.  sinnlos 
84°  30' G. 

??M. 
105  G.  M. 


11)  'Aden  in  Yemen 

12)  San'ä  in  Yemen 

13)  Donkola  im  Lande 
Nüba 

14)  Küs  bei  Keneh?  «) 

15)  Reich  Habesch 


18  G.  besser  13 

15  M.  (15  auch  R.) 

dieselb.Zahl.wieNo.10 

13  oder  15  (13  R.) 

15  G.  (14i  K.) 


15G.14iK.14jK. 


20G.M. 


80  G.  M. 

64  G.  (78°  R.) 

M.  sinnlos 
64  G.  (75°  R.) 

58  M. 

64  G.  (63-t  K.) 

15  M.  sinnlos 

58 G.  wohl  53  mit B. u.K. 
M?? 
42  G.  44  M. 


')  Die  unverständliche  Gruppe  entspricht  wohl  dem  ptolem.  'Aa7r$apa  ei- 
ner der  östlichsten  Städte  im  Lande  Sinae,  die  auch  al-Fargänl  in  der  Form 
Asbitarä  aufgenommen  hat.  In  der  Länge  ist  vielleicht  164  zu  lesen,  welches 
bei  der  allgemeinen  Reduction  der  ptolemäischen  Längen  um  10°  der  ptolemäi- 
schen  Position    175^°   ziemlich  entspricht.     Die  Lesart  von  M  ist  sinnlos. 

2)  Bei  keinem  der  anderen  arabischen  Geographen  aufzufinden.  Der  Lage 
nach  möglicherweise  entsprechend  dem  IlaXoopa  des  Ptolemäus  11°  20'  Br.,  136° 
40'  L.,  —  als  Ueberfahrtshafen  nach  Sin  wichtig,   am   SO. -Ende  Indiens. 

3)  Vielleicht  das  ptolem.  McusioXicc,  doch  pafst  dazu  nicht  die  Angabe  des 
Landes  Sind. 

4)  Kus  in  der  Nähe  von  Keneh  würde  nach  Aegypten  gehören,  dann  aber 
in  das  folgende  Klima  fallen ;  die  Zahlen  sind  also  irrig.  Die  Breite  (Jod  be)  in 
G  =  12  kann  wegen  der  Grenze  nicht  passen,  Y  giebt  für  Kus  2i]  ".  Die 
Länge  ist  50°   in   G,  bei  B   und  Y  55£°. 


—     194     — 

Breite.  Länge. 

16)  Hauptstadt  Garmi, 

(rdgafia)                 20  G.  M.  ( 19|  al  Kümi)  34  G. 

17)  Land  Berber                       19G.  M.  26  G. 

Klima  II.  20±  -  27£  nördl.  Br.     Tafel  III. 

1 )  Tagramä  in  Sin  G.  M.            25  G.  147  G. 

2)  Taüläin  SlnG.M. ')        24°20'G.  118  G.  rieht.  (143) 

3)  Atrasa  G.  in  Sin 

Almawasa  M.  •")                     24  G.  140  G. 

4)  Küli  G.   in  Hind  j                 25  Q  m  wahrgch   130 
Kün  M.3)               ) 

5)  Eine  Stadt  an  der  Seite 

eines  Berges?                        26  G.  151  G. 

6)  alMansGrain  Sind4)      22  G.  24°  8'  M.  108  G.;  M.? 

(26°  40' K.  richtiger)  K.  95 

7)alJatrünG.)   ebenda  (28°  30'G.78°  30'M!  107  K. 

al  Bar ür  M 5 ) )  am  Meere  ( richtiger  23  °  30'  K.  Y. 

8)  al  Marsal  G.  )                      ^  ^  Q  m  & 

arRasidie(?)M.^ 
8a)  Dijär  Bekr.  M.  wohl  interpolirt,  gehört  nicht  hierher. 


1  )  Da  die  Correctur  der  Länge  wegen  des  Folgenden  nothwendig  ist ,  er- 
scheinen beide  Städte  in  geringem  Abstände  nahe  der  Westgrenze  von  Sin  ge- 
gen Indien,  d.  i.  (des  Ganges)  in  fast  derselben  Lage,  die  auf  der  ptolemäischen 
Karte  Indiens  Tooyfxa  22^°  Br.,  1524-°  L.  und  TwaaAel  231  und  150°  einneh- 
men, so  dafs  das  Zusammentreffen  der  Namen  mit  diesen  zwei  Gruppen  nicht 
zufällig  scheint.  —  Einen  dem  zweiten  Namen  ähnliche  Stadt  kennt  als  Haupt- 
stadt Chinas,  ohne  nähere  Längenbestimmung,  auch  der  Reisebericht  eines  christ- 
lichen Mönches  aus  Nagran  anno  987  bei  Abu-1-farag,  doch  differiren  die  Les- 
arten der  Pariser  Handschriften  des  Fihrist,  Reinaud  Abulfeda  I,  CDU  Taguja  und 
bei  Golius  Tahüna. 

2)  Hierfür  ist  kein  entspechender  Name  bei  Ptolemäus. 

3)  Auffallend  ist  das  Fehlen  der  bei  den  älteren  Arabesn  berühmten  Haupt- 
stadt Indiens  Kanüg,   doch  liegt  diese  Form  fern  für  eine  Conjectur. 

4)  Lage  am  See  Mansür,  der  den  Namen  der  arabischen  Stadt  bewahrt  hat, 
bei  Sihwan  am  unteren  Indus. 

5 )  Beides  verschrieben  aus  alblrün  in  Sind  zwischen  Mansura  und  der  Mün- 
dung. Diese  Stadt  am  Indus  ist  auch  für  Seeschiffe  erreichbar ,  daher  die  Be- 
zeichnung an  dem  Meere.  Die  Breitenbestimmung  ist  offenbar  in  G.  Kaf  gim 
zu  lesen,  da  28  aufserhalb  des  Klimas  liegt.  Da  der  kurze  Abstand  von  Man- 
sura nicht  so  falsch  geschätzt  werden  konnte,  ist  statt  des  unmöglichen  Kaf  sin. 
Kaf  ze  zu  lesen.     M.  ist  ganz  sinnlos.      92°  20' Y.   94°  30' K. 


—     195 


9)  al  Yamana  in  Higäz 


Breite.  Länge. 

21°  30'  G.  M.         71  •  45'  G.,  ebenso  die 
anderen  arab.  Geogr. 
81°45'M. 

10)  at  Tä'if  in  Yemen  »)       21  •  G.  21  •  20'  M.  67  G.  ' ) 

1 1 )  Mekka  in  Tehärna        21  °  G.  21  •  40'  M  a  )  67  G.  a ) 

12)  Yatrib  Stadt  des  Pro- 

25  G.  20  M. 


pheten  (Medina) 

13)  Ihmim   in   Said   Misr 
(Oberägypten) 

14)  Afrikija  in  Magrib 

15)  Land  der  Tawäll(?)  3) 


27°  30' G. 

26°  50R.Y. 

26  G. 

21  G. 


65  G.  25  M.  sinnlos 

75°  30' G.statt  55°  30 
wie  R.  Y.  haben 
34  G. 
20  G. 


III.  Klima  27|  -  33£  nördl.  Br.     Tafel  IV. 


1)  Adbad  G. 
Adäbad  M.  in  Sin  4) 

2)  Kandahar  in  Hind 


3)  Kabul  in  Hind 


28°  30'  G. 
30  G.  (30|  Y.) 
38°  8' M.  vielleicht  33 


20  G.  verschr.  für  30 
28°  Y.K.  33 °K. 

4)  Zarang  in  Segistän  (M.  ?)      32°  22'  G. 

5)  TTz  in  Makrän  29  G. 

6)  Sirgän  in  Kirmän  30  G. 

7)  Siräz  in  Färis  32°  30  G. 

8)  al-Ahwäz  in  Hüsistän  32  G. 


160  G. 

110  G. 

107°  40' M. 

106°  Y. 

100  G. 

HOB.  Y.,  K.  besser 

94°  15' G. 

92°  40'  G. 

83  G.  (K.  K.) 

78°  G. 5) 

75  G. 


9)  al  Basra  in  'Irak 

10)  al  Küfa  in  'Irak 


32G.(31  Y.K.)  74G.(Y.73alKümI75K.) 
31  G. 
31°  50'  R.  Y.  32  al  Kumi  59°  30'  6) 


')  Die  Minuten  fehlen.  Die  Position  würde  sonst  mit  dem  nahen  Mekkah 
zusammenfallen  68°  30'  R. 

2)  Diese  Bestimmungen  sind  bei  allen  arabischen  Geographen  übereinstim- 
mend. 

3)  Ohne  alle  diakritischen  Puncte,  im  Pariser  Codex  bülä.  Der  einzig 
hierher  passende  Name  des  Alterthums  wäre  nach  Ptolemäus  ratxooXt'a  vielleicht 
getülä  oder  ketülä.     M  hat  ganz  sinnlos  Beläd  el  Yünän  (Griechenland). 

4)  Würde  mit  der  ptolemäischen  Position  'Aoefoaya  26°  nördl.  Br.,  159]  °  L. 
nahe  übereinstimmen. 

5)  Stimmt  bei  allen  arabischen  Geographen,   ebenso  No.  8. 

6)  Ist  wohl  zu  lesen  sin  ta  69°  30',  ebenso  R.  60  Y. 


—     196     — 

Breite.  Länge. 

11)  Dimisk  in  Säm  31°  30'  G.  60  G. 

33°  20'  M.       70M.(60Y.K.59alKümI) 

12)  Beitu-1  Mukaddis  (Jeru- 
salem) in  Filistin  29°  15'  G.  56  G. 

30°  8' M.  65  M. 

(31°KumT32°R.Y.) 

13)  al  Fustät  in  Misr  (für  al 

Kustäs)  31  G. 

31  B.290  55'R.Y.     34°40'G.statt54R.Y. 

14)  Iskanderie  Batlamiüs, 

J4Xs'£dvdQeia  rirolepaiov        3 1  •  45'  G.  52  G.  (60  Ptol.  60£  B. 

51°  20' R.  Y.) 

1 5)  al  Kairwän  in  Magrib  29  G. 

(31°  40' Y.)  31°  45' G.  (31°  Y.) 

16)  Tanga  in  Magrib  36°  G.  35 £  R.')  11°  30'  G. 

IV.  Klima  33*  -  39  nördl.  Br.     Tafel  V. 

1)  Käsgar  in  Sin  (fehlt  M.)         ?  G.  44  K.  ?  G.  (95°  25'  K.) 

2)  Alt?  nb.(?)  G. 

alwalb.  M.,  in  Turk2)  38  G.  104  G. 

3)  SamarkandinMawäran-     34°  30'G.39°M.        109,  wohl  89G.R.  Y. 
nähr3)'  36°  30' Y.K.40R.  69°16'M. 

r 

4)  Dailam  in  GIlänG.  fehlt 

inM.gehörthinterNo.10      38?(38°  10'Y.)  ?G.  75°  Y. 

5)  Balh  in  Horäsän  wohl  33°  40'(lam  gim)       88  ?G.  wohl  103 

wie  K.  (41  •  K.)  1 08  al  Kümi  1 1 6  B. 

6)  Herätin Horäsän  nur M.   Zahl  fehlt  (alKüm!36)  76°  al  Kümi 
Marw.inHoräsännurG.   34°30'(38R.38°35'Y.)  84°  30'  (85  R.  Y.) 

7)  Nisäbür  M.  (richtiger  als 

Sür  G.)  in  Horäsän         37  G.  so  für  Nisäbür  R.Y.     84°  30' (auch  R.  Y. 

(89°  al  Kümi) 


')  Diese  Position  fällt  aus  dem   Klima,  vielleicht  32  lam  be. 

2)  Der  Name  ist  in  beiden  Mss.  nicht  sicher  zu  lesen  und  ein  diesen  Zü- 
gen entsprechender  sonst  bekannter  Name  nicht  zu  ermitteln;  sowohl  And aräb, 
welches  wirklich  im  Turk-Lande  liegt  (36°  Br.,  94°  40'  L.  im  Kanün),  als  das 
schon  im  9.  Jahrh.  dem  Mas'üdi,  wenigstens  dem  Namen  nach  bekannte  Tibet, 
scheint  zu   weit  abzuliegen. 

3)  Da  Samarkand  speciell  in  Sogd  liegt  und  eine  Stadt  von  Sogd  in  Klima 
V.,  also  nördlicher  als  39°   angeführt  wird,   ist  39   vorzuziehen. 


—     197     — 

Breite.  Länge. 

#)  Amul  in  Tabaristan  37°45'ebensod. Andern    20sinnlos  (76°  20' R 

77°  20' Y) 

9)  Gurgän  38°  30'  G.  R.         80G.80°45'R.Y.85K. 

36°  50' M.  K.  90°  8' M. 

10)  Räi  in  Färis  30°  45',  wohl  35°  45'      75°  ebenso  d.  Andern 

11)  Isfahän  in  Fans  (fehlt  M.)  34°  30'  74°  40' 

(alKümi340R.Y.32°)      die  andern  ebenso 

12)  Hamadän  in  Mahän  36  G.  73  G. 

13)  Bagdad  in  'Irak  33  G.  70  G.  Y. 

33°  21'M.  33°  10'Y.  20B.      80°  8'  M.  80  B. 

14)  alMösul  inDiärrebfa  35°  30' G.  Y.         69G.  68K.  61 Y. falsch 

15)  Halab  in  Säm  35°  30'  G.  63  G. 

50  M.!  75  M.! 

16)  Antäkie  in  Säm  35°  40'  G.  61°  35' G. 

35°30'M.  71°26'M. 

17)  Insel  Kibris  im  Meere  Rüm      38°  G.  38  1.  Nun  ha  58  K. 
17  a)    Amüri'e  in  Rüm 

(nur  in  M.)')  40°  8'  64°  8'  ») 

18)  Sikilia  in  Magrib2)  35°  G.  36°  48' G.2) 

19)  Andalus  in  Magrib  38°  G.  ?  G. 
(Kortoba)                             38°  30'  R.  Y.                90°  20  R.  Y. 

V.  Klima  39  -  43}  nördl.  Br.     Tafel  VI. 

1)  Land  Yagüg  und  Magüg  43  G.  1.  Kaf  ai'n  alif  171 

(172°  30  Y.) 

2)  Land  d.  Hakan  d.  Turk  42  G.  150  G. 

3)  at  Taräz  im  Lande  der 

Turk,  fehlt  in  M.  40°  25G.(MIm.fürSad)  137  G. 

4)  Isbigäb  in  Sogd 

(M.  in  Turk  u.  Sin !)    40G.(43°  30' K.  39°  55'K.)      88»  40'  ?  G. 

89°  20' K. 
4a)  Härizm  (nur  in  M.)  ohne  Ziffern. 


')  Dieser  Name  liefse  wohl  an  Amorium  in  Kleinasien  denken,  das  aber 
erst  später  in  den  Selgukkischen  Kriegen  berühmt  ward.  Wegen  der  Nähe  der 
Insel  Kibris  ist  daher  wohl  an  das  südliche  Vorgebirge  Kleinasiens  'Avepo6piov, 
türk.  Mamürie,  zu  denken,  welches  als  Grenzpunkt  der  arabischen  Herrschaft 
an  der  Küste  wichtig  erscheinen  mochte,  nur  gehört  die  angegebene  Breite  gar 
;    nicht  in  dieses  Klima. 

2)  Diese  Position  gilt  wohl  für  die  arabische  Hauptstadt  Palermo. 


198     — 


5)  Ardebil  in  Aderbaigan 

6)  (M.  9)  Ablät  (G.  Hlät)  in 
Arminia 

7)  Malatle  in  Arminia 

8)  Mäkädünia  (wohl  Thessalonike) 

9)  Hauptstadt  Rumi'a  (Rom) 
(der  Name  fehlt  in  G.) 

10)  Heikalu-z-Zuhra  in  Magrib 
(Tempel  d.  Venu9  d.  i.  Port 
Vendres)  fehlt  in  M. 

11)  Bilad  Kustäs?  in  Magrib  G. 
Tatäbä  M.?  •) 


Breite. 

Länge. 

40  G. 

73  G.  Y. 

39°30'G. 

66°  G. 

39°  50' R.  Y. 

64°  50  R.  Y. 

39  G. 

61  G.  R.  Y. 

)        ? 

? 

41°  30' G. 

35°  24;  G. 

41°  50' M. 

45°  27'  M.  falsch 

43°  50'  R. 

(30°  30' R.) 

43  G. 

23°  G. 

42°  10' R. 

19°  30' R.  besser 

VI.  Klima  43|  -  47°  nördl.  Br.     Tafel  VII. 

Bei  diesem  und  dem  folgenden  Klima  sind  die  Zahlen  in  G.  und  M.  bis  auf 

einen  Artikel  weggeblieben. 


1)  Yägug  und  Mägüg. 

2)  Land  Sistän  der  Turk  2) 

3)  Katmän  der  Turk  (Kaimäk?) 

4)  Hür  in  Turk,  cf.  V.  4a  42°  15'  Y.  K. 

5)  Insel  im  Meere  Gorgan 

6)  Berdaa  in  Aderbaigän  42°  B.  43°  R. 


7)  Bäb  el  Abwäb 
(Pafs  des  Kaukasus) 

8)  Malankar?,  vielleicht 
Balangar  ? 

9)  Herkele  G.,  HerkTle  M., 
'HgdxXeia  JJovrov 


45°  8'M.  41°  K. 
wohl  43°  30' 

46°  30'  K. 

47°  35'  Y. 


81°55'Y.  K. 

73°  R.  Y. 

74°  B. 
85°  8'  M.  66  K. 


75°30'K. 
53°25'Y. 


1)  Kortoba  kann  nicht  gemeint  sein,  da  es  nach  dem  Zeugnifs  der  Araber 
in  das  IV.  nicht  in  dieses  Klima  gehört,  der  einzige  westlich  vom  Venustempel 
mögliche  Name  wäre  Sarakosta,  woraus  dies  wohl  verderbt  ist.  Sarakosta  liegt 
nach  Abulfeda  42^°   214'. 

2)  Ebenso  im  Text  bei  der  Beschreibung  der  Klimata  und  dann  oft  mit 
Segistän  verwechselt,  vielleicht  ist  ein  Rest  der  ptolemäischen  Sctxat,  wovon  der 
Name  Sotxaaxavrj  =  Segistän. 


-     199     - 

Breite.  Länge. 

10)  Kostantinie  in  Rüm, 

(Constantinopel)  fehlt  in  M.      45°  R.  Y.  49°  50'  R.  Y. 

11)  Land  Brhän?   (Borgän?    bei   andern   Arabern    Borgün    =   Bur- 
gund?). 

12)  Unlesbarer  Name  eine9  Landes,  etwaFlakün?  (BXd%ot,  der  By- 
zantiner). 

13)  Land  Shb?  (Sirb  =  Serbien?)  nur  in  M. 

VII.  Klima  47  -  5H0   nördl.  Br. 

1)  Yagüg  und  Magüg 

2)  Land  Allan  der  Turk  45°  40'  K.  73°  30  K. 
_    J  Land  Bulgar  der  Turk  G. 

(  Land  Tagazgaz  ' ) 

4)  Land  Hrh  G.  Grh.  M.  Krim?  in  Rüm2) 

5)  Insel  im  westlichen  Meer. 

(Alba  in  der  Bearbeitung  der  Klimate  —u41ßiov,  Ptolem.) 


Die  Musik. 

Die  Abhandlung  über  die  Musik  ist  die  am  weitesten  ange- 
legte und  enthält  die  meisten  Stoffe.  Die  Tendenz  der  Abhand- 
lung ist  klar;  das  musikalische  Verhältnifs,  als  die  Verbindung  des 
arithmetischen  und  geometrischen,  mufs  in  sich  alle  Vollkommen- 
heit enthalten  und  ein  vollkommenes  musikalisches  Instrument,  wie 
die  Laute,  mufs  das  schöne,  die  Welt  beherrschende  Verhältnifs 
repräsentiren.  Die  enge  Verbindung  zwischen  der  arabischen  Me- 
trik und  arabischen  Musik  liefs  hier  natürlich  einen  directen  An- 
schlufs  an  die  griechischen  Meister  nicht  zu,  und  ist  deshalb  hier 
wohl  keine  Autorität  angegeben. 

Wir  haben  über  die  arabische  Musik  eine  wichtige  Arbeit  von 
Kiesewetter,  der  sich  auf  die  Forschungen  von  Hammer  Purgstall's 
stützt.    Dies  Buch  enthält  das  spätere  seit  al  Farabi  (starb  um  950 


')  So  mit  Mas'üdi  Istahri  Kazwini ,  cf.  Reinaud,  Abulfeda,  I.  CCCLIII, 
Wüstenfeld  Kazwini  II.  391,   statt  Tagargar. 

2)  Krim  ist  der  einzige  passende  Name  nördlich  von  Constantinopel  im  Be- 
reich  des  römischen   Reichs. 


-     200     — 

u.  Z.)  herrschende  System  der  Musik.  Dasselbe  hält  der  gelehrte 
Verfasser  für  verschieden  von  der  ursprünglichen  arabischen  Musik, 
welche  in  diesen  Abhandlungen  wiedergegeben  sei  (pag.  7,  8)  " ). 

Dennoch  ist  auch  in  dieser  Abhandlung  offenbar  griechischer 
Einflufs  nicht  zu  verkennen,  wie  schon  die  ersten  Abschnitte  über 
die  Akustik  wahrscheinlich  machen. 

Die  Darstellung  von  der  Laute,  als  dem  Sinnbild  der  Welt- 
ordnung, ist  in  der  Pariser  Handschrift  defect,  in  der  Münchener 
freilich  weiter,  aber  incorrect.  Es  giebt  eine  Abbildung  der  Laute 
in  der  Musik  der  Araber  pag.  21  und  in  Kosegarten's  Einleitung 
zum  Kitab  el  agäni,  auch  sind  in  dem  Buche  von  Kiesewetter 
pag.  91  die  grofse  Anzahl  der  Instrumente  angegeben,  unter  wel- 
chen viele  der  hier  erwähnten  sich  nicht  finden,  andere  aber,  wie 
Dibdib  (Debdebe  pag.  93),  bestätigt  werden. 

Ikä'  habe  ich  mit  Cäsur  übertragen,  die  Uebersetzung  Rhythmus 
wäre  vielleicht  besser. 

Dafs  unter  dem  Begriff  der  Harmonie  dann  von  allem  mögli- 
chen und  auch  von  der  arabischen  Schrift  die  Rede  ist,  wird  dem 
Arabisten  wohl  angenehm,  dem  Nichtarabisten  wohl  nicht  ganz  un- 
lieb sein.  Der  Araber  ist  nun  einmal  zu  stolz  auf  seine  Sprache, 
die  im  Koran  die  Sprache  Gottes  ist,  und  durch  die  arabische  Schrift 
verherrlicht  ward. 

Der  Anhang  über  den  Werth  der  Musik  beweist,  wie  hoch  ge- 
schätzt die  Kunst  der  Musik  bei  den  Arabern  war. 

Pag  131.  Die  Bevorzugung  der  einen  oder  der  anderen  Zahl 
bei  den  verschiedenen  Religionen,  Secten  und  Völkern  ist  schwer 
nachzuweisen.  Dafs  die  Inder  die  Neun  vorzogen,  ist  wohl  eine 
Hindeutung  darauf,  dafs  sie  9  Planeten  hatten,  indem  sie  den  Kopf 
und  Schweif  des  Drachen  mitrechneten. 

Die  Christen,  als  die  Dreieinigkeitsbekenner  sind  klar.  Im 
Schahristani  werden  die  Angaben  über  die  Cburramiten  und  Kajjali- 
ten  nicht  bestätigt. 

Pag.  1 17.  Die  hier  vorkommenden  Hörinstrumente  sind  mir 
zum  Theil  ganz  unerklärlich.  Offenbar  ist  ihre  Benennung  von  der 
Form  hergenommen,  terdjehare,  Flasche,  scheint  zu  passen  und 
ebensowohl  auch  zawraq,  Kähnchen.  Schahin  dagegen,  das  Zün- 
gelchen der  Wage,   ist  schon  unverständlich,  wie   man  aber  Astro- 

1 )  Cf.  Die  Musik  der  Araber ,  nach  Originalquellen  dargestellt  von  R.  G. 
Kiesewetter.     Leipzig  1842. 


—     201     - 

labe  zu  Höhrinstrumenten  rechnen  kann,  ist  vollständig  unerklär- 
lich. In  beiden  Handschriften  steht  astrulat,  fafst  man  dies  als 
Plural  bliebe  eine  Gruppe  wie  astrula  oder  ustruia,  doch  auch  dies 
ist  mir  unerklärbar. 


Die  Relation. 

Der  Ausdruck  „Nisbe"  kann  nicht  gut  anders  als  durch  Rela- 
tion übertragen  werden,  auch  stimmt  dazu  die  Definition,  die  Be- 
stimmung eines  Werthes  an  einem  anderen.  Gewöhnlich  gebrau- 
chen wir  dafür  Proportion,  über  welche  in  geometrischer  Beziehung 
Euklids  Elemente  Buch  V.  und  VI.  handeln.  Doch  hier  in  diesem 
philosophischen  Werke  ist  die  mathematische  Relation  in  ihrem  gan- 
zen Umfange  in  arithmetischer,  geometrischer  und  musikalischer 
Beziehung  zu  erfassen  gesucht,  und  schliefst  sie  somit  die  ganze 
Reihe  der  Propädeutik,  indem  sie  auf  die  im  ganzen  Werk  zu  be- 
weisende Harmonie  des  Alls  hindeutet. 


Verbesserungen. 

pag.     6,  Z.  7:  das  Wie,  lies:  das  Was. 

-  69,  -  24:  füge  hinzu:  dafs  die  vortrefflichen  Dinge  den  vortrefflichen  Zah- 

len entsprechen. 

-  57,  -  17  streiche:  und  nördlich  bis  vorüber. 

-  96,  -    7  streiche  die  Worte  in  der  Klammer. 

-  96,  -  23  streiche:  durch  Tokharistan. 

-  98,  -    8  füge  nach  Taberistan ,  Deilam ,  Gilan  und  das  Meer  von  Taba- 

ristan. 

-  98,  -  25  für  Sistan  lies:  Segistan. 

-  116,  -    5  für  Ruhe  lies  Bewegung. 

-  120,  -  11  für  Aussprachen  lies  Aussprüchen. 


Druck  von  E.  S.  Mittler  und  Sohn  in   Berlin,   Kochstrafse  No.  69. 


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